237 90 50MB
German Pages 851 [852] Year 1994
STUDIEN UND TEXTE ZUR SOZIALGESCHICHTE DER LITERATUR
Herausgegeben von Wolfgang Frühwald, Georg Jäger, Dieter Langewiesche, Alberto Martino, Rainer Wohlfeil
Band 45
Murray G. Hall
Der Paul Zsolnay Verlag Von der Gründung bis zur Rückkehr aus dem Exil
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1994
Redaktion des Bandes: Alberto Martino
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Hall, Murray G.: Der Paul-Zsolnay-Verlag : von der Gründung bis zur Rückkehr aus dem Exil / Murray G. Hall. - Tübingen : Niemeyer, 1994 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur ; Bd. 45) NE: GT ISBN 3-484-35045-8
ISSN 0174-4410
© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1994 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier Erstellung der Druckvorlage: Murray G. Hall Druck und Buchbinder: Weihert-Druck, Darmstadt
Inhaltsverzeichnis
1. Zur Problemstellung und Forschungslage
1
2. Das Quellenmaterial
7
2.1. Das Verlagsarchiv. Eine Bestandsaufnahme 2.2. Amtliche und halbamtliche Quellen
7 11
3. Der Verlag in der Geschichtsschreibung
13
4. Zur Familie des Verlegers
23
4.1. Adolph Wix und seine Familie 4.2. Der Gärtner gründet einen Verlag 4.2.1. Geldfragen 4.2.2. Felix Kostia-Costa 5. Das erste Verlagsjahr
23 27 29 39 43
5.1. 5.2. 5.3. 5.4. 5.5. 5.6. 5.7. 5.8. 5.9.
Eine Produktionsübersicht Der Verdi-Erfolg Musikerbriefe Die Sonderrechte Der Vermittler Hans Jacob Der zweite Autor Hans Kaltneker Der Franzose Paul Geraldy Der Nachlaß Franz Kafkas Kritik an der »Ausländerei«. Claude Anets »Ariane«
43 44 45 46 47 49 54 59 62
6. Exkurs. Der »Zeitkunst-Verlag«
69
7. Der Kampf u m Galsworthy
73
8. Das Erbe Kurt W o l f f s
91
8.1. Der »abgeworbene« Schwierige. Heinrich Mann 8.1.1. Mann empfiehlt Martin du Gard 8.1.2. Mann macht Seitensprünge 8.1.3. Manns Abschied 8.2. Weitere Abwerbungen 8.3. Exkurs. Theodor Däubler und Else Lasker-Schüler
91 101 103 108 110 111 V
8.4. Carl Sternheim 8.5. Brod kommt zu Zsolnay 8.5.1. Brod als Vermittler (Roth, Briigel, Baum, Walser) 8.5.2. Ludwig Winder erscheint nicht 8.5.3. Hans Natoneks drei Romane 8.5.4. Der junge »Prager« Friedrich Torberg
112 114 129 134 135 140
9. D a s zweite Verlagsjahr 1925
147
9.1. Eine Produktionsübersicht
147
9.2. Russische Literatur und die »Ausländerei«
148
10. Zeitschriftenpläne und Magazinangebote 10.1. Das Jahrbuch 10.2. Literaturzeitschriften 10.2.1. Das »Querschnitt«-Projekt 10.2.2. Gerhart Hauptmann als Zeitschriftenherausgeber? 10.3. Nationale Vorstöße. Der Brückenbauer Elster 10.4. Südostdeutsche Literaturblätter 10.5. Das Werk. Erika Spann-Rheinsch
156 156 158 158 159 163 168 169
11. Übersicht über die Produktion 1926-1929
171
12. Frauen und »Frauenromane«
175
12.1. Mela Hartwig 12.2. Victoria Wolf 12.3. Lili Grün 12.4. Hilde Spiel 12.5. Paula von Preradovic 12.6. Elisabeth Kraus-Kassegg 13. Skandinavische Literatur
175 181 182 186 188 188 190
13.1. 13.2. 13.3. 13.4. 13.5. 13.6.
Vilhelm Moberg Ein Verlagsmitarbeiter wird verhaftet Kotas vermittelt weiter Karl Gunnarson Alice Lyttkens Thit Jensen und Jo Jacobsen
190 198 201 202 203 204
14. Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke
208
15. Fünf Lyriker. Haringer, Sonka, Wittner, Kramer, Csokor
234
15.1. Jakob Haringer 15.2. Hugo Sonnenschein-Sonka VI
235 236
15.3. Victor Wittner 15.4. Theodor Kramer 15.5. Franz Theodor Csokor
16. Das Übersetzungsprogramm bis Ende 1938 16.1. Lektorat und Übersetzer 16.2. Die Übersetzungsliteratur 16.3. Das Schicksal von H.G. Wells 16.4. A.J. Cronin. Das Buch in der Propaganda. »Die richtigen Waffen« 16.5. Die Ausschaltung Theodore Dreisers 16.6. Das »andere« Verbot. Pearl S. Buck 16.7. Produktionsentwicklung und neue Autoren vor 1938 16.8. Vorboten des programmatischen Umbruchs. Italiener im Verlag 16.9. Exkurs. Hermann Broch und der Zsolnay Verlag 16.10. Daniele Vare 16.11. Exkurs. NS-Literatur von Jakob Schaffner 16.12. Vare in der Propaganda
17. Die Krisenjahre 1930-1933 17.1. 17.2. 17.3. 17.4. 17.5.
Entwicklungen bei der Konkurrenz Neue familiäre Verhältnisse Von der Ges.m.b.H. zur A.G Die Devisensperre Übersicht über die Produktion 1930-1933 17.5.1. Normale Ausgaben 17.5.2. Die Sonderausgaben 1930-1933 17.5.3. Produktionsanalyse nach Gattung
18. Die zweite Phase der Abwanderung 18.1. Walter von Molo 18.2. Die »Stippvisite« Emil Ludwigs 18.3. Rene Fülöp-Miller
19. Österreichische Autoren 19.1. Egmont Colerus 19.2. Grete von Urbanitzky 19.3. Erwin H. Rainalter 19.4. Stefan Grossmann 19.5. Oskar Jellinek 19.6. Ernst Lothar 19.7. Andreas Thom. 19.8. Nicht erworbene Österreicher 19.9. Leo Peratz 19.10. Heinrich Eduard Jacob
240 244 245
248 249 254 260 263 269 273 280 281 283 286 288 293
299 299 303 305 307 309 309 313 315
316 316 321 327
333 333 339 344 345 347 349 352 353 354 356 VII
19.10.1. Biographischer Exkurs
20. Die Jahre 1933-1935. Aderlaß und Kassensturz 20.1. 20.2. 20.3. 20.4. 20.5. 20.6. 20.7. 20.8. 20.9.
»Merkwürdige Umschichtungen« Die RDS-Episode Die »Ariane«-Beschlagnahme Bilanz des Aderlasses Der Finanzskandal im Jahr 1934 Die Einkehr der Nationalen und der Streit mit Vesper Die Untersuchung der Staatspolizei Die Nationalen wehren sich Übersicht über die Produktion 1934-1935
21. Die Bücher der Nationalen bis 1938 21.1. Rudolf Hans Bartsch 21.2. Hermann Stuppäck 21.3. Karl Wache 21.4. Oswald Menghin 21.5. Josef Wenter 21.6. Otto Emmerich Groh 21.7. Wladimir von Hartlieb 21.8. Karl Hans Strobl 21.9. Hermann Graedener 21.10. »Ein deutscher Sherlock Holmes wäre auch mal ganz nett« 21.11. »Synchronschwimmer und Seiltänzer«. Friedrich Schreyvogl 21.12 »Franziskus von Olmüsi« (Franz Spunda) 21.13. Poetae minores
22. Übersicht über die Verlagsproduktion 1936-1938 22.1. Produktionsanalyse nach Gattung
360
363 363 372 384 390 394 400 420 425 431
433 434 435 436 436 437 438 438 439 442 445 458 464 469
479 484
23. Der Erfolgsautor Franz Werfel
485
24. Der Abschied vom Verlag
503
24.1. 24.2. 24.3. 24.4. 24.5. 24.6. 24.7.
VIII
Veränderungen im Verlag Zsolnay in London Werfel kündigt Zsolnay in Verdacht Saltens Abgang Das Abenteuer um »Perri« Zsolnays besondere Pläne mit Heinemann
503 508 513 524 530 534 547
25. Aus dem Programm der dreißiger Jahre 25.1. 25.2. 25.3. 25.4. 25.5. 25.6.
Ungarische Gegenwartsliteratur Zarek, Leffler, Seitz & Co Johannes Freumbichler Alma Holgersen Roda Roda Exkurs
26. Erich Ebermayer, Kasimir Edschmid und Frank Thiess 26.1. 26.2. 26.2. 26.3.
Erich Ebermayer Die »fortschreitende Entwicklung zum unzufriedenen Autor« Kasimir Edschmid Frank Thiess. Die »innere Emigration« im Spiegel der Verlagskorrespondenz 26.3.1. Tsushima. Ein Bestseller wider Willen 26.3.2. Das Reich der »Märchen«
27. Am Vorabend der »Arisierung« 27.1. 27.2. 27.3. 27.4. 27.5.
Auszeichnung für Paul Zsolnay Anzeigenverweigerung Boykottmaßnahmen Die Stimmung vor dem Treffen Hitler-Schuschnigg Bilanz einer Bilanz
28. Der Verlag von März 1938 bis zur Sperre 1939 28.1. Ereignisse um die Übernahme 28.2. Der wirtschaftspolitische Hintergrund 28.3. Die Reichsschrifttumskammer und Österreich 28.3.1. Karl H. Bischoff 28.4. Die Scheinarisierung 28.5. Die Entlassung Felix Costas 28.6. Jantsch wird unter Druck gesetzt 28.7. Die Schließung des Verlags
29. Der Verlag unter der Leitung des Treuhänders 29.1. 29.2. 29.3. 29.4. 29.5.
Erste Aufgaben Ein Käufer wird gesucht Der Überraschungscoup des Propagandaministeriums Das Karussell mit den Beschwerden Der Treuhänder zieht Bilanz
551 556 564 568 581 585 595
597 597 600 614 617 619 624
628 628 628 632 638 639
644 644 649 658 661 668 670 674 677
678 678 682 689 691 699
IX
30. Von Zsolnay zu Bischoff zu Zsolnay 30.1. Die Verlagsproduktion 1939-1945 im Überblick 30.1.1. Die Produktion von Neuerscheinungen 1938-1945 30.1.2. Die Produktion von Neuauflagen 1938-1945 30.1.3. Die Gesamtproduktion 1938-1945 in absoluten Zahlen 30.1.4. Die Verlagsproduktion 1939-1945 in chronologischer Reihenfolge 30.1.5. Produktionsanalyse nach Gattung 30.1.6. Autoren und deren Neuauflagen in absoluten Zahlen 30.2. Die hundert kleinen Bücher 30.3. Karl H. Bischoff. Verlag und Programm 30.3.1. »Es herrscht nun im Verlag ein frischer Zug« 30.4. Das Ende der Sonderausgaben 30.5. Die Planung im Krieg 30.6. Angekündigte, aber nicht erschienene Verlagswerke 30.7. Linzer Bücherei 30.8. Im Zirkel 30.9. Lenkungsmaßnahmen 30.10. Die Papierfrage und andere Rahmenbedingungen 30.11. Die tägliche Praxis im Krieg 30.12. Feldpost-Ausgaben und OKW.-Ausgaben 30.13. Die Leipziger Katastrophe 30.14. Buchausstattung und Werbung 30.16. Ende und Ausblick
702 703 703 703 704 705 709 712 713 717 719 721 726 729 733 734 736 738 744 749 758 764 766
Abkürzungen
770
Literaturverzeichnis
772
Ungedruckte Quellen
772
Gedruckte Quellen
773
Anhang
781
Die Produktion des Paul Zsolnay Verlags und des Karl H. Bischoff Verlags
781
Berliner Feldhefte in Kriegsarbeitsgemeinschaft mit dem Bär Verlag
820
Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag
820
Register
X
823
1. Zur Problemstellung und Forschungslage
Als Carl Junker (1864-1928), der seinerzeitige Redakteur der Österreichisch-ungarischen Buchhändler-Correspondenz und praktisch einzige Historiker des österreichisch-deutschen Buchhandels 1926 konzedieren mußte, daß dessen Geschichte noch nicht geschrieben worden sei - »nicht einmal die in den alten Erbländern und in der gegenwärtigen Republik« - konnte er kaum ahnen, daß seine Worte mehr als 60 Jahre später ihre Gültigkeit noch nicht verloren hatten. Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Geschichtsschreibung in Österreich hat weder durch die Buchhandelsbranche noch durch die Hochschulen bislang einen signifikanten Impuls bekommen. Es gibt an keiner Universität in Österreich einen Lehrstuhl für Buchhandelsgeschichte, und das führt dazu, daß das Fach sich in einer eigenartigen Zwitterstellung befindet. So entstehen buchhandelsgeschichtliche Arbeiten an den Instituten für Publizistik, Germanistik, Zeitgeschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft noch ohne sachliche Koordinierung. Auch gibt es keine Historische Kommission oder ähnliche Einrichtung, die die Forschung kanalisieren oder vorantreiben könnte. Mit der fachlichen Betreuung des Archivs im Buchgewerbehaus in Wien, das noch einer gezielten Auswertung harrt, steht es heute auch nicht zum besten. Der entscheidende Impuls muß von Österreich kommen, denn »Hilfe« aus dem Ausland ist nicht zu erwarten. Der Titel einer kürzlich in der Bundesrepublik erschienenen Geschichte des deutschen Buchhandels läßt nicht ahnen, daß nur der »deutsche« Buchhandel im Mittelpunkt der Betrachtung steht, und daß der österreichisch-deutsche Buchhandel kaum Berücksichtigung findet. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, wenn Stellen, an denen der österreichische Buchhandel Erwähnung findet, beinahe an den Fingern einer Hand zu zählen sind.1 Eine jüngst erschienene, mehr oder weniger definitive Studie über die nationalsozialistische Literaturpolitik nimmt die wissenschaftliche Literatur der letzten fünfzehn Jahre zum Thema österreichischer Buchhandel bzw. österreichisches Verlagswesen in diesem Zeitraum überhaupt nicht zur Kenntnis.2 Das trifft nicht nur auf die beiden genannten Arbeiten zu, auch eine 1992 publizierte Geschichte der deutschen Abteilung des Allert de Lange Verlags in Amsterdam, der mit dem Wiener E.P. Tal
1
Reinhard Wittmann: Geschichte des deutschen
Buchhandels.
Ein Überblick.
München: C.H.
Beck 1991. Symptomatisch war bereits der Artikel »Österreichischer Buchhandel« im Lexikon des gesamten Buchwesens.
Hrsg. von Karl Löffler und Joachim Kirchner unter Mitwirkung von
Wilhelm Olbrich. Band 2. Leipzig: Verlag Karl W. Hiersemann 1936, S. 562-563, wo der Gegenstand innerhalb weniger Zeilen erledigt wurde. 2
Jan-Pieter Barbian: Literaturpolitik im »Dritten Reich«. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 40 (1993), S. 1-394.
1
Verlag eine Verlagsgemeinschaft gründete, kennt als einzige Studie zum österreichischen Buchhandel eine Arbeit aus dem Jahr 1928.3 Die Situation auf dem Gebiet der Verlags- und Buchhandelsgeschichte hat übrigens ihr Pendant in der Literaturgeschichtsschreibung Österreichs. Wir verfügen heute z.B. über keine gültige, sozialgeschichtliche Aspekte berücksichtigende Geschichte der Literatur in Österreich im 20. Jahrhundert. Der letzte Band der Deutsch-Österreichischen Literaturgeschichte von Nagl-Zeidler-Castle erschien 1937. Die allseits beliebten, marktgängigen »Sozialgeschichten« der deutschen Literatur wiederum zeigen Österreich und die österreichische Literatur bestenfalls als ein Randthema, das mit einem Gastbeitrag abgedeckt wird. Und es ist schon zu Recht bemängelt worden, daß solche Reihen den Spezifika der »österreichischen Literatur« mehr schlecht als recht Genüge tun. 4 Der sozialgeschichtliche Hintergrund wird nicht ausreichend ausgeleuchtet, es wird zwischen der Lage in der Weimarer Republik und der österreichischen Zwischenkriegszeit zu wenig differenziert (als ob die Ereignisse der Jahre 1918 und 1933/34 in beiden l i n d e r n auf Schriftsteller, Verlage und Buchhandel dieselben Auswirkungen gehabt hätten), die österreichische Literatur wird in der Geschichtsschreibung mehr oder minder »gleichgeschaltet« und in den Gesamtkomplex der deutschen Literatur aufgesogen, die Texte werden der Zeitbedingtheit enthoben und Perspektiven für eine zutreffende Wertung der Texte werden nicht berücksichtigt. Aber gerade auf dem Gebiet der Buchhandels- und Verlagsgeschichte könnten die historischen Determinanten bei allen Parallelen nicht unterschiedlicher sein. Der wichtige Hinweis von Peter R. Frank in seinem Bericht über den deutschen Buchhandel im Österreich des 18. Jahrhunderts, daß Deutschland im 18. und 19. Jahrhundert sprachlich ziemlich homogen war, während die Habsburgermonarchie mehr- bzw. vielsprachig und multi-kulturell war, möge hier genügen. 5 Daß zu Anfang des 19. Jahrhunderts Deutschsprechende bloß ein Drittel der Bevölkerung ausmachten, obwohl Deutsch die Herrschaftssprache war, läßt es als naheliegend erscheinen, daß andere Rahmenbedingungen für den Buchhandel und das Verlagswesen im Spiel waren als in den deutschen Territorien.
3
Kerstin Schoor: Verlagsarbeit im Exil. Untersuchungen zur Geschichte der deutschen des
Amsterdamer
Allert
de
Lange
Verlages
1933-1940.
Abteilung
Amsterdam-Atlanta
1992
( = Amsterdamer Publikationen zur Sprache und Literatur, Band 101). 4
Siehe dazu vor allem den Diskussionsbeitrag von Wendelin Schmidt-Dengler: Prolegomena zu einer Sozialgeschichte der österreichischen Literatur der Zeit zwischen 1918 und 1938. In: Eduard Beutner u.a. (Hg.): Dialog der Epochen. Studien zur Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts. Walter Weiss zum 60. Geburtstag. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1987, S. 23-34.
5
Peter R. Frank: Der deutsche Buchhandel im Österreich des 18. Jahrhunderts. Vorgeschichte, ein vorläufiger Bericht über die Forschung und Ausblick. In: Das achtzehnte Jahrhundert und Österreich.
Jahrbuch der Österreichischen
Gesellschaft zur Erforschung des achtzehnten
Jahr-
hunderts. Band 7/8. Wien: VWGÖ 1993, S. 111-129. Hier S. 118f. Frank bereitet eine weiterführende Studie zum Thema Buchhandel in Österreich vom 18. zum 19. Jahrhundert vor.
2
Trotz beachtenswerter Einzelleistungen steht es mit der Erforschung der Buchhandelsgeschichte in Österreich nicht zum besten. Auf die vielen einschlägigen Publikationen Carl Junkers folgte chronologisch gesehen die 1928 an der Universität Innsbruck von Adolf Stierle unter eigenem Namen eingereichte Kompilation der Arbeiten Carl Junkers. Seine Doktorarbeit wurde gar publiziert. 6 Es trat dann eine Pause ein, die bis nach Ende des Zweiten Weltkriegs dauerte. 1949 legte Klaus Remmer am Institut für Publizistik eine interessante Arbeit über Presse und Buchhandel bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts 7 vor, zwei Jahre später folgte eine Arbeit über Verlage in Wien im 19. Jahrhundert von Harald Schnattinger. 8 1959 (Druck 1961) entstand eine umfangreiche Arbeit von Ursula Giese über den berühmt-berüchtigten Nachdruckspezialisten Johann Thomas Edler von Trattner. Der Nachteil dieser auf eingehendem Quellenstudium beruhenden Studie besteht darin, daß Giese kaum eine Verbindung zum literarischen Leben der Zeit herstellt und daß sie zu wenig ausarbeitet, was Trattner für die schöne Literatur leistete. 9 Für das Jahr 1973 ist eine Dissertation aus Graz von Johanna Lotschak zu verzeichnen, die dem Titel nach der Geschichte des österreichischen Buchhandels gewidmet ist. Doch was die hier präsentierten Erkenntnisse betrifft, stammen sie weder von der Verfasserin noch sind sie neu. Es handelt sich vielmehr um eine getreue Abschrift der erwähnten Dissertation von Schnattinger, versehen mit einem neuen Titelblatt, deren »Bibliographie« überdies die plagiierte Arbeit geflissentlich verschweigt. 10 1985 legte Werner Schlacher an der Universität Graz eine Arbeit über belletristische Verlage in der Steiermark nach 1945 vor, 11 und im selben Jahr erschien vom Verfasser eine zweibändige Geschichte des österreichischen Verlagswesens in der Zwischenkriegszeit.12 1988 (Druck 1992) legte Michael Winter eine Dissertation über den Verleger Georg Philipp Wucherer vor. 13 6
7
8
9
10
11
12
13
Adolf Stierle: Der österreichische Buchhandel in der Nachkriegszeit mit Berücksichtigung der Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns. Wien-Leipzig: Hölder-Pichler-Tempsky A.G. 1928. Klaus Remmer: Die Wiener Presse und der Buchhandel von ihren Anfängen bis zum Jahr 1848. Diss. Wien 1949. Harald Schnattinger: Studien zum Wiener Verlagswesen des 19. Jahrhunderts. Diss. Wien 1951. Diese Arbeit wurde 1986 unter dem Titel »Studien zum Wiener Verlagswesen im 18. und 19. Jahrhundert« zum 60. Geburtstag von Dr. Harry Lechner zu Geschenkzwecken nachgedruckt. Schnattinger hat seinen Namen in Lechner geändert. Ursula Giese: Johann Thomas Edler von Trattner. Seine Bedeutung als Buchdrucker, Buchhändler und Herausgeber. Diss. Wien 1959. Gedruckt in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 3 (1961), Sp. 1013-1454. Johanna Lotschak: Geschichte des österreichischen Buchhandels unter besonderer Berücksichtigung von Wien. Diss. Graz 1973. Werner Schlacher: Die steirischen Buchverlage zwischen 1945 und 1955 unter besonderer Berücksichtigung der belletristischen Produktion. Diss. Graz 1985. Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918-1938. 2 Bände. Wien-Köln-Graz: Böhlau 1985. Michael Winter: Georg Philipp Wucherer (1734-1805) Großhändler und Verleger. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 37 (1992), S. 1-98. ( = gekürzte Fassung der Wiener Dissertation)
3
Auf die Zeit nach 1945 konzentrierte sich eine Dissertation von Hans Peter Fritz aus dem Jahr 1989.14 Eine 1990 von Ingrid Jeschke verfaßte Wiener Dissertation widmete sich erstmals eingehender der Buchhandlung Gerold, 15 und eine Diplomarbeit aus dem Jahr 1991 beschäftigte sich ausführlich mit der Alternativ-, Klein- und Mittelverlagsszene in Österreich seit 1968.16 1992 wurde eine materialreiche, mehrbändige Dissertation über Buchmarkt und Verlagswesen in Wien in den Jahren 1945-1955 vorgelegt. 17 Im Jahr darauf entstanden sowohl eine Arbeit über den Buchmarkt in Österreich mit besonderer Berücksichtigung von Salzburger Verlagen 18 als auch eine gründlich recherchierte und viel neues Terrain erschließende Diplomarbeit von Sigrid Buchhas »Der österreichische Buchhandel im Nationalsozialismus. Ein Beitrag zur Geschichte des Buchhandels unter besonderer Berücksichtigung Wiens«. 19 Sieht man von der einen oder anderen Arbeit ab, fehlt dennoch eine systematische Erforschung der Buchhandelsgeschichte, es mangelt auch weitgehend an Studien über einzelne Verlage und Buchhandelsfirmen in Österreich. Liegen für eine Vielzahl von reichsdeutschen belletristischen Verlagen einschlägige Arbeiten vor, gelegentlich über manche Unternehmen gleich mehrere Monographien, so sieht die Lage in Österreich wesentlich schlechter aus. Bis 1994 gab es über keinen einzigen belletristischen Verlag der Zwischenkriegszeit eine selbständige Arbeit. 20 Nun liegen eine Studie über den Anzengruber-Verlag Brüder Suschitzky21 und aus dem 19. Jahrhundert eine Monographie über den Verleger Leopold Rosner22 vor. Das Vorhandensein eines reichhaltigen Verlagsarchivs ist ein besonders reizvoller Ausgangspunkt für eine Monographie. Aber so erfreulich ein solches Archiv für den Wissenschaftler sein mag, schafft es doch bald logistische Probleme und zwingt methodische Überlegungen zu dessen Bewältigung geradezu auf. Zwei Leitgedanken waren für die vorliegende Arbeit bestimmend. Erstens die Tatsache, daß für den Paul Zsolnay Verlag eine Zeitlang der Firmenname »Verlag der Autoren« 14
Hans Peter Fritz: Buchstadt und Buchkrise. Verlagswesen und Literatur in Österreich 1945-
15
Ingrid Jeschke: Der Verlag Carl Gerold's Sohn. Seine Bedeutung für die österreichische Lite-
1955. Diss. Wien 1989. ratur der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Diss. Wien 1990. 16
Albert Sachs: Zwischen Packpapier und Bibliophilie. Zur Geschichte und Situation österreichischer Alternativ-, Klein- und Mittelverlage von 1968 bis 1990. Diplomarbeit Univ. Wien 1991.
17
Isabella Mitterböck und Andrea Schwarz: Buchmarkt und Verlagswesen in Wien während der Besatzungszeit 1945-1955. Diss. Wien 1992. 3 Bde.
18
Konstanze Schäfer: Buchmarkt Österreich. Zwischen Internationalisierung und Rückbesinnung auf eine literarische
Eigenständigkeit.
Eine Untersuchung
mit
Fallbeispielen
Salzburger
Literaturverlage. Diplomarbeit Univ. Salzburg 1993. 19 20
Univ. Wien, Institut für Zeitgeschichte, 1993 Eine Ausnahme bildet die Arbeit von Brigitte Reyhani: Das literarische Profil des Wiener Verlages von 1899. Diss. Graz 1971.
21
Annette Lechner: Die Verlagsbuchhandlung »Anzengruber Verlag Brüder Suschitzky« (1901-
22
Sandra Schuschnigg: Der L. Rosner Verlag. Diplomarbeit Univ. Wien 1994.
1938) im Spiegel der Zeit. Diplomarbeit Univ. Wien 1994.
4
im Gespräch war. Zweitens, die These Herbert G. Göpferts in Zusammenhang mit dem Thema »Verlagsbuchhandel«, nach der »die Vermittlungsbedingungen und Vorgänge mit ihren technischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, juristischen, polit., organisatorischen, also mit ihren jeweiligen histor. Determinanten nicht nur die Rezeption, sondern bereits die Produktion von Lit. mitbestimmen [,..].« 23 Diese angesprochenen historischen Determinanten stehen im Mittelpunkt dieser Arbeit. Es mag für manche überraschend klingen, aber die Korrespondenz zwischen dem Verlag und einem Autor dreht sich, wie das Archivmaterial überdeutlich zeigt, nicht um Stilprobleme, um Werkinhalte, um Verbesserungsvorschläge oder ähnliches, sondern an erster Stelle um Geld, um Erscheinungstermine, Auflagenhöhen, um Werbung, um Herstellungsfragen. Aus dem Briefwechsel zwischen den Autoren und ihrem Verleger wird hier sehr ausgiebig zitiert, um sowohl der Autorengeschichte als auch der Verlagsgeschichte Rechnung zu tragen. Auf Information über Erscheinungstermine und Auflagenzahlen wird ebenfalls großer Wert gelegt, weil es zu den oft schwierigsten Aufgaben des Literaturwissenschaftlers gehört, Auflagenzahlen in Erfahrung zu bringen. Erscheinungstermine bieten nicht selten Datierungshilfe. Wenn vorhin von Autoren- und Verlagsgeschichte die Rede war, so wurde versucht, einen Kompromiß zu finden zwischen einer Aneinanderreihung von Kapiteln und Abschnitten über einzelne Autoren oder Gruppen von Schriftstellern, die den Blick auf die Entwicklung des Verlags verdrängt hätte, und einer rein chronologischen Darstellung der Verlagsgeschichte, die inhaltliche Wiederholungen notwendig gemacht hätte. Der Versuch, am Beispiel der Geschichte eines in Österreich bzw. Wien beheimateten Verlages, ein solches Unternehmen aus der Geschichte des deutschen Verlagswesens gleichsam zu extrahieren, stößt auf das Problem einer nachträglich konstruierten kulturellen Identität. Denn, wie viele Autoren betrachteten sich zeitlebens als »deutsche Dichter« allenfalls aus Österreich stammend und sahen zwar eine Staatsgrenze, die manche von ihnen als unnatürlich empfanden, aber keine kulturelle Grenze zwischen beiden Ländern? Und ist ein Verleger, wie z.B. Paul Zsolnay, für Österreich zu »reklamieren«, wenn er dem Selbstverständnis nach ein deutscher Verleger im Dienste der deutschen Literatur war? Eine Antwort ist jenseits der gemeinsamen - andere würden meinen: sie trennenden - Sprache in der in der Zwischenkriegszeit mangelhaft entwickelten eigenständigen kulturellen Identität zu suchen. Es gilt zu zeigen, daß der literarische Markt in Österreich einschließlich der Rezeptions- und Produktionsbedingungen sowie der literarischen Gruppenbildung trotz der engen Verflechtungen mit dem lebenswichtigen deutschen Absatzmarkt sich z.T. anders entwickelte und anderen historischen Determinanten unterworfen war als etwa die Literatur in Deutschland vor oder nach 1933, von einzelnen Zäsu23
Reallexikon
der deutschen Literatur.
Band 4, Berlin 1979, Sp. 651.
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ren ganz zu schweigen. Insofern ist die Geschichte des größten und erfolgreichsten belletristischen Verlags in Österreich der Zwischenkriegszeit zugleich ein wesentliches Stück der österreichischen Literaturgeschichte. Darüber hinaus hat der Zsolnay Verlag als österreichisches Unternehmen etwas geschafft, was anderen versagt blieb, nämlich völlige Akzeptanz und Ebenbürtigkeit auf dem reichsdeutschen Verlagsmarkt zu erreichen. Diese Geschichte zeigt nicht nur ein Kapitel der verdrängten Geschichte der österreichischen Literatur, sie demonstriert auch, wie ein vom deutschen Markt abhängiger österreichischer Verlag - völlig wertfrei formuliert - mit dem Deutschen Reich zusammenarbeitete. Das heißt, sie gibt nicht nur über jene Faktoren Aufschluß, die Produktion und Distribution der österreichischen Literatur im Laufe von zwei Jahrzehnten bestimmten, sondern sie gewährt zudem noch einen einmaligen Einblick in die Mechanismen der NS-Schrifttumspolitik, und zwar aus der Sicht eines auf den reichsdeutschen Markt angewiesenen ausländischen Verlags. Die Geschichte des Paul Zsolnay Verlags hat dem Buchhandelshistoriker noch etwas Besonderes zu bieten. Die Zahl der schöngeistigen Verlage im Deutschen Reich, die nach den Jahren 1943/44 den Betrieb weiterführen durften, ist sehr gering. Und wahrscheinlich noch geringer ist die Zahl solcher Verlage, deren Archiv auch erhalten ist. Anders beim Paul Zsolnay bzw. Karl H. Bischoff Verlag. Das, was die Autorenkorrespondenz betrifft, vollständig erhaltene Archiv erlaubt einen einmaligen Einblick in den deutschen Buchhandel vor allem der Jahre 1939 bis 1945. Es sind daher vielerlei Erkenntnisse zu gewinnen, die aus dem Studium der Geschichte im Reich ansässiger Verlage vielfach gar nicht möglich ist und die im Detail meist bis heute gar nicht bekannt sind. Mein Dank gilt zunächst dem Paul Zsolnay Verlag für die Möglichkeit, das Verlagsarchiv zur Grundlage der vorliegenden Arbeit zu machen und Material daraus zu veröffentlichen, ferner dem früheren Geschäftsführer des Paul Zsolnay Verlags, Gerhard Beckmann, der Prokuristin des Paul Zsolnay Verlags, Frau Olga Kaindl, für ihr Interesse und ihre wohl wollende Unterstützung sowie Frau Martha Heindl für ihre allgemeine Hilfe. Ebenso danke ich Dr. Gerhard Renner und Werner J. Schweiger für Rat und Tat und Dr. Johann Sonnleitner für seine unentbehrliche Hilfe bei der Herstellung des Manuskripts. Auch Mag. Ernst Grabovszki möchte ich für seine Lektorenarbeit danken. Schließlich möchte ich hier den vielen Handschriftensammlungen im Ausland danken, die mir unbürokratisch bei der Beschaffung von Fotokopien wichtiger Korrespondenzen behilflich waren, und an entsprechender Stelle genannt werden. Last but not least möchte ich den Besitzern von Nachlässen, die mir in großzügiger Weise Material zur Verfügung stellten, meinen großen Dank aussprechen. Mein besonderer Dank gilt nicht zuletzt auch der seinerzeitigen Übersetzerin und Mitarbeiterin des Paul Zsolnay Verlags, Frau Anne Polzer in New York, die mir in einem mehrjährigen Briefwechsel sehr vieles aus ihren Erinnerungen an den Verlag in den 30er Jahren mitgeteilt hat, was in meine Arbeit auch Eingang gefunden hat.
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2. Das Quellenmaterial
2.1. Das Verlagsarchiv. Eine Bestandsaufnahme Der überwiegende Teil des Archivs besteht aus Büroordnern, die in alphabetischer Reihenfolge Korrespondenz mit und von Verlagsautoren beinhalten. So sind neben Briefen der Autoren an den Verlag auch Durchschläge der Briefe des Verlags wie auch autorenbetreffende Schriftstücke zusammengetragen, so daß sich in der Regel eine durchgehende Korrespondenz ergibt. Der Schriftverkehr mit vielen Autoren (wie andere Materialien auch) hat sich beinahe komplett erhalten, bei anderen kann das Fehlen des Briefwechsels zum Teil oder zur Gänze verschiedene Gründe haben. Erstens können »Kriegseinwirkungen« daran schuld sein: Da es in der Nähe des seit 1926 in der Prinz Eugen Straße im 4. Wiener Gemeindebezirk befindlichen Verlagshauses 1945 mehrere Bombenangriffe gab, wurden manche Archivunterlagen ausgelagert. Nicht zu allen Autoren konnten solche Ordner gefunden werden. In den letzten Jahrzehnten wurde auch manches Korrespondenzmaterial skartiert, das aber später im Autographenhandel in Wien wieder auftauchte. Offensichtliche Lücken in den Ordnern und Ordnerreihen bzw. das gänzliche Fehlen mancher Autoren können auf zweierlei Art erklärt werden: Nachdem der Verlag Mitte März 1938 in »verläßliche« Hände übergegangen war, besuchten mehrere Gestapo-Beamte im folgenden Monat das Verlagshaus und verlangten nicht nur, in einzelne Ordner Einsicht nehmen zu dürfen, sondern nahmen diese auch großteils in ihr Büro in der nahegelegenen Theresianumgasse 16 mit. Trotz der Zusicherung, daß diese Briefordner retourniert werden würden, vergingen Monate, ohne daß etwas geschah. Anfang Oktober 1938 schrieb die Verlagsdirektion an die Presseabteilung der Gestapo auf dem Morzinplatz in Wien, 1 um die Rückgabe nochmals zu urgieren. Es handle sich um »Korrespondenz, die wir für unseren Betrieb äußerst dringend benötigen«. »Da die wirtschaftlichen Interessen unseres Unternehmens dadurch großen Schaden erleiden und wir insbesondere eine ganze Reihe von ausländischen Geschäftsverbindungen, die zusätzliche Devisen bringen, nicht weiterführen können, müssen wir die Dringlichkeit ganz besonders erwähnen.« Nachsatz: »Es steht Ihnen selbstverständlich jederzeit die Einsicht in bestimmte Faszikel oder die Vorlage der Korrespondenz mit bestimmten Autoren frei. Die Briefordner aber, in denen sich auch einige Original-Verträge befinden, benötigen wir jedenfalls umgehend zurück. Wir bitten daher nochmals die Regelung der Angelegenheit beschleunigen zu wollen und uns mitzuteilen, wann die Briefordner abgeholt werden
Dieses Schreiben vom 7.10.1938 ist ohne sichtlichen Sachzusammenhang im Briefordner der schwedischen Autorin Alice Lyttkens abgelegt worden.
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können.« Hätte der Verlag diese Ordner tatsächlich abholen dürfen, wäre das ein etwas schwieriges Unterfangen gewesen, denn alles deutet darauf hin, daß die Ordner nicht in Wien, sondern in Berlin waren. Einen Hinweis auf die Zusammensetzung des beschlagnahmten Materials findet man erst wieder in einem Schreiben des Verlags vom 24. Mai 1939 an das Propagandaministerium in Berlin, Abt. II A. Gegenstand ist der Bericht »über das Verhältnis des Verlages zu dem jüdischen Autor Franz Werfel«, 2 auf den an anderer Stelle näher eingegangen wird. Der Verlag sei, so heißt es im Akt der Vermögensverkehrsstelle, zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht in der Lage, den Sachverhalt bezüglich Werfeis möglicher Schadensersatzansprüche an das Unternehmen einwandfrei zu klären, »da die gesamten Korrespondenz- und Vertragsmappen Franz Werfeis mit denen anderer jüdischer Autoren nach dem Umbrüche vom S.T.(!) Hauptamt der SS. beschlagnahmt wurden«. Der Treuhänder, Dr. Wilhelm Hofmann, hatte zwar, wie er sagte, veranlaßt, daß ihm die Mappen wieder zur Verfügung gestellt werden, ihm wurde »jedoch vom S.T. Hauptamt in Wien mitgeteilt, daß trotz dessen Anfrage in Berlin, wo sich dieses Material zur Überprüfung befinden soll, bisher von dort noch keine Nachricht gekommen sei«. Da sich diese Unterlagen nicht im Verlagsarchiv befunden haben, müssen wir davon ausgehen, daß sie vom Hauptamt in Berlin nicht zurückgegeben wurden. Darunter befanden sich nicht nur die Unterlagen zu Franz Werfel, sondern auch Korrespondenz mit Autoren wie Max Brod, Heinrich Eduard Jacob (fehlt zur Gänze), Heinrich Mann (ab 1933) sowie Emil Ludwig (fehlt zur Gänze). Unter den weiteren Lücken wären zu nennen: Pearl S. Buck (alles vor Oktober 1939), Edmund Finke (alles vor 1941) und Egmont Colerus (alles vor 1938), Ernst Weiß, Walther Eidlitz, Grete von Urbanitzky u.a. Nach Ende des Kriegs und im Zuge der Entnazifizierungsvorgänge dürfte es zu weiteren ähnlichen Abgängen gekommen sein. Diesmal haben Beamte der Staatspolizei Informationen über belastete Autoren eingeholt und offensichtlich inkriminierendes Material entdeckt. Nach einer schriftlichen Aussage von Albert von Jantsch-Streerbach von Anfang 1946 dürften weitere Verluste auf das Konto von Karl H. Bischoff gehen. In einer »Information« für den in London weilenden Paul Zsolnay gibt Jantsch an, »daß K.H. Bischoff und seine Frau noch im März 1945 die Originale aller Autorenverträge (auch alle Ausländer Galsworthy, Cronin etc. etc., hier sind nur noch Abschriften), Lagerbestände, Geld, Teppiche genommen und Bilder aus den Verlagsräumen nach Laichingen (Württemberg) verschoben haben, wo sein Vater eine Buchhandlung besitzt«.3 Diese Angaben ließen sich nicht überprüfen und ob diese Sachen »sichergestellt« wurden, war nicht festzustellen.
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Österr. Staatsarchiv, AdR, VSSt, Kommissare und Treuhänder, Kt. 900, 12.765, Band IV, Bl. 95. Jantsch-Streerbach an Paul Zsolnay, 28.1.1946, DLA Marbach, Nachlaß Albert von JantschStreerbach.
Neben Korrespondenzordnern gibt bzw. gab es auch Ordner mit allgemeiner Korrespondenz mit Autoren, die nicht vom Verlag übernommen wurden. Allerdings fehlt hier alles vor 1939, sodaß z.B. interessante Korrespondenz mit Joseph Roth, um ein Beispiel zu nennen, nicht vorhanden ist. Von den Jahren 1928 bis in die 50er Jahre gibt es mehrere Ordner mit der Bezeichnung »Paul Zsolnay privat«. Neben Geschäftsbriefen Zsolnays Unternehmen in Preßburg betreffend, findet sich z.B. bislang nicht ausgewertetes Material zum »Österreichischen Klub« und dem »(Österreichischen) Kulturbund«, zwei Vereinen, mit denen Paul Zsolnay enge Verbindungen hatte und die für die NS-Politik der kulturellen Penetration Österreichs in den 30er Jahren große Bedeutung hatten, sowie einzelne interessante Autographen, etwa an hochrangige Regierungsmitglieder in den 30er Jahren. Teilweise erhalten sind Manuskriptbücher, die den Eingang eingereichter Texte registrieren. Aus ihnen geht z.B. hervor, daß Robert Musil im Jahre 1929 seinen Roman Der Mann ohne Eigenschaften beim Zsolnay Verlag zur Veröffentlichung einreichte. Eine lückenlose Übersicht über die Verlagsproduktion erlaubt die »Herstellkartei« bestehend aus hunderten, alphabetisch nach Autorennamen geordneten A5-Karteikarten mit Angaben zu jedem Werk (Umfang, Papierart, Format, Satzspiegel, Druck, Schrift, Herstellungspreis, Auflagendaten und-höhen, Preise etc.). In den 40er Jahren wurde regelmäßig auch vermerkt, wer für Umschlag und/oder Einbandentwurf verantwortlich war. Diese Karten tragen auch Vermerke zur allfälligen Beschlagnahme oder Verramschung eines Werkes und Angaben zu den Honorarsätzen. Diese Kartei setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Der eine Teil umfaßt Verlagswerke, darunter auch die, die zwischen 1924 und 1945 erschienen sind, deren Rechte an den jeweiligen Autor zurückgegeben wurden bzw. dem Verlag nicht mehr gehören. Die zweite, »aktive« Kartei umfaßt generell Werke des Paul Zsolnay Verlags, deren Rechte dem heutigen Verlag gehören. Die »Produktionskartei« verzeichnet chronologisch vom Frühjahr 1924 bis in die Gegenwart für jedes Produktionsjahr Autor, Kurztitel, Erscheinungstag und laufende Verlagsnummer aller Werke. Ein anderer Teil dieser Kartei verzeichnet »Sonderausgaben« nach Jahr und die Produktion der 1929 initiierten Bibliothek zeitgenössischer Werke. Ferner gibt es ein eigenes Verzeichnis der Neuauflagen mit Zahlenangaben sowie eine Übersetzer/Werk-Kartei. Von den ca. 950 in den Jahren 1924 bis 1945 vom Paul Zsolnay Verlag bzw. Karl H. Bischoff Verlag herausgegebenen Titeln einschließlich Sonderausgaben, aber nicht Neuauflagen, fehlen im Verlagsarchiv ca. 240, darunter vornehmlich die frühen Ausgaben der Bibliothek zeitgenössischer Werke. Von der im Anhang erstellten Produktionsliste, die zunächst auf dem Verleger- und Institutionenkatalog der Deutschen Bücherei in Leipzig basierte und Ergänzungen erfuhr, wurden etwa 95 % der Titel autopsiert. Nur sehr spärlich vorhanden sind Ordner mit der Bezeichnung »Direktionskorrespondenz« (1937-1941, äußerst lückenhaft). Das erklärt wahrscheinlich, warum auch getrennt abgelegte Korrespondenz mit Verlagen, Ämtern und Institutionen, wie etwa der Reichsschrifttumskammer, nicht mehr vorhanden
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ist. Zu den weiteren Archivmaterialien zählen auch die in Ordnern abgelegten Verlagsprospekte (Sonderausgaben, bebilderte Prospekte für einzelne Autoren und Werke), die allerdings nicht vollständig vorliegen. Rezensionsmappen zu einzelnen Werken, die bereits ab der Gründung des Verlags angelegt wurden, liegen nur teilweise vor, d.h., nur für jene Bücher, die der Verlag nach 1945 neu auflegte. Das Schicksal dieser Sammlung ist unbekannt. Verschollen sind bis auf Einzelstücke unter den betreffenden Autorenkorrespondenzen auch die Geschäftsunterlagen des ab Mitte der 30er Jahre in Wien eingerichteten
Büros
(Praterstraße
62 im
2. Bezirk) der
in Zürich
beheimateten
Bibliothek zeitgenössischer Werke. Nur ein Teil jener Korrespondenz, die dort entstanden ist, wurde im Verlagshaus aufbewahrt. Bis auf einige Fragmente ist auch vom Archivbestand der »Theaterabteilung« des Verlags wenig vorhanden und wenn, dann lediglich einzelne Verträge. Ebenfalls bislang nicht auffindbar sind Materialien zu den Verlagsstatuten und die Protokolle der jährlich abgehaltenen »Autorenversammlungen«. Lediglich in einem einzigen der vielen vom Verf. eingesehenen Nachlässe, und zwar im Max Brod Archive in Tel A v i v , waren diese Protokolle teilweise vorhanden, obwohl sie nachweislich an alle Autoren verschickt wurden. Ziemlich vollständig erhalten sind hingegen »Vertragsmappen« der einzelnen Autoren vom Beginn des Unternehmens. Sie enthalten nicht selten Korrespondenz mit Autoren, deren Ordner nach dem Krieg nicht mehr vorhanden waren. Im Verlagsarchiv großteils erhalten sind die seit Verlagsbeginn angelegten Stanzenbücher, Klischeebücher und Anzeigenbücher (ab Band 3, 1934). Die ersten zwei genannten Bücher gewähren einen Einblick in die gesamte graphische Gestaltung der einzelnen Verlagswerke - vom Buchrücken und Imprägnierungen bis hin zu Schrift- und Farbproben der Umschläge bzw. Einbände - und erlauben es, die Entwicklung des äußeren Erscheinungsbildes des Verlags nach außen in allen Phasen zu verfolgen. Die Anzeigenbücher legen nicht nur vom quantitativen Umfang der Werbemaßnahmen Zeugnis ab, sie gestatten es auch, Schwerpunkte und Strategien der Werbung festzustellen. Über das Schicksal bzw. das Archiv der Berliner Niederlassung des Paul Zsolnay Verlags ist nichts bekannt, wohl aber wissen wir, daß das Leipziger Lager im Herbst 1943 durch Bombenangriffe der Alliierten zerstört wurde. 4
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Dazu Verlagsinhaber Karl H. Bischoff an den Gaupresseamtsleiter in Niederdonau, den ehemaligen Leiter der »Theaterabteilung« und Verlagsautor Hanns Schopper: »Der Angriff der Feinde auf Leipzig hat im gesamten Buchhandel ja bekanntlich ungeheure und weitreichende Zerstörungen hervorgerufen und zeugt schon davon, dass die Leute jenseits des Kanals mit Überlegung und recht gründlich planen. Die Gesamtauswirkungen lassen sich noch nicht ganz absehen.« Brief v o m 7. Feber 1944, Ordner Hanns Schopper. Näheres zu diesem Komplex im Kapitel 30.
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2.2. Amtliche und halbamtliche Quellen Neben dem Verlagsarchiv gibt es in Archiven in Wien, Berlin und Koblenz eine Vielzahl von amtlichen und halbamtlichen Quellen zum Zsolnay Verlag. So konnte der Verlagsakt beim Gremium für den Handel mit Büchern in Wien, also der Standesvertretung der Wiener Buchhändler, und im Archiv, Buchgewerbehaus (Hauptverband des österreichischen Buchhandels) eingesehen und ausgewertet werden. Im erstgenannten Archiv findet sich unter anderem im Verlagsarchiv nicht auffindbare Korrespondenz mit der Reichsschrifttumskammer, Landesleitung Wien und dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMfVuP) in Berlin sowie der Schriftverkehr zwischen diesen beiden Institutionen. Im Bundesarchiv Koblenz werden umfangreiche Akten zu den Vorgängen in und um den Verlag nach dem März 1938 und bis zur Übernahme durch Karl H. Bischoff aufbewahrt. Es handelt sich vornehmlich um Aktenstücke des RMfVuP und weitere im Verlagsarchiv nicht auffindbare Korrespondenz des Verlags mit diesem Ministerium. Reiches Quellenmaterial vor allem zur Phase der kommissarischen Verwaltung (ab März 1938) und der sogenannten Abwicklung vor der Übernahme durch Bischoff findet sich in einem Akt im Archivbestand der Vermögensverkehrsstelle (VVSt), Abt. Kommissare und Treuhänder, jener Institution, die unmittelbar nach dem »Anschluß« ins Leben gerufen wurde, um die »Entjudung« der österreichischen Wirtschaft in geregelte, scheinlegale Bahnen zu lenken (Archiv der Republik, Wien, früher: Allgemeines Verwaltungsarchiv, Wien). Wenig solche Korrespondenz befindet sich im Verlagsarchiv. In Anbetracht des Umstands, daß Ordner mit Korrespondenz zwischen dem Zsolnay Verlag und dem Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig im Verlagsarchiv verschollen sind, füllt der Firmen- bzw. Mitgliedsakt Paul Zsolnay Verlag bzw. Paul Zsolnay im Bestand »Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig« (F 10822 und F 10823) im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig eine wichtige Lücke. Das Aktenmaterial dokumentiert u.a. die Breitenwirkung und vor allem den Erfolg der Offensive Will Vespers in der Neuen Literatur gegen »jüdische Verlage« 1934-1938, darunter den Paul Zsolnay Verlag, wie sie vom Börsenverein wahrgenommen wurde. Von großer Bedeutung vor allem für die Ausleuchtung der rein juristischen Seite des Verlagsunternehmens waren die Registerakte im Handelsgericht Wien. Akten zu den ersten beiden Gesellschaftsformen (Ges.m.b.H.) mit Sitz in Wien V., Castelligasse 17 bzw. I., Teinfaltstraße 3), das sind Reg. A21/50a bzw. Reg. C 27/92, sind im Bestand des Wiener Stadt- und Landesarchivs, diejenigen zur Aktiengesellschaft (ab 1930) im Depot des Handelsgerichts Wien (Reg. Β 22/85 bzw. HRB 4698) aufbewahrt. Von unschätzbarem Wert waren die häufig in Privatbesitz befindlichen dichterischen Nachlässe einer Vielzahl von Zsolnay-Autoren. Das dort enthaltene Material (Verlagskorrespondenz, Verträge usw., Honorarabrechnungen) war insofern von
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Bedeutung, als es im Verlagsarchiv fehlte. Zu den herangezogenen Nachlässen zählen u.a. die von Grete von Urbanitzky (früher Privatbesitz, jetzt Wiener Stadtund Landesbibliothek), Heinrich Mann (Heinrich Mann-Archiv, Akademie der Künste in Ostberlin), Robert Seitz (DLA Marbach), Albert von Jantsch-Streerbach (DLA Marbach), Theodor Däubler (Sächsische Landesbibliothek Dresden), Walther Hjalmar Kotas (Privatbesitz Wien), Egmont Colerus (Privatbesitz Perchtoldsdorf), Franz Theodor Csokor (Wiener Stadt- und Landesbibliothek), Johannes Freumbichler (früher Salzburger Literaturarchiv), Franz Werfel (UCLA und University of Pennsylvania), The S. Fischer Verlag Papers (Lilly Library, Bloomington, Indiana), Alma Holgersen (Stadtarchiv Kitzbühel), Ernst Scheibelreiter (Privatbesitz Wien), Felix Saiten (Privatbesitz Hedingen, Schweiz), Leo Perutz (Deutsche Exilbibliothek, Frankfurt am Main), Erika Spann-Rheinsch (Familienbesitz Wien), Wladimir von Hartlieb (Österr. Nationalbibliothek Wien), Robert Neumann (Österr. Nationalbibliothek Wien), Alma Mahler-Werfel (Univ. of Pennsylvania, Philadelphia), Heinrich Eduard Jacob (Privatbesitz Berlin). Eine »Zsolnay-Mappe« im Max Brod Archive in Tel Aviv konnte zwar durchgesehen werden, doch wurden dem Verfasser keine Materialien zur Verfügung gestellt. Der Nachlaß des Verlagslektors Hermann R. lieber (Privatbesitz Wien) enthält keinerlei Materialien mehr aus der Zeit vor 1945. Zu einzelnen Verlagsautoren, vor allem denjenigen, die NS-Kreisen in Österreich ab 1933 nahestanden, wurden auch die Personalakten der RSK bzw. Parteikorrespondenz im Berlin Document Center herangezogen.
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3. Der Verlag in der Geschichtsschreibung
Verlagsmemoiren gewähren - so sie geschrieben werden - für gewöhnlich einen einmaligen subjektiven Einblick in das Innenleben eines Verlagsunternehmens. Der erste Ansatz zu einer Geschichte des Verlags stammt von Paul Zsolnay, aber sein in der »Emigration« begonnener Rückblick auf fünfzehn Jahre Verlegertätigkeit ist nicht überliefert. Die Umstände sollen hier kurz angedeutet werden. Vor seiner Abreise aus Wien in der zweiten Novemberhälfte 1938 hat Zsolnay versucht, in Zusammenarbeit mit handverlesenen Vertrauensleuten in der Verlagsleitung einerseits die wahren Besitzverhältnisse des Unternehmens zu kaschieren was eine Zeitlang auch gelang - andererseits seine künftige auswärtige Mitarbeit durch eine Reihe von Abmachungen genau zu regeln. Nach mehreren durch die Devisenstelle Wien verursachten Verzögerungen in der Genehmigung des Antrags der Paul Zsolnay Verlag A.G. auf den Ankauf ausländischer Zahlungsmittel konnte sich Paul Zsolnay auf eine offizielle, ja von höchster Stelle genehmigte Geschäftsreise über Paris nach London begeben, wo er ab 6. Dezember 1938 wohnte. Anfang Januar 1939 wurde Zsolnay Vertreter (»representative«) des für ihn neugeschaffenen »Continental Department« der Londoner literarischen Agentur A.M. Heath & Co. Seine Aufgabe als ausschließlicher Vertreter bestand darin, Werke und Rechte englischer und amerikanischer Autoren an den Zsolnay Verlag in Wien zu vermitteln, sowie Autoren des Wiener Verlags in England und Amerika zu piazieren. Er war der Überzeugung, für den unter »Nazi-Leitung« in Wien befindlichen Verlag laut eigener Aussage »ganz Bedeutendes für den Kulturaustausch von Deutschland und England« erreichen und gleich auch dem Verlag große Dienste erweisen zu können. Diese von ihm übernommene Aufgabe konnte Zsolnay insofern in Angriff nehmen, als in Wien diejenigen neuen Herren des Verlags, die von ihm ja »nach reiflichster Überlegung und unbeeinflußt von meinen eigenen materiellen Interessen ausgewählt worden« waren, dort auch gewissermaßen als seine »Strohmänner« das Sagen hatten. Das Blatt und das Schicksal Zsolnays in London und seiner Vertrauensleute in Wien wendete sich allerdings, als der Schwindel mit den Besitzverhältnissen aufflog und Zsolnays »Stellvertreter« ein Parteigerichtsverfahren angehängt wurde. Doch durch die Schließung des Verlags in der Prinz Eugen Straße durch die Gestapo im April 1939 und die darauffolgende Einsetzung eines kommissarischen Treuhänders durch die Vermögensverkehrsstelle hatte Paul Zsolnay in dem von ihm gegründeten Verlag nichts mehr zu reden und zudem kein Recht mehr, im Namen des Verlags Verhandlungen zu führen und Abschlüsse zu tätigen.
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Es ist daher nicht überraschend, daß er vom Treuhänder eindringlich - mit Drohung auf Schadensersatzklagen - davor gewarnt wurde, weiterhin in Verlagsangelegenheiten einzugreifen, da ihm dies seit seiner erzwungenen Entfernung aus dem Wiener Verlag im Frühjahr 1938 rechtlich nicht mehr zustand. Bei seiner Bemühung, in der Fremde mühsam und trotz seiner vielen Kontakte einen neuen Lebensunterhalt zu finden und im Rahmen des »Continental Department« verlegerisch tätig zu sein, geriet Paul Zsolnay sehr bald in eine überaus schiefe Optik. 1 Dies führte dazu, daß die von ihm jahrelang mit Sonderbehandlung gehegten und gepflegten Autoren sich vor »Empörung« (Franz Werfel) von ihm distanzierten. Stein des Anstoßes war die Arbeit für den »Naziverlag« in Wien und seine nicht vollständig vollzogene Trennung von diesem. Dies wurde Paul Zsolnay somit zum Bumerang. Es herrschte an mehreren Fronten eine Berührungsangst. Zsolnays Arbeit für den Verlag in Wien ließ den Verdacht aufkommen, er sei »Nazi-Agent« (so der konkrete Vorwurf), ein Umstand, der dem Ruf mancher Autoren im Ausland zum Schaden gereichen konnte. Auf die Beispiele wird an anderer Stelle näher eingegangen werden. Zudem keimte der berechtigte Verdacht auf, Zsolnays Abschlüsse im Ausland mit ausländischen Autoren würden den hart um ihre Existenz kämpfenden Emigrantenverlagen außerhalb des Deutschen Reichs das Wasser abgraben. Diese Angst hatte man zumindest im Bermann-Fischer Verlag. Daß Paul Zsolnay aus diesen Gründen - obwohl er im besten Glauben und im Interesse der vertretenen Autoren handelte - gemieden wurde, liegt auf der Hand. Langjährige Übersetzer, die in Wien für ihn tätig gewesen und die selber zur Emigration gezwungen waren, verzichteten dankend auf Zsolnays Angebot, durch seine Vermittlung Werke ausländischer Autoren für den unter Nazi-Leitung stehenden Wiener Verlag zu übersetzen. Der tiefe Sturz des einstigen großen Verlegers in Wien und der entmutigende Beginn seiner neuen Existenz in London mögen das Ihre dazu beigetragen haben, daß Paul Zsolnay seinen im Oktober 1939 begonnenen Erinnerungen den der Geschichte des Paul Zsolnay Verlags widersprechenden Titel »Als Verleger ungeeignet« gab. Kenntnis von den begonnenen Memoiren verdanken wir einem Brief Zsolnays an Felix Saiten in Zürich vom 16. Oktober 1939, in dem es heißt: Ich benütze meine freie Zeit und schreibe an einem Buch »Als Verleger ungeeignet«. Zwei Kapitel sind so gut wie fertig und zwar »Verlag und Politik« und »Galsworthy wird am Continent berühmt«. Im zweiten Kapitel ist natürlich viel von Dir die Rede und ich habe mich während der Arbeit dankbar der schönen Stunden erinnert, die wir mit Galsworthy gemeinsam anläßlich des P.E.N. Kongresses in Wien verlebt haben. Ich weiß nicht, ob das Buch irgend einen Verleger
Ausführlicheres dazu im Kapitel 24. Teile der dortigen Darstellung sind vom Verf. unter dem Titel Exilverlage - Verleger im Exil, in: Stefan Zweig. Für ein Europa des Geistes. Ausstellung. [Katalog hrsg. von Klemens Renoldner, Hildemar Holl, Peter Karlhuber], Salzburg 1992, S. 5363, publiziert worden.
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finden wird, für mich aber wird es einen Wert haben, da es mich an bessere Zeiten erinnert, an Zeiten in denen ich das Gefühl hatte etwas leisten zu können. 2
Saiten, der mit Paul Zsolnay wegen dessen Beziehung zum Wiener Verlag und mit dem Verlag selber wegen der Auslegung seines Generalvertrags monatelang im Clinch lag, antwortete höflich: Ich freue mich, weil Du Dich mit Deinem Buch »Als Verleger ungeeignet« beschäftigst. Sicherlich wird das sehr interessant sein und ebenso sicher bin ich, dass Du sofort dafür einen Verleger finden wirst. Du kannst ja ungeheuer viel Erfahrungen in diesem Buch niederlegen, eine ganze Menge Persönliches, Anekdotisches was immer sehr wichtig ist einflechten und Du wirst beredsame Aufschlüsse über das Nazi-Regiment geben können, und über die Art wie Dir Dein von Dir gegründeter und zu grossem Erfolg geführter Verlag entrissen worden ist. 3
Ob Paul Zsolnay seine Memoiren je vollendete bzw. wo sich das Manuskript befindet, wissen wir nicht. Angesichts der großen Anzahl von Verlagsmonographien und -geschichten, die in der Bundesrepublik oder der ehemaligen DDR in den letzten Jahrzehnten erschienen sind, mag es überraschen, daß es bis vor wenigen Jahren in Österreich kaum Versuche einer Verlagsgeschichtsschreibung gegeben hat. So gingen hierzulande weder vom Verlag noch von Buchhandelsfachleuten noch von Wissenschaftlern entsprechende Ansätze aus, um die Geschichte dieses wichtigen Unternehmens zu schreiben, Dokumente und Materialsammlungen, Schriftstellernachlässe usw. auszuwerten. Zu diversen Anlässen wie »rundem« Geburtstag, Tod des Verlagsinhabers Paul Zsolnay, 25jährigem Jubiläum, Auszeichnungen, öffentlichen Vorträgen Zsolnays u.ä. sind freilich über die Jahre immer wieder kurze Berichte veröffentlicht worden, die allerdings bestenfalls Anekdoten über die Verlagsgründung vermitteln und auf die unzweifelbaren Verdienste des Verlegers für die österreichische Literatur, auf die Durchsetzung fremdsprachiger Autoren usw. hinweisen. Allfällige Schattenseiten, die es in der Geschichte eines jeden Verlags gegeben hat, werden nicht angesprochen. Sie werden tunlichst verschwiegen. Und so kommt es vor, daß zwischen subjektiven Wahrheiten über eben diese Verlagsgeschichte und objektiv nachweisbaren Fakten eine große Kluft entstehen muß. Mein erster Versuch, eine zusammenhängende Darstellung der Geschichte des Paul Zsolnay Verlags zu schreiben, entstand während der Arbeit an einer Geschichte der belletristischen Verlage Österreichs in der Zwischenkriegszeit. 4 Daß
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Nachlaß Felix Saiten. Für die Einsichtnahme in die Korrespondenz zwischen Paul Zsolnay und Felix Saiten aus dem Nachlaß Saltens bin ich Frau Lea Wyler sehr zu Dank verpflichtet. Der siebente Internationale P.E.N.- Club Kongress fand vom 24.-29. Juni 1929 in Wien statt. Felix Saiten an Paul Zsolnay, 25.10.1939, ebd. Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918-1938. Band I: Geschichte des österreichischen Verlagswesens; Band II: Belletristische Verlage der Ersten Republik. Wien-Köln-Graz: Böhlau 1985.
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dieser Verlag in einem solchen Überblick eine zentrale Stellung einnimmt, müßte beinahe selbstverständlich sein. Knapp vor der Drucklegung kam es zu einer Kontroverse über den Inhalt des Abschnitts über den Paul Zsolnay Verlag mit dem damaligen Geschäftsführer. Über die näheren Umstände habe ich bereits ausführlich geschrieben. 5 Zu den nicht spezifizierten Vorwürfen, die gegen ein noch unbekanntes Manuskript gerichtet wurden, zählten neben der Bezeichnung des 28jährigen Landwirts Paul Zsolnay als »Neo-Verleger« (!) die Feststellung meinerseits, der Verleger hätte in den 30er Jahren versucht, mit dem nationalsozialistischen Machtapparat einen »modus vivendi« zu finden und daß er trotz allem sowohl von der NS-Seite als auch von antifaschistisch gesinnten Österreichern wegen der »nationalen Tarnung« seines Unternehmens unter Beschüß geriet. Das anrüchige Wort »Kollaboration« ist nicht gefallen. Diese Feststellung konnte ich, wie ich meine, ausreichend belegen. Denn daß alle Verlage, die, wie Zsolnay, auf den deutschen Markt angewiesen waren, Kompromisse eingehen mußten, Autoren nicht mehr herausbringen konnten, genehme, erwünschte Autoren verlegten, müßte doch eher als Binsenweisheit gelten. Es steht andererseits zu all dem nicht in Widerspruch, daß Paul Zsolnay und Felix Costa als Repräsentanten des Verlags zur gleichen Zeit trotz schwieriger finanzieller und politischer Lage sich nach Kräften als großzügige Mäzene betätigten und häufig ohne jede rechtliche Verpflichtung Autoren in ihrer großen Not zur Seite standen. Daß manche Autoren dem Verlag erbittert den Rücken kehrten, gehört genauso zu dieser Geschichte. Obwohl mir damals im Gegensatz zu heute das Archiv des Paul Zsolnay Verlags nicht zugänglich war, stand mir in anderen Archiven eine überraschende Fülle von Material, wie etwa Verlagskorrespondenz, zur Verfügung, um somit ein abgerundetes Bild zu vermitteln. Trotz mancher Lücken (etwa weitgehend die Direktionskorrespondenz) bietet das Verlagsarchiv nun die Möglichkeit nicht zu korrigieren, sondern gelegentlich zu relativieren und präzisieren. Denn gerade was das Bild des Zsolnay Verlags in den 30er Jahren, den Verlagsinhaber Zsolnay und den literarischen Leiter Felix Costa betrifft, so zeigt sich, daß deren ästhetische Neigungen (für Verleger keine negative Eigenschaft, im Gegenteil!) sie daran hinderte, den Nationalsozialismus in seiner ganzen Gefährlichkeit zu begreifen. Sie waren dem Irrglauben verfallen, daß sie im nun angebrochenen Zeitalter der politisierten Literatur weiterhin nur ihren hohen Idealen der Kunst dienen könnten und daß es genügte, Autoren wie etwa Franz Werfel tunlichst von den Niederungen der Politik fernzuhalten. Sowohl Zsolnay als auch Felix Costa (man könnte auch Franz Werfel ohne weiteres miteinbeziehen) waren von einer - wie sich zeigte grenzenlosen politischen Naivität. Sie erkannten einfach nicht, daß es sich da nicht um eine Bewegung oder ein Regime handelte, das verlegerisch rationalen Standpunkten und Argumenten zugänglich war. Daß ausgerechnet Franz Werfel knapp vor Ablauf der Anmeldungsfrist (15. Dezember 1933), um Mitgliedschaft beim 5
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Rühren an den Schlaf der Welt. In: Das jüdische Echo. Zeitschrift für Kultur und Politik (Wien), Nummer I, Vol. XXXV, Oktober 1986, S. 91-98.
Reichsverband Deutscher Schriftsteller in Berlin ansuchte, ist auf Anraten Hanns Martin Elsters, der ihm zusammen mit Grete von Urbanitzky die zwei notwendigen Bürgen zur Verfügung stellte, und gegen den Rat des Verlagssyndikusses erfolgt. Werfel argumentierte für die Würdigkeit seiner Mitgliedschaft genauso weltfremd wie später sein Verleger Paul Zsolnay: mit Hinweis auf seine tschechoslowakische Staatsbürgerschaft, seinen Wiener Wohnsitz, seine Angehörigkeit zur deutschen Minorität in der Tschechoslowakei und die Tatsache, daß er den Gesetzen und Vorschriften der beiden Staaten unterstehe. Daß man im Reich unter »nationaler Zuverlässigkeit« etwas ganz anderes verstand, lag auf der Hand. Zsolnay-Autor Frank Thiess wird gewußt haben, wovon er spricht, wenn er in seinen Erinnerungen vom auffälligen politischen Optimismus, »der auch Werfel veranlaßte, die Zustände in Deutschland als so entfernt zu betrachten, wie wenn ich vom Monde berichtete«, schreibt. 6 Aber es wäre unrichtig, Werfeis Ansuchen als einen Kniefall vor den Nazis zu bezeichnen. Gleich nach der Ankündigung von der Einführung einer voraussehbaren Zwangsmitgliedschaft beim Reichsverband Deutscher Schriftsteller im Sommer 1933 war beim Verlag eine große Krise eingetreten. Österreichische Autoren waren verunsichert, da sie nicht wußten, ob sie dem Reichsverband beitreten mußten, damit ihre Bücher in deutschen Verlagen erscheinen und von deutschen Buchhändlern in die Auslagen gestellt werden konnten. Für Felix Costa, der sich um Rat an den Nationalsozialismus predigenden und NS-Autoren anbietenden P.E.N.-Funktionär Hanns Martin Elster wandte (»Unser Interesse für diese Frage betrifft natürlich in erster Linie Franz Werfel.«), war unklar, ob Autoren, deren »nationale Zuverlässigkeit« erwiesen war, Mitglied werden konnten, auch wenn sie nicht-arischer Abstammung waren. Elster teilte dem Wiener Verlag im August 1933 in einer Offenheit, die für seine Korrespondenz charakteristisch ist, folgendes mit: »Ich muß entschieden darauf hinweisen, daß die nationalsozialistische Weltanschauung sich mit Zähigkeit durchsetzt und in keiner Weise davon abgeht, jüdische Produktion im deutschen Schrifttum nicht zuzulassen.«7 Costa und Zsolnay nahmen - und das mag man ihnen unter Umständen zugute halten - Elsters dringende Ratschläge und Warnungen vor der zunehmenden Stigmatisierung des Verlagsnamens nicht ernst. Sie versuchten im Interesse des Weiterbestandes zwischen einem Rückzug vom deutschen Markt und einer völligen Kapitulation vor den nationalsozialistischen Autoren in Österreich und im Reich einen Mittelweg zu finden. Sie bedienten sich daher »Helfern« da wie dort, um das Geschäft so ungestört wie möglich weiterzuführen. Und diese Helfer - Verlagsautoren wie -lektoren, wie so mancher Verlagsangestellte der ersten Stunde - standen allesamt der NSDAP 6
Frank Thiess: Jahre des Unheils. Fragmente erlebter Geschichte.
Wien-Hamburg: Paul Zsolnay
Verlag 1972, S. 192. Ähnlich Gottfried Bermann Fischer (Bedroht-Bewährt. Der Weg
eines
Verlegers. Frankfurt am Main: Fischer Bücherei 1971, S. 75): »Franz Werfel und seine schöne geistvolle Frau Alma sahen als Österreicher die Dinge, die da in Deutschland passierten, mit einer mich in Erstaunen versetzenden Distanz, völlig ungewahr der auch für sie heraufziehenden Gefahr.« 7
Hanns Martin Elster an den PZV, 5. August 1933, Ordner Elster.
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sehr nahe oder waren längst Mitglied. Dieser Umstand war den Verlagsleitern kein Geheimnis, ja als Zsolnays Lektor für skandinavische Literatur im Mai 1936 wegen verbotener NS-Aktivitäten in Haft genommen wurde, ließen es sich Zsolnay und Costa nicht nehmen, ihn im Gefängnis zu besuchen und die angehende Mitarbeit zu besprechen. Es entstanden somit freundschaftliche Bindungen zwischen einem »jüdischen« Verleger und seinem Direktor einerseits und durch und durch nationalsozialistischen Autoren andererseits, die uns heute aus der Distanz von fünfzig und mehr Jahren Rätsel aufgeben mögen. Man muß Zsolnay allerdings recht geben, wenn er 1935 angibt, keine Literatur herauszugeben, die ganz offenkundig dem NS-Regime huldigt, obwohl so mancher historische Roman dieser Zeit sehr wohl als Huldigung rezipiert werden konnte und auch wurde. Auf den Mißbrauch skandinavischer Literatur wird später eingegangen werden. Die Parallele zur politischen Naivität bei Franz Werfel fand sein Pendant bei Paul Zsolnay im Jahre 1934, als der Verleger sich gegen die Invektiven Will Vespers zur Wehr zu setzen trachtete, als dieser sein Unternehmen als »Judenverlag« brandmarkte. Zsolnays Mühe war vollkommen vergeblich, denn mit Argumenten, daß er zur deutschen Minorität der tschechoslowakischen Republik gehöre und mußte und auf exponierterem Boden für die deutsche Kultur eintreten müsse, als dies Deutsche in Deutschland tun, daß er sich für die Errichtung einer reinen deutschen Schule eingesetzt habe und »bei uns lediglich die Einstellung zum Deutschtum und die Zugehörigkeit zur religiösen Konfession [Zsolnay war evangelisch] von Bedeutung« sei, war jemandem vom Schlag eines Will Vesper nicht beizukommen. 8 Das alles - vor allem das Zwischenspiel zwischen Verlag und Politik in einem österreichischen Verlag - und Paul Zsolnay nannte ein Kapitel seiner ungedruckten und verschollenen Autobiographie gewiß nicht zufällig »Verlag und Politik« nach der sog. Machtergreifung der Nationalsozialisten - wurde bisher aus der heimischen Verlagsgeschichte großteils ausgespart, weil man die Konfrontation mit der eigenen Geschichte gescheut hat. Im Gegensatz zur Aufarbeitung der »politischen Geschichte« dieser Zeit in Österreich, hat der Nationalsozialismus im Buchhandel und Verlagswesen bislang nicht »stattgefunden«. Wenn kurze Darstellungen der Geschichte des Verlags in der Tagespresse erscheinen, besteht immer wieder die Gefahr der Legendenbildung, der Vereinfachung und der panegyrischen Töne. Manchmal werden Kurzverlagsgeschichten mit strotzenden Fehlern verbreitet. Vor ein paar Jahren veranstaltete die Interessengemeinschaft österreichischer Autoren (IG Autoren) in Wien eine Enquete zum Thema »Verlagswesen und Buchmarkt in Österreich«. An einer Podiumsdiskussion zur Frage der »Materiellen Lage« nahm auch der damalige Geschäftsführer des Zsolnay Verlags, Hans W. Polak, teil. Zum Thema Autor-Verleger-Beziehung und zur Honorarfrage nahm er Stellung, indem er meinte, die Lage könne sich nicht dadurch verbessern, »daß wir mehr oder weniger militant feststellen: Wir brauchen
8
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Die Neue Literatur, H. 8, August 1934, S. 537f.
mehr Geld!« Der damalige Geschäftsführer des Verlags ging auf die Geschichte seines Unternehmens dann wie folgt ein: So einfach liegen die Dinge leider nicht, und ich werde versuchen, Ihnen anhand einer wahren Geschichte,9
die mit der Gründung dieses Verlages zusammenhängt, etwas zu erklären.
Als 1922 Paul Zsolnay aufgefordert wurde, einen Verlag zu gründen, um den betrügerischen Verlegern, die die Honorare in der Inflationszeit zu spät auszahlten, das Handwerk zu legen, sagte er: »Das will ich gerne tun, wenn mir Franz W e r f e l « , der anwesend war, »den Roman, an dem er arbeitet, anvertraut.« Und Werfel sagte: »Selbstverständlich, das mach ich gerne.« Und die Alma Werfel sagte darauf, »Moment, erst soll er uns einen handschriftlichen Brief schicken, den geben wir einer Graphologin, und dann werden wir weitersehen.« Es kam zu dem handschriftlichen Brief, zum Graphologenurteil und zur Gründung des Verlags. Und dann hatte Paul Zsolnay, der sich auf diesen Beruf nur insofern vorbereitet hatte, als er viel und gerne las, Literatur schätzte und kunstsinnig war, aber eigentlich Landwirtschaft studiert hatte, die Schwierigkeit, einen Vertrag für dieses erste Buch aufzusetzen. Er wußte nicht genau, wie man das macht, und hat Werfel gebeten, ihm den Vertrag einfach zu diktieren. Das tat Werfel und diktierte ein Honorar von 25 Prozent. Dann wurde kalkuliert, und es kam ein Ladenpreis heraus, w o sich das Buch zum Entsetzen Werfeis als unverkäuflich herausstellte, weil der Ladenpreis für die 300 Seiten - auf heutige Verhältnisse übertragen - etwa 800 bis 900 Schilling betragen hätte. Der anwesende Drucker einer damals renommierten österreichischen Druckerei sagte: »Herr W e r f e l , das kommt daher, weil Sie 25 Prozent Honorar verlangen.« Und Werfel wiederum sagte: » A h so, na dann schreiben Sie doch einfach zweieinhalb Prozent.« Das ist, glaube ich, mehr als eine Anekdote. Es zeigt, wie ahnungslos wir im Grunde genommen unser Geschäft betreiben. 10
In der Tat, denn die Details aus dieser hübschen Geschichte, die nicht einmal Alma Mahler-Werfel in ihrem Tagebuch kolportiert, sind mit den objektiven Fakten nur schwer in Einklang zu bringen: Die »Aufforderung« zur Verlagsgründung fand 1923 statt, die Verleger (gemeint ist offensichtlich Kurt W o l f f ) waren nicht deshalb »betrügerisch«, weil sie Honorare zu spät auszahlten, sondern weil die Honorare einfach so schnell entwertet waren, Werfeis 9
Verdi-Roman war bereits fertig
Hervorhebung vom Verf. Verwiesen wird an dieser Stelle auf den Aufsatz von Hans W . Polak: Paul ( v o n ) Zsolnay (1895-1961). In: Neue Österreichische
Biographie
ab 1815. Große
Österrei-
cher. Band X X I I . Wien-München: Amalthea-Verlag 1987. Im Laufe der Arbeit wird es erforderlich sein, auf die in diesem biographischen Abriß enthaltenen sachlichen Fehler und falschen Bewertungen hinzuweisen. 10
... und notfalls leben wir alle vom Verhungern. Enquete »Verlagswesen reich«.
und Buchmarkt in Öster-
Autorensolidarität 7/8. Redaktion: Gerhard Ruiss und Johannes A . Vyoral. Wien: Juli
1985, S. 75. Der »anwesende Drucker« ist Rudolf Rosenbaum (1894-1965) von der Gesellschaft für graphische Industrie. Aus Anlaß des 60. Geburtstags Paul Zsolnays im Jahre 1955 schrieb ihm Rosenbaum folgendes: »Mein lieber Paul! 1923 - in meinem Büro in der Gumpendorferstraße - trafen wir uns das erste Mal. Dort fand eine Besprechung über 'eine Verlagsgründung' statt, an der Du, Alma Maria Mahler, Ida Roland, Franz Werfel und Coudenhove-Kalergi teilnahmen. Dieses Ereignis - Beginn unserer 32jährigen Verbundenheit - steht mir mit allen Einzelheiten der Gespräche heute vor mir.« (Verlagsarchiv) Zur Gründung des Verlags siehe auch Elias Canetti: Das Augenspiel.
Lebensgeschichte
1931-1947.
München: Carl Hanser Verlag
1985, S. 129.
19
(September 1923), 1 1 Werfeis Gattin hieß erst nach der Heirat im Juli 1 9 2 9 A l m a W e r f e l , der Verlagsvertrag wurde v o n F e l i x Costa aufgesetzt, Werfel bekam als höchstbezahlter Autor des Zsolnay Verlags (mit Ausnahme der Übernahmen v o m Kurt W o l f f Verlag) e i n Honorar v o n 2 2 % und laut Vertrag für den Verdi-Roman 1 S c h w e i z e r Franken pro Exemplar i m voraus, das Buch hatte in erster A u f l a g e ( 1 0 0 0 0 E x . ) einen U m f a n g von 5 7 0 Seiten, und selbst ein Honorar v o n 2 5 % hätte nicht den genannten Ladenpreis (in Wirklichkeit 5 , 5 0 Goldmark broschiert und 7 , 5 0 Goldmark Halbleinen) zur F o l g e gehabt. D a s zweite Verlagswerk, Hans Kaltnekers Drama Die
Schwester,
das fünf Tage nach d e m W e r f e l - R o m a n auf den
Markt kam - U m f a n g 125 Seiten - kostete broschiert nicht viel weniger, nämlich 5 , 0 0 Goldmark. Daher ist gegenüber so mancher Kurzgeschichte des Verlags V o r sicht geboten. D a s gleiche trifft auf die apodiktische Schilderung v o n A l m a Mahler-Werfel in ihren Erinnerungen zu. 1 2 D i e s e s »Tagebuch«, w i e das Werk noch
11
Nachdem der Verleger Kurt Wolff am 2. März 1933 Deutschland für immer verlassen hatte, wurden Teile des Verlagsarchivs über einen Berliner Autographenhändler verkauft. Anfang Juni 1934 gab die Autographen-Handlung Hellmut Meyer & Emst in Berlin einen kleinen Autographenkatalog heraus, in dem insgesamt 33 Briefe Franz Werfeis (6 davon sind von Alma Maria Mahler) an den Kurt Wolff Verlag angeboten wurden. Die Briefe umfassen die Jahre 1921 bis 1930. In einem Brief vom 30. September 1923 teilte Werfel mit, daß der Verdi-Roman fertig sei. »Das Buch ist spannend, rührend und wichtig.« In einem Brief aus Breitenstein vom 26.10.1923 teilt Werfel Kurt Wolff mit, daß sein Verdi der erste Roman eines mehrbändigen Zyklus sein soll. Diese Briefe waren weder im Kurt Wolff Archiv (Yale University) noch in einer anderen öffentlichen Institution nachzuweisen und müssen daher als verschollen gelten.
12
Alma Mahler-Werfel: Mein Leben. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1963, S. 137. Von einer Beteiligung anderer Personen außer Franz Werfel und Alma Mahler ist hier nicht die Rede. Eine wahrscheinlichere Darstellung der Verlagsgründung ist die folgende: »Worüber sprechen Dichter unter sich? Nicht nur über die Tiefen der literarischen Gedankenwelt, sondern gerade in dieser Zeit auch recht oft über so banale, aber lebenswichtige Dinge wie die fortschreitende Entwertung der Reichsmark und über die schwere Hand der deutschen Verleger bei Auszahlung der Honorare. Sie alle hatten in Berlin, Leipzig oder München ihre Stammverlage - einen repräsentativen österreichischen Verlag gab es praktisch nicht. Die Gräfin Coudenhove, ehemals berühmt geworden als Schauspielerin Ida Roland knurrte schließlich: 'Ihr redet wie die Dienstboten über die Herrschaft. Wenn's euch nicht paßt, sucht euch einen neuen Verleger...' 'Ein Verleger braucht viel Geld!' antwortete irgend einer aus der Tischrunde. Die Gräfin Coudenhove zeigte auf den Hausherrn: 'Wie wäre es mit Paul - der hat Geld genug!' Paul von Zsolnay hatte tatsächlich Geld genug - mit Weizen ließ sich eine ganze Menge verdienen. 'Na schön!' sagte er - ahnungslos wie viel Geld ein Verlag wirklich kostet. Daß er keine Vorstellung vom Geschäft eines Verlegers hatte, störte ihn nicht. Er wußte nichts von Papier, nichts vom Druck, nicht von der Buchbinderarbeit. Er wußte nur, daß man Bücher in Buchhandlungen zu kaufen bekam, nachdem vorher ein Schriftsteller das Manuskript niedergeschrieben hatte. Was dazwischen lag, interessierte ihn für den Augenblick auch gar nicht. Er war nur begeistert. 'Hat einer der Herren etwas in der Schublade?' fragte Paul von Zsolnay scherzhaft.« Zitiert wird aus einem undatierten Ausschnitt aus der Zeitung Die Presse (Wien). Der Beitrag war die 143. Fortsetzung einer Serie von Hellmut Andics u.d.T. »Österreich von 1918 bis 1938: Der Staat, den keiner wollte«.
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nach Abschluß der ersten Fassung im Jahr 1947 bezeichnet wurde, hoffte der erneut in Wien ansässige Verleger Paul Zsolnay in seinem wiedergegründeten Verlag veröffentlichen zu können, war er doch über ein Vierteljahrhundert hindurch mit Franz und Alma eng befreundet und am Ruhm des Schriftstellers nicht unwesentlich beteiligt. Nach der Lektüre sprach er in einem Brief an Alma vom 11. August 1947 von einem »Elementarereignis« und einem »rückhaltlosen« und »hemmungslosen Bekenntniswerk« und einem »einzigartigen Dokument unserer Zeit«, »einem ihrer erschütterndsten Denkmale«.13 Es sollte beim Druck so wenig wie möglich geändert werden. Nur: es gebe Zsolnays Meinung nach einige berechtigte Streichungen, vor allem, um lebende Personen nicht zu verletzen. Der Verleger Zsolnay hielt aber eine Publikation des Textes in deutscher Sprache in der vorliegenden Form zum damaligen Zeitpunkt für ungünstig. Das lag an den von Paul Zsolnay höchst vornehm umschriebenen »häufigen und für das Buch wesentlichen Ausführungen über rassenpolitische Probleme«. »Du kannst vielleicht von Amerika aus nicht beurteilen, wie überempfindlich der Kontinent und insbesondere der deutsche Sprachraum in dieser Beziehung sind.« Man hätte es Leuten, die gerade der Gaskammer entkommen sind, nicht verdenken können, über antisemitische Exzesse erbost zu sein. Im Text befänden sich, so Zsolnay, »Generalisierungen«, »die doch Menschen verletzen müssen, die noch unter dem Eindruck der furchtbaren Ereignisse der letzten Jahre stehen«. Daher müsse man den Zeitpunkt des Erscheinens gut durchdenken. Das Buch erschien erst 1958, und zwar zunächst auf Englisch, 14 die deutsche Originalfassung kam jedoch nicht bei Zsolnay heraus. Dieser hat höflicherweise die Selbstbeschönigung Alma Mahler-Werfeis bei der »Kurzgeschichte« der Verlagsgründung nie zurechtgerückt und war im übrigen nach Erscheinen der Memoiren mit dem über ihn Geschriebenen nicht überglücklich. Es freute ihn zwar, wie er Alma in einem Brief vom 22. September 1958 mitteilte, als Verleger lobend erwähnt worden zu sein, aber die innige Freundschaft, die ihn mit Alma und Franz Werfel über die vielen Jahre hindurch verbunden habe, würde im Buch nicht zum Ausdruck kommen. Womit er auch recht hatte. An dritter Stelle wären »offene Briefe« z.T. früherer Zsolnay-Autoren, die 1948 in einer Verlagsfestschrift abgedruckt worden sind, zu nennen. 15 Zwei Jahre nach Paul Zsolnays Rückkehr war die Zeit (noch) nicht reif, alte Wunden aufzureißen, und daher unterblieb aus Mangel an Distanz eine kritische Würdigung der Ereignisse der vergangenen Jahre. Bis auf eine einzige Ausnahme - es handelt sich um Erich Ebermayer - fehlt dem Rahmen und Anlaß gemäß jedes weitere Eingehen auf das »Tasten und Lavieren« des Verlags während der 30er Jahre. Lobende Erwäh-
13
Alma Mahler-Werfel Papers, Special Collections, Van Pelt Library, Univ. of Pennsylvania, Philadelphia.
14
Alma Μ ahler-Werfel: And the Bridge is Love. In Collaboration with E.B. Ashton. New York: Harcourt, Brace & Co. 1958.
15
Fünfundzwanzig
Jahre Paul Zsolnay
Verlag. 1923-1948.
Berlin-Wien-Leipzig: Paul Zsolnay
Verlag 1948.
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nung verdient hier Frank Thiess, der als einziger an das traurige Schicksal des literarischen Direktors Felix Costa erinnert.
22
4. Zur Familie des Verlegers
4.1. Adolph Wix und seine Familie Paul Peter Zsolnay von Zsolna wurde am 12. Juni 1895 in Budapest geboren, seine Familie soll aber, als er zwei Monate alt war, nach Wien übersiedelt sein. Er war erster Sohn des wohlhabenden Großindustriellen, Tabakimporteurs und Generalkonsuls Adolph Zsolnay zu Zsolna. Der Vater - mit bürgerlichem Namen Adolph Wix - wurde am 1. Oktober (30. September) 1866 in Zsolna, Ungarn (ab 1919: Zilina, CSR), als Sohn des aus einer angesehenen oberungarischen Kaufmannsfamilie stammenden, zuerst Zsolnaer, später Arvaväreljaer Kaufmanns Heinrich Wix und seiner Gattin Cäcilia Kuffner geboren. Der Vater starb 1898, die Mutter schon 1883. Adolph Wix absolvierte seine Gymnasialstudien in Trsztena, trat dann in die Röser'sche Handelsschule in Budapest ein, wo er nach Absolvierung der drei Studienjahre die Maturitätsprüfung mit Auszeichnung bestand. Er trat sofort als Beamter in die Dienste der Budapester Großkaufmannsfirma M.L. Herzog & Cie. ein und wirkte vier Jahre in der Zentralkanzlei dieser Firma, eines Unternehmens, das die Einkäufe des Rohtabaks für die Ungarische Tabakregie besorgte, und setzte seine Karriere im Orient fort. Schon als junger Mann von 23 Jahren wurde er von Baron Herzog nach Cavalla (Mazedonien) geschickt, das damals zur Türkei, ab 1913 zu Griechenland gehörte (Kaväla) und als Hafenstadt damals nicht nur wichtiger griechischer Militärplatz sondern auch nunmehriger größter griechischer Tabakausfuhrhafen war, um dort das Tabakexportgeschäft in der Türkei zu gründen und zu organisieren. Er stellte die Anpflanzungen und den Betrieb des Tabaks auf neue Grundlagen und brachte binnen weniger Jahre das anfangs kleine Unternehmen zu bedeutender Höhe. In den Jahren 1893 bis 1905 war er als deutscher Konsularagent tätig. Mitte 1899 wurde Adolph Wix zum Honorarkonsularagent in Cavalla ernannt. Am 14. Jänner 1894 heiratete er in Budapest Amanda Wallerstein. Im folgenden Jahr kam der Sohn Peter Paul und am 10. Juni 1896 ein zweiter Sohn Friedrich Desiderius (Fritz) in Ischl zur Welt. Während Paul ein kränkelndes Kind gewesen sein dürfte, war Bruder Fritz von Zsolnay ein eher abenteuerlustiger Typ. Im Ersten Weltkrieg war er hochdekorierter Kampfflieger, nachher wollte er Berufsoffizier bleiben, aber mit der Liquidierung der k.k. Armee trat er in den Zivilstand und widmete sich dem Beruf des Gutsbesitzers auf Schloß Sommerau bei Spital am Semmering. In den 20er Jahren, als sein älterer Bruder sich dem Verlagswesen zuwandte, wurde Fritz gefeierter und erfolgreicher Autorennfahrer. Im Gegensatz zu seinem Bruder, der sich nicht in die große Politik einmischte, war Fritz von Zsolnay politisch tätig: er war u.a. Regimentskommandant der Starhemberg-Heimwehr im Mürztal in der Steiermark, 23
nahm an den Aktionen im Februar 1934 und gegen die Nationalsozialisten im Juli 1934 teil und war somit nach der NS-Machtübernahme in Österreich »belastet«. Im März 1938 wurde er verhaftet und zwei Monate in Graz festgehalten, bis er als ungarischer Staatsbürger ausgewiesen wurde und nach Italien (Rom) reiste. Von Rom ging er - wie sein Bruder Paul - nach England, wo er eine Karriere als Sänger begann. Nach Kriegsende kehrte Fritz von Zsolnay nach Österreich zurück, wo er als Opernsänger an der Grazer Oper auftrat und Bücher, darunter Kriminalromane, zu schreiben und unter dem Namen Frederic de Zsolnay zu publizieren anfing. 1 Erschienen sind sie aber im neuerstandenen Verlag seines Bruders nicht. Fritz von Zsolnay starb am 24. Juli 1963 in London. Im Januar 1906 wurde Adolph Wix in Anerkennung seiner Verdienste um den ungarischen Handel in den erblichen ungarischen Adelsstand mit dem Prädikat »von Zsolna« erhoben. Ab 1908 bemühte er sich um die Änderung seines Namens, der auf Grund des ungarischen Adels und Prädikats »Zsolnai« (Adolph Wix de/von Zsolna) hieß, unter Beibehaltung seines auch für seinen geschlechtlichen Nachkommen gültigen Adels in »Zsolnay« (1911). Ende 1908 ernannte man ihn zum Honorarvizekonsul ad personam und Anfang 1914 betraute man ihn auf Grund seiner Verdienste mit der Führung des österreichisch-ungarischen Generalkonsulats in Cavalla (Honorarkonsul ad personam). 2 Während des Ersten Weltkriegs erwarb sich Paul Zsolnays Vater als tüchtiger Geschäftsmann besondere Verdienste, die gebührende Anerkennung der Regierung fanden. So hatte Kaiser Franz Joseph angeordnet, den Truppen im Feld größere Kontingente an Tabak als üblich zur Verfügung zu stellen. Doch hatten die österreichischen und ungarischen Tabakregien kaum solche Mengen vorrätig und wären gezwungen gewesen, Tabak im Ausland zu besorgen. Der Marktpreis aller in Betracht kommenden Tabake war jedoch zu hoch. Ohne Gegenleistung und in uneigennütziger Weise schaltete sich Adolph von Zsolnay als Vermittler und Vertrauensmann ein und half auch bei den übrigen Tabakeinkäufen im Krieg. Weiters wurde er Begründer des Tabakhauses M.L. Herzog & Cie., das später in die General Orient Tobacco Society umgewandelt wurde. So kam es, daß der in Budapest geborene Sohn Paul einen Teil seiner Kindheit in Cavalla verlebte und sich einiges an Wissen über die Landwirtschaft aneignete.
1
2
24
Für die Informationen zur Biographie Fritz von Zsolnays bin ich dessen Enkel, Herrn Peter von Zsolnay (Wien), sehr zu Dank verpflichtet. Dazu kurz auch Hans W. Polak: Paul (von) Zsolnay 1895-1961. In: Neue Österreichische Biographie ab 1815. Große Österreicher. Band XXII. Wien/München: Amalthea-Verlag 1987, S. 133-145. Der Verfasser meint, diese Bücher hätten die Begeisterung von Paul oder Andy von Zsolnay nicht zu wecken vermocht. Die Behauptung, daß Paul Zsolnay Kriminalromane anderer Autoren »ebensowenig verlegt, ja nicht einmal gelesen« hätte, ist allerdings unrichtig. Jahrbuch des K.u.K. Auswärtigen Dienstes 1917. Nach dem Stande vom 9. Juni 1917. 21. Jg. Ferner: Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, F8 Konsularsitze, Cas-Cet, 1880-1918, Kt. 107. Hier finden sich alle Schriftstücke die diplomatische Laufbahn Zsolnays in Cavalla betreffend.
Nach dem Zusammenbruch der Donau-Monarchie wurde der vielfach ausgezeichnete Tabakhändler 3 österreichischer Generalkonsul in Saloniki (Salonich). Nebenbei fand er auch Zeit, umfangreiche archäologische Ausgrabungen vornehmen zu lassen und trug eine stattliche Sammlung zusammen. In Wien wohnte die Familie Zsolnay stets in vornehmer Gegend. Zuerst war es ein Heim in der ehemaligen Villa Kielsmannsegg in der Wallmodengasse 5 auf der Hohen Warte (gemeldet bis März 1923), dann ab April 1928 das Castiglioni-Palais in der Prinz Eugen Straße 30 im 4. Bezirk und ab Dezember 1930 das Collalto-Schloß mit ausgedehntem Park in der Armbrustergasse 33 in Döbling. 4 Sicherlich prägend für die Entwicklung wie auch für den Bekanntenkreis des späteren Jungverlegers war das rege Gesellschaftsleben im Hause Zsolnay, eine Tradition, die sich in späteren Jahren im Haus in der Maxingstraße im Nobelbezirk Hietzing fortsetzte. Die kunstliebende Mutter, Frau Amanda (genannt: Andy) von Zsolnay (8.2.1876-1956), machte ihr Heim zu einem Zentrum erlesener Wiener Geistigkeit. Hier verkehrten die wichtigsten Schriftsteller, Schauspieler, Musiker und Komponisten des Tages. 5 Dank seiner organisatorischen und kaufmännischen Tüchtigkeit wurde Adolph von Zsolnay auch Vertreter deutscher Tabakinteressenten und 1927 leitender Vizepräsident der »Austria, Einkaufsorganisation der Österreichischen Tabakregie im Orient Ges.m.b.H.«. 6 Nach längerem Herzleiden, das aus dem Lungenemphysem hervorgegangen war, starb Adolph von Zsolnay überraschend am 8. Juli 1932, bald neun Jahre nach der Gründung jenes Verlags für zeitgenössisches Schrifttum, den er tatkräftig gefördert hatte und dessen Aufschwung er noch mit Freude und Stolz verfolgen konnte. Adolph von Zsolnay hinterließ kein Testament, und die Mutter verzichtete auf den ihr gesetzlich zustehenden Erbanteil (50%) zugunsten der beiden Söhne, die je 37,5% des väterlichen Erbes erhielten. Paul Zsolnay genoß seine Volksschulbildung zu Hause: die Eltern hatten eigens einen Hauslehrer engagiert. 7 Wo er sonst überall zur Schule ging, ist im einzelnen nicht bekannt. Wir wissen aber, daß er im Schuljahr 1910/11 die 4. Klasse der öffentlichen Kommunalschule (Gymnasium) in der Rasumofskygasse 21 im 3. Wie3
4
5 6 7
So z.B. Ritter der Eisemen Krone III. Kl. und des Franz-Josefs-Ordens, Großkreuz des kais.ottoman.Osmanieh-Ordens, Großkreuz des persischen Sonnen- und Löwenordens, Commandeur des kgl. bulgarischen Alexander-Ordens, Commandeur des kais. ottoman. Medschidieh-Ordens, Offizier des griechischen Erlöser-Ordens, Ritter des kgl. italienischen Mauriziusund Lazarus-Ordens. Vgl. die ganzseitigen Parten in großen Wiener Blättern, wie z.B. Neues Wiener Tagblatt, Nr. 190, So., 10.7.1932, S. 29, sowie diverse Nachrufe. Adressen laut Meldeauskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs vom 21.4.1989. Angemeldet war der »Gutsbesitzer« keineswegs durchgehend an all diesen Adressen. Zwischendurch war er immer wieder nach Zsolna, Budapest, Sofia, Konstantinopel, Bratislava, Saloniki usw. aus dienstlichen Gründen abgemeldet. Dazu Emst Lothar: Brief an eine Achtzigjährige. In: Neues Österreich, 8.2.1956, S. 3. Dazu Friedrich Benesch: 150 Jahre Österreichische Tabakregie. 1784-1934. Wien 1934, S. 63f. Frdl. Mitteilung seiner Tochter, Frau Alma Zsolnay.
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ner Gemeindebezirk besuchte und mit Zeugnis vom 6. Juli 1911 »vorzüglich geeignet« war, in die 5. Klasse aufzusteigen. 8 Im folgenden Schuljahr 1911/12 jedoch besuchte er die 5. Klasse an der k.k. Staats-Realschule im Ersten Wiener Gemeindebezirk in der Schottenbastei 7 zusammen mit 51 Mitschülern. 9 Während der 6. Klasse im Schuljahr 1912/13 war der Schüler Zsolnay sehr viel krank und konnte daher die Prüfungen nicht ablegen, sodaß er die Klasse im Schuljahr 1913/14 wiederholen mußte. Das 7. und letzte Schuljahr 1914/15 fiel mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs zusammen. Von seinen 34 Klassenkameraden durften 15 die Reifeprüfung vorzeitig ablegen, um für das Vaterland in den Krieg zu ziehen. 10 Der junge Paul befand sich nicht unter denen, die sich freiwillig zur militärischen Dienstleistung meldeten und in späteren »Jahresberichten« von ihren Fronterlebnissen berichteten. Sein jüngerer Bruder Fritz hingegen diente im Krieg als Kampfflieger. Die Voraussetzungen für die »Kriegsmatura« waren das vollendete 18. Lebensjahr, die schriftliche Einwilligung des Vaters und der durch den Militärarzt ausgestellte Beweis der Tauglichkeit. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs fiel mit dem Beginn von Pauls letztem Schuljahr zusammen, und es verwundert nicht, daß nicht nur seine Maturaklasse, sondern auch andere Schulklassen11 selbst im Deutschunterricht, obwohl vorwiegend Schiller und ein wenig Goethe (Faust I ) , Grillparzer, Lenau, Kleist und Peter Rosegger als »Deutsche Lektüre« vorgesehen waren, eine hohe Dosis Patriotismus und Kriegsbegeisterung eingeimpft bekamen. Sein Deutschlehrer war ein gewisser Dr. Leopold Brandl. 12 Zu den Themen der schriftlichen Arbeiten seiner Klasse in diesem Jahr zählten etwa »Der Krieg ernährt den Krieg« (Hausarbeit), »Der Krieg und die Lyrik« und »Das Programm der Romantik«. Selbst die Aufgaben für die schriftliche Reifeprüfung aus Deutsch in diesem Jahr standen voll im Zeichen eines Kriegs, der noch für die Heimat gut verlief: »Die Bedeutung der geographischen Lage Österreichs im Weltkrieg.« Ob der Schüler Paul Zsolnay dieses Thema wählte oder sich stattdessen zur Frage »Welche Veränderungen hat der Mensch im Antlitz der Erde hervorgebracht« äußerte, wissen wir nicht. Er maturierte am 1. Juli 1915 »mit Stimmeneinheitlichkeit«. In Deutsch, Französisch und Englisch bekam er die Note 1, in Mathematik und Darstellende Geometrie die Note 4. Von seinem Vater dürfte die Anregung gekommen sein, »Landwirtschaft« zu studieren. Eben dieses Fach inskribierte er im Wintersemester 1915/16 an der 8
Frdl. Auskunft des Direktors des BRG Wien I, Herrn Dr. Dieter Litschauer. Diese Schule existiert längst nicht mehr.
9
51. Jahresbericht
der k.k. Staats-Realschule
im ersten Gemeinde-Bezirke-Wiens
Schottenbaslei
7
im ersten Gemeinde-Bezirke-Wiens
Schottenbastei
7
fir das Schuljahr 1911/12. Wien 1912. 10
54. Jahresbericht
der k.k. Staats-Realschule
fir das Schuljahr 1914/15. Wien 1915. 11 12
Beispiel aus der VI. Klasse in diesem Jahr: »Warum ist unser Krieg gerecht?« Somit nicht, wie manchmal geschrieben wird, der Nestroy-Herausgeber Dr. Otto Rommel, der vielmehr in der Schwarzwald-Schule unterrichtete. Der Germanist und Anglist Brandl lebte von 1877-1944.
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Hochschule für Bodenkultur in Wien. Auf dem »Nationale« gab er interessanterweise Ungarisch als Muttersprache und evang. A.B. als Religionsgemeinschaft an, denn er gehörte der Deutsch-Ungarischen Evangelischen Kirchengemeinde in Preßburg an. Er inskribierte weitere sieben Semester (bis einschl. Sommersemester 1919), legte aber keinerlei Prüfungen ab. Am 25. Oktober 1919 wurde ein »Abgangszeugnis« ausgestellt, was einer Exmatrikulation und nicht einer Diplomprüfung entsprochen haben dürfte. 13
4.2. Der Gärtner gründet einen Verlag Nach dem Studium zog er auf das Familiengut in der Nähe von Bratislava, um sich der Kunstgärtnerei zu widmen. »Für einen rein praktischen Beruf bestimmt, war ich nach Absolvierung der Hochschule für Bodenkultur einige Jahre mit der Leitung meines landwirtschaftlichen Besitzes bei Preßburg beschäftigt. Ich n^hm mein Amt als Landwirt durchaus ernst und hatte die Freude, meine Arbeit mit Erfolg belohnt zu sehen. So gelang es mir z.B., meine kleine Schloß-Gärtnerei zur größten Blumenzüchterei der Tschechoslowakei auszugestalten«, schreibt er rückblickend. 14 »Ich habe auch diesen Beruf mit Liebe ausgeübt und hatte die Genugtuung, daß mein Weizen in manchen Jahren der beste der Gegend war. Auf unserem Familiengut hatte ich durch meine Mutter, die es infolge ihrer Begeisterung für alles Große, das wir der Kunst verdanken, verstand, einen Kreis von Künstlern heranzuziehen, die Gelegenheit, viele Autoren kennenzulernen. Zu unseren Freunden zählten Gerhart Hauptmann, Richard Strauss, Hugo von Hofmannsthal, Franz Werfel, Arthur Schnitzler, Felix von Weingartner, Felix Saiten, Graf [Richard] Coudenhove-Kalergi, der bei uns sein Pan-Europa-Buch zum größten Teil geschrieben hat.«15 Daß Paul Zsolnay auf den Einfall gebracht wurde, sich als Verleger zu versuchen und »sozusagen von einem Tag zum anderen, einen Verlag zu gründen«, 16 verdankte er eigentlich einem Zufall, dem rein gesellschaftlichen Kontakt mit Autoren. Wie er auch später in öffentlichen Vorträgen eingestand, habe er vom Verlagswesen gar nichts verstanden und für sein neues Metier außer der Liebe zum Buch so gut wie keine Kenntnisse mitgebracht. 17 Zsolnay beschrieb die Umstände um die Verlagsgründung im Spätsommer oder Frühherbst 1923 folgendermaßen: »Es war im Jahre 1923, als unzufriedene Auto13
Für Auskünfte zum Studium Paul Zsolnays an der Hochschule für Bodenkultur bin ich Herrn Univ.-Prof. Dr. Hubert Sterba sehr zu Dank verpflichtet.
14
Wie die großen deutschen Verlage gegründet wurden. Der Verlag Paul Zsolnay. Von Paul Zsolnay. In: Die literarische
15
Welt (Berlin), 4. Jg., Nr. 17, 27.4.1928, S. 3.
Der Aufstand der Autoren. Ein Erinnerungsblatt von Paul von Szolnay (sie). In: Tageszeitung,
Tiroler
17.6.1961.
16
Paul von Zsolnay: Über den Umgang mit Autoren. In: Salzburger
17
Neues Österreich,
Volksblatt,
8.6.1955.
13.11.1958, S. 7. Bericht über einen Vortrag Paul Zsolnays.
27
ren sich während ihres Aufenthaltes auf unserem Besitz eines Abends über ihre Verleger bitter beschwerten. Ob mit Recht oder Unrecht, weiß ich nicht. Plötzlich erhob sich in ihrer impulsiven Art die Gattin des Grafen Coudenhove, die Schauspielerin Ida Roland, und sagte: 'Es erscheint mir unwürdig, daß wir, wie illoyale Dienstboten über ihre Herrschaft, über unsere Verleger herziehen. Wäre es nicht besser, wir würden versuchen, einen neuen Verleger zu finden. Wie wäre es mit Paul von Szolnay (sie)? Er ist ein guter Organisator und versteht etwas von Literatur?' Die Anwesenden stimmten zu, und als Franz Werfel mir seinen ersten großen Roman »Verdi, Roman einer (sie) Oper« anbot, entschloß ich mich sozusagen von einem Tag auf den anderen, einen Verlag zu gründen.« Die treibende Kraft hinter der Gründung war der bereits erwähnte Richard Graf Coudenhove-Kalergi, der nach seinen schlechten Erfahrungen mit seinem Verleger Reinhold in Wien gerade dabei war, sowohl die Pan-Europäische Union zu organisieren als auch sein eigener Verleger zu werden. 18 Es war, wie bereits angeklungen, die Zeit der großen Unzufriedenheit der Autoren in und mit den deutschen Verlagen. Die Verleger waren meist zu Unrecht in Verruf geraten, ihre Autoren hungern zu lassen und ihnen völlig entwertete Honorare zu zahlen. Der kapitalstarke Jungverleger Paul Zsolnay trat somit als großer Saubermann auf den Plan. Im Herbst 1923 beschwerte sich beispielsweise Franz Werfel bei Max Brod darüber, daß sein Verleger Kurt Wolff sich ihm gegenüber »empörend« benehme. 19 Er sei in diesem Jahr um ein Dreiviertel seines Einkommens gebracht worden. Ja, Wolff habe ihm für die Neuauflage seiner Werke ab 1920 veranstaltete der Kurt Wolff Verlag die Gesamtausgabe »Dichtungen und Dramen in 10 Bänden« - nur »eine Spottsumme betrügerischerweise vorausbezahlt« (ebd.). Die Rente von Wolff wäre derart entwertet, daß Werfel noch Zuwendungen von seinem Vater erhielt20 und auf die Unterstützung von Alma Mahler angewiesen wäre. Ohne besonderes Verständnis für solch mondäne Angelegenheiten aufzubringen, stilisiert sich Alma Mahler in ihren Erinnerungen zur notleidenden Tantiemenbezieherin. 21 Sie war besonders für Franz Werfel und gewiß auch in eigener Sache eine harte Verhandlerin, die so gut wie alles durchsetzte, was sie von Verlegern - hieß er Kurt Wolff oder Paul Zsolnay - forderte. Die Rente, die Franz Werfel von Kurt Wolff bekomme, sei eine Summe, meinte sie, mit der man nicht einmal in Linz in Pension gehen könne, von der aber der Autor seine Zigarren zahle.
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Vgl. das Schreiben Coudenhoves an Heinrich Mann vom 22. November 1923, Heinrich MannArchiv, Berlin.
19
Vgl. Peter Stephan Jungk: Franz Werfel. Eine Lebensgeschichte.
Frankfurt am Main: S. Fischer
1987, S. 150f. 20
Kurt Wolff an Alma Mahler, Brief vom 16.6.1922. In: Kurt Wolff. Briefwechsel 1911-1963.
eines
Verlegers
Herausgegeben von Bernhard Zeller und Ellen Otten. Frankfurt am Main: Fischer
Taschenbuch Verlag 1980, S. 345. Im folgenden abgekürzt als KWB. 21
Alma Mahler-Werfel: Mein Leben. S. 137.
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Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1963,
Subjektiv mag die Aufregung über die Entwertung der Autorenhonorare berechtigt gewesen sein, objektiv war sie es aber nicht. Die rasante Inflation in Deutschland hatte verheerende Auswirkungen (nicht nur) auf das Buchgeschäft. Im Laufe des Jahrs 1923 wurde es, wie Göbel die Situation am Beispiel des Kurt Wolff Verlags eindringlich schildert, einfach unmöglich, Bücher wie gehabt in Produktion zu geben, Produktions- und Ladenpreise zu halten und zu kalkulieren, »reale« Gehälter zu zahlen und nicht zuletzt eingegangene Honorarvereinbarungen mit entsprechender Kaufkraft einzuhalten. Dafür, daß auch die Gewinne der Verleger und deren Privatvermögen dahinschmolzen, hatten die meisten Autoren kein Verständnis. Der hier angesprochene Kurt Wolff war gewiß nicht der einzige deutsche Verleger, der vor der Inflation beinahe kapitulierte. Daß Autoren seinem Verlag den Rücken kehrten und zum neuen Paul Zsolnay Verlag gingen, ist nur allzu verständlich, wenn man die Wirtschaftsverhältnisse beider Unternehmungen im Auge behält. Und Kurt Wolff war - das zeigt seine Korrespondenz - nicht nachtragend. 4.2.1. Geldfragen Auch Arthur Schnitzler, dessen Härte und Hartnäckigkeit im Umgang mit seinen Verlegern, vor allem mit S. Fischer, bekannt ist, zählte zu den vielen Unzufriedenen dieses Jahres wie auch zur Gründungsrunde des Paul Zsolnay Verlags. Seine Korrespondenz mit S. Fischer aus dem Jahr 1923 zeigt das Dilemma der Autoren aber auch das der Verleger auf. Die Höhe der Honorarsätze, die wichtige Verlage ihren Autoren boten, hatte sich u.a. dem wirtschaftlichen Umfeld gemäß geändert. So zahlte Fischer nach der Jahrhundertwende nicht selten 25%, ja schon von der ersten Auflage (Beispiele Thomas Mann, der Fischer seine »zukünftige Produktion« zusicherte, und Hugo von Hofmannsthal). Bis dahin waren es ausnahmslos 20% gewesen, aber diesen Satz allgemein einzuführen war ihm unmöglich. Vorbedingung war eine relative hohe Erstauflage, deren Absatz gesichert war. Nach dem Ersten Weltkrieg konnten unter Begleiterscheinungen wie Teuerungszuschlägen der Sortimenter und Verleger, sowie rapid steigenden Herstellungs- und Vertriebskosten, Tantiemen wie 25% in der Kalkulation kaum mehr untergebracht werden. Am 28. August 1923 schrieb Schnitzler an Fischer etwa: Wie ich mich zu der neuesten Akontozahlung - von 8 Millionen - verhalten soll, weiß ich wirklich nicht. [...] Ist es vielleicht doch zum Teil die Dehnbarkeit, die unkontrollierbare Vagheit des Begriffs Verlagserlös, das meine Bucheinnahmen auf so grotesk lächerliches Niveau herabdrückt? Einmal hatte ich 25, dann 20, dann 15% vom Ladenpreis des brosch. Expl.; ich war genötigt auf alle diese Vertragsänderungen einzugehen, da Sie sonst unter der Force majeure der bestehenden Verhältnisse meine Bücher überhaupt nicht mehr hätten drucken können; Soll ich es für denkbar halten, daß auch andere Ihrer bekannteren Autoren so miserabel dran sind? 2 2
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Arthur Schnitzler.
Briefe 1913-1931.
Hrsg. von Peter Michael Braunwarth, Richard Miklin, Su-
sanne Pertlik und Heinrich Schnitzler. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1984, S. 323f. Im folgenden als Schnitzler: Briefe, abgekürzt.
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In einem anderen Brief ein paar Monate später bringt Schnitzler das ganze Problem auf den Punkt: »Es sind überhaupt keine Abrechnungen, es sind Dokumente der Zeit in jedem Sinne.«23 Monatelang stritten Fischer und Schnitzler über den Honorarsatz. Fischer bat seinen Autor, bei 18% zu bleiben, und zwar mit Hinweis darauf, daß nur ein einziger Autor seines Verlages 20% bekomme, und das deswegen, weil dieser Autor ihm seine Gesamtproduktion für alle Zukunft gesichert habe. Gerade bei Schnitzler kam der Umstand hinzu, daß sein Werk zum beträchtlichen Teil aus Dramen und nicht aus leichter absetzbaren Prosawerken bestand. Tantiemen für erstere konnte Fischer nicht ohne Risiko so hoch ansetzen. Daß S. Fischer dem in Gründung befindlichen Zsolnay Verlag in Wien mit einigem Argwohn gegenüberstand, steht fest, denn er bezweifelte - vor allem in Hinblick auf künftige Abwerbungen Richtung Wien - ob die österreichischen Verleger dem österreichischen Autor, wie eben Schnitzler selbst, vorteilhaftere Bedingungen zu bieten imstande wären als die deutschen. Fischer hatte Unrecht, aber Schnitzler replizierte durchaus geschickt und räumte ein, es scheine zwar sehr plausibel, daß der deutsche Verleger durch seine Organisation und seinen Anschluß an den Weltbuchhandel mehr biete als der österreichische Verleger, aber das treffe nur dann zu, »wenn der Autor diesen Anschluss an den Weltbuchhandel auch durch die perzentuell korrekte Beteiligung an den Einnahmen in Auslandsvaluten zu spüren bekäme«. 24 Angesichts der Erwartungen und Vorhaltungen Schnitzlers erhebt sich die Frage, welche Konditionen der Autor in seinem Vertrag mit dem Paul Zsolnay Verlag - unterzeichnet am 22. Juli 1924 - festgelegt haben wollte, ja ob und inwiefern sich der Vertrag von dem anderer Verträge zu dieser Zeit unterschied. Die Abmachung über Fräulein Else war durchaus ein »Individualvertrag«. Die Erstauflage war 10 000 Exemplare ( = 1 0 Auflagen ä 1 000), das Honorar betrug 20%, und zwar »sowohl vom broschierten als auch vom gebundenen, als auch von eventuell herzustellenden vom Autor signierten Luxusexemplaren«. Der Verlag war zudem verpflichtet, eine Neuauflage zu veranstalten, wenn der Lagervorrat den Stand von 1 500 Exemplaren erreichte. Werfeis Verdi-Vertrag verpflichtete den Autor solche Exemplare zu signieren, honoriert wurden sie aber nicht. Schnitzlers Garantie bei Vertragsabschluß waren wie bei Werfel 5 000 Schweizer Franken. Nach Verkauf der ersten 4 000 Exemplare wurde die Garantiesumme auf das Honorar nach 10 000 verkauften Exemplaren ergänzt. Es wurde angenommen, daß zwei Drittel der Auflage gebunden, ein Drittel broschiert verkauft würden. Die Gewähr
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Schnitzler an Fischer, Brief vom 25. Oktober 1923, ebd., S. 329. Dazu auch Peter de Mendelssohn: S. Fischer und sein Verlag. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, S. 928ff.
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A. Schnitzler an S. Fischer, 18.10.1923. (The Posthumous Papers of Arthur Schnitzler, Cambridge University Library) Jetzt abgedruckt in Samuel Fischer. Hedwig Fischer. mit Autoren.
von Bernhard Zeller. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1989, S. 135.
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Briefwechsel
Herausgegeben von Dierk Rodewald und Corinna Fiedler. Mit einer Einführung
dafür, daß das Honorar nicht entwertet würde, war die Wahl der Währung: »Alle Zahlungen sind in Goldwährung an die vom Autor jeweilig anzugebende Adresse zu leisten.« Bei der Verteilung der Nebenrechte (Verfilmung usw.) konnte Schnitzler fünf Prozent mehr herausholen als seine Kollegen. Die Eingänge wurden aufgeteilt 85% Autor: 15% Verlag statt 80:20. Ungewöhnlich und einmalig war die Bestimmung über den Versand der Rezensions- und Dedikationsexemplare: »Der Verlag legt über die Versendung dieser Exemplare Rechnung und führt die für obigen Zweck nicht versendeten Exemplare dem Verkauf zu.« Weitere Bestimmungen blieben gleich. In dieser Atmosphäre traf man sich also auf dem Zsolnayschen Gut in Oberufer und in Wien. Wann der Verlag seinen endgültigen Namen bekam und wann er festgelegt wurde (Nennung nach dem Inhaber war ja keineswegs ungewöhnlich), ist nicht genau bekannt. Aus dem Tagebuch Arthur Schnitzlers geht hervor, daß Felix Saiten und Paul Zsolnay den Schriftsteller am 29. November 1923 besuchten und bei einem »angeregten Gespräch über 2 Stunden« sowohl über eine mögliche Übernahme der Gesammelten Werke Schnitzlers (ein Thema, das auch in späteren Tagebucheintragungen vermerkt ist) als auch über den Namen des neuen Verlags diskutiert wurde. Nach Schnitzler lauteten die Vorschläge auf »Verlag der Autoren« oder »Hohe Warte« (was im übrigen zwischen 1904 und 1908 der Name eines Zeitschriftenverlags in Wien gewesen war). 25 In der Gründungsphase dürften die Pläne tatsächlich um eine Art »Genossenschaftsverlag« gekreist sein, denn Arthur Schnitzler scheint Heinrich Mann in diese Richtung instruiert zu haben. 26 Es scheint festzustehen, daß der Verlag zwar noch nicht nach den Erfordernissen der österreichischen Gewerbeordnung »konzessioniert«, aber bereits im November 1923 als »gegründet« anzusehen war 27 und daß Paul Zsolnay im Begriff war, mit einzelnen Autoren abzuschließen.
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Tagebucheintragung vom 29. November 1923. Für diesen und weitere Hinweise aus den noch nicht edierten Schnitzler-Tagebüchern bin ich Herrn Peter Braunwarth, Wien, sehr zu Dank verpflichtet. Siehe Jungk: Franz Werfet, S. 151 ohne Quellenangabe. Schnitzler telegraphierte Mann über die neuesten Entwicklungen. Mann, der sich in einem anderen Schreiben an Schnitzler als »Großverlierer der Inflation« (19.5.1924) bezeichnete, schrieb seinem Freund in Wien am 7. März 1924 einen Brief, der ein einziges Thema hatte: den Zsolnay Verlag. Der zaudernde Mann meinte: »ein Genossenschafts-Verlag mit Betheiligung der Autoren würde mir grundsätzlich gefallen. Aber wie steht es praktisch? Ist das Geld sichergestellt? Genügt der Vertrieb und kann man dort auf ähnlich hohe Auflagen rechnen, wie ein älterer Verlag sie erzielen würde?« (Beide Briefe in The Posthumous Papers of Arthur Schnitzler, Cambridge University Library.) Als im Jahr 1953 der ehemalige Zsolnay-Übersetzer Siegfried Trebitsch dabei war, für die Neue Zürcher Zeitung einen Jubiläumsartikel zu schreiben, wandte er sich mit Fragen an den Verlag in
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Kühn oder gar »revolutionär« an der Wiege dieser Verlagsgründung war allerdings nicht das Beschimpfen der Verleger, von dem häufig die Rede war, sondern die Gegenüberstellung von einem »Ist- und Sollzustand« in den Beziehungen zwischen Verlag/Verleger und Autoren. Eines der vieldiskutierten Themen (nicht nur) in der Buchhandelsbranche nach Ende des Ersten Weltkriegs in Deutschland und auch in Österreich war die Neuordnung des Buchhandels auf sozialisierter Basis. 28 Das Schlagwort lautete »Sozialisierung der Dichtkunst«, das Ziel war, den »kapitalistischen« Verleger, der die Autoren ausbeute, auszuschalten, indem man die Verantwortung für Produktion, Vertrieb und Finanzierung selbst in die Hand nahm und den Versuch machte, den Lebensunterhalt der Autoren, der Literaturproduzenten, auf diese Weise zu sichern. Unter »Sozialisierung« im Bereich Verlag und Literatur verstand man gemeinhin »Gewinnbeteiligung«.29 Anfang April 1919 erschien die Meldung, daß der Kurt Wolff Verlag »sozialisiert« worden sei und in den Gemeinbesitz seiner Angestellten einschließlich seiner Lektoren und des derzeitigen Inhabers übergehen sollte, ein Schritt, der zuweilen als Pseudoform der Sozialisierung bezeichnet wurde. Zur gleichen Zeit wurde in Wien die Gründung eines reinen Autorenverlags, des Genossenschaftsverlags, vermeldet, übrigens der erste derartige Versuch in der jungen österreichischen Republik. 30 Der Genossenschaftsverlag, zu dessen sechs Gründern der einem »kapitalistischen Verleger« und generalvertraglich verpflichteten und somit nicht »freien« Schriftsteller Franz Werfel gehörte, zielte auf die »vollkommene Sozialisierung der Autoren, das heißt die Sicherung des vollen Lebensunterhaltes aller Genossenschafter, die ihr gesamtes präsentes oder künftiges Werk dem Verlag zur Verfügung stellen«. Das auffälligste Merkmal der Statuten war die Verteilung des Gewinns und Verlustes nach einem festgelegten Schlüssel und die Einrichtung eines Fonds für arme und kranke Autoren - ein Anliegen auch der meisten österreichischen Schriftstellerverbände. Ferner sollte der Gewinn in der Weise verteilt werden, daß jeder Autor den gesamten Reingewinn seiner Werke erhielt. Nach einem letzten Lebens-
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Wien. Der Verlag antwortete in einem Schreiben vom 2. Juni 1953: »Sie fragen auch, wann der Verlag sein Jubiläum feiern wird. Da nun Herr von Zsolnay sich nicht mehr genau an den Tag erinnern kann, an dem zum ersten Mal der Beschluß der Gründung gefasst wurde, haben wir nur den Monat September als Gründungsmonat angegeben. Wir werden also überall bekanntgeben: September 1923 - September 1953.« (Ordner Trebitsch) Siehe auch die Erinnerungen von Trebitsch an Paul Zsolnay in: Chronik eines Lebens. Zürich-Stuttgart-Wien: Artemis-Verlag 1951, S. 388-391. Als Gründungsdatum vermerkte das Adreßbuch des deutschen Buchhandels hingegen stets »1.1.1924«. Vgl. Wolfram Göbel: Sozialisierungstendenzen expressionistischer Verlage nach dem ersten Weltkrieg. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 1 (1976), S. 178-200. Hier S. 179. Göbel, ebd., S. 185. Dazu Hall: Österreichische Verlagsgeschichte, Band II, S. 144ff. und Göbel: Sozialisierungstendenzen, S. 193-196.
zeichen im Jahr 1922 erlitt das gewagte Experiment angesichts großer Schulden bei der Hausdruckerei endgültig Schiffbruch. Die Übernahme dieses wohl als »links« verschrieenen Gedankenguts in die Statuten des eher gutbürgerlichen Paul Zsolnay Verlags vier Jahre später kommt daher als Überraschung, obwohl der (wenig attraktive) Namensvorschlag »Verlag der Autoren« - möglicherweise durch Franz Werfel inspiriert - ja in diese Richtung deutet. W i e dem auch sei, die geplante Gründung dürfte sich in gewissen Autorenkreisen wie die Kunde von einer besonderen Kaufgelegenheit rasch herumgesprochen haben. Wohl am besten informiert über den werdenden Verlag waren Richard Graf Coudenhove-Kalergi und seine Frau Ida Roland. Sie standen in der zweiten N o vemberhälfte mit dem unzufriedenen Kurt Wolff-Autor und »Verlagsnomaden« Heinrich Mann in Verbindung, um diesen anzuwerben. Der in einem Genfer A r chiv erhaltenen Korrespondenz zwischen Mann und Coudenhove in Sachen Zsolnay Verlag war ein »Bericht« von Ida Roland »über den (künftigen?) Verlag Zsolnay« vorausgegangen. 31 Ohne den hektisch auskunftsheischenden Mann in München hätten wir nur wenig über die Gründungsphase des Verlags in Erfahrung bringen können. Im November 1923 hat Mann einen Stapel Briefe losgeschickt - gerichtet an alle möglichen Leute, die ihm vielleicht Näheres zum neuen Verlag mitteilen könnten. So schrieb er Arthur Schnitzler am 18. November: »Letzthin schrieb ich an Saiten, Coudenhove, [Rechtsanwalt] Dr. [Philipp] Menczel, sogar noch an Andere: immer zu dem gleichen Zweck. Ihnen wollte ich die langwierige Mühe nicht machen. Vielleicht habe ich schon zu viele bemüht, so wird am Ende garnichts draus. Es scheint sehr wichtig.« 32 In einem langen Brief vom 21. November 1923 teilte Mann Coudenhove mit, daß er entweder zu einem anderen Verlag übergehen oder mit seinem Verleger W o l f f prozessieren würde. W o l f f habe seinerzeit für Verlagsrechte nichts gezahlt, und die von einem neuen Verleger zu übernehmenden Büchervorräte würden nicht mehr als 50 000 Bände betragen. Mann würde, so erzählt er Coudenhove, eine monatliche Garantie von 200 Dollar verlangen. Über neue Werke wäre von Fall zu Fall zu verhandeln. Sollte Paul Zsolnay Interesse haben, so möge er sein Angebot telegraphisch mitteilen. »Herr Zsolnay kann sein Telegramm an mich richten, ich werde es durch meinen Anwalt verwerthen.« Nicht, daß Heinrich Mann die Absicht gehabt hätte, mit Zsolnay zu diesem Zeitpunkt ernsthaft zu verhandeln oder das Angebot anzunehmen. Das Angebot sollte ihm in seinen Verhandlungen mit W o l f f und einem anderen Verlag vielmehr als Faustpfand »nützlich« sein. »Damit ich ein Urtheil habe, ob Herr Zsolnay als Ver-
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Heinrich Mann an »Lieber Doctor Coudenhove« vom 21.11.1923. Nachlaß Richard de Coudenhove-Kalergi, correspondence generale (1917-44); Fondation Archives Europeennes, Genf. Für die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Briefe Manns an Coudenhove bin ich Herrn Lubor Jilek zu Dank verpflichtet.
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Heinrich Mann an Arthur Schnitzler, 18.11.1923 (The Posthumous Papers of Arthur Schnitzler, Cambridge University Library). Im Nachlaß Felix Saltens hat sich ein solcher Brief Manns nicht erhalten. Es gibt lediglich zwei Schreiben aus dem April und November 1925 und beide betreffen den Zsolnay Verlag. Diesen frdl. Hinweis verdanke ich Dr. Veit Wyler, Zürich.
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leger in Frage kommt, müssten Sie schon die Güte haben, mir - gleichfalls mit grösster Beschleunigung - Auskunft zu geben.« Mann war ganz neugierig zu wissen, ob der Verlag schon bestehe, wie er fundiert sei, welche Autoren er habe, ob Coudenhove bzw. ob überhaupt Fachleute den Verlag empfehlen könnten. Coudenhove-Kalergi konnte ihn gleich am nächsten Tag in einem Brief ins Bild setzen. Zur Person des 28-jährigen Paul Zsolnay meinte Coudenhove, dieser sei »ein politisch linksstehender Idealist« und habe ein solches Einkommen, »daß bei seiner Verlagsgründung die Hoffnung auf Gewinn keinerlei Rolle spielt«. Es ist dies eine Einstellung, die Zsolnay auch in späteren Jahren beibehielt, genauer: beibehalten konnte. Zsolnay sollte also als Kontrastfigur gesehen werden, die antrat, alle Übel- und Mißstände in Verleger-Autor-Beziehungen in Vergangenheit und Gegenwart zu beseitigen: Was er hingegen auf Anregung seiner Frau, der Schauspielerin Ida Roland, wolle, sei, »das Verlagsgeschäft auf eine anständige Basis zu bringen, indem er den übrigen Verlegern mit dem Beispiel vorangeht und diese zwingt, seinem Beispiel aus Selbsterhaltungstrieb zu folgen.« Bis März 1924 hatte Mann immerhin Zsolnay einen unverbindlichen Vorschlag gemacht, seinen neuen, unvollendeten Roman - gegen eine Jahresgarantie - von Kurt Wolff zu übernehmen. Ob Wolff dazu bereit wäre, war wieder eine andere Frage. 33 Was aber noch wichtiger war, war von Beginn an die praktische Einführung einer ganzen Reihe von »revolutionären« Forderungen mancher Autoren nach Ende des Ersten Weltkriegs. Später kamen die Vorzüge der großzügigen Honorarvorauszahlungen hinzu. Coudenhove-Kalergi legte Mann auch die später in die Verlagsstatuten aufgenommenen Grundsätze des neuen in Gründung befindlichen Unternehmens dar: erstens, teilt er mit, übten die Autoren persönlich oder durch Vertrauensmänner »eine weitestgehende Kontrolle auf die Geschäftsgebarung aus, die jeden Betrug ausschliesst«. Zweitens sollten alle Differenzen zwischen Verlag und Autoren einem Schiedsgericht unterworfen werden. Dieses Gremium würde aus einem Vertreter der Autoren, einem Vertreter des Verlags und einem Vorsitzenden, »der jeweils vom Präsidenten des Obersten Gerichtshofs« (!) zu ernennen sei, zusammengesetzt. 34 Drittens werde der Reingewinn des Verlags verteilt, die
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Siehe den Brief Heinrich Mann an Arthur Schnitzler, 7.3.1924, The Posthumous Papers of Arthur Schnitzler, Cambridge University Library. Das Gremium wurde einige Jahre später etwas modifiziert und durch eine »Kontrollkommission« ersetzt. Da heißt es beispielsweise in einem Vertrag mit Theodore Dreiser vom 11.11.1930: »16). Jedem Autor steht es frei, einen förmlichen Schiedsvertrag mit dem Verlag zu schliessen, kraft dessen alle Streitigkeiten zwischen dem Verlag und dem Autor, welche aus dem Vertragsverhältnis entstehen, von beiden Teilen einem Schiedsgericht unterbreitet werden müssen, dessen Spruch endgültig ist und dessen Mitglieder aus den beiden, entsprechend Punkt 13) erwählten Sachverständigen und einem von ihnen zu erwählenden Obmann bestehen. Der Verlag erklärt, dass er sich zur Errichtung eines solchen Schiedsgerichtes bindend auch dann verpflichtet, wenn der Autor seinerseits den eben bezeichneten allgemeinen Schiedsvertrag nicht schliessen will, vielmehr im Einzelfalle eines Streiteswegen Errichtung eines Schiedsvertrages an den Verlag herantritt.« (Vertragsmappe Dreiser)
Hälfte davon unter den Autoren aufgeteilt, und zwar proportional zu den erzielten Honoraren. Fazit Coudenhove-Kalergis: »Außer diesen Hauptpunkten gibt der Verlag den Autoren da weitestgehende Konzessionen.« Das Produktionsrisiko sollte allein, wie es scheint, der Verleger tragen. Er konnte Mann auch schon berichten, welche Autoren Zsolnay seines Wissens zu diesem Zeitpunkt bereits habe: Werfel, die Briefe Gustav Mahlers (die bei Kurt Wolff hätten erscheinen sollen) und Felix Saiten. Auch er sei eingeladen worden, Zsolnay ein Buch zu geben. Mit Arthur Schnitzler werde bereits verhandelt. Wenige Tage später schrieb Arthur Schnitzler seiner Frau folgendes über seine ersten Eindrücke: »Sonntag war ich bei Zsolnai's ein sehr prächtiges aber zugleich höchst wohnliches Haus, mit vielen schönen Bildern u Gegenständen, unter denen mir eine Sammlung von altgriechischem u aegypt. Schmuck am interessantesten war. Der eine Sohn, mit verlegerischen Absichten uneigennütziger Natur, kommt dieser Tage zu mir; in einem Gespräch, das ich mit ihm u Werfel hatte, machte er mir einen klugen u ehrlichen Eindruck. Bei Zsolnais waren außerdem Alma, Werfel, Salten's.«35 Ähnliches vertraute Schnitzler an diesem Tag seinem Tagebuch an (»Die zwei Söhne. Der eine will (nebstbei, ohne Gewinnabsicht) einen Verlag gründen«) und vermerkt außerdem die Anwesenheit von Coudenhove-Kalergi und seiner Gattin Ida Roland sowie »Verlagsgespräche u.a.«36 Zur gleichen Zeit versuchte S. Fischer den aufgeregten Autor zu beruhigen und sein Vertrauen zurückzugewinnen. Fischer mußte trotzdem zu seinem Bedauern hören, daß Schnitzler »bei Vergebung von zwei neuen Werken nicht in erster Linie an meinen Verlag« denke.37 Schnitzlers Novelle Fräulein Else erschien erst am 24. November 1924 als bisher 17. Verlagswerk. Der junge Verleger Paul Zsolnay war natürlich sehr froh, einen solch prominenten und eingeführten Autor im Programm zu haben. An seiner Stelle bedankte sich seine Mutter, Andy von Zsolnay, beim Autor: [...] mein Sohn hatte sich unaussprechlich darauf gefreut, Ihnen das erste Exemplar der Buchausgabe von »Fräulein Else [sie] zu überreichen, ist aber leider durch eine heftige Angina an das Bett gefesselt und muß deshalb zu seiner großen Enttäuschung darauf verzichten. Er hätte Ihnen so gerne bei dieser Gelegenheit nochmals dafür gedankt, daß Sie ihm gerade dieses herrliche 35
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Brief Arthur Schnitzler an Olga Schnitzler vom 27. November 1923. Schnitzler: Briefe, S. 331. Das Verhältnis Schnitzlers zum Zsolnay Verlag war trotz des überragenden Erfolgs von Fräulein Else doch getrübt. So schreibt er am 20. September 1926 an seine Frau: »Schade nur, dss (sie) trotz allem - der Verlag S.F. immer noch - bei aller Überheblichkeit und Schäbigkeit so ziemlich der beste, weil relativ correcteste ist; - insbesondre der Geist des Verlags Z.[soInay] behagt mir immer weniger. (Ich drücke mich milde aus.)« Ebd., S. 447. Im selben Brief beschwert sich der Dichter darüber, daß sein Verleger Zsolnay ihm nicht einmal eine Notiz von den »ganz interessanten Kritiken« über Fräulein Else in Frankreich schicke. »(Es ist überall dasselbe.)« (S. 448.) Tagebucheintragung vom 25. November 1923. de Mendelssohn, S. 930. Korrespondenz zwischen Schnitzler und dem Verlag liegt im Archiv nicht vor.
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Meisterwerk anvertraut haben, von dessen erschütterter Größe er bei wiederholtem Lesen immer wieder tief ergriffen ist. Zu seiner großen Freude hat es einen würdigen, ja stürmischen Empfang gefunden und er wird Alles daran setzen um das Werk nach besten Kräften zu dienen. Erlauben Sie mir, verehrter Herr Doctor, daß ich mich diesen Gefühlen wärmster, und aufrichtigster Verehrung von ganzem Herzen anschließe. 38
Zsolnay hatte einen richtigen Coup gelandet, denn innerhalb von sechs Wochen wurden 25 000 Exemplare der Novelle abgesetzt. Ein Jahr später ging das 36.45. Tausend in Druck. Jeder andere Autor hätte sich über eine solche Absatzentwicklung unendlich gefreut, Schnitzler, mit seiner Neigung zu neurotischen Anwandlungen in Verlagsdingen, nicht. Im Frühjahr 1927 wollte er seine Beziehung zum Paul Zsolnay Verlag lösen. Nicht unhöflich, aber bestimmt, teilte Schnitzler seinem Verleger Paul Zsolnay seinen Wunsch mit: Seit Mai vorigen Jahres [1926] ist von »Fräulein Else« keine Neuauflage erschienen. Für verflossene Weihnachten waren neue Auflagen vorgesehen, dann glaubte man mir für Januar solche in Aussicht stellen zu können, offenbar haben sie sich vorläufig als unnötig erwiesen. Ich finde das keineswegs unbegreiflich. Das Interesse und der Elan des Verlags ist durchaus und selbstverständlich mit Recht hauptsächlich auf neuere Erscheinungen gerichtet und es ist nur natürlich, dass ältere Werke, insbesondere wenn die neueren ganz ausserordentliche, ja ungewöhnliche nicht nur literarische, sondern auch buchhändlerische Erfolge erzielen, hinter diesen zurückstehen, ja in einem gewissen Sinn deren weiteren Vertrieb schädigen müssen, da auch der rührigste Verlag unmöglich jede seiner Erscheinungen mit der gleichen Intensität zu fördern imstande ist. Es schiene mir daher zum Vorteil meines Werks und nicht im Geringsten zum Nachteil Ihres Verlags, wenn er mir das Verfügungsrecht über »Fräulein Else« wieder in meine Hände zurücklegen wollte und mir dadurch ermöglichte [...] »Fräulein Else« meinen übrigen im Verlag Fischer erschienenen Werken anzugliedern. 39
Für Paul Zsolnay kam das überhaupt nicht in Frage (und warum auch!); er wollte das Buch »um keinen Preis an S. Fischer abgeben«.40 Die Verzögerung der Neuauflage hatte gewiß nicht jene Gründe, die Schnitzler zitierte, und war für Zsolnay kein Anlaß, die Rechte aus der Hand zu geben. Das Buch sah er in seinem Verlag »in jeder Beziehung gut aufgehoben«, (ebd.) Im Herbst dieses Jahres, am 1. November 1927, kam die Neuauflage (46.-50. Tsd.) heraus. Im Frühjahr 1929 kam es schließlich zu jenem Ereignis, auf das sich ein jeder Verleger freut: die Filmversion von Fräulein Else lief in den Kinos an, und der Zsolnay Verlag veranstaltete aus diesem Anlaß eine eigene, verbilligte Filmausgabe, von der (in 2 Auflagen) 20 000 Exemplare hergestellt wurden. Das Thema Geld bzw. Honorare konnte in den Informationen Coudenhove-Kalergis im November 1923 an Heinrich Mann nicht fehlen, war doch der Schrift38
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Andy von Zsolnay an Schnitzler, 25.11.1924. Zitiert nach Martina Schindlecker: Arthur Schnitzler und seine Verleger. Diplomarbeit Univ. Wien 1992, S. 67. Schnitzler an Paul Zsolnay, zit. nach Schindlecker, S. 68. Paul Zsolnay an Schnitzler, 1.3.1927, zit. nach ebd., S. 68.
steller bei Vertragsverhandlungen stets darauf bedacht, die größten Vorteile für sich herauszuholen und sich nicht sofort mit einem guten Angebot zufriedenzugeben.41 Zsolnay, so Coudenhove, könnte ihm wahrscheinlich 20% des Ladenpreises sowie den Anteil am Reingewinn bieten, ob Zsolnay ihm aber eine bestimmte Monatsgarantie (die Mann letztlich bekommen sollte) geben könne, wisse er nicht, da dies vielleicht mit den Verlagsgrundsätzen in Widerspruch stehe. Obwohl Coudenhove Zsolnay geraten haben dürfte, Heinrich Mann umgehend ein Angebot zu machen und den Autor aufforderte, dem Verlag probeweise einen Vertrag zu schikken, dauerte es noch einige Monate, bis eine Einigung erzielt wurde.42 Am 8. April 1924 teilte Mann »Doctor Coudenhove« folgendes mit: »Sie und Ihre Gattin wird es vielleicht interessiren, dass ich mit Paul Zsolnay Verlag abgeschlossen habe. Ich hoffe, wir werden mit einander zufrieden sein. Ihnen Beiden danke ich, dass Sie mich auf den Verlag aufmerksam gemacht haben.«43 Einer der ersten Verlagsverträge des jungen Unternehmens wurde im Dezember 1923 für Franz Werfeis Verdi-Roman unterzeichnet, ein Werk, das der Autor seinem Verleger Kurt Wolff schon 1920 versprochen hatte.44 Von der Diktion des
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Auf die Verhandlungen im Jahre 1925 wird noch eingegangen. Es ist nicht auszuschließen, daß es zwischen dem Verlag und Mann einen frühen schriftlichen Kontakt etwa in Form von Telegrammen gab, doch liegt solche Korrespondenz von dieser Zeit weder im Heinrich Mann-Archiv noch im Verlagsarchiv vor. Der Ordner mit Korrespondenz zwischen Autor und Verleger zählte vermutlich zu den Geschäftsunterlagen, die im Jahre 1938 von der Gestapo beschlagnahmt und nicht zurückgegeben wurden. Eine umfangreiche, nicht konfiszierte Korrespondenz findet sich im Bestand »Vertragsmappen« im Verlagsarchiv und wird später herangezogen. Fonds Richard Coudenhove-Kalergi, Fondation Archives Europeennes, Genf. In diesem Brief teilt Mann außerdem mit, er habe dem Zsolnay Verlag den »neuen Roman von Andreas Latzko«, den noch nicht beendeten »Zeitroman 1920« empfohlen und bittet Coudenhove, seine Empfehlung bei Zsolnay zu unterstützen. Latzko lebte seit 1920 in Salzburg. In einem Brief von Mann an Coudenhove vom 26. April 1924 heißt es: »Über L. in Salzburg bekomme ich vom Zsolnay Verlag durchaus keine Antwort. Man scheint nicht zu wollen. Aber dann wäre ich, aus menschlichem wie aus literarischem Interesse, neugierig auf die Gründe. Könnten Sie einmal nachfragen und mir kurz berichten?« Wie aus weiteren Briefen Manns an Coudenhove hervorgeht, lehnte der Verlag im Mai 1924 eine Übernahme Latzkos ab. Um welchen Roman es sich hier handelt, ist nicht bekannt. Zwischen dem Werk Der letzte Mann (1919) und dem Roman Sieben Tage (1931) gab es keine Buchveröffentlichung Latzkos. Siehe Jänos Szabö: Der vergessene Andreas Latzko. In: Acta Litterana Acad.Sei.Hung. 29 (1987), S. 305-314. Siehe dazu auch Andreas en Stella Latzko: Levensreis. Herinneringen. Amsterdam en Antwerpen: Wereldbibliotheek 1950. Im Verlagsarchiv finden sich so gut wie keine Werkverträge Werfeis mehr. Vorhanden ist einzig ein Vertrag zwischen dem PZV und dem Kurt Wolff Verlag vom 14.3.1931, in dem der Kurt Wolff Verlag, vertreten durch Georg Heinrich Meyer, auf alle Rechte und Zahlungsansprüche aus dem Werk Franz Werfeis seinen Verzicht leistet. (Vertragsmappe Werfel) Alle Hinweise auf Verträge mit dem Autor beziehen sich daher auf Originale oder fallweise auf Abschriften im Franz Werfel Archive an der University of Pennsylvania bzw. im Werfel-Archive an der Univer-
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Vertrags zu schließen (»für den durch mich zu gründenden Verlag«), stand nicht fest, wann das erste Verlagswerk erscheinen sollte. Der Verlag verpflichtete sich, »bis anfangs März 1925 den Roman im Handel erscheinen zu lassen«. Die Startauflage dieses für den Zsolnay Verlag erfolgreichsten deutschsprachigen Originalwerks betrug 10 000 Exemplare, eine Zahl, die in Hinkunft die Mindesterstauflage von Romanwerken darstellen sollte. Als Honorartantiemen erhielt Werfel im vorhinein für die ersten 10 000 Exemplare 10 000 Schweizer Franken. Das war ein Modus, den der Autor auch bei Kurt Wolff gewählt hatte, doch ist zu diesem frühen Zeitpunkt, da ein Generalvertrag wegen der vertraglichen Bindung zu Wolff noch in der Zukunft lag, noch nicht von ständigen monatlichen Akontozahlungen die Rede. 45 Von dem genannten astronomisch hohen Honorar soll der Verlag Werfel einen Vorschuß von sfr 5 000 angeboten haben. Selbst Kurt Wolff, der unter der Inflation gelitten hatte, tat sich viele Jahre später schwer, diesen Betrag in heutiges Geld zu übersetzen: »Die Summe von fünftausend Schweizer Franken überstieg«, so Wolff, »das Vorstellungsvermögen des Wirtschaftslaien.« Nach Erhalt des Traumangebots hatte sich der Schriftsteller an seinen bisherigen Verleger gewendet und um Rat gebeten, wie er sich Zsolnay gegenüber verhalten sollte. »Ich konnte auch mit Einsatz aller mir zur Verfügung stehenden Mittel dem Autor und Freund nicht einmal tausend Franken beschaffen. So war es selbstverständlich, ihm zu antworten, er solle das Angebot annehmen.«46 Kein Wunder also, daß mehrere Kurt Wolff-Autoren der guten Konditionen wegen nach Wien gingen und daß der Zsolnay Verlag hiemit gewissermaßen das Erbe Kurt Wolffs antrat. Für Paul Zsolnay waren Verlagsverträge und nicht nur sie völliges Neuland. Als es etwa darum ging, den Druckauftrag für das am 4. April 1924 erschienene erste Werk, den Verdi-Roman, zu vergeben, wußte er noch nicht, was der Unterschied sei zwischen Fraktur und Antiqua und bedurfte fremder Hilfe. 47 Als Landwirt hätte er zudem wegen fehlender Qualifikationen (Befähigungsnachweis) von der strengen Behörde sowieso keine Konzession erhalten. Und ohne einen Mann, der ihm jahrelang treu zur Seite stand, wäre Zsolnay auf völlig verlorenem Posten gewesen. Denn der Betrieb des Verlagsbuchhandels war in Österreich im Gegensatz zu Deutschland noch immer ein konzessioniertes Gewerbe. Zsolnay brauchte also nicht nur eine »rechte Hand«, sondern auch jemanden, der im Besitz einer gültigen Konzession war und Branchenerfahrung hatte. Er hieß Felix Kostia-Costa.
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sity of California. Im Fall des ersten Verdi-Vertrags handelt es sich um eine Abschrift, aus der der Tag nicht hervorgeht. Vgl. KWB, S. 346. Kurt Wolff: Autoren, Bücher, Abenteuer. Betrachtungen und Erinnerungen eines Verlegers. Mit einem Anhang: Kurt Wolff. Lebensdaten, und einer Bibliographie: Bücher in den Verlagen Kurt Wolffs. Zusammengestellt von Helen Wolff. Berlin o.J. (1965). So Zsolnay in einem Vortrag in Wien im November 1958. Neues Österreich, 13.11.1958, S. 7.
4.2.2. Felix Kostia-Costa Costa, der richtig »Kostia« hieß, 48 entstammte einer Schauspieler- und Schriftstellerfamilie. Sein Vater Carl (1832-1907) - nach dem im 15. Wiener Gemeindebezirk die Costagasse benannt ist - verfaßte zahlreiche Wiener Volksstücke, Possen und Parodien und landete seinen größten Erfolg mit Bruder Martin. 1848 war Carl Costa Studentenlegionär, später Staatsbeamter und dann freier Schriftsteller. In den Jahren 1882-1885 war er Direktor des Theaters in der Josefstadt in Wien, und hier lernte er seine zweite Frau, eine junge Schauspielerin aus Frankfurt, Rosa Goldstern (1862-1916) kennen. Der Vater von Felix Costa war (in der NS-Diktion) Vollarier, seine Mutter Jüdin. Der jüngere Bruder von Felix, Martin Kostia-Costa (1895-1974), war jahrzehntelang erfolgreich als Schauspieler, Theaterregisseur und Bühnenschriftsteller tätig. Zu seinen bekanntesten Werken zählten Der Hofrat Geiger, Fiakermilli, Der rosarote Fürst de Ligne. Felix Costa wurde am 30. August 1887 in Wien geboren. Ab dem Schuljahr 1898/1899 besuchte er das k.k. Staatsgymnasium im VIII. Bezirk, unweit der väterlichen Wohnung in Rother Hof 6. Einer seiner Klassenkameraden heißt Ernst Rosenbaum (* 6.11.1888, Wien), der für seine spätere Berufswahl entscheidend sein wird. Obwohl Felix im Schuljahr 1906/07 die 7. und letzte Klasse besuchte, hat er aus unbekannten Gründen das Zeugnis der Reife nicht zum gleichen Termin wie seine Kameraden erhalten. Erst im Alter von »20 10/12 Jahren«, wie der entsprechende Jahresbericht der Schule vermerkt, konnte er im Sommer 1908 die Maturitätsprüfung als »Externist« ablegen. Gewählter Beruf: »Phil, (hum.)«. 49 Mit Verspätung hat er dann im Wintersemester 1908/09 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien inskribiert. Die Fächer: Philosophie und Germanistik mit Lehrveranstaltungen der Professoren Minor, von Weilen, Arnold, Jellinek, Luick und Stöhr. 50 Aber schon nach einem Semester kehrte er dem Studium der Literaturwissenschaft den Rücken und ging zum Militär. Am 9. Juni 1908 hatte er sich als Einjährig-Freiwilliger des Frontdienstes gemeldet und wurde dem Feldjägerbataillon No. 25 zugeteilt. 51 1912 avancierte er zum Kadett der Reserve, im August 1914 wurde er zum Fähnrich und am 1. November 1914 zum Leutnant in der Reserve ernannt. Am 1. Mai 1916 schließlich wurde er zum Oberleutnant in der Reserve befördert. Bereits seit dem 48
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Kostia-Costa ist der amtliche Name, im folgenden wird der Verlagsleiter Felix Costa genannt. Der Doppelname rührt daher, daß anläßlich der Aufführung eines der ersten Werke von Carl Kostia sein Name auf den Programmen und Plakaten falsch geschrieben wurde, also ohne »i«. Es blieb daher bei Carl Kostia, genannt Costa, ja bis zu seinen Enkeln! In den 20er Jahren dürfte Felix seinen Namen amtlich in Costa umgeändert haben. LIX. Jahres-Bericht über das k.k. Staatsgymnasium im VIII. Bezirke Wiens, flir das Schuljahr 1908/09, Wien 1909, S. 40. Wie z.B. Geschichte der deutschen Literatur im 19. Jahrhundert (Minor), Grundriß der neueren deutschen Literaturgeschichte II (von Weilen), Proseminar für deutsche Philologie (Arnold). Auskunft laut Universität Wien, Universitäts-Archiv, Nationale, Phil.Fak., WS 1908/09. Österreichisches Staatsarchiv, Abt. Kriegsarchiv, Hauptgrundblatt, GBBL Wien, Karton 1081, Kostia Felix.
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Ausbruch des Ersten Weltkriegs stand Costa im Felde, wo er unter dem Kommando der Balkanstreitkräfte als Kommandant des Etappentrainzuges Nr. 6/16 Dienst versah. Für die Tatsache, daß er, wie es in einem Belohnungsantrag heißt, »vom Pflichtgefühl durchdrungen«, »selbständig sehr gut verwendbar«, »zu jedem Traindienst vollkommen geeignet« sei, seine Staffel seit Beginn des Feldzuges »musterhaft« geführt hätte, erhielt Costa eine Reihe von Belobungen. Feldzüge hatte er jede Menge mitgemacht, so 1915 in Serbien und den Karpathen, in Mittelgalizien, Wolhynien, in der Bukowina. Auf »die belobende Anerkennung vom Kommando der Balkanstreitkräfte« im April 1915 folgte im Herbst die »Allerhöchst belobende Anerkennung und die Berechtigung zum Tragen der bronzenen Militärverdienstmedaille am Bande des Militärverdienstkreuzes und im Februar 1917 neuerlich diese Anerkennung »bei gleichzeitiger Verleihung der Schwerter« mit der Berechtigung zum Tragen der silbernen Militärverdienstmedaille am Bande des Militärverdienstkreuzes . Während des Kriegs lernte er einen Regimentskollegen kennen. Es war eine Freundschaft, die für sein späteres Schicksal lebenswichtige Vorteile, aber auch Nachteile mit sich bringen sollte: Hermann Neubacher. Der am 24. Juni 1893 in Wels geborene Absolvent der Hochschule für Bodenkultur in Wien, Dr. Dipl.Ing. Neubacher, wurde am 13. März 1938 zum Bürgermeister von Wien ernannt und konnte seinem Freund Felix eine Zeitlang helfen. Seit dem 21. Juli 1917 war Felix Costa mit der 1891 in Lemberg geborenen Julie, geb. Gelobter, die er im ersten Semester kennengelernt hatte, verheiratet. Sie war dramatische Sängerin und als junges Mädchen Mitglied der königlichen Hofoper in Berlin, gab aber die Bühnenlaufbahn ihrem Mann zuliebe auf. Nach dem Krieg begann Felix Costa im Verlagsgeschäft Erfahrungen zu sammeln; er ergriff somit einen Beruf, der für ihn seit frühester Jugend feststand. Zusammen mit drei anderen Partnern, darunter seinem früheren Klassenkameraden, Dr.jur. Ernst Rosenbaum (später nannte er sich Dr. Ernst Roenau) bzw. im Verein mit der Gesellschaft für graphische Industrie gründete Costa im November 1919 in Wien den ILF-Verlag für Dichtung, Kunst und Wissenschaft. Er hielt 26% des Firmenkapitals und arbeitete als Geschäftsführer. Als der ILF-Verlag im Januar 1921 von der Rikola Verlag A.G. übernommen wurde, ging auch Costa (und mit ihm Ernst Rosenbaum) zum Verlagsimperium des Bankiers Richard Kola. 52 Im Dezember 1923 war der feinsinnige Costa bereits im Solde des in Gründung befindlichen Paul Zsolnay Verlags und führte im Namen des Inhabers Gespräche und Vertragsverhandlungen mit potentiellen Verlagsautoren. In der ersten Rechtsform der Firma, die erst am 6.Mai 1924 im Wiener Handelsregister eingetragen wurde, war Costa Einzelprokurist. Das erste Büro befand sich in der Castelligasse 17 im 5. Bezirk. In der frühen Phase oblag es Costa, das »hohe Lied« von seinem Chef zu singen, etwa als es im Dezember 1923 darum ging, den britischen Gesellschaftsautor John Galsworthy durch den Übersetzer L. Leonhard, d.h. Leon Scha52
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Näheres dazu in Hall: Österreichische Verlagsgeschichte, Band II, S. 326-328.
lit, für den Verlag zu gewinnen. Knapp vor Weihnachten 1923 trafen sich Costa und Schallt, und schon kurz vor Monatsende bekundete Costa das Interesse des Paul Zsolnay Verlags für die deutsche Herausgabe von Werken John Galsworthys. In einem der frühesten »Selbstzeugnisse« heißt es u.a.: Paul Zsolnay, der Gründer und Eigentümer unseres Verlages hat von der kulturellen Mission des Verlegers durchdrungen einen Verlag ins Leben gerufen, dessen Aufgabe künstlerisch darin besteht, hochwertigste Literatur zu pflegen und dessen geschäftliche Einstellung seinen ideellen Hochzielen entsprechend bei kaufmännischer und verlagstechnisch genauester Führung den neuen Gedanken bringt, die Autoren am Reingewinn zu beteiligen, ihnen jederzeit Bucheinsicht zu gewähren und in Streitfallen sich einem Schiedsgericht, das aus einem Verlagsvertreter, einem Autor und einer objektiven Persönlichkeit von Rang besteht, zu unterwerfen. Ich nehme an, dass Ihnen, sehr geehrter Herr Redakteur, sowie Galsworthy, unsere Einstellung sympathisch und erfolgversprechend erscheint. 53
Es mußte noch sehr intensiv verhandelt werden, bis ein Vertrag mit Galsworthys Vertreter und Übersetzer, Leon Schallt, unterschriftsreif war. Auch in dieser Anfangsphase findet sich in Ablehnungsbriefen Programmatisches über den neuen Verlag. So dürfte im Laufe des ersten Verlagsjahrs die Gattin von Max Brod, mit der Felix Costa bereits in geschäftlicher Verbindung stand, das Novellenmanuskript einer weniger bekannten Schriftstellerin zur Veröffentlichung eingereicht und eine nicht erwartete Absage erhalten haben. Nach einer ersten Ablehnung bat Zsolnay seinen Direktor, Costa, den Text zu lesen und nach einer gemeinsamen Beratung wurde das Manuskript erneut für ungeeignet befunden. Selbst in dieser frühen Phase - wie auch später - verzichtete der Verlagsinhaber nicht auf die Fachmeinung seines Direktors, und es war generell so, daß jeder die Entscheidung des anderen voll mittrug und bei Berufungen gegen negative Entscheidungen den anderen zu Rate zog. Im Fall des von »Frau Dr. Max Brod« eingereichten Manuskripts schrieb Paul Zsolnay höchstpersönlich, um zu betonen, »dass die Nichtannahme dieses Buches in unser Verlagsprogramm durch die Grundprinzipien unseres Institutes bedingt« wäre. Er klärte Frau Brod sodann über »Sinn und Zweck unseres Verlags« wie folgt auf: 1. Die deutschen Dichter sind durch die trostlosen Verhältnisse der Kriegs- und Nachkriegszeiten schwer geschädigt. Es scheint daher notwendig, ihnen eine Heimstätte zu bieten, die ihnen all jene Vorteile zukommen lässt, die dem Wert ihrer Arbeit entsprechen. Daher sichern ihnen unsere Statuten Einblick und Kontrolle unserer Buchführung, sowie Beteiligung am Reingewinn zu. 2. In der Erfüllung unserer kulturellen Mission liegt es, wirklich bedeutende Werke der ausländischen Literatur dem deutschen Publikum zu vermitteln, doch nur unter der Voraussetzung, dass deren Herausgabe eine literarische Notwendigkeit darstellt. Im Interesse unseres erstge-
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Schreiben vom 29. Dezember 1923 an Leon Schallt, Ordner Galsworthy I. Der Brief stammt wahrscheinlich von Felix Costa.
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nannten Grundprinzipes ist hier strengste Auswahl geboten, um den grössten Teil unserer Kraft den deutschen Dichtem zu widmen. 54
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Paul Zsolnay an Frau Dr. Max Brod, 31.1.1925, Ordner Brod I.
5. Das erste Verlagsjahr
5.1. Eine Produktionsübersicht Praktisch die ganze Produktion des ersten Geschäftsjahres wurde zunächst mündlich im Laufe des Herbstes und schließlich im Dezember 1923, spätestens im Januar 1924 vertraglich festgelegt. 1924 erschienen insgesamt statt der vorgesehenen zwölf bereits achtzehn Titel. Zieht man in Betracht, daß der Berliner S. Fischer Verlag es unter enormen Schwierigkeiten schaffte, 1923 bloß 19 und 1924 23 neue Titel auf den Markt zu bringen, so war das kein schlechter Anfang. Es war zudem ein recht buntgemischtes Programm: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.
Franz Werfel: Verdi. Roman der Oper Hans Kaltneker: Die Schwester. Drama John Galsworthy: Der Menschenfischer P. Dominique: Unsere liebe Frau Richard Wagner: Briefe an Hans Richter Paul Geraldy: Helene. Roman Maurice Baring: Die Verzauberte. Roman Walther Eidlitz: Die Laufbahn der jungen Clothilde Egmont Colerus: Pythagoras. Roman Gustav Mahler: Zehnte Symphonie John Galsworthy: Gesellschaft1 Gustav Mahler: Briefe 1879-1911 Claude Anet: Ariane. Ein russisches Mädchen John Galsworthy: Der kleine Jon John Galsworthy: Urwald Franz Werfel: Juarez und Maximilian Arthur Schnitzler: Fräulein Else Felix Saiten: Geister der Zeit
4. April 9. April 21. Mai 11. Juli 17. Juli 18. August 18. August 18. August 26. September 13. Oktober 13. Oktober 17. Oktober 24. Oktober 6. November 17. November 17. November 17. November 16. Dezember
Von den ersten 18 (eigentlich 19) Verlagswerken waren nicht weniger als acht (9) Übersetzungen, was durchaus den Intentionen des jungen Verlags entsprach, aber beim Publikum und bei den Buchhändlern auf Kritik stoßen sollte, Stichwort »Ausländerei«.
Dieses Werk erschien zunächst u.d.T. Loyalität (Loyalties. Schauspiel in drei Akten (sieben Szenen). Autor. Übers, aus dem Englischen von Leon Schallt (L. Leonhard) ebenfalls mit Impressum Paul Zsolnay Verlag: Berlin-Wien-Leipzig 1924. 43
5.2. Der Verdi-Erfolg Die Zusammensetzung des Programms scheint dem Zufallsprinzip entsprungen zu sein und wurde weitgehend von persönlichen Bekanntschaften und Freundschaften bestimmt. Trotzdem konnte Zsolnay gleich zwei verlegerische Volltreffer landen (sieht man von der ansehnlichen Auflagenhöhe von Schnitzlers Fräulein Else zunächst ab): den Verdi-Roman, der in zwei Fassungen und vielen Auflagen einen Stand von 250 000 Exemplaren erreichte und Claude Anets Roman über ein russisches Mädchen, Ariane, der bis Anfang 1933 immerhin und durch eine Verfilmung mit Elisabeth Bergner in der Hauptrolle,2 die Zsolnay allein 1931 dazu veranlaßte, 62 000 (!) Exemplare auszuliefern, kräftig unterstützt, eine Auflage von 201 000 Exemplaren verzeichnen konnte. Mit den ersten Erfolgen handelte er sich freilich auch die ersten Flops ein, aber die Konturen des künftigen Programms waren erkennbar. Der Verdi-Roman markierte den Grundstein einer von und durch Franz Werfel erhofften Verdi-Renaissance im deutschen Sprachraum. Die Erstauflage dieser »Ilias der Musik«, wie sie in der ersten Verlagswerbung bezeichnet wurde, 3 verkaufte sich innerhalb von neun Monaten. Die zweite Auflage von weiteren 10 000 Exemplaren setzte der Verlag etwas langsamer ab, sodaß das 56.-65.Tsd. erst im Februar 1928 aufgelegt wurde. Weitere 137 000 Bände folgten hintereinander in 3 Auflagen einer »Sonderausgabe« zwischen September und Dezember 1930 zum besonders niedrigen Preis von Μ 2,85 bei einem Umfang von 604 Seiten. Das Verlegerrisiko lohnte sich. Damit dürften aber die Wiederbelebungsversuche für Verdi ihren Höhepunkt erreicht haben, denn die Nachfrage ließ nach, und der Verlag verkaufte Anfang 1934 Restbestände nach Berlin. Das Werk selber wurde beim Leipziger Lager im März 1936 beschlagnahmt und eingezogen. Trotz des Vermerks in der Neuausgabe vom Jahr 1930 (»Ungekürzte, neu durchgesehene Sonderausgabe«)4 war diese zweite Fassung von Werfel in Antwort auf z.T. heftige Kritik am sprachlichen Ausdruck und vor allem Inhalt weitaus gründlicher durchgearbeitet worden als man meinen könnte. Werfel versuchte u.a. diejenigen Passagen entweder ganz zu streichen oder abzuschwächen, die ihm den nicht ungerechtfertigten Vorwurf einer antideutschen Einstellung eingebracht hatten und die spätere NS-Kritik an diesem Werk prägte. Im Mittelpunkt seiner nicht gerade sympathischen Darstellung der »deutschen« Musikkultur von Bach abwärts, die z.T. durch den fanatischen Musiker Fischböck vermittelt wird, steht Beethoven, der »oberste aller Beelzebube«, dem es gelang, »die Eitelkeit, Hohlheit, Brutalität, Beschränktheit seiner Person in Musik zu set2
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Siehe Bewundert viel und viel gescholten... Elisabeth Bergners unordentliche Erinnerungen. C. Bertelsmann Verlag 1978, S.84, 90, 92. Börsenblatt, Nr. 97, 25.4.1924, S. 5753. Im Gegensatz zur ersten Fassung 1924, deren Satz von der Gesellschaft für graphische Industrie in Wien stammt, wurde die zweite Fassung 1930 neu gesetzt, und zwar bei der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig.
zen«.5 Das abkanzelnde Urteil über Goethes Faust (»Welche Verlogenheit, dieses Stück ein Volksgedicht zu nennen!«), das nicht goutiert wurde, wurde ersatzlos gestrichen. 6 Besonders die erste Fassung bot auch der NS-Kritik reichlich Anlaß, Wagner als die Verkörperung deutscher Musik in Schutz zu nehmen vor einem jüdischen Autor, der »seinen politischen Fanatismus, seinen infernalischen Haß gegen alles Deutsche in unverfänglichen Romanen« einzukleiden pflegte. 7 Werfel nahm ansonsten regen Anteil an dem Versuch einer Verdi-Renaissance 8 und plante sehr früh einen ersten Auswahlband der Briefe Verdis auf deutsch. Ähnliche Pläne schmiedete der Musikschriftsteller Paul Stefan, doch wurde sein Angebot an den Zsolnay Verlag im Herbst 1924 nicht gleich angenommen, da, wie es in einem Brief von Felix Costa an Stefan vom 16. Juli 1925 heißt, »die massgebende Entscheidung Franz Werfeis [...] nach wie vor noch ausständig« sei (Ordner Stefan). Erst am 24. November dieses Jahres erhielt Stefan einen Vertrag für die Verdi-Briefe, und es dauerte bis 1. Juni 1926, bis der Vertrag mit Werfel besiegelt war. 9 Werfel fungierte als »Herausgeber« und war für die Einleitung verantwortlich, während Paul Stefan »im Einvernehmen« mit Werfel mit der Auswahl der Briefe (300) und deren Übersetzung betraut war. Der Vertrag sah vor, daß Stefan Werfel alles »zur Genehmigung« vorzulegen hatte. Für seine Mühewaltung war Werfel mit einer Tantieme von 8 Ά Prozent am Ladenpreis beteiligt und bekam die Tantiemengarantie für 3 000 Exemplare bei Manuskriptübergabe ausbezahlt.
5.3. Musikerbriefe Die erste Ausgabe der »Musikerbriefe« war bereits im Dezember 1923 fixiert worden: die von Alma Maria Mahler herausgegebenen und eingeleiteten Briefe Gustav Mahlers. Es war jene Ausgabe, die Franz Werfel im Namen seiner Freundin dem
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Zitiert wird hier nach der Taschenbuchausgabe im Fischer Taschenbuch Verlag (1979), S. 180. In diesem Band wird der Leser mit keinem Wort darüber aufgeklärt, daß es eine zweite Fassung dieses Romans gab oder daß sie der Erstfassung von 1924 zugrundeliegt. In der Sonderausgabe 1930 heißt es an dieser Stelle (S. 299) nicht viel freundlicher: »Dann aber war das achtzehnte Jahrhundert zu Ende und Beethoven erschien. Gewiß, ein Erzengel. Aber der Engel des Abfalls, Luzifer! Er hat den Höllensturz der Musik vollendet, indem er sie, wie es so schön heißt, befreite. [...] An das Zwielicht der aufgeblasenen Eitelkeit, des Zornes, der Brunst, des Selbstbetrugs hat er sie gebannt, an all das, was sich selbstbesessen 'Ich' und 'Seele' nennt. Beethoven ist der Erfinder dieser 'Seele' in der Musik.« Vgl. Taschenbuchausgabe, S. 204 und Sonderausgabe, S. 340. Nicht näher gezeichneter Artikel von einem »K.Z.«, unter der Überschrift »Der verbotene Werfel« unmittelbar nach Anfang Februar 1934 in einer Zeitung erschienen. Ausschnitt im Ordner Werfel. Siehe Hermann Fähnrich: Franz Werfeis Anteil an der Verdi-Renaissance. In: Neue Zeitschrift für Musik, 124. Jg., H. 10, 1963, S. 374-377 sowie ders.: Verdi in der Deutung Franz Werfeis. In: Ebd., 120.Jg., 1959, S. 258-261. Original des Vertrags in den Alma Mahler-Werfel Papers, Philadelphia.
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Verleger Kurt Wolff bereits im Oktober 1919 angeboten hatte, 10 die Ullstein angeblich »schon viele Monate haben« wollte und die Wolff postwendend annahm. 11 Frau Mahler hatte in der Folge mit Kurt Wolff über das Werk einen Vertrag abgeschlossen. 12 Auch Alma Mahler, die vertragsmäßig von Paul Zsolnay persönlich betreut wurde, kam in den Genuß der großzügigen »Sonderrechte«, wie es im Vertrag vom 16.1.1924 heißt. 13 Die Witwe Mahlers erhielt Κ 20 000 pro Buch bei einem berechneten Ladenpreis von Κ 140 000. Bei einer allfälligen Senkung des Preises stand ihr derselbe Betrag zu. Sie verpflichtete sich vertraglich, sollte sie weitere Briefe Gustav Mahlers veröffentlichen wollen, diese dem Zsolnay Verlag zur Verfügung zu stellen. Einige Monate später schloß der Verlag den Vertrag über eine Ausgabe der Briefe Richard Wagners an Hans Richter (erschienen am 17. Juli als 5. Werk), die von den Richterschen Erben zur Verfügung gestellt wurden. Abgegolten wurde die Veröffentlichung mit einer einmaligen Pauschalsumme für die Erstauflage von 5 000 Exemplaren in der Höhe von Ö.Kr. 50 000 000. Erst im Dezember 1925 konnte der Verlag den von Dr. Franz Strauß unter Mithilfe von Hugo von Hofmannsthal herausgegebenen Briefwechsel zwischen Richard Strauss und Hofmannsthal in einer Auflage von 10 000 Exemplaren auf den Markt bringen. Nach dem Erscheinen einer Tolstoj-Briefausgabe in diesem Herbst wurde nun nicht nur fürs erste, sondern endgültig das Veranstalten solcher Ausgaben aufgegeben.
5.4. Die Sonderrechte Die frühen Vertragsabschlüsse - etwa mit den Erben Hans Richters (5.4.1924) oder mit Julius Meier-Graefe (24.4.1924) - präzisieren die »Sonderrechte«, die die Autoren des Paul Zsolnay Verlages genossen. Weil sie dokumentarischen Wert haben, sollen hier die wesentlichen Passagen, darunter die Erläuterung der Gewinnbeteiligung, in extenso zitiert werden. 3.) Der Verlag ist verpflichtet, in jedem Jahr im Monat Februar und August dem Autor [...] über den Verkauf seines Werkes Rechnung zu legen und zwar auch dann, wenn der Verlag die Tantieme für die ganze Auflage ausbezahlt hat. Zugleich mit der Rechnungslegung hat der Verlag dem Autor den sich aus dieser Verrechnung zu Gunsten des Autors ergebenden Guthabensaldo auszubezahlen. 4.) Zur Vermeidung von Differenzen über kaufmännische Gebahrung (sie) des Verlages, wählen je der Verlag und die Autoren des Verlages je einen beeideten Buchsachverständigen, welche 10 11 12
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Franz Werfel an Kurt Wolff, Brief von »Anfang Oktober 1919«, KWB, S. 335f. Telegramm Wolff an Werfel vom 6.10.1919, KWB, S. 336. Wolfram Göbel: Der Kurt Wolff Verlag 1913-1930. Expressionismus als verlegerische Aufgabe. In: Archivßr Geschichte des Buchwesens 15 (1975), Sp. 521-962. Hier Sp. 867. Im folgenden abgekürzt als Göbel: Der Kurt Wolff Verlag mit Spaltenzahl. Vertrag vom 16. Januar 1924 mit Alma Maria Mahler, Vertragsmappe Mahler.
beide die Kontrollkommission bilden. Der vom Verlag gewählte Buchsachverständige ist von diesem, der von den Autoren gewählte Buchsachverständige von den Autoren angemessen zu honorieren. [...] 5.) Alljährlich gibt der Verlag seine von der Kontrollkommission geprüfte und kontrasignierte Bilanz entweder in einer Versammlung derselben oder mittelst Zirkular bekannt. In dieser Bilanz ist der Reingewinn in der Art festzustellen, dass zunächst alle mit dem Verlage verbundenen Auslagen als Passivposten zu buchen sind. Unter diesen Passiven zählt auch die Verzinsung des in das Verlagsunternehmen investierten Eigenkapitales des Verlegers zu den (sie) Durchschnittszinsfuss der Nationalbank im abgelaufenen Geschäftsjahr. Diesen Passiven sind sämtliche Bruttoeinnahmen als Aktiven gegenüberzustellen. Der sich nach Abzug der Passiva ergebende Reingewinn fallt zu 50% dem Verlag zu, während die restlichen 50% an die Autoren im Verhältnis der aus ihren Werken im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielten Bruttoeinnahmen nach jedem dritten Jahr zur Auszahlung gelangen. 6.) Ergeben sich zwischen einen (sie) Autor und dem Verlag Differenzen, so ist die Kontrollkommission anzurufen, welche eine Schlichtung der Angelegenheit zu versuchen hat. Gelingt eine solche nicht, so entscheidet über die Streitfrage ein inappelables Schiedsgericht, in welches sowohl der Autor, als auch der Verleger je einem (sie) der im Vertragsverhältnis stehenden Autoren oder Buchsachverständigen wählt. Diese beiden wählen einen Senatsvorsitzenden, eines Wiener Gerichtshofes als Vorsitzenden. Die Kosten des Schiedsgerichtes trägt der unterliegende Teil. 14
5.5. Der Vermittler Hans Jacob Wie bereits angedeutet, ist vor allem das Programm des ersten Jahres durch eine Reihe von »Vermittlem« zustandegekommen. Der indirekte Vermittler eines dieser Werke - genauer der vierten Publikation - des Romans Unsere liebe Frau von der Weisheit von Pierre Dominique, war Arthur Schnitzler. Dessen Freund, der Berliner Schriftsteller und Übersetzer Hans Jacob, hatte sich in seiner Vermittlerrolle S. Fischer gegenüber »ganz ausserordentlich bewährt«15 und »unschätzbare Dienste geleistet«.16 Jacob war im Dezember 1923 zu Konsultationen nach Wien (wohin er überhaupt übersiedeln wollte17) gekommen, und dabei wurde auch die Möglichkeit 14
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Vertrag Hans Richter vom 5. April 1924, Vertragsmappe Richter. (Zeichensetzung wie im Original!) Tagebuch Arthur Schnitzler. Eintragung vom 9. Dezember 1923. Siehe auch de Mendelssohn: S. Fischer, S. 928 ff. sowie den Brief von Arthur Schnitzler an Olga Schnitzler vom 9.12.1923 in Schnitzler: Briefe, S. 335. Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 10.12.1923. Die Mitteilung Schnitzlers über Jacob hier ist fast wortidentisch mit der an seine Frau (s.o.) im Brief vom 9.12.1923. Die zum überwiegenden Teil unpublizierte Korrespondenz Schnitzlers mit der Jugendbekanntschaft und späteren Lebensgefährtin Clara Katharina Pollaczek (1875-1951) ist in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek aufbewahrt. Eigene Abschriften dieser Korrespondenz sowie relevante Tagebuchabschriften Pollaczeks finden sich in einem dreibändigen unveröffentlichten maschinenschriftlichen Typoskript u.d.T. »Arthur Schnitzler und ich« (1896-1931) in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek (Signatur: Ic 149.392). Schnitzler: Briefe, S. 332 bzw S. 335. An Olga Schnitzler, 27.11.1923 bzw. 9.12.1923.
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besprochen, ihn mit Paul Zsolnay in Verbindung zu bringen. Konkret ging es um eine deutsche Ausgabe der Werke Marcel Prousts. 18 Zsolnay war vom erfahrenen Übersetzer und Kenner der französischen Literatur Hans Jacob sehr angetan. Jacob vermochte Zsolnay von der Idee zu überzeugen, eine Gesamtausgabe Prousts zu veranstalten. Möglich, daß ihm die überaus erfolgreiche 44-bändige Balzac-Ausgabe bei Rowohlt in Erinnerung war und daß er die Hochkonjunktur für solche Literatur nutzen wollte. Zsolnay schickte Jacob nach Paris, (wo er später in der Person Berta Zuckerkandis eine Agentin hatte), um mit dem Verleger Gallimard zu verhandeln. 19 Der Wiener Verlag erhielt das ausschließliche Recht, das Gesamtwerk Marcel Prousts in deutscher Sprache zu veröffentlichen, und Jacob unterzeichnete einen »höchst zufriedenstellenden Vertrag« (ebd., S. 104) mit Zsolnay. Sehr verärgert war Jacobs allerdings, als Gerüchte auftauchten, wonach S. Fischer sich auch um Proust bemühen würde. Dies führte zu einem »Wutausbruch« Jacobs in Form eines Briefes Anfang April 1924 an den Berliner Verleger. In einem Schreiben an Schnitzler dementierte Fischer entschieden und merkte an, daß der Verlag »Die Schmiede« die Bücher von Proust erworben hätte. 20 Das Problem Jacobs lag aber woanders. Gallimard brach den Vertrag, so Jacob, »in einer geradezu beispiellosen Weise«. Wie in der Zeit bis Dezember 1923 (Einführung der Goldmark in Deutschland) herrschte nun in Frankreich die Inflation. Folglich wurde die vertraglich festgelegte, von Gallimard selbst diktierte Anzahlung auf jeden Band völlig entwertet. »Statt einen neuen Vertrag anzubieten oder zu erbitten, verkaufte sich Herr Gallimard an den Meistbietenden, in diesem Falle an den Verlag »Die Schmiede«,21 ohne Zsolnay oder mich auch nur zu informieren.« (S. 104) Kurioserweise stammte die 1926 im Berliner Propyläen-Verlag erschienene Proust-Übersetzung von einem Schriftsteller, der später sowohl als Autor als auch als Übersetzer für den Zsolnay Verlag tätig war: Ernst Weiß. Weitere Proust-Übersetzungen in den 50er Jahren wurden von einer anderen Zsolnay-Übersetzerin, Eva ReichelMertens, gemacht. »Zsolnay ließ mich als eine Art Entschädigung für die große Enttäuschung, die ich erlebte, ein Buch zum Übersetzen wählen. Ich hatte die
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Tagebucheintragung Arthur Schnitzlers vom 31.12.1923: »Wir sprachen über die Verlagsangelegenheit (Zsolnai-Proust etc);« Hans Jacob: Kind meiner Zeit. Lebenserinnerungen. Köln-Berlin: Kiepenheuer & Witsch 1962, S. 104. So schrieb Fischer an Schnitzler am 3. April 1924: »Soeben erhalte ich von Herrn Hans Jacob einen Wutausbruch in Form eines Briefes ins Haus geschickt. [...] Bitte, sagen Sie ihm dass ich mich mit meinem Ehrenwort verbürge mich weder direct noch indirect um Proust bemüht zu haben. Mir hat (im Gegentheil) Herr Szolnay (sie) in Berlin erzählt, er hätte mit Herrn Jacob wegen Proust einen Vertrag abgeschlossen und ich war es der darnach Grund hätte über die Illoyalität des Herrn Jacob nachzudenken.« (The Posthumous Papers of Arthur Schnitzler, Cambridge University Library, Karton 12le). (Zeichensetzung wie im Original!) Zur Geschichte und Produktion dieses Unternehmens siehe Wolfgang U. Schütte: Der Verlag Die Schmiede 1921-1931. In: Marginalien. Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie, Heft 90 (1983), S. 10-35.
Wahl zwischen »Ariane, jeune fille russe« von Claude Anet und »Notre Dame de la Sagesse« von Pierre Dominique.22 Ich entschied mich für das Buch von Dominique. Beide Bücher erschienen bei Zsolnay, das andere von Georg Schwarz übersetzt. Das Buch von Anet ist allein in der deutschen Ausgabe in einer Auflage von mindestens einer Million erschienen, das von Dominique ist wahrscheinlich noch auf Lager. Habent sua fata libelli.« (Ebd., S. 105.) Der Roman von Dominique war in der Tat kein großer Erfolg. Er erschien im Juli 1924 in einer wohl überhöhten Auflage von 5 000 Exemplaren und wurde Anfang der 30er Jahre in Berlin verramscht. Noch vor Ende der 20er Jahre kamen weitere Werke Dominiques in deutscher Übersetzung - beim Musarion bzw. Insel Verlag - heraus,23 ohne Hans Jacob als Übersetzer. Für Zsolnay war der Verkauf von Dominique kein Anlaß, sein Verleger zu werden. Einen ähnlich bescheidenen Erfolg erzielte das Werk eines anderen Autors der ersten Stunde, des Briten Maurice Baring. Sowohl der erste Roman Die Verzauberte (Aufl. 3 000) vom August 1924 als auch der »Roman im Dreieck« Triangel in gleicher Auflagenhöhe (erschienen 27. November 1925) kamen beim Publikum nicht an und wurden ebenfalls verramscht. 5.6. Der zweite Autor Hans Kaltneker Bei keinem anderen Autor oder Buch aus der Produktion des ersten Jahres war eine Veröffentlichung eine solche echte Herzensangelegenheit wie beim früh verstorbenen expressionistischen Lyriker und Dramatiker und Jugendfreund Paul Zsolnays Hans Kaltneker. Es wurde Zsolnay gar nachgesagt, er hätte seinen Verlag überhaupt gegründet, um Kaltnekers Andenken zu bewahren.24 Kaltneker war 1919 im Alter von bloß 24 Jahren einer tückischen Krankheit, die er sich mit 17 Jahren zugezogen hatte, zum Opfer gefallen. Nach einem mehrjährigen Genesungsaufenthalt in Davos war Kaltneker, der von frühester Jugend an gedichtet hatte, nach Wien zurückgekehrt, wo er an der Universität Wien Rechtswissenschaften studierte. »Innige Freundschaft hat uns beide junge Menschen verbunden«, schreibt Paul Zsolnay zwei Jahrzehnte nach Kaltnekers Tod. »Ich hatte die Freude, dieses vielversprechende Talent sich entfalten zu sehen und die Entstehung seiner Werke miterleben zu dürfen. So wurde es für mich nur Selbstverständlichkeit, das Werk meines Freundes der Öffentlichkeit zu übergeben, als ich Verleger
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Diese Behauptung trifft nicht zu, denn der Übersetzer der Ariane, Georg Schwarz, war im alleinigen Besitz der Rechte. In den späten 20er Jahren übersetzte Jacob zwei Colette-Romane (Cheri und Cheri's Ende) für den Paul Neff Verlag. Beide wurden in den 50er Jahren von Zsolnay übernommen. Weltuntergang. Roman (1928) bzw. Seine Majestät... Ein Roman (1929). Paul Wertheimer: Ungarische Verleger in Deutschland. In: Pester Lloyd (Budapest). Typoskript (7 S.) im Verlagsarchiv.
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geworden war.«25 Kaltneker hinterließ ein relativ umfangreiches Werk, das zunächst - nicht zu seinem Vorteil - in einem kleinen, Mitte 1920 in Wien von einem ehemaligen literarisch-artistischen Sekretär des k.k. Hofburgtheaters namens Dr. Richard Rosenbaum (1867-1942) gegründeten Verlag (»Donau-Verlag«)26 zu erscheinen begann. Rosenbaums verlegerische Erfahrung erschöpfte sich in seiner Tätigkeit Ende 1918/Anfang 1919 als Repräsentant des S. Fischer Verlags in Wien, ein Posten, von dem er bald entfernt wurde. Aktiv war der Donau-Verlag lediglich in den Jahren 1921 und 1922. Von den Werken der Gattin Rosenbaums, Frau Kory Towska Rosenbaum, abgesehen, verlegte das kapitalschwache Unternehmen insgesamt zehn Titel, darunter die Werke Die Liebe und Das Bergwerk von Kaltneker. Trotz z.T. ansprechender Titel und Einbände ging dem Verlag bald die Luft aus, und er blieb auf einem umfangreichen Lager sitzen. Die Liquidation, die 1925 begann, brachte gewaltige Verluste. Bereits im Dezember 1923 folgte der erste mündliche und dann schriftliche Kontakt des Zsolnay Verlags mit Rosenbaum, der sich alsbald als höchst unguter Geschäftspartner entpuppen sollte. Denn das einzige Pfand seiner mittlerweilen lahmgelegten Firma waren nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage die Rechte auf die Werke Kaltnekers. Dies war ein Vorteil, der durch die Geschäftsunkundigkeit der Alleinerbin, der Mutter Kaltnekers, Frau Baronin Leonie Kaltneker, nur noch begünstigt wurde. Rosenbaum wollte seine Rechte, die er gar nicht mehr wahrnehmen konnte, in klingende Münze umsetzen, und dazu war ihm ziemlich jedes Mittel recht.
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Paul Zsolnay: In Memoriam Hans Kaltneker. In: Österreichischer Frauen-Not-Dierist. Almanach 1938. (nicht erschienen) Typoskript im Verlagsarchiv, Mappe »PZ privat 1.IX.35-1.XI.37«. Zu Kaltneker siehe auch Felix Saiten: Geister der Zeit. Erlebnisse. Berlin-Wien-Leipzig: Zsolnay 1924, S. 304-311. Kaltneker, Zsolnay und Hans Flesch von Brunningen sollen während der Schulzeit versucht haben, einen kleinen literarischen Zirkel zu bilden. Sie sollen gemeinsam eine hektographierte Zeitschrift unter dem Titel »Das neue Land« publiziert haben, die eigene Werke - meist Gedichte und Feuilletons - enthielt und im Bekanntenkreis verbreitet wurde, publiziert haben. (Siehe Hans Kaltneker: »Gerichtet! Gerettet!«. Eingel. und ausgewählt von Hellmuth Himmel. Graz-Wien: Stiasny-Verlag 1959, S. 7) Ein 1959 noch im Besitz Paul Zsolnays existentes Exemplar dieser Zeitschrift ließ sich nach Mitteilung seiner Tochter Alma Zsolnay im Nachlaß nicht finden. In seinen Memoiren (Die verführte Zeit. Lebens-Erinnerungen. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Manfred Mixner. Wien-München: Verlag Christian Brandstätter 1988) erwähnt Flesch-Brunningen Kaltneker als Freund und Mitschüler (S. 9, 10), nicht aber Paul Zsolnay. Unerwähnt bleibt auch die Tatsache, daß Flesch in den Jahren 1927-1929 beim Zsolnay Verlag eine Reihe von Manuskripten (»Fuchsjagd«, »Merkur«, »Ischia-Schwindel«, »Die Schwelle«) zur Veröffentlichung einreichte. Ein Exemplar der Zeitschrift »Das neue Land« hat sich im Nachlaß Flesch-Brunningens im Deutschen Literaturarchiv Marbach nicht erhalten. Die Vermutung, daß Zsolnay Klassenkamerad war, ließ sich anhand der Jahresberichte des k.k. Staatsgymnasiums im 13. Bezirke, Fichtnergasse 15, nicht bestätigen.
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Zur Geschichte dieses Verlags siehe Hall: Österreichische Verlagsgeschichte, Band II, S. 115-
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Die Geschäftsanbahnung erfolgte in höflicher Atmosphäre. So schrieb Felix Costa an Rosenbaum am 12. Dezember 1923: Im Auftrage Paul Zsolnays, der in grosszügiger und opferfreudiger Bemühung um kulturelle Dinge sein Interesse dem österreichischen Verlagsgedanken zugewendet hat, erlaube ich mir an Sie, verehrter Herr Doktor, nunmehr in schriftlicher Form mit dem Ersuchen heranzutreten, die Absichten Zsolnays, soweit sie eine Förderung des Nachruhms seines verstorbenen Freundes Hans Kaltnekers bezwecken, zu unterstützen.
Die Absicht des Verlags war es, mit Zustimmung Rosenbaums, ein Sammelbuch von den Werken Kaltnekers herauszubringen, »die für des Autors Sonderart Charakteristischesten sind und ein Bild der hohen Begabung des Dichters geben«. Niemand sei »berufener« im Verein mit Paul Zsolnay Auswahl und Herausgabe durchzuführen als eben Dr. Rosenbaum, der sich ja »unvergängliche Verdienste um die Entdeckung und Förderung des leider so früh verstorbenen Dichters erworben« hatte. Costa versicherte Rosenbaum, daß der Plan nicht nur keine Gefahrdung seiner eigenen Verlagsabsichten mit Kaltneker bedeute, sondern sogar sein eigenes Werk fördere. Zsolnays Vorschlag ging dahin, dem Donau-Verlag das Honorar von 10% zur Gänze zu überlassen, die halbe Erstauflage des Auswahlbandes bei Erscheinen im voraus zu bezahlen und die zweite Hälfte im Abrechnungsweg auszuzahlen. Er verpflichtete sich darüber hinaus, bereits erschienene sowie in Vorbereitung befindliche Werke Kaltnekers im Donau-Verlag im Auswahlband anzuzeigen, ja auch sonst nachdrücklich auf den Donau-Verlag als Stammverlag Kaltnekers hinzuweisen. Dafür dürfte der Donau-Verlag kein konkurrenzierendes Werk herausgeben. Bereits für 1921 hatte Rosenbaum zwei Titel (Die Schwester. Ein Schauspiel in drei Akten-, Die Opferung. Eine Tragödie. Vier Akte), für 1922 ein Werk (Die Villa der Frau de Chrysolores und andere Novellen) angekündigt, aber der Markt für Kaltneker-Werke war eindeutig nicht günstig. Rosenbaum wird gewußt haben, warum er diese Bände nicht herausbrachte, denn eine solche Wertanlage, wie er in den Verhandlungen mit dem Zsolnay-Verlag weismachen wollte, war Kaltneker nicht. Eine »Schluss-Bilanz vom 1. Dezember 1928«, die nach Beendigung der Liquidation dem Wiener Handelsgericht übermittelt wurde, spricht eine deutliche Sprache. Wenn man davon ausgeht, daß die beiden Bücher in Auflagen von 2 000 Exemplaren hergestellt wurden, so war laut Aufstellung der Warenvorräte Ende 1928 sieben Jahre später nicht einmal je die Hälfte der Auflage abgesetzt worden, wobei Kaltneker sich bezeichnenderweise besser in Österreich als in Deutschland verkaufte. 27 Vom Verlagswerk Die Liebe war die ganze Auflage nicht einmal aufgebunden worden, was die Verhandlungstaktik Rosenbaums in ein anderes Licht rückt. Mit dem Jungverleger Zsolnay witterte Rosenbaum nun das Geschäft seines Lebens. »Wir sind uns grundsätzlich einig«, schrieb er Herrn von Zsolnay am 27
Handelsgericht Wien. Registerakt C 43,102. Der Warenvorrat von Die Liebe in Wien und Leipzig war 1 339 Exemplare, vom Bergwerk 1 309 Exemplare.
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14. Dezember 1923, »dass wir das Bestreben haben das hinterlassene Werk Hans Kaltnekers zu fördern«, allerdings wäre er nicht in der Lage die Herausgabe »ohne ein entsprechendes Entgelt« zu übernehmen. Aber auch die von Zsolnay angebotenen Vorteile stünden »in keinem beachtenswerten Verhältnis zu den Forderungen, die Sie an den Donauverlag stellen«, meinte Rosenbaum weiter. »Die Forderungen, die ich aus diesem Titel namens meines Verlages an Ihr zu gründendes Verlagsunternehmen stellen müsste, beziffern sich, knappest berechnet, auf 3500 Dollars. Ich fürchte, dass Ihr Angebot, das meinen Forderungen gegenüber so winzig ist, schwerlich zu einer Einigung führen dürfte. Aber ich habe kein Recht Ihren Erschliessungen vorzugreifen,« heißt es ein wenig scheinheilig. Zsolnay und Costa waren solch erpresserischen Methoden offensichtlich noch nicht gewachsen, obwohl das spekulative Geschäft mit der Erwerbung von Rechten zur täglichen Arbeit eines Verlags gehörte. Am 10. Januar 1924 einigten sich die Parteien dennoch: Zsolnay stimmte der Überlassung der Verlagsrechte an Kaltnekers Nachlaß gegen eine Pauschalzahlung von 60 Millionen Ö.Kr. zu, die übrigens bei Vertragsabschluß fällig war. Ausgeklammert aus der Vereinbarung war das Recht des BxAm&xwertriebs der Dramen Kaltnekers. Kaum war der Vertrag unterschrieben und der schriftliche Nachlaß Kaltnekers28 übergeben worden, wurden Zsolnay, Costa und Felix Saiten gebeten, einen schwelenden Streit zwischen einem zahlungsunwilligen Rosenbaum und der Rechteinhaberin Leonie Kaltneker zu schlichten. Saiten schaltete die Genossenschaft dramatischer Autoren ein und riet zum Naheliegenden: den Vertrag mit Rosenbaum zu kündigen. Frau Kaltnekers Forderung aus dem Bühnenvertrieb war pikanterweise nicht viel geringer als jene Summe, die Zsolnay dem Donau-Verlag für die Überlassung der Buchrechte bezahlt hatte. Die »Befreiung« Kaltnekers dauerte aber noch eine Weile. Am 9. April 1924, fünf Tage nach dem Erscheinen von Werfeis Verdi-Roman, kam Kaltnekers Die Schwester. Ein Mysterium in einer Auflage von bloß 1 000 Exemplaren heraus. Wenige Tage danach zahlte der Verlag die Tantieme von 7 000 000 Ö.Kr. aus. Im Herbst begann Paul Zsolnay, nachdem er auf Rosenbaums Mitarbeit dankend verzichtete, mit den Vorbereitungen für den vom ihm herausgegebenen Band Dichtungen und Dramen und wandte sich an Frau Kaltneker mit der Bitte um authentische biographische Angaben über ihren Sohn für 28
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Im Interesse einer Dokumentation werden hier die dem Zsolnay Verlag am 18. Januar 1924 übergebenen Schriftwerke Kaltnekers verzeichnet: Die Schwester. Dramatisches Mysterium. Maschinenschrift; Das Bergwerk. Drama. Maschinenschrift; Die Opferung. Tragödie. Maschinenschrift; Ritter Lanzelot. Mysterienspiel. Handschrift; Herre Tristrant. Tragödie. Handschrift; Die Heilige. Mysterium für Musik. Maschinenschrift; Schneewittchen. Märchenspiel. Maschinenschrift; Die Villa der Frau de Chrysolores. Novelle. Maschinenschrift; Frau Ostem! Novelle. Maschinenschrift; Die Magd Maria. Novelle. Maschinenschrift; Die Untreue der Elisabeth Lebrecht. Novelle. Maschinenschrift; Herre Tristram von Lonnois. Roman. Handschrift; Vier Hefte Sonette in Handschrift; Das neue Land. Zeitschrift. Hektogramm. (Verzeichnis im Ordner Kaltneker) Der Nachlaß Hans Kaltnekers gilt heute als verschollen.
seine Einleitung. »Herr von Zsolnay«, schreibt Costa, »der ja der beste Freund Ihres genialen Sohnes war, hat sicherlich Hans Kaltneker genau gekannt, trotzdem legt er mit Recht Wert darauf, das Bild des Dichters so zu zeichnen, wie es in der Erinnerung der Mutter fortlebt.«29 Die Herausgabe weiterer Werke Kaltnekers war zwar ein persönliches Anliegen Zsolnays, aber ein verlegerisches Risiko, um nicht zu sagen Verlustgeschäft. So war es möglich, die Auflage der Schwester abzusetzen, aber die beiden letzten Publikationen waren Mißerfolge und mußten, obwohl das letzte Werk (Die drei Erzählungen, September 1929) bloß in einer Auflage von 2 000 Exemplaren ausgeliefert wurde, alle 1933 verramscht werden. Die »innige Freundschaft« Zsolnays mit seinem Jugendfreund ging in der Gestalt des Mäzenatentums auf dessen Mutter über. Noch bis in die 30er Jahre hinein ersuchte Frau Kaltneker um durch den Verkauf der Werke ihres Sohnes nicht gedeckte Tantiemen, um Vorschüsse, um Geldzuweisungen und zuletzt gar um eine monatliche Rente für Bücher, die Makulatur waren. Und Ehrenmann und Mäzen, der er war, zahlte Paul Zsolnay auch. Er mußte ihr aber dennoch einmal die traurige Wahrheit beibringen, als sie als kleine Pensionistin bei Zsolnay wegen eines Vorschusses für eine Badekur vorstellig wurde. Ich habe die Angelegenheit des Vorschusses, den Sie vom Verlag wünschen, genau erwogen und bin zum Ergebnis gekommen, dass die Bücher, die bei uns erschienen sind, voll im vorhinein honoriert sind. Der Abverkauf ist leider bei aller literarischen Anerkennung und Bewunderung, die dem Werke einen unvergänglichen Platz in der deutschen Literatur einräumen, ein derart langsamer, dass wir aller Voraussicht nach viele Jahre brauchen werden, um die bereits gedruckten und honorierten Werke zu verkaufen. Der Verlag ist daher nicht in der Lage, Ihnen die 800 Schilling vorzuschiessen, doch bin ich gern bereit, wenn es Ihnen angenehm ist, für den Verlag einzuspringen und Ihnen mit dieser Summe auszuhelfen. 30
So konnte Zsolnay der ihm im Dezember 1930 vorgetragenen Bitte, »noch Unbekanntes aus der geistigen Hinterlassenschaft unseres theuren Verblichenen der Mitwelt« bekanntzumachen, nicht nähertreten.31 Versuche von Dr. Franz Horch,32 im Namen des Verlags Anfang 1934 einen Roman Kaltnekers aus dem Nachlaß mit dem kuriosen Titel »U« in Zeitungen und Zeitschriften des Ullstein Verlags zu piazieren, blieben ohne Erfolg, weil Kaltnekers Werk nicht mehr so zeitgemäß war. Allfällige Anfragen an den Verlag wegen Übersetzungen ins Englische oder Ungarische fruchteten nichts, und selbst die Bühnenrechte waren keine Wertanlage mehr, obwohl drei Dramen in Wien aufgeführt wurden. So war es verständlich, daß Dr. Richard Rosenbaum, der 1925 damit beschäftigt war, die Verluste seiner bankrotten Firma zu zählen, erneut den Versuch machte, mit überhöhten und un29 30 31 32
PZV an Frau von Kaltneker, 12.9.1924, Ordner Kaltneker. Paul Zsolnay an Leonie Kaltneker, 18.6.1930, ebd. Leonie Kaltneker an Paul Zsolnay, 4.12.1930, ebd. Horch war vom 1. Februar 1933 bis zum 9. Juni 1937 Leiter der Theaterabteilung des Paul Zsolnay Verlags.
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verschämten Forderungen, die Bühnenrechte auf Kaltneker dem Zsolnay Verlag »anzudrehen«. Jenseits aller üblichen Taktik auf beiden Seiten war Rosenbaums Anbot kaum als realistisch zu bezeichnen. Rosenbaum glaubte nämlich Zsolnay in der Hand zu haben, denn bei der Drucklegung der Dichtungen und Dramen war dem Verlag eine kleine technische Panne unterlaufen. Der vertraglich vereinbarte Vermerk, wonach das Aufführungsrecht der veröffentlichten Dramen ausschließlich durch den Donau-Verlag zu erwerben sei, war versehentlich unterlassen worden. Rosenbaum konnte sich nun ob des Verstoßes kaum mehr beherrschen. Er drohte ununterbrochen, verlangte Wiedergutmachung, eine Bereinigung der Lage, lehnte die Beilage eines Korrekturzettels erbost ab, forderte einen »annehmbaren Vorschlag«, setzte Fristen usw. Als der Zsolnay Verlag, der die Panne nicht als eine »Vertragsverletzung« auffaßte, »mit unserer Weisheit am Ende« war (September 1925), bat er Rosenbaum um einen Vorschlag. Auf weitere Fristsetzungen folgten weitere Drohungen mit gerichtlichen Schritten, aber von der ursprünglichen Forderung von ö.S. 32 500 war Rosenbaum auf 12 500 heruntergestiegen, was für den Zsolnay Verlag nach wie vor »leider nicht annehmbar« blieb. Für diesen rein kommerziellen Handel war Zsolnay Anfang 1926 bereit, lediglich ö.S. 2 000 zu zahlen, was von Rosenbaum als »Hohn« quittiert wurde. Rosenbaum und sein Donau-Verlag gingen somit auch im Besitz der Rechte pleite.
5.7. Der Franzose Paul Geraldy Nach John Galsworthy und Pierre Dominique war Paul Geraldy der dritte Ausländer und zweite französische Schriftsteller im Programm des ersten Jahrs. Der Verlag wurde im Mai 1924 durch den vom Dichter zur Übersetzung ermächtigten Schriftsteller Raoul Auernheimer auf Geraldys Roman Helene (Le Prelude, 1923) aufmerksam gemacht. In einem Brief vom 8. Mai erlaubte sich Auernheimer, der im Begriff war, die Übersetzung fertigzustellen, »bevor ich mich anderweitig festlege, bei Ihnen anzufragen, ob Sie sich für die Buchausgabe der Erzählung interessieren«. (Ordner Geraldy) Kaum eine Woche später griff Felix Costa im Namen des Verlags zu und sicherte Autor und Übersetzer gemeinsam eine 15%-ige Beteiligung vom Ladenpreis des broschierten Exemplars zu. Wie üblich zu dieser Zeit, wurde die Tantieme (für eine Auflage von 5 000 Exemplaren) im voraus in jeder gewünschten Währung zum Tageskurs des Schweizer Franken bezahlt.33 Das Buch kam bereits am 18. August auf den Markt. Auernheimers weitere Mitarbeit für den Verlag erschöpfte sich zunächst in einem Gutachten über Claude Anets Ariane. Paul Zsolnay lehnte 1926 eine Veröffentlichung des Aueraheimer-Romans Die rechte und die linke Hand ab, und zwar aus seiner ganz persönlichen Einstellung zu diesem Buch. Die ausführliche schriftliche Begründung der Ablehnung ist für die
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PZV an Auernheimer, 16.5.1924, ebd.
Art und W e i s e , w i e und vor allem nach welchen Kriterien Entscheidungen für oder g e g e n die A n n a h m e eines Werks im Verlag gefällt wurden, sehr aufschlußreich. Meine persönliche Einstellung zu Ihrem Roman ist entscheidend davon beeinflusst, dass meinem subjektiven Empfinden die Wahl des Stoffes und dessen dichterische Auswertung in graziös-ironisierender Form ferne liegt. Ich betone, dass meine Meinung eine durchaus persönliche ist, die ich Ihnen, sehr verehrter Herr Doktor, auch nur auf Ihre direkte Anfrage hin nach meiner eigenen Stellungnahme mitgeteilt habe. Da also nicht künstlerische Bedenken bei mir obwalten, würde meine Stellungnahme dem Verlag erlauben, das Werk herauszubringen. Ich würde daher, wenn Sie es wünschen das Manuskript ohne meine eigene Meinung zu äussern - wie ich das öfters tue - Herrn Costa übergeben und ihn ersuchen, mir seine Ansicht ausführlich darzulegen. Falls Herr Costa mir raten würde, das Werk erscheinen zu lassen, würde es dann bei uns erscheinen. Ich habe mir aber auf Grund unserer persönlichen Beziehungen erlaubt Ihnen den Rat zu geben unseren Verlag sich nicht um das Werk bewerben zu lassen, obwohl ihm selbstverständlich bei einer Annahme alle verlagstechnische Förderung zu teil würde, zu der wir uns jedem Werk unseres Verlages gegenüber verpflichtet fühlen. Aber wie Sie aus meinen früheren Ausführungen entnommen haben, kann ich mich nicht aus vollem Herzen hinter das Werk stellen, weil ich nicht in mir jene Übereinstimmung fühle, die für mich die Voraussetzung dafür ist, dass ich für ein Werk durch Dick und Dünn gehe. Ich fürchte nun, dass diese unwägbaren und unmessbaren Gefühlsmomente einem grossen Erfolg wesentlich Abbruch täten und bin aus diesem Grunde aus Hochschätzung für Ihre Kunst und aus dem Bemühen mir Ihre Freundschaft zu erhalten zu dem Entschluss gelangt, Ihnen offen davon abzuraten den Roman in unserem Verlag erscheinen zu lassen. 34 Sowohl
dieses
»sich
hinter
das
Werk
stellen
können«
als
auch
die
innere
»Übereinstimmung« mit d e m Werk sowie die Beiziehung Costas (oder vice-versa) als »Berufungsinstanz« war für den Zsolnay Verlag ganz charakteristisch. Auernheimers Übersetzertätigkeit fand b e i m Verlag nach der Übertragung der GeraldyErzählung »Zuhause« für das Jahrbuch 1927 keine Fortsetzung. Erst w i e d e r i m Herbst 1932 erschien in einer A u f l a g e v o n 2 0 0 0 Exemplaren e i n Band Auernheimer Geist
und Gemeinschaft.
Zwei Reden.
von
D i e Vermittlung und Überset-
zung Geraldy s übernahm in der F o l g e die in Paris lebende, nach eigener A n g a b e »Besitzerin aller deutschen Rechte von Geraldy« und als Literaturagentin tätige »Frau Hofrat« Berta Zuckerkandl. V o n Frau Zuckerkandl nicht unbeeinflußt entwickelte der Zsolnay Verlag drei Jahre nach Erscheinen des R o m a n s Helene
den
Ehrgeiz, mit Geraldy einen Generalvertrag abzuschließen und überließ Zuckerkandl die Verhandlungen mit d e m Autor. D e n Verlauf der ersten Verhandlungen schilderte Berta Zuckerkandl so: Paul Geraldy ist auf meine Bitte, der Verhandlungen wegen, die ich mit ihm zu führen wünschte, aus Beauvallon nach Paris gekommen. Ich habe gestern lange mit ihm verhandelt und bin nun in der Lage, Ihnen feststehende Vorschläge, im Namen Geraldy's zu machen. Geraldy ist von der moralischen, oder besser gesagt, von der ideellen Bedeutung, die für ihn ein Generalvertrag mit dem Paul Zsolnay-Verlag hat, überzeugt. Und weil er es ist, so ist er bereit, einen 34
Paul Zsolnay an Auernheimer, 4.1.1926, ebd. Der Roman erschien 1927 bei S. Fischer. 55
pekuniär ausgezeichneten Antrag, den er durch die Societe des Auteurs für seine nächsten Stücke erhalten hat, abzulehnen [...] Geraldy würde unter nachstehenden Bedingungen mit dem Zsolnay-Verlag abschliessen. Paul Geraldy verpflichtet sich für die Zukunft, seine sämtlichen Werke, sowohl Stücke als auch Prosaschriften, allein dem Paul Zsolnay-Verlag für deutsche Sprache zu überlassen. [...] Was die Bücherausgabe der Stücke betrifft, so hat Geraldy die Erfahrung gemacht, dass seine Stücke die Auflagehöhe grosser Romane überstiegen. Er hat dem Zsolnay-Verlag ein Exemplar von »Aimer« geschickt, woraus zu ersehen ist, dass es 63 Auflagen hatte. (Jetzt bereits 65) Auch die Auflagehöhe der anderen, später erschienenen Stücke, ist gross. Und sehr gross, die von »Toi et moi«. Geraldy ist überzeugt, dass hier ein gutes Geschäft zu machen ist. Für den Verleger.) Er erklärt sich mit dem Vorschlag des Paul Zsolnay-Verlages einverstanden, laut welchem Paul Geraldy von den fünfzehn Prozent vom broschürten Band zehn Prozent erhält und er fünf Prozent der Übersetzerin, Frau Berta Zuckerkandl, abgibt. Für »Toi et moi« an Frau Pollatschek) [ = Clara Katharina Pollaczek]35
Der Optimismus Geraldys bewahrheitete sich nicht. Man dachte an eine Vereinbarung, nach der jedes Jahr ein Band in einer Auflage von 3 000 Exemplaren auf den Markt kommen würde. Man konnte sich zunächst in der Sache des Bühnenvertriebs nicht einigen. Der Verlag hätte sich, ohne die in Frage kommenden Stücke zu kennen, verpflichten müssen, sie auch in Bühnenvertrieb zu nehmen. Der Verlag stimmte dem Vorschlag zu, außer den bisher zugesagten drei Bänden von Geraldy in der von ihm gewünschten Einteilung und in einer einvernehmlich festzusetzenden Reihenfolge noch einen vierten Band herauszugeben. Dieser sollte in einem Umfang von 100 bis 150 Seiten den kleinen Roman Helene, die Erzählung »Zuhause«, sowie mehrere kleinere Novellen umfassen. Die beiden Seiten erzielten insoweit Einigung, als schon im September 1927 eine Bühnenausgabe von Son man u.d.T. Ihr Mann. Schauspiel (Aufl. 500) auf den Markt kam. Wenige Monate später, Anfang November, erschien ein älterer Band von Liebesgedichten Du und Ich (Toi et Moi, 1913) in einer Auflage von 3 000 Exemplaren. Auch beim Erscheinen dieses Bandes war Arthur Schnitzler indirekt beteiligt. Anläßlich der sehr erfolgreichen Premiere seines Dramas Aimee in der Übersetzung Berta Zuckerkandis im Wiener Theater in der Josefstadt im Mai 1924 war Geraldy nach Wien gekommen. Der Franzose gab der Jugendfreundin Schnitzlers, Clara Katharina Pollaczek, das Übersetzungsrecht für das ganze Buch Toi et Moi, nachdem Frau Pollaczek bereits mit Hilfe Paul Wertheimers zwei Mal längere Gedichte Geraldys in der Neuen Freien Presse veröffentlicht hatte. Pollaczek wandte sich ohne Erfolg an Ernst Peter Tal vom E.P. Tal Verlag, man riet ihr zu Zsolnay zu gehen, doch wollte sie zuerst Schnitzler fragen, was er davon halte, da sie, wie sie dem Dichter schrieb, »ohne Deine Zustimmung keinen
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Berta Zuckerkandl an Felix Costa, 19.5.1927, Ordner Geraldy.
Schritt in der Richtung tun« wollte. 36 Schnitzlers vorläufiger Kurzkommentar aus Baden-Baden: »Zsolnay halte ich im gegenwärtigen Moment für aussichtslos«.37 Wenige Monate später war der Band schon in Druck. Schließlich lieferte der Verlag im Dezember des folgenden Jahres eine zweibändige Ausgabe der Theaterstücke Geraldys u.d.T. Theater. Dramen aus. Der Autor war mit der Ausstattung dieser Bände so zufrieden, daß er eigens einen persönlichen Brief an den Verlag richtete. An Abschlüssen mit Geraldy und anderen Autoren war Frau Zuckerkandl mit einer Provision beteiligt. Für das Jahr 1930 planten die Übersetzerin und der Verlag eine Ausgabe von L'Amour (1929) u.d.T. So ist die Liebe. Das Verlegen dieses, wie sich herausstellte, letzten Werks Geraldys bei Zsolnay im Juni 1930 führte wenige Tage vor dem Erscheinen zu einer Kontroverse mit Berta Zuckerkandl. Wie des öfteren in den Geschäftsbeziehungen zwischen Autor und Verlag ging es um Geld. In Abkehr vom gewöhnlichen Zahlungsmodus - bei Übersetzungswerken zahlte Zsolnay dem Autor in der Regel ein Honorar von 10% des Ladenpreises und dem Übersetzer 5% - wollte Zuckerkandl statt einer Beteiligung ein Pauschale, d.h. eine einmalige Abgeltung. Der Verlag hatte beim Buch So ist die Liebe das Höchsthonorar, das er für ausländische Werke in Anwendung brachte, nämlich 15%, ausbezahlt und das Honorar für die ganze Erstauflage im voraus gutgeschrieben und war der Meinung, daß auch Berta Zuckerkandl gut ausgestiegen war. Somit angeschnitten war eine für die Geschäftspraxis des Zsolnay Verlags grundsätzliche Frage, die Felix Costa in einem ausführlichen Schreiben an Frau Zuckerkandl auseinandersetzte. Costa war der Ansicht, daß eine Beteiligung statt einer Pauschale im Endeffekt eher im Interesse der Übersetzer lag und begründete dies folgendermaßen: Was nun die Stellungnahme des Verlages zu Ihrem Wunsch nach einer Pauschalierung Ihres Honorars anlangt, möchte ich, bevor ich diese Stellungnahme Ihnen mitteile, unsere allgemeine Einstellung zur Frage der Pauschalierung ausführen. Wir sind ein autorenfreundlicher Verlag, d.h. wir sind bestrebt, den Autoren alle Vorteile zu bieten, die die von ihnen erworbenen Werke uns tragbar erscheinen lassen. Wir sind daher Gegner einer Bestimmung, die den Autoren nicht alle Chancen einer Beteiligung am Absatz ihrer Bücher belässt, sondern sie mit einer
fixen
Summe ein für alle Mal abspeist. Sie können sich wohl denken, dass es bei den vielen ausgezeichnet gehenden Büchern des Verlages für uns eine Ersparnis gewesen wäre, wenn wir, was zweifellos möglich gewesen wäre, bei einer Reihe von ihnen die Autoren mit einem Pauschale abgegolten hätten. Wenn wir nun aber bei Büchern, bei denen wir im vorhinein annehmen, dass ihnen ein höherer Absatz gewährleistet ist, davon absehen, ein Pauschale durchzusetzen, dann können wir unmöglich bei anderen Büchern, bei denen uns ein höherer Absatz nicht gewährleistet erscheint, diesen Modus einführen. Es wurde stets von allen Autoren als ein grosser Fortschritt gewertet, dass anstelle einer einmaligen Abfindung die perzentuelle Beteiligung nach je-
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Pollaczek an Schnitzler, Brief vom 27.6. 1924. (»Arthur Schnitzler und ich«, Blatt 60. Unver. masch. Manuskript in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Signatur Ic 149.392) Toi et moi war das einzige Werk, das Clara Katharina Pollaczek für Zsolnay übersetzte.
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Schnitzler an Pollaczek, Brief v o m 1.7.1924, ebd. Schnitzler riet ihr, die Geraldy-Gedichte bei Reclam zu probieren.
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dem verkauften Exemplar getreten ist. Daraus geht auch hervor, dass das Pauschale von dem Verleger immer in einer Höhe bestimmt worden ist, die weit hinter der Summe, die auf Grund einer perzentuellen Beteiligung von ihm erwartet wurde, zurückblieb. Da wir nun das Buch von Paul Geraldy »So ist die Liebe« in einer Auflage von 3000 Exemplaren gedruckt haben - eine Auflage, deren Absatz uns mehr als fraglich erscheint, womit keine literarische, sondern lediglich eine verkaufstechnische Wertung ausgesprochen ist - könnte der Pauschalbetrag für die Übersetzerin nur geringer sein als das Honorar für 3000 verkaufte Exemplare. Das Pauschale würde also, da der Preis des broschierten Exemplars S 3.- beträgt, sich unter S 450.- bewegen müssen. Damit kann Ihnen aber nicht gedient sein, da ja der Ihnen auf Grund Ihrer Beteiligung gutgeschriebene Betrag S 450.- beträgt und Ihnen ausserdem noch die Chance offenbleibt, dass sich dieser Betrag, falls ein über Erwarten guter Absatz eintritt, für Sie noch erhöht. [...] Es gibt keinen Fall in unserem Verlag und ich glaube, in keinem Verlag der Welt, wo ein höheres Honorar garantiert wird, als es der ersten Auflage eines Buches entspricht; hingegen ist es durchaus üblich, dass bedeutend weniger Exemplare voraushonoriert werden, als die erste Auflage beträgt. Ich bin in meinem Schreiben so ausführlich geworden, um Ihnen, sehr verehrte Frau Hofrat, zu zeigen, dass wir wirklich bestrebt waren und sind, Ihnen gegenüber das grösste Entgegenkommen zu zeigen und dass wir Ihre Arbeit und Ihre Bemühungen mit den höchsten Sätzen entschädigen möchten, die in unserem Verlag zur Anwendung gelangen. Besonders liegt mir daran, Ihnen zu beweisen, dass dies auch in diesem Fall geschehen ist, zumal ich weiss, dass Sie mit einer höheren Summe gerechnet haben, was sicherlich darauf zurückzuführen ist, dass Sie mit den Berechnungsmassstäben des Verlagswesens natürlich nicht vertraut sein können. Wenn hiemit festgestellt ist, dass unser Verlag Ihnen in dieser an sich gewiss nicht bedeutenden Angelegenheit soweit als möglich entgegengekommen ist, kann man das von Paul Geraldy nicht behaupten. Paul Geraldy schreibt Ihnen, dass er besonderen Wert darauf legt, dass die Übersetzung eine ausserordentlich gute sei und dass er uns deshalb bittet, Ihnen ein Pauschale einzuräumen. Ich glaube nicht, dass es das Richtige ist, wenn man selbst auf etwas Wert legt, dem anderen nahe zu legen, dafür die Kosten zu tragen und selbst mehr zu erhalten, als andere Autoren, die gleichfalls auf eine ausserordentlich gute Übersetzung Wert legen. Ich möchte Ihnen als Beispiel Galsworthy und H.G. Wells nennen, die das Honorar der Buchausgaben ihrer Werke mit den deutschen Übersetzern teilen. 38 Es trat nun eine Pause ein, bevor ein neues Werk v o n Geraldy, die vieraktige Kom ö d i e Christine
( 1 9 3 2 ) v o n Zsolnay in Angriff g e n o m m e n wurde. Inzwischen hatte
Geraldy »in Anbetracht der schlechten Verhältnisse« seine Honorarforderungen, d . h . s o w o h l die vertraglich festgelegten Vorauszahlungen als auch seine Beteilig u n g an den Tantiemen bis zu einer Verbesserung der Verhältnisse etwas heruntergeschraubt. D o c h das Werk kam nicht in den regulären Buchhandel. Angesichts der schlechten Marktbedingungen sah der Verlag in den 30er Jahren v o n einer N e u a u f l a g e des vergriffenen Lyrikbandes Du und Ich ab und unternahm keine Anstrengungen, weitere Werke Geraldys in Verlag zu nehmen. D a s Verlagsarchiv schweigt sich über die Jahre 1934 bis 1949 aus.
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Felix Costa an Berta Zuckerkandl, 3.6.1930, Ordner Geraldy.
5.8. Der Nachlaß Franz Kafkas 1924 hatte neben einer Reihe von deutschen Verlagen auch der junge Paul Zsolnay Verlag die Möglichkeit, Verleger des Werks von Franz Kafka zu werden. Doch der Preis war hoch. Nach dem Weggang Werfeis vom Kurt Wolff Verlag und während der Übernahmeverhandlungen mit Wolff-Autor Heinrich Mann waren Zsolnay und Costa ebenfalls schon Mitte 1924 an einer Übernahme des Autors Max Brod sehr interessiert. Einer solchen Übernahme stand wie bei Franz Werfel und Heinrich Mann, deren Generalverträge mit Wolff noch gültig waren, im Fall Max Brod die vertraglich gesicherte Monatsrente und die Bindung zu Wolff im Weg. Auf den Tag genau zwei Wochen nach dem Tod seines Freundes Franz Kafka wandte sich dessen Nachlaßverwalter Max Brod, der in den kommenden Jahren nicht nur selber zum Aushängeschild des Unternehmens zählen, sondern auch als wichtiger Vermittler der Prager deutschen Dichter tätig werden sollte, an den Zsolnay Verlag in Wien. Dies geschah bereits bevor Brod mit den Rechtsnachfolgern Kafkas einen Vertrag über die Herausgabe des Nachlasses ausgehandelt hatte (19. Juni). 39 Brod verfolgte eine Taktik, die darin bestand, die einzelnen Verlage gegeneinander auszuspielen, eine Praxis, die Joseph Roth manchmal erfolgreich einsetzte. Am 17. Juni 1924 fragte Brod beim Zsolnay Verlag an, ob dieser den Kafka-Nachlaß herausgeben möchte. 40 Zsolnay war freilich nicht der erste gewesen, der angeschrieben worden war. Knapp nach der Beerdigung Kafkas in Prag hatte sich der Verlag »Die Schmiede« Interesse gezeigt, den Nachlaß zu erwerben. Auch Rowohlt, Wolff und S. Fischer wurden kontaktiert. Felix Costa reagierte im Namen des Zsolnay Verlags durchaus positiv: Wien, 26. Juni 1924. S. Hochwohlgeboren Herrn Dr. Max Brod Prag V. Brehovä 8. Sehr verehrter Herr Doktor! Mit ergebensten (sie) Dank bestätigen wir den Empfang Ihres gesch. Schreibens vom 17.d. und erblicken in Ihrem liebenswürdigen Anbot den Beginn einer Verbindung mit Ihnen, sehr verehrten Herrn Doktor, die wir seit Monaten anstreben. Ihr Vorschlag,
die Herausgabe des Nachlasses Franz Kafkas durch unseren
Verlag
betreffend, erweist uns das Vertrauen, das Sie in uns zu setzen die Liebenswürdigkeit haben.
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Siehe Joachim Unseld: Franz Kafka. Ein Schriftstellerleben. chungen. Mit einer Bibliographie 1908-1924.
Die Geschichte seiner
sämtlicher Drucke und Ausgaben der Dichtungen
Veröffentli-
Franz Kaflcas
München: Hanser 1982, S. 236. Vgl. auch Max Brod: Franz Kafkas Nachlaß. In:
Die Weltbühne,
XX.Jg., Nr. 29, 17.7.1924, S. 106-109 und Ludwig Dietz, in: Hartmut Binder
(Hrsg.): KAFKA-HANDBUCH
in zwei Bänden. Band 2: Das Werk und seine Wirkung. Stuttgart:
Kröner, S. 3-7. 40
Dieser Brief Brods liegt im Verlagsarchiv deshalb nicht vor, weil er sich in der entwendeten Tasche Costas befand.
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Wir erblicken in dieser Tatsache, die Gewähr, dass Sie, sehr verehrter Herr Doktor, uns auch bezüglich Ihres eigenen Schaffens dasselbe Vertrauen entgegen bringen werden. Zu Ihrem freundlichen Anbot selbst erlauben wir uns zu bemerken, dass wir selbstverständlich prinzipielles Interesse an der Sache haben; nur wäre es uns sehr erwünscht, wenn wir auf ganz kurze Zeit die Nachlassmanuskripte in die Hand bekämen, um uns ein Bild über den Umfang etz. und eine kalkulative Unterlage schaffen zu können. Wir rechnen mit der Erfüllung unseres Wunsches und zeichnen mit dem Ausdrucke unserer besonderen Verehrung ergebenst
Drei Tage später kam Brods Antwort an den Verlag mit präzisen Angaben über seine Vorstellungen einer Leseausgabe der Werke Kafkas. PRAGER TAGBLATT
PRAG, 29.6.1924 Herrengasse 12.
Sehr geehrter Verlag, Ich danke für Ihre freundlichen Worte.- Ich selbst kann vorläufig, da mein großer historischer Roman dzt im Werden ist, Ihnen nichts vorlegen. Nachlass
Kafka·. Die unersetzlichen Manuskripte kann ich nicht einsenden. Möchte Ihnen
aber vorschlagen, Sie selbst in Prag zu lesen. Für 2 bis 3 Tage könnte ich sie in Prag leihweise hergeben. Ich lege Wert auf rasche Entscheidung, da Kafka eine mittellose, kranke Braut zurückgelassen hat. Daher bitte ich um Beantwortung folgender Fragen: 1.) Kann Ihr Verlag sich verpflichten, bei Ablieferung jedes Bandes der Gesamtausgabe 20% von 4000 Exemplaren zu zahlen, wobei der Ladenpreis zunächst schätzungsweise mit 4 Goldmark angenommen wurde? 2.) Kann bei Erscheinen jedes Bandes die definitive Abrechnung zum realen Ladenpreis erfolgen? 3.) Kann garantiert werden, dass in jedem Halbjahr ein Band erscheint? 4.) Es handelt sich um 3 Romane (jeder umfasst ca. 300-500 Seiten) und um 1 Novellen- und Skizzenband. Kann als fünfter (bzw. erster) Band der Gesamtausgabe ein Band in Aussicht genommen werden, der alle bisher erschienenen Novellen Kafkas umfasst? Diese müssten Sie von Wolff und »Schmiede« erwerben. Dieser Band wäre, wie sub 1.) ausgeführt, also zu denselben Bedingungen zu honorieren. Ich bitte um möglichst ganz präzise Angaben,- meine Zeit ist arg begrenzt, es ist mir leider ganz unmöglich, ausführlich zu korrespondieren. In vorzüglicher Hochachtung Dr. Max Brod
Felix Costa wollte alles Nähere in einem persönlichen Gespräch mit Brod klären. Brod war aber mit den Verhandlungen auf so vielen Fronten zugleich derart mit Arbeit eingedeckt, dass es Costa bei einem Aufenthalt in Prag nicht gelang, zu Brod vorzudringen. Schriftlich teilte er dem Autor folgendes mit:
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Wien, den 12. Juli 1924. Herrn Dr. Max Brod Redakteur des Präger Tagblattes Prag Sehr verehrter Herr Doktor! Vorigen Montag wollte ich einen kurzen Aufenthalt in Prag dazu benützen, um mit Ihnen, sehr verehrter Herr Doktor, in Angelegenheit des Nachlasses Franz Kafkas persönlich Rücksprache zu pflegen. Leider misslangen meine Versuche, Sie in der Redaktion des Prager Tagblattes anzutreffen, und meine Anfragen, ob Sie vielleicht in Ihrer Privatwohnung zu sprechen seien, wurden mir dahin beantwortet, dass Sie derzeit mit Arbeit überhäuft sind und ungestört sein wollen und dass es leicht vorkommen könne, bei Ihnen überhaupt nicht Einlass zu finden. Da ich mich nicht der Gefahr aussetzen wollte, Ihnen lästig zu fallen, reiste ich unverrichteter Dinge von Prag ab. - Auf dieser Reise ist mir nun ein weiteres Malheur passiert: es wurde mir nämlich meine Aktentasche entwendet, in der sich auch Ihr letztes Schreiben an uns befand. - Verzeihen Sie, sehr geehrter Herr Doktor, dass ich Sie mit der Erzählung dieser Dinge aufhalte; zur Sache selbst habe ich folgendes zu bemerken: Ich hatte es mir als Ziel meiner Reise vorgestellt, Sie, sehr verehrter Herr Doktor, dazu bestimmen zu können, mir die Manuskripte anzuvertrauen; ich wollte sie auf durchaus verlässlichem Wege in einigen Tagen aus Wien wieder an Sie zurückgehen lassen. Ich frage nun, sehr verehrter Herr Doktor, ergebenst an, ob es nicht doch möglich ist, die Manuskripte als versichertes Wertpaket rekommandiert express nach Wien zu schicken. Es ist mir nämlich in nächster Zeit gänzlich unmöglich wieder nach Prag zu fahren. Indem ich Sie recht sehr bitte, sehr verehrter Herr Doktor, uns noch einmal in aller Kürze Ihre materiellen Bedingungen bekannt zu geben, sehen wir Ihrer Rückantwort entgegen und zeichnen mit dem Ausdruck unserer besonderen Verehrung 4 1
Obwohl heute keine weitere Korrespondenz im Verlagsarchiv vorliegt, kann man davon ausgehen, daß die von Brod gestellten Bedingungen auch für den vergleichsweise vermögenden Zsolnay Verlag zu hoch waren bzw. die Übernahme ein Risiko war, auf das der Verlag nicht eingehen wollte. Zudem darf man nicht vergessen, daß das Werk Kafkas keineswegs ein sicheres Verlagsobjekt war. Den Zuschlag bekam der finanziell wacklige Verlag »Die Schmiede«. Nachdem Brod zu Zsolnay gewechselt war, bot » Die Schmiede« im Jahre 1926 ihre Rechte am Nachlaß Kafkas dem Zsolnay Verlag an, doch lehnte der Verlag die Bedingungen erneut ab. 42 Im ersten Verlagsjahr brachte Zsolnay auch Werke zweier österreichischer Autoren heraus, nämlich Walther Eidlitz und Egmont Colerus. Über wessen Vermittlung der junge Träger des Preises der Stadt Wien für Dichtkunst (1924) und gebür-
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Es handelt sich hier um das letzte von drei Schreiben in Sachen Kafka-Nachlaß im Verlagsarchiv. Relevante Korrespondenz aus dem Max-Brod-Archive in Tel Aviv stand mir nicht zur Verfügung.
42
Unseld: Franz Kafka, S. 240f. sowie Anm. 30, S. 295f. Entsprechende Korrespondenz in Sachen Kafka-Nachlaß zwischen Zsolnay und »Die Schmiede« liegt im Archiv nicht vor.
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tige Wiener Eidlitz (1892-1978) zu Zsolnay kam, ist nicht bekannt. Sein bisheriges, vorwiegend dramatisches Werk war bei Erich Reiß und Rowohlt in Berlin und bei E.P. Tal in Wien erschienen. Für die fünf Prosawerke, die zwischen 1924 und 1932 im Zsolnay Verlag herauskamen (Auflage jeweils 3 000 Exemplare) erhielt der Autor ein Honorar von 15%. Sein erstes Werk über das Schicksal eines jungen Mädchens, Die Laufbahn der jungen Clothilde, mag zwar ein literarischer, aber kein buchhändlerischer Erfolg gewesen sein. So war mehr als acht Jahre nach dessen Erscheinen die erste Auflage großteils vergriffen, aber praktisch die ganze zweite Auflage vom Juni 1926 (2 000) noch auf Lager. (Der Verlag hatte sich zu dieser Auflage vertraglich verpflichtet.)43 Im Dezember 1932 teilte Zsolnay dem Autor mit, daß ca. 2 000 Restexemplare von der Bibliothek zeitgenössischer Werke übernommen worden wären. Nach der Novellensammlung Die Gewaltigen (1926), der Dichtung Kampf im Zwielicht (1928), dem ersten Teil einer Romantrilogie Zodiak (1930) erschien sein letztes Werk Das Licht der Welt (1932). Bis 1938 publizierte Eidlitz, der begann, sich intensiv mit der indischen Religion und Kultur zu befassen, nur noch zwei Reisebücher in einem kleinen Braunschweiger Verlag. Am 26. September erschien als 9. Verlagswerk ein Langzeit-Bestseller u.d.T. Pythagoras, eines der vielen Mathematikwerke des als Beamter des Bundesamts für Statistik tätigen Egmont Colerus. Als Felix Costa noch beim ILF-Verlag arbeitete, war er es, der die Verträge für die Bücher Colerus' aufgesetzt und unterzeichnet hatte. 5.9. Kritik an der »Ausländerei«. Claude Anets »Ariane« Doch erhoben sich bald Kritikerstimmen, die vom Verlagsprogramm weniger angetan waren. In den ersten vier Monaten (April-August) waren acht Bücher erschienen, davon die Hälfte ausländische Bücher in deutscher Übersetzung, zu viel für diejenigen, die von einem neuen deutschen Verlag anderes erwarteten. Die Unzufriedenheit im Buchhandel kommt in den Briefen zwischen dem Verlag und dem Übersetzer von Claude Anets Ariane, Georg Schwarz, zum Ausdruck. Hier wird auch die Politik des Verlags bei der Annahme von Manuskripten deutlich. Entweder bemühte er sich, mit einem Autor gleich einen General vertrag abzuschließen und unternahm Schritte, die allenfalls bei anderen Verlagen liegenden Rechte zu erwerben, oder die Wahl zwischen Annahme und Ablehnung auf Grund einer Erstvorlagepflicht fiel von Manuskript zu Manuskript. Von manchen Autoren wollte der Verlag von Haus aus einen General vertrag, von anderen wiederum nicht. Letzteres traf bei Claude Anet zu. Am 21. Mai 1924 wandte sich Schwarz an den Verlag unter Hinweis darauf, daß er das Übersetzungsrecht des Romans Ariane, jeune fille russe (1920) erworben hatte mit der Frage, »ob Sie prinzipiell für das Werk Interesse hätten und zu 43
Korrespondenz zwischen Eidlitz und dem Verlag ist verschollen. Lediglich in der Vertragsmappe finden sich Durchschläge einzelner Briefe des Verlags und die fünf Verlagsverträge.
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welchen Bedingungen Sie meine Übersetzung erwerben würden«.44 Kaum hatte der Verlag zugesagt, als Schwarz weitere Anet-Werke anbot. An dem Novellenband L'armour en Russie (1922) hatte der Verlag »kein Interesse«. Die Begründung: »Dieses Buch ist doch ein wenig unter dem Niveau, das wir einzuhalten uns bestreben. Was den zweiten Band »Notes sur Γ Armour« anlangt, ersuchen wir Sie das Buch ehestens zu lesen und uns Ihr Urteil darüber bekanntzugeben«, heißt es in einem Brief Costas an Schwarz vom 3. Juli 1924. Auch das Werk Quand la terre trembla (»Erdbeben«) wollte Costa erst kennenlernen. Mit der Übersetzung der Ariane war der Verlagsleiter nicht recht zufrieden und wies auf »eine Reihe von stilistischen Unebenheiten und überflüssigen Schwerfälligkeiten« hin.45 Aus Zeitgründen bat er Schwarz, Änderungen im Verlag vornehmen zu dürfen. Erst als Schwarz auf eine Entscheidung über den Roman »Erdbeben« drängte, fühlte sich Costa gezwungen, den Übersetzer über die Abneigung des deutschen Publikums gegen fremdsprachige, darunter auch oder gar vor allem französische Literatur, aufzuklären: Was den Roman »Erdbeben« anlangt, können wir uns heute unmöglich entscheiden. Denn abgesehen davon, ob uns das Werk gefallt oder nicht, müssen wir derzeit darauf Rücksicht nehmen, den deutschen Buchhandel, der uns unsere »Ausländerei« schon sehr verübelt, nicht weiter zu reizen. Erst dann, wenn wir eine Reihe neuer deutscher Bücher auf den Markt gebracht haben, können wir wieder daran denken, ein französisches Buch zu bringen. Selbstverständlich können wir Ihnen nicht zumuten darauf zu warten, da Sie selbst ja durch eine befristete Option gebunden sind. Wäre es nicht möglich, dass Ihnen Anet diese Option entsprechend verlängert? 46
Die großen deutschen Verlage hatten nach Ende des Weltkriegs begonnen, verstärkt ausländische Literatur zu verlegen. Rowohlt z.B. brachte 1924 Honore de Balzac groß auf den Markt und Kurt Wolff hatte von Beginn an tschechische und französische Literatur gefördert. In den ersten Nachkriegsjahren forcierte er vier große französische Romanciers (Guy de Maupassant, Emile Zola, Charles Louis Philippe, Romain Rolland).47 Wie Göbel (ebd.) konstatiert, war die Konkurrenz unter den Verlagen mit Übersetzungen ausländischer Literatur in diesen Jahren und hier wäre auch Th. Knaurs Nachf. zu nennen - allgemein groß und konkurrierende Parallelausgaben waren nicht selten (Zola, de Maupassant). Aber es machten sich nicht nur die deutschen Buchhändler, sondern auch die Verleger über die zunehmende Überfremdung des deutschen Büchermarktes Sorgen wie Gedanken. In einem Aufsatz im Almanach des S. Fischer Verlags im Jahre 1928 meinte Verlagslektor Oskar Loerke, der deutsche Markt wäre »mit fremder Theater- und besonders Erzählungsliteratur dermaßen überschwemmt, daß es unserer eigenen 44 45 46 47
G. Schwarz an Zsolnay Verlag, 21.5.1924, Ordner Anet. Felix Costa an Schwarz, 29.7.1924, ebd. Felix Costa an Schwarz, 8.8.1924, ebd. Göbel: Der Kurt Wolff Verlag, Sp. 896 ff.
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neuen Dichtung immer mühevoller werden muß, sich zu behaupten und nach der Kriegserschöpfung zu der erhofften Erholung zu gelangen«.48 Loerke wollte nicht dem Chauvinismus das Wort reden - und sein Verlag war ausländischer Literatur nicht abgeneigt (gewesen) - aber er sah den »hohen und humanen Begriff der Weltliteratur durch die spekulative Masseneinfuhr bedroht. Statt weltgültiger Kunst breitet sich Weltunterhaltung, Weltgeschwätz aus.« (ebd.) Mit seiner sorgsamen Auswahl etwa aus dem Romanangebot von Claude Anet und Colette, um nur zwei Autoren zu nennen, versuchte Felix Costa dieser Entwicklung auch im eigenen Interesse entgegenzusteuern. Der Grundsatz des Zsolnay Verlags war von dem des S. Fischer Verlags gar nicht so weit entfernt. Loerke hatte gemeint, es gehe darum, »möglichst nur solche Dichtungen des Auslandes vorzulegen, die nach menschlichem und künstlerischem Rang den guten Durchschnitt der deutschen Produktion überragen« (ebd.). Der Zsolnay Verlag wollte, wie es in einem Schreiben an John Galsworthy heißt, »the best literature of different nationalities« veröffentlichen. Zur »künstlerischen Mission« Zsolnays gehörte es, »wirklich bedeutende Werke der ausländischen Literatur«, Werke, deren Herausgabe »eine literarische Notwendigkeit« darstellten, vorzulegen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Verlag bloß 12 Titel auf den Markt gebracht, fünf davon Übersetzungen und davon drei französische Werke. Ariane erschien erst am 24. Oktober. Das äußere Aussehen des Verlags entsprach aber noch nicht jenem »Literaturministerium für Äußeres«, als das ihn ein Journalist etwa zwei Jahre später durchaus positiv beschrieb, 49 war aber in dieser Phase besonders auf die Gunst des Buchhandels angewiesen. Georg Schwarz zeigte volles Verständnis für die Unmöglichkeit des Verlags, sich wegen des Bandes »Erdbeben« festlegen zu können. Costas Begründung in einem Schreiben vom 21. August 1924 zeigt erneut, wie schwer es gewesen sein muß, französische Literatur in Deutschland durchzusetzen: Es war uns bis jetzt unmöglich das Buch eingehend zu lesen, auch sind wir derzeit nicht in der Lage, Ihnen das Datum bekanntgeben zu können, bis zu welchem ein Erscheinen möglich ist. Es hängt hierbei sehr viel von dem Weihnachtsgeschäft ab und davon, ob es uns gelingen wird, die Vorurteile Deutschlands gegen fremde, insbesondere gegen französische Romane, zu brechen. Wir werden jedenfalls die Sache im Auge behalten und diesbezüglich wieder an Sie herantreten, sobald wir den Roman neuerdings und eingehender geprüft haben.
Trotz wiederholter Angebote Schwarz' sollte Ariane das einzige Werk Anets bleiben, das Zsolnay in Verlag nahm. Dabei rentierte sich die geringe Investition des ersten Romans sehr bald.
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Zitiert nach de Mendelssohn: S. Fischer, S. 1128. Dr. Leopold Thaler: Besuch bei Verlegern: Paul von Zsolnay. In: Der Blaue Bücherkurier (Wien), XXXVII. Jg., Nr. 580, 1.5.1926, S. 5-6. Hier S. 5. Zuerst erschienen in: Prager Tagblatt, Nr. 80, 3.4.1926, Literarische Wochenbeilage des Prager Tagblatts, S. MI.
Nicht einmal zwei Jahre nach Erscheinen konnte bzw. wollte Zsolnay »aus propagandistischen Gründen« (Costa) das 50.Tsd. möglichst bald anzeigen können und griff - zum Unverständnis des Übersetzers - zu einer »immer geübte(n) Gepflogenheit erster Verlage«, wie ihm Costa am 12. August 1926 mitteilte, »die dem Autor keinen wie immer gearteten Nachteil bringt«. Der Verlag hatte nämlich die Überdruckexemplare (10% über die Auflage) in die Auflagenziffern miteingerechnet, was Schwarz zur Annahme verleitete, er würde um einen Teil seines Honorars gebracht. Dabei hatte sich der Verkauf der Ariane - er erreichte bis Anfang 1933 201 000, bis September 1956 gar 513 000 - derart entwickelt, daß die garantierte Mindestsumme im Sommer 1926 erreicht war. Die Gepflogenheit mit der erhöhten Auflage hat Zsolnay auch später mit Max Brod und Franz Werfel ebenfalls »aus propagandistischen Gründen« praktiziert. Mittlerweile hatte sich die Verlagsbuchhandlung C. Weller & Co. in Leipzig, die den von Zsolnay abgelehnten Roman über die Zeit der russischen Gegenrevolution Quand la terre trembla (»Erdbeben«) in der Übersetzung von Georg Schwarz mit einem Vorwort von Grete von Urbanitzky unter dem Titel Lydia Sergijewna 1925 auf den Markt brachte, zum Stammverlag Anets entwickelt. Im Dezember 1927 veranstaltete der Paul Zsolnay Verlag einen großen Empfang (Tee) für seinen Erfolgsautor und lud prominente Autoren und Wiener Literaturkritiker dazu ein. Es war dies Teil einer sehr gut geführten »p.r.-«Arbeit, die sich für den Verlag bezahlt machte. Am 8. Dezember hielt Anet im Großen Saal des Wiener Konzerthauses einen Vortrag zum Thema »Femmes Russes«. Auch in diesem Jahr begann der Verlag, seine Rückgabe des Optionsrechts auf die Werke Anets ein wenig zu bereuen. Im August 1929 schickte Georg Schwarz, dem an einer Weiterverbindung zum Zsolnay Verlag viel lag, einen neuen Roman Anets in deutscher Übersetzung. Der Titel: »Meyerling«. Felix Costa meinte, es wäre »eine ausserordentliche Genugtuung [...], wenn wir Sie hätten bitten können, uns den neuen Roman Claude Anets verbindlich anzubieten. Leider sehen wir aber in diesem Roman, dessen Qualitäten wir keineswegs unterschätzen, nicht die Möglichkeit, Sie zu bitten, die unterbrochene geschäftliche Verbindung zwischen Anet, Ihnen und uns neu aufzunehmen. Der Roman »Meyerling« - wenn wir uns einen freundschaftlichen Rat erlauben dürfen, legen wir Ihnen nahe, das Buch, wo immer es erscheint, unter einem anderen Titel erscheinen zu lassen - darf unserer Meinung nach aus stofflichen Gründen - diesem Stoff haftet irgendwie etwas Sensationelles an, wenn auch diese Sensation längst überholt ist, - von einem literarischen deutschen Verlag trotz der brillanten Darstellung nicht gebracht werden«. 50 Costa überlegte sich das Engagement des Verlags für Anet doch, als ihm im März 1930 bekannt wurde, daß der Weller Verlag eventuell bereit wäre, die bei ihm erschienenen Werke Anets an den Zsolnay Verlag abzugeben. Die vier Bände, um die es sich handelte, - Im Banne Asiens (10.Tsd.), Ende einer Welt (5.Tsd.), Russische Frauen (18.Tsd.) und Kleinstadt (10.Tsd.) - hatten sich ja im Vergleich 50
Felix Costa an Georg Schwarz, 28.8.1929, Ordner Anet.
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zu manchem Ladenhüter des Wiener Unternehmens gar nicht schlecht verkauft. Weiler verlegte außerdem eirt paar Titel (wie Zsolnay auch) von Colette und Henri Barbusse. Das Interesse Costas an dem »Anet Objekt« wurde allerdings durch einen wichtigen Umstand beeinträchtigt. Wie sich herausstellte, war der bei Weller erschienene Titel Lydia Sergijewna in der 1-Mark-Serie des Ullstein Verlags unter dem Titel Als die Erde bebte veröffentlicht worden, und eben dieses Werk wollte Costa in der »Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke« herausbringen. Die Übernahme war damit hinfällig, und einem Ankauf des ganzen Weller-Verlags wollte Costa »aus prinzipiellen, verlagstechnischen Gründen« nicht nähertreten. Das bedeutete aber nicht völliges Desinteresse am Verlagsobjekt Anet, denn Costa war gern bereit, einen »neuen« Roman des Autors zu lesen. Als erfolgloser Vermittler zwischen Zsolnay und Weller trat im übrigen ein alter Bekannter, der Agent Heinrich Manns, Lyonel Dunin, auf, der für den Zsolnay Verlag unter anderem noch zwei Romane von Henri Barbusse ins Deutsche übertrug: Erhebung (1930) und Zola. Der Roman seines Lebens (1932). Da Barbusse nach den Bücherverbrennungen des Frühjahrs 1933 auf dem Literaturmarkt in Deutschland unerwünscht war, mußte das am 13. Oktober 1932 letzterschienene Werk Barbusses (Auflage 5 000 Exemplare) schon Anfang Juni 1933 verramscht werden. Der Zsolnay Verlag hatte lediglich an Anets Roman Lydia Sergijewna unvermindertes Interesse, lehnte aber weitere Anbote des Weller-Verlags ab. Zu einer Aufnahme im Rahmen der BZW kam es letztlich nicht. Als im Juni 1929 von der Ariane eine wohlfeile Ausgabe veröffentlicht wurde, lag die Auflage bereits bei 100 000. Anläßlich der Verfilmung des Romans, die im Februar 1931 in den Kinos anlief, gab Zsolnay eine sehr preisgünstige Sonderausgabe (M 2,50) heraus. Auf dem neuen Umschlag war die Schauspielerin Elisabeth Bergner, die die Titelrolle spielte, abgebildet. Sechs Jahre nach dem Erscheinen des Werks erlebte der Verlag den wohl schnellsten Absatz eines Titels. In beiden Ausgaben legte man 1931 65 000 Exemplare auf. »Der Welt-Erfolg des Films 'Ariane', der mit dem Welterfolg des in unserem Verlag erschienenen Romanes in Zusammenhang steht,« schrieb Felix Costa im April 1931 an die Schauspielerin, »hat uns auf den Gedanken gebracht, Ihnen, hochverehrte gnädige Frau, einen neuen Vorschlag zu machen. In unserem Verlag ist der Roman 'Mitsou' von Colette erschienen, der gleich 'Ariane' einen ungewöhnlichen in weiteste Kreise dringenden Erfolg gehabt hat. Nun glauben wir, dass die Rolle der 'Mitsou', von Ihnen verkörpert, einem Tonfilm, der auf Grund dieses Romanes geschaffen wird, einen ganz ungeheuren Erfolg bringen könnte.«51 Costa hatte von Madame Colette bereits die Ermächtigung wegen der Tonfilmrechte an ihrem Roman zu verhandeln und schickte Frau Bergner das Buch zum Studium. Eine Antwort auf den Vorschlag Costas liegt nicht vor. Frau Bergner war Ende 1932 nach England emigriert, und »Mitsou« wurde erst 1956 in Frankreich verfilmt.
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Felix Costa an Elisabeth Bergner, 27.4.1931, Ordner Colette.
Die letzte Auflage (197.-201.Tsd.) kam am 19. Januar 1933 auf den Markt. Ariane war sowohl im Buchhandel als auch in den Leihbüchereien ungeheuer populär. Als das Buch, das schon so lang am Markt war, wie aus heiterem Himmel am 24. August 1933 von der Deutschen Zentralpolizeistelle zur Bekämpfung unzüchtiger Schriften (!) in Berlin beschlagnahmt wurde, 52 wußte man, daß etwas an der Sache faul war. Es lag die Vermutung nahe, daß diese Maßnahme erstens mit der jüdischen Abstammung der abgebildeten Schauspielerin und zweitens mit den neu beigefügten Illustrationen zusammenhing. 53 Die Begründung war allerdings die übliche: das Werk sei (nach neun Jahren) »geeignet, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu gefährden« ( § 7 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des deutschen Volkes vom 4.2.1933). Nur: die sachlichen Voraussetzungen gemäß § 7 lagen nach der höchstgerichtlichen Rechtssprechung keineswegs vor. Über die Schritte, die zu der außergewöhnlichen, wenn nicht: einmaligen Rücknahme einer solchen Beschlagnahme bzw. eines durch die Reichsschrifttumskammer ausgesprochenen Verbots führten, sollen an späterer Stelle in Detail berichtet werden. Mit der Veröffentlichung in den Jahren 1927 bis 1931 von insgesamt acht Werken der französischen Schriftstellerin Colette (1873-1954) konnte der Paul Zsolnay Verlag mit Ausnahme des bereits erwähnten Romans Mitsou nur einen sehr bescheidenen Erfolg erringen. Mit dem 1919 auf französisch erschienenen Roman feierte sie bei Zsolnay auch ihr Debüt. Am 29. April 1927 kam die erste Auflage von 10 000 Exemplaren auf den Markt. Vier Monate später folgten weitere 10 000 und im Februar 1928 erschien gar das 21.-30. Tsd. Im April 1933 wurde eine neue Ausgabe aufgelegt (5 000 Exemplare), doch wurde der Verlag vom Kommissionär in Leipzig später darüber informiert, daß mit 19. Juli 1936 das Buch in Deutschland nicht mehr vertrieben werden durfte. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg stellte sich der Erfolg mit diesem Werk richtig ein: Ende 1958 konnte der Verlag einschließlich aller Lizenzausgaben das 253. Tausend erreichen. Zsolnay wollte und konnte nicht alle Bücher von Colette verlegen. Mehrere Angebote lehnte er mit dem Hinweis ab, sie würden nicht auf der Verlagslinie liegen, andere waren auf Deutsch bei Kiepenheuer und bei Weller herausgekommen. Auf Mitsou folgten im September 1927 als 1.-15. Tsd. der Roman Renie Nere (La vagabonde, 1910), im September 1929 Mein Elternhaus (La maison de Claudine, 1922) in einer Erstauflage von 8 000, im März 1928 Die Fessel (L'Entrave, 1913) in einer Auflage von 15 000, der Roman Tagesanbruch (La naissance du jour, 1928) im November 1928 in einer Auflage von 10 000 und Die Andere (La seconde, 1929) bei zwei Auflagen im September und November 1930 in einer Höhe von insgesamt 10 000 Exemplaren. Mit der Titelwahl des nächsten Werkes, das im folgenden April erschien, nämlich Komödianten, provozierte der Verlag einen raren Brief der Autorin. Das autobiographische Werk L'Envers du music-hall war 1913 erschienen, und
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Die Bekanntgabe der Beschlagnahme erfolgte im Börsenblatt, Nr. 208 am 7.9.1933. Zum »Skandal«, den Bergners Abstammung auslöste, siehe u.a. Joseph Wulf: Theater und Film im Dritten Reich. Eine Dokumentation. Frankfurt-Berlin-Wien: Ullstein 1983, S. 305.
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der Verlag »übersetzte« den Titel mit Komödianten. Meine Gefährten und ich in einer Ausgabe, die in einer Auflage von 5 000 Exemplaren auf den Markt gebracht wurde. In einem handschriftlichen Brief, der vermutlich aus dem Mai 1931 stammt, schrieb Colette: »Qui diable a pu vous donner Γ idee d'appeler 'Comediens' un livre oü il n'y a meme pas la silhouette d'un seul comedien?«54 Also: was, zum Teufel, ist Ihnen eingefallen, ein Buch, in dem nicht der leiseste Schatten eines Komödianten vorkommt, Komödianten zu nennen? Wenn der Verlag wegen eines Titels verlegen war, hätte er doch die Autorin um ihre Meinung bitten können. Ein schlechter Titel, so Colette, entstelle immer ein Werk. Der Absatz auch des letzten Buches, Friede bei den Tieren (La paix chez les betes), das im November 1931 als 1.-5.Tsd. herauskam, ließ auch zu wünschen übrig. Bis auf Mitsou, das ohnehin ab 1936 nicht mehr verkauft werden durfte, wurden alle Bücher von Colette im Jänner 1933 verramscht. Einen größeren Erfolg mit dieser Autorin landete der Verlag erst nach dem Zweiten Weltkrieg.
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Colette an Mon eher Editeur, undatiert, Ordner Colette.
6. Exkurs. Der »Zeitkunst-Verlag«
Bereits im ersten Jahr 1924 gründete Paul Zsolnay einen zweiten Verlag, dessen Name auf einen Vorschlag des Musik- und Kunstschriftstellers Paul Stefan zurückging. Er hieß »Zeitkunst-Verlag«. Wann der Beschluß fiel, wissen wir nicht, jedenfalls bestand der neue Verlag in der zweiten Septemberhälfte dieses Jahres. Es dürfte so gewesen sein, daß Paul Zsolnay, der die Absicht hatte, auch zeitgenössische Kunst und Musik zu pflegen, sich nach möglichen Geschäftsverbindungen umsah. Sein literarischer Leiter Felix Costa war vom Konzern der Gesellschaft für graphische Industrie gekommen und konnte daher vermitteln. Potentielle Konkurrenten auf dem heimischen Markt in dieser Sparte waren zu diesem Zeitpunkt aus dem Rennen. Sie waren großteils Opfer der Bankenzusammenbrüche im Frühjahr, wie auch der eigenen Geschäftsführung. Paul Stefan hatte große Erfahrung mit Musikbüchern und hatte bereits eine breite Palette von Büchern über die österreichische, vor allem zeitgenössische Wiener Musikszene publiziert (Gustav Mahler, Richard Wagner, Wiener Opernspiel, Mozart), nicht zuletzt für E.P. Tals Reihe »Neue Musikbücher«. So war die Rikola Verlag A.G., die wie die Gesellschaft für graphische Industrie ebenfalls zum Vertikalkonzern des Bankiers Richard Kola gehörte, nicht mehr in der Lage, Kunstund Musikbücher zu verlegen. Sie war durch ihre ungehemmte Produktion und ihr durch eine Überzahl von Serien und Reihen zersplittertes Programm zu einer Fortsetzung nicht mehr fähig. Der »Literaria-Verlag« versuchte 1923 ebenfalls mit anspruchsvollen Kunstbüchern sein Glück, geriet aber in die gleichen finanziellen Schwierigkeiten. Der kleinere Individualverlag E.P. Tal & Co. hatte es auch - gemeinsam mit der Universal-Edition - mit Reihen für zeitgenössische Musik versucht, war aber im Grunde genommen zu kapitalschwach, um sich behaupten zu können. Wie die »Literaria« und der Rikola Verlag war auch die Wiener Literarische Anstalt, WILA, bereits auf dem Weg in den Konkurs.1 Für die WILA gab Paul Stefan die ehrgeizige Reihe Die Wiedergabe. Wiener Gegenwart und ihr Besitz heraus. Bis zum Frühjahr waren bereits 22 Bände dieser Serie erschienen, davon vier Werke, die er selber verfaßt hatte: Anna Bahr-Mildenburg, Die Wiener Oper, Mahler für jedermann und Hugo von Hofmannsthal. Stefan trat Anfang September an Paul Zsolnay mit dem Wunsch heran, ein Buch über Arnold Schönberg zu verlegen. Es ist durchaus möglich, daß das Buch für die Reihe »Die Wiedergabe« bestimmt war, aber dort nicht mehr erscheinen konnte. Zsolnay nahm das Manuskript an und machte es zum Grundstein des neuen Verlags. Am 24. September schreibt der Verleger an Paul Stefan: 1
Siehe Hall: Österreichische Verlagsgeschichte, Band II, S. 456-474. Hier S. 465ff.
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Sehr geehrter Herr Doktor! Unter Bezugnahme auf die zwischen uns stattgefundene Unterredung nehmen wir Ihr Einverständnis, dass Ihr Buch »Arnold Schönberg« in dem von uns neugegründeten Verlag, der - wir verdanken Ihnen den Titel - Zeitkunst-Verlag genannt sein wird, als erstes Buch erscheinen wird, mit Vergnügen zur Kenntnis. Wir hoffen, dass dieser neue Verlag, dessen administrative Arbeiten in der Gumpendorferstrasse von der Gesellschaft für Graphische Industrie durchgeführt werden werden, sich als lebensfähig erweisen wird. Der neue Z e i t k u n s t - V e r l a g übernimmt die zwischen Ihnen und dem Zsolnay Verlag getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Mit hochachtungsvoller Begrüssung2
Obwohl hier ausdrücklich von einem Verlag die Rede ist, war ein solcher Betrieb nicht handelsgerichtlich protokolliert. 3 Wie dem auch sei, kam der erste Titel, Paul Stefans Werk Arnold Schönberg. Wandlung-Legende-Erscheinung-Bedeutung, mit Impressum »Zeitkunst-Verlag Wien Berlin Leipzig« 1924 in den Handel. 4 Aber Mitte Dezember dieses Jahres scheint der neue »Verlag« nicht mehr so vorrangig in Zsolnays Planung gewesen zu sein. Nach dem Erscheinen seines Buchs bemühte sich Stefan um die Übernahme seines im Piper Verlag erschienenen Mahlerbuchs5 durch den Zsolnay Verlag, aber »nach reiflicher Überlegung« kam der Verlag zur Überzeugung, »dass es weder in Ihrem Interesse noch im Interesse unseres Verlages gelegen« sei, das Werk zu übernehmen. Der Grund: »Herr von Zsolnay ist der Ansicht, dass Ihr Buch im Piper Verlag den ehrenvollen Platz einnimmt, der ihm zukommt und dass der Zsolnay Verlag, der mit dem Programm bereits erworbener Bücher derart überlastet ist, dass er für eine geraume Zeit nicht in der Lage ist, ein neues Werk anzunehmen, Ihrem Buch nicht die individuelle Behandlung angedeihen lassen könnte, die mit eine Voraussetzung für den Erfolg des Werkes bedeutet.«6 Aber eine Biographie des 24-jährigen Franz Werfel war bereits in Planung, erfährt man im selben Brief an Stefan: »Auch an eine Fortsetzung der »Zeitkunst« Reihe denkt der Verlag derzeit nicht. Als nächstes Buch dieser Reihe kommt unbedingt erst das Buch über Werfel in Frage, diesbezüglich wir seit längerer Zeit in Unterhandlung stehen.«(ebd.) Gespräche wurden mit dem Schnitzler-Biographen Richard Specht, der Alma Mahler bei der Auswahl der Briefe Gustav Mahlers für 2 3
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Ordner Stefan. Es ist zudem fraglich, ob ein solcher Firmenname vom Handelsgericht genehmigt worden wäre, denn ein 1919 gegründetes Unternehmen trug bereits den Namen »Wiener Zeitkunst Ges.m.b.H.« (Reg. C 30, 144). Layout und Schriftart entsprechen den Titelseiten der übrigen Publikationen des Zsolnay Verlags in diesem Jahr. Für Details über dieses in Wien schwer auffindbare Werk bin ich Frau Dr. Sigrid Wiesmann, Internationale Schönberg-Gesellschaft, Mödling, sehr dankbar. Gustav Mahler. Eine Studie über Persönlichkeit und Werk. Neue, verm. und veränderte Ausgabe. München: R. Piper 1920. Felix Costa an Paul Stefan, 16.12.1924, Ordner Stefan.
den Zsolnay Verlag behilflich war,7 geführt, obwohl Specht erst im Sommer 1925 mit dem Autor ausdrücklich für die Biographie mit Werfel zusammenkam.8 Costa blieb bei seiner Ablehnung bezüglich des Mahlerbuchs, als er Stefan im folgenden Juli mitteilte, der Verlag wolle »aus prinzipiellen Gründen« einer Übernahme nicht nähertreten. Der Verlag sei bereits mehr Vereinbarungen eingegangen, als er zu dieser Zeit verkraften konnte. Daher reagierte Costa ablehnend (»derzeit aus rein technischen Gründen«), als Stefan »Das FrankreichBuch« vorschlug (16.7.1925): »Wir haben alle Mühe«, ließ ihn Costa wissen, »die vertraglichen Verpflichtungen, die wir bereits eingegangen sind einzuhalten und sehen uns infolge dessen dazu veranlasst für das nächste halbe Jahr keine neue Bindung einzugehen.«9 Welchen rechtlichen Status der Zeitkunst Verlag auch immer hatte, so war die Übernahme des Vertriebs des Schönberg-Buchs durch den Paul Zsolnay Verlag zu diesem Zeitpunkt »in die Wege geleitet« (ebd.) und würde in nächster Zeit vollzogen werden. Der Verlag oder die »Reihe« Zeitkunst schien damit endgültig ad acta gelegt worden zu sein, aber das war nicht der Fall. Anläßlich einer Besprechung Costas (über die er immer einen Aktenvermerk anlegte) mit dem Übersetzer und Literaturagenten Otto Mandl (H.G. Wells, Colette u.a.) im August 1928 lebte der Verlag plötzlich wieder auf. Obwohl das »Objekt« Wells im Mittelpunkt des Gesprächs stand, versuchte Mandl, wie es eben zu seinen Agenden gehörte, dem Verlag auch andere Autoren schmackhaft zu machen. Dazu zählte neben dem berühmten französischen Essayisten und Philosophen Alain10 auch eine unbekannte Lyrikerin namens Lonja von Holzing, die er Costa eindringlich ans Herz legte. Keine Seite vermochte den anderen zu überzeugen, und Costa blieb bei seiner Ablehnung, die Gedichte Frau von Holzings im Paul Zsolnay Verlag nicht erscheinen zu lassen. Er brachte daher eine Alternative ins Spiel. Nur war für Mandl »der Gedanke, die Gedichte im 'Zeit Kunstverlag' herauszubringen«, leider »nicht sonderlich sympathisch«.11 Der Verlag überlegte es sich dann doch: 1930 erschien ein Band von Lonja Stehelin-Holzing (1898-1964) mit dem Titel Gedichte. Zu den vorhin angesprochenen vertraglichen Verpflichtungen, die der Verlag eingegangen war, zählte der mit Paul Zsolnay offensichtlich persönlich näher befreundete Kunstschriftsteller Julius Meier-Graefe, mit dem schon seit Anfang 1924 Kontakt bestand. Meier-Graefes Arbeit für den Paul Zsolnay Verlag sollte lediglich ein kurzer Seitensprung weg von Piper und Rowohlt werden. Nach dem Essayband Die doppelte Kurve verpflichtete sich der Autor beim Zsolnay Verlag für zwei weitere Bücher, eines über Dostojewski und ein Reisebuch über den Orient und nahm 7 8
Vgl. Jungk: Franz Werfel, S. 145. Ebd., S. 165f. Das Werk erschien erst am 27. März 1926 u.d.T. Franz Werfel. Zeitspiegelung
Versuch
einer
(328 S.).
9
Costa an Paul Stefan, 16.7.1925, Ordner Stefan.
10
D.i. Emile Chartier. Von Alain erschien im November 1932 (Aufl. 2 000) bei Zsolnay das Werk Lebensalter und Anschauung.
11
Das Werk wurde Anfang 1934 in Berlin verramscht.
Protokoll der »Besprechung mit Direktor Otto Mandl vom 8. August 1928«, Ordner Colette.
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einen anständigen Vorschuß an. Meier-Graefe teilte dem Verlag allerdings 1925 mit, daß ein anderer Verlag - es handelte sich um Rowohlt - ihm ein höheres Honorar angeboten habe. Meier-Graefe kehrte zu Rowohlt zurück, wo beide Werke 1926 bzw. 1927 erschienen. 12 Paul Zsolnay war insofern nicht nachtragend, als er sich bereit erklärte, gemeinsam mit dem Piper Verlag und Rowohlt Verlag die Kosten für eine Festschrift für Meier-Graefe (Widmungen) zu teilen. Dem Zsolnay Verlag blieb es gegönnt, 1932 eine Lizenzausgabe des 1922 bei Piper erschienenen Vincent van Gogh. Roman eines Gottsuchers zu veranstalten.
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Dostojewski der Dichter (1926); Pyramide und Tempel (1927).
7. Der Kampf um Galsworthy
Das Dreigestirn der frühen Jahre und der Grundstein des Erfolgs waren Franz Werfel, Heinrich Mann - beide von Kurt Wolff geerbt - und John Galsworthy. Dieser war schon seit frühester Jugend mit Österreich persönlich verbunden. Über den Helden seiner Knabenjahre, den Tiroler »Freiheitshelden« Andreas Hofer, schrieb er gar mit sechs Jahren einen Aufsatz und für seine erste größere Erzählung Villa Rubeln (1910) wählte er ein südtirolerisches Lokalkolorit. 1909 war sein Streikdrama Kampf an der Wiener Volksbühne und vier Jahre später das Drama Justiz, zu dessen Premiere er nach Wien reiste, ebendort aufgeführt worden. In den 20er Jahren wurden weitere Stücke Galsworthys in Wien aufgeführt, sodaß seine Entscheidung für den Zsolnay Verlag so etwas wie eine Heimkehr war. Vor allem dieser Schriftsteller liefert ein anschauliches Beispiel nicht nur für die freundschaftlich-persönliche Einstellung des Verlags zu seinen Autoren, sondern auch für das, um die heutige Sprache zu gebrauchen, konsequente Marketing. Schon seit 1909 waren Werke Galsworthys neben den in der Tauchnitz Edition erschienenen englischen Originaltexten in deutscher Übersetzung auf dem Markt. Bis er erstmals 1924 von Zsolnay unter Vertrag genommen wurde und »seinen« deutschen Übersetzer und autorisierten Agenten Leon Schallt bekam, waren insgesamt 11 Werke des Autors - Theaterstücke wie Romane - in fünf verschiedenen Verlagen verstreut. 1 Den ersten Rang nahm Bruno Cassirer in Berlin mit fünf Titeln ein, 2 gefolgt von Oesterheld & Co. (3 Titel), Rikola Verlag (1 Titel), Rascher & Cie. (1 Titel) und Anzengruber-Verlag Brüder Suschitzky (1 Titel, 1916, von dem man erst später erfuhr, daß es sich um einen Raubdruck gehandelt hatte). Eines dieser Werke, das 1914 bei Oesterheld & Co. erschienene Drama in 4 Akten, Der Flüchtling (The Fugitive), wurde übrigens von dem erst zwanzigjährigen L. Leonhard = Leon Schallt ins Deutsche übertragen. Aber hier von einer konsequenten Pflege, von einem systematischen Bemühen, den Autor am deutschen Markt durchzusetzen, kann man nicht sprechen. Zur verlegerischen Strategie Zsolnays gehörte es, neben der »leidenschaftlichen Hingabe an das Werk«,
1
Streng genommen waren es 12. »Als Manuskript vervielfältigt« wurde 1909 das Werk
Kampf.
Schauspiel in drei Akten in der Übersetzung von Frank E. Washburn Freund von der Vertriebsstelle des Verbandes Deutscher Bühnenschriftsteller, Ges.m.b.H. Berlin aufgelegt. 2
Dazu Heinz Sarkowski: Bruno Cassirer. Ein deutscher Verlag 1898-1938. In: Imprimatur. Jahrbuch für Bücherfreunde.
Ein
Neue Folge VII. Hrsg. Heinz Sarkowski. Frankfurt am Main
1972, S. 107-131. Hier S. 123.
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»geschmackvolle und doch wirksame Propaganda zu betreiben«,3 was bislang kaum der Fall gewesen war. Wie bereits erwähnt, bestand der Kontakt zwischen Felix Costa und Leon Schallt seit dem Dezember 1923. Der Verlag bekundete »größtes Interesse daran, ein oder zwei Werke Galsworthys in unseren Initialreihen herauszugeben« und erhoffte sich »dadurch die Anbahnung einer dauernden Verbindung mit Galsworthy und Ihnen, sehr geehrter Herr Redakteur«.4 Da Romane zu diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung standen, kamen vorerst nur bereits übersetzte Werke und zwar Awakening, dt. Der kleine Jon ( = Auszug aus der Forsyte Saga) und ein Band mit den besten Novellen und Skizzen Galsworthys in Betracht. Mitte Januar 1924 erklärte sich der Verlag bereit, die Bücher »in würdiger Ausstattung erscheinen zu lassen« und erwarb zugleich die Rechte auf zehn Jahre. Der Novellenband, als dessen Titel Schallt »Der Menschenfischer« (Α Fisher of Men) vorschlug, kam am 21. Mai auf den Markt. Galsworthy schickte den ersten von ihm unterzeichneten Vertrag an den Verlag, wofür dieser sich bedankte und zum Grundsätzlichen folgendes in etwas holprigem Englisch hinzufugte: While thanking you we wish at the same time to express our great pleasure in having the opportunity of publishing the works of an author of so high a standing as you; you may be assured that we shall do all in our power to issue them in such a manner as will give you satisfaction in every sense of this expression. We hope that this, our first attempt, will prove the beginning of a closer and closer relationship between ourselves and you, dear Sir. We feel sure that there will be a large public eager to read and appreciate a German edition of all your works. [...] No doubt Mr. Schalit has informed you of our plans and ideals; it will always be our endeavour to publish the best literature of different nationalities. 5
Zahlungen an Galsworthy erfolgten auf Dollarbasis zum jeweiligen Tageskurs. Der Novellenband Der Menschenfischer war zwar in Relation zu anderen Verlagswerken ein Erfolg - bis Ende 1927 wurden in vier Auflagen 15 000 Exemplare ausgeliefert - aber nur nicht das verkaufsträchtigste Werk des britischen Autors. Auf den Menschenfischer folgten im November 1924 eine Ausgabe der Erzählung Der kleine Jon und einige Tage darauf das Drama Urwald (The Forest). Hinzu kam noch das Schauspiel Loyalität (Loyalties). Gegen Ende des Jahres hatte der junge Verlag also bereits 4 Werke von Galsworthy gedruckt - mehr als in den Jahren seit 1913 überhaupt, aber mit Bühnenwerken war, sofern man nicht auch die Bühnenrechte besaß und Aufführungen nicht erfolgten, kein Staat zu machen. Aus diesem
3
Zur Psychologie des Verlegererfolges. Von Paul Zsolnay. In: Der blaue Bücherkurier XXXIX.Jg., Nr. 594, 1.10.1928, S. 1-2. Abgedruckt in Hall: Österreichische
(Wien), Verlagsge-
schichte, Band II, S. 487f. 4
Costa an Schalit, 29.12.1923, Ordner Galsworthy. Von Schalit stammt eine eingehende Würdigung des Autors u.d.T. »John Galsworthy«, in: Der Kampf.
Sozialdemokratische
(Wien), 17. Bd., April 1924, S. 156-161. 5
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Paul Zsolnay Verlag an Galsworthy, 6.2.1924, Ordner Galsworthy.
Zeitschrift
Grund zögerte der Verlag, als Schallt das Stück Der Familienvater (A Family Man) druckreif anbot. Mit Hinweis darauf, daß »jede neue Annahme eines Werkes im Einvernehmen zwischen Herrn v. Zsolnay und mir erfolgt«, versuchte Costa Schallt das Werk wieder auszureden: Bereits 3 Dramen Galsworthys haben wir gedruckt und den Werken eine Ausstattung angedeihen lassen, die unbedingt als würdig zu bezeichnen ist, obwohl wir keinen Augenblick darüber im Zweifel waren, dass ein buchhändlerischer Erfolg mit Dramen, selbst wenn sie von Galsworthy sind, nicht zu erzielen ist. Ich glaube darüber ist kein weiteres Wort zu verlieren. Es wäre uns nun sehr erwünscht, wenn wir durch Ihre Vermittlung davon enthoben sein würden, in nächster Zeit weitere Dramen als Einzelausgaben zu bringen. Ich glaube, dass in Anbetracht des höheren Zweckes, den wir mit der Publizierung der Werke Galsworthys verfolgen, Galsworthy unseren Standpunkt verstehen und billigen wird. Wir haben schon oft darüber gesprochen, einen Dramenband Galsworthys herauszugeben. Ich bin der Ansicht, dass der Zeitpunkt hierzu bald gegeben sein wird. Z.B. im nächsten Herbst, nach dem Erfolg des »Patriziers«. Dieser Dramenband soll Loyalität, Urwald, Fenster und Familienvater enthalten und eventuell sogar, wenn es bezüglich des Umfangs durchzuführen ist, noch ein 5. Drama. »Familienvater« und eventuell das 5. Drama wollen wir als Einzelausgabe nicht veröffentlichen, sondern nur für den Dramenband erwerben. Der einzige stichhältige Einwand, der gemacht werden könnte, wäre, dass Sie, sehr geehrter Herr Schallt, und Galsworthy sagen könnten, dass Exemplare für den Bühnenvertrieb vorhanden sein sollen. Diesem Einwand möchte ich damit begegnen, dass auch bezüglich des Bühnenvertriebes zwischen Ihnen und unserem Verlag ein Übereinkommen getroffen werden soll. Ich glaube, dass es recht und billig wäre, wenn Sie uns eine Option auf den Bühnenvertrieb unter denselben Bedingungen, die Sie vom Verlag Pfeffer erhalten, einräumen würden. Die Herstellung, respektive Vervielfältigung der Bühnenexemplare wäre damit automatisch unsere und Felix Bloch's Erben Sache. Wenn wir also bezüglich des »Familienvaters« und eines eventuellen neuen Dramas Galsworthys und Ihre Zustimmung erhalten, wäre unser Plan derart, dass wir den »Patrizier« als Band I (ohne dass das Buch die Bezeichnung trägt) der ausgewählten Werke Galsworthys herausbringen, den »Menschenfischer« als Band II (die 1. Auflage dürfte bis dahin ja schon vergriffen sein) und als Band III den Dramenband mit den 5 Dramen. Auf diese Weise ist meiner Meinung nach den Interessen aller Beteiligten gedient. 6
Der Familienvater kam in einer Einzelausgabe erst im Dezember 1926 (Aufl. 3 000) auf den Markt. Bereits im ersten Jahr des Verlagslebens stand die allgemeine Linie bzw. die systematische Strategie mit den Werken Galsworthys fest, und diese gab dem Verlag rückblickend Recht. Der »höhere Zweck«, den Costa und Zsolnay mit der Publikation der Werke Galsworthys zu verfolgen vorgaben, kehrte einige Wochen später aus ähnlichem Anlaß wieder. Diesmal bot Schallt dem Verlag die Novelle »Abendglühen« an, doch mußte ihm Costa folgendes mitteilen:
6
Costa an Schallt, 8.11.1924, ebd.
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Ich habe Ihr freundliches Anbot genannter Novelle mit Herrn von Zsolnay eingehend besprochen, und Herr von Zsolnay und ich sind gemeinsam zu dem Resultat gekommen, das Ihnen mein heutiger Brief mitteilen soll. Im Interesse der von uns freiwillig und gerne übernommenen Mission, John Galsworthy, den verehrten Dichter, den Deutschen zu vermitteln, halten wir es nicht für angezeigt, stets Splitter seines Schaffens, mögen sie an sich auch sehr bedeutend sein, zu verlegen; sondern unsere Absicht geht dahin, im Rahmen der ausgewählten Werke alljährlich ein grosses Buch Galsworthys herauszubringen. Nach meiner verlegerischen Erfahrung halte ich dies für den einzig richtigen Weg, Galsworthy durchzusetzen und wirksam zu propagieren? Sowohl die Buchhändler, unsere Kunden, als auch das Publikum sehen aus dem Entschluss der Herausgabe Ausgewählter Werke den Ernst des Verlages und die Bedeutung, die dem Dichter zukommt. Ich bin der festen Überzeugung, dass Sie sich unserer Ansicht nicht verschliessen können, und bitte Sie recht sehr, John Galsworthy in diesem Sinne zu unterrichten. 8
Bei einem solch zukunftsträchtigen Verlagsobjekt war es nur verständlich, daß Costa nun auf den Abschluß eines Generalvertrags mit Galsworthy und Schallt pochte: »Obwohl unser bisheriges freundschaftliches Einvernehmen und Ihre uns oft gemachten Zusagen die Ausfertigung eines Generalvertrages zur Formsache machen, müssen wir dennoch, wenn wir uns auf ein so großes Objekt festlegen, auf eine vertragliche Unterlage Wert legen.«9 Ein solcher Vertrag kam nicht gleich zustande, aber der Verlag verfolgte in Vorbereitung darauf eine zweite strategische Linie, den sukzessiven Erwerb sämtlicher von Galsworthy an deutsche Verlage vergebenen Rechte. Das Handeln und Feilschen beanspruchte Monate und Jahre und glich nicht selten einem populären Gesellschaftsspiel, dessen Ziel darin besteht, Grundstücke, Häuser und Hotels zu erstehen und ganze Straßen zu besitzen. Die erste Initiative in dieser Richtung ging nicht vom Zsolnay Verlag, sondern von einem Mitbewerber, der Verlagsbuchhandlung Bruno Cassirer in Berlin, aus. Seit dem Jahr 1913 hatte Cassirer allerdings für Galsworthy keinen Finger mehr gerührt, ja alles, was bei ihm erschienen war - zwei Dramen und drei Romane waren längst vergriffen. Die ersten beiden Werke bei Zsolnay hatten ja nun das Verlagsobjekt Galsworthy aufgewertet, und das wußten die diversen Rechteinhaber, zu denen auch Bruno Cassirer gehörte. So langte am letzten Dezembertag 1924 ein Brief Cassirers bei Zsolnay ein, in dem jener eine unmittelbar bevorstehende Neuausgabe der drei vergriffenen Galsworthy-Romane ankündigte. Daß dies ein Bluff war, um den Pokereinsatz zu erhöhen, scheint - rückblickend - sehr wahrscheinlich zu sein, denn auffallend war, daß Cassirer für Galsworthy nunmehr 11 Jahre lang nichts getan hatte. Da Cassirer von den Plänen Zsolnays, weitere Werke Galsworthys herauszugeben, gehört hatte, erachtete es der Berliner Verleger für nötig, Zsolnay darüber zu informieren, daß ein Vertrag zwischen Galsworthy und ihm vorliege, der ihm ein Anrecht auf künftige Werke sichere und ferner für eine Ausgabe des Romans des Hochadels Oer Patrizier bereits einen Verlagsvertrag 7 8 9
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Hervorhebungen vom Verf. Costa an Schallt, 2.12.1924, Ordner Galsworthy. Ebd.
habe. Deshalb erschien es Cassirer »richtig, über die Galsworthy-Bücher bei Ihnen und bei mir eine gewisse Verständigung zu erzielen, damit unsere Pläne sich nicht kreuzen und gegenseitig hindern«.10 Der Zsolnay Verlag konterte, daß auch er bezüglich des Romans Der Patrizier sowohl mit dem Autor als auch mit seinem autorisierten Übersetzer Leon Schallt, »der das Verfugungsrecht über alle Übersetzungen Galsworthy scher Werke in deutscher Sprache in seiner Hand« vereinige, einen Vertrag abgeschlossen habe.11 Von diesem Werk liege bereits der größte Teil der Übersetzung druckfertig vor, und man wollte »in allernächster Zeit mit dem Satz beginnen« (ebd.). Alles weitere sollte in Berlin zwischen Costa und Cassirer mündlich besprochen werden. Cassirer mußte postwendend zugeben, daß sein Vertrag »allerdings noch aus der Vorkriegszeit« stamme,12 und beschloß, sich diesbezüglich mit Galsworthy in Verbindung zu setzen. Die Verschiebung der Entscheidung stimmte Costa zwar traurig, aber der Berliner Verlag mußte kurz darauf klein beigeben, nachdem Galsworthy ihm die kalte Schulter gezeigt und ihn über die neue rechtliche Lage aufgeklärt hatte. Der Vertrag aus der Vorkriegszeit war nicht zur Ausführung gelangt und somit ungültig. Der Patrizier kam am 1. Juli 1925 in einer Auflage von 5 000 Exemplaren auf den Markt und war bereits nach vier Monaten vergriffen. Im November 1925 (2. Aufl.) und Juni 1926 (3. Aufl.) wurden je 5 000 Exemplare ausgeliefert und im September 1927 waren es weitere 10 000. Gleich weitere 30 000 legte der Verlag im August 1930 in einer Ausgabe der Bibliothek zeitgenössischer Werke auf. Ein Teil davon wurde schließlich für die Galsworthy-Nobelpreis-Ausgabe beansprucht. So blieb Cassirer beim Poker mit Zsolnay nichts anderes über, als es mit einer anderen »Trumpfkarte« bzw. mit einem zweiten Bluff zu probieren: »Im übrigen«, schreibt der Berliner Verleger, »möchte ich höflichst darauf aufmerksam machen, dass ich einen Neudruck von zwei der bei mir erschienenen Romane bereits in Angriff genommen habe, dass ich aber evtl. bereit wäre, über die Freigabe des dritten bei Ihrem Hiersein mit Ihnen zu verhandeln.«13 Der Zsolnay Verlag ging auf die Anregung postwendend ein und ersuchte Cassirer, »uns, resp. dem Autor bekannt zu geben, um welches der drei Bücher es sich handelt und unter welchen Conditionen die Freigabe zu erwirken wäre« (21.1.1925). Cassirer pokerte weiter und erklärte sich »eventuell« bereit, seine Rechte am Roman Weltbrüder (1911) gegen eine einmalige Zahlung vom Μ 600 an Zsolnay zu übergeben, während Costa sich nach den Übernahmsbedingungen beim Roman Der reiche Mann (1910) erkundigte. Cassirer teilte nach Wien mit, daß er Der reiche Mann deshalb nicht freigeben könnte, »da ich gerade diesen in erster Linie neu zu drucken beabsichtige und schon alle Vorbereitungen dafür getroffen habe« (28.1.1925). Diese Taktik Cassirers war jedoch nur der Beginn eines Rückzugsgefechts, das er nurmehr ehrenvoll
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Cassirer an PZV, 31.12.1924, ebd. PZV an Bruno Cassirer, 7.1.1925, ebd. Cassirer an PZV, 10.1.1925., ebd. Cassirer an PZV, 19.1.1925, ebd.
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verlieren konnte, da der Paul Zsolnay Verlag in Wien die besseren vertragsrechtlichen Voraussetzungen hatte. Tage darauf beruft sich Costa auf einen »Generalvertrag« mit Galsworthy, auf Grund dessen »laut Rechtsgutachten unseres Syndikusses« dem Wiener Verlag das Recht zustehe, »sowohl 'Weltbrüder' als auch 'Der reiche Mann' im Rahmen unserer geplanten Gesamtausgabe, ohne eine Entschädigung an Sie, erscheinen zu lassen« (31.1.1925). »Wenn wir dennoch bereit sind die Rechte an beiden Romanen von Ihnen zu erwerben, liegt der Grund darin, dass uns ein Erscheinen beider Werke in zwei verschiedenen Verlagen als ein Schönheitsfehler erscheint.« Um die Verhandlungen »abzukürzen«, bot Costa dem Berliner Verlag eine Summe von RM 1 200 für beide Werke an. »Ein eventuelles Festhalten Ihrerseits am 'reichen Mann'«, teilte er Cassirer mit, »erscheint uns umsoweniger begründet, als dieses Werk ja einen Bruchteil der Forsytes (sic) Saga ist, deren übrige Teile, gemäss unseres Generalvertrages, wir bereits automatisch erworben haben«. Cassirer vertrat eine gegenteilige Rechtsmeinung, nämlich die, daß ihm »das alleinige Recht einer deutschen Ausgabe von den beiden fraglichen Romanen« zustehe. So müsse in Wien, heißt es, ein Irrtum vorliegen. Man einigte sich Anfang Februar 1925 darauf, daß beide Seiten Recht hätten: Cassirer stand das Recht zu, Einzelausgaben der genannten Werke zu veranstalten, Zsolnay das Recht, diese Werke in eine Gesamtausgabe aufzunehmen. Im Zweifelsfall müsse Cassirer den gegenteiligen Nachweis erbringen und er möge sich das letzte Anbot noch einmal überlegen. Die unterschiedlichen Rechtsauffassungen wurden hin- und hergereicht, wobei Cassirer sich nun auf das Urheber- und Verlagsrecht berief, das besagte, daß die Romane erst 20 Jahre nach dem Ersterscheinen der deutschen Ausgabe in eine Gesamtausgabe aufgenommen werden konnten. Mitte Februar kam es anläßlich eines Besuches einer Verlagsangestellten in Berlin zu einer grundsätzlichen Einigung. Cassirer erklärte sich bereit, seine Verlagsrechte auf fünf Werke (einschließlich des in Rede stehenden Werks) gegen eine einmalige Zahlung vom Μ 3 000 an Zsolnay zu übertragen. 14 Der Wiener Verlag erachtete das Anbot als übertrieben hoch. Wörtlich: »Dies scheint uns nicht gerechtfertigt. Es ist überflüssig zu betonen, dass die Buchausgabe von Dramen, die notabene in absehbarer Zeit nicht aufgeführt werden werden, ein unrentabler Verlagsartikel ist.« (19.2.25) Costa machte ein Gegenangebot, das auf GM 2 200 lautete. Cassirer verteidigte seinen Preis mit dem künftigen höheren Absatz des seiner Meinung nach »besten« Romans des Autors Der reiche Mann (The Man of Property), der im Dezember 1933 einen Auflagenstand von 88 000 hatte, woraufhin Costa mit dem Argument konterte, der Zsolnay Verlag möchte die ganze Forsyte Saga in einem Band bringen und könne mit dem »eventuellen Plus« beim Reichen Mann nicht viel anfangen. Am 2. März 1925 akzeptierte Cassirer schließlich Zsolnays letztes Angebot von GM 2 200.
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Es handelte sich um folgende Titel: Weltbrüder (Fraternity), Der reiche Mann (The Man of Property), Das Herrenhaus (The Country House), Justiz (Justice), Der Zigarettenkasten box). Zsolnay ließ Weltbrüder z.T. neu übersetzen.
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(The silver
Die erste »Schlacht« war gewonnen, der »Krieg« aber noch nicht. Das nächste Objekt, eine Kritik aller englischen Gesellschaftsschichten, The Island Pharisees (1913), war 1916 im Wiener Anzengruber-Verlag Brüder Suschitzky u.d.T. Auf Englands Pharisäerinsel herausgekommen. Der Anzengruber Verlag stellte sich nicht gegen eine Übernahme der Verlagsrechte und nahm schon im Mai 1925 mit Zsolnay Gespräche auf. Aber die Übernahme schien für Zsolnay nicht vordringlich zu sein. Denn es verstrichen Monate und Jahre, bis Suschitzky sich an Galsworthy persönlich wandte, um von ihm die Genehmigung zu einer Neuausgabe zu bekommen. Das im Verlagsarchiv erhaltene Schreiben nach England hatte folgenden, nicht uninteressanten Wortlaut: Betrifft: Ihr Werk: den 8. Oktober 1927 »Auf Englands Pharisäer-Insel« Herrn Schriftsteller John Galsworthy, London Verehrter Meister und GesinnungsfreundIm Jahre 1916 haben wir Ihr obiges Werk »Die Insel-Pharisäer« in deutscher Sprache herausgebracht, um den »Deutschen« gegen ihr häßliches »Gott strafe England« ihr eigenes Gesicht zu zeigen! Nachdem das Buch leider schlecht übersetzt-wenig Absatz fand und wir bei dieser Auflage viel Geld verloren, möchten wir jetzt dies Alles gutmachen und eine neue tadellose Ausgabe veranstalten! Wir bitten Sie, verehrter Meister, uns hierzu der Ordnung halber, Ihre Genehmigung zu erteilen. Wir danken Ihnen hierfür im Vorhinein bestens und wir empfehlen uns Ihnen in aufrichtiger Wertschätzung und mit herzlichen Gesinnungsgrüßen freundlichst [Unterschrift Suschitzky unleserlich]
Galsworthy war indigniert und teilte Suschitzky am 16. Oktober 1927 seine offene Meinung mit: I have received your letter which astonished me very much. I have always resented the issue of »Island Pharisees« without my permission during the war; and I should not dream of giving my permission to the firm that did such a thing, now. The rights of this book are in the hands of the Paul Zsolnay Verlag who will be careful to protect them. I am truly yours John Galsworthy 15 15
Abschrift im Ordner Galsworthy. Die Anzengruber-Ausgabe trägt den Untertitel »Roman aus dem Englischen«, ohne den Namen des Übersetzers zu nennen. In seinem Vorgehen gegen den Anzengruber-Verlag hatte Zsolnay die volle Unterstützung Galsworthys, wie aus einem Brief vom 24. Mai 1927 hervorgeht: »Dear Herr Zsolnay, I am aware that I have specially entrusted to you the publication of the 'The Island Pharisees' in Herr Schalit's new translation, and I shall be glad if you will take every measure necessary to ensure that this book, which was pirated during the war, (including legal proceedings if necessary) is not again issued or sold except in your edition. With very good wishes, I am Yours sincerely John Galsworthy.« Ordner Galsworthy.
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Suschitzky ließ nun einige Zeit verstreichen, aber mit dem Vorwurf einer unberechtigten Übersetzung konnte er sich nicht anfreunden. Ja, der Verlag glaubte nicht zu Unrecht, aus Galsworthys Zeilen »eine Verstimmung herauslesen zu müssen, was wir natürlich ausserordentlich bedauerten«.16 Was die Autorisation betrifft, berief sich Suschitzky auf einen Staatsvertrag vom April 1893, durch welchen das Urheberrechtsverhältnis zwischen England und Österreich geregelt wurde. Anzengruber plante (»sollte es die Publikumsnachfrage erlauben«) eine neue, durchgreifend revidierte Übersetzung und machte Galsworthy ein interessantes Angebot. Costa belehrte die Brüder Suschitzky, daß »Ihre juristische Argumentation« unrichtig wäre. »Massgebende Rechtsquelle ist das Berner Übereinkommen und der Friedensvertrag.« Costa, im Namen des Verlags, Übersetzers und Autors, verbat Anzengruber formell, eine 2. Auflage des gegenständlichen Romans zu veranstalten und drohte mit zivilrechtlichen Schritten, womit die Sache erledigt war.17 Der Roman erschien erst im März 1933 in einer Auflage von 5 000 Exemplaren u.d.T. Pharisäer im Rahmen der Gesammelten Werke und wurde nicht wieder aufgelegt. Weniger Schwierigkeiten bereitete die Übernahme der Bühnenwerke von Oesterheld & Co. in Berlin, der die meisten Bühnenrechte besaß. Im Juli 1925 übernahm Zsolnay die Buchverlags- und Bühnenvertriebsrechte von Oesterheld zum Preis von RM 1 400.18 Mit dem Rikola Verlag, der den Roman Die dunkle Blume (The Dark Flower) 1922 in Schalits Übersetzung herausgebracht hatte, war man im Mai 1925 rasch einig. Zsolnay übernahm die Rechte auf den späteren Bestseller zusammen mit den Restbeständen (1 100 Ex.) um Μ 1 200. Die Gesamtauflage bis Mai 1938 betrug 144 000 Exemplare. Es fehlte also nur noch ein einziges Werk, und zwar der Roman eines Frauenlebens, Jenseits (Beyond), das 1921 in der Übersetzung Hermynia Zur Mühlens im Zürcher Rascher & Cie. Verlag erschienen war. Diverse Motive der Marketingstrategie Zsolnays und Costas für den Aufbau Galsworthys am deutschen Markt gingen in den 1925 mit dem Autor und seinem Übersetzer vorläufig auf Dauer von fünf Jahren mit automatischer Verlängerung (»wenn der Paul Zsolnay Verlag allen seinen Verpflichtungen loyal nachkommt«) abgeschlossenen Generalvertrag ein. Schallt war verpflichtet, am 1.Januar jedes Jahrs dem Verlag ein Werk für das betreffende Jahr in Vorschlag zu bringen und mußte sich bereit erklären, nach Bedarf auch weitere Werke zur Verfügung zu stellen. Um Galsworthy am Markt zu festigen, verpflichtete sich der Verlag, jährlich mindestens einen Roman oder Novellenband sowie ab 1926 alljährlich zusätzlich je eines der übernommenen Werke herauszugeben. Aber nicht jedes Galswor-
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Anzengruber-Verlag an Galsworthy, 18.6.1929. Original ebd. Costa an die Buchhändler Brüder Suschitzky, 26.6.1929, ebd. Es handelte sich um folgende Werke: Der Menschenfreund (The Pigeon), Der Erbe (The Little Dream!), Der Flüchtling (The Fugitive), Mob, Bis aufs Messer (erschien erst 1934).
thy-Werk war für eine Übersetzung vorgesehen. Diese Strategie wurde vertraglich geregelt: § 9 Herr Leon Schallt verpflichtet sich diejenigen Werke Galsworthys, die sich für eine Übertragung in die deutsche Sprache und für einen deutschen Leserkreis weniger eignen vorerst zurückzustellen und erst dann in Vorschlag zu bringen, wenn das grosse Gesamtobjekt der deutschen Galsworthy-Ausgabe als gesichert zu betrachten ist und auch diese vorläufig zurückgestellten Werke als wertvolle Ergänzung des Gesamtschaffens Galsworthys angesehen werden werden.
Die Honorarbedingungen waren die üblichen für übersetzte Werke: 15% des broschierten Exemplars. Von diesem Honorar bekam der Übersetzer in der Regel 5%. Lediglich beim Monsterunternehmen Forsyte Saga ging man von diesem Prinzip ab: »Bezüglich des letztgenannten Werkes werden zwischen J.G. und L. Sch. einerseits und dem P. Zs andererseits in Anbetracht der Bedeutung des Werkes, der Schwierigkeiten der Publikation, und des grossen Kostenaufwandes wegen besondere Bedingungen vereinbart.« Vereinbarte Mindestauflagen waren für Romane 5 000 Exemplare, für Novellen 3 000, für Dramensammelbände 2 000 und Drameneinzelbände 1 000. Alle Auflagen wurden im vorhinein honoriert. Es mag sein, daß Galsworthy bei S. Fischer hätte landen können - diesem sollen die deutschen Rechte angeboten worden sein19 - aber er fühlte sich gleich vom Beginn weg bei Zsolnay wohl, wie er in einem Brief vom 16. Juli 1925 schreibt: Dear Herr Zsolnay Leon Schallt tells me of your kind wish to have a photograph of myself and I am delighted to send it with an expression of my great appreciation of your good will towards my work. It has been a great satisfaction to me to feel that I am now wholly (or nearly so) in the hands of a firm like yours. I only trust that I shall not disappoint you as an author. [...] John Galsworthy
Es war dem Verlag in hartnäckigen Verhandlungen gelungen, bis auf ein Werk sämtliche deutsche Rechte an Galsworthy zu erwerben. Und daß er mit dieser stolzen Feststellung Verhandlungen mit dem Rechteinhaber dieses einen Werks eröffnete, muß als taktischer Fehler gelten. »Das einzige noch fehlende Werk«, schreibt Costa an Rascher & Cie. in Zürich, »ist der Roman 'Jenseits' der in Ihrem Verlag erschienen ist. Wir erlauben uns, an Sie die höfliche Anfrage zu richten unter welchen Bedingungen Sie gewillt sind uns Ihre diesbezüglichen Rechte inklusive der eventuellen Restbestände zu überlassen.«20 Es kam, wie es kommen mußte: Rascher entdeckte die große Liebe zu Galsworthy und wollte »diesen Roman nicht gerade gern aus unsern Händen (geben), da wir ihn für einen der besten Romane Galsworthy's halten, der gerade in letzter Zeit, nachdem die Inflation auf-
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de Mendelssohn: S. Fischer, S, 1127. Im Archiv des Zsolnay-Verlags finden sich keine Hinweise in diese Richtung. Costa an Rascher, 30.10.1925, Ordner Galsworthy. Die Interpunktion wird hier wie in sonstigen zitierten Schreiben nicht verbessert.
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gehört hat & ein Absatz in Deutschland & Österreich wieder möglich ist, gern gekauft wird.«21 Der Roman Jenseits war 1921 in einer Auflage von 3 000 Exemplaren erschienen und vier Jahre später hatte Rascher nicht weniger als 2 222 Bände noch auf Lager!22 Den »Lagerhüter« wollte die Zürcher Firma erst recht nicht billig hergeben. Um die Rechte wurde nun drei Jahre lang gerungen. In den Briefen des Verlags nach Zürich wurde der von Rascher & Cie. geforderte Preis als »exorbitant hoch«, »ausserordentlich hoch« bezeichnet, Galsworthy und Schallt fanden die materiellen Forderungen »nicht acceptabel«, eine Ansicht, die der Wiener Verlag, ohne damit einen Eindruck zu machen, an Rascher weiterleitete. Rascher war nur bereit, den Preis für die Vorräte minimal zu senken und die von ihm festgesetzte Entschädigung Galsworthys dem Zsolnay Verlag aufzubürden. Schallt meinte, die Restbestände seien für Zsolnay »wertlos« und riet von einer Übernahme mit dem Hinweis ab, daß es sich zudem »um eine mangelhafte Übersetzung«23 handele: »Ferner ist der von Rascher genannte Betrag vollkommen ausgeschlossen. Dazu kommt, daß Mr. Galsworthy wünscht, daß die neue Auflage (also bei Ihnen) in der gekürzten Fassung erscheint.« (ebd.) Außerdem gehörte der Roman nach Ansicht Schälks, der das Oeuvre gut kannte, »nicht zu den wichtigsten Mr. Galsworthys (ein Grund mehr, keine so hohe Summe zu zahlen)«. Einige Tage später teilte Felix Costa dem Rascher Verlag mit: »John Galsworthy ist davon überzeugt, dass Sie, sehr geehrter Herr Kollege, dieser Übernahme keine Schwierigkeiten bereiten werden, umso mehr, als Sie seinerzeit den Roman 'Jenseits' unter aussergewöhnlich günstigen Bedingungen erworben haben und das Buch sich für Ihren Verlag bereits bezahlt gemacht haben dürfte. Wir erlauben uns hiezu zu bemerken, dass wir früher oder später den Roman 'Jenseits' in unsere Gesamtausgabe aufnehmen wollen und wir nicht die Absicht haben, die Restbestände, die wir von Ihnen eventuell erwerben, in den Handel zu bringen. Die Restvorräte, die wir also von Ihnen übernehmen, sind für uns völlig wertlos.«24 Rascher war wieder nicht beeindruckt und ging in einem Schreiben vom 6. März 1926 von seinem Standpunkt nicht ab: Sehr geehrter Herr Kollege, Sie werden sich als erfahrener Verleger wohl schon selbst gesagt haben, dass es ausgeschlossen ist, dass wir auf Ihre Bedingungen eingehen können. Was die »aussergewöhnlich günstigen« Bedingungen sind, unter denen wir den Roman erworben haben, so möchten wir vor allem darauf aufmerksam machen, dass uns der Roman zu einer Zeit angeboten wurde, da es ausgeschlossen war einen andern deutschen oder österreichischen Verleger zu finden. Ferner, dass der grösste Teil der bis jetzt verkauften Exemplare zu In-
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Rascher an Zsolnay, 2.11.1925, ebd. Nach einer Abschrift des Verlagsvertrags mit Rascher vom 6.9.1918 (ebd.) bekam der Schriftsteller ein Fixhonorar von 5% des Ladenpreises. Die Übersetzerin Hermynia Zur Mühlen erhielt ein einmaliges Honorar von Frs 500 und war somit ausbezahlt. Schallt an den Zsolnay Verlag, 4.3.1926, ebd. Felix Costa an Rascher & Cie., 4.3.1926, ebd.
flationspreisen verkauft wurden, sodass der Verlust bis heute noch bedeutend ist. Auch dürfen Sie nicht vergessen, dass das Werk nun übersetzt ist und wir den Übersetzer resp. die Übersetzerin bezahlt haben.
Zwei Vorschläge Raschers, die im materiellen Sinn nur eine minimale Konzession bedeuteten, stießen auf Ablehnung beim Wiener Verlag. Einen Abnehmer fand Rascher dann doch. Das Werk ging - ohne daß der Zsolnay Verlag überhaupt verständigt wurde - an Th. Knaurs Nachf. nach Berlin. Knaur verlegte das Buch 1927 in der Reihe »Romane der Weltliteratur« und verkaufte es zum Warenhauspreis von Μ 2,85. Es folgten bis in die 60er Jahre zahlreiche Lizenzausgaben in Buchgemeinschaften, nicht zuletzt im Wiener Gutenberg-Verlag. In einer Annonce des Verlags Th. Knaurs Nachf. im Börsenblatt im Juni 1927 erblickte der Zsolnay Verlag eine »schwere Schädigung«, zumal Knaur den Roman Jenseits als »Ein neuer Roman« angekündigt hatte. 25 Zsolnays Rechtsvertreter sah darin einen Verstoß gegen das Gesetz des unlauteren Wettbewerbs. Knaur erklärte sich bereit, diese Passage aus der Annonce zu entfernen, argumentierte aber - ob zu Recht oder Unrecht sei dahingestellt -, daß es sich um eine völlig neue Übersetzung handelte. Der Siegeszug Galsworthys auf dem deutschen Büchermarkt war freilich nicht allein auf die dichterische Qualität der Werke, sondern zum gleichen Teil auch auf die massive Werbung zurückzuführen. Die persönliche Betreuung und Förderung zählte ja zur Programmphilosophie des Zsolnay Verlags, 26 und hier ging es nicht nur darum, häufig an exponierter Stelle im Börsenblatt zu inserieren, sondern, nicht selten durch befreundete Autoren oder Kritiker begünstigt, Kontakte zu wichtigen meinungsbildenden Zeitungen und Zeitschriften sorgsam zu pflegen. In Wien hatte der Verlag zur Neuen Freien Presse ein besonderes Naheverhältnis, aber die Verbindungen zum Tag, zum Neuen Wiener Tagblatt, zum Neuen Wiener Journal und anderen Zeitungen waren ebenfalls eng. Dieser Umstand entging dem Kritiker Karl Kraus nicht: er prangerte gerade im Fall Zsolnay die Verbindung zwischen »deutsche(r) Literatur und Journalistik« als den »ebenso skrupellose(n) wie talentlose(n) Ausdruck von Konjunktur, Interesse, Spekulation, Ranküne, Petite, Bestemm und was es sonst an Begriffen unter Kaufleuten dieser Welt gibt«, an. 27 Hermann Broch setzte manchen Verkaufserfolg mit den »Beziehungen zur Presse«, die »von Zsolnay ausgezeichnet bearbeitet wird«, in einen kausalen Zusammenhang. 28 Anläßlich des 35-jährigen Verlagsjubiläums im Jahre 1958 be25 26
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Börsenblatt, 21.6.1927, S. 5787. »Eine ausgezeichnete und weitverzweigte Organisation des Vertriebs und ein Propaganda-Apparat, der es versteht, geschmackvolle und doch wirksame Propaganda zu betreiben.« Siehe Anm. 3. Die Fackel, XXXII. Jahr, Nr. 834-837, Mai 1930, S. 26. Bertold Hack und Marietta Kleiß (Hrsg.): Hermann Broch Daniel Brody. Briefwechsel 19301951. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 14 (1971/72), Sp. 1-1278. Hier Sp. 209. Im folgenden als Hack: Broch Brody-Briefwechsel abgekürzt.
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kannte sich Paul Zsolnay vor Vertretern der Wiener Tageszeitung Die Presse voll und ganz zu jenem besonderen Naheverhältnis in der Vergangenheit: Ich habe bereits den Vertretern der Presse den Dank des Verlages ausgesprochen. Dieser Dank wäre aber unvollständig, wenn ich nicht darauf hinweisen würde, dass die NEUE FREIE PRESSE, die damals die erste literarische Zeitung Österreichs war und die auch im Ausland das grösste Ansehen genossen hat, seit der Gründung des Verlages den Aufstieg des österreichischen Paul Zsolnay Verlages in nicht zu unterschätzender Weise gefördert hat. Damals war das Feuilleton der NEUEN FREIEN PRESSE oft ein literarisches Kunstwerk und oft hat es sich in dankenswerter Weise für Dichter und ihre Werke eingesetzt. Ich denke da an die Meister des Feuilletons, die dort ihre Essays erscheinen Hessen, an Stefan Zweig, Felix Saiten, Raoul Auernheimer und Oskar Maurus Fontana. 2 9
Die Tatsache, daß die Mitgliederliste des Wiener P.E.N.-Clubs, als dessen Förderer und Schatzmeister Paul Zsolnay und Felix Costa fungierten, auf weite Strecken mit einer Liste der Autoren des Zsolnay Verlags identisch ist, darf ebenfalls nicht unterschätzt werden. Aufwand für Propagandamaßnahmen war in der Verlagsbranche nicht etwas, was man gewöhnlich an die große Glocke hängte, wohl aber warb man mit dem eingetretenen Erfolg eines Werks. Zsolnay ließ sich den Galsworthy Erfolg etwas kosten. Um wieviel Geld es sich handelte, wurde erst 1929/30 anläßlich eines Streits um höhere Honorare preisgegeben. Vier Jahre nach Abschluß des Generalvertrags und weniger als ein Jahr vor der automatischen Verlängerung kam Galsworthy darauf, daß er nur am broschierten und nicht - wie bei den englischen und amerikanischen Ausgaben - am (teureren) gebundenen Exemplar beteiligt war. Und diese allgemeine Norm im deutschen Verlagsleben, zu der auch der Zsolnay Verlag gezwungen war, erschien ihm ungerecht. Schallt, der als Vermittler auftrat, hielt es für notwendig, Galsworthy vor Ablauf des Vertrages durch eine großzügige Geste zu zeigen, wie sehr man sich ihm verpflichtet fühlte. Diese Geste bestünde de facto in der Verdoppelung des Honorars von 10% auf 20% (bei Romanen ab dem 30.Tsd., bei Novellenbänden ab dem 15.Tsd.). Costa argumentierte, daß der gültige Vertrag, der sich bei einwandfrei loyaler Erfüllung automatisch erneuere, einzuhalten sei, so daß Galsworthy nicht ohne weiteres aussteigen konnte. Die Honorarsteigerung war keine geringe Forderung. Schalit betonte, Galsworthy stelle diese Forderung »nicht aus Geldgier« - er sei »ein unermesslich reicher Mann - , sondern lediglich aus der dem Engländer im allgemeinen eingeborenen Sucht, gerecht behandelt zu werden. Er meint, dass der Zsolnay Verlag aus der Publizierung seiner Werke enorme Profite ziehe und dass es ein Gebot der Dankbarkeit sei, sich auch ihm gegenüber erkenntlich zu zeigen.« Erst Wochen später fand eine Unterredung statt, bei der Costa versuchte, Schalit davon zu überzeugen, »dass von enormen Profiten des Verlages keine Rede sein« könne. Costa bemühte sich, »ein genaues Bild von den geschäftlichen Ergebnissen der Publizierung der Werke John Galsworthys« zu geben und ihm die Ziffern vertraulich mitzuteilen, »die die Propa29
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Verlagsarchiv. Mappe Zsolnay 35-jähriges Jubiläum [1958].
gandakosten für John Galsworthy darstellen«. In einem ausführlichen Schreiben an Leon Schallt vom 17. Dezember 1929 (das dann nicht abgesandt wurde) heißt es zum Thema Verlagskosten: Sie verlangen, sehr verehrter Herr Schallt, von mir Ziffern und Tatsachenmaterial, das ich Ihnen zur Verfügung zu stellen versprach. Ich gebe Ihnen diese Ziffern umso lieber, als sie ja gleichzeitig meine Hauptargumente sind. Erstens gegen den Vorwurf der enormen Profite und zweitens zur Erhärtung der Behauptung, dass unsere Propaganda-Tätigkeit für die Werke John Galsworthys eine ganz ungewöhnliche und ausserordentliche gewesen ist und ist, eine Propaganda, die unseres Wissens noch von keinem Verlag für keinen Autor je so fortgesetzt gemacht worden ist und weiter gemacht werden wird.- Die Durchsetzung John Galsworthys hatte somit zwei Ursachen. Erstens die ausserordentliche dichterische Kraft der Werke John Galsworthys und zweitens unsere besonders grosszügige und mit grossem Risiko verbundene Propaganda für den Dichter. Wir haben auf Grund dieser beiden Umstände einen ausserordentlichen Erfolg errungen und die Früchte dieses Erfolges sollten wohl beiden Teilen zufallen, was uns umso gerechter erscheint, als wir allein es waren, die das Risiko getragen haben. Wir können uns eigentlich nicht vorstellen, dass John Galsworthy nunmehr meint, dass diese Ausgaben gewissermassen erledigt seien und er Vertragsbedingungen erlangen sollte, wie er sie von einem Verlag verlangen könnte, der bisher für ihn keinen Finger gerührt hat und der an seiner Popularisierung in Deutschland nicht beteiligt ist und der auch demzufolge nicht genötigt ist, Propagandakosten durch den Verkauf der Werke John Galsworthys langsam wieder hereinzubringen. Sinn und Zweck des Generalvertrages war ja neben der Absicht, die Werke John Galsworthys in einer Hand zu konzentrieren auch der, dem Verlag zu ermöglichen, eine ausserordentliche Propaganda zu machen. Wir hofften damals, dass, falls diese Propaganda zum Ziel führen werde, die Kosten für diese Propaganda im Verlauf der Zeit wieder an den Verlag zurückfliessen würden. Die neuen Forderungen, die John Galsworthy und Sie an uns stellen, machen dies eigentlich unmöglich und wir sind überzeugt, dass es bei John Galsworthy nur Unkenntnis der wahren Sachlage und Unkenntnis der deutschen Verlagsverhältnisse ist, wenn er mit solchem Nachdruck die Erfüllung von Erwartungen, die den Vertrag verbessern, verlangt.
Costa kam nun endlich auf die Werbekosten konkret zu sprechen: Unter der selbstverständlichen Voraussetzung, dass die Ziffern, die ich Ihnen mitteile, als absolut vertraulich betrachtet werden, und ausser Ihnen und John Galsworthy niemand von ihnen Kenntnis erhalten wird, erkläre ich Ihnen, dass die Propagandakosten für die Werke Galsworthys nachweislich bis jetzt über 200.000 Schilling betragen. Die Honorare, die wir an John Galsworthy und an Sie zur Auszahlung gebracht haben, betragen über 400.000 Schilling. Die Propagandakosten sind demnach mehr als 50% der gezahlten Autorenhonorare. Also jedes der verkauften Bücher ist noch mit l l A% vom broschierten Ladenpreis nur für Propaganda belastet. Es bedarf wohl keines Beweises, dass zu allen anderen Lasten wie Herstellung, Generalspesen, Verkaufspesen, Verzinsung des Kapitals etc. das einzelne Buch eine solche Belastung nicht verträgt, sondern nur von dem Gesichtspunkt aus durchgeführt werden konnte, dass in vielen Jahren und bei einem durch diese Propaganda immer gesteigerten Erfolg die Überbelastung des einzelnen Buches sich wieder ausgleichen wird. Auf noch etwas möchte ich mit besonderem Gewicht hinweisen. Und zwar auf den Umstand, dass wir John Galsworthy vom ersten Tag der Verbindung mit ihm schon Höchsthonorare angeboten und gezahlt haben, Honorare, wie sie heute nur wenige ausländische Autoren in Deutsch-
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land haben, mit denen z.B. H.G. Wells, Theodore Dreiser, Martin du Gard, etc. vollkommen zufrieden sind. Diese Autoren erhalten dieses Höchsthonorar von uns, obwohl sie sich mit einem niedrigeren Prozentsatz ohneweiters begnügt hätten und begnügen würden.
Ironie der langen Rede Costas: die ursprüngliche Forderung Schalits bzw. Galsworthys wurde erfüllt, aber die Honorarerhöhung war auch mit Bedingungen verknüpft. Schallt und Galsworthy mußten sich zu einer Art »Stillhalteabkommen« verpflichten und bei der nächsten automatischen Vertragsverlängerung keine neuen Forderungen stellen. Sie mußten es dem Verlag auch ermöglichen, John Galsworthy »durch volkstümliche Ausgaben zu popularisieren«, d.h. Veröffentlichungen in der Bibliothek zeitgenössischer Werke und einem für diese Ausgabe »niedrigeren Honorar« ohne Verlust für den Verlag zuzustimmen. Es waren vor allem ausländische Autoren, die sich mit dem angebotenen Honorar für diese Ausgaben nicht zufrieden geben wollten, während deutsche Autoren von der Möglichkeit der »Popularisierung« über den niedrigen Ladenpreis sehr angetan waren. So wurde Galsworthys Tantieme generell von 15% auf 20% erhöht - für Romane ab 30 000, für alle anderen Werke ab 15 000 Exemplaren. Die neuen Bedingungen traten Anfang 1930 in Kraft. Nicht nachgeben konnte Costa bei der Forderung nach einem neuen Übereinkommen beim Verkauf ab 100 000 Exemplaren (z.B. bei der Forsyte Saga), weil, so wurde argumentiert, die Herstellungskosten sich nicht senken würden. Konkret: »Hier sei uns gestattet zu sagen, dass, seit wir die Ehre haben, John Galsworthys Werke herausgeben zu dürfen, sich die Kosten für Papier, Bindearbeit, Satz, Druck und Plattenguss ununterbrochen und sehr wesentlich in Österreich und in Deutschland erhöht haben und die Kosten der Betriebsführung sich desgleichen durch die ständig anwachsende Teuerung gesteigert haben« (Costa an Schallt, 17.12.1929). Aber die Zugeständnisse des Verlags bedeuteten trotz allem »eine ausserordentliche Anspannung«. Als eine Komponente der Zsolnay-Werbung für seine Autoren galten »Tees« und Empfänge - nicht selten im Rahmen einer Wiener P.E.N.-Veranstaltung, zu der die wichtigsten Vertreter der Lokalpresse geladen waren. Das führte naturgemäß zu wohlwollenden Berichten in den Tageszeitungen und trug zur »Imagewerbung« bei. Gelegentlich waren solche Empfänge für einen Autor mit einem Vortrag und/oder einer Lesung verbunden. Im Fall Galsworthys fehlte es in Wien keineswegs an öffentlicher Anerkennung: so veranstalteten der österreichische Bundespräsident Michael Hainisch und der Wiener Bürgermeister Karl Seitz Empfänge zu Ehren des berühmten Engländers. Im Juni 1929 führte der Internationale P.E.N.-Kongreß dessen Präsidenten Galsworthy nach Wien, und kurz vor Beginn des Kongresses gab es einen vom P.E.N.-Club veranstalteten Galsworthy-Abend im Großen Musikvereinssaal. Ein Besuch auf dem Gut seines Verlegers in Oberufer ergänzte den Aufenthalt in Österreich. Aber auch Galsworthys Dramen fanden auf Wiener Bühnen eine gefällige Aufnahme. So wurden Feuer unter der Regie von Raoul Asian im Akademietheater, Flucht im Deutschen Volkstheater und Sensation in der »Komödie« aufgeführt, aber 86
der größte Wiener Theatererfolg des Engländers, der wohl auch zur Popularität seiner Prosa beitrug, war Gesellschaft am Josefstädter Theater unter der Regie von Max Reinhardt (Premiere: 8.4.1925). Das Werk brachte es auf mehr als 150 Aufführungen. Von der Bühnenausgabe legte Zsolnay ansehnliche 3 900 Exemplare auf. Vortragstourneen Galsworthys wurden vom Verlag in Wien generalstabsmäßig und propagandistisch vorbereitet. Wie jede andere noch so freundschaftliche Beziehung zwischen Autor und Verleger war die zwischen Galsworthy und Zsolnay auch nicht immer friktionsfrei, wobei sich der Schriftsteller beim Verlag immer wieder für die Ausstattung seiner Bücher wie für die Betreuung seines Werkes in deutscher Sprache herzlich bedankte. Wenn es zu Spannungen kam - und die ernsthaftesten kamen aus ganz anderen Gründen nach 1933 (Stichwort: Devisenknappheit) - dann ging es wie meist ums Geld, konkret um die prozentuelle Beteiligung an Sonderausgaben. So legte sich der Autor Ende 1931 gegen eine weitere Verbilligung seiner Werke quer. Aus den Angaben in der »Herstellkartei« geht hervor, daß zwischen 1924 und 1938 (bzw. bis zu den letzten Auflagen vor Kriegsende) knapp 1,4 Millionen Bände von Galsworthy-Titeln aufgelegt wurden. Den bei weitem größten Erfolg mit einem einzelnen Werk erzielte der Zsolnay Verlag mit der umfangreichen (914 S.) Forsyte Saga, die in mehreren Ausgaben in den Handel gelangte. Die letzte Drucklegung vor Kriegsende - die 4. Auflage der Nobelpreisausgabe - war im Dezember 1938 das 191.-196.Tsd. Der Roman In Fesseln ( = Teil der Forsyte Saga) brachte es auf 88 000, vom Roman Das Herrenhaus (The Country House) verkaufte der Verlag im November und Dezember 1927 innerhalb von vier Wochen nicht weniger als 30 000 Exemplare (Gesamtauflage: 46.Tsd.). Der Roman Ein Heiliger (Saint's Progress) brachte es auf 45 000, Der weiße Affe (The White Monkey), Schwanengesang (Swansong) und Der silberne Löffel {The Silver Spoon) auf je 50 000, die Meisternovellen auf 68 000, Der reiche Mann (The Man of Property) und Zu vermieten (To Let = Teil der Forsyte Saga) auf 88 000, Der Patrizier (The Patrician) auf 60 000. Innerhalb von vier Wochen legte der Verlag den am 15. November 1934 erschienenen Roman Die Freelands (The Freelands) 12 000 mal auf. 1938 kam es laut Herstellkartei zu Neuauflagen von fünf Galsworthy-Titeln: Die dunkle Blume (Mai), Die Fehde (Dezember), Forsyte Saga (Dezember), Das Herrenhaus (Dezember) und Moderne Komödie (Jänner). Danach, das heißt bis April 1945, wurde von Galsworthy nichts mehr aufgelegt. Nach dem Krieg schössen die Galsworthy-Auflagen wieder in die Höhe. Die Entwicklung wurde durch die besonders hohe Anzahl von Lizenzausgaben in allen möglichen Buchgemeinschaften sehr gefördert. Die Popularität Galsworthys machte dessen Bücher zu einem interessanten Verlagsobjekt für die Buchgemeinschaften, und der Autor war genauso an einer sol-
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chen zusätzlichen Verbreitungsmöglichkeit und Einnahmequelle interessiert.30 Mit dem Angebot des Verkaufsschlagers Foryste Saga, die weltweit bereits eine Million Mal aufgelegt worden war, in einer besonders preiswerten Ausgabe an ihre Mitglieder erhoffte sich die Deutsche Buchgemeinschaft im Jahre 1930 eine Ankurbelung des Geschäfts. Im März vereinbarte die DBG mit dem Wiener Verlag eine Lizenzgebühr auf der Basis einer garantierten Auflage von 160 000 Exemplaren in der Höhe von Μ 60 000, von denen Galsworthy Μ 20 000 und Zsolnay Μ 40 000 (zahlbar in vier Raten) erhielten. Der Zsolnay Verlag verpflichtete sich, die fünf in der DBG-Ausgabe enthaltenen Bände unter ihren einzelnen Titeln zu vertreiben und auf Vertragsdauer von fünf Jahren nicht als Forsyte Saga zu verkaufen. 31 Als die Ausgabe im September fertig gedruckt war und angekündigt wurde - sie wurde selbstredend als Aufhänger benützt, um neue Clubmitglieder zu gewinnen - brach eine Revolte im Buchhandel aus, die in der Drohung gipfelte, die gesamte Produktion des Zsolnay Verlags zu boykottieren. Das Verlagswerk kostete Μ 14 in Halbleinen und Μ 16 in Ganzleinen, aber von der DBG bekam man es für 6 Mark. Im Herbst trafen beim Verlag in Berlin und Wien haufenweise Beschwerdebriefe von erbosten Buchhändlern aus dem ganzen Reich ein, die von Kunden erzählten, die das »teure« Exemplar in die Buchhandlung mit dem Hinweis zurückbrachten, daß die Foryste Saga von der Buchgemeinschaft um weniger als die Hälfte zu haben wäre. Die Sortimenter, die Zsolnay vorwarfen, ihnen »in den Rücken zu fallen«, waren auch mehr oder weniger gezwungen, die verkauften Bände wieder zurückzunehmen. Die Argumente Zsolnays, das Angebot sei »zeitlich begrenzt« (es waren immerhin fünf Jahre!) und »nur für Mitglieder«, konnten die erhitzten Gemüter dennoch nicht beruhigen. Die ganze Angelegenheit, urteilte ein Buchhändler aus Nürnberg, »ist für uns ein neuer Beweis, daß die Interessen des Sortiments auch von Ihnen nicht in genügendem Maße wahrgenommen werden«. Es handele sich um eine finanzielle und moralische Schädigung des Sortiments. Fazit desselben Buchhändlers: »Letzten Endes graben Sie als Verleger, wenn Sie uns schädigen, sich ja auch selbst die Grube!« »Es war uns selbst,« teilt Felix Costa diesem und einem anderen aufgebrachten Buchhändler in Rostock am 20.9.1930 mit, »eine nicht angenehme Überraschung, dass die Deutsche Buchgemeinschaft bei ihrer Werbung um neue Mitglieder gerade das Erscheinen der Forsyte Saga benützt, aber wir haben kein Mittel, dagegen aufzutreten. Die Tatsache selbst, dass wir der Deutschen Buchgemeinschaft die Forsyte Saga zu drucken gestattet haben, können wir nicht in Abrede stellen«, heißt es weiter. »Wir konnten den Wunsch Galsworthys, der alle prominenten deutschen Autoren wie Thomas Mann, Wassermann, etc. in der Buchgemeinschaft sah,
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Siehe den Brief des Autors an Paul Zsolnay vom 8. Mai 1931: »May I take this opportunity of thanking you for the agreement you generously made with the Deutsche Buchgemeinschaft; which is, I think, all to the good of our mutual interests in the long run.« Ordner Galsworthy.
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Laut Abschrift des Vertrags vom 21.3.1930 (ebd.). Der Vertrag wurde zunächst bis Ende 1938 und dann auf weitere drei Jahre verlängert.
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keinen Widerstand entgegensetzen, umso mehr als John Galsworthy sehr richtig argumentierte, indem er uns erklärte, dass unsere Ausgabe des zweiten des Forsyte Saga Zyklus' sowohl in den Einzelbänden als auch in dem Dünndruckband der 'Modernen Komödie' sehr dadurch gefördert werden, wenn so und soviele tausend Menschen, die einer Buchgemeinschaft angehören, den ersten Teil des Forsyte Saga Zyklus' kennen gelernt haben. Diesem Argument und der Ansicht des Dichters, dass ein Steigen seiner Popularität in Deutschland von dieser Ausgabe, die in weiteste Kreise dringe, sich ergeben werde, konnten wir uns beim besten Willen nicht verschliessen.« Diese Argumente blieben im Buchhändlergilde-Blatt nicht unwidersprochen. 32 Egal wie vergrämt das Sortiment war, blieb Galsworthy auch weiterhin das Zugpferd des Verlags. So war die Verleihung des Nobel Preises für Literatur im Jahr 1932 ein verlegerischer Glücksfall, wie der Zsolnay Verlag überhaupt das Glück hatte, Werke von insgesamt vier Nobelpreisträgern im Programm zu haben. Die Veranstaltung einer »Nobelpreis-Ausgabe« der Galsworthy-Werke mit dazugehörigem Sonderprospekt ließ nicht lang auf sich warten. Aber im Rennen um die werbemäßige Ausschlachtung der Preisverleihung landete der »Galsworthy-Verleger«, der Paul Zsolnay Verlag, auf dem dritten und letzten Platz. Bereits am zweiten Tag nach dem Bericht aus Stockholm hatte der Knaur-Verlag in Berlin geschaltet und auf zwei gegenüberliegenden Seiten des Börsenblatts vom 12. November in großen Lettern sein einziges Verlagswerk von Galsworthy, Jenseits, plakatiert. Dieser »Roman einer Leidenschaft«, der seit 1921 bereits in fünf verschiedenen Ausgaben auf den Markt geworfen worden war, darunter in zwei Buchgemeinschaftsausgaben, wurde von Knaur als »Das am meisten gekaufte Werk des großen Dichters« gepriesen und als »schöner Ganzleinen-Geschenkband« zu einem unschlagbar niedrigen Preis von Μ 2,85 feilgeboten. Dieser Band mit einem Umfang von 383 Seiten wurde auch noch in Halbleder-Luxus zu Μ 3,75 und Ganzleder-Luxus zu Μ 4,80 verkauft. 33 In der darauffolgenden Nummer des Börsenblatts schlug nun der Reclam Verlag zu. Zufällig hatte er Monate zuvor einen Lizenzvertrag für eine Ausgabe der Erzählungen Die Ersten und die Letzten mit Zsolnay abgeschlossen und nun bot sich die Möglichkeit, auf den fahrenden Werbezug aufzuspringen: »Das einzige Werk Galsworthys in dieser Preislage wird sich in diesen Tagen vom Stapel verkaufen lassen.«34 In derselben Nummer brachte der Zsolnay Verlag eine dezente doppelseitige Anzeige über den »Nobelpreisträger 1932« und am nächsten Tag sparte Knaur in seiner Werbung nicht mit den Superlativen: »Die Verleihung des Nobelpreises an JOHN GALS32
Lizenzausgaben außerhalb des Buchhandels. In: Buchhändlergilde-Blatt,
Nr. 11, 20.11.1930,
S. 142. Ein Aufklärungsbrief des Verlags wird mit einem längeren Kommentar hier abgedruckt. Darin heißt es u.a.: »Die Entschuldigungen Zsolnays für das Manöver, das er mit seinem besten Verlagswerk gemacht hat, sind im höchsten Maße anfechtbar und geben nicht den geringsten Anlaß, mit dem schärfsten Tadel zurückzuhalten.« 33
Börsenblatt,
34
Nr. 266, 14.11.32, S. 5245.
Nr. 265, 12.11.1932, S. 5210-5211.
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WORTHY wird die Nachfrage nach seinem gängigsten und beliebtesten Roman JENSEITS ROMAN EINER LEIDENSCHAFT ins Ungemessene steigern. [...] Von diesem herrlichen Buch [...], das von allen Werken Gals worthy s in deutscher Sprache die höchste Auflage hat, werden Sie täglich viele Partien verkaufen.« 35 Mit dem »von uns geschaffenen Preis« (Knaur-Propaganda) der Knaur-Ausgabe konnte Zsolnay freilich nicht mithalten; seine Bände - drei »Meisterromane« in der Bibliothek zeitgenössischer Werke - kosteten je Band in Ganzleinen RM 3,60. Um wieder das Werbe-Heft in die Hand zu nehmen, kaufte der Zsolnay Verlag 9 ganze Seiten in vier aufeinander folgenden Ausgaben des Börsenblatts und warb großflächig für seinen Nobelpreisträger und dessen Werke. Damit die Anzeigen ja auffielen, wählte man eine weiße Schrift auf einem ganzseitigen karminroten Hintergrund. Auch nach dem Tod des Engländers am 31. Januar 1933 war die Nachfrage unvermindert stark. Von Problemen wirtschaftlicher und vertraglicher Natur, die sogar zu einem Manuskriptlieferstopp führten, wird noch die Rede sein. Die Rechte auf die Werke Gals worthy s blieben beim Zsolnay Verlag, und dieser nahm sogar die Witwe Galsworthys, Ada, unter Vertrag und verlegte ihr kleines Buch The Dear Dogs u.d.T. Die lieben Hunde 1936 in einer Übersetzung des unermüdlichen Leon Schallt. 36 Der Übersetzer hatte seine Karriere als Schriftsteller wegen seines Einsatzes für das Werk Galsworthys - und man muß sich einmal die enorme Seitenzahl vor Augen führen - praktisch aufgegeben. Neben dieser Tätigkeit hatte er im Zsolnay Verlag das Werk John Galsworthy. Der Mensch und sein Werk (1928; 477 S.) und 1932 den Roman Narrenparadies (486 S.) veröffentlicht. Nicht erschienen ist ein 1932 entstandener Roman Pallawatsch. In den 20er Jahren verfaßte Schallt außerdem eine Reihe von Theaterstücken, die sich z.B. mit der Journalistenzunft seiner Zeit aber auch mit der jüdischen Geschichte befaßten und vermutlich nie gedruckt wurden. 37 Angebote, wie etwa 1942 von Seiten der Zürcher Rascher & Cie., die Rechte Galsworthys abzutreten, lehnte der Verlag dankend ab.
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Nr. 267, 15.11.32, S. 5312-5313. Im Juni 1939 hat Ada Galsworthy eine Bürgschaft (affidavit) für Leon Schallt geleistet, und genau am 29. Juni meldete er sich zusammen mit seiner zweiten Frau, Frau Maria (geb. Suchy, 27.5.1909-Mai 1989) von Wien nach London ab. In erster Ehe, von der vier Kinder stammten, war Schallt mit Susanne Jaeck (geb. 1892) verheiratet. Für Zsolnay war Susanne Schallt zeitweise als Übersetzerin tätig. Während seines Aufenthalts in England war Schallt häufig krank und konnte daher keiner geregelten Arbeit nachgehen. Er bekam Unterstützungen von der Witwe Galsworthys. Sie befinden sich in Form von z.T. handschriftlich korrigierten Typoskripten in seinem Nachlaß (Privatbesitz London). Um die jüdische Geschichte handelt z.B. die undatierte »Tragödie in fünf Aufzügen« Der Abtrünnige. Schallt war mosaischer Konfession und hat nicht konvertiert, ähnlich wie sein Bruder, der Komponist Heinrich Schallt, der in die USA emigrierte.
8. Das Erbe Kurt Wolffs
8.1. Der »abgeworbene« Schwierige. Heinrich Mann Die Feststellung Wolfram Göbels, daß Heinrich Mann seinen Verleger nach kaufmännischem Kalkül wählte, gilt ganz besonders für seine Geschäftsverbindung mit dem Paul Zsolnay Verlag. 1 Das deutet aber angesichts der Korrespondenz nur unzureichend an, wie Mann die Gutmütigkeit, Langmut und das Entgegenkommen seines Vertragspartners in Wien sehr zu seinem Vorteil ausnützte. Manns Sicherheitsbedürfnis war besonders stark ausgeprägt. Ja, wenn der Verlag mehr Autoren wie Heinrich Mann unter Vertrag gehabt hätte, wäre er über kurz oder lang unweigerlich in Konkurs gegangen. Denn Costa und Zsolnay haben im Umgang mit Mann in der Regel wider jede kaufmännische Vernunft gehandelt. Zu dieser außergewöhnlichen Autor - Verleger-Beziehung gehörte es, daß Paul Zsolnay angehalten wurde, für eine in einem anderen Verlag herausgebrachte Konkurrenzausgabe eines Zsolnay-Werkes von Mann finanziell zu haften. Als es im Laufe des Jahres 1929 zu einem ernsthaften Zerwürfnis zwischen Mann und dem Verlag kam und der Autor in der Folge mit diesem nur mehr über einen bevollmächtigten Vertreter verkehrte, hatte der in Permanenz ausgehandelte »Generalvertrag« aus der Sicht Manns bestenfalls den Charakter von unverbindlichen Richtlinien, die zum Nachteil des Verlags ausgebaut wurden. W i e aus Briefen Manns an Arthur Schnitzler (4.10.1923) 2 und Richard Coudenhove-Kalergi (21.11.1923) hervorgeht, war sein Verhältnis zu Kurt W o l f f auf der Höhe der Inflation im Herbst 1923 zerrüttet gewesen, und er erwog eine Klage gegen seinen Münchner Verleger. Die Erträge aus Manns Büchern hatten mit der Geldentwertung nicht Schritt gehalten, und daher strebte der Autor eine sogenannte Valorisierung an. Bis Heinrich Mann 1916 mit dem Kurt W o l f f Verlag einen Generalvertrag, der ihm auch eine Monatsrente sicherte, abschloß, hatte er bereits mit diversen Verlagen reiche Erfahrung gesammelt. Seine Werke waren im Dr. E. Albert & Co. Verlag, im Verlag von Robert Baum, im Wiener Verlag, im Piper Verlag, bei Albert Langen, im Insel Verlag und bei Paul Cassirer erschienen. So war es verständlich, zumindest aus der Sicht des Jahres 1916, daß Mann sich »sehnlich« wünschte, »endlich Alles in einem Verlag zu vereinigen«. 3 Von dieser Haltung ging
1
Göbel: Der Kurt Wolff Verlag, Sp. 744.
2
Heinrich
Mann 1871-1950.
Werk und Leben in Dokumenten
und Bildern.
Berlin-Weimar 1971,
S. 197. 3
Heinrich Mann an Kurt W o l f f , Brief vom 28.3.1916, K W B , S. 225.
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er allerdings in den 20er Jahren ab. Er wollte einerseits die größtmögliche finanzielle Sicherheit, die ihm ein Generalvertrag und eine Monatsrente bieten konnten, andererseits aber die Freiheit, das eine oder andere Werk in einem anderen Verlag, wo er sich von Fall zu Fall einen größeren Erfolg versprach, herauszubringen. All das verlangte einen besonders verständnisvollen Verleger, und er hieß Paul Zsolnay. In der Geschichte dieses Verlags kommt es eher selten vor, daß Autoren über Verträge derart hartnäckig verhandelten - selbst diejenigen, die von einem Agenten vertreten waren - wie Heinrich Mann. Die endlos langen brieflichen Auseinandersetzungen, die auf persönliche Abmachungen und ruhelose Nächte folgten, zeigen deutlich, daß das »gebrannte Kind« nicht wieder übervorteilt werden und Freiheiten wie Sicherheiten genau verbrieft haben wollte. Nach der langen Inflation konnte man ihm das kaum verübeln. »Verlagen« als Geschäftsunternehmen vertraute er nicht mehr, sondern nur »Persönlichkeiten«, die sich ihm gegenüber persönlich haftbar erklären mußten. Schon bevor im Juni 1925 ein Generalvertrag zustandekam, sicherte sich Mann, wie aus der von dieser Zeit spärlich erhaltenen Korrespondenz hervorgeht, im Hinblick auf den künftigen Abschluß eine Monatsrente. 4 Spätestens ab Juli 1924 erhielt er regelmäßig bis März 1925 auf Grund eines vorliegenden Vertrags für den Roman Der Kopf eine »Monatsrate« von Goldmark 833 als Vorauszahlung für das erste Werk, ein Betrag, der ihm je nach Aufenthaltsort in Österr. Kronen oder in italienischen Lira ausbezahlt wurde. Wenn diese Überweisung nicht rechtzeitig eintraf, waren sowohl Autor als auch Verlag darüber »untröstlich«. Als erstes Werk ging der Roman Der Kopf in Satz, noch bevor das Manuskript vollständig vorlag. Als Tantieme für die erste Auflage von 15 000 Exemplaren erhielt Mann Mk 1,50 pro Band. Anfang Februar 1925 stellte der Verlag die Summe von GM 5 000 »außerhalb der bisherigen vertraglichen Verpflichtung der Vorauszahlung, in der Weise zur Verfügung, dass obgenannte Summe vom 1. März bis 1. Juli in monatlichen Teilbeträgen von Mk. 1000.- zur Auszahlung gelangen (sie)«.5 Ein Teil dieses Betrags war für einen Novellenband, »den Heinrich Mann dem Verlag bindend zusagt« (ebd.). Für diesen Band stand Mann ein Honorar von 4
An dieser Stelle möchte ich dem Heinrich Mann-Archiv an der Akademie der Künste (Ostberlin) für die Übersendung von Kopien der im Nachlaß erhaltenen Korrespondenz zwischen Heinrich Mann und dem Zsolnay Verlag herzlich danken. Das erste Schreiben - an den in Bad Gastein weilenden Autor - ist mit 23. Juli 1924 datiert. Da die Korrespondenz-Ordner »Heinrich Mann« im März 1938 von der Gestapo beschlagnahmt und nicht zurückgegeben wurden, fehlt heute ein großer Teil des Briefwechsels im Verlagsarchiv. Im Bestand »Verträge« hat sich dennoch und glücklicherweise die leider auch nicht vollständige Korrespondenz der Jahre 1925 bis 1933 erhalten. Briefe von Heinrich Mann liegen nur für die Jahre 1925 und 1926 vor, während Briefe an den Autor bis Ende 1932 vorhanden sind. Außerdem gibt es einen kleinen Briefbestand von Manns aus Wien gebürtigem Agenten Lyonel Dunin für die Jahre 1929 bis 1933. Keiner der Mann-Briefe findet sich zugleich als Durchschlag oder Original in beiden Archiven.
5
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Zsolnay Verlag an Heinrich Mann (Nice), 2.2.1925, Vertragsmappe Mann.
20% auf Dollarbasis zu. Der Verlag war optimistisch, das erste Mann-Werk im Programm durchsetzen zu können: Die Herstellungsarbeiten an Ihrem Roman schreiten rasch vorwärts, die Druckerei bemüht sich sehr termingemäss fertig zu werden. Gestatten Sie es uns, dass wir es wieder betonen, wie wir uns freuen das Erscheinen Ihres Romanes in greifbarer Nähe zu haben und wie wir alles daran setzen werden Ihnen und uns den grossen Erfolg zu verschaffen, (ebd.)
Offen blieb noch die Übernahme der im Besitze des Kurt Wolff Verlags befindlichen Verlagsrechte an Heinrich Mann. Federführend bei den im Juni 1925 stattfindenden Verhandlungen war Georg Heinrich Meyer. Dieser machte dem Zsolnay Verlag ein »Anerbieten«, das zwei Alternativen umfaßte: Wolff erklärte sich bereit, die in seinem Besitz befindlichen Verlagsrechte für eine Gegenleistung von RM 18 000 bzw. sowohl diese Rechte als auch die Bestände an Werken Heinrich Manns zusammen für eine Gegenleistung von RM 30 000 (18 000 + 12 000) an Zsolnay zu übertragen. Laut einer »Übersicht der Heinrich Mann-Werke des Kurt Wolff Verlages« von Mitte Juli 1925 waren nicht weniger als 61 270 Exemplare der Werke Manns, die vielfach schwer abzusetzen waren, auf diversen Lagern. 6 Der Zsolnay Verlag optierte für die zweite Möglichkeit in der Zuversicht, ein solides Verlagsobjekt zu erwerben, und nun galt es, im Einvernehmen mit dem Autor eine vertragliche Regelung über die Kostenaufteilung zu finden. Der Verlag gewährte Mann rückwirkend ab 1. August 1924 einen monatlichen Vorschuß von RM 1 500 und sicherte ihm als Tantieme das übliche Höchsthonorar von 20% des Ladenpreises zu. Diese Guthaben aus dem Verkaufserlös sollten in erster Linie dazu dienen, die Vorschußmonatsraten zurückzuzahlen. Komplizierter war die Frage der Amortisation der für Manns Verlagsrechte von Zsolnay an Wolff gezahlten RM 18 000. Zur Abdeckung dieser Summe erhielt der Verlag das Recht, einen honorarfreien Zuschlag von 50 Pfg. auf das broschierte Exemplar zu schlagen. In dem von Heinrich Mann ursprünglich unterzeichneten Vertrag mit dem Zsolnay Verlag vom 20. Juni 1925 - man hatte sich in Salzburg getroffen - verpflichtete sich der Autor, dem Zsolnay Verlag für die Dauer des Vertrags sämtliche neue Werke zum Tantiemensatz von 20% anzubieten. Wie bei anderen »großen« Autoren gab es vereinbarte Mindestauflagen: Romane: 10 000, Novellen/Essayband: 5 000, Dramen: 2 000. Um die RM 18 000 zu amortisieren, sollte jede Auflage zur Hälfte im voraus honoriert werden (»jedenfalls aber mit der Summe von RMk 6000 im voraus«) und zwar bis der Betrag auf einen Rest von RM 3 000 nicht amortisiert war. (Dieser Zustand ist nie eingetreten!) Die von Wolff übernommenen Verlagsrechte blieben solange bei Zsolnay, als dieser bei Bedarf Neuauflagen lieferte, andernfalls fielen die Rechte nach Beendigung der Amortisation an Mann zurück. Die von Kurt Wolff übernommenen Restbestände über 61 000 Bände - waren, und das machte das Geschäft letztendlich so katastro6
Kurt Wolff Verlag an den Paul Zsolnay Verlag, Schreiben vom 15.7.1925, Vertragsmappe Mann.
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phal, auf drei Jahre nach Vertragsabschluß für den Verkauf gesperrt und durften innerhalb dieser Frist nur mit Einwilligung Manns in den Handel gebracht werden. Erst nach drei Jahren also stand dem Verlag das Recht des Verkaufes frei, jedoch war Mann berechtigt, die Restbestände abzukaufen. Zudem verpflichtete sich Zsolnay, »noch im Verlaufe des Jahres 1925 die ersten 8 Bände unserer Gesamtausgabe von Heinrich Mann, Auswahl in Ihrem Einverständnis, herauszugeben«. 1925 erschienen insgesamt zehn Werke Manns, darunter die genannte, ausnehmend schön ausgestattete Gesamtausgabe, und 16 weitere Werke, von denen bereits die Hälfte ausländische Literatur war. Manns Roman Der Kopf war schon am 7. April, acht Bände am 19. November 7 und Der Untertan. Roman des Bürgertums eine Woche später erschienen. Die Auflage (Neuauflage) betrug 5 000 Exemplare, aber wie Göbel mit Recht schreibt, waren, zumindest was diese alten Werke betrifft, der Höhepunkt des Mannschen Erfolgs und somit die Verkäuflichkeit dieser Werke bereits überschritten.8 Die meisten Bände der Gesammelten Werke waren in Auflagen von knapp unter oder über 50 000 am Markt und hatten wohl das Maximum an Erfolg schon erreicht. Diese Feststellung kann man auch anhand der Angaben in der Herstellkartei untermauern, und ohne Manns Bedeutung schmälern zu wollen, muß festgestellt werden, daß der gefeierte Schriftsteller wohl zum Renomee des jungen Verlags beitrug, aber für diesen ein völliges Verlustgeschäft war. Von den acht Bänden der Gesammelten Werke, bei Zsolnay 1925 erschienen, ergab sich in den folgenden acht Jahren in keinem einzigen Fall die Notwendigkeit, eine Neuauflage zu veranstalten. Im Gegenteil: Anfang Januar 1933 wurden sämtliche Restbestände (konkrete Zahlen liegen nicht vor) neben anderen Werken Manns an Josef Singer nach Berlin verramscht. Selbst das erste Originalwerk, der Roman Der Kopf, dürfte trotz der Erstauflage von 10 000 kein besonderer Erfolg gewesen sein. 9 Im März 1933 wurden 6 026 Exemplare dieser Auflage von der Bibliothek zeitgenössischer Werke übernommen, was darauf hindeutet, daß innerhalb von acht Jahren weniger als 10 000 Exemplare abgesetzt werden konnten. Der vorhingenannte, am 20. Juni 1925 zwischen Mann und dem Verlag abgeschlossene Generalvertrag beunruhigte den Schriftsteller sehr, so sehr, daß er am nächsten Tag aus Bad Gastein nach Wien schrieb und mit den Worten eröffnete: »Im Vertrag ist nun doch ein Irrthum geschehen, wie es bei der eiligen Unterschrift kaum anders zu erwarten war.«10 Einem Passus - dem über die Amortisierung der Zahlungen - hätte er voreilig zugestimmt. Er sei zwar dafür gewesen, daß der 7
Gesammelte Werke in Einzelausgaben: Im Schlaraffenland; der Herzogin
von Afy (Diana, Minerva,
Die Göttinnen oder die drei Romane
Venus); Die Jagd nach Liebe-, Zwischen den Rassen·,
Professor Unrat; Die kleine Stadt. Jeder Band kostete Μ 6 Halbleinen, Μ 7 Ganzleinen und Μ 10 Halbleder. 8
Göbel: Der Kurt Wolff Verlag, Sp. 744.
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Ebd., Sp. 744. Auf der betreffenden Karte der Herstellkartei wird vermerkt »(16.- 23.Tsd.)«. Heinrich Mann, Hotel de l'Europe, Bad Gastein, an Herrn Paul Zsolnay Verlag, 21.6.1925,
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Vertragsmappe Mann.
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Zsolnay Verlag ihm für die alten Werke solange nichts mehr zahle, bis alle Vorschüsse ausgeglichen wären, seine Absicht sei es aber nicht gewesen, nach Ablauf der drei Jahre mit seinen neuen Werken zu haften. Als der Vertrag diktirt wurde, kam ich nicht zum Bewusstsein, die Tragweite dieses Satzes »und honoriren jede dieser Auflagen mit der Hälfte voraus« etc. Später war ich schon zu abgespannt und in zu grosser Hast vor der Abreise, um noch etwas zu bemerken. Es schien mir, n o t w e n dig, abzuschliessen. (ebd.)
Vor den möglichen Folgen dieser Vereinbarung - wenn sie unverändert bliebe hatte er große Angst, denn wenn die RM 18 000 nach drei Jahren nicht amortisiert wären, bekäme er neue Auflagen und neue Werke nur halb honoriert: Vielleicht habe ich in jenem vierten Jahr kein neues Werk und nur eine einzige Neuauflage, die mir mit 6000 Mk honorirt wird laut Vertrag. Dies wäre dann meine gesamte Jahreseinnahme. Sie sehen selbst, dass ein Ergebniss eintritt, das Sie nicht gewollt haben können und an das ich nicht gedacht haben kann, (ebd.)
Mann bat den Verlag, diesen Punkt dahingehend zu berichtigen, »dass ich nach 3 Jahren, wenn die 18 000 nicht amortisirt sind, zwar für die alten Werke solange nichts mehr, für Neuauflagen und neue Werke dagegen das volle Honorar bekommen soll«. Abschließend drückt Mann wieder seine volle Nervosität aus: Gestern glaubte ich schon fast, die Unruhe sei überstanden. Heute beim Erwachen sprang mir aus dem Gedächtniss diese gefahrliche, unter Umständen lebensgefährliche Stelle des Vertrags entgegen. Sie sehen, einzig meine Müdigkeit hat verschuldet, dass ich sie gestern stehen liess. Sie befreien mich hoffentlich sogleich von der neuen Unruhe. Telegraphiren Sie, bitte, vorerst, dass die endgiltige Fassung des Vertrages diese Änderung enthalten wird, (ebd.)
Costa kam Manns Wunsch telegraphisch nach: »Heinrich Mann Badgastein Hotel Europe Mit im Brief vom 21. Juni gewünschten Zusatz einverstanden. Costa Zsolnayverlag I. Teinfaltstr. 3«. Kaum war der gewünschte Zusatz versprochen, als der Autor von neuen Vertragszweifeln geplagt war. In seinem langen Brief an den Verlag vom 23. Juni ist Mann noch nervöser als zuvor und darüber beunruhigt, daß er auf Vertragsdauer a) seine neuen Werke dem Zsolnay Verlag für 20% Tantieme überlassen müsse und b) ihm die Möglichkeit genommen würde, neue Werke auch in anderen Verlagen veröffentlichen zu lassen, was er als Einschränkung seiner künstlerischen Freiheit betrachtet. Als Beispiel für diese Freiheit zitiert er den Fall S. Fischer-Arthur Schnitzler, einen Fall, mit dem auch der Wiener Verlag vertraut war: Jetzt bleiben mir noch Zweifel in einem anderen Punkt. Ich bin, solange die vertraglichen Abmachungen gelten, verpflichtet, Ihnen neue Werke für 20% Tantieme zu überlassen. Dies gilt, nach meiner inneren, während unserer Verhandlungen wohl nicht ausgesprochenen Absicht nur
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solange, als meine garantirten Vorschüsse noch nicht abgetragen sind oder die 18000 Mk als Preis der Rechte noch nicht amortisirt sind. Nachher bin ich schuldenfrei, - was sich nach meiner tiefsten Überzeugung auch darin ausdrücken muss, dass meine neuen Werke frei sind. Sie behalten die alten, solange Sie neue Auflagen drucken, dies habe ich zugestanden. Für die neuen habe ich es nicht ausdrücklich zugestanden, was nun doch vielleicht drinsteht. Beim Diktiren, besonders wenn man nicht selbst diktirt, rutschen die Absichten aus und man bemerkt es nicht. Bedenken Sie, bitte: wenn ich, solange ich lebe und arbeite, alles demselben Verlag, und zwar für 20% bei Vorauszahlung begrenzter Auflagen, überlassen müsste: welche unvorhergesehene Chance bliebe mir noch im Leben? So stand ich nicht einmal bei Wolff. Es wäre auch für Sie nicht gut. Ein in einem anderen Verlag erschienenes Buch kann den Erfolg der Gesamtproduktion des Autors neu anregen. So Schnitzler bei Ihnen. Hätte Fischer ihn gebunden, so wäre der Erfolg von »Fräulein Else« unmöglich gewesen. - Überdies können einst mehr als 20% erzielbar oder sogar üblich geworden sein. Auch kann ein Verleger geneigt sein, mir 100 000 Mk auf einmal hinzulegen. Genug - geben Sie Gedankenfreiheit!
Mann zog nun seinen Anwalt als Berater hinzu und schrieb den ganzen Generalvertrag neu, da er über den Abschluß »noch nicht zur Freude gekommen« (Costa) war. Das stark ausgeprägte Sicherheitsbedürfnis Manns kommt auch in einem Begleitschreiben zu seiner Neufassung des Vertrags deutlich zum Ausdruck: Ich bin mit allen greifbaren Wirkungen unseres Vertrages einverstanden, sonst hätte ich ihn nicht unterschrieben. Nur die entfernteren, mir gefährlichen Möglichkeiten, die er enthält, machen mir zu schaffen. Diese waren in der Eile des Abschlusses noch nicht zu erfassen. Wir hatten uns stundenlang müde verhandelt über die Art der Amortisation; da wurde dann über die Frage der Verlagsrechte im letzten Augenblick, in der Druckerei und angesichts der Schreibmaschine, irgend eine Abmachung getroffen. Diese Abmachung über die Verlagsrechte ist ungenügend. Ich hatte schon bald den Verdacht, und mein Anwalt, mit dem ich inzwischen den Vertrag durchnahm, bestätigt mir, dass mir im Ernstfall diese Formulirung nichts nützen würde und dass ich thatsächlich ohne Recht wäre. 11
Mann befürchtete, daß ihm »im schlimmsten Fall [...] alles, was ich bei Wolff erlebt habe, nochmals widerfahren könnte«. Die Stelle im Vertrag verhindere es nicht. Er erzählt von der leidvollen Erfahrung mit Kurt Wolff: Im übrigen aber läge alles so, dass mir - im schlimmsten Fall und wenn ich von Ihren Persönlichkeiten absehe - alles, was ich bei Wolff erlebt habe, nochmals widerfahren könnte. Die Stelle im Vertrag verhindert es nicht. Der Verlag brauchte nur, wenn ich die Rechte zurückverlangte, zu sagen: »Einige unverkaufte, zur Zeit schwer absetzbare Exemplare liegen noch da, die Auflage ist nicht ausverkauft; wir sind daher weder verpflichtet, eine neue zu drucken, noch Ihnen die Verlagsrechte freizugeben. Auch Wolff druckte nichts Vergriffenes neu und hielt das Übrige nur in unverkäuflichen Ausgaben, weshalb schon nach dem Gesetz die Rechte wieder mir gehört haben würden. Aber das kostet einen Prozess. Wolff hatte es zuletzt systematisch darauf angelegt, zwar nicht mehr mit dem Vertrieb meiner Bücher, wohl aber mit den Verlagsrechten ein möglichst gutes Geschäft zu machen. An diesem Geschäft war ich nicht nur nicht betheiligt, nein, er machte es sogar auf meine Kosten. Ich bin 11
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H. Mann an Paul Zsolnay Verlag, 6.7.1925, ebd.
jetzt belastet mit dem Betrag, den er für meine Rechte einkassirt hat. Es waren meine. Denn ich hatte sie ihm, als ich von Cassirer von ihm kam, schon einmal bezahlt. Meine Herren, dies sind Erfahrungen, denen heute, bei neuer vertraglicher Bindung, etwas andere, wirksamere Bürgschaften entsprechen müssen, als die in unserem Vertrag enthaltenen. Die Absicht, die Sie und mich bei unserem Vertrag, j a seit unserer ersten Annäherung geleitet hat, war jede Möglichkeit und jede Befürchtung solcher Vorkommnisse zu verhindern. Der Vertrag kann dies, wie ich nach langer Berathung mit dem Anwalt nun sicher weiss, nur auf die im Abschnitt VII meines, hier beiliegenden Entwurfes ausgedrückte Art. Ich halte diese Formulirung für sachlich das Gleiche wie die Ihre im Vertrag. Sie dient derselben Absicht, nur wirksamer. Ich habe Vertrauen zu Ihren Personen, daher übertrage ich die Verlagsrechte auf die Person des Herrn Paul von Zsolnay. Ein Verlag dagegen ist wandelbar, das habe ich zu bitter erlebt, um nicht die Folgerung daraus zu ziehen. Vor allem kann ein Verlag Tendenz, Interesse und Sympathie verändern. Sodann kann der Inhaber wechseln, der Hauptleiter austreten, der Verlag kann, wenn nicht verkauft, so fusionirt oder »gegründet« werden. Plötzlich steht der Autor vor einer Aktiengesellschaft, für die er corpus vile ist. Wenn ich die Verlagsrechte für jedes Werk Ihnen auf 7 Jahre übertrage, geschieht dies nicht in der Absicht, sie Ihnen dann fortzunehmen. Ich bin daran nicht interessirt. Vielmehr bin ich äusserst interessirt, endlich dauernd und erfolgreich einem und demselben Verlag anzugehören. Ich wünsche nichts sehnlicher, und Sie wagen nichts, wenn Sie mir vertrauen. Dagegen kann ich einem Verlag, eben wegen seiner Wandelbarkeit und Unpersönlichkeit, unmöglich meinen gesamten Besitz und Lebensertrag bürgschaftslos für immer anvertrauen. Ich bin versichert, dass Sie über diese Wahrheiten, die für unser ganzes Zusammenwirken entscheidend werden müssen, gerecht denken. So beseitigen Sie, ich bitte darum, durch Genehmigung meiner Formulirung die schwere Sorge, - die nur noch schwerer wird dadurch, dass sie weniger mir selbst und meinem nächsten Interesse, der Zukunft meiner Familie gilt. Ich möchte ihr als Besitz wenigstens das unbedingte Recht auf den Ertrag meiner Lebensarbeit hinterlassen. In vorzüglicher Hochachtung Heinrich Mann Mein Anwalt hielt es für richtig, den ganzen Vertrag übersichtlicher einzutheilen und deutlicher zu formuliren. Geändert ist dem Sinne nach nichts. Hinzugefügt ist höchstens die Bestimmung über die Begrenzung der Auflagenhöhe. Auch hier schrecken Wolff'sche Spuren. Ich bin vom 7. bis zum 14. Juli in Franzensbad, Haus Stadt London, dann wieder in München. (ebd.)
Paul Zsolnay versuchte seinen inzwischen nach München zurückgekehrten Autor zu beruhigen und unterbrach sogar seinen Urlaub, um ihm folgendes mitzuteilen: Hochverehrter Herr Mann! Ich habe meinen Urlaub auf einige Tage unterbrochen und finde nun im Verlag auch Ihr zweites liebenswürdiges Schreiben vom 23. Juni 1925 vor. Ich freue mich, dass unser Telegramm Sie über Ihre ersten Bedenken beruhigt hat. Was nun Ihre weiteren Bedenken anlangt, bin ich gerne bereit Ihnen noch so weit entgegenzukommen, dass Sie nach Abtragung der Vorschüsse respektive nach Amortisation der 18.000 Μ für die Rechte nur mehr zwei Jahre zur Überlassung Ihrer neuen Werke unter den vereinbarten Bedingungen verpflichtet bleiben. Weiter kann und darf ich leider nicht gehen.
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[...] Heute ist ein Brief von Ihrer verehrten Frau Gemahlin an mich hier eingetroffen aus welchem ich mit Vergnügen ersehe, dass auch Ihre Frau Gemahlin die zwischen uns getroffene Vereinbarung mit grosser Freude begrüsst. Wir freuen uns alle schon sehr, Sie recht bald bei uns zu sehen. 12
Paul Zsolnay ging auf den Wunsch Manns ein, Alleinhaftungspflichtiger zu sein: 23./VIII. 1925. Herrn Heinrich MANN. MÜNCHEN. Hochverehrter Herr M A N N . Ihrem Wunsche entsprechend habe ich mich rechtskräftig verpflichtet, die persönliche Haftung zu übernehmen, dass alle zwischen Ihnen und dem Paul Zsolnay Verlag getätigten Übereinkommen in loyaler Weise erfüllt werden. Falls der Verlag oder die Majorität des Verlages in fremde Hände übergehen sollte, habe ich den, oder die Käufer des Verlages oder der Verlagsanteile vertraglich zu binden, mir alle jene Sicherungen zu geben, die die loyale Durchführung dieser Übereinkommen gewährleisten. Mein oder meine Rechtsnachfolger haben meine oben umschriebenen Verpflichtungen Ihnen oder Ihren Rechtsnachfolgern gegenüber zu übernehmen. Mit dem Ausdrucke vorzüglichster Hochachtung
Ungewöhnlich an der Abmachung zwischen Verlag und Autor war ein weiteres Recht, das Heinrich Mann dem Verlag zugestand: die Verlagsrechte auf seine Werke fielen, soweit nichts anderes vereinbart wurde, jeweils sieben Jahre nach dem Erscheinen an den Autor zurück! Es stand demnach beiden Vertragspartnern frei, neue Vereinbarungen abzuschließen. Ein paar Monate lang herrschte an der Vertragsfront Ruhe. Im Januar des neuen Jahres, 1926, aber plagte den Autor erneut Zweifel, dahingehend, ob der Verlag egal ob die Übernahmesumme amortisiert sei oder nicht - ihm nach drei Jahren für Neuauflagen und neue Werke das volle Honorar auszahle. Der Verlag stimmte dem zu. Ein Wiener Besuch Manns im Laufe des Jahres sollte nicht nur zum endgültigen »Frieden« zwischen Autor und Verlag beitragen, sondern auch eine Reihe von neuen Begünstigungen mit sich bringen. Costa resümiert in einem Brief an Heinrich Mann vom 15. November 1926: Es war uns immer ein schmerzliches Gefühl, dass der von uns mit so gutem Willen getätigte Salzburger Vertrag trotz mehrfacher Änderungen, die wir Ihren Vorschlägen gemäss bereitwilligst durchgeführt haben, Sie nicht restlos zufriedenstellen konnte. Wir haben uns daher bei Ihrem letzten Besuch in unserem Verlage entschlossen, unter der Voraussetzung, damit endgültig einen vertraglichen Zustand geschaffen zu haben, der Ihre vollste Zufriedenheit hat, die in diesem Briefe angeführten Zusätze zu unserem Vertrage gelten zu lassen. 12
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Paul Zsolnay an Heinrich Mann, Brief vom 30. Juni 1925, ebd.
Voraussetzung für die Gültigkeit dieser Zusätze ist und bleibt jedoch, wie wir nochmals betonen müssen, Ihre in Wien abgegebene Erklärung, nunmehr völlig mit dem Vertrage zufrieden zu sein. Nur dieser Umstand konnte und kann uns bestimmen, diese neuerlichen weitgehenden Zugeständnisse zu machen. Die materiellen Opfer, die dem Verlag aus diesen Zusätzen erwachsen, dürfen wir ihm nur dann auferlegen und sind für ihn nur dann erträglich, wenn andererseits das grosse moralische Aktivum Ihrer für uns so überaus wertvollen Anerkennung dazutritt.
Der Verlag verpflichtete sich nun als »Draufgabe« zu einer Tantiemengarantie für die in der Reihe der Gesammelten Werke neuaufgelegten, bereits veröffentlichten Werke (Auflagengarantie für 3 000 Exemplare). Zudem machte der Verlag bei den vertraglich festgesetzten Abzügen auch noch Kürzungen zugunsten des Autors und sicherte Mann noch außerhalb der Rente von Mk 1 500 monatlich für die Dauer des Rentenvertrages Beträge bis zu 16 000 Mark als Ertrag aus Erstauflagen neuer Werke und Neuauflagen zu. Als Gegenleistung mußte Mann dem Verlag gestatten, je eine Neuauflage von 5 000 Exemplaren von Der Kopf und Liliane und Paul vorzunehmen und das gesamte Honorar für diese neuen Auflagen zur Tilgung der Ratenzahlungen heranzuziehen. Nach den Vorschlägen Costas sollte Heinrich Mann demnach bis zum 1. August 1928 außer den ausbedungenen Ratenzahlungen noch die Summe von 16 000 Mark erhalten und überdies sollten ab diesem Datum die vollen Honorare für Manns neue Werke, von denen keine Abzüge für die Rente gemacht werden durften, zur Auszahlung gelangen. Obwohl die Korrespondenz lückenhaft ist, scheint der Autor die vorhin zitierten Begünstigungen mißverstanden zu haben. Jedenfalls war Mann wieder ungehalten. Er beanstandete ein paar Punkte. So war die Freude Costas in einem Schreiben an Mann vom 11. Januar 1927, »dass der letzte Briefwechsel die geschäftliche Situation zwischen Ihnen und dem Verlage völlig und endgültig geklärt zu haben scheint und dass er Ihnen Überblick und damit Beruhigung gebracht hat, Dinge, die wir in den Verhandlungen immer wieder angestrebt haben, weil sie die Voraussetzung für eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens sind, ohne die ein reibungsloses Zusammenarbeiten nicht denkbar ist«, einigermaßen verfrüht. Der geduldige Costa ging sodann auf zwei Punkte ein, »die wir gerne im Sinne unserer Einstellung zu Ihnen, die in erster Linie die Ehrfurcht vor dem grossen Dichter bedeutet, und getreu unserem allgemeinen Prinzip, das dem geistigen Schöpfer, soweit als irgendmöglich, Entgegenkommen verbürgt, einer für beide Teile erträglichen Erledigung zuführen wollen« (ebd.). Im ersten Punkt gab der Verlag nach, beim zweiten (das allgemeine Honorar von 16 000 Mark) war ein Nachgeben viel schwieriger. Mann hatte die Honorierung für 20 000 Exemplare Mutter Marie vorgeschlagen, was für den Verlag nicht annehmbar war. Costa bat Heinrich Mann daher grundsätzlich zur Kenntnis zu nehmen, daß Zugeständnisse von seiten des Verlags auch Grenzen gesetzt waren. Er bat den Autor zu bedenken, dass wir, seit wir die Ehre haben, Sie, hochverehrter Herr Mann, als Autor unseres Verlages bezeichnen zu dürfen, Ihnen stets jedes nur möglich(e) Entgegenkommen erwiesen haben. Dieses Entgegenkommen sind wir bereit auch in Zukunft jederzeit zu üben, sobald uns die Entwicklung
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unseres Verlages die Voraussetzung dafür und die Möglichkeit dazu gibt. Sollte unser Verlag auch weiterhin eine so erfreuliche Entwicklung nehmen und seine gesamte finanzielle Situation es uns wieder erlauben, über unsere bisherigen übervertraglichen Zugeständnisse herauszugehen, werden wir es gerne tun. Wenn wir also in absehbarer Zeit wieder durch eine so freudige Tatsache, dass ein neues Werk von Ihnen vorliegt, überrascht werden, wie dies im Falle der »Mutter Marie« geschah, wird es, wie wir ausgeführt haben, von der Situation des Verlages abhängen, ob wir die Hälfte des Honorars für die Ratentilgung zurückbehalten müssen oder Ihrem Wunsche entsprechend das ganze Honorar zur Auszahlung bringen können, (ebd.)
Man kann davon ausgehen, daß die lobenden Worte Costas an den Autor Heinrich Mann - so überschwenglich sie klingen mögen - nicht leere Rhetorik, sondern Ausdruck einer ehrlich gefühlten Ehrfurcht waren. Der von einer strengen Kur nach Wien zurückgekehrte Verleger Paul Zsolnay teilte dem Autor nach der ersten Lektüre des Romans Mutter Marie mit, wie außerordentlich ihn dieses Werk begeistert habe: »Ich glaube nun Ihnen meine und des Verlages Stellungnahme für Ihren Roman ohne viele Worte überzeugungsvoll dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass ich Ihnen unseren Entschluss mitteile, den Roman in einer Erstauflage von 30 000 Exemplaren herauszubringen.«13 Dieser Entschluß sicherte dem Autor ohne Änderung des Verlagsvertrags für dieses Werk immerhin 12 000 Mark zu. Mutter Marie erschien nach einem Vorabdruck im Berliner Tageblatt am 4. März 1927 in der versprochenen Auflage von 30 000 Exemplaren. Zusätzlich zur Bibliotheksausgabe kam das Werk auf eine Gesamtauflage von 45 000. Mitte 1933 erfolgte der Abverkauf. 1927 übernahm Zsolnay ein weiteres Werk Manns, und zwar etwa 4 100 Exemplare des Novellenbandes Der Jüngling aus der Konkursmasse des Münchner Gunther Lange Verlags. Der Preis für die Lagerreste samt Rechte war 500 Mark. Anfang des folgenden Jahres ging der Bühnenvertrieb der Werke Manns vom Drei Masken Verlag an Zsolnay über. Die einzige Bedingung: Zsolnay mußte dem Verlag die lagernden Exemplare der betreffenden Werke (Die große Liebe; Die Schauspielerin·, Madame Legros. Drei Akten, Das gastliche Haus; Brabach) übernehmen. 14 Mann scheint über die Transaktion nicht sehr glücklich gewesen zu sein, da er der Meinung war, allein über diese Rechte verfügen zu können. Für Überraschungen sorgte er immer wieder, so z.B. als er dem Verlag in Wien am 28. Januar 1928 von einem Anbot des Merlin-Verlags, eine illustrierte Ausgabe des Romans Die kleine Stadt zu veranstalten, von dem Zsolnay eine Neuauflage (5 000) gemacht hatte, Mitteilung machte. Daß nur der Zsolnay Verlag dazu vertraglich berechtigt war, schien den Autor nicht zu stören. Durch seine Eigenmächtigkeiten verstand er es immer wieder, eine belastete Beziehung zu erzeugen, die dann durch das Eintreffen eines neuen Werkmanuskripts kurzfristig wieder ins Lot gebracht wurde, so z.B. Ende Mai 1928, als der Verlag das Manuskript des 320 Seiten starken Romans Eugenie oder Die Bürgerzeit erhielt. Die Reaktion Paul 13
Paul Zsolnay an Heinrich Mann, 26.1.1927, ebd.
14
Drei Masken Verlag, Berlin, an Paul Zsolnay Verlag, 24.1.1928, ebd.
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Zsolnays: »Wieder haben wir den grossen Eindruck einen (sie) neuen Heinrich Mann-Romanes empfangen dürfen und wieder stehen wir erschüttert vor einem grossen Meisterwerk. Es drängt uns, Ihnen zu sagen, wie sehr wir es zu schätzen wissen, dieses wundervolle Werk herausgeben zu können, in dessen Dienst wir uns mit besonderem Eifer stellen wollen.«15 Der Verlag scheute weder Mühe noch Kosten, was das äußere Aussehen des Bands betraf. Aber nicht nur das: Obwohl unser vertragliches Übereinkommen bei neuen Romanen eine Erstauflage von 10,000 Exemplaren vorsieht, wollen wir auch diesmal diese einvernehmlich festgesetzte Grenze überschreiten und 15,000 Exemplare erstauflegen und im vorhinein honorieren. Seien Sie versichert, dass es unserem Verlag nicht möglich ist, eine höhere Erstauflage festzusetzen und seien Sie weiters versichert, dass wir eine Propaganda machen werden, die der für »Mutter Marie« in keiner Weise nachstehen wird. Sie wissen ja übrigens aus der Erfahrung mit dem »Kopf«, den wir auch in einer Erstauflage von 15,000 Exemplaren herausgebracht haben, dass dies dem Absatz des Buches in keiner Weise geschadet hat und die Neuauflage von uns lange vor Bedarf fertiggestellt war.- Materiell wird sich die Zahlung an Sie trotzdem nicht geringer stellen, als bei »Mutter Marie«, da die Auflage voll honoriert wird, während früher die Hälfte zur Amortisation der Rente in Abzug gebracht wurde. Zum Schluss erlauben wir uns nochmals, Ihnen für die grosse Freude zu danken, die uns die Lektüre Ihres wundervollen Romans bereitet hat. (ebd.)
Dieser Brief war kaum diktiert, als die Frau Heinrich Manns bei Paul Zsolnay anrief, um sich nach den Absichten des Verlags beim Ε^έηϊβ-Roman zu erkundigen und bekanntzugeben, daß ihr Gatte gern eine Erstauflage von 20 000 Exemplaren hätte. Wie immer ließ sich Zsolnay »weichklopfen«, obwohl, wie er Heinrich Mann nach München schrieb, »vom verlagstechnischen Standpunkt aus« eine solche Auflage dem Verlag unter den gegebenen Umständen »kommerziell nicht richtig« erschien, »da sich das Risiko des Verlages wesentlich erhöht, ohne dass diesem Risiko ein entsprechender Gegenwert gegenüberstünde«.16 Der Herstellungspreis pro Exemplar wäre ja bei 20 000 nur unwesentlich geringer als bei 15 000. Dennoch entschloß sich Zsolnay, den Roman im Rahmen der Gesammelten Werke nach Möglichkeit erscheinen zu lassen. Am 9. November 1928 kam der Roman in einer Auflage von 22 000 Exemplaren auf den Markt. Es blieb bei der ersten Auflage. 8.1.1. Mann empfiehlt Martin du Gard Trotz der Entmutigungen, die der Verlag in den bisherigen Beziehungen zu Heinrich Mann miterleben mußte, gab es wohl auch erfreuliche Momente. So verdankte der Zsolnay Verlag Heinrich Mann einen seiner vier Nobelpreisträger für Literatur, nämlich Roger Martin du Gard (1881-1958). Mann hat den Verlag Anfang 1928 auf den französischen Autor aufmerksam gemacht, und Zsolnay fragte beim Autor nach, ob die deutschsprachigen Rechte an den »Thibaults« schon ver15 16
Paul Zsolnay an Heinrich Mann, 29.5.1928, ebd. Ebd.
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geben seien. 17 Das war nicht der Fall, und die Übersetzungsarbeiten - die Wahl fiel auf eine Assistentin von Ernst Robert Curtius, Frau Dr. Eva Mertens - begannen sofort. Um das Buch erfolgreich zu verkaufen, bat der Verlag Heinrich Mann »ergebenst zur Erreichung dieses Zieles um Ihre freundliche Unterstützung«.18 Heinrich Mann sollte eine Würdigung des Werkes zur Verfügung stellen und dem Verlag die Erlaubnis erteilen, »diese Ihre Würdigung zu propagandistischen Zwekken wie Prospekten, auf der Buchschleife etc., verwenden zu dürfen«. »Wir wären sehr glücklich, wenn wir dem Werk ein so autoritatives Lob, wie es das Ihre bedeutet, mitgeben könnten« (ebd.). Der Autor kam dieser Bitte nach. 19 Trotz der Unterstützung Manns errang das Hauptwerk Martin du Gards trotz günstiger Kritikermeinungen, Sonderprospekts und Nobelpreises nicht jene Popularität, die der Verlag sich erhofft hatte.20 Der mangelnde Erfolg ist zum Teil auf die Abneigung des deutschen Markts gegen französische Literatur, zum größeren Teil aber auf die »zerstückelte« Erscheinungsweise zurückzuführen. Der Buchkäufer war darüber ungehalten, daß ein Werk bändeweise und ohne Hinweis auf den Schlußband, der erst 1940 auf Französisch erschien, auf den Markt gebracht wurde. Hinzu kam die Befürchtung des Verlags, daß der Fortsetzungsband L'Etä 1914/Sommer 1914 in Deutschland nicht zugelassen werden würde. 21 Man wollte nichts riskieren, und aus diesem Grund kam er bei Zsolnay erst 1951 heraus. 17
Paul Zsolnay Verlag an Roger Martin du Gard, 6.1.1928, Ordner Martin du Gard. »Heinrich Mann hatte die Liebenswürdigkeit uns auf ihren Roman 'Thibault' besonders hinzuweisen.«
18
Felix Costa an Heinrich Mann, 9.8.1928, Ordner Martin du Gard.
19
Felix Costa an R. Martin du Gard, 11.9.1928, ebd.: »Heinrich Mann war so liebenswürdig, uns
20
Vgl. Felix Costa an Eva Mertens, Heidelberg, 12.8.1929, ebd: »Zu Ihrer Frage über den Absatz
für die Ankündigung Ihres Buches eine Würdigung einzusenden.« der 'Thibaults' gestatten wir uns Ihnen mitzuteilen, dass dieses Werk sich nur langsam durchsetzt. Dieser langsame Erfolg dürfte mit der Tatsache zusammenhängen, dass wir kein abgeschlossenes Werk der Öffentlichkeit vorlegen konnten, wir sind aber sicher, dass dieses grossartige Werk, wenn es fertig vorliegt, vor deutschen Publikum in seinem ganzen Wert gewürdigt werden wird.« Ähnlich heißt in einem Brief Costas an Eva Mertens vom 3.9.1935: »Wir haben grosses prinzipielles Interesse an dem Objekt 'Die Thibaults', obgleich wir bisher mit diesem Werk keinen Erfolg hatten; im Gegenteil, wir müssen gestehen, dass die Veröffentlichung dieses Romanzyklus' der schleppenden Publikation wegen als gescheitert betrachtet werden muss.« Aus diesem Grund entschloß sich der Verlag 1932 einen älteren Roman Martin du Gards aufzulegen: »Es ist nun unser Bestreben, Roger Martin du Gard, den wir, wie Sie j a wissen, ausserordentlich hoch schätzen, so sehr als möglich in Deutschland durchzusetzen. Da 'Jean Barois' das einzige Werk von ihm ist, das abgeschlossen vorliegt, haben wir entschlossen, es in diese Reihe [Bibliothek zeitgenössischer Werke] aufzunehmen.« (Felix Costa an Eva Mertens, 16.1.1932) 21
In seinem Schreiben an die Librairie Gallimard in Paris vom 30. November 1937 gab Costa zwei triftige Gründe an: »parce que ses tendences sont contradictoires aux tendences du regime allemand, et puis parce que le prix Nobel, en Allemagne a, comme vous le savez peut etre, depuis l'affaire Ossietzky peu de retentissement et on ne peut meme pas en faire usage pour la publicite. Autant pour les chances eventuelles de succes.« Ordner Martin du Gard. Costa schrieb in ähnlichem Sinn am 8.1.1938 an die Übersetzerin »Auch wir haben diese drei Bände mit grösster Bewunderung und Erschütterung seinerzeit gelesen, konnten uns aber zu einer Herausgabe nicht
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8.1.2. Mann macht Seitensprünge Gegen Ende der 20er Jahre sorgte Heinrich Mann für neuen Konfliktstoff in seiner Beziehung zum Paul Zsolnay Verlag. Der Autor war legitimerweise an der Weiterverwertung seiner Bücher interessiert und sondierte die Lage für Lizenz- und Buchgemeinschaftsausgaben. Der Haken dabei: die jeweiligen Verlage wollten nicht oder waren nicht imstande, die dem Zsolnay Verlag vertraglich zustehenden Kautionen zu zahlen. Nicht nur das. Mann schlug Billigausgaben von Werken vor, die zum teureren Ladenpreis zu Tausenden beim Zsolnay Verlag auf Lager waren und somit Konkurrenzausgaben darstellten. Auf Betreiben des Autors sicherte sich der Berliner Sieben Stäbe-Verlag mit Zustimmung Zsolnays im Dezember 1928 ein Lizenzrecht »auf mindestens 100 000, höchstens auf je 200 000 Exemplare« der Romane Der Untertan und Im Schlaraffenland. Und damit begann auch die Zusammenarbeit Manns mit dem am 16. Januar 1895 in Wien geborenen Übersetzer (u.a. von Henri Barbusse), Herausgeber und Literaturagenten Lyonel Dunin, der in der Mann-Literatur nicht vorkommt und in Brief- und Erinnerungsbänden nicht identifiziert aufscheint, vertrat oder vermittelte Autoren wie Hanns Martin Elster, Frank Thiess, Hermann Broch, Eduard Stucken, Rene Fülöp-Miller und andere. 22 Er bekam Mitte 1929 die Vollmacht Heinrich Manns, in dessen Namen alle nötige Korrespondenz mit dem Zsolnay Verlag zu führen und Abschlüsse zu tätigen. 23 Dunin war Herausgeber der zweiteiligen Reihe von billigen Volksausgaben »Bücher der Epoche« beim Sieben Stäbe-Verlag. In der »Serie A: Deutsche Autoren« erschienen jeweils mit einer Einleitung Dunins in einer Auflage von 50 000 Exemplaren die beiden vorhin erwähnten Romane Manns zusammen mit einem neuen Vorwort des Dichters zum Untertan. Über den Verkauf der beiden Bände ist nichts bekannt. Doch benötigte der Zsolnay Verlag eine Kaution, um sich abzusichern. Es lagen ja Tausende »teure« Exemplare dieser Bücher bei ihm auf entschliessen, nicht nur, weil das Gesamtwerk noch nicht fertig vorlag, sondern auch weil in uns schwerwiegende Bedenken aufstiegen, ob 'Sommer 1914' im Deutschen Reich, das unser Hauptabsatzgebiet ist, werde vertrieben werden können. Unsere Bedenken überwogen unsere Hochschätzung für das Werk, sodass wir auf eine Anfrage des Verlages Gallimard hin erklärten, unser Optionsrecht aufzugeben und 'Sommer 1914' nicht in unserem Verlag erscheinen zu lassen.« 22
1 936 stand Dunin, der in Berlin wohnhaft war, aber in den 30er Jahren nach Österreich übersiedelte, wegen Betruges und der Veruntreuung vor einem Wiener Schöffengericht. Ankläger war der Zsolnay-Autor Dr. Frank Thiess. Laut Anklageschrift hatte Dunin Guthaben des Autors zu Börsenspekulation mißbraucht. Die einzige Wiener Zeitung, die über den Prozeß berichtete, war Die Stunde. Dazu »Lyonel Dunins unbekannter Defraudant.« In: Die Stunde (Wien), 9.4.1936, S. 3 sowie Frank Thiess: Jahre des Unheils. Fragmente erlebter Geschichte.
Wien-Hamburg:
Paul Zsolnay Verlag 1972, S. 63-65 und 70-72. Zu Dunin siehe auch Hack, Broch Brody-Briefwechsel. Nach einer Meldeauskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs meldete sich Dunin am 25. November 1939 nach Brüssel ab. Sein weiteres Schicksal ist nicht bekannt. 23
Felix Costa an Lyonel Dunin (Berlin-Wilmersdorf), 14.12.1929, Ordner Dunin: »Wir bestätigen den Empfang Ihrer Schreiben vom 5. und 11.XII. und erklären selbstverständlich unser Einverständnis damit, dass Sie bis auf weiteres im Vollmachtsnamen Heinrich Manns die zwischen uns und Herrn Heinrich Mann nötige Korrespondenz führen.«
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Lager, und ein rein wirtschaftlich denkender Verleger wäre nie auf den Gedanken gekommen, unter diesen Umständen eine Konkurrenzausgabe zu gestatten, geschweige denn sie mitzufinanzieren. Der Sieben Stäbe-Verlag war allerdings nicht dazu zu bringen, den auf ihn entfallenden Teil der Kaution zu erlegen, und Mann konnte die Summe nicht allein aufbringen. So kam es, daß Paul Zsolnay bzw. sein Verlag eine billige Parallelausgabe, die möglicherweise dem Verkauf der eigenen Bücher schaden würde, sogar noch finanziell unterstützte. Der Wiener Verleger teilte Mann am 10. Dezember 1928 folgendes mit: »Auf Ihr dringendes Ersuchen, Ihnen doch diesen Abschluss nicht unmöglich zu machen und es Ihnen zu erleichtern, für den Sieben Stäbe Verlag einzuspringen, habe ich mich spontan entschlossen, Ihnen anzubieten, mit Ihnen gemeinsam den Betrag zu erlegen, der ursprünglich dem Sieben Stäbe Verlag zugedacht war. Dies schien Ihnen nunmehr eine akzeptable Möglichkeit und Sie nahmen meinen Vorschlag an.« (Vertragsmappe Mann) Wenige Wochen später tauchte ein neues Problem auf, als Mann mit der Deutschen Buchgemeinschaft über eine billige Sonderausgabe des Romans Die kleine Stadt, für den der Zsolnay Verlag, wie er meinte, schon große Opfer gebracht hatte, verhandelte. Ein Abkommen mit dem Paul List Verlag, dieses Werk im Rahmen der Reihe »Epikon« erscheinen zu lassen, war gerade gescheitert. List konnte einen in Aussicht gestellten Betrag nicht zahlen, und nun sollte die Deutsche Buchgemeinschaft angegangen werden. Heinrich Mann war für kaufmännische Kalkulationen allerdings nicht zugänglich, und die ständigen Wiederholungen über das »besondere Entgegenkommen« des Verlags machten auf ihn keinen merkbaren Eindruck. Paul Zsolnay bemühte sich Mann klarzumachen, daß zwischen einem Werk im Rahmen der »Epikon« zu einem verhältnismäßig hohen Preis bei List und »Massenauflagen zu einem wesentlich billigeren Preis« als die Zsolnay-Ausgaben ein großer Unterschied bestand. 24 Zsolnay vertrat die Ansicht, daß es im Interesse des Verlags und Autors »schwer schädigend« wäre, ein Buch von Mann in einer Buchgemeinschaft erscheinen zu lassen, und mußte »diesmal unsere Einwilligung entschieden verweigern« (ebd.). Aber in der Hoffnung, daß mit einem dritten Buch endgültig Schluß sein würde, machte der Verleger neuerlich weitgehende Konzessionen zum eigenen Nachteil: Nur ausserordentliches Entgegenkommen Ihnen gegenüber und unser aufrichtiges Bestreben, Ihnen selbst dann dienlich zu sein, wenn uns dies mit den Interessen unseres Verlages auch nicht vereinbar erscheint, ermöglicht uns, Ihnen auch für die Buchgemeinschaft den gleichen Vorschlag zu machen, den wir Ihnen seinerzeit bezüglich des »Untertan« und »Schlaraffenland« gemacht haben. Sie wissen, dass dieser Vorschlag, besonders in seiner letzten Fassung, uns und Paul Zsolnay besondere Opfer auferlegt hat, die uns diesmal noch schwerer erscheinen, da sie nun schon für ein drittes Buch gebracht werden, das im Rahmen einer Buchgemeinschaft erscheinen soll.
24
Paul Zsolnay an Heinrich Mann, 28.1.1929, Vertragsmappe Mann.
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Der Verlag besaß von der Neuauflage (19. November 1925) in der Höhe von 5 000 Exemplaren immerhin noch 3 450 Stück und sollte nun nach dem Willen Manns eine Billigausgabe in einem anderen Verlag subventionieren! Der verminderte Lagerwert betrug fast 8 000 Mark. Das »ausserordentliche Entgegenkommen« des Verlags sah so aus, daß Paul Zsolnay erneut in die Tasche griff und sich bereit erklärte, wieder die Hälfte der Kaution selber zu erlegen, falls die Deutsche Buchgemeinschaft zu diesem berechtigten Opfer nicht bereit wäre. Der Wiener Verleger blieb optimistisch, was eventuelle neue Forderungen seines Autors betraf: »Wir hoffen, hochverehrter Herr Mann, dass Sie unser Entgegenkommen als ein besonderes würdigen werden und geben weiters der zuversichtlichen Hoffnung Ausdruck, dass der Fall der Vergabe von Rechten an Werken Heinrich Manns von uns an andere Verlage damit endgültig abgeschlossen erscheint« (ebd.). Aber weit gefehlt. Mann schrieb postwendend von seiner neuen Unzufriedenheit. 25 Darauf Felix Costa: »Wir hoffen aber Sie bald zu sehen und dann Gelegenheit zu haben, Sie davon zu überzeugen, dass die Annahme Ihres Vorschlages nicht wie Sie meinen, ein Geschäft, sondern tatsächlich ein neuerliches Opfer bedeutet.« Dessenungeachtet erteilte der Verlag seine Zustimmung zu einer Ausgabe der Kleinen Stadt in der Deutschen Buchgemeinschaft. Zur Abdeckung der Kautionssumme von seiten des Autors sollte der Verlag Eingänge aus Übersetzungen zurückbehalten. Kaum war diese Frage gelöst, stand das nächste Problem an. Der wegen des Umfangs vom Verlag höher kalkulierte Ladenpreis für den Essayband Sieben Jahre paßte dem Autor ganz und gar nicht. Desgleichen die vorgesehene Erstauflage. Für den Verlag war der Essayband »ein einheitliches, grossartiges Werk«, und »kommerzielle Erwägungen« durften, so Zsolnay, nicht maßgebend sein, eine Kürzung auch nur vorzuschlagen. Der Verlag lehnte eine Erstauflage von 15 000 Exemplaren ab und plante (vertragsgemäß) stattdessen 5 000, weil ein Essayband »bei der heutigen Mentalität schwer Käufer« finde. Vom Erscheinen (23.4.1929) bis zum Dezember d.J. konnte der Verlag insgesamt 3 400 Exemplare ausliefern. 26 Aber die Erteilung von Lizenzrechten war lange nicht zu Ende. Im März 1929 übertrug der Zsolnay Verlag der Firma Philipp Reclam in Leipzig das Recht, die beiden Novellen Der Tyrann und Die Branzilla in beliebig hohen Auflagen in Reclams »Universal-Bibliothek« auf den Markt zu bringen. Auf Wunsch Manns kam im April die Vereinbarung zustande, wonach der Sieben Stäbe-Verlag alljährlich in der Reihe »Deutsche Autoren« ein Werk des Autors erscheinen lassen konnte. Zsolnay war mit 25% an den Einkünften aus diesen Werken beteiligt. Durch die immer höher geschraubten Forderungen Heinrich Manns an den Zsolnay Verlag und sein Verlangen nach immer mehr »Seitensprüngen« verschlechterte sich das Klima zwischen beiden Parteien. Um den Bruch noch einmal zu kitten, nützte Paul Zsolnay einen krankheitsbedingten Kuraufenthalt auf dem Semmering 25
Der Brief Manns vom 30. Januar 1929 liegt nicht vor. Der Antwortbrief Felix Costas ist mit 31.1.1929 datiert.
26
Vgl. Börsenblatt,
Nr. 99, 30.4.1929, S. 3454-3455.
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i m Juli 1 9 2 9 für eine Ergebenheitsadresse an seinen in Bad Gastein w e i l e n d e n Autor: Hochverehrter Herr Mann! Seit meiner frühesten Jugend verehre ich Ihr Werk-seit ich das Glück und die Auszeichnung habe, Sie persönlich zu kennen, und gemeinsam mit Ihnen für mich unvergessliche Stunden verbringen zu dürfen, ist diese Verehrung auch auf Ihre Person übergegangen. Wenn Sie dies in Betracht ziehen, werden Sie wissen, wie sehr mich Ihr gütiger Brief vom 8. Juli nach allem Unerquicklichen, das sich nach unserer letzten, so harmonisch verlaufenen Begegnung in Berlin [im April] ereignet hat, berührt hat. Wenn es mein Gesundheitszustand erlaubte - ich bin eben zum Kurgebrauch am Semmering - käme ich nach Gastein, um mit Ihnen alles zu besprechen. Über einige Punkte des zwischen Ihnen und uns bestehenden Vertrages herrschen leider augenblicklich zwischen uns weitauseinandergehende Auffassungen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass eine mündliche Aussprache rasch zur völligen Klärung führen würde und Sie überzeugen müsste, wie sehr wir bemüht sind, soweit als nur möglich Ihren Wünschen entgegenzukommen. Da aber eine Zusammenkunft derzeit nicht möglich ist, schlage ich Ihnen vor, dass wir bis zur Klarstellung dieser Vertragspunkte uns auf folgender Basis einigen: 27 U m d e m Autor entgegenzukommen, garantierte der Verlag für Manns neuen Rom a n statt der im Vertrag vorgesehenen 10 0 0 0 Exemplare eine Erstauflage v o n 15 0 0 0 . Weiters erklärte sich der Verlag bereit, einen Novellenband zwar nur in 8 0 0 0 Exemplaren aufzulegen, d e m Autor aber den Betrag, der einer Auflagenhöhe v o n 10 0 0 0 Exemplaren entsprach, zu überweisen. A l s Gegenleistung mußte M a n n auf das Erscheinen des Professor
Unrat
in der Roman-Rundschau
verzichten und
durfte bis zur Klarstellung des Rechtszustandes keine Einzelausgaben seiner bei Zsolnay erschienenen Romane vergeben. Professor
Unrat
erschien 1 9 3 0 in einer
Lizenzausgabe bei Ullstein (Die gelben Ullstein-Bücher, Band 82). Aber die vorhin erwähnten Begünstigungen außerhalb des Vertrages waren d e m Autor noch zu w e nig. D i e s m a l war der kalkulierte Ladenpreis nicht zu hoch, sondern zu niedrig angesetzt, w a s M a n n vermuten ließ, daß der Verlag v o n diesem Novellenband v o n vornherein nichts erwartete. Felix Costa versuchte den Autor zu besänftigen: Es bedarf wohl nicht der Versicherung, dass Ihr neuer Novellenband in literarischer Hinsicht in keiner Weise irgendwie geringer gewertet werde als Ihre früheren Bücher, aber die Tatsachen, dass ein Drittel des an sich geringen Umfanges von einem dramatischen Werk ausgefüllt wird und dass drei grössere Novellen sogar in Buchform schon vorgelegen sind, bleiben wohl bestehen und lassen gewisse Befürchtungen, dass Ihr neuer Novellenband nicht leicht absetzbar sein wird, begreiflich erscheinen. Wir hoffen aber zuversichtlich, dass es uns doch gelingen wird, das Buch durchzusetzen und werden es keineswegs an Energie und bestem Willen fehlen lassen, dieses Ziel zu erreichen. 28
27
28
Paul Zsolnay an Heinrich Mann, 13.7.1929, Vertragsmappe Mann. Der Brief Manns vom 8.7.1929 liegt nicht vor, und daher ist nicht bekannt, worauf sich der Unmut des Autors bezieht. Felix Costa an Heinrich Mann, 3.8.1929, Vertragsmappe Mann.
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Es war dem Verlag unmöglich, Manns Vorschlag anzunehmen, den Band mit Erzählungen, der am 5. November u.d.T. Sie sind jung (284 S.) erschienen war, broschiert zu 4 Mark und in Ganzleinen zu Mark 5,50 zu verkaufen. Aber: »um Ihnen einen neuen Beweis unseres Entgegenkommens zu geben, sind wir bereit, Ihnen das Honorar nach einem broschierten Preis von Μ 3,75 zu bezahlen, wobei aber der offizielle Ladenpreis, zu dem das Buch auch verkauft werden wird, Μ 3,50 bleibt.« (ebd.) Nachsatz Costas: Wir können dies allerdings nur unter der Voraussetzung absoluter Diskretion tun, denn es hätte für uns unangenehmste Weiterungen, wenn man erführe, dass wir von einem höheren broschierten Preis, als es der Verkaufspreis ist, Honorar bezahlen, und unter der weiteren Voraussetzung, dass dieser unser Entschluss in diesem einen speziellen Fall kein Präjudiz darstellt, (ebd.)
Damit erhöhte sich das Honorar für die 8 000 Exemplare von 5 600 Mark auf 6 000 Mark. Der Verlag konnte Mann noch so sehr entgegenkommen, die generalvertragliche Bindung, die ohnehin kaum mehr wahrgenommen wurde, stand vor dem Ende. Costa traf den Autor in Berlin im November 1929 zu einem persönlichen Gespräch, dessen Ergebnis darin bestand, daß der Paul Zsolnay Verlag auf Ersuchen des Autors die Erstvorlagebedingung aufhob und dem Autor die Lizenzen seiner sämtlichen Bücher »schweren Herzens« - so der Verlagsleiter - freigab. Zudem wurde vereinbart, daß Heinrich Mann dafür zu sorgen hatte, daß seine neuen Werke drei Jahre nach ihrer Veröffentlichung in einem anderen Verlag für die Zsolnay-Gesamtausgabe frei waren. Der Verlag ging die Verpflichtung ein, zwei von Kurt Wolff übernommene Novellenbände in der Ausstattung der Gesammelten Werke bis spätestens Ende März 1931 herauszubringen. Was die Amortisation der seinerzeit dem Kurt Wolff Verlag gezahlten RM 18 000 betrifft, war per November 1929 lediglich ein Drittel (ca. 20 000) dieser Lagerbestände verkauft und ca. 5 000 Mark der Gesamtsumme getilgt. Durch die nie endenden Zugeständnisse an den Autor gab es kaum Aussicht auf eine Tilgung des gesamten Betrags. Dreizehntausend Mark waren keine Kleinigkeit. Schon 1931 begann der Zsolnay Verlag seine Lagerbestände an unverkäuflichen Werken Heinrich Manns abzuverkaufen. Obwohl vertraglich nicht dazu verpflichtet, ein Honorar zu zahlen, die verramschten Bücher waren bereits voll honoriert worden, war der Zsolnay Verlag (wie auch in anderen Fällen) bereit, Heinrich Mann mit 10% vom Brutto-Erlös zu beteiligen. Werke von Heinrich Mann erschienen bei Zsolnay fortan auf Grund von Einzelverträgen, so beispielsweise die einbändige, ungekürzte Sonderausgabe der Romantrilogie Die Göttinnen in einer Auflage von 20 000 Exemplaren Anfang 193229 und der neue Essay band Das öffentliche Leben,30 Die letzten Werke vor dem 29
Eineinhalb Jahre nach dem Erscheinen am 28.1.1932 wurden die restlichen Exemplare an Josef Singer nach Berlin verkauft.
30
Erschienen am 19.5.1932 in einer Auflage von 5 000 Exemplaren. Der Ladenpreis betrug geheftet S 5,35. Anfang Juni 1933 wurden alle Bestände um 80 Groschen pro Stück verramscht.
107
großen Bruch zwischen Zsolnay und Heinrich Mann waren die ungekürzte Sonderausgabe der Jagd nach Liebe (Neuauflage: 15 000 Ex.), erschienen im September 1932, Ein ernstes Leben,
erschienen im November 1932 in einer Auflage von
12 000 Exemplaren (1934 an die Büchergilde Gutenberg in Zürich abgegeben), 31 und schließlich die Broschüre Das Bekenntnis zum Übernationalen
(26.1.1933,
Aufl. 3 000). Der Zsolnay Verlag erteilte dem Querido Verlag in Amsterdam im August 1933, »um Heinrich Mann dienlich zu sein«, die Erlaubnis, den Essay in einen dortigen Essayband aufzunehmen.32 Dazwischen waren etwa die Novelle Der Freund im Wiener Verlag Der Wille (1931) und die Abhandlung Geist und Tat. Franzosen 1780-1930 bei Kiepenheuer erschienen (1931). Das letzte vereinbarte Werk - ein Novellenband u.d.T. Die Flucht der Jahre - ist nicht erschienen.33 8.1.3. Manns Abschied Auf Grund der Tatsache, daß Heinrich Mann sich während der Weimarer Republik politisch sehr exponiert hatte und kein Freund der Nazis war, konnte es nicht überraschen, daß der Verkauf seiner Bücher im Deutschen Reich nach der Machtübernahme Hitlers schlagartig zum Stillstand kam, ja unmöglich wurde, daß der Verlag auf Bestellungen nicht reagierte und alle Hände voll zu tun hatte, die vom Buchhandel retournierten Exemplare der Werke Manns zu verwalten. Aus subjektiver Sicht und unter diesen Umständen konnte man, wenn man so wollte, Paul Zsolnay übertriebene Vorsicht vorwerfen, aber eines konnte man ihm in Kenntnis der jahrelangen Großzügigkeit wahrlich nicht nachsagen: daß er nicht im Interesse des Autors Heinrich Mann gehandelt hätte. Während der Verlag im Zeitraum April bis September 1933 laut Kontoauszug immerhin bis zu 12 ( ! ) Exemplare der drei angeführten Werktitel verkauft hatte, sah die Situation laut Kontoauszug über die Monate April bis September 1934 noch trister aus.34 Das Verhältnis verkaufte Exemplare: Remittenden stand auf 8:78. Bei manchen Titeln gab es nur Remittenden und keinen Verkauf. Der
Autor,
mittlerweile
ins
Ausland
geflüchtet,
weigerte
sich,
die
»Abrechnungen« des Verlags anzuerkennen, da er in ihnen einen »Vertragsbruch« erblickte.35 Er warf dem Verlag vor, den Vertrieb seiner Werke eingestellt und sogar die Ausführung von Bestellungen verweigert zu haben. Letzteres wußte er aus
31
Vertrag v o m 23.10.1933, Vertragsmappe Mann. Der Zsolnay Verlag verkaufte der Genossenschaft 5 775 Exemplare des Romans zum Pauschalpreis von sfrcs 4 376.
32
Felix Costa an den E . M . Querido Verlag, 12.8.1933, Vertragsmappe Mann.
33
V g l . das Besprechungs-Protokoll vom 20.9.1932, ebd. Der Novellenband mit dem Untertitel »Novellen aus fünf Jahrzehnten« sollte »die Novelle Sturup, Kobes, die Ehrgeizige, etc.« umfassen und »noch eine neue grosse Novelle von hundert Seiten, die vorher noch nicht erschienen ist, enthalten«.
34
Angaben beziehen sich auf die Kontenauszüge im Nachlaß des Autors im Heinrich Mann-Archiv.
35
Heinrich Mann (Amsterdam) an den Zsolnay Verlag, 1.10.1934, Heinrich Mann-Archiv.
108
eigener Wahrnehmung.36 Auch der Verkauf der gesamten Restauflage des Romans Ein ernstes Leben nach Zürich machte er dem Verlag zum Vorwurf. Er wolle keine Antwort, zumal der Verlag sonst, wie er meinte, jeden brieflichen Verkehr mit ihm »seit Februar 1933 peinlich vermieden« habe. Angesichts des Verhaltens des Autors während der Dauer seines Generalvertrags mit Zsolnay entbehrt eine Feststellung Manns in seinem Brief aus Amsterdam nicht einer gewissen Ironie: »Ihre vertragswidrigen Handlungen und Unterlassungen alle aufzuzählen, versage ich mir.« Seine Wut auf den Wiener Verlag, der möglicherweise auf das mangelnde Verständnis für die Probleme des Unternehmens zurückzuführen ist, war nicht geringer, als er im April des folgenden Jahres wieder eine »Abrechnung« zugeschickt bekam, obwohl er sich, wie er meinte, »deutlich genug« gegen solche Kontoauszüge »verwahrt« hätte.37 Der Verlag könne seine »Manipulationen mit Remitten« für sich behalten, der Kontoauszug gehe ihn »nicht das geringste« an. In Anspielung auf die Wendung im Formbrief der Zsolnay-Buchhaltung heißt es abschließend: »Sie werden diesmal 'zur Kenntniss nehmen' müssen, dass ich Zuschriften von Ihnen von jetzt an weder öffne, noch lese, noch beantworte« (ebd.). Paul Zsolnay und Heinrich Mann haben sich insofern versöhnt, als der Verleger nach dem Zweiten Weltkrieg keinerlei Ansprüche aus den alten Verträgen mehr erhob und den Autor freigab.38 Mit einer Gesamtauflage der bei Zsolnay erschienenen neuen Werke Heinrich Manns von etwas mehr als 219 000 Exemplaren reichte der Autor nicht annähernd an den Verkaufserfolg seines ehemaligen Kurt Wolff- und nunmehrigen Paul Zsolnay-Verlagskollegen Franz Werfel heran. Und alles in allem konnte nur ein Verlag, der von den Gesetzen des Markts vor 1933 finanziell unabhängig war, einem Autor, der sich so undankbar zeigte wie Heinrich Mann, ein so weitreichendes Entgegenkommen zeigen, wie eben der Paul Zsolnay Verlag.
36
37 38
Vgl. den Brief Manns vom 7. November 1933 an Karl Lemke: »Sie haben doch manchmal in den Läden etwas bestellt, was nicht geliefert werden konnte, weil eben die Firma Zs[olnay], Wien, dort nicht ausliefert. Jetzt liegt viel daran, daß solche Beweise für das Verhalten der Firma in größerer Zahl beisammen sind.« Er bat Lemke und andere, seine Zsolnay-Bücher zu bestellen, war aber unsicher, ob »etwas damit anzufangen sein wird«. (Heinrich Mann: Briefe an Karl Lemke und Klaus Pinthus. Hamburg: Claasen Verlag 1964, S. 31). Siehe auch Manns Brief an seinen Bruder Thomas vom 3. November 1933: »[...] dagegen weiss ich durch Dritte, die vergeblich meine Bücher bei ihm bestellen, dass er sie nach Deutschland nicht ausliefert.« (Thomas Mann Heinrich Mann. Briefwechsel 1900-1949. Frankfurt am Main: S. Fischer 1984, S. 189.) Vom Standpunkt Zsolnays aus war es taktisch gesehen wenig sinnvoll, obwohl - wie Mann seinem Bruder schrieb - »von einem wirklichen Verbot [ihm] nichts bekannt« wäre, die Bücher Manns ins Reich zu schicken, um sie dann der Beschlagnahme preiszugeben. Heinrich Mann an den Paul Zsolnay Verlag, 24.4.1935, Heinrich Mann-Archiv. Paul Zsolnay (London) an Heinrich Mann (Los Angeles), 16.4.1947, ebd.
109
8.2. Weitere Abwerbungen Während die Übernahmen zweier Autoren der ersten Stunde - Franz Werfel und Heinrich Mann - vom Kurt Wolff Verlag relativ glatt über die Bühne gingen, war der inzwischen nach München übersiedelte Verlag später weitaus weniger geneigt, seine Schriftsteller an den Wiener Verlag »kampflos« zu verlieren. Bei zwei weiteren Autoren - Carl Sternheim und Max Brod - konnte Kurt Wolff den Wechsel zwar verzögern, letztlich aber nicht verhindern. Sternheims Trennung vom Kurt Wolff Verlag - ohne seine etwa 22 in diesem Verlag erschienenen Werke »mitnehmen« zu können - war Resultat bzw. Konsequenz einer in aller Öffentlichkeit sehr emotionell geführten Kontroverse zwischen Autor und Verleger. Im Herbst 1923, als beide Seiten die verheerenden Auswirkungen der Inflation voll zu spüren bekamen, kam es zu einem aufgeregten Briefwechsel, den Sternheim zum Teil in der Zeitschrift Die Weltbühne im Frühjahr 1924 auch publizierte. 39 Sein »Fall« war Teil einer längeren Diskussion über Verleger-Autor-Beziehungen, die mit dem Beitrag »Unsere Verleger« von Herbert Eulenberg - mit dem der Zsolnay Verlag über Vermittlung Georg Heinrich Meyers später Beziehungen knüpfte 40 ihren konkreten Ausgang genommen hatte.41 Kernpunkte der Vorwürfe Sternheims an Kurt Wolff waren Honorarzahlungen (laut Sternheim »Nichtzahlmethoden« und Entlohnung wie ein Fabriksarbeiter), Ablehnung einer Verlagsübernahme mancher Werke, Sabotage eines Verlagsprospekts und mangelnde Propaganda. Sternheims z.T. paranoide Angriffe provozierten eine Replik des Verlegers. Stichworte Wolffs: »die Hysterie des Autors«, »Explosion Sternheims«, »Pöbelhaftigkeit seiner Ausdrucksmöglichkeiten« etc. Der Streit kam vor Gericht. 42
39
Briefe an meinen Verleger. In: Die Weltbühne,
XX. Jg., Nr. 10, 6. März 1924, S. 303-304.
Siehe auch ebd., Nr. 17, 24. April 1924, S. 561-562. 40
Eine der »Propositionen« Georg Heinrich Meyers an Zsolnay im Juni 1928 war folgende: »Herbert Eulenberg hat ein neues Schattenbilderbuch geschrieben und zwar als Folgeband des Hohenzollernbuches 'Die Wittelsbacher'. Er hat Herrn Mayer (sie) gebeten, mit dem Paul Zsolnay Verlag eine Beziehung diesbezüglich anzuknüpfen. Herr Mayer (sie) wird veranlassen, dass das Manuskript uns eingesendet wird.« »Besprechung mit Georg Heinrich Mayer«, 19.6.1928. (Ordner Br&d) Ob es zwischen Eulenberg und Zsolnay zum Kontakt kam, kann vom Material im Verlagsarchiv aus nicht beantwortet werden, da solche »allgemeine Korrespondenz« verschollen ist. Zur Person Meyers siehe Bertold Hack: Georg Heinrich Meyer. Versuch einer Biographie eines außergewöhnlichen Buchhändlers. In: Hack, Broch Brody-Briefwechsel, Anhang V, Sp. 1193-1224.
41
Die Weltbühne,
XX. Jg., Nr. 2, 10. Januar 1924, S. 48-49. Zu diesem Komplex siehe Göbel:
Der Kurt Wolff Verlag, Sp. 893ff. 42
Kurt Wolff: In Sachen Stemheim. In: Die Weltbühne, XX. Jg., Nr. 20, 15. Mai 1924, S. 661664. Zu dieser Frage siehe auch Kurt Wolff: Autoren, Bücher, Abenteuer. Erinnerungen
110
Betrachtungen
eines Verlegers. Berlin o.J. (1965). Sternheim wird hier ein Kapitel gewidmet.
und
8.3. Exkurs. Theodor Däubler und Else Lasker-Schüler Eine weitere Autorin des Kurt Wolff Verlags, Else Lasker-Schüler, hat ebenfalls mit den deutschen Verlegern, darunter Kurt Wolff, öffentlich »abgerechnet«.43 Und auch sie überlegte, zum Paul Zsolnay Verlag zu wechseln. Theodor Däubler, der selber im Jahre 1925 durch seinen bevollmächtigten Vertreter, den Wiener Schriftsteller Franz Spunda, an den Wiener Verlag vermittelt wurde, 44 legte dem »grossen modern-aufstrebenden Verlag« (Däubler) in einem Brief vom 25. Juni 1926 eine Übernahme der »Dichterin im wahren Sinn des Wortes« (Däubler) nahe. Der Verlag brauche »nur die Hand danach auszustrecken, um in den Besitz vieler (?) Schönheit für Ihren Verlag zu gelangen. [...] Ich bin überzeugt, dass Frau LaskerSchüler sehr gerne auf Ihre Vorschläge eingehen würde. Ich habe sie leider in Berlin nur einmal kurz gesprochen, als ich Ihren Namen nannte, schien sie sehr einverstanden zu sein«.45 Wie sich jedoch herausstellte, hatte der Verlag »schon seinerzeit mit Else Lasker-Schüler wegen eines Werkes verhandelt, das in Rede stehende Werk konnte uns jedoch, trotz der selbstverständlichen Hochschätzung dieser Dichterin, nicht bestimmen, einen Abschluss zu tätigen. Augenblicklich sind wir leider nicht in der Lage, mit Frau Lasker-Schüler zu verhandeln, da wir ausserordentlich schwerwiegende Bindungen eingegangen sind, die uns derzeit von Neuannahmen abhalten.«46 Mit Däubler selber hatte der Zsolnay Verlag nicht sehr viel Glück. Für die in einer Auflage von 5 000 Exemplaren erschienene Novelle Der Schatz der Insel bekam der Autor ein Honorar von 15% des Ladenpreises und als Tantiemengarantie die Vorauszahlung der gesamten Auflage auf Basis der Dollarwährung. Bis zum Stichtag Ende 1927 hatte man knapp über 1 000 Exemplare verkauft. Das Däubler aus dem Verkauf zustehende Honorar von S 433.80 stand in krassem Mißverhältnis 43
Else Lasker-Schüler: Ich räume auf! Meine Anklage gegen meine Verleger. Zürich: Lago-Verlag 1925 (39 S.). Ihre gesammelten Werke waren bei Paul Cassirer, ihre gesammelten Gedichte bei Wolff erschienen. Ein Teilvorabdruck dieser Schrift war in der Weltbühne,
XX. Jg., Nr. 18,
1. Mai 1924, S. 627-629 erschienen. 44
Dazu der Vertrag für sein erstes und einziges Zsolnay-Werk Der Schatz der Insel vom 3. Juli 1925: »Auf Grund der zwischen Ihrem bevollmächtigten Vertreter, Herrn Dr. Franz Spunda, und uns gepflogenen mündlichen Besprechung stellt Ihnen der gefertigte Verlag nachstehendes Anerbieten: l·..].« Im Nachlaß Theodor Däubler, Sächsische Landesbibliothek Dresden, Mscr. Dresd. App. 531, 3. Nachtrag, Β II, 54. Für die freundliche Übermittlung von Kopien der Zsolnay-Unterlagen im Däubler-Nachlaß möchte ich mich an dieser Stelle bei der Sächsischen Landesbibliothek bedanken. Vom späteren Zsolnay-Autor Spunda ist in mehreren Briefen im Däubler-Ordner im Verlagsarchiv die Rede. Vgl. auch Theodor Däubler. 1876-1934. Bearb. v. Friedhelm Kemp und Friedrich Pfäfflin. Marbacher Magazin.
45 46
30/1984, S. 37.
Däubler an den Verlag, Brief vom 25. VI.1926 aus Marienbad, Ordner Däubler. Felix Costa an Theodor Däubler, Brief vom 29.6.1926, ebd. Anfällige Korrespondenz zwischen dem Verlag und Lasker-Schüler liegt im Verlagsarchiv deshalb nicht vor, weil jene Briefordner, in die der Schriftwechsel mit nicht übernommenen Autoren abgelegt wurde (»Allgemeine Korrespondenz«), verschollen sind.
111
zur Vorauszahlung von S 3 000 im Juli 1925.47 Nach der Novelle hätte Däubler dem Verlag den Roman Herr Kollmann (»der verborgene Magier«), der sich mit Albert Kollmann (1837-1915), den er auf der Insel Capri kennengelernt hatte, befaßte, überlassen sollen, und er versprach im Februar 1926, das Manuskript bald »druckreif abliefern zu können«.48 Der Verlag leistete nicht geringe Vorschüsse, Termine verstrichen, der Roman wurde nicht fertig, wie der Autor meinte, reichten letztlich krankheitshalber seine Kräfte nicht. Däublers Ansinnen, das Novellenbuch Bestrickungen bei Zsolnay herauszubringen, scheiterte an der Ablehnung des Verlages, dem es für eine »Buchausgabe« wenig geeignet schien.49 Mit Stand von Ende 1927 war Däublers Konto beim Verlag stark belastet (S 4 754,83), und die Aussichten, es durch den Verkauf des Novellenbands aufzubessern, waren eher gering. Eine nähere Beschäftigung mit einem weiteren Werkmanuskript, das Däubler dem Verlag auf Veranlassung Paul Zsolnays im Juli 1929 übersandte, nämlich »Gesänge in Griechenland«, scheiterte an der schwer entzifferbaren Handschrift Däublers, oder wie es Felix Costa diplomatisch ausdrückt: »Leider waren wir durch die handschriftliche Fassung Ihres Manuskriptes an der Lektüre ausserordentlich behindert, sodass wir zu keiner einheitlichen Ansicht gelangen konnten.«50 Ein Vertrag mit dem Ullstein Verlag, in dem er seine »Rettung« sah, und zwar über ein noch zu schreibendes Buch, »Mein Onkel Brigantino«, das er Zsolnay offensichtlich nicht anbot, scheiterte.
8.4. Carl Sternheim Im Licht des erbitterten Streits zwischen Carl Sternheim und dem Kurt Wolff Verlag ist die offensichtliche Weigerung Wolffs, Sternheim freizugeben bzw. loszuwerden, nicht ganz einsehbar. Bei der manchmal völlig unfreiwilligen Abwerbung von Autoren - vor allem vom Kurt Wolff Verlag - und hier wäre das Beispiel
47
48
49
50
Schreiben der Buchhaltung Paul Zsolnay Verlag an Theodor Däubler, 17.5.1928, Ordner Däubler. Däubler an den Verlag, Brief vom 25. Februar 1926, ebd. Nach Auskunft der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden an den Verf. befinden sich verschiedene Fassungen des offensichtlich nicht vollendeten Romans mit einem Umfang von 650 Seiten im dort deponierten Däubler-Nachlaß. Das Werk findet bei Hanns Ulbricht (Theodor Däubler. Eine Einführung in sein Werk. Wiesbaden 1951) keine Erwähnung. Ebenso wenig bei Thomas Rietzschel (Theodor Däubler. Eine Collage seiner Biographie. Leipzig: Reclam 1988), der lediglich Däublers Bekanntschaft mit Kollmann registriert (S. 129f.). Der Zsolnay Verlag wird auch nur in einer bibliographischen Angabe genannt. Paul Zsolnay Verlag an Theodor Däubler, Brief vom 30.10.1926, Ordner Däubler. Die Novellen erschienen unter diesem Titel 1927 im Berliner Hören-Verlag. Theodor Däubler an den Zsolnay Verlag, 24.7.1929 und Felix Costa an Theodor Däubler, 7.8.1929, ebd. Näheres zu diesem Band siehe Theodor Däubler. 1876-1934, S. 77.
112
Kasimir Edschmid 51 zu nennen - spielte natürlich neben der kollegialen Weiterempfehlung auch die Tatsache eine Rolle, daß der Zsolnay Verlag ein »unbeschriebenes Blatt« war und im Unterschied zu den vielen deutschen belletristischen Verlagen wegen der Entwicklungen während der Inflationszeit sich keine »schlechte Nachrede« zugezogen hatte. Edschmid beispielsweise entschied sich für Zsolnay, »weil die Konstruktion Ihres Verlages mir am besten zusagte und ich die meiste Resonanz erwarte«. 52 Bereits seit Juli 1925 - möglicherweise schon früher - stand der Zsolnay-Verlag mit dem Dramatiker und Prosaisten Sternheim in brieflichem Kontakt. 53 Auch in diesem Fall bestand die Verlagsstrategie darin, sukzessiv die Rechte an alle Werke des Autors zu übernehmen, was bei der großen Anzahl der Sternheim-Verleger (Drei Masken Verlag, Kiepenheuer, Insel Verlag, B. Harz, Erich Reiß Verlag, Kurt Wolff Verlag) kein so einfaches Unterfangen war. Vor Aufnahme von entsprechenden Verhandlungen, die zum Teil direkt vom Verlag, zum anderen Teil durch Sternheim mit Mandat des Verlags geführt wurden, kam es zum Abschluß eines Vertrags über ein neues Werk: Lutetia. Berichte über europäische Politik, Kunst und Volksleben, das in erster Auflage (12 000 Ex.) am 29. April 1926 erschien. Die direkten Verhandlungen des Verlags mit dem Paul Steegemann Verlag führten zur Übernahme von 3 170 Exemplaren der Erzählung Fairfax (ein Schritt, zu dem Kurt Wolff nicht bereit gewesen war), die dann Anfang März 1926 auf den Markt gebracht wurden. Von Wolff wollte Zsolnay zunächst nur die Rechte auf einzelne Titel (die beiden Romane aus dem Jahr 1920 Europa und Berlin oder Juste milieu) abkaufen, doch Wolff schaltete auf stur. An dieser Haltung scheiterten die ehrgeizigen Pläne, zwei Reihen der Schriften Sternheims bis Frühjahr 1928 herauszugeben. Über die mangelnde Verhandlungsbereitschaft des Münchner Verlegers wunderte sich der Autor Sternheim, nicht aber der literarische Leiter in Wien, Felix Costa. Er müsse, wie er dem Autor mitteilt, »offen gestehen, dass uns die Stellungnahme des Kurt Wolff-Verlages nicht ganz überraschend gekommen ist. Wir hatten ja schon Gelegenheit mit dem genannten Verlag Übernahms verhandlungen zu führen, selbe (sie) abzubrechen und zu gelegener Zeit wieder aufzunehmen,
51
Dazu den ersten Brief Edschraids an den Zsolnay Verlag vom 21. August 1925: »ich habe drei Jahre nichts publiziert, um einen Gegenwartsroman zu schreiben, der, bei der Lausanner Konferenz beginnend, das lebende diplomatische und kriegerische Europa, darstellt, zum Teil mir (sie) einer grossen Handlung. Der Zufall, dass mir Kurt Wolff erzählt, dass Sie Heinrich Mann übernehmen und den Werfeischen Roman besitzen, lässt mich Sie bitten, mir das Folgende zu beantworten./Haben Sie ein grosses Interesse an diesem grossen Buch, dem sich zirka drei weitere Bücher anschliessen, ein kleinerer phantastischer Roman, eine Erzählung, ein Reise- und ein EssaiBuch?/ Welches sind Ihre Bedingungen?/Bis wann können Sie den Roman 'Generäle' edieren?« Ordner Edschmid.
52
Edschmid an Paul Zsolnay Verlag, Brief vom 29.8.1925, ebd.
53
Ein Korrespondenzordner mit dem Schriftwechsel des Autors liegt im Verlagsarchiv nicht mehr vor. Das einzige vorhandene Material findet sich in der »Vertragsmappe Stemheim«.
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um sie schließlich zu einem erträglichen Abschluss zu bringen«. 54 »Wir wollen uns,« so Costa weiter, »auch durch diese Wendung, die die Verhandlungen genommen haben, in unserer Freude nicht beeinträchtigen lassen, dass nunmehr Ihre 'Chronik' uns gehört und dass wir vor die lockende und lohnende Aufgabe gestellt sind, dieses Werk, das uns besonders am Herzen liegt, im Herbst herauszugeben.« Hier sei wenigstens »keine Überraschung mehr zu befürchten«. Costa schlug vor, eine »Pause« in den Verhandlungen mit Kurt Wolff eintreten zu lassen: »Es ist jetzt, unserer Meinung nach, unbedingt nötig, kaltes Blut zu bewahren und die Entwicklung der Dinge wach zu verfolgen, aber um Gottes willen nicht zu überstürzen. Wir sind überzeugt, dass Sie sich unserer Meinung anschliessen werden und, wie Sie es auch in Ihrem letzten Schreiben erwähnen, uns zutrauen, in dieser Sache das Richtige zu treffen« (ebd.). Über weitere Verhandlungen mit Wolff in Sachen Sternheim-Erwerbungen liegt kein Schriftwechsel vor. Wie dem auch sei, war der Auftritt von Sternheim im Zsolnay Verlag von sehr kurzer Dauer. Von der vorhin angesprochenen, vom Drei Masken Verlag übernommenen und überarbeiteten Chronik von des zwanzigsten Jahrhunderts Beginn erschienen insgesamt drei Novellenbände in einer Auflage von je 5 000 Exemplaren: 55 1. Mädchen (4.12.1926) 2. Napoleon (2.6.1927) 3. Busekow (28.11.1927). Aus der geplanten Gesamtausgabe wurde nichts, und es kam lediglich zu einem zweiten Originalwerk Sternheims im Zsolnay Verlag, nämlich zur Veröffentlichung eines »Lustspiels in 4 Aufzügen« Die Schule von Uznach oder Neue Sachlichkeit, das in einer Auflage von 5 000 Exemplaren am 22. November 1926 erschien. Warum die Zusammenarbeit mit Zsolnay nicht weiter gedieh, ist nicht bekannt. Die Verlags-Herstellkartei vermerkt lediglich, daß sämtliche dort erschienenen Bücher Sternheims am 24. März 1936 in Deutschland beschlagnahmt und eingezogen wurden.
8.5. Brod kommt zu Zsolnay Der Prager Schriftsteller Max Brod, von dem in Zusammenhang mit dem KafkaNachlaß die Rede gewesen ist, stieß etwas später als seine Kollegen Franz Werfel und Heinrich Mann zum Zsolnay Verlag. Der Grund für die Verzögerung lag einerseits in der intransigenten Haltung Kurt Wolffs, andererseits in der Angst des Autors um die weitere Pflege seiner bei Wolff verlegten Bücher und die vom Verleger gewährte Monatsrente. Und je mehr Zeit seit dem Ausklang der Inflation in Deutschland verstrich, desto weniger bereit war der Verleger Wolff, seine Autoren abwerben zu lassen, egal ob sie dies wünschten oder nicht. Wie Sternheim war er einer der tragenden Autoren des Kurt Wolff Verlags und hatte seine bisherigen 54
Felix Costa an Carl Sternheim, 17.3.1926, ebd.
55
Laut Vertrag vom 14.10.1926: »Der Verlag verpflichtet sich weiters, in Abständen von je etwa sechs Monaten je einen weiteren Band herauszugeben, welche beide Bände die übrigen Novellen der Chronik zu enthalten haben.« Ebd.
114
Werke in fast genausovielen verschiedenen Verlagen herausgebracht.56 So war im Fall Brod die Loslösung von Wolff und der Wechsel zum Wiener Verlag nach langen Verhandlungen mit Felix Costa schon im März 1925 eine fixe Sache. Ja, das Erscheinen eines neuen Romans des Dichters bei Zsolnay - es handelt sich um Reubeni57 - war ebenfalls beschlossen. Paul Zsolnay war über die »liebenswürdige Zusage« besonders glücklich, wie er Brod am 18. März schrieb: »Es drängt mich Ihnen zu sagen, wie sehr ich mich persönlich darüber freue, dass nun ein Werk von Ihnen bei uns erscheinen soll.«58 Zsolnay hatte, wie er etwa einen Monat später schrieb, den neuen Roman (Reubeni, Fürst der Juden. Ein Renaissance-Roman) »mit grösster Begeisterung gelesen« und hoffte, »dass damit eine dauernde Verbindung zwischen Ihnen und unserem Verlag in die Wege geleitet wurde«.59 Der Verlagschef versicherte dem Autor, »dass der Verlag und ich persönlich sich mit grösster Intensität für Ihr Werk einsetzen werden um Ihnen, sehr verehrter Herr Doktor, jenen ganz besonderen Rang in der modernen deutschen Literatur zu sichern auf den Sie schon lange vollsten Anspruch haben« (ebd.). Geld sollte keine Rolle spielen: »Wir haben uns entschlossen allen Ihren Wünschen - der ausserordentlichen Bedeutung Ihres Werkes entsprechend - nachzukommen.« Brod wurden beste Konditionen für den Wechsel geboten: ein Honorar von 20% des Ladenpreises, zahlbar im voraus in Schweizer Franken, die Hälfte bei Vertragsabschluß, den Rest bei Ablieferung des Manuskripts, und Zsolnay und Costa verpflichteten sich, »das Buch dem Prinzip unseres Verlages entsprechend vornehm auszustatten«. Die Antwort Brods verzögerte sich, weil der Autor »im Feuer der Schlußkapitel« seines Romans kaum dazu kam, »Atem zu schöpfen«.60 Doch nach einem Gespräch mit Felix Costa in Prag kamen dem Autor Bedenken. Es müsse, so seine Argumentation, bei der Vergabe seines neuen Romans »das Schicksal meiner bisherigen Bücher und der Rente, die ich aus ihnen von K. Wolff bezog, mitbestimmend sein«. Auf diesen Umstand hatte er Costa auch aufmerksam gemacht, wie das Besprechungsprotokoll bestätigt. »Dieses Motiv« habe nun, wie er Zsolnay am 21. Mai 1925 mitteilte, »doch den Ausschlag gegeben und mich veranlaßt, das Buch im Verlag Kurt Wolff herauszubringen«. Brod schätzte »die Vortrefflichkeit Ihres Verlags und die Ehre, die Sie mir durch Ihren Beifall erwiesen haben, außerordentlich hoch« ein und gab der Hoffnung Ausdruck, »bei einer andern Gelegenheit doch noch in Verbindung mit Ihnen zu kommen«. In seiner offiziellen Stellungnahme am 26. Mai mußte Costa diese Entscheidung respektieren, persönlich war er aber nach seinem ganzen Einsatz zutiefst enttäuscht:
56 57
Axel Juncker, Ernst Rowohlt, Kurt Wolff Verlag, R. Löwit. Der Verlag bestätigte den Empfang des Romanmanuskripts in einem Schreiben an Brod vom 6.4.1925, Ordner Brod.
58
Paul Zsolnay an Max Brod, 18.3.1925, ebd.
59
Paul Zsolnay an Max Brod, 28.4.1925, ebd.
60
Max Brod an Paul Zsolnay, 5.5.1925, ebd. 115
Ich kann es Ihnen, sehr verehrter Herr Doktor, nicht verhehlen, dass mich Ihr letzter an Herrn von Zsolnay gerichteter Brief [21.5.1925], wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen hat und ich bitte Sie darüber nicht ungehalten zu sein, wenn ich Sie ersuche mir den Gang der Ereignisse, die Sie zu einer veränderten Stellungnahme gezwungen haben ausführlicher zu schildern.
Costa fühlte sich einigermaßen düpiert, da er vor Eintritt in die Verhandlungen mit Brod diesen gefragt hatte, ob er irgendwo anderwärtig vertraglich gebunden und prinzipiell geneigt sei, Zsolnay den neuen Roman zu geben. »Die erste Frage wurde mit nein, die zweite mit ja beantwortet.«61 Man war so verblieben, daß Brod nach ca. 3 Wochen mit dem Rest des Roman-Manuskripts den Verlag in Wien besuchen und »dass dann die detaillierte Festlegung des Vertrages erfolgen« würde, (ebd.) Dr. Max Brod verhehlte mir allerdings nicht, dass er eine Reise zum Kurt W o l f f Verlag unternehmen müsse um bezüglich des Schicksals seiner anderen Bücher und seines Rentenvertrages mit Kurt W o l f f ein Arrangement zu treffen, das ihn vor Schaden bewahren soll. Dr. Max Brod gab jedoch seiner sicheren Überzeugung Ausdruck, dass ihm dies gelingen werde ohne dem Kurt W o l f f Verlag seinen neuen Roman zu geben, den er dem Zsolnay Verlag zu überlassen fest entschlossen sei. (ebd.)
Costa schloß sein Schreiben an Brod mit folgenden bewegten Worten: »Gestatten Sie noch, dass ich meinem ausserordentlichen Bedauern Ausdruck gebe, dass es mir nicht gegönnt sein wird mitzuhelfen Ihr hervorragendes Werk zum Sieg zu führen.« Der Autor bestätigte den Bericht Costas und meinte, »diese Bedenken [hätten] auch einzig und allein den Ausschlag gegeben. Denn an sich wäre es mir sehr wünschenswert gewesen, in Ihrem Verlage zu erscheinen, der mir in jeder Hinsicht (künstlerisch wie rein organisatorisch) so sympathisch ist«.62 Bei den Verhandlungen mit Wolff in München habe es sich aber gezeigt, daß wenn Brod seine früheren Bücher und ihre noch zu erhoffenden Erträge »nicht im Stich lassen wollte« er »nicht anders handeln konnte, als es dann geschehn ist. Bitte, sein (sie) Sie mir nicht böse!« (ebd.) Costa bedauerte die Tatsache, daß Zsolnay den Roman nicht bekommen würde, »unendlich« und wies darauf hin, daß sein Erscheinen in seinem Verlag auch für Brod »wahrscheinlich sehr wertvoll gewesen wäre«.63 Costa zitierte das Beispiel eines sehr umfangreichen und teuren Buches von Heinrich Mann, Der Kopf, das in etwas mehr als einem Monat in 10 000 Exemplaren abgesetzt worden wäre. Costa führte die Absage Brods letztlich auf eine »Verkettung für uns ungünstiger Umstände« zurück. Georg Heinrich Meyer vom Kurt Wolff Verlag erklärte Zsolnay, daß sein Verlag kein Interesse daran habe, ein Werk von Max Brod abzugeben, daß Verhand-
61
Verhandlungsbericht Costas für Paul Zsolnay, der im Schreiben Costas an Brod vom 26.5.1925 rekapituliert wird. Ebd.
62
M a x Brod an Felix Costa, 28.5.1925, ebd.
63
Felix Costa an Max Brod, 29.5.1925, ebd.
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lungen der beiden Seiten »verfrüht« wären und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden sollten.64 Erst im Frühjahr 1927 kam es offensichtlich wieder zu Bestrebungen, das Werk Max Brods in einem Verlag zu konzentrieren. Zsolnay, Kurt Wolff, Grethlein & Cie und der Phaidon Verlag in Wien hatten sich um die Rechte an einem neuen Roman Brods, Die Frau, nach der man sich sehnt, bemüht, doch Schloß der Autor mit Zsolnay ab: »Ich freue mich sehr«, schrieb der Autor am 22. April 1927, »mit Ihrem Verlag abgeschlossen zu haben, denn überall spricht man mit der allerhöchsten Anerkennung von Ihnen!« und schickte am selben Tag dem Kurt Wolff Verlag »den bitteren Absagebrief« (ebd.). Wolff war über diese Entscheidung »sehr betrübt« und nur deshalb nicht »gekränkt«, weil er meinte, die Entscheidung Brods wäre nur »theoretisch« und nicht endgültig. 65 Brod sollte die Konsequenzen seines Schrittes »für unsere ganze verlegerische Beziehung« und das weitere Wirken seiner Bücher bei Wolff »reiflich« bedenken: »Wenn Sie aber ernstlich daran denken sollten, hinsichtlich eines neuen Romans mit Verlegern wie Zsolnay, S. Fischer, Rowohlt oder Grethlein zu kontrahieren, so müsste eine solche Entschliessung verhängnisvoll sein« (ebd.). Dieses Argument wollte Wolff nicht näher begründen, aber der Absprung Brods zu diesem Zeitpunkt wäre »für uns jedenfalls ausserordentlich peinlich«, da der Verlag dabei war, seine belletristische Verlagstätigkeit zu intensivieren, »d.h. anstatt der vielen belletristischen Dinge, die wir früher gebracht haben, ziehen wir es jetzt vor, nur wenige Romane zu bringen, uns dafür aber umso stärker propagandistisch und vertriebsmässig einzusetzen« (ebd.). Diese Informationen waren eine Anspielung auf die Tatsache, daß es ab 1924 beim Kurt Wolff Verlag eine Programmverschiebung weg von der deutschen hin zu ausländischer Literatur, sowie in Richtung Kunstverlag gab. 66 Der Autor erhielt aus München einen Anruf, ob sein Entschluß, Zsolnay den Roman zu geben, nun doch »ein definitiver und unverrückbarer« sei.67 Brod hielt es für richtig, den Wiener Verlag von den Schritten, die der Verlag Kurt Wolff gegen ihn etwa unternehme, auf dem laufenden zu halten. Er fürchtete nämlich, daß Wolff seine alten Bücher fallen lassen und sie nicht mehr propagieren würde, sah aber dafür »vielleicht günstige Aussichten«, daß Wolff diese Werke an Zsolnay abtreten würde. »Womit ich aber durchaus nicht drängen möchte, da ich Ihre Ansicht, den richtigen Zeitpunkt ohne alle Nervosität abzuwarten für den einzig richtigen halte.« Brod meinte, es läge im beiderseitigen Interesse, Georg Heinrich Meyer anläßlich seines Besuchs in Wien »keinen Einblick in die zwischen Ihnen und mir getroffenen Vereinbarungen [zu] gewähren« (ebd.). Dieser Meinung war auch Felix Costa, der Brod über Meyers »telefonisch in gewohnt liebenswürdiger und freundschaftlicher Weise« angekün-
64
Nicht datiertes »Übereinkommen mit Herrn Georg Heinrich Meyer vom Kurt Wolff Verlag«, ebd.
65
Kurt Wolff an Max Brod, 22.4.1927. Abschrift im Ordner Brod.
66
Dazu Göbel: Der Kurt Wolff Verlag, Sp. 896ff.
67
Max Brod an den Zsolnay Verlag, 29.4.1927, Ordner Brod.
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digten Besuch informierte. 68 Costa fürchtete nur, daß es Meyer nicht gelingen würde, von ihm Näheres über das Erscheinen des neuen Brod-Romans im Zsolnay Verlag zu erfahren. Auch in dieser Phase der Verlagsentwicklung war es üblich, daß Felix Costa und Paul Zsolnay einen gemeinsamen Entschluß auf Annahme oder Ablehnung eines eingereichten Werks faßten. In seiner Initialreaktion auf den neuen Roman wollte Costa somit »Herrn v. Zsolnay in keinerlei Weise vorgreifen«, Brod aber wissen lassen, daß der Roman auf ihn »einen grossen und nachhaltigen Eindruck« gemacht hätte und daß er »nach besten Kräften« dazu beitragen wolle, »Ihrem Werk den verdienten grossen äusseren Erfolg zu verschaffen«. Das Versprechen hat Costa durch die Aufgabe zahlloser Verlagsanzeigen, darunter in allen Sonntagsblättern, auch eingehalten, so daß selbst Brod »sehr froh« war, »daß der Verlag Zsolnay mit solchem Elan sich für mich ins Zeug legt«.69 In der Tat errang der Roman nach seinem Erscheinen am 22. September mit einer Startauflage von 15 000 Exemplaren einen »Bilderbucherfolg«. Eine Meldung über den »schönen Initial-Erfolg« (Costa) folgte der anderen. Stefan Zweig schrieb Brod, er habe den Roman »mit grosser, aufrichtiger Freude« gelesen. »Er übertrifft an Zartheit und Intensität des Psychologischen alles, was Sie bisher geschrieben haben, und die Darstellung der 'kalten Liebe' scheint mir absolut vollendet. [...] Mögen Sie an Erfolg und Wirkung so viel Freude haben als an der Lektüre.«70 Eine Konstante im umfangreichen Briefwechsel mit dem Zsolnay Verlag (etwas woran sich der Autor in früheren Kurt-Wolff-Zeiten gewöhnt hatte) ist Brods Selbststeuerung der Rezeption seiner Werke. Das heißt, er wählte Meinungsmacher und Medien bewußt - fast in der Art einer Besprechungsmafia - aus, mied von vornherein Kritiker, die ihm nicht wohl gesinnt waren, und richtete sich an ein Zielpublikum. Bei seiner gezielten Werbung hat der Verlag dem Autor seine Standardrezensentenliste zukommen lassen. Der Autor wurde gebeten, besondere Wünsche anzuzeigen, wie auch Dedikationsexemplare zu unterschreiben. Wie wenige andere Autoren kümmerte sich Brod um die Lizenzvergaben für Übersetzungen, und Zsolnay war auf diesem Gebiet überhaupt außerordentlich aktiv. Zu dieser Eigen-p.r., zur Mobilisierung einer ihm wohl gesonnenen Presse, gehörte umgekehrt der Bannstrahl über bestimmte Blätter und Kritiker. So teilte Brod dem Verlag im September 1927 - knapp vor Erscheinen von Eine Frau, nach der man sich sehnt mit, daß Otto Pick, Franz Blei und die Prager Presse keine Freiexemplare bekommen sollten. Das seien, so Brod, »Kritiker, mit denen ich seit längerer Zeit unausgetragene Differenzen habe«.71 Auf Anfrage möge der Verlag antworten, dies sei »auf ausdrücklichen Wunsch des Autors« (ebd.). Der Autor »versorgte« den Verlag
68
Felix Costa an Max Brod, Mai 1927, ebd.
69
Max Brod an Felix Costa, 26.9.1927, ebd.
70
Stefan Zweig an Max Brod, 30.9.1927, ebd. Der Autor leitete diesen Brief an den Verlag weiter.
71
Max Brod an den Verlag, 7.9.1927, ebd.
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des öfteren mit z.T. langen Rezensentenlisten. Nicht allein durch persönliche Verlagsbindungen bedingt hatte der junge Zsolnay Verlag wichtige Startvorteile für seine p.r.-Arbeit. Zur »Psychologie des Verlagserfolgs« plauderte Felix Costa in einem Brief an Max Brod freimütig aus der Schule: Es ist selbstverständlich, dass wir auf die uns nahestehenden Redaktionen und Kritiker mit Nachdruck einwirken, Ihren Roman bald und ausführlich zu besprechen. Unsere Verbindungen sind natürlich nicht nur auf Wiener Redaktionen und Kritiker beschränkt, sondern wir können mit Freude feststellen, dass wir zu dem überwiegend grössten Teil der gesamten reichsdeutschen Presse in besten Beziehungen stehen. 7 2
Daß der Verlagsautor, P.E.N.-Kollege und persönliche Freund Felix Saiten, dessen Feuilleton »natürlich die grösste Bedeutung beizulegen« (Costa) sei, dazu bewogen wurde, dem Brod-Roman eine große Besprechung in der Neuen Freien Presse zu widmen, paßt ins Bild der erfolgreichen Arbeit für die Autoren. Wenige Wochen nach dem Erscheinen von Eine Frau, nach der man sich sehnt hatte der Verlag »um für alle erfreulichen Eventualitäten gerüstet zu sein« (Costa) 73 sich mit einer Neuauflage »eingehendst beschäftigt« und alle Vorbereitungen getroffen. Angesichts des raschen Verkaufs befürchtete Brod nun, daß der Roman auf dem Markt »fehlen« könnte, wovon, so Costa, »natürlich nicht die Rede sein« könne. In Grenzen sei das nur förderlich. Costa: eine Verkaufsunterbrechung aber von einigen Tagen ist unter Umständen gar nicht schlecht. Die Tatsache, dass Druckerei und Binderei bei einem Buch gewissermassen nicht nachgekommen ist, ist für das Sortiment ein unerhörter psychologischer Reiz und stärkt das Vertrauen in das betreffende Werk ganz besonders. Wir hoffen Sie, hochverehrter Herr Doktor, davon zu überzeugen, dass wir die Sache schon ganz richtig machen werden, (ebd.)
Der Roman erntete Lob von unerwarteter Seite, von Kurt Wolff, der Brod »einen ausführlichen entzückten Brief über das Buch« schickte. 74 Der Kommentar Brods: »Diese Neidlosigkeit ist ja eine schöne Geste, beirrt mich aber nicht im Mindesten in meiner Überzeugung, daß meine Zukunft beim Verlag Paul Zsolnay liegt.« (ebd.) Über den Verkaufserfolg ließ sich Brod regelmäßig informieren. 75 Am 19. November wurden weitere 10 000 Exemplare aufgelegt, kaum einen Monat später (17. Dezember) wieder 10 000 und im November des folgendes Jahrs 7 800. Der Roman hatte, wie Paul Zsolnay in einem Lizenzanbot an Simon & Schuster in den USA vermerkt, »sensationell eingeschlagen« und wäre schon 14 72
Costa an Max Brod, 17.10.1927, ebd.
73
Costa an Max Brod, ebd.
74
Brod an Costa, 22.10.1927, ebd.
75
Ein Beispiel dazu. Paul Zsolnay schrieb Brod am 11.7.1928 folgendes: »Auf Ihre Frage nach dem Absatz der 'Frau nach der man sich sehnt' möchte ich Ihnen mitteilen, dass derselbe nach wie vor gleichbleibend ausgezeichnet ist und dass wir bis jetzt über 29.000 Exemplare verkauft haben.- Selbstverständlich geschieht alles, um Ihren Roman in den Bädern zu propagieren.« Ebd.
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Tage nach Erscheinen »einer der größten Bucherfolge unseres Verlages geworden«.76 Die vorläufige Gesamtauflage nach etwa einem Jahr belief sich also auf 50 000. Die 30 000 Exemplare der Ausgabe der Bibliothek zeitgenössischer Werke im November 1929 brachten den Stand auf 80 000. Die Unterredung mit Georg Heinrich Meyer vom Kurt Wolff Verlag verlief wie erwartet: der Verlag wollte kein Brod-Werk abgeben und lediglich eine Lizenzausgabe (de facto Parallelausgabe) des Romans Franzi, oder Eine Liebe zweiten Ranges (1922) eventuell bei Ullstein zulassen. Meyer riet Brod dazu, Costa riet ihm davon ab. Vereinbart wurde lediglich, daß man »in einigen Monaten« über eine eventuelle Übergabe bzw. Übernahme von Brods »Liebesromanen«77 wieder verhandeln würde. Costa hielt dies »für den taktisch einzig richtigen« Vorgang (ebd.): »Jeder Zeitgewinn bedeutet eine Erleichterung der Verhandlungen.« Als Bestandteil der erfolgreichen »Sekundärwerbung« für seine Autoren galten von Zsolnay inszenierte gesellschaftliche Ereignisse in Wien. Im Februar 1928 wurde Brod entsprechend gefeiert - nicht einmal, sondern gleich dreimal. Im Kulturbund, dem Paul Zsolnay nahestand, hielt Brod einen Vortrag (23.3.1928) und wurde gleichermaßen durch eine Laudatio von Friedrich Schreyvogl geehrt, der P.E.N.-Club hielt einen Abend in seinem Namen ab. Paul Zsolnay veranstaltete einen großen Empfang in den Verlagsräumen zu Ehren Brods (21.3.1928) und lud alles, was in der Gegenwartsliteratur bzw. in Wiener Kritikerkreisen Rang und Namen hatte, ein. Während sich die Verhandlungen mit Meyer hinzogen, meldete Brod den Beginn einer »größeren Prosaarbeit« (;Zauberreich der Liebe) sowie eines Schauspiels über den jungen Lord Byron.78 Wenige Tage nachdem Costa dem Autor in Prag mitteilte, daß die Sachlage mit Wolff »viel günstiger als vor Monaten« aussehe und er der Ansicht sei, »dass die von uns eingeschlagene Taktik sich zu bewähren beginnt«,79 traf aus München Anfang August ein Anbot ein. Meyer machte im Namen Kurt Wolffs vier Vorschläge für die Übernahme Brods, Vorschläge, die denen bei Werfel und Mann ähnlich waren. Die »Erste Möglichkeit« sah die Übernahme sämtlicher Bücher von Max Brod mit allen Vorräten, Rechten und Verträgen zum Pauschalpreis von RM 25 000. Die »Möglichkeiten« zwei bis vier umfaßten das Angebot einer Gruppe von 5 bzw. 3 bzw. 2 Romanen Brods zu einem gestaffelten Pauschalpreis. Meyer war sehr bemüht, mit dem Autor Max Brod auf gutem Fuß zu stehen und prophezeite für das Zauberreich der Liebe einen »noch größeren Erfolg« als beim Zsolnay-Erstling: »Das ist ein ganz einfacher buchhändlerischer Erfahrungssatz; und dann könnte Zsolnay glänzend«, teilte er 76 77
78
79
Paul Zsolnay an Simon & Schuster, 18.10.1927, ebd. Das waren Weiberwirtschaft (Juncker 1913; K.Wolff 1917); Leben mit einer Göttin (K. Wolff 1923) und Franzi, oder Eine Liebe zweiten Ranges (K. Wolff 1921). Brod an Costa, Brief vom 20.6.1928, Ordner Brod. Das Schauspiel Lord Byron kommt aus der Mode (Verlagsvertrag vom 3.5.1929) erschien erst 1929 in einer Auflage von 3 000 Exemplaren. Costa an Brod, 26.6.1928, ebd.
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Brod mit, »im nächsten Jahre 'Max Brods Bücher der Liebe' herausbringen, und später-nach Abschluss der 'Neuen Christen' die 'Geschichtlichen Romane'!«80 Der erfahrene Verleger täuschte sich allerdings, obwohl der Erfolg des Zauberreichs vorprogrammiert schien. Auch in den Vorbereitungen für das Erscheinen nahm Brod regen Anteil. Sein Hauptaugenmerk galt zunächst der Plazierung von Anzeigen. Er legte »Wert darauf«, »daß mir die äußere Schlußseite der 'Neuen Rundschau' diesmal reserviert wird, was bei 'Frau, nach der man sich sehnt' leider nicht der Fall war«.81 Costa versicherte ihm, daß die Umschlagseite des JanuarHeftes der Neuen Rundschau für das Zauberreich reserviert sei. Da der Verlag, was graphische Gestaltung betrifft, seine eigene Linie entwickelt hatte, lehnte er daher Brods Vorschlag ab, ein Foto des Autors auf dem Umschlag zu bringen. Der Autor meinte ein bestimmtes, in den Verlagsräumen hängendes Foto, das sich notfalls für einen Prospekt eignen würde. Der Verlag wollte den Umschlag aber dem des ersten Romans angleichen, »was propagandistisch beiden Büchern sehr nützen wird«.82 Brod wollte eine Erstauflage von 25 000 Exemplaren, der Verlag plante 15 000, und schließlich traf man sich in der Mitte. Kaum eine Woche nach Erscheinen von Zauberreich der Liebe (30.11.1928) waren schon 10 000 Exemplare abgesetzt, was Costa als »wundervollen Start« bezeichnete, doch hielt sich der weitere Absatz in Grenzen, und es gab in den nächsten Jahren keinen Anlaß, das Buch wieder aufzulegen. Mittlerweilen arbeitete Max Brod an seinem dritten Roman für Zsolnay, und Verhandlungen mit Kurt Wolff näherten sich einem Abschluß. In der Beziehung zum Verlag begann aber nun die Bitt- und Beschwerdephase. Im Zuge des Initialerfolgs seiner Bücher trug Brod nun besondere Wünsche vor. Ihm paßte beispielsweise nicht, daß er bei der Propaganda, auf den Schutzumschlägen u.s.f., »immer gegenüber Heinrich Mann, Werfel zurückgesetzt« werde. »Doch wird sich das wohl, wenn Sie mehr Bücher von mir haben, hoffentlich von selbst ergeben.«83 Dann trug Brod einen etwas außergewöhnlichen Wunsch an den Verlag heran: dieser möge - für sein drittes Werk - zwei Verträge aufsetzen, und zwar einen fingierten, den er seiner Gattin zeigen konnte, und einen richtigen Vertrag. Von dem ganzen dürfe seine Frau natürlich nichts erfahren. Zu diesem Zweck sollte es je ein Konto (»Konto I« und »Konto separato«) geben, auf das Honorare überwiesen würden. Bei Vertrag I, also dem fingierten, betrage der Grundpreis des Buchs 4 Mark, das Honorar mickrige 13%, bei Vertrag II 4.50 Mark bzw. 20%. Gleich von Beginn der engeren Beziehung zum Verlag in Wien an hatte Brod Zsolnay und Costa gebeten, unter keinen Umständen die an ihn gerichtete Post an seine Privatadresse, sondern nur an die Redaktion des Prager
80 81 82 83
G.H. Meyer an Max Brod, 3.9.1928, ebd. Brod an Costa, ca. 8.11.1928 (nur »Montag« datiert!), ebd. Costa an Brod, 9.11.1928, ebd. Brod an Costa, 12.11.1928, ebd.
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Tagblatts zu schicken. 84 »Der Einfachheit halber«, wie sich Brod ausdrückte, würde er von nun an die beiden Verträge »Konto I« ( = fingierter Vertrag) und »Konto separate« benennen. Die Differenz der beiden Verträge sollte daher auf Konto separato, über das offensichtlich auch seine Gattin verfügte, geführt werden. Brod verheimlichte den »Verwendungszweck« des zusätzlichen Kontos dem Verlag gegenüber ganz und gar nicht: in seinem Schreiben vom 12. November 1928 bat er den Verlag »schon jetzt vom Conto separato 3 000 Mark [immerhin ein Sechstel des Gesamthonorars für den Roman] an Fräulein Anne Markgraf in Chemnitz, Henriettenstraße zu überweisen. Am besten in Scheckform.« Drei Tage später erinnerte der Autor den Verlag an die Überweisung. 85 Frl. Markgraf war schließlich auch Gegenstand einer weiteren »großen Bitte« Brods. Zsolnay und Costa möchten ihren Einfluß geltend machen um, »von allem Persönlichen abgesehen, [...] die Entdeckung eines großen Talents« zu fördern. Costa möge bei allen großen Theaterleitern in Berlin für Frl. Markgraf eintreten. Wenn Siegfried Geyer aus Wien oder einer der genannten Direktoren aus Berlin nach Chemnitz zu einer Aufführung Frl. Markgrafs fahren würden, würde er sie »vom Fleck weg« engagieren. Brod schließt mit der Feststellung, er wäre Zsolnay und Costa »für Hilfe in dieser Sache [...] unsagbar verbunden« (12.11.1928). Das Spiel Brods hinter dem Rücken seiner Frau trieb seltsame Blüten. In der Ankündigung eines baldigen Wien-Besuchs - diesmal mit seiner Ehegattin - fügt Brod noch folgendes Postskriptum bei: Da wahrscheinlich meine Frau mit mir fährt, werden wir eine gesonderte Beratung über die »Geheimsachen« arrangieren müssen- ich bitte Sie auch, mir vor meiner Frau nur den 13% Vertrag zu überreichen!! 86
Anläßlich seines Wien-Aufenthalts unterschrieb Brod am 25. November 1928 einen General vertrag mit dem Paul Zsolnay Verlag. Zsolnay erwarb damit das Recht der alleinigen Ausübung und Vertretung von Brods Autorenrechten »für alle Werke, die er im Laufe von zehn Jahren ab heute verfassen wird«. Wunschgemäß gab es nicht einen, sondern gleich zwei General Verträge. Beim einen war die Beteiligung am Ladenpreis 13%, beim anderen 20%! Zahlungen waren jeweils auf Schweizer Francs Basis in jeder gewünschten Währung zu leisten.
84
85 86
Das Spiel mit fingierten Beträgen nahm seinen Anfang im April 1927. So schrieb Brod nach Wien am 22. April: »Wollen Sie, bitte, zur Kenntnis nehmen, daß meine Adresse immer ausschließlich die oben genannte ist und daß kein Brief und keine Geldsendung oder Verrechnung an meine Privatadresse abgehen soll!! Bitte, dies ist mir äußerst wichtig.« Überdies sollten Geldüberweisungen auch nicht in seinem Namen erfolgen: »Ich bitte Sie, die Schecks nicht auf meinen Namen, sondern aus Steuerrücksichten (!) auf den Namen Heinr. Mercy Sohn (Prag) (genau in dieser Schreibweise!) auszufüllen [...].« Ebd. Brod an Costa, 5.11.1928, ebd. Brod an Costa, 23.11.1928, ebd.
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Die Sorge um das Engagement von Frl. Markgraf, die laut Brod »die besondere Eignung zur jugendlichen Salondame« habe und seiner Meinung nach überhaupt eine der wenigen heutigen Schauspielerinnen sei, »die auf der Bühne gleichzeitig jung und elegant-damenhaft wirken«,87 schien für den Prager Dichter immer mehr zu einer Schicksalsfrage für die Autor-Verleger-Beziehung zu werden. Zsolnay und Costa hätten mit der Schauspielerin Kontakt aufnehmen sollen, hätten u.a. bei Siegfried Geyer und dem Dramaturgen Franz Horch in ihrem Namen intervenieren und einen weiteren Betrag vom Conto separato überweisen sollen usw. usw. Daß einer dieser Herren zu einer Aufführung nach Chemnitz hinfahre, sei, so Brod, »überhaupt für mich die Kardinalfrage« (ebd.). Ja, sein »nächstes Arbeitsjahr« hänge durchaus davon ab. Hoffentlich reihen Sie mich deshalb nicht unter Ihre unbequemen Autoren ein. Zum Ausgleich kann ich mitteilen, dass ich heute bereits an den Studien zu meinem Lord Byron-Drama begonnen habe. Sehr beglückt hat mich Ihre gute Meinung über meinen neuen Roman. Wenn erst die Engagementfrage geregelt ist, sehe ich mit viel Hoffnung in die Zukunft, (ebd.)
Die gegenseitige Lobhudelei gehörte zum täglichen Geschäft vieler Autoren, und darin waren Zsolnay-Autoren keine Ausnahme. Nachdem Felix Saiten seinen Kollegen Max Brod in der Neuen Freien Presse prominent geehrt hatte, war es nun naheliegend, daß umgekehrt Brod in seiner Zeitung Prager Tagblatt Saltens neuen Roman Simson entsprechend würdige. Brod veröffentlichte in der Tat eine kurze Kritik nebst einer Episode aus dem Roman. Der Roman hätte ihm ja »ganz ausgezeichnet« gefallen und einen starken Eindruck auf ihn gemacht, wie er dem Verlag mitteilte. Darüber hat sich Saiten »ausserordentlich gefreut«, aber: »Andererseits kränkte es ihn sehr, dass Sie trotz dieses starken Eindrucks nur einige Zeilen im Prager Tagblatt, die nicht einmal von Ihnen unterzeichnet sind, einem Kapitel seines 'Simson' vorangesetzt haben, statt das Buch, wie er im Stillen gehofft hat, ausführlich zu besprechen.«88 Paul Zsolnay hielt sich für »verpflichtet«, Brod dies mitzuteilen, da er wisse, »wie freundschaftlich Sie zu Saiten stehen und da eine Trübung dieser Beziehung sicher ausserordentlich zu bedauern wäre« (ebd.). Das war nicht das erste oder letzte Mal, daß die Besprechung eines Verlagskollegen den Vorstellungen eines anderen nicht ganz entsprochen hat. Im Dezember 1928 kam es endlich zur Übernahme von Werken Brods aus dem Kurt Wolff Verlag. 89 Zsolnay kaufte die Verlagsrechte an fünf Romanen, von denen drei mit Verlagsimpressum auf den Markt kamen und erhielt die Lizenz, nach drei Jahren eine Auswahl aus den beim Kurt Wolff Verlag erschienenen Gedichtbänden von Max Brod zu veranstalten. Der Kaufpreis betrug Μ 10 000.
87
Brod an Costa, 28.11.1928, ebd.
88
Paul Zsolnay an Brod, 6.12.1928, ebd.
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Vertrag vom 13. Dezember 1928, Vertragsmappe Brod.
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Der Roman Tycho Brahes Weg zu Gott, der in der Wolff-Ausgabe und durch eine Ausgabe der Deutschen Buchgemeinschaft bereits stark ausgewertet war, erschien bei Zsolnay im März 1930 in einer Auflage von 5 000 Exemplaren als das 73.-77.Tsd. Einen Monat später legte Zsolnay weitere 23 000 Exemplare für eine Ausgabe der Bibliothek zeitgenössischer Werke auf, um die Gesamtauflage auf 100 000 zu erhöhen. Damit war ein Maximum erreicht. Der Versuch des Verlags, den Verkauf des Romans Zauberreich der Liebe durch eine solche Ausgabe noch einmal anzukurbeln, dürfte nicht sehr erfolgreich gewesen sein. Auch der alte Wolff-Roman Eine Liebe zweiten Ranges, der zuerst 1929 aufgelegt und dann wieder 1933 in die Bibliothek aufgenommen wurde, ging sehr schlecht. Höhere Erwartungen setzte der Verlag in Reubeni, das auch von Kurt Wolff übernommen wurde. Zsolnay legte in Ermangelung eines neues Brod-Werks im März 1930 12 000 Exemplare als »Lückenbüßer« auf, doch mußte auch dieses Buch an den Restbuchhandel abgegeben werden. Das letzte von insgesamt drei Originalwerken, das Brod bei Zsolnay erscheinen ließ, kam im Oktober 1931 in einer Auflage von 12 000 Exemplaren heraus - nicht 15 000 wie Brod verlangt hatte. Der ursprüngliche Titel hatte »Frau Phyllis oder das Jahr der Entscheidung« gelautet, doch im Einvernehmen mit dem Verlag erschien das Buch u.d.T. Stefan Rott oder Das Jahr der Entscheidung,90 Im Jahr 1933 trat für Max Brod das ein, was viele Autoren in der Öffentlichkeit gern als »Rausschmiß« eines gefühllosen Verlegers konstruierten. Das erste Werk von Max Brod, das trotz des General Vertrags mit dem Zsolnay Verlag anderswo erschien, der Roman Die Frau, die nicht enttäuscht, kam in identischen Ausgaben bei E.P. Tal in Wien und Allert de Lange in Amsterdam heraus. Im Nachwort zum Roman schrieb Brod, daß er das Buch »unter Benützung älterer Pläne etwa im Juli 1932 begonnen und im Hochsommer 1933 vollendet« hätte, was allerdings in einem gewissen Widerspruch zur Tatsache steht, daß das Erscheinen des Romans zwischen Autor und Verlag für Ende September 1933 festgesetzt war. Da wäre dieser Termin kaum realistisch gewesen. Doch warfen die Ereignisse im Dritten Reich solche Pläne über Bord, und man kam überein, den Termin in das Ermessen des Verlags zu stellen. 91 Angesichts der jüngsten Entwicklungen in Deutschland sah der Zsolnay Verlag kurzfristig keine Möglichkeit mehr, die Werke Brods zu verlegen und entschloß sich, Brod seinen Roman Die Frau, die nicht enttäuscht freizugeben, »wobei ausdrücklich festgehalten werden muss, dass durch diese Freigabe unsere generalvertragliche Abmachung in keiner Weise betroffen ist und dass diese Freigabe ausschliesslich für diesen Roman und eventuell für ein essayistisches Buch gilt, das Max Brod zu schreiben gedenkt und das die Idee der Emigration und das
90 91
Costa an Brod, 10.6.1931, Ordner Brod. Protokoll einer »Besprechung mit Max Brod vom 7.VIII. 1933«, Ordner Brod. Da heißt es: »Sollten irgendwelche Gründe massgebend werden, die das Erscheinen des Werkes innerhalb des Jahres 1933 nicht ratsam sein lassen, so erbittet sich Max Brod neue Unterhandlungen.« Zahlungstermine blieben von der neuen Abmachung unberührt.
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Schicksal von Emigranten zum Vorwurf haben wird«.92 Daß das Werk schon im Dezember 1933 auf den Markt kam (Impressum 1934!) und Druck und Bindung von Wiener Firmen, darunter der Hausdruckerei Zsolnays, durchgeführt wurden, wie Schoor angibt, läßt vermuten, daß Zsolnay entweder die Herstellung schon in Auftrag gegeben hatte und Allert de Lange die Bände übernahm, oder daß Allert de Lange nur kurze Zeit zur Herstellung benötigte. Die Erstauflage von Die Frau, die nicht enttäuscht betrug 4 000 Exemplare. Einschließlich der zweiten Auflage 1934 (Impressum 5.-8.Tsd.) waren insgesamt 7 000 Exemplare hergestellt worden. Bis August 1934 sollen, laut Schoor, fast 2 000 Exemplare abgesetzt worden sein. 93 Der Paul Zsolnay Verlag konnte nicht umhin, im ausschließlichen Interesse des Autors auch weitere Freigaben zu gestatten, denn er konnte seine Verpflichtungen aus dem Generalvertrag nicht erfüllen. Der Roman wurde in Deutschland gemäß der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 im Mai 1934 endgültig beschlagnahmt und eingezogen, der Wiener Verleger E.P. Tal konnte eine Freigabe der im Leipziger Lager vorhandenen Bände erreichen.94 92
93
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Costa aii Brod, 26.9.1933, Ordner Brod. Weiters heißt es dort: »Dr. Max Brod hat weiters dem Verlag in Aussicht gestellt, jenen Verlag, mit dem er über seinen neuen Roman abschliessen wird, zu verhalten, einen Passus in den Vertrag aufzunehmen, demzufolge das Recht an diesem Roman nach Ablauf einer Anzahl von Jahren dem Zsolnay Verlag für eine eventuelle Sammeloder Gesamtausgabe der Werke von Max Brod zur Verfügung gestellt wird.« Die Darstellung der Druckgeschichte mancher Publikationen des Allert de Lange Verlags bei Schoor (Kerstin Schoor: Verlagsarbeit im Exil. Untersuchungen zur Geschichte der deutschen Abteilung des Amsterdamer Allert de Lange Verlages 1933-1940. Amsterdam-Atlanta 1992. ( = Amsterdamer Publikationen zur Sprache und Literatur, Band 101) ist, weil stark auseinandergerissen, verwirrend, manchmal widersprüchlich: Auf S. 128, Anm. 222, gibt sie unter den »bislang bekanntgewordenen Auflagenhöhen«, was immer das sein mag, 4 000 Exemplare an. Dasselbe führt sie S. 94 an. Oben auf derselben Seite (128) ist davon die Rede, daß das Werk »das 5. bis 8. Tausend« verzeichnete. Auf S. 94 ist von einer Mitteilung Allert de Langes an E.P. Tal vom 24.1.1934 die Rede, wonach mit Beendigung des Druckes der 2. Auflage bereits 7 000 Exemplare hergestellt worden seien. Auf S. 125 gibt Schoor »Verkaufte Bücher« in einer Aufstellung bekannt. Für den Roman Brods lägen für 1933-1935 offensichtlich überhaupt keine Verkaufszahlen vor. In den Jahren 1936-1938 wurden 632 Exemplare verkauft. Schoor schreibt S. 137, daß von Brods Roman bis August 1934 1 965 Exemplare verkauft worden wären. Dafür, daß eine zweite Auflage bereits im Jänner 1934 veranstaltet wurde, wenn nach der zweiten Jännerwoche erst 730 Exemplare mehrheitlich in den Großstädten Leipzig und Berlin verkauft worden waren (Schoor, S. 137), bietet sie keine Erklärung. Der Widerspruch ist ihr offenbar nicht aufgefallen. Schoor (S. 139f.), die die einschlägige Literatur nicht zu Rate zieht, liefert eine widersprüchliche Darstellung der Verbotsgeschichte dieses Buchs. Da heißt es: »Die Werke Max Brods beispielsweise wurden zwar 1934 [recte: 1933?] auf den Listen unerwünschten Schrifttums (welchen konkret??) geführt, waren jedoch nicht generell verboten, [...].« Diese Aussage ist mißverständlich insofern, als sich die verschiedenen Listen im Umlauf auf Büchereien bezogen. Wie dem auch sei: Ein Querverweis führt nicht zur ominösen Liste Hermann im Börsenblatt vom 16. Mai 1933, wo alles außer Tycho Brahe zu »Unrat« erklärt wird, sondern zu einem nicht
125
Während Die Frau, die nicht enttäuscht in der Herstellung war, arbeitete Max Brod an einem weiteren Werk, einer »Heine-Biographie«. Gemäß dem vorhin zitierten Abkommen wurde auch dieses Werk von Zsolnay freigegeben. 95 Die formalen Abmachungen zwischen Zsolnay und Brod scheinen hinter den Abmachungen zwischen Brod und Allert de Lange nachgehinkt zu haben, ein Eindruck, der entsteht, wenn man nicht nur die Korrespondenz zwischen Zsolnay und Brod heranzieht, sondern sie mit der zwischen Brod und Allert de Lange vergleicht. Das will sagen, daß Brod hinter dem Rücken Zsolnays Vereinbarungen traf, mit denen sich letzterer später abfinden mußte. So war man in Wien verwundert darüber, in einer Ankündigung der Heine-Biographie von Allert de Lange Anfang Mai 1934 namentlich genannt zu werden, obwohl die Freigabe erst im Juni stattfand. Brod war überzeugt, daß vom Zsolnay Verlag deshalb nichts zu fürchten war, »da er ein Buch über Heine, noch dazu mit dem Untertitel 'Jüdisches Schicksal als Schicksal eines Dichters' sicherlich nicht wird verlegen wollen«.96 Daß die Autoren die Situation so auslegten, daß »der Verlag« nun keinen Wert mehr auf sie legte, war nach 1933 die Regel, so auch bei Brod, zu dessen Taktik es gehörte, dem Wiener Verlag ein schlechtes Gewissen zu machen. Es ging hier um ein Doppelspiel Brods: in Wahrheit wollte er weder im Programm des Stammhauses noch in dem der Bibliothek zeitgenössischer Werke weiter präsent sein. Zu dieser Taktik gehörte es, daß er, selbst nachdem seine sämtlichen Schriften im Reich verboten waren, den Verlag dazu anhalten wollte, alte Werke aus dem Kurt Wolff Verlag neu herauszubringen. Auch beim Druck des Werkes Heinrich Heine, das im Oktober 1934 auf den Markt kam, und das, wie ein Roman seines Bruders Otto, Die Berauschten, im November als Gemeinschaftsausgabe von E.P. Tal und Allert de Lange erschien, gab es Komplikationen. Allert de Lange und Max Brod stellten sich nämlich gegenseitig Vertragsbedingungen: Der Amsterdamer Verlag bekam Brods Heine-Werk erst dann zur Veröffentlichung, wenn er sich bereit erklärte, den Roman Otto Brods anzunehmen. Umgekehrt war der Verlag bereit, einen Vertrag für Die Berauschten aufzusetzen, erst wenn Max Brod sein Heine-Manuskript ablieferte. Die Erstauflage des Romans Otto Brods war bescheiden, der Absatz auch. Von 2 000
näher bezeichneten Artikel ebendort am 13. Mai. Wenn man die Liste 1 des schädlichen unerwünschten
Schrifttums
und
von 1935 anschaut, die Schoor wegen ihres Erscheinens im Frühjahr
1936 nicht gemeint haben kann, dann stellt man fest, daß sämtliche Schriften Brods außer dem erwähnten Tycho Brahe verboten waren. Daran änderte sich nichts mehr. Schoor spricht von Autoren, deren Werk »in Deutschland nicht verboten war«, verrät aber nicht, auf welcher Grundlage sie als verboten zu betrachten wären. 95
Dazu der Brief des Zsolnay Verlags an Max Brod vom 5.6.1934: »Der Ordnung halber bestätigen wir Ihnen nunmehr auch schriftlich, dass wir Ihnen Ihre Heine-Biographie, an der Sie jetzt arbeiten, freigeben [...].« Ebd. Unter »arbeiten« muß man allerdings den Umstand verstehen, daß Brod Ende desselben Monats an den Korrekturfahnen arbeitete!
96
Max Brod an den Allert de Lange Verlag, 5.5.1934. Archiv Allert de Lange Verlag, Internationales Archiv für Sozialgeschichte, Amsterdam, Signatur 5/295.
126
Exemplaren setzte der Verlag in den Jahren 1934 und 1935 nur 869 ab.97 Mit Max Brods Heine-Biographie ging es nicht besser. Die Auflage betrug 3 000 Stück, verkauft werden konnten 1936-1938 bloß 212. »So behinderte beispielsweise den Verkauf der Heine-Biographie Max Brods - insbesondere der für den Verlag bedeutsamen Ubersetzungsrechte - ein etwa gleichzeitig veröffentlichtes Heine-Buch von Vallentin Luchaire, das in mehreren Übersetzungen erschienen war und damit zu der Arbeit Max Brods zwangsläufig in Konkurrenz trat.«98 Die »stichhaltigen Gründe, die heute einer solchen Publikation entgegenstehen«, wie Paul Zsolnay den Zustand umschrieb, blieben aufrecht.99 Diese Klarstellung folgte auf das eher taktische Drängen Brods, der Verlag möge - in Erfüllung des Vertrags - alljährlich ein Buch von den vom Kurt Wolff Verlag übernommenen fünf Büchern herausbringen. Der Anlaß: Querido wollte den Roman Leben mit einer Göttin neu auflegen, müßte aber - zu Lasten des Brod zustehenden Honorars - zur Amortisation des Übernahmspreises einen Anteil an den Zsolnay Verlag abliefern. Der Verlag Zsolnay argumentierte nicht zu Unrecht, daß er die Bücher zu hohen Bedingungen erworben hätte und eine Veröffentlichung anderswo eine Entwertung bedeuten würde. Brod fand sich damit ab.100 Der Zsolnay Verlag machte seine Autoren dezidiert auf die Folgen des Erscheinens in einem »Emigrantenverlag« aufmerksam. Autoren, die zwar keine Alternative hatten, in die er aber kräftig investiert hatte, waren dadurch als »Verlagsobjekte« de facto wertlos. So mußte Zsolnay die Herausgabe eines nicht näher bezeichneten Novellenbands, vermutlich der im Spätherbst 1935 bei Allert de Lange erschienenen Novellen aus Böhmen, ablehnen, da, wie es in einem Brief Costas vom 4. April 1935 heißt, »der Zeitpunkt für das Erscheinen eines Buches von Ihnen bei uns noch nicht gekommen ist«. Costas Begründung: Das Erscheinen Ihres letzten Romanes bei Allert de Lange macht es wünschenswert, dass bis auf weiteres auch Ihre nächsten Bücher in einem ausserdeutschen Verlag erscheinen, da sonst ein Verbot in Deutschland leicht herausgefordert werden könnte. Wir hoffen aber zuversichtlich, dass über kurz oder lang Ihre Werke wieder bei uns erscheinen können.
Costa wollte den Autor nicht noch mehr verunsichern, aber realistisch betrachtet war der Optimismus fehl am Platz. In Anbetracht der Zeitumstände war es nicht ungewöhnlich, daß Brod und der Verlag »in materiellen Dingen« nicht immer einer 97
Schoor, S. 125. Für die folgenden Jahre fehlen die Angaben. Der Vertrag Allert de Lange-Otto Brod ist mit 3.10.1933 datiert. Siehe ebd., S. 120, Anm. 182. Zu Otto Brod siehe Max Brod: Der Prager Kreis. Stuttgart: Kohlhammer 1966 bzw. Max Brod: Der Prager Kreis. Mit einem Nachwort von Peter Demetz. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1979 (st 547).
98
Schoor, S. 129.
99
Paul Zsolnay an Max Brod, 12.12.1934, Ordner Brod.
100
Siehe den Brief Brods an Zsolnay, 16.12.1934: »Falls diese Verhandlung positiv endet, werde ich dafür sorgen, dass in den Vertrag die von Ihnen gestellten Bedingungen aufgenommen werden.«
127
Meinung waren und daß es zu Spannungen kam. Persönliche Aussprachen über »schwebende Fragen« brachten nicht immer den vollen Frieden, wie aus einem Brief Costas im Juni 1935 hervorgeht: Wir haben, hochverehrter Herr Doktor, in vollster Offenheit mit Ihnen gesprochen und glauben in der Annahme nicht fehlzugehen, dass Sie, auch wo wir Sie nicht überzeugen konnten, den Eindruck gewonnen haben, dass wir im besten Glauben handeln und dass sowohl unser Tun als unser Lassen ehrlichen Motiven entspringt. Die Zukunft wird entscheiden, ob es der rechte Weg war. Es wird sich auch in absehbarer Zeit erweisen, ob Sie in Zukunft mit uns werden gehen wollen und können. Sie selbst haben Ihrerseits sich diese Eventualität vorbehalten. Wir sind unter dieser Voraussetzung, die Ihnen völlige Entschlussfreiheit wahrt und uns nicht vor eine Aufgabe stellt, die eine Gefahrdung des Verlages bedeutet, übereingekommen, dass der zwischen uns bestehende Generalvertrag, der bis zum Jahre 1938 läuft, in Gültigkeit bleibt. 101
Nicht selten sorgten »Ramschverkäufe« für böses Blut zwischen Autor und Verlag, denn die Schriftsteller waren sich nicht darüber im klaren, daß es sich um Werke handelte, die vom Verlag bereits voll honoriert worden waren und von denen sie daher keine Tantiemen mehr zu erwarten hatten. Aber selbst in solchen Fragen zeigte der Zsolnay Verlag Großzügigkeit ohne jede rechtliche Verpflichtung. Von abverkauften Büchern, die noch nicht voll honoriert worden waren, zahlte der Verlag dem Autor seinen meist bescheidenen Anteil. Zsolnay erklärte sich noch bereit, die auf Lager befindlichen Vorräte - es handelte sich um ca. 22 000 Bücher zu belassen und sie nicht ohne Zustimmung des Autors, abgesehen vom regulären Verkauf, den es noch gab, anzutasten. Um den Autor zu beruhigen, verpflichtete sich der Verlag, bei einer allfälligen Abstoßung gewisser Posten mit -diesem ins Einvernehmen zu kommen. Daß dies vom kaufmännischem Standpunkt zum Schaden des Unternehmens erfolgte, zumal der »Ramschpreis« solcher in kleinsten Mengen verkauften Bände wohl immer geringer werden würde, liegt auf der Hand. Statt also wenigstens noch den Ramschpreis zu bekommen, waren die Lagervorräte nach der NS-Machtübernahme in Österreich endgültig wertlos. Brod war Mitte 1935 noch der Ansicht, daß seine Bücher noch »gangbar« waren. Aus dieser Überlegung heraus bat er den Verlag, »in Prospekte, die ausserhalb des deutschen Reiches verbreitet werden, die Volksausgabe Ihres 'Tycho Brahe' auf(zu)nehmen« (ebd.). Selbst gegen Ende 1937 - im September 1936 war auch noch sein Roman Annerl bei Allert de Lange erschienen - konnte Brod die schwierige Lage seines Wiener Verlags nicht richtig einschätzen. Er wollte Zsolnay einen gemeinsam mit seinem Bruder verfaßten Roman anbieten - es handelt sich um den 1938 bei Allert de Lange erschienenen Roman Abenteuer in Japan - , doch interessierte sich der Ver-
101
Costa an Brod, 7.6.1935, ebd.
128
lag vielmehr für den »Bernini-Roman«.102 Der Wunsch Brods, der Verlag möge das Erscheinen des Romans im Jahre 1939 verbindlich zusagen, konnte nicht erfüllt werden. Wie Paul Zsolnay dem Autor auseinandersetzte, konnte sich der Verlag nicht auf so lange Sicht binden. 103 Eine solche Bindung hätte praktisch nur für den Verlag und nicht für den Autor einen Wert. Zsolnay kam dem Autor dennoch entgegen und schlug eine Option vor: der Verlag würde Brod eine Garantie für 3 000 Exemplare geben und ihm einen Vorschuß zahlen. Sollte der Verlag nach Erhalt des druckfertigen Manuskriptes die Option nicht ausüben, verfiele der Vorschuß und der Roman wäre frei. Eine direkte Reaktion Brods liegt nicht vor. Er teilte Zsolnay lediglich mit, daß die Vorarbeiten zum »Bernini-Roman« »recht umfassend sein« müßten und daß sein Generalvertrag »nunmehr erloschen« sei: »Vivat sequens!«104 Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen einzelne Werke Brods im Zsolnay Verlag. 8.5.1. Brod als Vermittler (Roth, Brügel, Baum, Walser) In seinen Erinnerungen finden die 14 Jahre, während derer Max Brod dem Zsolnay Verlag verbunden war, so gut wie keinen Niederschlag. 105 Die Memoiren weisen aber kurz auf eine wichtige Funktion, die Brod auch im eigenen Interesse für den Verlag erfüllte, hin: er war der wesentlichste Vermittler der Prager deutschen Dichter. Aber einer der ersten Autoren, die Brod dem Zsolnay Verlag empfahl, war kein Prager. Es war der »Verlagsnomade« Joseph Roth, der ständig auf der Suche nach materieller Sicherheit, nach den höchsten Vorschüssen und Monatsrenten war, die den Verlag zwar zur Veröffentlichung, den Autor aber nicht zur Manuskriptabgabe verpflichteten. 106 Die von Roth verfeinerte Strategie, zwei oder mehr Verlage gegeneinander auszuspielen und seine materiellen Forderungen hinaufzulizitieren, probierte er auch bei Zsolnay mit dem Roman Zipper und sein Vater. Roth reichte das Manuskript beim Verlag ein, Paul Zsolnay las es und teilte dem Autor schon am 5. Dezember 1927 mit, er wäre »prinzipiell mit Vergnügen« bereit, den Roman im Laufe des Jahres 1928 in seinem Verlag zu veröffentli-
102
Dazu und zu den Bemühungen Brods, mit einem Werk endlich wieder einen großen Erfolg zu landen, siehe Schoor: Verlagsarbeit,
S. 210ff.
103
Paul Zsolnay an Max Brod, 13.11.1937, Ordner Brod.
104
Das kurze Schreiben an Paul Zsolnay ist nicht datiert. Ebd.
105
Max Brod: Streitbares Leben. Autobiographie.
106 v g ] joseph
München: Verlegt bei Kindler 1960.
Roth. Briefe 1911-1939. Herausgegeben und eingeleitet von Hermann Kesten. Köln-
Berlin: Kiepenheuer & Witsch 1970, S. 102. Auf diesen Brief Roths an Benno Reifenberg vom 23. April 1927 nimmt ein Brief Max Brods an die Feuilletonredaktion der Frankfurter
Zeitung
vom 30.4.1927, der im Verlagsarchiv (Ordner Brod) vorliegt, Bezug. Brod teilt mit, daß sein neuer Roman Die Frau, nach der man sich sehnt von Zsolnay erworben worden sei und für einen Vorabdruck in der Frankfurter Zeitung zur Verfügung stehe. Er fügt hinzu: »Ihr Redakteur Herr Joseph Roth war bei mir und wollte Ihnen über das Werk schreiben;«
129
chen. 107 So weit so gut. Zsolnay bat Roth, seine »ungefähren Bedingungen« finanzieller Art mitzuteilen, und der Autor kam der Bitte nach - allerdings in einer Art und Weise, die für Roth üblich gewesen sein dürfte, für Zsolnay hingegen ein wenig befremdend war. Er informierte den Zsolnay Verlag über vorliegende Angebote nach dem Motto »Wer bietet mehr?«. Der Eindruck eines »Wettbewerbs« entstand zumindest. Nicht nur das, denn die Annahme des Manuskripts war wahrscheinlich mit anderen Hypotheken finanzieller Natur belastet. Als Zsolnay dem Autor von seinem gewonnenen Eindruck schrieb, beeilte sich Roth in einem Brief vom 16. Dezember 1927, das Mißverständnis aufzuklären und ließ wissen, daß er weitere Vorschläge unterbreiten würde. 108 Noch vor Weihnachten 1927 teilte Roth dem Zsolnay Verlag mit, daß er über seinen Roman Zipper und sein Vater bereits anderweitig verfügt hätte und vertröstete den Wiener Verlag »auf ein künftiges Buch«.109 Obwohl Zweifel angebracht sind, ob der Autor bona fide verhandelt hat, versuchte er den inzwischen erfolgten Abschluß mit Kurt Wolff, der ihm eine Monatsrente von 700 Mark gewährte, mit dem Argument zu übertünchen, der Zsolnay Verlag hätte gezögert, weil er vom künstlerischen Wert nicht überzeugt wäre. Dabei waren es die finanziellen und sonstigen Forderungen, die einer sofortigen Zusage im Wege standen. Roth spekulierte damit, daß Zsolnay ihm noch mehr bieten würde, damit er zu Wolff gehen konnte, um dort 800-1 000 Mark monatlich auszuhandeln. 110 Er erreichte das, was er wollte: Im Brustton der Überzeugung teilte er Benno Reifenberg Anfang 1928 mit: »Über Zsolnay hab' ich einen vernichtenden Sieg davongetragen. Er hat mir einen demütigen Entschuldigungsbrief geschrieben. Vielleicht werde ich bei günstigem Angebot Wolff gegen Fischer eintauschen, bei nicht günstigem diesen gegen jenen ausspielen.«111 Mit »Demut« hatte der Brief Felix Costas überhaupt nichts zu tun, dafür aber ganz bestimmt der »Entschuldigungsbrief« von Roth an den Zsolnay Verlag vom 16. Dezember 1927! Auf diesen Verhandlungsstil war der erfahrene Verleger S. Fischer auch nicht besonders erpicht: »Dabei stoße ich auf Wünsche und Forderungen, die außerhalb vertraglicher Vereinbarungsmöglichkeiten liegen; die sich an den guten Glauben
107
Paul Zsolnay an Joseph Roth, 5.12.1927, Sammlung Joseph Roth, Leo Baeck Institute, New York. Für den Hinweis auf die wenigen erhaltenen Briefe zwischen dem Zsolnay Verlag und Roth bin ich Herrn Dr. Heinz Lunzer, Wien, zu Dank verpflichtet. Die geschlossene Korrespondenz liegt nicht vor.
108 109
Joseph Roth an den Zsolnay Verlag, 16.12.1927, ebd. Felix Costa an Joseph Roth, 24.12.1927, ebd. Am 27. Dezember 1927 teilte Roth Georg Heinrich Meyer mit, daß er einen neuen Vertrag mit Kurt Wolff abgeschlossen hätte.
110 111
Siehe Roths Brief an Benno Reifenberg vom 28.12.1927 (Joseph Roth Briefe, S. 114). Roth an Reifenberg, 8.1.1928. Ebd., S. 117f. David Bronsen (Joseph Roth. Eine Biographie. München: dtv 1981, S. 326f.) zitiert diese Briefpassage ebenfalls, doch bei ihm steht statt »demütigen« das Wort »wehmütigen«. Der Eingang des Manuskripts zum Roman Zipper und sein Vater ist im betreffenden Manuskriptenbuch im Verlagsarchiv vermerkt.
130
richten und vertraglich nicht formuliert werden können«, ließ er den Autor Ende Jänner 1928 wissen. 112 Erst wieder im Jahre 1932 versuchte Roth über Mittelsmänner Kontakte mit dem Zsolnay Verlag zu knüpfen. Bote war diesmal der Verlagsautor Paul Frischauer, der Ende April mit Roth zusammen in Berlin war. 113 Wenige Tage später war Frischauer wieder in Wien, wo er den literarischen Direktor Felix Costa traf. Dieser legte am 12. Mai einen Aktenvermerk an (»Besprechung Paul Frischauer wegen Joseph Roth«), in dem es hieß: »Joseph Roth bietet dem Zsolnay Verlag durch Paul Frischauer eine längere Novelle (150-180 Seiten) zur Veröffentlichung an. Als Garantie stellt er sich 3 000-3 500 Mark vor. Die Novelle könnte in 14 Tagen fertig vorliegen.«114 Möglich, daß es sich bei dieser »Novelle« um den Text »Sektionschef Fallmerayer« handelt, der im folgenden Jahr bei Allert de Lange erschien. 115 Darüber schweigt sich das Verlagsarchiv aus. Im Frühjahr 1933 befand sich der ehemalige Volontär im Verlag »Die Schmiede«, nunmehrige Prokurist des Gustav Kiepenheuer Verlags und spätere geschäftliche Leiter der deutschen Abteilung des Verlags Allert de Lange (ab Ende 1933), Walter Landauer, in Wien, um mit Zsolnay über die Übernahme Roths zu sprechen, doch soll der Verleger nicht das Geld gehabt haben, um den Autor zu »kaufen«.116 Angesichts der sich abzeichnenden Marktsituation wäre es wohl auch nicht ratsam gewesen. Nicht jeder Autor, den Max Brod dem Verlag empfahl bzw. an diesen verwies, wurde tatsächlich übernommen. So hatte Brod im September 1927 Gedichte eines ihm sonst unbekannten Wiener Autors namens Fritz Brügel zugeschickt bekommen. Für das Prager Tagblatt kaufte er zwei der Gedichte und fragte den Verlag, ob dieser sich für diesen neuen Autor interessiere.117 Der Verlag sagte zu, sich mit Brügel »sobald wir nur ein wenig freie Zeit haben, ins Einvernehmen (zu) setzen«, doch ergab sich daraus keine Zusammenarbeit. 118 Erst in den 80er Jahren wurde 112
S. Fischer an Joseph Roth, 28.1.1928, Archiv S. Fischer Verlag. Zit. nach Bronsen: Joseph Roth, S. 327. Zum Thema Joseph Roth und seine Verleger siehe Michael Faber: Joseph Roths Beziehungen zum Gustav Kiepenheuer Verlag. Ein Kapitel zum Autor-Verleger-Verhältnis in der Zeit der Weimarer Republik. In: Marginalien. Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie, 3/1991, S. 36-42. 113 Dazu die »Gemeinschaftspostkarte« von Roth, Otto Zarek, Hermann Kesten und Frischauer vom 30.4.1932 (Joseph Roth Briefe, S. 216). 114 Der Aktenvermerk liegt im Ordner Frischauer. Weitere Hinweise auf Roth finden sich dort nicht. 115 Novellen deutscher Dichter der Gegenwart. Hrsg. Hermann Kesten. Amsterdam: Allert de Lange 1933. 116 Joseph Roth. Briefe, S. 258. Der Brief Roths an Stefan Zweig ist mit 22.3.1933 datiert. 117 Brod an Costa, 26.9.1927, Ordner Brod. 118 Costa an Brod, 3.10.1927, ebd. Später werden die Gedichte Brägels noch einmal kurz erwähnt, und die Vorbereitungen auf das nahende Weihnachtsgeschäft als Grund dafür angegeben, daß der Verlag zu keinem Entschluß gekommen sei. Costa an Brod, Brief vom 25.11.1927. Das Manuskriptenbuch vermerkt »Gedichte, Die Perser«.
131
Brägel allerdings v o n Zsolnay verlegt. Eine allfällige Korrespondenz mit d e m Autor liegt nicht vor. Im Frühjahr 1927 regte Brod an, den 1883 in Pilsen geborenen Schriftsteller Oskar B a u m als Verlagsautor zu übernehmen. D e r Dichter hatte seinen blinden Freund schon 1908 zu A x e l Juncker gebracht und das Geleitwort zu seinem Erstling ( U f e r d a s e i n ) verfaßt. Baum war Brod 1913 zu Kurt W o l f f gefolgt, hatte aber mit A u s n a h m e des Drei Masken Verlags keinen »Stammverlag« gehabt. Erst z u m Jahresende war Brod in der Lage, dem Verlag das Manuskript des »Blindenromans« zur V e r f ü g u n g zu stellen. »Oskar Baums Blinden-Roman 'Ein Versuch zu leben', den ich Ihnen mündlich herzlichst e m p f o h l e n habe, könnte ich Ihnen nun senden, w e n n Sie zur Lektüre Zeit haben.« 1 1 9 Zu Beginn des neuen Jahres erbat Costa die Einsendung des R o m a n s »in 8 - 1 0 Tagen«, w a s Brod zwei Tage später bestätigte. In der z w e i t e n Jännerhälfte überreichte Brod »2 Arbeiten« Baums, und zwar, w i e vereinbart, den R o m a n »Ein Versuch zu leben« s o w i e eine N o v e l l e mit d e m Titel »Es geht so auch«. A n Paul Zsolnay heißt es: »Mit gleicher Post sende ich Ihnen heute z w e i Arbeiten meines Freundes Oskar Baum, auf den ich Sie und Herrn Costa schon eindringlich hingewiesen habe.« 1 2 0 W o c h e n später, als v o n Seiten des Verlags noch keine Entscheidung gefallen war, setzte sich Brod nochmals für B a u m e i n und sparte nicht mit Lob: Oskar Baum·. Ohne Ihre Entscheidung beeinflussen zu wollen, glaube ich doch, daß namentlich die kleine Novelle »Es geht so auch« in ihrer Grazie und Aktualität, sowie ihrer ganzen literarischen Struktur nach sehr in den Verlag passen würde. Um den Erfolg wäre mir auch nicht bange, zumal der Vorabdruck im »Berliner Tageblatt« schon eine gute Prognose stellt. - Jedenfalls sehe ich mit Spannung Ihrer Entscheidung entgegen. - Bitte dies Vorgehende nicht so aufzufassen, als ob ich den Roman von Baum fallen ließe. Im Gegenteil, ich finde ihn originell und sehr echt, ergreifend. Nur scheint mir die Novelle ein Objekt, bei dem man sich besonders leicht pro entscheiden könnte. 121
119 120
121
Max Brod an Felix Costa, 29.12.(1927], ebd. Brod an Paul Zsolnay, 31.1.[1928], ebd. Anschließend an diese Mitteilung schreibt Brod folgendes über Baum und seinen Roman: »'Ein Versuch zu leben' ist ein Blindenroman, der gewiß rühren und interessieren wird. Der Vorabdruck erschien im 'Präger Tagblatt' und 'Vorwärts' (Berlin), hat sehr gefallen. Sie wissen doch wohl, daß Baum seit seiner Kindheit blind ist. Anfangs (einige Jahre lang) sah er und hat daher starke Erinnerung an die optische Welt. Besonders möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Novelle 'Es geht so auch' hinlenken. Sie ist soeben vom Berliner Tageblatt zum Vorabdruck erworben worden. Es handelt sich um eine leichte, doch mit höchst ergriffener Kunst hingeworfene Erzählung, die schildert, wie ein atonaler Komponist aus seiner Doktrin herausfindet und den Anschluß an Licht, Liebe, Leben gewinnt, indem er seine Kunst zu einer heiteren Genre steigert! Zur Jazz Oper! Also könnte man die Novelle etwa als psychologische Vorgeschichte zu 'Jonny spielt auf auffassen und gerade diese ihre Aktualität, diese Gegenwartsverbundenheit gibt ihr eine so scharfe Profilierung, daß ich sie Ihnen zum Verlag gern empfehle.» Brod an Costa, 22.II.[1928], ebd.
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Warum der Zsolnay Verlag sich zu einer Übernahme nicht entschließen konnte, ist nicht bekannt. Baum wandte sich darauf an Engelhorn in Stuttgart.122 Auch mit der Empfehlung eines weiteren langjährigen Freunds, für den er sich schon 1911-1913 publizistisch eingesetzt hatte, Robert Walser (1878-1956), hatte Brod kein Glück.123 Wie aus den publizierten Briefen Walsers an Brod hervorgeht, hatte jener von allem Anfang an keine besonders hohe Meinung vom Zsolnay Verlag. Bereits im Oktober 1927 äußerte er sich in einem Schreiben an Brod sehr abfällig über den Wiener Verleger: Auch bei Ihnen liegt ja noch dieses und jenes Gedicht, das Sie erst noch bei Ihnen, d.h. im Prager Tagblatt veröffentlichen können, ehe Sie Schritte bei diesem Lauscheib von Zsolnay unternehmen, um diesen Schurken zu irgend etwas zu bewegen. Zsolnay ist doch eben einfach ein Romaneditorschurke, er wie ein Hase vor der Zumutung davonläuft, Lyrik veröffentlichen, d.h. verlegen zu sollen. Ich bin immerhin frohbewegt, d.h. einverstanden, wenn Sie mich gelegentlich dem Lausbuben empfehlen wollen, der, wie jeder übrige Verlegerschnuderbub, vor Gedichten zittert, was man ja begreifen kann. Wenn Sie dem Fötzelscheib schreiben, so tun Sie's bitte sehr kurz, ernst, großzügig, lieber prahlerisch als irgendwie bittend. [...] Ich würde diesem Schafseckel vorläufig kein Material vorlegen, ansonst er bloß in einen stinkenden Dünkel versänke. 124
Anläßlich eines Besuches beim Verlag in Wien dürfte Brod seinen Kollegen in einem Gespräch empfohlen haben, denn am 25. November schrieb Costa an Brod folgendes: Über die einzelnen Anregungen, die Sie, sehr verehrter Herr Doktor, uns in Wien zu geben die Güte hatten, wie über Oskar Baum, die Gedichte von Walser und über den von Ihnen vorgeschlagenen Übersetzer für das Ungarische Robert Klopstock, ferner über die Gedichte von Brägel, werden wir uns, wenn Sie es gestatten, etwas später unterhalten, jetzt müssen wir alle unsere Kraft und Zeit in den Dienst des hoffentlich gut ausfallenden Weihnachtsgeschäftes stellen.
So steht fest, daß der Verlag über die Gedichte Walsers Ende November noch keine Entscheidung getroffen hatte. Aus diesem Grund kann die vom Herausgeber mit »November 1927« vorgenommene Datierung des folgenden in Auszug zitierten Briefs Walsers an Brod nicht stimmen.
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Näheres zu Baum in Jürgen Serke: Böhmische Dörfer. Wanderungen durch eine verlassene literarische Landschaft. Wien-Hamburg: Paul Zsolnay Verlag 1987, bes. S. 131-141. Allfallige Korrespondenz mit Baum liegt im Archiv nicht vor. Dazu Bernt W. Wessling: Max Brod. Ein Porträt zum 100. Geburtstag. Gerlingen: Bleicher Verlag 1984, S. 53ff. sowie Brod: Streitbares Leben, S. 381-494. Robert Walser: Briefe. Hrsg. von Jörg Schäfer unter Mitarbeit von Robert Mächler. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1979, S. 310f. Brief vom 4. Oktober 1927. 133
Ah, da vergaß ich ja ganz, Ihnen mitzuteilen, daß Monsieur Zsolnay, Wien, die Gedichte, die ich ihm auf Ihren Rat zum Verlag anbot, ablehnte. 125
In der Korrespondenz zwischen Brod und Zsolnay - von Walser liegen im Verlagsarchiv keine Briefe vor - ist von Walser erst wieder in einem Brief des Autors vom 29. Dezember 1927 die Rede: »8.) Der beiliegende Brief von Robert Walser, schrullig und lieb wie seine Dichtung, dürfte Sie interessieren. Seine Gedichte sind ganz wundervoll schön.« Wann Walser Gedichte einreichte, läßt sich nicht präzis feststellen, das Manuskriptenbuch, das lediglich Eingangsnummer verzeichnet, führt aber zwei Einreichungen an, und zwar »Gedichte« und »Die große Hebammenkunst«. Auf Brods Brief antwortet Felix Costa am 5. Jänner 1928: »8) Für die Einsendung des Briefes von Robert Walser danke ich Ihnen herzlichst, der Brief geht anbei an Sie zurück. Könnte man nicht seine Gedichte sehen?« Darauf Brod am 7. Jänner: »An Walser schreiben Sie wohl direkt, bitte, er möge Ihnen Proben seiner schönen Verse senden.« So kann der Brief vom »November 1927« erst einige Zeit später - nach dem 7. Jänner - verfaßt worden sein. Das Ergebnis blieb gleich. 8.5.2. Ludwig Winder erscheint nicht Der Präger Schriftsteller empfahl weiters eine Übernahme seines Kollegen bei der Deutschen Zeitung Bohemia in Prag, Dr. Ludwig Winder, dessen letzte Werke bei Rikola in Wien erschienen waren. Auf Veranlassung Brods sandte Winder das Manuskript seines Romans »Die Reitpeitsche« im Mai 1928 ein. Der Verlag teilte Brod mit: »Wir freuen uns sehr über diese Einsendung und werden sofort an die Lektüre des Werkes schreiten.«126 Als er keine schnelle Reaktion bekam, fügte Brod einem Brief am 20. Juni ein Postskriptum bei: »Was sagen Sie zu Winders ausgezeichnetem Roman?« Auch hier konnte sich der Verlag nicht zu einer Übernahme entschließen. Der Roman kam noch im selben Jahr bei Ullstein in Berlin heraus. Auch Winder wurde erst in den 80er und 90er Jahren in der Reihe »Bücher der böhmischen Dörfer« von Zsolnay verlegt. 127 Weitere Manuskripte, die Winder 125
Ebd., S. 314. Costa an Brod, 31.5.1928, Ordner Brod. Näheres zu Winder bei Serke: Böhmische Dörfer, S. 143-161. Serkes Vermerk, daß Winder in keinem Autorenlexikon Österreichs bzw. der Bundesrepublik aufscheine (S. 143), ist unrichtig. Siehe Giebisch-Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs. Wien: Hollinek 1964 sowie Wilhelm Sternfeld/Eva Tiedemann: Deutsche Exil-Literatur 1933-1945. Eine Bio-Bibliographie. 2., verb, und stark erw. Aufl. Mit einem Vorwort von Hanns W. Eppelsheimer. Heidelberg: Verlag Lambert Schneider 1970, S. 547. 127 Darunter: Oskar Baum: Die Tür ins Unmögliche. Roman·, Friedrich Bruegel: Verschwörer. Roman; Ernst Sommer: Botschaft aus Granada. Roman; Sonka: Terrhan oder Der Traum von meiner Erde; Hans Natonek: Kinder einer Stadt. Roman, Blaubarts letzte Liebe. Roman; Ludwig Winder: Die nachgeholten Freuden. Roman, Der Kammerdiener. Roman, Dr. Muff. Roman; Hermann Ungar: Das Gesamtwerk. 126
134
dem Zsolnay Verlag zwischen 1929 und 1934 laut Manuskriptenbuch vorlegte, erschienen in anderen Verlagen: so z.B. die Romane Dr. Muff (Bruno Cassirer, Berlin 1931) und Steffi oder Familie Dörre
überwindet die Krise (Verlag Jul. Kittl's
Nachf., Mährisch-Ostrau, 1935). Da die Verlagskorrespondenz verschollen ist, wissen wir nicht, weshalb der Verlag den Druck ablehnte. 8.5.3. Hans Natoneks drei Romane128 Aber bei einem anderen Freund Brods, dem 1892 in Prag geborenen Feuilletonchef der Neuen Leipziger Zeitung, Hans Natonek, klappte die Zusammenarbeit mit Zsolnay, die zur Veröffentlichung von drei Romanen führen sollte. Natonek sandte Brod seinen Roman »Weichhardt erlebt nichts« im Mai 1928 mit der Bitte, »Ihnen« - gemeint ist Paul Zsolnay - »ein paar Worte darüber zu sagen«. 129 Dies tat Brod »umso lieber«, als ihm der Roman über den Buchhalter Adalbert Weichhardt »in seiner Grundkonzeption des vagantischen Mannes contra korrekte Frau, wie auch im Tempo und Handlung sehr gefallen hat« (ebd.). Brod erwähnte ein paar besonders schöne Stellen und meinte, »auch eine Fülle fein beobachteter Details« würden das Buch empfehlen, »dem man wohl (vielleicht bei geändertem Titel) einen Erfolg voraussagen« könne. Der Verlag teilte diese Annahme. Ein Vertrag vom 19. Juli 1928 gewährte Natonek ein Honorar von 15% des Ladenpreises sowie als Vorauszahlung eine Garantiesumme für 3 000 Exemplare. Noch im selben Monat teilte der Verlag Brod mit, »dass wir Natonek unsere Bereitwilligkeit erklärt haben, seinen Roman im nächsten Frühjahr herauszugeben«. 130 In der Tat kam das Buch zum vertraglich festgelegten Termin (»Frühjahr 1929«) unter einem anderen Titel, und zwar Der Mann der nie genug hat, am 15. Februar 1929 in einer Auflage von 5 000 Exemplaren heraus. Ohne weitere Hilfestellung Brods folgte der zweite Roman Natoneks, zugleich der zweite Teil seiner Geschichte des Adalbert Weichhardt, bei Zsolnay im September 1930: Geld regiert die Welt oder Die Abenteuer des Gewissens. Hier zeigen sich allerdings auffallende Diskrepanzen zwischen dem Gegenstand des - auch chronologisch gesehen - zweiten Vertrags Natoneks mit dem Zsolnay Verlag und der These Serkes vom »dritten Teil« einer »Trilogie«, der/die angeblich erst 1938 im Pariser Exil Natoneks beendet wurde und der »Ich nicht ... aber vielleicht du« betitelt ist.131 Serke irrt. In Wahrheit gab es keine Trilogie. Es handelt
128
Der Archivordner mit Korrespondenz zwischen Natonek und dem Verlag liegt nicht vor. A u f schlußreich und verwirrend zugleich sind die vollzählig erhaltenen Verträge (Vertragsmappe Natonek).
129
Brod an Paul Zsolnay, 30.5.1928, Ordner Brod.
130
Paul Zsolnay an Brod, 16.7.1928, ebd.
131
Serke: Böhmische
Dörfer,
S. 107 bzw. 116. Ein Manuskript bzw. ein Schreibmaschinendurch-
schlag - Umfang 261 Bl. - liegt im Teilnachlaß Hans Natoneks (90Na4 Natonek, Nr. 6) im Zentralen Staatsarchiv der (ehemaligen) D D R in Potsdam.
135
sich beim fraglichen Manuskript - wie eine Durchsicht ergab - vielmehr um den zweiten Teil von Geld regiert die Welt. Am 11. April 1930 Schloß Natonek nämlich einen Vertrag für seinen Roman »Ich nicht aber vielleicht Du, Versuch eines gerechten Lebens« für alle Auflagen und Ausgaben etc., und zwar zu denselben Bedingungen wie beim ersten Roman ab. Im Gegensatz zum ersten und dritten Vertrag (= Kinder einer Stadt) wurde der provisorische Titel ausnahmsweise weder vom Autor noch vom Verlag handschriftlich ausgebessert. Der festgelegte Erscheinungstermin: »Frühherbst 1930«, was also dem Erscheinen von Geld regiert die Welt entspräche. Die Gegenfrage würde lauten: warum sollte ausgerechnet für Geld regiert die Welt kein Vertrag vorliegen? Gegen die Beendigung des Romans »Ich nicht aber vielleicht Du« usw. (vgl. Serke) erst 1938 spricht zudem die Tatsache, daß die Manuskriptenbücher im Verlagsarchiv den Eingang mehrerer Manuskripte Natoneks im fragliche Zeitraum, darunter alle, die erschienen sind, registrieren: neben »Weichhardt erlebt nichts« (= Der Mann der nie genug hat) und »Lützows Lager« auch »Ich nicht aber vielleicht Du« und »Wandlungen des Herzens« (=urspr. Titel für Kinder einer Stadt). Dies leitet jedenfalls zur Annahme, daß es keine »Trilogie« gab. Wie dem auch sei: Die Verramschung der beiden erstgenannten Bände im Juni 1933 (Abverkauf an Singer, Berlin) kam der Beschlagnahmung und Einziehung im Deutschen Reich im Jahre 1935 zuvor.132 Diese Maßnahme war beim dritten Werk Natoneks, das bei Zsolnay erschien, nicht mehr notwendig, denn der Autor sorgte selber für die Entfernung des Romans vom Markt. Aber zunächst zum Vertrag, der am 25. März 1932 unterzeichnet wurde. Die Titelangabe weist mehrere Änderungen auf. Zuerst hieß er »Wandlungen eines Herzens«, anschließend »Wandlungen des Herzens«, dann »Das Duell ohne Ende« und letztlich »Duell ohne Ende« um zuallerletzt in »Kinder einer Stadt« ausgebessert zu werden. Die Beteiligung des Autors blieb unverändert, und der Erscheinungstermin wurde mit »Herbst 1932« festgesetzt. Der Roman Kinder einer Stadt erschien am 23. September in einer Auflage von 3 000 Exemplaren. Die Werbung für diese Verlagsnovität im Börsenblatt blieb auf eine ganzseitige Anzeige Anfang September und auf eine Erwähnung in einer Sammelanzeige Ende Oktober beschränkt.133 Das Buch blieb aber nur wenige Wochen am Markt. Der Autor sah sich mit einer Klage konfrontiert, eingebracht von einem Zeitungskollegen, dem gebürtigen Prager Richard Katz (1888-1968), Autor
132 133
Börsenblatt, Nr. 42, 19.2.1935, S. 144. Die Anzeige (Nr. 204, 1.9.32, S. 3477) zeigt eine Abbildung des Schutzumschlags mit folgendem Text: »Die Lebensgeschichte dreier junger Menschen, die in Liebe und Haß miteinander verbunden sind. Nach der großen Zeitwende des Kriege entzweien sie auch politische Gegensätze. Aber es geht nicht nur um Politik, sondern tiefer und menschlicher um Urpersönliches. Aus einer reichen und spannenden Handlung ersteht ein Bild des heutigen Deutschland.« Die zweite Anzeige erschien am 30.10.32. Von der Klage gegen Natonek bzw. deren Ausgang nahm das Börsenblatt keine Notiz.
136
mehrerer Essay bände und Reisebücher aber auch Romane. 134 Katz war in den 20er und 30er Jahren Chefredakteur bei Ullstein in Berlin. Als er den Natonek-Roman, den Joseph Roth mit Begeisterung gelesen hatte, 135 zu Gesicht bekam, glaubte er, sich in der Person des skrupellosen Journalisten (Arnold Widahl/Jakob Dowidal) zu erkennen und strengte einen Ehrenbeleidigungsprozeß gegen Natonek an, der in der zweiten Novemberhälfte in Berlin in Szene ging. Der Autor gab sich kampflos geschlagen, wohl weil er als Mitarbeiter an einem Ullstein-Blatt berufliche Repressalien befürchtete, und schon vor der Verhandlung, gab er seine Zustimmung zur Vernichtung des Werks. Felix Costa versuchte den aufgeregten Natonek zu beruhigen: »Wir glauben freilich, dass Sie durch den von Katz eröffneten Kampf in eine Nervenstimmung geraten sind, die es ratsam erscheinen lässt, dass Sie unserem gemeinsamen Anwalt, Herrn Justizrat Dr. Marwitz, die letzte Entscheidung überlassen, wie Sie es ja auch telefonisch erklärt haben.«136 Schon zuvor hatte der Verlagssyndikus Paul Neumann (* 15.3.1888, Wien) Natonek Mut zugesprochen und ihm nahegelegt, nicht einfach aufzugeben. Costa erklärte, »dass wir nur für den Fall, als Sie selbst dabei beharren, dass Ihr Werk eingestampft wird, nichts dagegen einwenden, woferne diese Vernichtung auf die noch nicht ausgelieferten Exemplare und auf die dem Sortiment in Kommission ausgelieferten, also rückrufbaren Exemplare beschränkt bleibt« (ebd.). Und: »Wir lehnen es hingegen ab, fest an das Sortiment verkaufte Exemplare oder auch a.o. gelieferte Exemplare, die vom Sortiment inzwischen schon verkauft worden sind, irgendwie zurückzurufen.« (ebd.) Der Zsolnay Verlag war in keiner Weise bereit, sich zur Veranstaltung einer geänderten Neuauflage zu verpflichten, wenn die Restauflage vernichtet werden müßte. In einem solchen Fall betrachtete der Verlag den Verlagsvertrag als erloschen. In seinem Bericht nach Wien vom 21. November in der Streitsache Katz/Natonek-Zsolnay Verlag meinte der Berliner Anwalt, er hätte nach seinem Plädoyer den Eindruck, »dass das Gericht sehr stark sich unserem Standpunkte zuneigte, indessen wünschte Herr Natonek, der offenbar die Nerven verloren hat, einen Vergleich herbeizuführen«. 137 Zu diesem Abschluß kam es auch: Die Antragsgegner verpflichteten sich, den Roman aus dem Verkehr zu ziehen »und bezüglich der fest verkauften Exemplare beim Sortiment in Prag darauf hinzuwirken, dass dies geschieht«, (ebd.) Zsolnay und Natonek verpflichteten sich zudem, die 134
Katz trat am 6. Dezember zu einem Vortrag in der Prager Urania auf. Zeitungsberichte erwähnen den Konflikt mit Natonek allerdings nicht. In der Prager Presse (20.10.1932, S. 4) war zuvor ein kurzer Vorabdruck aus dem Roman unter der Überschrift »Theatervereins-Ball anno 1914« erschienen.
135
Siehe Joseph Roth. Briefe, S. 236-238. Brief vom 14.10.1932. Natonek schickte der Schriftsteilem Adrienne Thomas ein Exemplar des neuen Romans, und in einem kurzen Begleitbrief beschrieb er den »Gegenstand« in wenigen Worten: »die Verzauberung durch den Hass und die Erlösung von ihm«. Brief vom 25.10.1932 (Nachlaß Adrienne Thomas, Privatbesitz Wien).
136
Felix Costa an Hans Natonek, 19.11.1932, Vertragsmappe Natonek.
137
RA Dr. Marwitz an RA Dr. Paul Neumann (Wien), 21.11.1932, ebd.
137
zurückgezogenen Exemplare einstampfen zu lassen. Natonek, der in seinen Erinnerungen meinte, er hätte das Buch »zerstört«, »weil mein Gewissen die Anklage akzeptierte und den Prozeß gegen sich selber führte«, 138 gab auch eine Ehrenerklärung ab, und zwar dahingehend, »dass er niemals die Absicht gehabt hat, mit der Person des Dowidal die Person des Antragstellers [Richard Katz], insbesondere in herabwürdigender Weise zu schildern, und bedauert, dass in beteiligten Kreisen dieser Eindruck erweckt worden ist«. Die Ehrenerklärung ging weit über diesen einen Punkt hinaus: Der Antragsteller nimmt diese Erklärung entgegen und verzichtet nunmehr auf jegliche weiteren (sie) auch aussergerichtlichen (sie) Schritte. Die Antragsgegner verpflichten [sich] für den Fall dass eine neue Auflage veranstaltet wird, die in diesem Verfahren beanstandeten Teile so umzuarbeiten, dass jede Beziehung zum Antragsteller ausgeschlossen ist. Vor Neuerscheinen dieses geänderten Romanes sind die Antragsgegner verpflichtet, den neuen Entwurf Herrn Rechtsanwalt Eyck zur Prüfung zuzustellen. Der Antragsgegner zu 2) will den Titel des Romans ändern und diesbezüglich auf die Antragsgegnerin zu 1) hinwirken. Der Antragsteller trägt seine persönlichen Auslagen des Verfahrens; die sonstigen Kosten des Verfahrens übernehmen die Antragsgegner, (ebd.)
Der Anwalt Natoneks nahm diesen Vergleichstext »nur sehr widerwillig« an und hielt ihn »nicht für angemessen«. »Indessen«, so Marwitz, »wollte Herr Natonek unter allen Umständen die Sache zu Ende bringen. Ich habe ihn auf die Gefahr hingewiesen, dass Herr Katz die Möglichkeit habe, mit diesem Vergleiche ihm auch fernerhin zu schaden. Er hat aber den Abschluss des Vergleiches vorgezogen.« Das Verlangen Katz', die Worte »aus dem Verkehr ziehen« noch näher zu definieren, wurde abgelehnt. Im neuen Jahr kam es zu einem kleinen Disput über die Aufteilung der Verfahrenskosten. Costa sah nicht ein, weshalb der Verlag alle Kosten tragen sollte: »Es geht nicht an, dass Sie, sehr geehrter Herr Natonek, der Sie schließlich durch Ihr Nachgeben im Prozess auch nach Meinung des Herrn Justizrat Marwitz den Schaden endgültig gestaltet haben, heute auf dem Standpunkt stehen, diesen Schaden ohne jeden Rückgriff auf sich selbst völlig auf den Verlag zu überwälzen. Etwas anderes ist es mit der Abdeckung dieses Schadens, für die wir Ihnen eine möglichst schonende und tragbare Form zugesagt haben.«139 Ab 1933 verlor Natonek im Gegensatz zu Max Brod jede Verbindung mit dem Zsolnay Verlag; er ging zurück nach Prag, lebte dann seit November 1938 in Paris und floh 1941 nach New York und ließ sich schließlich im Westen Amerikas, in Tucson, Arizona, nieder. Der Versuch nach dem Krieg, die Verbindung zum Wiener Verlag wieder anzuknüpfen, ging Mitte 1954 vom Autor aus. Gewissermaßen
138
Serke: Böhmische Dörfer, S. 109.
139
Felix Costa an Hans Natonek, 12.1.1933, Vertragsmappe Natonek.
138
als Komplementärstück zu seiner Autobiographie, 140 kommt einem Brief Natoneks an den Verlag vom 17. Juni 1954 besondere verlagsgeschichtliche Bedeutung zu, vor allem deswegen, weil die frühere Verlagskorrespondenz bis auf die zitierten Ausnahmen verschollen ist. Das Schicksal dieser drei Bücher lag dem Autor mehr als 20 Jahre später »am Herzen«: »sie sind ein Stück meiner Europäischen Vergangenheit«. 141 Für Natonek war es, wie er schrieb, »ein seltsames Erlebnis, sich seinem vormaligen Verleger vorzustellen, nach so vielen Jahren der Verschollenheit, Flucht und Wanderschaft«. Es war verständlich, daß Natonek neugierig war zu wissen, ob der Verlag in Wien weiterhin an den Rechten seines »Geschichtsromans« interessiert sei, ob der Verlag Kinder einer Stadt »unter verändertem Titel, unter etwaiger, leichter Umgestaltung« diesen wieder herausgeben könnte. Auf die Umstände um die Zurückziehung des Romans 1932 geht er konkret ein: Ein Wort über meinen Roman »Kinder einer Stadt,« der, wie Sie sich vielleicht noch erinnern, ein besonderes Schicksal hatte. Ich war damals gezwungen - es war kurz vor Ausbruch der Hitlerzeit - dieses Buch zurückzuziehen. Ein ungerechtfertigter, sogenannter »Schlüsselroman«Prozess drohte, meine damalige leitende Stellung als Redakteur zu vernichten. Obwohl die Direktoren und Anwälte des Zsolnay Verlages und mein persönlicher Anwalt dringend rieten, den Prozess durchzuführen, da mein Gegner ihn unmöglich gewinnen konnte, liess ich es törichterweise nicht zum Prozess kommen; entgegen den Wünschen des Verlages, dessen volle Unterstützung ich hatte, gab ich das Buch preis- ein Akt freiwilliger Selbstzerstörung, den ein Schriftsteller nicht so leicht verwindet Der Roman hatte einen guten Verkaufs-Start und glänzende Besprechungen in seiner Existenz von wenigen Tagen. Stefan Zweig, Jakob Wassermann, Heinrich Mann u.a. traten für das Buch ein und lehnten in schriftlichen Gutachten die Schlüsselroman-Anklage ab, weil jeder Roman auf irgendwelche Wirklichkeitsmodelle zurückgeführt werden kann. Ich rolle diese längst vergessene Affäre nur deshalb auf, weil die Voraussetzungen der damaligen Klagedrohung nicht mehr bestehen.
Die Prager »Zeugen,« die eine Ähnlichkeit mit einer
lebenden Person zu finden bestellt waren, existieren nicht mehr. Das Buch ist frei. Die Zeit hat die von mir nicht gewollten Schlacken einer persönlichen »Sensation« weggeläutert. Übrig bleibt, was an dem Buch wertvoll sein mag-die Legende einer vergangenen Zeit, der Zusammenbruch des Habsburgerreichs, die aus den Trümmern allmählich wuchernde Vor-Hitler-Ära. (ebd.)
An einem Wiedererscheinen der Bücher Natoneks war der Verlag vorderhand nicht interessiert. 1987 erschien Kinder einer Stadt bei Zsolnay in der Reihe »Bücher der böhmischen Dörfer«.
140 141
In search of myself . New York: Putnam 1944. Hans Natonek an Zsolnay Verlag, 17.6.1954, Ordner Natonek. Die eigenwillige Interpunktion wurde nicht geändert.
139
8.5.4. Der junge »Prager« Friedrich Torberg 1929 hatte Max Brod die Vorrede zu einem schmalen, in kleiner Auflage im Wiener Saturn-Verlag veröffentlichten Lyrikband des knapp 21 Jahre alten Friedrich Torberg verfaßt (Der ewige Refrain. Lieder einer Alltagsliebe). Nun wollte er den jungen Erzähler aus seiner Prager Tagblatt-Rtdaküon an den Zsolnay Verlag vermitteln. 142 Zu diesem Zweck legte er dem Verlag Kostproben aus dem Roman mit dem laut Torberg noch nicht, dann aber doch endgültigen Titel Der Schüler Gerber hat absolviert im Herbst zur Begutachtung vor. Nach der Aktenlage spielte sich die Übernahme Torbergs und seines Erstlingsromans nicht ganz so ab, wie der Autor 1978 in seinen Erinnerungen und sein Mentor Max Brod 1960 dies schilderten. Weder genügte ein »einfacher Empfehlungsbrief« Brods noch war das »aus wahrhaft heiterem Himmel« bei Torberg einlangende Telegramm des Zsolnay Verlags, in dem von der Annahme des Romans die Rede war, der erste Kontakt zwischen Autor und Verlag. 143 Bis auf einige typographische Änderungen wurde in den Text kaum eingegriffen. Bei den Vorbereitungen der Werbekampagne für den Roman arbeitete Torberg eifrig mit und erwies sich auf dem Gebiet der Eigenwerbung als ein durchaus gewiefter Schüler seines Mentors Max Brod. Torbergs Wunsch, den Roman im Prager Tagblatt vorabzudrucken, hielt der Verlag allerdings »nicht für günstig« und meinte, so etwas würde insbesondere in Prag »eine Schädigung der buchhändlerischen Chancen« bedeuten. Man einigte sich später darauf, einen Abschnitt aus dem Roman dort vor dem Erscheinen zu publizieren. Zum Werbekonzept Costas gehörte es, den jungen Torberg als eine Entdeckung des Zsolnay Verlags zu präsentieren, was großteils auch stimmte. Von der Usance, am Schluß des Bandes auf Werke in anderen Verlagen aufmerksam zu machen - hier konkret Torbergs Lyrikband im Saturn-Verlag - sah man bei Zsolnay ab, weil man die Ansicht vertrat, es liege absolut im Interesse des Autors und seines ersten Romans, »wenn er gewissermassen als ganz neuer Mann vor die Öffentlichkeit« trete. 144 Die Werbekampagne wurde gemeinsam ausgearbeitet: Torberg erhielt die Liste der ständigen Zsolnay-Rezensenten und ergänzte sie durch ihm »persönlich bekannte Herren« wie Hans Natonek, Emil Lucka, Oskar Baum, Robert Weltsch und Hans Reimann. Als »Pate dieses Buchs« (Costa) wurde auch Max Brod gebeten, sich für 142
Dazu Max Brod: Streitbares Leben, S. 45. Torberg erzählt, wie er zu Zsolnay kam, in: Friedrich Torberg: Pegasus im Joch. Briefwechsel mit Verlegern und Redakteuren. München: Langen Müller o.J. (1983), S. 8. In diesen Erinnerungen finden sich eine Reihe von Sachfehlern, etwa was Torbergs ersten Verleger betrifft. 143 Ebd., S. 8. Daß Torberg wußte, daß Brod dem Zsolnay Verlag Stellen aus dem Roman geschickt hatte, geht aus seinem ersten Brief an den Verlag vom 29. November 1929 hervor. Da ist von »jene(n) Stellen aus dem 1. und 6. Kapitel, die Ihnen Herr Dr. Brod seinerzeit in Wien vorgelegt hat« die Rede. Das erwähnte Telegramm vom 11.1.1930 hatte folgenden Wortlaut: »Vereinbarungsgemäss gestatten wir uns nunmehr auch formelle Verständigung dass Roman Schüler Gerber in unserem Verlag herausgegeben werden (sie) Stopp Vertrag folgt Zsolnayverlag«, Ordner Torberg. 144 Costa an den Saturn Verlag, z.H. Herrn Dr. Fritz Ungar, 18.2.1930, ebd.
140
das Buch publizistisch einzusetzen, wobei man im Verlag an eine Berliner Zeitung dachte. Am 27. Februar erschien der Roman in einer Startauflage von 5 000 Exemplaren. Da das Buch auf persönlichen Erfahrungen des »neuen Prager Autors« bzw. »neuen Prager Erzählers«, wie der gebürtige Wiener in Notizen des Prager Tagblatt und der Prager Presse einen Monat zuvor etikettiert wird, basierte, gab es in der tschechischen Hauptstadt besonders lebhafte Reaktionen, die den Autor zu »Erwiderungen« veranlaßte. Lehrer konnten sich wiedererkennen, darunter ein gewisser Prof. Arnold Schwefel, den Torberg in der Gestalt des »Gott Kupfer« verewigt hatte. Im April schrieb Torbergs Mathematiklehrer am Smichover Realgymnasium eine Postkarte an den Zsolnay Verlag mit der Bitte um ein kostenloses »Widmungsexemplar« von Torbergs Schüler Gerber-Roman. Felix Costa war »überrascht«, da ihm dieser Herr unbekannt sei und solche Bitten gewöhnlich nicht auf diese Weise an den Verlag ergingen.145 Costa meinte, man müßte Professor Schwefel fragen, wo er das Buch zu besprechen gedenke und schreibt weiter: Nun glauben wir in der Ansicht nicht fehl zu gehen, dass Professor Arnold Schwefel in näherer Beziehung zu Ihrem Buch steht oder sich doch solches einbildet. Wir schicken Ihnen anbei die Karte Professor Schwefels ein, damit Sie uns freundlichst mitteilen, ob es sich nicht vielleicht um irgend einen Streich handelt, den irgendjemand Professor Schwefel spielen will. Wir bitten Sie überhaupt um Ihre Äusserung zu diesem Fall, wobei wir betonen möchten, dass wir grossen Wert darauf legen, dass die an uns gerichtete Bitte Professor Schwefels in Prag nicht bekannt wird, (ebd.)
In der Zwischenzeit war Schwefel von einem Mitarbeiter des Prager Tagblatts zum Roman interviewt worden, und dieses Gespräch hatte eine große Zahl von Publikumszuschriften zur Folge und wurde auch von anderen Blättern aufgegriffen. Die Karte hat den jungen Autor, wie er in seiner Antwort meinte, ebenso überrascht wie diesen: Es handelt sich hier um keinen Scherz, ich kenne die Handschrift des Herrn genauer als mir lieb ist; er bildet sich auch durchaus zu Recht ein, etwas mit meinem Roman zu tun zu haben: Professor Schwefel ist nämlich mit Gott Kupfer so gut wie identisch. Ich weiss nicht, was er mit der Karte bezweckt und warum er gerade jetzt, wo die Prager Presspolemik um seine Person auf dem Höhepunkt steht, ein »Widmungsexemplar« verlangt. Mir persönlich schiene es die befriedigendste Lösung, wenn Sie sich nichts wissen machten und Prof. Sch. tatsächlich anfragten, ob und wo er das Buch zu besprechen gedenkt oder wodurch er sonst ein Recht auf ein Gratisexemplar zu haben glaubt. Aus Ihren Zeilen scheint mir hervorzugehen, dass Sie ihm andernfalls keines schicken würden. Ich habe auch nicht das geringste Interesse daran. Sondern im Gegenteil. 146
145 146
Costa an Torberg, 8.4.1930, ebd. Torberg an den Zsolnay Verlag, 14.4.1930, ebd.
141
Costa entschloß sich stattdessen, »die Karte ohne Antwort und damit die Sache auf sich beruhen zu lassen«.147 Torberg rührte die Werbetrommel in eigener Sache kräftig weiter. In kaum vier Wochen war die erste Auflage vergriffen, und es mußten weitere 3 000 Exemplare (6.-8.Tsd.) aufgelegt werden. Anfragen wegen Lizenzen für Übersetzungen trafen ein, aber zugleich begann der Verlag eine Optionsoffensive. Interesse bestand für Übertragungen ins Englische, Tschechische, Französische, Polnische, Serbische, Kroatische, Rumänische, Schwedische, Ungarische u.a. Freilich gab es auch Ablehnungen: so argumentierte Simon & Schuster in den Vereinigten Staaten, daß das Werk das amerikanische Publikum nicht ansprechen würde, »for the interest in the story is greatly dependent on an educational system quite different from that which prevails here«. Viking Press lehnte ebenfalls ab. Ähnlich urteilte Gallimard in Paris. Trotz der Qualitäten des Werks, glaubte man nicht, »qu'il puisse convenir au public francais«. In England wurde der Roman von Martin Secker abgelehnt und schließlich von Chatto & Windus angenommen. Die Ausgabe erschien im November 1932 u.d.T. The Examination, es war ihr aber kein besonderer Erfolg beschieden. Auch der selbstbewußte Autor nützte seine guten Verbindungen in Sachen Übersetzung aus. Schon bevor der Roman überhaupt auf deutsch erschienen war, machte er den Verlag bezüglich der Vergabe der amerikanischen Option darauf aufmerksam, daß sein Buch »vielleicht als europäisches Pendant zu 'Wildblühende Jugend' von dem jungen Amerikaner J.S. Carr angesehen werden« könne. 148 Kurz bevor eine dritte (und letzte) Auflage im Juli 1930 erforderlich wurde - diesmal druckte man weitere 4 000 Exemplare - las Torberg aus dem Roman im Prager Rundfunk. Der Verkaufsstand per Ende September 1935 lag schließlich bei 10 260 Exemplaren. Sein Erstling machte Friedrich Torberg - wie Robert Musil nach dem Erscheinen seines 7or/e/3-Romans (1906) - zu einem begehrten, wenn nicht unbedingt selbstgewollten Ratgeber in Sachen Jugendselbstmord und Schulstreß. Im Sommer 1931 arbeitete Torberg an der Fertigstellung eines neuen Romans, der, so der Autor, voraussichtlich den Titel »Der Kreis« führen würde. Zuerst wünschte er sich Weihnachten, dann Frühjahr 1932 als Erscheinungstermin. Aber ein Jahr sollte es noch dauern, bis der Autor das Manuskript beim Verlag ablieferte. 149 Über den Titel konnte zunächst keine Einigkeit erzielt werden. Zunächst hatte sich der Autor für »Es bleibt nicht dabei« entschieden, 150 doch dann schlug er Titel wie »Der Umweg«, »Blinde Kuh«, »Wir spielen Blindekuh«, »Der Widerspruch«, »Auf der Spur« vor, und als der zweite Roman am 13. Oktober 1932 in einer Auflage von 3 000 Ex. erschien, hieß er ganz anders: und glauben, es wäre die Liebe. Ein Roman unter jungen Menschen. Die Verlagswerbung nannte es »Ein
147
Costa an Torberg, 22.4.1930, ebd.
148
Torberg an Zsolnay Verlag, 5.2.1930, ebd.
149
Torberg an Zsolnay Verlag, 16.7.1932, ebd.
150
Ebd.
142
mutiges Buch von der seelischen Not und Sehnsucht der heutigen Jugend«. 151 Das Werk erlebte eine zweite, kleine Neuauflage Mitte Dezember. Im März 1936 wurden beide Bücher in Deutschland beschlagnahmt und eingezogen, lange, nachdem sie an Josef Singer nach Berlin verramscht worden waren. Daß Friedrich Torberg im Dezember 1932 mit dem Julius-Reich-Preis (Preisgeld S 400) ausgezeichnet wurde, hat er einer warmen Empfehlung Felix Costas zu verdanken. Andere Zsolnay-Autoren wie Mela Hartwig, Hilde Spiel und Theodor Kramer haben ebenfalls Costa den Preis zu verdanken. Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Autor und Zsolnay hatten sich schon beim zweiten Roman abgezeichnet, als Torberg angesichts des beträchtlichen Erfolgs seines Erstlings nun eine höhere Startauflage - nämlich 6 000 Exemplare - für seinen zweiten Roman verlangte. Der Verlag blieb bei 3 000, was der Autor gleich als »ein gewisses künstlerisches Urteil« - ein negatives - auffaßte. Ein dritter Roman, Die Mannschaft, den Torberg 1932 zu schreiben begonnen hatte, war vertraglich für den Zsolnay Verlag bestimmt, erschien aber nicht dort. Da Torberg einen Redakteursposten bei einer neuen Zeitung, Prager Mittag, annahm und dies seine einzige Einnahmsquelle war, konnte er Die Mannschaft nicht abschließen. Brotberuf und Schriftstellerei ließen sich zeitlich nicht vereinbaren. Der Verlag hatte ihm seit Februar 1933 eine achtmonatige Monatsrente gewährt und sich gleichzeitig ein Optionsrecht auf seine Bücher bis Juli 1937 gesichert. Felix Costa mußte aus finanziellen Gründen die Gewährung weiterer Vorschüsse, die Torberg das Aufgeben seiner Zeitungsarbeit ermöglicht hätten, ablehnen. »Sie müssen verstehen, sehr geehrter Herr Torberg, dass die heutige Erfüllung Ihrer Wünsche für uns eine schwere Verantwortung auf lange Sicht bedeutet, die wir nicht so ohne weiteres eingehen können.«152 Im April 1933 wollte Torberg einen Novellenband in einem anderen Verlag »auswerten«. Zwei Tage nach den Ereignissen in Deutschland fühlte sich Felix Costa, von Torberg auf den Band angesprochen, veranlaßt, ihm »einen ernsten Rat (zu) geben und eine Warnung aus(zu)sprechen«: Wir können uns nicht recht vorstellen, dass ein deutscher Verlag, der Ihre Bindung bezüglich Ihres Romanwerkes an unseren Verlag kennt, an die Erwerbung eines Novellenbandes ernsthaft denkt. Sollte es sich aber doch um einen normalen deutschen Verlag handeln, wie wir es sind oder wie S. Fischer etc. es ist, so werden wir gewiss die letzten sein, die Ihnen Schwierigkeiten machen. Handelt es sich aber um einen Verlag, der im weiteren oder näheren Ausland Autoren, deren Bücher in Deutschland unterdrückt oder verbrannt wurden und die selbst aus Deutschland flüchten mussten, verlegt, so müssen wir Sie bitten, sich aller Konsequenzen bewusst zu sein.
151
Anzeige im Prager Tagblatt, 15.10.1932. Ein Vorabdruck erschien ebendort in der Beilage »Der Sonntag«, 9.10.1932, S. 1, und Max Brod erwähnte das neue Werk in einer Sammelrezension in derselben Beilage unter der Überschrift »Tagebuch-Romane« am 23.10.1932.
152
Costa an Torberg, 14.4.1934, Ordner Torberg.
143
Falls Sie nämlich in einem solchen Verlag ein Buch herausgeben, so gibt es für Sie leider, wie die Verhältnisse nun einmal liegen, in absehbarer Zeit keinen Rückweg mehr. 153
Torberg verstand den Rat falsch und schrieb Costa folgendes zurück: Mir jedenfalls ist es eine Selbstverständlichkeit, die von Ihnen doch schon weitestgehend gesteckten Grenzen der Loyalität nicht zu überschreiten und etwa aus einer Situation Kapital zu schlagen, die nicht die meine ist und die mit dem in Rede stehenden Plan zu verquiken (sie) mir gänzlich ferne lag und liegt. So wenig ich im Fall einer wirklichen Gesinnungsangelegenheit auch nur die mindeste »Gleichschaltung« an mir vornehmen liesse, so wenig denke ich daran, Gesinnung als Ausrede zu gebrauchen und derart eine möglicherweise vorhandene Konjunktur auszunützen. Sollte sich Ihre leider sehr plausible Meinung bestätigen - dass nämlich ein normaler deutscher Verlag meine Novellen nicht herausbringen will - , so werden diese Novellen eben nicht erscheinen. Ich habe zwar allen Grund zu der Annahme, dass dies zu sehr grossem Teil eben eine Folge der neugeschaffenen Situation wäre: aber ich sähe dann eben keine andre Möglichkeit, als auf eine Besserung dieser Situation zu warten. 154
Eine solche Besserung war nicht in Sicht, und es dauerte einige Zeit, bis der Autor dies begreifen konnte und auf Einnahmen aus Übersetzungsrechten setzen wollte. Im Mai 1934 entschloß sich Torberg dann doch, den Posten beim Prager Mittag aufzugeben, um den Roman zu beenden. Er lieferte dem Verlag, wie vereinbart, etwa die ersten 200 Seiten des neuen Romans, bekam aber erst im August eine enttäuschende Antwort. Die Ablehnung Costas beschränkte sich nicht auf »Kleinigkeiten«: Wir müssen Ihnen gestehen, lieber Herr Torberg, dass uns die Lektüre Ihres Romans einige Schwierigkeit gemacht hat. Sie haben es sich gewiss nicht leicht gemacht und wir wollen vor allem anderen festhalten, dass wir Ihren starken künstlerischen Ehrgeiz und Ihr Streben nach einer neuen Form und geistigen Durchdringung Ihres Stoffes voll und ganz anerkennen. Trotzdem müssen wir Ihnen aufrichtig sagen, dass Ihr Buch - soweit es uns vorliegt - schwer lesbar ist, dass es Längen aufweist und dass es stilistisch, gerade mit Rücksicht auf das gewählte Thema, nicht flüssig genug ist. Mit diesem aufrichtigen Urteil wollen wir aber keinen verlegerischen Entschluss verbinden. Sie müssen uns zugestehen, dass wir auf Grund dieser Ansicht zu keinem positiven Entschluss kommen könnten; wir legen grössten Wert darauf, das ganze Werk kennen zu lernen, ehe wir uns entscheiden, und - wenn Sie uns einen Rat erlauben - auch den uns heute vorliegenden Teil gekürzt und gestrafft nochmals zu lesen. (18.8.1934)
Der Autor war, wie nicht anders zu erwarten, schwer enttäuscht. Anfang des nächsten Jahres kam man überein, sich von Torberg zumindest für diesen Roman zu trennen. In der diplomatischen Sprache Costas heißt es: »Sie haben bei Ihrem Besuch die Ansicht vertreten, dass Ihr neuer Roman 'Die Mannschaft', an dem Sie jetzt arbeiten, sich in den Rahmen unseres Verlages nicht recht fügen wird, und uns freigestellt, auf unser Erstvorlagerecht zu verzichten.« Aus diesem Grund und 153 154
Felix Costa an Torberg, 12.5.1933. ebd. Torberg an Paul Zsolnay Verlag, 15.5.1933, ebd.
144
nicht (nur) weil, wie Torberg in seinen Erinnerungen schreibt, er zu den verbotenen Autoren des Dritten Reiches gehörte, erschien der Band bei Jul. Kittl's Nachf. in Mährisch-Ostrau, einem Verlag, der geächteten Autoren eine Publikationsstätte bot. 155 Daß Torbergs Trennung vom Zsolnay Verlag in solch freundschaftlicher Atmosphäre vor sich ging, wie der Autor später darstellte, ist eine krasse Verzerrung. Als einzige Bedingung für die Freigabe mußte sich Torberg verpflichten, dem Verlag die Hälfte des Vorschusses, den Zsolnay für den Roman gezahlt hatte, bei Vertragsabschluß mit Kittl zu refundieren. Die andere Hälfte (ca. S 1 500) sollte durch Verkaufseinnahmen gedeckt werden. Und nun begann ein langwieriger Streit zwischen Autor und Verlag über die Finanzen. Torberg verstand das Entgegenkommen des Verlags als »Schuldenerlaß«, es wurde Monate hindurch hin und her interpretiert. Torberg wehrte sich gegen die Rückvergütung des Vorschusses und warf dem Verlag zudem vor, seinen Roman Die Mannschaft nicht aus künstlerischen, sondern aus politischen Erwägungen abgelehnt zu haben. Und nun ging es hart auf hart: Torberg schrieb in einem 6 Seiten langen Brief vom 12. März 1935: »Sie würden es ganz einfach deshalb ablehnen, weil Sie die Tätigkeit Ihres Verlags in Hitlerdeutschland durch Publikation eines jüdischen und womöglich noch als deklariert hitlerfeindlich verschrieenen Autors nicht gefährden wollen.« Torberg meinte, der Verlag dürfe den Vorschuß nicht zurückverlangen und kritisierte die Haltung des Zsolnay Verlags dem Dritten Reich gegenüber: Es ist nicht zu verlangen, und es fiel mir auch garnicht ein es zu verlangen. So wenig, wie es mir einfallen könnte, von Ihnen zu verlangen, dass Sie meinet- und noch ein paar andrer Autoren wegen eine Haltung einnehmen, die Sie - zweifellos nach reiflicher Überlegung - für unvorteilhaft befunden haben. Gar die Zumutung, dass Sie die Haltung Ihres Verlagsunternehmens von den Gesichtspunkten privater Gesinnung bestimmen lassen sollten, liegt mir völlig ferne. Wie es Ihnen ja überhaupt aufgefallen sein müsste, dass ich - obgleich gerade durch Manifestationen von Gesinnung in Deutschland diskreditiert - mich Ihnen gegenüber niemals hinter GesinnungsVorwänden zu verschanzen gesucht habe und im Gegenteil alle von Ihnen getroffenen Massnahmen, mögen sie auch manchenorts noch so starrköpfig als Gesinnungslosigkeiten aufgefasst werden, immer und jederzeit vom Standpunkt ihrer geschäftlichen Opportunität zu begreifen bemüht war. Ich kann und will Ihnen da ebensowenig dreinreden, wie Sie mir etwa in die Haltung meines nächsten Buchs würden dreinreden wollen - die Verhältnisse haben sich eben geändert, und ich kann es vollauf verstehen, dass Sie sich diesen geänderten Verhältnissen in einer Weise angepasst haben, welche die Absatzmöglichkeiten Ihrer Verlags-Produktion in Hitlerdeutschland nicht gefährdet. Die Publikation meines nächsten Romans würde eine solche Gefahrdung bedeuten, und es schien mir deshalb rätlich, eine vorsorgliche Lösung unserer von den geänderten Verhältnissen überholten Abmachungen herbeizufuhren. [...] Warum der Verlag Zsolnay mein nächstes Buch nicht herausbringt, ist, wie ich glaube, klargestellt: in Folge von Massnahmen, die er durchaus aus eigenem Gutdünken und durchaus zum eigenen Vorteil getroffen hat.
55
Costa an Torberg, 5.1.35. Über die Umstände schreibt Torberg in seinen Erinnerungen (Anm. 142, S. 9f.).
145
Daher, so argumentierte Torberg, sollte der Zsolnay Verlag auch die Kosten dieses Entschlusses tragen. Angesichts der vielen Vorwürfe antwortete Felix Costa erst im September und beschränkte sich dabei auf die Vorschußfrage. Er bat Torberg, den Zsolnay Verlag nicht zu zwingen, »unser Recht bei Ihrem neuen Verlag geltend zu machen«. Costa setzte eine Frist bis 15. September zur Bereinigung der Sache.156 Torberg ging zu einem Anwalt, der dem Verlag vorwarf, den Gerber-Roman ohne Wissen des Autors verramscht zu haben und ihm das restliche Honorar für 1 740 Exemplare nicht verrechnet zu haben. Vom zweiten Roman wären 3 275 der 4 000 aufgelegten Bände verkauft, der Rest verramscht und dem Autor nicht gutgeschrieben worden. Der Anwalt wollte wissen, ob der Zsolnay Verlag dies alles gar »absichtlich verschwiegen« hätte. Die Schreiben des Anwalts an den Zsolnay Verlag erhoben eine Grundsatzfrage, nämlich welche Rechte und Pflichten Autor und Verlag bei der Verramschung von Verlagswerken eigentlich hätten. Der Rechtsvertreter Emil Ludwigs z.B. hatte nach der Vertragsauflösung ein Gerichtsverfahren gegen den Verlag angestrengt. Hier vertrat Felix Costa die Ansicht, daß der Autor über seine Verlagsrechte frei verfüge und der Verlag mit den Restexemplaren tun könne, was er wolle. Der Konflikt zwischen Torberg und dem Paul Zsolnay Verlag wurde letztlich ohne Bemühung des Gerichts beigelegt, zumindest schien es so. Es wurde im Dezember 1935 vereinbart, daß der Autor zur Abdekkung seiner Schuld nur S 750 an den Verlag zahlen solle, doch hat der Autor seine Zustimmung nie erteilt. Torberg hielt alle Abmachungen mit dem Verlag für »hinfällig«.157 Mehr noch: er sprach dem Verlag das Recht ab, Übersetzungen seiner Werke zu placieren und erklärte das Vertragsverhältnis für erloschen: Ich möchte hier mit aller Klarheit feststellen, dass sämtliche Rechte an meinen bei Ihnen erschienenen Werken »Der Schüler Gerber hat absolviert« sowie »-und glauben, es wäre die Liebe« infolge der szt. widerrechtlich und gegen meinen Willen erfolgten Verramschung dieser Werke an mich zurückgefallen
sind und dass vollends mit dem 29. Juli 1937 überhaupt jede
vertragliche
Bindung zwischen uns erloschen ist. Sie haben unter diesen Umständen - deren Eintritt Ihnen bisher vielleicht entgangen ist - weder die Möglichkeit, für mich Übersetzungen abzuschliessen, noch auch Anspruch auf eine prozentuale Beteiligung an meinen fremdsprachigen Honoraren, (ebd.)
Aus Gründen der Loyalität, wie er meinte, genehmigte Torberg dem Verlag eine Beteiligung am Honorar für eine tschechische Übersetzung. Zu »einer Art Stillhalte-Abkommen«, nicht aber zu einer Bereinigung der Schulden Torbergs beim Zsolnay Verlag dürfte es letztlich gekommen sein...158
156
Costa an Torberg, 6.9.1935, Ordner Torberg.
157
Torberg an Paul Zsolnay Verlag, 5.12.1937, ebd.
158
Torberg an Paul Zsolnay Verlag, 3.3.1938, ebd. Es ist dies die letzte Korrespondenz zwischen Autor und Verlag bis 1953.
146
9. Das zweite Verlagsjahr 1925
9.1. Eine Produktionsübersicht Im zweiten Jahr stieg die Titelproduktion auf 26 (also insgesamt 44), doch ist der quantitative Sprung in erster Linie darauf zurückzuführen, daß man allein zehn Bände von Heinrich Mann und weitere vier von John Galsworthy auf den Markt brachte. Zwei Titel von Felix Saiten, der im Dezember 1924 mit dem Essayband Geister der Zeit debütiert hatte, und ein Werk von Hans Kaltneker rundeten - mit 17 Titeln - die Liste der bereits einmal verlegten Autoren unter den Neuerscheinungen ab, von denen mehr als die Hälfte (15) in den Monaten November und Dezember herausgebracht wurden. Auffallend blieb - was das äußere Erscheinungsbild betrifft und wenn man von Heinrich Mann als neuem Autor absieht - die Vorherrschaft ausländischer Literatur. Von den vier neuen deutschschreibenden Autoren (Meier-Graefe, Bela Baläzs, Theodor Däubler und Paul Frischauer) wurde lediglich der letztgenannte zum Stammautor des Verlags. Nach dem Band Der Phantasie-Reiseßhrer, d. i. ein Baedeker der Seele flir Sommerfrischler erschien von Baläzs (1884-1949) kein weiteres Werk bei Zsolnay, obwohl der Autor bereits am 5. Juli 1926 einen Vorvertrag auf den Roman »Zwei gehen in die Welt« unterzeichnete. Der Verlag hatte Baläzs gebeten, durchgreifende Änderungen am Text durchzuführen und das Manuskript neuerlich einzureichen. Der »erotische Roman« wurde dem Verlag erneut u.d.T. Unmögliche Menschen vorgelegt, dann doch nicht angenommen. Schon im März 1924 hatte der neugegründete Atlantische Verlag in Wien den Roman, von dem Teile schon 1922 in ungarischer Sprache (Isten tenyerin) erschienen waren, 1 angekündigt. Erst 1930 kam der Roman in Frankfurt bei Rütten & Loening auf den Markt. Im zweiten Verlagsjahr mußten von sechs Titeln Neuauflagen veranstaltet werden, und zwar Verdi (Werfel), Fräulein Else (A. Schnitzler), Ariane (Anet), Briefe (Gustav Mahler) sowie Der Patrizier und Forsyte Saga (Galsworthy). In der Reihenfolge des Erscheinens sah die Produktion im Jahre 1925 folgendermaßen aus:
Dazu Miklös Szabolcsi: Bela Baläzs und sein Roman »Unmögliche Menschen«. In: Studien zur Geschichte der deutsch-ungarischen literarischen Beziehungen. Berlin: Akademie-Verlag 1969, S. 435-452. Vom Versuch Baläzs', den Roman bei Zsolnay unterzubringen, ist dort nicht die Rede. Im Zeitraum 1927-1929 hat der 1926 nach Berlin übersiedelte Baläzs dem Verlag auch folgende Manuskripte vorgelegt: »Drei Novellen«, »Drei Mysterien«, »Der letzte Tag«, »Das Geschlecht des Herzens«.
147
19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44.
John Galsworthy: Fenster Julius Meier-Graefe: Kurve Anton Tschechow: Tragödie einer Jagd Heinrich Mann: Der Kopf Felix Saiten: Neue Menschen Bela Baläzs: Der Phantasie-Reiseführer John Galsworthy: Der Patrizier Hans Kaltneker: Dichtungen Fred Berence: Gerichtstag Tolstoj: Briefe John Galsworthy: Forsyte Saga Paul Frischauer: Dürer Heinrich Mann: Diana Heinrich Mann: Minerva Heinrich Mann: Venus Heinrich Mann: Das Schlaraffenland Heinrich Mann: Jagd nach Liebe Heinrich Mann: Professor Unrat Heinrich Mann: Zwischen den Rassen Heinrich Mann: Kleine Stadt Theodor Däubler: Schatz der Insel Heinrich Mann: Der Untertan Maurice Baring: Triangel Felix Saiten: Bob und Baby Richard Strauss: Briefe John Galsworthy: Sensation
5. Januar 12. Januar 10. März 7. April 22. April 1. Juli 1. Juli 5. August 10. September 17. September 28. Oktober 5. November 19. November 19. November 19. November 19. November 19. November 19. November 19. November 19. November 19. November 26. November 27. November 28. November 9. Dezember 28. Dezember
9.2. Russische Literatur und die »Ausländerei« Bereits im zweiten Jahr der Verlagstätigkeit wurde zögernd begonnen, auch russische Literatur zu verlegen. Wie der Konkurrenzverlag S. Fischer kam auch der neue Zsolnay Verlag bei der Vermittlung der jungen Sowjetliteratur an den Vorreiter, den Malik-Verlag, nicht entfernt heran. 2 Es entsprach zwar der Leitlinie des Wiener Verlags, wertvolle Literatur aller Nationen, also auch russische Literatur ins Programm zu nehmen, doch fehlte, wenn man etwa den Malik-Verlag als Vergleich heranzieht, jeder programmatische, gesellschaftspolitische, revolutionäre Ansatz in der Auswahl der Werke. Man kann der These zustimmen, daß es Zsolnay mit der russischen Literatur »um die Vermittlung eines der Wahrheit entspre-
2
Siehe H.-D. Müller: Der Malik-Verlag als Vermittler der jungen Sowjetliteratur in Deutschland 1919-1933. In: Zeitschrift für Slawistik Verlag. In: Buchhandelsgeschichte,
7 (1962), S. 720-738; Gabriele Leschke: Der Malik-
1985/3, S. Β 81-B 98; Frank Hermann: Der Malik-Verlag
als »Wirtschaftsuntemehmen«. In: Marginalien.
Zeitschrift
für
Buchkunst
und
Bibliophilie,
106. Heft, 1988, S. 1-26 sowie ders.: Barger, Gumperz, Herzfelde und die Entwicklungsjahre des Malik-Verlages. In: Ebd., 109. Heft, 1988, S. 43-52.
148
chenden Bildes der Sowjetunion« ging. 3 Es ist aber mehr als fraglich, ob es bei ihm »um die Sympathieerklärung eines von der deutschen Wirklichkeit enttäuschten bürgerlichen Intellektuellen für die umgestaltenden Kräfte im östlichen Nachbarstaat« (ebd.) ging. Es ist sogar anzunehmen, daß Zsolnay, der sich gewiß nicht als »bürgerlicher Intellektueller« verstand und für den Deutschland gewiß nicht der »östliche Nachbarstaat« (wie es in langjähriger DDR-Diktion hieß) war, mit einer solchen »Analyse« gar nichts anzufangen gewußt hätte. Zsolnay und Costa waren Ästheten und keine Gesellschaftstheoretiker, und ausschlaggebend scheinen in ihrer Annahmepolitik ausschließlich ästhetische Kriterien gewesen zu sein. Zsolnay und Costa zeigten keinerlei »Berührungsängste« gegenüber solcher Literatur und schreckten gewiß nicht vor revolutionären Inhalten zurück, betrieben aber eine eher passive als aktive Politik. Wohl aber gebührt dem Zsolnay Verlag das Verdienst, mehrere russische Autoren zum ersten Mal in Deutschland, wenn nicht durchgesetzt, so doch bekannt gemacht zu haben. An einen sukzessiven Aufbau der meisten Autoren war deshalb kaum zu denken, weil die Rechte und Werke meist verstreut waren. Andererseits war der Verlag vergeblich bemüht, in dem einen oder anderen Fall die Verwaltung aller Nebenrechte bei sich zu konzentrieren und Optionen auf künftige Werke zu sichern. Mit der russischen Literatur gab es auch noch ein weiteres Problem, nämlich der Umstand, daß sie - sofern sie nicht zuvor als russische Originalausgabe in Deutschland (etwa im Berliner Petropolis Verlag) erschienen war und daher den Schutz des Berner Übereinkommens genoß - nicht urheberrechtlich geschützt war. So war ein deutscher Verleger gegen tantiemenfreie Raubdrucke meist machtlos. Alle elf Werke der russischen Literatur, die Zsolnay zwischen 1925 und 1933 verlegte, wurden durch Vermittler herangetragen, und keines dieser Werke brachte es auf einen »Achtungserfolg«. Die zehnte Neuerscheinung des Jahres 1925 war ein Band von Tolstojs Briefen an seine Frau in einer Auflage von 4 000 Exemplaren. Ein Großteil der Auflage mußte 1933 verramscht werden. Die Anregung zur Veröffentlichung des Bandes kam vom russischen Übersetzer Dmitrij Umanskij, der sich im Oktober 1924 diesbezüglich an den Verlag in Wien gewendet hatte und auch weitere Werke vermitteln sollte. Der Verkauf ließ derart zu wünschen übrig, daß der Verlag solche Publikationen überhaupt aufgab. Die Idee Umanskijs 1926, einen Band mit Lenins Briefen, wie 1928 einen Band mit Briefen zum 25. Todestag von Tschechow herauszugeben, fand Felix Costa wenig erfolgversprechend: »In Deutschland besteht heute nicht nur nicht Neigung zu einem solchen Briefband, sondern sogar strikte Ablehnung.«4 Einen bescheidenen Erfolg errang der Zsolnay Verlag mit drei Werken von Anton Tschechow. So war der Roman Die Tragödie auf der Jagd mit einer Gesamtauflage von 15 000 Exemplaren vergleichsweise ein Bestseller, der sogar während des Kriegs (September 1940) wohl aus Propagan-
3
4
Christa Schwarz: Die Stellung der sowjetischen Belletristik im deutschen Verlagsschaffen 1917 bis 1933. In: Beiträge zur Geschichte des Buchwesens (Leipzig), 4 (1969), S. 7-161. Hier S. 72. Costa an Umanskij, 2.8.1928, Ordner Leonow.
149
dagründen neu aufgelegt wurde. Die ebenfalls vom »Hausübersetzer« Dr. Richard Hoffmann (1892-1961) übertragenen Novellenbände Der schwarze Mönch
(1926)
und Anjuta (1928) - Auflage jeweils 5 000 - blieben hinter den Erwartungen zurück und mußten Anfang 1933 an den Restbuchhandel abgegeben werden. Große Hoffnungen setzte man auf Leonid Leonow ( * 31.5.1899, Moskau), der auf Empfehlung Umanskijs zum Verlag stieß. Da dem Verlag Übersetzungsproben aus dem Roman Die Dachse »ausserordentlich gefallen« und einen »unerhört starken Eindruck [...] auf uns gemacht« hatten, entschied sich der Zsolnay Verlag, mit Umanskij abzuschließen. Unter dem Titel Die Bauern von Wory kam der Roman am 3. Juli 1926 in einer Auflage von 5 000 Exemplaren in den Handel. Das Werk fand aber weder beim Publikum noch in der Presse Beachtung: Übersetzer wie Autor waren vom Absatz enttäuscht. Felix Costa über die Gründe dafür: »Ich muss sagen, dass Sie damit Leonow, sich selbst und dem Werk unrecht tun, denn Sie kennen die deutschen literarischen und buchhändlerischen Verhältnisse gut genug, um zu wissen, dass sich unter den gegebenen Verhältnissen der literarischen Interesselosigkeit und der wirtschaftlichen Bedrängnis nicht so ohne weiteres durchsetzen lässt.«5 Dem Erscheinen eines Romans in zwei Bänden -Der
Dieb
(Aufl.
5 000) - zwei Jahre später (November 1928) ging ein langer Streit über die mangelhafte Qualität der Übersetzung voraus, und trotz der eingestandenen literarischen Vorzüge sollte Costa mit der Feststellung, »dass es nicht leicht durchzusetzen sein wird«, Recht behalten. Von einer Vorankündigung des Werks im Börsenblatt hatte man wohlweislich abgesehen, da die Publikation im Zsolnay Verlag ungeschützt wäre. Mit Leonows letztem Werk, Aufbau.
Roman aus Sowjetrussland
(russ. Sotf), das man vorsichtshalber in einer Auflage von nur 3 000 Exemplaren im November 1930 auslieferte, hatte der Verlag auch wieder Pech: Als das Buch auf der ersten »Schwarzen Liste« betr. öffentliche Büchereien am 16. Mai 1933 aufschien, wurde es abgestoßen. Umanskij machte zeitweise Listen von russischen Autoren, um dem Verlag, wie er meinte, ein »richtiges Bild der gegenwärtigen literarischen Produktion in Russland« zu vermitteln. Zu den vielen empfohlenen Autoren zählten Konstantin Fedin {Städte und Jahre) Wladimir Majakowsky und Valentin Katajew. Auf Grund mannigfacher Befürwortung wurde mit Katajew ein Vertrag abgeschlossen. Die
De-
fraudanten kamen im Juli 1928 in einer Auflage von 3 000 Exemplaren auf dem Markt, der Zsolnay Verlag konnte aber innerhalb von vier Jahren nicht einmal die Hälfte der Auflage absetzen. Gerüchte, wonach eine Verfilmung des Romans geplant war, gab es trotz des geringen Erfolgs dennoch. So meldete sich Alfred Polgar im März 1929 aus Berlin mit dem Wunsch, eine Dramatisierung von Katajews Defraudanten
zu versuchen und der Frage, wer ihn dafür autorisieren könnte.6
5
Costa an Umanskij, 24.5.1927, ebd.
6
Alfred Polgar, Hotel Eden, Berlin, an den Verlag, 27.3.1929, Ordner Katajew. Näheres siehe Ulrich Weinzierl: Er war Zeuge. Alfred Polgar. Wien: Locker & Wögenstein 1978, S. 100.
150
Ein Leben zwischen Publizistik
und
Literatur.
Polgars Dramatisierung wurde am 12. Dezember 1930 am Theater am Bülowplatz in Berlin uraufgeführt. Bis Anfang 1931 zeigte niemand Interesse an dem Stoff. Der Zsolnay Verlag teilte dem Drei Masken Verlag in Berlin mit, daß »wir als Herausgeber der deutschen Ausgabe des Romanes 'Die Defraudanten' von Valentin Katajew [...] gegen die Benützung des Romanstoffes als Grundlage für das gleichnamige Stück von Alfred Polgar 'Die Defraudanten' keine Einwendungen erheben und eine Beteiligung von 0.5% an den Bruttoeingängen als ausreichende Entschädigung für unseren Übersetzer, Herrn Dr. Richard Hoffmann, ansehen.« 7 Im Sommer 1931 bat Paul Zsolnay persönlich seinen Autor Franz Theodor Csokor um seine besondere Hilfe in dieser Sache: Sehr verehrter Herr Csokor! Wir kommen heute mit einer Bitte zu Ihnen. Wie wir aus den Zeitungen wissen, bereitet Alfred Polgar das Drehbuch für einen Film 'Die Defraudanten' vor. Es besteht wohl kein Zweifel, dass dieses Drehbuch auf Grund der in unserem Verlag erschienenen deutschen Ausgabe resp. der Dramatisierung des Romanes von Katajew gearbeitet wird. Wir brauchen aber eine Bestätigung dieser unserer Vermutung, damit wir bei der Filmgesellschaft unsere Ansprüche geltend machen können. Wir wären Ihnen nun sehr dankbar, wenn Sie auf Grund Ihrer freundschaftlichen Beziehungen zu Alfred Polgar für uns von ihm die Bestätigung erhalten könnten, dass er das Drehbuch nach der deutschen Ausgabe des in unserem Verlag erschienenen Romanes resp. nach dessen Dramatisierung verfasst. Wir danken Ihnen im voraus herzlichst für Ihre Bemühungen und zeichnen mit dem Ausdruck unserer besonderen Wertschätzung 8
Das Drehbuch Polgars für die Allianz-Filmgesellschaft wurde nicht akzeptiert. Obwohl der Roman Die Defraudanten unter dem Titel The Embezzlers im Mai 1929 in den USA von der Book Society zum »Book of the Month« auserkoren wurde, zögerte der Zsolnay Verlag, weitere Werke Katajews, wie etwa die Komödie Der Kreis zum Quadrat (später: Die Quadratur des Kreises), Die Insel Ehrendorf. Roman mit Abenteuern oder den Roman Vorwärts, Zeit! (1933 entstanden, erst 1947 dt. u.d.T. Im Sturmschritt vorwärts! erschienen) anzunehmen. Der Autor beschwerte sich bitter über das angebliche Desinteresse des Verlags. So hätte der Verlag ihm »nicht ein einzigesmal eine offizielle Abrechnung über mein Konto geschickt«9 und ihn wegen Annahme oder Ablehnung vorliegender Texte lang warten lassen. Felix Costa bemühte sich, die »Mißverständnisse« aufzuklären: Dr. [Richard] Hoffmann hat uns wohl von Ihrem Novellenband gesprochen, wir sind aber der Ansicht, dass es eines starken und einheitlichen Romanwerkes von Ihnen bedürfe, um nach den 'Defraudanten', die wohl literarische Kenner ausserordentlich interessiert und gefesselt haben,
7
Costa an Drei Masken Verlag, 7.1.1931, Ordner Katajew.
8
Paul Zsolnay an Franz Theodor Csokor, 18.7.1931, ebd.
9
Katajew an den Verlag, 30.8.1931, ebd.
151
aber nicht ins breitere Publikum dringen konnten, Ihren Namen in Deutschland voll durchzusetzen. Es wäre daher weder für Sie noch für uns günstig, heute einen Novellenband von Ihnen zu veröffentlichen. Dies haben wir auch Herrn Dr. Hoffmann auseinandergesetzt. 10
Der Verlag hatte Katajew absichtlich keine Abrechnungen geschickt: »es liegt hiebei selbstverständlich kein Versäumnis Ihnen gegenüber vor - da wir der Meinung waren, dass es Ihnen nicht angenehm wäre, Abrechnungen zu erhalten und dass wir Ihnen dadurch Unannehmlichkeiten ersparen. [...] Wir wollen die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne nochmals zu betonen, dass wir Ihnen mit größter Hochschätzung gegenüberstehen und hoffen, noch viele und schöne Werke von Ihnen in unserem Verlag herausgeben zu können« (ebd.). Eine »Neubelebung« und »große Popularisierung« erhoffte der Verlag von einer Veröffentlichung des Romans Die Defraudanten »in unserer Μ 3.60 Serie«, also der Bibliothek zeitgenössischer Werke. Costa erläuterte die Situation in einem Brief an Katajew vom 14. Oktober 1932 folgendermaßen: Sehr verehrter Herr Katajew! Wir hatten die Freude, Ihren Roman »Die Defraudanten« zu edieren und zu einem grossen literarischen Erfolg zu führen. Leider ist aber der materielle Erfolg doch nicht so geworden, wie wir es erhofft hatten - woran dies liegt, ist uns nicht ganz ersichtlich. Wir glauben nun, eine Popularisierung des Romanes dadurch zu erzielen, dass wir ihn in eine Serie aufnehmen, die wir seit drei Jahren erfolgreich herausgeben. Wir gestatten uns, Ihnen einen Prospekt dieser Serie, »Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke« beizulegen, aus dem Sie ersehen werden, dass unsere besten Autoren mit ihren besten Werken darin vertreten sind. 11
Nach dem Frühjahr 1933 war an eine Veröffentlichung russischer Literatur nicht mehr zu denken, und so mußte Costa den neuen Roman von Katajew, Vorwärts, Zeit!, ablehnen: Herr Dr. Hoffmann hat uns von Ihrem neuen Buch so viel Schönes und Interessantes erzählt, dass uns nichts lieber wäre als es sofort herauszugeben. Leider aber lassen es die derzeitigen Verhältnisse in Deutschland, die Ihnen ja sicherlich bekannt sind, unmöglich erscheinen - für uns wie für jeden anderen deutschen Verlag - Ihr Buch augenblicklich zu veröffentlichen. Wir bitten Sie daher, Geduld zu haben, bis sich die Verhältnisse soweit konsolidiert haben, dass an die Herausgabe russischer Romane wieder gedacht werden kann. Wir werden, sobald es irgend geht, auf die Sache zurückkommen. Sie wissen, sehr verehrter Herr Katajew, welch hohe Schätzung wir Ihrem Schaffen entgegenbringen und wie sehr es uns freuen würde, wieder ein neues Werk von Ihnen zu verlegen. Wir hoffen, von Ihnen in nicht allzufemer Zeit eine Nachricht zu erhalten und grüssen Sie herzlichst mit dem Ausdruck besonderer Wertschätzung. (27.4.1933)
Es war der letzte schriftliche Kontakt. 10 11
Costa an Katajew, 5.9.1931, ebd. Costa an Katajew, 14.10.1932, ebd.
152
Genausowenig Erfolg hatte der Zsolnay Verlag mit zwei Büchern der Humoristen Ilja Ilf (1897-1937) und Eugenij Petrow (1903-1942): Zwölf Stühle (1930) - von dem in zweieinhalb Jahren knapp ein Drittel der Auflage (3 000) abgesetzt werden konnte12 - und dem Roman Ein Millionär in Sowjetrussland (Aufl. 3 000), der kaum ein Jahr nach seinem Erscheinen am 4. August 1932 verramscht wurde. Ein ähnliches Schicksal erlitt das Sachbuch Die Frau in Sowjetrussland (1932) von Fannina W. Halle. Ein ansprechendes Werk schien der Zsolnay Verlag 1930 mit der Annahme eines 2-bändigen Romans des russischen Emigranten Roman Gul, Boris Sawinkow. Der Roman eines Terroristen herausgebracht zu haben. Aus Copyrightgründen ließ der Autor wohlweislich das russische Originalwerk zuerst im Berliner PetropolisVerlag erscheinen. 13 Die Anregung, den Roman General BOH zu verlegen, kam von der Übersetzerin Fega Frisch (1878-1964) in Berlin. Auch von anderer Seite kam ein Hinweis auf den Gul-Roman, der »unserer Meinung nach schon rein stofflich einiges Aufsehen erregen wird. Die Persönlichkeit Boris Sawinkows, dessen Lebensroman authentisch von Gul beschrieben wird, ist Ihnen sicherlich ebenso bekannt wie die Rolle, die er im zaristischen und revolutionären Russland gespielt hat.«15 Gul bekam ein Honorar von 121/2% für die am 23. Oktober 1930 erschienene Auflage von 5 000 Exemplaren. Um den Verkauf zu fördern, schlug der Autor eine Schleife mit dem Text »In Sowjet-Russland von Zensur verboten!« vor, ohne die Ironie der späteren Ereignisse vorausahnen zu können: 16 im Mai 1933 wurde das Buch von der Gestapo beschlagnahmt. Costa dankte ihm bestens und meinte, »Wir behalten uns vor, die Tatsache des Verbotes Ihres Romans in SowjetRussland eventuell zu einem späteren Zeitpunkt der Allgemeinheit bekanntzugeben.«17 Der Absatz blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück: »Was den Verkauf 12
Schwarz (Die Stellung) meint, das Buch hätte einen »durchschlagenden Erfolg« und wurde in viele andere westeuropäische Sprachen übersetzt. Sie schreibt ferner: »Der Eulenspiegel-Verlag, Berlin, ließ 1958 eine neue Übersetzung von dem Buch anfertigen, da der Zsolnay-Verlag einige für das Gesamtbild unentbehrliche Stellen, die das Ethos des sozialistischen Aufbaus widerspiegeln, ausgelassen hatte.« (S. 71) So verdienstvoll diese Arbeit stellenweise sein mag, bleibt sie, zumindest was den Zsolnay Verlag betrifft, spekulativ. Daß Zsolnay dem Schriftsteller Leonow »weiterhin treu blieb« und 1930 den Roman Aufbau verlegte, hat nichts mit der »bürgerlichen Kritik« am Roman zu tun. Es gab eine vertragliche Bindung.
13
Knappe Daten zu diesem Verlag finden sich in: Europäische Berliner Kunstverlagen
1890-1933.
Moderne.
Buch und Graphik
aus
Berlin: Dietrich Reimer Verlag 1989 (Verlagsnachweis im
Anhang von Karl F. Wangler, S. 278.) Von einer Liierung dieses Verlagsuntemehmens mit dem Zsolnay Verlag ist nichts bekannt. 14
»BO« = »Bojewaja Organisaua«, zu dt. »Kampforganisa-tion«. Der Verlag in Wien fand den Titel »keinesfalls günstig«: »Wir möchten das Buch eventuell 'Boris Sawinkow' mit einem entsprechenden Untertitel nennen, z.B. 'Boris Sawinkow, der Roman eines Terroristen'.« Paul Zsolnay an Fega Frisch, 10.7.1930, Ordner Gul.
15
Schreiben des Redakteurs einer Zeitungskorrespondenz, 22.8.1930, ebd.
16
Gul an Costa, 16.10.1930, ebd.
17
Costa an Gul, 29.10.1930, ebd.
153
dieses Buches anlangt, können wir Ihnen leider nichts Erfreuliches mitteilen. Wir h o f f e n , dass in d e m Augenblick, w o die jetzt so schweren, katastrophalen Wirtschaftsverhältnisse sich etwas mildern werden, sich der Absatz der Bücher im allg e m e i n e n und auch der Ihres Werkes heben wird.« 1 8 Mittlerweile arbeitete Gul an seinem nächsten R o m a n mit d e m Titel Der
Skythe
(Michael Bakunin) und schlug d e m Verlag zwei weitere Werke vor: eine Biographie Stalins und einen Band »Köpfe des heutigen Russland«. Costa war den Büchern in seiner Antwort an den Autor nicht abgeneigt: Wir erhielten Ihr geschätztes Schreiben vom 16.III. und danken Ihnen vor allem für Ihre interessanten Mitteilungen bezüglich Ihrer neuen Bücher. Wir sind sehr begierig, die Übersetzung Ihres Bakunin-Romanes zu lesen, wozu wir hoffentlich bald Gelegenheit haben werden. Was Ihre Pläne einer Stalin-Biographie und eines Buches unter dem Titel »Köpfe des heutigen Russland« anlangt, müssten wir Näheres über diese Bücher wissen, um unser prinzipielles Interesse kundgeben zu können. Wir bitten Sie, uns, wenn es so weit sein wird, ausführlich über diese Bücher zu schreiben. Es bedarf wohl keiner ausdrücklichen Versicherung, dass wir Ihrem Schaffen mit grösstem Interesse und grösster Sympathie gegenüberstehen. 19 D i e Übersetzerin F e g a Frisch befürwortete die Annahme des Romans Der
Skythe
mit f o l g e n d e n Argumenten: Gab der Roman »Boris Sawinkow« einen engem Ausschnitt aus der russischen revolutionären Bewegung in zwei führenden Gestalten, so hat das neue Werk den bedeutenden Vorzug, eine Gestalt von europäischem Ausmass zum Mittelpunkt zu haben. Dadurch dass hier zum erstenmal, auf vielem neuen Material gegründet, eine historische Gestalt von allgemeinstem Interesse mitten im Leben dargestellt wird, ist anzunehmen, dass das Buch breite Leserkreise an sich ziehen und auch einen literarischen Erfolg erringen kann. Es hat in jeder Beziehung weite Möglichkeiten. Auch künstlerisch bedeutet dieser Roman gegen den andern einen grossen Fortschritt, es ist dem Autor gelungen, die grosse europäische Arena des Kampfes zur unmittelbarer Anschauung zu bringen und Menschen und Ereignisse für uns und unsere Gegenwart zu aktualisieren. 20 E s vergingen einige W o c h e n , bis sich F e l i x Costa zu einer Entscheidung durchring e n konnte: Es tut uns aufrichtig leid, Ihnen sagen zu müssen, dass wir uns zur Herausgabe dieses Werkes nicht entschliessen können. Ihr Buch hat zweifellos grosse Vorzüge und gibt ein plastisches Bild der von Ihnen geschilderten Zeit, das auf eingehendem Quellenstudium beruht. Dessenungeachtet glauben wir nicht, dieses Werk heute erfolgreich durchsetzen zu können, da sich die wirtschaftlichen Verhältnisse seit Erscheinen Ihres »Boris Sawinkow« wesentlich verschlechtert haben.
18 19 20
Costa an Gul, 6.8.1931, ebd. Costa an Gul, 20.3.1931, ebd. Frisch an Zsolnay, 28.10.1931, ebd.
154
Wir bedauern sehr, Ihnen heute keinen anderen Bescheid geben zu können, und würden uns freuen, auf die Angelegenheit zurückkommen zu können, wenn sich die Verhältnisse bessern. 21 Gul gab nicht auf und schickte d e m Verlag i m August das Manuskript seines n e u e n Buches, Der
rote
Marschall,
einer Biographie des sowjetrussischen Heerführers
Tuchatschewski. 2 2 D o c h die wirtschaftlichen Verhältnisse hatten sich nicht g e b e s sert, w i e Costa i m September 1 9 3 2 schreibt: Wir haben Ihr ausgezeichnetes Werk »Der rote Marschall« mit besonderem Interesse gelesen und alle Möglichkeiten einer Herausgabe reiflichst erwogen. Es fällt uns nicht leicht, sehr verehrter Herr Gul, Ihnen sagen zu müssen, dass wir uns zu einer Herausgabe doch nicht entschliessen können, da wir nicht glauben, bei den heutigen chaotischen Verhältnissen im deutschen Buchhandel Ihr neues Buch - trotz seiner grossen Vorzüge - erfolgreich durchsetzen zu können. Gestatten Sie uns noch, Ihnen - jenseits aller verlegerischen Erwägungen - herzlichst für die Anregungen und den Genuss zu danken, den uns die Lektüre Ihres neuen Buches vermittelt hat. 23 D e r R o m a n Boris
Sawinkow
wurde i m Mai 1933 erstmals beschlagnahmt. M o n a t e
später heißt es dazu in einem Brief an den inzwischen nach Paris emigrierten Gul: Ihr Werk ist in Berlin - soweit wir orientiert sind - beschlagnahmt worden, jedoch durch eine untergeordnete Stelle. Wir haben bereits Schritte unternommen, um diese Einzelaktion rückgängig zu machen, und hoffen, dass uns das auch gelingen wird. 24 Es gelang d e m Verlag nicht, die Beschlagnahme rückgängig zu machen: Börsenblatt
Im
erschien die Nachricht v o m Verbot. 2 5 Der doppelte Emigrant Gul wan-
derte schließlich v o n Frankreich in die U S A aus und lebte bis in die 6 0 e r Jahre als R o m a n Goul in N e w York. Alles in allem ist der Versuch des Verlags, d e m deutschen Lesepublikum russische Literatur zu vermitteln, gescheitert.
21 22 23 24 25
Costa an Gul, 8.1.1932, ebd. Gul an Costa, 22.8.1932 und 18.9.1932, ebd. Costa an Gul, 27.9.1932, ebd. Costa an Gul, 13.11.1933, ebd. Gemäß der Verordnung vom 4.2.1933 für Preußen beschlagnahmt und eingezogen. Deutsches Kriminalpolizeiblatt Nr. 2153-56 vom 15.-18. Mai 1935 und Börsenblatt, Nr. 118 vom 23.5.1935, S. 415. 155
10. Zeitschriftenpläne und Magazinangebote
1932 soll es nicht weniger als 97 verschiedene Verlagszeitschriften in Deutschland gegeben haben. 1 Der Paul Zsolnay Verlag war darunter allerdings mit keiner eigenen Zeitschrift vertreten. Bei einem Verlag mit der Größe, dem Renomee, der Marktpräsenz und der aktiven Beteiligung am zeitgenössischen literarischen Geschehen scheint dies auch in Hinblick auf die Konkurrenz ungewöhnlich zu sein. S. Fischer hatte die Neue Rundschau, der Insel Verlag das Inselschiff, der Rowohlt Verlag Vers und Prosa oder Die Literarische Welt, um nur einige bekannte Beispiele zu nennen. Wohl aber gab es verlagsintern ziemlich konkrete Pläne und noch mehr z.T. kuriose Angebote, bereits existierende Zeitschriften zu übernehmen. Aber je länger Paul Zsolnay und sein literarischer Direktor Felix Costa zuwarteten, desto schwieriger fiel ihnen letzten Endes die Entscheidung.
10.1. Das Jahrbuch Erst Mitte 1926 entschloß sich der Verlag, ein »Jahrbuch« mit etwas bibliophilem Charakter (Aufl. 10 000) ab dem Jahr 1927 herauszugeben. Es erschien zwischen 1927 und 1931 insgesamt fünf Mal, wurde dann aber, möglicherweise aus Kostengründen, wieder aufgegeben. Ein solches Jahrbuch diente natürlich vor allem der Verlagswerbung. Und welches war das Zielpublikum dieser Publikation? Dazu Costa: Unser Verlag hat sich entschlossen, im Verlaufe des Monates Oktober [1926] ein Jahrbuch für 1927 herauszugeben. Er hofft damit in erster Linie seinen Freunden, aber auch allen literarisch interessierten Kreisen eine Freude zu machen und glaubt, von dieser Absicht ausgehend, das Richtige zu tun, wenn er von der herkömmlichen Art eines Verlagsalmanaches abgeht und seinem Jahrbuch einen besonderen Wert dadurch verleiht, dass er dem verlagspropagandistischen Teil eine Abteilung mit noch unveröffentlichten Original-Beiträgen seiner prominenten Autoren vorangehen lässt.
Die Jahrbücher enthielten nebst »Originalbeiträgen« einen »literarischen Querschnitt« durch die Verlagsproduktion, sowie ein Verzeichnis aller bisher erschienenen Titel. Sie repräsentierten nach außen den literarischen Rang des Unternehmens. Zur Ausschmückung fügte man »Bildbeigaben«, Federzeichnungen (etwa 1930 von Alfred Kubin), Originallithographien, Farbtafeln, Kunstdrucktafeln, 1
Fritz Schlawe: Literarische
Zeitschriften
1910-1933.
2. Aufl. Stuttgart: Metzler 1973, S. 23.
Die entsprechende Quelle Schlawes konnte nicht gefunden werden.
156
Originalradierung (von Max Liebermann) usw. bei. Der Umfang schwankte zwischen 199 Seiten (1927) und 476 Seiten (1930), und Hausgraphiker Rudolf Geyer besorgte den Einbandentwurf. Nur einmal, und zwar im ersten Jahrbuch 1927, wurde zu aktuellen politischkulturellen Fragen Stellung genommen. Im Juli 1926 wandte sich Felix Costa an einige Verlagsautoren mit der Bitte, nicht nur einen »Originalbeitrag« zur Verfügung zu stellen, sondern »handschriftlich zu einem der wesentlichsten Probleme der Jetztzeit: Deutschland und Europa, Stellung zu nehmen«,2 wie es fast gleichlautend in den erhaltenen Briefen heißt. Die Idee des Verlags, »von einer Beigabe von Bildnissen der Autoren Abstand zu nehmen, dafür aber faksimilierte Handschriftenproben unserer prominenten Autoren beizugeben«, wurde »mit lebhafter Zustimmung aufgenommen«. »Wir sind überzeugt«, schreibt Costa, dass sich der europäische Gedanke in Deutschland immer mehr durchsetzen wird und erblicken eine der vornehmsten Aufgaben unseres Verlages darin, diesem Gedanken, der erst jene Atmosphäre in Europa schaffen wird, in der sich geistige und kulturelle Höchstleistungen voll auswirken können, zu dienen. Wir sind überzeugt, dass solche autoritative Äusserungen in handschriftlicher faksimilierter Fassung nicht nur eine besondere Zierde unseres Jahrbuches sein werden, sondern dass ihnen darüber hinaus programmatische Bedeutung zukommt. 3
Der Abschnitt dieses Briefs an Paul Geraldy unterscheidet sich ganz wesentlich von dem der Briefe an deutsche bzw. österreichische Autoren. Statt »Wir sind überzeugt, daß sich der europäische Gedanke in Deutschland«, heißt es hingegen in den Briefen an Julius Meier-Graefe oder Theodor Däubler: Wir glauben an die Zukunft Deutschlands und an seine Führerrolle im Leben der Völker, wenn die Überzeugung durchgedrungen sein wird, dass ein guter Deutscher auch ein guter Europäer sein kann und dass das Europäertum Deutschlands erst jene Atmosphäre in Europa schaffen wird, in der sich geistige und kulturelle Höchstleistungen voll auswirken können.
Erschienen sind die Stellungnahmen von 10 Autoren: Egmont Colerus, Theodor Däubler, Walther Eidlitz, Paul Frischauer, John Galsworthy, Hugo von Hofmannsthal, Heinrich Mann, Julius Meier-Graefe, Felix Saiten und Franz Werfel. Der Einladung nicht nachgekommen sind, nach der vorhandenen Verlagskorrespondenz, alle Ausländer bis auf John Galsworthy. Dieser ging nicht auf die Frage ein und gestattete stattdessen den Abdruck eines Aufsatzes über den P.E.N-Club, in dem er die Förderung freundschaftlicher Beziehungen und die Verständigung unter den Schriftstellern der Welt als Ideal hinstellte. Der prophetische Na-
2
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Schreiben an John Galsworthy, Julius Meier-Graefe, Leonid Leonow, Paul Geraldy und Theodor Däubler vom 21. bzw. 22. Juli 1926. Die Briefe sind im jeweiligen Autorenordner abgelegt. Felix Costa an Paul Geraldy, 22.7.1926, Ordner Geraldy.
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tionalismus der Deutschen fand auch in der »Vorbemerkung des Verlages«, die höchstwahrscheinlich von Costa stammt, seinen Niederschlag: Wir sind überzeugt, daß diese Faksimiles der deutschen Leserwelt und insbesondere den Freunden unseres Verlages eine große Freude bereiten werden. Darüber hinaus aber liegt der besondere Wert dieser Handschriftenwiedergabe darin, daß sie Ausdruck ist einer programmatischen Stellungnahme führender Geister unserer Epoche zu dem zukunftbestimmenden Problem: »Deutschland und Europa.« Soll Deutschland bei natürlicher Wahrung seiner nationalen Eigenart, die uns nirgends bewunderungswürdiger erscheint als in den Werken seiner Geistesheroen, sich endgültig zu Europa bekennen? Zum ersten Male liegt das Schicksal Deutschlands nicht in den Händen weniger Machthaber, sondern beim ganzen deutschen Volk. Jeder einzelne trägt Verantwortung, für jeden einzelnen ist sie unermeßlich. (S. 7)
Mit der Vorgabe einer »Führerrolle« (Costa) für Deutschland kamen die meisten Verfasser von Beiträgen durchaus zurecht. Egmont Colerus beispielsweise, der in den 30er Jahren für sich in Anspruch nahm, die »Sprengung« des P.E.N.-Clubs (1933) inszeniert zu haben, faßte sich sehr kurz: »Sieg des Charakters und der Leistung über die Politik ist sicherste Gewähr für Deutschlands führende Stellung in Europa!« (S. 163) Einig waren sich die Verfasser, was die künftige Vormachtstellung Deutschlands innerhalb eines vereinigten Europas betraf. Für sie mag die Aussage Felix Saltens gelten: »Deutschlands Lage in Europa ist an der Herzstelle: geographisch, geistig und wirtschaftlich.« (S. 169) Im Hinblick auf das Fehlen einer österreichischen kulturellen Identität in der inzwischen acht Jahre alten Republik ist es interessant festzustellen, mit welcher Selbstverständlichkeit die sechs »österreichischen« Teilnehmer sich ausschließlich zu Deutschland bekennen und sich über die Zukunft Deutschlands den Kopf zerbrechen.
10.2. Literaturzeitschriften4 10.2.1. Das »Querschnitt«-Projekt Schon seit der Gründung des Verlags dürften Paul Zsolnay und Felix Costa Pläne für eine literarische Zeitschrift gewälzt haben, doch lassen sich die ersten konkreten Hinweise für ein solches Vorhaben erst ab August 1928 finden. Der Anlaß für eine Erörterung dieses Themas war ein Gespräch zwischen Otto Mandl (dem Agenten von H.G. Wells) und Felix Costa am 8. August 1928 aufgrund eines Schreibens von Karl Ullstein aus Berlin vom 29. Oktober an Paul Zsolnay, in dem ersterer einen Besuch in Wien ankündigt, um »wegen der Herausgabe einer literarischen Zeitschrift« mit dem Wiener Verlag zu reden. Eine solche Zeitschrift würde, so liest man, »für die Waldheim-Eberle [wo Zsolnay zu dieser Zeit vieles herstellen
4
Die folgende Darstellung beruht zum großen Teil auf Verlagskorrespondenz zwischen 1928 und 1934, die unter dem Stichwort »Zeitschrift« in einem Ordner gesondert abgelegt wurde. Diese Korrespondenz ist lückenhaft.
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ließ] hauptsächlich wegen des Druckauftrags Interesse haben« (ebd.)· Kurz darauf reiste Costa nach Berlin, wo er Karl Ullstein und Fritz Ross »in unseren Zeitschriftenplan ziemlich detailliert« einweihte.5 Mit Sicherheit kann man lediglich festhalten, daß der Gegenstand der Besprechung das »Querschnitt-Projekt« war. Mehr ist den kurzen Briefen nicht zu entnehmen. Die Verhandlungen gediehen nicht recht. So schrieb Karl Ullstein erneut an Zsolnay am 27. November u.a.: Sie werden sich gewiss wundern, dass ich solange nichts von mir hören liess, aber der Grund hierfür liegt darin, dass mein Onkel, Herr Louis Ullstein, verreist war und wir hinsichtlich des »Querschnitt« keine Entschlüsse fassen wollten, bevor wir diesbezüglich seine Ansicht gehört hatten, da mein Onkel und ich zusammen unserer Gesellschaft gegenüber die Wiener Geschäfte vertreten, (ebd.)
Vierzehn Tage später entschuldigt Karl Ullstein ein in Wien nicht zustandegekommenes Treffen zwischen Zsolnay, seinem Onkel Louis Ullstein und seinem Schwager Fritz Ross, meint aber, er wäre Ende Dezember in Wien, sodass ich das Versäumte meinerseits nachholen kann, wenn es auch sehr schwer sein dürfte, eine Lösung für ein gemeinsames Fortführen des Verlagsobjektes zu finden. (Brief vom 11.12.1928)
Die Pläne für ein gemeinsames Fortfuhren des Querschnitts mit Druckereistandort Wien bzw. die gemeinsame Gründung einer anderen literarischen Zeitschrift dürften sich bald darauf zerschlagen haben. Aber die Interessen des Verlags bei der Zeitschrift Der Querschnitt blieben ohnehin durch einen Verlagsautor gewahrt. So teilte Victor Wittner dem Verlag mit, er habe mit 1. Dezember die Redaktion der Zeitschrift übernommen und werde die Bücher des Zsolnay Verlags »einer raschen Besprechung« zuführen.6 10.2.2. Gerhart Hauptmann als Zeitschriftenherausgeber? Wenige Woche später meldete sich ein »Sprecher« Gerhart Hauptmanns, ein Herr Ludwig Jauner, schriftlich bei Paul Zsolnay, um ihm den Plan einer Zeitschrift, einer Vierteljahresschrift unter der Herausgeberschaft von Hauptmann, zu unterbreiten: Wie GH sich ausdrückte, soll die Zeitschrift - er spricht von einer Vierteljahrsschrift - Produktives und im Kritischen nur Positives bringen, mehr Richtung weisend als Richtung bekämpfend sein. Es liegt ihm daran, ein Organ zu haben, in dem auch er sein Schärflein zur literarischen Diskussion beitragen könne. (Ordner »Zeitschrift«, 23.1.1929.)
5
Schreiben vom 29.10.1928, Ordner »Zeitschrift«.
6
Victor Wittner an Paul Zsolnay, 1.12.1928, Ordner Wittner.
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Hauptmann habe, so Jauner, seine frühere Idee, die Zeitschrift bei S. Fischer erscheinen zu lassen, aufgegeben, da dieser bereits seine eigene Verlagszeitschrift besitze und die neue »wie ein Stiefkind« behandeln würde. Hauptmanns »Freundschaft mit Franz Werfel« habe die Sympathien daher auf »Werfeis Verlag« übertragen. Zsolnay möge Hauptmann in dieser Angelegenheit anschreiben. Mitte März 1929 schrieb Zsolnay an Jauner, daß er das »hohe Protektorat« Hauptmanns zu schätzen wisse, aber: Die Idee der Gründung einer Zeitschrift steht schon längst auf unserem Programm und ist auch wiederholt bei uns angeregt worden, freilich nie in einer so verlockenden Form, wie es in Ihrem Brief der Fall ist. Wenn wir uns trotzdem bis heute nicht entschliessen konnten, eine Zeitschrift in unserem Verlag herauszubringen, ist dies die Folge einer Reihe schwerwiegender Umstände, deren verlagstechnische Erklärung wohl schriftlich zu weit führen würde. Jedenfalls steht für uns fest, dass vor Behebung dieser Hindernisse, die vornehmlich verlagspolitischer Natur sind, unser Verlag an die Herausgabe einer Zeitschrift nicht schreiten kann. (Brief Paul Zsolnays vom 12.3.1929)
Kaum war diese Anregung ad acta gelegt worden, regte ein Redakteur beim Berliner Tageblatt Ende Mai wieder eine Zeitschriftengründung an: Zsolnay möge »ein Blatt für die speziell jugendlichen Interessen« schaffen. 7 Der Inhalt: »In jedem Heft Beiträge von führenden Dichtern und Ministern sowie Literaten der jüngsten Generation, dann von Schülern und Studenten, dann Nachrichten organisatorischer wie polemischer Art.« Walter Zadek dachte deshalb an Zsolnay, »weil mir unlängst Schriftsteller von Ihnen persönlich erzählten, weil Sie eine Zeitschrift bisher nicht verlegten, weil gerade Ihre Verlagsautoren teilweise auch die Autoren dieses Blatts sein würden und weil die Generation, die es lesen soll, eine stärker literarisch interessierte und zu interessierende ist« (ebd.). Zsolnay fand die Idee Zadeks zwar »hervorragend und sehr wichtig«, mußte aber mit Bedauern ablehnen, weil wir - wir bitten Sie, diese Mitteilung streng vertraulich zu behandeln - bereits mit den Vorarbeiten, die zur Gründung einer eigenen Zeitschrift in absehbarer Zeit führen werden, intensiv beschäftigt sind, Diese Vorarbeiten dürfen durch keine wie immer gearteten Zersplitterung - und das wäre die Beschäftigung mit Ihrem Plan - gestört werden. (Zsolnay an Zadek, 25.5.1929)
Wenige Wochen später traf das nächste Angebot ein, diesmal aus Wien. Der Krystallverlag8 wäre, so wurde mitgeteilt,9 nicht mehr in der Lage, das Hausblatt der Wiener Urania, Der neue Pflug, weiterzuführen. Zsolnay möge es - mit der Urania - als sein »Hausblatt« weiterführen. Auch dieses Angebot entsprach nicht gerade den Vorstellungen des Verlags: eine »Herausgabe dieser Zeitschrift« sei, so Zsolnay, »aus verlagstechnischen Gründen« nicht möglich. 10 7
Walter Zadek an Paul Zsolnay, 22.5.1929, Ordner »Zeitschrift«.
8
Dazu Hall: Österreichische Verlagsgeschichte, Band II, S. 217-225. Hans Burzers Nachf. an PZV, 12.6.1929, Ordner »Zeitschrift«.
9 10
Felix Costa an Hans Burzers Nachf., 2.7.1929, ebd..
160
Dazwischen hatte sich die Redakteurin der Zeitschrift Nord und Süd. Monatsschrift für internationale Zusammenarbeit (Berlin), A. Vallentin, an Paul Zsolnay gewendet, 11 um eine Zusammenarbeit mit Zsolnay anzuregen. Aus der betreffenden Zeitschrift sollte »eine internationale Platform für Literatur« sowie ein »Propagandamittel für die Neuerscheinungen« des Zsolnay Verlags gemacht werden. Auch hier wurde dankend abgelehnt, wobei Costa als Vertreter des urlaubenden Firmenchefs, eigene Pläne betreffend erstmals konkret wird, sonst aber nichts mitteilt. Der Verlag würde, schreibt er, »ohne weiteres« zusagen, wenn wir nicht - wir bitten Sie, dies streng vertraulich zu behandeln - mit den Vorarbeiten zu einer eigenen literarischen Zeitschrift unseres Verlages soweit gediehen wären, dass wir hoffen, schon in der ersten Hälfte des Jahres 1930 die erste Nummer dieser Zeitschrift erscheinen zu lassen. Gewiss verkennen auch wir die Schwierigkeiten nicht, die sich der Gründung einer neuen Zeitschrift entgegenstellen, aber wir haben uns nach reiflicher Überlegung dennoch dazu entschlossen, das Unternehmen zu wagen. (2.7.1929)
Ein halbes Jahr bemühte sich der Verlag vergeblich um das Erscheinen der ersten Nummer. Ähnliche Ablehnungen aus demselben Grund erteilte der Verlag in dieser Zeit etwa dem Einhorn-Verlag in München, der im Juli 1929 die Absicht hatte, die Zeitschrift Der Bücherwurm einem anderen Verlag zu übergeben. 12 Der Zsolnay Verlag plane »in absehbarer Zeit« eine eigene literarische Zeitschrift herauszugeben. Ebenfalls an einer Zusammenarbeit mit dem Zsolnay Verlag interessiert war der Berliner Berater Heinrich Manns und Literaturagent Lyonel Dunin. Er hatte im Laufe des Jahres 1929 längere Verhandlungen über die Gründung einer Theaterzeitung auch mit Zsolnay geführt. 13 Obwohl in dieser Angelegenheit im Frühjahr 1930 ganz konkrete Offerte vorlagen, 14 »einen ganz neuen Typ im deutschen Zeitungswesen« zu schaffen (»Das Blatt ist als kulturpolitisches Kunstorgan gedacht, mit den drei Hauptfächern Theater-Literatur-Film. Heinrich Mann und ich wären sehr glücklich, wenn die von uns angestrebte Zusammenarbeit mit Ihnen und Ihrem Verlage zustande käme und eine dauernde und für beide Teile erfreuliche Verbindung ergeben würde«) (ebd.), kam keine Vereinbarung zustande. Das Frühjahr 1930 verging, und Zsolnays »eigene literarische Zeitschrift« erschien nicht. Das Verlagsarchiv schweigt über die Gründe. Doch dürfte der Verlag bei seinen Vorbereitungen unter aktiver Mitarbeit von Franz Werfel etliche Verbindungen geknüpft haben, so auch mit einem möglichen engen Mitarbeiter oder Herausgeber, wie Kurt Pinthus. Am 24. Juli 1930 wollte Pinthus von Zsolnay den letzten Stand der Dinge erfahren, um seine Zukunftspläne schmieden zu können. Er wäre ihm daher 11
A. Vallentin an Paul Zsolnay, 14.5.1929, ebd.
12
Schreiben Einhorn-Verlag, München, 9.7.1929, ebd.
13
Lyonel Dunin an PZV, 12.6.1929, ebd.
14
Lyonel Dunin an PZV, 5.2.1930, ebd.
161
für eine Mitteilung dankbar, ob sich der Plan einer in Ihrem Verlag erscheinenden Zeitschrift, den ich mit Ihnen kurz, mit Werfel sehr ausführlich besprochen habe, verwirklichen wird.
Wenige Tage später stand fest, daß es mit den Zeitschriftenplänen vorbei war. Zsolnay teilte Pinthus mit, dass ich nicht glaube, dass unser Verlag sich bald zur Herausgabe einer Zeitschrift entschliessen wird, weil die wirtschaftliche Depression anhaltend zu sein scheint und einer neugegründeten Zeitschrift verhängnisvoll werden könnte. (1.8.1930)
Das bedeutete aber nicht, daß keine Übernahmsangebote von anderen Firmen mehr kamen, im Gegenteil. Im Herbst 1930 wurde dem Verlag die 1923 gegründete, im Kultur-Verlag in Wien erscheinende Zeitschrift Die Kultur zur Übernahme angeboten. 15 Die Zeitschrift veröffentlichte vorwiegend nationale Autoren, von denen mehrere bei Zsolnay landen sollten (Urbanitzky, Strobl, Kotas, u.a.). Doch diesmal fand Paul Zsolnay eine andere Erklärung, um den Anbieter abzuwimmeln: die Übernahme des Protektorats über eine kritische Zeitschrift sei mit seinem Verlegerberuf nicht vereinbar, »da dadurch die Objektivität des Organs meinen Autoren gegenüber nach aussen hin in Frage gestellt werden könnte«.16 So kam auch noch vom Chefredakteur der Internationalen Zeitschrift Die Böttcherstrasse im Mai 1931 das Angebot, »eine neue internationale, allen schöpferischen Kräften [das dürfte ein Euphemismus für den Nationalsozialismus sein] dienende Zeitschrift« herauszugeben. 17 Aber auch hier waren es »eine Reihe schwerwiegender Gründe«, die zur Absage führten. 18 Wie bereits erwähnt, war das Idol des Verlegers Paul Zsolnay, Franz Werfel, so weit wir wissen, an den Zeitschriftenplänen stark beteiligt. Nachdem der Plan zu einer literarischen Zeitschrift im Frühjahr 1930 nicht verwirklicht worden, d.h. aufgeschoben, aber nicht aufgehoben war, entwickelte Werfel eine neue Idee. Im Frühjahr 1932 brachte er während einer Besprechung mit Felix Costa im Verlag das Thema noch einmal aufs Tapet. Er wollte, so der Aktenvermerk Costas, gern vier bis fünf Mal im Jahr in einem Flugblatt von 2 bis 3 Bogen zu ganz billigem Preis zu Tagesfragen Stellung nehmen. Obwohl Costa angab, dieser Idee positiv gegenüberzustehen, mußte er doch als »Buchhändler« verschiedene Bedenken anmelden:
15
Näheres zu diesem Verlag in Hall: Österreichische
16
Paul Zsolnay an Direktor Leopold Vogel, 16.10.1930, Ordner »Paul Zsolnay privat 1928-
17
Schreiben des Chefredakteurs Albert Theile,
Verlagsgeschickte,
Band II, S. 227f.
1931«. »Zeitschrift«. 18
Paul Zsolnay an Theile, 5.6.1931, ebd.
162
Berlin,
an den PZV,
11.5.1931,
Ordner
Vor allem das Bedenken, dass der Zsolnay Verlag sich um eine wichtige Keimzelle seiner künftigen Zeitschrift bringen könnte, wenn diese Flugblätter als Einzelpublikationen erscheinen würden. 19
Zudem wollte Costa das »Image« Werfeis als eines Dichters, der über den Niederungen der Tagesfragen stand, nicht stören. Das hörte sich so an: Ferner habe ich das Bedenken geäussert, dass ein polemischer Charakter dieser Flugblätter das Bild der dichterischen Persönlichkeit Franz Werfeis in der breiten Menge vielleicht irgendwie verzerren könnte. Werfel meinte allerdings, dass er Polemik im Ursinn des Wortes nicht plane, (ebd.)
Somit kamen auch Werfeis »Flugblätter« nicht zustande.
10.3. Nationale Vorstöße. Der Brückenbauer Elster Auf Grund der tiefgreifenden Veränderungen, die die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Deutschland für Verlage brachte, war es für den Wiener Verlag erforderlich, »Lobbyisten« zu haben, die nicht zwangsläufig hohes Ansehen in der Literatur genossen, dafür aber ein Naheverhältnis zur N.S.D.A.P. hatten. Hier kamen dem Verlag die engen persönlichen Bindungen zum Wiener bzw. deutschen P.E.N.-Club zugute. Die Rücktritte von Paul Zsolnay und Felix Costa aus dem Wiener P.E.N.-Club (im September 1933), dem beide in wichtigen, vor allem finanziell bedeutenden Funktionen gedient hatten, waren ein kalkulierter Schritt. Er diente indirekt dazu, die Akzeptanz des Verlags unter der nationalen Autorenschaft sowohl in Österreich als auch in Deutschland zu bewahren und zu erhöhen. Daß sie mit dieser Überlegung auch fehlgingen, steht auf einem anderen Blatt. Drei Autoren des Verlags haben sich in den Jahren nach 1933 für den unter Dauerbeschuß geratenen Verlag aus eigenem Antrieb oder auf Wunsch des Verlags, allerdings nie gänzlich ohne Eigennutz, immer wieder an der richtigen Stelle eingesetzt. Das waren P.E.N.-Club-Gründerin Grete von Urbanitzky, die nach dem Wiener P.E.N.-Club Debakel nach Deutschland geflohen war, der als Redakteur des Völkischen Beobachters in Berlin tätige Legionär aus Wien - Erwin H. Rainalter, seit 1.4.1933 N.S.D.A.P.-Mitglied -, und schließlich der Zeitschriftenherausgeber und Vorstandsmitglied des deutschen P.E.N., Hanns Martin Elster. Man muß davon ausgehen, daß Zsolnay und Costa die Überlebensnotwendigkeit einsahen, auf diese Personen aus dem Kreis der N.S.D.A.P.-Sympathisanten zurückzugreifen. Der Kontakt zwischen dem Verlag und Elster als möglichen Autor kam im April 1933 über Vermittlung von Lyonel Dunin zustande. Die Korrespondenz zwischen beiden Seiten wurde intensiv gefuhrt und informiert für die Jahre 1933/34 sehr ausführlich über den Status des Verlags am deutschen Markt. Elster 19
»Besprechung mit Franz Werfel«, Wien, 9.II. 1932, Ordner Werfel.
163
war zu dieser Zeit unentwegt bemüht, sich für Zsolnay in Deutschland wichtig und unentbehrlich zu machen. Er ging sozusagen mit gutem Beispiel voran und unterzeichnete im Mai einen Verlagsvertrag für ein militaristisches Werk, das die deutsche Jugend ethisch erziehen sollte: Schliejfen oder die Größe des Militarismus. Geschichtsrevision lautete die Devise Elsters für ein Buch, das kaum auf der Linie des Zsolnay Verlags lag. Elster, der aus einer Soldatenfamilie stammte und als Offizier im Weltkrieg gedient hatte, wollte keine Biographie schreiben, sondern über »die Entwicklung und höhere Idee des Militarismus, der wie nach verlorenen Kriegen ja nicht anders üblich, immer schief dargestellt und verleumdet worden ist« (23.8.1933). Das Ziel Elsters: »eine Aktivierung des ethisch verantwortlichen Nationalismus in der höchsten Kulturform« (29.4.1933). Der Verlag gab Elster eine garantierte Honorarsumme von Μ 3 000, zahlbar in Raten. Der Abschluß stellte bloß den Beginn einer intensiven Beratertätigkeit dar, aus der sich eine enge Zusammenarbeit entwicklen sollte. Nur: Elster monierte zwar immer wieder die nicht pünktlich einlangenden Ratenzahlungen - ein Faktum, das, wie er klagte, sein Arbeitstempo hemme - lieferte aber das Manuskript unter fadenscheinigen Gründen dann doch nicht ab. Und im Gegensatz zu einem weiteren Autor, Paul Eipper, der zu dieser Zeit aus Deutschland neu übernommen wurde, und aus Angst vor den Vorkommnissen in Deutschland gleich wieder aus dem Vertrag ausstieg, zahlte Elster die Vorschüsse nicht zurück.20 Elster wollte seinen Ruf in Nazi-Deutschland
20
Im April 1933 hatte der bis Ende 1930 als leitender Mitarbeiter des S. Fischer Verlags tätige Eipper Lyonel Dunin ermächtigt, in Verhandlungen mit dem Zsolnay Verlag zu treten. Eippers Vertrag mit dem Verlag Dietrich Reimer in Berlin (wo bisher 8 Bücher, darunter sein Erstling Tiere sehen dich an, erschienen waren) lief im Mai aus. Gelegenheit zu einem Kennenlemen zwischen Autor und Verlag bot die Einladung an Eipper, am 4. Mai 1933 einen Vortrag im Kulturbund in Wien zu halten. Zwei Tage später unterzeichnete Eipper einen Vertrag mit Zsolnay, aber kaum einen Monat später, am 2. Juni, gab der Autor bekannt, den Vertrag nicht erfüllen zu können. Er beabsichtigte nicht, die »Verbindung mit Ihnen völlig aufzugeben«, aber: »Ich kann aber unter dem Druck eines Monopolvertrages mit Ihnen nicht zu freientfalteter schriftstellerischer Tätigkeit kommen« (Ordner Eipper, 2.6.1934). Ob Zsolnay diese fragwürdige Erklärung zu glauben vermochte, ist nicht bekannt. Eipper zahlte den Vorschuß zurück. Paul Zsolnay bedauerte den Abgang des erfolgreichen Autors noch länger: die Korrespondenz endet mit einem Brief vom 3.5.1935, in dem es u.a. heißt: »Es tut mir sehr leid, dass es unserem Verlag bisher nicht gelungen ist, ein Werk von Ihnen zu erwerben.« (ebd.) Auch Verlagsautor Kasimir Edschmid hatte sich wie Elster um das »neue« Programm des Verlags große Sorgen gemacht. Paul Zsolnay versuchte ihn »trotz der schweren Wirtschaftskrise« und der »aussergewöhnlichen Verhältnisse« zu beruhigen: »Selbstverständlich sind noch zwei bis drei andere Bücher in Aussicht genommen, unter anderm, was ich Sie aber bitte diskret zu behandeln, ein neues Buch von Paul Eipper.«( Paul Zsolnay an Kasimir Edschmid, 1.6.1933, Ordner Edschmid.) Verlagsautor wurde der 1891 geborene Tierbuchspezialist erst 1943 oder 1944, als in einer »Kriegsarbeitsgemeinschaft« zwischen dem Bischoff Verlag und dem Bärverlag in Berlin im Rahmen der »Berliner Feldhefte« das Werk Unerschöpflich reich ist die Natur in einer Auflage von 20 000 Exemplaren erschien.
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doch nicht aufs Spiel setzen und in einem umstrittenen »jüdischen Verlag« publizieren. Ein Teil der Strategie Elsters, sein eigenes Wertgefühl zu heben und den Verlag von ihm anhängig zu machen, bestand im Plan, Zsolnay und Costa zur Herausgabe einer Zeitschrift zu bewegen. Der P.E.N.-Mann erkannte wohl die Notwendigkeit, den Wiener Verlag in ein »einwandfreies« NS-Unternehmen zu verwandeln und wollte d e r Mann des Verlags in Deutschland sein. Elster, der die Zeitschrift Die Hören bis zur Einstellung mit Heft 7/8 im Jahre 1930 sechs Jahre lang herausgegeben hatte, erläuterte sein Vorhaben erstmals in einem Brief vom 5. August 1933, als er dabei war, Eduard Stucken in den Verlag hineinzuloben. Anlaß zu dieser Diskussion war die Feststellung Elsters, daß es immer noch große Schwierigkeiten gebe, »neue Autoren für Ihren Verlag zu gewinnen«. Elster weiter: Erst vorgestern schrieb mir wieder ein wertvoller Autor: »als Nationalsozialist habe ich allerdings das Bedenken, ob der Zsolnay-Verlag bei seinem prononciert jüdischen Gepräge nicht vielleicht doch eine grosse Gefahr für einen heutigen Autor wäre, zumal er in Wien lokalisiert ist, was ja gegenwärtig zu neuen Kollisionen Anlass geben könnte«. Und er fragt mich, ob ich glaubte, dass eine Umstellung des Verlages genügen würde, um diese Bedenken zu zerstreuen. Solche Äusserung ist durchaus typisch und kennzeichnet die deutsche Situation ebenso wie die Situation Ihres Verlages im Reich.
Das Thema, das Elster hier in aller Offenheit anschneidet, war natürlich nur ein Aspekt der Probleme, die auf den Verlag in Wien noch zukommen sollten. Für die Rekrutierung von Autoren der »neuen Generation« ( = Euphemismus für junge nationalsozialistische Autoren) gab es laut Elster »nur eine praktische Lösung für Sie in diesem Augenblick«. Die »stärkste Hilfsmöglichkeit« wäre »die Herausgabe einer ernsthaften, bedeutenden Monatsschrift in einwandfreier Weise«. Unter »einwandfrei« verstand er vor allem »judenfrei« (in Kontrast zur Neuen Rundschau) und die Hauptaufgabe, »das wesenhaft dichterische Werk« der neuen Generation zu »vertreten und herauszustellen«. In seiner Empfehlung wird Elster dann noch konkreter über das, was er vorhin als »Umstellung« apostrophierte: Würde der Zsolnay-Verlag in Abwandlung seines bisherigen Programms sich entschliessen, eine solche Zeitschrift heute herauszugeben, so würde er damit allmonatlich in einer Art, die nicht zu widerlegen wäre, beweisen, dass es ihm nicht nur auf eine äusserliche Buchstellung ankommt, sondern auf die wirkliche Förderung schöpferischer Kräfte in Deutschland, (ebd.)
Die vorgeschlagene Lösung war - und wie konnte es anders sein - eine Wiederbelebung der Zeitschrift Die Hören. Man sieht an diesen Anbiederungsversuchen Elsters, zu welch frühem Zeitpunkt - also bevor er seinen Verlag den nationalen österreichischen Autoren zur Verfügung stellte - der Verleger Paul Zsolnay unter dem Druck stand, umzustellen, um sich den deutschen Markt zu sichern. Wegen der Abwesenheit Paul Zsolnays von Wien reagierte Felix Costa nicht sofort auf den Vorschlag, behielt sich aber eine Stellungnahme vor. Als der Verlag 165
nach drei Wochen noch immer nicht auf »unsere Zeitschriftenpläne« (Elster) reagiert hatte, schrieb dieser »streng vertraulich« von anderweitigen verlockenden Angeboten, obwohl er, wie er schrieb, »doch nur höchst ungern auf das Hauptziel meines Lebens eine grosse Zeitschrift, eben die 'Hören' durchzuführen«, verzichten mochte (25.8.1933). In einem langen Brief an Elster vom 1. September erläutert Costa sehr ausführlich den Standpunkt des Verlags gegenüber einer Hauszeitschrift, um den nicht vordringlichen Plan ad acta zu legen. Costa schildert in seltener Eindringlichkeit die großen Probleme, die der Verlag zu diesem Zeitpunkt bereits hatte, und daher lohnt es, den Brief extensiver zu zitieren: Wir haben Ihren Plan, die Hören als eine Monatsschrift in unserem Verlag in neuer Form Wiederaufleben zu lassen, reiflichst geprüft und ausserordentlich viel Lockendes darin gefunden. Sie wissen, sehr verehrter Herr Doktor, dass wir Ihrer Persönlichkeit mit hoher Schätzung gegenüberstehen. Wir sind uns durchaus im klaren darüber, dass eine Monatsschrift von Ihnen gemacht - Ihre Hören lieferten j a den Beweis dafür - in künstlerischem und kritischem Werte eine ganz ausgezeichnete Zeitschrift darstellen würde und wir sind uns auch weiters darüber im klaren, dass es für unsem Verlag von ganz grosser Bedeutung wäre, gerade jetzt durch eine solche Zeitschrift, durch eine solche Propaganda der Tat gewissermassen, Vorurteile zu zerstreuen und unserem Verlag eine Plattform zu geben, auf der er direkt seine Absicht, schöpferische Kräfte in Deutschland wirklich zu fördern, zur Geltung bringen könnte. Wenn wir dessenungeachtet heute die so lockende Gelegenheit nicht ergreifen, so liegt der Grund darin, dass wir im Augenblick im materiellen Sinne nicht genug beweglich sind, um ein solches Unternehmen, das unserer Ansicht nach besondere Verantwortung erheischt, und dessen Misslingen von unabsehbaren Folgen begleitet wäre, zu wagen. Seit Bestehen des Verlages, also fast seit zehn Jahren, ist der Plan einer Zeitschrift, wie Sie sie sich denken, im Kreis unserer Betrachtungen. Wiederholt standen wir knapp davor, unsere diesbezüglichen Pläne zu verwirklichen. Aber wiewohl uns sonst die Tugend der raschen Entschlussfassung nicht abgesprochen werden kann, zögerten wir oft gewissermassen im letzten Moment, nur weil uns das ideelle Risiko zu gross schien. Wenn nun gar bei den heutigen Zeitläuften die materielle Frage mit eine entscheidende Rolle spielt, ist der Entschluss noch hundertmal schwerer und wir müssen offen einbekennen, dass die Hochspannung der letzten Monate, die sicherlich auch noch in den nächsten kommenden Monaten vorherrschen wird, und die mit ihr verbundenen grösseren und kleineren Nervositäten auf die Entschlusskraft unendlich lähmend wirken, und eine weitere grosse Anspannung uns nahezu untragbar erscheint. Wir sind sicher, sehr verehrter Herr Doktor, dass Sie es wohl verstehen werden, wenn wir Ihnen sagen, dass an sich kleine Ereignisse, wie nur z.B. die Beschlagnahme der »Ariane« 21 oder ein uns ungerecht scheinender Angriff in irgendeiner Zeitung für uns mit dem Quadrat der Entfernung wachsen und deren Summe uns, die wir zehn Jahre lang eigentlich von keiner Seite bestritten dem deutschen Buchmarkt als mitbestimmender Faktor angehört haben, tief kränken und bestürzen. Dies umsomehr, weil wir stets das Beste gewollt haben und auch der Meinung sind, einiges Gute für die schöpferischen Kräfte Deutschlands getan zu haben.
Daß im Deutschen Reich »schöpferische Kräfte« etwas ganz anderes bedeutete und de facto »jüdische« Autoren ausschließen sollte, scheint dem Ästheten Costa völlig 21
Auf diesen Fall wurde in Kapitel 5 . 9 . gesondert eingegangen.
166
entgangen zu sein. Und dieses offene Bekenntnis zeigt zudem, wie er und viele Autoren nicht voraussahen, was sich auf dem Literaturmarkt zutragen würde und sich der naiven Vorstellung anschlossen, es werde alles nicht so schlimm sein. Wie dem auch sei, Costa wollte diesen Gedanken einer Zeitschriftengründung »nicht für alle Zeit aufgeben«, wie er Elster versicherte, aber eine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt wäre nicht möglich. Elster mußte die Nicht-Entscheidung zur Kenntnis nehmen: »Legen wir die Angelegenheit zu den Akten«, meint er in einem Schreiben an Costa vom 9. September 1933. Völlig unabhängig von den vorangegangenen Plänen entschloß sich der Verlag im Herbst desselben Jahres eine zeitschriftenähnliche Werbeschrift für den deutschen Markt herauszugeben: Die literarischen Nachrichten und Bücher Vorschau des Paul Zsolnay Verlages (Umfang 32 S.) vom »Herbst 1933«. Möglicherweise diente diese Broschüre, die dem Börsenblatt beigelegt wurde, 22 einer Offensivstrategie, um Bedenken im Reich gegenüber dem Verlag zu zerstreuen. Sie enthielt Vorabdrucke aus den Werken von Jakob Schaffner, John Galsworthy, Franz Werfel, Walter von Molo, Leo Perutz, Kasimir Edschmid und Ernst Lothar und warb somit für Autoren, deren Werke offenbar noch erwünscht waren. Das Konvolut »Zeitschrift« im Verlagsarchiv beinhaltet zwei weitere Kuriositäten. Der nationalgesinnte Leopold Stocker Verlag in Graz wollte im Frühjahr 1934 die von Peter Rosegger gegründete und bei Stocker seit 1923 erscheinende Zeitschrift Heimgarten zum Kauf anbieten. Der angegebene Grund: es fehlten ihm die notwendigen finanziellen Mittel, um den Heimgarten entsprechend propagieren zu können. Daß dieser Verlag ausgerechnet an die Adresse des bereits allerorts als »jüdisch-liberal« verschrieenen Zsolnay Verlag geriet, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Stocker, der als Mitglied des Bundesrats in Wien in den 20er Jahren rabiat gegen Juden und Ausländer aufgetreten war und neben landwirtschaftlichen Publikationen auch stark antisemitische und antidemokratische Schriften verlegte, mußte wohl alle sonstigen Möglichkeiten ausgeschöpft haben. Die belletristische Familienzeitschrift war mit ca. 2 000 Abonnenten defizitär und wandte sich inhaltlich sicher nicht an das Lesepublikum des Zsolnay Verlags. Wie dem auch sei, Costa konnte sich, weil der Verlag »so viele Umstellungen vorzunehmen und neue Pläne durchzuführen« hatte (10.3.1934), wie er in seiner Ablehnung schrieb, nicht zu einer Übernahme entschließen. Noch eindeutiger an die falsche Adresse geraten war der Herausgeber der »Monatsschrift für Deutsches Leben«, der Wacht im Osten, Jürgen Meier-Schomburg, als er dem Verlag im März 1934 seine Pläne einer Übernahme unterbreitete. Die Zeitschrift stand unter der »Waltschaft« eines Nationalsozialisten, und als Hauptargument verwies der Herausgeber darauf, daß dem Verlag »an einer Zeitschrift gelegen sein könnte, die rein im nationalsozialistischen Sinne sich an die gebildeten und führenden Kreise Deutschlands wendet« (!), wie es in einem Schreiben vom 23. März 1934 heißt. Weit gefehlt, Costa lehnte wegen der so 22
Börsenblatt,
Nr. 206, 5.9.1933.
167
»zahlreiche(n) (26.3.1934).
und
schwerwiegende(n)
Aufgaben«
des
Verlags
höflich
ab
10.4. Südostdeutsche Literaturblätter Als eines der ersten äußeren Zeichen einer »Umstellung« des Verlags, zumindest der Wiener Zentrale, seit dem Frühjahr 1934, war die im Herbst beginnende Herausgabe einer Hauszeitschrift. Die Idee zu dieser Werbeschrift, die primär, wenn nicht gar ausschließlich für den reichsdeutschen Markt bestimmt war, ging, zumindest dem Anschein nach, nicht von der Verlagsdirektion aus. 23 Die Literaturblätter dienten dazu, den Verlag im Reich unbedenklich, will heißen »gleichgeschaltet« erscheinen zu lassen. Maßgeblich waren erstens jener »Vertrauensmann der Landesleitung der NSDAP in Österreich«, Hermann R. Leber, der als »nationaler Brükkenbauer« fungierte und auch für die Textauswahl und Zusammenstellung verantwortlich zeichnete. Die eigenwillige Titelgebung war bereits ein Signal für die ideologische Ausrichtung: Südostdeutsche Literaturblätter. Heft 1 erschien im Herbst 1934, das 7. und letzte Heft im Spätherbst 1937 (18. November). Veröffentlicht wurden ausschließlich verläßliche »nationale« Autoren und »Mitteilungen des Verlags«. Die Blätter erschienen in »zwangloser Folge« und dienten einer Offensivstrategie von Seiten der Nationalen. Sie sollten zeigen, welche Literatur nun im Verlag tonangebend sei, wie »einwandfrei« das Programm nun sei. Kritiker wie Will Vesper sprachen hingegen von einer »nationalen Tarnung«. Nichtsdestotrotz sollten zugleich die Bedenken oder Zweifel der deutschen Buchhändler dem Zsolnay Verlag gegenüber ausgeräumt werden: Mit dieser kleinen Zeitschrift geben wir dem Sortiment ein geschmackvolles und persönlich ansprechendes Werbemittel in die Hand, das über den Rahmen einer Hauszeitschrift hinaus das Schaffen von Dichtern und Schriftstellern hauptsächlich des südostdeutschen Lebensraumes berücksichtigt. 24
Die Diktion ist unmißverständlich. Der Euphemismus »südostdeutsch« bedeutete so etwas wie »arisch« und »gesamtdeutsch«. Heft 1 enthielt z.B. Originalbeiträge von Hubert Mumelter, Bruno Brehm, Franz Spunda, Frank Thiess, Rudolf Hans Bartsch, Eduard Stucken, Jakob Schaffner und Grete von Urbanitzky. Später waren Erich Landgrebe, Friedrich
23
24
Im Verlagsarchiv findet sich nicht ein einziger Hinweis auf diese Publikation, was die These stärkt, daß »Lektor« Hermann R. Leber mit »nationalen« Autoren von seiner Wiener Wohnung aus verkehrte und die Zeitschrift nicht im Verlagshaus plante. Börsenblatt, Nr. 271, 20.11.1934, S. 5301.
168
Schreyvogl, J.F. Perkonig, Ernst Scheibelreiter, Egmont Colerus, Hermann Graedener u.a. vertreten, aber keine als »jüdisch-liberal« geltende Autoren. 25
10.5. Das Werk. Erika Spann-Rheinsch Nur noch einmal berichtet das Verlagsarchiv von einem Zeitschriftenangebot, und zwar im Jahre 1936. Es wurde durch eine Verlagsautorin, die nationalsozialistischen Kreisen in Österreich nicht fernstand, die Lyrikerin Erika Spann-Rheinsch, an Paul Zsolnay persönlich herangetragen. Über Vermittlung von Hermann R. Leber hat die Gattin Othmar Spanns den Band Gestalt und Geheimnis. Lieder und Gedichte (ersch. 16.4.1936; Aufl. 1 000) bei Zsolnay veröffentlicht und dem Verlag regelmäßig neue Manuskripte eingesandt, die Costa ebenso regelmäßig ablehnte. Ein langes persönliches Schreiben an Paul Zsolnay vom 8.2.1936 eröffnet Spann-Rheinsch so: Ich möchte also eine Zeitschrift haben; das heisst, ich möchte sie leiten, sie gestalten. Was wäre dazu eine bessere Basis als ein grosser und gedeihender Verlag? So wie die Neue Rundschau dem Verlag S. Fischer vorausging, ebensogut könnte Ihr Verlag seine Zeitschrift haben. 2 6
Die Autorin glaubte auch einschlägige Erfahrung mitzubringen. Etwas mehr als ein halbes Jahr lang hatte sie nämlich die Sonntagsbeilage der »aus politischen Gründen« 1933 eingestellten Zeitung Österreichischer Beobachter, »Bergkristall«, geleitet. Der »politische Grund«, den sie verschweigt und mit dem sie, wie sie meint, gar nichts zu tun hatte, war ganz simpel: es war eine Zeitung der für verboten erklärten N.S.D.A.P. Die Zeitschrift wäre, so die Autorin, »ein reines Geschenk Österreichs an das allgemeine Deutschtum«. »Möge dies zu guter Stunde geschrieben sein!«, heißt es abschließend. Zsolnay dürfte von dieser Idee wenig angetan gewesen sein. Einige Monate später wandte sich Spann-Rheinsch wieder an ihren Verleger, diesmal mit der Wiedergabe eines »Gerüchts«, wonach der Verlag erwäge, das »zugrundegehende 'Werk' als Ihre Zeitschrift herauszugeben. Ich bitte Sie inständig: Geben Sie mir die Redaktion!« (17.6.1936). Hätte Zsolnay diese Zeitschrift übernommen, so wäre es mit seinem Ruf in Österreich endgültig aus gewesen, denn hinter dem unverfänglichen Titel Das Werk mit dem eindeutigeren Untertitel »Zeitschrift zur Pflege des deutschen Schrifttums« stand als Gründer doch einer der aktivsten Vertreter der NS-Ideologie in Österreich, nämlich Mirko Jelusich.27 Die Übernahme dieser auf25
Ein großer Erfolg waren die um 10 Pfg. erhältlichen »Blätter« offenbar nicht. Für Folge 1 hatte man 10 0 0 0 Exemplare in Leipzig drucken lassen. Die Auflage der Folgen 2 bis 4 fielen auf 6 000, die der Hefte 5 bis 7 auf magere 3 000 Exemplare zurück.
26
Schreiben vom 8.II. 1936, Ordner Spann-Rheinsch.
27
Untertitel ab Heft 2: »Beiträge zur Pflege deutschen Schrifttums«. Geplant waren 10 Hefte pro Jahr. Heft 1 erschien im Oktober 1935, das 2. und letzte Heft erst im September 1936. Die Zeitschrift konnte sich nicht erhalten. Siehe Hall: Österreichische
Verlagsgeschichte,
Band II, S. 60
169
wendigen, betont unpolitisch gehaltenen Zeitschrift hätte zwar eine Plattform für die »nationale Opposition«, dem Verlag aber kaum Vorteile gebracht. Zsolnays Antwort an die Autorin am 18. Juni 1936 überrascht daher nicht. Ihre Annahme, dass wir in Unterhandlungen bezüglich der Übernahme der Zeitschrift »Das Werk« stehen, trifft nicht zu. Man ist nie mit dem Vorschlag einer Übernahme an uns herangetreten und wir denken derzeit auch nicht daran, uns mit der Herausgabe einer Zeitschrift zu befassen. Meine prinzipielle Einstellung zur Frage der Herausgabe einer Zeitschrift habe ich mir erlaubt, Ihnen seinerzeit mündlich und auch schriftlich darzulegen; es ist seither nichts eingetreten, was meinen diesbezüglichen Standpunkt ändern könnte. (Ordner Spann-Rheinsch)
Vor dem »Anschluß« ist von einer Zeitschriftengründung nicht mehr die Rede.
sowie Johannes Sachslehner: Führerwort Bestsellerautors
170
und Führerblick.
Mirko Jelusich.
Zur Strategie
in den Dreißiger Jahren. Königstein/Taunus: Hain, 1985, S. 5 lf.
eines
11. Übersicht über die Produktion 1926-1929
Bis Ende 1929 hatte der Paul Zsolnay Verlag bereits 182 Titel auf den Markt gebracht. Die Produktion im dritten Jahr 1926 fiel nach dem durch die Ausgabe der Werke Heinrich Manns bedingten Hoch wieder auf weniger als zwei Dutzend (20) neue Titel zurück, um dann 1927 auf 29 und 1928 auf 38 Neuerscheinungen anzusteigen. Im Jahre der Weltwirtschaftskrise, 1929, erreichte die Produktion von neuen Titeln schon die 50er-Marke.' Während 1926 nur sieben der neuen Titel Übersetzungen waren, machte sie 1927 mit 15 schon mehr als die Hälfte der Jahresproduktion aus. Im Jahre 1928 war beinahe jeder zweite neue Titel aus einer Fremdsprache übersetzt (18), und 1929 war das Verhältnis schon 24:26. Die relativ geringe Anzahl der jährlich herausgegebenen Bücher steht den enormen Mengen von Bänden, die im Zuge von Neuauflagen erfolgreicher Titel gedruckt wurden, gegenüber. 1925 wurden sechs Titel (Gesamtauflage: 42 100 Bände), 1926 bloß vier Titel (Gesamtauflage: 21 700 Bände), 1927 bereits acht Titel (Gesamtauflage: 97 000 Bände), 1928 dreizehn Titel (Gesamtauflage: 140 850) und 1929 schließlich elf Titel (Gesamtauflage 89 900 Bände) neu aufgelegt. Neben Franz Werfeis Verdi-Roman sind es Claude Anets Ariane, Arthur Schnitzlers Fräulein Else und die Werke John Galsworthys, die sich besonders gut verkauften. Im Zeitraum 1926 bis 1929 verteilten sich die Neuerscheinungen (mit Kurztiteln) nach der laufenden Nummer der Herstellkartei folgendermaßen: 1926: 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52.
Heinrich Mann: Liliane und Paul Richard Specht: Franz Wetfel Egmont Colerus: Zwei Welten Carl Sternheim: Lutetia John Galsworthy: Dunkle Blume Anton Tschechow: Der schwarze Mönch Leonid Leonow: Die Bauern von Wory Waither Eidlitz: Die Gewaltigen
25. Februar 27. März 15. April 29. April 29. April 10. Mai 3. Juli 3. Juli
Zur Situation auf dem deutschen Buchmarkt in diesen Jahren siehe Herbert G. Göpfert: Die »Bücherkrise« 1927 bis 1929. Probleme der Literaturvermittlung am Ende der zwanziger Jahre. In: Das Buch in den zwanziger Jahren. Vorträge des 2. Jahrestreffens des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Geschichte des Buchwesens, 16.-18. Mai 1977. Hrsg. Paul Raabe. Hamburg: Hauswedell 1978 ( = Wolfenbütteler
Schriften für Geschichte
des Buchwesens-,
Band 2), S. 33-
45.
171
53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64.
Paul Frischauer: Ravaillac Franz Werfel: Paulus unter den Juden Felix Saiten: Bambi John Galsworthy: Der weiße Affe Oskar Jellinek: Die Mutter der Neun Carl Sternheim: Schule von Uznach Jahrbuch 1927 H.G. Wells: Die Geschichte unserer Welt Verdi: Briefe Carl Sternheim: Mädchen John Galsworthy: Der Familienvater Franz Werfel: Tod des Kleinbürgers
11. 22. 22. 22. 22. 4. 4. 24. 4. 4. 4.
3. Juli September September September September September November November November Dezember Dezember Dezember
1927: 65. John Galsworthy: Flucht 66. H.G. Wells: Der Traum 67a. Paul Stefan: Arnold Schönberg 67. Carl Sternheim: Fairfax 68. Heinrich Mann: Mutter Marie 69. Kasimir Edschmid: Hofrat Brüstlein 70. Felix Saiten: Martin Overbeck 71. Colette: Mitsou 72. Julius Meier-Graefe: Widmungen 73. Henry Poulaille: Die Geburtsstunde 74. Carl Sternheim: Napoleon 75. John Galsworthy: Der silberne Löffel 76. Franz Molnär: Die Dampfsäule 77. H.G. Wells: Menschen, Göttern gleich 78. Paul Geraldy: Ihr Mann 79. Egmont Colerus: Politik 80. Max Brod: Die Frau, nach der man sich sehnt 81. Colette: Renee Nere 82. Franz Werfel: Geheimnis eines Menschen 83. John Galsworthy: Aneinander vorbei 84. Theodore Dreiser: Amerikanische Tragödie 85. Jahrbuch 1928 86. Max Fleischer: Porzellanpagode 87. Paul Geraldy: Du und ich 88. H.G. Wells: Die Welt 89. John Galsworthy: Das Herrenhaus 90. Carl Sternheim: Busekow 91. Franz Werfel: Gedichte 92. Fannie Hurst: Mannequin
172
10. Januar 16. Februar 2. März 4. März 28. März 14. April 29. April 20. Mai 2. Juni 2. Juni 17. Juni 20. Juni 25. Juli 14. September 22. September 22. September 29. September 26. Oktober 28. Oktober 28. Oktober 28. Oktober 8. November 8. November 17. November 24. November 28. November 12. Dezember 15. Dezember
1928: 93. Kasimir Edschmid: Sport um Gagaly 94. Mela Hartwig: Ekstasen 95. Stefan Grossmann: Chefredakteur Roth 96. H.G. Wells: Geschichte e.gr.Schulmeisters 97. H.G. Wells: Bealby 98. Anton Tschechow: Anjuta 99. Colette: Die Fessel 100. Walther Eidlitz: Kampf im Zwielicht 101. H.R. Lenormand: Dissonanz 102. Jakob Haringer: Heimweh 103. Theodore Dreiser: Jennie Gerhardt 104. Fred Berence: Eine alltägliche Geschichte 105. Fr.Th. Csokor: Ballade von der Stadt 106. Franz Werfel: Der Abituriententag 107. Felix Saiten: Der Schrei der Liebe 108. John Galsworthy: Der Schwanengesang 109. Valentin Katajew: Die Defraudanten 110. Joh. Fabricius: Das Mädchen 111. Walter von Molo: Mensch Luther 112. Egmont Colerus: Neue Rasse 113. Oskar Jellinek: Der Sohn 114. Felix Saiten: Simson 115. Theodore Dreiser: Der Titan 116. Hans Sochaczewer: Das Liebespaar 117. Friedrich Schreyvogl: Die geheime Gewalt 118. Hermann Kesser: Musik in der Pension 119. John Galsworthy: Ein Lebenskünstler 120. Leon Schallt: John Galsworthy 121. H.G. Wells: Die Weltgeschichte 122. Roger Martin du Gard: Die Thibaults 123. Heinrich Mann: Eugenie 124. Robert Hichens: Bacchantin und Nonne 125. Jahrbuch 1929 126. H.G. Wells: Die offene Verschwörung 127. Colette: Tagesanbruch 128. Leonid Leonow: Der Dieb 129. Max Brod: Zauberreich der Liebe 130. Paul Geraldy: Theater
8. Februar 16. Februar 2. März 2. März 16. März 16. März 29. März 17. April 20. April 20. April 27. April 27. April 27. April 23. Mai 21. Juni 10. Juli 17. Juli 9. August 10. September 17. September 17. September 28. September 28. September 16. Oktober 16. Oktober 23. Oktober 26. Oktober 26. Oktober 26. Oktober 2. November 9. November 9. November 13. November 13. November 16. November 23. November 30. November 19. Dezember
1929: 131. 132. 133. 134. 135.
Ernst Lothar: Der Hellseher Theodore Dreiser: Sowjet-Russland Hans Natonek: Der Mann, der nie genug hat Fr.Th. Csokor: Gesellschaft der John Owen: Der Glückspilz
29. Januar 5. Februar 15. Februar 20. Februar 15. März 173
136. John Galsworthy: Ein Heiliger 137. Roger Martin du Gard: Die Thibaults 138. Mela Hartwig: Das Weib ist ein Nichts 139. Paul Frischauer: Das Herz im Ausverkauf 140. H.G. Wells: Christina Albertas Vater 141. Heinrich Mann: Sieben Jahre 142. Felix Saiten: Die Geliebte des Kaisers 143. Theodore Dreiser: Schwester Carrie 144. Martin Maurice: Liebe. Terra incognita 145. Joh. Fabricius: Charlottens große Reise 146. H.H. Ortner: Tobias Wunderlich 147. John Galsworthy: Ein Lebenskünstler 148. Max Brod: Eine Liebe zweiten Ranges 149. Victor Wittner: Der Mann zw. Fenster und 150. Joan Lowell: Miss Lowell 151. Kasimir Edschmid: Lord Byron 152. Egmont Colerus: Kaufherr und Krämer 153. Hans Kaltneker: Drei Erzählungen 154. Colette: Mein Elternhaus 155. Hans Sochaczewer: Menschen nach dem Kriege 156. Robert Hichens: Der Garten Allahs 157. John Galsworthy: Moderne Komödie 158. Walter von Molo: Die Scheidung 159. Theodore Dreiser: Das »Genie« 160. Roger Martin du Gard: Die Thibaults 161. Erich Ebermayer: Kampf um Odilienberg 162. J.R. Bloch: Auf einem Frachtdampfer 163. Schalom Asch: Chaim Lederer 164. Schalom Asch: Der elektrische Stuhl 165. kein Vermerk 166. kein Vermerk 167. Schalom Asch: Zauberin 168. Schalom Asch: Onkel Moses 169. Schalom Asch: Die Mutter 170. Franz Werfel: Barbara oder Die Frömmigkeit 171. Schalom Asch: Petersburg 172. Felix Saiten: Fünfzehn Hasen 173. Max Brod: Lord Byron 174. Jahrbuch 1930 175. John Galsworthy: Die letzte Karte 176. Heinrich Mann: Sie sind jung 177. H.G. Wells: Mr. Bletsworthy 178. Peter Flamm: Du? 179. H.H. Ortner: Sebastianlegende 180. John Galsworthy: Neue und alte Verse 181. Paul Wertheimer: Plakate 182. Franz Werfel: Dramatische Dichtungen 174
22. März 5. April 12. April 12. April 12. April 23. April 6. Mai 6. Mai 15. Mai 28. Mai 6. Juni 18. Juli 18. Juli 18. Juli 15. August 5. September 12. September 12. September 12. September 19. September 19. September 26. September 3. Oktober 3. Oktober 10. Oktober 10. Oktober 10. Oktober 10. Oktober 10. Oktober
10. Oktober 10. Oktober 10. Oktober 22. Oktober 24. Oktober 24. Oktober 24. Oktober 5. November 5. November 5. November 13. November 13. November 13. November 21. November 5. Dezember 12. Dezember
12. Frauen und »Frauenromane«
Es dauerte bis zum vierten Verlagsjahr, bis Frauen im Programm des Zsolnay Verlags vertreten waren. Die französische Schriftstellerin Colette machte den Anfang, gefolgt von der Amerikanerin Fannie Hurst (1889-1968) mit ihrem Roman Mannequin. Der Verlag stand schon seit dem Dezember 1926 mit einer New Yorker Firma bezüglich der Honorarbedingungen für Hurst in Kontakt und entschloß sich schließlich Anfang 1927 zur Veröffentlichung. Die erste Ausgabe ihres Romans kam Mitte Dezember 1927 in einer Auflage von 5 000 Exemplaren auf den Markt. Der Verlag lehnte aber Angebote ab, weitere Romane Hursts wie Lummox (1923) und Five and Ten (1929) zu verlegen, da man der Meinung war, man könne ein deutsches Publikum nicht für sie interessieren. Der Roman Mannequin verkaufte sich aber gut, sodaß eine zweite Auflage im März 1929 (4 000 Ex.) veranstaltet wurde. Als der Verkauf nachließ, übernahm die Bibliothek zeitgenössischer Werke einen Teil der Auflage.
12.1. Mela Hartwig Die erste junge österreichische Autorin, die der Zsolnay Verlag nach anfänglichem Zögern und längerer Skepsis unter Vertrag nahm, war die Schauspielerin und Schriftstellerin Mela (eigentlich: Melanie) Hartwig. Sie wurde am 10. Oktober 1893 in Wien als Tochter des Soziologen und kulturpolitischen Schriftstellers Theodor Hartwig geboren.1 Von 1917 bis 1921 war sie als Schauspielerin tätig und ließ sich am Wiener Konservatorium ausbilden. Seit 1921 war sie mit dem Grazer Rechtsanwalt Dr. Robert Spira verheiratet und begann 1923 nach eigener Aussage »mit Vorliebe Prosa, etwas Lyrik, sehr wenig Dramatisches« ernsthaft zu schreiben. In einer Antwort auf die Aufforderung des Verlags, biographische Informationen zur Verfügung zu stellen, bekannte sie: »Meine schriftstellerischen Versuche vor 1923 sind sehr lyrisch und unzulänglich.«2
1
Über das richtige Geburtsjahr herrscht einige Verwirrung: Kürschner und einige andere Lexika geben richtig das Jahr 1893 an. Emst Schönwiese, dem das Verdienst zukommt, überhaupt auf diese vergessene Autorin aufmerksam gemacht zu haben (Im Exil vergessen: Mela Hartwig (1895-1967) und ihr nachgelassener Roman »Die andere Wirklichkeit«. In: E.S. Literatur Wien zwischen
in
1930 und 1980. Wien-München: Amalthea 1980, S. 97-102), schreibt 1895. Dies
stimmt zwar mit dem Jahr überein, das Mela Hartwig dem Zsolnay Verlag mitteilte, ist aber, wie aus der Meldeauskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs hervorgeht, nicht richtig. 2
Hartwig an Paul Zsolnay Verlag, 13.6.1928, Ordner Hartwig.
175
Hartwig, die dem Zsolnay Verlag ihre Novellen anbot, mag zwar, wie Ernst Schönwiese schreibt, im Rahmen eines literarischen Preisausschreibens der Literarischen Welt im Jahr 1927 vom Juror Alfred Döblin »entdeckt« worden sein, 3 dem Verlag empfohlen hat sie aber der Direktor des Internationalen Psychoanalytischen Verlags in Wien (1921-1932), A.J. Storfer (1881-1944): 20.IV.27 Hochverehrter Herr Zsolnay, in Entsprechung des telephonischen Gespräches des Psychoanalytischen Verlages mit Ihnen erlaube ich mir Ihnen die Novelle: »Das Verbrechen«, die in dem Wettbewerb, den die »Literarische Welt« veranstaltet hat von Alfred Döblin unter den 9 hervorgehobenen Arbeiten empfohlen wurde. Ich werde morgen oder übermorgen Vormittag bei Ihnen vorsprechen. Mit vorzüglicher Hochachtung Mela Hartwig
Wie bei jedem im Umgang mit Verlagen unerfahrenen jungen Autor, war Hartwigs früher Kontakt mit dem Zsolnay Verlag eine Mischung aus Ehrfurcht, Ungeduld, Selbstsicherheit und Draufgängertum. Und die Zeitspanne zwischen Manuskriptübergabe und Antwort (Zusage/Ablehnung) stellte die Geduld der Autorin verständlicherweise auf eine harte Probe. Bereits vor Ablauf des vereinbarten Termins meldete sie sich aus Graz beim Verlagschef in Wien: Hochverehrter Herr Paul Z s o l n a y , vor ungefähr drei Wochen habe ich, über Empfehlung des Herrn Dir. Storfer vom Psychoanalyt.- Verlag, Ihnen vorerst meine Novelle: »Das Verbrechen« und über Aufforderung Ihres Verlages weitere 4 Novellen vorgelegt, die, jede für sich vollkommen abgeschlossen, von einer gemeinsamen Idee getragen, eine Einheit darstellen und unter dem gemeinsamen Titel: »Besessene« ein Buch ergeben. 4
Da es sich, wie die Autorin meinte, »immerhin um eine Entscheidung von unabsehbarer Bedeutung für meine ganze Zukunft« handelte, bat sie um Verständnis für ihre »begreifliche Erregung« und erlaubte sich, »noch ein Argument zu meinen Gunsten vorzubringen. Stefan Zweig hat diese Novellen gelesen und hat mich eben ermächtigt, mich Ihnen gegenüber auf ihn zu berufen und Ihnen mitzuteilen, dass er jederzeit bereit ist, sich persönlich für diese Arbeiten einzusetzen« (ebd.).
3
Schönwiese, S. 97. Dazu Unbekannte junge Erzähler. Das Votum Alfred Döblins. In: Die literarische Welt, 3. Jg., Nr. 11, 18.3.1927, S. 1. Die Verbindung zu Storfer geht aus Döblins Votum hervor: »Der 'Psychoanalytische Verlag' in Wien dürfte Hauptinteressent für Mela Hartwigs (Graz) Novelle 'Das Verbrechen' sein: die naturwahr geschilderte Liebe einer Tochter zu ihrem psychiatrischen, sadistischen Vater. Die Liebe erlischt trotz der 'Analyse' nicht; es gibt zuletzt einen Vatermord.« Siehe Sigrid Schmid-Bortenschlager: Der zerbrochene Spiegel. Weibliche Kritik der Psychoanalyse in Mela Hartwigs Novellen. In: Modem Austrian Literature, 12, Nos. 3/4, 1979, S. 77-95.
4
Hartwig an Zsolnay, 14.5.1927, Ordner Hartwig.
176
Volume
Obwohl Zweigs Meinung beim Verlag Gewicht hatte - er war zudem mit einigen Verlagsautoren befreundet - lehnte Felix Costa im Juni das Manuskript »Die Besessenen« ab, weil der Verlag »nicht jene völlige innere Übereinstimmung« mit dem Werk gefunden hatte. 5 Es bestanden wohl auch Bedenken von Seiten Costas bezüglich der Verkäuflichkeit, doch gab Paul Zsolnay in einem persönlichen Gespräch mit der Autorin im September nach. Er bat sie, dem Verlag sämtliche bisher bekannten Novellen, »ergänzt durch Novellen, die ihr noch entsprechend erscheinen und besonders auch noch durch eine grosse Novelle, die sie erst vollendet (»Aufzeichnungen einer Hässlichen«)« bis 1. Februar 1928 einzuschicken und behielt sich vor, »aus eigenem Ermessen aus diesen Novellen einen Band zusammen(zu)stellen«.6 Die Wahl des Titels - Ekstasen - wurde von Felix Costa vorgenommen. Die Autorin erklärte sich zwar »sehr einverstanden«, hatte aber dennoch Bedenken: Sie erklärte, dass der Titel ausserordentlich gut Wesen und Sinn der Novellen treffe, Beweis dessen, dass sie als Titel vorschlagen wollte: »Die Verzückten«, ein Vorschlag, den sie jedoch zurückzieht. 7
Für den Band, der am 16. Februar in einer Auflage von 5 000 Exemplaren auf den Markt kam, erhielt die Autorin ein Honorar von 15% des Ladenpreises. Costa war aber mehr als pessimistisch, was die Erfolgsaussichten betraf. Am Tag nach dem Erscheinen erzählte er Max Brod von diesem »Erstlingswerk einer österreichischen Dichterin« und meinte, daß es zwar »sicher viel Aufsehen erregen«, aber sich »sicher beim großen Publikum schwer durchsetzen lasse« würde. 8 Obwohl keine Verkaufszahlen vorliegen, dürfte Costa Recht behalten haben. Nicht einmal ein Jahr später reichte Hartwig ein zweites Manuskript, wieder einen Roman mit dem Titel »Figurine«, ein. 9 Costa nahm das Werk an, gab ihm aber wieder einen anderen Titel, und zwar Das Weib ist ein Nichts, das im April (Auflage 4 000 Ex.) herauskam. Der Verlag hatte seine Probleme, sich mit dem Werk Hartwigs anzufreunden, und es wurde zunehmend schwieriger, jene »volle innere Übereinstimmung« zu finden. Zwei Monate nach dem Erscheinen ihres zweiten Werks bewarb sich Mela Hartwig um den Kleist-Preis. 10 Im Dezember desselben Jahres erhielt die vierunddreißigjährige Autorin auf Empfehlung des 5 6
Costa an Hartwig, 9.6.1927, ebd. »Besprechung mit Frau Mela Hartwig, Wien, 16.IX. 1927«, ebd. Nachträglich eingesandt wurden »Die Hexe« und »Aufzeichnungen einer Hässlichen«. Eine von Zsolnay nicht veröffentlichte Novelle, nämlich »Das Kind«, wurde in vier Folgen vom 19.-22. Juni 1928 in der Neuen
Freien
Presse gedruckt. Die Ankündigung in der Morgenausgabe vom 16.6.1928, S. 5, enthält eine Würdigung der Schriftstellerin und diverse biographische Details. 7
»Unterredung mit Frau Mela Hartwig, Wien 6.1.1928«, ebd.
8
Paul Zsolnay Verlag an Max Brod, 17.2.1928, Ordner Brod. Hartwig an Paul Zsolnay Verlag, 21.1.1929, Ordner Hartwig.
9 10
Vgl. den Brief an Wilhelm von Scholz vom 24.6.1929, DLA Marbach.
177
Zsolnay Verlags den Julius-Reich-Preis für Dichtung. Kaum war der Roman Das Weib ist ein Nichts erschienen, kündigte Hartwig einen neuen, dritten Roman an. Im Februar 1931 zeigte sie erneut ihre Neigung zu ungewöhnlichen Titeln und reichte das Manuskript »Ich bin ein überflüssiger Mensch« ein.11 Die Lektüre des Manuskripts ließ Verlagsleiter Costa ziemlich ratlos, und seine Stellungnahme verzögerte sich dementsprechend. Als es nun endlich so weit war, schrieb Costa, der Verlag hätte den »interessanten« Roman, der Hartwigs dichterisches Können auf einer neuen Ebene zeige, mit »starkem Interesse« und »mit grösster innerer Anteilnahme« gelesen. Costa freute sich, daß es der Autorin gelungen sei, ihren »bisherigen Stil zu grösserer Klarheit und Reife zu veredeln«.12 Allerdings müssen wir Ihnen gestehen, dass wir nicht recht wissen, wie wir uns diesem Buch gegenüber verhalten sollen. Es handelt sich - darüber sind auch Sie sich wohl klar - um ein absolut publikumsunwirksames und abseitiges Werk, das in der heutigen Zeit einem heutigen Publikum vorzulegen einen sicheren Misserfolg bedeuten würde, (ebd.)
Um das Werk im vorhinein zu »popularisieren«, hielt es Costa für »aussichtsreich«, das Werk einige Male Vorabdrucken zu lassen. Ansonsten blieb Costa sehr unverbindlich und meinte, es läge »durchaus im Bereich der Möglichkeit«, den Roman zu publizieren, wenn »kein schlagkräftigeres Werk« von ihr vorläge. An diese Möglichkeit knüpfte die Autorin alle ihre Hoffnungen. Ob es dem Verlag gelang, eine Zeitung für einen Vorabdruck zu gewinnen, geht aus den Akten nicht hervor. Im Juli 1932 reichte die Autorin ein neues Manuskript, eine Sammlung von Kurzgeschichten, u.d.T. »Quer durch die Krise« ein, doch ließ sich der Verlag, z.T. durch die Ereignisse in Deutschland bedingt, für eine Entscheidung mehr als ein halbes Jahr Zeit. Costa mußte eine Publikation aus »verlagspolitischen Erwägungen« ablehnen: der in Deutschland herrschende Zeitgeist hatte den Buchmarkt eingeholt. Costa meinte, der negative Entschluß sei »in diesem Fall leider von äusseren Ereignissen abhängig«.13 Seine nähere Begründung enthält die einzigen spärlichen Hinweise auf den Inhalt der Novellensammlung und geht viel spezifischer als gewöhnlich auf die Lage am deutschen Buchmarkt ein: Wir haben Ihre Novellen mit grossem Interesse und aufrichtiger Anteilnahme gelesen und alle Möglichkeiten einer Herausgabe reiflichst erwogen. Sie wissen, sehr verehrte gnädige Frau, dass das Weltbild des deutschen Lesepublikums und besonders der deutschen Frau heute ein anderes ist als die Lebensanschauung, die aus Ihrem Werke spricht. Wir bitten Sie, über diesen Gegenstand jetzt nicht mehr sagen zu müssen - dies ist brieflich auch gar nicht möglich - , wir können nur soviel andeuten, dass wir für einige Zeit mit unserer Produktion äusserst vorsichtig sein müssen. Wir hoffen, in einem nicht zu fernen Zeitpunkt wieder auf Ihr Werk zurückkommen und in absehbarer Zeit wieder ein Buch von Ihnen edieren zu können, (ebd.) 11
Hartwig an den Paul Zsolnay Verlag, 10.2.1931, Ordner Hartwig.
12
Costa an Hartwig, 24.4.1931, ebd.
13
Costa an Hartwig, 16.3.1933, ebd.
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Costa empfahl der Autorin, ihr Glück bei Zeitungen und Zeitschriften zu versuchen. Hartwig konnte zwar für die Ablehnung ihrer Kurzgeschichten noch Verständnis aufbringen, die Entscheidung des Verlags aber, die Publikation ihres Romans »Bin ich ein überflüssiger Mensch?« auf unbestimmte Zeit hinauszuschieben, traf sie hart: Bedenken Sie doch, ich bitte Sie darum, dass ich künstlerisch einfach erledigt bin, wenn Sie mir eine noch längere Pause zumuten und dass ich förmlich von vorne beginnen muss, wenn ich den Kontakt mit dem Leser völlig verliere. 14
Ihre Motive waren nicht nur künstlerischer Natur. Das Nicht-Erscheinen des Romans bedeutete einen wesentlichen finanziellen Verlust, daher die Bitte um einen Vorschuß. Costas kurze Replik vom 12. April 1933 wirft ein bezeichnendes Licht auf die Situation am Buchmarkt im Dritten Reich: ein Verlag könne »in einer wirtschaftlich und politisch so schwierigen Zeit so gut wie keine definitiven Entschlüsse bezüglich Neuerwerbungen fassen«.15 Zum Umstand, daß Hartwigs künstlerische Arbeit jetzt unterbrochen werde, sei es, so Costa, »sicherlich [...] nur ein schwacher Trost, dass Sie dieses Schicksal mit einer Anzahl bedeutender Autoren teilen« (ebd.). Der Verlag mußte die erneut vorgetragene Bitte16 um einen Vorschuß negativ bescheiden. Costa: Unser Verlag hat so viele schwerwiegende Verpflichtungen übernommen, dass wir bei den jetzigen schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen unsere ganze Kraft anspannen müssen, um diesen Verpflichtungen gerecht zu werden. Es ist uns daher beim besten Willen leider nicht möglich, neue Lasten auf uns zu nehmen. 17
Der Kontakt zwischen Autorin und Verlag blieb noch eine Weile aufrecht. 1933 sah sich der Verlag veranlaßt, den Band Ekstasen zu verramschen, da, wie Costa der Autorin mitteilte, »das Buch sich zu unserem grossen Bedauern als nicht mehr recht verkäuflich erwiesen« habe.18 Im Sommer 1934 machte die Autorin, die noch in Graz lebte und erst 1938 nach England emigrierte, einen neuerlichen Versuch, ein weiteres Werk im Zsolnay Verlag unterzubringen. Sie reichte ein Novellenmanuskript »Das Wunder von Ulm« ein, nicht wissend um die besondere Situation des Verlags, der kein Interesse an Büchern haben konnte, die dem »neuen Deutschland« kritisch gegenüberstanden.19
14
Hartwig an Paul Zsolnay Verlag, 25.3.1933, ebd.
15
Costa an Hartwig, 12.4.1933, ebd.
16
Im Schreiben Hartwigs an den Verlag, 19.4.1933, ebd.
17
Costa an Hartwig, 27.4.1933, ebd.
18
Costa an Hartwig, 30.11.1933, ebd.
19
Hartwig an Paul Zsolnay Verlag, 24.6.1934, ebd.
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Die Novelle war nach Ansicht Hartwigs eine »wichtige Auseinandersetzung zwischen Judentum und Deutschland«, eine politische Streitschrift, die jedoch den Vorzug hat, dass sich ihre Tendenz völlig der künstlerischen Objektivität unterordnet, dass sie zeitlich distanziert ist, weil ich die Geschehnisse in das Mittelalter verlegt habe und dass ich mit keinem Wort das künstlerisch Erlaubte überschritten habe. Dass eine derartige Erzählung, so kurz sie auch ist, nur für sich allein erscheinen könnte, weil jede Koppelung mit anderen Novellen ihre eminente politische Aktualität beeinträchtigen und ihre Stosskraft abstumpfen würde, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Der Erfolg, den ich mir, nicht von ihren künstlerischen Qualitäten, aber von ihrer Aktualität verspreche, hängt völlig davon ab, dass sie der Öffentlichkeit als das übergeben wird, was sie ist; als Streitschrift. Ich bin mir natürlich vollkommen klar darüber, dass es heutzutage sowohl für den Autor, als auch für den Herausgeber ein gewisses Wagnis ist, ein Buch herauszubringen, das unverkennbar politische Streitschrift ist und es wird sich vor allem die Frage ergeben, ob Sie ein solches Wagnis auf sich nehmen wollen. Aber ich bitte Sie zu bedenken, dass eben in diesem Wagnis auch die Chance für den Erfolg steckt, (ebd.)
Angesichts der sonstigen Schwierigkeiten dieser Zeit, war der Zsolnay Verlag gar nicht versucht, irgendwelche Risken einzugehen, die den Absatzmarkt im Reich noch mehr gefährden würden. Auch an diese Eventualität scheint die Autorin gedacht zu haben: Natürlich müsste bedacht werden, ob es zweckmässig ist, das Buch in Österreich herauszubringen oder ob es sich nicht empfehlen würde, es im Ausland, etwa in der Schweiz, erscheinen zu lassen und ob es nicht vielleicht sogar angezeigt wäre (wenn das überhaupt möglich ist), es erst als Übersetzung (etwa französisch) und erst dann in deutscher Sprache herauszubringen, dies umsomehr, als es j a wichtig wäre, die Aufmerksamkeit des internationalen Judentums zu gewinnen. Aber das sind Fragen, die ich nur anregen, aber nicht beantworten kann, weil ich nicht weiss, wie diese Dinge vom verlagstechnischen Standpunkt aus durchführbar sind, (ebd.)
Der Brief Hartwigs - es ist der letzte, der an den Verlag gerichtet ist - sagt weitaus mehr über die Lage der Autoren, die ihre Publikationsstätte verloren hatten, aus als noch so viele Hinweise auf »verbrannte Bücher«. Costas Antwort war höflich, aber vorauszusehen: er wollte sich nicht festlegen, ob man »diese Arbeit, die Sie selbst eine politische Streitschrift nennen«,20 im Verlag herausbringen könne, erklärte sich aber bereit, die Novelle zu lesen. Auf die - vielleicht nur theoretische Möglichkeit, das Werk in der Zürcher Bibliothek zeitgenössischer Werke herauszubringen, ging Costa nicht ein, womöglich, weil er mit einem solchen Schritt nicht noch mehr Schwierigkeiten einhandeln wollte. Die Novelle Das Wunder von Ulm erschien 1936 im Pariser Emigrantenverlag Editions du Phenix (Phenix-Bücher, Nr. 42). Es war die letzte Veröffentlichung
20
Costa an Hartwig, 28.6.1934, ebd.
180
Hartwigs bis Kriegsende. Von einem Versuch, bei Zsolnay nach dem Krieg zu verlegen, ist nichts bekannt.
12.2. Victoria Wolf Der Zufall wollte es, daß der Zsolnay Verlag ausgerechnet im Monat der sog. »Machtergreifung« der Nationalsozialisten gleich drei neue Autorinnen der Öffentlichkeit vorstellte. Zwei der drei »ergreifenden Romane junger österreichischer Autorinnen«, wie sich Felix Costa in seiner alljährlichen Empfehlung für den Julius-Reich-Preis in einem Schreiben an Prof. Emil Reich ausdrückte, 21 waren gar Erstlingswerke, alle drei »Frauenromane«. Lili Grün (Jg. 1904)22 und Hilde Spiel (Jg. 1911) waren gebürtige Wienerinnen, die dritte im Bund, Victoria Wolf (Jg. 1908) stammte aus Heilbronn in Deutschland. 23 Der Roman Mädchen wohin?, der am 9. März 1933 in einer Auflage von 5 000 Exemplaren erschien, war erst die zweite Buchveröffentlichung der vierundzwanzigjährigen Schriftstellerin Victoria Wolf nach ihrem Debüt mit dem George SandRoman Eine Frau wie du und ich im Jahr zuvor bei Reißner in Dresden. Bereits im Herbst legte Zsolnay ein zweites Werk von Wolf auf, und zwar wieder einen Roman mit dem Titel Eine Frau hat Mut. Innerhalb von zwei Monaten verkaufte sich die erste Auflage (3 000), sodaß weitere 2 000 gegen Ende November gedruckt wurden. Wolf legte ein erstaunliches Arbeitstempo an den Tag: wenige Monate später erschien nicht mehr im Hauptverlag in Wien, sondern in Zürich in der Bibliothek zeitgenössischer Werke - das Buch Die Welt ist blau. In einer Verlagsanzeige heißt es: »Ein entzückender Sommerroman, erfüllt von Humor und Lebensfreude. Eines der beglückenden Frauenbücher unserer Tage.« Die Auflage wurde auf 3 000 Exemplare beschränkt. Warum man im Fall Wolf (und Lili Grün) die Schweiz als Verlagsort wählte, kann man nur vermuten. Daß Victoria Wolf aber, wie kürzlich behauptet, »im März 1933« von der Reichsschrifttumskammer ein »Schreibverbot« erteilt wurde, ist freilich unmöglich, allein deshalb, weil es die
21
Costa an Reich, 23.9.1933, Ordner Lili Grün. Costa schlug sowohl Grün als auch Hilde Spiel für den Preis vor. Letztere gewann ihn. Der Zsolnay Verlag scheint fast einen Daueranspruch auf den Preis gehabt zu haben. Andere Zsolnay-Autoren unter den Preisträgern waren Mela Hartwig, Friedrich Torberg, Theodor Kramer und Friedrich Schreyvogl (1935).
22
In den wenigen Lexika, in denen Grün überhaupt erwähnt wird, sowie im Verlagsarchiv wird das Geburtsdatum unrichtig mit 3. Februar 1907 in Wien angegeben. Elisabeth (Lily) Grün wurde am 3. Februar 1904 als Tochter des aus Elesd in Ungarn gebürtigen Kaufmanns Armin bzw. Hermann Grün und seiner aus Wien stammenden Frau Regine (geb. Goldstein) geboren. Nach den weiteren Angaben im Geburts-Buch der Israelitischen Cultusgemeinde in Wien mußte Lili Grün am 28. April 1939 den Zusatznamen »Sara« annehmen.
23
Nach der ersten Eheschließung (1927) hieß die Autorin »Wolf« und nach der zweiten (1949) »Wolff«. Korrespondenz zwischen Verlag und Autorin liegt im Archiv nicht vor.
181
RSK noch nicht gab. 24 Richtig ist allerdings, daß der Vertrieb ihrer Werke in Deutschland nach einem Vermerk in der Herstellkartei ab Juli 1936 nicht mehr möglich war. 25 Anfang 1937 mußten alle drei Werke verramscht werden. Der Bannstrahl wird sich wahrscheinlich nicht gegen den Zsolnay Verlag gerichtet haben, sondern eher damit in Zusammenhang stehen, daß die nach dem Abgang von Zsolnay folgenden Romane Wolfs (Gast in der Heimat, 1935; Drei Tage, 1937) jeweils in einem »Emigrantenverlag« erschienen sind, und zwar bei Querido in Amsterdam bzw. dem Humanitas Verlag in Zürich.
12.3. Lili G r ü n Eine Woche nach dem Erscheinen des Romans Mädchen wohin ? von Wolf wartete der Verlag mit einer weiteren Novität auf. Die Autorin Lili Grün war erst 29 Jahre alt, als ihr erstes Buch, der Frauenroman Herz über Bord veröffentlicht wurde. Vermittler und zugleich Schutzherr war Robert Neumann, der selber von Engelhorn in Stuttgart kommend seit 1931 bei Zsolnay verlegte. 26 Am 16. März erschien Herz über Bord in einer vorsichtig-kleinen Erstauflage von 3 000 Exemplaren. Es war wiederum Robert Neumann, der dem Verlag das Expose eines neuen Buches der zeitweise in Paris lebenden Autorin übermittelte. Der Titel: »Anni hat unrecht«. Der Verlag bot Grün daraufhin eine monatliche Ratenzahlung bzw. einen Vorschuß auf dieses neue Buch, konnte sich dann aber nicht zur Übernahme entschließen, da es - wie Costa es formulierte - »uns doch nicht recht befriedigt« habe. 27 Die Nachfrage ausländischer Verleger nach den »Frauenromanen« war ausnehmend groß, und es kam, durch den Wiener Verlag besonders gefördert, zu einer Vielzahl von Übersetzungsausgaben. Das Jahr 1934 verging, ohne daß Grün in der Lage war, ein weiteres, neues Werk abzuliefern. Von Paris aus, wo sie sich zwischen Mitte und Dezember aufhielt, erreichte den Verlag die Bitte Grüns um einen neuen Vorschuß. Der Wunsch mußte allerdings mit Verweis auf die allgemeine Wirtschaftslage sowie auf die besonders prekäre finanzielle Situation des Zsolnay Verlags abgelehnt werden. Zsolnay hatte in diesem Jahr »grosse Einschränkungen vornehmen« und mehr als die
24
Siehe das Kapitel über Victoria Wolff in Gisela Brinker-Gabler, Karola Ludwig, Angela Wöffen (Hrsg.): Lexikon deutschsprachiger
25
Schriftstellerinnen
1800-1945. München: dtv 1986, S. 333.
Laut einer Mitteilung des Leipziger Kommissionärs F. Volckmar vom 19. Juli 1936 war die Verbreitung der Bücher Wolfs nicht mehr »angängig«.
26
Die Vermittlerdienste Neumanns im Fall Grün gehen aus einem Aktenvermerk Costas über ein Telegramm an Neumann (»Sind prinzipiell bereit mit Lili Grün in Unterhandlungen zu treten«) vom 16.1.1933 hervor. Ordner Grün. Korrespondenz mit Neumann ist im Verlagsarchiv erst ab Dezember 1933 auffindbar.
27
Felix Costa an Lili Grün, 27.1.1934, Ordner Grün.
182
Hälfte der Angestellten in Wien abbauen müssen. 28 Diese verlagsintern erforderlichen Einschränkungen spiegelten sich klar in einem signifikanten Rückgang der Zahl der Neuerscheinungen wider. Von einem Zwischenhoch im Jahre 1932 von 55 neuen Titeln fiel die Zahl im folgenden Jahr auf 41 zurück und sank 1934 auf 31, eine Zahl, die seit 1927 nicht unterschritten worden war. 1933 ging die Zahl der Neuauflagen deutlich zurück und stieg dann fast umgekehrt proportional zu den Neuerscheinungen 1934 wieder. Das mag an der verlegerischen Vorsicht mit »erprobten« Titeln und vor allem Autoren gelegen haben. Die Zahl der Neuauflagen verdoppelte sich 1934 im Vergleich zum Vorjahr. Dieser Fluktuation der Produktion stand das Problem gegenüber, viele Autoren und Werke nicht mehr vertreiben zu dürfen oder vertreiben zu können. Auch Lili Grün und Mela Hartwig konnten von Felix Costa nur mehr getröstet bzw. vertröstet werden. Hinzu kam aber - und die Parallelen zum kranken Poeten Theodor Kramer drängen sich auf die besondere Hilflosigkeit der jungen Autorin Lili Grün. Ihr Fall macht ganz knapp die Absurdität und Konsequenz des NS-Systems transparent. Der Verlag war, wie bereits angedeutet, nicht imstande, der Autorin offiziell weitere Vorschüsse zu gewähren. Ihre finanzielle Notlage wurde durch eine ernsthafte Lungenerkrankung nur noch verschlimmert. Wiederum war es Felix Costa wie im Fall Theodor Kramer - der sich mit einem Hilferuf für seine »Schützlinge« an Bekannte und Freunde des Verlags wandte. »Die junge und sehr begabte Autorin,« schrieb Costa im Januar 1935 an eine Verwandte seines Chefs, Frau Lori Kuffner, »ist jetzt in grösster Not, in einem elenden körperlichen Zustand und buchstäblich am Verhungern. Der Verlag hat seit den zwei Jahren, die er mit Lili Grün in Verbindung steht, viel für sie getan, leider aber sind seine Mittel sehr begrenzt, und so bin ich auf die Idee gekommen, an Ihre Güte und Hilfsbereitschaft, sehr verehrte gnädige Frau, zu appellieren. Ich bin überzeugt, dass Sie, wenn sie (sie) die arme junge Frau in ihrem Elend sähen, es mehr als verständlich finden würden, dass ich alles daransetze, um ihr zu helfen.« 29 Costa bekam postwendend eine Spende, die er an Grün weiterleitete. Auch an die stadtbekannte Wiener Philanthropin, Frau Dr. Eugenie Schwarzwald, erging ein Bittbrief: Ich kenne, sehr verehrte Frau Doktor, Ihre grosse Hilfsbereitschaft und Güte allen Notleidenden, und vor allem geistig arbeitenden Menschen gegenüber und gestatte mir daher, Ihnen Lili Grün auf das wärmste zu empfehlen. Wenn wir alle zusammenhelfen, wird und muss es gelingen, einen hochbegabten und der Hilfe würdigen Menschen zu retten. Im voraus danke ich Ihnen herzlichst für alles, was Sie für Lili Grün tun werden, und bin mit besten Empfehlungen Ihr sehr ergebener [Felix Costa] 3 0
28
Brief der Lektorin Dr. Ida Schreiber an Lili Grün, Hotel Vauquelin Paris, vom 18.8.1934, ebd.
29
Costa an Lori Kuffler, 15.1.1935, ebd.
30
Costa an Eugenie Schwarzwald, 8.2.1935, ebd.
Es handelt sich hier um den einzigen entdeckten Hinweis auf Personalabbau im Zsolnay Verlag.
183
Über seine Beziehungen zu wichtigen Ärzten in Wien organisierte Paul Zsolnay einen Gratis-Kuraufenthalt für die Autorin. Der Verein Kurfürsorge leistete einen großen Betrag, Costa, Franz Werfel, der Verlagssyndikus Paul Neumann, Paul Zsolnay und seine Mutter nahmen durch Spenden an einer Aktion zur Bezahlung eines weiteren Kuraufenthalts in Grimmenstein teil. Costa wandte sich an Literaturredaktionen der großen Wiener Tageszeitungen um sie zu bitten, Grüns Artikel zu publizieren und stellte der Autorin Empfehlungsbriefe zur Verfugung. Aber diese humanen Gesten fanden dort ein Ende, wo die NS-Bürokratie anfing. Costa entwickelte einen Plan, eben dieser Bürokratie ein Schnippchen zu schlagen. Ein Berliner Verlag - der Allegro Verlag - hatte mit Lili Grün eine Vereinbarung abgeschlossen und der Autorin für das Recht der Benützung des urheberrechtlich geschützten Titels ihres Erstlings Herz über Bord ein Honorar von RM 200 zugesagt. Der Allegro Verlag konnte aber keine Devisentransfergenehmigung bekommen. Der Zsolnay Verlag (wie andere österreichische Verlagsunternehmen auch) hatte im Deutschen Reich ansehnliche Guthaben angehäuft, konnte aber aus devisentechnischen Gründen das Geld nicht freibekommen, um es Grün über sein Berliner Haus zur Verfügung zu stellen. Auf der Suche nach einem Ausweg setzte sich Costa mit dem ihm befreundeten Eirich Verlag in Wien, der mit dem Allegro Verlag in Berlin in Geschäftsverbindung stand, in Kontakt und traf mit ihm eine besondere Vereinbarung: Falls sich wieder ein Guthaben des Allegro Verlags bei Eirich ergeben sollte, würde Eirich die Zahlung an Lili Grün leisten. In diesem Sinne schrieb Costa nach Berlin: Der Verlag Eirich hat sich entgegenkommenderweise hiezu bereit erklärt, benötigt jedoch eine Bestätigung der deutschen Devisenzentrale, auf Grund derer er dann bei der Österreichischen Nationalbank um die Zahlungserlaubnis ansuchen kann. Wir bitten Sie dringend, im Interesse der notleidenden Autorin möglichst bald die entsprechende Bestätigung zu beschaffen und dem Eirich Verlag zu übersenden, damit er die Zahlung dann sofort vornehmen kann. Wir sind überzeugt, dass Sie angesichts der Ihnen geschilderten Notlage Lili Grüns und des Umstandes, dass Sie das von Ihnen gekaufte Recht bereits verwerten, Ihr Möglichstes zu einer umgehenden Erledigung dieser Sache tun werden, und danken Ihnen im voraus bestens dafür. 3 1
Der Allegro Verlag versuchte sein Glück ein weiteres Mal vergeblich. Dies veranlaßte Costa, sich an den Verlagsanwalt in Berlin zu wenden, der selbst gegenüber den NS-Behörden manchmal auch das Unmögliche möglich machte. Er teilte dem Anwalt mit, daß Lili Grün sich »tatsächlich in grosser Not« befinde, »buchstäblich vor dem Nichts« stehe, und daß es »also tatsächlich eine Lebensfrage für sie [sei], ob sie die 200 Mark« bekomme. 32 Für das Ansuchen an den Präsidenten des Landesfinanzamtes als Devisenbewirtschaftungsstelle in Berlin setzte er einen Text auf, der u.a. folgendes aussagte:
31
Costa an den Allegro Verlag, Berlin, 3.5.1935, ebd.
32
Costa an Dr. August Bergschmidt in Berlin, 11.5.1935, ebd.
184
Nun befindet sich Lili Grün derzeit schwer lungenkrank in einem Erholungsheim in Meran und ist auf Unterstützungen angewiesen, da sie infolge ihrer Krankheit keinerlei Erwerb besitzt. Die Erlaubnis zur Überweisung des Betrages von Μ 200.- ist für sie daher eine Lebensnotwendigkeit, da sie ansonsten keine Möglichkeit hat, gesund zu werden oder, überhaupt weiterzuexistieren. Aus diesem Grunde bitte ich namens der Autorin Lili Grün, in diesem besonders berücksichtigenswerten Falle die Genehmigung zur Überweisung des an sich sehr geringfügigen Betrages von RM 200 dem Allegro Verlag erteilen zu wollen.
Der Anwalt bemühte sich redlich, die Behörde zur Milde umzustimmen: Dieser Fall ist wirklich besonders gelagert; wir glauben, dass, da hier die Voraussetzungen bitterster Lebensnot vorliegen, trotz der von dort eingenommenen grundsätzlichen Einstellung dieser Fall eine Ausnahme-Behandlung notwendig macht, zumal der Betrag, um den es sich handelt, geringfügig ist. Wir bemerken zusätzlich, dass Frau Lilly Grün nicht Deutsche ist, mithin auch keine Emigrantin ist. 3 3
Der Zsolnay Verlag konnte nicht selbst um die Genehmigung ansuchen und den Betrag über das Ausländersonderkonto freibekommen, weil »die Mark, die für uns in Deutschland eingehen, nur äusserst schwer oder gar nicht nach Österreich« transferiert werden konnten.34 Die Bearbeitung des Ansuchens wurde zwar beschleunigt, doch fiel die Antwort kurz und negativ aus: »Auf den Antrag vom 13. Mai 1935 teile ich Ihnen ergebenst mit, dass es bei meiner Entscheidung vom 17. April 1935 verbleiben muss.« Mittlerweile konnte die Autorin ihren zweiten Roman Loni in der Kleinstadt fertigstellen, und der Verlag nützte jede Gelegenheit, die Tagespresse für einen Abdruck zu gewinnen. Ab August brachte die Zeitung Der Wiener Tag den Roman in Fortsetzungen. Angekündigt hatte man ihn dort als »überaus amüsanten Theaterroman« und »reizende Geschichte eines Wiener Modistenmädels«.35 Nach dem Vorabdruck kam der Roman am 17. Oktober 1935 in einer bescheidenen Auflage von 2 000 Exemplaren in der Zürcher Bibliothek zeitgenössischer Werke heraus. Der Erfolg ist offensichtlich ausgeblieben. Die geringen Einkünfte aus ihrem Werk genügten nicht, um die Autorin über Wasser zu halten. Costa blieb unermüdlich in seiner Suche nach neuen Geldquellen; er versuchte seine Beziehungen zum Schutzverband deutscher Schriftsteller in Österreich (hier vor allem zu Oskar Maurus Fontana), der eine kleine Subvention zur Verfügung stellte, zur »Concordia«
33
Dr. Hans Burchard an den Präsidenten des Landesfinanzamtes als Stelle für Devisenbewirtschaftung, 13.5.1935, ebd.
34
Costa an Dr. Hans Burchard, 17.5.1935, ebd.
35
Der Wiener Tag, 2.8.1935, S. 4. Der Roman erschien vom 7. August bis 13. September 1935. In der Verlagswerbung dazu heißt es: »Eine stille Geschichte, die sich mit Liebe und Wissen in die Seelen und Schicksale zweier Menschen vertieft: einer jungen Schauspielerin und eines jungen Theaterdirektors.«
185
sowie zum Ρ.Ε.Ν.-Club, von dem ebenfalls eine Unterstützung kam, auszunützen. 36 Doch dann scheint der Kontakt zwischen Lili Grün und dem Verlag abgebrochen zu sein. Hilde Spiel hat lang nach dem Krieg als einzige auf Lili Grün aufmerksam gemacht und zugleich eine Art Nachruf geschrieben: »Ihre Lebensgeschichte bliebe im dunkeln, und sie wäre vom Erdboden weggewischt, als hätte es sie nie gegeben, würde ihrer hier nicht Erwähnung getan.«37 Es gehört zur Ironie des Schicksals, daß die junge Autorin im Zuge des Holocaust buchstäblich »vom Erdboden weggewischt« wurde. Nach der NS-Machtübernahme in Österreich teilte sie das Schicksal vieler Wiener Juden insofern, als sie aus ihren Wohnungen immer wieder ausziehen mußte, wie übrigens auch ihr jahrelanger Schutzherr Felix Costa. Dieser wurde zusammen mit seiner Familie im August 1941 nach Minsk deportiert. Sein »Schützling«, Lili Grün, wurde nicht einmal ein Jahr später - gegen Ende Mai 1942 - nach Minsk »abgemeldet«. Einen Tag danach, am 28. Mai, kam der Wiener Buchhändler und Verleger Richard Länyi im KZ Auschwitz ums Leben ...
12.4. Hilde Spiel Hilde Spiel war noch jünger als die vorhin genannten Schriftstellerinnen, als ihr erster Roman bei Zsolnay erschien. Bereits im Alter von 18 Jahren hatte sie im Oktober 1929 in der Neuen Freien Presse eine Erzählung veröffentlicht. Andere Texte erschienen dort häufig unter Pseudonymen wie Grace Hanshaw oder Jean Lenoir. 38 Kati auf der Brücke, ihr erster Roman, wurde zunächst dem S. Fischer Verlag in Berlin angeboten, wo er von Rudolf Kayser und Oskar Loerke gelesen wurde. Beide waren »von der Begabung dieser jungen Dame« stark beeindruckt und fanden den »schriftstellerische(n) Rang und die sprachliche Atmosphäre [...] bei dem jugendlichen Alter der Verfasserin erstaunlich«.39 »Dann wirkt auch das menschliche Erleben in aller seiner Zartheit und Einfachheit sehr überzeugend«, schlossen Kayser und Loerke (ebd.). Sie vertraten aber die Auffassung, »daß der Roman doch in formaler Hinsicht noch nicht ganz ausgereift« sei, »sodaß das Talent von Fräulein Spiel sicher größer ist, als in diesem Erstling sich zeigt« (ebd.). S. Fischer blieb bei seiner Ablehnung, und wenige Tage darauf (6.2.1933) kam es mit Hilfe
36
Costa an Lili Grün, 26.2.1936, sowie Costa an Grün, 2.3.1936 (»Ich freue mich Ihnen mitteilen zu können, dass es mir gelungen ist, Ihnen beim PEN Club eine Unterstützung von S 50.- zu erwirken.«)
37
Hilde Spiel (Hrsg.): Die zeitgenössische
Literatur
Österreichs.
Autoren.
Werke.
Themen.
Tendenzen seit 1945. Zürich-München: Kindler Verlag 1976, S. 43. ( = Kindlers Literaturgeschichte der Gegenwart) 38
Dazu Hilde Spiel: Die hellen und die finsteren Zeiten. Erinnerungen
1911-1946.
München: List
Verlag 1989, S. 89f. Siehe auch das Gespräch mit Hilde Spiel in: Medien & Zeit. Forum für historische Kommunikationsforschung 39
(Wien), Jg. 2, 1/87, S. 8-16. Hier S. 9f.
S. Fischer Verlag an Dr. Richard Hoffmann, 20.1.1933, Ordner Spiel.
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Robert Neumanns 40 zum Vertragsabschluß mit dem Paul Zsolnay Verlag. Der Roman wurde am 30. März in einer Auflage von 3 000 Exemplaren auf den Markt gebracht. Schon vor dem Erscheinen erreichte den Verlag eine wahre Flut von Anfragen aus dem Ausland wegen Übersetzungsrechten: dänisch, norwegisch, schwedisch, tschechisch, englisch, französisch usw. Im Reich wurde sogar ein Filmexpose geschrieben. In einer Werbezeitschrift des Wiener Kaufhauses A. Herzmansky wurde ein Abdruck des Romans vereinbart. Es erschien eine erste Fortsetzung, doch weigerte sich der Verlag Vemay, ein Honorar zu zahlen, woraufhin die Weiterveröffentlichung ohne Ankündigung unterblieb. 41 Im Jahr des Erscheinens ihres ersten Romans arbeitete Hilde Spiel bereits an einem zweiten Roman, Der Sonderzug, »der in Paris spielte, formal für die damalige Zeit eher gewagt war und dann auch die revolutionären Vorgänge in Paris in dem gleichen Feber 1934 des Wiener Bürgerkriegs einbezog«.42 Die Ablehnung Costas Anfang Januar 1935 war, so Hilde Spiel, »die größte Enttäuschung meines Lebens«.43 Der »ehrlich kämpfenden Autorin gegenüber« begründete der literarische Direktor seine Entscheidung folgendermaßen: Ihr neues Werk zeigt wieder Ihre unzweifelhafte grosse Begabung und enthält viele Stellen, die durch ihren Stimmungsreichtum und ihre Lebendigkeit starken Eindruck auf uns gemacht haben. Das ganze Werk aber scheint uns ein wenig zu zerflattern, statt einer starken Haupthandlung bringen Sie viele Einzelhandlungen und der Leser hat seine Mühe, sich zurechtzufinden. Und noch etwas können wir Ihnen nicht eindringlich genug sagen: Ihre Arbeit leidet unter einem Übermass an Gefühl. Gerade weil es Ihnen gelingt, mit wenigen Worten eine Stimmung eindrucksstark wiederzugeben, dürfen Sie diese Wirkung nicht durch ein Übermass beeinträchtigen. Aus diesen Gründen scheint uns daher Ihr Roman, trotz seiner Vorzüge, in seiner jetzigen Form für eine Veröffentlichung nicht geeignet und wir müssen daher, so leid es uns auch tut, auf dieses Werk verzichten. 44
Damit wurde die Option Zsolnays auf Spiels nächste Werke hinfällig. Auch ein anderer Wiener Verleger, Ralph A. Höger, 45 lehnte ab, denn er wollte »lieber ein kleines Sommerbuch«. 46 Der Roman Verwirrung am Wolfgangsee kam 1935 bei Höger heraus. In den 80er Jahren, als eine Veröffentlichung des Romans Der Sonderzug im Gespräch war, stellte sich heraus, daß im Zug mehrerer Übersiedlungen das erste Kapitel verloren gegangen war. Spiels Weggang von Zsolnay war von einem zu dieser Zeit sehr typischen Streit zwischen manchen betroffenen Autoren und dem Verlag überschattet. Im Mittel40 41
Hilde Spiel an den Verf., 24.5.1985. Unsere Frauenzeitung. Illustrierte Zeitschrift für die österreichische Frau (Wien), 1. Jg., Heft 1, Februar 1934, S. 27-28.
42
Hilde Spiel an den Verf., 24.5.1985.
43
Hilde Spiel: Die hellen und die finsteren Zziten, S. 118.
44
Felix Costa an Hilde Spiel, 4.1.1935, Ordner Spiel.
45
Näheres zu diesem Verlag in Hall: Österreichische
46
Spiel: Die hellen und die finsteren Zeiten, S. 119.
Verlagsgeschichte,
Band II, S. 202-206.
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punkt der Beschwerden stand die Verramschung dutzender Verlagstitel. Anfang 1935 traf diese Maßnahme auch Spiels ΛΓαίί-Roman, und das zu einem für die Autorin denkbar ungünstigen Zeitpunkt, nämlich gerade als Verwirrung am Wolfgangsee auf den Markt kam. Sie fühlte sich, wie ihr Anwalt dem Verlag mitteilte, in ihren materiellen Interessen dadurch gefährdet, »dass der Absatz ihres neuen Buches naturgemäss leiden muss, da das umfangreichere, von der Kritik anerkannte Buch im Buchhandel bedeutend billiger zu haben ist, als das neue Buch«. Die Verramschung war für alle Autoren ein Problem insofern, als durch das Stigma des billigen Abverkaufs der »Marktwert« litt. Spiels Anwalt vermutete »vielmehr interne Gründe« für diesen Schritt des Zsolnay Verlags. 47 Es dürfte aber dann doch zu einer gütlichen Einigung gekommen sein. Der Kontakt zwischen der Autorin und dem Verlag, dem sie den Julius-Reich-Preis verdankte, brach nicht gänzlich ab: gelegentlich trug sie Werke zur Übersetzung an den Verlag heran.
12.5. Paula von Preradovic Sieht man von bescheidenen Versuchen mit Sonka, Jakob Haringer und Victor Wittner einmal ab, fällt auf, daß der Zsolnay Verlag sehr wenig Lyrik herausbrachte. Einige dieser wenigen Bände waren von Frauen. Im Mai 1933 z.B. erschien durch Vermittlung Ernst Moldens von der Neuen Freien Presse ein schmaler Gedichtband Dalmatinische Sonette von Paula von Preradovic (1887-1951) in einer Auflage von 1 000 Exemplaren. In fünf Jahren verkauften sich 780 davon. Die Schriftstellerin reichte zwar immer wieder Manuskripte ein, doch wurden sie nie publiziert. 1936 verlegte Zsolnay einen Lyrikband von Erika Spann-Rheinsch (Gestalt und Geheimnis. Lieder und Gedichte) in gleich hoher Auflage.
12.6. Elisabeth Kraus-Kassegg Schon im Frühjahr 1935 stand der für die Vermittlung national bzw. nationalsozialistisch gesinnter Autoren zuständige externe Verlagslektor Hermann R. Leber mit einer jungen Autorin in Verbindung, die in den Wiener Blättern im folgenden Frühjahr als große Entdeckung gefeiert werden sollte, nämlich mit der 1898 in Kärnten geborenen Wiener Hausgehilfin Elisabeth Kraus-Kassegg. Leber hatte sie mit einer Erzählung an die Zeitschrift Das Innere Reich empfohlen. Im Februar 1936 hieß es in Wiener Zeitungen: »Zsolnay-Verlag erwirbt das Erstlingswerk eines Wiener Mädchens«.48 Der Vertragsabschluß auf einen neuen Roman war derart 47 48
Dr. Hermann Low an den Zsolnay Verlag, 24.6.1935, Ordner Spiel. Wiener Sonn-und
Montags-Zeitung,
10.2.1936, S. 8. Wie die Autorin zum Zsolnay Verlag
kam, teilte sie dem Verf. in einem Brief vom 15.11.1987 mit: »Im Jahre 1935 lebte ich in Wien und war öfter von dem Ehepaar Univ.professor Othmar Spann und Frau Erika Spann-Reinsch [sie] eingeladen. Spann war damals ein führender National-Ökonom, seine Frau eine bekannte Lyrikerin. Eines Tages las ich Frau Erika Spann auf ihren Wunsch hin die Geschichte eines
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günstig, daß die junge Autorin in die Lage versetzt wurde, »ihren Dienstposten zu kündigen. Sie wird sich fortab ganz der Schriftstellerei widmen« (ebd.). Der »Roman einer irrenden Liebe«, Die große Passion, erschien 1937. Die Übernahme des zweiten Werks, das 1938 herauskam, nämlich Theater der Götter. Ein Roman von Sonne und Liebe auf der Insel Lopud, überließen Zsolnay und Costa völlig dem Lektor Hermann R. Leber. Weitere Manuskripte, die zwischen 1938 und 1945 eingereicht wurden, fanden entweder nicht den Gefallen des Verlags oder es gab nicht genug Papier. 49 Es blieb daher bei den zwei Verlagswerken. Kraus-Kassegg starb am 14. Februar 1989 in Lunz am See.
49
schwer behinderten Kindes vor, das in großer Armut aufwuchs. Unverhofft erschien ein zweiter Besucher, ein Dr Leber, [...], der als Journalist in Wien lebte und der im Verlag Zsolnay im Verlag im Lektorat tätig war. Ich mußte die Geschichte nochmals lesen, die auf ihn sichtlich Eindruck machte. Kurze Zeit darauf erhielt ich von Paul von Zsolnay die Einladung zu einem Gespräch, das sehr positiv verlief. Zsolnay fragte nach meinen dichterischen Anschauungen und Plänen, die ich aus beruflichen Gründen nicht realisieren konnte. Ohne Überlegung sagte Zsolnay: 'Geben Sie Ihre Tätigkeit auf und schreiben Sie das geplante Buch. Ich lasse Ihnen einen Vorschuß anweisen, damit Sie ruhig arbeiten können.'« »Martina Sera« (1938), »Pegasus im Eulenhofe« (1939), »Sankt Franziskussommer« (1945), »Schatten der Liebe« (1950) usw.
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13. Skandinavische Literatur
Bereits seit der Verlagsgründung war Übersetzungsliteratur ein fixer Bestandteil des Programms, wobei der Schwerpunkt auf englischer und französischer Literatur lag. Von den 17 Erscheinungen des ersten Produktionsjahrs (1924) waren nicht weniger als acht Übersetzungswerke (4 engl., 4 franz.). Erst 1925 folgte russische Literatur (Tschechow, Tolstoj, Leonow) und 1927 die ersten amerikanischen Schriften (Dreiser, Hurst). Der Verlag ließ sich ausländische Neuerscheinungen regelmäßig zukommen und gab sie an externe Gutachter weiter. Diese lieferten einen kurzen Bericht auf Grund dessen sich Costa oder Zsolnay für oder gegen eine Aufnahme entschieden. Vermittelt wurde auch durch Übersetzer und Verlagsautoren. Erst etwa sechs Jahre nach der Verlagsgründung kam Interesse für skandinavische bzw. »nordische« Dichtung auf, obwohl die Bemühungen vorerst zu keinem Abschluß führten.
13.1. Vilhelm Moberg Im Frühsommer 1929 betraute der Verlag die junge Wiener Schriftstellerin und Übersetzerin Maria Lazar (1895-1948) mit der Aufgabe, »neue und beste skandinavische Literatur für ihn zu suchen«.1 Lazars Erstlingsroman Die Vergiftung war 1920 bei E.P. Tal, ihr Drama Der Henker 1921 im Drei Masken Verlag erschienen. Unter dem nom de plume Esther Grenen reichte die Autorin Ende der 20er,
1
Maria Lazar aus Wien an Vilhelm Moberg, 27.5.1929, Vilhelm Moberg papper, L 144: 1A. Für die folgenden Ausführungen wurde zum ersten Mal Korrespondenz im umfangreichen Nachlaß Vilhelm Mobergs wissenschaftlich ausgewertet. Der Nachlaß wird in der Königlichen Bibliothek in Stockholm aufbewahrt und wurde von mir dort eingesehen. Mit Ausnahme zweier Briefe (1938, I94t5) sind alle Schifeiben Kotas' schwedisch verfaßt. Für ihre freundliche Hilfe bei der Übersetzung dieser Briefe bin ich Herrn Dr. Günter Eidlitz, Stockholm, und Frau Mag. Barbara DensCher, Wien, zu großem Dank verpflichtet. Die hier relevanten Bestände: 1. 68 Briefe und Karten von Walther Hjalmar Kotas an Vilhelm Moberg, 1928-1946 (L 144: 1A); 2. 20 Schreiben des Paul Zsolnay Verlags an Moberg, 1935-1961, mit Beilagen (L 144: 1A); 3. 2 Briefe des Paul Zsolnay Verlags am Moberg, 1935 (L 144: 1B); 4. 2 Briefe des Paul Zsolnay Verlags, 1929, 1935 (L 144: IC); 5. Verlagsverträge mit dem PZV (L 144: 4 Al und 4 A2) sowie 6. 6 Briefe von Maria Lazar an Moberg, 1929-1930. Die Gegenbriefe der Korrespondenz zwischen Kotas und Moberg sind im überlieferten Nachlaß von Waither Hjalmar Kotas (Privatbesitz Wien) nicht erhalten. Mit Ausnahme einiger weniger Briefe von Josef Weinheber an Kotas sind aus der Zeit vor 1945 keine Unterlagen mehr vorhanden. Es ist anzunehmen, daß alles während der Kriegsjahre abhanden kam bzw. vernichtet wurde.
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Anfang der 30er Jahre immer wieder eigene Manuskripte beim Zsolnay Verlag ein, ohne daß der Verlag sich zu einer Annahme entschließen konnte. 2 Lazar nahm mit dem schwedischen Verleger Albert Bonnier Kontakt auf, um zu erfahren, ob der Roman des Schriftstellers Vilhelm Moberg Raskens. En soldatfamiljs historia (1927; dt. Kamerad Wacker) für eine deutsche Übersetzung frei sei. Als sie daraufhin von Moberg persönlich erfuhr, daß dies der Fall war, schrieb Lazar ein Referat über das Buch und reichte es bei Costa in Wien ein, in der Hoffnung, mit der Übersetzung bald betraut zu werden. Es kam allerdings anders. Costa schrieb ihr am 12. Juli 1929, »dass der vorliegende Roman für unseren Verlag nicht in Frage kommt«.3 Er glaube außerdem nicht, »dass wir mit dem Werk jene völlige innere Übereinstimmung hätten, die unserer Ansicht nach allein Bürgschaft für das erfolgreiche Eintreten eines Verlages für ein Werk bedeutet« (ebd.). Das war, nebenbei bemerkt, die in den 20er Jahren vom Verlag üblicherweise gebrauchte Formulierung für eine Ablehnung. Lazar gab nicht auf und reichte Übersetzungsproben bei S. Fischer, E.P. Tal und Piper ein. Es dauerte dann noch einige Jahre, bis zwei Romane Mobergs ohne Beteiligung Lazars schließlich auf deutsch im Piper-Verlag 1934 erschienen: Alles für das Wohl der Stadt. Roman (üb. F. Bodynski); A.P. Rosell Bankdirektor. Roman. (üb. F. Bodynski). Die Verbreitung von Mobergs Werken im deutschen Sprachraum stand aber ab Spätherbst 1934 unter einem völlig anderen Zeichen, als nun Randfiguren der Literaturgeschichte auf das literarische Leben Einfluß zu nehmen begannen. Schon seit 1928 hatte ein anderer heimischer Schriftsteller und Übersetzer versucht, verschiedene deutsche Verlage für die Bücher seines Freundes Moberg zu gewinnen: der »Skandinavophile« Waither Hjalmar (eig. Karl) Kotas. Der 1900 in Graz geborene Kotas hatte sich schon in jungen Jahren mit skandinavischer Literatur beschäftigt und darüber publiziert. 4 Er übersetzte aus dem Holländischen, Schwedischen, Norwegischen, Dänischen usw. und beherrschte darüber hinaus einige exotische Sprachen. Er verkehrte in nationalen Kreisen, d.h. mit jenen Autoren, die nach den politischen Umwälzungen in Deutschland nicht zu Unrecht in ihrer Heimat Mor-
2
Laut Manuskriptenbuch waren es vor Ende
1929 folgende Werke: »Viermal
Ich« und
»Protokolle«. Etwa 1930 oder 1931 hat sie ebenfalls unter dem Pseudonym Esther Grenen die Werke »Mystifikationen« und »Leben verboten« vorgelegt. Der letztgenannte Roman erschien 1934 in englischer Übersetzung (No right to live) und wurde nie in der Originalsprache verlegt. Näheres zu dieser Autorin siehe Birgit S. Nielsen: Maria Lazar. Eine Exilschriftstellerin aus Wien. In: Text & Kontext 11 (1983), S. 138-194 sowie Geflüchtet unter das dänische Schriftsteller
Strohdach.
und bildende Künstler im dänischen Exil nach 1933. Ausstellung der Königlichen
Bibliothek Kopenhagen. Heide in Holstein: Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co. 1988, ( = Schriften der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek. Hrsg. von Dieter Lohmeier, Band 3), S. 42-52. 3 4
Nachlaß Vilhelm Moberg, L 144: IC. Geschichte der skandinavischen Literaturen seit 1870. Wiesbaden: Dioskuren-Verlag 1928. Von Kotas stammen auch viele Aufsätze.
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genluft witterten. Als engagierter Nationalsozialist war er am 1. März 1933 der N.S.D.A.P. in Linz beigetreten (Nr. 1 454 589) und blieb illegaler, beitragszahlender Parteigenosse auch nach dem Verbot der Partei im Juni 1933. Im Herbst desselben Jahres trat er demonstrativ dem Reichsverband deutscher Schriftsteller bei (No. 2547). Seine illegale Tätigkeit brachte ihm nach dem »Anschluß« im Jahre 1938 gebührende Anerkennung ein. 5 Nach Ansicht Kotas', dem die »deutsche Volksgemeinschaft« nach eigener Aussage über alles Persönliche hinaus »heilig« war, waren die Juden bzw. die jüdischen Verleger dafür verantwortlich, daß in Deutschland bzw. in Österreich bisher die »guten« nationalen Autoren nicht zum Zug gekommen waren. Daß sie auch mit reichsdeutschen Verlagen ihre Schwierigkeiten hatten, steht auf einem anderen Blatt. Zeugnis für seine Bartels-Gesinnung in der Literatur war seine Mitarbeit an einer Wiener Wochenschrift mit einem klingenden Namen: Der Stürmer. Überparteiliches Wochenblatt fiir alle Schaffenden, die Mitte August 1933 erstmals auf den Markt kam. Bis das Blatt mit dem unverfänglichen Untertitel mit der Folge 28 vom 14. Juli 1934 sein Erscheinen einstellen mußte, konnte es Haß und Antisemitismus predigen, die »Verjudung« des Buchhandels und die »Abschnürung deutschen Geistes durch die Juden« beklagen und mit vielen Beispielen »aus dem Sumpf jüdisch-dekadenter Literatur« aufwarten (Karl Kraus, Hugo Sonnenschein-Sonka, Stefan Zweig, Franz Werfel, Anton Kuh, Alfred Polgar, Fritz Grünbaum usw.). Zu der Zeit, als »Das einzige antisemitische Wochenblatt Österreichs« (Eigenbezeichnung) seine »Derniere« feierte, war die Umstellung beim Zsolnay Verlag voll im Gang. Kotas hatte nun endlich seine große Chance, nicht nur die Bücher von Vilhelm Moberg zu piazieren, worum er sich früher beim Franz Schneider Verlag, Berlin, und Albert Langen, München, bemüht hatte, Sondern sie auch für die NS-Causa einzusetzen. Nur waren größere Hürden zu überwinden, denn Moberg war an den Münchner Piper Verlag vertraglich gebunden. Solange der Piper Verlag alle zwei Jahre ein Buch von Moberg herausgab, durfte kein anderer Verlag ein Werk von ihm publizieren. Es galt daher - und in der Wahl seiner Mittel war Kotas nicht wählerisch -, Moberg vom Piper Verlag zu lösen. Kotas argumentierte Moberg gegenüber, daß Piper, hinter dem der »Jude« Dr. Robert Freund stehe, ein jüdischer Verlag sei, der kein hohes Ansehen mehr im »neuen Deutschland« genieße und ihm überdies einen »katastrophalen Vertrag« gegeben habe. Aber auch die Bindung zur literarischen Agentur in Wien (die in jüdischem Besitz war) mußte gebrochen werden. Der bisherige »nicht-arische« Übersetzer der Werke Mobergs, Felix Bodynski, würde nun die Chancen des Autors verbreitet und gekauft zu werden ruinieren usw. Er wurde daher ausgebootet. 5
So erhielt er die »Erinnerungsmedaille« zum 13. März 1938 aus Anlaß der Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, die Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938 (zweimal) sowie eine Anerkennung von Gauleiter Josef Bürckel für »die vorbildlich geleistete Arbeit bei der Vorbereitung zur Volksabstimmung am 10. April 1938«. Ab September 1938 war er beim Reichspropagandaamt Niederdonau als Referent tätig und ab Juni 1939 Gauhauptstellenleiter im Gaupresseamt Niederdonau. Im April 1943 wurde er zur Wehrmacht eingezogen.
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Nach längeren Verhandlungen mit Hermann R. Leber, Felix Costa und Paul Zsolnay kam es im Januar 1935 zum Vertragsabschluß auf drei Bücher, allesamt von Kotas übersetzt. Während Costa sich 1929 für Moberg nicht hatte erwärmen können, teilte er Moberg nun am 27. März 1935 mit, daß der Verlag sich freue, »Ihre Werke dem deutschen Publikum zugänglich machen zu können« (Nachlaß Moberg, L 144: 1A). Für jeden dieser drei Romane erhielt Moberg eine Pauschalzahlung von Μ 600 für die ersten 10 000 Exemplare und ab dem 10. Tsd. eine Beteiligung von 15% am Ladenpreis des verkauften broschierten Exemplars. 1935 erschienen Kamerad Wacker. Roman eines schwedischen Bauernsoldaten (schwed. 1927) und Die harten Hände. Roman (schwed. Händerna, 1930). 1936 folgte Weib eines Mannes. Roman aus dem Schweden des 18. Jahrhunderts (schwed. Mans Kvinna. Roman frän Värend Ρά 1790-talet). Obwohl der Verkauf dieser Bücher zunächst hinter den Erwartungen zurückblieb, kam es bereits Ende November 1935 zu einem neuen und - durch Kotas direkt beeinflußt - für Moberg günstigeren Vertrag mit dem Paul Zsolnay Verlag. Für die Erteilung der deutschsprachigen Rechte für den ersten Teil einer Romantrilogie, Knut Torings Verwandlung (dt. 1936; schwed. Sänkt sedebetyg), bekam Moberg nun eine doppelt so hohe Pauschalzahlung von Μ 1 200 bei Vertragsabschluß für die ersten 5 000 Exemplare. In den Genuß der mit 8, 10 und 15% gestaffelten Sätze kam der Autor allerdings nie. Die Honorarabrechnungen im Nachlaß zeigen vielmehr, daß die Moberg-Bücher erst während der Kriegsjahre bei Zsolnay zu »Rennern« wurden. Anläßlich des neuen Vertragsabschlusses vom 27. November 1935 erteilte der Autor dem Verlag eine fünfjährige Option auf seine künftige Produktion. Knut Torings Verwandlung kam 1936 heraus, und im folgenden Jahr erschien der Roman Fern von der Landstraße (schwed. Längt frän Landsvägen). Auf eine Anfrage Mobergs, ob der Verlag sich für diesen Roman »prinzipiell« interessiere, schrieb Costa am 6. Februar 1936, »dass es unser Ehrgeiz ist, Ihr Gesamtwerk in unserem Verlag zu vereinen«. Weiters: »Wir versichern Sie unserer grössten Verehrung für Ihr Werk und werden alles daransetzen, es in Deutschland erfolgreich durchzusetzen.« Auf Drängen des Übersetzers schraubte Moberg nun seine Honorarforderungen höher, obwohl der bisherige Absatz dazu keinen Anlaß bot, der Verlag aber machte zwei Gegenangebote. Daraufhin einigten sich Verlag und Autor auf einen Kompromiß. Ein Indiz dafür, daß der Verkauf der Werke Mobergs bislang zu wünschen übrig gelassen hatte, geht indirekt aus einem von Paul Zsolnay und Felix Costa unterzeichneten Brief vom 25. April 1936 hervor: Wir wollen die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne Ihnen zu versichern, dass wir ausserordentlich glücklich darüber sind, Ihre Verleger für die deutsche Sprache zu sein; Wir stehen Ihrem Werk mit Hochschätzung und Liebe gegenüber und hoffen auch zuversichtlich, dass es uns mit dem Einsatz aller Kräfte allmählich gelingen wird, es in Deutschland durchzusetzen, wobei uns, wie wir glauben, die Herausgabe Ihres Romanes »Sänkt sedebetyg« helfen wird.
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Es gibt mehrere Gründe für diesen Moberg nicht verborgen gebliebenen Umstand. Kotas hatte dem schwedischen Schriftsteller wiederholt von einem schnellen Absatz von bis zu 25 000 Exemplaren etwa für Kamerad Wacker vorgeschwärmt, ihn als nächsten Nobelpreisträger für Literatur in Aussicht gestellt. Der schleppende Verkauf in Deutschland hing gewiß mit einem Moberg von anderer Seite zu Ohren gekommenen »Boykott« des als »jüdisch« gebrandmarkten Zsolnay Verlags zusammen. Die Nachricht von der Hetze Will Vespers (s.d.) gegen den Zsolnay Verlag war ja auch nach Schweden vorgedrungen, und diese beunruhigte Vilhelm Moberg sichtlich. Es hatte ihn beispielsweise gestört, wie er Kotas mitteilte, daß er während eines Aufenthalts in Deutschland seine Bücher in den Geschäftsauslagen nicht gefunden hätte. Kotas berief sich in seiner beschwichtigenden Antwort vom 24. Juli 1935 auf Hermann R. Leber, der die Moberg-Nachricht als »sehr interessant«, aber »nicht richtig« bezeichnete. Der Grund dafür etwa, daß Kamerad Wakker sich nicht so verkauft hatte, wie Moberg, Kotas und gewiß auch der Verlag es erwartet hatten, lag - so Kotas im Juli 1935 an seinen »lieben Freund« - nicht an den »Gerüchten« Vespers, sondern an der Tatsache, daß ein seriöses Buch Zeit brauche, um im Volk Fuß zu fassen. So konnte man es auch sehen. Bis zu welchem Grad die nationalen Autoren in Österreich einerseits durch ihr Engagement für den Zsolnay Verlag und andererseits durch ihre Ablehnung der »Judenverleger« innerlich gespalten waren, läßt sich am Beispiel Kotas exemplarisch ablesen. Nach der Lueger'schen Formel: »Wer a Jud' ist, bestimm' ich«, gingen die Autoren in Sachen Paul Zsolnay Verlag in die Defensive über. Dem verunsicherten Moberg gegenüber teilte Kotas im Juli 1935 mit, es sei eine »Unverschämtheit«, daß es in Deutschland noch Leute gebe, die gegen diesen Verlag eine Hetze betrieben, »wo es doch der einzige Verlag in Österreich ist, der national eingestellte Autoren publiziert«. Im übrigen habe Dr. Leber, der bei den fuhrenden deutschen Behörden großen Einfluß habe, als Hauptlektor bei Zsolnay diese Offensive stoppen können. Nicht minder interessant ist die Einstellung des Antisemiten Kotas Paul Zsolnay und seinem als »jüdisch« verschrieenen Verlag gegenüber. Beide nahm er nämlich in Schutz und informierte seinen zweifelnden Freund in Schweden wissentlich falsch: Zsolnay wäre früher einmal ein jüdisch orientierter Verlag gewesen, jetzt aber habe er sich allen jüdischen Personals entledigt und gebe keine jüdischen Autoren mehr heraus. Der jüdische Verleger war ja, so Kotas im März 1935 an Moberg, an der ganzen Misere der nationalen Autoren schuld. Nicht er, Kotas, sei unkritischer Rassenhasser: die Juden hätten den Rassenhaß geschürt, indem sie überhaupt keinen Schriftsteller arischen Blutes verlegt hätten, und das sei, so Kotas apodiktisch, eine Tatsache. Durch eine gewissenlose Propaganda würden sie »die schmutzigsten Juden zu großen deutschen Dichtern«
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machen, während die arischen Dichter und Schriftsteller - seinesgleichen also Hungers sterben mußten. 6 Diese Sündenbocktheorie wandte er auf Zsolnay bezeichnenderweise nicht an. Zsolnay war, so Kotas am Moberg, Adliger, Baron, seine Großmutter könnte Jüdin gewesen sein. Zsolnay hingegen sei loyal und ein ordentlicher Geschäftsmann, was natürlich alles stimmte. Und »es gibt wirklich keinen Grund, daß Du Dich«, heißt es in einem Brief vom 24. Juli 1935, »durch einige Dir zugeflüsterte Worte von Leuten, die nicht wissen, wie hohe und höchste Stellen in Berlin sich zur Sache stellen, den Verlag Zsolnay beurteilen.« Die Akzeptanz der nationalsozialistischen Autoren Österreichs auf dem deutschen Markt war zugleich ein Gradmesser für die Akzeptanz des Verlags geworden. Die Abhängigkeit war gegenseitig. Durch die Verbindung zu seinem Übersetzer Kotas wie zum nunmehr »gleichgeschalteten« Verlag war Moberg ohne sein Wollen und Hinzutun nach Meinung nicht-nationaler Kreise in Wien in ein nationalsozialistisches Fahrwasser geraten. Das hing wohl damit zusammen, daß der stramme Deutsche Kotas die Werke Mobergs in den Dienst der NS-Schrifttumsideologie stellen wollte (Blut und Boden, Bauerntum, Stadt-Land etc.). Und so sollte der Autor »vermarktet« und rezipiert werden, wie für Verlagsprospekte ausgewählte Kritikerstimmen und Hauspropaganda auch zeigen. Mobergs »hoher sittlicher Ernst« paare sich »mit blutvoller Wirklichkeit schicksalhaften Lebens«, seine Menschen, liest man in einer nicht zufällig gewählten Rezension, »wissen von der Nähe der Erde und der Gewalt ewiger Zusammenhänge«, der Autor habe mit seinem Kamerad Wacker »dem germanischen Volkstum ein bleibendes Denkmal gesetzt«. Die Verlagspropaganda selber wies die Leser darauf hin, daß Moberg »einem alten Bauerngeschlecht« entstamme und daß auch Vater, Großvater und Urgroßvater Bauern gewesen seien. Auch »walte« im Roman Knut Torings Verwandlung »groß die Natur [...], ihre ewig sich erneuernde Kraft und alle Gewalten, aus denen das Leben wächst und unter Stürmen gedeiht«. Geschickt wird somit ein Bezugssystem Natur-Leben-Sturm usw. konstruiert. In einem eigenen Faltprospekt heißt es gar, man liebe und bewundere in Moberg »einen bedeutenden Dichter germanischen Wesens«. Wer diese Werbung verantwortete, ist nicht bekannt. Nicht uninteressant in diesem Zusammenhang war die Diskussion über die Titelfrage bei Mobergs Werken, denn die Originaltitel konnten nicht so ohne weiteres ins Deutsche übersetzt werden, und es gab so manchen Streit. Raskens beispielsweise wurde assoziativ Kamerad Wacker genannt und der anziehende Untertitel »Roman eines schwedischen Bauernsoldaten« beigegeben. »Sänkt sedebetyg« (wörtlich: Schlechte Sittennote) bekam ursprünglich den Titel »Betragen ungenügend«, was an ein äußerliches Motiv anknüpfte, wurde aber dann von Felix Costa fallengelassen, weil er »nur zu Mißdeutungen führen« könnte und dem Werk »in keiner Weise« gerecht werde. 7
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Kotas an Moberg, 12.3.1935, Nachlaß Moberg.
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Paul Zsolnay Verlag an Kotas, 15.6.1936, Ordner Kotas.
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Wenig zweideutig war der Titelvorschlag Mobergs, nämlich »Erde und Asphalt«, doch hielt ihn Costa - nicht etwa aus ideologischen Gründen - für »nicht günstig«. Ob Moberg der Stellenwert dieser topoi im NS-Schrifttum geläufig war, ist nicht bekannt, jedenfalls waren mit ihnen in Deutschland wohl andere Assoziationen verknüpft. Es war letztlich Felix Costa, der die meisten Vorschläge, ja auch den endgültigen Titelvorschlag machte. Freilich war die Titelgebung vor allem bei Übersetzungen von verkaufsstrategischer Bedeutung, denn der Originaltitel konnte u.U. andere Assoziationen hervorrufen als in der Zielsprache. Aber durch einen entsprechenden Untertitel konnte der Inhalt angedeutet oder präzisiert werden. Die Diskussion bei Sömnlos, wörtlich »schlaflos«, zeigte erneut, welches Ziel zumindest der Übersetzer verfolgte. Der Titel »Schlaflos« wurde sowohl vom Autor als auch von Kotas abgelehnt. Dieser erläuterte die »Erwägungen« des Verfassers in einem Brief an den Verlag vom 17. Dezember 1937. »Schlaflos« treffe nicht den Kern der Sache und sei außerdem negativ, erweckt die Vorstellung einer Geschichte, die sich hauptsächlich um Veronal dreht. »Der Vertrag des Blutes«, ein Wort, das sehr oft im Roman selbst fällt, bringt hingegen den Kern der Handlung zum Ausdruck. Es ist der Vertrag des Blutes, durch den sich Knut sowohl an seine Ahnen wie an seine Kinder gefesselt fühlt. Er folgt dem Zug der Blutskette nach der einen Seite und sein ganzes Sinnen ist nun darauf gerichtet, diese Kette auch mit ihrem andern Ende auf seinen Nährboden hinüberzuziehen. - Moberg glaubt sogar, daß der von ihm vorgeschlagene deutsche Titel in der deutschen Lesewelt, die auf ähnliche Probleme eingestellt ist, mehr Aufmerksamkeit erregen wird. - Ich glaube ihm in alle dem zustimmen zu müssen. Sollten Sie jedoch begründetermaßen anderer Meinung zu sein (sie!), dann bitte ich Sie, Ihre Gründe dem Verfasser selbst auseinanderzusetzen und seine Entscheidung einzuholen. Ich halte seine jetzige Wahl für vorteilhaft. (Ordner Moberg)
In seiner Antwort argumentierte Costa postwendend nicht mit Berührungsängsten gegenüber der NS-Ideologie, sondern rein pragmatisch. Mit dem vorgeschlagenen Titel »Der Vertrag des Blutes« assoziierte er eher eine Vampirgeschichte. Er schien dem Verlagsleiter »ungeeignet«, weil er gar nicht ausdrücke, was Kotas und Moberg wollten. »Denn ein Titel 'Vertrag des Blutes' kann in dem deutschen Leser gewiss nur dieselbe Vorstellung erwecken wie ein Titel 'Der Bluts vertrag', also die Vorstellung eines mit Blut unterzeichneten Vertrages, eines Teufelspaktes. Ich glaube, dass dieser unser Einwand stichhaltig ist.«8 Aber auch für »Die Kette des Blutes« konnte sich Costa nicht begeistern (»weil ich ihn nicht für gut halte«), bekannte aber, daß die Titelfrage »im vorliegenden Fall besonders schwierig« sei. Costa und Kotas wollten aber beide etwas anderes: Costa, als erfahrener Verlagsmann einen verkaufsanimierenden Titel, um den Autor durchzusetzen, und Kotas die Blut und Boden-Akzeptanz steigern. Costas Nachgeben bei Sänkt Sedebetyg hatte ein Verkaufsdesaster zur Folge. Costa:
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Paul Zsolnay Verlag an Kotas, 18.12.1937, ebd.
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Bei dem ersten Roman haben wir auf den marktgängigeren Titel »Die schlechte Sittennote« verzichtet, um einen Titel von starkem, epischen Gehalt zu wählen. Unser Versuch ist bis jetzt misslungen. Was liegt also näher, als dass wir bei dem zweiten Roman zu einem Titel greifen, der in Schweden gewissermassen erprobt ist: zu dem Titel »Schlaflos«. Wir sind uns durchaus klar darüber, dass der Titel »Schlaflos« nicht die Erfüllung unserer Wünsche darstellt, aber wir wissen im Augenblick nichts Besseres. Vielleicht kommt noch eine Kombination mit einem Untertitel bei »Schlaflos« in Frage. Wie würden Sie sich dazu stellen, wenn das Werk etwa hiesse: »Schlaflos. Der Roman von Knut Torings Entscheidung«? (ebd.)
Costa mußte noch die Bedenken des Autors durch ähnliche Argumente zerstreuen, auch wenn, wie Moberg meinte, sein eigener schwedischer Titel nicht das »Wesentliche« des Romans zum Ausdruck brachte: Als wir seinerzeit vor der Aufgabe standen, den ersten Roman Ihrer Knut Toring-Serie zu veröffentlichen, haben wir auf den auffallenden und zugkräftigeren Titel »Die schlechte Sittennote« oder »Betragen ungenügend« bewusst verzichtet und im Einvernehmen mit Ihnen und Herrn Kotas einen umfassenden, episch ruhigen und sehr würdigen Titel gewählt, nämlich »Knut Torings Verwandlung«. Wir haben damit, müssen wir heute leider feststellen, dem Buch nicht genützt und dürfen denselben Fehler nicht nochmals machen. In voller Würdigung aller Gegengründe, die gegen den Titel »Schlaflos« sprechen, glauben wir Ihnen doch vorschlagen zu müssen, dass es bei diesem Titel bleiben soll und wir erbitten dazu Ihre Zustimmung. 9
Man einigte sich schließlich auf »Schlaflos« und den anspielenden Untertitel »Der Roman eines Mannes der Erde«. Als Alternative hatte Kotas »Roman eines Mannes der Scholle« ins Gespräch gebracht. 1938 kam Kotas dennoch auf seine Rechnung: er ließ ein eigenes Werk im Berliner Verlag Holle & Co. u.d.T. Die Schicksalskette erscheinen. Die Zusammenarbeit zwischen Kotas und dem von ihm übersetzten Autor war dazu angetan, die Unzufriedenheit mit dem Verlag zu fördern (und nicht nur bei Moberg). Das begann mit weltfremden Auflagen- und Absatzvorstellungen, setzte sich fort mit ungewöhnlichen Pauschalzahlungen für Auflagen von bis zu 20 000 Exemplaren und endete mit Enttäuschung auf fast allen Seiten. Kein einziges der von ihm so stark propagierten Bücher Mobergs konnte in Auflagen von je 5 000 voll abgesetzt werden. Der Verlag nahm kaum die Vorschüsse ein. Trotzdem legte Kotas seinem »Freund« Moberg das Lizitieren nahe. Er sollte zum Verlag Holle & Co. in Berlin wechseln, da dieser ihm ein höheres Anbot für Schlaflos machte. Holle dürfte ihn kollegialerweise darauf hingewiesen haben, daß es sich bei Zsolnay um einen »jüdischen« Verlag handle. Moberg forderte von Zsolnay daher einen höheren Vorschuß und erklärte, warum er an einen Wechsel denke: Ich halte es für nötig, Ihnen zu erwähnen, daß ich bei meiner Durchreise die Verhältnisse in Berlin genau untersuchte und in Verbindung mit Personen trat, die Einfluß auf Kritik und Pro-
9
Costa an Moberg, 30.12.1937, Ordner Moberg.
197
paganda im Deutschen Reich besitzen, und daß ich dabei zu dem entschiedenen Eindruck kam, daß meine Bücher eine bedeutend größere Verbreitung in Deutschland finden würden, wenn sie von einem Berliner Verlag herausgegeben würden. 1 0
Im Gegenzug machte Costa Moberg klar, daß die bisherigen Investitionen des Verlags sich nicht bezahlt gemacht hatten. Man einigte sich schließlich und Moberg blieb. Insgesamt gesehen hatte Walther Hjalmar Kotas innerhalb weniger Jahre ein beachtliche Arbeitsleistung erbracht. Allein für Zsolnay übertrug er 14 Bücher mit fast 6 000 Druckseiten ins Deutsche, arbeitete aber aus einem irregeleiteten Idealismus. Indem er schwedische Autoren im deutschen Sprachraum piazierte, erwartete er als Gegenleistung, daß Moberg und sein Stockholmer Verleger für die Unterbringung seiner national gesinnten Kollegen (z.B. Groh, Scheibelreiter, Hohlbaum, Schreyvogl usw.) sorgten.11 Bonnier, dessen Literaturmagazin nach Ansicht Kotas' lediglich Juden und Emigranten loben und nationale Autoren ignorieren würde, gab dem ständigen Drängen Kotas' nicht nach. Dieses Vorpreschen war symptomatisch für die Versuche nationalsozialistischer Autoren, den Gesetzen des Marktes jene der Gesinnung vorzulagern, was im Ausland freilich auf Widerstand stoßen mußte. Dieses angepeilte »Kompensationsgeschäft« hat auch als Argument dafür gedient, beim Landesfinanzamt in Berlin, das für Devisenbewirtschaftung zuständig war, den Auftrag auf Devisentransfer zugunsten Mobergs zu stellen. Und ausstehende Zahlungen sind auch im Briefwechsel zwischen Verlag und Autor ein ständig wiederkehrendes Thema. Es existierte zwar zwischen Deutschland und Schweden ein Clearing-Vertrag (Mobergs Werkverträge gingen über die Berliner Niederlassung), doch wurden nur solche Anträge bewilligt, bei denen ein sog. volkswirtschaftliches Interesse vorlag.12 Zur Begründung des Antrags war es ratsam anzuführen, »dass es sich bei Herrn Moberg um den bedeutendsten Dichter der jüngeren schwedischen Generation handelt und daß es im kulturellen Interesse liegt, die Übersetzungen seiner Werke in Deutschland herauszugeben«.13
13.2. Ein Verlagsmitarbeiter wird verhaftet ... Richtig bewußt, worauf er sich letzten Endes bei seinem langjährigen österreichischen Freund Kotas eingelassen hatte, muß es Moberg spätestens dann geworden sein, als Kotas am 4. Mai 1936 um 7 Uhr früh von der Staatspolizei in Wien in seiner Wohnung verhaftet wurde. Die Polizei war nämlich einer illegalen NS10 11
Moberg an Costa, 12.11.1937, ebd. Im Nachlaß Mobergs finden sich zwei von Kotas initiierte Briefe: Der eine ist von Robert Hohlbaum (16.1.35), der zweite von Emst Scheibelreiter (25.4.1935). (Sign. L 144: 1A).
12
PZV Berlin an PZV Wien, 27.2.1935, Ordner Moberg.
13
Ebd.
198
Organisation auf der Spur, die sich Nationalsozialistische Kulturgemeinde (N.S.K.G.) nannte. Kotas galt als engerer Mitarbeiter des Organisators der NSGeheimorganisation Wolfgang Hohenegger. 14 Die N.S.K.G. wurde ins Leben gerufen, um durch Veranstaltung getarnter nationalsozialistischer Vortragsabende, Konzerte und dgl., nationalsozialistische Parteigänger zu sammeln. Der Vertrieb der Eintrittskarten zu diesen getarnten Veranstaltungen erfolgte vorwiegend durch illegal tätige Nationalsozialisten. Aber auch zwei weitere Zsolnay-Autoren wurden in Haft genommen: Otto Emmerich Groh 15 und der vom Propagandaministerium in Berlin später favorisierte Verlagsdirektor Erich Landgrebe. 16 Sie kamen aber mit dem Schrecken davon. So heißt es in einem Bericht der Bundespolizeidirektion in Wien: »Hinsichtlich Otto Emmerich Groh und Erich Landgrebe erschien der Tatbestand [der nationalsozialistischen Betätigung] wohl in objektiver, nicht aber in subjektiver Hinsicht erwiesen, weshalb von einer polizeilichen Bestrafung derselben abgesehen wurde.«17 Die N.S.K.G. genoß, wie andere verwandte kulturelle Organisationen in Wien seit 1933 die Gunst und Unterstützung der Deutschen Gesandtschaft in Wien, die auf diese Art und Weise eine Politik der kulturellen Penetration konsequent verfolgte. So hatte die N.S.K.G. Mitarbeiter und Vertrauensmänner in den meisten Wiener Theatern. Verbindungsmann war der deutsche Attache Hans Bernd von Haeften. Die ahnungslose Gattin des Inhaftierten, Maria Kotas, wandte sich am Tag nach der Festnahme an Moberg persönlich, um ihm vom »unerwarteten« Ereignis Mitteilung zu machen (»weil man ihn nazionalsozialistischer [sie] Betätigung verdächtigt«), Moberg wurde gebeten, etwas für ihn zu tun, »vielleicht mit Hilfe der schwedischen Gesandtschaft in Wien«.18 Die Verhaftung fand zu einem Zeitpunkt 14
Der am 6. Juli 1905 in Murau/Steiermark geborene Anwärter auf den Blutorden, später Träger desselben (Nr. 2 916) und Pg. (6 150 444), verbrachte in den 30er Jahren insgesamt mehr als ein Jahr im Gefängnis wegen NS-Betätigung. Er war u.a. Organisationsleiter des Gaukulturwalters, Gaukulturwalter für Gau Wien und Landespresseleiter der N.S.K.G.
15
Österr. Staatsarchiv, AdR, BKA (Gendion), 22 Wien, Grundzahl 301.843, Geschäftszahl 334.801 GD St.B./36. Die folgende Darstellung beruht auf diesem Akt. Groh, einer der Betreiber der »Gleichschaltung« des Zsolnay Verlags, wurde am 4. Mai 1936 verhaftet und am 9. Mai aus der Haft entlassen. Es wurde keine Anklage erhoben. Siehe »Die ausgehobenen 'Kultur'Nazi.« In: Telegraf am Mittag, Nr. 107, 8. Mai 1936, S. 2 sowie Der Schriftsteller Otto Emmerich Groh. In: Der Österreicher,
16
15.5.1936.
Landgrebe war ebenfalls am 4. Mai in Haft genommen und am 9. Mai entlassen worden. Er war gemeinsam mit Groh für die Vorbereitungen eines Dichterabends im Kleinen Musikvereinssaal am 12. Mai verantwortlich. Karten waren ausschließlich in nationalsozialistischen Kreisen verkauft worden. Im Zuge der Erfassungsaktion von NS-Parteigängem in Österreich nach dem »Anschluß« bekam Landgrebe rückwirkend ab 1. Mai die Mitgliedsnummer 6 130 689, was auf die Anerkennung seiner »illegalen« Tätigkeit bei der N.S.K.G. schließen läßt. Wie andere auch kämpfte er vergeblich um die Rückdatierung der Aufnahme in die N . S . D . Α . Ρ . und Zuteilung einer niedrigeren Mitgliedsnummer.
17
Vertraulicher Bericht an das Bundeskanzleramt vom 1. Juni 1936. Siehe Anm. 12.
18
Maria Kotas an Moberg, 5.5.1936, Nachlaß Moberg.
199
statt, als Kotas am Roman Fern von der Landstraße arbeitete, was sowohl den Verlag als auch den Autor beunruhigte. Moberg hatte erst über Frau Kotas von den Ereignissen erfahren - eine »peinliche Mitteilung«, wie er dem Verlag schrieb.19 Er kannte keine Details, doch schien ihm - was auf Kotas' Verheimlichung hinweist die Verhaftung »fast unbegreiflich«. »Ich hoffe ja, dass Herr K. sobald als möglich seine Freiheit wieder erlangt« (ebd.). Das Verhalten von Zsolnay und Costa zeigt, daß sie nicht ahnungslose Opfer nationaler Schriftstellerkreise geworden waren, sondern daß »nationalsozialistische Umtriebe« der Polizei gegenüber zwar geleugnet werden konnten und wurden, aber real existierten. So jedenfalls läßt sich der Brief Felix Costas an Moberg vom 10. Juni 1936 deuten: Herr Kotas war aus politischen Gründen angehalten worden und ist noch immer nicht frei. Wir hoffen aber, dass seine Freilassung nun nicht mehr lange dauern wird. Wir hatten Gelegenheit mit Herrn Kotas vor einigen Tagen zu sprechen und konnten zu unserer Freude feststellen, dass er trotz seiner Schwierigkeiten in der Lage sein wird, Ihren Roman »Fern von der Landstrasse« zu übersetzen. 20
So war der Verlag nicht ungehalten darüber, daß ein Mitglied der illegalen N.S.D.A.P., einer Partei, die den »Juden« das Wasser abgraben wollte, in flagranti ertappt worden war. Das Geschäft mußte weitergehen. Kotas mußte eine vierwöchige Polizeiarreststrafe verbüßen. Glück hatte er insofern, als gegen ihn im Gegensatz zu elf Mitarbeitern Hoheneggers bei der Staatsanwaltschaft keine Anzeige wegen Geheimbündelei erstattet wurde. Es ist nicht auszuschließen, daß der Zsolnay Verlag für seinen NS-Übersetzer in irgendeiner Form intervenierte, sicher aber ist, daß Moberg dies tat.21 Die Intervention der Schweden für Kotas fiel zeitlich mit einer Amnestie im Zuge des deutsch-österreichischen Abkommens vom 11. Juli 1936 zusammen, die auch die Enthaftung der wichtigsten Führer der illegalen N.S.D.A.P. in Österreich zur Folge hatte. Alle Seiten waren erleichtert.22 Zum Bruch zwischen Moberg und seinem getreuen Übersetzer kam es Ende 1938, als der schwedische Autor auch zeigte, daß er kein NS-Sympathisant war: 19
20 21
22
Schreiben Mobergs an den Verlag vom 25.5.1936 in Übersetzung des Verlags. Moberg spricht von einer »smärtsamma underrättelsen«. Ordner Moberg. Ein Durchschlag findet sich im Nachlaß nicht. Brief Costa an Moberg, 10.6.1936, Ordner Moberg bzw. Nachlaß Moberg. Moberg an den Verlag, 17.6.1936: »Mein Übersetzer hat mir eben zu meiner Freude mitgeteilt, daß er nun freigelassen ist. Seine Freilassung erfolgte über Eingreifen der schwed. Gesandtschaft in Wien, die ihm damit ihre Erkenntlichkeit für seine Arbeit an schwed. Literatur zeigen wollte. Er ist ja dzt. der gesuchteste Übersetzer schwedischer Dichter ins Deutsche.« (Verlagseigene Übersetzung, Ordner Moberg) Kotas ging nach Kärnten auf Urlaub, von wo aus er Costa u.a. folgendes schrieb: »Vielen herzlichen Dank für Ihren Brief und die lieben Wünsche. Beruhigung, ja, das brauchen wir wohl beide, meine Frau wie ich. Denn unsere Nerven sind arg durcheinandergerüttelt worden, nicht nur durch die eigenen Erlebnisse, durch die unerhörten Denunziationen und daraus folgenden Verdächtigungen,[...].« (17.6.1936, Ordner Kotas)
200
Kotas kündigte ihm die Freundschaft. Denn wie der Wiener Übersetzer im einzigen deutsch geschriebenen Brief in der langjährigen Freundschaft am 20. Dezember ds.J. mit deutschem Stolz mitteilte, gebe es für ihn etwas über das Persönliche hinaus, etwas »Heiliges«, nämlich »die Pflicht gegenüber meinem Volk«. Kotas hatte seinen Freund schon im Sommer 1938 »vor einer Unvorsichtigkeit warnen« müssen, und nun mußte er leider erfahren, »dass Du Dich mit Deinem Namen an Kundgebungen beteiligt hast, die eine ausgesprochene Spitze gegen mein Vaterland hatten« (Nachlaß Moberg). Bei dieser Kundgebung könnte es sich um ein Telegramm handeln, welches von zwanzig schwedischen Autoren geschickt wurde. 23 Kotas bat Moberg, einfach einen anderen Übersetzer zu finden. 24 In den Zsolnay Verlag kehrte Moberg erst 1948 zurück. Sein ehemaliger Übersetzer Kotas, auf den ein Verfahren wegen »Illegalität« vor dem Volksgericht wartete, blieb nach der Freilassung aus der Kriegsgefangenschaft im südlichen Bundesland Kärnten und traute sich bis zu seinem Tod 1955 nicht mehr nach Wien zurück. 25 Zur Ironie des Schicksals gehört es, daß der »neue« Moberg-Übersetzer bei Zsolnay eben der »alte« war, den Kotas aus rassischen Gründen ausgebootet hatte.
13.3. Kotas vermittelt weiter Die Vermittler- und Beratertätigkeit Kotas' ging weit über die Bemühungen um Moberg hinaus. Er forderte über den Verlag Aberdutzende schwedische, norwegische und dänische Bücher an, las sie gründlich auf ihre Verwertbarkeit hin und lieferte dazu einen Bericht. Der Verlag war nur an Autoren interessiert, die noch keine Bindung an einen deutschen Verlag eingegangen waren. Kotas empfahl dem Verlag oft sehr eindringlich, den einen oder anderen Autor aufzunehmen, riet aber genauso emphatisch von bestimmten Werken ab. Die Chancen am deutschen Markt mußte er freilich auch im Auge behalten, doch waren seine Auswahlkriterien nicht selten durch seine NS-Gesinnung getrübt. Ablehnungen lauteten dann so:
23
24
25
Zu den Mitunterzeichnern zählte die Zsolnay-Autorin Alice Lyttkens in Stockholm. Auch sie wurde deshalb von ihrem Wiener Übersetzer Kotas zur Rede gestellt. So heißt es in einem Brief Lyttkens an Paul Zsolnay in London vom 2.6.1939: »I never hear anything from Zsolnay in Vienna. I think it is because my name was between [sc. among] twenty other swedish authors name who sent a cable in the famous septemberdays to the tjeckoslovakian authors: Kotas wrote a very stupid letter, which I never answered.« (Ordner »Paul Zsolnay privat 1939-1940«). Die holprige englische Syntax wurde nicht geändert. Der 1973 verstorbene Moberg setzte sich in einer historischen Verkleidung 1941 mit dem Nationalsozialismus in einem historischen Roman auseinander: Rid i natt! (dt. Reit heut nacht!, 1946). Der Roman erschien im Stockholmer Bermann-Fischer Verlag. Die Aktualität wird im Klappentext hervorgehoben: »Der unsterbliche Freiheitsgedanke, in unseren Tagen durch die Vorgänge in Norwegen und Dänemark aufs neue entzündet, hat in diesem Buch eines Schweden lebendigsten Ausdruck gefunden.« Mündliche Mitteilung der zweiten Frau bzw. Witwe an den Verf.
201
Das Wesentliche aber ist, daß sich der Verfasser schon mit seinem vorigen Roman »KapitulationNej!« stark auf politische Diskussionen wirft, gegen die deutschfreundlichen Kreise Schwedens zu Felde zieht und in dem letzten, hier zu besprechenden Roman die neue Politik Deutschlands mit ebenso großer Vehemenz wie Unsachlichkeit und Unkenntnis angreift. 2 6 Es schildert den Werdegang eines Verbrechers, Räubers und Mörders, und entschuldigt ihn. Ein solches Buch hat m.E. heute in Deutschland keine Aussicht, (ebd., Harald Beijer: Guds Ogärningsman) Das Buch ist schon wegen seiner ersten Seiten, die mit blutigem Hohn das Heldenschicksal des Soldaten glossieren, in Deutschland unmöglich, (ebd., Harald Beijer: Den goda
Gärningen)
13.4. Karl G u n n a r s o n Von den zahlreichen Autoren bzw. Werken, die Kotas begutachtete, kamen neben Moberg vier skandinavische Schriftsteller zum Zug. Auf Mobergs Kamerad Wakker im März 1935 folgte Mitte Mai Karl Gunnarson mit dem Roman Ich zog als Bauernknecht durchs Land (Som dräng bland). Der provisorische Titel hatte gelautet: »Unter Bauern, Häuslern und Wegfahrern«. Die Erstauflage (16.5.1935) war 3 000 Exemplare. Kotas dürfte gut getroffen haben, und sein indirekter Chef, Hermann R. Leber, war mit der Einfuhr aus Skandinavien durchaus zufrieden. Die Strategie, die Kotas verfolgte, wird in einem Bericht von Hermann R. Leber an den Geschäftsführer der RKK, Hans Hinkel, bestätigt: Die Aufnahme der den Gedankengängen des Dritten Reiches nahestehenden skandinavischen Autoren wurde weiter erfolgreich fortgesetzt. 27
Ziemlich genau zwei Jahre nach der Erstausgabe wurden als »Sonderausgabe« weitere 3 000 Exemplare aufgelegt (4.-6.Tsd.). Besonders gut ging das Buch aber nicht. 28 Ein Beweis dafür, daß diese Literatur beim Rezipienten der Strategie entsprechend aber dennoch ankam, liefert die Karte eines NS-Briefschreibers aus der deutschen Provinz an den Verlag in Sachen Gunnarson-Roman. »Gerade dieses Buch«, heißt es da, »ist sehr wertvoll für unser Volk und vorallen für die deutsche Jugend. Haben Sie vielleicht Prospekte. [...] Bin nämlich Austräger der NS-Presse und würde diese der Zeitung für Sie ganz kostenlos beilegen. [...] Es ist ja unsere Pflicht als NS für gute deutsche Bücher zu sorgen und zu werben. [...] Mit deutschem Gruß! Heil-Hitler Arthur Breinl.« 26 27
Bösta Gustaf-Janson, Gubben Kommer. Kotas an den Verlag 26.1.1935, Ordner Kotas. Berlin Document Center/RSK/Paul Zsolnay Verlag. Bruchstück eines undatierten Berichts. Zitiert nach Gerhard Renner: Österreichische 1940). Der »Bund der deutschen Schriftsteller tumskammer
28
Schriftsteller Österreichs«
und der Nationalsozialismus und der Aufttau der
(1933-
Reichsschrift-
in der »Ostmark«. Frankfurt am Main: Buchhändler-Vereinigung 1986, S. 247.
Bis Februar 1938 waren von der Originalausgabe lediglich 1 163 Ex. und von der billigen Ausgabe 1 476 Ex. verkauft worden. Siehe Schreiben Costa an Kotas, 7.2.1938, Ordner Gunnarson.
202
Wenn sich Kotas über die »Einsetzbarkeit« eines von ihm empfohlenen Autors eine fixe Meinung gebildet hatte, reagierte er pikiert, wie etwa im Fall Gunnarson, wenn jemand Zweifel anmeldete: »Sie dürfen mir auf Grund meiner langjährigen Beschäftigung mit nordischer Literatur soviel Urteil zutrauen, daß ich einen Roman, der die Deutschen nicht interessiert, sofort ausschalten würde. [...] Ich kann nur nochmals sagen, daß das Buch in Deutschland guten Absatz finden würde, und daß mir die Ablehnung durch den Verlag vollkommen unverständlich ist. Sollten da vielleicht politische Antipathien des Autors mitspielen? Vielleicht läßt sich in dieser Sache doch noch etwas machen.«29
13.5. Alice Lyttkens Von Gunnarson übernahm Zsolnay keine weiteren Werke. Nach Moberg hatte Kotas Alice Lyttkens empfohlen, mit der der Verlag einen etwas größeren Erfolg verbuchen konnte. Zwischen Oktober 1935 und Oktober 1937 kamen fünf Titel, vorwiegend »Frauenromane« heraus. Auch hier spielten bei Kotas politisch-ideologische Überlegungen eine Rolle. Um Lyttkens, die »zwei sehr starke Frauenbücher geschrieben« habe, dem Verlag schmackhaft zu machen, teilte er Zsolnay und Costa in holprigem Deutsch folgendes mit: Es ist nicht uninteressant, daß Frau Lüttkens [sie] mir mitteilt, daß sie mit dem Führer der schwedischen nationalsozialistischen Partei, Birger Furugard, sehr befreundet ist. Auch Moberg schreibt mir, als er mir die Dame empfiehlt (sie), daß sie sowohl wie ihr Mann als große Deutschenfreunde bekannt sind. 3 0
Also sollte einerseits die vermeintlich deutschfreundliche Einstellung, andererseits die »Aussage« des Werks dienstbar gemacht werden. Gleich die ersten Bücher von Lyttkens waren beim Publikum die erfolgreichsten, und alle drei erlebten eine 2. Auflage. Die bei weitem größte Gesamtauflage erfuhr das erste Werk Ich komme nicht zum Abendessen. Roman einer Ärztin, die 1938 u.d.T. Die Frau am Scheideweg verfilmt wurde. Immerhin wurden von den 11 000 aufgelegten Exemplaren 8 259 verkauft. 31 Auf dieses Buch folgten 1936 Du mußt dir selbst helfen. Der Roman einer mutigen Frau32 und Es ist nicht wahr. Roman einer Rechtsanwältin.33 Zwei weitere Bücher, Man muß so viel in dieser Welt. Roman (Aufl. 5 000 Ex.) und Wonach wir alle uns sehnen. Roman (Aufl. 6 000) 34 kamen im Frühjahr bzw. im Herbst 1937 heraus. 35 Während des 29
Brief vom 7.1.1934, Ordner Kotas.
30
Kotas an den Verlag, 9.4.1935, ebd.
31
Verlag an Kotas, 12.8.1938, ebd.
32
1. Aufl., 12.3.1936: l.-5.Tsd.; 2. Aufl., 9.12.1936: 6.-8.Tsd.; verkauft 4 713 Ex., ebd.
33
1. Aufl., 17.4.1936: 1.-5.Tsd.; 2. Aufl., 29.11.1936: 6.-8.Tsd.; verkauft 5 377 Ex.
34
Auch hier war die Titelgebung strittig.
35
Vom ersten Buch wurden 4 193 Ex., vom zweiten 3 589 Ex. abgesetzt.
203
Kriegs waren alle Werke Lyttkens' »vollkommen vergriffen«, und die angespannte Lage auf dem Herstellungsmarkt machte Neuauflagen unmöglich. Von der Kritik wurde die Autorin als »Vorkämpferin für wahres Frauentum« und als »Gesellschaftsbeobachterin von Rang« eingeschätzt, wobei auch ihre Einstellung zum »Muttertum« beachtet wurde. 36 Mit weiteren Werken wanderte Lyttkens noch während des Kriegs an einen Schweizer Verlag ab.
13.6. Thit Jensen und Jo Jacobsen Im Herbst 1937 nahm der Zsolnay Verlag die letzten beiden Skandinavier, die Dänen Thit Jensen und Jo Jacobsen auf. Auch hier blieb der Erfolg hinter den Erwartungen zurück. Man wagte auch als Startauflagen nicht mehr als 3 000 Exemplare. Die Bücher Jensens Jörgen Lykke, der letzte Ritter Dänemarks. Roman aus der Hochrenaissance des Nordens (30.9.1937) und Der Bischof von Börglum. Roman (6.10.1938) hatten, wie der Verlag Kotas im August 1940 mitteilte, »eine herrliche Presse, leider aber noch keinen buchhändlerischen Erfolg« - und das nach drei Jahren. Die Autorin war so enttäuscht, daß sie sich im September 1940 außerstande erklärte, dem Verlag ihren neuen Roman zu überlassen. Monatelang bemühte sich der Verlag, von ihr die Rechte an dem neuen Werk Valdemar Atterdag zu erhalten. Es gehörte offensichtlich zur notwendigen Strategie eines Verlags, der »Ausländer« auf dem deutschen Markt herausbringen bzw. »durchsetzen« wollte, Berührungsängste abzubauen, was aber - siehe Jensen - nicht immer glückte. So hat Hermann R. Leber im August 1938 versucht, der Wiener Redaktion des Völkischen Beobachters eine kurze Arbeit von Jensen ans Herz zu legen: Die Autorin, die von massgeblichen Stellen in Deutschland sehr geschätzt, und deren Stellungnahme zur katholischen Kirche auch in ihrer engeren Heimat sehr verübelt wurde, ist in Deutschland durch ihren Roman »Jörgen Lykke« und dem demnächst erscheinenden Roman »Der Bischof von Börglum« eingeführt. 3 7
Zwei Jahre später mußte der Verlag nicht nur der Autorin sondern auch ihrem dänischen Verlag erklären, was schief gelaufen war. Und diese Erklärung der ausbleibenden Rezeption ist für die Marktbedingungen höchst aufschlußreich. So heißt es in einem sehr langen Brief zu einem Zeitpunkt, wo der Verlag um die Rechte an dem dritten Werk Valdemar Atterdag kämpfte: Die Tatsache, dass die beiden anderen Bände, die nebenbei bemerkt eine geradezu überwältigend gute literarische Kritik gefunden haben, nicht sonderlich gut gegangen sind, ist aus verschie36
So heißt es in einer auf den Roman
Du mußt ...
bezugnehmenden Rezension: »Nicht allein der
Roman einer mutigen Frau, sondern überhaupt ein mutiges Buch, in dem Muttertum als ein ewig hohes Ziel hingestellt wird.« (Zitiert nach einem Faltprospekt des Verlags für die Werke Lyttkens) 37
Schreiben v o m 9 . 8 . 1 9 3 8 , Ordner Jensen.
204
denen Gesichtspunkten aus zu verstehen. Zunächst einmal liegt das Erscheinungsdatum der beiden Bücher in der allerunglücklichsten Zeit, die frühere österreichische Verlage gehabt haben. Sie wissen selbst, dass seinerzeit, als Österreich und Deutschland noch zwei Staaten waren, österreichische Verleger es ausserordentlich schwer hatten, sich im reichsdeutschen Buchhandel durchzusetzen. Sie wissen auch ganz genau, dass unser Verlag fast als einziger Gross-Verlag nach der Einbeziehung Österreichs ins Deutsche Reich übrig geblieben ist und wir seit dieser Zeit erst wieder mit einem verstärkten Absatz, insbesondere ausländischer Bücher rechnen konnten. Die beiden Bücher von Frau Jensen liegen nun unglücklicherweise gerade in dieser Zeit und sind auch in den damals hochgehenden politischen Wogen, wie viele wertvolle Bücher, die damals erschienen sind, unverdient etwas in den Hintergrund getreten. Dagegen war der Verlag damals machtlos. Eine zweite Tatsache ist die, dass durch die Überschrift »Der Bischof von Börglum« das Buch vollkommen unverdient in den Geruch eines klerikalen Werkes kam. Wir haben diesem Missverständnis sehr entgegengearbeitet und durch unsere Reisenden und Propaganda versucht, die Bedenken zu zerstreuen, soweit es eben angängig war. Tatsache ist aber, dass wir einem gewissen Misstrauen gerade bei betont völkisch-nationalen Buchhandlungen begegneten, das wir erst durch ganz persönliche und langwierige Einwirkung zerstreuen konnten. In Wirklichkeit ist ja der Roman geradezu das Gegenteil von dem, was hinter dem Titel vermutet werden könnte. Ferner aber ist die Tatsache, dass die Stellung, die sowohl Johannes V. Jensen wie auch Frau Thit Jensen zu Deutschland einnahmen, nicht geklärt war und es anscheinend einem der früheren Verleger von Johannes V. Jensen [Bermann-Fischer Verlag] nicht daran lag, diese Stellungnahme zu klären, wodurch auch eine starke Hemmung des Absatzes beim Verkauf an offizielle Büchereien, Leihbibliotheken usw. eingetreten ist. 38 D i e s e Schwierigkeiten seien nun überwunden, und »gerade v o n d e m neuen W e r k 'Valdemar Atterdag' versprechen wir uns, dass es die beiden anderen W e r k e absatzmässig ausserordentlich beleben würde und auch selbst e i n guter Erfolg wird« (ebd.). Der Verlag konnte letztlich die Autorin und den dänischen Verlag u m s t i m m e n . Cheflektor Erwin H. Rainalter engagierte seinen Schriftstellerfreund H u g o Greinz in Salzburg als Übersetzer. Kotas, der zuerst angesprochen wurde, hatte weder Zeit noch Lust. Greinz fand im »Roman aus d e m nordischen Mittelalter« Valdemar
Atterdag
einiges, w o m i t sich der zeitgenössische deutsche Leser identifi-
zieren konnte, ja »viel Zeitgemäßes [ . . . ] : Führeridee, die Auferstehung eines Landes aus N o t und Zerrissenheit«. 3 9 D e r enorme A u f w a n d des Verlags war verlorene Liebesmühe. N e b e n den üblichen Hürden (Übersetzung herstellen, Papier und Buchbinder auftreiben) mußte der Verlag w i e jeder andere im Sinne der A m t l i c h e n Bekanntmachung Nr. 8 4 v o m 2 7 . Juli 1935 b e i m Propagandaministerium u m G e n e h m i g u n g ausländischer Rechte z u m Z w e c k der Herausgabe einer deutschen Übersetzung ansuchen. A m 2 1 . M a i 1 9 4 2 stellte m a n den Antrag und verwies darauf, daß der R o m a n »durch die Darstellung König Waldemar IV. und seiner Zeit eine Parallele [ . . . ] zur Gegenwart und ihren grossen geschichtlichen Ereignissen« l e g e . 4 0 D i e Prüfung erfolgte z w a r 38 39 40
Schreiben des Verlags an Gyldendalsk Boghandel Nordisk Forlag, Kopenhagen, 9.9.1940, ebd. Hugo Greinz an Erwin H. Rainalter, 17.5.1942, ebd. Ebd. 205
wie erbeten, »beschleunigt«, fiel aber negativ aus. Am 5. Juni teilte das Propagandaministerium mit: Für die Herausgabe einer Übersetzung der obengenannten Schrift hat sich im vorigen Jahr bereits ein anderer deutscher Verlag interessiert. Von der Herausgabe der Übersetzung wurde abgeraten. An dem Werk besteht auch jetzt kein Interesse. Von der Erteilung des erforderlichen Übersetzungsbescheides wird daher abgesehen. 41
Es war nun verständlich, daß der einst bedrängte dänische Verlag auf eine Entscheidung pochte. Der nunmehrige Karl H. Bischoff Verlag, dem untersagt war, dem ausländischen Partner gegenüber die »Wahrheit«, d.h. von der erforderlichen Genehmigung durch das Ministerium überhaupt etwas zu sagen, mußte eine Hinhaltetaktik betreiben und den negativen Bescheid verschweigen. Als im Herbst 1943 ein neues Jensen-Werk zur Übersetzung angeboten wurde (Drotten), griff Verlagschef Bischoff selber zur Feder, um zu versuchen, das Propagandaminsterium von seiner Ablehnung abzubringen. Bischoff argumentierte damit, daß der Verlag auf eine weitere Verbindung mit der Autorin »besonderen Wert« lege, »einmal weil ich von den dichterischen Qualitäten der Werke dieser Autorin sehr überzeugt bin, dann auch, weil ich einmal meine, dass es politisch richtig ist, den Dänen auf diesem für uns leichten Gebiet entgegenzukommen und weil ich verschiedentlich hörte, dass Frau Jensen selbst, die übrigens die Schwester von I.V. Jensen ist, eine ziemliche Rolle spielt«.42 Zudem bestand die Gefahr der Abwanderung in schweizerische Verlage: Immer wieder erhalten wir Berichte, dass das deutschsprachige Schrifttum, dem man im Ausland, z.B. auch in Bulgarien, Ungarn und anderen Ländern begegnet, aus schweizerischen Verlagen stammt und dass die Vermittlung bedeutender Werke der europäischen Völker über die deutsche Sprache durch den schweizerischen Verlag erfolgt. Ich habe schon einmal darauf hingewiesen, dass es der Schweiz im letzten Weltkrieg nicht gelungen ist, hier in die Arbeit des gesamtdeutschen Verlages einzudringen, obwohl Versuche in dieser Richtung unternommen wurden, dass aber die Schweiz jetzt schon recht grosse Erfolge hat. Dabei gehen die Schweizer insofern verhältnismässig klug vor, dass sie das reine Emigrantenschrifttum nicht mehr so in den Vordergrund stellen. 4 3
Auf den Inhalt der Werke Jensens ging Bischoff schließlich auch ein: Es ist mir bekannt, dass gegen »Valdemar Atterdag« und vielleicht auch gegen das neue Buch einzelne künstlerische Einwände möglich sind und dass auch Einwände gegen die geschichtliche Auffassung von Frau Jensen berechtigt sein können. Allein diese Gründe treffen auf viele Werke des dichterischen Schrifttums zu, die ein geschichtliches Thema zum Vorwurf genommen haben. Eines steht wohl fest, dass sich die Werke der Frau Jensen nicht etwa gegen Deutschland und
41
Schreiben des R M f V u P an den Verlag, 5.6.1942, ebd.
42
Karl H. Bischoff an das RMfVuP, 4.9.1943, ebd.
43
Ebd.
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noch weniger gegen die germanische Welt richten, dass auch das Christentum in ihnen nicht allzu gut wegkommt. Zusammengefasst wäre ich Ihnen daher für eine Überprüfung Ihrer Entscheidung und Ihre Benachrichtigung besonders dankbar, (ebd.)
Das Propagandaministerium blieb dennoch hart: der Bitte des Verlags konnte »leider nicht entsprochen werden«.«44 »Selbst unter Berücksichtigung Ihrer Einwände«, heißt es im Schreiben des Ministeriums, »bezüglich der Abwanderung von Autoren nach der Schweiz wäre in Anbetracht der angespannten Papierlage die Genehmigung einer deutschen Ausgabe der oben genannten Schrift nicht gerechtfertigt. Aus diesem Grunde wird gleichzeitig gebeten, von dem Plan einer Herausgabe des zweiten Bandes 'Drotten' Abstand zu nehmen« (ebd.). Von diesem Sachverhalt erfuhr die Autorin freilich nichts. Der Kontakt zum Verlag wurde erst im Herbst 1946 wieder hergestellt. Weniger Probleme bereitete der dänische Autor Jo Jacobsen. Am 1. Oktober 1937 erschien der Roman Die Tümmlerjäger (üb. Andreas Gaspar) in einer Auflage von 3 000 Exemplaren. Ein zweites eingereichtes Werk wurde nicht angenommen.
44
RMfVuP, Dr. Schlösser, Schreiben an den Verlag vom 8.10.1943, ebd.
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14. Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke
Es wäre aber durchaus begrüßenswert, wenn die großen modernen deutschen Verleger dieser Kon/kurrenz ihrerseits einfach mit parallelen Versuchen begegneten; es ist eigentlich nicht recht einzusehen, warum ein S. Fischer, ein Inselverlag, ein Langen, ein Zsolnay mit ihren kolossalen Fonds an äußerlich älterer, innerlich durchaus moderner Literatur nicht dasselbe durchsetzen sollten wie ein Knaur. 1
Nicht wenige Autoren haben die Ansicht von Willy Haas in seinem Plädoyer für die sog. »Volksausgabe« bzw. für den Massenabsatz lebender deutscher Klassiker über den niedrigen Ladenpreis geteilt. Mehrere Monate später - knapp vor Beginn der Weltwirtschaftskrise - ging der Zsolnay Verlag daran, eine Serie von »Volksausgaben« zu gründen und sie »Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Literatur« zu nennen. Erster Standort der neuen Firma war die Schweizer Hauptstadt Bern. Auslöser dieser sowohl für die Autoren als auch für die Verleger höchst zweischneidigen Entwicklung im Jahre 1929 war das »enfant terrible« des deutschen Verlagswesens, der Verlag von Th. Knaur in Berlin. Begonnen hat diese Entwicklung im Frühjahr 1927, als Knaur eine Billigbuchreihe in Massenauflagen startete. Einer der Herausgeber dieser Reihe Romane der Welt war der Schriftsteller Thomas Mann. Im August 1929 wollte der Verleger Adalbert Droemer Manns fast dreißig Jahre alte Buddenbrooks ebenfalls herausbringen, doch weigerte sich der Verleger S. Fischer längere Zeit, das Werk freizugeben. Er wurde aber letztlich umgestimmt, sodaß der Roman zu denselben Konditionen im eigenen Haus erscheinen konnte. Das Erscheinen des 736 Seiten starken Werks war das Ereignis des Jahres auf dem deutschen Buchmarkt. Droemer hatte Thomas Mann nicht nur eine riesige Auflage von maximal einer Million Exemplaren, sondern auch ein noch nie dagewesenes, im voraus fälliges Festhonorar von Μ 125 000 versprochen. Von Fischer erhielt der Autor eine Tantieme von 10 Pfg. pro Exemplar bei einem Ladenpreis von Μ 2,85. Die normale Ausgabe kostete 17 Mark. 2 Es ist nur allzu verständlich, daß auf Grund des sich abzeichnenden Erfolgs der Buddenbrooks bei S. Fischer nicht wenige Autoren auch des Zsolnay Verlags sich neidvollen Blicks an ihre Verleger wendeten, vielfach mit dem Argument, daß 1
2
Willy Haas: Individualverlag oder Grossproduktion? In: Die literarische Welt (Berlin), 5. Jg., Nr. 17, 26.4.1929, S. 1-2. Hier S. 2. Dazu Friedrich Pfäfflin und Ingrid Kussmaul: S. Fischer, Verlag. Von der Gründung bis zur Rückkehr aus dem Exil. Eine Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar (Marbacher Katalog 40. Hrsg. von Bernhard Zeller), S. 369-373 bzw. S. 383-386.
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wenn es mit den Buddenbrooks klappe, es auch bei anderen funktionieren müsse. Die Volks- oder Sonderausgabe barg in dieser Form jedoch ungleich viele Risken in sich, wobei sich z.B. Paul Zsolnay schwer tat, Autoren diesen Sachverhalt klarzumachen, denn wer wollte einen solchen »mühelosen« Erfolg nicht? Das legitime Bemühen, neue Käuferschichten zu erreichen - und das war genauso ein Motiv Zsolnays - setzte eine unüblich hohe Auflage, den weitgehenden Verzicht des Verlags auf Verdienst über den Ladenpreis, die Bereitwilligkeit des Autors, auf erhebliche Teile seines »normalen« Honorars zugunsten des höheren Absatzes zu verzichten und nicht zuletzt eine preisbedingte geringere Spanne der Buchhändler voraus. Für den Zsolnay Verlag kam der »Warenhauspreis« (M 2,85) nicht bzw. nur unter besonderen Umständen in Frage, was Autoren, wie etwa Max Brod oder Heinrich Mann trotzdem - mangels Einsicht in die Kalkulationspraxis eines Verlags - nicht davon zurückhielt, einen solchen Ladenpreis von ihrem Verleger ausdrücklich zu verlangen. Und es gab von Seiten eines übermäßig kulanten Verlegers keine Regel ohne Ausnahmen. Während das Für und Wider des Volksausgabensystems debattiert wurde, begann der Zsolnay Verlag im Sommer 1929 mit den Vorbereitungen zur »Schweizer Gesellschaft in Gründung 'Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke'«. Der früheste Hinweis auf dieses Vorhaben ist ein Vertragsentwurf an Max Brod vom 20. September 1929. 3 Geplant war - und hier handelt es sich um die ersten von mehreren Funktionen, die die BZW im Laufe von sechs Jahren erfüllen sollte - »die Herausgabe einer in weiteste Kreise zielenden Reihe besonders erfolgreicher Bücher des Paul Zsolnay Verlages«. Es ist dies eine Formulierung, die in der Autorenkorrespondenz immer wieder abgewandelt wird. Die Schweizer Gesellschaft, für die der Zsolnay Verlag in jeder Beziehung die volle Haftung zu übernehmen bereit war, plante diese Reihe neben den bisherigen Ausgaben des Wiener Verlags in den Handel zu bringen. Warum Paul Zsolnay das Unternehmen in der Schweiz gründete und ausgerechnet Bern als vorläufigen Firmensitz wählte, ist nicht ohne weiteres einleuchtend, obwohl die Standortwahl nach 1933 (wovon noch die Rede sein wird) von immenser Bedeutung war. Feststeht, daß er unbedingt seinen Namen in den Firmenwortlaut der zu gründenden Aktiengesellschaft aufgenommen wissen wollte, weswegen der Wiener Verlag am 26. Oktober 1929 an die Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler eine Bitte richtete. Der Handelsregisterführer in Bern habe, teilte der Verlag mit, eine Bestätigung dahingehend verlangt, daß der Name Zsolnay in der Buchhändlerwelt einer Sachbezeichnung für ein Verlagsunternehmen bereits gleichkomme. 4 Es ist anzunehmen, daß die neue Gesellschaft in Bern handelsgerichtlich eingetragen wurde, doch ließ sich dies nicht bestätigen. 5 Nach dem kurzen Zwischenspiel in Bern wurde die Aktiengesellschaft »Paul Zsol-
3 4 5
Ordner Max Brod I. Der Archivbestand der BZW (Wiener Zweigstelle) ist verschollen. Schreiben im Archiv, Gremium Wien/Paul Zsolnay Verlag. Siehe Hall: Österreichische
Verlagsgeschichte,
Band II, S. 522.
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nays Bibliothek zeitgenössischer Werke« auf Grund des Gesellschaftsvertrags vom 28. Februar 1930 am 22. März ds. Jahres in das Firmenbuch, Register Α des Handelsgerichts Zürich eingetragen.6 Als Inhaber der Gesellschaft mit einem Aktienkapital von sfr 50 000 scheint der Schweizer Kaufmann Willy Waller auf. Zweck des Unternehmens ist der »Betrieb des Verlagsgeschäftes und des Bühnenvertriebes, insbesondere Herausgabe von Büchern volkstümlicher Ausgabe«. Dem ersten Verwaltungsrat gehörten zwei Schweizer, der Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Robert Faesi (1883-1972) sowie der Zürcher Anwalt Dr. Konrad Bloch und drei Österreicher an: Paul Zsolnay, Felix Costa und der 1934 wegen Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung geschaßte Prokurist Stefan Halasz. Feststeht, daß vier Werke mit Impressum Bern im November 1929 (Auslieferungstermin: 15. November) auf den Markt kamen.7 Als »wirksame Vertriebsmittel« standen den Buchhändlern ein zweifarbiger Faltprospekt und zwei verschiedene Plakate zur Verfügung. Die ersten vier Bände, die in erster Auflage von 30 000 in Ganzleinen in den Handel kamen, hatten trotz ziemlicher Umfangsunterschiede einen einheitlichen, sicher knapp kalkulierten Ladenpreis: Μ 3,60. Dies war also noch etwas unterhalb des Alternativpreises der Warenhäuser (M 3,75 für umfangreiche Werke) bei kleineren Auflagen. Den Beginn machten: Franz Werfel: Der Abituriententag. Roman John Galsworthy: Die dunkle Blume. Roman Max Brod: Die Frau, nach der man sich sehnt. Roman H.G. Wells: Die Geschichte unserer Welt Der verantwortliche Leiter, Felix Costa, war durchaus optimistisch was Erfolgschancen betraf und meinte, »dieser exorbitant niedrige Preis« lasse »einen guten Absatz der geplanten Reihe erhoffen« und würde »gewiss sehr viel zur Popularisierung der in der Reihe aufgenommenen Bücher beitragen« und »sicherlich in bester Weise auf den Absatz der Bücher des Paul Zsolnay Verlages auswirken«.8 Aber welches Honorar konnte die Schweizer Gesellschaft bieten? Ursprünglich dachte das Unternehmen an die üblichen 10 Pfennig pro verkauftem Buch, entschloß sich aber, so die Mitteilung an Max Brod, »nach nochmaliger schärfster Kalkulation« (ebd.) von 10 auf 15 Pfennig zu gehen. Dies blieb auch das Standardhonorar der Bibliothek, obwohl bei ausländischer Literatur der Autor 10 Pfennig und der Übersetzer 5 Pfennig erhielt. Nur in einem Fall begnügte sich ein in Frage kommender Autor mit dieser Honoraraufteilung nicht. Es war der etwas streitbare Schriftsteller 6
Laut beglaubigter Fotokopie aus dem Firmen-Buch des Handelsregisteramts des Kantons Zürich, Register A, Fol. 22198.
7
Die Bände wurden im Gegensatz zu Serien anderer Verlage generell
nicht numeriert. Es ist daher Börsenblatt-Anzeige die
nicht ganz einsichtig, weshalb im Oktober 1932 in einer zweiseitigen
bisher erschienenen Bände mit einer Zahl versehen sind und Neuerscheinungen als »Band 26«, »Band 27« usw. gekennzeichnet sind. Siehe 8
Börsenblatt,
Felix Costa an Max Brod, 20.9.1929, Ordner Brod.
210
Nr. 250, 20.10.1932, S. 4768-4769.
Theodore Dreiser, der noch i m Jahre 1937 den Verlag b e i m Handelsgericht W i e n auf Zahlung ausstehender Tantiemen erfolgreich klagte. Z e h n Pfennig waren ihm zu wenig: er w o l l t e 15 und bekam sie auch. D e r Tatsache, daß in Amerika lebende Autoren w i e Theodore Dreiser über die Entwicklungen a m deutschen Buchmarkt nicht voll im Bild sein konnten, verdanken wir eine A n a l y s e der Situation der »Volksausgaben« und der verlegerischen Preisstrategie i m Jahre 1 9 3 0 s o w i e der Lage der Bibliothek zeitgenössischer W e r k e ein Jahr nach der Gründung. V o r Weihnachten 1 9 3 0 plante F e l i x Costa als Leiter des Programms der B Z W eine Volksausgabe von Theodore Dreisers Eine nische
Tragödie
amerika-
( U m f a n g 7 3 5 Seiten) für das k o m m e n d e Frühjahr. D i e Frage der
Ladenpreises war nun v o n zentraler Bedeutung, denn dessen Festsetzung war nicht v o n den Herstellungs- und sonstigen Kosten, sondern auch v o n der Konkurrenz a m Buchmarkt und e i n e m Publikum, das nach d e m Preis kaufte, bestimmt. D i e Erläuterung, die F e l i x Costa seinem Autor Dreiser z u k o m m e n ließ, ist für die Zustände im Buchhandel dieser Zeit sehr aufschlußreich. Wir haben Ihnen seinerzeit für den Ganzleinenband dieser Volksausgabe einen Preis von Μ 2.85 vorgeschlagen und Sie waren so liebenswürdig, unseren Vorschlag anzunehmen. Bevor wir uns aber entschliessen wollen, diesen M. 2.85-Preis endgültig für das Buch festzusetzen, halten wir uns für verpflichtet, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass sich seit der Zeit unseres Abschlusses die Situation auf dem deutschen Büchermarkt sehr geändert hat. Während im Jahre 1929 die »Buddenbrooks« von Thomas Mann zu M. 2.85 eine gewisse Monopol-Stellung hatte, sind im Jahre 1930 bereits ca. 200 Bücher zum Preis von M. 2.85 erschienen, wobei jeder Verleger den anderen durch Ausstattungskünste zu überbieten getrachtet hat. Die Buchhändler sind von allem Anfang an den 2.85-Ausgaben feindlich gegenüber gestanden, weil ihr Gewinn einerseits durch den niederen Preis, andererseits durch den niedrigeren Rabatt, der bei diesen Preisen der einzig möglich ist, zu wenig am Verkauf des Buches interessiert sind.- Solange nun die »Buddenbrooks« ein Monopol-Artikel waren, konnte dem Autor und dem Verleger diese feindliche Einstellung des Sortiments gleichgültig sein. Das Publikum hat das eine 2.85-Buch verlangt und das Sortiment musste es ihm notgedrungen verkaufen. Dadurch ist die phantastisch hohe Auflage der Buddenbrooks entstanden. Heute, wo über 200 Werke zum Preis von M. 2.85 da sind, hängt es wieder lediglich vom Verkäufer ab, welches Buch unter ihnen er den Käufern vorlegt, wenn ausdrücklich ein 2.85-Buch verlangt wird. Keines der neuen 2.85-Bücher konnte daher eine wirklich grosse Auflage erzielen. Dieser Umstand hat nun einige Verleger auf die Idee gebracht, einen neuen Preis zu konstruieren, der noch immer unglaublich niedrig ist, den Verlagen aber eine noch bessere Ausstattung und, was wichtiger ist, eine vorteilhaftere Rabattierung dem Sortiment gegenüber gestattet. Unserer Erfahrung nach werden jetzt, wenn billige Bücher verlangt werden, von den Buchhändlern immer wieder die Μ 3.75 Bücher statt der Μ 2.85 Bücher vorgelegt mit dem Bemerken, dass dem Bücherkäufer mit diesem kleinen Preisunterschied ein Buch höherer Qualität geboten werde. Es sind bis jetzt unseres Wissens nur 2 Μ 3.75 Bücher erschienen und es werden vor Weihnachten aller Wahrscheinlichkeit nach keine neuen Bücher mehr erscheinen. Da es ja ein Wahnsinn wäre, drei Wochen vor Weihnachten ein Buch erscheinen zu lassen. Unserer Erfahrung nach dürfte das nächste Μ 3.75 Buch von anderen Verlagen erst im April oder Mai zur Neuerscheinung gelangen. Es wäre daher eine ausserordentliche Chance, wenn wir in den ersten Tagen Februar die »Tragödie« zum Preise vom Μ 3.75 herausbringen könnten. Die »Tragödie«
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hätte dann auch gewissermassen eine Monopolstellung, die sich ausserordentlich günstig auswirken könnte. Unser Vorschlag geht nun dahin, dass Sie uns gestatten, eventuell statt der Μ 2.85 Ausgabe eine Μ 3.75 Ausgabe herauszubringen. Wir wären dadurch in der Lage, erstens das Buch bestens auszustatten, zweitens den Verkäufern einen grösseren Rabatt zu gewähren, was von ausserordentlichem Wert ist, und drittens auch Ihre Bedingungen zu verbessern. Wir sind in der Lage, Ihnen bei gleichbleibender Vorauszahlung das doppelte Honorar zu bieten als wir Ihnen beim Μ 2.85 Preis geboten haben. Wir steigern also das Honorar um 100% den Buchpreis aber nur um 33%. 9
Dreiser teilte telegraphisch mit, er überlasse es dem Verlag, den Preis festzulegen. Am 5. Februar 1930 erschien Die amerikanische Tragödie als »Sonderausgabe« in einer Auflage von 60 000 Stück. Der Preis betrug Μ 3,75 und war somit beträchtlich niedriger als die Erstausgabe in drei Bänden 1927: Μ 15 bzw. 22.10 Weniger flexibel reagierte Dreiser, als der Verlag diverse Titel in die Bibliothek aufnehmen wollte - was mit einem gesenkten Ladenpreis und einem niedrigeren Honorar einherging. Dem stimmte er nicht zu, wie er es auch im Jahre 1933 ablehnte, dem Verlag seinen neuen Roman The Stoic zu übergeben, ehe der »Verlag seine Taktik [nicht] völlig revidiert« habe. Das Werk erschien erst 1954 auf deutsch! Das Gesamtwerk Dreisers wurde im Deutschen Reich verboten. Zumindest zu Beginn des »Billigbuch«-Projekts konnte sich die Schweizer Firma in der üblichen großzügigen Art und Weise des Wiener Verlags noch bereit erklären, die gesamte Erstauflage zu garantieren und gar die Hälfte der Garantiesumme bei Erscheinen zu zahlen. Wie bereits angedeutet, durften nicht wenige Autoren von einem BuddenbrooksErfolg (niedriger Ladenpreis, Massenabsatz, astronomisches Honorar) geträumt haben. Einige dieser Autoren gehörten ausgerechnet zum »Stall« des Zsolnay Verlags: Franz Werfel, Max Brod und Heinrich Mann. Das Liebkind und der höchstbezahlte und auflagenmäßig zweiterfolgreichste Autor des Verlags, Franz Werfel, hielt es wenige Monate nach Erscheinen der ersten vier Bände der Bibliothek »für besonders wünschenswert«, den Preis der Reihe von Μ 3,60 auf Μ 2,85 herabzusetzen. Möglich ist, daß ihm die immer schlechter werdende Wirtschaftslage gar nicht auffiel, oder daß er vom Thomas Mann-Erfolg geblendet war. Anlaß zur Aufklärung des Autors durch den Verlag war der Wunsch Werfeis, seinen VerdiRoman im Rahmen der neuen Bibliothek erscheinen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Verlag bereits über 60 000 Exemplare der normalen Ausgabe abgesetzt, bis Ende 1930 hatte man schon stattliche 250 000 Exemplare aufgelegt. Bei
9
10
Felix Costa an Theodore Dreiser, 6.12.1930. Mappe »Verträge Theodore Dreiser«. Der sehr umfangreiche Nachlaß Dreisers wird in der Rare Book Collection der University of Pennsylvania Library in den USA aufbewahrt. Dazu der Ausstellungskatalog »Theodore Dreiser. Centenary Exhibition«, University of Pennsylvania Library, 1971. Zur Diskussion der Preisgestaltung aus der Sicht Gottfried Bermann Fischers siehe Pfafflin: S. Fischer, S. 37Iff.
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»normaler Aufteilung der Geschäftsspesen« war, so argumentierte der Verlag, der Preis von Μ 2,85 jedoch nicht zu halten. Der Preis von Μ 2.85 lässt sich nur dann erreichen, wenn ganz andere, weit niedrigere Geschäftsspesen auf jene Bücher in Anrechnung gebracht werden, die zu diesem Preis herauskommen. Es steht somit fest, dass der Verlag höchstens ein bis zwei Bücher im Jahr zu einem solchen Preis herstellen kann, ohne verlustbringend zu arbeiten und er kann dies auch nur dann tun, wenn er annimmt, dass bei diesen Büchern wenigstens durch eine besonders grosse Auflage die Regie herabgesetzt werden wird. Diese ein bis zwei Bücher im Jahr können natürlich nicht offiziell in der Reihe der Schweizer Gesellschaft erscheinen, da sie sonst zu dem allgemeinen Bibliothekspreis in Widerspruch stehen würden. 11
Der Verlag hat aber weder in diesem Fall noch später eine besondere Bitte Werfeis bzw. seiner »Finanzministerin« Alma Mahler abgeschlagen. Eine »Konstruktion« wurde gesucht und gefunden, und der Verdi-Roman erschien als erstes Buch zu Μ 2,85 bei Zsolnay (2.9.1930; Aufl. 57 000), wobei der Autor pro Exemplar 10 Pfennig bekam und die gesamte Auflage am Tag des Erscheinens vorausbezahlt wurde. Der Verlag war allerdings noch unsicher, ob ein weiteres Buch zu diesem Preis herauskommen würde, und wenn, dann frühestens 1931, um dem WerfelRoman verlagsintern keine Konkurrenz zu machen. Die magische Anziehungskraft des Niedrigpreises wirkte auch auf Max Brod. Nach dem Erscheinen von Die Frau, nach der man sich sehnt im Rahmen der Reihe im November 1929 ergab es sich, daß 1930 weder eine Neuerscheinung Brods noch ein würdiger Ersatz in Planung war. Damit das Sortiment sehen konnte, wie gängig seine Bücher waren, wurde beschlossen, nach der Freigabe des Romans Reubeni vom Kurt Wolff Verlag dieses Buch gleichzeitig in der Reihe der Gesammelten Werke und in der BZW mit neuem Untertitel herauszubringen. 12 Brod wünschte sich im folgenden Jahr eine billige Ausgabe des 1916 bei Kurt Wolff erschienenen Romans Tycho Brahes Weg zu Gott (Gesamtauflage bis dahin: 100 000 Ex.), und zwar zu Μ 2,85, da er den Eindruck hatte, der Verlag würde diesen Preis den Μ 3,60 vorziehen. Das war allerdings nicht der Fall, zumal der Verlag »nach wie vor der Ansicht (war), dass nur in besonderen Ausnahmefällen eine Μ 2,85 Ausgabe erfolgversprechend« sei. 13 Nach fast 1 1/2 Jahren Branchenerfahrung mit dem »Warenhauspreis« konnte der Verlag Brod aus der Praxis genau berichten: 11
12
13
Paul Zsolnay und Felix Costa an Franz Werfel, 31.3.1930. Alma Mahler-Werfel Papers, Collections, Van Pelt Library, University of Pennsylvania, Philadelphia. Am 13. November wurden 12 000 Exemplare aufgelegt, davon 2 000 für die Werkausgabe und 10 000 für die BZW. Dazu der Verlag: »Wir würden das Werk unter dem Titel 'Reubeni' veröffentlichen, was Ihrem einmal im Verlag geäusserten Wunsch entspricht, der Untertitel 'Fürst der Juden' möge bei späteren Auflagen verschwinden. Dies erscheint uns auch vom buchhändlerischen Standpunkt richtig.« (An Brod, 11.9.1930) Der neue Untertitel lautete: »Ein Renaissanceroman«. An Max Brod, 18.2.1931, Ordner Brod.
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Der geringe Erfolg von Wassermanns »Gänsemännchen«14 und der vieler anderen Μ 2.85 Bände hat uns in der Ansicht bestärkt, dass ein ganz grosser Absatz nur bei sehr wenigen Büchern, die in den letzten zwei Jahren zum Preise von Μ 2.85 erschienen sind, erreichbar ist. Ein solcher Ausnahmsfall sind die »Buddenbrooks« schon aus rein stofflichen Gründen, sie sind das erfolgreichste Buch des deutschen Bürgertums, und in einem entsprechenden Abstand der Verdi-Roman. Der Erfolg des Verdi-Romans erklärt sich hauptsächlich dadurch, dass es sich um ein Buch mit kurzer Laufzeit handelt, das nur in einem einzigen Verlag veröffentlicht und von diesem Verlag dauernd propagiert wurde. In diesem Falle kam also zu der Tatsache der Billigkeit des Buches, die schon lange Zeit an sich keine Sensation mehr bedeutet, noch die Sensation, dass ein stark gängiges Buch zu diesem niedrigen Preis erschien. 15
Der Verlag war nach alldem der Ansicht, daß der Brod-Roman einen weitaus größeren Erfolg in einer Μ 3,60 Ausgabe erringen könnte,16 erklärte sich aber bereit, eine Billigausgabe »nur auf Ihren ausdrücklichen Wunsch« hin zu machen. Wenn etwas schief gehe, so sei der Verlag nicht schuld. Am 23. April 1931 wurden in Angleichung an die Auflagenhöhe des gleichzeitig erscheinenden GalsworthyBuchs Meisternovellen 23 000 Exemplare auf den Markt gebracht (Gesamtauflage mit Sonderausgabe: 100 000). 17 Brod legte, was die Werbung betraf, überaus 14
So gering dürfte der Erfolg dieser Sonderausgabe - wenn man sie nicht an den Buddenbrooks mißt - doch nicht gewesen sein. Dazu de Mendelssohn: S. Fischer, S. 1193: »Die nächste Sonderausgabe nach Buddenbrooks war 1930 Wassermanns Das Gänsemännchen, das seit 1915 das 91. Tausend erreicht hatte und jetzt noch einmal 200 000 dazugewann. Dies war nächst Buddenbrooks der bei weitem größte Erfolg; alle anderen Sonderausgaben der folgenden Jahre 19311934 blieben weit hinter ihm zurück, was seinen Grund - außer der geringeren Zugkraft der nachfolgenden Titel - wohl hauptsächlich in der um diese Zeit scharf einsetzenden Wirtschaftskrise gehabt haben dürfte, in der selbst billige Bücher schwer verkäuflich wurden.«
15
Felix Costa an Brod, 18.2.1931, Ordner Brod. Die Gründe des Verlags: »Die Verkäuflichkeit des 'Tycho Brahe' wird durch den Umstand nachteilig beeinflusst, dass es sich hier um ein historisches Werk handelt, ferner durch die Tatsache, dass das Buch durch den Kurt Wolff Verlag vollkommen zugrunde gerichtet wurde und schliesslich dadurch, dass es in einer Buchgemeinschaft zu einem billigen Preis erhältlich war. Die äusseren Umstände würden also gegen die Herausgabe des Buches in der Μ 2.85-Serie sprechen.« An Brod, 18.2.1931, Ordner Brod. »Um jedoch für die Ankündigung am Schutzumschlag die Ziffer von 100.000 Exemplaren zu erreichen, würden wir bei Ihrem Buch um 2.000 Exemplare mehr drucken, sodass die Erstauflage der Sonderausgabe 22.000 Exemplare betragen würde, der Auflagenvermerk aber natürlich 100.000 Exemplare wäre.« (ebd.) Ein gutes Beispiel für diesen Werbefaktor liefert Franz Werfel: Im August 1929 liefen die Setz- und Korrekturarbeiten an Werfeis neuem Roman Barbara oder Die Frömmigkeit auf Hochtouren. Als Erstauflage waren 30 000 Exemplare vorgesehen (Paul Zsolnay an Werfel, 24.7.1929). Der Verlag beschäftigte sich »Tag und Nacht mit Plänen, wie wir die Herausgabe dieses grandiosen Werkes gestalten sollen, um den grösstmöglichsten Erfolg zu erringen«. Die Idee Costas sollte eine Art Paukenschlag sein. Am 3. August bat er daher Werfeis »Managerin«, die »hochverehrte gnädige Frau« Alma Mahler, um Erlaubnis, die Idee vorzubringen. Es sollte innerhalb kurzer Zeit alles umdisponiert werden: »Wir glauben
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großen Wert auf solche »runde« Zahlen wie auch auf die Wahl der »richtigen« Rezensenten seiner Bücher. Das Honorar betrug 10 Pfg. pro Band. 1932 erschien der Roman Zauberreich der Liebe in der BZW, und im folgenden Jahr wurde Eine Liebe zweiten Ranges, ein Werk, das sich seit der Neuauflage im Juli 1929 (11.15.Tsd.) nur sehr schleppend abgesetzt hatte, übernommen, »damit dieser ausgezeichnete Roman trotz der Ungunst der Zeit neu belebt werde«. 18 Damit ist nun neben dem Ziel der Erschließung neuer Leserkreise bzw. Käuferschichten eine weitere Funktion der »Bibliothek« angesprochen. Vielfach wurde die BZW beansprucht, um das Wiener Lager des Zsolnay Verlags von weniger gangbaren Titeln zu befreien. Und statt neu zu drucken, übernahm die BZW einfach Bestände aus dem Wiener Haus, um sie neu zu verwerten. Ansonsten wurden im Frühjahr 1934 so gut wie sämtliche Restbestände der Werke Brods auf Lager an Josef Singer in Berlin oder Richard Lanyi in Wien zum Ramschverkauf abgegeben. Die Produktion der BZW bis 1935, in welchem Jahr die Schweizer Gesellschaft ihre a k t i v e Tätigkeit einstellte, ist sehr heterogen. Das heißt, es wurden nicht mehr wie zu Beginn bloß »einige besonders erfolgreiche Bücher des Verlages in wohlfeilen Ausgaben« in hohen Auflagen herausgegeben. 19 Startauflagen, sofern es sich nicht um Übernahmen handelte, gingen auf 3 000 bis maximal 5 000 Exemplare zurück, wobei andere Gründe und andere Ziele und nicht das Scheitern einer Idee verantwortlich waren. Hier ging es nicht mehr darum, »noch größere Popularisierung« gangbarer Titel anzustreben oder darum, »unsere Autoren weitesten Kreisen bekanntzumachen«,20 sondern um eine »gewisse Neubelebung«, 21 eine
nämlich, dass es einen geradezu sensationellen Eindruck machen würde, wenn wir Franz Werfeis neuestes Werk gleich als in 50.000 erschienen ankündigen könnten. Es ist damit erreicht, dass Franz Werfel in höherer Erstauflage erscheinen würde als Gerhart Hauptmann, Thomas Mann und Jakob Wassermann und zur Erreichung dieses Zieles würden wir es auf uns nehmen, die höheren, bei diesem umfangreichen Werk ausserordentlich beträchtlichen, Mehrausgaben für Papier und Druck schon jetzt zu tragen und alle unsere Nervenkräfte anzuspannen, die grossen technischen Schwierigkeiten, die sich sicherlich ergeben werden, zu überwinden.« Der Aufwand für eine sofortige Erstauflage von 50 000 Exemplaren und das von einem Band mit 809 Seiten war nicht nur kostspielig, sondern auch arbeitsintensiv. Am 22. Oktober 1929 kamen die Bücher in den Handel. Ende August 1930 hatte der Absatz nahezu das 40. Tsd. erreicht (Costa an Alma Mahler, 29.8.1930). Das Wagnis dürfte sich gelohnt haben: im November 1930, knapp ein Jahr nach dem Erscheinen, wurden weitere 15 000 Exemplare herausgebracht (»Sonderausgabe«), 18 19
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BZW Zürich an Max Brod, 10.5.1933, Ordner Brod. So der Erfinder der Idee Felix Costa in einem Interview mit Willy Haas (Eine Reise zu den Wiener Verlegern. Die Situation der österreichischen Buchproduktion 1930. In: Die literarische Welt, 6. Jg., Nr. 9, 28.2.1930, S. 7-8. Hier S. 8). Paul Zsolnay an Schalom Asch, 15.1.1930, Ordner Asch. Ähnlich an Paul Frischauer, 18.10.1932, Ordner Frischauer. Felix Costa an K. Edschmid, 18.10.1932, Ordner Edschmid. In der BZW erschienen von Edschmid drei Titel. Seine Bücher im Zsolnay Verlag verkauften sich sehr schlecht, wofür der Autor dem Verlag die Schuld gab.
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»Popularisierung« von manchen Ladenhütern fallweise mit neuem Titel. 22 Die BZW-Ausgabe stellte in dieser Phase also nicht selten eine Vorstufe zur Verramschung dar. Für die Jahre 1930 bis 1932 sah die Produktion der Zürcher BZW in der Reihenfolge des Erscheinens mit der jeweiligen Auflage folgendermaßen aus: 1930: H.G. Wells: Der Traum. Roman Schalom Asch: Die Mutter. Roman Kasimir Edschmid: Sport um Gagaly. Roman John Galsworthy: Der Patrizier. Roman Heinrich Mann: Mutter Marie. Roman Max Brod: Reubeni. Ein Renaissanceroman Sinclair Lewis: Die Benzinstation. Roman
7 498 23 12 000 4 942 30 000 10 000 10 000 15 000
Neuauflagen: Franz Werfel: Der Abituriententag John Galsworthy: Die dunkle Blume
20 000 (lOO.Tsd.) 20 000 (85.Tsd.)
1931: Johann Fabricius: Das Mädchen mit dem blauen Hut Georg von der Vring: Soldat Suhren. Roman Walter von Molo: Mensch Luther. Roman Schalom Asch: Mottke der Dieb. Roman Kasimir Edschmid: Lord Byron. Roman Anton Tschechow: Die Tragödie auf der Jagd
5 20 2 2 3 5
000 000 830 830 000 000
Neuauflagen: Sinclair Lewis: Die Benzinstation Walter von Molo: Mensch Luther Schalom Asch: Die Mutter
22
23
10 000 (30.Tsd.) 5 500 (21.Tsd.) 10 000 (30.Tsd.)
Vgl. Costa an Marianne von Schön, Übersetzerin des Romans Die Geschichte von der Liebe der Prudence Sarn (The Precious Bane) von Mary Webb (1930), der wegen Mißerfolgs von der BZW übernommen wurde. (18.10.1932, Ordner Dreiser). Um das Beispiel zu verdeutlichen: die Erstauflage erschien am 30. Oktober 1930 und anläßlich der BZW-Ausgabe (23.6.1932) unter neuem Titel (Die Liebe der mondänen Frau) war nicht einmal die halbe Auflage abgesetzt worden. 1933 wurde das Buch verramscht. Diese Ziffern sind der Herstellkartei der BZW und Sonderausgaben entnommen. Es sind z.T. Übernahmen aus dem PZV Wien, was an den manchmal nicht »runden« Zahlen erkennbar ist. Die in der Kartei aufscheinenden Erscheinungstage werden hier nicht angegeben.
216
1932: John Galsworthy: Das Herrenhaus. Roman Egmont Colerus: Die neue Rasse. Roman Max Brod: Zauberreich der Liebe. Roman Ernst Lothar: Der Hellseher. Roman Roger Martin du Gard: Jean Barois. Roman Paul Frischauer: Dürer. Roman d. dt. Renaissance Johann Fabricius: Mario Ferraros eitle Liebe Valentin Katajew: Die Defraudanten. Roman Fannie Hurst: Mannequin. Roman Mary Webb: Die Liebe der Prudence Sarn. Roman H.G. Wells: Christina Albertos Vater. Roman Hans Sochaczewer: Das Liebespaar. Roman Felix Saiten: Simson. Das Schicksal Stefan Grossmann: Chefredakteur Roth führt Krieg Theodore Dreiser: Schwester Carrie. Roman
10 793 2 347 4 514 5 236 2 532 1 959 1 629 3 190 3 261 2 390 4 201 2 075 6 885 2 897 2 949
(Keine Neuauflagen. 56 858 Bände vom PZV übernommen.) Beginnend mit dem Jahr 1933 bekam die BZW in Zürich fast zwangsweise eine völlig neue Funktion. Der Wandel im Verlagsziel und -programm dürfte derart auffallend gewesen sein, daß sowohl Paul Zsolnay als auch das Zürcher Unternehmen völlig zu Unrecht ins Kreuzfeuer der Kritik gerieten. Außerhalb Deutschlands, wo die Begriffe »Exil-« oder »Emigrantenverlag« ja stark negativ besetzt waren, ist die Kritik bzw. der unberechtigte Vorwurf an Zsolnay, einen sogenannten »GhettoVerlag« geschaffen zu haben, nicht ganz verständlich, abgesehen davon, daß er schlicht falsch war. So schrieb ein Literaturredakteur der Wiener Wochenzeitung Der Morgen, der es besser hätte wissen müssen (Ludwig Ullmann), am 23. April 1935 (!): »Im Jahre 1933, knapp nach dem Beginn der Hitler-Herrschaft, wurde plötzlich in Zürich ein Verlag gegründet, der den Titel 'Bibliothek zeitgenössischer Autoren' (sie) trägt.« Genausowenig mit den Fakten vertraut und sich offensichtlich auf Ullmann stützend schrieb der NS-Literatursheriff und Intimfeind aller jüdischen Verlage und Buchhandlungen, Will Vesper, in seiner Zeitschrift Die Neue Literatur. Schon zu einem Zeitpunkt, wo die Gesellschaft in Zürich nur mehr auf dem Papier existierte, (die letzte Erscheinung war im Mai dieses Jahres!), tischte Vesper vermeintlich Brandaktuelles auf. Paul Zsolnay sei klar geworden, so Vesper, daß er seine alte Juden- und Judengenossenliteratur im neuen Deutschland nicht mehr verkaufen konnte. Der Verlag »stellte sich um«! Die Judenliteratur wurde nach Zürich abgeschoben, in eine »Bibliothek zeitgenössischer Autoren« (sie), die merkwürdigerweise nur alte Zsolnayliteraten verlegt. Angeblich hat aber der Zsolnayverlag nichts mit ihr zu tun. 24
24
Die Neue Literatur, H. 8, August 1935, S. 494-497. Hier S. 495.
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Was hier als »plötzliche« Entscheidung und aus Nazi-Sicht »verwerfliche« Tat (die keine war) hingestellt wurde, war in Wirklichkeit für nicht wenige Autoren überhaupt die einzige Alternative. Denn Paul Zsolnay hat sich keineswegs gern von seinen im Reich unerwünschten Autoren getrennt und hat ihnen oft ohne jede rechtliche Verpflichtung geholfen, mit der neuen Situation fertig zu werden. Die BZW war somit eine letzte Chance, Romane zu veröffentlichen und vielleicht doch noch etwas zu verdienen. Natürlich mußten die Autoren bescheidenere Auflagen und Honorare in Kauf nehmen. So verschwanden mehrere Autoren aus dem Programm des Wiener Hauses, um jetzt in der BZW aufzutauchen. Es war jedoch ab 1933 nicht mehr so, daß alte Titel auf die Schweizer Gesellschaft übergingen. Vielmehr wurden neue Titel von Verlagsautoren, die Zsolnay hätte ablehnen müssen, in Verlag genommen. Die Entwicklungen des Jahres 1933 führten auch zu einigen Veränderungen juristischer Natur. Am 20. März 1934 erfolgten eine Statutenrevision und ein nomineller Wechsel an der Spitze der Zürcher Firma: Paul Zsolnay und Felix Costa schieden formal aus dem Verwaltungsrat aus, und der Verlag wurde in »Bibliothek zeitgenössischer Werke A.G.« umbenannt. Dieser Schritt, der durch die Entfernung des Namens »Zsolnay« aus der Firmenbezeichnung nach außen hin wirken sollte, geschah vermutlich aus taktischen Gründen, obwohl er auch zeitlich mit einer umfassenden Reorganisation des Verlags in Wien zusammenfiel. Es kann aber auch so gewesen sein, daß er sich angesichts der täglich größer werdenden Einwände oder Widerstände gegen den Verlag im Reich nicht dem Vorwurf aussetzen wollte, sich im Reich »national« zu geben und gleichzeitig auf fremdem Boden »unerwünschte« Autoren zu pflegen. Der Rückzug war so oder so nur eine Formsache: Zsolnay übernahm weiterhin die volle Haftung für die BZW. Stefan Halasz blieb laut Handelsregister noch bis März 1934 Prokurist der BZW und bis Juli Prokurist im Wiener Haus. Seine Entlassung hatte aber weder politische noch taktische Gründe: Ihm wurden Unregelmäßigkeiten in der Verlagsbuchhaltung vorgeworfen. Seine Funktion (Kollektiv-Prokurist) übernahm Grete Geiringer, die die Geschäfte von der Praterstraße in Wien aus abwickelte. Das Handelsregister in Zürich vermerkt zudem das Ausscheiden zweier Schweizer Anfang 1935: Robert Faesi und Konrad Bloch. Der Grund für diesen Schritt ist freilich dort nicht in Erfahrung zu bringen. Aber der drohenden Auflösung des Zürcher Unternehmens, die die beiden Rücktritte verursachte, ging ein ernsthafter Krach zwischen Zürich und Wien voraus, dessen Ursache keinesfalls finanzielle Erwägungen waren. Der Autor, der im Mittelpunkt der unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten stand, war Robert Neumann, von dem es geheißen hatte, er hätte den Paul Zsolnay Verlag 1933 freiwillig verlassen und wäre nach England emigriert. In Wahrheit hatte er die Verbindungen nie gelöst. Aber bevor dieses Beispiel politischer Rücksichtnahme erläutert wird, soll die weitere Produktion in Übersicht verfolgt werden. Wie erinnerlich, hatte die BZW
218
in den ersten vier Jahren 32 Titel (plus 5 Titelauflagen) auf den Markt gebracht. 25 Offensichtlich um den Verkauf anzukurbeln, entschloß sich der Verlag ab 1933 eine ganze Reihe von Sonderausgaben (mit zwei Ausnahmen) zum Preis von Μ 2,85 auf den Markt zu bringen. Acht der achtzehn Billigausgaben dieses Jahres waren Werke des jüngst gekürten Nobelpreisträgers John Galsworthy preisausgabe«),
während
fünf
vom
neuerworbenen
Autor
Jakob
(»NobelSchaffner
stammten.26 Die BZW-Kartei verzeichnet für 1933 keine Neuerscheinungen, sondern lediglich fünf Übernahmen wenig gangbarer Titel aus dem Zsolnay Verlag, die allesamt Mitte April als BZW-Ausgaben auf den Markt geworfen wurden.27 1933: Max Brod: Eine Liebe zweiten Ranges. Roman Andreas Thom: Vorlenz, der Urlauber auf Lebenszeit und Brigitte, dem schweren Herzen. Roman Leonid Leonow: Die Bauern von Wory. Roman Kasimir Edschmid: Hallo Welt. 16 Erzählungen Ilf/Petrow: Zwölf Stühle
die Frau mit
Noch im selben Jahr bzw. im Frühjahr des nächsten Jahres wurden diese Titel mit Ausnahme Thoms alle verramscht. Leonows Bauern war mit kaum 2 800 verkauften Exemplaren innerhalb von sieben Jahren ein ziemlicher Mißerfolg gewesen, während Ilf/Petrows Zwölf Stühle (Aufl. 3 000) z.T. erst nach dem Abverkauf auf der ersten sog. »schwarzen Liste« für öffentliche Büchereien landete.28 Erst in den Jahren 1934 und 1935 kam es zu einer »eigenständigen« Produktion mit Werken vornehmlich jener Autoren, die im Reich verboten waren. Insgesamt verzeichnet die BZW-Kartei nur 12 Titel (1934: 8; 1935: 4), in Wirklichkeit sind es aber 14 gewesen, von denen 13 in diesen Jahren im österreichischen Buchhandelsorgan, dem Anzeiger,
angekündigt wurden. 1934 sind folgende Titel erschie-
nen: Victoria W o l f : Die Welt ist blau. Ein Sommer-Roman
25
3 000
Hier werden jene Zahlen fortlaufend revidiert, die der Verf. in seiner Österreichischen geschichte,
Verlags-
Band II, S. 521-524. angab. Zum Nachweis der Produktion ab 1933 war er damals
auf sporadische Annoncen der B Z W im österreichischen Anzeiger sowie auf Titellisten im Verleger· und Institutionenkatalog der Deutschen Bücherei, Leipzig, angewiesen, und diese waren, wie ausdrücklich betont wurde, unvollständig. A m verläßlichsten sind natürlich die in der Herstellkartei enthaltenen Angaben. 26
Siehe Börsenblatt,
27
So ist meine Feststellung (Österreichische Verlagsgeschichte,
Nr. 207, 6.9.1933, S. 3723. Band II, S. 523), wonach keine
Titel nachgewiesen werden konnten, insofern nicht verwunderlich, als es sich um einen verlagsinternen Etikettenwechsel, der dem Lagerabbau dienen sollte, handelte. 28
Siehe Börsenblatt,
Nr. 112, 16.5.1933, S. 357.
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Paul Frischauer: Garibaldi. Der Mann und die Nation.19 Schalom Asch: Der Trost des Volkes. Roman Otto Zarek: Treue. Roman Heinrich Ed. Jacob: Treibhaus Südamerika Robert Neumann: Sir Basil Zaharoff. Der König der Waffen Schalom Asch: Die Sintflut H.G. Wells: Die Zeitmaschine
5 000 5 000 5000 3 000 5 000 5000 2 00030
Neben der Möglichkeit, geächtete Autoren unterzubringen, bot die Zürcher Firma einen weiteren Vorteil: es war zwar so, daß schon vor der Einführung der restriktiven Devisenbewirtschaftung im Deutschen Reich, die das Geschäft des Wiener Verlags unendlich beschwerte und unmittelbar a l l e Autoren traf, die BZW gewissermaßen ein »Auslandskonto« repräsentierte, nachher aber kam dieser Geschäftsstelle noch erhöhte Bedeutung zu. Ohne Zugriff der NS-Bürokratie konnte Zsolnay über die Kontogelder frei verfügen und somit, wenn auch in begrenztem Maße, finanziellen Verpflichtungen nachkommen. Natürlich bedingte die neue Phase der BZW ab 1934 einen Markt, der nun auf Österreich und die Schweiz beschränkt war, geringere Werbemöglichkeiten bot und zu bescheideneren Auflagen zwang. Über diesen Umstand war beispielsweise Heinrich Eduard Jacob nicht sehr glücklich, obwohl er im Reich verboten war. 31 Jacob, der ein sehr trauriges Schicksal erleiden sollte, bevor er 1939 das Deutsche Reich verlassen durfte, hatte mehrere erfolgreiche Bücher bei Zsolnay erscheinen lassen und zählte mit einem Honoraranteil von 17% zu den neben Mann und Werfel bestbezahlten Autoren des Verlags. Bis 1933 war er in Wien ansässiger Mitteleuropa-Korrespondent des Berliner Tageblatts gewesen und nun ohne Einkommen. Lang nach dem Krieg, als er versuchte, vom Berliner Entschädigungsamt Reparationen zu bekommen, wandte er sich an den Wiener Verlag und kam u.a. auch auf die BZW-Episode zu sprechen. Ursprünglich hätte sein Novellenband Treibhaus Südamerika bei Zsolnay erscheinen sollen, doch mußte umdisponiert werden. 29
30
31
Der ursprüngliche Titel lautete »Garibaldi, Leben eines Kämpfers«. Siehe dazu den Brief Frischauers an den Chefredakteur der Prager Presse, Arne Laurin, vom 1.2.1934. Hier berichtet der Autor auch vom Auslandserfolg seines Prinz Eugen-Romans, der in französischer, italienischer und schwedischer Übersetzung erscheinen sollte. Die bei Victor Gollancz in London erschienene englische Ausgabe war laut Mitteilung Frischauers an Laurin in England zum »Buch des Monats« im Februar gewählt worden. Museum des tschechischen Schrifttums (PNP), Prag, Nachlaß Arne Laurin. Am 20.6.1931 hatte der PZV von Grethlein Verlag die Rechte auf sämtliche frühere Romane Wells' übernommen und sie an die BZW in Zürich abgegeben. Deshalb war die BZW berechtigt, das Werk herauszugeben. Auf Grund des § 7 der Verordnung vom 4. Februar 1933 für Preußen beschlagnahmt und eingezogen. Börsenblatt, Nr. 24, 29.1.1935, S. 84. Jacob zählte zu den »deutschfeindlichen« österreichischen Schriftsteilem, die einen »Kampf« gegen die deutschen PEN-Vertreter in Ragusa entfesselt hätten (Börsenblatt, Nr. 267, 16.11.1933, S. 877). Es wurde aufgerufen, seine Bücher zu boykottieren.
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Ausserdem muss hier auch noch von dem von Ihrem Wiener Verlage geplanten exotischen Novellenband TREIBHAUS SÜDAMERIKA gesprochen werden, der, als er 1933 manuskriptlich vorlag, nicht mehr in Deutschland gebracht werden konnte. Dieser Novellenband wurde dann es war eine Verlegenheitslösung! - zusammen mit Werken von Werfel (sie), Schalom Asch und den anderen dem Nationalsozialismus nicht genehmen Autoren in die Schweiz abgeschoben, wo er in einer »Bibliothek zeitgenössischer Werke«, ohne die propagandistische Stützung des Wiener Haupthauses keinen Verkaufserfolg mehr erringen konnte. 32
Die »propagandistische Stützung« war bzw. wäre vergeblich gewesen. Der Band erschien am 4. Oktober 1934 in einer Auflage von nur 3 000 Exemplaren und wurde etwas mehr als drei Monate später offiziell verboten. Danach blieb Jacob nur der Weg zu einem »Emigrantenverlag«, nämlich Querido, übrig. Für Paul Frischauer war die BZW die letzte Möglichkeit, seine großen Schulden beim Verlag abzubauen und überhaupt zu veröffentlichen. Durch sein Verhalten beim XI. P.E.N.-Kongreß in Ragusa Ende Mai 1933 hatte sich der Verfasser biographischer Werke 33 bei den Deutschen (und manchen Österreichern) äußerst unbeliebt gemacht und zählte bei der Spaltung des Wiener Clubs in diesem Jahr zum Kopf der oppositionellen Gruppe, 34 die gegen die offizielle österreichische Vertretung in Ragusa rebelliert hatte. Zusammen mit den anderen Unterzeichnern einer Protestresolution wurde er im Reich fortan als »Deutschland-Hetzer« etikettiert. Verlags-»Ratgeber« Hanns Martin Elster, selbst unmittelbar Zeuge des »ungebührlichen« Benehmens der österreichischen Dissidenten, fühlte sich bemüßigt, den Verlag vor diesem Mann zu warnen. Das »Jubiläumsjahr« 1933 in Österreich gab Anlaß zu einer Reihe von Publikationen über den Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen. Elster, den es wohl nichts anging, sah die Nation bedroht. Er machte daher den Verlag darauf aufmerksam, »dass im Propagandaministerium erklärt wurde, die Polen bereiteten sich im September ds.Js. darauf vor, die Türkenbefreiung Wiens für sich in Anspruch zu nehmen«.35 Der freundliche Rat angesichts dieser »Bedrohung«: 32
33
34
35
H.Ed. Jacob an den Zsolnay Verlag, 30.8.1961. Für die Einsichtnahme in die Korrespondenz Jacobs sowie für die wohlwollende Unterstützung meiner Arbeit bin ich dem Verwalter des Nachlasses von Heinrich Eduard Jacob, Herrn Hans Jörgen Gerlach, Berlin, zu großem Dank verpflichtet. Dürer. Roman der deutschen Renaissance (1925); Ravaillac oder die Ermordung eines Königs. Dramatische Historie (1926); Garibaldi. Der Mann und die Nation (1934) sowie Beaumarchais (1935)-ein Werk, das Verlagsleiter Costa im November 1931 abgelehnt hatte. Die Idee, ein Buch über Prinz Eugen zu schreiben, kam von Frischauer. Aktenvermerk: »Besprechung mit Paul Frischauer vom 16.IV.«, Wien, 22.4.1932, Ordner Frischauer. Näheres dazu bei Klaus Amann: P.E.N. Politik. Emigration. Nationalsozialismus. Ein österreichischer Schriftstellerclub. Wien-Köln-Graz: Böhlau 1984, S. 28ff. H.M. Elster an PZV, 20.7.1933. Es handelt sich um Prinz Eugen. Ein Mensch und 100 Jahre Geschichte (ersch. März 1933). Im Mai 1932 war die Publikation schon fixiert. Aber: »Wir werden 5000 Exemplare drucken, [...]. Die Bedingung des Verlages ist, dass das Buch hi-
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Es wird sehr gut sein, wenn Sie auch mit Hilfe Ihres Prinz Eugen-Buches dem entgegentreten. Leider hat ja allerdings Herr Frischauer sich in Deutschland durch sein Verhalten in der P.E.N.Club Sache unmöglich gemacht. Sein Auftreten ist hier unangenehm bemerkt worden. Dies zu Ihrer vertraulichen Orientierung, (ebd.)
Der buchhändlerisch ziemlich erfolglose Frischauer, der nach England emigrierte, versuchte sein Glück weiterhin mit historischen Stoffen. So vermerkte Verlagsleiter Costa nach einer Besprechung mit Frischauer im Jänner 1934: Paul Frischauer hat uns drei Stoffe, die er nach dem Garibaldi gerne arbeiten möchte, zu bedenken gegeben: der eine ist eine Biographie von John Law, der zweite von Beaumarchais, und der dritte eine Serie »Aussenseiter der Weltgeschichte«. Wir erklärten Herrn Paul Frischauer, dass wir keinen dieser Stoffe im gegenwärtigen Augenblick für richtig halten und versuchten, ihm diese unsere Anschauung ausführlich zu begründen. Wir gaben dann unsererseits
Herrn
Frischauer einige Hinweise - selbstverständlich durchaus unverbindlich. Ein Vorschlag erregte sein besonderes Interesse und zwar der eines Cagliostro-Buches. Weitere von uns gemachte Vorschläge betrafen Grafen Kaunitz, Franz Stephan von Lothringen, Josef von Sonnenfels, von Sedlnitzky, Marie Luise, und die Piccolomini. 36
Ein weiteres solches Werk Frischauers, für den 1934 ein Vertrag vorlag, hieß Lord Reading, aber es erschien nicht. Ein ähnlicher Fall war der Jiddisch schreibende Autor Schalom Asch, zu dem Paul Zsolnay überaus herzliche und freundschaftliche Beziehungen hatte. Der Romancier und Dramatiker wurde 1880 zu Kutro in Polen geboren und war mit 20 Jahren erstmals literarisch an die Öffentlichkeit getreten. Seine frühen Erzählungen schrieb er in hebräischer Sprache, während größere Werke später in Jiddisch verfaßt und in viele Sprachen übersetzt wurden. Die ersten Bücher Aschs waren ausschließlich Skizzenbände. Asch war 1902 von S. Fischer unter Vertrag genommen worden. In Westeuropa wurde er durch die von Max Reinhardt inszenierte Aufführung seines Dramas Der Gott der Rache mit einem Schlag bekannt. Der sensationelle Erfolg dieses Stücks veranlaßte fast alle Bühnen Deutschlands, den jungen, damals kaum fünfundzwanzigjährigen ostjüdischen Dramatiker dem westeuropäischen Publikum bekanntzumachen. Obwohl er in den folgenden Jahren eine ganze Reihe von Schauspielen und Komödien, darunter zwei Bühnenbearbeitungen seiner Romane Mottke der Dieb und Ein Glaubensmartyrium, veröffentlichte, gelang ihm kein zweiter solcher Erfolg. Nach einer Auslandsreise, die ihn nach Palästina führte, kehrte Asch wieder nach Warschau zurück, wo er dem jüdischen Roman
storisch einwandfrei fundiert ist, Frischauer verpflichtet sich, Einwände des Verlages zu berücksichtigen.« Aktenvermerk Costa, »Besprechung mit Paul Frischauer«, Wien 19.5.1932, Ordner Frischauer. Aus Anlaß des Erscheinens wurde der Autor sogar vom österreichischen Bundespräsidenten und Bundeskanzler Dollfuß am 17. Mai 1933 offiziell empfangen. Dazu Wiener Allgemeine Zeitung, 36
19.5.1933, S. 4.
Besprechung mit Paul Frischauer vom 10.1.1934 und 13.1.1934, Ordner Frischauer.
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immer neue Gebiete erschloß. 37 Durch einen längeren Aufenthalt in Amerika lernte Asch auch das jüdische Leben jenseits des Ozeans kennen. Die dort gemachten Erfahrungen fanden in den Romanen Onkel Moses, Der elektrische Stuhl und Chaim Lederers Rückkehr ihren Niederschlag. Später wandte sich Asch wieder dem jüdischen Leben in Osteuropa zu. Bis zur Übernahme durch den Zsolnay Verlag waren die Werke Aschs in deutscher Übersetzung bei S. Fischer, Axel Juncker und J. Ladyschnikow, Berlin, erschienen. Im Sommer 1929 erfolgten Verhandlungen zwischen Paul Zsolnay, Felix Costa, Schalom Asch und dem Inhaber der deutschsprachigen Rechte der meisten Werke des Autors, dem Verleger Dr. Mayer Präger vom Wiener R. Löwit Verlag bezüglich Übernahme der Rechte und Restbestände. Während dieses Vorgangs ging Präger in Konkurs, was zu Problemen führte. 38 Der Kontakt mit bzw. die Übernahme von Asch dürfte durch Franz Werfel zustandegekommen sein. Werfel erklärte sich bereit, einen kurzen Werbetext für die Schutzumschläge von Aschs Büchern zur Verfügung zu stellen. 39 Gleichermaßen an der Propagierung von Asch war Stefan Zweig beteiligt. 40 Mit einem Generalvertrag vom 9. Juli 1929 bekam der Autor ein Honorar von 10% neben den anderen kulanten Konditionen wie Garantievorauszahlungen. Am 10. Oktober 1929 erschien bereits der neueste Roman von Asch, nämlich Petersburg (1. Aufl., 10 000 Ex.; 2. Aufl., 28.1.1931, 7 000 Ex. = ll.-20.Tsd.). Seine früheren Werke wurden mit einem neuen Einband und Umschlag versehen und mit gleichem Datum in den Handel gebracht. Nach etwa einem Jahr konnte die Verlagsdirektion mit Stolz Stefan Zweig folgendes berichten: Wir haben anlässlich des 50. Geburtstages von Schalom Asch, der in wenigen Wochen stattfindet, die Romantrilogie, deren letzter Band »Moskau« in kurzem erscheint, in einer Dünndruckausgabe vereinigt, um den vielen Freunden und Verehrern Schalom Aschs, die er in überraschend kurzer Zeit in Deutschland gewonnen hat, eine repräsentative Ausgabe seines letzten grossen Werkes zu bieten. Es erfüllt uns mit ausserordentlicher Genugtuung, dass wir in der knappen Frist eines Jahres den tiefsten Wunsch Schalom Aschs, ihn in Deutschland zur Geltung zu bringen, erfüllen konnten. Schalom Asch, der vor kurzem noch trotz seiner Welterfolge in Deutschland nur wenige, wenn auch erlesene Freunde zählte - Franz Werfel gehört seit langem zu seinen Bewunderern und hat anlässlich des Erscheinens der deutschen Ausgabe in unserem Verlag Schalom Asch mit folgenden Worten begrüsst: »Die Werke Schalom Asch', des grossen Epikers von europäischer Weite, sind das Tor zur jüdischen Seele, sie sind mehr, sie sind Führer
37
38
39 40
Diese Darstellung folgt einer ca. 1930 zusammengestellten Autobiographie von Asch im Ordner Asch. Zur Biographie Asch siehe auch S.A.: »Rückblick.« In: Jahrbuch Paul Zsolnay Verlag 1931. Berlin-Wien-Leipzig 1931, S. 35-77. Vgl. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte, Band II, S. 253-259. Wegen des Zusammenbruches konnte Präger seine Verpflichtungen Asch gegenüber nicht nachkommen, und Eingänge aus englischen Übersetzungsrechten kamen in die Konkursmasse. Siehe das Schreiben Dr. Präger an PZV, 25.11.1929, Ordner Asch I. Der mit 21.7.1929 datierte und handschriftlich unterfertigte Text liegt im Ordner Asch I. Im Ordner Asch findet sich ein kurzer Briefwechsel mit Stefan Zweig.
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zur Seele der Menschheit überhaupt« - steht heute auch in Deutschland in der ersten Reihe der Erzähler. 4 1
Vom Roman Moskau mußte der Verlag vier Monate nach der Erstauflage (18.9.1930: 9 000 Ex. = l.-10.Tsd.) eine zweite (und letzte) Auflage veranstalten (8.12.1930; 7 000 E x . = ll.-20.Tsd.). Der Roman Warschau kam im Februar 1930 mit einer Auflage von 10 000 Exemplaren auf den Markt, und aus verlagstechnischen Gründen wurden im Mai 1931 7 000 Exemplare gedruckt, um mit »11.-20.Tsd.« werben zu können. Aus Anlaß des 50. Geburtstags von Asch am 1. November 1930 scheute der Verlag weder Kosten noch Mühe. Alles, was in der deutschen Literatur Rang und Namen hatte, wurde aufgefordert, Asch Geburtstagsgrüße auszurichten: Thomas Mann, Arnold Zweig, Stefan Zweig, Gerhart Hauptmann, Walter von Molo, Emil Ludwig, Jakob Wassermann, Kurt Pinthus, Max Reinhardt, Grete von Urbanitzky usw. Franz Werfel hielt gar im P.E.N.-Club in Wien am 30. November eine Festrede. 42 Die Bemühungen des Verlags in diesem Jahr, für die Werke Aschs »eine noch grössere Popularisierung (zu) erstreben«43 und daher den Roman Die Mutter44 aufzunehmen, wurden nicht durch die Ereignisse erzwungen, sondern dadurch ermöglicht, daß der Verlag nun in der Lage war, die Rechte auf Nachdrucke neu zu vergeben. Aber die persönliche Situation Aschs änderte sich schlagartig bis Mitte 1933. Der Schriftsteller war in Ragusa als Vertreter der jiddischen Literatur bzw. als »Führer des Judentums«45 aufgetreten. Zu diesem Zeitpunkt stand Asch bereits auf der »schwarzen Liste« jener Autoren, die bei der »Säuberung« der Volksbüchereien entfernt werden konnten. 46 Kurz vor Erscheinen dieser Liste und auf dem Weg zur P.E.N.-Tagung in Ragusa wollte Asch in Wien Station machen, wovon ihm sein Verleger aber dringend abriet. Die Situation in Wien sei, so Zsolnay, derart ungeklärt, dass ich nicht glaube, dass es gut wäre, wenn Du jetzt gerade hieherkämst, da es nicht ausgeschlossen ist, dass Du von unverantwortlicher Seite irgendwelchen Belästigungen ausgesetzt sein könntest, vor denen ich Dich unbedingt geschützt wissen will. Ich hoffe, dass wir in kurzer Zeit sowohl was die hiesigen, als auch was die deutschen Verhältnisse anlangt, klarer sehen werden. In vielen Dingen muss die Entscheidung in wenigen Tagen fallen. Im gegenwärtigen Augenblick bleibt uns nichts anderes übrig als zu hoffen, dass bald wieder Zeiten kommen 41
Direktion des PZV an Thomas Mann, 11.9.1930, Ordner Asch I.
42
Der maschinengeschriebene Text liegt ebendort.
43
Paul Zsolnay an Asch, 15.1.1930, ebd.
44
Zsolnay hatte 800 Exemplare von Präger übernommen.
45
»Bericht über die Tagung in Ragusa« (27.5.1933) von Fritz Otto Busch, Mitglied der deutschen Delegation, in Joseph Wulf: Literatur
und Dichtung
im Dritten Reich. Eine
Dokumentation.
Frankfurt am Main-Berlin-Wien: Ullstein 1983, S. 84-89. Hier S. 88. 46
Börsenblatt,
Nr. 112, 16.5.1933, S. 357. Andere Zsolnay-Autoren auf dieser Liste waren:
Henri Barbusse, Max Brod, Heinrich Eduard Jacob, Ilf/Petrov, Leonid Leonow, Valentin Katajew, Emil Ludwig, Heinrich Mann, Robert Neumann, Hans Sochaczewer und Franz Werfel.
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werden, die es möglich machen, sich ganz auf die eigentliche Arbeit zu konzentrieren. Ich habe die feste Zuversicht, dass diese Zeit kommen wird und das lässt mich über manche Dinge leichter hinwegkommen. Es sind so viele Ungerechtigkeiten seit dem Jahr 1914 geschehen und es sind so viele Opfer auf allen Seiten gefallen, dass während all dieser Jahre nur die Hoffnung auf den schliesslichen Sieg der Vernunft uns die Kraft zur Arbeit geben konnte. 4 7
Weder vorher noch nachher hat Paul Zsolnay in seiner Korrespondenz mit Autoren eine solch persönliche Stellungnahme zu tagespolitischen Fragen abgegeben. Asch gab seinen Plan, zu einer Aussprache mit Zsolnay nach Wien zu kommen, dennoch nicht auf. Er sei, so schreibt er seinem Verlegerfreund am 7. Juli, »in Not« und müsse jetzt wissen, was mit den deutschen Ausgaben seiner Werke geschehen werde, zumal seine amerikanischen Einkünfte weiter zurückgegangen seien. Er brauche ein Minimum von S 1 000 im Monat für das nächste Jahr. »Sonst weiss ich nicht wie ich fortkommen werde.« Aber auf die Kernfrage kam Asch gleich zu sprechen: Du verzeihst mir dass ich mich an Dich wende mit volgende offene Frage: Kanst Du wirklich meine Bücher weiter verlägen ohne schaden für Deinen Verlag und Dich, wie Du in Deiner Edelmuth an mich Telegrafihrt hast?? Kanst Du mir für die nexste Zeit einem fixen betrag bestimen, auf welchem ich zu rechnen habe? Ich bitte Dich in alter treue nehme mir das nicht übel. Ich bin gezwungen Dir die Frage aufzudringen. - .Durch die umständen in welcher ich nicht über meine Schuld gerathen bin. (Orthographie des Originals wurde nicht geändert!)
Zwei Tage später versucht Paul Zsolnay Optimismus auszustrahlen: Verehrter lieber Freund! Ich danke Dir für Deinen lieben Brief, auf den ich Dir mit vollem Freimut antworten will. Es ist für unseren Verlag nach aller menschlichen Voraussicht durchaus möglich, nicht nur Deine bei uns erschienenen Bücher weiter zu vertreiben, sondern auch Deine neuen Bücher, entweder hier oder durch unser Schweizer Unternehmen, zu verlegen. Dass wir es mit grosser Freude tun werden und es immer für uns eine Ehre sein wird, die deutsche Ausgabe Deiner Bücher der Öffentlichkeit zu übergeben, brauche ich wohl nicht zu wiederholen. 4 8
Nur: Asch und andere Autoren schuldeten dem Verlag einen ziemlich hohen Betrag, der durch den Abverkauf der Romane nicht so leicht abzubauen war. Dazu Zsolnay an Asch: Es ist wohl überflüssig, Dir zu sagen, dass unser Verlag heute durch die wirtschaftliche Lage Deutschlands grosse materielle Schwierigkeiten hat und nur mit Anstrengung seine Existenz behaupten kann. Unter diesen Umständen ist es mir nicht möglich, Dir eine bestimmte Rate monatlich anzubieten. [...] Selbstverständlich werden wir alles tun, was in unseren Kräften steht.
47
Paul Zsolnay an Schalom Asch, 11.5.1933, Ordner Asch.
48
Paul Zsolnay an Schalom Asch, 9.6.1933, ebd.
225
Ich erwarte also Deinen Brief und bin in Freundschaft und Verehrung (ebd.) 4 9
Die Anregung Aschs im November 1933, eine »wohlfeile Ausgabe« von den Romanen Petersburg, Warschau, und Moskau zu machen, konnte erst etwa ein Jahr später erfüllt werden, als das Blatt zuungunsten Aschs sich gewendet hatte: »Sämtliche von dem Schriftsteller Schalom Asch verfaßten Druckschriften« wurden auf Grund des berühmten »Gummiparagraphen«, § 7 der Verordnung vom 4. Februar 1933 für Preußen polizeilich beschlagnahmt und eingezogen. 50 Bemühungen des Verlags, das Verbot rückgängig zu machen, blieben erfolglos. 51 Die Folgen teilte Asch freilich mit anderen Kollegen: Der Absatz Deiner Bücher in deutscher Sprache ist jetzt nur auf die Gebiete ausserhalb Deutschlands beschränkt. Das bedeutet zumindest den Entfall von zwei Drittel der Bücherkäufer.
Unter diesen Umständen fiel es dem Verlag schwer, bei Vereinbarungen zu bleiben, die geschlossen wurden, als der ganze deutsche Markt offenstand. Aber Zsolnay versuchte - mit Hilfe der BZW - das Beste daraus zu machen: Dass gerade jetzt Dein Lieblingswunsch in Erfüllung geht und Deine grosse Trilogie zu einem wahrhaft volkstümlichen Preis herauskommt, ist nicht nur ein Beweis der Freundschaft, sondern auch ein Beweis der Verehrung für Deine Person und Dein Werk. Wenn diese Ausgabe nicht in meinem Verlag erscheint, sondern in der Bibliothek zeitgenössischer Werke, Zürich, was unseren Abmachungen durchaus entspricht, so waren zwingende Gründe hiefür massgebend. Die Initiative zu dieser Publikation ist trotzdem von mir ausgegangen. Ich habe dafür gesorgt, dass die Bibliothek den General vertrag, der zwischen uns besteht, vollinhaltlich übernimmt,-was sie auch bereits getan hat. Ich habe also Vorsorge getroffen, dass alle Abmachungen, trotz der veränderten Zeitumstände in voller Geltung bleiben. [...] Die Bibliothek, die ein junges Unternehmen ist, ist gleichfalls nicht in der Lage, mehr zu tun, als die Verträge, die sie übernommen hat, vollinhaltlich zu erfüllen. Das wird sie tun und dafür werde ich persönlich Dir gegenüber stets die Verantwortung tragen, (ebd.)
Abschließend heißt es in persönlichem Ton:
49
In einem Brief von Zsolnay an Asch vom 10. Juli 1933 heißt es: »Ich brauche Dir wohl nicht viel darüber zu sagen, Du kannst Dir die Schwierigkeiten vorstellen, die wir jetzt zu überwinden haben.« und am 29.11.1933: »Von mir kann ich nicht viel Erfreuliches melden, da wir, wie Du Dir denken kannst, unter den denkbar schwierigsten Verhältnissen arbeiten. [...] Ich fürchte, dass die schwierige Situation, in der sich heute jeder deutsche Verlag befindet, es mir unmöglich machen wird, während des Winters auf Urlaub zu gehen.« Ebd.
50
Börsenblatt,
Nr. 254, 30.10.1934, S. 955. Vgl. Volker Dahm: Das jüdische Buch im Dritten
Reich. Teil 1. Die Ausschaltung der jüdischen Autoren, Verleger und Buchhändler. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 20 (1979), Sp. 1-299. Hier Sp. 183. 51
Siehe den Brief Paul Zsolnays an Schalom Asch, 4.10.1934, Ordner Asch.
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Ich weiss, dass mein heutiger Brief Dich nicht von Deinen Sorgen befreien wird, die ich gerne von Dir nehmen möchte. Aber ich selbst habe, wie Du weisst, schon seit langer Zeit sehr schwer zu kämpfen und muss dafür Sorge tragen, dass ich alle geistigen Güter rette, die mir anvertraut sind und das erfordert meine ganze Kraft und den ganzen Einsatz meiner materiellen Möglichkeiten. D i e B Z W wurde, w i e bereits gesagt, eine Station auf d e m W e g zur Verramschung und z u m vorletzten Schritt in Richtung Emigrantenverlag Allert de Lange,
was
auch A s c h wunderte: Ich hätte es mir nie vorstellen können, dass einmal eine Zeit kommen wird, wo ich mich von Deinem Verlage, in dem Du mir ein Heim schaffen wolltest, trennen müsste. Ungeachtet aller materiellen Ergebnisse wird mir bei jedem anderen Verleger jene persönliche Einstellung zu meinem Werke und die Begeisterung, mit der Du mich in schweren Stunden meines Schaffens ermutigt und gestärkt hast, immer fehlen. Am liebsten wäre es mir, könnte sich ein Weg finden, dass Du Dich für mein Werk wieder so einsetzen kannst, wie Du es in früheren Jahren getan hast. 52 Im August 1935 war nämlich die Freigabe v o n A s c h für die Dauer v o n drei Jahren vereinbart w o r d e n , 5 3 woraufhin die Erstvorlageverpflichtung wieder in Kraft treten sollte. Bis 1 9 3 8 machte A s c h drei »Seitensprünge«: es erschienen bei Allert d e Lange in Amsterdam die R o m a n e Kinder Tales
in der Fremde
( 1 9 3 6 ) und Gesang
des
( 1 9 3 8 ) . Selbst w e n n die Nationalsozialisten i m Frühjahr 1938 in Österreich
nicht einmarschiert wären, wäre eine Rückkehr z u m »Stammverlag« in W i e n unm ö g l i c h g e w e s e n . V o r den Konsequenzen eines erzwungenen W e c h s e l s zu e i n e m Emigrantenverlag hat Paul Zsolnay seine Autoren immer wieder gewarnt. Ein frühes Beispiel liefert der junge Lyriker Theodor Kramer, d e m der Verlag aus persönlichen M o t i v e n und ohne j e d e rechtliche Verpflichtung jahrelang nach s e i n e m A u s s c h e i d e n aus d e m Verlag und bis ins Exil half und unterstützte. 5 4 Kramer, der 52 53 54
Asch an Paul Zsolnay, 8.10.1935, ebd. Protokoll im Ordner Asch III. So hatte Kramer dem Verlagsleiter Felix Costa die Zuerkennung des Literaturpreises der Julius Reich Dichterstiftung in Wien zu verdanken. An Prof. Emil Reich schrieb Costa am 8.X.1931: »Wir gestatten uns, sehr verehrter Herr Professor, Sie auf das Werk eines hochbegabten österreichischen Lyrikers aufmerksam zu machen, der jeder Unterstützung unseres Erachtens in höchstem Masse würdig ist und sich ausserdem in schlechten materiellen Umständen befindet. Es handelt sich um Theodor Kramer und seinen Gedichtband 'Wir lagen in Wolhynien im Morast', der in unserem Verlag mit ausserordentlichem literarischen, und, was bei einem Gedichtband selten ist, ansehnlichem buchhändlerischen Erfolg erschienen ist.[...].« (Ordner Kramer) Der Band war übrigens in der Gruppe der dreizehn 'Literarischen Werke', die zu den '50 schönsten Bücher des Jahres 1931' zählten. Bereits gegen Ende 1932 begann Costa aus eigenem eine Aktion zugunsten des schwerkranken und arbeitsunfähigen Kramer: er schrieb eine Vielzahl von wohlhabenden Persönlichkeiten an, darunter Frau Andy von Zsolnay, und bat sie um Spenden für Kramer. Zudem bat er Robert Faesi in Zürich, Kramer bei Schweizer Zeitungen zu empfehlen und den Literaturchef der RAVAG in Wien, Hans Nüchtern, sich für Kramer zu
227
g e w i ß nicht zu den prominentesten »Feinden« des Dritten Reichs gehörte, war sich selber darüber im klaren, daß d e m Verleger ein Verbleib im Zsolnay Verlag nicht zuzumuten war. Kramer an Felix Costa in einem Brief v o m 12. Oktober 1933: So gern ich es sehen würde, wenn Sie wieder einen Band von mir veröffentlichen würden: die Verhältnisse im Allgemeinen und auf dem Büchermarkt im Besonderen nehmen eine solche Entwicklung, dass ich Ihrem Verlag eine Veröffentlichung in absehbarer Zeit nicht gut zumuten kann. 55 D a er Möglichkeiten bei ausländischen Verlagen sah, bat er Zsolnay u m die Freigabe, der dieser zustimmte: Was Ihren Wunsch anlangt, gegebenenfalls einen Gedichtband in einem der Emigrantenverlage herauszugeben, so können wir die Verantwortung nicht auf uns nehmen, Sie von einem vorliegenden, fixen Anbot zurückzuhalten, da wir Ihnen derzeit leider kein Aequivalent bieten können. Wir stellen es Ihnen daher frei, ein solches Anbot anzunehmen und einen Gedichtband in einem Emigrantenverlag erscheinen zu lassen, wobei wir überzeugt sind, dass Sie die Konsequenzen dieser Tatsache in Bezug auf den Absatz Ihrer Werke in Deutschland richtig einschätzen. 56 D e r Verlag war trotz Generalvertrags auch nicht mehr in der Lage, weitere Werke M a x Brods in Verlag zu nehmen, sodaß ihm Zsolnay schweren Herzens mehrere »Seitensprünge« zubilligen mußte. 5 7 Im Frühjahr 1935 trat Brod mit der Bitte an den Verlag heran, einen neuen Novellenband zu verlegen. Felix Costa machte ihn auf die F o l g e n seines ersten »Seitensprungs« ( D i e Frau,
die nicht enttäuscht)
auf-
merksam: Wir haben die Möglichkeit der Herausgabe Ihres neuen Novellenbandes in unserem Verlag reiflich erwogen und sind zu unserem aufrichtigen Bedauern zu der Meinung gelangt, dass der Zeitpunkt für das Erscheinen eines Buches von Ihnen bei uns noch nicht gekommen ist. Das Erscheinen Ihres letzten Romanes bei Allert de Lange macht es wünschenswert, dass bis auf weiteres auch Ihre nächsten Bücher in einem ausserdeutschen Verlag erscheinen, da sonst ein Verbot in Deutschland leicht herausgefordert werden könnte. Wir hoffen aber zuversichtlich, dass über kurz oder lang Ihre Werke wieder bei uns erscheinen können. 58
55 56 57
58
verwenden (1934). 1936 forderte Costa den PEN-Club in Wien in einem Schreiben an Rudolf Jeremias Kreutz auf, Kramer Unterstützung zukommen zu lassen. Und schließlich hat Paul Zsolnay, inzwischen im Londoner Exil, im Mai 1939 ein Empfehlungsschreiben für Kramer verfaßt, damit dieser im Buchhandel eine Stelle findet. Schreiben im Ordner Kramer. Costa an Kramer, 16.10.1933, ebd. Der Roman Die Frau, die nicht enttäuscht erschien bereits 1934 in einer Gemeinschaftsausgabe des Wiener E.P. Tal Verlags und Allert de Lange in Amsterdam. Zu den Folgen siehe Hall: Österreichische Verlagsgeschichte, Band II, S. 421 ff. 1937 erschien der Roman Annerl, 1938 der Roman Abenteuer in Japan bei Allert de Lange. An Brod vom 4.4.1935, Ordner Brod III.
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Daß hier falsche Hoffnungen geweckt wurden, scheint auf der Hand zu liegen. Der Wunsch Brods, ein paar Jahre später ein gemeinsames Werk von Max und Otto Brod verbindlich im Jahre 1939 herauszubringen, konnte Paul Zsolnay beim besten Willen nicht erfüllen. 59 Rücksichtnahmen anderer Art führten jedoch zum Anfang vom Ende der BZW. Wo es nur möglich war, hat der Verlag jede Anstrengung gemacht, einen Autor zu behalten, so auch im Fall Robert Neumann. Neumann hatte Engelhorn in Stuttgart verlassen und war 1931 zum Zsolnay Verlag gestoßen. Hier veröffentlichte er bis zu seinem halboffiziellen Ausscheiden im Jahre 1933 drei Werke. Die in einem Zeitungsinterview Zsolnays angesprochene Trennung 60 war von kurzer Dauer, denn gegen Ende 1933 bot Neumann dem Verlag eine »Zaharoff«-Romanbiographie an, und der Verlag akzeptierte sie im Namen der Schweizer Firma. Doch die »Lektoren« in Zürich, Dr. Konrad Bloch und Robert Faesi fürchteten mögliche Komplikationen durch den Druck auf Grund der Schweizer Rechtslage. Selbst für die Wiener war es eine heikle Angelegenheit. Franz Horch, seit 1. Februar 1933 Leiter der Theaterabteilung und erklärtermaßen nicht zuständig, wandte sich im Juli 1934 an den in London weilenden Neumann, um diesen auf eine »Kleinigkeit« aufmerksam zu machen: Neumann möge die »Göringstelle« neu überdenken. »Sie bringen mit dieser Stelle, die mit dem Thema und seiner Gestaltung gar nichts zu tun hat, also absichtlich und 'aufgesetzt' wirkt, unnötiges Gift in das Buch und gefährden es vielleicht. Da nun der Umbruch schon erfolgt ist, müsste man den Satz herausnehmen und durch einen anderen ersetzen, was Ihnen ja nicht schwer sein wird.« Die Reaktion Neumanns: »Ihre 'Einzelaktion' ist erfolgreich - Sie haben tatsächlich recht.«61 Aber der Syndikus des Verlags, Dr. Paul Neumann, wollte die Meinung seiner Zürcher Partner zu diesem Roman wissen. Der Grund: Da diese Biographie sehr viel sensationelles Material enthält, entsteht die Frage, o b Sir Basil Zaharoff oder seine Verwandten Schadenersatzsprüche an die Bibliothek stellen könnten. 6 2
Es ging somit um den »Schutz« des Verlags, denn Zaharoff lebte noch hochbetagt (86 Jahre). Bloch und Faesi entschieden sich gegen eine Ausgabe des in Korrekturbogen vorliegenden Romans. Faesi dazu am 22.9.1934: »Das Gefühl, dass das Werk in der Zürcher Abteilung des Zsolnayverlags, für die wir mitverantwortlich sind, erscheinen soll, flösst mir Unbehagen ein. Mindestens muss ich erklären, dass ich dafür eine persönliche Verantwortung ablehnen muss.« 63 Die Herren in 59
Paul Zsolnay an Max Brod, 13.11.1937: »es erscheint uns ganz unmöglich, in der heutigen Zeit, w o sich wechselvolle Ereignisse derart überstürzen, dass man förmlich jeden Tag vor einer neuen Situation steht, sich auf so lange Sicht zu binden.«, ebd.
60
Siehe: Österreichs Verleger-Nazifreunde? In: Der Morgen (Wien), 8 . 4 . 1 9 3 5 , S. 11.
61
Robert Neumann an Franz Horch, 2 7 . 7 . 1 9 3 4 , Ordner Neumann.
62
PZV an Dr. Konrad Bloch, 14.8.1934, ebd.
63
Abschrift eines Schreibens von Faesi an Bloch, ebd.
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Wien waren somit in der peinlichen Lage, entweder ihren vertraglichen Verpflichtungen Neumann gegenüber nachzukommen, oder die Zürcher Verwaltungsratskollegen zu desavouieren. Man entschied sich für die erste Option, wie Paul Neumann nach Zürich mitteilte: Wir haben uns in der Zwischenzeit entschlossen, da wir dem Autor gegenüber vertraglich zur Herausgabe dieses Werkes verpflichtet sind, das Buch in Satz zu geben, sodass es bereits ausgedruckt ist. Ich glaube nach Erwägung aller Umstände, dass es das Beste sein wird, das Werk erscheinen zu lassen und abzuwarten, ob sich irgendeine in diesem Buch angeblich angegriffene Persönlichkeit dagegen wehren wird. 6 4
Die Schweizer fühlten sich gefoppt und nahmen daher zu Unrecht an, Neumanns Roman werde im Wiener Paul Zsolnay Verlag und nicht in der BZW (in diesem Fall hätten sie die Verantwortung zu tragen) herauskommen. Man wollte es auch schriftlich bestätigt haben, woraufhin Syndikus Paul Neumann Faesi und Bloch den Rücktritt als Verwaltungsräte - und zwar vor Erscheinen des Buches - nahelegte. Somit könnten sie sich im Fall einer rechtlichen Verfolgung darauf berufen, zum Zeitpunkt des Erscheinens nicht mehr verantwortlich zu sein. Anfang Oktober zogen Bloch und Faesi die Konsequenzen und demissionierten. Die eigentliche Geschäftsführung in Wien übernahm Grete Geiringer. Neumanns Roman Sir Basil Zaharoff erschien am 16. Oktober in einer Auflage von 5 000 Exemplaren. Der Vorverkauf - ca. 700 Exemplare - war nicht aufregend hoch, aber der Verlag hielt die Zahl »bei den heutigen Zeiten (für) ganz anständig«. 65 Bis Mitte November waren immerhin ca. 900 Exemplare abgesetzt worden. 66 Neumann andererseits zeigte für die eingeschränkten Werbe- und Absatzmöglichkeiten des Verlags so gut wie kein Verständnis und beschwerte sich heftigst. Tenor: der Verlag habe keine Propaganda gemacht, habe das Buch einfach liegen lassen, was der Autor »jederzeit nachweisen« könne. Neumann holte sich gar einen Anwalt, der dem Verlag ausrichten ließ, daß der Autor »sich der Geltendmachung des ihm hieraus erwachsenen Schaden« vorbehalte. 67 Nachsatz: »Dieser Schaden Hesse sich durch Nachholen der versäumten Propagandamassnahmen vielleicht noch verringern, wenn auch nicht beseitigen.« In völliger Verkennung der Lage warf er dem Verlag auch noch vor, »eine möglichst billige Volksbuchausstattung« gewählt zu haben. 68 Neumann veröffentlichte ein letztes Buch bei Zsolnay, nämlich Die blinden Passagiere und im selben Jahr den Roman Struensee bei
64
PZV an Dr. Konrad Bloch, 29.9.1934, ebd.
65
Dr. Ida Schreiber (Paul Zsolnay Verlag) an Neumann, 23.10.1934, ebd.
66
Im August 1938 befanden sich noch auf Lager: 1700 Ex. roh, 36 broschiert und 75 gebunden. Schreiben PZV an Neumann vom 5.8.1938, ebd.
67
RA Dr. Paul Kris an den Verlag, 3.6.1935, ebd.
68
Neumann an die BZW, 5.1.1935, ebd.
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Querido in Amsterdam. Aber im Juni 1935 waren alle angeblich versäumten Möglichkeiten des Verlags umsonst. Zaharoff wurde vom Sächsischen Staatsminister des Innern auf Grund des § 7 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 (RGBl. 1933 I, S. 35ff.) beschlagnahmt und eingezogen. Der Verlag erwog Schritte gegen die Beschlagnahme und kontaktierte wie in allen solchen Fällen seinen versierten Berliner Anwalt Dr. Hans Burchard, doch kurz darauf resignierte man: Sollten aber die bisher von Ihnen eingeleiteten Schritte keinen Erfolg haben, bitten wir Sie, die Angelegenheit vielleicht doch nicht weiter zu verfolgen, da uns ihre Durchkämpfung doch einigermassen aussichtslos erscheint. 69
Und dabei blieb es. Trotz seiner Beschwerden zog sich Neumann nicht vom Verlag zurück, doch bewahrheitete sich die Faustregel Zsolnays, daß das Erscheinen in einem »Emigrantenverlag« eine Rückkehr zu einem auf den deutschen Markt angewiesenen bzw. präsenten Verlag ausschloß. Anfang 1937, also gut eineinhalb Jahre nachdem die BZW ihren allerletzten Titel auf den Markt gebracht hatte (Neumanns Die blinden Passagiere), hoffte Neumann, noch einen fertigen Roman (prov. Titel: Rosza Sändor) ebenfalls in der Bibliothek veröffentlichen zu können, weswegen er sich im Februar an den Verlagssyndikus und Namensvetter Dr. Paul Neumann wandte. Zu dieser Zeit interessierte sich der Autor für einen Abverkauf der europäischen Rechte an seinen Werken bei Zsolnay. Aber der »Zürcher Verlag« war nach Ansicht des Anwalts »so wie er heute besteht (nicht) der von Ihnen gesuchte Partner«, und im übrigen waren die »sachlichen Voraussetzungen [...] kaum gegeben«.70 Seit dem Ausscheiden von Bloch und Faesi existierte die BZW ja praktisch nur mehr auf dem Papier. Die Geschäfte wurden von Wien aus erledigt, und das Zürcher Unternehmen blieb weiterhin eine Verrechnungsstelle für Eingänge und Honorarzahlungen. Aber die Schwierigkeiten Neumanns, noch einen österreichischen Verlag zu finden, dokumentieren auch die Lage anderer Autoren. Ein paar Wochen nach dem Kontakt mit dem Syndikus Neumann versuchte der Autor sein Glück beim Verleger Stefan Zweigs, Herbert Reichner. 71 Im Briefwechsel mit Neumann meinte Reichner nach der Lek-
69
Paul Zsolnay Verlag an Dr. Hans Burchard, Berlin, 28.6.1935, ebd.
70
Dr. Paul Neumann an Robert Neumann, 5.3.1937. Österr. Nationalbibliothek, Nachlaß Robert Neumann.
71
Dazu Hall: Österreichische
Verlagsgeschichte,
Band II, S. 295-301. Kurioserweise hatte Neu-
mann in einem Brief an den Verlag vom 24.4.1934 angeboten, Zweig an die BZW zu binden: »Stefan Zweig wäre grundsätzlich für Zürich zu haben. Ich empfehle dringend, diese einmalige Chance wahrzunehmen. Er scheint an Vorschüssen desinteressiert zu sein, aber grosses Gewicht darauf zu legen, seine sämtlichen Bücher in einer ausserdeutschen Hand vereinigt zu sehen. Das müsste natürlich nicht mit einem Schlage geschehen. Er ist in Deutschland nicht etwa verboten, sondern stürmisch zugelassen. Zwar habt Ihr es nicht um mich verdient - aber meine guten
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türe des Romanresümees wohl nicht zu Unrecht, »dass wir als Verleger mit dem Wohnsitz in Wien unmöglich ein Buch herausbringen könnten, das irgendwelche Stellungnahme gegen das alte Österreich bemerken lässt«.72 Der erfahrene Wiener Verleger Reichner klärte den Autor in einem weiteren Brief auf: Sie ahnen ja gewiss nicht, wieviel und wie weitgehende Rücksichten ein österreichischer Verlag üben muss, Rücksichten, die etwa nicht allein in Österreich liegen, sondern die jenen wenigen Ländern gegenüber geübt werden müssen, die überhaupt noch ausserhalb Deutschlands für den Verkauf deutscher Bücher in Frage kommen. Dass es also nicht leichter wird, schöne Literatur zu verlegen, ist klar. 73
Nach Lektüre des Buchs winkte Reichner mit seiner »verlegerischen Vorsicht« ab und meinte, »dass es Ihnen bei den gegebenen Verhältnissen überhaupt schwer fallen wird, dieses Werk bei einem österreichischen Verlag zu placieren«.74 Reichner sollte recht behalten: Neumann wurde im Dezember 1937 mit Dr. Simon Menzel vom Humanitas Verlag, Zürich, mit dem auch Franz Werfel Mitte der 30er Jahre liebäugelte, handelseins, und im Februar 1938 war das Buch u.d.T. Eine Frau hat geschrien ... auf dem Markt. Erst als Paul Zsolnay im Frühjahr 1939 sich endgültig vom Verlag trennte und auf diesen keinen Einfluß mehr ausüben konnte, befaßte er sich näher mit der Reaktivierung des Unternehmens. So versuchte er von London aus, »einen« oder »den Schweizer Verlag« wieder auf die Beine zu stellen, in der Hoffnung, seinen Freund Felix Saiten wieder als Autor zu gewinnen. An Saiten schrieb er am 5. April 1939: »P.S. Teile mir, bitte, mit ob Du einem Schweizer Verlag ev. eine billige Ausgabe von 'Bambi' überlassen wolltest, vielleicht auch des 'Florian'. Ich sehe dafür jetzt eine gewisse Möglichkeit.«75 Eine Woche später (die Gegenbriefe liegen nicht vor) bemühte sich Zsolnay erneut, Saiten für den noch ungenannten »Schweizer Verlag« zu gewinnen. Abgesehen davon, daß dieser Verlag mehr zahlen würde als Bermann Fischer, argumentierte Zsolnay, würde der von mir in Aussicht genommene Verlag inoffiziell eng mit mir zusammen arbeiten und ich hätte die Möglichkeit, sowie es die Verhältnisse gestatten, die Rechte dieser Werke wieder für mich zurückzubekommen. 76
72 73 74 75
76
Dienste stehen zur Verfügung, wenn Ihr in diese Sache seriös hineinsteigen wollt.« Man wollte nicht. Brief vom 7.3.1937. Nachlaß Robert Neumann. Herbert Reichner an Robert Neumann, 4.6.1937, ebd. Herbert Reichner an Robert Neumann, 30.6.1937, ebd. Nachlaß Felix Saiten, Hedingen, Schweiz. Privatbesitz. Für die Erlaubnis, in die Korrespondenz zwischen Saiten und Zsolnay im Nachlaß Saltens Einblick zu nehmen, bin ich Frau Lea Wyler für ihre liebenswürdige Hilfsbereitschaft sehr zu Dank verpflichtet. Zsolnay an Saiten, 12.4.1939, ebd.
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Am 20. April 1939 lüftete Zsolnay das Geheimnis: 2) Der Schweizer Verlag, der in Frage käme, wäre die >Bibliothek zeitgenössischer Werke, Zürich«. Du erinnerst Dich vielleicht, dass ich im Rahmen dieses Verlages viele hunderttausende Bände billiger Bücher verkauft habe. Die Autoren waren u.a.: Galsworthy, Werfel, Wells, Brod, Sinclair Lewis und viele andere. Dann hat dieser Verlag versucht, Bücher herauszugeben, die der Wiener Verlag nicht mehr herausgeben konnte. Da ich aber nicht im Stande war, mich um den Verlag zu kümmern, ist seine Tätigkeit immer mehr zurückgegangen und der Verlag hat in den letzten Jahren so gut wie nichts produziert. Im Laufe des nächsten Monates wird sich herausstellen, ob der Verlag wieder voll arbeitsfähig ist. (ebd.)
Zsolnay wollte Cronin, Buck und andere Autoren wieder herausgeben. Auf den Plan wird in der Korrespondenz wenige Tage danach wieder eingegangen. Am 26. April 1939 schreibt er an Saiten: Der Schweizer Verlag hat einmal mir gehört und ich soll ihn wieder neu aufbauen. Deine Werke dürften natürlich nur dann dort erscheinen, wenn dieser Verlag sich als genügend leistungsfähig erweist. Dies muss sich bald entscheiden, (ebd.)
Aber im folgenden Monat war das Vorhaben wieder in weite Ferne gerückt. Zsolnay dazu: Was die deutsche Ausgaben (sie) Deiner früher erschienenen Werke anlangt, kennst Du meinen Herzenswunsch. Da ich aber nicht weiss, wann der mir nahestehende Verlag mit seiner Arbeit beginnen kann, will ich nicht die Verantwortung übernehmen, eine solche deutsche Ausgabe länger zu verzögern. (23.5.1939)
Das endgültige »Aus« für die BZW kam bereits im nächsten Jahr: der Auflösungsbeschluß erfolgte am 4. März 1940, und nach beendeter Liquidation wurde die BZW am 8. Januar 1941 aus dem Firmen-Buch beim Handelsgericht Zürich gelöscht.77
77
Siehe Anm. 6. Näheres über die Auflösung und das Schicksal der Autorenrechte ist dzt. nicht bekannt.
233
15. Fünf Lyriker. Haringer, Sonka, Wittner, Kramer, Csokor
Das Verlegen von Lyrik lag nicht auf der Programmlinie des Paul Zsolnay Verlags, der sich, so gut es ging, auf Prosa beschränkte. So fehlten im Verlagsprogramm überhaupt Ansätze zu einer innovativen Lyrikreihe, wie es sie in anderen Verlagsanstalten gab. Wohl wußte man, daß mit Gedichtbänden kaum oder selten die Produktionskosten wieder einzuholen waren, daß kein Geschäft zu machen war. Die Herausgabe von Lyrikbüchern stand freilich auch in keinem Verhältnis zu den beim Verlag in Wien eingereichten Manuskripten. In den ersten fünf Jahren erschienen insgesamt acht Lyrikbände: Max Fleischers Nachdichtungen, Geraldys und Werfeis Gedichte (Auflage: 5 000), Bände von Schreyvogl, Haringer und Csokor1 1928, sowie von Wittner und Galsworthy 1929. Diese Bände machten noch kaum vier Prozent der Gesamtproduktion dieses Zeitraums aus. Einem Besprechungsprotokoll von Felix Costa aus dem August 1928 ist z.B. zu entnehmen, daß der Verlag »mindestens 150 bessere Gedichtbände zurückgeschickt« hätte. 2 Die Auflagen spiegelten meist die vom Verlag ausgerechneten Absatzchancen wieder; sie waren in der Regel auf 1 000 Stück, in den 30er Jahren auf 500-800 Exemplare beschränkt. Bei Bühnenwerken war der Verlag ähnlich zurückhaltend. Fünfhundert bis höchstens tausend, im Extremfall (meist anläßlich erfolgreicher Premieren wie z.B. Fr.Th. Csokors Gesellschaft der Menschenrechte (1929) und Besetztes Gebiet (1930)) 2 000 Exemplare. Der Verlag lehnte häufig die Übernahme auch anderwärtig bereits erschienener Werke von Stammautoren ab, wenn er nicht zugleich die Bühnen- und Vertriebsrechte miterwerben konnte. Verlagsgeschichtlich interessant ist dabei die Mitwirkung der nur Lyrik schreibenden Autoren an der graphischen Gestaltung, am Layout ihres auch optischen Kunstwerks nahmen. Die vertragliche Bindung mehrerer Lyriker an den Verlag ging auf die Empfehlung eines etablierten Autors des Hauses zurück. Bei Jakob Haringer und Victor Wittner war es Franz Werfel. Wie Hermann Hesse, Karl Kraus und Stefan Zweig brachte auch er Haringer große Bewunderung entgegen.
1
Die Auflage von Csokors Ballade von der Stadt, erschienen 27.4.1928, betrug 870 Exemplare. Vom Leipziger Wolkenwanderer-Verlag übernahm Zsolnay den 1926 erschienenen Balladenband Ewiger Aufbruch und brachte ihn im Oktober 1929 neu heraus.
2
»Besprechung mit Direktor Otto Mandl vom 8. August 1928«, Ordner Colette.
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15.1. Jakob Haringer Jakob Haringer (1898-1948) war ein Lyriker, der sich ständig auf Verlagswanderschaft befand. Seine Gedichtbände mit oft eigenwilligen Titeln waren - bis er über Empfehlung von Werfel und Alma Mahler-Werfel von Zsolnay angenommen wurde - in einer Reihe von Ein-Mann- und Selbstverlagen erschienen und in Auflagen von wenigen hundert Exemplaren aufgelegt worden. 3 Am 20. April 1928 kam der Band Heimweh bei Zsolnay heraus. Auf dem für diese Phase sehr typischen, vom Chefgraphiker Rudolf Geyer entworfenen schlichten Umschlag befinden sich unter Namen und Titel in Fraktur Auszüge aus Kritiken über Haringer von Hermann Hesse und Alfred Döblin, bzw. aus der Frankfurter Zeitung. Die erhaltenen Briefe Haringers an den Verlag sind ein Spiegelbild der Persönlichkeit des Lyrikers. Der Autor verwendete selten Briefpapier sondern beschriftete irgendeinen Papierfetzen mit seiner beinahe unleserlichen Handschrift. Haringer war sich dessen bewußt, daß Empfehlungen von berühmten Autoren beim Verlag Eindruck machten und so sandte er Briefe von Stefan Zweig, Hermann Hesse, z.T. an und von Franz Werfel an den Verlag. Der Zsolnay Verlag war allerdings nicht daran interessiert, Restbestände früher erschienener Werke Haringers aufzukaufen und in Verlag zu nehmen und waren die Auflagen noch so klein. Nach Beginn des Kontakts, der mit Juli 1927 anzusetzen ist, lehnte der Zsolnay Verlag die beiden im Iris-Verlag in Frankfurt erschienenen Bände Das Räubermärchen (1925) und Kind im grauen Haar (1926), sowie neue Werkmanuskripte wie Leben und Leiden des letzten Grafen von Reyer (1928), Bazar des lieben Gotts (1931), die Umdichtung von Rimbauds Jahreszeit der Hölle (1928), Kleiderschrank der Seele usw. ab. Der Verlag wollte zunächst den zweiten Gedichtband Abschied auch nicht herausgeben, ließ sich aber dann wahrscheinlich durch Alma Mahler-Werfel umstimmen, die Costa »von dem sehr begabten Dichter Harringer (sie)« und dieser »Creatur Gottes« schwärmte.4 Der Band erschien in etwas kleinerem Format, aber mit gleicher Aufmachung wie Heimweh, am 14. April 1930. Haringer bombardierte Paul Zsolnay, dessen Verlag er für den »vornehmsten« und »besten« in Deutschland hielt, mit Briefen und Manuskripten und genoß zeitweilig wenn nicht die Gunst, so doch das Mitleid von Karl Kraus. 5 Von Franz Werfel bekam der Verlag im Herbst 1932 den neuen Haringer-Gedichtband »Der Reisende« überreicht, doch konnte sich Felix Costa bei aller Wertschätzung für die Verse Haringers nicht zur Herausgabe entschließen: »Die Ver3
Siehe die Bibliographie der Werke Haringers in Jakob Haringer: Aber des Herzens Mühle tröstet ein Vers. Ausgewählte
verbrannte
Lyrik, Prosa und Briefe. Hrsg. Hildemar Holl. Mit einem
Nachwort von Wulf Kirsten, alzburg: Residenz Verlag 1988, S. 197-200. 4 5
Alma Mahler-Werfel an F. Costa, 9. Juli (o.J.), Ordner Haringer. »Vielleicht dürfte auch für Sie von Interesse sein, daß sich seit Monaten Karl Kraus sehr für mein Werk begeistert, was Sie vielleicht schon in den allernächsten Fackelheften nachlesen können.« Haringer an Paul Zsolnay, undatiert, ca. September 1932. Vgl. Die Fackel, Nr. 885-887, Ende Dezember 1932, S. 33.
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hältnisse im deutschen Buchhandel sind heute geradezu katastrophal zu nennen und wir glauben daher nicht, Ihr neues Werk zu einem Erfolg zu führen.« 6 Nach der Ablehnung erschien der Band Der Reisende oder die Träne noch 1932 im kleinen Grigat Verlag in Ebenau bei Salzburg. 7 Erst 1937 hat Haringer bei Zsolnay wieder »Gedichte« eingereicht. Angenommen wurden sie nicht. Der Versuch Haringers bei Zsolnay im Dezember 1947, also wenige Monate vor seinem Tod, wieder zu publizieren, scheiterte ebenfalls: das Gedichtmanuskript »Der verlorene Sohn« wurde retourniert, und obwohl der Verlag bereit war, das Projekt eines Auswahlbandes der Gedichte Haringers zu prüfen, kam nichts mehr zustande.
15.2. Hugo Sonnenschein-Sonka Bis Hugo Sonnenschein-Sonka über Empfehlung von Ernst Lothar und Franz Werfel im März 1929 mit seinem Manuskript »Der Bruder Sonka und die Sache der Welt« zum Zsolnay Verlag stieß, hatte es der Autor nie zuwege gebracht, zwei Werke in ein und demselben Verlag zu veröffentlichen. Die Korrespondenz zwischen Autor und Verlag - sie reicht vom Dezember 1929 bis Februar 1934 - ist für die Persönlichkeit Sonkas dermaßen erhellend, daß aus ihnen hier zitiert werden soll. Sie zeigt einen unter Geldnot leidenden, dem Verleger unterlegen-unterwürfigen Schriftsteller, der sich allerlei Illusionen macht über Auflagen und Absatz. Sonka dürfte es seinem »Freund« Franz Werfel, der Zsolnay und Costa das »Bruder Sonka«-Manuskript vorlas, zu verdanken haben, daß es gegen Ende 1929 zu einer Art Vorabschluß kam. Der Autor hatte nicht nur über die Auflage, sondern auch über die Vermarktung des Bandes ganz konkrete, wenn auch hochtrabende Gedanken. Er wollte »dringend noch vor Weihnachten« einen vorläufigen Vorschuß von S 1 000 - was für die damalige Zeit ein Vermögen war - und legte überaus großen Wert darauf, daß das Buch im Frühling 1930 erscheine. Die Argumente Sonkas: Das Buch muss Anfang nächsten Jahres erscheinen: Sein Erfolg liegt da meinem Gefühl nach in der Luft. Dieser Augenblick darf nicht verpasst werden. Im Frühling 1930 wird in Wien unser zweites Vagabundentreffen unter Aufmerksamkeit der ganzen Welt abgehalten werden. Einige Wochen vorher muss die Propaganda für das Buch einsetzen. Ich will noch über alles übliche hinaus persönlich in Vorlesungen und Vorträgen in Deutschland, der Tschechoslovakei, Russland usw. für das Buch eintreten. Auch in Amerika wird durch einen Film, der wahrscheinlich von einem der größten Filmschauspieler gedreht werden wird, auf mich aufmerksam gemacht werden. Dann kommt das Vagabundentreffen.
6 7
Costa an Jakob Haringer, 26.11.1932, ebd. Nach einer frdl. Mitteilung von Hildemar Holl, Salzburger Literaturarchiv, wurde der Verlag nach Herta Grigat benannt. Diese war um 1930/31 Haringers Freundin in Ebenau; Sie kam aus Deutschland und hatte zwei Kinder mit ihm. Der Grigat Verlag war, genauso wie der Christoph Brundel-Verlag (Paris, Amsterdam), der Selbstverlag Haringers.
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(vorläufig streng diskret!) Noch andere Gründe, von denen ich jetzt nicht reden will, sind für das Erscheinen im Frühling 1930 wichtig. 8
Ein wenig marktfremd, wie Sonka gewesen zu sein scheint, hat er sich gar eine erste Auflage von 10 000 Exemplaren vorgestellt. Um es vorwegzunehmen: als das Buch endlich am 22. Mai 1930 auf den Markt kam, betrug die Auflage 1 000. Ich rechne mit einem unmittelbaren Absatz von zumindest 10.000 Exemplaren meines Buches bei entsprechender Reklame. Und ich habe nach allem, was ich davon sehe und weiss, zu Ihrem Propagandaapparat und Ihrer Reklamegroßzügigkeit viel Vertrauen. Das ist auch mit ein Grund, neben den Tatsachen, dass mein Buch in den Rahmen Ihres Verlages, wie das schöne Wort lautet, so gut hineinpasst und seit einem dreiviertel Jahr durch Sie gebunden ist, dass ich andere vorteilhafte Verlagsangebote ablehnte. Doch das ist ja selbstverständlich, (ebd.)
Aber so schnell, wie es Sonka sich wünschte, ging es nicht. Paul Zsolnay befand sich in Ägypten auf Hochzeitsreise. Costa bot ihm statt S 1 000 immerhin einen im Fall der Ablehnung nicht rückzahlbaren Vorschuß in der Höhe von S 500. Als Sonka von Franz Werfel erfuhr, wo sich der Verleger gerade aufhielt, entlockte es ihm folgendes Postskriptum: »Ägypten! Ich muss gestehen, dass da ein Dichter beinahe einen Verleger beneiden muss. Soll ich einen höheren Vorschuß verlangen?« (ebd.) Zum Vertragsabschluß kam es erst Anfang März 1930, und Sonka hoffte auf »große Propaganda, ohne die heute die Durchsetzung eines Werkes, auch des besten, unmöglich ist«.9 Sonka zählte zu den Autoren, die sich bei der Gestaltung ihrer Werke ein Mitspracherecht erbaten. »Ich glaube nicht unbescheiden zu sein, wenn ich Sie ersuche, mich vor Drucklegung Type, Papier, Format und Umschlag sehen zu lassen. [...] Ich muß wohl nicht erst betonen, daß es mir Ehre und Freude zugleich ist, im Paul Zsolnay Verlag zu erscheinen.« (ebd.) Zur Freude des Autors wurde sein Buch in »grober Kabelschrift« gedruckt. Bei der allerersten Abrechnung Ende Juni, knapp einen Monat nach Erscheinen vom Buch Der Bruder Sonka und die allgemeine Sache oder Das Wort gegen die Ordnung, war die halbe Auflage schon abgesetzt, und der Autor machte sich vermehrt Gedanken darüber, wie der Verlag den Absatz noch steigern könnte (Sonderprospekt u.a. mit einem Statement von Thomas Mann, Börsenblatt-Annoncen). Aus dem Manuskriptenbuch wissen wir, daß Hugo Sonnenschein-Sonka dem Verlag mehrere Manuskripte anbot. Vor Ende 1929 hießen sie »Der Bettelpoet« und »Der Bruder Sonka und die Sache der Welt«, und in den 30er Jahren gab es Titel wie »Die goldenen Ritter der Freiheit«, »Der Bruder wandert nach Kalkutta« (erschien 1937 im Eugen Prager Verlag) sowie »Wanderer nach Kalkutta«. Im Juli 1931 versuchte Sonka Paul Zsolnay für eine Neuauflage seines 1921 erschienenen 8 9
Sonka an Paul Zsolnay, 8.12.1929, Ordner Sonnenschein. Sonka an Costa, 8.3.1930, ebd. In der Neuen Freien Presse vom 26.10.1930, S. 29, erschien eine ausführliche Besprechung des Bandes von Ernst Lothar.
237
Tagebuchs »Die goldenen Ritter« zu interessieren und schlug als Titel vor: »Ich saß in Kuttenberg«. Einige Monate später reagierte Felix Costa mit der verlagsüblichen Ablehnungsdiktion: Was nun die Neuherausgabe Ihrer »Kuttenberger Haft« anlangt, so haben wir dieses Werk mit grosser innerer Anteilnahme gelesen und alle Möglichkeiten einer Übernahme in unseren Verlag reiflichst bedacht. Zu unserem grossen Bedauern müssen wir Ihnen aber mitteilen, dass es unmöglich scheint, im jetzigen Zeitpunkt eine solche Neuherausgabe erfolgreich zu veröffentlichen und dass wir daher diesbezüglich zu keinem positiven Ergebnis gelangen konnten. 10
Da er selber Einfluß auf Zsolnay hatte, bemühte sich Sonka, mehrere französische Autoren zu empfehlen, die, da sie nicht gerade Unterhaltungsliteratur waren, Paul Zsolnay allerdings »nicht recht geeignet« erschienen. Sonka fuhr sogar nach Paris, um dortige Verleger für den Zsolnay-Band zu interessieren. Nachdem er dem Verlag den Plan zu einem Romanentwurf »(Revolution, Vagabunden, Liebe)« unterbreitet hatte, 11 reichte er im August 1933 gleich das Manuskript zu einem neuen Buch »Der Bruder wandert nach Kalkutta« ein: Ich glaube, daß es eine sehr gute Folie zur jetzigen Produktion Ihres Verlages - soviel mir davon bekannt ist - bilden wird. Auch in Deutschland wird das Büchlein - das kann ich aus Briefen von deutschen Freunden schließen, mit denen ich über die Art des Buches korrespondierte - gute Aufnahme finden. Abgesehen von der Aktualität des Büchleins ist der Abschnitt »Lebensweg« über das Autobiographische hinaus in mancher Hinsicht, wie Sie sehen werden, von prinzipieller Bedeutung. Ich bitte Sie, das Büchlein noch im Herbst erscheinen zu lassen. 12
Angesichts des Rufs Sonkas in nationalen und konservativen Kreisen Österreichs ist es schwer vorstellbar, daß ein neues Werk von ihm im Reich so ohne weiteres willkommen geheißen worden wäre. 13 Über die Aussichten eines solchen Buches dürften sich Autor und Verlag persönlich unterhalten haben. Sonka wurde gebeten, den Text umzuarbeiten, kam aber selber darauf, daß es vielleicht Probleme ergeben würde, zu diesem Zeitpunkt bei Zsolnay zu erscheinen: »Ich bitte Sie um Nachricht«, schreibt er am 11. Februar 1934, » ob ich es [»Der Bruder wandert nach Kalkutta«] jetzt Ihrem Verlag vorlegen soll oder ob mein Name, wie mir mitgeteilt wurde, gegenwärtig für Ihren Verlag 'untragbar' ist. Ich versichere Ihnen, daß dieser Standpunkt falsch wäre und aus einem Vorurteil, das man im Verlag hegen soll, hervorginge. Es wäre mir in mancher Hinsicht peinlich, grade jetzt ge10 11 12 13
Costa an Sonka, 24.9.1931, ebd. Sonka an Paul Zsolnay, 8.11.1932, ebd. Sonka an Paul Zsolnay, 28.8.1933, ebd. Siehe etwa dazu die antisemitischen Würdigungen in Der Stürmer (Wien), Jg. 1, 7. Oktober 1933, Folge 8, S. 11 (da heißt es u.a., Sonka fand »auch Eingang in die parfümierte und dekadente Gesellschaft des Paul Zsolnay Verlages«) sowie ebd., Jg. 2, Folge 6, 10. Feber 1934, S. 6.
238
z w u n g e n zu sein, in einen andern Verlag überzugehen.« 1 4 Sonkas Verhalten während der P . E . N . - C l u b - S p a l t u n g und sein Auftritt beim Internationalen P . E . N . - K o n greß in Ragusa im Jahre 1933 dürfte noch in allgemeiner Erinnerung
gewesen
sein. 1 5 Er steckte trotz allem voller Pläne: Außer dem neuen Büchlein möchte ich jetzt meine slowakischen Arbeiten unter dem Titel »Slowakische Fibel« mit etwa 20-30 Lichtbildern gesammelt herausbringen. Ich bitte Sie, falls Sie sich selbst für diese Arbeit nicht interessieren sollten, mir das Recht zu geben, für diesen Sammelband auch Gedichte aus dem ersten Buch des »Bruder Sonka« verwenden zu dürfen. Da man für die Herausgabe dieses Buches dringend an mich herantritt, ersuche ich Sie um postwendenden Bescheid. 16 Der letzte Brief Sonkas im Verlagsarchiv ist mit 21. Februar 1 9 3 4 datiert - somit etwa drei W o c h e n , bevor er v o n der Wiener Polizei als »kommunistischer Parteigänger« verhaftet und in sein Geburtsland, die T s c h e c h o s l o w a k e i ,
ausgewiesen
wurde. Es war ein Begleitbrief zum Manuskript »Wanderer nach Kalkutta«, d e n n der Verlag hatte sich bereit erklärt, den umgearbeiteten Text einer neuerlichen Lektüre
14 15
16
zu
unterziehen:
»Ich
habe
alles
neu
durchdacht,
umgearbeitet
und
Sonka an Paul Zsolnay, 11.2.1934, ebd. Bereits vor dem Ragusaer Kongreß hatte sich Sonka innerhalb des Vorstands des Wiener P.E.N.Clubs sehr unbeliebt gemacht. Ein hier erstmals in einer wissenschaftlichen Arbeit zitiertes »Protokoll über die vor dem Kongreß im Hause von Felix Saiten abgehaltene Sitzung: Sonntag, den 21. Mai 1933, 5 Uhr nachm.« zeigt die Meinungsverschiedenheiten im Vorstand am Vorabend des Kongresses deutlich auf. Kernpunkt der Diskussion ist, wie die offizielle österreichische Delegation sich den jüngsten Ereignissen in Deutschland beim Kongreß verhalten soll. Nachdem Franz Theodor Csokor versucht, in dieser Frage beschwichtigend zu wirken (»Wir müssen durchscheinen lassen, daß wir die Dinge in Deutschland nur deshalb nicht zur Sprache bringen, weil wir uns auf internationalem Boden befinden.«), vertritt Sonka eine völlig konträre Auffassung: »Ich stehe zu Ihnen allen in Gegensatz. Wir haben keine Ahnung von der Taktik der anderen Delegierten. Wir wissen noch nichts über die Proklamationen. Hier ist viel davon gesprochen worden, daß es nicht angebracht ist, wenn wir uns als Gegner der jetzigen deutschen Regierung zeigen. Es wird gesagt, daß wir nichts mit Politik zu tun haben. Es ist aber nicht Politik, daß wir uns unserer deutschen verfemten Kollegen annehmen. Wir können sie nicht preisgeben. Wollen Sie Arthur Schnitzler preisgeben? Deutschland hat Österreich größere Schmach durch die Verbrennung seiner Dichter angetan, als Minister Franck im Radio, den die österreichische Regierung schlecht empfangen hat. Wir sollen päpstlicher sein als der Papst? Das geht nicht! Besinnen Sie sich doch! Auch Du, [Oskar Maurus] Fontana!« Bis auf Sonka stimmen alle Anwesende »für den Antrag, sich passiv und neutral zu verhalten«. Hierauf wird Sonka darauf aufmerksam gemacht, daß wenn er nicht für den Antrag stimme, man versuchen werde, seine Fahrt nach Ragusa zu verhindern. Laut Protokoll antwortete Sonka: »Nach dieser Drohung muß und werde ich nach Ragusa gehen!« Das Protokoll ist eigenhändig von Grete von Urbanitzky und Sonka unterzeichnet und befindet sich im Nachlaß Grete von Urbanitzkys. Ebd. Das hier erwähnte Buch erschien 1935 unter dem Titel Meine slowakische Fibel. Gedichte. Mit 16 Fotos von Prof. Ulehlas bei der Edition Corona in Prag. 239
durchgeackert.«17 Auf der Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums 1936 fehlte Sonka nicht. 15.3. Victor Wittner Obwohl vom Lyriker Victor Wittner (1896-1949) bei Zsolnay nur ein neues Buch erschienen ist und ein Band - Sprung auf die Straße (1924) - vom Verlag »Die Schmiede« übernommen wurde, ist der Briefwechsel zwischen Autor und Verlag für die Geschichte des Unternehmens nicht uninteressant. Das hängt großteils mit längeren Unstimmigkeiten über die graphische Gestaltung, vor allem aber mit Auseinandersetzungen über die Titelwahl zusammen. Ein Vergleich der Titelangaben in den erhaltenen Manuskriptenbüchern mit den definitiven Werktiteln fördert manche Abweichung zutage. Wie und warum ein bestimmtes Buch so betitelt war und nicht anders, zeigt das Beispiel Victor Wittner. In Streitfällen überließen es die meisten Autoren dem Verlag, einen marktgängigen Titel zu wählen. Beim Band »neuer Gedichte«, die in einer Auflage von 1 000 Exemplaren u.d.T. Der Mann zwischen Fenster und Spiegel am 18. Juli 1929 auf den Markt kam, gab es einen hitzigen Streit, den letztlich Victor Wittner gewann. Paul Zsolnay und Wittner hatten den Titel »Junger Mann« gemeinsam festgelegt. Der Lyriker nahm in Form eines Wunschkatalogs an der Planung und Herstellung des Bandes sehr regen Anteil: er wollte eine »schöne« Ausgabe, und da der Mai der lyrische Monat sei, meinte er in einem Brief vom 6. März 1929, »können wir uns, so wenig süsslich meine Verse auch sind, eine gewisse Konjunktur versprechen, wenn das Buch noch im Laufe des April erscheint«.18 Als Schrifttype für das Buch wollte er »selbstverständlich eine Antiqua vorschlagen (da ja gerade Gedichtbücher auch ins Ausland gehen und meine Verse ja nicht etwas spezifisch Deutsches und Gotisches als Charakter haben), und zwar möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die vor kurzem neu aufgekommene englische Garamont (sie) lenken, die ich jetzt auch im Querschnitt verwende; besonders wirksam wäre natürlich der Corpus-Grad dieser Schrift« (ebd.). Das ergäbe, so Wittner, »ein grösseres, repräsentatives Format des Buches« (ebd.). Man möge auch stärkeres Papier verwenden, so sähe das Buch sonst »allzu dünn« aus. »Und schliesslich erbitte und erhoffe ich mir einen Leinenband.« Doch der Titel »Junger Mann« gefiel Franz Werfel, auf dessen Urteil der Verlag ja viel Wert legte, ganz und gar nicht. Mit dem Ersatztitel »Der Mann zwischen Fenster und Spiegel« konnte sich seinerseits Paul Zsolnay »kaum einverstanden erklären«.19 Der neue Titel sei nicht originell, argumentierte der Verleger, und für einen Gedichtband »durchaus nicht erwünscht«. Sein Haupteinwand: Speziell in letzter Zeit seien sowohl in seinem als auch in anderen Verlagen Bücher mit ähnli17 18 19
Sonka an Paul Zsolnay, 21.2.1934, Ordner Sonka. Wittner an Paul Zsolnay Verlag, 6.3.1929, Ordner Wittner. Paul Zsolnay an Victor Wittner, 19.3.1929, ebd.
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c h e n Titeln h e r a u s g e k o m m e n , die alle mit »Der Mann, der . . . « (H. Natonek) oder » D i e Frau, die . . . « ( M . Brod) b e g a n n e n . 2 0 Wittner konterte a m 2 3 . März mit einem langen Traktat: Es ist kein Verlegenheitstitel übrigens, sondern der einzige, der den Inhalt meines Buches wirklich gut zur Gänze deckt: »Der Mann zwischen Fenster und Spiegel«, d.i. der Mann, der teils auf die Straße (in die Welt) schaut, teils sich selbst betrachtet. Ich gebe zu, daß der Titel in dieser Kadenz ungewöhnlich für ein Gedichtbuch ist; aber ebendeshalb ist er m.E. originell. Selbstverständlich könnte auch ein Roman so heißen, ein Roman vielleicht eher als eine Sammlung von Versen - aber ein Gedichtbuch muß eben heute einen unschlichten Titel haben, um Leser anzulocken. In den 90er Jahren oder auch im Anfang des Jahrhunderts hätten meine Gedichte einfach: »Zwischen F.u.Sp.« geheißen; heute müssen sie anders heißen. Drittens aber bedeutet »Der Mann« im Titel eine Neutralisierung des lyrischen, allzu persönlichen Ichs, das sich in diesen Gedichten manifestiert. Eine Neutralisierung, die den Übergang des Gedichteten aus einer privaten in die allgemeine Sphäre ermöglicht und vollzieht: und in der Tat sind die Gedichte, »modern« zwar zum größten Teil, von jedem Geist, von jedem fühlenden und denkenden Ich reproduzierbar. Gesetzt den Fall aber, die Verse hießen einfach »Zw.F.u.Sp.« - sie würden nicht sehr interessant zu sein versprechen, da der Leser bei einem solchen Titel das »Ich« als selbstverständlich ergänzt, die Menschen aber sich nur noch für Probleme interessieren (implicite: für lyrische Zustände), die zugleich die ihrigen sind: in diesem Fall eines Mannes, der Sie, ich oder er sein könnten. - Viertens, um auf Ihre Hinweise zurückzukommen, sehe ich, verehrtester Herr v. Zsolnay, wirklich keine Analogie zwischen »Die Frau, nach der man sich sehnt« oder auch »Der Mann, der nie genug hat« und meinem Titel, in dem kein Relativ-Pronomen enthalten ist und der auch nicht so abstrakt und begrifflich ist, sondern bildhaft: man sieht, meinen Titel lesend, einen Mann zwischen Fenster und Spiegel stehend, leibhaftig, bald in diesen, bald durch jenes schauend. Und das bedeutet wiederum, daß dieser Satz an sich lyrisch ist, obschon er im ersten Augenblick vielleicht (und hoffentlich!) rätselhaft wirkt. Ein besserer Titel ist mir nicht eingefallen. 21
In einem persönlichen Gespräch entschied Wittner den »Titelkampf« dann d o c h für sich: Der Verlag ließ sich bekehren. A l s der Gedichtband für den Druck hergestellt wurde, strapazierte Wittner stark die N e r v e n des Leiters der Herstellungsabteilung. D a er über die Spiegelgröße nicht informiert war, störte ihn am halbfertigen Band z i e m l i c h viel: die »überfälligen Worte und Silben« seien in die Mitte der Seite, statt an den rechten Rand g e k o m m e n , die Ordnung der Gedichte sei durch den U m b r u c h nicht vorteilhaft ausgefallen - »gewisse wichtige
Gedichte« seien
beispielsweise
links zu stehen g e k o m m e n , das Papier wäre zu dünn etc. etc.: »bedenken Sie bitte, daß Gedichtbücher auch technische Formkunstwerke sein müssen, damit sie der
20
21
So alarmierte Max Brod, der seinen Roman Die Frau, nach der man sich sehnt im Herbst 1927 vollendet hatte, den Verlag in Wien, daß Arnolt Bronnen einen Roman unter dem Titel »Die Frau, die zu schön war« demnächst veröffentlichen wollte. Da er wegen der Titelähnlichkeit besorgt war, bat er den Zsolnay Verlag, an der richtigen Stelle zu intervenieren. Das Werk Bronnens erschien 1928 bei Rowohlt in Berlin u.d.T. Film und Leben Barbara La Marr. Roman. Wittner an Paul Zsolnay, 23.3.1929, Ordner Wittner.
241
Liebhaber kauft«, belehrte Wittner den Verlag. 22 Die Korrektur des Bandes verzögerte sich dementsprechend »außerordentlich«. Als letztes machte man sich um die Gestaltung des Schutzumschlags Gedanken. Wittner brachte den verantwortlichen Graphiker zur Verzweiflung, wie Costa dem Autor mitteilt: Der Leiter unserer Herstellungsabteilung kam gestern mit allen Zeichen des Schreckens zu mir und zeigte mir Ihren letzten an ihn gerichteten Brief. [...] Es handelt sich um das Zitat aus der »Literatur« das Sie auf den Schutzumschlag wünschen und gegen dessen Verwendung auf dem Schutzumschlag wir aus Gründen des guten Geschmacks Stellung nehmen müssen. Damit um Gotteswillen, lieber Herr Wittner, kein Missverständnis entsteht, beeile ich mich Ihnen zu erklären, dass Ihr Wunsch nach dem Abdruck dieser Kritik von Ihrem Standpunkt aus gewiss keine Geschmacksverletzung bedeutet, dass aber das Stattgeben Ihres Wunsches unsererseits unbedingt eine ist. Es geht nicht an, dass ein Verlag das Werk eines seiner Autoren mit dem eines anderen Verlagsautors, wenn auch in rühmlicher Weise, auf seinem Schutzumschlag vergleicht. Wohin würde das führen und welchen Missdeutungen wäre jeder Autor eines Verlages durch ein solches Vorgehen ausgesetzt? Ich bin sicher, dass diese genaue Darlegung Sie überzeugt und dass der Fall damit im gegenseitigen Einvernehmen bereinigt ist. 2 3
Ein paar Wochen davor hat der Verlag Wittner gebeten, von seinem Ansinnen Abstand zu nehmen, eine Empfehlung von Franz Werfel auf den Umschlag zu drucken. Die weitere Korrespondenz mit Wittner, der wie jeder andere Autor an der Werbung für sein Buch sehr interessiert war, gewährt uns einen Einblick in die Anzeigenpraxis des Paul Zsolnay Verlags. Von einem anerkannten Autor wie Thomas Mann gelobt zu werden, bedeutete für den dreiunddreißigjährigen Lyriker freilich sehr viel, nur mußte ihm der Verlag mitteilen, dass wir aber leider ausserstande sind, das Urteil Thomas Manns inseratmässig auszunützen. Die Inserataufgabe ist eine durchaus kommerzielle Angelegenheit und hat mit der Wertung eines Buches nichts zu tun, sie steht lediglich im Zusammenhang mit der buchhändlerischen Chance, also mit der Verkaufs-Chance, die ein Werk bietet. Eine Inserierung in der von Ihnen angeregten Weise hätte bestenfalls den Effekt - langjährige eigene Erfahrung und die Erfahrung, die seit Jahrzehnten alle deutschen Verleger mit Gedichtbänden gemacht haben, Ausnahmen, die diese Regel bestätigen sind Rilke und Werfel, berechtigen zu dieser Feststellung - dass von Ihrem Gedichtband, wie von jedem Gedichtband, auf Grund dieser Inserate 10-15 Exemplare verkauft würden. Es ist unschwer zu errechnen, dass der Aufwand zum Resultat in keinem Verhältnis steht. 2 4
Monatelang traktierte Wittner den Verlag, die knapp 400 Restexemplare seines ersten Gedichtbands Sprung auf die Straße aus der Konkursmasse des Verlags »Die Schmiede« zu kaufen. Man zögerte, weil die Ausstattung nicht sehr gut war und
22
Wittner an Paul Zsolnay Verlag, 5.5.1929, ebd.
23
Costa an Wittner, 1.7.1929, ebd.
24
Costa an Wittner, 28.9.1929, ebd.
242
weil es »mit einer Überklebung des Verlagssignets nicht getan wäre«, wie Costa meinte. 25 Im April 1930 sagte Costa dann doch zu. 26 Im ersten Halbjahr nach dem Erscheinen konnte der Verlag immerhin 337 Exemplare des Wittner-Buchs absetzen, aber der Autor war nur halb zufrieden und warf dem Verlag vor, »sich für meine Gedichte weniger erwärmt [zu] haben als für die von Haringer, dessen neues Buch sehr repräsentativ aussieht. Bei mir allerdings muss man von einem Bändchen sprechen, wer aber Gedichte kauft, verehrter Herr v. Zsolnay, der will auch sein bibliophiles Vergnügen befriedigt sehen«. 27 Paul Zsolnay antwortete selbst, um die Vorwürfe Wittners mit Entrüstung zurückzuweisen und um ganz gründsätzlich zur graphischen Aufmachung der Bücher Stellung zu nehmen: Ihre Meinung jedoch, dass wir von dem Buch mehr verkauft hätten, wenn es in einer anderen Ausstattung erschienen wäre, muss ich auf das schärfste entgegentreten. Wir haben bisher noch nie von einem Autor den Vorwurf gehört, dass ein Buch durch die Ausstattung, die wir ihm angedeihen Hessen, in seinem Absatz geschädigt worden sei, resp. dass es in anderer Ausstattung einen grösseren Erfolg gehabt hätte. Gerade unser Verlag ist dafür bekannt, dass er die Bücher in einer Weise ausstattet, die sowohl beim Sortiment als auch beim Publikum ungeteilte Anerkennung findet, und dass gerade die Ausstattung der Bücher eine besondere Attraktion auf das Publikum ausübt. Sie finden, dass das Buch von Haringer, das wir heuer ediert haben, repräsentativer aussieht und sind der Ansicht, dass Ihr Buch ebenso hätte ausgestattet sein sollen. Der erste Band von Haringer, den wir herausgegeben haben, hatte, wie Sie sich erinnern werden, auch ein kleines Format, war also auch äusserlich nur ein kleines Büchlein. Dem ersten Gedichtband Haringers haben wir heuer nun einen zweiten Band folgen lassen, der in einem grossen Format erschienen ist, weil uns der Charakter und der Zeilenfall der Gedichte ein grösseres
Format
entsprechend
erscheinen
Hess
und
weil
Uniformierung
gerade
bei
Gedichtbänden nicht günstig ist. Diese Erwägung könnte eventuell auch dazu führen, dass Ihr nächstes Gedichtbuch in einem grösseren Format erscheint. Ich möchte aber nicht, dass Sie sich der voreiligen Hoffnung hingeben, dass durch den Formatwechsel ein grösserer gewährleistet
ist.
Wir
haben
Gedichtbände
bisher
in
den
verschiedensten
Absatz
Formaten
herausgegeben und der Erfolg war stets gänzlich unabhängig vom Format. Als Beispiel möchte ich Ihnen noch sagen, dass das kleine Gedichtbuch »Du und ich« von Paul Geraldy, ein eben solches Büchlein wie das Ihre ist und mit Ausnahme der Werfel Gedichte der bestgehende Gedichtband unseres Verlages ist. Geraldy ist gewiss nicht populärer als Galsworthy und das
25
Costa an Wittner, 9.12.1929, ebd. Mit der Verwertung des Buchlagers der Schmiede A.G. war die Berliner Oesterheld & Co. Verlag beauftragt.
26
Dazu der Brief Paul Zsolnays an Wittner vom 13.5.1930: »Aus prinzipiellen Gründen ist es uns nicht möglich, Ihnen eine Vorauszahlung auf übernommene Exemplare von 'Der Sprung auf die Strasse' zur Verfügung zu stellen. Sie wissen, wie schwer solche Bücher verkäuflich sind, der Verlag hat schon mit der Übernahme, die nicht nur den Erwerb der Restbestände sondern auch die Anzeige in sämtlichen wichtigen Katalogen mit sich bringt, ein Opfer auf sich genommen, dem er kein weiteres hinzufügen kann. Es handelt sich ja gewiss nicht um grosse Ziffern, massgeblich kann aber nur die Relation zu den Einnahmsmöglichkeiten sein.« (Ordner Wittner)
27
Wittner an Paul Zsolnay, 6.5.1930, ebd.
243
grosse Format des Gedichtbandes von Galsworthy, der dessen beste Gedichte vereinigt, hat doch nicht bewirkt, dass der Galsworthy Band besser verkauft worden wäre als das von Geraldy. 28
Als nächstes unterbreitete Wittner dem Verlag Anfang Juni 1930 den Plan zur Herausgabe seiner »gesammelten Körper-Gedichte«, die er u.d.T. »Verkörperung« zu publizieren hoffte, und 1932 bot er dem Verlag den Band »Berliner Sonette« und die Komödie Ein Herr Herbst (wurde im Dezember 1932 am Deutschen Volkstheater in Wien uraufgeführt und 1933 beim Georg Marton Verlag in Wien veröffentlicht) an. Das Stück, meinte der Verlag, könne bei den herrschenden Verhältnissen nicht erfolgreich durchgesetzt werden. Auch für die Annahme des Romanmanuskripts »Warum mich Torner tötete«, das Wittner im April 1933 einreichte, konnte sich der Verlag nicht entschließen. Wittner war von Berlin nach Wien zurückgekehrt, wo er für Wiener Tageszeitungen Theaterkritiken schrieb. Der Kontakt mit dem Zsolnay Verlag ruhte bis Herbst 1937, als Wittner dem Verlag seiner Einschätzung nach harmlose Lyrik u.d.T. »Liebeserklärung« anbot. Die Gedichte gefielen Costa »persönlich ausgezeichnet«, aber der literarische Direktor formulierte seine Ablehnung der Zeit und Marktlage entsprechend: Was aber die geschäftliche Seite der Angelegenheit anlangt, so können wir uns der Tatsache nicht verschliessen, dass der Erfolg Ihrer früheren Gedichtbände, die ja sogar zum grössten Teil in Deutschland abgesetzt wurden, materiell weder für Sie noch für uns befriedigend sein konnte. Nicht nur, dass die allgemeinen Schwierigkeiten beim Absatz eines Gedichtbandes sich seither noch mehr verschlechtert haben, ist der Umstand hinzugetreten, dass diese Verse ja nur ausserhalb Deutschland verkauft werden dürfen, womit zwei Drittel des gesamten Absatzes wegfallt. Wir glauben darum, nicht, auch nur einen Teil der Herstellungskosten hereinbringen zu können. Die allgemeine Lage zwingt uns nun, wie jeden anderen Verlag heutzutage, kaufmännisch zu rechnen, und es ist uns darum beim besten Willen nicht möglich, ein Werk, von dessen künstlerischen Qualitäten wir noch so sehr überzeugt sein mögen, herauszubringen, wenn nicht die geschäftlichen Aussichten einigermassen erträglich scheinen. 29
15.4. Theodor Kramer Ende 1929,Anfang 1930 dürfte der erste Kontakt mit dem Lyriker Theodor Kramer (1897-1958) erfolgt sein. Erst am 18. Juni 1931 ist sein Gedichtband Wir lagen in Wolhynien im Morast... in einer Auflage von 1 000 Exemplaren auf den Markt
28
29
Paul Zsolnay an Wittner, 13.5.30, ebd. Stellvertretend für viele sei das Lob von der Verlagsautorin Margaret Storm Jameson zitiert: »Lieber Herr Zsolnay, Ich habe meine Exemplare von 'Triumph der Zeit' erhalten, und möchte Ihnen sagen, wie sehr die Ausstattung des Buches mich entzückt. Der Einband ist reizend, und das ganze Buch sieht wirklich sehr fein aus. Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie mich in einen so hübschen Österreicher verwandelt haben.« Brief vom 28.4.1934, Ordner Storm Jameson. Costa an Wittner, 15.12.1937, Ordner Wittner.
244
gekommen. 30 Bedingt durch die schlechte finanzielle und gesundheitliche Lage Kramers fühlte sich der Verlag, vor allem Felix Costa, moralisch verpflichtet, Kramer finanziell zu unterstützen. Diese Hilfe manifestierte sich über einige Jahre in mehreren Spendenaktionen zugunsten des Dichters. Obwohl Kramer keineswegs so bekannt war, daß sein Werk im Dritten Reich sofort indiziert worden wäre, hat er im Gegensatz zu manchen »großen« Autoren angesichts der neuen Situation am deutschen Buchmarkt eingesehen, wie er Costa auch mitteilte, »dass ich Ihrem Verlag eine Veröffentlichung in absehbarer Zeit nicht gut zumuten kann«. 31 Der Zsolnay Verlag konnte und wollte ihn aber nicht davon zurückhalten, sein Glück bei einem ausländischen Verlag zu versuchen, warnte ihn aber vor den Konsequenzen eines solchen Schritts. 32
15.5. Franz Theodor Csokor Zu dieser Gruppe junger österreichischer Lyriker zählte auch der Dramatiker und Erzähler Franz Theodor Csokor (1885-1969), von dem bereits die Rede gewesen ist. Bis er vom Zsolnay Verlag unter Vertrag genommen wurde, waren seine Werke schon in einem halben Dutzend Verlagen (Amalthea, Deutsch-Österreichischer Verlag, Axel Juncker, S. Fischer, Josef Singer, Kiepenheuer) zerstreut erschienen. Die Geschäftsverbindung mit Zsolnay war dauerhafter, was damit zusammenhing, daß Csokor einige erfolgreiche Theaterstücke verfaßt hatte, für die Zsolnay auch die Bühnenrechte besaß und die öfter - zumindest bis 1933 - aufgeführt wurden. Neben den beiden Lyrikbänden (Ewiger Aufbruch und Ballade von der Stadt) erschienen bei Zsolnay die Bühnenwerke Gesellschaft der Menschenrechte (1929), Besetztes Gebiet (1930), Gewesene Menschen (1932) Die Weibermühle (1932) sowie Dritter November 1918 (1936). Alle Auflagen mit Ausnahme des erstgenannten Stücks (hier waren es 2 000) betrugen 1 000 Exemplare. Anders als sein Kollege im Vorstand des Wiener P.E.N.-Clubs, Hugo Sonnenschein-Sonka, sah Csokor sehr wohl seine »Tragbarkeit« für den Zsolnay Verlag nach dem Ragusa-Kongreß ernsthaft in Frage gestellt. Als der Vorstand des Clubs in Wien wenige Tage vor dem Kongreß zu einem einheitlichen Standpunkt zu gelangen trachtete und die Auffassungen mehrerer Zsolnay-Autoren (Paul Stefan, Robert Neumann, Sonka, Sil-Vara versus Grete von Urbanitzky, Felix Saiten,
30
31 32
Die gesamte Korrespondenz zwischen Kramer und dem Paul Zsolnay Verlag wurde vom Verfasser ediert. Siehe Theodor Kramer und der Paul Zsolnay Verlag: Ein Briefwechsel. In: Zwischenwelt. Jahrbuch 1 der Theodor Kramer Gesellschaft. »Über Kramer hinaus und zu ihm zurück«. Hrsg. von der Theodor Kramer Gesellschaft, 1990, S. 94-119. Kramer an Costa, 12.10.1933, Ordner Kramer. »Wir stellen es Ihnen daher frei, ein solches Anbot anzunehmen und einen Gedichtband in einem Emigrantenverlag erscheinen zu lassen, wobei wir überzeugt sind, dass Sie die Konsequenzen dieser Tatsache in Bezug auf den Absatz Ihrer Werke in Deutschland richtig einschätzen.« Costa an Kramer, 16.10.1933, ebd.
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Friedrich Schreyvogl) aufeinander prallten, bemühte sich Csokor um einen Kompromiß, um das befürchtete Ende des P.E.N.-Clubs abzuwenden. In Vorstandssitzungen trat er mäßigend auf und meinte laut Protokoll: »Wir müssen durchscheinen lassen, daß wir die Dinge in Deutschland nur deshalb nicht zur Sprache bringen, weil wir uns auf internationalem Boden befinden.« 33 Dies entsprach dem formalen Standpunkt, auf den sich die meisten anderen Vorstandsmitglieder (mit unterschiedlicher Motivation) zurückgezogen hatten, doch die Teilnahme Csokors an der Tagung in Ragusa als offizieller Delegierter34 und seine moderate Position bewahrten ihn nicht vor dem Bann durch die Nationalsozialisten. Csokor zählte neben Paul Frischauer, Heinrich Eduard Jacob, Raoul Auernheimer, R.J. Kreutz, Ernst und Rudolf Lothar, Emil Ludwig, Robert Neumann u.a. zu den Unterzeichnern einer »deutschfeindlichen« Resolution, die sich gegen die Unterdrückung und Freiheitsberaubung und gegen die Zensur im Reich richtete. 35 Die Annahme dieser Sympathiekundgebung hatte zur Folge, daß eine Reihe von »nationalen« Autoren ihren Austritt erklärten. Aus einem Brief Csokors an Ferdinand Bruckner vom 15. Juli 1933 geht hervor, daß der Verleger Paul Zsolnay, der selbst Ende Juni in die hitzige Debatte um die Zukunft des Wiener P.E.N.-Clubs nach Ragusa wiederholt eingriff, 36 darüber nicht sehr glücklich war, daß Csokor sich dermaßen exponiert hatte. 37 Der Autor vermutete nicht zu Unrecht, daß seine Bücher und Stücke im Reich verboten würden. Für den Verlag Paul Zsolnay bedeutete er »allerdings fortab eine Belastung [...], die sich seiner Meinung nach hätte vermeiden lassen« (ebd.). Csokors Plan, bei Piper in Deutschland den »Wiedertäuferroman« zu schreiben, scheiterte am Verbot seiner Bücher, und daher bot er Zsolnay das Buch an: »Ich weiß ja«, schrieb er dem Verleger im Dezember 1933, »Du kommst bei mir auch zu Schaden, seit meine Bücher und meine Bühnenstücke für Deutschland ausfallen.«38 Der Verlag versuchte Csokor zu einem öffentlichen Abrücken von der im Juni 1935 unter33
»Protokoll über die vor dem Kongreß im Hause von Felix Saiten abgehaltene Sitzung: Sonntag, den 21. Mai 1933, 5 Uhr nachm.« (Nachlaß Urbanitzky) Wegen beleidigenden Ausdrücken brachte Paul Frischauer wenige Tage nach dem Kongreß gegen Frau Urbanitzky eine Ehrenbeleidigungsklage ein. »Mit Rücksicht auf den Wohnort der Frau Urbanitzky im vierten Bezirk wurde die Klage beim Bezirksgericht Margareten eingebracht. Der zuständige Richter hat die Klage zunächst an das Gemeindevermittlungsamt geleitet.« (Wiener Allgemeine
Zeitung,
Nr.
16503, 4.6.1933, S. 4.) Siehe auch Die Stunde (Wien), 15.9.1933, S. 4. Beim Verfahren, das am 15. September begann, begehrte Frischauer »strenge Bestrafung der Angeklagten« und beantragte die Zeugen Heinrich Eduard Jacob und Rudolf Lothar. Zu einem Abschluß scheint das Verfahren nicht gekommen zu sein: Urbanitzky befand sich in Deutschland. 34
Laut »Onzieme Congres International du P.E.N. Club. Dubrovnik 25-28 mai 1933. Liste des participants«. Original im Nachlaß Urbanitzky.
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Deutschfeindliche Schriftsteller in Österreich. In: Börsenblatt,
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Der Wiener Tag, Nr. 3631, 29.6.1933, S. 5.
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Franz Theodor Csokor: Zeuge einer Zeit. Briefe aus dem Exil 1933-1950. bert Langen Georg Müller 1964, S. 26.
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Nr. 267, 16.11.1933, S. 877.
Brief vom 23.12.1933, ebd., S. 40-41. Hier S. 41.
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München-Wien: Al-
zeichneten Protestresolution zu bewegen - in seinem eigenen Interesse, denn dann könnte man die Aufführung seiner Stücke (Gewesene Menschen, Besetztes Gebiet, Gesellschafi der Menschenrechte), die in den Repertoires vieler Theater gestanden waren, im Reich erlauben. Csokor lehnte die Empfehlung ab und teilte der »hochgeehrten Verlagsleitung« mit: »Es entspricht meiner Lebensanschauung für alles, was man getan hat - wenn es auch eine Unbedachtheit war - voll einzustehen. 'Ein öffentlich bekundetes Abrücken vom Wiener Penklub' meinerseits wird nur auf Grund einer von persönlichen materiellen Vorteilen unabhängigen Entscheidung erfolgen.« 39 Csokor vermerkte Bruckner gegenüber, daß der Verlag über seine »Charakterfestigkeit um so weniger erbaut ist, als ich dort früher bereits ablehnte, ein Stück über Cavour, für das Mussolini das Szenarium entworfen hatte, auszuführen« (ebd., S. 62). Csokor wußte um das Dilemma des Verlags zu diesem Zeitpunkt (»Die hiesigen Verleger werden seit dem Naziputsch vorsichtig, um nicht mit der gesamten Produktion im Dritten Reich verboten zu werden. Allert de Lange legt auf das braune Absatzgebiet keinen Wert. Das ist tapfer!«40 und auch um sein eigenes Problem: er meinte, daß sein 50. Geburtstag (6.9.1935) einen guten Anlaß bieten würde, sein Werk verlegerisch »auszuschlachten«, »hätte ihm mein Protest nach Dubrovnik das nicht unmöglich gemacht«.41 Sein sicheres Gefühl, daß Zsolnay einen neuen Roman von ihm annehmen würde, war eine Täuschung. Statt dessen bestand die weitere Mitarbeit Csokors im Zsolnay Verlag darin, das Werk Die ungöttliche Komödie vom polnischen Dramatiker Zygmunt Krasinski (erschienen 1936) ohne Honorar zu übersetzen. 42 Es blieb Csokor nichts anderes übrig, als mit einem neuen Werk, den »Erzählungen aus 2 Jahrzehnten«, Über die Schwelle, in einem anderen Verlag, diesmal dem Verlag Dr. Rolf Passer in Wien zu erscheinen. Kaum war das Buch erschienen, wurde dessen Verbreitung für »nicht angängig« erklärt. 43 Das nächste Buch Csokors Als Zivilist im polnischen Krieg kam im März 1940 in Amsterdam bei Allert de Lange heraus. 44
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Csokor an Paul Zsolnay Verlag, 16.2.1934. Nachlaß Franz Theodor Csokor, Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Kt. 142/3. Vgl. den Brief Csokors an Ferdinand Bruckner vom 3.5.1934 (Zeuge einer Zeit, S. 61 ff.) Brief an Bruckner vom 6.5.1935, ebd, S. 96. Csokor an Bruckner, 26.7.1935, ebd S. 108. Csokor an Bruckner, 11.12.1935, ebd, S. 112. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte, Band II, S. 125. Dazwischen erschien das Bühnenmanuskript Gottes General. Drama in sieben Stationen 1939 in Holland im Verlag De Gemeenschap. Das Werk brachte Zsolnay 1956 heraus.
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16. Das Übersetzungsprogramm bis Ende 1938
Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs machten Übersetzungen aus dem Englischen und Französischen nicht weniger als 45 Prozent des Absatzes des Paul Zsolnay Verlags aus. 1 Allerdings war seit 1933 die Zahl der französischen Titel radikal reduziert worden, größere Bestände wurden an den Restbuchhandel abgegeben. Der Verlag trennte sich, um das überfüllte Lager abzubauen und das Unternehmen zu sanieren, von Autoren wie Fred Berence, Alain, Henri Barbusse, H.R. Lenormand,J.R. Bloch, Martin Maurice und Colette, bzw. waren deren Bücher nicht mehr lieferbar. Der schleppende Absatz war allerdings nicht die alleinige Ursache. So wurde z.B. Martin Maurices Roman Liebe. Terra incognita (1. Aufl., Mai 1929) - übrigens mit einer Auflage von immerhin 30 000 Exemplaren innerhalb von 6 Monaten - nach Claude Anets Ariane der verkaufsmäßig erfolgreichste französische Titel im Programm und 1935 laut Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz des deutschen Volkes vom 4.2.1933 für das Bayerische Staatsgebiet politisch verboten. Ein zweites vielversprechendes Buch Nacht und Tag. Roman mit Henriette und Therese (ersch. April 1930, Aufl. 10 000) fiel im November 1935 einem Verbot zum Opfer. 2 Der von Maurice in einer Startauflage von 5 000 Exemplaren 1932 erschienene Roman Die Revolution der Reichen (orig. Heureux ce qui ont faim) wurde bereits im darauffolgenden Monat abverkauft. Die fünf Werke Jean Richard Blochs wurden gänzlich abgestoßen. Der Verlag hatte gehofft, mit dem mehrbändigen Gesellschaftsroman Die Thibaults von Roger Martin du Gard einen ähnlichen durchschlagenden Erfolg wie mit John Galsworthys Forsyte Saga zu landen, der Wunsch erfüllte sich aber wegen der Erscheinungsweise in Fortsetzungen nicht. Der Buchkäufer wollte kein Werk, dessen Abschluß nicht abzusehen war. Da half auch ein Nobelpreis für Literatur nichts mehr, den Martin du Gard 1937 erhalten hatte, und im übrigen war der Preis seit der Verleihung an Carl von Ossietzky im Reich ohnehin schon suspekt geworden. Die Preisverleihung wurde (wie bei Galsworthy) zwar werbemäßig ausgeschlachtet, doch erfolgte sie zu knapp vor dem Anschluß Österreichs, um eine Wirkung zu haben. Und als der
Im deutschen Buchhandel gab es z.B. 1927 1267 Verlagsveröffentlichungen, die aus Fremdsprachen ins Deutsche übersetzt wurden. Im Jahre 1928 waren es 1477, also um 16.6% mehr. Der Anteil der Übersetzungen an der gesamten Verlagsproduktion im Jahre 1928 betrug also nur 5.3%. Vorherrschend waren Werke aus dem Englischen (37%), Französischen (19%) und Russischen (12%). Dazu Börsenblatt, Nr. 58, 9.3.1929, S. 272. Beide Romane werden sowohl in der Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums, Stand vom Oktober 1935, als auch in der Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums, Stand vom 31. Dezember 1938, angeführt.
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Schlußband endlich im Original vorlag, wagte es der Verlag nicht mehr, das Buch herauszubringen. Darüber hinaus hatte der Verlag schon lang mit der Abneigung des deutschen Buchhandels gegen die französische Literatur zu kämpfen. So waren im Verlagskatalog 1938 nur mehr fünf Werke von Edouard Estaunie (allesamt von Dr. Fritz (Frederick) Lehner3 übersetzt) und Claude Anets Ariane zu finden, jedoch keine von Martin du Gard. Bis dem Verlagsprogramm konsequent ein »europäisches« Gesicht verpaßt wurde und der NS-Staat es deutschen Verlegern untersagte, schöngeistiges Gegenwartsschrifttum aus dem Englischen und Französischen in deutscher Übersetzung auszuliefern oder zu vertreiben, und zwar so lange diese Länder sich mit dem Deutschen Reich im Kriegszustand befanden - wir kommen noch darauf zurück - dominierte die englische Literatur unter den Übersetzungen des Zsolnay Verlags. Zsolnay war zwar ein ausländischer Verlag, aber de facto und nicht de jure der Reichsschrifttumskammer und deren Vorschriften unterstellt. Er unterlag zwar der »Anzeigepflicht für den Erwerb ausländischer Verlagsrechte« (»Amtliche Bekanntmachung Nr. 84 vom 25.7.1935«) noch nicht, dies bewahrte ihn allerdings nicht vor Verboten seiner Übersetzungsliteratur und dem daraus resultierenden beträchtlichen finanziellen Schaden. Ab 1933 war der Verlag bei Neuabschlüssen sehr vorsichtig und lehnte trotz General Verträgen selbst neue Werke ab. Daß der anhaltende Erfolg mancher Werke und mancher Autoren im Deutschen Reich dem Verlag in Wien nur noch mehr Schwierigkeiten bescherte und die Erfolgsautoren zum Manuskriptboykott bzw. zur Abwanderung veranlaßte, ist ein scheinbares Paradoxon, das sich leicht erklären läßt. Mit dem Absatz stiegen natürlich auch die Tantiemenforderungen, nur reichten die dem Verlag verfügbaren Devisen auf Grund der restriktiven Devisenkontingentierung nicht aus, um diesen Forderungen nachzukommen. Auf konkrete Beispiele kommen wir noch zu sprechen.
16.1. Lektorat und Übersetzer Im Gegensatz zur heutigen Praxis, die dem Autor eher selten persönlichen Kontakt zu »seinem« Verleger erlaubt, und wenn, dann bestenfalls bei Vertragsabschluß, war die persönliche Verbindung zwischen dem Verleger Paul Zsolnay und seinen Autoren oft herzlich bis freundschaftlich. Anders gesagt: es erschien kaum ein Werk, mit dem er sich nicht selber beschäftigt hatte. Wohl aber gab es ein eigenes Lektorat etwa für englische Literatur, das die Erwerbung der Übersetzungsrechte befürwortete oder ablehnte. John Galsworthy bildet insofern eine Ausnahme, als die Verbindung direkt über die Person des anglophilen Zeitungsredakteurs Leon Schallt zustande kam. Aus dem fragmentarisch überlieferten Archivmaterial geht allerdings nicht hervor, ab wann das System mit fix engagierten externen Gutachtern eingeführt wurde. 3
Zu seiner Biographie siehe: Bulletin. West Virginia State College. Institute, West Virginia. February 1964, Series 51, No. 1.(18 S.)
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Der erste angestellte und längstdienende Lektor des Verlags war Dr. Jonas Lesser, der aus einer orthodox-jüdischen Familie stammte und am 3. August 1895 in Czernowitz geboren wurde. Er hatte Altphilologie und Germanistik in seiner Heimatstadt und Wien studiert und am 4. Juli 1925 in Czernowitz summa cum laude promoviert. Die Stellung im Zsolnay Verlag bekam er auf Empfehlung von Arthur Schnitzler. So wandte sich Leszer (recte: Lesser) am 11. September 1925 brieflich mit der Frage an den Dichter, ob es diesem »vielleicht irgend möglich« wäre, ihm »zu einem Erwerb zu verhelfen«. »Vielleicht zu einem literarischen, in einem hiesigen Verlag oder in einer Buchhandlung.«4 Schnitzler dürfte bei Paul Zsolnay interveniert haben, denn laut Personalkartei trat Lesser am 18. Dezember 1925 in den Dienst des Zsolnay Verlags ein und war mit seiner Stelle, wie er Schnitzler dankend mitteilte, sehr bald zufrieden. 5 Er arbeitete dort bis Ende Juni 1938 als Lektor. 6 Da der Verlag nicht in der Lage war, alle englischen Bücher, die ihm z.T. über Anforderung von Literaturagenturen in den USA und England und Verlagen und z.T. in Manuskriptform über Mittelsmänner zugeschickt wurden, selber auf ihre Verwertbarkeit zu prüfen, engagierte man den Anglisten Leon Kellner - möglicherweise über Empfehlung von Felix Saiten.7 Kellner, 1859 in Tarnow, Galizien, geboren, promovierte 1883 in Wien zum Dr.phil. Sieben Jahre später war er Privatdozent für englische Philologie an der Universität Wien, 1904 wurde er als ordentlicher Professor an die Universität Czernowitz berufen und ging 1924 in Pension. Seit wann Kellner für den Zsolnay 4
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Dr. Jonas Leszer an Schnitzler, 11.9.1925, The Posthumous Papers of Arthur Schnitzler, Cambridge University Library. Den ersten Hinweis auf die Korrespondenz Lesser im SchnitzlerNachlaß - es sind insgesamt 6 Briefe an Schnitzler im Zeitraum 1924-27 - verdanke ich Herrn Peter Braunwarth, Wien. Die Vermittlung Schnitzlers wurde mir von der Witwe Lessers, Frau Dr. Fini Lesser, London, in einem Brief vom 9.11.1989 bestätigt: »He came to Zsolnay through a recommendation of Arthur Schnitzler.« »Ihre freundlichen Bemühungen haben nun auch das erhoffte Ergebnis gezeitigt: vor einigen Tagen bin ich in den Zsolnay-Verlag eingetreten. Und daß ich es hier so gut haben werde, davon konnte ich mich schon in diesen wenigen Tagen überzeugen.« (Lesser an Schnitzler, 20.1.1926). Lesser emigrierte Ende 1938 nach London, wo er am 9. Februar 1968 an einem Herzinfarkt starb. Bereits seit 1919 war er mit Thomas Mann befreundet gewesen und stand mit ihm in jahrelangem brieflichen und persönlichen Kontakt. 1952 veröffentlichte Jonas Lesser das Buch Thomas Mann in der Epoche seiner Vollendung. Diese Hinweise verdanke ich Frau Serafine Lesser, London. Zur Biographie Lessers siehe den Lyrikband Jonas Lesser 1895-1968. Zum Gedächtnis. Privatdruck Serafine Lesser, London. Lesser teilte Schnitzler am 20.1.1926 mit, daß er Paul Zsolnay das Manuskript eines Gedichtbandes mit dem Titel »Gewandeltes Leben« unterbreitet hätte und gehofft hatte, daß Zsolnay es lesen würde. Zu einer Veröffentlichung kam es nicht. (The Posthumous Papers of Arthur Schnitzler, Cambridge University Library). Saiten gehörte zum Freundeskreis Kellners. Siehe dazu Anna Kellner: Leon Kellner. Sein Leben und sein Werk. Wien: Carl Gerold's Sohn 1936, S. 44. Hinweise auf Kellners Tätigkeit für den Paul Zsolnay Verlag finden sich hier allerdings nicht. Kellner war u.a. Testamentsvollstrecker von Theodor Herzl.
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Verlag arbeitete, wissen wir nicht. Bekannt sind jedenfalls die Modalitäten seiner Gutachtertätigkeit. Kellner - und später sein Nachfolger Gottlieb A. Crüwell - bekamen regelmäßig einen Stoß Bücher zugeschickt und erhielten pro Gutachten und Werk ein Honorar in der Höhe von 5 Mark. An jedem empfohlenen und vom Verlag erworbenen Buch war der Gutachter jeweils mit einem Prozent am broschierten Ladenpreis beteiligt. Die Größenordnung dieser Tätigkeit war durchaus imposant: so hat Kellner im Jahre 1928 - bis zu seinem Tod am 5. Dezember 1928 - für Zsolnay nicht weniger als 100 englische Bücher begutachtet, von denen drei Titel vom Verlag angenommen wurden. 8 1930 gab Kellners Witwe, Anna, die ebenfalls als englische Übersetzerin hervorgetreten war, den Band Meine Schüler. Geschichten und Skizzen aus meiner Klasse heraus. Einige Jahre danach wurde Kellners zweite Tochter, Dora Sophie Kellner, Zsolnays Übersetzerin für die Werke der englischen Schriftstellerin Margaret Storm Jameson (1891-1986). 9 Nach dem Ableben Kellners suchte der Verlag einen Nachfolger und fand ihn Anfang März 1929 in der Person des 1866 geborenen Historikers und Referenten für Anglistik Gottlieb August Crüwell. 1898 war er als Volontär in die Universitätsbibliothek Wien eingetreten und wurde 1924 deren Direktor. Nicht einmal drei Tage nachdem Crüwell zugesagt hatte, wurden ihm die ersten englischen Bücher zur Lektüre zugesandt. Die nur sehr fragmentarisch erhaltenen Gutachten und die Begleitkorrespondenz gewähren einen Einblick in die Editionsgeschichte ausländischer Literatur. Crüwell mußte erst klar werden, was der Verlag von ihm erwartete. Felix Costa gab ihm folgende aufschlußreiche Antwort: Ihre dadurch aktuell gewordene Anfrage, ob wir auf einer Inhaltsangabe bestehen, können wir nur dahin beantworten, dass wir natürlich Ihre Meinung teilen, dass nicht der Vorwurf die Vorzüge eines Schriftstellers erklärt, sondern lediglich seine Behandlung. Dessenungeachtet müssen wir Sie, sehr verehrter Herr Hofrat, bitten, uns ganz kurz von dem Inhalt der begutachteten Sachen in Kenntnis zu setzen, insbesonders bei Büchern, wo die Stoffwahl durch ihre Originalität von entscheidender Bedeutung ist. Wir sind nämlich der Ansicht, dass bei der Edition ausländischer Bücher mit ein leitender Gedanke sein muss, solche Bücher in deutscher Sprache herauszugeben, die eine Erweiterung des Weltbildes oder neue Erkenntnisse bringen. 10
Wenige Tage später kam es zur ersten Übernahme eines Werks auf Grund eines Crüwell-Referats. Costa dazu: Wir danken Ihnen bestens für Ihre ausgezeichneten und aufschlussreichen Referate und haben das Vergnügen, Ihnen mitzuteilen, dass wir uns entschlossen haben, den Roman »The Cradle of the deep« von Joan Lowell, der uns auch vom amerikanischen Verleger sehr warm empfohlen 8
Siehe den Brief Felix Costas an Dr. G.A. Crüwell, 2.3.1929, Ordner Gutachten Crüwell.
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Die Tochter des prominenten Zionisten wurde 1890 in Wien geboren und heiratete 1917 Walter Benjamin. Ein Sohn aus dieser Ehe, Stefan Rafael, kam 1918 zur Welt. Er starb 1971 in London. Dora Benjamin emigrierte 1938 nach London, wo sie 1964 starb.
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Felix Costa an Crüwell, 11.3.1929, ebd.
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worden ist und der in den englischen Sprachgebieten einen ungeheuren Erfolg davontrug, zu erwerben."
Der Verlag hielt den Gutachter auf Trab, lobte seine Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit und erteilte gelegentlich Ratschläge. So meinte Paul Zsolnay Crüwell gegenüber, daß es bei Büchern, die der Gutachter »von vornherein als für eine deutsche Herausgabe ungeeignet« befand, nicht notwendig wäre, ein ausführliches Referat zu schreiben: »Wir glauben, dass in solchen Fällen vielleicht eine kurze Bemerkung, die Ihnen die Arbeit gewiss erleichtern würde, genügen könnte.«12 In den ersten sechs Monaten begutachtete Crüwell 54 Bücher. Für vier davon erwarb der Verlag die Übersetzungsrechte. Gelegentlich wurde der Fachmann auch gebeten, über eingereichte Übersetzungsproben zu befinden, den Originaltext zu erläutern und fallweise Titelvorschläge für die deutsche Ausgabe zu machen. Generell schwankte die Zahl der von Crüwell referierten Bücher zwischen 50 und 64 pro Halbjahr. Zwischen März 1929 und März 1930 begutachtete Crüwell 169 Werke. Ob er diese Tätigkeit bis zu seinem Tod am 19.12.1931 durchführte, ist nicht bekannt, ebensowenig, ob für ihn ein fixer Nachfolger gefunden wurde. Eine Beratertätigkeit übten auch manche »Stammübersetzer« aus. Rein von der Zahl her wäre der promovierte Jurist Dr. Richard Hoffmann an erster Stelle zu nennen. Hoffmann, der am 15.5.1892 in Wien geboren wurde, Schloß sein Studium an der Universität Wien nach seiner Ausmusterung als Oberleutnant der Reserve 1919 ab und trat daraufhin in den Staatsdienst.13 Bis auf drei Tschechow-Übersetzungen, die im Wiener Rhombus-Verlag bzw. in der Tagblatt-Bibliothek veröffentlicht wurden, arbeitete Hoffmann seit 1924 (als Maurice Barings Roman Die Verzauberte erschien) ausschließlich für Zsolnay. Neben einigen wenigen Titeln aus dem Russischen (Ilf/Petrow, Katajew, Leonow) und Italienischen (Bussoli, Buzzati, Masino, Scotti) stammten alle Übersetzungen - von insgesamt über zwanzig Autoren aus dem Englischen. 14 Das Geschäftsverhältnis zu den Übersetzern war sehr unterschiedlich: manche von ihnen hatten dem Verlag ein Werk bzw. einen Autor empfohlen und wurden daraufhin mit der Übertragung beauftragt, während andere wiederum im Einvernehmen mit dem Autor die Übersetzung machten oder zumindest zeitweise in einem fixen Dienstverhältnis standen. Viel beschäftigt waren z.B.
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Felix Costa an Crüwell, 16.3.1929, ebd. Das fragliche Werk erschien im August in der Übersetzung Richard Hoffmanns unter dem mißglückten Titel Miss Lowell als Matrose unter Matrosen. Der Roman einer Jugend auf hoher See. Um dem Abverkauf zu beschleunigen, brachte der Verlag 1935 eine »ungekürzte Sonderausgabe« unter verändertem Titel (Ich spucke gegen den Wind. Ein Mädel als Matrose) mit einer Auflage von 5 000 Exemplaren heraus. Paul Zsolnay an Crüwell, 21.5.1929, Ordner Crüwell Gutachten. Diese Informationen verdanke ich der Witwe Hoffmanns, Frau Ursula Benjamin-Hoffmann, Wien. Abdullah, Baring, J.H. Bradley, Juliette Bredon, Pearl S. Buck, A.J. Cronin, Carl Crow, Theodore Dreiser, Robert Eton, Allen Roy Evans, Carl Fallas, Daniel Henderson, Joan Lowell, J.C. Powys.
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Anne Polzer und ihr Mann Dr. Viktor Pollitzer (Polzer). Anne Polzer trat Anfang Dezember 1927 in den Verlag ein und war dort noch bis Ende Juni 1938 tätig.15 Sie übersetzte ein Werk von Pearl S. Buck sowie Werke von J.G. Cozzens, Marguerite Steen und Daniele Vare. Nach 1938 mußte ihr Name in Neuauflagen aus dem Impressum verschwinden. Ihr Mann, Dr. Viktor Polzer, geboren am 5. September 1892 in Wien, war promovierter Germanist und Schloß sein Studium in Wien im Jahre 1921 mit der Dissertation »Die Charakterzeichnung des Genie-Dramas in Theorie und dichterischer Praxis« ab. Seine Tätigkeit für Zsolnay als Übersetzer einer Reihe von Autoren aus dem Englischen erstreckte sich auf die Jahre 1936 bis 1938. Von ihm übertragen wurden Werke von A. Calder-Marshall, John T. Flynn, Clara Longworth, Ralph H. Major, Lenore G. Marshall und Daniele Vare.16 Für weitere Übersetzungen aus dem Englischen bzw. Amerikanischen engagierte der Zsolnay Verlag eine Vielzahl von Personen, darunter Jacques Sgalitzer (Robert Hichens), Ellinor Drösser (W.H. Hudson), Andor Braun (Fannie Hurst), Dora Sophie Kellner (Storm Jameson), Ciarisse Mehner (Sinclair Lewis), die ältere Tochter Leon Kellners Paula Arnold (1885-1968): (John Owen), Susanne Schallt (Ellen Glasgow), Marie Franzos (Edith Wharton), Ingrid Wolf (F.P. Crozier), Marianne von Schön (1889-1974): (Dreiser, Mary Webb), Ernst 15
Anne Polzer, am 17. März 1908 in Wien als Tochter des führenden Wiener Dermatologen Dr. Ignaz Bindermann geboren, heiratete 1931 Dr. Viktor Pollitzer, den Lektor des Herz-Verlags in Wien. Am 22. Oktober 1938 verließ sie zusammen mit ihrem Mann Wien und emigrierte nach New York. Als Emigrantin arbeitete sie dort zuerst als Sekretärin und hegte »Verlagspläne« in der Absicht, eine »Auslandsabteilung« zu gründen. Später war sie bei der Zeitung Aufbau tätig. Von London aus wollte Paul Zsolnay sich die Gunst von Pearl S. Buck sichern und - als Vertreter ihrer deutschen Buchrechte - sie weiterhin an den Paul Zsolnay Verlag in Wien vermitteln. Zsolnay bat Anne Polzer, die Lage bei Mrs. Walsh zu sondieren und für den Wiener Verlag ein weiteres Werk Bucks zu übersetzen, aber der Abgang von Wien war ihr und ihrem Mann in noch allzu lebhafter Erinnerung: »Vielmals danke ich Ihnen für Ihren Vorschlag, die Übersetzung des Buches für den Zsolnay Verlag zu machen. Es wäre meinem Mann und mir eine aufrichtige Freude gewesen, diesen Vorschlag anzunehmen, das werden Sie uns sicher glauben. Aber die damit verbundenen wenig erfreulichen Umwege und unsere noch überaus lebhafte Erinnerung an das letzte halbe Jahr, das wir in Wien zu verbringen das Vergnügen hatten, bestimmen uns dazu, allem, was den stolzen Namen Deutschland trägt, in weitem Bogen aus dem Weg zu gehen.« (Anne Polzer an Paul Zsolnay, 27.4.1939, Ordner »Paul Zsolnay privat 1939-1940«). Was Zsolnay offenbar nicht wußte, war, daß das Propagandaministerium dem Zsolnay Verlag das Verlegen neuer Buck-Werke bereits untersagt hatte. Überdies teilte Frau Polzer Paul Zsolnay am 5. Juli 1939 mit, »daß die Autorin bis auf weiteres beschlossen hat, bezüglich der deutschen Rechte des 'Patriot' weder das Anbot eines reichsdeutschen Verlages noch das Anbot eines außerdeutschen Verlages anzunehmen« (ebd).
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Nach seiner Ankunft in New York fand Polzer zur Alliance Book Club Corporation, hinter dem der Großverlag Longmans, Green & Company stand, Kontakt. Literarischer Beirat war Richard A. Bermann/Arnold Höllriegel. Weil es immer schwieriger wurde, deutsche Bücher außerhalb des Deutschen Reichs zu vertreiben und zu verkaufen, hatten sich alle großen außerdeutschen Verleger - Bermann-Fischer, Querido und Allert de Lange - hier vereinigt. Polzer starb am 16. Februar 1965 in New York.
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Weiß (Dreiser), Alfons Matthias Nuese (Dreiser), Lena Neumann, Helene M. Reiff, Otto Mandl, Richard Mark, Blanche Mahlberg (alle H.G. Wells), Stephanie Frischauer (Stella Benson), Irene Kafka (* 1890) (Maurice Baring, Robert Hichens), Lotte Leber (Daniele Vare). Wenn vorhin davon die Rede war, daß englische und französische Literatur beinahe die Hälfte des Absatzes des Zsolnay Verlags ausmachte, so sind einige Erläuterungen vonnöten. Dieser ganz offenkundige Verkaufserfolg ist erstens nicht nur auf französische Titel zurückzuführen und zweitens einigen Spitzenautoren zu verdanken. Sieht man von John Galsworthy, H.G. Wells, Pearl S. Buck und (ab 1938) A.J. Cronin ab, waren der Verkauf und die Höhe der Auflagen anderer englischer oder amerikanischer Literatur durchschnittlich und die Erfolge eher dünn gesät. Man darf nicht vergessen, daß neben anspruchsvoller Literatur auch Unterhaltungsliteratur angeboten wurde, und in dieser Sparte war der Zsolnay Verlag nicht allein. In der Produktion ausländischer Literatur nahmen englische und amerikanische Originaltitel den ersten Platz ein. 1930 erschienen die meisten Übersetzungen, danach nahm die Zahl kontinuierlich ab. In den 30er Jahren wurde auch generell weniger Belletristik verlegt. Der Zsolnay Verlag legte bei ausländischen wie bei deutschen Autoren Wert auf einen General vertrag, auf den Erwerb der Rechte auf alle Werke eines Autors, sowie auf eine Erstvorlagepflicht bei neuen Büchern und verpflichtete sich, ein Werk pro Jahr auf den Markt zu bringen. Diese Konzentration der Werke eines Autors in einem einzigen Verlag bewährte sich und wurde - mit Hinweis auf das »Musterbeispiel« H.G. Wells - als Argument in Verhandlungen mit Agenturen und Autoren ins Spiel gebracht. Nicht alle Autoren wünschten die Sicherheit eines General Vertrags, und gerade bei fremdsprachiger Literatur sah der Verlag nicht immer die Möglichkeit, einen Stoff auf dem deutschen Buchmarkt erfolgreich durchzusetzen. In manchen Fällen machte der Verlag den Erwerb weiterer Bücher vom Verkaufserfolg des ersten Titels abhängig.
16.2. Die Übersetzungsliteratur In den ersten beiden Produktionsjahren wurden jeweils drei Titel von John Galsworthy und ein Roman von Maurice Baring veröffentlicht. 1926 brachte Zsolnay bei einer Jahresproduktion von 20 Titeln wieder vier Werke aus dem Englischen heraus. Neben drei neuen Werken von John Galsworthy debütierte H.G. Wells bei Zsolnay mit dem »Longseiler« Die Geschichte unserer Welt (The Outline of History, 1. Aufl. des Originals 1920). Wells wurde durch den literaturinteressierten Wiener Großindustriellen Otto Mandl vermittelt. Von den 29 Titeln des Jahres 1927 waren bereits acht Übersetzungen aus dem Englischen. Schwerpunkte waren John Galsworthy, dessen vier Neuerscheinungen die Gesamtzahl seiner Werke bei Zsolnay auf fünfzehn erhöhten, und H.G. Wells. Dieses Jahr markiert den Beginn der Herausgabe der »Gesammelten Werke in Einzelausgaben« von Wells. 1924 war in England die berühmte »Atlantic Edition« seiner Werke in 28 Bänden mit limi254
tierter Auflage (1670 sets) auf den Markt gekommen. 1926/27 erschien die sog. »Essex Edition« von »The Works of H.G. Wells« in 24 Bänden, sodaß der Entschluß Zsolnays, gleich aufs Ganze zu gehen, von den Entwicklungen in England inspiriert worden sein mag. Von den Romanen Der Traum (The Dream, aus dem Jahr 1924), Menschen, Göttern gleich (Men like gods) und Die Welt des William Clissold aus dem Jahre 1923 legte Zsolnay gleich 20 000 Exemplare auf. Bedenkt man die Seitenzahl der drei Werke (1 626 Seiten) und multipliziert sie mit 60 000, so waren die Ausgaben des Verlags gewaltig. Genauso wie bei John Galsworthy einige Jahre zuvor bemühte sich Zsolnay, die deutschen Rechte auf sämtliche Werke des britischen Autors zu erwerben. Bis zum Generalvertrag mit dem Wiener Verlag waren die Werke - ähnlich wie bei Galsworthy - hier und da herausgegeben worden, ohne daß man von einer Pflege oder gar einer gezielten Vermarktung des Autors sprechen könnte. Von Jul. Hoffmann in Stuttgart war eine Reihe von Romanen durch Grethlein & Co. in Leipzig übernommen worden. Sehr früh hatte der J.C.C. Bruns' Verlag in Minden Einzeltitel verlegt, aber kein Verlag bemühte sich, sein Gesamtwerk zu veröffentlichen. In Berlin kamen Titel bei der Deutschen Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte (1922) heraus, in Wien bei Moritz Perles (1917), 17 E.P. Tal (1923) und Steyrermühl (1925) sowie in München bei Kurt Wolff. Es dauerte bis in die 30er Jahre hinein, bis Zsolnay endlich den Großteil der Rechte auf früher erschienene Bücher erwarb. So begann z.B. auch eine generalvertragliche Verbindung von Grethlein & Co. 1927 mit dem Amerikaner Theodore Dreiser. Im Oktober erschien sein erstes und für den Zsolnay Verlag zugleich erfolgreichstes Buch, der Roman Eine amerikanische Tragödie. Startauflage: 10 000 Exemplare. Der Roman Mannequin der Amerikanerin Fannie Hurst Schloß den Reigen englischer bzw. amerikanischer Literatur für dieses Jahr ab. 1928 hielten deutsche und ausländische Literatur einander die Waage: 18 der 38 Neuerscheinungen waren Übersetzungen. Im Programm dieses Jahres war Wells erstmals öfter vertreten als Galsworthy. Im März erschienen zwei neue Titel: Die Geschichte eines großen Schulmeisters. Eine einfache Darstellung des Lebens und der Ideen Sandersons von Oundle und Bealby. Ein heiterer Roman,18 im Oktober Die Weltgeschichte in drei Bänden mit einem Umfang von 1 475 Seiten und einer Gesamtauflage von 15 000 und im November Die offene Verschwörung. Vorlage für eine Weltrevolution (Auflage 10 000). Neben zwei neuen Büchern von Dreiser, dem Roman Jennie Gerhardt und Der Titan, erschien das erste Werk des Engländers Robert Hichens (1864-1950). Zsolnay erwarb die Rechte vom Londoner Verlag A.P. Watt & Son und brachte den Roman The Bacchante and the Nun u.d.T.
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Der Krieg der Welten [The War of the Worlds], Autor. Übers, aus dem Englischen von Gottlieb August Crüwell.
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Originaltitel: The Story of a great Schoolmaster, Sanderson
being a plain account of the life and ideas of
of Oundle (C'natto & Windus, 1924); Bealby (Methuen, 1915). Erstauflagen in der
deutschen Ausgabe 5 000 bzw. 10 000 Exemplare.
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Bacchantin und Nonne heraus. Er wollte gleich nach diesem Erwerb einen Generalvertrag verbunden mit einer Erstvorlagepflicht abschließen, ein Angebot, das der britische Autor allerdings ausschlug. Auch das zweite Hichens-Werk, Der Garten Allahs (The Garden of Allah), das im September 1929 auf den Markt kam, war kein besonderer Erfolg. Zsolnay lehnte daher bis 1934 fast ein Dutzend anderer Werke Hichens ab. »Der Londoner«, so lautete eine Begründung, sei »nicht völlig auf der Linie unserer literarischen Absichten«. Bacchantin und Nonne fand nur geringen Absatz, das heißt, es hat nicht, wie Costa es formulierte, »den durchschlagenden Erfolg errungen, den wir erwartet hatten«.19 In einem weiteren Brief an den Verlag in London heißt es, der »Fall Hichens« sei »sehr schwer [...] weil einige Bücher [...] für eine Herausgabe in deutscher Sprache nicht geeignet erscheinen«. 20 Erst 1936, als Der Garten Allahs verfilmt wurde, schöpfte der Verlag Hoffnung und ließ das umfangreiche Werk (783 S.) statt in zwei Bänden in einer ungekürzten Sonderausgabe neu auflegen. Ähnlich enttäuschend war der Verkauf weiterer Werke englischer Autoren. Im Jahr der Weltwirtschaftskrise, dem Jahr, in dem die Bibliothek zeitgenössischer Werke lanciert wurde, erreichte die Zahl der Neuerscheinungen erstmals 50, von denen 24 Übersetzungen waren. Zwei neue englische Schriftsteller wurden vorgestellt: John Owen und Joan Lowell. Owens Der Glückspilz. Roman aus Liverpool kam in der Übersetzung Paula Arnolds, einer Tochter des ersten englischen Gutachters Leon Kellners, heraus, und im folgenden Jahr ein zweites Werk, ebenfalls von Arnold übersetzt, Sein Freund der Schäfer (The Shepherd and the Child), aber keiner der beiden Titel kam beim Publikum an. Mit Joan Lowell ließ es der Verlag bereits bei einem Buch bewenden. Der Roman The Cradle of the Deep, der vom Gutachter Crüwell empfohlen worden war, erlebte 1929 u.d.T. Ich spucke gegen den Wind auch nur eine Auflage, doch gab Zsolnay 1935 eine ungekürzte Sonderausgabe unter verändertem Titel heraus. 1930 war der Höhepunkt für englische Literatur bei Zsolnay erreicht. Die Jahresproduktion von Neuerscheinungen stieg neuerlich auf 53 Werke, und bereits zum zweiten und letzten Mal überstieg die Zahl der Übersetzungen jene der deutschen Werke. Mehr als ein halbes Dutzend neuer Autoren trat im Verlagsprogramm auf, konnte sich aber auf dem Markt nicht durchsetzen. F.P. Crozier z.B. hatte den Ersten Weltkrieg als englischer Brigadegeneral mitgemacht und später das Kriegsbuch Α brass hat in no man's land geschrieben. Auf Empfehlung Crüwells nahm Zsolnay seine Option auf das Werk in Anspruch und genehmigte der Agentur Jonathan Cape ein Honorar von 10% des Ladenpreises. Zsolnay hoffte, »es in Deutschland zu einem Erfolg zu führen«, 21 doch trotz der »ganz besonderen Reklame«22 für das Buch stieß es auf harte Marktkonkurrenz. Der
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Costa an A.P. Watt, Costa an A.P. Watt, Paul Zsolnay Verlag Paul Zsolnay Verlag
256
London, 27.8.1929, Ordner Hichens. 22.10.1929, ebd. an Jonathan Cape, 27.5.1930, Ordner Crozier. an Jonathan Cape, 24.7.1930, ebd.
Autor meldete sich im Dezember beim Verlag, um sich nach dem Erscheinungstermin (16. Oktober) und dem Verkaufserfolg zu erkundigen. Bis Januar 1931 hatte man bereits zwei Drittel der Auflage (3 000 Ex.) abgesetzt, was Felix Costa eher enttäuscht zur Kenntnis nahm: Obwohl Ihr Buch in Deutschland grösstes Interesse weckte, wundert es uns nicht, dass nicht mehr Exemplare verkauft wurden. In letzter Zeit sind in Deutschland eine Unzahl Kriegsbücher erschienen, die den Markt überschwemmen und erst die Zeit wird erweisen, welche die besten sind und überdauern werden, und welche an Erfolg und Verkaufsziffern grösser werden werden. 23
Der literarische Erfolg von John Cowper Powys umfangreichem Roman (1 068 S.), Wolf Solent, den Zsolnay im April 1930 auf Empfehlung Crüwells in einer Auflage von 5 000 Exemplaren auf den Markt brachte, scheint auch größer gewesen zu sein als der kaufmännische. Es blieb bei einer Auflage. Zsolnay setzte mehr auf Unterhaltungsliteratur, ohne jedoch einen Bestseller zu landen. Von der Londoner Agentur Dent erwarb man die Rechte an dem Roman The Purple Land von W.H. Hudson. Allein die Wiedergabe des Titels schuf Probleme, und Lektor Crüwell wurde um eine Erläuterung und einen Titelvorschlag gebeten. Nachdem als Titel »Das purpurrote Land« und »Abenteuer in Uruguay« abgelehnt worden waren, einigte man sich auf Roman in Uruguay. Der Absatz bis zur ersten Abrechnung Ende März 1931 ließ zu wünschen übrig: verkauft wurden nur 1 540 Exemplare, womit der Entschluß gefaßt wurde, keine weiteren Werke von Hudson zu erwerben. Auch im Fall der Engländerin Mary Webb (1881-1927), deren Roman The Precious Bane den ungewöhnlichen Titel Die Geschichte von der Liebe der Prudence Sarn bekam, blieb die Auflage großteils liegen. Seit dem Erscheinen am 30. Oktober 1930 bis Mitte 1932, als die Lagerbestände wegen Weiterverwertung an die BZW abgegeben wurden, konnte nicht einmal die Hälfte der Erstauflage (3 000) abgesetzt werden. Ähnliche Mißerfolge erlebte der Verlag 1930 mit Ellen Glasgows Roman Rette mich nicht (They stooped to folly), dem »Roman aus der New Yorker Theaterwelt« von Achmed Abdullah, Faith Baldwins Broadway Sensation (orig. Broadway Interlude) sowie mit Stella Bensons (1892-1933) Roman Fremd wie mein Geliebter (Goodbye, Stranger). Wenn man das gesamte Fremdsprachenprogramm des Zsolnay Verlags der Jahre 1924-1945 überblickt, so fällt die reiche Auswahl an vertretenen Weltsprachen und -literaturen auf. Selbst Fernöstliches war im Programm durch einen modernen chinesischen Liebesroman vertreten. Schon 1927 hatte der mit dem Verlag befreundete Redakteur Max Fleischer seine »Nachdichtungen chinesischer Lyrik« von Li-Tai-Pe u.a. unter dem Titel Der Porzellanpavillon veröffentlicht. Weitere Angebote Fleischers wurden abgelehnt. Über Vermittlung des Sinologen Franz Kuhn
23
Costa an Crozier, 7.1.1931, ebd.
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(1884-1961) 24 und in dessen Übertragung versuchte es Zsolnay mit dem Roman Fräulein Tschang. Ein chinesisches Mädchen von heute von Hai Schang Schuo Mong Jen im September 1931. Der Liebesroman bot, wie das Prager Tagblatt schrieb, »Einblick in eine unbekannte Welt, in der der Zusammenstoß uralter Tradition mit modern internationaler Oberflächenkultur in ungeahnter Heftigkeit erfolgt«. 25 Von der Linie der neuen englischen Belletristik wich man in einem Fall ab, als man sich dazu entschloß, die von Leonard Huxley herausgegebenen Briefe an ihre Familie von Jane Welsh Carlyle in deutscher Übersetzung (von Adele Benedikt, der Mutter des Neue Freie /Yesre-Herausgebers Ernst Benedikt) auf den Markt zu bringen. Über den Grund bzw. die Gründe, weshalb mit dem Jahr 1930 der Zenit für englische Literatur zumindest im Zsolnay Verlag überschritten war, kann man nur spekulieren: erstens können die Einbußen auf die allgemeine Wirtschaftskrise und die sinkende Kaufkraft des Publikums zurückgeführt werden. Mangels eingehender Rezeptionsstudien läßt sich nicht ausschließen, daß das Interesse für englische Romane, die noch dazu in einem Umfang von 300, 400 bis 1000 Seiten zu entsprechendem Preis angeboten wurden, nachgelassen hatte. Es ist ebenfalls möglich, daß die Nachfrage nach den Sonderausgaben moderner (deutscher) Klassiker, die nun den Markt überschwemmten, solche Rückgänge verursachte. Wie dem auch sei: seine treuen Käufer fand noch H.G. Wells, von dem 1930 drei neue Titel herauskamen, nämlich: Der Apfel vom Baum der Erkenntnis (Short Stories) im April, Die Weltgeschichte in 580 Bildern im Mai, sowie der Roman Einstweilen (Meanwhile) im Oktober. Von John Galsworthy erschienen zwei Novitäten: Weltbrüder im April und Forsyte Börse im Oktober. 1931 fiel die Jahresproduktion auf 44 Titel zurück, und ähnlich zurückgestutzt wurde auch ausländische Literatur. Der Zsolnay Verlag setzte seinen Erfolgskurs mit John Galsworthy fort und brachte gleich vier neue Titel über das Jahr verteilt heraus. Auch H.G. Wells war wieder mit einem neuen Werk im Programm. So brachte Zsolnay den im Vorjahr bei Heinemann in England veröffentlichten Phantasieroman The Autocracy of Mr Parham u.d.T. Der Diktator oder Mr. Parham wird allmächtig. Nur mehr zögernd erwarb Zsolnay neue englischsprachigen Autoren und wagte es auf Grund eines Gutachtens von Crüwell mit der Amerikanerin Edith Wharton (1862-1937) aus New York. Im März kam der Roman Die oberen Zehntausend in einer Auflage von 3 000 Exemplaren heraus. Aber auch mit Wharton war kein Geschäft zu machen, die Übersetzerin Marie Franzos war ob des Verkaufs »ein wenig enttäuscht«.26 Der schleppende Absatz bewog den Verlag, kein weiteres der vielen
24
Kuhn, der zweisprachig war, hat unter großem Aufsehen im Insel-Verlag eine Reihe von klassischen chinesischen Romanen veröffentlicht.
25
Zitiert nach der Anzeige im Börsenblatt,
Nr. 260, 9.11.1931, S. 6390. Die Auflage betrug
5 000 Exemplare. 26
Marie Franzos an den Paul Zsolnay Verlag, 22.6.1931, Ordner Wharton.
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eingereichten Werke Whartons zu erwerben. Costa machte die Marktsituation dafür verantwortlich und teilte der Agentur D. Appleton & Co. in London im August 1931 mit: Doch war der Erfolg von Zehntausend nicht sehr zufriedenstellend und da die Verhältnisse auf dem deutschen Büchermarkt recht schlecht sind, können wir jetzt kein weiteres Werk der Wharton herausbringen. Wir hoffen aber, dass wir auf diese Sache zurückkommen können und dass wir, falls die Lage sich bessern sollte, vielleicht doch unseren Entschluss werden ändern können. 27
Bereits im Januar 1933 wurde das Buch verramscht. Im folgenden Jahr, 1932, riskierte Zsolnay keine neue Publikation von Autoren aus dem englischsprachigen Raum, mit Ausnahme des schottischen Arztes A.J. Cronin, der sein mit eher mäßigem Erfolg begleitetes Debüt im Verlagsprogramm feierte. Statt dessen setzte man - auch vertragsgemäß - auf bewährte Autoren wie Galsworthy, Dreiser und H.G. Wells {Arbeit, Wohlstand und das Glück der Menschheit The Work, Wealth and Happiness of Mankind, 1931). 1933 war die Verlagsproduktion wieder rückläufig: sie fiel auf 40 Titel zurück, von denen sechs der elf Übersetzungswerke aus dem Englischen waren. Es waren zwei neue Titel von Galsworthy, je ein Werk von Buck, Cronin und Wells sowie das erste und letzte Werk eines neuen Autors, des Amerikaners James Gould Cozzens (1903-1978). Zsolnay wollte vom Agenten E. Alexander eine Option auf die Werke dieses Autors für die Dauer von drei Jahren abschließen. Diese Option umfaßte alle bereits erschienenen Bücher von Cozzens sowie alle neuen Werke und sollte solange gelten, als Zsolnay alljährlich ein Werk von Cozzens veröffentlichte. Wie bei sonstigen Verhandlungen verwies der Verlag auch in diesem Fall auf die besonderen Vorteile, alle Rechte in einem Verlag zu konzentrieren: »Wir bitten Sie, diesen unseren Vorschlag beim Autor durchzusetzen, vor allem mit dem Hinweis darin, dass unser Verlag, der das Interesse hat, das Gesamtwerk seiner Autoren herauszubringen, ganz besonders einsetzt.«28 Der Verlag war voller Hoffnung und versuchte die Neue Freie Presse für einen Abdruck zu gewinnen: »Wir haben für unseren Verlag die deutschen Rechte eines Werkes erworben, dessen Autor zu 27 28
Costa an Appleton & Co., 22.8.1931, ebd. Costa an E. Alexander, 3.3.1933, Ordner Cozzens. Ähnlich hatte Paul Zsolnay im Fall der Erwerbung der Werke Robert Hichens in einem Schreiben vom 15. Februar 1928 an die Agentur A.P. Watt & Son argumentiert: »Wir glauben, dass es nicht nur im Interesse unseres Verlages, sondern auch im Interesse von Mr. Hichens wäre, wenn eine Konzentration sämtlicher seiner Werke stattfinden würde. Wie sehr sich die Konzentration der Werke eines Autors in einem einzigen Verlage bewährt, können Sie am besten daraus ersehen, dass die Werke John Galsworthys, seitdem sie in unserem Verlage konzentriert sind, also binnen drei Jahren, in über 300,000 Exemplaren verkauft wurden, während sie früher in Deutschland nur sehr wenig Erfolg hatten.Diese Konzentration zeigte grosse Erfolge auch bei den Werken H.G. Wells, die gleichfalls erst seit ihrem Erscheinen in unserem Verlage in Deutschland den ihnen gebührenden Erfolg errangen.« Ordner Hichens.
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den grössten Hoffnungen der jungen amerikanischen Literatur gehört und das in England und Amerika geradezu sensationellen Erfolg gehabt hat. Es handelt sich um die Erzählung 'Ein Schiff geht unter' von James Gould Cozzens.«29 Das Werk, das bei Zsolnay am 1. Juni erschien, erfüllte doch nicht die Erwartungen des Verlags. Weitere Bücher von Cozzens wurden mit dem Argument abgelehnt, sie würden das deutsche Publikum nicht interessieren. Bevor auf die Auswirkungen der NS-Machtübernahme im Januar 1933 auf das Werk H.G. Wells näher eingegangen wird, noch ein Wort zum Umfang der Produktion. Es ist vorhin gesagt worden, daß die Zahl der neuen Titel im Jahr 1933 deutlich abfiel. Das Bild der Gesamtproduktion wäre aber einseitig, wenn nicht die Neuauflagen Erwähnung fänden, denn auch an ihnen läßt sich der Geschäftsgang bzw. der Verkaufserfolg messen. Der Verlag führte seit 1925 eine eigene Neuauflagen-Kartei mit Titel, Datum und Auflagenhöhe. Bis 1933 zeichnete sich folgende Entwicklung ab: Jahr 1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933
Neuauflagen pro Titel 6 4 8 13 11 17 17 17 10
Gesamtauflage in Bänden 42 21 97 140 89 97 116 58 31
100 700 000 850 900 400 650 350 920
16.3. Das Schicksal von H.G. Wells Ein prominentes Opfer der Politik der wirtschaftlichen Konsolidierung des Verlags einerseits, der Verbotsmaßnahmen in Deutschland im Bereich englischer Literatur andererseits war eine der ursprünglichen Säulen des Verlags in den ersten Jahren, ein Autor, vom dem der Paul Zsolnay Verlag mit gebührendem Stolz behaupten konnte, ihn im deutschen Sprachraum durchgesetzt zu haben, nämlich H.G. Wells. Wie erwähnt, hatte Zsolnay bereits 1927 begonnen, die Gesammelten Werke H.G. Wells herauszugeben. Während eine Vielzahl vor allem neuerer Werke durch Vermittlung Otto Mandls leicht zu erwerben waren, dauerte es noch bis Mitte 1931, bevor Zsolnay die Rechte auf sämtliche frühere Romane von Wells vom Grethlein Verlag in Leipzig übernehmen konnte.30 Leider erfolgte die Transaktion 29 30
Costa an die Redaktion der Neuen Freien Presse, 3.5.1933, Ordner Cozzens. Einzelheiten sind nicht bekannt, weil von den vier Ordnern mit Wells-Korrespondenz im Verlagsarchiv nur Ordner 4, der Material über die Zeit zwischen Mai 1934 und Februar 1938 ent-
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zu spät, sodaß Zsolnay die Rechte nicht richtig verwerten konnte. Im Herbst 1934 trat der Verlag sämtliche Rechte an die in Zürich beheimatete Bibliothek zeitgenössischer Werke ab. Neben vielen Schulausgaben war Wells in Deutschland und Österreich im Original in der Tauchnitz-Edition (Collection of British and American authors, Student's Series) weit verbreitet. Bis 1933 waren vom englischen Autor bereits 45 Bände in der Tauchnitz-Edition, andere in »Diesterwegs neusprachliche Reformausgaben« erschienen. Es ist wahrscheinlich, daß nach 1933 die Wells-Ausgaben verboten wurden.31 Bis einschließlich 1933 hatte der Zsolnay Verlag von den Werken Wells insgesamt ca. 238 000 Bände aufgelegt, eine Zahl, die zwar auf eine Vielzahl von Werken aufgeteilt, aber dennoch ein Indiz für die große Popularität des Autors war. Dieser Umstand wurde Zsolnay zum Verhängnis, als über Wells ein Verbot verhängt wurde, zumal er 80 Prozent dieser Bücher im Reich absetzte, wo der Verkauf von Monat zu Monat dementsprechend schlechter wurde. Noch am 11. Mai 1933 erschien bei Zsolnay das letzte Werk Wells' vor Kriegsende. Es war dies ein Neudruck des 1925 bei Kiepenheuer erschienenen Romans Die Geschichte einer Ehe. Die Hoffnung Zsolnays, Wells in seiner »Bibliothek« herausbringen zu können, wurde sehr bald aufgegeben. Es scheint bei einer Ausgabe der Zeitmaschine in kleiner Auflage (2 000) im November 1934 geblieben zu sein. Das »Objekt Wells«, einst mit hohen Renditen verbunden, war praktisch über Nacht zur großen Belastung geworden. Schon im August 1934 hatte Zsolnay erste Übernahmsverhandlungen mit dem Wells-Übersetzer und -Herausgeber Otto Mandl geführt und nach mehreren ergebnislosen Runden den Verkaufspreis auf sfrcs 60 000 für Matern und Restbestände gesenkt. Doch Mandl verschwand von der Bildfläche, und der Verlag kam mit dem Zürcher Verlag Rascher & Cie. ins Gespräch, ohne bis 1938 zu einem konkreten Ergebnis gelangt zu sein. Zum Problem mit den unerwünschten Schriften Wells' kam noch die zeitübliche Unmöglichkeit hinzu, Devisenbewilligungen fürs Ausland zu bekommen, um beträchtliche fällige Zahlungen an den Autor zu leisten. Indirekt diente die Devisen-
31
hält, erhalten ist. Es ist nicht auszuschließen, daß die ersten drei Ordner, zumal Wells im Reich unerwünscht war, im Frühjahr 1938 von der Gestapo beschlagnahmt wurden. Aus einer einschlägigen Arbeit von Karl H. Pressler (Die Tauchnitz-Edition: Anfang und Ende einer berühmten Reihe. In: Börsenblatt, Aus dem Antiquariat 34 (1978), H. 11, A 405-A 415) geht dies allerdings nicht hervor. Ebensowenig scheint sein Name im Rundschreiben Nr. 29 vom 28. Juni 1940 auf, das von der RSK, Landesleitung Wien, Gruppe Buchhandel, ausgesandt wurde (Archiv, Buchgewerbehaus, Wien. Mappe RSK, Rundschreiben 1938-1941). Unter der Überschrift Verbotene Autoren der Tauchnitz Edition und Albatros Library liest man: »Nachstehend werden Autoren der Tauchnitz und Albatros Library, deren Auslieferung nicht mehr erfolgt, benannt. Diese dürfen auch durch den Buchhandel nicht mehr verkauft werden. Sie sind mithin dem Verkaufslager zu entnehmen und gesondert aufzubewahren.« Genannt werden u.a. Maurice Baring, Pearl S. Buck, Theodore Dreiser, Graham Greene, Julien Green, Ernest Hemingway, Aldous Huxley, Storm Jameson, W. Somerset Maugham, Vincent Sheean und Rebecca West.
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bewirtschaftung im Reich vor allem bei ausländischen Verlagen der Produktionssteuerung insofern, als Stammautoren, bei denen der Verlag tief verschuldet war, sich weigerten, unter den gegebenen Umständen dem Verlag weitere Werke zu übergeben, bevor nicht die ausstehenden Honorarbeträge überwiesen würden. Für Zsolnay war dies - Stichwort: Brechstange der Devisenbewirtschaftung - sowohl vor als auch nach Beginn der NS-Herrschaft in Österreich eine Existenzfrage. Der Verlag konnte aber nichts dafür und saß gewissermaßen zwischen zwei Stühlen. Alte »Schulden« des Verlags an den Autor blieben bestehen, und dessen Bücher brachten keine Eingänge. Das unfreiwillige Versäumnis des Verlags führte natürlich zu erheblichen Spannungen, und es wundert nicht, daß Wells den Verlag wiederholt drängte, entweder den Vertrag zu erfüllen (ausstehende Honorare zu zahlen) oder ihn zu kündigen. Am 17. Februar 1936 richtete der besorgte Verleger Paul Zsolnay ein letztlich nicht abgegangenes Schreiben an die für Finanzfragen offensichtlich zuständige Gattin von Wells, in dem er ihr die schwierige Lage auseinandersetzte: Wir haben Ihnen seit März 1933 keine Abrechnungen mehr geschickt, da wir wegen der Verbote, die gegen einige Bücher von H.G. Wells in Deutschland erfolgt sind, mehr Bücher von den Buchhändlern zurückerhalten, als wir verkaufen. [...] Wir bedauern es ausserordentlich, dass politische Gründe uns daran verhindern, mehr von den Werken von H.G. Wells abzusetzen und dass wir Ihnen daher nichts Erfreuliches diesbezüglich mitteilen können. Der Schaden, den wir selbst durch diesen Umstand erleiden, ist sehr hoch, was aber leider für Sie kein Trost ist. Unsere Einstellung zu H.G. Wells hat sich selbstverständlich trotzdem dadurch in keiner Weise geändert und wir hoffen, dass es uns gelingen wird, für H.G. Wells wieder eine günstige Stimmung in Deutschland zu erzeugen. Dies wäre für den Absatz seiner Bücher von ausserordentlicher Wichtigkeit, da wir gerade von Büchern von H.G. Wells vor dem Umsturz in Deutschland 80% verkauft haben. 3 2
Der Inhalt dieses Schreibens müßte zur Annahme verleiten, daß H.G. Wells vom Schicksal seiner Bücher in Deutschland nichts wußte. Ein paar Monate später setzte Paul Zsolnay seine Aufklärung in ähnlicher Weise fort, aber es geschah etwas Entscheidendes, das die Hoffnung auf eine günstige Stimmung für die Werke Wells1 im Reich wohl unrealistisch machte: Beim Leipziger Kommissionär wurden nach Angaben der Herstellkartei im März 1936 drei Werke beschlagnahmt und eingezogen. Am 23. Juni 1936 schreibt Zsolnay: »Wir haben Ihnen seit März 1933 keine Abrechnungen mehr geschickt, da wir infolge der Verbote, die in Deutschland gegen alle Werke von Wells ergangen sind, mehr Exemplare von den Buchhändlern zurückerhielten als wir ausliefern konnten.«33 Und weiter: »Selbstverständlich hat dies unsere persönliche Einstellung gegen den von uns hochverehrten Autor in keiner Weise geändert, aber wir sehen vorläufig leider keine Möglichkeit, den Absatz seiner Werke in deutscher Sprache zu heben.«
32
Schreiben Paul Zsolnay vom 17.2.1936, Ordner Wells.
33
Paul Zsolnay an Mrs. Wells, 23.6.1936, ebd.
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Die Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums (Stand vom Oktober 1935) vermerkt das Verbot von »Die Welt des William Clissold und sämtliche(n) anderen Schriften«. Bis Ende des Jahres 1936 gab Zsolnay laut Aufstellung des Verlags über 30 000 Exemplare der Werke Wells an den Restbuchhandel ab. Es kam zwar zu vereinzelten Zahlungen an Wells, aber ob der Verlag alle Außenstände begleichen konnte, geht nicht aus dem Verlagsarchiv hervor.
16.4. A.J. Cronin. Das Buch in der Propaganda. »Die richtigen Waffen«34 Um die »literarischen Beziehungen« des NS-Staats zum Ausland, den »kulturellen und zivilisatorischen Austausch« nach außen hin aufrechtzuerhalten und dennoch die Produktion bzw. die Verbreitung zu steuern, gab es andere Mittel, die weitaus subtiler waren als ein plumpes Verbot. Man konnte z.B. einzelne Verlagswerke ganz bewußt als Waffe gegen den »Feind« einsetzen. Das geschah in Zeiten der eingeschränkten Papierzuteilung mittels Sondergenehmigung. Ein konkreter Fall aus der Geschichte des Paul Zsolnay Verlags ist der des schottischen Arztes und Romanschriftstellers A.J. Cronin (1896-1981). Es ist besonders interessant, die Rezeptionssteuerung einzelner Werke Cronins vor allem nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zu beobachten. Cronin war erst 1932, also zwei Jahre nachdem er seine Praxis aufgegeben hatte, um sich der Schriftstellerei zu widmen, zum Zsolnay Verlag gestoßen. Wer ihn vermittelte, ist nicht bekannt. Es mag so gewesen sein, daß der Zsolnay Verlag »Hatter's Castle« entweder vom englischen Verlag zugeschickt bekam oder ein Exemplar anforderte. Seine Romane, die ab diesem Zeitpunkt auf Grund einer Bestimmung im Generalvertrag im Jahresrhythmus auf den Markt kamen, fanden überraschenderweise bis zum Anschluß nur geringe Resonanz beim Publikum. Ja, erst nachher stellte sich - nicht ungesteuert - der große Erfolg ein. Die Werke Cronins in deutscher Sprache wurden bei Zsolnay beginnend mit dem Erstlingsroman Der Tyrann (engl. Hatter's Castle) im Mai 1932 und endend mit den letzten Neuerscheinungen vor März 1938, nämlich Die Sterne blicken herab (Nov. 1935) und Die Zitadelle (24.2.1938) allesamt in kleinen Startauflagen von 3 000 Exemplaren gedruckt und brachten es vorerst zu keiner Zweitauflage, obwohl von einer besonderen Verkaufserschwernis in Deutschland nichts bekannt ist. Nach der NS-Machtübernahme in Österreich änderte sich diese Situation durch die Fremdsteuerung ziemlich schlagartig. Der Tyrann erschien in 2. Auflage im September (4.-6.Tsd.) und in 3. Auflage im Dezember 1938 (7.-9.Tsd.). Der Roman Drei Lieben (ersch. Feb. 1933) erlebte im Januar und September 1939 weitere Auflagen (9.-13.Tsd.). Das Haus der Schwäne (ersch. Okt. 1934) brachte es erst im Juli 1939 auf eine 2. und letzte Auflage (4.-6.Tsd.). Bevor der Roman Kalei34
Dr. Bernhard Payr: Die Feuerprobe des deutschen Verlegers. In: Bücherkunde, 8. Jg., H. 7, Juli 1941, S. 193-197. Hier S. 193.
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doskop in »K« im Januar 1939 in einer Auflage von 20 000 Exemplaren herauskam, spielte sich hinter den Kulissen einiges ab. Das Beispiel zweier Romane Cronins zeigt die Möglichkeit der Massenlenkung und Produktionssteuerung durch das Propagandaministerium eindeutig auf. Das erste Beispiel ist das im Arztmilieu spielende Werk Die Zitadelle, das noch nach dem Krieg eine unglaubliche Popularität genoß und astronomische Auflagenzahlen erreichte. Die Zitadelle erschien in erster Auflage von 5 000 Exemplaren am 24. Februar 1938. Drei Wochen später (18. März) mußten weitere 3 000 aufgelegt werden. Die weitere Auflagenentwicklung gestaltete sich laut Herstellkartei folgendermaßen: 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Aufl. Aufl. Aufl. Aufl. Aufl. Aufl. Aufl.
28. April 2. Juni 16. August 24. September 22. Dezember 30. März 19. Oktober
1938 1938 1938 1938 1938 1939 1939
6 000 Ex. 9 950 Ex. 9 950 Ex. 19 500 Ex. 23 000 Ex. 22 000 Ex. 22 000 Ex.
9.-14. 15.-22. 23.-32. 33.-50. 51.-70. 71.-90. 91.-110.
Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd.
Der Stand vom November 1955 war einschließlich aller Ausgaben 533 000 Exemplare. Sicherlich entscheidend für den kontinuierlichen Absatz der Zitadelle war ein Gutachten der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums vom 30. August 1938, das beste Werbung enthielt: »Das Buch sollte auch in Deutschland weiteste Verbreitung finden. Es wird empfohlen.«35 Die Devise dieses Gutachtens, das den Verkauf des Werks völlig unbedenklich machte, war altbewährt: Cronin habe den gemeinsamen Feind entlarvt, Verhältnisse geschildert, die »bis zur Machtergreifung auch in Deutschland geherrscht haben«. Aber: Der deutsche Leser muß sich daher wundern, daß dem Verfasser die letzte Ursache für solche Zustände, nämlich die zersetzende Tätigkeit der Juden, nicht offenbar geworden ist. Da wir wissen, welch großen Anteil der Jude auch in der Ärzteschaft Englands besitzt und da wir vom englischen Volk eine hohe Meinung haben, wird es dem deutschen Leser sofort klar, wo auch in England die Wurzel des Übels zu suchen ist. (ebd.)
Bemängelt wird allerdings in diesem Gutachten die Übersetzung von Dr. Richard Hoffmann. Sie wurde daraufhin überarbeitet. Wie und ob das Buch vom Propagandaministerium als Zeugnis antisemitischer Tendenz aktiv gefördert wurde, ist aus dem Archivmaterial nicht zu erfahren, da leider alle Unterlagen zu Cronin vor November 1941 fehlen. Erst im Oktober 1941 wurde Die Zitadelle verboten. Als besonders »einsatzgeeignet« erwies sich allerdings ein weiterer Cronin-Roman, und zwar Die Sterne blicken herab (The Stars Look Down, 1935). Der Verlag 35
Börsenblatt, 105. Jg., Nr. 242, 17.10.1938, S. 5694.
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brauchte etwas mehr als drei Jahre, um die im November 1935 erschienene Auflage von 3 000 Exemplaren abzusetzen. Die vorläufig letzte Auflage wurde im Februar 1939 herausgebracht (4.-6.Tsd.), dann erfolgte das Verbot von Cronins Schriften. Bereits im Oktober 1941 waren jedoch Bemühungen im Gange, Cronins Die Sterne blicken herab für den Propagandaeinsatz generalstabsmäßig vorzubereiten. Spätestens im August 1941 aber war das Werk wegen seiner propagandistischen Einsatzmöglichkeit wieder zum Verleih und Vertrieb freigegeben worden. 36 Der nunmehr neue Besitzer des umbenannten Paul Zsolnay Verlags, Karl H. Bischoff, wandte sich Anfang Oktober in dieser Angelegenheit an den Leiter (seit 1941) der Schrifttumsabteilung des Propagandaministeriums, Ministerialdirigent Wilhelm Haegert. Am 14. November 1941 schrieb der Oberregierungsrat im Propagandaministerium Dr. Rudolf Erckmann an seinen Du-Freund Bischoff zurück: Ich habe seinerzeit selber, in Vertretung des Leiter S, dem Herrn Reichsminister vorgeschlagen, das Buch als eines der wenigen brauchbaren aus der englischen Literatur propagandistisch einzusetzen. Natürlich ist es unmöglich, nunmehr eine schnelle Aufbindung aller ausgedruckten 50 000 Exemplare durchzuführen. Ich halte es jedoch für richtig, einen Teil der Auflage in Halbleinen zum Einsatz herstellen zu lassen und habe dementsprechend Anweisung zur Bewilligung gegeben. 37
Die Devise lautete also wieder einmal: »Der Feind meines Feindes ist mein Freund«. Plötzlich interessierte sich auch die Parteiamtliche Prüfungskommission zum Schutze des NS-Schrifttums in Berlin - die sich möglicherweise übergangen fühlte - für das Cronin-Werk. Bischoff teilte in Antwort auf die Bitte um ein Belegexemplar mit, daß der Roman voraussichtlich erst Anfang 1942 erscheinen könnte. Und vorbeugend: Die Neuausgabe des Buches geschah nicht auf Anregung des Verlags, sondern ist hauptsächlich vom Reichspropagandaamt hier in Wien betrieben worden. Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda hat auf Einschritt des Reichspropagandaamtes Wien zugestimmt, dass dieses Werk neu herauskommen soll. In der Propaganda für das Buch wird allerdings nicht ausdrücklich auf die propagandistische Seite hingewiesen. Ich halte es auch für besser das Buch wirkt durch seinen Inhalt von sich aus. 38
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Einzelhinweise für den Gesamtbuchhandel. Vertrauliche Mitteilungen der Fachschaft Handel Nr. 48-61 v. 23.8.1941 u. Leihbücherei Nr. 15 v. 1.9.1941. Zit. nach: Handbuch der Reichsschrifttumskammer. Hrsg. Wilhelm Ihde. Leipzig: Börsenverein der Deutschen Buchhändler 1942, S. 129. Schreiben im Ordner Cronin. Karl H. Bischoff an die Parteiamtliche Prüfungskommission zum Schutze des NS.-Schrifttums, 8.12.1941, Ordner Cronin.
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Angesichts der vorauseilenden Gehorsamkeit und des gegenseitigen Belauerns und Mißtrauens, die die Branche in der Nazi-Zeit kennzeichneten, mußte Bischoff nicht selten auf die Initiative höheren Orts hinweisen. Dieser Großauftrag mitten im Krieg stellte die Binderei und Druckerei (Wiener Verlagsgesellschaft) vor nicht geringe Probleme, von denen die Papierbeschaffung ausnahmsweise das geringste war. Innerhalb kürzester Zeit sollten 50 000 Exemplare auf den Markt geworfen werden. Trotz ihrer Kapazität konnte die Firma dieser Forderung nicht nachkommen, sodaß Karl H. Bischoff sie auf die Wichtigkeit dieser Bindearbeit besonders aufmerksam machten mußte: Es ist natürlich auch für uns sehr bedauerlich, dass wir nun nicht mit den ursprünglich zugesagten Bindeexemplaren für Cronin rechnen können, insbesondere deshalb ist mir die Verzögerung, offen gestanden, peinlich, weil ja die Neuausgabe dieses Buches nicht etwa vom Verlag angeregt, sondern durch die politische Propagandafiihrung veranlasst worden ist und von dieser natürlicherweise Wert darauf gelegt wird, gerade auch jetzt das Werk als eine »neutrale« Propaganda einsetzen zu können. 39
Obwohl auch die »Verhältnisse« (ein gern gebrauchter Euphemismus) an der Verzögerung Schuld trugen, bat Bischoff sicherlich ohne ein Wortspiel zu beabsichtigen, seinen Geschäftspartner, »doch alles einsetzen zu wollen, damit wir möglichst bald über den Cronin verfügen können«. Bischoff war sich der Möglichkeiten der Indienstnahme der Literatur durchaus bewußt: Auch auf die Finke-Bände z.B. legt das Propagandaministerium sehr grossen Wert, insbesondere jetzt, wo ganz bestimmte Aufgaben der Stimmungsführung über den Winter in der Front und der Heimat vorliegen. Bitte, übersehen Sie diese politische Seite insbesondere bei Cronin und Finke nicht, (ebd.)
Bis zum 13. Dezember vermochte die Wiener Verlagsgesellschaft 10 000 Bände des begehrten Buches bereitzustellen, bis Ende des Monats weitere 3 000 und letztlich bis Ende Januar 1942 8 000. Am 22. Januar 1942 wurde eine einmalige Auflage von 50 000 (!) Exemplaren von Die Sterne blicken herab offiziell veranstaltet. In einer Börsenblatt-Anzeige am folgenden Tag mußte der Verlag Sortimenter wie Leser trösten: die Auslieferung »der allerdings vielfach überzeichneten Auflage« habe begonnen, aber die zahllosen offensichtlichen Überbestellungen müßten gekürzt werden. Auf Reklamationen hinsichtlich Termin oder Höhe der Lieferung könne leider nicht eingegangen werden, teilte der Verlag mit. Es würde das Möglichste getan, Nachbestellungen seien zwecklos. 40 Der deutsche Buchhandel anno 1942! Das Buch fand unter staatlicher Förderung einen derart reißenden Absatz, daß im November 1942 weitere 22 400 Exemplare aufgelegt werden mußten (61.80.Tsd.). Die Veranstaltung einer großen Neuauflage von Cronins Industrieroman 39 40
Schreiben Bischoffs an die Wiener Verlagsgesellschaft vom 9.12.1941, ebd. Börsenblatt, Nr. 16/17, 23.1.1942.
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vom Kampf der Arbeiter gegen das Kapital war, wie bereits angedeutet, alles andere als eine einsame Entscheidung. So war auch der Pressereferent Baidur von Schirachs, Gebietsführer Günter Kaufmann, in die Aktion miteingebunden. Vielmehr nahm er (neben anderen) für sich in Anspruch, die Freigabe des Werks erreicht zu haben. 41 Wie Bischoff der Parteiamtlichen Prüfungskommission mitgeteilt hatte, wurde von einer allzu frontalen Werbung für das »politisch so wichtige Buch« Abstand genommen. Wohl aber dürfte der Verlag solche Propaganda vorbereitet haben, Propaganda gegen den englischen Feind. So sieht das Konzept eines längeren Verlagswerbetexts im Verlagsarchiv auch aus. Der Leser sollte, wie in der Zitadelle, den Kontrast zwischen den »verjudeten« Verhältnissen in Deutschland bis 1933 und dem »Neuen Deutschland« erkennen. Cronin zeige den Verfall der britischen Gesellschaft, Zustände, die in Hitler-Deutschland nun überwunden seien. »Wenn dieser Roman eines schottischen Autors gerade jetzt neu aufgelegt und der deutschen Leserschaft wieder zugänglich gemacht wird, so hat dies einen triftigen Grund«, heißt es wenig zweideutig zu Beginn. Cronin sei »ein Kronzeuge aus dem gegnerischen Lager«, besitze eine »fast prophetische Gabe«, einen »unerbittlichen Mut zur Wahrheit«. »Es ist anzunehmen«, weiß man dort zu behaupten, »dass man diese Wahrheit in England nicht gerne hören wird. Cronin reisst einem System die Maske vom Gesicht und zeigt uns, welchen Quellen das Imperium seinen Reichtum - und dieser ist ja Inbegriff britischen Sinnens und Trachtens - verdankt. [...] Das Geschäft allein ist der Gott des Inselreichs, ihm müssen sich alle Menschen beugen.« Der Mammon Kapital war ja in Deutschland schon überwunden. »Jede Zeile dieses Romans wird zur Anklage.« Dieses Musterbeispiel für die Holzhammermethode in der Propaganda gegen den Feind sollte die durchaus erwünschte Identifikation des »deutschen Lesers« mit dem »Neuen Deutschland« provozieren und nebstbei einen Sinn in diesem Krieg erkennen lassen. In dieser Eloge fehlte freilich der Hinweis darauf, daß das Buch in England ja auch problemlos vertrieben werden durfte. Abschließend heißt es: Die deutschen Leser, die durch das erbitterte Ringen dieses Krieges und durch die ganzen Erfahrungen der letzten Jahre sehend geworden ist, werden diesen Roman mit Erregung und Erschütterung lesen. Aus dieser Quelle werden sie den Gegner des Reiches mit einer Schärfe erkennen, die nichts zu überbieten vermag. Sie werden die Anklage vernehmen, die dieser schottische Dichter erhebt und es wird Ihnen zum Bewusstsein kommen, wie sehr eine Welt reformbedürftig ist und einer neuen Ordnung bedarf, in der dieses britische Imperium solch eine Macht beanspruchen und erhalten konnte.
41
In einem Aktenvermerk Kaufmanns vom 18.1.1942 über den Zsolnay Verlag unter neuer Leitung heißt es: »Das Werk des englischen (sie) Schriftstellers Cronin 'Die Sterne blicken herab' ist übrigens auf meine Intervention hin vor längerer Zeit vom PropagandaMinisterium freigegeben worden und wird nun in Kürze im Handel erscheinen.« (AdR, Reichsstatthalterei, Baidur v. Schirach, Kt. 24, »Für Leutnant Döscher«).
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England steht in diesem aufwühlenden Buche am Pranger. Und das Verdienst Cronins ist, dass er aussagte, was die meisten seiner Landsleute nicht einmal zu sehen wagten. Deshalb soll er auch in diesem neuen Deutschland gehört werden, das die Welt aus Blut und Opfern einer neuen Zukunft entgegenführen will. (Ordner Cronin)
Weitere »Propagandaeinsätze« folgten, nur wußte unter den vielen NS-Entscheidungsträgern die rechte Hand nicht immer, was die linke tat. So jedenfalls ist eine Anfrage von seiten der Gestapo in Wien von Mitte Mai 1942 aufzufassen, die wissen wollte, weshalb der Verlag eine Neuauflage des bislang verbotenen CroninRomans veranstaltet habe. Bischoff wies in seiner Antwort darauf hin, »dass das Buch neu nicht auf Veranlassung des Verlages, sondern unmittelbar auf Veranlassung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda herausgekommen« und eine weitere Auflage geplant sei. Um die Gestapo zu beruhigen, wurde ferner darauf hingewiesen, daß der »Papierantrag hierüber [...] von dem Herrn Minister selbst entschieden worden« sei. (Schreiben vom 19.5.1942). Bischoff, der natürlich Unannehmlichkeiten mit der Gestapo aus dem Weg gehen wollte, informierte weiter: In einer kürzlichen persönlichen Unterredung des Herrn Reichsleiters und Reichsstatthalters Baidur von Schirach hat auch der Reichsleiter auf die propagandistische Wichtigkeit dieses Buches hingewiesen und seine Befriedigung mir darüber ausgedrückt, dass es erschienen ist. Soviel mir bekannt ist, geht die ursprüngliche Anregung, eine Sondergenehmigung für die Neuausgabe von Cronin zu erteilen, auch vom Reichsleiter Pg. Baidur von Schirach selbst aus. Die gesamten Propagandamassnahmen für dieses Buch sind vorher dem
Reichspropa-
gandaamt Wien vorgelegt und von diesem ausdrücklich überprüft worden (Gebietsführer Günter Kaufmann). Heil Hitler! (ebd.)
Anlaß zur Gestapo-Anfrage war die Anzeige des Stuttgarter Neuen Tagblatts an das Reichspropagandaamt und die RSK im März gewesen. 42 Die Zeitung mutmaßte, daß Bischoff nicht nationalsozialistisch gehandelt habe. In den Jahren 1943 und 1944 kam Cronins Die Sterne blicken herab zu weiteren Ehren: es wurde verstärkt zur Propaganda eingesetzt, aber diesmal wurde die Zsolnay/Bischoff-Ausgabe als Grundlage für Übersetzungen in andere Sprachen verwendet. So hat im November 1943 der Reichskommissar für das Ostland, Amt für Verlagswesen, gar eine Übersetzung dieses Industrieromans in die lettische Sprache vermittelt. Auflagenhöhe: 10 000 Exemplare. 1944 erschien gar noch eine Wehrmachtausgabe zur Verstärkung der Verteidigungsbereitschaft, und im selben Jahr wurde von seiten des RMfVuP die Absicht bekundet, dasselbe Werk ins Russische 42
Siehe die Abschrift des Schreibens Karl H. Bischoffs an das Stuttgarter
Neue Tagblatt
vom
18.4.1942. (BDC/Ordner Paul Zsolnay Verlag). In diesem Aufklärungsschreiben an die Zeitung teilte Bischoff noch mit: »Reichsleiter Baidur von Schirach hat persönlich die Wiener Presse angewiesen, auf das Buch hinzuweisen, der Rundfunk hat darüber gesprochen, die Propagandaanweisungen für das Buch wurden von der Partei gegeben.«
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übersetzen und herausgeben zu lassen. Grundlage war wiederum die Übertragung Hoffmanns. Ob die Ausgabe tatsächlich zustandekam, geht aus den Verlagsmaterialien nicht hervor. Möglich ist, daß der Plan durch den Kriegsverlauf überflüssig wurde. Der Prager Orbis-Verlag gab Ende 1943/Anfang 1944 eine tschechische Übersetzung heraus (geplante Startauflage: 3 000 Ex.). Eine wichtige Frage läßt sich an Hand des Materials im Verlagsarchiv nur unzureichend beantworten, nämlich ob A.J. Cronin für den massiven Mißbrauch seiner Werke für die NS-Propaganda insofern belohnt wurde, als dem Verlag die Genehmigung zu Devisentransferzahlungen (Tantiemen) an den Autor erteilt wurde. Wir wissen, daß Cronin, kurz nachdem sich Paul Zsolnay in London als Leiter des Continental Departments von A.M. Heath etabliert hatte, den inzwischen nicht mehr befugten Wiener Verleger wegen der ausstehenden Tantiemen angegangen war. Cronin teilte Zsolnay, den er offensichtlich noch für den Verlagschef hielt, am 16. Januar folgendes mit: »May I take this opportunity of expressing the hope that you will secure a speedy payment of the money standing to my credit in Germany as it is very naturally upon such payment that our future relations will depend.«43 Ganz ähnlich schrieb Cronin am 12. Februar 1939: »I am very anxious indeed to receive payment in full of the royalties owing to me:« Und der folgende Satz verrät erneut warum: »as indeed it is upon this that the placing of my next great novel, on which I am now working, with your firm will depend. [...] Please, in your own interest, do your utmost.«44 Es war sehr wohl »im eigenen Interesse« Paul Zsolnays, denn dieser wollte in Hinkunft eben Autoren wie Cronin an den Verlag in Wien vermitteln und von den aus dieser Tätigkeit resultierenden Provisionen leben. Rechtlich gesehen lagen die Überweisungen in zweifacher Hinsicht außerhalb der Einflußsphäre Zsolnays: zum einen war er nicht befugt, für den Vertragspartner »Verlag« zu sprechen, und zum zweiten lag eine Entscheidung bei der Devisenstelle Wien. Zsolnay antwortete, daß auch er besorgt sei und daß »I am in constant touch with the Vienna house with reference to this matter. Also, I am sure that they are doing all they can to get the permit from the Reich Bank.« Im Februar und März gelang es dem Verlag tatsächlich, Beträge von RM 2 000 und RM 3 000 von der Devisenstelle Wien freizubekommen. Wie weitere Zahlungen erfolgten, ist nicht bekannt. Feststeht jedenfalls, daß der Zsolnay Verlag in Wien, aus welchen Gründen auch immer, keine neuen Werke Cronins bekam. Sie - das sind beispielsweise James Brodie, Die Schicksalsmacht und Die Damen mit den Nelken - erschienen während des Kriegs in der Schweiz.
16.5. Die Ausschaltung Theodore Dreisers Das amerikanische Schrifttum im Verlag - von Pearl S. Buck wird noch die Rede sein - verschwand vor 1938 fast völlig. Ein weiteres Opfer auf diesem Gebiet war 43
A.J. Cronin an Paul Zsolnay, 16.1.1939, Ordner »Paul Zsolnay privat 1939-1940«.
44
A.J. Cronin an Paul Zsolnay, 12.2.1939, ebd.
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Theodore Dreiser, dessen gerichtlicher Kampf gegen den Verlag in Wien bereits geschildert worden ist. Dreiser war seit 1927 dem Verlag durch einen Generalvertrag verpflichtet. Am erfolgreichsten war sein erstes Werk bei Zsolnay, der Roman Eine amerikanische Tragödie, der am 28. Oktober 1927 auf den Markt kam. Bis zu der Anfang 1935 auf Grund des § 7 der Verordnung vom 4.2.1933 erfolgten Beschlagnahme hatte Zsolnay 80 000 Exemplare aufgelegt, wobei die Gesamtauflage der Schriften Dreisers die respektable Zahl von ca. 175 000 erreichte. Gleichzeitig mit Eine amerikanische Tragödie wurde der gleichfalls in vier verschiedenen Ausgaben erhältliche zweibändige Roman Das Genie auf Antrag der RSK eingezogen. 45 Nach solchen Beschlagnahmungen meldete sich regelmäßig die Leipziger Auslieferung, das F. Volckmar Kommissionsgeschäft beim Verlag in Wien, um die Zahl der eingezogenen Ausgaben bzw. Bände bekanntzugeben. Im konkreten Fall handelte sich um 1 121 Exemplare. Zsolnay nahm die Anregung Volckmars auf, eine Freigabe für die Ausfuhr und zur Verwertung außerhalb Deutschlands zu beantragen.45 Am 24. Juni 1935 erschien ein Kriminalbeamter bei Volckmar in Leipzig und erklärte, daß die beiden Werke Dreisers zur Versendung ins Ausland freigegeben würden. Somit hielt sich der Schaden in Grenzen. Wie die grundsätzliche Politik der RSK in Sachen Freigabe aussah, geht aus einem Schreiben des Kommissionärs an den Paul Zsolnay Verlag hervor: An die Freigabe ist aber die Bedingung geknüpft: 1.) dass ich [Volckmar] mich verpflichte, diese Titel nicht wieder nach Deutschland einzuführen oder innerhalb Deutschlands zu verbreiten, sondern bei Eingang von Exemplaren diese zurückzuweisen und Ihnen [Paul Zsolnay Verlag] sofort wieder zuzusenden. 2.) dass Sie sich verpflichten, diese Titel nicht wieder nach Deutschland zu schicken oder innerhalb Deutschlands zu verbreiten. 3.) dass auf dem Titelblatt als Verlagsort nur Wien erscheint und soweit darauf Berlin und ev. Zürich mit angegeben sind, diese Angaben unkenntlich gemacht wird. Ich glaubte, dem Beamten sagen zu dürfen, dass Sie diese Erklärung sicherlich abgeben würden, da ja ein sehr grosser Teil Ihrer Produktion in Deutschland Absatz findet und Sie infolgedessen ein Interesse daran haben, die deutschen polizeilichen Vorschriften loyal einzuhalten. Ich möchte Sie daher bitten, die anliegende Erklärung zu unterzeichnen und mir zurückzusenden (nicht etwa an das Polizeipräsidium), damit ich sie dann mit meiner Erklärung zusammen an die zuständige Stelle weiterleiten kann und mir auch die Genehmigung zu geben, dass ich auf den Titelblättern die Verlagsortangabe Leipzig und Berlin überklebe oder das Titelblatt überhaupt entferne, damit
45
46
Dazu: Deutsches Kriminalpolizeiblatt, Nr. 2051 und 2052 vom 11. und 12. Januar 1935. Die Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums (Stand vom Oktober 1935) verzeichnet lediglich Das Genie, Der Jud ist schuld, und Die amerikanische Tragödie. F. Volckmar, Kommissionsgeschäft, Leipzig, an Direktion, Paul Zsolnay Verlag, 15.1.1935, Archiv Paul Zsolnay Verlag.
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Sie ein neues einziehen können. Ich hoffe, Ihnen dann die bedingungsweise freigegebenen Bestände zusenden zu können. 47
Im April 1936, ein paar Wochen nachdem der Roman Jennie Gerhardt in 6. Auflage erschienen war (27.Tsd.), erfolgte laut Werkkarte in der Herstellkartei auch noch die Einziehung und Beschlagnahme von Dreisers Ein Buch über mich selbst, das im August 1932 erstmals erschienen war. Bis 1945 blieb Dreiser somit vom deutschen Buchmarkt ausgeschlossen, wohl aber schöpfte der Verlag im Frühjahr 1940 möglicherweise in Hinblick auf die propagandistische Verwertung des einen oder anderen Werks Hoffnung, ihn doch wieder herausbringen zu dürfen. Nach dem »Anschluß« wandte sich der europäische Rechtsvertreter Dreisers, ein Budapester Rechtsanwalt namens Dr. Eugen Kerpel, im Juli 1938 mit der Frage an den Verlag, wie es »mit der Vertriebsmöglichkeit seiner Werke im deutschen Reich« stehe. »Als eine sachliche Feststellung habe ich für die berufenen Behörden mitzuteilen, dass seine Person den Bestimmungen des Arierparagraphen voll entspricht«, teilte Kerpel dem Verlag mit. Diese Feststellung war längere Zeit bei den NS-Schrifttumsbehörden keineswegs unumstritten. Der Verlag antwortete zunächst, daß der Vertrieb der Dreiser-Schriften »nach wie vor sehr schwierig« sei und mußte dem Anwalt im April 1940 auf wiederholte Anfrage mitteilen, »dass Verkäufe seiner Werke in der letzten Zeit nicht stattfinden konnten«.48 Angesichts der Tatsache, daß Vorräte an Büchern nicht mehr vorhanden waren und auch keine stehenden Drucksätze (für einzelne Werke hatte man noch Matern), war das nicht weiter verwunderlich, aber: »Es schweben jedoch diesbezüglich noch Verhandlungen mit den massgeblichen Stellen und wir hoffen, Ihnen bald über das Ergebnis derselben Mitteilung machen zu können.« (ebd.) Da diesbezügliche Korrespondenz mit der RSK, Abteilung Schrifttum, nicht vorliegt, ist nicht bekannt, mit welchen Argumenten der Verlag zu diesem Zeitpunkt eine »Sondergenehmigung« erreichen wollte. Bekannt ist lediglich, daß der Verlag dem RMfVuP die Werke Dreisers Anfang 1940 einsandte und längere Zeit auf eine Antwort wartete. Am 16. Mai 1940 schrieb der Verlagsleiter Erich Landgrebe an Dr. J. Gruber von der Schrifttumsabteilung im RMfVuP mit der Bitte um baldigen Bescheid in Sachen Dreiser, zumal der Autor gedroht habe, sämtliche Verlagsrechte als an ihn zurückgefallen zu betrachten, wenn der Verlag sich nicht bis zum 1. August zu einem Weitervertrieb entschließen könne. Das Propagandaministerium erledigte den Fall auf seine Art mit einem Schreiben an den Verlag vom 6. Juni:
47
48
F. Volckmar, Kommissionsgeschäft, Leipzig, an Direktion, Paul Zsolnay Verlag, 24.6.1935, Archiv Paul Zsolnay Verlag. Obwohl diese beiden Schreiben nur zufällig erhalten sind, können wir davon ausgehen, daß die RSK in anderen Fällen auch so vorging. Paul Zsolnay Verlag an Kerpel, 25.4.1940, Ordner Dreiser.
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Bezüglich Ihres Autors Theodore Dreiser wird Ihnen mitgeteilt, dass die Gründe, die seinerzeit zu dem Verbot des Gesamtwerkes führten, in der nichtarischen Abstammung, sowie in der Tatsache, dass Dreiser sich als Hetzer gegen Deutschland betätigt hat, zu suchen sind. Eine Freigabe einzelner Werke des Autors kann deshalb nicht erfolgen. Heil Hitler! Dr. J. Gruber (Ordner Dreiser)
Der Referent des Ministeriums dürfte nicht optimal informiert gewesen sein, denn der Widerstand gegen den Sozialreformer Dreiser wäre vielleicht viel eher durch seine kommunistische Einstellung (siehe den Roman Die Tragik Amerikas, ersch. Oktober 1932, Aufl. 3 000) erklärbar. Darüber hinaus war der als Sohn armer katholischer Eltern deutscher Herkunft in Terre Haute, Indiana, U.S.A., geborene Schriftsteller gar kein »Nicht-Arier«.49 Weniger dezidiert in der Abstammungsfrage äußerte sich im Juli 1941 die Abteilung II Schriftsteller der RSK auf eine Anfrage seitens des Wochenblatts Der Stürmer. So wurde gemeldet, daß bei drei genannten Autoren, darunter Dreiser, »über deren rassische Abstammung Näheres hier nicht bekannt« sei. 50 Die Bemühungen des Verlags, Neuauflagen von Dreisers Werken veranstalten zu dürfen, mögen zwar etwas ungewöhnlich scheinen, aber vom vorangegangenen Gesamtverbot abgesehen, war es noch zu diesem Zeitpunkt »angängig«, »schöngeistiges Gegenwartsschrifttum« aus Amerika prinzipiell auszuliefern und zu vertreiben. Erst Anfang 1942 (das Deutsche Reich hatte am 11. Dezember 1941 den U.S.A. den Krieg erklärt) wurde die »Behandlung des nordamerikanischen und britischen Übersetzungsschrifttums« endgültig geregelt: Für die Dauer des Kriegszustandes mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika gelten bezüglich der Auslieferung und des Vertriebs von Übersetzungen nordamerikanischer Autoren die gleichen Weisungen, die die Behandlung des Übersetzungsschrifttums der übrigen Feindländer regeln. 51
Die offen zutage tretende allgemeine Unsicherheit über die Staatsbürgerschaft und Abstammung ausländischer Autoren betraf eine weitere Zsolnay-Autorin, nämlich Pearl S. Buck. Mit Dreiser verband sie nicht nur die Staatsbürgerschaft, sondern auch - durch die große Entfernung von Europa bedingt - die Unmöglichkeit, für die unüberwindlichen Devisenprobleme der Verleger Verständnis aufzubringen. Wie Galsworthy und Dreiser hat auch Buck sich geweigert, dem Zsolnay Verlag 49
50
51
Siehe Karl Arns (Hrsg.): Index der anglo-jüdischen Literatur. Amerika und Nachtrag zu England. Bochum: Pöppinghaus 1939. Dreiser wird in diesem maßgeblichen Verzeichnis nicht genannt. Schreiben der RSK vom 20.7.1941. Abgedruckt in Joseph Wulf: Literatur und Dichtung im Dritten Reich. Eine Dokumentation. Frankfurt am Main-Berlin-Wien: Ullstein 1983, S. 492493. Vertrauliche Mitteilungen der Fachschaft Verlag der Gruppe Buchhandel in der Reichsschrifttumskammer, Nr. 187-195 v. 5.1.1942. Zit. nach Handbuch der Reichsschrifttumskammer, S. 204.
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weitere Werke anzuvertrauen, solange der Verlag seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkam, bzw. nachkommen konnte.
16.6. Das »andere« Verbot. Pearl S. Buck52 Zum nicht alleinigen Verleger Pearl S. Bucks (1892-1973) wurde Paul Zsolnay im Jahre 1933. Bis 1938 legte der Zsolnay Verlag insgesamt acht Titel auf. 53 Der Bestseller Die gute Erde (The Good Earth, 1931), der in über dreißig Sprachen übersetzt worden war, in der Originalfassung fast zwei Millionen Exemplare verkaufte (von Buchgemeinschaftsausgaben abgesehen), von der englischen Kritik als der beste Roman des Jahres 1932 bezeichnet wurde und der Autorin den angesehenen »Pulitzer Prize« brachte, war zum Leidwesen Zsolnays nicht darunter. Das ausschließliche Recht auf Verbreitung ihrer Werke in deutscher Sprache auf dem Kontinent wollte Buck offensichtlich keinem deutschsprachigen Verlag gewähren. Das Schicksal ihrer Bücher nach dem März 1938 zeigt eine weitere, nicht uninteressante Facette der NS-Schrifttumspolitik, nämlich das Verbot mit »anderen« Mitteln. Die Autorin wurde beim deutschen Lesepublikum überaus beliebt, zumal ihre Bücher den »abendländischen« Lesern zwar eine ihnen fremde Kultur vorführten, aber durch die Darstellung von Allgemein-Menschlichem doch vielfältige Identifikationsmöglichkeiten zuließen. So machte Buck ihre Leserschaft mit östlichen Lebensverhältnissen und Sitten vertraut, etwa in den Romanen Söhne oder Die Mutter, und bot ihr darüberhinaus eine Liebesgeschichte aus dem China der Gegenwart (Ostwind-Westwind). Das Debütwerk war der Roman Söhne (Sons), der im April 1933 in einer Auflage von 3 000 Exemplaren erschien. Zwei weitere Auflagen (November 1934 und Januar 1936) brachten den Endstand von 10 000. Im folgenden Jahr kamen zwei neue Werke heraus. In der Auflagenentwicklung ihrer Werke vor 1945 war das Frühwerk Ostwind-Westwind (aus dem Jahre 1930) mit Abstand der bestverkaufte Titel. Vom Zeitpunkt der Erstauflage im März 1934 (1.-5.Tsd.) bis zum »Anschluß« mußte das Werk innerhalb von 21 Monaten sieben weitere Male neuaufgelegt werden. Der Stand der 8. Auflage Ende Dezember 1935 war 34.Tsd. Eine 9. und letzte Auflage durfte im Mai 1938, und zwar in einer Höhe von 10 000 Exemplaren, erscheinen. Der rasche Erfolg führte zu einer wesentlichen Änderung der bisherigen Vertragskonditionen. Hatte Buck für Ostwind-Westwind eine Beteiligung an der broschierten Ausgabe von 7'/2% für die ersten 3 000 abgesetzten Bände, 10% für Auflagen darüber sowie eine eher geringe Vorauszahlung bei Erscheinen von 52
Von Pearl S. Buck ließen sich außer Verträge keine Unterlagen aus der Zeit vor Oktober 1939 im Verlagsarchiv finden.
53
Also nicht bloß fünf Titel, wie Strothmann in seiner Tabelle »Buchproduktion 1933-1944«, S. 451, anführt.
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RM 400 bekommen, so erhielt sie für den nächsterscheinenden Roman im September dieses Jahres (Die Mutter) gleich 10% für die erste Auflage und RM 1 000 als Garantievorauszahlung. Im Vertrag für den Band Die erste Frau. Novelle (Februar 1935) vom 7. März 1934 ging man auf 7>/2% bzw. 10% zurück. Es war dies, nebenbei bemerkt, übrigens das einzige Buck-Werk, das nicht von Richard Hoffmann, sondern von Annie Polzer übersetzt wurde. Nach dem Anfangserfolg dieses Buches - zwei Auflagen von 5 000 bzw. 3 000 Exemplaren innerhalb einiger Wochen im Frühjahr 1935 - fiel der Absatz zurück. Weitere Neuauflagen waren nicht erforderlich. Im erwähnten Vertrag - sowie auch in den späteren - nahm man erstmals einen Passus auf, dessen nähere Umstände nicht ermittelt wurden. Da heißt es: »Der Autor besteht darauf, dass das in Rede stehende Werk zu einem für derartige Bücher üblichen Preis in Deutschland verkauft wird und dass es in allen führenden Buchhandlungen zu haben ist.« (Vertragsmappe Buck) Bei A Divided House, das im September 1935 u.d.T. Das geteilte Haus auf den Markt kam, wagte der Verlag zum ersten Mal eine Startauflage von 10 000 Exemplaren. Der Roman verkaufte sich sehr schnell, ja so schnell, daß kaum drei Monate später weitere 10 000 aufgelegt wurden. Die Autorin erhielt ein Honorar von 10% sowie eine Vorauszahlung von RM 1 000, die eine Hälfte bei Vertragsabschluß, die andere bei Erscheinen. Wohl durch den finanziellen und buchhändlerischen Erfolg bedingt, wurden für das nächste Werk die Honorarsätze gestaffelt. Der neue Vertrag sah drei Sätze vor: 10% bis 5 000, 12Ά % bis 10 000 und 15% über 10 000 Exemplare. Letzter Satz war das vorerst höchste Honorar, das Zsolnay einem ausländischen Autor gewährte. Gewöhnlich erhielt der Übersetzer davon 5%. Der Roman Die Frau des Missionars (The Exile) brachte es im Herbst 1936 innerhalb von zwei Monaten auf eine beachtliche Auflage von insgesamt 12 000 (Erstauflage 8 000), wurde aber erst wieder 1951 aufgelegt. Gottesstreiter in fernem Land (Fighting Angel), der im April 1937 herausgebracht wurde (Auflage 8 000), scheint aus nicht geklärten Gründen bei der RSK, Landesleitung Wien, auf Mißfallen gestoßen zu sein. Laut Mitteilung dieser Behörde vom 24. April 1939 waren Neuauflagen einfach »nicht erwünscht«. Auch bei diesem Roman sah der Verlagsvertrag dieselben gestaffelten Sätze wie bei Das geteilte Haus vor. Das Glück, in den Genuß dieser Staffelung zu kommen, hatte die Autorin auf Grund äußerer Einflüsse nicht. Auch hier verfügte der Verlag über die lukrativen Zeitungsrechte für die deutsche Sprache innerhalb Europas. Als Folge einer Politik, die Literatur und Buchhandel schlichtweg ruinierte, konnte ein Verlag nicht jenen Erfolg erzielen, den er unter normalen Umständen in einer zivilisierten Kultur hätte erreichen können. Zahlen in der Herstellkartei zeigen eindeutig, wie die stetige Aufwärtsentwicklung der Auflagen Bucks mittels Weisung an den Verlag nach der NS-Machtübernahme in Österreich gestoppt wurde. Das letzte neue Werk Bucks, das noch erscheinen durfte, war der Roman Stolzes Herz (This Proud Heart), der am 22. September 1938 in einer Startauflage von 274
8 000 Exemplaren aufgelegt wurde. Im Dezember dieses Jahres mußte eine Neuauflage veranstaltet werden, ebenso im Januar und April 1939. Als eine Auflage von 17 000 Stück erreicht war, kam das Aus. Dabei war erstmals für eine Auflage über 20 000 der Honorarsatz von 20% vorgesehen. Auch der Roman Die Mutter kam gezwungenermaßen über 20 000 Exemplare nicht hinaus. Pearl S. Buck verfolgte die Ereignisse in Europa und vor allem in NaziDeutschland nach dem Anschluß Österreichs und wußte um die Reglementierung und Knebelung der Gedankenfreiheit. Im Juni 1938 dürfte sie sich anläßlich einer Veranstaltung der National Education Association in New York erstmals öffentlich gegen die Diktaturen bzw. totalitären Regimes in Europa geäußert haben, Kritik, die mit Wahrscheinlichkeit in Berlin registriert wurde. Die Diktaturen würden, so Buck, das schöpferische literarische Schaffen derart unterdrücken, daß es in den totalitären Staaten überhaupt unmöglich gemacht würde.54 Am 10. November berichtete die Weltpresse, daß Pearl S. Buck der Nobel-Preis für Literatur verliehen worden war,55 nachdem 1937 dem französischen Schriftsteller Roger Martin du Gard bereits als dritten Zsolnay-Autor nach Sinclair Lewis und John Galsworthy diese große Ehre zuteil geworden war. Die Wahl Bucks war einigermaßen umstritten, und selbst die Autorin (der dritte Amerikaner als Preisträger nach Sinclair Lewis und Eugene O'Neill) sagte in Interviews, daß Theodore Dreiser, ihr Verlagskollege bei Zsolnay, ein würdigerer Kandidat gewesen wäre. Unter normalen Umständen hätte ein solcher Preis für jeden Verleger nicht nur Anlaß zur Freude gegeben, sondern auch die Gelegenheit geboten, rasch - wie Jahre zuvor bei Galsworthy - eine »Nobelpreisausgabe«, Sonderausgabe o.ä. auf den Markt zu bringen. Pearl S. Buck war im November 1938 zusammen mit ihrer Familie per Schiff nach Schweden angereist, um den Preis vom schwedischen König Gustav am 10. Dezember persönlich in Empfang zu nehmen. Während eines Aufenthalts zuvor in London war der Dichterin, wie sie in ihren Erinnerungen schreibt, offensichtlich klar, daß Europa ein Krieg bevorstand und daß ein »weit gefährlicherer und bösartigerer Mann als der alte Kaiser [...] jetzt in Deutschland am Ruder« sei.56 Über ihren anschließenden Besuch in Dänemark, einem Land, das den Expansionsgelüsten des Dritten Reiches mehr oder weniger schutzlos gegenüberstand, schreibt sie: »Trotzdem bedrückte mich die Atmosphäre und ich konnte meinen Besuch nicht genießen. Als ich eine Einladung nach Deutschland bekam, lehnte ich sie ab, und am nächsten Tag las ich in den Kopenhagener Zeitungen folgenden Bericht: «Pearl S. Buck sagt: 'Ich will kein Land besuchen, in
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Dazu den Bericht in den New York Times vom 29. Juni 1938, S. 12: »Mrs. Buck criticized foreign dictatorships that are throttling creative literary production. She said 'it seems a proved fact that creative writing is impossible in the totalitarian states'[...].« Die Begründung lautete: »For rich and generous epic description of Chinese peasant life and masterpieces of biography.« Pearl S. Buck: Mein Leben. Meine Welten. Eine Autobiographie [My Several Worlds], Wien: Büchergilde Gutenberg 1957, S. 264.
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dem ich nicht frei denken und sprechen darf.'« 57 Diese möglicherweise sinngemäß gefallenen Bemerkungen wurden zusammen mit späteren öffentlichen Äußerungen Bucks in Berlin mit größter Indignation registriert. Sie hatten wenige Wochen später konkrete Folgen. Einen Monat nach ihrer Rückkehr nach New York am 23. Dezember nahm Frau Buck an einer großen Feier zu Ehren Dorothy Thompsons teil. Thompson hatte sich sehr mutig der deutschen Emigranten angenommen und die NS-Judenpolitik scharf kritisiert. Ein Diner wurde veranstaltet, um Spenden für ihre Arbeit zugunsten der Emigranten zu sammeln. In ihrer Wortmeldung stimmte Pearl S. Buck in den Chor derer ein, die den NS-Staat direkt angriffen und die Judenpolitik anprangerten: »She declared that in Germany the Jew is merely a symbol, and that when he is gone the attack will continue against all who dissent.«58 Die Prophezeiung hat sich auch für die Autorin erfüllt. Wegen dieser Attacken sollte es dem Wiener Verlag verwehrt sein, die Auszeichnung Bucks (wie aus anderen Gründen 1937 bei Roger Martin du Gard) geschäftlich zu verwerten. Mitte Februar 1939 rief ein hoher Beamter des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda in Berlin im Wiener Verlag an, um die Behandlung Bucks angesichts der Vorfälle der jüngsten Zeit vorzuschreiben. Dr. Heinz Gruber vom Ministerium in einem verworrenen Aktenvermerk des Verlags: Frau Pearl S. Buck hat sich neuerlich in scharfer Weise gegen die autoritären Staaten geäussert. Unter der Voraussetzung, dass sie nicht den Nobel-Preis bekommen hätte, wäre bestimmt mit einem Verbot zu rechnen. So aber will man von Berlin aus einen unnötigen Skandal vermeiden. Eine Förderung von Frau Buck sei jedoch von Seiten des Reichspropagandaministeriums und von Seite der Reichsschrifttumskammer nicht erwünscht. Er bat auch die Propaganda für Frau Buck in massigen Grenzen zu halten und vor allem bei Vergebung von Presseabdrucken äusserst vorsichtig zu sein. Die Erwerbung von neuen Romanen oder Novellen-Bänden können (sie) überhaupt nur mit Einverständnis des Propagandaministeriums vorgenommen werden. Wichtig wäre es im Propaganda-Ministerium bezw. dem Reichspropaganda-Amt, eine authentische Äusserung von Frau Buck zu haben, wie sie sich zum deutschen Volk, wie es jetzt im Nationalsozialismus jetzt (sie) erscheint, stellen würde oder dass der Verlag vielleicht einmal sich eine solche unverbindlich verschaffen könne. 59
Ob es dem Verlag gelang, eine solche »authentische Äußerung« einzuholen, geht aus dem Archivmaterial nicht hervor. Zu dieser Zeit begann sich die Autorin für ihren deutschen Verlag in Wien näher zu interessieren. Genauer: sie wollte plötzlich über ihren Agenten in London (A.P. Watt & Son) in Erfahrung bringen, neben welchen Autoren ihre Werke erschienen. Der Verlag kam diesem Wunsch nach und teilte ihr die Namen zahlreicher prominenter ausländischer Autoren mit. Das RMfVuP konnte es sich freilich nicht leisten, die jüngstgekürte Nobelpreisträgerin für Literatur vom Markt auszuschließen, zumal man sich doch so liberal 57 58
59
Ebd., S. 265. Zitiert nach dem Bericht der New York Times, 25. Januar 1939, S. 7 (»Dorothy Thompson honored at dinner«). Aktenvermerk vom 18.2.1939, Ordner Buck.
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gab. Man mied daher eine aufsehenerregende Aktion. Statt dessen wurde eine Methode gewählt, die Publikum und Buchhandel verborgen blieb. Wegen der konstanten Nachfrage nach den Büchern Bucks, denen der deutsche Markt nichts entgegenzusetzen hatte, mußte der Verlag Neuauflagen vorbereiten und wurde wie immer genötigt, die Genehmigung für diese einzuholen. Gegen mindestens ein Werk lag eine negative Beurteilung der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums vor, 60 sodaß der Verlag von sich aus bereit war, »dieses Werk nicht mehr (zu) fördern«. Er wandte sich im Mai 1939 an die RSK, Landesleitung Österreich, um zu fragen, »ob gegen eine Neuauflage des erwähnten Werkes [Die Mutter] von Seiten der Reichsschrifttumskammer etwas einzuwenden wäre«. 61 Eine direkte Antwort fehlt - die Neuauflage erschien jedenfalls nicht - aber etwa einen Monat später wurde vom RMfVuP in Berlin »die Weisung erteilt, dass Abdrucke von Pearl S. Buck's Werken nur in der Schweiz gestattet seien, in Deutschland dürfen weder Erst- noch Zweitdrucke vergeben werden«. 62 Auffallend ist die Tatsache, daß die Tauchnitz-Edition (Collection of British and American authors) von 1932 bis 1937 insgesamt acht Buck-Titel herausgegeben hatte, dann aber nach The Fighting Angel (1937) kein neues Werk mehr veröffentlichte. Nachdem Lizenzausgaben von Söhne (1939) und Die gute Erde (1940) bei der Büchergilde Gutenberg in Zürich herausgekommen waren, erschienen drei neue Titel der amerikanischen Autorin während des Kriegs - wie übrigens die Werke des Zsolnay Autors A.J. Cronin - nur mehr in verschiedenen Schweizer Verlagen. 63 Nach dem Weltkrieg waren die Rechte, die der Zsolnay Verlag nach wie vor besaß, bei der Vergabe von Lizenzen »goldeswert«. Der Fall Pearl S. Buck zeigt eindeutig, wie die NS-Schrifttumspolitik nicht nur die eigene Literaturproduktion verprovinzialisierte, sondern auch wie die betreffenden Maßnahmen Autor und Verlag schädigten. Aber das Dritte Reich konnte ohne weiteres auf amerikanische Autoren verzichten, selbst bevor die U.S.A. Kriegsgegner wurden. Im Mai 1939 hatte Propagandaminister Joseph Goebbels seine Einstellung anläßlich einer Tagung der Reichskulturkammer bekanntgegeben: »Amerika z.B. besitzt bis zum heutigen Tage nur in gewissem Umfange ein eigenes, artgebundenes Kulturleben. Es habe weder auf musikalischem noch auf dichterischem noch auf dem Gebiete der bildnerischen Kunst nennenswerte Beiträge zum Kulturbesitz des Abendlandes beigesteuert.«64
60
61 62 63
64
Schreiben PZV an RMfVuP Dr. Gruber vom 3.8.1939. Es handelt sich um Gottesstreiter in fernem Lande. Auf der entsprechenden Werldcarte in der Herstellkartei steht der Vermerk: »Laut Brief des RMfVuP vom 22. August 1939 keinerlei Neuauflagen erwünscht.« Schreiben PZV/Erich Landgrebe, 15.5.1939, ebd. Aktenvermerk vom 12.6.1939, ebd. Land der Trauer, Land der Hoffnung (= The Patriot) ·, Wie Götter werden (Other Gods) und Für heute und alle Zeit (= Today and forever). Zitiert nach Börsenblatt, 4.5.1939, S. 357. Siehe auch Joseph Goebbels: Plädoyer für die deutsche Kulturpolitik. Rede zur Tagung der Reichskulturkammer in Berlin, 1. Mai 1939, in: Die
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Da der Verlag Angst hatte, gegenüber der Autorin wegen der erzwungenen Nichtverbreitung ihrer Werke zivilrechtlich haftbar gemacht zu werden, wandte man sich am 2. August 1939 erneut an das RMfVuP in Berlin, um bestehende Unklarheiten auszuräumen. Der Verlag wollte wissen, ob bei anderen bei ihm erschienenen Werken Bucks »allfällig eine Neuauflage und eine einmalige Anzeige dieser Neuauflage im Börsenblatt veranstaltet werden kann«. Und als Beispiel des vorauseilenden Gehorsams: »Selbstverständlich würde jede weitere Förderung durch besondere Anzeigen oder Spezialprospekte unterbleiben.« Die Antwort des Referenten, Dr. Heinz Gruber, vom 22. August fiel kurz aus: »Auf Ihr Schreiben vom 3. ds. Mts. wird Ihnen mitgeteilt, dass eine Neuauflage der Bücher Pearl S. Buck[s] nicht in Frage kommt. Eine Bekanntgabe dieser Tatsache an die Autorin ist jedoch nicht erwünscht. Der Autorin gegenüber verfahren Sie so, als ob die Auflage noch nicht ganz ausverkauft sei.« Somit waren die Werke von Pearl S. Buck vom NS-Buchmarkt trotz reger Nachfrage ausgeschlossen, ohne daß es behördlicherseits erforderlich war, den Mythos der Liberalität nach außen hin zu zerstören. Leidtragender war in erster Instanz der Verlag, der gutgehende bzw. geldbringende Titel zum eigenen Schaden nicht verbreiten konnte. Nicht minder betroffen, obwohl sie finanziell gewiß nicht von den deutschen Einkünften abhängig war, war die Autorin selber. Die oben zitierte Weisung Grubers war offenbar nicht die letzte, durch die Verlage angehalten wurden, ihren Autoren bzw. Vertragspartnern im Ausland die Unwahrheit zu sagen. Im März 1942 wurden der Paul Zsolnay/Karl H. Bischoff Verlag sowie andere Firmen aufgefordert, es in Hinkunft zu unterlassen, bei Vertragsabschlüssen darauf hinzuweisen, daß deren Gültigkeit von der Voraussetzung, daß »die erforderliche Genehmigung durch die Schrifttumsabteilung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda erfolge«65, abhängig gemacht wurde. Auch wären Hinweise auf eine Genehmigung der RSK zu unterlassen. Nach Jahren dieser Praxis sollte nun nicht der Eindruck erweckt werden, der Verlag hänge am Gängelband des Propagandaministeriums. Der Zsolnay Verlag hatte aber bis dahin fairerweise seinen Geschäftspartnern sehr wohl den genauen Grund für sonst nicht leicht erklärbare Verzögerungen mitgeteilt. Auch ohne den »vorzeitigen« Ausschluß der Werke Bucks wäre es spätestens Ende 1941, Anfang 1942 ohnehin zu einer Sperre gekommen, als nordamerikanisches Übersetzungsschrifttum so behandelt wurde, wie das der übrigen »Feindländer«. Aber die Frage ob eine Neuauflage veranstaltet werden durfte oder nicht, war unmißverständlich beantwortet worden und konnte nicht darüber hinwegtäuschen,
65
Zeit ohne Beispiel. Reden und Aufsätze aus den Jahren 1939/40/41. München: Eher 1941, S. 119. »Hinweise auf das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda bei Vertragsabschlüssen mit ausländischen Autoren und Verlagen.« Vertrauliche Mitteilungen der Fachschaft Verlag der Gruppe Buchhandel in der Reichsschrifttumskammer, Nr. 196-236 v. 10.3.1942. Zit. nach Handbuch der Reichsschrifttumskammer, S. 193.
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daß der Verlag mit ganz gewaltigen Problemen zu kämpfen hatte, die aus den vertraglich fixierten Zahlungsverpflichtungen und -terminen erwachsen waren. Für diesen doppelten Schaden brachte die NS-Schrifttumspolitik kein Interesse auf. Das Problem hatte natürlich schon bestanden, bevor dieser ausländische Verlag an die Verfügungen des RSK gebunden war, also vor dem »Anschluß«. Mit Kriegsbeginn waren die Probleme - Stichwort: Devisengenehmigung - nun noch komplizierter. Angesichts drohender Zivilprozesse wegen Nichtleistung falliger Tantiemen beantragte der Verlag bei der Devisenstelle wiederholt die Devisengenehmigung für die amerikanische Schriftstellerin Buck. Daß die Autorin auf den Verlag nicht gut zu sprechen war, nachdem sie jahrelang sehr geduldig auf ihre Honorare gewartet hatte, kann man ihr kaum verübeln. Zu Beginn wurden die Anträge abgelehnt, weil Überweisungen nach England (an den englischen Vertreter A.P. Watt & Son) prinzipiell nicht genehmigt wurden. Ein neuer Antrag vom 1. Februar 1940 an die Devisenstelle Wien mit dem Vorschlag, die Gelder direkt nach New York zu überweisen, wurde von der RSK Berlin mit folgender Antwort quittiert: Auf Ihr Schreiben vom 1. Februar an den Herrn Oberfinanzpräsidenten Wien wird Ihnen mitgeteilt, dass z.Zt. Anträge für Devisenbarzahlungen nach den Vereinigten Staaten grundsätzlich nicht genehmigt werden können. Die entsprechenden Devisen stehen einfach nicht zur Verfügung. 66
Zur Veranschaulichung dieser Geduldsprobe für Verlag und Autorin sei darauf hingewiesen, daß der Verlag ihr per 30.9.1939 noch aus den Jahren davor die enorme Summe von RM 15 041,13 schuldete und daß der Betrag ständig wuchs. Das war immerhin das Eineinhalbfache des höchsten Jahresgehalts eines ordentlichen Universitätsprofessors zu dieser Zeit! Doch blieb weiterhin unklar, ob der Verlag Lagerbestände der Werke Bucks abverkaufen durfte oder nicht. Landgrebe schrieb an das Propagandaministerium am 29.6.1940 folgendes: Wir erhielten seinerzeit vom Propagandaministerium die Weisung, dass wir von der Amerikanerin Pearl S. Buck keine neuen Werke in Verlag nehmen, keine Neuauflagen drucken und keine Propaganda machen sollten. Dies wurde bei uns auch immer gehalten nur gelegentlich des Verbotes der Werke von Pearl S. Buck in der Tauchnitz- und Albatros(s)-Bücherei sind an einigen Stellen Zweifel aufgetaucht. Nach den entsprechenden Verfügungen sind wir der Ansicht, dass wir die vorhandenen Vorräte unserer Bücher von Pearl S. Buck weiter vertreiben dürfen. Sollte sich aber das neue Verbot gelegentlich Tauchnitz und Albatros(s) auch auf unsere Bücher beziehen, dann bitten wir höflichst um Bescheid.
Die Antwort vom 12.7.1940:
66
Schreiben der Reichsschrifttumskammer vom 6.2.1940 an den Paul Zsolnay Verlag, Ordner Buck.
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Auf Ihr Schreiben vom 29.6.40 wird Ihnen mitgeteilt, dass ein Ausverkauf der noch vorhandenen Vorräte Ihrer Bücher von Buck stattfinden darf. Eine Neuauflage darf jedoch nicht vorgenommen werden, (gez. Gruber, RMfVuP)
Es dauerte bis Dezember dieses Jahres, bis der Paul Zsolnay Verlag die Genehmigung erhielt, einen Teil seines Guthabens bei der Büchergilde Zürich für Mrs. Buck zu verwenden. Im Januar wurde ein Betrag von sfrcs 2 000 überwiesen. Die deutschen Ausgaben der Werke Bucks erschienen auch in einem zweiten Wiener Verlag, dem Zinnen-Verlag. Dieser war über die Vorgänge um Buck weniger gut informiert, wie die Verlagskorrespondenz zeigt. Der Zinnen-Verlag besaß die deutschsprachigen Rechte auf zwei marktgängige Titel: auf den Weltbestseller Die gute Erde und den Roman Der junge Revolutionär. Erst im Juni 1941 kam der Verlag darauf, daß es »wohl unter den heutigen Umständen nicht unwichtig (wäre) feststellen zu können, ob Frau Buck Engländerin oder Amerikanerin« sei! Er bat den Zsolnay Verlag um Auskunft, und dieser antwortete: Da uns selbst wegen des Vertriebes dieser Dichterin vom Propagandaministerium in Berlin Weisungen zukamen, würden wir Ihnen raten, sich gleichfalls an dieses Ministerium zu wenden, das Ihnen die volle Aufklärung geben wird, die Sie wünschen. 67
16.7. Produktionsentwicklung und neue Autoren vor 1938 Ab Mitte der 30er Jahre begann der Zsolnay Verlag immer mehr von seiner traditionellen Pflege zeitgenössischer englischer Belletristik abzugehen und, aus welchen Gründen auch immer, von der Romanliteratur auf englische Sachbücher auszuweichen. Im Jahr 1934 gab es nur einen neuen fremdsprachigen Autor. Die Produktion schrumpfte auf 32 Novitäten, alle sieben Übersetzungswerke waren aus dem Englischen. Drei Titel stammten von John Galsworthy, einer von A.J. Cronin (Schwäne), zwei von Pearl S. Buck und einer von der erstmals für Zsolnay ins Deutsche übersetzten Engländerin Margaret Storm Jameson (1891-1986). Schon im Frühjahr 1933 hatte der Verlag die Rechte an mehreren Romanen Storm Jamesons erworben und sich verpflichtet, pro Jahr ein Buch von ihr auf den Markt zu bringen. Man nahm gleich eine Romantrilogie in Angriff, ohne zu ahnen, daß das Werk keinen Absatz finden würde. Die ersten zwei Teile erschienen im April 1934 u.d.T. Triumph der Zeit (Aufl. 5 000). Übersetzerin war die in Deutschland lebende Tochter Leon Kellners, Dora Sophie Kellner. Mit dem Aussehen ihres Buchs war die der deutschen Sprache mächtige Autorin überaus glücklich: Ich habe meine Exemplare von »Triumph der Zeit« erhalten, und ich möchte Ihnen sagen, wie sehr die Ausstattung des Buches mich entzückt. Der Einband ist reizend, und das ganze Buch sieht wirklich fein aus. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mich in einen so hübschen Österrei67
Schreiben Erwin H. Rainalter, 12.6.1941, ebd.
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eher verwandelt haben. Ich habe einige Stellen der Übersetzung mit dem Original verglichen, und ich finde, daß die Übersetzung wirklich ganz ausgezeichnet ist. Ich bin sehr stolz, auf Ihrer Autorenliste in so großartigem Kleid zu erscheinen. 68
Auf Grund des sich abzeichnenden Mißerfolgs wollte sich der Verlag nicht gleich an den dritten Roman (The Richer Dust) heranwagen und sah sich daher veranlaßt, der Agentur Curtis Brown Ltd. in London folgendes mitzuteilen: Unfortunately, the two first volumes of Miss Storm Jameson's novel have not yet been greeted with success, in Germany. We think it practical, therefore, to wait a bit with the publication of the third volume. 6 9
Ein paar Monate später verlegte man das Erscheinen des dritten Bandes überhaupt auf das folgende Jahr und lehnte den Erwerb neuer Titel ab. Im Oktober 1938 teilte Curtis Brown Ltd. dem Wiener Verlag mit, daß, weil dieser den Vertrag nicht eingehalten habe, die Rechte an den Werken That Was Yesterday und The Richer Dust an die Autorin zurückgefallen seien. Die Jahresproduktion 1935 erhöhte sich vom 1934 erreichten Tiefpunkt auf 44 Titel, die Anzahl der fremdsprachigen Titel stieg dank des Erscheinens von vier Übersetzungen aus dem Schwedischen (Moberg, Lyttkens, Gunnarson) wieder auf 10. Neben einem »Kinderroman« aus dem Italienischen, Paola Masinos zweitem Werk nach dem Roman Monte Ignoso aus dem Jahre 1933, Spiele am Abgrund, waren die restlichen Titel aus dem Englischen. Zwei neue Romane von Pearl S. Buck, eine Novität von Cronin - der Roman (Die Sterne blicken herab) - und eine neue Autorin namens Marguerite Steen rundeten die Produktion dieses Jahres ab. Annie Polzer übersetzte Steens »Roman eines Matadors« Auf in den Kampf, der am 31. Oktober erschien. 16.8. Vorboten des programmatischen Umbruchs. Italiener im Verlag Die wohl größten Verschiebungen im Bereich der Übersetzungsliteratur erfolgten 1936. Es dominierten mit mehr als einem Drittel nach wie vor Werke aus dem Englischen (9 von 25), doch erreichte die Gesamtjahresproduktion eine Rekordmarke, die bis 1945 nicht mehr übertroffen wurde: 61 Neuerscheinungen. Dabei fällt beim Produktionsverlauf der Umstand auf, daß knapp die Hälfte der neuen Titel dieses Jahres in den Monaten September bis Dezember herausgebracht wurden. Dies kann allerdings nicht gänzlich auf die Tradition der »Herbstneuerscheinungen« zurückgeführt werden. Vielmehr dürfte das zwischen
68
Storm Jameson an Paul Zsolnay, 28.4.1934, Ordner Storm Jameson. Die Autorin erwarb sich als Präsidentin des »English Centre« im International P.E.N. in London (1938-1944) große Verdienste um exilierte österreichische und deutsche Schriftsteller.
69
Felix Costa an Curtis Brown Ltd., 23.2.1935, ebd.
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Hitler und Schuschnigg unterzeichnete sog. »Juli-Abkommen« ein mitbestimmender Faktor gewesen sein. Unter der Rekordzahl von Übersetzungswerken wurde die Streuung zunehmend breiter, ja gewissermaßen ein Vorbote der ab 1938 programmierten »Europäisierung« des Paul Zsolnay Verlags bzw. des Karl H. Bischoff Verlags unter Wegfall der englischen und französischen Literatur. Von Edouard Estaunie, dem einzigen französischen Stammautor, der noch im laufenden Programm war, erschienen zwei neue Bücher, desgleichen von den Schweden Moberg und Lyttkens sowie eine von Zsolnay-Autor Hans Nüchtern betreute Ausgabe der ausgewählten Gedichte des Schweden Gustav Fröding (1860-1911). Franz Theodor Csokor übertrug das »dramatische Gedicht« Die ungöttliche Komödie (Auflage 1 000 Exemplare) des polnischen Dramatikers Zygmunt Krasinski, weiters erschienen die ersten Romane der Ungarn Lajos Zilahy und Zsigmond Moricz, dessen »Historische Romantrilogie« Siebenbürgen einen Umfang von 1 150 Seiten aufwies. Eher kurios mutet eine Übersetzung aus dem Norwegischen an, nämlich eine »kleine unterhaltsame Kulturgeschichte des Tabaks« von Övre Richter Frich u.d.T. Vitamin der Seele. Die Übertragung besorgte Marie Franzos. Mit Italienern hatte der Zsolnay Verlag bislang nicht allzu viel Glück gehabt. 1931 hatte er mit der damals erst 23 Jahre alten, aus Pisa gebürtigen Dichterin Paola Masino (* 20.5.1908) einen Vertrag abgeschlossen, im März 1933 erschien der Roman Monte Ignoso. Briefe des Verlags an die Mailänder Agentur bzw. an die Autorin waren, was den Absatz betraf, nicht gerade erfreuliche Botschaften und enthielten Wendungen wie »bisher leider wenig Erfolg« (24.6.33), oder daß »das Buch kein durchschlägiger Erfolg geworden ist. Die Aufnahme, die es fand, war nicht so, wie wir sie gewünscht hätten« (7.7.33), »ein grosser Mißerfolg« (25.5.34) usw. Costa führte diesen Umstand auf die seiner Meinung nach schlechte Übersetzung zurück und zögerte dann mehr als ein Jahr, bevor er sich dann doch entschloß, einen zweiten Roman Masinos, Periferia, zu erwerben. 70 Er kam dann am 11. April 1935 als Spiele am Abgrund. Ein Kinderroman heraus, blieb aber trotz hektischer Bemühungen Costas, den Roman als Vorabdruck in Berliner und Wiener Zeitungen zu piazieren, im Lager liegen.
70
Dazu Costa an den Verlag Valentino Bompiani am 17.11.1933: »Es ist uns nicht leicht, in dieser Angelegenheit einen Entschluss zu fassen und wir erlauben uns, Ihnen folgendes mitzuteilen: Es handelt sich hier zweifellos um ein außerordentliches, leider aber ebenso abseitiges Buch, das heute durchzusetzen uns fast unmöglich erscheint. Unsere Ausgabe von 'Monte Ignoso' ist, wie Sie ja wissen, geschäftlich ein Misserfolg gewesen. Nun möchten wir aber ein so aussergewöhnliches Buch wie 'Periferia' nicht gerne ohne weiteres ablehnen und bitten Sie daher, es uns-wenn möglich-noch einige Zeit zu reservieren.« Ordner Masino.
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16.9. Exkurs. Hermann Broch und der Zsolnay Verlag Ein prominenter Schriftsteller, der sich für die junge Italienerin näher interessierte, war Hermann Broch, selber in gewisser Hinsicht Verlagsautor. Schon 1930 hatte der Zsolnay-Autor Frank Thiess dem Verlag das Manuskript des ersten Bandes von Brochs Schlafwandler-Ίn\ogic (Pasenow oder die Romantik) nach Wien geschickt, woraufhin er Broch auf Grund einer Abmachung mit Daniel Brody bat, »das Anbot bei Zsolnay sofort zurückzuziehen«.71 Im folgenden Jahr war Broch mit seinem Essay »Logik in einer zerfallenden Welt« in dem von Thiess herausgegebenen und am 26. November bei Zsolnay erschienenen Sammelwerk Wiedergeburt der Liebe. Die unsichtbare Revolution vertreten. 72 Das Werk wurde am 18. April 1936 in Deutschland beschlagnahmt und eingezogen. Obwohl die Einschätzung des »RheinVerlegers« Daniel Brody von seinem Kollegen Paul Zsolnay in Wien nicht gerade vor Hochachtung strotzt - dieser führte seiner Ansicht nach keinen Qualitätsverlag, wußte Hermann Broch hingegen die Vorzüge des Zsolnay Verlags auf dem Gebiet der Autorenwerbung wohl zu schätzen. Vom Rhein-Verlag-Auslieferer in Wien, Dr. Franz Hain, konnte er das aber nicht behaupten, denn Hain brachte es nicht zustande, Brochs Bücher in die Auslagen der Wiener Buchhandlungen zu bringen. Zsolnay war es, wie er Brody in einem Brief vom 22. Mai 1931 mitteilt (Sp. 209), gelungen, den seiner Meinung nach »höchst mediokren Roman« von Andreas Thom - Vorlenz und Brigitte - innerhalb weniger Wochen auf 10 000 Exemplare hinaufzutreiben. Die Angaben Brochs können allerdings nur auf Angeberei oder Gerüchten basieren, denn der tatsächliche Absatz sah ganz anders aus. Zweieinhalb Jahre nach dem Erscheinen am 11. September 1930 in einer kleinen Auflage von 3 000 Exemplaren waren erst zwei Drittel verkauft worden. Um das Buch loszuwerden, übergab der Zsolnay Verlag im April 1933 knapp über 1 000 Exemplare der Bibliothek zeitgenössischer Werke, die dann eine Sonderausgabe herausbrachte. Dieser Bestand wurde im März 1934 verramscht. Weiteren Kontakt mit dem Zsolnay Verlag pflegte Broch im Frühjahr 1932. Der Dichter wurde eingeladen, einen Essay über James Joyce erscheinen zu lassen, doch wollte Broch den Verlag nicht wechseln. Er verfolgte stattdessen, wie er Brody schreibt, den »Hauptzweck«, seinen Sohn Hermann Friedrich (* 1910) womöglich als Lektor bei Zsolnay unterzubringen »oder zumindest ihm von dort Übersetzungsarbeit zu verschaffen. [...] Sollte Zsolnay ihn akzeptieren, so kann er als Belohnung den Essayband bekommen«.73 Aus diesem »Handel« wurde nichts. Einig wurden Broch und die Theaterabteilung des Zsolnay Verlags im Frühjahr 1933. Am 21. Februar kam es in Wien zum Abschluß eines Vertrags sowie eines Nachtragbriefs - beide sind im Verlagsarchiv, nicht aber im Broch-Nachlaß erhalten -, mit dem Broch der Theaterabteilung das ausschließliche Vertretungssrecht an
71
Brief vom 12. Juni 1930. Hack: Broch Brody-Briefwechsel,
72
Ebd., Sp. 256.
73
Ebd., Brief vom 6. April 1932, Sp. 299-301. Hier Sp. 300f.
Sp. 28-29.
283
seinem Bühnenwerk, das ursprünglich »Totenklage« und schließlich »Die Entsühnung« hieß, übergab. Im Anschluß an den 4seitigen Vertrag hielt ein Nachtragsbrief fest, daß Broch, falls er seine Zustimmung zur Drucklegung des Bühnenwerkes erteile und diese Arbeit als Buchausgabe im Paul Zsolnay Verlag erscheine, er es nicht ohne Zustimmung des Verlags in irgendeinen anderen literarischen Zusammenhang einordnen dürfe. Dieses Schreiben galt »als wesentlicher Bestandteil« des Vertrags vom 21. Februar.74 Wie er Brody wenige Tage später anvertraute, Schloß Broch mit Zsolnay ab, »weil ich schon ganz verzweifelt war und überdies vom Theater nichts mehr halte«. (Sp. 462.) Obwohl Broch sich geweigert haben soll, einer Drucklegung zuzustimmen, dürfte es dennoch zu einer nicht im Handel erhältlichen Ausgabe für die Bühne gekommen sein. Die Entsühnung wurde am 15. März 1934 unter dem Titel »denn sie wissen nicht was sie tun« in Zürich aufgeführt. 75 Aus nicht näher bekannten Gründen stand Broch mit der langjährigen Prokuristin des Zsolnay Verlags, Dr. Ida Schreiber (vereh. Landau)76 wegen der jungen Italienerin Paola Masino, in Kontakt. Wie der Dichter ihr in zwei bislang unbekannten und unpublizierten Briefen aus dem Jahr 1935 schreibt, konnte er sich zwar für Masinos ersten Roman Monte Ignoso weniger begeistern, meinte aber, es stecke im Buch »eine ganze Menge Können und Begabung«.77 »Um den Absatz an
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Beide Verträge finden sich im kleinen Bestand »Theaterabteilung« im Verlagsarchiv. Auf sie nehmen ein paar Briefe in der Korrespondenz zwischen Broch und Brody Bezug. Siehe Hack: Broch Brody-Briefwechsel, Sp. 454-463. Dazu Hermann Broch: Briefe von 1929 bis 1951. Hrsg. und eingel. von Robert Pick. Zürich: Rhein-Verlag 1957, S. 445f. Ida Schreiber (geb. Omstein) ist am 11. März 1899 in Wien als Tochter des Frauenarztes und Direktors des Jüdischen Krankenhauses in Czernowitz, Dr. Joseph Ornstein, geboren und trat im Februar 1926 in den Verlag ein. Über 10 Jahre lang arbeitete sie für Zsolnay als Generalsekretärin und Prokuristin. Nach ihrer Eheschließung mit dem Augenarzt Dr. Jacob Landau (18941974, Jerusalem) im Jahre 1936 verließ sie den Verlag und ging nach Cernauti (Czernowitz), wo sie eine Literaturagentur betrieb. Dort überlebten sie, ihr Mann und ihr kleiner Sohn Emmanuel (* 1938) zunächst die russische Besetzung im Jahre 1940, und als 1941 die Rumänen zurückkehrten, mußte die Familie einige Monate lang im Ghetto leben. Die Beziehungen Landaus rettete, so der Sohn, die Familie vor dem sicheren Tod im Konzentrationslager Transnistria, wo 100 000 Juden umgebracht wurden. (Über die brutale Vernichtungsaktion schreibt Raul Hilberg: The Destruction of the European Jews. Student Edition. New York-London: Holmes & Meier 1985, S. 14Iff.) Im März 1944, knapp vor der Rückkehr der Russen konnte die Familie über Konstantinopel auf geradezu abenteuerliche Art und Weise nach Palästina flüchten. Dr. Jacob Landau wurde Professor für Augenheilkunde an der Hebrew University in Jerusalem. Der letzte Kontakt Schreiber-Landaus mit dem Zsolnay Verlag stammt aus dem Jahre 1961. Sie starb 1979 an Krebs. Für Auskünfte über seine Eltern bin ich Herrn Dr.med. Emmanuel Landau, der als Psychiater in einem New Yorker Spital tätig ist, sehr zu Dank verpflichtet. Hermann Broch an Ida Schreiber, 17.9.1935. In seinem Brief vom 26.7.1935 bedankt sich Broch für das ihm übermittelte Freiexemplar des Romans Spiele am Abgrund, Ordner Masino.
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Masino zu heben«, bat er den Verlag, zwei Exemplare erstehen zu dürfen. 78 Der Kauf beeinflußte den Absatz nicht wesentlich. Costa resümierte Anfang 1936, daß der Verkaufserfolg »allerdings leider wieder schlecht« sei.79 Daß im selben Jahr 1936 - innerhalb weniger Monate - zwei »Sportromane« eines jungen italienischen Sportlers und Dichters namens Franco Ciampitti auf den Markt gebracht wurden, mag überraschen. Ciampittis »Fußballerroman« Die 90. Minute80 kam noch vor den Olympischen Spielen heraus, aber das Erscheinen des »spannenden Liebesromans, in dessen Mittelpunkt ein Olympiakämpfer steht«,81 Die fünf Ringe, knapp vor den Olympischen Spielen in Berlin, müßte man eher als »Betriebsunfall« einstufen. Costa wollte das Buch gar nicht drucken und stellte daher unannehmbare Bedingungen an die Vertreter des Autors. Diese steckten zurück, das italienische Propagandaministerium lieferte dem Verlag frei Haus eine in Auftrag gegebene Übersetzung. Da der Verlag, wie der Ständestaat auch, auf gute Beziehungen zu Mussolini Wert legten, ja gar 1933 ein von ihm verfaßtes Drama sowie Emil Ludwigs Gespräche mit dem Duce herausgegeben hatte,82 traute man sich nicht mehr, nein zu sagen. Das Buch Ciampittis wurde überdies zum olympischen Wettbewerb eingereicht. Dazu Felix Costa: »Wir mussten in den sauren Apfel beissen und das Buch ist tatsächlich zu Beginn der Olympischen Spiele nach einer Herstellungsdauer von drei Wochen erschienen. Leider hat unsere Rekordleistung nicht das erwartete Resultat gezeitigt, denn eine Prämierung des Wer-
78
Ida Schreiber antwortete: »Ich danke Ihnen für Ihr Urteil über die Masino-Bücher. Ich verspreche mir noch sehr viel Schönes von dieser jungen Autorin, allerdings, das deutsche Publikum hat, wie Sie richtig vermuten, wenig Verständnis für sie. Die Absendung der Bücher habe ich veranlasst und hoffe, dass beide bereits an Ort und Stelle sind.« Brief vom 23.9.1935, ebd.
79
Costa an den Verlag Bompiani, Mailand, 15.1.1936. Dieses und alle anderen zitierten Schreiben im Ordner Masino.
80
Das Buch erschien am 23. April. Dazu die ganzseitige Anzeige im Börsenblatt,
Nr.
175,
30.7.1936, S. 3418. 81
Ganzseitige Anzeige im Börsenblatt,
Nr. 175, 30.7.1936, S. 3419. Das Werk erschien am
6. August. 82
Benito Mussolini u. G. Forzano: Hundert Tage. Drei Akte in neun Bildern. Autor. Übers, von Geza Herczeg; Benito Mussolinis
Gespräche mit Emil Ludwig (1932). Auflage: 20 000 Exem-
plare. Im Verlagsarchiv ist ein einziger Brief Paul Zsolnays an Mussolini erhalten. Das Schreiben ist mit 26. April 1933 datiert und in einem besonders unterwürfigen Stil abgefaßt. Der Beginn lautet zum Beispiel: »Wir sind stolz darauf, dass Eure Exzellenz uns die Ehre erwiesen haben, die deutsche Buchausgabe der grossen Tragödie 'Hundert Tage' in unserem Verlag erscheinen zu lassen.« Die Anrede »Euer Exzellenz« fehlt nur in wenigen Sätzen. Da heißt es im weiteren: »Besonders dankbar wären wir, wenn Eure Exzellenz die Güte hätten, uns ein Bild für unseren Verlag mit eigenhändiger Widmung zur Verfügung zu stellen, damit wir es an einem Ehrenplatz in unserem Verlag zur Aufstellung gelangen lassen können.« (Ordner Mussolini).
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kes, wie sie von Seiten Ciampittis als höchst wahrscheinlich angesehen wurde, erfolgte nicht.«83 Der Ausflug des Zsolnay Verlags in die Welt des Sportromans war damit für die Zeit bis 1945 beendet. Fast dieselbe Vielfalt wies die Auswahl der englischen und amerikanischen Literatur dieses Jahres auf, und es waren mehrere neue Gesichter im Verlagsprogramm. Von John Galsworthy erschienen zwei Titel posthum, von dessen Witwe Ada Galsworthy und Pearl S. Buck brachte man je einen Titel. Ansonsten waren alle Autoren neu, wie z.B. Arthur Calder-Marshall, dessen Roman Wir haben gestern geheiratet (At Sea) von Viktor Polzer ins Deutsche übersetzt wurde. Von Juliet Bredon erschienen 1936 der Roman Hundert Altäre (Hundred Altars, dt. von Richard Hoffmann) und im folgenden Jahr ein umfangreiches Sachbuch u.d.T. Das Mondjahr (The Moon Year). Untertitel: »Chinesische Sitten, Bräuche und Feste. Darstellung und Kulturbericht«. Ein weiterer ausgefallener Titel war Der Zug der Renntiere. Ein Tatsachenroman (.Reindeer Trek) von Allen Roy Evans. Wie bei Calder-Marshall und Evans blieb es auch im Fall von Carl Fallas, dessen Roman Das hölzerne Kissen (The Wooden Pillow) auch von Richard Hoffmann übertragen worden war, bei diesem einen Werk. Das Buch des Inders Dhan Gopal Mukerji über das Kastenwesen in seiner Heimat (Meine indische Heimat; engl. Caste and Outcast) lag auch nicht gerade auf der traditionellen Linie des renommierten belletristischen Verlags. Warum man sich auf derartige Experimente einließ, ist nicht bekannt.
16.10. D a n i e l e V a r e Mehr auf der Verlagslinie lag eine letzte Entdeckung dieses Jahres, die sowohl während als auch nach dem Krieg ein lukratives Verlagsobjekt bleiben sollte: Daniele Vare (* 12. Januar 1880). Vare war ein englisch-schreibender italienischer Berufsdiplomat, der 25 Jahre lang im diplomatischen Dienst Italiens gestanden war. Acht Jahre davon hatte er in China als Sekretär der Gesandtschaft in Peking (1912-1920) verbracht. Anschließend war er bis 1926 beim Völkerbund tätig. Während der Jahre 1931 bis 1933 wirkte Vare als Geschäftsträger Italiens in Dänemark und Island. Schon während seiner politischen und diplomatischen Laufbahn hatte sich Vare der Schriftstellerei gewidmet und für italienische Zeitungen geschrieben. Der Zsolnay Verlag machte ihn und seine Romane auf dem deutschen Büchermarkt bekannt. Felix Costa und Paul Zsolnay waren es, die den Schriftsteller Vare für den Verlag gewannen, lukriert haben aber andere. Gerade dieser Fall weist in der Druckgeschichte manche nicht uninteressante Parallelen mit A.J. Cronin auf. Zensur und vorauseilende Gehorsamkeit zeichnen die Politik des Verlags bereits vor Beginn der NS-Machtübernahme im März 1938 aus. Wie schon 83
Felix Costa an Dr. Erwin Rieger, 22.8.1936, Ordner Ciampitti. Rieger hatte Die 90. Minute ins Deutsche übertragen und beschwerte sich daher beim Verlag, weil er beim zweiten Werk nicht zum Zug gekommen war.
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erwähnt, kam es zu einer beschleunigten Reduktion der Werke aus dem Englischen und Französischen, und was übrig geblieben war, wurde erst recht ausgesondert, als England und Frankreich als »Feindländer« galten. Es wurde literaturpolitisch ein neues Europabild unter Ausschluß von England und Frankreich kreiiert. Wie Literaturproduktion gelenkt und eingesetzt werden konnte, geht aus dem Umgang mit Vare hervor. Im November 1935 schloß der Zsolnay Verlag mit dem Methuen & Co. Verlag in London einen Vertrag auf den Roman The Maker of heavenly trousers ab und brachte ihn am 2. April 1936 zugleich als ersten Band einer Trilogie u.d.T. Der Schneider himmlischer Hosen in einer bescheidenen Erstauflage von 3 000 Exemplaren heraus. Im Herbst folgte Die letzte Kaiserin. Vom alten zum neuen China (The Last of the Empresses). Nach dem Verkauf der ersten 3 000 Bände legte man im Januar des folgenden Jahres zusätzlich 3 000 Exemplare auf. Weitere Neuauflagen erfolgten erst nach dem Krieg. Knapp vor dem Anschluß Österreichs war Vares drittes Werk - der Roman Das Tor der glücklichen Sperlinge, der ebenfalls China zum Schauplatz hatte, auf dem Markt. Die Erstauflage betrug wie bisher 3 000, und erst Ende Mai 1940 kam es zu einer zweiten Auflage (4.-7.Tsd.) und im Mai 1942 zu einer dritten (8.-17.Tsd.). Mitte 1937 bekam der Verlag die Nachricht, daß Vare an einer Autobiographie arbeite und war selbstverständlich daran interessiert, sie zu erwerben. Als sie im November 1938 schließlich herauskam, stellte sich für den Verlag nun endlich der langersehnte Verkaufserfolg ein. Aber die Druckgeschichte der vorhin angesprochenen Bände, die Felix Costa zu verantworten hatte, zeigt eindeutig, bis zu welchem Grad der Zsolnay Verlag in seiner Politik gegenüber dem deutschen Absatzmarkt bzw. NS-Staat bereit war, »Konzessionen« zu machen. Zur Marketingstrategie des Verlags hatte es seit jeher gehört, Vor- oder Teilabdrucke mancher seiner Verlagswerke in prominenten Zeitungen besonders in Deutschland zu piazieren. Freilich konnte man dies ab 1933 nur mit »genehmen« Autoren tun. Dies hatte nicht nur den Vorteil, das Honorar des Autors aufzubessern. Ein solcher Druck war freilich auch beste Werbung und letztendlich war der Verlag am Honorar mitbeteiligt. Kaum war Der Schneider himmlischer Hosen auf dem Markt, begann Felix Costa die Werbetrommel für Die letzte Kaiserin zu rühren. Er schickte das Typoskript daher an eine Vielzahl reichsdeutscher Zeitungsredaktionen, darunter die Illustrirte Zeitung in Leipzig. Diese war zu einem Teilabdruck durchaus bereit, aber nur unter schwierigen Bedingungen. Dabei ist der Zwang zur Zensur weniger überraschend als die Bereitwilligkeit, besser Unterwürfigkeit Costas, jeden Streichungswunsch zu erfüllen, auch wenn diese Wünsche von einer Zeitung und nicht von einer offiziellen Stelle kamen. Die Schriftleitung der Illustrirten Zeitung war »nicht abgeneigt«, das erste Kapitel des Romans als Sonderfeuilleton zu veröffentlichen, aber auch ein anderes kam in Frage. Dazu heißt es:
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In diesem Falle wären aber eine Reihe von Kürzungen unerlässlich, namentlich soweit es sich um die Vergleiche der nationalsozialistischen Bewegung mit der der Boxer handelt. Hier der Auffassung des Verfassers bzw. der seiner Gewährsmänner zu folgen, erscheint uns selbst bei allergrösster Objektivität nicht möglich. Überhaupt bedarf das Buch unseres Erachtens noch verschiedener Streichungen bzw. Retuschen, wenn es in Deutschland nicht berechtigte Kritik hervorrufen soll, die unter Umständen zu einem Verbot führen kann. Sie werden verstehen, dass es uns an sich nicht sympathisch sein kann, durch Vorabdrucke für ein Buch einzutreten, das später eine derartige Beurteilung erfahren kann. Wir wären Ihnen für freundliche Stellungnahme zu diesem Punkt verbunden. 84 Costa war für diesen Rat höchst dankbar und er ließ der Zeitung v ö l l i g freie Hand bezüglich der Textgestaltung. Ihm scheint die Hauptsache g e w e s e n zu sein, nur keine Beanstandungen zu provozieren: Was die von Ihnen beanständeten Stellen im Kapitel XVIII anlangt, so sind sie selbstverständlich auch uns aufgefallen und werden gestrichen werden, vor allem die Seite 168, die ja übrigens nicht Äusserung des Verfassers, sondern nur ein Zitat ist. Sie können überzeugt sein, dass wir alles veranlassen werden, um jede Kritik des Buches nach dieser Richtung hin zu vermeiden, sodass Sie Ihrerseits unbesorgt für dieses ungewöhnlich interessante Werk eintreten können. Sollten Sie sich zum Abdruck des Kapitels XVIII (statt des Kapitels I) entschliessen, so stellen wir es Ihnen, abgesehen von diesen notwendigen Kürzungen, frei, auch sonst kleinere Streichungen vorzunehmen, um dem Abdruck die Länge zu geben, die Ihnen wünschenswert erscheint. 85 Ob die Zeitung v o n d i e s e m Blankoscheck Gebrauch machte und das Kapitel veröffentlichte, ist nicht bekannt. Es ist j e d o c h interessant zu beobachten, w i e Costa in e i n e m anderen Fall sich eben auch ganz anders verhielt.
16.11. Exkurs. NS-Literatur von Jakob Schaffner Während der literarische Direktor zu allem bereit war, u m ja den Abdruck eines Verlagswerks in einer deutschen Zeitung zu erreichen, reagierte er im Fall des g ä n g i g e n »Verlagsobjekts« Jakob Schaffner anders, der, o b w o h l Schweizer, d e m Nationalsozialismus b z w .
Hitler-Deutschland besonders zugetan war.
Schaffner
hatte die U n i o n Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart verlassen, zur selben Zeit, als viele deutsche Autoren der schlechten wirtschaftlichen Lage w e g e n ihren S t a m m v e r l a g e n fluchtartig den Rücken kehrten. Zu Zsolnay kamen neben Schaffner auch R e n e Fülöp-Miller, Emil Ludwig ( v o n Rowohlt), und andere. Als Zsolnay d e n Vielschreiber Schaffner 1931 erwarb, konnte es über die Weltanschauung 84 85
Schreiben an den Paul Zsolnay Verlag vom 24.4.1936, Ordner Vare. Felix Costa an die Hauptschriftleitung der Leipziger Illustrierten, 25.4.1936, ebd. Ein paar Jahre später legte Hermann R. Leber für die Verlagsherstellung folgenden Aktenvermerk an: »Bitte, bei einer Neuauflage von Vare: 'Der lachende Diplomat' ev. auf eine Abschwächung der Stellen über General Foch und Admiral Beatty zu achten, da diese Stellen bereits zum zweiten Mal als zu positiv von Lesern beanständet werden. Wien, den 9. Juli 1940.« Ebd.
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des Autors kaum Zweifel geben, und er enttäuschte auch in den folgenden Jahren das Regime nicht. Er machte im Sommer 1931 sein Debüt bei Zsolnay mit »Drei Frauenromanen« u.d.T. Ihr Glück - ihr Elend. In zwei Auflagen erreichte das Werk im selben Jahr die Zahl von 7 000 Exemplaren. Einen Vorgeschmack auf Schaffners Oeuvre im Dienst der NS-Ideologie bietet aber die verlagseigene Werbung für das Werk Die Predigt der Marienburg, das - nota bene - im November 1931 im Börsenblatt angezeigt wurde und deren Anzeige durchaus zu denken gibt: Diese Vision von ruhmreicher Vergangenheit und lichtvoller Zukunft des deutschen Volkes ist in dem tiefen Glauben an das kraftvolle, im Kem gesunde Volkstum zugleich ein flammendes Bekenntnis des Dichterpropheten Schaffner zu den wertschaffenden, zukunftbauenden Mächten des Deutschtums. 86
Bereits im Frühjahr 1933 liefen Verhandlungen zwischen dem Zsolnay Verlag in Wien und der Union Deutsche Verlagsgesellschaft im Reich hinsichtlich der Übernahme der Vorräte und Rechte der in diesem Verlag erschienenen Werke Schaffners. Als Kaufpreis für 15 720 Rohexemplare, 781 broschierte Exemplare und 6 475 Ganzleinenexemplare von insgesamt 17 Titeln war der Verlag in Wien bereit, die Summe von Μ 5 279 auf den Tisch zu legen. Zudem sicherte Zsolnay der Stuttgarter Firma noch eine Beteiligung am Ladenpreis dieser übernommenen Restbestände und der zu veranstaltenden Volksausgaben zu und erklärte seine Bereitschaft, Schaffners Schulden (ca. Μ 8 900) an die Union zu übernehmen. 87 Das ergab eine Gesamtsumme von Μ 14.179, doch glaubte die Union noch mehr herausholen zu können und ging mit dieser Annahme nicht fehl. »Wir hätten nicht geglaubt«, heißt es in der Reaktion auf das durchaus realistische Anbot Zsolnays, »dass Sie den Autor und die Zukunftsaussichten seiner Werke so gering einschätzen, um uns für die Überlassung der beträchtlichen Vorräte, von denen noch dazu annähernd die Hälfte gebunden ist, RM. 5279.- anzubieten. Der Betrag ist so gering und steht zum Wert des Objekts in so gar keinem Verhältnis, dass wir Sie doch bitten müssen, uns hier einen andern Vorschlag zu machen [...]«. 88 Zsolnay wurde noch vom sich gekränkt gebenden Schaffner überredet und erklärte sich daraufhin bereit, eine inzwischen erhöhte Forderung der Union an den Autor plus eine angehobene Übernahmssumme - nunmehr insgesamt Μ 20 000 - als vergrößertes Opfer auf sich zu nehmen. Der Zsolnay Verlag wollte die erworbenen Werke jetzt großzügig vermarkten und veranstaltete schon Mitte September 1933 eine Volksausgabe, bestehend aus den Werken Die Glücksfischer, Konrad Pilater, Die Weisheit der Liebe, Der Mensch Krone und Der Dechant von Gottesbüren, unter dem
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Börsenblatt,
87
Schreiben der Direktion des Zsolnay Verlags an die Union Deutsche Verlagsgesellschaft, 8.4.1933, Ordner Schaffner.
88
Schreiben der Union Deutsche Verlagsgesellschaft an den Zsolnay Verlag, 11.4.1933, ebd.
Nr. 272, 24.11.1931, S. 6777.
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Titel »Volks-Schaffner«. 89 Zsolnay hatte zwar übergroße Belastungen auf sich genommen, aber dennoch das erklärte Ziel erreicht, die Werke Schaffners durch einen Generalvertrag vom 8. April 1933 in seinem Verlag zu konzentrieren. Doch bereits im nächsten Jahr tauchten die ersten ideologischen Konflikte zwischen Verlag und Autor auf. Es war eine Sache, Werke zu publizieren, die dem Deutschtum huldigten, eine ganze andere, Manuskripte in Verlag zu nehmen, die sich gegen Österreich richteten. Die Ausfälle Schaffners gegen das nicht nationalsozialistische Nachbarland waren kein Zufallsprodukt, wie die Direktion des Verlags in einem etwas kurios formulierten Schreiben an den Autor andeutet: Wir wollen vorwegnehmen, dass die Lektüre Ihres Werkes uns grosse Freude bereitet hat und dass wir es mit Vergnügen ohne weiteres herausgebracht hätten, wenn Sie nicht Bedenken geäussert hätten. Da Sie aber selbst Gründe gegen dieses Buch anführen und es als österreichfeindlich bezeichnen, fallt es uns schwer, gegen die Ansicht des Autors Stellung zu nehmen. Da nun tatsächlich einige Stellen in dem Buch uns auf Grund Ihrer brieflichen Interpretation als nicht unbedenklich erscheinen, geben wir Ihnen Ihr Werk »Landschaft und Geschichte«, Autoreise in Deutschland, ohne Präjudiz unter folgenden Bedingungen frei: 90
Die Freigabe berührte den Generalvertrag nicht, und der »neue« Verleger mußte die bei Zsolnay erschienenen Werke Schaffners entsprechend ankündigen. Das fragliche Werk kam noch 1934 in der Deutschen Verlagsanstalt Stuttgart u.d.T. Offenbarung in deutscher Landschaft. Eine Sommerfahrt heraus. Im eben zitierten Brief liest man, offenbar in Reaktion auf vorangegangene Unstimmigkeiten, weiters: Wenn wir diesen schwerwiegenden Entschluss gefasst haben, so liegt der Grund hiefür auch darin, dass wir gerne beobachten möchten, ob tatsächlich Ihr Werk in einem anderen Verlag als in unserem einen besseren Erfolg erzielen wird. Wir wünschen dies von Herzen, würde doch ein Erfolg eines neuen Buches von Ihnen auch für Ihre bei uns erschienenen Bücher einen neuen Anstoss bedeuten, (ebd.)
Die Beziehungen zum Autor, die ohnehin schwierig genug waren, waren bereits 1935 beinahe beendet, als Schaffner - nachdem der Verlag so viel Geld in das Objekt investiert hatte - sich nun zur Gänze von Zsolnay lösen wollte. Der Generalvertrag würde es ihm, so argumentierte er, unmöglich machen, seine neue Produktion in einem anderen Verlag unterzubringen und zwar »trotz des Interesses von
89
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Siehe Börsenblatt, Nr. 207, 6.9.1933, S. 3723. Somit waren Mitte September bei lieferbar: Johannes. Roman einer Jugend-, Die Jünglingszeit des Johannes Schattenhold. Das Wunderbare. Roman; Kinder des Schicksals. Roman; Die Irrfahrten des Jonathan Roman; Das große Erlebnis. Roman; Die goldene Fratze. Roman; Föhnwind. Novellen; Zwei Erzählungen; Der Kreislauf. Gedichte. Schreiben der Direktion an Schaffner, 12.10.34, Ordner Schaffner.
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Zsolnay Roman; Bregger. Brüder.
verschiedenen grossen Verlagen«.91 Ganz offenkundig suchte Schaffner einen Vorwand, um aus dem Generalvertrag und überhaupt aus dem Verlag auszusteigen, und seine Handlung scheint mit dem im Reich ramponierten Image des Zsolnay Verlags unter Autoren und Buchhändlern in engem Zusammenhang zu stehen. Denn Schaffner vertrat den Standpunkt, er hätte den gemeinsamen Vertrag sowohl juristisch als auch geschäftlich erfüllt und seine Verlagstreue vielfach bewiesen: »Ich bin sogar darüber weit hinaus gegangen, indem ich immer wieder für Ihren Verlag bei den Behörden eingetreten bin, während Sie leider auf Klatsch gehört zu haben scheinen, für den ich keine Gewähr übernehmen kann.« Um den Bruch, auf den es Schaffner angelegt hatte, nicht zu riskieren, ging der Verlag auf dessen Forderungen ein, u.a. auch auf eine Erhöhung des Fixums von Μ 2 000 auf Μ 3 000. »Weitere Ansprüche werde ich an Sie dann nicht mehr machen, da ich erwarten darf, nachher wieder freien Weg zu haben.« (ebd.) Schaffner tat sein Möglichstes, um seine Beziehung zum Verlag zu stören, und manche Aktionen - etwa die Herausgabe von konkurrierenden Buchgemeinschaftsausgaben oder weitere Vertragsabschlüsse da und dort - dienten dazu, die Konzentration seiner Werke in einem Verlag, wofür Zsolnay eine ansehnliche Summe ausgegeben hatte, zu verhindern. Doch wurde der Verlag nicht müde, dem Autor neue Zugeständnisse zu machen. Zu einer neuerlichen Auseinandersetzung, die eine weitere Freigabe unumgänglich machte, kam es, als knapp nach Ostern 1936 ein neues Manuskript von Schaffner im Verlag einlangte. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Schaffner es darauf anlegte, zu sehen, wie weit er den Verlag mit NS-Gedankengut provozieren könnte. Denn inzwischen hatte sich das Vertragsverhältnis so weit gelockert, daß der Autor allein entscheiden konnte, ob ein neues Werk im Zsolnay Verlag oder anderswo erscheinen sollte. Nun wollte er seinen Verlag in Wien auf die Probe stellen, indem er sich darüber beschwerte, nach Erhalt des Manuskripts nicht - was in keinem Verlagsvertrag vorgesehen war - postwendend eine Zu- oder Absage aus Wien bekommen zu haben. Für das Manuskript »Wolken und Türme« hatte Schaffner wissentlich Unmögliches verlangt, nämlich eine Sofortentscheidung. Felix Costa blieb dennoch höflich und konziliant und teilte Schaffner mit, er und Paul Zsolnay hätten das Werk »sofort mit grösster innerer Anteilnahme und aufrichtiger Ergriffenheit gelesen und den erwarteten starken Eindruck empfangen. Wir fühlen uns unaufgefordert gedrängt, Ihnen dies zu sagen«.92 Sucht man nach einem Motiv für diese Höflichkeit, so könnte es sein, daß der Verlag einfach Angst hatte, einen Proponenten des »Neuen Deutschland«, mit dessen Gedankengut man sich nicht unbedingt identifizieren konnte, aber zugleich ein wichtiger Faktor hinsichtlich der Akzeptanz des Verlags im Reich war, zu verlieren. Eine Abwanderung solcher Konjunkturritter konnte nur schädliche Folgen haben. Obwohl die Position des Verlags im Inland an sich nicht gefährdet war, mußte man besonders
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Abschrift eines Briefs von Schaffner vom 24. August 1935 an die Direktion des Zsolnay Verlags in einem Schreiben des Verlags an Schaffner vom 3.9.1935.
92
Felix Costa an Jakob Schaffner, 29.4.1936, Vertragsmappe Schaffner.
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vorsichtig sein, keine Bücher zu verlegen, die sich gegen Österreich richteten, und keine Werke in Verlag zu nehmen, die eine offenkundige Huldigung des NS-Regimes darstellten. Und eben diese Entscheidung stand mit dem Schaffner-Manuskript »Wolken und Türme« zur Debatte. Die Taktik Schaffners bestand darin, diese Entscheidung dem Verlag zu überlassen, wohl wissend, wie sie ausfallen mußte. Die Antwort Costas ist ein Schlüsselbrief und zeigt, wie man in Wien um den heißen Brei »Nationalsozialismus« herumredete. Sie steht in klarem Gegensatz zu jenem Brief an die Schriftleitung der Illustrirten Zeitung in Leipzig in Sachen Vare-Abdruck. Im Fall Schaffner war es (neben der allfälligen negativen Einstellung gegenüber dem Nationalsozialismus) die Angst um die Konsequenzen für den Verlag zu Hause, im Fall Vare andererseits im Reich - also am Hauptabsatzmarkt - kein Risiko einzugehen. Costa begründete seine Entscheidung, Schaffners neues Werk freizugeben, mit folgenden Argumenten: Sie haben nun, sehr verehrter Herr Schaffner, durchaus Ihrer Verpflichtung entsprochen und uns das Manuskript »Wolken und Türme« zur Verfügung gestellt. Wenn Sie von uns nicht ein Ja oder Nein verlangt hätten, würde das Buch zu den zwischen uns vereinbarten Bedingungen Anfangs September erscheinen. Eine frühere Herausgabe ist nicht möglich, da die Herstellung mindestens zwei Monate dauert und Juli und August für ein so ernstes und gewichtiges Werk als Erscheinungstermin von vornherein ausschaltet, wenn man den Absatz nicht von Haus aus unterbinden will. Aus dem Umstand, dass Sie von Ihrem Recht der Drucklegung dieses Werkes in unserem Verlag Abstand nehmen, sondern die Entscheidung uns überlassen, schliessen wir zweierlei: erstens, dass Sie einer Frage des Buches durch uns nicht ablehnend gegenüberstehen, und zweitens dass Sie selbst der Ansicht sind, dass dieses Buch in einem reichsdeutschen Verlag unter den gegebenen Umständen mit grösserem Erfolg herausgebracht werden könnte. Da wir nun auch der Meinung sind, dass dieses Werk, dessen politisches Bekenntnis ein(en) ebenso integrierenden Bestandteil bildet wie die dichterische Gestaltung, sich besser in einen Verlag einfügen lässt, der in einem Staat beheimatet ist, dessen politische Überzeugung sich mit der in diesem Werk manifestierten völlig deckt und daher bei der Propagierung des Buches in keiner Weise behindert sein kann, sehen wir uns veranlasst, Ihnen das Werk unbeschadet unserer bestehenden generalvertraglichen Abmachung für die Herausgabe in einem anderen Verlag freizugeben. 93
Man wollte aber auch weiterhin Schaffners Verleger bleiben: Wir möchten bei dieser Gelegenheit betonen, dass uns ausserordentlich daran gelegen ist, noch heuer ein neues Werk von Ihnen herausbringen zu dürfen, und dass wir sehr hoffen, das Manuskript des vierten Johannes-Bandes rechtzeitig zu erhalten.
Leider ist die Korrespondenz zwischen Schaffner und dem Verlag nur bruchstückhaft erhalten, das heißt, es liegen nur Durchschläge von Verlagsbriefen vor, die unter »Verträge« abgelegt wurden. Aus diesem Grund wissen wir nicht, wie Schaffner sich im einzelnen verhalten hat. Bekannt ist hingegen sein verletzender 93
Ebd.
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Ton in Briefen an den Verlag.94 Schaffners Werk Türme und Wolken. Eine Burgenfahrt erschien 1937 in der Hanseatischen Verlagsanstalt in Hamburg und war dort wahrlich gut aufgehoben. Spätere Werke folgten. Diese Pseudoentdeckungsfahrt durch das »Neue Deutschland« ist nichts anderes als beinharte Nazi-Propaganda, die gegen die Kirche und die Juden loszieht (»Sie [Handwerker und Arbeiter] sind vielleicht jugendlich borniert, aber sie sind nicht dumm [...] niemals kulturbolschewistisch es sind deutsche Jungen und keine aus einer östlichen Steppe. Ich sage also: 'Laßt einmal das Christentum ganz beiseite [...]«) und die neue Jugend glorifiziert (»Sie wollen richtige Hitlerjungen sein, denen nichts imponiert, und auf die nichts wirken soll, als was vom Führer und von der Partei kommt.« (S. 45). Unter dem Strich dürfte sich das Abenteuer mit Schaffner als Fehlentscheidung erwiesen haben - und das nicht nur in finanzieller Hinsicht. Sieht man von Neuauflagen und Sonderausgaben alter Titel ab, so war Schaffner ab 1935 (Larissa. Roman) mit keinem neuen Werk im Zsolnay-Programm vertreten. 1942 brachte Karl H. Bischoff in einer Feldpostausgabe einen Auszug aus den Meister-Novellen (1936) u.d.T. Wie Gottfried geboren wurde heraus (Auflage 28 500). Nach 1945 wurde Schaffner, der gerade Schriftenreihen der NSDAP im Eher-Verlag mit altbekannten Weisheiten wie Der Schicksalsweg des deutschen Volkes (Auflage 100 000) »verziert« hatte, nicht vom Zsolnay Verlag, sondern von der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart aus der wohlverdienten Versenkung geholt: ein paar ausgewählte Titel wurden neuaufgelegt. 16.12. Vare in der Propaganda Richtig durchgesetzt werden konnte Daniele Vare erst in der NS-Zeit in Österreich, die Probleme mit allen im Ausland lebenden Autoren blieben allerdings, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft, all die Jahre gleich. Wie schon am Beispiel Buck, Wells, Galsworthy, Dreiser und anderen gezeigt wurde, hatte die notgedrungen einseitige Ausrichtung auf den reichsdeutschen Markt einerseits und der hohe Prozentsatz von ausländischen Autoren andererseits für den Zsolnay Verlag fatale Folgen, als es im Reich zur Devisenkontingentierung kam. Das Faktum, daß Überweisungen von Österreich aus zwar nicht völlig unmöglich, aber zumindest »sehr schwer« durchzuführen waren, tritt gegenüber den Schwierigkeiten im Reich in den Hintergrund. So dauerte es gar nicht lang, bevor sich ansehnliche Tantiemen für Vare angesammelt hatten und geringe Aussichten bestanden, das Geld vertragsgemäß an die Londoner Agentur zu transferieren. Zsolnay geriet 1937 bei den Vare zustehenden Tantiemen für Die letzte Kaiserin schnell in Verzug, obwohl er hohe Guthaben im Reich hatte, aber bekanntlich keine Möglichkeit, sie auszuführen. 94
Ein kurzer Brief Schaffners an Paul Zsolnay vom 5.12.1937 ist überliefert. Da heißt es z.B. am Schluß: »Dagegen verwahre ich mich höflich dagegen, dass das Buch 'Ihr Glück-ihr Elend' Ihrer Initiative entsprungen sein soll.« (Vertragsmappe Schaffner)
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Ausländische Eingänge, die gewöhnlich über die Bibliothek zeitgenössischer Werke in Zürich liefen, waren unzureichend, um allen Ansprüchen zu genügen. Der Londoner Agent John Murray brachte für die langen Erklärungen des Verlags Verständnis auf, fand es aber trotzdem unfair, den Autor so lang warten zu lassen: »While we understand your difficulties, we feel that it is rather hard on the author that he should have to wait so long for his money, so we trust that you will do all possible to let us have a speedy settlement.«95 Wie dem auch sei, blieben in den folgenden Jahren die fälligen Zahlungen der Hauptinhalt der Korrespondenz zwischen Verlag und Agentur, und es fiel dem Agenten immer schwerer, den Autor zu vertrösten. Erst im Juni 1939 glaubte der Verlag in Wien mit einer guten Nachricht aufwarten zu können. Er lüftete in einem Schreiben an Murray das Geheimnis der nicht überwiesenen Honorare und setzte sich gegen die ihm unbegründet erscheinenden Vorwürfe, untätig geblieben zu sein, zur Wehr: der Verlag habe alles in seiner Macht stehende getan, nämlich laufend Devisenanträge gestellt: »Die Verzögerung ist darauf zurückzuführen, dass bis zur Einsetzung des Treuhänders über unseren Verlag Devisenansuchen unserer Firma nicht bewilligt wurden. Da dieses Hindernis nunmehr beseitigt ist, ist auch mit einer baldigen aufrechten Erledigung der Ansuchen zu rechnen. Letzten Endes steht uns jedoch über die Entscheidung der Devisenstelle keinerlei Einfluss zu.« 96 Die genehmigten Devisen waren eher ein Tropfen auf den heißen Stein: Ende 1939 schuldete der Verlag dem Autor allein für den Lachenden Diplomat fast Μ 5 000, und nun waren durch den Ausbruch des Weltkriegs Probleme in Zusammenhang mit dem »Trading with the Enemy Act« entstanden, der es dem Agenten unmöglich machte, für seinen neuen Roman The Temple of Costly Experience seine vertraglichen Verpflichtungen einzuhalten. An Tantiemenüberweisungen nach England war sowieso nicht mehr zu denken. Statt dessen mußte man die Zustimmung des englischen Agenten einholen, die Honorare nach Italien zu überweisen. Nach dem Erscheinen des Romans Das Tor der glücklichen Sperlinge im Februar 1938 vergingen mehr als zweieinhalb Jahre, ehe eine Novität Vares auf den Markt gebracht werden konnte. Im Gegensatz zu den früheren Büchern mußte er ja nun im Sinne der amtlichen Bekanntmachung Nr. 84 vom 25. Juli 1935 um Genehmigung des Erwerbs ausländischer Verlagsrechte im Propagandaministerium ansuchen. (Man berief sich dem Autor gegenüber freilich auf die »KriegsVerhältnisse«.) Im März 1940 kam es zu einer Neuauflage (4.-8.Tsd.) des Schneider himmlischer Hosen und endlich, am 14. November, wurde nicht nur eine dritte Auflage dieses Romans (9.-13.Tsd.) herausgegeben, sondern auch die erste Auflage des Romans Der Tempel der kostbaren Weisheit in einer vom Autor bemängelten Übersetzung von Lotte Leber, der Gattin Hermann R. Lebers. 97 In diesem Werk hatte Vare das Schicksal der in den
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John Murray an Paul Zsolnay Verlag, 15.12.1937, Ordner Vare. Schreiben des Verlags an Murray vom 9. Juni 1939, ebd. So schrieb der Autor aus Rom am 7. Juli 1940 in etwas eigenwilligem Deutsch: »Di? zweite Hälfte des Buches 'Tempel der K.W.' scheint mir sehr eilig übersetzt gewesen zu sein, so dass
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Werken Der Schneider himmlischer Hosen und Das Tor der glücklichen Sperlinge geschilderten Menschen im Lebensraum China zu Ende erzählt. Die Genehmigung des Propagandaministeriums war relativ rasch erfolgt, doch zeigte sich auf Grund des Sortimenterinteresses schon Monate vorher, daß der Verlag mit den geplanten 6 000 Exemplaren der Erstauflage nicht das Auslangen finden würde und ersuchte vorbeugend um die Genehmigung weiterer 10 000 Exemplare. Die Antwort des Propagandaministeriums in Berlin, die hier in extenso zitiert wird, gewährt einen authentischen Einblick in die Praxis der Steuerung bzw. Drosselung des Übersetzungswesens in Deutschland, vor allem in die Politik der Auflagenbeschränkung noch vor der Einführung der Papierkontrolle: Es wurde davon Kenntnis genommen, daß die deutsche Übersetzung der Schrift »The Temple of Costly Experience« von Daniele Vare demnächst in einer Auflage von etwas über 6.000 Exemplaren in Ihrem Verlag erscheinen wird und Sie beabsichtigen, eine Neuauflage von weiteren 10.000 Exemplaren vorzubereiten. Wenngleich eine Beschränkung der Auflagenhöhe von Übersetzungen aus fremden Sprachen aus naheliegenden Gründen gegeben erscheint, werden im vorliegenden Falle gegen eine Neuauflage in der angegebenen Höhe von 10.000 Exemplaren keine Bedenken geltend gemacht. Sie werden daraufhingewiesen, daß alle Genehmigungsbescheide für Übersetzungen aus Fremdsprachen, soweit sie das schöngeistige Schrifttum betreffen, seit einiger Zeit in der Auflagenhöhe auf 10.000 Exemplare beschränkt sind. Sie werden gebeten, falls eine weitere Neuauflage beabsichtigt ist, hiervon vorher dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda Kenntnis zu geben. 98
Aus allen Neuauflagen der Bücher Vares im Zsolnay Verlag verschwand nach 1938 der Name der Übersetzerin Anne Polzer. Es darf bezweifelt werden, ob sie das ihr zustehende Honorar in der Höhe von 4 Prozent des Ladenpreises erhielt. Die Absatzchancen für den Tempel der kostbaren Weisheit stiegen von Woche zu Woche, sodaß umdisponiert werden mußte. Noch vor Erscheinen einer Börsenblatt· Anzeige, teilte der Verlag dem Propagandaministerium am 16. Oktober 1940 mit, »lagen bei uns Bestellungen des Sortiments auf dieses Werk im Ausmasse von weit über 10.000 Exemplaren vor, sodass wir unsere nächste Auflage auf 20.000 Exemplare zu erhöhen beabsichtigen«.99 Der Verlag in der Person des Treuhänders Dr. Wilhelm Hofmann, war redlich bemüht, das Ministerium von einer Steigerung der Neuauflagenhöhe zu überzeugen und erfand dazu passende Argumente, die denen im Fall Cronin stark ähneln:
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er mir leid tut dass ich zugegeben hatte die Exemplar bloss einmal anzusehen. Meistenteils das Humor ist verloren gegangen und die zärtliche Schattierungen sind ganz banal geworden. Ich könnte Ihnen viele Beispiele vorlegen. Ich hoffe Sie werden meine Anmerkungen recht genau ansehen lassen und vorsichtig korregieren von der Übersetzerin.!...] Saluti Fascisti (Daniele Vare)« Ebd. Schreiben des RMfVuP an den Zsolnay Verlag vom 14.9.1940. Ebd. Vgl. dazu Dietrich Strothmann: Nationalsozialistische Literaturpolitik, S. 195ff. Paul Zsolnay Verlag an das RMfVuP, 16.10.1940, Ordner Vare.
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Bei dieser Gelegenheit bitten wir Sie gleichzeitig, die Beschränkung der Auflagenhöhe für die Werke des italienischen Ministers Daniele Vare überhaupt fallen zu lassen. Wie Ihnen ja bekannt ist, handelt es sich um eine offizielle Persönlichkeit des befreundeten Italiens und es bestehen wohl keine Bedenken, dessen Werke im Reiche die weiteste Verbreitung zu verschaffen. Sein Hauptwerk »Der lachende Diplomat«, in welchem der Verfasser in feiner und humoristischer Weise das Treiben der Demokraten und insbesondere der englischen Diplomatie aufdeckt, war geradezu bahnbrechend. Wir haben unsere Produktion, die vor dem Kriege nicht zum geringen Teile auf Übersetzungsliteratur aus der englischen und französischen Sprache beruhte, unter grossen Opfern auf das Inland und auf italienische Übersetzungen umgestellt. Es würde eine weitere empfindliche Einbusse bedeuten, wenn uns auch die Übersetzung italienischer Autoren entscheidend beschränkt werden sollte, (ebd.) Verkaufsfördernd wirkte auch der v o m Verlag an die Frankfurter
Zeitung
verge-
bene Vorabdruck dieses Werks, w o er »grosses Aufsehen« erregte. Fazit der Verlagsleitung in e i n e m Brief an Vare: Zweifellos wird Ihr neues Werk in dieser Saison einer der grössten Bucherfolge in Deutschland sein und dazu beitragen, dass Ihr Gesamtwerk sich immer grösserer Beliebtheit und Verbreitung erfreut. 1 0 0 Offenbar befürchtete die Verlagsleitung, w e g e n der vorgeschriebenen A u f l a g e n b e schränkungen bei ausländischer Literatur den Erfolg nicht richtig auskosten zu k ö n n e n und wandte sich daher Ende Oktober erneut an das Propagandaministerium mit neuen Argumenten und e i n e m H i n w e i s auf ihm bekannte Präzedenzfälle für die G e n e h m i g u n g höherer Auflagen: Inzwischen haben wir eine Anzeige im Börsenblatt veröffentlicht, die eine neue Flut von Bestellungen herbeiführte, sodass auch bereits die zweite vorbereitete Auflage in dem von Ihnen bisher genehmigten Ausmass von 10.000 Exemplaren bald vergriffen sein wird. Gerade jetzt zeigt sich beim Publikum mit Rücksicht auf die Ereignisse im Femen Osten und den Abschluss des Dreier-Paktes ein reges Interesse für entsprechende Literatur und insbesondere für die Werke des italienischen Autors Minister Daniele Vare. Bei dieser Gelegenheit erlauben wir uns, erneut darauf hinzuweisen, dass z.B. das eben erst neu erschienene Werk »Das andere Ufer« von der Italienerin Alba de Cespedes im Josef Schaffrath-Verlag/Leipzig jetzt schon im 50. Tausend vorbereitet wird, worüber die Anzeige im Börsenblatt No 247 vom 22. Oktober 1940 veröffentlicht wurde. Wir bitten Sie um eine dringende Entscheidung, da wir wegen der Papierbestellung umgehend disponieren müssen. 101 D i e Antwort des Propagandaministeriums hatte folgenden Wortlaut: Gegen die Veranstaltung weiterer Neuauflagen der obengenannten Schrift werden in diesem Falle Bedenken nicht geltend gemacht. Bezüglich des Schlußabsatzes Ihres Schreibens wird mit100 Verlagsleitung an Vare vom 21.10.1940, ebd. 101
Verlagsleitung an das RMfVuP vom 31.10.1940, ebd.
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geteilt, daß der Genehmigungsbescheid für die im Verlag Schaffrath erschienene Schrift »Das andere Ufer« von Alba de Cespedes zu einer Zeit erfolgte, als eine Begrenzung der Auflagenhöhe des schöngeistigen Übersetzungsschrifttums noch nicht vorgenommen wurde. Für die Schrift »Die goldene Brücke« von Lajos von Zilahy (Verlag Toth/Hamburg) sind auf Grund besonderer Abmachungen Devisenzahlungen nach Ungarn nicht erforderlich. Im Auftrag gez. Dr. Hövel 1 0 2
Aus diesem Schreiben aus dem November 1940 ersieht man, daß die Maßnahmen des Propagandaministeriums mehrere Ziele verfolgten: die Produktionssteuerung und -drosselung ganz allgemein, der kontrollierte und beschränkte Devisenabfluß ins Ausland, die Papierverteilung oder besser: Papieraufteilung. Da Devisenzahlungen hier ins Treffen geführt werden, kann man davon ausgehen, daß dieses leidige Problem für die Produktion am deutschen Buchmarkt nach wie vor ein mitbestimmender Faktor war. Es führte auch zu Verstimmungen zwischen Vare und dem Verlag. Die Abrechnung Vares per Februar 1941 wies ein enorm hohes Guthaben bei steigender Tendenz auf. Man darf nicht übersehen, daß dem Autor ab 9 000 Exemplaren ein Honorar von 12 1/2 Prozent zustand. Aus dem Verkauf seiner Werke schuldete ihm der Verlag zu diesem Zeitpunkt RM 12 783,71. Bereits seit Beginn der Devisenbewirtschaftung stand den im Reich genehmen österreichischen Autoren die Möglichkeit offen, ihre schwer transferierbaren Tantiemen »im Inland«, sprich: in Deutschland, zu konsumieren. Zur Deckung der persönlichen Auslagen während der Dauer des Aufenthaltes im Deutschen Reich konnte man 1941 auf Antrag und mit Genehmigung der Devisenstelle täglich bis etwa RM 100,- verwenden. Theoretisch hätte Vare, um sein Guthaben aufzubrauchen, mehr als vier Monate im Reich verbringen müssen. 103 Anfang April 1941 schuldete ihm der Verlag RM 28 654,68. Bedingt durch die schwierigen Verhältnisse bei der Papierbeschaffung ließ sich die Nachfrage nach der Autobiographie Der lachende Diplomat nicht befriedigen. Die erste Auflage (November 1938) war innerhalb eines Monats vergriffen, die zweite (6.-10.Tsd.) folgte Ende Dezember, die dritte erst im September 1939 (11.15.Tsd.), die vierte im Januar 1940 (16.-27.Tsd.), die fünfte im Mai 1940 (28.47.Tsd.). Bevor im Februar 1942 das 48.-70. Tsd. aufgelegt werden konnte, mußte der Text wieder stellenweise geändert werden, weil in der Autobiographie Offiziere aus England und Frankreich, gegen die man jetzt kämpfte, zu gut weggekommen waren. 104 Dabei hatte man seinerzeit für die Verlagswerbung prominente Wortführer, unter ihnen den ehemaligen deutschen Gesandten in Österreich, Franz
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Schreiben des RMfVuP vom 5. Oktober 1940 (recte: 5. November 1940), ebd.
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Undat. Briefentwurf an Vare vom Februar 1941, ebd.
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So heißt es in einem Aktenvermerk Hermann R. Lebers vom 9.7.1940 im Ordner Vare: »Bitte, bei einer Neuauflage von Vare: 'Der lachende Diplomat' ev. auf eine Abschwächung der Stellen über Genera] Foch und Admiral Beatty zu achten, da diese Stellen bereits zum zweiten Mal als zu positiv von Lesern beanständet werden.«
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von Papen, angesprochen und Zitierbares erhalten. 105 Der sich gut verkaufende Vare wurde auch in die Reihe der Feldpostausgaben eingebunden. Auszüge aus der Autobiographie legte der Karl H. Bischoff Verlag im Mai 1943 unter dem Titel Die Stromschnellen des Yangtze 28 400 Exemplare (1.-25.Tsd.) auf. Anfang 1945 wurden weitere 4 000 Stück der normalen Ausgabe (547 S.) für den »Export« hergestellt, um die Gesamtauflage auf 74 000 zu erhöhen. Nach dem Erscheinen des Tempel der glücklichen Sperlinge im November 1940 - und sieht man von Neuauflagen ab - kam es bis Kriegsende zu keiner Neuerscheinung Vares. Das lag in einem Fall daran, daß die Verlagsleitung die Publikation eines im Frühjahr 1941 eingereichten »Jugendbuchs« mit dem Titel I voli I el Leone Alato wegen des »anstößigen« Inhalts nicht mit der NS-Ideologie vereinbaren konnte. »Wir sind dabei zu unserem aufrichtigen Bedauern«, heißt es in einem Brief an Vare, »zu der Überzeugung gekommen, dass dies im Augenblick aus Gründen nicht möglich ist, die selbstverständlich mit der künstlerischen Qualität Ihres Buches nicht das Geringste zu tun haben. Wir glauben, dass der Inhalt des Werkes und vor allem einige Kapitel gegenwärtig missverstanden würden. Wir wiederholen aber, dass wir die Erzählungen an sich reizend finden.« 106 Statt dessen versuchte der Verlag, Vare zu überreden, einen zweiten Band seines Lachenden Diplomaten zu schreiben. Anfang 1942 hatte Vare einen neuen Roman fertig, und im November konnte der Karl H. Bischoff Verlag um die Genehmigung der Herausgabe beim Propagandaministerium ansuchen. Diese »Geschichte dreier Generationen« trug den Titel »Frohe Melodie«, und das Ministerium stimmte einer Herausgabe unter der Bedingung zu, daß der Übersetzer RSK-Mitglied sei, die Auflagenhöhe 10 000 Stück nicht übersteige und das Manuskript gekürzt werde. 107 Dennoch erschien das Buch nicht, möglicherweise wegen der Einsprüche des Autors. Nach Ende der NS-Herrschaft legte der wiedergegründete Paul Zsolnay Verlag Vare neu auf und machte mit dem Autor »gute Geschäfte«. Beim Lachenden Diplomaten betrug der Auflagenstand aller Ausgaben im September 1958 225 000, beim Schneider himmlischer Hosen im März 1957 266 000.
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»Es würde uns besonders freuen, Eure Exzellenz, wenn Sie die Liebenswürdigkeit haben wollten, uns in einigen Zeilen den Eindruck, den Sie von der Lektüre des Buches haben, mitzuteilen. Vielleicht ist es Ihnen auch möglich, in einem Ihnen nahestehenden Blatt darüber zu schreiben.« Schreiben des Verlags an von Papen vom 14.11.1938, Ordner Vare. Von Papen antwortete: »Sie wünschen mein Urteil darüber. Es ist eine wahre Erholung in diesen Zeiten, wo Büchermarkt und Presse überfüllt sind von tiefgründigen Abhandlungen über die Probleme internationaler Politik und über den Heroismus unserer Zeit, die Geschichte machenden Akteure einmal ohne Maske zu sehen. [...].« (20.12.38, Ordner »Paul Zsolnay privat 1939-1940«). Unter anderem wurden angeschrieben: Prinz Karl Anton Rohan, Jorg Lampe, Ann Tizia Leitich und Sven Schacht. 106 Schreiben an Vare vom 13.3.1941, Ordner Vare. 107 Schreiben des RMfVuP vom 22.1.1943, ebd.
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17. Die Krisenjahre 1930-1933
17.1. Entwicklungen bei der Konkurrenz Würde man allein nach der Zahl der Novitäten und der Neuauflagen in dem vielfach als »Krisenjahre« des deutschen Buchhandels bezeichneten Zeitraum zwischen 1930 und 1933 urteilen, dann käme man fälschlicherweise zum Schluß, daß der Paul Zsolnay Verlag mitten in einer krisengeschüttelten Branche seine Geschäfte unbeirrt und unbeeinflußt weiterführte. In der Verlagskorrespondenz mit den Autoren in den Jahren 1930-1933 ist häufig von der »schweren wirtschaftlichen Lage« die Rede, aber der Kommentar über die Marktsituation ist selten explizit und detailliert. Ein Zeugnis für die Folgen der Depression für den Verlag in Wien liefert ein Schreiben Paul Zsolnays an Walter von Molo vom 14. Juli 1931. Im Mittelpunkt des Briefs steht die bevorstehende Erscheinung des Friedrich List-Romans Ein Deutscher ohne Deutschland. Mit dem Autor war eine Mindestauflagenhöhe von 10 000 Exemplaren vertraglich vereinbart. Um aber dem Autor gefällig zu sein und die Werbe Wirksamkeit der Neuerscheinung zu erhöhen, wurde gleich das 1. bis 20. Tausend angezeigt, eine Aktion, die dem Verlag kurze Zeit danach schwere Vorwürfe des Autors einbringen sollte. Eine solche Ankündigung war eine im Buchhandel praktizierte und akzeptierte Usance, die dem Autor den Marktwert bestätigen und Eindruck auf den Handel machen sollte. Wie dem auch sei, Paul Zsolnay hielt es für ein »Unglück, dass Ihr Listbuch gerade in einem Jahr tiefster wirtschaftlicher Depression erscheinen wird! Das ist das Einzige, was meiner Ansicht nach den grossen Erfolg des Buches schädigend beeinflussen könnte«.1 Und dann verrät der Verleger, wie man sich bei Erstauflagen habe zurückhalten müssen: Trotzdem hoffen wir, dass es uns möglich sein wird, wenn nicht eine Katastrophe eintritt, die Auflage dieses Buches höher halten zu können, als wir Ihnen gegenüber vertraglich verpflichtet sind und als wir bisher Ihre Bücher erstaufgelegt haben, und dies in einer Zeit, wo die Erstauflagen der Werke unserer anderen Spitzenautoren, wie zum Beispiel Werfel und Galsworthy, auf die Hälfte herabgesetzt werden, (ebd.)
Zsolnay versprach dem Autor, wenn irgend möglich, eine Auflage von 13 600 Exemplaren zu veranstalten, sodaß zusammen mit den vertraglich festgelegten 10 Prozent Überdrucksexemplaren die Auflage ca. 15 000 betragen sollte. Das würde, so Zsolnay, »sicher von grossem Eindruck sein, da es eine 50%ige AuflaPaul Zsolnay an Walter von Molo, 14.7.1931, Vertragsmappe Molo.
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generhöhung darstellte, noch dazu bei einem Werk, das im Vergleich zu den anderen Werken unseres Verlages wegen seines Umfanges teurer sein muss« (ebd.). Ein Deutscher ohne Deutschland erschien daher am 17. September 1931 offiziell als 1.-20. Tausend, ohne diese Höhe vor der 3. Auflage im Oktober 1934 tatsächlich zu erreichen. Es mag Molo ein Trost gewesen sein, daß der »Friedrich ListRoman« ausgerechnet in jener Zeit auf die zehnfache Auflage kletterte, in der er angeblich und nach eigener Aussage von der NS-Parteipresse ständig angegriffen wurde und von Verlag zu Verlag wanderte. Die enorme Auflagensteigerung erfolgte, als der dicke Roman in der Soldatenbücherei des Oberkommandos der Wehrmacht erschien. So mancher Autor dürfte sich gewünscht haben, auch einmal solch »beschmutztes wertloses Altpapier« (Molo) produziert zu haben. Ein zweites Problem des Verlags zu dieser Zeit kommt auch in Zsolnays Brief zur Sprache, nämlich die Festsetzung der Ladenpreise: Wie hoch wir den Preis ansetzen werden, kann ich Ihnen, hochverehrter Herr von Molo, heute noch nicht genau sagen. Die Preise sind, seitdem ich die Ehre und Freude hatte, Sie das letzte Mal zu sprechen, weiter gefallen, sodass wir gezwungen sind, die allerniedrigsten, gerade noch irgendwie kalkulativ zu rechtfertigenden, Ladenpreise anzusetzen. Ich denke, dass der approximative Ladenpreis des broschierten Exemplars etwa Μ 4.80, des in Ganzleinen gebundenen etwa Μ 7.80 betragen wird. Eventuell werden wir noch eine billigere Zwischenbindung herausbringen. (ebd.)
Der Brief greift ein anderes, nicht zeitspezifisches, aber buchhandelsgeschichtlich interessantes Thema auf, nämlich die Schriftwahl. Für den List-Roman hatte sich der Verlag bereits für eine Fraktur entschieden, als Molo plötzlich Antiqua anregte. Selbst wenn ein Teil des Buchs nicht schon in Satz gegangen wäre, schreibt Paul Zsolnay, hätte Ihr Werk unserer Überzeugung nach dennoch in Fraktur gedruckt werden sollen, da weitaus die meisten Sortimenter (vielleicht mehr in der Provinz als in Berlin) bei deutschen Autoren, speziell wenn sie deutsche Themen behandeln, die deutsche Schrift weitaus bevorzugen und auch das Publikum, das durch die Zeitungen, die ja sogar in der Schweiz zum grossem Teil in Fraktur erscheinen, an die Fraktur gewöhnt ist, im allgemeinen, wenn es nicht darauf aufmerksam gemacht wird, kaum bemerkt, ob ein Buch in Fraktur oder in Antiqua gedruckt ist. Die Einwände gegen die Fraktur sind mir gewiss auch geläufig, aber seien Sie versichert, dass sie nicht in die Wagschale fallen, insbesondere bei einem Autor, dessen Hauptabsatzgebiet im Reich liegt, (ebd.)
Die meisten Verlage, die mit Zsolnay konkurrierten, hatten sich von der Inflation, die im Herbst 1923 ihren Höhepunkt erreicht hatte, inzwischen großteils erholt. Die inflationäre Periode hatte zur ersten Welle der Abwanderung deutscher Autoren zum Zsolnay Verlag geführt, der sozusagen durch die Gnade der späten Gründung begünstigt war. Die neue Wirtschaftskrise, die im Jahre 1929 mit dem »Schwarzen Freitag« in New York einsetzte, führte zu ähnlichen Entwicklungen, 300
war aber zugleich eine politische Krise. Um 1930 kam es zu einer neuerlichen Abwanderung zum Zsolnay Verlag, ebenso im Frühjahr 1933, allerdings unter anderen Auspizien. Zuerst sind der Aderlaß von Dutzenden im Deutschen Reich nicht mehr verkäuflichen Autoren und an zweiter Stelle jene Schriftsteller zu nennen, die aus Gründen der herrschenden politischen Konjunktur und aus Angst, ihre Verbindung zum »jüdischen« Verlag könnte ihre Karriere schaden, weggingen. Auf ein Beispiel letzteren Typs kommen wir gleich zu sprechen. Aber wie ging es der Konkurrenz Zsolnays Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre? Der um die deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts sich verdient gemacht habende Kurt Wolff warf 1930 das Handtuch und liquidierte seinen Verlag: »ich kann und werde den Kurt Wolff Verlag nicht weiterführen«, teilte der Verleger seinem ehemaligen Lektor und Verlagsautor Franz Werfel im Juni 1930 mit. 2 Wolff wollte weder Pleite machen noch »zum abhängigen Strohmann meiner Gläubiger, Drukker, Buchbinder werden« (S. 352). »Ich habe keine Vorbedingungen mehr finden können, die mir die Weiterarbeit möglich oder auch nur erlaubt erscheinen lassen« (ebd.). Die Produktion des Verlags hatte sich im Jahr 1929 auf eine einzige Publikation beschränkt. Den Konkurs seines Unternehmens hatte Wolff in den vorangegangenen Jahren nur durch den Verkauf von Verlagsrechten, den Abverkauf von Lagerbeständen und durch den Einsatz seines persönlichen Vermögens abwenden können. Wegen des Zusammenbruchs der Danat-Bank war der Ernst Rowohlt Verlag an den Rand der Zahlungsfähigkeit bzw. des Konkurses geraten und konnte letztlich nur durch eine Auffanggesellschaft gerettet werden, die die Geschäftsgebarung und somit auch die Produktion - streng überwachte. 3 Daß die Autoren des Verlags über alle Maßen verunsichert waren und für ihre Zukunft einen Rettungsanker suchten, ist mehr als verständlich. Man denke nur an die Reaktion Robert Musils auf die sich abzeichnende Pleite des Rowohlt Verlags. An sich wollte Ernst Rowohlt den ersten Band seines Romans Der Mann ohne Eigenschaften ja gar nicht verlegen, aber es gehört wohl zur Ironie des Literaturgeschichte, daß - laut Manuskriptenbuch des Wiener Verlags - Musil dem Zsolnay Verlag das Manuskript des ersten Bandes 1929 oder 1930 vorlegte, dieser sich zu einer Übernahme jedoch nicht entschließen konnte. Beim großen S. Fischer Verlag hinterließ die Finanzkrise reichlich Spuren: es mußte Personal abgebaut, die Produktion verringert, Gehälter gekürzt werden, um über die Runden zu kommen. Und zu eben diesem Zweck schlossen sich die Verlage Albert Langen und Georg Müller 1932 zusammen. In Österreich mußte der 2 3
Briefvom 23.6.1930, KWB, S. 351. Dazu Paul Mayer: Ernst Rowohlt in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Verlag 1968, S. 107 ( = rororo bildmonographien 139). Siehe auch Rowohlt Almanack 1908-1962. Mit einem Vorwort von Kurt Pinthus und der vollständigen Bibliographie von 1908-1961. Hrsg. von Mara Hintermeier und Fritz J. Raddatz. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1962 und Walther Kiaulehn: Mein Freund der Verleger. Emst Rowohlt und seine Zeit. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1967.
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1917 gegründete Amalthea Verlag 1931 den Konkurs anmelden, da er insolvent geworden war. 4 Diese wirtschaftlich bedingten Einschränkungen lösten freilich eine Kettenreaktion aus: der Buchabsatz fiel zurück, die Verlage schränkten die Produktion ein, die Druckereien bekamen weniger Aufträge und die Buchhändler machten einen geringeren Absatz. Es ist aufschlußreich, zwischen der Produktionsentwicklung des S. Fischer und Ernst Rowohlt Verlags einerseits und dem Paul Zsolnay Verlag andererseits in den Krisenjahren einen Vergleich anzustellen. Fischer hatte seine Produktion gedrosselt und brachte im Durchschnitt 44 Neuerscheinungen im Jahr heraus. Der Höhepunkt wurde 1932 mit 50 Novitäten erreicht. Ahnlich war es beim Konkurrenten, dem Rowohlt Verlag, der im Durchschnitt 38 neue Titel pro Jahr auf den Markt brachte. Die Höchstzahl - 46 Titel - verzeichnete man ebenfalls 1932. Zieht man die Produktionszahlen des Zsolnay Verlags heran, gibt es numerische Übereinstimmungen, nur muß man sie in Relation zum bisherigen Produktionsumfang setzen. Der Jahresdurchschnitt der Produktion von 1930-1933 betrug bei Zsolnay stattliche 48 Titel. 1930 hatte man um drei Titel mehr als im Vorjahr auf den Markt geworfen. 1931 fiel die Jahresproduktion von 53 auf 44 neue Titel zurück, um dann 1932 auf den (nach 1936) zweithöchsten Stand bis Kriegsende anzusteigen. 1933 pendelte sich die Produktion auf 40 Titel ein. Damit hören die auffallenden Zahlenparallelen allerdings auf, denn Fischer reagierte auf die Marktveränderungen - etwa schwindendes Käuferpublikum, Bedarf nach weniger umfangreichen und daher billigeren Ausgaben - anders als Zsolnay. Sowohl Rowohlt als auch Fischer gingen dazu über, politische und wirtschaftspolitische Broschüren herauszubringen; es waren »kurzatmige Publikationen«, Aufklärungsbücher. Diese nicht-literarischen Gebiete machten 1931 bei Fischer beinahe ein Viertel der Produktion aus. Zsolnay machte dieses Bemühen um neue Käufer nicht mit. Dies hängt eng mit der Philosophie des Verlags und mit der idealistischen Vorstellung Zsolnays und Costas von der Aufgabe oder von dem »Wirkungsbereich« des Dichters zusammen: der Schriftsteller war ihrer Auffassung nach kein »homo politicus«, hatte ausschließlich der »Kunst« zu dienen, in der tagespolitischen Arena nichts zu suchen und sich Äußerungen zu aktuellen Fragen zu enthalten. Aus diesem Verständnis heraus kann man erklären, weshalb Paul Zsolnay mit einer Reihe von Verlagsautoren alles andere als Freude hatte, als diese sich 1933 im Streit um den Wiener P.E.N.-Club engagierten. Aber schon bevor sich eine Spaltung im Club abzeichnete, hatte Zsolnay seine Ansichten in einem Brief an Franz Werfel geäußert. Aus der Sicht des Wiener Verlegers hatte der Dichter »ewige Werte« zu verkünden und seine Aufgabe sei es, im Kunstwerk diese Werte zum Ausdruck zu bringen. Wie er Werfel am 24. März 1933 mitteilte, hätten ihm die Ereignisse der letzten Zeit - gemeint sind jene Entwicklungen im Soge der NS-Machtergreifung - viel zu denken gegeben, Zsolnay konnte aber trotz allem hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, »nicht nur was mich anlangt, sondern 4
Näheres in Hall: Österreichische
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Verlagsgeschichte,
Band II, S. 11-24. Hier S. 17f.
vor allem, was unseren Verlag betrifft, der sich von jeher durch politische Zeitströmungen nicht beeinflussen liess und keiner Partei diente, es sei denn der Partei der reinen Kunst. Diese Kunst, die über alle Tagesfragen sich mit dem Ewigen auseinandersetzt, ist heute notwendiger denn je und so werden wir, wenn wir diesem Ziel treu bleiben, auch weiterhin eine, wie ich hoffe, schöne Mission erfüllen können«.5 Zsolnay mußte wohl oder übel sehr bald erkennen, daß dies eine reine Selbsttäuschung war. Besonders erfreut war er über Werfeis politische Abstinenz: Ich freue mich, dass Du allen Lockungen widerstanden hast, Dich in Dinge einzumischen, die unter Deiner Würde sind, nämlich in Dinge der Tagespolitik, die gerade grossen Geistern verhängnisvoll werden können. Deine Tribüne sind nicht Tageszeitungen, Deine Aufgabe sind nicht Manifestationen politischer Art zu Zeitfragen, sondern die Manifestation Deiner Persönlichkeit im Kunstwerk. Dort sollen Dich Millionen deutscher Leser finden und dort wirst Du ihnen das Wesentliche und stets Gültige sagen, wie Du es immer bis jetzt gesagt hast, (ebd.)
Wenn das Verlagsprogramm auch weniger Werke der reinen Dichtkunst aufwies am stärksten erkennbar in der Produktion des »Spitzenjahrs« 1932 - machten etwa Romane immer noch fast zwei Drittel der Neuerscheinungen aus. Zsolnays Verlag war ja, wie er dem Autor Rene Fülöp-Miller Anfang Dezember 1930 während der ÜbernahmsVerhandlungen mitteilte, »vornehmlich ein Roman-Verlag«. 6 Dazu die weiter unten stehende Tabelle. Die Weltwirtschaftskrise konnte am Paul Zsolnay Verlag nicht spurlos vorübergehen. Mit der wirtschaftlichen Situation eng verbunden war die Entscheidung im Sommer 1930, die bestehende Ges.m.b.H. in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Doch sollen zunächst die veränderten familiären Verhältnisse des Verlegers kurz skizziert werden.
17.2. Neue familiäre Verhältnisse Die Jahre 1929/1930 brachten sowohl für Paul Zsolnay als auch für seinen Verlag einige einschneidende Veränderungen. Am 2. Dezember 1929 heiratete der vierunddreißigjährige Junggeselle die Künstlerin Anna Mahler (1904-1988) heimlich in Paris. Für die Tochter Alma Mahlers und Stieftochter Franz Werfeis (das Paar hatte sich am 8. Juli vermählt) war dies bereits die dritte Verehelichung. 7 Zu 5
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Paul Zsolnay an Franz Werfel, 24.3.1933. Alma Mahler-Werfel Papers, Special Collections, Van Pelt Library, University of Pennsylvania, Philadelphia, Pa. Paul Zsolnay Verlag an Fülöp-Miller, 4.12.1930, Ordner Fülöp-Miller. In der Literatur über Anna Mahler gibt es über diese Ehen - sieht man von den bloßen Namen ab - einander widersprechende, um nicht zu sagen falsche Daten. Anna Mahler heiratete ihren ersten Mann, Rupert Koller (* 14.11.1896, Hallein, Sbg.) am 2. November 1920. Sie trennte sich von ihm im Juli 1923. Weniger als ein halbes Jahr später, am 15. Januar 1924, ehelichte sie den jungen Komponisten Ernst Krenek (23.6.1900, Wien - 22.12.1991, Palm Springs,
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den Umständen um seine Heirat mit Anna Mahler hat sich Paul Zsolnay selbst geäußert. Im Frühjahr hatte Alma Mahler ihre aus Berlin zurückgekehrte kranke Tochter zur Kur auf den Semmering geschickt. Durch die langjährige Freundschaft seiner Familie mit Alma Mahler hatte Paul Zsolnay Anna Mahler schon seit ihrer frühesten Kindheit gekannt.8 Er hatte sie einige Jahre lang nicht mehr gesehen, bis es der Zufall im Sommer 1929 fügte, daß, wie Paul Zsolnay erzählt, »ich mit ihr einige Wochen [sc. Juni-Juli 1929] gemeinsam am Semmering verbrachte. So hatten wir Gelegenheit, einander aufs Neue kennenzulernen und entschlossen uns sehr rasch, uns zu verbinden«.9 Der Vater Paul Zsolnays wollte, so Alma Mahler in Mein Leben, in die Ehe nicht einwilligen - möglicherweise, weil die zukünftige Braut bereits zweimal verheiratet gewesen war. Es soll zu häßlichen Auftritten und Ehekontrakten gekommen sein. Angesichts eines solchen Protests bzw. solcher Unstimmigkeiten - manche meinen, Alma Mahler hätte ihre Tochter in diese Ehe gedrängt - ist es nicht verwunderlich, daß unter Ausschluß der Öffentlichkeit und fern von Wien geheiratet wurde. »Es war der Wunsch meiner Frau, den ich vollkommen teilte,« schreibt der Frischvermählte an den ihm gratulierenden Gesandten in Konstantinopel, »dass die Heirat möglichst unbemerkt vollzogen werde, was in unserem Fall nicht ganz leicht war. Aus diesem Grunde haben wir unsere Vermählungsanzeigen erst nach der Hochzeit versandt.« In einer nicht datierten Zeitungsnotiz im Archiv heißt es kurz: »Der Verleger Paul von Zsolnay hat sich mit Anna Mahler, der Tochter Gustav Mahlers in Paris vermählt.« Auf Hochzeitsreise ging es nach Ägypten,10 und im neuen Jahr wollte Zsolnay zumindest kurzfri-
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California). Die Andeutungen Alma Mahlers über den Freund ihrer Tochter (Mein Leben, S. 134) stimmen mit diesem Datum überein. Diese Ehe wurde am 18. September 1926 in Wien geschieden. Dazu die unrichtige Darstellung von Francoise Giroud: Alma Mahler oder die Kunst geliebt zu werden. Biographie. Aus dem Französischen von Ursel Schäfer. Wien-Darmstadt: Paul Zsolnay Verlag 1989, S. 177: »Im Jahr 1929 beschäftigten Alma zwei Probleme: Ihre Tochter Anna hatte sich [...] gerade von ihrem zweiten Ehemann, dem jungen Komponisten Ernst Krenek, scheiden lassen.« Auf Grund dieser Freundschaft hat der Stiefvater Alma Mahlers, der Galerieleiter, Mitbegründer der Wiener Secession und der Klimtgruppe Carl Moll (1861-1945) 1933 im Zsolnay Verlag die Broschüre Was soll der Künstler? Gelesenes und Gedachtes veröffentlicht. Paul Zsolnay an Seine Exzellenz, Herrn Minister August von Kral, Österreichische Gesandtschaft, Konstantinopel, 17.1.1930, Mappe »Paul Zsolnay privat l.IX.28-1.1.1931«. In den Erinnerungen Alma Mahlers - und auf sie stützen sich die meisten Biographen - wird die Heirat unter der Überschrift »1930-Wien« (S. 181) abgehandelt, was zu falschen Vermutungen geführt hat. Dafür, daß Anfang Dezember geheiratet wurde, spricht die Tatsache, daß Paul Zsolnay spätestens am 8. Dezember 1929 nicht mehr in Wien war. Dazu der Brief Hugo Sonnenschein-Sonkas an den Verlag bzw. an Paul Zsolnay persönlich vom 8. Dezember, in dem es in einem Postskriptum heißt: »Ich erfahre von Franz Werfel, dass Sie sich momentan in Ägypten aufhalten.« (Ordner Sonka) Darauf spielt Felix Costa in seinem Antwortbrief vom 21. Dezember an: »[...] und andererseits ist die Abwesenheit Herrn von Zsolnays, an den Sie übrigens Ihren Brief gerichtet haben, eine triftige Ursache, den Beginn der Verhandlungen bis zu seiner Rückkehr am 10. Januar zu verschieben.« Ebd.
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stig, vielleicht auf Wunsch Anna Mahlers und wie in mehreren Briefen dokumentiert ist, seinen Wohnsitz nach Berlin verlegen. »Ende dieser Woche,« teilte er Schalom Asch am 15. Januar mit, »fahren wir nach Berlin, wo wir einen grossen Teil des Jahres zu verbringen gedenken. Ich glaube, dass dies den (sie) Verlag von grossem Vorteil sein wird, da Berlin immer mehr das Zentrum des deutschen Geisteslebens wird.«11 Am 20. Januar 1930 meldete sich der Verleger nach Berlin ab, wo er bis zum 2. Mai blieb. Am 5. August kam die nach ihrer Großmutter benannte Tochter, Alma, zur Welt. Die Ehe zwischen Paul Zsolnay und Anna Mahler dauerte allerdings nur kurz, denn bereits im folgenden Jahr soll sich das Paar getrennt haben. 12 Spätestens im Jahre 1935 wurde die Scheidung durchgeführt.
17.3. Von der Ges.m.b.H. zur A.G. Begonnen hatte der Paul Zsolnay Verlag als sogenannte Einzelfirma. Der Inhaber war Paul Zsolnay, der Einzelprokurist Felix Kostia-Costa. Die Firma war am 6. Mai 1924 in das Wiener Handelsregister eingetragen worden (Reg. Α 21,50a). Im Sommer darauf, als sich ein größerer Geschäftsumfang abzeichnete, entschlossen sich Zsolnay und Costa, das Unternehmen in eine Ges.m.b.H. umzuwandeln. Inzwischen war der Verlag aus der Castelligasse im 5. Bezirk ausgezogen und in neue Quartiere in der zentraler gelegenen Teinfaltstraße 3 im 1. Bezirk übersiedelt. Die neue Geschäftsform wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 14. August 1925 beschlossen. Das Stammkapital, von dem Zsolnay S 16 000 und Costa S 4 000 beistellte, betrug S 20 000. Beide wurden nun als »Geschäftsführer« eingetragen (Reg. C 27,92). Neben der Erwerbung der bisherigen protokollierten Firma wurde auch der »Betriebsgegenstand« von »Buchhandel« auf das »Buch-, Kunst- und Musikalienhandel mit Einschluß des Verlagsgeschäftes« erweitert. Um Felix Costa zu entlasten, wurde im Herbst 1925 Stefan Halasz als Prokurist angestellt - ein Posten, den er bis 1934 bekleiden sollte. Zusätzlich erweitert wurde das Betätigungsfeld des Zsolnay Verlags durch den »Verlag und Vertrieb von Bühnenwerken« im Dezember 1926. Obwohl entsprechende Unterlagen leider nur sehr spärlich zur Verfügung stehen, wissen wir, daß der Paul Zsolnay Verlag die für den Buchhandel sehr schwierigen Jahre 1928 und 1929 nach eigener Angabe jeweils mit einem bescheidenen Gewinn abschließen konnte. Die Zahlen haben, weil sie nicht in eine Relation zu setzen sind, freilich eine geringe Aussagekraft, sollen aber hier genannt werden: 1928 betrug der Gewinn S 32 383,83, im Jahr darauf S 21 789,35.
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Paul Zsolnay an Schalom Asch, 15.1.1930, Ordner Asch.
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Belegt ist jedenfalls, daß Paul Zsolnay laut einem Notariatsakt vom 24. Juli 1935 verpflichtet war, seiner geschiedenen Gattin einen Unterhaltsbeitrag von S 500 pro Monat zu leisten, jedoch nur bis zu ihrer allfälligen Wiederverehelichung. (Quelle: Österr. Staatsarchiv, AdR, BMfHuV, Vermögensverkehrsstelle, Vermögens-Anmeldung Nr. 5650)
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Schon im September 1930 reichte der Verlagssyndikus Dr. Paul Neumann die erste Eingabe an das Bundeskanzleramt (Inneres) in Wien mit einem Ansuchen um Billigung der Errichtung der Paul Zsolnay Verlag A.G. ein. 13 Bedingt durch die Weltwirtschaftskrise, steigende Ausgaben und die neuen Herausforderungen auf dem deutschen Buchmarkt (Stichwort: Volks- bzw. Sonderausgaben, eindrucksvoll hohe Erstauflagen usw.) war dem Verlag die Kapitalbasis gegen Ende der 20er Jahre zu knapp geworden. Die Entwicklung des Verlagsgeschäfts brachte es mit sich, daß er in steigendem Maße Kredite in Anspruch nehmen mußte, um laufende Vorhaben zu realisieren. Man denke nur an das Hinauflizitieren bei Auflagen der Sonderausgaben oder die gewaltigen Investitionen bei Franz Werfeis »Barbara«Roman. Doch diese Kreditaufnahmen wuchsen schließlich derart an, daß das Mißverhältnis zu den eigenen Mitteln des Verlags ein bedrohliches Ausmaß erreichte. Daraus ergab sich die Zweckmäßigkeit, um nicht zu sagen die Notwendigkeit einer entsprechenden Verbreiterung der Kapitalsbasis. Im Namen des Verlags wies Neumann im Gesuch darauf hin, daß der Verlag mit den erfolgreichsten Autoren Generalverträge abgeschlossen hätte und begründete den beabsichtigten Schritt folgendermaßen: Auf Grund dieser Darstellungen glauben die Interessenten darauf hinweisen zu können, dass ein Aktienkapital von S 500.000 - eine hinreichende Kapitalsbasis für die ungestörte Fortführung des Unternehmens darstellt, wenn der vertragliche gesicherte zusätzliche Bankkredit hinzutritt. Es muss in diesem Zusammenhange darauf hingewiesen werden, dass die Entwicklung der nächsten Zeit infolge der allgemeinen Wirtschaftskrise aller Voraussicht nach eine gewisse Verlangsamung der Produktionsgeschwindigkeit im Verlage herbeiführen wird und es scheint zweckmässig, mit Rücksicht auf diese Aspekte, einer Überkapitalisierung vorzubeugen.
Weiters heißt es in einer früheren Eingabe: Erwägungen organisatorischer Art und nicht zuletzt Erwägungen der Weltgeltung - der Verlag verbreitet seine Produktion über die ganze zivilisierte Welt - lassen die Form der Aktiengesellschaft als die angemessene erscheinen, (ebd.)
Als Aktiva wurde der Warenvorrat mit S 1 350 748,36 angegeben. Das Lager selber umfaßte rund 751 000 Bände bei einem Produktionsstand von knapp über 200 Titel Ende Juni 1930. Das Bundeskanzleramt genehmigte die Umwandlung, 14 und bei einer Generalversammlung am 15. Dezember 1930 beschlossen die Gesellschafter, unter Einbringung des Unternehmens und gleichzeitiger wesentlicher Verbreiterung der Kapitalsbasis, den Betrieb in Form einer Aktiengesellschaft weiterzuführen. Gleichzeitig wurde die Auflösung der Gesellschaft durch Vereini13
14
Osterr. Staatsarchiv, AdR, BKA (Inneres), Karton 2982, Geschäftszeichen 15/8 Wien 238, Grundzahl 192.463-11/30. Genehmigt mit Erlaß des BKA ZI. 100.148 v. 12.1.1931. Dazu Anzeigerßr den Buch-, Kunstund Musikalienhandel, 72. Jg., Nr. 11, 13.5.1931, S. 60. Die neue Firma wurde am 13. Februar 1931 unter Reg. Β 22, 85 in das Wiener Handelsregister eingetragen.
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gung mit der Paul Zsolnay Verlag A.G. in Wien beschlossen. Sämtliche Autoren des Verlags wurden umgehend in einer Art »Serienbrief« über die Vorgänge eingehend informiert, so etwa, daß das Geschäftsjahr nicht mehr mit dem Kalenderjahr zusammenfalle, sondern am 1. Juli beginne, und daß die Abrechnungstichtage nunmehr statt 30. Juni und 31. Dezember, der 31. März und der 30. September seien. Die Autoren wurden obendrein noch gebeten, dem »Vorschlag« ihre Zustimmung zu geben. Diese Aktiengesellschaft wird ein Grundkapital von S 600.000 aufweisen, wovon S 550.000 bar eingezahlt werden, während die restlichen S 50.000 an Aktien den bisherigen Gesellschaftern der Gesellschaft m.b.H. im Verhältnis ihrer Stammanteile (40.000 an Paul Zsolnay, 10.000 an Felix Kostia-Costa) als Gegenwert des einzubringenden Unternehmens ausgefolgt werden.
Nach der Konstituierung der neuen A.G. wurden Zsolnay, Costa und der Verlagssyndikus Dr. Paul Neumann zu Mitgliedern des Verwaltungsrates ernannt. Die Erstgenannten blieben in dieser Funktion bis zum pro forma-Abgang im Jahre 1938, während Neumann schon im Februar 1934 aus dem Handelsregister gelöscht wurde, dem Verlag aber weiterhin als Rechtsbeistand diente. Als Gegenstand der neuen A.G. führt das Handelsregister an: 1) Die Übernahme der bisher unter der Firma Paul Zsolnay Verlag Ges.m.b.H. in Wien geführten Verlagsunternehmen mit Buchvertrieb und seine Fortführung; 2) Die Beteiligung an Unternehmungen gleicher oder ähnlicher Art, sowie die Gründung solcher Unternehmungen; 3) Den Betrieb jener Handelsgeschäfte und Gewerbe, welche geeignet sind, dem erdachten Zwecke zu dienen. 1933 nahm der Verlag - aus welchen Gründen ist nicht bekannt - zwei neue Vorstandsmitglieder auf: den Hausgraphiker Rudolf Geyer und den Druckereileiter Kurt Walter (beide gelöscht April 1936). Mit Ausnahme von Umbesetzungen bei den Prokuristen kam es vor der NS-Machtübernahme in Österreich im März 1938 zu keinen gravierenden Änderungen mehr.
17.4. Die Devisensperre Von einer im Gefolge der Creditanstalt-Krise von der österreichischen Bundesregierung im Oktober 1931 getroffenen Maßnahme zur Eindämmung der Kapitalflucht waren u.a. auch die Autoren, jedoch der Zsolnay Verlag scheinbar weniger benachteiligt. Innerhalb von weniger als sechs Monaten hatte die Nationalbank fast ihre gesamte Währungsdeckung verloren. 15 Am 8. Oktober wurde die Devisenbewirtschaftung in Kraft gesetzt, das heißt, der freie Handel in Devisen und Valuten wurde strengstens verboten und eine Anmelde- und Ablieferungspflicht eingeführt, um den Schillingkurs zu halten. Die Nationalbank teilte ausländische Zahlungsmit15
Dazu Dieter Stiefel: Die große Krise in einem kleinen Land. Österreichische Finanz- und Wirtschaftspolitik 1929-1938. Wien-Köln-Graz: Böhlau Verlag 1988, bes. S. 243 ff. ( = Studien zu Politik und Verwaltung, Band 26)
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tel nur dann zu, wenn ein legaler Bedarf durch Vorlage von Fakturen usw. nachgewiesen war. Von den diesbezüglichen Schwierigkeiten des Zsolnay Verlags gibt das Verlagsarchiv eher in Ausnahmefällen Aufschluß. Der in der Schweiz lebende Emil Ludwig ist ein solches Beispiel. Eine Honoraranforderung des Autors im Frühjahr 1932 wird z.B. vom Verlag folgendermaßen kommentiert: Wir haben uns erlaubt, Ihnen mündlich die besonders grossen Schwierigkeiten, die mit einer Schweizer Francs-Überweisung verbunden sind, auseinanderzusetzen und fanden hiebei Ihr volles Verständnis. Wir müssen also unsere mündlich vorgebrachte Bitte, uns für die sfrcs Überweisung entsprechend Zeit zu lassen, schriftlich wiederholen. Wir werden alles daransetzen, dass im Verlauf des Monates April die Überweisung der Μ 7000.- in sfrcs erfolgen kann. 16
Wie erwähnt, waren die österreichischen Schriftsteller über diese auch in Wirtschaftskreisen nicht unumstrittene Währungspolitik aufgebracht, denn sie sahen, wie sie in einer Eingabe an den österreichischen Bundeskanzler sowie an das Präsidium der Nationalbank schrieben, in Anbetracht der schwierigen Situation durch die drohende Stillegung der Büchereinfuhr nach Österreich den heimischen Autor »in höchstem Maße bedroht«. Da, so wurde argumentiert, »die österreichischen Schriftsteller zu über 90% in Deutschland verlegt sind, würde schon eine Drosselung der Einfuhr dieser Bücher die materielle und geistige Existenz fast aller österreichischen Schriftsteller binnen kurzem vernichten. Die deutschen Verleger würden nach dem Verlust des österreichischen Absatzgebietes kaum mehr ein Werk eines österreichischen Schriftstellers erwerben. Das österreichische Verlagswesen hat viel zu geringe Mittel, um für den Mangel an Büchern aus reichsdeutschen Verlagen auch nur annähernd Ersatz bieten zu können und müßte sofort versiegen, falls Regressivmaßnahmen in Deutschland ansetzten«.17 Somit ist von österreichischen Verlagen, die im Ausland lebende Autoren publizierten, hier überhaupt nicht die Rede. Da der Zsolnay Verlag bekanntlich einen Großteil seines Umsatzes in Deutschland erwirtschaftete, war die Devisensperre für ihn nicht existenzgefährdend. Das mag auch der Grund sein, weshalb die Devisenbewirtschaftung auf der österreichischen Seite in der Korrespondenz mit den Autoren keinen Niederschlag fand. Die Einführung der Devisenbewirtschaftung im Reich ein paar Jahre später hatte hingegen verheerende Folgen.
16 17
Paul Zsolnay Verlag an Emil Ludwig, 31.3.1932, Vertragsmappe Ludwig. Anzeiger, 72. Jg., Nr. 50, 12.12.1931, S. 273. Eine ähnlich lautende Meldung über die Eingabe mehrerer österreichischer Schriftstellerverbände war fast zwei Wochen zuvor im Börsenblatt, Nr. 278, 1.12.1931, erschienen.
308
17.5. Übersicht über die Produktion 1930-1933 17.5.1. Normale Ausgaben Im Zeitraum 1930 bis 1933 verteilten sich die Neuerscheinungen im Paul Zsolnay Verlag folgendermaßen: 1930: 183. 184. 185. 186. 187. 188. 189. 190. 191. 192. 193. 194. 195. 196. 197, 198. 199. 200. 201. 202. 203. 204. 205. 206. 207. 208. 209. 210. 211. 212. 213. 214. 215. 216. 217. 218. 219.
Ernst Lothar: Kampf ums Herz Auguste Boissier: Franz Liszt Schalom Asch: Warschau Otto Zarek: Begierde Friedrich Torberg: Der Schüler Gerber Max Brod: Tycho Brahe Joh. Fabricius: Mario Ferraros Walter von Molo: Zwischen Tag und Traum J. Cowper Powys: Wolf Solent Jakob Haringer: Abschied. Gedichte Martin Maurice: Nacht und Tag H.G. Wells: Der Apfel John Galsworthy: Weltbrüder J.R. Bloch: u. Co. Leon Kellner: Meine Schüler Kasimir Edschmid: Hallo Welt FEHLT H.G. Wells: Die Weltgeschichte in 580 Bildern H.R. Lenormand: Theater Roger Martin du Gard: Jean Barois Sonka: Der Bruder Sonka Victor Wittner: Sprung auf die Straße Paul Geraldy: So ist die Liebe Achmed Abdullah: Broadway Sensation Stella Benson: Fremd wie mein Geliebter Lonja Stehelin: Gedichte Giovanni Papini: Der heilige Augustinus Hans Natonek: Geld regiert die Welt Heinrich Mann: Flöten und Dolche Andreas Thom: Vorlenz und Brigitte Oskar Jellinek: Das ganze Dorf Colette: Die Andere Schalom Asch: Moskau Schalom Asch: Die Sintflut Jane Welsh Carlyle: Briefe W.H. Hudson: Roman in Uruguay Ellen Glasgow: Rette mich nicht
28. Januar 13. Februar 20. Februar 27. Februar 27. Februar 6. März 13. März 3. April 3. April 14. April 24. April 28. April 28. April 8. Mai 8. Mai 8. Mai
2. 2. 11. 11. 18. 18. 18. 25. 25. 25.
15. Mai 22. Mai 22. Mai 22. Mai 12. Juni 12. Juni 26. Juni 3. Juli 8. Juli 5. August September September September September September September September September September September 309
220. 221. 222. 223. 224. 225. 226. 227. 228. 229. 230. 231. 232. 233. 234. 235. 236.
John Galsworthy: Auf der Forsyte Börse Theodore Dreiser: Die Frau Hans Hell: M.d.R. F.P. Crozier: Niemandsland Jahrbuch 1931 H.G. Wells: Einstweilen Otto Nirenstein: Egon Schiele H.H. Ortner: Wer will unt. d. Soldaten Walther Eidlitz: Zodiak John Owen: Sein Freund der Schäfer Roman Gul: Boris Sawinkow Ilf/Petrow: Zwölf Stühle Mary Webb: Geschichte von der Liebe Franz Werfel: Das Reich Gottes Henri Barbusse: Erhebung Leonid Leonow: Aufbau Felix Saiten: Gute Gesellschaft
2. Oktober 2. Oktober 9. Oktober 16. Oktober 16. Oktober 16. Oktober 16. Oktober 16. Oktober 23. Oktober 23. Oktober 23. Oktober 30. Oktober 30. Oktober 30. Oktober 6. November 6. November 13. November
1931: 237. 238. 239. 240. 241. 242. 243. 244. 245. 246. 247. 248. 249. 250. 251. 252. 253. 254. 255. 256. 257. 258. 259. 260. 261. 262. 263. 310
John Galsworthy: Die Ersten und die Letzten Erich Ebermayer: Die große Kluft Ferdinand Goetel: Von Tag zu Tag Stefan Grossmann: Die beiden Adler Edith Wharton: Die oberen Zehntausend John Galsworthy: Feuer Paul Wertheimer: Welt- und Weiberspiegel Hermann Kesser: Rotation Heinrich Ed. Jacob: Die Magd von Aachen H.G. Wells: Der Diktator Heinrich Mann: Das Herz; Die Rückkehr Heinrich Mann: Kaiserreich Colette: Komödianten Schalom Asch: Die Kinder Abrahams Franz Werfel: Kleine Verhältnisse Felix Saiten: 5 Minuten Amerika Jakob Schaffner: Ihr Glück - ihr Elend John Galsworthy: Villa Rubein J.R. Bloch: Kurdische Nacht Theodor Kramer: Wir lagen in Wolhynien Wilhelm Herzog: Panama Franz Werfel: Realismus und Innerlichkeit Rene Fülöp-Miller: Rasputin Robert Neumann: Das Schiff »Esperence« Kasimir Edschmid: Feine Leute Walter von Molo: Ein Deutscher Grete von Urbanitzky: Eine Frau erlebt die neue Welt
12. 19. 26. 26.
Februar Februar Februar Februar 5. März 5. März 12. März 12. März 17. März 17. März 17. März 26. März 9. April 9. April 16. April 7. Mai 21. Mai 3. Juni 11. Juni 23. Juni 9. Juli 12. August 27. August 10. September 10. September 17. September 24. September
264. 265. 266. 267. 268. 269. 270. 271. 272. 273. 274. 275. 276. 277. 278. 279. 280.
Ernst Weiß: Georg Letham Hai Schang: Fräulein Tschang Ernst Lothar: Kleine Freundin Emil Ludwig: Goethe. Geschichte eines Menschen Max Brod: Stefan Rott Jakob Schaffner: Die Predigt der Marienburg Franz Werfel: Die Geschwister von Neapel Schalom Asch: Von den Vätern John Galsworthy: Ein Mädchen wartet Felix Saiten: Freunde aus aller Welt Joseph Chapiro: Der arme Villon Rene Fülöp-Miller: Phantasiemaschine Goethe: Lebensweisheit (Hg. E. Ludwig) Colette: Friede bei den Tieren Frank Thiess: Wiedergeburt der Liebe Franz Werfel: Der Gerichtstag Walter von Molo: Fridericus
24. 24. 30. 30.
September September September September 8. Oktober 15. Oktober 15. Oktober 22. Oktober 29. Oktober 29. Oktober 5. November 5. November 5. November 5. November 26. November 10. Dezember 10. Dezember
1932: 281. 282. 283. 284. 285. 286. 287. 288. 289. 290. 291. 292. 293. 294. 295. 296. 297. 298. 299. 300. 301. 302. 303. 304. 305. 306. 307.
Emil Ludwig: Bismarck. Geschichte eines Kämpfers Heinrich Mann: Die Göttinnen Heinrich Ed. Jacob: Liebe in Üsküb Joh. Fabricius: Abenteuer in Venedig Martin Maurice: Die Revolution der Emil Ludwig: Schliemann. Geschichte eines Goldsuchers Schalom Asch: Die Gefangene Gottes Franz Th. Csokor: Die Weibermühle Robert Neumann: Die Macht John Galsworthy: Vier Erzählungen Egmont Colerus: Matthias Werner Paul Frischauer: Der Gewinn Emil Ludwig: Goethe. Kämpfer u. Führer Theodore Dreiser: Das Buch über mich selbst Leon Schallt: Narrenparadies J.R. Bloch: Vom Sinn unseres Jahrhunderts Franz Werfel: Können wir ohne Gottesglauben Emil Ludwig: Genie und Charakter Julius Meier-Graefe: Vincent van Gogh Jakob Schaffner: Liebe und Schicksal Hermann Sinsheimer: Al Rondo Heinrich Mann: Das öffentliche Leben A.J. Cronin: Der Tyrann H.G. Wells: Arbeit, Wohlstand Frank Thiess: Die Zeit ist reif Emil Ludwig: Mussolinis Gespräche Ilf/Petrow: Ein Millionär
28. Januar 28. Januar 11. Februar 18. Februar 18. Februar 25. Februar 3. März 3. März 17. März 7. April 7. April 7. April 25. März 14. April 14. April 28. April 28. April 12. Mai 12. Mai 12. Mai 19. Mai 19. Mai 26. Mai 16. Juni 23. Juni 28. Juni 4. August 311
308. 309. 310. 311. 312. 313. 314. 315. 316. 317. 318. 319. 320. 321. 322. 323. 324. 325. 326. 327. 328. 329. 330. 331. 332. 333. 334.
Otto Zarek: Theater um Maria Thul Kasimir Edschmid: Deutsches Schicksal H.H. Ortner: Schuster Anton Hitt Raoul Auernheimer: Geist und Gemeinschaft Grete von Urbanitzky: Durch Himmel und Hölle Hans Natonek: Kinder einer Stadt Sil-Vara: Warum kommt der Friede Schalom Asch: Woran ich glaube Fannina W. Halle: Die Frau in Sowjetrußland Friedrich Torberg: Und glauben es wäre Henri Barbusse: Zola. Der Roman seines Lebens John Galsworthy: Forsyte Saga Theodore Dreiser: Die "Tragik Amerikas Walther Eidlitz: Das Licht der Welt John Galsworthy: Blühende Wildnis Heinrich Mann: Ein ernstes Leben Ernst Lothar: Kinder. Erste Erlebnisse Alain: Lebensalter und Anschauung Robert Neumann: Unter falscher Flagge Emil Ludwig: Dramatische Dichtungen Felix Saiten: Mizzi. Novellen Heinrich Ed. Jacob: Ein Staatsmann Theodore Dreiser: Das Buch über mich Eugen Lennhoff: Politische Geheimbünde Roda Roda: Roda Roda und die 40 Walter von Molo: Wie ich Deutschland möchte Franz Th. Csokor: Gewesene Menschen
1. 8. 8. 15. 15. 22. 15.
September September September September September September September 6. Juni 6. Oktober 13. Oktober 13. Oktober 13. Oktober 20. Oktober 10. November 3. November 3. November 10. November 10. November 17. November 17. November 17. November 17. November 17. November 17. November (S) 24. November 24. November (S) 24. November
1933: 335. 336. 337. 338. 339. 340. 341. 342. 343. 344. 345. 346. 347. 348. 349. 350. 351. 312
Heinrich Mann: Das Bekenntnis zum Hermann Sinsheimer: Sturz in die Liebe A.J. Cronin: Drei Lieben Oskar Jellinek: Die Seherin von J.R. Bloch: Sybilla Victoria Wolf: Mädchen wohin? Paola Masino: Monte Ignoso Carl Moll: Was soll der Künstler Jahrbuch deutscher Bibliophilen Lili Grün: Herz über Bord Paul Frischauer: Prinz Eugen Joh. Fabricius: Marietta John Galsworthy: Pharisäer Hilde Spiel: Kati auf der Brücke Erich Ebermayer: Werkzeug in Gottes Hand Pearl S. Buck: Söhne Benito Mussolini: Hundert Tage
26. Januar 16. Februar 23. Februar 23. Februar 2. März 9. März 9. März 16. März 16. März 16. März 16. März 16. März 30. März 30. März 6. April 13. April 27. April
352. 353. 354. 355. 356. 357. 358. 359. 360. 361. 362. 363. 364. 365. 366. 367. 368. 369. 370. 371. 372. 373. 374. 375.
Frank Thiess: Johanna und Esther Paula von Preradovic: Dalmatinische Sonette H.G. Wells: Die Geschichte einer Ehe Mario Verdaguer: Die goldene Insel Jakob Schaffner: Persönlichkeit J.G. Cozzens: Ein Schiff geht unter Hans Nüchtern: Buch der Brüder Ernst Lothar: Die Mühle der Leo Perutz: Sankt Petri-Schnee Walter von Molo: Holunder in Polen Kasimir Edschmid: Südreich Victoria Wolf: Eine Frau hat Mut Friedrich Schreyvogl: Habsburgerlegende John Galsworthy: Uber den Strom H.H. Ortner: Stefan Fadinger Frank Thiess: Der Leibhaftige Grete von Urbanitzky: Karin und die Welt Eduard Stucken: Guiliäno Karl Röttger: Kaspar Hauser Leonard Langheinrich: Frank Thiess Franz Werfel: Die Vierzig Tage des Musa Jakob Schaffner: Eine deutsche Franz Molnär: Der musizierende Engel Felix Saiten: Florian. Das Pferd des
27. April 4. Mai 11. Mai 11. Mai 11. Mai 1. Juni 31. August 7. September 14. September 14. September 21. September 28. September 28. September 5. Oktober 12. Oktober 19. Oktober (S) 26. Oktober 26. Oktober 2. November 9. November 16. November 16. November 23. November 7. Dezember
17.5.2. Die Sonderausgaben 1930-1933 Um am Markt konkurrenzfähig zu bleiben, begann der Zsolnay Verlag ab dem Jahr 1930 eigene sog. Sonderausgaben auf den Markt zu bringen. Es folgt hier eine Aufstellung dieser Produktion, die Preis, Erscheinungstermin und Auflage berücksichtigt: 1930: 1. Franz Werfel: Verdi
2. September
57 700
1931: 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Theodore Dreiser: Eine amerikan. John Galsworthy: Meisternovellen Max Brod: Tycho Brahes Weg Rene Fülöp-Miller: Der heilige Emil Ludwig: Goethe. Geschichte H.G. Wells: William Clissold
5. Februar 23. April 23. April 27. August 30. September 26. November
3,75 2,85 2,85 3,75 3,75 2,85
60 30 23 50 35 7
000 000 000 000 000 370
313
1932: 8. Emil Ludwig: Bismarck 9. Heinrich Mann: Die Göttinnen 10. Emil Ludwig: Genie und Charakter 11. Julius Meier-Graefe: Vincent van 12. Achmed Abdullah: Broadway Sensation 13. H.G. Wells: Die Geschichte 14. Heinrich Mann: Die Jagd nach 15. Walter von Molo: Der Schiller 16. Eugen Lennhoff: Geheimbünde 17. Roda Roda u.d. 40 Schurken
28. Januar 28. Januar 12. Mai 12. Mai 11. August 25. August 22. September 22. September 17. November 17. November
3,75 3,75 2,85 2,85 2,85 3,75 2,85 3,75 3,75 2,85
32 200 20 000 30 000 20 000 8 250 50 000 10 000 20 000 10 000 10 000
1933: (ohne Auflagenangabe) 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34.
Franz Werfel: Barbara John Galsworthy: Ein Heiliger N.A. * John Galsworthy: Weltbrüder N.A.» Heinrich Mann: Der Kopf John Galsworthy: Dunkle Blume N.A.» John Galsworthy: Herrenhaus N.A. * John Galsworthy: Patrizier N.A. * Roda Roda: Schurken John Galsworthy: Der reiche Mann N.A. * John Galsworthy: In Fesseln N.A. * John Galsworthy: Zu vermieten N.A. * Theodore Dreiser: Jennie Gerhardt Jakob Schaffner: Die Glücksfischerxx Jakob Schaffner: Die Weisheit der Liebe xx Jakob Schaffner: Konrad Pilaterxx Jakob Schaffner: DerDechantxx Jakob Schaffner: Der Mensch Krone xx
Nobelpreis-Ausgabe;
314
xx
»Volks-Schaffner«
26. Januar 16. Februar 16. Februar 2. März 16. März 27. April 27. April 15. Juni 28. Juni 14. Juli 27. Juli 24. August 14. September 14. September 14. September 14. September 14. September
4,80 2,85 2,85 3,75 2,85 2,85 2,85 2,85 2,85 2,85 2,85 2,85 2,85 2,85 2,85 2,85 2,85
17.5.3. Produktionsanalyse nach Gattung (++) Jahr
Roman
Novelle/Erzg
Drama
Lyrik
1924 1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933
8 17 6 12 22 31 34 28 25 30
2 2 6 6 6 7 4 6 4 2
4 2 3 3 2 7 4 4 4 3
0 0 0 3 3 2 4 2 0 0
Mise. 4 5 5 5 5 3 7 4 21 5
(++) Unter »Mise.« werden hier verstanden: Reden, Vorträge, Jahrbücher, Musikund Kunstbücher, non-fiction sowie Biographien.
315
18. Die zweite Phase der Abwanderung
Während die deutschen belletristischen Verlage ringsum in Schwierigkeiten steckten, schien der Paul Zsolnay Verlag im fernen Wien für Autoren so etwas wie ein relativ sicherer Hafen gewesen zu sein. Rückblickend kosteten die vielen wichtigen Neuerwerbungen von deutschen Verlagen 1928-1931 nicht nur viel Geld, sondern forderten auch viel Mühe. So brachten die Übernahmen von Walter von Molo, Jakob Schaffner, Emil Ludwig oder Rene Fülöp-Miller, um nur die wichtigsten zu nennen, einen kurzzeitigen Prestigegewinn, ä la longue allerdings nicht jene Vorteile, die beide Seiten aus der Geschäftsverbindung wohl erhofft hatten. Einige von ihnen kamen von sich aus zum Schluß, die Aufrechterhaltung der Beziehung zum Verlag könne wegen der öffentlichen Meinung über diesen nur schädlich sein und wünschten sich einen Wechsel, andere wiederum durften am Hauptmarkt, im Deutschen Reich, einfach nicht mehr verkauft werden. Alles in allem lag der Grund für das Scheitern der Beziehungen am wenigsten beim Verlag. Da es ein Prinzip Zsolnays war, zumindest den Versuch zu machen, das »Gesamtobjekt«, d.h. auch die Rechte auf sämtliche früher erschienene Werke eines Autors, zu erwerben, bedeuteten solche Transaktionen das Aufbringen von erheblichen Geldsummen, vor allem wenn man mit mehreren Verlagen verhandeln mußte. Daß dem Verlag daranlag, wenigstens das investierte Geld - wie auch vertraglich ausbedungen worden war - wieder hereinzubringen, ist verständlich. Daß die Autoren von Fall zu Fall entsprechend verärgert waren, braucht nicht hervorgehoben zu werden. Es mag reiner Zufall gewesen sein, aber mit keinem der vorhin genannten Autoren kam der Verlag trotz kurzfristiger Erfolge wirklich auf seine Rechnung. Streitigkeiten wurden nicht selten in der Öffentlichkeit ausgetragen.
18.1. W a l t e r v o n M o l o Nach den früheren Übernahmen von Mann, Werfel und Brod kaufte der Paul Zsolnay Verlag 1928 einen weiteren »großen Namen« ein: Reichsritter Walter von Molo. Dieser kam direkt vom Albert Langen Verlag in München, von dessen deutschsprachigen Autoren er einer der erfolgreichsten gewesen war. 1 Jemanden Andreas Meyer: Der Verleger des »Simplicissimus« und seine Nachfolger. Zur Geschichte des Albert Langen Verlags von 1909-1931. Teil 1: Vom Tod des Verlagsgründers bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. In: Buchhandelsgeschichte, 1988/3, Β 81-B 106. Hier Β 94, sowie ders: Zwischen Bauhausbüchern und »Volk ohne Raum«. Zur Geschichte des Albert Langen Verlags 1909 bis 1931. Teil 2: Von der Inflation bis zum Verkauf des Verlags In: Buchhandelsgeschichte, 1989/1, Β 1-B 29.
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unter Vertrag zu haben, der fast zwei Jahre lang (Oktober 1928-1930) das angesehene Amt des Präsidenten der Deutschen Dichterakademie (eine Mitgliedschaft, die später eine politische Dimension annahm) bekleidet hatte, war für das Image des Verlags nur förderlich. Am 7. Juni 1928 unterzeichnete Molo mit dem Paul Zsolnay Verlag einen Generalvertrag, der an Umfang und an Komplexität seinesgleichen suchte. Weder in früheren noch in späteren Jahren hat Zsolnay einen Vertrag mit so vielen besonderen Bedingungen und Fußangeln abgeschlossen. Vorbild war das generalvertragliche Übereinkommen Molos mit dem Albert Langen Verlag. Der Vertrag ist fünf Seiten Kanzleiformat lang und umfaßt 20 Punkte. Wenn auf den Vertrag hier näher eingegangen wird, so geschieht dies, um aufzuzeigen, welche Möglichkeiten sich Molo - im Gegensatz zu anderen Verlagsautoren - offenließ, um eines Tages aus dem Verlag und aus dem Vertrag auszusteigen. Mit anderen Worten: als es Molo geboten schien, den Verlag zu wechseln, brauchte er bloß auf den Vertrag zu pochen. Er überließ dem Verlag alle Werke gegen ein Honorar von 20% des Ladenpreises, und der Verlag verpflichtete sich, Mindestauflagen für Romane (10 000), Novellenbände (3 000) sowie für andere Bücher (1 000) herauszugeben. Weiters wurde, was in dieser Konkretheit in anderen eingesehenen Verlagsverträgen nicht fixiert wurde, der Termin zur Veranstaltung von Neuauflagen vereinbart. Sollten nämlich von einem Molo-Buch nicht mehr als 200 Exemplare auf Lager sein bzw. länger als höchstens ein Vierteljahr vergriffen bleiben, so fiel das betreffende Verlagsrecht an den Autor zurück. Während der Vertragsdauer von 10 Jahren - und auch diese Frist war einmalig - mußte Molo dem Zsolnay Verlag alle Werke überlassen. So detailliert, also über allgemeine Absichtserklärungen hinaus, räumte kein zweiter Vertrag ein Mitspracherecht bei Werbemaßnahmen ein: 12) Für alle im Verlag Paul Zsolnay erscheinenden Bücher Herrn von Molos verpflichtet sich der Verlag eine ordentliche und sachgemässe Propaganda zu veranstalten und zwar durch Druck von Prospekten über die Produktion des Herrn von Molo und durch Anzeigen der einzelnen Werke Herrn von Molos in den wichtigsten Tageszeitungen und Zeitschriften. Der Verlag Paul Zsolnay wird den besonderen Wünschen des Herrn von Molo in Bezug auf die Wahl einzelner Organe für eine solche Propaganda wie auch bezüglich der Ausstattung der Bücher und der Versendung von Rezensionsexemplaren immer nach Möglichkeit Rechnung tragen. 2
Ein Absprungbrett bot dem Autor § 15 des General Vertrags: Für den Fall, dass der Verlag Paul Zsolnay während der Dauer dieses Vertrages einen Roman oder ein Drama des Herrn von Molo zu den hier vereinbarten Bedingungen nicht herausbringt, fallen die Verlagsrechte der früher im Verlag Paul Zsolnay erschienenen Werke an Herrn von Molo zurück. Der Verlag Paul Zsolnay hat dann nur noch das Recht, die vorhandenen Vorräte auszuverkaufen, wozu ihm zwei Jahre Zeit gelassen werden.
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Vertrag mit Walter von Molo, Wien, 4. Juni 1928, Vertragsmappe Molo.
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Mehr noch: diese »Verweigerung« von seiten des Verlags hatte eine noch weitreichendere Konsequenz. Lehnte der Zsolnay Verlag, aus welchen Gründen auch immer, ein einziges Manuskript Molos ab, entfiel für die Zukunft die Verpflichtung Molos, dem Zsolnay Verlag weitere Werke anzubieten. In der Regel wahrte der Verlag zumindest teilweise die Haupt- und Nebenrechte seiner Autoren und war wie branchenüblich mit einem fixen Prozentsatz beteiligt. Ganz anders bei Walter von Molo. Das Übersetzungsrecht an seinen bei Zsolnay erschienenen Werken gehörten laut Vertrag Walter von Molo. Desgleichen das Recht, Vorabdrucke und Nachdrucke seiner Werke an Zeitungen und Zeitschriften sowie Bruchstücke seiner Werke an Sammelwerke zu vergeben. »Die hiebei erzielten Honorare fallen Herrn v. Molo ungeteilt zu«, selbst wenn der Zsolnay Verlag auf Wunsch des Autors sich erfolgreich um solche Veröffentlichungen bemühte. »Sollte einer der wesentlichen Punkte dieses Vertrages durch Verschuldung des Verlages Paul Zsolnay verletzt werden«, war der Vertrag automatisch zur Gänze aufgehoben. Molo bekam also einen Vertrag, den ein Autor sich nur wünschen konnte, mit vielen Verpflichtungen für den Verlag und bequemen »Ausstiegshilfen« für den Autor. Aus der spärlich vorhandenen Korrespondenz unter den Verträgen - der normale Ordner ist bezeichnenderweise verschollen - geht hervor, daß die Autor-Verleger Beziehung nur Trübungen kannte, obwohl der Verlag den gemeinsamen Vertrag mit erhöhten Auflagen und Entgegenkommen mehr als erfüllte. Der Verkauf des Fridericus-Romans im Recycling-Verfahren 1931 an die Deutsche Buchgemeinschaft war dem Absatz der Zsolnay-Ausgabe, die illustriert war und im Dezember dieses Jahres in einer Auflage von 5 000 Exemplaren (Gesamtauflage: 96.100.Tsd.) herauskam, gewiß nicht förderlich. Vom Standpunkt des Autors war das durchaus legitim, mag aber der Grund dafür gewesen sein, daß weitere Auflagen nicht zustandekamen. Überhaupt waren die Auflagen der Bücher Molos mit Impressum des Zsolnay Verlags keineswegs überwältigend, was damit zusammenhängen mag, daß für so manchen Titel, der nun zum x-ten Mal erschien, der Markt gesättigt war und erst oder erst recht in der NS-Zeit von einer entsprechenden Konjunktur profitieren konnte. Das Erstlingswerk Molos, der Roman Mensch Luther, kam im September 1928 heraus. Zur Erstauflage von 10 000 Exemplaren legte man im Dezember weitere 5 000 auf, die sich in den folgenden drei Jahren nur sehr schleppend verkauften. Mehr als die Hälfte dieser zweiten Auflage wurde 1931 als BZW-Ausgabe zu Μ 3,60 auf den Markt geworren. Die Scheidung. Ein Roman unserer Zeit - ein Original werk bei Zsolnay - brachte es 1929 in zwei Auflagen auf 15 000 Exemplare. Den mehrfach vermarkteten Schiller-Roman aus dem Jahr 1918 brachte Zsolnay 1932 in einer neuen »endgültig vom Dichter durchgesehenen«, ungekürzten Sonderausgabe (Auflage: 20 000) zu Μ 3,75 heraus. Spätere Auflagen während des Zweiten Weltkriegs mögen erneut »endgültig durchgesehen« worden sein. Unter dem Titel Zwischen Tag und Traum publizierte Molo im Frühjahr 1930 Reden 318
und Aufsätze, doch die Veröffentlichung führte zu einem »Missverständnis« (Costa). Obwohl Molo in seinem Generalvertrag offenkundig keine Eventualität offenließ, war ihm entgangen, daß der Verlag bei Essaybänden nur zu einer Auflage von 1 000 Exemplaren verpflichtet war. »Spontan und freiwillig«, wie Costa betonte, hatte der Verlag die Auflage in Wirklichkeit verdoppelt, doch die relativ niedrige Auflage ließ Molo mangelndes Vertrauen in sein Werk ahnen. Costa den Einspruch berichtigend: Selbstverständlich dokumentiert diese Auflagenhöhe, die niedriger ist, als die von Romanen, kein wie immer geartetes Misstrauen, das wir in den Essay Band setzen. Wir hoffen, ja wir sind vielmehr überzeugt, dass wir mit der Erstauflage von 2.000 Ex. nicht auskommen werden, für welchen Fall alle Vorsorge getroffen ist. 3
Durch die Übernahme von Werken aus anderen Verlagen waren »Missverständnisse« mit den Autoren vorprogrammiert. Sollten etwa übernommene Restposten, also die »alten Bücher«, vom neuen Verlag genauso honoriert werden wie die neuen Werke, also mit einem Honorarsatz von 20%? Im Streit mit Zsolnay verwies Molo auf eine diesbezügliche seinerzeitige Vereinbarung zwischen Schuster & Löffler und Albert Langen, der Zsolnay Verlag handelte aber in solchen Fällen anders. Die Erläuterung Paul Zsolnays ist für die Buchhandelsgeschichte aufschlußreich: Zum ersten Punkt möchten wir bemerken, dass wir bei übernommenen Büchern stets - auch bei Werfet und Brod - einen geringeren Perzentsatz bezahlen. Dies hat seine Ursache in dem Grund, der Ihnen sicher ebenso stichhältig erscheinen wird, wie unseren anderen Autoren, dass alte Bücher geringere Auflagen haben als neue, was eine Verteuerung der Herstellung und damit auch des Preises bedeutet. Wir sind aber zu der Erfahrung gelangt, dass alte Werke billiger sein müssen als neue, um neben diesen ihre Zugkraft behaupten zu können. Wir schlagen Ihnen daher eine 15 %ige Beteiligung am Ladenpreis des broschierten Exemplars des »Fridericus« vor und hoffen Sie damit einverstanden. 4
Nebenbei bemerkt, bekam ein Vielzahl von Autoren (und das erst recht in dieser Zeit) diese 15% nicht einmal für Originalwerke. Die wenigen erhaltenen Briefe des Verlags an Walter von Molo deuten auf weitere Trübungen in der Beziehung, und wie allzuhäufig ging es um Geldwünsche. Der Roman Ein Deutscher ohne Deutschland war, wie erwähnt, im Herbst 1931 zwar als l.-20.Tsd. angezeigt worden, aufgelegt wurden allerdings nur 15 000 (d.h. 13 500 Ex. plus Überdruckexemplare). Mehrere Monate lang drängte Molo, der Geld brauchte, den Verlag, um ihm zur Honorierung der restlichen, gar nicht aufgelegten 6 500 Exemplare zu bewegen. Es ging um die nicht geringe Summe von Μ 6 240. Im Briefwechsel dürfte Molo sehr aufdringlich gewesen sein und Paul Zsolnay sehr beleidigt haben.
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Felix Costa an Walter von Molo, 19.2.1930, ebd. Paul Zsolnay an Walter von Molo, 28.1.1931, ebd.
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Felix Costa reiste nach Berlin, um persönlich einzugreifen und schrieb Molo einige Zeit später folgendes: Es sei mir bei dieser Gelegenheit gestattet, Sie, hochverehrter Herr von Molo, daran zu erinnern, dass Sie in Berlin die grosse Freundlichkeit hatten, mir in Aussicht zu stellen, ein[en] Brief an Paul Zsolnay zu richten, der die grossen Kränkungen wiedergutmachen sollte, die ihm Ihre letzten Briefe bereitet haben. Darf ich Sie an diese Ihre liebenswürdige Zusage ergebenst erinnern? 5
Molo hatte von Paul Zsolnay und Felix Costa nach seinen Worten »eine gewisse Grosszügigkeit« verlangt und es »als unliebsame Störung« seiner Ruhe und Arbeitsfreude empfunden, »wenn wir um 3 oder 5 oder 1000 Mark hin oder her lange Korrespondenzen führen« (ebd.)· Der Verlag gab nach: Wiewohl der heutige Zeitpunkt wie kein anderer eigentlich jedwede Grosszügigkeit verbietet und strenges Rechnen zur Pflicht macht, will sowohl Paul Zsolnay als auch der Verlag Ihnen zeigen, dass er in diesem Fall, einem Ausnahmsfall, alles tut, was möglich ist. Wir wollen also nicht auf einzelne Punkte der Korrespondenz der letzten Monate zurückkommen, sondern wir erklären uns bereit, Ihrem Wunsch nach Honorierung von 20.000 Exemplaren Ihres herrlichen List-Romanes stattzugeben, (ebd.)
Ein Anrecht auf diese Zahlung geht nicht aus dem Verlagsvertrag hervor. Costa war betont optimistisch: »Ich hoffe, dass es zwischen Ihnen und uns in Zukunft nie mehr zu Misshelligkeiten und Verstimmungen kommen wird können [...].« (ebd.) Was in der Beziehung Molos zum Verlag in den folgenden zwei Jahren alles vorgefallen ist, - 1933 waren zwei Romane Holunder in Polen (Aufl. 10 000) und Der Schiller-Roman in einer Sonderausgabe (20 000) auf den Markt gebracht worden, geht nicht aus dem Archivmaterial hervor. Bekannt ist lediglich eine Mitteilung der Verlagsdirektion an Molo, in der es heißt, »dass wir uns unter den gegenwärtigen Umständen nicht entschliessen können, Ihren neuen Roman 'Der kleine Held' zu jenen Bedingungen zu edieren, die unser generalvertragliches Übereinkommen vom 4. Juni 1928 für den Fall der Annahme eines Werkes durch uns vorsieht«. 6 Damit war die Geschäftsverbindung zu Ende. Welche »Umstände« gemeint sind, ist nicht klar, aber es ist nicht auszuschließen, daß Molo unter Druck stand, sich von Zsolnay zu trennen. Übernahmsverhandlungen zwischen Zsolnay und dem neuen, in holländischem Besitz (Gerard van Holle, Den Haag) befindlichen Berliner Verlag Holle & Co. wurden im April 1935 abgeschlossen. Um einen Betrag von 9000 Hollandgulden gingen die Rechte und Restbestände der Werke Mensch Luther und Ein Deutscher ohne Deutschland an Holle & Co. in Berlin. Um weitere Μ 10 000 erwarb Holle die anderen Werke Molos. 7
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Felix Costa an Walter von Molo, 25.5.1932, ebd. Direktion des Paul Zsolnay Verlags an Molo, 13.6.1934, ebd. Die entsprechenden Verträge vom 10. April 1935 finden sich im Verlagsarchiv.
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Der Abgang Molos vom Zsolnay Verlag war wahrscheinlich vom Autor gezielt angestrebt worden und nicht bloß auf Geldfragen zurückzuführen. Diese These läßt sich durch eine Äußerung Molos in seinen von Selbstmitleid erfüllten »Erinnerungen« (1957) bekräftigen,8 in denen es heißt, sein Roman Holunder in Polen sei 1933 bei Zsolnay verlegt und »deshalb von der Kritik grundsätzlich nicht besprochen« worden. Die Sprunghaftigkeit der Erinnerungen Molos machen es dem Leser unmöglich, seiner Verfolgungssage zu folgen. So kann angesichts einer vollständigen Liste der Publikationen Molos Ende der 30er sowie in den Jahren bis 1945 nur schwer von einem »totalen Boykott des Staats« (ebd., S. 350) gesprochen werden, und daß Molo nach eigener Aussage »von Verlag zu Verlag« wanderte, es aber in zwei Jahrzehnten erst schaffte, zwei Verlage zu haben, macht ihn auch nicht, wie Thomas Mann es in bezug auf Molos Kollegen beim Zsolnay Verlag, Frank Thiess und Erich Ebermayer, formulierte, zum »Märtyrer der inneren Emigration«.9 Es steht außer Streit, daß Molo von einem Teil der NS-Presse angegriffen wurde,10 dies aber post festum als Basis des Märtyrertums zu beanspruchen, ist nicht statthaft. Molo hatte, wie Thomas Mann schreibt, »die ganze Zeit wacker mitgemacht [...] und der Nazi-Dichterakademie« angehört.11
18.2. Die »Stippvisite« Emil Ludwigs Als Paul Zsolnay am 23. Juli 1931 mit Emil »Ludwigs Biographien-Bestsellermanufaktur«, wie Peter de Mendelssohn den sehr produktiven Autor charakterisiert,12 einen ersten umfassenden Vertrag abschloß, blickte er hoffnungsfroh auf ein einträgliches Verlagsobjekt und viele glückliche Jahre mit dem Autor. Doch es kam alles ganz anders. Ludwig, der beim Ernst Rowohlt Verlag die Ära der historischen Biographien eingeleitet hatte und - so Rowohlt - »mein bestes Pferd im 8
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Walter von Molo: So wunderbar ist das Leben. Erinnerungen und Begegnungen. Stuttgart: Verlag Deutsche Volksbücher 1957, S. 351. Thomas Mann an Gottfried Bermann-Fischer, 21.9.1945 in: Thomas Mann. Briefwechsel mit seinem Verleger Gottfried Bermann Fischer 1932-1955. Hrsg. Peter de Mendelssohn. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1975, Band I, S. 413. Siehe etwa: Herr Holle, Walter von Molo und wir. In: Das Schwarze Korps, Folge 18, 3. Juli 1935, S. 13. Thomas Mann an Agnes E. Meyer, 25. August 1945. In: Briefe 1937-1947. Hrsg. Erika Mann. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1979, S. 439. In einem Artikel, der im August 1945 in verschiedenen deutschen Zeitungen erschien, hatte Molo Thomas Mann aufgefordert, nach Deutschland zurückzukehren. Mann hielt seinen Kollegen nicht für die richtige moralische Instanz, um solche Appelle auszusprechen, und antwortete am 7. September 1945 mit der Erklärung »Warum ich nicht nach Deutschland zurückgehe«. Alfred Döblin deutet auf die opportunistische Haltung Molos in seinem Tribut zum 70. Geburtstag des Autors hin (Walter von Molo. Erinnerungen-Würdigungen-Wünsche. Zum siebzigsten Geburtstag des Dichters am 14. Juni 1950. Berlin: Erich Schmidt Verlag 1950, S. 13-18). Peter de Mendelssohn: 5. Fischer, S. 864. 321
Stalle« war, stattete dem Verlag in Wien bloß eine »Stippvisite« ab. Wenige Autoren hatten es zustandegebracht, ihre Werke in so vielen Verlagen erscheinen zu lassen wie Ludwig, der ja seine ersten Erfolge im S. Fischer Verlag gefeiert hatte. Ludwig hatte sich bereits vor Ende des Ersten Weltkriegs von Fischer getrennt, war 1921 zu Rowohlt gekommen, hatte dort zur sicheren finanziellen Basis Wesentliches beigetragen und mit seinen hohen Auflagen andere Verlagwerke mitgezogen. Zwischen 1902 und 1921 hatte der Autor sieben Verleger,13 und Zsolnay sollte bestenfalls eine Durchgangsstation auf dem Weg zu »Emigrantenverlagen« sein. Was Paul Zsolnay bewogen haben mag, Emil Ludwig »einzukaufen« und auf welche Weise die Verbindung angebahnt wurde, ließ sich nicht ermitteln. Daß die Erwerbung von der Verlagsseite aus gesehen sich als eine teure Fehlentscheidung herausstellen würde, hätte man zumindest zum Teil voraussehen können. Von der großen Popularität Ludwigs im Ausland - sein Werk war 1926-1930 in 25 Sprachen übersetzt worden und die Gesamtauflage seiner Schriften im Ausland betrug bis Neujahr 1931 ca. 1,2 Millionen Exemplare - hätte der Zsolnay Verlag höchstens einen immateriellen Nutzen.14 Er war, wie es im Verlagsvertrag vom 23.7.1931 heißt »von der Exploitierung der Übersetzungsrechte an den Werken Emil Ludwigs ausgeschlossen« und nahm zur Kenntnis, »dass Emil Ludwig alle Auslandsabschlüsse selbst tätigt, ohne den Verlag zu beteiligen«. An die Anfeindungen und persönliche Angriffe in den 20er Jahren, die den Verkauf seiner Bücher nebenbei förderten, hatte sich der Autor wohl gewöhnt, auch an deren rassistische Töne. Auffallend war dabei die einhellige Ablehnung durch die »Zunft« der deutschen Historiker und Kritiker jedweden politischen Couleurs.15 Aber der Mißerfolg der letzten bei Ernst Rowohlt erschienenen Werke, der »Biographie« Jesu Christi: Der Menschensohn und der Autobiographie Geschenke des Lebens (1931), hätte ein Alarmzeichen sein sollen, denn Rowohlt konnte in Deutschland nur einen Bruchteil der gewohnten Auflagenhöhe absetzen.16 Der Berliner Verleger hatte mit 100 000 gerechnet und entsprechende Investitionen getätigt. Ludwig war insofern Rowohlts teuerster Autor, als er - was für Autoren seines Ranges im Zsolnay Verlag eine Selbstverständlichkeit war - nicht nur ein Honorar von 20% des
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Emil Ludwig: Geschenke des Lebens. Ein Rückblick. Berlin: Emst Rowohlt Verlag 1931, S. 771. Zum Auflagenstand seiner gesammelten Werke siehe die Aufstellung im Anhang zu Geschenke des Lebens (ohne Paginierung). Dazu der sehr materialreiche Aufsatz von Franklin C. West: Success without influence. Emil Ludwig during the Weimar Years. In: Yearbook. Leo Baeck Institute, 30 (1985), S. 169-189. Hier S. 185. Siehe Walther Kiaulehn: Mein Freund der Verleger. Ernst Rowohlt und seine Zeit. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Verlag 1967, S. 106ff. Von der Autobiographie wurden statt 20 000 lediglich 6 000 Exemplare verkauft.
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Ladenpreises, sondern auch die ersten 20 000 im voraus honoriert bekam, eine Praxis, die bei Zsolnay nicht unüblich war. 17 Wie auch andere Fälle zeigen, war der Marktwert der von Zsolnay übernommenen Ludwig-Bücher stark gesunken, denn der Markt war mit bestimmten Werken bereits gesättigt, sodaß aus ihnen in der Regel nicht mehr viel zu holen war. Bei Ludwig - und wahrscheinlich auch bei Walter von Molo - spielte die Geschmacksveränderung des Käuferpublikums gegen Ende der 20er Jahre eine entscheidende Rolle: man interessierte sich nicht mehr für historische Belletristik. Bei der Ausgabe von Schliemann. Geschichte eines Goldsuchers, die Zsolnay im Februar 1932 herausbrachte, mag der Verlag diese Entwicklung ins Kalkül gezogen haben. Ludwig erhielt das Höchsthonorar (20%), das Werk wurde als »1.-20.Tausend« angezeigt, allerdings druckte der Verlag nur die halbe Auflage, ließ es dabei bewenden und begann schon 1933 mit dem Ramschverkauf. Unter diesem Gesichtspunkt sind Auflagenangaben manchmal mit Vorsicht zu genießen. Warum der Zsolnay Verlag und Emil Ludwig kaum ein Jahr nach dem Beginn der Geschäftsbeziehung zerstritten waren, geht nicht aus dem spärlich erhaltenen Material im Verlagsarchiv hervor. Der Korrespondenzordner Ludwig ist verschollen, es existieren bloß einige vertragsbezogene Unterlagen im Bestand »Vertragsmappe«. Dabei konnte sich der Autor über die Höhe der Vorschüsse und die Vertragskonditionen nicht beschweren. Der Vertrag vom Juli 1931 sah eine Volksausgabe der Goethe-Biographie vor, die erstmals 1920 bei Cotta und ab 1924 in unverändertem Neudruck bei Rowohlt erschienen war. Dieser vorläufige Vertrag legte sowohl die zu publizierenden Werke als auch die Zahlungsbedingungen fest. Für sein Goethe-Buch bekam Ludwig ein Honorar von 20% pro Exemplar und als Vorauszahlung die Tantieme für 70 000 Exemplare, also eine Summe von Μ 14 000 fällig bei Vertragsabschluß. Somit pokerte Paul Zsolnay weiterhin so hoch wie seinerzeit Ernst Rowohlt. Bei diesem Werk ging es noch gut. Außerdem verpflichtete sich Ludwig, dem Verlag seine drei nächsten in deutscher Sprache noch nicht erschienenen Werke, und zwar Schliemann, »Unterhaltungen mit Mussolini« und »Der Nil, Lebenslauf eines Flusses«, Zsolnay zu überlassen. Auch bei diesen Büchern wurde Ludwig ein Honorar von 20% bei einer garantierten Durchschnittsauflage von 20 000 Exemplaren pro Buch zugesichert. Bei den zukünftigen Volksausgaben sollte der Autor durchaus im Geist der alten Vereinbarung mit Rowohlt und im Rahmen der Praxis des Zsolnay Verlags automatisch 35 000 Exemplare im voraus honoriert bekommen. Über die Freigabe der früher im Rowohlt Verlag erschienenen Bücher wurde noch bis Dezember verhandelt. Etwa Mitte des Monats führten die Gespräche zum Ergebnis, daß diese Werke gegen eine Beteiligung nunmehr vom Paul Zsolnay Verlag ausgeliefert werden sollten.18 17 18
Siehe ebd., S. 148. Börsenblatt, Nr. 293, 18.12.1931, Umschlag 1.
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Die Investitionen in das »Objekt« Emil Ludwig konnten sich sehen lassen. Allein für die geplanten Volksausgaben (Goethe, Bismarck, Genie und Charakter) legte der Verlag zur Zeit der wirtschaftlichen Depression Μ 31 000 aus. Hinzukam eine stattliche Monatsrente von Μ 3 000. Die guten Beziehungen währten kaum ein Jahr, bis die ersten gravierenden Auffassungsunterschiede eine gedeihliche Zusammenarbeit erschwerten. Notgedrungene Ramschverkäufe taten das Ihre, und es kam beinahe zu einem Prozeß Zsolnays gegen Ludwig im Jahre 1934. Doch bis dahin lief das Geschäft für beide Seiten verhältnismäßig gut. Die Erstauflage von Goethe. Geschichte eines Menschen in einer Höhe von 35 000 Exemplaren verkaufte sich - wie in alten Zeiten - binnen vier Wochen. Die zweite Auflage - weitere 35 000 ( = 100.Tsd. der Gesamtauflage) - kamen Ende Oktober 1931 und zusätzliche 25 000 im April 1932 heraus. Noch im Laufe des Jahres 1932 erschienen von Ludwig nicht weniger als sechs Titel, darunter ein paar Originalwerke. Nach den Angaben der Herstellkartei sowie in der Reihenfolge des Erscheinens mit jeweiliger Auflage waren das: - Bismarck. Geschichte eines Kämpfers: 32 200 (Gesamtauflage 130 000) - Schliemann. Geschichte eines Goldsuchers: 11 500; 1.-20.Tsd.) - Goethe. Kämpfer und Führer. Festrede der Goethe-Feier im Deutschen Volkstheater, 20. März 1932: 5 000 - Genie und Charakter. Sammlung männlicher Bildnisse: 30 000 (Gesamtauflage
80 000) -Mussolinis Gespräche mit Emil Ludwig: zwischen 28.6. und 20.10.1932 vier Auflagen (Gesamtauflage 20 000) - Dramatische Dichtungen: 1 000 »Schliemann«, die »Goethe-Rede« und die »Mussolini-Gespräche« waren somit die einzigen Texte, die erstmals bei Zsolnay erschienen. Von Wilhelm der Zweite übernahm Zsolnay einen kleinen Restposten und legte knapp 2 000 Exemplare neu auf. 19 Der Bruch zwischen Zsolnay und Ludwig erfolgte im Sommer 1932, als der Verlag dem Autor vorwarf, eine konkrete Bestimmung im Vertrag über die Volksausgaben nicht eingehalten zu haben. Der Streitpunkt war die Honorierung der übernommenen Werke. Ludwig forderte Zsolnay auf, von der bisherigen Politik abzugehen und Neuauflagen der übernommenen Werke im voraus zu zahlen, etwas, was der Verlag noch niemals getan hatte. Die Folge war, daß Zsolnay sein Anbot, sich zur Herausgabe weiterer Werke Ludwigs zu verpflichten, zurückzog und dem Autor anheimstellte, seine Werke in der Bibliothek zeitgenössischer Werke er-
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Eine Bibliographie der Werke Emil Ludwigs anhand des Gesamtverzeichnisses des deutschsprachigen Schrifttums bzw. des Deutschen Bücherverzeichnisses bzw. der Erstausgaben deutscher Dichtung zusammenzustellen wird dadurch erschwert, daß es unmöglich ist, jene Werke, die zum ersten Mal unter dem Impressum Paul Zsolnay Verlag erschienen, von denen, die zuerst in anderen Verlagen erschienen waren, zu unterscheiden.
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scheinen zu lassen. Selbst diese Zwistigkeiten wurden von den Ereignissen im Mai 1933 überschattet. Bei den Bücherverbrennungen im Deutschen Reich galt Ludwig, als Zielscheibe nicht nur der NS-Literaturkritik, ein eigener Feuerspruch: »Gegen Verfälschung unserer Geschichte und Herabwürdigung der großen Gestalten, für Ehrfurcht vor unserer Vergangenheit! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Emil Ludwig [...].« Kurz darauf wurde Ludwig - inzwischen Schweizer Staatsbürger - neben elf weiteren Schriftstellern »für das deutsche Reich als schädigend« erachtet. Mehr war wohl nicht notwendig, um es dem Wiener Verlag jenseits aller Differenzen mit dem Autor unmöglich zu machen, dessen Werke in Deutschland zu verkaufen. Zsolnay war aber nicht nur dem Autor gegenüber in Form von Honoraren und Vorauszahlungen großzügig gewesen, er hatte auch in die Herstellung nunmehr unverkäuflicher Waren große Summen investiert. Daher forderte der Verleger einerseits jene Beträge, die er Ludwig für die drei Volksausgaben gezahlt hatte, wegen Nichteinhaltung einer nicht genannten Bedingung zurück, andererseits kündigte er dem Autor eine Schadensersatzklage an. Gezahlt hatte Zsolnay für Goethe, Bismarck und Genie und Charakter bis 1934 Μ 31 000. Aus dem Verkauf der Bücher standen Ludwig lediglich Μ 19 900 zu, sodaß der Autor aufgefordert wurde, dem Verlag ungeachtet der Schadensersatzansprüche Μ 11 100 rückzuerstatten. In einem nicht datierten Briefentwurf an Emil Ludwig erläuterte der Verlag jene Ansprüche, die er beabsichtigte, vor Gericht geltend zu machen. 20 Wir haben femer noch einen Schadenersatzanspruch an Sie 1) aus den (sie) Titel Nutzentgang, (dieser ist allerdings sehr gering), da wir bei den meisten Volksausgaben fast ohne Gewinn 21 arbeiten), 2) aus dem Titel Schädigung unseres Renommees, 3) aus dem Titel, dass unsere Lagerbestände länger unverzinst liegen, als wenn die Verramschung nicht stattgefunden hätte. Wie hoch diese Schadenersatzsumme ist, können wir natürlich nicht berechnen, sondern sie muss auf Grund von Sachverständigengutachten durch das zuständige Gericht festgesetzt werden. Da es sich aber hiebei, wie ich festgestellt habe, nicht um sehr grosse Beträge handelt, bin ich bereit, weil ich aus dem letzten Passus Ihres Briefes ersehe, dass auch Ihnen an einer Verständigung gelegen ist, mich mit Ihnen im Kompromisswege zu einigen, wobei ich Ihnen schon heute jedes Entgegenkommen des Verlages zusichere. (Vertragsmappe Ludwig)
Im Oktober 1934 war der Streit nur teilweise beigelegt worden, als Ludwig sich über seinen Anwalt in Wien bereit erklärte, den Vertrag das Buch »Der Nil« betreffend, einvernehmlich zu stornieren und dem Verlag den fraglichen Vorschuß von sfre. 5 000 zu refundieren. Der Zsolnay Verlag anerkannte den Anspruch Ludwigs auf Auszahlung künftiger Tantiemen für jene Bücher, die sich noch im Lager befanden, war aber nicht gewillt, die anderen Bücher Ludwigs freizugeben, so-
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Das Schreiben liegt nicht vollständig vor, da aber von der Verramschung der Werke Ludwigs die Rede ist - laut Herstellkartei fand dies für fast alle Werke am 15.1.1934 statt - dürfte es vor dem Herbst 1934 verfaßt worden sein. Zu diesem Thema siehe Zum Problem der Wirtschaftlichkeit der Volksausgaben, in: Börsenblatt, Nr. 230, 3.10.1931, S. 877-878.
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lange nicht die auf sie geleisteten Garantien und Vorauszahlungen abgedeckt waren. Ludwig gab sich damit einstweilen zufrieden, glücklich war er allerdings nicht über die Tatsache, daß er über seine Werke bei Zsolnay nicht frei verfugen konnte. Er wandte sich daher an die Öffentlichkeit und gab »post festum« Anfang Juni 1935 ein Telefoninterview aus Moscia bei Ascona mit einer Wiener Wochenzeitung. Das Datum läßt vermuten, daß irgendjemand Zsolnay ans Zeug flicken wollte. Wie dem auch sei, machte Ludwig seinem Unmut unter der Überschrift »Ich bin empört!« Luft. »Insbesondere« - so Der Morgen - befasse sich die intellektuelle Öffentlichkeit Österreichs »naturgemäß mit dem Kampf zwischen dem Paul ZsolnayVerlag in Wien und Emil Ludwig«.22 Mehr als zwei Jahre nach den Bücherverbrennungen verkündete die Zeitung scheinbar Brandneues: »Bis heute wurde in Wien nur die Tatsache bekannt, daß der Wiener Verlag die Werke Emil Ludwigs nicht mehr verbreite.« Obwohl aus seiner Sicht durchaus legitim, informierte Ludwig das Publikum mehr als einseitig: »Ich kämpfe um die Freigabe meiner im Zsolnay-Verlag erschienenen Werke. Zu einem gerichtlichen Schritt ist es bisher, möchte ich betonen, nicht gekommen, aber ich bin über meine Behandlung empört und mache daraus in den Verhandlungen auch gar kein Hehl. Bekannt ist ja, worum es geht. Mein Wiener Verleger Zsolnay boykottiert einfach, seit in Deutschland das nationalsozialistische Regime alle Gewalt an sich gerissen hat, alle jene Autoren, die drüben im Reich nicht genehm sind, die auch drüben einem Boykott unterworfen sind. Bedenken Sie folgendes: Mein Goethe-Buch, das zweifellos mein bekanntestes Werk ist - nebenbei: ich liebe es auch persönlich unter allem, was ich geschrieben, am meisten - , hatte im Jahre 1932 einen so durchschlagenden Erfolg, daß Zsolnay in kurzen sechs Monaten genau 80.000 Stück verkaufte. Und 1933 - nicht ein einziges Exemplar! Will man mir weismachen, daß vom Silvesterabend 1933 an das Publikum meinen »Goethe« ablehnte? Nein - Zsolnay hat mein Buch einfach boykottiert. Er fürchtete, ein Vertrieb Emil Ludwigs könnte dem Vertrieb seiner anderen Werke in Deutschland schaden. Nun kämpfe ich um die Freigabe meiner Bücher. Außer dem »Goethe« sind »Bismarck«, »Genie und Charakter«, meine Mussolini- und Schliemann-Bücher in Wien erschienen. Ich lasse mich nicht boykottieren und werde mir die Freigabe meiner Werke zu verschaffen wissen.«
Eine Stellungnahme Zsolnays holte die Zeitung offensichtlich nicht ein. Bei der Bezeichnung »Boykottierung« wählte Ludwig allerdings den falschen Schuldigen: Zsolnay hatte zehntausende Ludwig-Bände auf Lager, durfte sie aber seit Mai 1933 im Deutschen Reich nicht verkaufen - eine Tatsache, die so ziemlich jedem interessierten Zeitungsleser geläufig gewesen sein wird. Ludwig verschwieg in diesem Interview das Faktum, daß er Vertragsbedingungen - so der Vorwurf Zsolnays nicht eingehalten hatte und daß Zsolnay gegen ihn gerichtlich vorgehen wollte, sowie daß er dem Verlag aus Garantien und Vorschüssen Geld schuldete. Die Erregung wegen des scheinbar unfreundlichen Standpunkts des Zsolnay Verlags tat Ludwigs Schaffen keinen Abbruch. In atemberaubendem Tempo 22
Der Morgen, 3. Juni 1935, S. 8.
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schrieb und veröffentlichte er zwischen 1934 und 1938 gleich elf Bücher, von denen die überwiegende Anzahl bei Querido in Amsterdam erschien. Das »Nilbuch«, das bei Zsolnay hätte herauskommen sollen, wurde 1935 bei Querido veröffentlicht. Ein weiterer, für 1933 geplanter Band hätte den Titel »Propheten« führen und die Werke Der Menschensohn, Michelangelo, Rembrandt und Beethoven enthalten sollen, desgleichen sollte ein Band »Dichtungen«, vier Dramen in Versen sowie »Tom und Sylvester« umfassen. Eine Neuauflage von Juli 14 (Rowohlt 1929) war ebenfalls in Aussicht genommen worden. 18.3. Rene Fülöp-Miller Die Beziehungen zwischen dem Verlag und einem anderen etablierten Autor waren gleichfalls fast abgerissen. Es handelt sich um Rene Fülöp-Miller. Nach Abschluß eines umfassenden Generalvertrags mit Zsolnay am 25. Juli 1931 blieb Fülöp-Miller nicht einmal ein halbes Jahr im Verlag. Bis dahin waren seine Werke bei Grethlein in Leipzig sowie bei Amalthea in Wien verlegt worden. Da Zsolnay sich als »Verlag der Autoren« und nicht als Verleger von Büchern verstand, bemühte er sich, die Rechte auf alle Werke Fülöp-Millers zu erwerben. Der Amalthea Verlag, der mehrere Werke herausgebracht und für andere Verträge abgeschlossen hatte, war, da er unmittelbar vor der Insolvenz stand, nur allzu bereit, gegen stattliche Beträge Rechte und Restbestände abzugeben. Zsolnay machte Fülöp-Miller ein sehr lockendes Angebot, indem er ihm »unsere besten Bedingungen« offerierte, d.h. ein Honorar von 20% und eine Erstauflage von 30 000 Exemplaren für »Rasputin«. Der erste, bereits erwähnte Vertrag weist eine Reihe von Besonderheiten auf, die über die Politik des Zsolnay Verlags in Honorarsachen Aufschluß geben, und daher lohnt es sich, ihn näher anzusehen. Es ist bereits festgestellt worden, daß ein Honorarsatz von 20% für den Ernst Rowohlt Verlag in den 20er Jahren etwas Außergewöhnliches gewesen sein mag, nicht aber für Zsolnay. In den Vertragsverhandlungen bot Zsolnay Fülöp-Miller eine Option an: er hatte die Wahl zwischen einem Honorar von 20% am broschierten oder 12'/2% am gebundenen Exemplar und entschied sich für letztere Regelung. Nicht die Festlegung der Höhe ist dabei auffallend, sondern die Tatsache, daß eine Erläuterung der Praxis in Honorarfragen bei den sogenannten »Spitzenautoren« mit Vergleichen mit anderen Autoren zum Bestandteil des Vertrags wird. Wie man sie entlohnte, geht aus dem Paragraphen 2 hervor: Da die Beteiligung von 20% am broschierten Exemplar oder 12Vi% am gebundenen Exemplar der Höchstsatz ist, den der Paul Zsolnay Verlag als Autorenhonorar zahlt, ist Herr Fülöp-Miller somit in die Kategorie der Spitzenautoren des Verlages eingereiht worden. Um ihm diese bevorzugte Stellung im Verlag für die Dauer des Generalvertrages zu erhalten, verpflichtet sich der Paul Zsolnay Verlag, Herrn Fülöp-Miller eine entsprechend höhere Beteiligung als 12Vi% am gebundenen Exemplar einzuräumen, wofeme er anderen Autoren entweder mehr als 12Vi% am gebundenen oder aber mehr als 20% am broschierten Exemplar zugesteht. Da der Paul Zsolnay
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jedoch durch die Tatsache, dass Herr Fülöp-Miller die Auslandsrechte an seinen Werke selbst exploitiert, einen Ertragsentgang erfahrt, ist der Paul Zsolnay Verlag berechtigt, eine höhere Honorierung, die diesem Entgang ungefähr entspricht, und die er einem Spitzenautor für die deutschen Buchtantiemen einräumt, nicht als Erhöhung im Sinne dieses Punktes zu betrachten. Franz Werfel erhält schon heute eine Beteiligung von 22% am broschierten Exemplar, wofür er jedoch dem Verlag besondere Vorteile anderer Art gewährt. 23 Ebenso haben wir seinerzeit aus besonderen Gründen Arthur Schnitzler eine höhere Beteiligung eingeräumt, sodass diese beiden Autoren vom Vergleich ausgenommen sind.
Die Verpflichtung des Verlags, sich für das Werk des Autors in besonderer Weise einzusetzen, wurde auch - im Gegensatz zu den Abkommen der ersten Jahre - konkreter Gegenstand des Vertrags: Der Paul Zsolnay Verlag verpflichtet sich, die Propaganda für die Werke Herrn Fülöp-Millers durch Presse-Inserate, Notizen, und Börsenblatt-Ankündigungen, ferner durch Bearbeitung der Sortimenter, Prospekte etc. so zweckmässig als irgendmöglich zu organisieren und dafür ebenso grosse Mittel aufzuwenden, wie für die Propaganda irgendeines anderen in derselben Saison im Paul Zsolnay Verlag erscheinenden Werkes der gleichen Gattung, wobei nur eine eventuelle Differenz im Umfang, resp. Ladenpreis zu berücksichtigen ist.
Sozusagen als Pendant zu diesem Passus folgte § 6, der festlegte, unter welchen Umständen der Verlag andererseits nicht die geringste Propaganda machen durfte! Dieser Passus ist sogar dreimal länger als die soeben zitierte Bestimmung. In Fällen, wo der Autor bei kleineren Publikationen eine Vorrede, Einleitung o.ä. für einen fremden Verlag verfasse, sei dieser Verlag zu verpflichten, »dass er weder auf dem Umschlag noch auf dem Einband den Namen Fülöp-Millers nennt. Desgleichen ist diesem Verleger auch zu untersagen, bei seiner Propaganda in welcher Form immer Herrn Fülöp-Miller in auffallender Weise hervorzuheben«. Der Zweck dieser Abmachung: »Diese Bestimmung wird getroffen, damit die Öffentlichkeit orientiert sei, dass die wirklichen Werke Fülöp-Millers nur im Paul Zsolnay Verlag erscheinen, was sowohl im Interesse des Autors als im Interesse des Verlages liegt.« Fülöp-Miller plante weiters eine Reihe von kulturhistorischen Werken, in welchen die religiösen Grundlagen der Gegenwartskultur untersucht werden sollten. Diese Abmachung wurde am 15. Dezember 1931 im Rahmen eines »Auflösungsvertrags« mit Ausnahme der »Phantasiemaschine« und des Abkommens über »Rasputin« in allen Teilen wieder gelöst. Wesentlich für das Verständnis des späteren bitteren Streits zwischen Verlag und Autor waren die ansehnlichen Investitionen, die der Verlag beim Erwerb der Rechte Fülöp-Millers zu leisten hatte. Dem insolventen Amalthea Verlag - hier waren Lenin und Gandhi (1927), Geist und Gesicht des Bolschewismus (1928) und Der unbekannte Tolstoi in kleineren Auflagen erschienen - leistete der Zsolnay Verlag für Rechte und Restbestände eine 23
Gemeint sind wahrscheinlich die Bühnenvertriebsrechte und die Beteiligung an Auslandsabschlüssen.
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Zahlung von Μ 4 000 und übernahm hohe Forderungen Amaltheas an den Autor aus einem weiteren gültigen Vertrag. Ebenso marod wie Amalthea war das finanzielle Befinden von Grethlein & Co. in Leipzig, wo Fülöp-Miller 1927 Der heilige Teufel. Rasputin und die Frauen in einer Auflage von 30 000 Exemplaren und 1930 Macht und Geheimnis der Jesuiten. Kulturhistorische Monographie hatte erscheinen lassen. Allein für das letztgenannte Werk wendete Zsolnay S 20 000 auf. Für das Werk Der heilige Teufel traf man im Dezember 1931 anläßlich eines schiedsgerichtlichen Vergleichs mit dem Grethlein-Rechtsnachfolger E.C. Etthofen Verlags Ges.m.b.H. in Berlin-Schöneberg (Geschäftsführer war ein gewisser Johannes Guenther) eine besondere Vereinbarung. Gegen eine Pauschalabgeltung von M i l 200 erwarb der Paul Zsolnay Verlag ein Lizenzrecht für alle Zeiten, verpflichtete sich aber, Etthofen den Betrag von Μ 1 000 zu zahlen, sobald das 251. Tausend des Bandes erschien. Zuguterletzt zahlte Zsolnay an den Autor weitere Μ 9 000 zur Erwerbung eines (nicht erschienenen) Werkes mit dem Titel »Das versunkene Russland« und zusätzliche Μ 9 000 in Form einer Abschlagszahlung an Amalthea, insgesamt also einen stattlichen Betrag. Nicht einmal zwei Monate nach dem Auflösungsvertrag vom Dezember 1931 lagen Fülöp-Miller und Zsolnay einander wieder in den Haaren. Fülöp-Miller bemühte sich auf eigene Faust um eine Lizenzausgabe seines »Jesuitenbuchs«. Er hegte ähnliche Vorstellungen wie seinerzeit Heinrich Mann: die Gewinne sollten privatisiert, die Investitionen hingegen »sozialisiert« werden, d.h. der Verlag sollte (draufzahlen. Er unterschrieb flugs einen Vertrag mit Knaur, um Zsolnay unter Druck zu setzen, und fürchtete, da Zsolnay nicht mitspielte, daß Droemer gegen ihn eine Schadenersatzklage anstrengen würde. Diese Aktion trug nicht gerade zu einer harmonischen Geschäftsbeziehung bei, und es dauerte nicht lange, bis die Verbindung auseinanderzubrechen drohte. Der Autor wollte so schnell wie möglich aus seinem Vertrag mit Zsolnay aussteigen, doch die Bedingungen für die Trennung mußten erst festgelegt werden. Autor und Verleger vertraten freilich gegenteilige Ansichten. Fülöp-Miller schaltete einen Vertreter, Lyonel Dunin, sowie gelegentlich auch seine Frau ein, für den Verlag stritten abwechselnd Paul Zsolnay, Felix Costa (dem der Autor »Animosität« vorwarf), Prokurist Stefan Halasz und Verlagssyndikus Dr. Paul Neumann. Gestritten bzw. verhandelt wurde in einer Wiener Buchhandlung, in den Räumen des Verlags und des Wiener P.E.N.-Clubs, übers Telefon, mittels Ferngesprächen, in Telegrammen und Briefen. Fülöp-Miller verbarg seine Wut über seinen Verleger, den er für einen Schurken hielt, vor Schriftstellerkollegen keineswegs. Als dieser Unmut Paul Zsolnay zu Ohren kam, sah er sich veranlaßt, den Fall vor das Schiedsgericht des Wiener P.E.N.-Clubs zu bringen. In einer schriftlichen Stellungnahme zum Fall »Paul Zsolnay gegen FülöpMiller wegen angeblicher Kreditschädigung« weigerte sich der Autor, die Kompetenz oder Zuständigkeit dieses Gremiums anzuerkennen, weil es laut Statuten nur über »Clubverhältnisse« bzw. Angelegenheiten des Clubs befinden dürfe und es sich im gegenständlichen Fall »um einen reinen Rechtsstreit zwischen Autor und Verleger« handle. Es sei, so Fülöp-Miller, »nicht Aufgabe des Pen-Clubs die kapi329
talistischen Interessen des Unternehmers gegenüber dem Schriftsteller zu wahren. Ebensowenig wie eine Ehrenbeleidigung zwischen Clubmitgliedern ausserhalb der Clubmitgliedschaft dem Schiedsgericht untersteht, ebensowenig unterstehen ihr materiellrechtliche oder andere Ansprüche«.24 Davon abgesehen, argumentierte Fülöp-Miller, sei »der gesetzliche Tatbestand einer Kreditschädigung nicht gegeben«, das Gesetz verlange, es müsse eine Behauptung sein, deren Unwahrheit geeignet sei, den Erwerb oder das berufliche Fortkommmen eines anderen zu schädigen und in einem »Druckwerk« erfolgen. Hier handle es sich um eine nichtöffentliche Mitteilung, und man werde doch mit Kollegen über Verlagsangelegenheiten reden dürfen. »Da ich jederzeit in der Lage bin die Wahrheit des von mir Vorgebrachten zu beweisen und ich überdies auch ein Interesse daran hatte mit anderen Schriftstellern über die Nichtzahlung meiner Honorare zu sprechen, eine Verbreitung in einem Druckwerk nicht erfolgte liegt kein wie immer gearteter Tatbestand einer Kreditschädigung vor.« (ebd.) Ein Anhaltspunkt dafür, daß Zsolnay seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkam, ließ sich allerdings nicht finden. Vielmehr wäre Fülöp-Miller besser beraten gewesen, seinen Vertrag etwas genauer zu studieren. Vor lauter Aufregung mußte sich der Autor in ein Sanatorium begeben. Es war ja zu unschönen Szenen gekommen. Fülöp-Miller wies »die unfairen Forderungen des Herrn Paul Zsolnay« zurück und sprach von den »rachsüchtigen Drohungen des Herrn Paul Zsolnay«.25 Es war die Gepflogenheit des Verlags, jedem Autor, der den Verlag verlassen wollte, dies zu gestatten, allerdings gegen gleichzeitigen selbstverständlichen Ersatz aller geleisteten Investitionen. Nur, den Autoren nach Monaten oder Jahren diese vertraglich eingegangenen Verpflichtungen einsichtig zu machen, gelang selten. Was machte der Paul Zsolnay Verlag mit den übernommenen Werken FülöpMillers? Im Rahmen des Generalvertrags konnten noch zwei Werke herausgebracht werden. Der heilige Teufel, von dem 30 000 Exemplare in erster Auflage bei Grethlein erschienen waren, kam am 27. August 1931 als Sonderausgabe zu Μ 3,75 auf den Markt. Vertragsgemäß legte man 50 000 auf, die sich dank der großen Propaganda in ca. sieben Wochen verkauften. Eine weitere Auflage von 50 000 im Oktober brachte den Gesamtstand auf 120 000, eine dritte von 50 000 im Februar 1932 auf 170 000. Danach flachte der Verkauf ab, d.h. in der Verlagssprache, er blieb »stationär«. Den Vorwurf des Autors im August 1938, der Absatz des »Rasputin« wäre sehr gering gewesen und das Buch vorzeitig »lahmgelegt« worden, was seiner Meinung nach »noch immer auf die alte Animosität Ihrer Herren von Zsolnay und Kosta gegen mich, zurückzuführen« sei, 26 ließ der Verlag nicht gelten. Der Absatz sei »in
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»Paul Zsolnay gegen Fülöp-Miller wegen angeblicher Kreditschädigung. Standpunkt FülöpMillers«, Ordner Fülöp-Miller. Die Schrift ist nicht datiert. »Telefonanruf im Auftrag von Fülöp-Miller«, 25.2.1932, ebd. Rene Fülöp-Miller an die Verlagsdirektion, 19.7.1938, ebd.
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den letzten Jahren ein stationär günstiger gewesen«.27 »Es wurden im Jahre 1934 1 306 Exemplare, 1935 1 477 Exemplare, 1936 1 506 Exemplare, 1937 1 526 Exemplare und 1938 bis 31. März 1 020 Exemplare von 'Rasputin' verkauft.« (ebd.) Im April 1936 war eine 4. Auflage (6 000) und im Juni eine 5. Auflage (6 800 = 176.-181. Tsd.) veranstaltet worden. Laut endgültigem Auflösungsvertrag vom 3. März 1932 hatte sich der Verlag zur kontinuierlichen Pflege des »Rasputin« verpflichtet: Wir wiederholen unsere loyale Erklärung, dass wir dem Rasputin-Buch in der Propaganda der Serie unserer Sonderausgaben die gleiche Sorgfalt und Intensität zuwenden werden wie zum Beispiel Ludwigs »Goethe« und »Bismarck« und Werfeis »Verdi«, das heisst dass entsprechend den buchhändlerischen Usancen die Propagandaaufwände für den Rasputin nicht hinter den Aufwänden für andere »Spitzenbücher« dieser Serie zurückbleiben werden, falls der Erfolg der Propaganda im Absatz auch weiterhin zum Ausdruck kommt. Mindestens während eines ganzen Jahres ist unter allen Umständen die Propagandalinie der oben beispielsweise angeführten Bücher auch für Rasputin einzuhalten.
Auf Grund von zwei Ausnahmebedingungen blieben Die Phantasiemaschine (erschienen November 1931 in einer Auflage von 5 000) und »Rasputin« im Verlagsprogramm. Nach den heftigen Streitigkeiten war es dem Autor »in Anbetracht der ganzen, für beide Teile doch so peinlichen und quälenden Situation« ein Bedürfnis, Frieden zu schließen.28 Es sei seine Überzeugung, schrieb er dem Verlag Ende Februar 1932, »dass eine gänzliche geschäftliche Trennung zwischen dem Verlag Zsolnay und mir die sicherste Gewähr dafür bietet, dass die menschlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten endlich entgiftet werden, und dass sowohl Herr von Zsolnay als auch ich wieder in Frieden zu unserer Arbeit zurückkehren können. Es wird dann keinerlei Anlass zu Reibungen, Meinungsverschiedenheiten und Aufregungen irgendwelcher Art mehr geben, und diesen Zustand strebe ich ebenso ehrlich an, wie ich dies von Ihrer Seite voraussetze«, (ebd.) Nach langem hin und her kam auch endlich am 4. März 1932 der endgültige Vertrag zwischen dem Zsolnay Verlag und Knaur zustande. Zsolnay verkaufte die Rechte und Restbestände von Macht und Geheimnis der Jesuiten zum Preis von S 18 500. Der Verkauf der Werke Fülöp-Millers auf dem deutschen Markt wurde im großen und ganzen nicht beeinträchtigt. Erst die Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums vom Jahre 1938 führt Lenin und Gandhi (1927) an. Die Korrespondenz anläßlich eines Streits im Jahre 1936 mit Etthofen, der dem Zsolnay Verlag den vollkommen haltlosen Vorwurf machte, Rasputin wäre »durch einen Akt der Willkür aus dem Buchhandel verschwunden«, informiert über die tatsächlichen Verhältnisse in Deutschland. Costa resümiert:
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Verlagsdirektion an Fülöp-Miller, 3.8.1938, ebd. Fülöp-Miller an den Verlag, 29.2.1932, ebd. 331
Die Tatsache der Neuauflagen spricht wohl deutlich genug, dass von einem Verschwinden des Werkes aus dem Buchhandel und von willkürlichen Akten des Verlages nicht die Rede sein kann. Das Buch ist in Deutschland nicht verboten, obwohl sein Inhalt sicherlich nicht dem neuen Deutschland entspricht und obwohl die Persönlichkeit des Autors vielleicht nicht unbestritten erscheint. Ich erinnere mich aber - leider habe ich die Nachweise nicht zur Hand - , dass gelegentliche Beschlagnahmungen bei der oder jener Buchhandlung in der oder jener Stadt stattgefunden haben, wobei es natürlich möglich ist, dass bei diesen lokalen Eingriffen die Tatsache, dass es sich um ein russisches Buch handelt, genügt haben mag. Wie dem aber auch sei, ich persönlich bin unbedingt der Meinung und teile diese meine Meinung auch Dir vertraulich mit, dass irgendeine gross aufgezogene Propaganda seit Januar 1933 dem Buch hätte zum Verderben gereichen müssen. 2 9
Nach der Sonderausgabe von Macht und Geheimnis der Jesuiten bei Knaur, ließ Fülöp-Miller vor 1938 diverse Werke bei Bruckmann in München, Rascher in Zürich und beim Herbert Reichner Verlag in Wien erscheinen. Fülöp-Millers Die Phantasiemaschine wurde im Jahre 1940 beschlagnahmt: einer Mitteilung des Leipziger Kommissionsgeschäfts Volckmar an den Verlag zufolge befanden sich »bei mir noch 898 Exemplare in Leinen und 55 broschierte Stücke unter polizeilichem Siegel«. Diese durften erst freigegeben werden, wenn Zsolnay einen ausländischen Abnehmer namhaft mache. 30
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Felix Costa an Rechtsanwalt Dr. Paul Neumann, 22.8.1936, ebd.
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Volckmar an den Zsolnay Verlag, 16.2.1940, ebd.
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19. Österreichische Autoren
Gewöhnlich wird in Darstellungen, die nach dem Zweiten Weltkrieg verfaßt wurden, darauf hingewiesen, daß der Paul Zsolnay Verlag in der Zwischenkriegszeit vorwiegend junge österreichische Autoren aktiv förderte. Daß solche im Verlagsprogramm vertreten waren, ist ein Faktum, doch muß man, ohne seine Verdienste zu schmälern, das Programm aus einer Gesamtperspektive sehen. Der Verleger Paul Zsolnay unterschied kaum zwischen »österreichischen« und »deutschen« Autoren und suchte sie auch nicht auf Grund ihrer Staatsbürgerschaft aus. Auf zwei heimische Schriftsteller - Egmont Colerus und Walther Eidlitz - wurde bereits hingewiesen. Beide waren schon seit 1924 im Verlag, 1925 kam Paul Frischauer hinzu, 1926 der mährische Novellist Oskar Jellinek, dann 1929 Grete von Urbanitzky und Ernst Lothar sowie 1930 der Wiener Lehrer Andreas Thom und der aus Berlin stammende Wahlösterreicher Heinrich Eduard Jacob. Im Jahr 1929 kam es zu ersten Kontakten mit dem gebürtigen Prager Leo Perutz.
19.1. Egmont Colerus Egmont Colerus wurde 1888 in Linz als Sohn des österreichischen Pionieroffiziers Egmont Colerus von Geldern geboren. Er begann seine schriftstellerische Karriere beim Ed. Strache Verlag mit dem Roman Antarktis, übersiedelte anschließend zum kurzlebigen ILF-Verlag, dessen Geschäftsführer Felix Costa hieß, folgte diesem zum Rikola Verlag, als ILF von Richard Kola aufgekauft wurde, und begleitete Costa zum Paul Zsolnay Verlag, wo er auch heute noch im Verlagsprogramm ist.1 Colerus promovierte mit 22 Jahren zum Doktor der Rechte und war darauf in verschiedenen Berufen tätig. Zehn Jahre lang unterrichtete er Staatswissenschaften an einer Privat-Rechtsschule, war im Krieg dem Militärgericht Wien zugeteilt, trat 1922 in den Dienst des Bundesamts für Statistik in Wien ein, wo er bis zu seinem unerwarteten Tod im Frühjahr 1939 beschäftigt war. Nach seinem Erstlingswerk Antarktis, welches vom Ilf-Verlag übernommen worden war, verpflichtete sich Colerus, dem neuen Verlag dessen Fortsetzung, den Roman »Der heiligste Krieg«, erstanzubieten. Ein Jahr später, im Dezember 1920 kam es zwischen Colerus und dem Ilf-Verlag zum Abschluß einer Art Generalvertrag, laut dem der Autor sich verpflichtete, dem Verlag seine »sämtlichen literari-
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Dazu Hall: Österreichische
Verlagsgeschichte,
Band II, S. 387.
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sehen Werke [...] in Vorhand zur Vorlage anzubieten«,2 namentlich die Werke »Behemoth. Roman«, »Der lachende Faust«, »Geist wider Fleisch«, »Zwischen Chaos und Wahnsinn, Probleme einer Philosophie des Ewigen«. Als der Ilf-Verlag vom Rikola Verlag übernommen wurde, erschienen wieder ein paar neue Werke, u.a. Der weiße Magier, bis gegen Ende 1923 die große Verlags-A.G. vor der Pleite stand. Colerus verließ Rikola, und der 1920 vom Ilf-Verlag erworbene »Behemoth«-Roman erschien 1924 in Robert Müllers Atlantischem Verlag u.d.T. Und wieder wandert Behemoth. Ein Spätzeitroman. Kaum war dieser Verlag pleite gegangen, landete Colerus wieder bei Felix Costa, dem literarischen Direktor des Zsolnay Verlags. Zwischen dem 26. September 1924 - an diesem Tag erschien als 9. Verlagswerk der Colerus-Roman Pythagoras - und dem 28. September 1939 (Colerus starb am 6. April dieses Jahres) kam genau ein Dutzend Werke bei Zsolnay heraus. Drei Viertel dieser Titel waren im weiteren Sinn literarischer Natur, während seine bis heute anhaltende Popularität auf den »mathematischen Werken« beruht. Sieben seiner Bücher erreichten Auflagen von mindestens 20 000 Exemplaren, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Wenig erfolgreich hingegen war das Debütwerk bei Zsolnay, Pythagoras (1924), das erst nach 12 Jahren - also 1936 - ein zweites Mal in einer Auflage von 5 000 Exemplaren neuaufgelegt wurde. 1926, als sein zweites Werk im Zsolnay Verlag erschien, unterzeichnete Colerus einen unbefristeten General vertrag, durch den er mit seiner gesamten Produktion an den Verlag gebunden war und der dem Autor ein Honorar von 15% garantierte. 3 »Der Roman zweier Welten« Marco Polo (1926) wurde nicht gleich ein Erfolg. Nach der Erstauflage (5 000) kurbelte man den Verkauf durch die Veranstaltung einer »Sonderausgabe« Anfang 1935 zu Μ 3,75 an und legte 10 000 Exemplare auf. Im Oktober 1938 war der Stand von 30 000 erreicht. Von 1927 bis 1929 kam jährlich je ein neues Werk heraus. Das Drama Politik (erschienen am 22.9.1927 in einer Auflage von 4 000), der Roman Die neue Rasse (erschienen am 17.9.1928 in einer Auflage von 10 000) sowie der Roman Kaufherr und Krämer (erschienen am 12.9.1928 in einer Auflage von 8 000) blieben allesamt Ladenhüter. Colerus nahm daher von einer Fortsetzung seines Roman-Zyklus Abstand und plante stattdessen ein Romanwerk mit dem vorläufigen Titel »Der Reaktionär«, für das er weiterhin vom Verlag eine Monatsrente erhielt. 4 Bücher haben bekanntlich ihre Schicksale, der nächste Roman von Egmont Colerus auch. Matthias Werner oder Die Zeitkrankheit kam am 7. April 1932 (1.6.Tsd.) auf den Markt, verkaufte sich nicht besonders gut und fiel auch sonst nicht 2
Vertrag vom 9.12.1920, Nachlaß Colerus, Privatbesitz Perchtoldsdorf. Für die Möglichkeit, in den Nachlaß ihres Vaters Einblick nehmen zu dürfen, bin ich Frau Monika Skidelsky, Perchtoldsdorf, zu Dank verpflichtet.
3
Das Abkommen wurde am 11.12.1936 fortan auf Wunsch Colerus' auf sechs Jahre befristet. (Abschrift des Vertrags im Nachlaß Colerus).
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»Besprechung mit Dr. Colerus, Wien, 27.III. 1930«, Ordner Colerus. Bis auf Einzelstücke fehlen im Verlagsarchiv alle Unterlagen vor 1938.
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auf, zumindest zu Lebzeiten des Autors. Mehr als elf Jahre nach seinem Erscheinen wurden auf einmal Restbestände des Romans von der Gestapo beschlagnahmt - und zwar in der Verlagsfiliale in Berlin und anschließend beim Kommissionär Volckmar in Leipzig. Zuguterletzt ließ die Druckerei Kiesel in Salzburg ihre Bestände vernichten. In einem Schreiben vom 15. April 1944 an die Witwe des Autors eröffnete der Verleger Karl H. Bischoff, daß das Buch ihres Mannes »vom Schicksal ereilt und auf die Liste des unerwünschten Schrifttums gesetzt worden« sei.5 Man war nämlich mit gebührender Verspätung darauf gekommen, daß dieser Roman eine Gefährdung für die deutsche Jugend darstellte. Bischoff tröstete Frau Colerus mit der Feststellung, daß an eine Neuauflage in absehbarer Zeit sowieso nicht hätte gedacht werden können und Matthias Werner außerdem nicht zu den »entscheidend wichtigen Werken« des Egmont Colerus gehöre. Man wollte diesen Fall daher, so Bischoff, »nicht zu tragisch nehmen«. Daß das Verbot des Romans nicht publik wurde - und eine solche Maßnahme bei einem sonst untadeligen Autor hätte wohl auf den Büchermarkt beunruhigend gewirkt - geht auf die Initiative des ehemaligen RSK-Referenten Bischoff zurück: »Ich habe nur gebeten, dass von einer Veröffentlichung abgesehen wird. Dies ist auch zugestanden worden mit dem Zusatz, dass man natürlich nicht gegen Ihren Gatten etwas unternehmen will oder wollte und dass die Entscheidung auch lediglich deshalb getroffen wurde, um zu verhindern, dass das Buch in die Hände von jüngeren Menschen kommt, für die es nicht geeignet sei.« (ebd.) Den eigentlichen Durchbruch als Schriftsteller errang Colerus erst 1934 mit zwei Publikationen, wobei man nur im Fall von Leibniz. Der Lebensroman eines weltumspannenden Geistes (1. Aufl., April 1934, 5 000 Ex.) auch von einem »konjunkturellen« Erfolg sprechen kann. Während bis Februar 1938 der Zsolnay Verlag 15 000 Exemplare verkaufte, kletterte die Auflage bis April 1944 auf stattliche 38 000. Paul Zsolnay war das Erscheinen des Werks gerade im Jahre 1934 sehr gelegen, denn er hatte alle Hände voll zu tun, um sich und den Verlag gegen Denunziationen und sonstige Angriffe in der Öffentlichkeit in Schutz zu nehmen. Einer der prominentesten Angreifer war Will Vesper in der Zeitschrift Die neue Literatur. Zsolnay nahm die Invektiven Vespers gar zum Anlaß, mit ihm in briefliche Verbindung zu treten, um den Vorwurf »Judenverlag« zu entkräften. Daß dieses Unterfangen vergeblich war und Zsolnay den kürzeren zog, überrascht nicht. Bereits einen Tag nach dem Erscheinen von Leibniz überreichte Zsolnay Vesper ein Exemplar des Romans, eine Woche darauf schrieb Zsolnay erneut, um Vesper ein soeben erschienenes Urteil eines berühmten deutschen Leibniz-Forschers zu übermitteln, das deutlich zeigte, wie die Wissenschaft zu diesem neuen Verlagswerk Stellung nahm.6 Die Bemühungen Zsolnays, von denen auch später die Rede sein soll, Vesper für seinen »deutschen« Verlag in Wien zu gewinnen, blieben fruchtlos. 5 6
Karl H. Bischoff an Bianca von Colerus, 15.4.1944, Ordner Colerus. Siehe den Brief Paul Zsolnay an Will Vesper, 5.5.1934. DLA Marbach, Nachlaß Will Vesper. Im Verlagsarchiv konnte keinerlei Korrespondenz Zsolnays mit Vesper gefunden werden. Alle
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Colerus maß seinem Leibniz-Roman in späteren Jahren einen besonderen Stellenwert bei, nämlich zu dem Zeitpunkt, als er in einem im Mai 1938 gestellten Ansuchen um Aufnahme in die N.S.D.A.P. bei der Auflistung seiner Tätigkeit für diese Bewegung in Österreich während der Verbotszeit (1933-1938) ausdrücklich auf diesen Roman hinwies. Leibniz wurde 1934 von der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums eine Empfehlung (Nr. 6750) zuteil, was bei einem im Zsolnay Verlag erschienenen Werk höchst selten vorkam, dem Grazer Leopold Stocker Verlag jedoch öfter zuteil wurde. Seinem offiziellen Ansuchen legte Egmont Colerus eine eigenhändige, sieben Seiten umfassende Schrift mit dem Titel »Mein Lebensweg als Deutscher« (datiert 11. April 1938)7 zur Unterstützung seines Antrags bei. Diese Art von zweckgebundenen autobiographischen Bekenntnissen war und ist unter österreichischen Autoren - man kann es ohne weiteres auch auf Buchhändler und Verleger ausdehnen keine Seltenheit. Grundsätzlich muß man bei der Bewertung solcher Zeugnisse, die von Legendenbildung in eigener Sache nicht freizusprechen sind, heute manches »cum grano salis« nehmen und nicht übersehen, wann, wofür und für wen sie geschrieben wurden. Solche Selbststilisierungen waren oft nur dazu bestimmt, die eigene Haut zu retten und von den Pfründen der Gemeinschaft nicht ausgeschlossen zu werden. Diese Bekenntnisse waren, als sie vereinzelt nach 1945 ausgegraben wurden, gelegentlich über allen Maße peinlich, umsomehr als die Verfasser sie ja komplett »vergessen« hatten. 8 Hatte es 1938 oder gar früher in einem »Lebenslauf« geheißen, man hätte schon in der Wiege den völkischen Gedanken hochgehalten, sah die Autobiographie nun grundlegend anders aus: man habe nun den Nationalsozialismus jahrelang, so gut es ging, scharf bekämpft. 9 Zudem wurde je-
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weitere Korrespondenz zwischen Zsolnay und Vesper im Nachlaß des Schriftstellers stammt aus den Jahren 1941-1943. BDC, Personalakt Egmont Colerus. Dazu gehören natürlich öffentliche Ergebenheitsadressen zur Heimkehr der Ostmark. Wenige Wochen vor seinem Tod steuerte Colerus einen Beitrag zum Thema »Ostmärkische Dichter zum ersten Jahrestag der Heimkehr ins Reich« (Neues Wiener Tagblatt, 12.3.1939, S. 38) bei. Die zweideutige Überschrift seiner Ausführungen: »Stahlharter Wille überzeugt alle«. Darin heißt es u.a.: »Es ist der Nationalsozialismus, der all dies erschuf, dem wir an dieser und jener Stelle, bei dieser oder jener Gelegenheit dienen. [...] Denn er ist das konforme Abbild des Lebens selbst, ist eine derart abgründig tiefe und dabei unvorstellbar selbstverständliche Verwirklichung der letzten Träume der deutschen Rassenseele, daß es jedem, der ihm dienen will, täglich mehr zum Bewußtsein kommt, er stehe erst am Beginn und die Ewigkeit breite sich glitzernd und ahnungsschwer vor ihm aus. Und während es eine gepriesene Wahrheit, ein zerstörender Machtwunsch der Marxisten war, daß alle Räder stillstehen, wenn es ihr 'starker Arm' wolle, so ist es unsre aufbauwillige Weisheit, daß sich alle Räder, reibungslos und herrlich ineinander greifend, zu bewegen beginnen, wenn der stärkste Geist, der Geist des Führers und seiner Bewegung, es will.« Andere Beiträger sind Max Meli, Mirko Jelusich, Richard Billinger und Bruno Brehm. Zu dieser kurzlebigen Nachkriegsdiskussion siehe die Arbeit des Verf.: Entnazifizierung in Buchhandel und Verlagen. In: S. Meissl, K.-D. Mulley, O. Rathkolb (Hrsg.): Verdrängte
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der noch so winzige Streit mit der »Partei«, jede leise Kritik in einer NS-Zeitung, jede Ablehnung eines Mitgliedsantrags als angebliche »Entlastung« vorgebracht, nach dem Motto »Ein Leben im Widerstand«. Eine Konfrontation Colerus' mit seiner Bekenntnisschrift nach dem Zusammenbruch Hitlerdeutschlands konnte nicht stattfinden. Zum Punkt »Angaben des Antragstellers über sonstige Tätigkeit für die NSDAP.« schrieb Colerus wörtlich: »2. Nationale schriftstellerische Tätigkeit im großdeutschen Sinn; insbesondere mein 'Leibniz-Werk', (ausgezeichnet von der Reichsstelle zur Förderung d. deutschen Schrifttums 1934).«10 Im Nachtrag heißt es expliziter über »einige kleine Verdienste um die Bewegung«: Mein »Leibniz« Roman, den ich mit Aufgebot der letzten Kräfte nach schwerer Erkrankung schuf, hat die »Empfehlung der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums« erhalten (Zahl 6750) und wurde dort als besonders wertvolle Auslandspropaganda für das damals speziell kulturell verunglimpfte Deutschland gewertet. Ich wurde auch von der Schweizer Freimaurerei wild angegriffen. 11
Obwohl Colerus Tat über Tat im Namen der Bewegung anführen konnte und schon nach eigener Angabe »seit 1902, in welchem Jahre ich auf der Insel Rügen weilte, großdeutscher Gesinnung« gewesen und im Herbst 1932 »bereits überzeugter weltanschaulicher Nationalsozialist« war, wurde der Antrag auf Mitgliedschaft der N.S.D.A.P. post mortem abgelehnt, weil Colerus noch nie Mitglied der Partei gewesen war und auch »eine ausreichende illegale Betätigung nicht nachweisen« konnte. 12 Colerus, der die Mitgliedschaft vor 1938 möglicherweise deshalb nicht beantragte, weil er Angst hatte, seinen Posten im Bundesdienst zu verlieren, agierte im nationalen Sinn sozusagen von der Seitenlinie aus. In seiner zitierten Autobiographie nimmt Colerus für sich in Anspruch, die »Sprengung« des Wiener P.E.N.Clubs im Jahre 1933 initiiert und bei der »Eroberung« (Colerus) des Zsolnay Verlags zugunsten der heimischen Nationalen eine wesentliche Rolle gespielt zu haben. Den größten Anklang über die Jahrzehnte hinweg - und zwar völlig unabhängig von der allfälligen deutschnationalen Gesinnung des Autors - fanden die populärwissenschaftlichen Bücher über die Mathematik. 1934 und 1935 erschienen gleich zwei solche Werke. Sie brachten dem Autor nicht nur ansehnliche Honorare für die deutschen Ausgaben, sondern sicherten ihm beträchtliche Einnahmen aus der Vergabe von Übersetzungsrechten. Vom Einmaleins zum Integral. Mathematik für Jedermann, das 1934 auf den Markt kam, mußte beinahe jährlich neu aufgelegt werden, desgleichen Vom Punkt zur vierten Dimension aus dem folgenden Jahr. Bis zum Anschluß hatte es »lxl« auf 37 000 Exemplare gebracht, gegen Kriegsende
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Schuld, verfehlte Sühne. Entnazifizierung in Österreich. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 1986, S. 230-253. Berlin Document Center, Personalakt Egmont Colerus. Eigenh. Antrag vom 23. Mai 1938. Dazu die eigenhändige, sieben Seiten umfassende Schrift »Mein Lebensweg als Deutscher« vom 11. April 1938, ebd. Beschluß der NSDAP Gau Wien vom 25. Juli 1940, ebd.
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stieg die Auflage - obwohl durch die Papierknappheit behindert - auf über 90 000. Die Anziehungskraft dieser Werke gerade und vor allem in den Kriegsjahren geht nicht nur aus den Anträgen an das Propagandaministerium um Genehmigung zur Vergebung von Verlagsrechten ins Ausland hervor. Der Verlag konnte nicht jene Papiermengen bekommen, die notwendig gewesen wären, die ständige Nachfrage zu befriedigen. Anläßlich eines Antrags von Bischoff an das Propagandaministerium im November 1941 - der Verlag hatte gerade im Juli 22 300 Exemplare aufgelegt ( = 46.-65.Tsd.) - klagte der Verleger in Wien über die Schwierigkeiten, einen Auftrag bezüglich des Werkes Von Einmal Eins auszuführen: Dieses Werk von Colerus wird übrigens wie auch alle anderen mathematischen Werke des Verfassers von der Front ständig verlangt. Es handelt sich um eine besonders geschickte und geistvolle Einführung in die mathematischen Gesetze. Colerus besass hierfür eine einmalige und auch sehr schwer wiederholbare Begabung. Trotzdem viele der eben auch von der Front kommenden Aufträge nicht ausgeführt werden konnten, habe ich es vermieden, lediglich auf Grund vorhandener Wehrmachtsbestellungen wegen der Ablehnung der Papieranträge für Neuauflagen vorstellig zu werden, weil schliesslich auch auf andere Werke solche Bestellungen eingehen. Die Aufnahme des Buches in die für die Offizierslehrgänge an den Waffenschulen des Heeres bestimmte Liste beweist jedoch erneut die Wichtigkeit dieses Buches gerade für die Soldaten. Daher bitte ich, bei Neuanträgen auf Papiergenehmigungen berücksichtigen zu wollen, dass es sich bei den Colerus Büchern um Werke handelt, die gerade jetzt für die Front wichtig sind. 13
Einen ähnlichen Erfolg hatte Vom Punkt zur vierten Dimension. Geometrie für Jedermann. Von der eher bescheidenen Startauflage (4 000 Ex.) wuchs der Auflagenstand bis 1945 auf 39 000. Der Karl H. Bischoff Verlag veranstaltete 1942 »Dr. Goebbels-Spende« eine bestellte Sonderausgabe für die Wehrmacht (6 000 Ex.). 1936 ließ Colerus wieder ein Prosawerk erscheinen, die Novelle Geheimnis um Casanova, der 1937 ein neues Mathematikbuch folgte: Von Pythagoras bis Hilbert: Die Epochen der Mathematik und ihre Baumeister. Geschichte der Mathematik für Jedermann. Bis Kriegsende brachte es das Werk auf einen Auflagenstand von 26 000. Populär blieb Colerus mit einem weiteren Werk aus dem Bereich der Mathematik, das einige Monate nach seinem Tod herausgebracht werden konnte: Archimedes in Alexandrien. Erzählung. Auch von diesem Werk erschien eine Wehrmachtsausgabe im November 1944 (11.-15.Tsd.). Nach dem Zweiten Weltkrieg genossen die mathematischen Werke im Zsolnay Verlag ungeminderte Popularität und erreichten ansehnliche Auflagen.
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Karl H. Bischoff an das RMfVuP, 11.11.1941, Ordner Colerus.
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19.2. Grete von Urbanitzky Von allen österreichischen Autoren des Zsolnay Verlags in der Zwischenkriegszeit genießt die 1891 (nicht 1893, wie sie später anzugeben pflegte) in Linz geborene Lyrikerin und Romanschriftstellerin Grete von Urbanitzky zweifelsohne die übelste Nachrede. 14 In der Literaturgeschichte gebührt ihr nicht nur ein Platz als Gründerin und »Proponentin« des Wiener (später: Österreichischen) P.E.N.-Clubs - und über den Club wird die Verbindung zu Paul Zsolnay entstanden sein - sondern ihr kommt auch das Verdienst zu, durch ihr umstrittenes Verhalten beim XI. P.E.N.Club Kongreß in Ragusa im Mai 1933 die »Spaltung« der bislang überparteilichen Organisation wesentlich beeinflußt und die Hetze gegen abtrünnige, sogenannte deutschfeindliche (vorwiegend) österreichische Autoren im Reich initiiert zu haben. Ihr Werk ist wohl genauso widersprüchlich wie ihre Schriftstellerkarriere: sie war, etwas pointiert formuliert, Opfer und Täter des Regimes, wenn auch die Opferrolle, in die sie sich nach 1945 gern versetzte, der subjektiven Überlegung entspringt. 15 Obwohl ihre Aktionen jüdisch-liberale Autorenkollegen schädigten, hatte sie nach eigener Einschätzung »zu Juden ein ganz besondres Verhältnis«. So war sie nicht nur mit Paul Zsolnay, sondern auch mit Max Brod, Chaim Bloch, Felix Saiten und Siegfried Trebitsch eng befreundet. 16 Nach Kriegsende gelang es ihr jedenfalls nicht, wieder den Anschluß an den Literaturbetrieb zu finden. Urbanitzky begann ihre schriftstellerische Karriere im zarten Alter von 20 Jahren, als sie einen Märchen- und Novellenband im Xenien-Verlag unter dem Titel Sehnsucht erscheinen ließ. 1914 wendet sich die Autorin in einem Essayband Wenn die Weiber Menschen werden gegen den Feminismus, gegen die Frauen und gegen die Verweiblichung der Zeit. Ihr nächstes Werk legte Zeugnis ab für ihre weltanschauliche Position, die in einigen Punkten die der NS-Ideologie verblüffend ähnlich war. Von »Blut und Boden« fehlte nur die Verherrlichung der Scholle. Für das Jahr 1919 war ein Versbuch mit dem Titel »Vom Blut verirrt« angekündigt, aber dann offensichtlich nicht erschienen. In einem sehr freundlichen Porträt Urbanitzky s in der von ihr redigierten Zeitschrift Vierburgenland heißt es, aus diesem 14
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Siehe dazu Grete von Urbanitzky: Mein Lebenslauf, in: Von der Heide. Monatsschrift für Kultur und Leben (Temesvar), 10. Jg., 7. Heft, Juli 1918, S. 1-3. Da heißt es: »Ich wurde am 9. Juli 1891 in Linz an der Donau geboren.« Im Juni 1911 heiratete sie Leutnant Ludwig Woloßczuk, die Ehe wurde 1913 wieder geschieden. 1920 heiratete sie den Prokuristen Peter Passini. Auch diese Ehe wurde geschieden. Zur Biographie Urbanitzkys siehe Von der Heide, 5. Jg., 3. Heft, März 1913. Dazu Ursula Huber: Die Frau als »Künstlerin«. »Klugrednerei«? Fragen der weiblichen Identität und Macht in einigen Romanen Grete von Urbanitzkys. In: Zeitgeschichte (Wien), 16. Jahr, Heft 11/12, August/September 1989, S. 387-395. Eine ausführlichere Darstellung Hubers findet sich jetzt in: »Frau und doch kein Weib«. Zu Grete von Urbanitzky. Monographische Studie zur Frauenliteratur in der österreichischen Zwischenkriegszeit und im Nationalsozialismus, phil. Diss. Wien 1990. Urbanitzky an Karl Lembke, Durchschrift eines Briefes vom 10.2.1968, Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Nachlaß Grete von Urbanitzky.
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Buch spreche »die Not des Menschen unserer Zeit, der am Intellektualismus, an einem Übermaß an Analyse krankt und dessen Schöpferisches, sein Blut und sein Unbewußtes durch Grübeln und Zerlegen verschüttet zu werden droht«. 17 Anfang 1920 heiratete sie Peter Passini, zog es aber vor, als Schriftstellerin ihren Mädchennamen »von Urbanitzky« beizubehalten. Es dauerte noch eine Zeit, bis die Autorin einen Stammverlag fand. Ihr erstes größeres Prosawerk - der Roman Das andere Blut (1920) - griff nun das Thema der verderblichen Rassenmischung auf und schilderte den Charakter des Mischlings arischer und jüdischer Rasse. Urbanitzky hatte somit mehrere Verleger, darunter Rainer Wunderlich und H. Haessel in Leipzig und der Wila-Verlag in Wien, bis sie 1930 mit Zsolnay handelseins wurde. In den 20er Jahren war sie als Zeitschriftenherausgeberin (u.a. Roman der Millionen. Illustrierte Zeitschrift, Wien 1924/25) und Literaturkritikerin (Leiterin der wöchentlich erscheinenden Rubrik »Was soll man lesen?« beim liberalen Blatt Der Tag, später beim Neuen Wiener Journal) sehr aktiv. Die erste Veröffentlichung Urbanitzkys im Zsolnay Verlag war der Roman »Gott und der Organisator«, doch verzögerte sich das Erscheinen mehr als eineinhalb Jahre, zumal der Verlag mehrmals Umarbeitungen verlangte. 18 Als er gegen Ende September 1931 in einer Erstauflage von 5 000 Exemplaren auf den Markt kam, hieß er nun Eine Frau erlebt die Welt.19 Bis Jänner 1932 kam es zu einer 2. und 3. Auflage (insgesamt 10 000). Durch Neuauflagen der normalen Ausgabe im August und November 1938 war der höchste Auflagenstand (17. Tsd.) endgültig erreicht. Weitaus erfolgreicher allerdings war eine Sonderausgabe des Werks, die im April 1934 herauskam und bis einschließlich 1938 neun Auflagen erlebte (Gesamtauflage: 65.-70.Tsd.). Urbanitzkys nächster Roman hieß Durch Himmel und Hölle und erschien im September 1932. Er erreichte in zwei Auflagen einen Stand von 8 000 Exemplaren. Der Roman Karin und die Welt der Männer, der im Oktober 1933 erschien, brachte es in drei Auflagen bis Ende 1934 auf 10 000 Exemplare. Wie bisher erhielt die Autorin ein Honorar von 15% des Ladenpreises vom broschierten Exemplar. Auch im Fall dieses Romans trug die Veranstaltung einer Sonderausgabe zur weiteren Verbreitung bei: zwischen Oktober 1936 und Dezember 1938 17
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Karl Straka: Grete Urbanitzky. In: Vierburgenland. Illustrierte Halbmonatsschrift fur Literatur, Kunst, Kritik und Humor (Wien), Jg. 1919, 5.-6. Doppelheft, S. 10. Paul Zsolnay an Urbanitzky, 28.6.1930. Die Korrespondenz zwischen Verlag und Autorin ist bis auf einige wenige Briefe verschollen. So heißt es in einem Schreiben des Verlags an die Autorin unter Beilage des Verlagsvertrags vom 3. April 1931: »Wir haben bei den freundschaftlichen Beziehungen, die zwischen Ihnen und unserem Verlag bestehen, es nicht für notwendig gefunden, in den Vertrag einen Passus aufzunehmen, demzufolge im gemeinsamen Einvernehmen mit Ihnen ein neuer Titel für Ihren Roman ausfindig gemacht werden soll und demzufolge Sie weiters Ihr Einverständnis damit erklären, dass einvernehmlich zwischen Ihnen und uns noch stilistische Änderungen, sprachliche Schleifungen und eventuelle Kürzungen vorgenommen werden. Der Ordnung halber wiederholen wir diese unsere mündliche Abmachung.«
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konnte der Zsolnay Verlag immerhin fast 20 000 Exemplare absetzen. Knapp bevor dieses Werk ausgeliefert wurde, dürfte die inzwischen von Wien ins Reich »geflüchtete« Urbanitzky unter Druck gestanden sein, ihrem Wiener Verlag den Rücken zu kehren. Wie aus einem Schreiben der Direktion vom 21. Oktober 1933 hervorgeht, scheint die Autorin auf eine Freigabe ihres neuen Buchs gedrängt zu haben, doch wäre dies, so der Verlag »für uns geschäftlich und literarisch ein kaum erträgliches Opfer. Jetzt, wo es uns gelungen ist, Ihren Büchern einen schönen und grossen Absatz zu sichern, jetzt, wo wir hoffen, durch die Herausgabe Ihres neuen Buches wiederum einen grossen Erfolg für Sie und uns zu erringen, sollen wir auf Ihr nächstes Buch verzichten, dessen Erfolg durch die bisherigen Erfolge und auch durch die Herausgabe eben des neuen Buches vorbereitet ist. Dürfen Sie von uns dieses Opfer verlangen? Diese Frage können nur Sie selbst beantworten«. 20 Der Verlag erhöhte seine Zahlungsbedingungen, und die Autorin dürfte eingewilligt haben. Auf Ursula und der Kapitän im September 1934 (Gesamtauflage 11 000) folgten nun im Juni 1935 Nina. Geschichte einer Fünfzehnjährigen (Gesamtauflage 8 000), im Oktober desselben Jahrs der Roman Heimkehr zur Liebe (Erstauflage 8 000), 1937 der Roman Begegnung in Alassio, 1938 Unsere liebe Frau von Paris (Erste und letzte Auflage: 6 000) und schließlich im Mai 1939 der Roman Das Mädchen Alexa. (Erstauflage 6 000). Als einziges ihrer vielen Romanwerke erlebte letzteres Buch während des Kriegs eine zweite Auflage. Das 7.-12.Tsd. kam im Jänner 1941 heraus. Im September 1941 traf Grete von Urbanitzky, die sich schon seit längerer Zeit nicht mehr im Reichsgebiet, sondern in Paris aufhielt, der Bannstrahl des Propagandaministeriums, zwar nicht zum ersten, aber doch zum letzten Mal. Schon im November 1934 hatten einzelne Wiener Zeitungen von der »beschlagnahmten Urbanitzky« genüßlich berichtet. So zitierte man eine Meldung aus Berlin, wonach über die Autorin und ihr Werk für ganz Preußen ein »Boykott« verhängt worden 21 und eine frühere Meldung, wonach nur der Roman Ursula und der Kapitän vom einem »Verbot« betroffen sei. Eine solche Maßnahme gegen den genannten Roman ließ sich allerdings anhand der Herstellkartei im Verlagsarchiv nicht verifizieren, und es dürfte sich eher um Wunschdenken ihrer Wiener Schriftstellerkollegen gehandelt haben. Andererseits ist in einem undatierten Blatt mit »Notizen zu einem Curriculum Vitae«22 aus dem Nachlaß Urbanitzkys, die nach 1945 entstanden sein dürften, von der Beschlagnahme eines Werkes und dem Verbot eines zweiten die Rede. Es sind dies zwei Werke, die tatsächlich in die Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums (Stand vom Oktober 1935) eingereiht wurden: der Roman über das Schicksal eines jüdischen Rebellen im 17. Jahr-
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Direktion an Grete von Urbanitzky, 21.10.1933. Die beschlagnahmte Urbanitzky. In: Das Echo (Wien), Jg. 1, Nr. 215, 5.11.1934, S. 2. Die autobiographische Skizze ist in vielen Bereichen »bereinigt« worden bzw. sehr selektiv. So fehlt unter den vielen aufgelisteten Romanveröffentlichungen z.B. Das andere Blut.
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hundert, Mirjams Sohn (Stuttgart: Engelhorn 1926), und Der wilde Garten (Leipzig: Hesse & Becker 1927). Urbanitzkys Wiener Kritiker hatten allen Grund, sich über deren scheinbar mißlungene »Anbiederung an den Nationalsozialismus« zu freuen und die Autorin als »ramponierte Nationalsozialistin« (ebd.) zu apostrophieren. Und sie hatten insofern recht, als der »Empfang« für die Autorin im Nazi-Reich und die Aufnahme ihrer Schriften sich keineswegs so gestaltete, wie sie es sich wohl vorgestellt haben wird. Die vorhin zitierten autobiographischen Notizen sprechen nämlich von einer »Verhaftung durch die Gestapo und Gefängnis«. Näheres dazu verrät Urbanitzky in einem Brief aus dem Jahre 1967 an Karl Lemke, der z.T. mit Vorsicht zu genießen ist. Urbanitzky, die sich - während des Kriegs in der sicheren Schweiz - nun abfällig über manche Kollegen, die emigrieren konnten, äußert und sich nun - so die Autorin - als »Märtyrer« aufspielen würden, 23 möchte Lemke gegenüber glaubhaft machen, daß ihre Bücher 1933 gar den Flammen der Studenten zum Opfer gefallen waren und daß sie »dann« wieder schreiben durfte. Die neuen Bücher, so erzählt sie, seien aber von der NS-Presse scharf angegriffen worden 24 und durften nicht in die Auslagen. Dann schreibt sie: »Schliesslich - habe ich Dir das nicht erzählt? wurde ich auf Schloss Molchow bei Berlin verhaftet und sass mit Mia [ihrer Schwägerin] nach einem langen Verhör in der Albrechtskaserne im Alex. Verdacht des Hochverrats zu Gunsten Österreichs. [...] Ich entwarf trotzdem auf dem Alex ein neues Buch und behielt die Nerven. Es gäbe viel darüber zu erzählen - auch Amüsantes. Und ich blieb noch ein Jahr in Deutschland trotz allem. Erst dann ging ich nach Paris, von wo ich Ende Juli 39 in die Schweiz kam.« (ebd.) Vom Leben im Reich enttäuscht, machte die Autorin im Jahre 1936 Paris zu ihrem fixen Wohnsitz. Daß aber zu diesem Zeitpunkt, wie Urbanitzky behauptet, ihre »sämtlichen Bücher« natürlich »lange schon« verboten gewesen wären, entbehrt jeder Grundlage. In ihren autobiographischen Notizen schreibt sie nämlich: »Die Veröffentlichung meiner frankreichfreundlichen Bücher in der Schweiz hat dann zum Vorwurf des Hochverrats und zum Verbot meiner sämtlichen Bücher im Deutschen Reich gefühlt.« Die angesprochenen Publikationen haben ihr Ansehen im Reich gewiß nicht erhöht, doch war dies nicht der einzige Grund. Da sie ihren Wohnsitz außerhalb des Hoheitsgebietes des Deutschen Reiches verlegt hatte, war sie aus der Zuständigkeit ausgeschieden und durfte sich fortan nicht mehr als Mitglied der Reichsschrifttumskammer bezeichnen. Zum zweiten stand manches ihrer Bücher im Visier der deutschen Sittenrichter. Schon 1937 stellte die Reichszentrale zur Bekämpfung unzüchtiger Bilder, Schriften und Inserate in Berlin den Antrag auf Einreihung des Romans Durch Himmel und Hölle in die Liste 1 - mit Erfolg, wie man weiß.
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Durchschrift eines Briefs Urbanitzky an Karl Lemke vom 15.3.1967, Nachlaß Urbanitzky. Durchschrift eines Briefs Urbanitzky an Karl Lemke vom 6.2.1967, Nachlaß Urbanitzky. In der Tat wurde Karin und die Welt der Männer in der gleichgeschalteten Literarischen Welt vom 8.12.1933 eine vernichtende Kritik unterzogen.
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Doch der 1941 im Berner Scherz Verlag erschienene Roman Maliza, in dessen Mittelpunkt eine junge Jugoslawin steht, wurde ihr zum Verhängnis. In diesem Roman wollte sie nämlich die Stellung der Frau und Mutter zum Krieg darstellen. Das Büro der Sicherheitspolizei und des SD in Berlin ließen das Buch begutachten. Der Befund war für die Autorin vernichtend. Miliza, die Titelheldin, wolle ihren im Krieg geborenen Sohn zum Pazifisten erziehen. Die Darstellung der Kriegsereignisse, so befindet der gutachtende SS-Sturmbannführer, sei »deutschfeindlich« und die Autorin versuche »diese tendenziöse Haltung [...] dadurch zu tarnen, dass sie die politischen und militärischen Meldungen entweder durch den französischen Rundfunk oder durch die Presse bekanntwerden lässt«.25 Urbanitzky habe sich ferner »an die britisch-französischen Darstellungen« angelehnt. Aus dem Roman gehe hervor, daß die Verfasserin die politischen Ziele Deutschlands »entstellt« und ablehne, die politischen Forderungen Deutschlands »indirekt als ungerechtfertigt« zurückweise. Das inkriminierte Zitat lautet: »Wenn die Schweiz neuen Lebensraum sucht, den sie nicht allen ihren Söhnen bieten kann, dann sendet sie diese Söhne in die Welt, wo sie der Heimat neue Handelsverbindungen schaffen« (S. 164). Mit anderen Worten: im Unterschied zu Deutschland schaffe die Schweiz nicht »neuen Lebensraum«, indem sie einen Eroberungskrieg entfacht, und das war zu starker Tobak für den Gutachter. Das Gesamturteil über Maliza kommt nicht überraschend: »Es wird vorgeschlagen, die Schrift in die Liste I einzureihen und diese Massnahme gegebenenfalls auf alle Veröffentlichungen von Grete von Urbanitzky auszudehnen.« Am 15. September 1941 erschien im Reichsanzeiger die öffentliche Bekanntmachung, daß gemäß § 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 die Veröffentlichung sämtlicher Schriften von Grete von Urbanitzky im Inland bis auf weiteres verboten sei. 26 In diesem Licht steht die Autorin also einerseits als »enttäuschte Nationalsozialistin«, andererseits als »Antifaschistin«. Ihr ehemaliger Stammverlag in Wien, mit dem sie eine schriftliche Verbindung aufrechterhalten hatte und der noch im Jänner den Roman Das Mädchen Alexa neuaufgelegt hatte, mußte nun auch Konsequenzen ziehen. Der Treuhänder des Verlags, Wilhelm Hofmann, teilte der in Ascona lebenden Autorin im November abschließend mit: »Wir bedauern, dass durch Ihre Einstellung gegen das Deutsche Reich die Verbindung zwischen Ihnen und unserem Verlage ein Ende gefunden hat.«27 Ende 1942 wurden sämtliche Vorräte der Urbanitzky-Werke samt Rohbogen, Klischees, Umschlägen etc. auf Anordnung von Karl H. Bischoff vernichtet. Nach 1945 wurden die Schriften ins Verlagsprogramm nicht wieder aufgenommen. 25
BDC/RSK. Schreiben vom Chef der Sicherheitspolizei und des SD an das R M f V u P vom 26.6.1941.
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Reichsanzeiger,
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Schreiben vom 3.11.1941 (Verlagsarchiv).
Nr. 215, 15.9.1941, S. 1.
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Durch ihre Interventionen in Berlin in den 30er Jahren hatte sie d e m Verlag manch w i c h t i g e n Dienst geleistet, zumal der Verlag eine v o n der N . S . D . A . P . anerkannte Persönlichkeit vor Ort in Berlin brauchte, andererseits war ihr Ruf dort, w i e wir g e s e h e n haben, sehr früh umstritten.
19.3. Erwin H. Rainalter S c h o n nachdem Urbanitzky nach Paris übersiedelt war, wandte sich der literarische Direktor F e l i x Costa an einen z w e i t e n österreichischen Legionär in Berlin, den Schriftsteller und Redakteur des Völkischen
Beobachters
Erwin H. Rainalter. D e r
Partei beigetreten war Rainalter in W i e n am 1. April 1933 (Nr. 1 5 2 9 3 2 3 ) , er war aber bereits seit August 1932 förderndes Mitglied der SS. Während seiner Parteikarriere und bis zur Entlassung w e g e n Krankheit 1943 brachte es Rainalter auf den Rang eines Sturmführers. Seine Interventionen zugunsten des verfemten Wiener Verlags in der Reichshauptstadt waren z u g l e i c h Akte der Selbstverteidigung. Er schien daher der richtige Mann, an den Costa eine »Bitte« herantragen konnte. D i e s e Bitte sagt einiges über den »Kurswert« der Zsolnay-Autorin Urbanitzky im Reich im Herbst 1936 aus: Ich hörte schon wiederholt, dass die Sympathien für Frau von Urbanitzky im deutschen Reich abgenommen haben, auch konnte man des öfteren über die Bücher der Frau von Urbanitzky schlechte Kritiken lesen. Ich habe diese Gerüchte und auch die Tatsache der schlechten Besprechungen nicht allzu ernst genommen und für vorübergehende Erscheinungen gehalten. Nun aber habe ich das Gefühl, dass sich gewisse Dinge verdichten und dass es vielleicht an der Zeit ist, die Bemühungen, Frau von Urbanitzky zu schaden, die sicherlich nicht von autoritativer Seite ausgehen, wenn möglich zu durchkreuzen. Es wurde uns z.B. bekannt, dass in München der Obmann des Leihbücherei-Wesens das Werk »Karin und die Welt der Männer« von Grete von Urbanitzky, von dem wir in wenigen Tagen eine Sonderausgabe zu Μ 2.85 herausbringen, beanständet und den Einzug aus den Leihbüchereien verfügt hat. Man legt uns nahe, uns an die Fachschaft Leihbücherei im Bund der reichsdeutschen Buchhändler zu wenden, weil man an ein eigenmächtiges Vorgehen glaubt. Ich brauche wohl nicht zu sagen, dass so eine Beschwerde für uns keine leichte Sache ist und darum frage ich bei Ihnen an, ob Sie nicht die besondere Güte haben wollten, sich dieses Falles anzunehmen. Vielleicht ist Herr Lienhardt, der ja in der Reichsschrifttumskammer sitzt und von dem ich weiss, dass er zumindest vor Jahren mit Frau von Urbanitzky gut war, bereit, etwas für sie zu tun, damit diese Beunruhigungen, die leider Gottes immer mehr um sich greifen, aufhören können. Auch von Leipzig kam mir ein unkontrollierbares Gerücht zu, dass »Eine Frau erlebt die Welt« in einer Buchhandlung beschlagnahmt worden sein soll. Es war mir nicht möglich, eine Bestätigung des Falles zu erlangen. Meine Bitte an Sie, sehr verehrter Herr Rainalter, geht nun dahin, mir gütigst zu sagen, ob Sie eine Intervention für Frau von Urbanitzky unternehmen wollen und können, oder aber, ob unsererseits irgendetwas versucht werden soll und kann, um ihr zu helfen. 28
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Costa an Rainalter, 13.10.1936, Ordner Rainalter.
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Rainalter konnte Costas Eindrücke nicht zerstreuen, aber mit einem Boykott ihrer Bücher sah es nicht so schlimm aus. Im übrigen wollte er sich nicht exponieren: Sie schreiben mir Ihre Schmerzen wegen Grete von Urbanitzky und bitten mich um meine Intervention. Wie herzlich gerne täte ich Ihnen diesen erbetenen Dienst. Aber in den zwei Jahren meines Hierseins bin ich daraufgekommen, dass man wenig Glück hat, wenn man wegen Frau U. zu irgendjemandem spricht. Sie scheint sich - ich will das ganz ehrlich sagen - hier sehr unbeliebt gemacht zu haben. Aus eigenem, weil ich sie in ihrer Art schätze, habe ich wiederholt diese Stimmung zu bessern versucht - es war immer vergebens. Andrerseits aber: man sieht hier in allen Buchhandlungen ihre Bücher. Neulich - vor etwa drei Wochen - war ich in Hameln, Bad Pyrmont und Detmold, und auch dort lagen sie überall aus. Tatsächlich also hat man gegen sie nichts unternommen. Und wenn örtlich gegen sie etwas verfügt wird, so liegt das gewiss nicht in einem grossen und einheitlichen Konzept, sondern ist eben wirklich nur örtlich beschränkt. Der Leiter eines der grössten Verlage in Leipzig hat mir vor kurzem gesagt, dass auch ihm ununterbrochen Ähnliches und Gleiches geschieht. Allzuviel Bedeutung dürften Sie, meines Erachtens, solchen Extraaktionen nicht beimessen. Ich glaube nun, lieber Herr Costa, dass ich, der dies aus eigenem Antrieb schon wiederholt vergeblich versuchte, auch diesmal wenig Glück haben würde, wenn ich für Frau von U. intervenieren wollte. Vielleicht hätten Sie, als Vertreter des Verlages, mehr Erfolg. Obgleich, wie gesagt, eine unmittelbare Gefahr gewiss nicht besteht und es sich zweifellos nur um lokale Zwischenfalle handelt. 2 9
So wurde Rainalter nicht aktiv, möglicherweise weil er sich nicht in die Nesseln setzen wollte. Neben Grete von Urbanitzky hat Paul Zsolnay vor 1933 auch die Werke eines Wiener Schriftstellers und Journalisten, der der österreichischen Arbeiterbewegung nahestand, verlegt, des heute zu Unrecht vergessenen Stefan Grossmann (18751935).
19.4. Stefan Grossmann Grossmann war »ein typischer Fall des assimilierten Judentums« im damaligen Wien. 30 Er bezeichnete sich nur als Jude, wenn man ihn danach fragte. Er war mit allen Talenten des jungen Wien bekannt oder befreundet, wie Peter Altenberg, Lina Loos, Alfred Polgar und Hermann Bahr - ein eher gespanntes Verhältnis verband ihn allerdings mit Arthur Schnitzler - und publizierte frühe Werke im Wiener Verlag. 1904 wurde er Redakteur beim offiziellen Organ der österreichischen Sozialdemokratie, der Arbeiter Zeitung, und gründete 1906 die »Freie Wiener Volksbühne«. 1912 verließ er die sozialdemokratische Partei und Wien und ging nach Berlin, wo er von 1913 bis 1919 als Theaterkritiker und Feuilletonredakteur der Vossischen Zeitung arbeitete. In Berlin erschien bei Ullstein der Roman Die Partei 29
Rainalter an Costa, 24.10.1936, ebd.
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Christina Wesemann: Stefan Grossmann. In: PARNASS (Linz), Jg. II, Heft 1, 1982, S. 70-73. Hier S. 71.
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(1919). Im folgenden Jahr gründete er die Wochenschrift Das Tage-Buch und gab sie ab 1922 gemeinsam mit Leopold Schwarzschild heraus. Von seinen Buchveröffentlichungen erschienen kaum zwei Werke im selben Verlag. So wanderte Grossmann von Oesterheld & Co. zu Gurlitt, von dort zu Ullstein, vom Drei Masken Verlag zu Propyläen und dann weiter zu Paul Zsolnay. Zuguterletzt erschien ein Buch bei S. Fischer. Die spärlich erhaltene Korrespondenz zwischen Grossmann und Zsolnay - der Briefordner ist verschollen - zeigt, daß der Autor mehr als bloß zwei Werke im Wiener Verlag herausbringen wollte. Vom 4. Juli 1927 stammt sein erster Vertrag über das Werk »Die Brüder«, das Anfang März 1928 als Chefredakteur Roth führt Krieg. Roman erscheinen wird. Für das Buch erhielt er ein für Zsolnay verhältnismäßig hohes Honorar, nämlich 17 Prozent. Der Anfangserfolg - drei Monate nach der Erstauflage von 5 000 Exemplaren wurden weitere 3 000 aufgelegt - ließ aber nach. In Wendungen, die der Verlag immer wieder gebrauchte, um einem Autor »schlechte Nachrichten« zu überbringen, hieß es in einem Brief an Grossmann vom Herbst 1932, man hätte die Freude gehabt, den Roman »zu einem großen literarischen Erfolg zu führen«. 31 »Leider aber ist der buchhändlerische Erfolg doch nicht so geworden, wie wir es erhofft hatten, sodass die zweite Auflage, die wir voreilig veranstaltet haben, noch zur Gänze unverkauft auf Lager liegt« (ebd.). Mit Zustimmung Grossmanns wurde der Roman in die Reihe der Bibliothek zeitgenössischer Werke aufgenommen, 32 aber schon im nächsten Jahr wurde er durch Singer in Berlin verramscht. Der Abverkauf kam einer Razzia im Leipziger Lager Zsolnays im März 1936 zuvor, als beide dort erschienenen Werke Grossmanns für Deutschland beschlagnahmt und eingezogen wurden. Chefredakteur Roth wurde neben zwei früheren Büchern in die Liste 1 (Stand vom Oktober 1935) eingereiht. Die Zusammenarbeit zwischen Zsolnay und Grossmann hätte an sich intensiver sein sollen, doch gesundheitliche und finanzielle Probleme des Autors verhinderten dies. Lediglich die Buchausgabe des Dramas Die beiden Adler konnte im Jahre 1931 noch erscheinen. In den wenigen erhaltenen Briefen ist mehrmals von einem »neuen Roman«, dann von einem »Novellenband« und schließlich von einem »Viktor Adler-Werk« (August 1931) die Rede. Ein Vertrag über das letztgenannte »Werk über Viktor Adler« vom Ende August 1931 wurde zwar aufgesetzt (vorgesehenes Honorar 17%, Erstauflage 5 000 Ex.), dann doch nicht unterzeichnet. Der Abgabetermin mußte mehrmals verlängert werden, Grossmann konnte aber das Manuskript seines 31
BZW (Costa) an Grossmann, Brief vom 19.10.1932, Vertragsmappe Grossmann. Die Mitteilung des Verlags stimmte auch. Laut Herstellkartei kamen 2 897 Exemplare der 2. Auflage vom 29.5.1928 am 17.11.1932 als BZW-Ausgabe in den Handel.
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Im einzigen erhaltenen Brief Grossmanns an den Verlag (Berlin, 21.10.1932) heißt es: »Ich bin damit einverstanden, dass Sie den 'Chefredakteur Roth' in Ihre billige Serie aufnehmen. Die Situation des Schriftstellers hat sich ja in dem letzten Jahr erheblich verschlechtert, und ich wäre Ihnen dankbar gewesen, wenn Sie einen anderen Verrechnungsmodus vorgeschlagen hätten.« (Vertragsmappe Grossmann)
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sich verschlechternden Gesundheitszustandes wegen nicht abliefern. Eine Herausgabe des »Novellenbands« hatte der Verlag mit dem Erscheinen des Viktor AdlerBuchs junktimiert und begründete sein Vorgehen folgendermaßen: Der entscheidende Grund für unseren Entschluss aber ist der, dass wir von Ihnen auf Grund unserer Wiener Besprechung ein grosses Werk erwarten und dass wir nach dem ersten Roman von Ihnen, den wir veröffentlichten, wieder mit einem Werk grösseren Formats auf den Plan treten möchten. Wir geben Ihnen daher diesen Novellenband, für den sich sicherlich viele Verleger interessieren werden, frei. 3 3
Einige Monate später wird die Entscheidung des Verlags noch einmal begründet: Ihrem Brief glaube ich entnehmen zu können, dass Sie ein besonders gutes Anbot auf Ihren Roman haben und kann es Ihnen in dieser schwierigen Zeit nicht verdenken, wenn Sie aus materiellen Erwägungen den Roman, der mit uns abgeschlossen worden ist, statt bei uns in einem anderen Verlag erscheinen lassen wollen. Da aber dadurch, wenigstens vorläufig, kein belletristisches Werk von Ihnen bei uns erscheinen würde, ist es für uns auch aus Prestigegründen nicht möglich, ein weniger importantes belletristisches Werk, nämlich Ihren Novellenband, herauszubringen. Wir müssen daher gleichzeitig mit dem Roman auch auf die Edierung des Novellenbandes verzichten. 3 4
Bei den Verhandlungen scheint eine Veröffentlichung der Autobiographie Grossmanns, nämlich Ich war begeistert. Eine Lebensgeschichte, die 1930 bei S. Fischer erschien, nie zur Debatte gestanden zu sein. Wie dem auch sei, dürfte Grossmann für den Zsolnay Verlag ein Verlustgeschäft gewesen sein.
19.5. Oskar Jellinek Mit Grossmann und vielen anderen teilte der gebürtige Brünner Oskar Jellinek (1886-1949) das Schicksal, in den 30er Jahren vom deutschen Buchmarkt ausgeschlossen zu werden. 35 Jellinek begann sein Jus-Studium 1904 an der Universität Wien, promovierte im Juli 1908 zum Dr.jur. und wurde 1910 zunächst Rechtspraktikant am Straflandesgericht Brünn. Im Februar 1918 bestand er die 33
Schreiben der Direktion an Grossmann, 3.3.1931, ebd.
34
Schreiben der Direktion an Grossmann, 28.8.1931, ebd.
35
1938 publizierte der »Exilverlag« in Zürich (Oprecht) das letzte zu Lebzeiten erschienene Werk Jellineks: Die Geistes- und Lebenstragödie
der Enkel Goethes. Ein gesprochenes
Buch. Unvoll-
endet und unveröffentlicht blieb der Roman »Das Dorf des 13. März«. Dazu Ingrid Sabina Runggaldier: Oskar Jellinek und sein Romanfragment Das Dorf des 13. März.
Diplomarbeit
Univ. Innsbruck 1989. Zur Biographie Jellineks siehe Karl-Markus Gauß: Oskar Jellinek oder Ich wandle im Schatten, der mich ergreift. In: ders.: Tinte ist bitter. Literarische Barbaropa.
Porträts
aus
Klagenfurt: Wieser Verlag 1988, S. 137-148 sowie vom selben Verf.: Dringlicher
Hinweis auf den mährischen Novellisten Oskar Jellinek. In: Literatur
und Kritik (Wien), H.
235/236, Juni/Juli 1989, S. 262-269. Siehe auch Serke, S. 427-430.
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Richteramtsprüfung, zwei Monate später wurde er zum Richter ernannt und versah seinen Dienst an verschiedenen Bezirksgerichten in Wien. Nach bloß 10 Monaten Dienst kündigte er Ende Oktober 1919 seinen Posten, um sich der Schriftstellerei zu widmen. Wie Jellinek zum Zsolnay Verlag kam, geht aus dem kargen Material im Verlagsarchiv nicht hervor. Aber es kann ohne weiteres damit zusammenhängen, daß der Wiener Verlag durch einen von Velhagen & Klasings Monatshefte im Jahre 1924 veranstalteten »Wettbewerb für Meisternovellen« auf ihn aufmerksam wurde. Aus den ca. 2 700 Einsendungen wurde Jellineks Novelle Der Bauernrichter der erste Preis von 5 000 Goldmark zugesprochen, und das Werk wurde in der Zeitschrift publiziert. 36 Wie Jellinek seinem Tagebuch anvertraute, bedeutete diese Auszeichnung nicht nur eine dringend notwendige finanzielle Unterstützung, sondern zugleich eine literarische Wende, »eine gewisse Genugtuung für die jahrelange Zurücksetzung durch die Wiener Gewalten«.37 Nicht ganz zwei Wochen später notiert er im Tagebuch: »Mein Erfolg, in den reichsdeutschen und österreichischen Zeitungen verlautbart, hat ziemliche Kreise gezogen. Zahlreiche Glückwünsche; das 'Neue Wiener Tagblatt1 bittet mich um dichterische Beiträge; ein Stuttgarter Verlag wendet sich an mich.«38 Jellineks erster Vertrag mit dem Paul Zsolnay Verlag ist mit dem 28. Juni 1926 datiert und trägt typische Merkmale der Übereinkommen dieser Zeit: dem Autor wurden die Tantiemen nach dem Kurs des Schweizer Franken in der Währung seiner Wahl ausbezahlt. Daß Zsolnay den mährischen Autor längerfristig an den Verlag binden wollte, ist daran abzulesen, daß Jellinek dem Verlag gleich ein Optionsrecht auf sechs Jahre einräumte. Seine erste Veröffentlichung im Wiener Verlag war zugleich die buchhändlerisch erfolgreichste. Der schmale Novellenband Die Mutter der Neun erschien im September 1926 in einer Erstauflage von 5 000 Exemplaren und konnte im April 1931 neuaufgelegt werden (7.Tsd., 1 300 Ex.). Auf diese erste Novelle folgte im Herbst 1928 die Erzählung Der Sohn, die den ursprünglichen Titel »Gabriel apostata« nach dem Namen des Helden, des Proletarierkinds Richard Gabriel, trug. Auch hier betrug die Auflage 5 000, und der Autor erhielt ein Honorar von 15 Prozent. Dem Zweijahresrhythmus folgend kam im September 1930 Das ganze Dorf, ein Band u.a. mit der preisgekrönten Novelle Der Bauernrichter, auf den Markt. Jellineks letztes Werk für Zsolnay, die Novelle Die Seherin von Daroschitz, konnte knapp zwei Wochen vor den Bücherverbrennungen in einer Auflage von 3 000 Exemplaren ausgeliefert werden. Jellinek, Sohn eines jüdischen Textilkaufmanns und Gemeinderats in Brünn, war von der Verfolgung im Dritten Reich keineswegs ausgenommen: über seine 36
39. Jg., 8. Heft, April 1925, S. 121-134. Als selbständiges Werk erschien die Novelle 1925 bei Koehler & Amelang in Leipzig ( = Amelangs Taschenbücherei, Band 2).
37
Tagebucheintragung vom 20.12.1924 (TB III, Nachlaß DLA, Marbach) Zit. nach Gudrun Maria Weigl: Ein Richter als Dichter. Recht und Gerechtigkeit im Werk Oskar Jellineks. Diplomarbeit. Univ. Wien 1993, S. 24f. Hier S. 25.
38
Tagebucheintragung vom 31.12.1924. Zit. nach Weigl, ebd., S. 25.
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»Sämtlichen Schriften« wurde laut Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums (Stand vom Oktober 1935) ein Verbot verhängt. Im März 1936 wurden im Zuge einer Gestapo-Aktion in Leipzig die gesamten Lagervorräte seiner Bücher beschlagnahmt und eingezogen. Nach dem Krieg legte der Zsolnay Verlag einen Band mit Jellineks gesammelten Novellen auf. 39
19.6. E r n s t L o t h a r Der Kontakt zwischen dem Schriftsteller Ernst Lothar und dem Verlag wurde bereits 1928 geknüpft und fiel somit in eine Zeit, in der hohe Erstauflagen noch auf der Tagesordnung waren. 40 Wie Oskar Jellinek stammte der 1890 geborene Lothar aus Brünn. Auf Verlangen des Vaters, eines hohen Funktionärs der mährischen Anwaltskammer, studierte Ernst, der jüngste von drei Söhnen, Jus und promovierte zum Doktor der Rechte an der Universität Wien. Nach einem kurzem Einsatz im Weltkrieg begann er seine juristische Laufbahn als Staatsanwaltssubstitut im Kreisgericht Wels, Oberösterreich. Kurz darauf kehrte er nach Wien zurück, arbeitete im Handelsministerium und ging mit 33 Jahren als jüngster »Hofrat« Österreichs »in Pension«. Die nächsten zehn Jahre war er als Theaterkritiker tätig, 1935 übernahm er auf Wunsch Max Reinhardts die Direktion des Theaters in der Josefstadt und emigrierte 1938 in die U.S.A. 41 Lothar zählt zu den wenigen »jüdischen« bzw. »liberalen« Autoren im Zsolnay Verlag, deren Werk ab 1933 oder 1935 (Liste 1) zum Teil oder zur Gänze im Reich verboten war, die aber bis 1938 auch mit Neuauflagen oder Neuerscheinungen im Programm vertreten waren und deren Bindung zum Verlag erst 1938 abbrach. Neben Lothar wären Leo Perutz, Felix Saiten und Franz Werfel zu nennen. Die betreffenden Verlagswerke durften allerdings nichts ins Reich ausgeliefert werden. Auslösender Faktor für den Bannstrahl im Reich war Lothars Unterschrift unter einer Resolution, die sich gegen die auf dem Kongreß in Ragusa 1933 praktizierte Literaturpolitik richtete. Also »Gesamtverbot« als Racheakt.
39
40
41
Oskar Jellinek: Gesammelte Novellen. Mit einer Einführung von Franz Karl Ginzkey. Wien: Paul Zsolnay Verlag 1950 (Jubiläumsausgabe 1962). Zwei Jahre später folgte ebenfalls bei Zsolnay der Band Gedichte und kleinere Erzählungen. Mit einem Nachwort von Richard Thieberger, ein Jahr darauf Die Geistes- und Lebenstragödie der Enkel Goethes. Ein gesprochenes Buch. Kürzlich erschien Raacher Silberfeier. Ein österreichisches Landschaftsgedicht. Wien-Darmstadt: Paul Zsolnay Verlag 1988. Die Briefordner »Lothar« im Verlagsarchiv sind verschollen. Sie waren mit Wahrscheinlichkeit unter jenen Korrespondenzordnern, die 1938 von der Gestapo in Wien abgeholt und nach Berlin übermittelt wurden. Das einzige Archivmaterial zu Lothar findet sich im Bestand »Vertragsmappen«. Siehe Ernst Lothar: Das Wunder des Überlebens. Erinnerungen und Ergebnisse. Wien-Hamburg: Paul Zsolnay Verlag 1961. ( = E.L. Ausgewählte Werke, Band V). Das Buch enthält keine Hinweise auf seine schriftstellerische Tätigkeit bzw. auf den Paul Zsolnay Verlag.
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Daß Lothar im Gegensatz zu anderen Kollegen nach 1933 weiterhin aktiv im Stammverlag blieb, mag darin begründet sein, daß der Verlag sehr viel investiert hatte und nun wieder irgendwie zu seinem Geld kommen wollte. Es ist ein Phänomen, auf das man gerade bei der Geschichte des Paul Zsolnay Verlags immer wieder stößt: die vielen, vielen Autoren - sofern sie keine Literaturneulinge waren - wanderten mit ihren Büchern von einem Verlag zum anderen, bevor sie bei Zsolnay eine endgültige Heimstätte fanden und durch einen Generalvertrag finanziell abgesichert waren. Das trifft auch bei Lothar zu, der von Piper zu Tempsky und von Georg Müller 42 zu Ullstein und Hartleben wechselte, bevor er 1927 an den Speidel-Verlag in Wien geriet. Speidel brachte in diesem Jahr Gottes Garten. Ein Buch von Kindern (Auflage 3 000) sowie die Novelle Drei Tage und eine Nacht (Auflage 5 000) heraus. Im Herbst 1932 kaufte Zsolnay dem Speidel Verlag die Rechte und Restbestände am Werk Gottes Garten gegen eine Pauschale ab und brachte eine neubearbeitete Ausgabe u.d.T. Kinder. Erste Erlebnisse im November auf den Markt. In der Wahl des neuen Titels übersah man offensichtlich, daß ein gleichnamiges Werk lieferbar war, nämlich Kinder von Fritz MüllerPartenkirchen. Der L. Staackmann Verlag zeigte Entgegenkommen und gestattete Zsolnay, den Buchtitel Kinder für die laufende Auflage beizubehalten. 43 Zu weiteren Auflagen kam es nicht, und das Werk wurde 1934 verramscht, wie überhaupt eine Reihe von Lothar-Büchern abgestoßen wurden. Lothar debütierte bei Zsolnay 1929 mit dem umfangreichen Roman Der Hellseher. Trotz der Startauflage von 10 000 Exemplaren konnte das Werk keinen buchhändlerischen Erfolg erringen, nicht zuletzt wegen der schwindenden Käuferlust. Um das überfüllte Lager zu entlasten und neue Käufer anzusprechen, übergab das Stammhaus den Lagervorrat an die Bibliothek zeitgenössischer Werke in Zürich, im Fall Lothars Hellseher waren es fast 4 000 Bände. Im März 1932 kam die Neuausgabe heraus und in beiden folgenden Jahren wurde die Auflage an den Restbuchhandel verkauft. Ein Jahr nach dem Hellseher-Roman kam der Roman Der Kampf um das Herz heraus. Es war dies eine neubearbeitete Fassung von Bekenntnis eines Herzsklaven, bei Ullstein 1923 erschienen und von diesem im Frühjahr 1928 (unter Rückgabe der Verlagsrechte) verramscht. (Zsolnay tat dasselbe damit in den Jahren 1933-35.) Mit Lothars nächstem Buch Kleine Freundin. Roman einer Zwölfjährigen (erschienen im Herbst 1931 in einer Auflage von 10 000 Ex.) ging es etwas besser. Im Oktober 1934 wurde eine Sonderausgabe (4 000 Ex.) veranstaltet, womit das Werk schließlich zum auflagenstärksten des Autors wurde. Da Zsolnay mehrere Werke Lothars verramschte bzw. verramschen mußte, dürfte er kein besonderes Geschäft gemacht haben. Die Vertragsregelung sah ein Honorar von 16% und eine Garantie für 5 000 (fallweise: 10 000) Exemplare als 42
43
Das Angebot Lothars an Zsolnay, den 1921-25 bei Georg Müller erschienenen dreibändigen Roman Macht über alle Menschen neuaufzulegen, wurde abgelehnt. Börsenblatt, Nr. 259, 5.11.1932, S. 5032.
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Vorauszahlung ('Λ bei Abschluß, xh bei Erscheinen) vor. Nebenrechte wurden zwischen Autor und Verlag 80:20 verteilt. Die Verwertung der Nebenrechte, konkreter der Film- und Übersetzungsrechte, war für den Zsolnay Verlag überhaupt ein sehr wichtiger Punkt, ja ab 1933 waren sie für die vom deutschen Markt ausgeschlossenen Autoren von existenzieller Bedeutung. Wie bei anderen Autoren wie z.B. Robert Neumann und Paul Frischauer, um nur zwei zu nennen, waren diese Tantiemen aus Übersetzungen häufig ihre einzige Einnahmsquelle. Für die Kleine Freundin gab es Übersetzungsverträge für das Italienische, Tschechische und Polnische, für Die Mühle der Gerechtigkeit u.a. für das Englische, Polnische, Kroatische und Ungarische. Letztes Buch war im September 1933 erschienen (1.-5.Tsd.) und erlebte im August 1934 eine zweite Auflage (2 000 Ex.). Wie erwähnt, hatte Lothar schon in den Jahren 1921-25 einen Romanzyklus (.Macht über die Menschen) veröffentlicht. Anfang 1932 machte er Pläne für einen Zyklus von drei Romanen in der Art von Jakob Wassermanns Der Wendekreis. Als Zyklustitel wurde »Die Menschenrechte« gewählt. Im Protokoll einer Besprechung mit Felix Costa liest man dazu: Die einzelnen Romane werden folgende Titel haben: 1) Die Schande 2) Das Verbrechen 3) steht noch nicht fest. 1) der erste Roman wird das Recht auf den Körper betonen, also ein sexueller Roman sein. (Sodomie etc. etc) 2) das Recht auf den Tod 3) das Recht auf Gesinnung. Der Roman des Zerfalls des Bürgertums. 44
Um ein solch umfangreiches Werk in Angriff nehmen zu können, bedurfte es einer finanziellen Absicherung über drei Jahre, nach Vorstellung des Autors 660 bis 700 Mark monatlich. Noch vor Monatsende kam ein Vertrag über den Zyklus für folgende drei Romane zustande: I. Das Verbrechen oder das Recht auf den Tod II. Die Schande oder das Recht auf den Körper III. Die Bürger oder das Recht auf Gesinnung 45
Lothar verpflichtete sich, die drei Werke ab 1. März 1932 innerhalb von drei Jahren zu schreiben und dem Verlag zur Verfügung zu stellen. Der Autor erhielt für die Dauer von drei Jahren einen Vorschuß von je S 12 000 in monatlichen Raten zu je S 1 000 ( = ca. Μ 600). Diese Summe entsprach bei einem Honorar von 16% in etwa der Garantie einer Gesamtauflage von 30 000 Exemplaren (!) der in Rede stehenden Werke und war demgemäß eine gute Absicherung für den Autor einerseits und eine nicht unbeträchtliche Investition des Verlags andererseits. Die Monatsraten sollten nur dann ausgesetzt werden, wenn der Autor mit der Ablieferung des 44 45
»Besprechung mit Emst Lothar am 9.II. 1932«, Vertragsmappe Lothar. Verlagsvertrag vom 26.2.1932, ebd.
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Manuskripts des ersten Bands mehr als drei Monate in Verzug geriet. Das gleiche galt für Band 2 und 3. Der Zyklus kam nur zum Teil zustande, denn als der Vertrag unterzeichnet wurde, wußte man nicht, daß Lothar in Deutschland bald zu den geächteten Autoren zählen würde. Der erste Band des Zyklus, »Die Menschenrechte«, erschien im September 1933 u.d.T. Die Mühle der Gerechtigkeit oder Das Recht auf den Tod. Er erreichte in zwei Auflagen einen Stand von 7 000 Exemplaren. Der zweite (Eine Frau, wie viele oder das Recht in der Ehe erschien im Oktober 1934. Den Roman Romanze in F-dur brachte man im September 1935 (2 Auflagen, 7 000 Ex.) heraus. Letzteres Buch diente - vertraglich gesehen - als Ersatz für den dritten Roman des geplanten Zyklus. 46 Vor 1938 kam nur mehr ein Vertrag zustande, und zwar für einen Roman, der den vorläufigen Teil »Das große Glück« trug. 47 Lothar vermochte trotz Fristerstreckungen den Roman nicht zu vollenden und mußte daher einen Teil der neuvereinbarten Monatsraten an den Verlag zurückzahlen. Für einen Essayband als Ersatz konnte sich der Verlag nicht erwärmen. Das fragliche Buch - Nähe und Ferne, Leute, Dinge - ließ Lothar 1937 daher bei Rohrer erscheinen. Mit dem Verlag kam er überein, monatlich S 300 zurückzuzahlen, ohne daß Zsolnay Zinsen verrechnete.
19.7. A n d r e a s T h o m Einen eher mäßigen Erfolg brachte der Zsolnay Verlag mit dem Wiener Lehrer und früheren Lektor des Ed. Strache Verlags Rudolf Csmarich, der unter dem Namen Andreas Thom schrieb, zustande. Er stieß möglicherweise über Vermittlung von Franz Werfel zu Zsolnay. 48 Seine frühen Bücher hatte er bei Kiepenheuer, Rütten & Loening, Strache und Rowohlt verlegt, worauf er eine schriftstellerische Pause einlegte, während derer Thom sich beim revitalisierten Schutzverband deutscher Schriftsteller in Österreich engagierte. 49 Im November 1929 wandte sich Thom brieflich an Paul Zsolnay und wurde von diesem eingeladen, sein neues Buch »Das Brot« vorzulegen. Im September des folgenden Jahrs erschien es u.d.T. Vorlenz und Brigitte. Der Absatz hielt sich in Grenzen: innerhalb von 2'Δ Jahren gelang es 46 47 48
49
Dazu das Schreiben des Verlags an Lothar vom 27.12.34, ebd. Vertrag vom 25.5.1935, ebd. Im Ordner Thom findet sich der Durchschlag eines Direktionsschreibens an Franz Werfel vom 21.8.1930, in dem es heißt: »Sie hatten die grosse Liebenswürdigkeit, uns einen Text für die Buchschleife des Romanes 'Vorlenz und Brigitte' von Andreas Thom in Aussicht zu stellen. Nun ist das Buch bereits ausgedruckt und wir müssten auch die Schutzumschläge, für die wir Ihren Text benötigen, drucken lassen, wenn wir das Buch, wie wir es vorhatten, Anfang September erscheinen lassen wollen. Wir wären Ihnen, hochverehrter Herr Werfel, zu ganz besonderem Dank verpflichtet, wenn Sie die grosse Güte hätten, uns den Text recht bald zu übermitteln, da für uns jeder Tag für die Fertigstellung des Werkes von grosser Wichtigkeit ist.« Seit der Reorganisation im Jahre 1923 saß Thom neben Hugo von Hofmannsthal und Robert Musil im Vorstand. 1928 war er 1. Schriftführer, 1929 anstelle Musils 2. Vorsitzender.
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nicht einmal, zwei Drittel der Auflage von 3 000 zu verkaufen, mit anderen Worten: man konnte nicht, wie Hermann Broch behauptet hatte, binnen weniger Wochen 10 000 Exemplare an den Mann bringen. Bis 1938 - es waren inzwischen weitere vier Bände Thoms erschienen - lehnte der Verlag mindestens so viele eingereichte Manuskripte des Autors ab. Während Thom für seinen ersten Roman noch ein Honorar von 15% bekommen hatte, erhielt er für das zweite Werk Noch spielt ein Kind (1934: 2 000 Ex.) 12%, für Das Sylvesterkind (1936: 2 000) 50 und Die ungleichen Geliebten (1938: 3 500 Ex.) nur mehr 7lA%.
19.8. Nicht erworbene Österreicher Wie jeder andere Verlag erhielt Paul Zsolnay hunderte von Manuskripten, die entweder vom Autor direkt oder über einen Mittelsmann eingereicht wurden. Ab Februar 1927 wurden sie auch nach Verfassernamen alphabetisch-chronologisch in einem »Manuskriptenbuch« mit Werktitel aufgelistet und mit einer Eingangsnummer versehen. Es ist nicht uninteressant festzustellen, wer aller mit einem Manuskript an den Verlag herantrat und abgelehnt wurde. Es wurde schon erwähnt, daß Joseph Roth Zipper und sein Vater an Zsolnay schickte. Überraschend ist jedoch, daß Robert Musil seinen Roman Der Mann ohne Eigenschaften im Spätherbst 1929 überreichte und damit abblitzte.51 Wäre es nach dem Willen des Verlagslektorats gegangen, hätte der spätere Literatur-Nobel-Preisiräger Elias Canetti seinen ersten Roman Die Blendung nicht bei Herbert Reichner, sondern im Paul Zsolnay Verlag herausgebracht, berichtet die Lektorin und Übersetzerin Anne Polzer. Obwohl er den Verlag »eigentlich nicht leiden konnte«,52 hatte der Autor Grund, dem Verleger im Jahr 1934 dankbar zu sein. So hat Paul Zsolnay versucht, im Namen Canettis auf Grund seiner guten Beziehungen zur Türkei bei der Türkischen Gesandtschaft in Wien zu intervenieren und zu erreichen, daß Canetti ein türkischer Paß ausgefolgt werde, hatte aber keinen Erfolg. 53 Wenige Wochen später wandte sich Zsolnay an das Schweizerische Konsulat in Wien, um für Canetti, der auf der Durchreise nach Paris acht bis zehn Tage in der Schweiz verbringen wollte, ein entsprechendes Visum zu bekommen. Da ein solches nur dann erteilt werden konnte, wenn jemand für den Antragsteller bürgte und bestätigte, daß dessen finanzielle Lage einen Aufenthalt in der Schweiz gestattete, bot sich Paul Zsolnay als Gewährsmann an. Zsolnay teilte dem Konsulat mit, »dass Herr Dr. Canetti mir gut
50
Der ursprüngliche Titel lautete »Menschen aus Erde«.
51
Dies wird weder in den spärlich erhaltenen Briefen Musils aus dem Jahr 1929 noch in den Tagebüchern festgehalten. Zur Datierung sei folgendes gesagt. »Manuskriptenbuch I« (Nr. 1-1990) erfaßt laut Etikette eingereichte Manuskripte zwischen dem 10.2.1927 und dem 19.12.1929. Der Mann ohne Eigenschaften hatte die laufende Nummer 1772.
52
Elias Canetti: Das Augenspiel. 1985, S. 131.
53
Paul Zsolnay an Elias Canetti, 14.4.1934, Ordner »Paul Zsolnay privat 1933-34«.
Lebensgeschichte
1931-1937.
München: Carl Hanser Verlag
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bekannt ist und dass ich anzunehmen berechtigt bin, auf Grund meiner Kenntnis seiner Person die von Ihnen verlangte Erklärung abgeben zu können«.54 Zu den vielen hunderten Autoren, die ihre Werke vergeblich anboten, zählen u.a.: Albert Ehrenstein, Erich Maria Remarque (»Station am Horizont«), Hermann Ungar, Erich Mühsam, Fritz Wittels, Paul Busson, Otto Stoessl, Paul Leppin (»Der Untergang«), Josef Weinheber (»Gedichte«), Guido Zernatto, Emil Kläger, Felix Braun, Rudolf Brunngraber, Uriel Birnbaum, Robert Müller (»Tropen«, vom Nachlaßverwalter Arthur Ernst Rutra eingereicht), Fritz von Herzmanovsky-Orlando (»Maskenspiel der Genien«),55 Alexander Lernet-Holenia und Peter Hammerschlag.
19.9. Leo Perutz Leo Perutz stand mit dem Zsolnay Verlag schon viele Jahre lang in Verbindung, bevor sein erstes Werk dort erschien. Das »Manuskriptenbuch I« verzeichnet nämlich schlicht einen »Roman« ohne weitere Angaben (laufende Nummer 314 von 1990), und im Zeitraum Ende 1929 bis April 1936 (Manuskriptenbuch II; 1-5179) sind es »Die Fahrt nach Preßburg« und »Muttergottesbrand« ( = St.Petri Schnee). Bevor er Zsolnay-Autor wurde - seine Bücher waren zuletzt bei Ullstein erschienen - dürfte er Kollegen auf den Zsolnay Verlag aufmerksam gemacht haben - so z.B. Bruno Brehm (der den Roman Susanne und Maria einreichte) 56 und Friedrich Reck-Malleczewen (u.a. »Marat«).57 Perutz' Empfehlung für Reck-Malleczewen und dessen Roman »Marat« ist auch Gegenstand des ersten erhaltenen Briefs von Felix Costa an Perutz aus dem Nachlaß des Autors. 58 In einem Schreiben vom 18.12.1929 nämlich drückte Costa den Wunsch aus, den Roman kennenzulernen. Ein Verlagsangebot an Perutz kam erst im September 1931 zustande. Vereinbart wurde die Veröffentlichung des neuen Romans »Muttergottesbrand«. Der Autor erhielt ein Honorar von 15% bei einer »je nach den wirtschaftlichen Verhältnissen« voraussichtlichen Erstauflage von 8 000-10 000 Exemplaren und verpflichtete sich, dem Zsolnay Verlag seine nächsten drei Werke erstanzubieten. Der eigentliche Vertrag vom 8.3.1933 datiert legte die Erstauflage mit 8 000 fest. Der voraussichtliche Erscheinungstermin konnte auch eingehalten werden - der Roman kam 54
Zsolnay an das Schweizerische Konsulat, 23.6.1934, ebd.
55
Im April 1937 reichte Herzmanovsky-Orlando das Werk »Fliegender Holländer« ein.
56
Siehe Leo Perutz 1882-1957.
Eine Ausstellung der Deutschen Bibliothek, Frankfurt am Main.
Wien-Darmstadt: Paul Zsolnay Verlag 1989. (Ausstellung und Katalog Hans-Harald Müller und Brita Eckert), S. 197-200. 57
Ebd., S. 201-207. Zur Biographie Perutz' siehe auch Hans-Harald Müller: Leo Perutz - eine biographische Skizze. In: EXIL, 6 (1986), Nr. 2, S. 5-17; ders.: Leo Perutz. München: Verlag C.H. Beck 1992 ( = Beck'sche Reihe, Autorenbücher, Band 625) sowie Serke, S. 258-281.
58
Deutsche Bibliothek, Frankfurt am Main, Deutsches Exilarchiv 1933-1945. Signatur EB 86/94. Der Briefordner Perutz im Verlagsarchiv für die Zeit vor dem September 1937 ist verschollen. Die Korrespondenz im vorhandenen Ordner erstreckt sich lediglich 1937-1939.
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am 14. September heraus die Höhe der ersten (und einzigen) Auflage allerdings nicht. Angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse am deutschen Buchmarkt reduzierte man die Auflage auf 5 000. Das war - rückblickend - so etwas wie »weise Voraussicht«, selbst wenn Perutz nicht auf der Liste 1 (Stand vom Oktober 1935) stehen sollte. »Vermutlich aus finanziellen Gründen konzentrierte Perutz sich danach zunächst auf die Fertigstellung des Stücks 'Morgen ist Feiertag1; erst Mitte 1934 widmete er sich wieder dem Roman. Wie drückend seine finanziellen Probleme waren, geht aus einer Notizbucheintragung vom Jahresende 1934 hervor: 'Finanzielle Lage düster. Deutschland für mich tot. Meine Bücher verramscht.'«59 So hatte die »Autorengruppe« bestehend aus Hans Adler, Paul Frank und Perutz im November 1934 mit der Theaterabteilung des Zsolnay Verlags einen Vertrag über die Bühnenvertriebsrechte etc. für die »Komödie in 5 Bildern« Morgen ist Feiertag unterzeichnet. Im folgenden Jahr, am 8. April, wenige Tage vor der Uraufführung der Komödie am Deutschen Volkstheater in Wien unterzeichneten die drei Autoren einen ähnlichen Vertrag mit der Theaterabteilung für das Werk Warum glaubst du mir nicht? Der Vertrag wurde Mitte November 1935 aus unbekannten Gründen aufgelöst, das Werk von Georg Marton übernommen. Der Plan zu seinem nächsten Romanwerk (Der schwedische Reiter) ging bis ins Jahr 1928 zurück, und erst seit 1934 arbeitete er ständig daran. Erst im Juni 1936 konnte er in seinem Notizbuch die Fertigstellung vermerken.60 Am 3. Juli wurde der Vertrag unterzeichnet. Daß der Roman am 22. Oktober in einer kleinen Auflage von 3 000 Exemplaren im Zsolnay Verlag herauskam, ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Der Roman wäre unter Umständen in der BZW erschienen, doch produzierte diese seit 1935 nicht mehr. Der Vertrag weist einen besonderen Passus auf und ist der einzige bekannte, der dem drohenden Verlust des deutschen Markts konkret Rechnung trägt. So liest man unter § 9: Was den Verkauf des in Rede stehenden Werkes in Deutschland anlangt, sind sich Autor und Verlag darin einig, dass der Verkauf in Deutschland sofort bei Erscheinen des Buches oder aber nach Erscheinen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Schwierigkeiten stossen wird und dass sogar mit der Unmöglichkeit eines solchen Verkaufs zu rechnen ist. Verlag und Autor sind daher übereingekommen, dass es dem Verlag überlassen bleibt, den Verkauf des in Rede stehenden Romans in Deutschland zu versuchen oder diesen Versuch zu unterlassen. Wenn es dem Verlag gelingen sollte, Exemplare des Werkes in Deutschland abzusetzen, übernimmt er die Verpflichtung, die sich aus diesen Verkäufen ergebenden Tantiemen Herrn Perutz vorwiegend in Schilling zur Auszahlung zu bringen. 61
59 60
61
Leo Perutz 1882-1957, S. 234. Ebd., S. 235. Dazu auch Leo Perutz: Mein neuester Roman. In: Das Echo (Wien), 8.2.1936, S. 6. Vertragsmappe Perutz.
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Am 19. Oktober 1936 erfuhr Perutz vom Verlag, daß die Einfuhr des Romans nach Deutschland verboten sei. Als 'Jahresbilanz' hielt er Ende 1936 fest: 'Kein gutes Jahr. Kein Geld verdient, alle Film- und anderen Chancen zerronnen. [...] Der einzige Lichtblick: Der 'Schwedische Reiter' ist fertig geworden. Aber er trägt mir kein Geld und wenig Ruhm. Deutschland fehlt.'« 62 Auch die Deutsche Nationalbibliographie ignorierte die Neuerscheinung. Selbst die Auflage von 3 000 Stück war für den Verlag ein großes Risiko angesichts des geschrumpften Markts. Perutz verließ Wien am 9. Juli 1938 Richtung Venedig. Eine Woche später wandte er sich an den Verlag in Wien mit der Bitte um Zusendung einiger Autorenexemplare seiner beiden Bücher und um den Verlag darauf aufmerksam zu machen, »dass die italienische Ausgabe des 'schwedischen Reiters' bis jetzt noch immer nicht erschienen ist, was einen Bruch der vertraglichen Abmachungen beinhaltet. Ich ersuche Sie, sich frdl. mit dem italienischen Verlag in Verbindung zu setzen und einen endgiltigen Erscheinungstermin zu vereinbaren, eventuell auch, falls Sie es für richtig finden, den Vertrag aus Verschulden des italienischen Verlags zu annullieren«.63 Infolge der Personal Veränderungen im Haus verzögerte sich die Antwort des Verlags: es waren im übrigen für Perutz keine Honorare eingegangen, und was den italienischen Verlag betreffe, möge Perutz selber hinschreiben. 64 Perutz bestand darauf, daß der Verlag als Vertragspartner aktiv werde, dieser sagte zu. Da im Ordner Perutz nach dem 7. Juni 1939 keine Korrespondenz vorliegt, wissen wir nicht, wie die Intervention ausging.
19.10. Heinrich Eduard Jacob Mit einem weiteren angesehenen Schriftsteller, der in einer Zeit wirtschaftlicher Schwierigkeiten relativ hohe Honorare (17-17'/2%) fordern und erhalten konnte, dem gebürtigen Berliner und späteren Wahl-Österreicher Heinrich Eduard Jacob, gab es keinen General vertrag. 65 Jacob, 1889 in Berlin (Friedrichstadt) als Sohn des Zeitungsherausgebers Richard Jacob geboren, übersiedelte 1898 nach der Scheidung seiner Eltern mit der Mutter nach Wien, wo sie im selben Jahr den Bankier Eduard Lampl ehelichte. Jacob besuchte dort die Volksschule und ab 1902 das renommierte »Askanische Gymnasium« in Berlin, wo er im März 1909 maturierte. 1909-1913 inskribierte Jacob Geschichte, Germanistik, Philosophie und Musik an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, doch ist zweifelhaft, ob er tatsächlich
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Leo Perutz 1882-1957, S. 235. Perutz an den Zsolnay Verlag, 16.7.1938, Ordner Perutz. (Briefpapier Pensione Bellariva, Forte dei Marmi). Paul Zsolnay Verlag an Leo Perutz, 18.8.1938, ebd. Für die Möglichkeit, in den Nachlaß Jacobs Einsicht zu nehmen und Material heranziehen zu können, bin ich dem Nachlaßverwalter Hans Jörgen Gerlach, Berlin, sehr zu Dank verpflichtet. Zu Jacob siehe den Ausstellungskatalog Heinrich Eduard Jacob 1889-1967. Haus am Kleistpark. Neue Gesellschaft für Literatur/Kunstamt Schöneberg. Berlin 1979.
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promovierte. 66 Ab Anfang Oktober 1927 wurde er Leiter des Mitteleuropäischen Büros des Berliner Tageblatts in Wien und lebte nun ständig in der österreichischen Hauptstadt. Für das Berliner Tageblatt arbeitete er als Kultur- und Theaterreferent und blieb auf diesem Posten, der, Schätzungen der Presse zufolge, ihm einen Monatsgehalt von 1 500 bis 2 400 Mark brachte, bis 1933, d.h. bis der Arierparagraph in den Redaktionen deutscher Zeitungen eingeführt wurde. Daraufhin wurde er entlassen, was den Beginn seines finanziellen Abstiegs bedeutete. 67 Der erste Vertrag zwischen Jacob und dem Zsolnay Verlag ist mit Frühjahr 1930 datiert und betrifft den Roman Die Magd von Aachen. Auffallend dabei ist nicht nur der zweithöchste Honorarsatz von 17%% (die prominentesten Autoren im Zsolnay Verlag erhielten 20%), sondern auch die hohe Startauflage (15 000 Ex.) und die überaus großzügige Garantievorauszahlung. Erscheinungstermin war der 17. März 1931, seit Jahresbeginn erschien ein Vorabdruck im Berliner Tageblatt. Die Auflagenhöhe dürfte Jacob bei Felix Costa durchgesetzt haben, denn Verlagschef Zsolnay meinte, sie sei einigermaßen überhöht. Schließlich stimmte er zu. Er teilte Jacob folgendes mit: An unserem guten Willen wird es, wie bisher stets Ihnen gegenüber, sicherlich nicht fehlen, aber ich möchte schon heute an Ihr Verständnis für die ausserordentlich schlechten buchhändlerischen Chancen, die leider Gottes derzeit herrschen, und die sich auch der Verkäuflichkeit eines ausserordentlichen Werkes hemmend in den Weg stellen, appellieren. Aber, wie gesagt, ich will der endgültigen Besprechung zwischen uns nicht vorgreifen, von der ich hoffe, dass sie ein alle Teile befriedigendes Resultat zeitigen wird. 68
Schließlich garantierte der Verlag die ganze Auflage von 15 000 Exemplaren, zahlte sie im voraus, was für das Unternehmen rückblickend ein kapitaler Fehler war, denn vom Vorschuß in der Höhe von RM 9 200 bestand 1938 noch ein SollSaldo von etwa der Hälfte dieser Summe. Der Verlag stellte dem Autor zusätzlich noch diverse Darlehen zu Verfügung. Wenige Monate nach Erscheinen der Magd von Aachen kamen neue Vereinbarungen zustande. Die Abmachungen betrafen Jacobs neuen Roman »Zweikampf um Asien« und seine Novelle »Liebe in Uesküb« sowie einen zweiten, weit umfangreicheren Roman (400-500 Druckseiten). Neben den vereinbarten Garantiezahlungen (»Zweikampf um Asien« auf 8 000 Ex. = Μ 4 760; »Liebe in Uesküb« auf 5 000 Ex. = Μ 1 250) auf der Basis einer Beteiligung am Ladenpreis vom 17% gewährte der Verlag einen allgemeinen
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Frdl. Hinweis von Hans Jörgen Gerlach. Mehrere Romane Jacobs sind in den letzten Jahren als Taschenbuch im Rowohlt Verlag wieder aufgelegt worden, so z.B. Estrangeiro. Einwandererschicksal in Brasilien, Jacqueline und die Japaner und zuletzt Ein Staatsmann strauchelt. In der Kurzbiographie, die dem Buch vorangestellt ist, heißt es vollkommen widersinnig: »Als 1933 seine Bücher verbrannt wurden, floh er nach Wien.« Paul Zsolnay an Heinrich Eduard Jacob, 10.12.1930, Vertragsmappe Jacob. Es ist dies eines der wenigen erhaltenen Schreiben an Jacob im Verlagsarchiv. Der Briefordner Jacob ist verschollen.
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Verlagsvorschuß, möglicherweise um die Reise Jacobs 1932 per Zeppelin nach Brasilien zu finanzieren. So hatte der Verlag innerhalb von weniger als einem Jahr schon bald RM 18 000 in das Werk Jacobs investiert. Das waren Summen, die an das heranreichten, was der Verlag in das »Objekt« Emil Ludwig investiert hatte (bei Auflagen von 70 000 Exemplaren). Im Frühjahr 1932 kam Liebe in Uesküb auf den Markt (Auflage 5 000), erst im November 1933 nach einigen Verzögerungen der kleine Roman Ein Staatsmann strauchelt (ursprünglicher Untertitel: »Chonochowskis Abenteuer«) in gleich hoher Auflage. Ein Schreiben Costas an den Autor spricht von den Schwierigkeiten, die die Fertigstellung begleiteten: Sie sprachen von Hemmungen, die Sie veranlassen, den Roman »Ein Staatsmann strauchelt (Chonochowskis Abenteuer)« nicht zu vollenden und ersuchten uns um unseren Rat, ob Ihre Bedenken - welcher Art die Bedenken sind, ist in diesem Zusammenhang unwesentlich - zutreffend seien. Wir haben Ihnen diese Bedenken mit gutem Gewissen zerstreut und Ihnen geraten, den Roman zu vollenden. Sie verpflichteten sich daraufhin, diese Arbeit bis zum 8. Oktober 1932 fertigzustellen und uns in druckfertigem Zustand zu übergeben. 69
Möglich, daß Jacob Bedenken kamen wegen Schauplatz und Handlung (Wien, österreichische Innenpolitik, unmittelbare Vergangenheit) und seiner Darstellung des Nazi-Anhängers, des Wiener Studenten Karlfriedrich Umley (»ich bin ein Revolutionär, aus Gründen völkischer Rasse-Erkenntnis«), der den Romanhelden Anton Chonochowski denunziert und mit dem der mit allen Wassern gewaschene Politiker Leibhartinger von den Christlich-Bäuerlich-Bürgerlichen einen »Kuhhandel« macht. Möglich auch, daß Jacob die Vorlage für einen Roman zu dünn fand (die Taschenbuchausgabe hat 115 Druckseiten). Wie dem auch sei, Jacob kam mit dem vertraglich vereinbarten Ablieferungstermin nicht zurecht, und der Verlag hielt den Autor nun an, geleistete Vorschüsse zurückzuzahlen. Schon vor Erscheinen von Ein Staatsmann strauchelt hatten sich Autor und Verlag über einen Erzählungsband bestehend aus drei Novellen u.d.T. »Grosses zärtliches Brasilien« geeinigt. Die Arbeiten gingen auf eine ausgedehnte und kürzlich abgeschlossene Südamerikareise des Autors zurück. Doch der Autor konnte die Vereinbarungen wieder nicht einhalten, Ablieferungstermine wie etwa für »Zweikampf um Asien« (Juni 1932 - März 1934) verstrichen und der Verlag monierte die Rückzahlungen. Auch das Erscheinen des Novellenbands »Grosses zärtliches Brasilien« verzögerte sich, der August 1934 wurde in Aussicht genommen. Zum Schluß erschien das Werk in einer Auflage von 3 000 Exemplaren unter dem vom Verlag gewählten Titel Treibhaus Südamerika Anfang Oktober 1934 in der BZW in Zürich. Im selben Jahr begründete Jacob seinen Ruf als Vater des Sachbuchs mit der Veröffentlichung eines grossen Werkes über die Geschichte des Kaf-
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Costa an Jacob, 8.10.32, Vertragsmappe Jacob.
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fees im Berliner Ernst Rowohlt Verlag. 70 Vom Standpunkt des Verlags war diese Veröffentlichung nur die Erfüllung des Vertrags, denn die Vertriebs- und Verkaufsmöglichkeiten waren stark eingeschränkt. Spätestens im Jahr 1934 wurde dem Verlag klar, daß der Autor in großen finanziellen Schwierigkeiten steckte und »nicht in der Lage [war], Ihrer vertraglich übernommenen Verpflichtung zur Rückzahlung dieses Betrages [Saldo von Μ 750 aus Ein Staatsmann strauchelt] nachzukommen.«71 Ausgaben für Reisen, der Verlust seiner Stelle beim Berliner Tageblatt sowie der Erhalt einer großen, repräsentativen Wohnung im Diplomatenviertel des 3. Bezirks in Wien taten das ihre dazu. Dieser Hintergrund wurde praktisch in der gesamten österreichischen Presse von allen Seiten beleuchtet. Davon später. Jacob war zu diesem Zeitpunkt bereits Opfer jenes »Aufklärungsfeldzuges wider den undeutschen Geist« gewesen, der im Mai 1933 zur Säuberung der Leipziger Studentischen Büchereien geführt wurde. Das heißt, er war ohne Einschränkung in einer Aufstellung der vernichteten Bücher geführt worden. 72 Anders sah die Ächtung Jacobs auf der »Schwarzen Liste« der Berliner Stadtverwaltung, die für die öffentlichen Städtischen Volksbüchereien und der Berliner Stadtbibliothek Geltung hatte, aus. Hier war nur das 1930 bei Rowohlt erschienene Werk Blut und Zelluloid zu entfernen. 73 Doch mit der Gnade war im Jänner 1935 Schluß: Jeder der »Herstellkarten« für die vier Werke Jacobs im Verlagsarchiv trägt den Vermerk: »Auf Grund des § 7 der Verordnung vom 4. Februar 1933 für Preussen beschlagnahmt und eingezogen. (Deutsches Kriminalpolizeiblatt Nr. 2063 und 2064 vom 25. u. 26. Januar 1935 (BB1 Nr. 24 vom 29. Januar 1935 Seite 84)«. Die Liste 1 vom Herbst des gleichen Jahres weist Jacob mit einem Verbot »sämtlicher Schriften« aus. Es nimmt daher nicht wunder, daß der Zsolnay Verlag sich bereits Ende 1934 entschloß, das Erscheinen des Romans »Zweikampf um Asien« auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Zu diesem Zeitpunkt dürfte Jacob einen ausländischen Verlag als einzige Hoffnung gesehen haben. Er landete, wie so viele seiner geächteten Kollegen, bei Querido in Amsterdam und erzielte zudem einen Vertragsabschluß bei der Viking Press des Ben Huebsch in New York. Sein bei Querido erschienenes »Strauß-Buch« (Johann Strauß und das neunzehnte Jahrhundert, 1937) fand nur schleppenden Absatz. Der Kontakt zum Zsolnay Verlag scheint mitunter nur sporadisch stattgefunden zu haben. Bekannt ist, daß der Verlag schon im August 1935 die Viking Press aufforderte, alle Zahlungen an Jacob aus den zwischen Zsolnay und Viking Press bestehenden Verträgen (Übersetzungen) einzustellen und nur über Weisung aus Wien
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Sage und Siegeszug des Kaffees. Die Biographie eines weltwirtschaftlichen
Stoffes. Nach dem
Krieg wurde das Buch im Rowohlt Verlag neuaufgelegt. 71
Costa an Jacob, 14.11.1934.
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Siehe Leipziger Neueste Nachrichten,
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Berliner Börsen-Courier,
16.5.1933.
7.5.1933 bzw. Börsenblatt, Nr. 112, 16.5.1933, S. 357.
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Geldbeträge zu überweisen. Jacob schuldete dem Verlag bzw. Paul Zsolnay persönlich zu diesem Zeitpunkt schon die horrende Summe von fast 50 000 Schilling! Es ist aus Sicht des Verlags daher verständlich, daß dieser bemüht war, einen Teil der bevorschußten Summen wieder hereinzubekommen.74 1938 belief sich die Schuld beim Verlag auf mindestens Μ 11 000 ( = Soll-Saldo).75 19.10.1. Biographischer Exkurs76 Als Jacob die Geschichte der Abenteuer des vierzigjährigen Wiener Ministers Anton Chonochowski erzählte, der sich einem minderjährigen Mädchen genähert, sie umarmt und somit seine politische Karriere besiegelt hatte, konnte er nicht wissen, daß ihm ebenso derartige Abenteuer bevorstanden. Eine Zeitung spricht in diesem Zusammenhang von einem »phantastischen Kriminalroman«. Schuld daran war seine jüngere Halbschwester, die 1898 in Berlin geborene Alice Lampl, die Jacob in einen aufsehenerregenden Finanzskandal internationalen Ausmaßes hineinzog. Gegen Mitte Dezember 1935 wurden Heinrich Eduard Jacob und seine Mutter Martha verhaftet und dem Landesgericht in Wien überstellt. Die Aktion der Polizei, die zu einer sieben Monate dauerenden Untersuchungshaft des Schriftstellers führen sollte, nahm seinen Ausgang mit der Verhaftung eines gewissen Murray Norman Kohl Ende November. Dieser Kohl war am Diebstahl von Aktien eines amerikanischen Eisenbahnunternehmens beteiligt und zudem Mitglied eines internationalen Dollarnoten-Fälscherrings. Für die dubiosen Verbindungen seiner Halbschwester und für seine eigene Leichtgläubigkeit mußte Jacob schließlich bitter büßen. Denn Alice Lampl hatte eine Anzahl dieser gestohlenen Aktien bei einer Wiener Bank veräußert, obwohl ihr deren Herkunft bekannt war. Ihr Bruder, den sie beizog, übernahm die Haftung für diese Transaktion und kam, als die Sache aufflog, wegen Verdachts des Mitwissens und der Beihilfe zusammen mit seiner Mutter ins Gefängnis. Weitere Untersuchungen des »Falls Jacob«, wie manche Zeitungen ihn am liebsten titulierten, brachten zutage, daß dies bloß eine der mutmaßlich von der Halbschwester in Europa begangenen Betrügereien war.
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Am 1. August 1935 schrieb Paul Zsolnay der Viking Press folgendes: »Heinrich Eduard Jacob schuldet dem Verlag für bevorschusste und nicht abgelieferte Bücher Μ 5510.-, ferner auf Grund einer Bürgschaft, die ich für ihn übernommen habe, mir persönlich S 17.647.60; ausserdem müssen wir auf Grund dieser Bürgschaft noch einen Betrag von S 20.761.20 für ihn bezahlen. Wir fordern die Viking Press daher auf, keinerlei Zahlungen an [...] Heinrich Eduard Jacob auf Grund der zwischen ihnen [das waren Jacob und Valeriu Marcu] und der Viking Press bestehenden Verträge vorzunehmen, ohne eine entsprechende Weisung von ihnen und von uns erhalten zu haben, da wir Sie sonst für den uns daraus entstehenden Schaden verantwortlich machen müssten.« (Ordner Valeriu Marcu). Laut Aufstellung des Verlags in einem Schreiben an Jacob aus dem Jahr 1961, Nachlaß Heinrich Eduard Jacob. Das Folgende beruht auf den umfangreichen Materialien, darunter Zeitungsausschnitten, im Nachlaß Jacobs.
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Das Gericht lehnte wiederholt Enthaftungsanträge des Jacob-Verteidigers ab, und zwar wegen Verdunkelungs- und Fluchtgefahr. Argument des Gerichts: Jacob sei reichsdeutscher Staatsbürger und werde daher als Ausländer behandelt. Nicht genug damit, die Mutter Jacobs hatte dem Wiener Buchhändler und Auslieferer des Querido Verlags in Österreich, Josef Kende, Akzepte gegen Geld gegeben und diese nicht eingelöst. Auch hier hatte Jacob blind die Haftung übernommen und mußte sich während der U-Haft vor einem Zivilgericht verantworten. Kende zeigte Gnade und ließ es bei der Feststellung des Schuldverhältnisses bewenden. Er zahlte das Geld aus eigener Tasche und verzichtete auf eine Exekution. Aber auch weniger konziliante Gläubiger standen vor der Tür. Um zu ihrem Geld zu kommen, erreichten sie im April 1936 eine Zwangsversteigerung der Wohnungseinrichtung in der Reisnerstraße, und alles kam ins Auktionshaus Dorotheum. Die Hauptsorge des Dichters war verständlicherweise seine ca. 6 000 Bände umfassende Bibliothek sowie Werke daraus, die er für seine in der Haft begonnenen Bücher benötigte. Ob es ihm gelang, die Bibliothek zu retten - auch der P.E.N.-Club wurde bemüht - geht nicht eindeutig aus dem Aktenmaterial im Nachlaß hervor. Um seinen Klienten aus der U-Haft freizubekommen, bot Jacobs Verteidiger eine sog. »Fluchtkaution« an. Diese sollte durch Jacobs ausländische Verleger, also Fritz Landshoff vom Querido Verlag und Paul Fischl von Jul. Kittl's Nachf. in Mährisch-Ostrau, aufgebracht werden, doch erstens stieß eine Überweisung der S 10 000 auf Devisenschwierigkeiten und zweitens waren dem Gericht ausländische Geldgeber suspekt. Es gelang Jacobs »österreichischen Freunden« schließlich, die Kautionssumme im Inland aufzutreiben (ob Paul Zsolnay sich daran beteiligte, ist nicht bekannt, aber eher unwahrscheinlich), und Jacob wurde am 18. Juli 1936 auf freien Fuß gesetzt. Die Fertigstellung der Anklageschrift - auch Jacobs betagte Mutter war inzwischen aus der U-Haft entlassen worden - zog sich über Wochen und Monate hin, ja erst am 7. Jänner 1938 konnte der für drei Wochen anberaumte große Betrugsprozeß beginnen. Für die Presse - von Brünn bis Innsbruck und von Prag bis Klagenfurt - war das Verfahren eben wegen des prominenten Schriftstellers Heinrich Eduard Jacob eine große Sensation, über die es in allen Einzelheiten zu berichten galt. Wegen der Linie des Staatsanwalts und der Verhandlungsführung durch einen - milde ausgedrückt - nicht ganz unvoreingenommenen Richter kam für die Familie Jacob nicht viel Schmeichelhaftes dabei heraus. Jacob bekannte sich »in keiner Weise« schuldig. Vor Gericht verstieg sich der Staatsanwalt zu der Behauptung, solches »Gangstertum« - gemeint war die Familie Jacob - dürfe nicht nach Wien übergreifen. Als das Schöffengericht am 10. Februar 1938 die Urteile fällte, wurde Alice Lampl für schuldig befunden und zu zwei Jahren schweren Kerkers mit Landesverweis verurteilt. Martha Jacob, inzwischen 73 Jahre alt, kam mit 18 Monaten davon und Heinrich Eduard Jacob wurde freigesprochen.
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Das war allerdings nur ein vorläufiges Ende einer tragischen Geschichte. Jacobs volle Freiheit währte nur kurz. Etwas mehr als fünf Wochen später wurde der Schriftsteller am 22. März von der Gestapo in Wien in Schutzhaft genommen und am 2. April saß er schon im KZ Dachau als »politischer Schutzhäftling«. Seiner Halbschwester Alice, die das ganze Unglück über die Familie gebracht hatte, wurden neue Delikte vorgeworfen. Sie wählte am 21. September 1938 den Freitod. Jacobs Mutter wurde in der ersten Juliwoche 1938 in Wien in Zusammenhang mit den mutmaßlichen Devisenvergehen und weiter zurückliegenden Betrügereien ihrer Tochter verhaftet und in das Frauengefängnis in Berlin-Moabit überstellt. Noch im Juli 1941 schmachtete sie - trotz aller Versuche, sie nach Amerika freizubekommen - im »Frauenzuchthaus Cottbus« ... Jacob wurde Ende September 1938 vom KZ Dachau in das Lager Weimar-Buchenwald transferiert. 77 Seiner Lebensgefährtin Dora Angel (der Schwester des Lyrikers und Filmregisseurs Ernst Angel und geschiedenen Frau des Schriftstellers Otto Soyka) verdankt Jacob seine Freilassung aus dem KZ. Auf Anordnung des Geheimen Staatspolizeiamts Berlin vom 26. Jänner 1939 wurde Jacob am 10. Februar nach Wien entlassen. Acht Tage später heiratete er Dora Angel. In den nächsten Wochen und Monaten gelang es dem Ehepaar mit den üblichen Mühen, Steuerunbedenklichkeitserklärungen und alle nötigen Affidavits, Transitvisas und dgl. für die Emigration zu sammeln. Jacob verließ Wien im April Richtung England, seine Frau kam im Juli nach. Wenig später reisten beide per Schiff nach New York, wo sie am 14. Juli 1939 ankamen. Heinrich Eduard Jacob starb im Jahre 1967 in Salzburg, wo er sich wegen des Klimas zuletzt aufgehalten hatte. Erst in den letzten Jahren ist es durch große Bemühungen des Nachlaßverwalters Hans Jörgen Gerlach in Berlin zu einer Wiederentdeckung des Autors gekommen.
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Seine Korrespondenz mit Mutter und Lebensgefährtin während der KZ-Haft ist im Nachlaß erhalten.
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20. Die Jahre 1933-1935. Aderlaß und Kassensturz
20.1. »Merkwürdige Umschichtungen« Als im Dritten Reich der Rassemaßstab an die Literatur gelegt wurde, nahmen herkömmliche verlegerische Entscheidungskriterien zugunsten staatlich verordneter Verhaltensregeln an Bedeutung ab. Vom Standpunkt der Verlagsgeschichte aus gesehen, sind es die »historischen Determinanten«, die weit mehr Aufmerksamkeit auf sich lenken als die Literaturproduktion selber. Obwohl die Schrifttumspolitik, die mit dem Nationalsozialismus allgemein identifiziert wird, das Ergebnis eines ständigen Änderungen unterzogenen Prozesses darstellt, konnte nach der sog. Machtübernahme der Nationalsozialisten und erst recht nach den studentischen Autodafes in vielen deutschen Städten im Mai 1933 unter Realisten kaum mehr Zweifel darüber bestehen, wohin diese Entwicklung früher oder später führen würde. Die Ausmerzung von »Asphalt- und Zivilisationsliteratur« wider den allerorts geschworenen deutschen Geist im Jahre 1933 richtete sich nicht nur gegen die Vergangenheit und Gegenwart der deutschen Literatur, sondern auch gegen die zukünftige Produktion. Die Reaktion des Verlegers Paul Zsolnay auf die Umwälzungen im Deutschen Reich, wo er ungefähr 70-75% seiner Produktion verkaufte, bzw. sein Verhalten gegenüber den Veränderungen im Zeitraum 1933-1938 ist nicht auf einen Nenner zu bringen. Und es würde zu kurz greifen, wenn man behauptete, er hätte nichts unterlassen, um seine Firma am Leben zu erhalten. Das hat er zwar auch getan und ging dabei manchen heute dubios erscheinenden Kompromiß ein. Gleichzeitig aber weigerte er sich, Literatur mit ausgesprochen nationalsozialistischer Tendenz in Verlag zu nehmen und half nach Kräften jenen Autoren, deren Werke er nicht publizieren konnte. Vor dem, was nach dem Wahlsieg der Nazis in Deutschland auf ihn (und andere Verlage) zukommen sollte, war Paul Zsolnay gewarnt worden. Anhand der Korrespondenz mit drei Autoren soll versucht werden, die äußeren Einflüsse auf die literarische Produktion und die Vorgangsweise des Verlags zumindest zum Teil zu rekonstruieren. Einen Situationsbericht aus Deutschland am 11. Februar 1933, also ganze drei Monate vor den Bücherverbrennungen, verdankt er bzw. verdankt sein literarischer Direktor Felix Costa dem nicht übermäßig erfolgreichen Verlagsautor Kasimir Edschmid. Dieser meinte nämlich, daß der Verlag in Wien über die neue Lage in Deutschland nicht ganz so im Bild sei, ein Tadel, den Costa mit - wie die nächsten Wochen und Monate zeigen sollten - unangebrachter Überheblichkeit von sich 363
wies. Ohne den Hintergedanken eines persönlichen Vorteils teilte Edschmid dem Verlag folgendes mit: Es tut mir ausserordentlich leid, Ihnen das schreiben zu müssen. Und wenn Sie mir in alter Treue und Anhänglichkeit eine (sie) Wort des Rates gestatten, so habe ich ein wenig den Eindruck, als ob Sie von Wien aus nicht ganz die Situation der geistigen Aufnahmefähigkeit und Bereitschaft in Deutschland übersehen. Ich bin kein Mann von rechts, ich bin kein Nationalsozialist, weiss Gott nicht, aber es haben sich in Deutschland merkwürdige Umschichtungen im letzten Jahr vollzogen, Umschichtungen, die für Sie und den Absatz und die Beurteilung des Publikums von höchster Bedeutung sind. Es wird zum Beispiel unmöglich sein, was ich persönlich bedaure, in den nächsten Jahren ein Buch von Ludwig in Deutschland auch nur annähernd abzusetzen, da auch die links stehende Öffentlichkeit (wie zum Beispiel die Kölnische Zeitung zeigt) sein Schweizerwerden nicht versteht. Ich möchte nicht, dass Sie das so auffassten, als ob das gegen Ludwig gerichtet sei, ich wollte Ihnen nur ein Symptom erklären. In der Tat sind viele Organe, die früher wichtig waren und Resonanz hatten, heute von absoluter Resonanzlosigkeit, während andere Organe (ich vermeide die irre führenden Begriffe rechts und links), welche die heutigen Probleme diskutieren und dazu positiv diskutieren, von höchster Resonanz geworden sind. Es hat sich unter der Oberfläche eine absolute Verschiebung vollzogen, daran hilft kein Gejammer der Intellektuellen und kein Kriegsgeschrei. Und dies alles wird sich erstaunlich konsolidieren. Ich hoffe, Sie folgen meinem Rat, einen aufmerksamen Beobachter nach Deutschland zu senden, der nicht auf die radikale Nur-Literatur hört, auch nicht das heutige gute Deutschland mit der radikalen Politik verwechselt sondern auf das hört, was die deutsche Menschheit wünscht und haben will/. Dieser Rat ist sehr freundschaftlich gemeint. Missverstehen Sie ihn nicht. Er ist Goldes wert. 1
Costa reagierte und argumentierte wenige Tage später sozusagen von oben herab, mit einem Verhalten, das in krassem Widerspruch zu seinem späteren oft kopflosen Agieren steht: Ich bin, sehr verehrter Herr Edschmid, in einiger Verlegenheit, zu Ihrem letzten Brief Stellung zu nehmen, da ich die Gefahr sehe, im Zuge meiner Verteidigung den Eindruck einer kleinen Überheblichkeit zu erwecken. Dennoch will ich in aller Offenheit meine Gedanken entwickeln und bitte, wenn irgendetwas in diesem Brief misslingen wird, dieses Misslingen in dem Mangel an Ausdruck, nicht in dem Mangel an Gesinnung zu suchen. 2
Costa fühlte sich bemüssigt, den Autor Edschmid zu belehren. So würde der Verlag mit seinem Buch Deutsches Schicksal auflagenmäßig ganz woanders stehen, wenn andererseits jener Umschichtungsprozess in Deutschland, den Sie so trefflich in Ihrem Schreiben charakterisieren, vollzogen wäre. Sie, sehr verehrter Herr Edschmid, halten diese Umschichtung für bereits vollzogen, wie Sie schreiben. Ich glaube zu wissen, dass sich noch alles in turbulentester Bewegung befindet, eine Bewegung, die viel Lärm und Unruhe verursacht und dem Begriff »Buch« im Augenblick nicht gerade als zuträglich zu bezeichnen ist. [...]
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Edschmid an Costa, 11.2.1933, Ordner Edschmid.
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Costa an Edschmid, 15.2.1933, ebd.
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Für das Wort des Rates, dass Sie, sehr verehrter Herr Edschmid, wie Sie es liebenswürdig nennen, »in alter Treue und Anhänglichkeit« mir geben, danke ich Ihnen herzlichst und bitte Sie, die Versicherung, die ich ebenfalls in Treue, Anhänglichkeit und Verehrung ausspreche, entgegenzunehmen, dass uns hier in Wien die geistige Situation Deutschlands keineswegs unbekannt ist, umsoweniger als wir jeden freien Tag dazu benützen, nach Berlin zu reisen und gerade die Erfahrung gemacht haben, dass wir, wenn wir in Berlin, Leipzig, Hamburg oder Frankfurt uns aufhalten, als der von aussen kommende, wohlwollende und aufmerksame Beobachter gewissermassen, mehr sehen und hören und mit stärkerer Aufmerksamkeit in uns aufnehmen, als der ständig in Berlin wohnende, vom Alltag fortgerissene Verleger es kann. Wir glauben, uns durchaus klar darüber zu sein, was sich in Deutschland geistig ergeben wird - was uns gewiss den Wert Ihres Rates nicht herabmindert, (ebd.)
Wie der Verlagschef Paul Zsolnay eben »die heutige Zeit, die so reich an äusseren Ereignissen« sei, zu einem Zeitpunkt beurteilte, als die künftige Entwicklung noch schwer vorauszusehen war, zeigt ein Brief an den von ihm vergötterten Franz Werfel vom 24. März 1933. Die Devise Zsolnays lautete einfach: die Augen vor der Wirklichkeit verschließen. Er war »begierig« wie noch nie, die neue Arbeit Werfeis, nämlich Die vierzig Tage des Musa Dagh kennenzulernen. Denn die Zeit erwecke, so Zsolnay, »immer mehr den Wunsch danach, durch Werke, die sich über das Zeitliche erheben, in eine reinere und schönere Atmosphäre gehoben zu werden«.3 Das traf gerade nicht auf den Gegenstand des Romans zu. Dessen war sich sogar auch der Autor bewußt. Am Tag, an dem Zsolnay seinen Brief an den in Italien weilenden Autor Werfel schrieb, richtete dieser einen Brief an seine Eltern, in dem er meinte, der Musa Dag/i-Roman habe »eine symbolische Aktualität bekommen: Unterdrückung, Vernichtung von Minoritäten durch den Nationalismus«.4 Die Dichtung holte die Wirklichkeit ein. Wie Felix Costa, deutete auch Paul Zsolnay die Zeichen der Zeit falsch, schätzte das NS-Regime falsch ein. Der Optimismus des Verlegers beruhte zwar auf seiner ehrlichen Überzeugung, die Tragweite dieser politischen Naivität wurde dadurch aber nicht vermindert. So schrieb er an Werfel: Du kannst Dir vorstellen, dass die Ereignisse in der letzten Zeit uns viel zu denken gegeben haben, aber ich kann Dir versichern, dass ich hoffnungsvoll in die Zukunft blicke, nicht nur was mich anlangt, sondern vor allem, was unseren Verlag betrifft, der sich von jeher durch politische Zeitströmungen nicht beeinflussen liess und keiner Partei diente, es sei denn der Partei der reinen Kunst. Diese Kunst, die über alle Tagesfragen sich mit dem Ewigen auseinandersetzt, ist heute notwendiger denn je und so werden wir, wenn wir diesem Ziel treu bleiben, auch weiterhin eine, wie ich hoffe, schöne Mission erfüllen können. 3
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Paul Zsolnay an Franz Werfel, 24.3.1933. Alma Mahler-Werfel Papers, Philadelphia. Brief an die Eltern, 24. März 1933. Eduard Goldstücker: Ein unbekannter Brief von Franz Werfet. In: Austriaca. Beiträge zur österreichischen Literatur. Festschrift für Heinz Politzer zu seinem 65. Geburtstag. Tübingen: Max Niemeyer Verlag 1975, S. 370-375. Hier S. 374. Wie Anm. 3.
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Zsolnay war über die jüngsten Entwicklungen offenkundig nicht informiert, und sah nicht, daß Politik und nicht Literatur die gegenwärtige Diskussion auch innerhalb der Sektion Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste, deren Vorstand der Verlagsautor seit 1926 angehörte, bestimmte. Ansonsten wäre folgende Lobpreisung über Werfeis politische Enthaltsamkeit unverständlich: Ich freue mich, dass Du allen Lockungen widerstanden hast, Dich in Dinge einzumischen, die unter Deiner Würde sind, nämlich in Dinge der Tagespolitik, die gerade grossen Geistern verhängnisvoll werden können. Deine Tribüne sind nicht Tageszeitungen, Deine Aufgabe sind nicht
Manifestationen
politischer
Art zu
Zeitfragen,
sondern
die Manifestation
Deiner
Persönlichkeit im Kunstwerk. Dort sollen Dich Millionen deutscher Leser finden und dort wirst Du ihnen das Wesentliche und stets Gültige sagen, wie Du es immer bis jetzt gesagt hast, (ebd.)
Man sah nicht den Unterschied zwischen Stellung-Beziehen-Müssen und sich zu Wort melden können. Werfel hatte sich zum Zeitpunkt dieses Briefs de facto in »Dinge der Tagespolitik« eingemischt und am 19. März 1933 einer von Gottfried Benn verfaßten Resolution des Vorstands der Dichterakademie zugestimmt, nach der die befragten Vorstandsmitglieder sich bereit erklärten, »unter Anerkennung der veränderten geschichtlichen Lage« sich weiter der Akademie zur Verfügung zu stellen. »Eine Bejahung dieser Frage schließt die öffentliche politische Betätigung gegen die Regierung aus« und verpflichtete das jeweilige Vorstandsmitglied »zu einer loyalen Mitarbeit an den satzungsgemäß der Akademie zufallenden nationalen kulturellen Aufgaben im Sinne der veränderten geschichtlichen Lage«.6 Zsolnay mußte erst lernen, daß es mit der »Partei der reinen Kunst« für längere Zeit vorbei war, daß die »Kunst«, wie sie von nun ab verstanden wurde, sich nicht mehr mit dem »Ewigen« abgeben wollte. Besonders deutlich war die Fehlentscheidung Zsolnays (und wahrscheinlich auch Costas) in der Sache der politischen Enthaltsamkeit der Autoren, die »vor Strafe« hätte schützen sollen. In der Angelegenheit der von Werfel vorgeschlagenen literarischen Zeitschrift (1932) hatte Costa den Autor schon unter einen Glassturz gestellt und nun sollte nach der Vorstellung Zsolnays durch allfällige Stellungnahmen zur Zeit keine Gefahr für Werfel heraufbeschworen werden. Im August 1933 war diese Gefahr offenbar real geworden, denn Felix Costa entschloß sich, zwei Werke Franz Werfeis freiwillig aus dem Verkehr zu ziehen. An die Berliner Niederlassung richtete er nämlich folgende interne Weisung: Da wir in Erfahrung gebracht haben, dass gelegentlich flüchtigere Leser an einigen Stellen der Werfel-Broschüren »Realismus und Innerlichkeit« und »Kann man ohne Gottesglauben leben?« Anstoss nehmen, scheint es uns angebracht, um den Dichter keinerlei Missdeutungen aus-
6
Inge Jens: Dichter zwischen rechts und links. Die Geschichte der Sektion für Dichtkunst an der Preußischen
Akademie der Künste dargestellt nach den Dokumenten.
schenbuch Verlag 1979, S. 199f.
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München: Deutscher Ta-
zusetzen, diese beiden Broschüren derzeit nicht zu verkaufen. Wir ersuchen Sie daher, eingehende Bestellungen nicht auszuliefern und die beiden Broschüren als »vergriffen« zu führen. Zu Ihrer Orientierung möchten wir noch ergänzen, dass keinerlei Einwände von behördlicher oder beruflicher Seite gegen diese Broschüren vorliegen und dass die mitgeteilte Massnahme eine durchaus freie Entscheidung unsererseits bedeutet. 7
Costas Wort »Mißdeutungen« ist eindeutig eine falsche Bezeichnung. Beide Broschüren waren Vortragstexte, und jeder, der der Sprache mächtig war, wußte, wogegen sich Werfel richtete. Diese Maßnahme bedeutete für den Verlag eine finanzielle Einbuße, denn die Broschüre Realismus und Innerlichkeit war im Dezember 1932 bereits in fünfter Auflage (17.-21.Tsd.) erschienen, während der Text des zweiten Vortrage im April 1932 in einer Auflage von 10 000 auf den Markt kam. Daß der Ratschlag »Kopf in den Sand oder über den Wolken« keinen Schutz bot, war erst Ergebnis eines Lernprozesses der Herren in Wien. In einer Zeit der litelataipolitischen und nicht literarischen Maßstäbe war rassische Herkunft und nicht solches »Wohlverhalten« das Kriterium. Mag sein, daß Felix Costa die »geistige Situation« geläufig war, politisch hat er sie nie richtig gedeutet, er und sein Chef hielten den Nationalsozialismus für eine vorübergehende Erscheinung, die man bloß auszusitzen habe. Werfel war der Ansicht, die Machtübernahme der Nationalsozialisten sei vielleicht »nur ein kurzer Rückschlag«.8 Doch war Edschmid nicht der einzige (auch erwünschte) Ratgeber des Verlags vor Ort. So informierte Erich Ebermayer, dem wohl die Ehre zukommt, den umfangreichsten Briefwechsel aller Autoren mit dem Zsolnay Verlag geführt zu haben, Felix Costa Mitte April 1933 vom schwindenden Image Zsolnays am Buchmarkt: Sie müssen sich darüber klar sein, daß »unser« geliebter Zsolnayverlag in den letzten 2 Jahren bei Sortiment und Publikum an Vertrauen verloren hat, - u. Gründe festzustellen steht mir nicht zu. Dieses geschwundene Vertrauen muß langsam wieder neu erworben werden, was nicht leicht sein wird und Ihre ganze Kraft erfordert. 9
Daß das Leben im Verlag nicht mehr ganz so gemächlich war wie im Februar geht aus der Begründung Costas für die verspätete Antwort an Ebermayer hervor. Die Verzögerung läge, so Costa Ende April, »in der grossen Arbeitsüberlastung und in der schwierigen und wirklich aufreibenden Situation«.10 Mit dem Absatz eines Buches sei es »jetzt eine sehr schwere Sache und die augenblickliche Situation lässt überhaupt keine Übersicht zu« (ebd.). Costas Reaktion auf den angeblichen Popularitätsverlust ist typisch für den beschwichtigenden Ton, den er und Paul Zsolnay 7 8 9 10
Costa an Titl. Paul Zsolnay Verlag, Berlin, 16.8.1933, Ordner Werfel. Werfel, Brief an die Eltern, 24. März 1933. In: Goldstücker, S. 375. Ebermayer an Costa, 15.4.1933, Ordner Ebermayer. Costa an Ebermayer, 27.4.1933, ebd.
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im Umgang mit Autoren jahrelang anschlagen sollten. Hier muß man allerdings konzedieren, daß man von ihnen in dieser Lage kaum hätte erwarten können, daß sie die Panikstimmung, die zeitweise geherrscht haben mag, auf die Autoren übertragen. Costas Replik: Jedenfalls, sehr geehrter Herr Doktor, stimmt Ihre Ansicht, dass der Verlag bei den Sortimentern Vertrauen verloren habe, keineswegs. Ob dies und in welchem Umfang dies beim Publikum geschehen könnte, entzieht sich unserer direkten Kenntnis. Indirekt haben wir von Seiten des Sortiments niemals etwas Diesbezügliches gehört. Natürlich schliesst diese meine Erklärung nicht aus, dass das Sortiment und Publikum oder einer dieser beiden Faktoren mit dem oder jenen (sie) Buch nicht einverstanden sind. Aber ein Vertrauensverlust des Verlages in seiner Totalität beim Sortiment ist ausgeschlossen. Wir sind wohl überzeugt, sehr geehrter Herr Doktor, dass Sie Ihre Behauptung nicht aus der Luft gegriffen haben, aber die Äusserung von ein, zwei oder fünf Sortimentsfirmen aus einer oder der anderen Stadt - wahrscheinlich solcher Firmen, die von Ihnen scharf gemahnt oder geklagt worden sind und deren gibt es ja eine beträchtliche Zahl - dürfen in Ihnen keine falschen Vorstellungen erwecken. Selbstverständlich sind wir Ihnen sehr dankbar für derartige Mitteilungen und wir räumen Ihnen ohne weiteres das Recht ein, die Gründe hiefür festzustellen und uns mitzuteilen. (Ebd.)
In Wien hatte man sich schon mit der Neuordnung am Zeitungsmarkt im Reich auseinanderzusetzen und vielleicht mehr als üblich für einen bestimmten Autor bestimmte Zeitungen als Werbemedium mit erhöhter Sorgfalt auszusuchen. So ist dies im Hinblick auf die Ankündigung eines Ebermayer-Werks zu verstehen: »Die Auswahl der Zeitungen zeigt Ihnen deutlich, welche Absichten wir hiebei verfolgt haben. Eine Inserierung Ihres Werkes im Berliner Tageblatt, in der Frankfurter Zeitung und in den Münchner Neuesten Nachrichten wäre nicht richtig gewesen. Es sei Ihnen verraten, dass es Autoren hohen Ranges gibt, die eine Inserierung in den genannten Zeitungen heute strikte ablehnen.« (ebd.) Und betreffend die Verlagswerbung für das Buch einer ausländischen Autorin: »Die Auswahl der Zeitungen, in der dieses Buch inseriert wurde, wurde diesem Buch angepasst.« (ebd.) Zum besseren Verständnis sei bemerkt, daß von sämtlichen Autoren des Zsolnay Verlags in den Jahren 1924-1938 kein anderer Schriftsteller so oft einen Brief an den Verlag richtete, um bekanntzugeben, daß er mit dieser oder jener Aktion unzufrieden sei, daß sein Werk viel zu wenig oder gar nicht propagiert werde, wie Erich Ebermayer. Ja sogar die Unzufriedenheit Heinrich Manns verblaßt daneben. So beschwerte sich Ebermayer beim Berliner Vertreter des Verlags, Herrn Ruske, im April 1933, daß der Verlag für seinen Roman geringe Propaganda entfalte, ja es sei »geradezu unfasslich«. 11 »Was heisst das eigentlich: von jedem mittelmässigen Ausländer - dessen Überzahl dem Verlag in den letzten Jahren ohnehin bei Sortiment, Presse und Publikum genug geschadet hat - erscheinen in allen grossen Blättern regelmässig Inserate, - [...].
11
Ebermayer an Ruske, 23.4.1933, ebd.
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Was hat es für einen Sinn gute Bücher zu schreiben und zu drucken, wenn nachher nicht einmal die T a t s a c h e des Erscheinens bis zum Publikum dringt?« (Ebd.) Paul Zsolnay versuchte Ebermayer damit zu besänftigen, daß man »Ihr Werk, das wir sehr schätzen, in die von uns neugeschaffene Gruppe 'Der Neue grosse deutsche Roman1 aufgenommen in welcher ausser Ihrem Buch vorläufig drei grosse Romane enthalten sind, die allgemeinen Beifall gefunden haben und die durch weitere Romane von Molo, Schaffner und Edschmid, die im Frühherbst bei uns erscheinen werden, fortgesetzt werden wird.«12 Der Zsolnay Verlag hatte mit dieser Edition auf die veränderte Lage in Deutschland schnell reagiert und Autoren und Werke gruppiert, die für eine nationale Tendenz Zeugnis ablegen sollten. Hierfür wählte man freilich Autoren, mit denen man kein ungetrübtes Verhältnis entwikkeln konnte und die selber z.T. jeden Anlaß suchten, um vom Verlag in Wien loszukommen. Manchen von ihnen, wie Molo, Thiess und Ebermayer nahm man nach dem Zweiten Weltkrieg die selbst kreiierte Rolle des »inneren Emigrantentums« schwer ab. Die selektierte Wahrheit hält in solchen Fällen einem Vergleich mit dem Briefmaterial im Verlagsarchiv nicht stand. Es steht außer Streit, daß nach dem Frühjahr 1933 mehrere Autoren ihre Bindung zum Verlag lösen wollten, doch meist stand dem ein Generalvertrag im Weg. So schrieb Edschmid an Paul Zsolnay im Mai 1933 von seiner Kontaktaufnahme mit zwei anderen Verlagen. Er habe, teilte er mit, lukrative Angebote ausgeschlagen: Andererseits ist es geschehen, dass mir rein aus der Zugehörigkeit zu dem Verlag grosse Unannehmlichkeiten entstanden sind und dass dadurch Dinge geschehen sind, die, wenn auch irrtümlich vorgefallen, mich sehr geschädigt haben. 13
Edschmid war nicht allein. Um sicher zu gehen, stellte der Autor Fragen, »welche der Zeitlage entsprechen«. Er wollte die Zusammenstellung des Verlagsprogramms für den Herbst 1933 und das Frühjahr 1934 wissen. Der Grund: »Ich stelle mir vor, dass Sie grosse Sorgen haben, wie jedermann, und ich denke mir, dass Sie eine Richtlinie sich ausgearbeitet haben.« (Ebd.) Costa räumte ein, daß der Verlag »die heutigen Wirtschaftsverhältnisse zu spüren« bekomme und daß die diversen Abteilungen des Verlags »durch die aussergewöhnlichen Verhältnisse derzeit besonders in Anspruch genommen« seien und erläuterte das Programm der Herbstneuerscheinungen: »Sie sehen aus diesen Ausführungen, dass wir trotz der schweren Wirtschaftskrise ein sehr reichhaltiges Herbstprogramm haben, von dem ich annehme, dass die meisten Erscheinungen auch Ihnen etwas zu sagen haben werden.«14
12 13 14
Paul Zsolnay an Ebermayer, 16.6.1933, ebd. Edschmid an Paul Zsolnay, 30.5.1933, Ordner Edschmid. Costa an Edschmid, 1.6.1933, ebd.
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Im Sommer 1933 begann eine sehr intensive Beziehung zwischen Hanns Martin Elster und dem Zsolnay Verlag. Elster war - im Gegensatz zu Edschmid - ein »gebetener« Ratgeber. Seine Anbiederungsversuche und seine Wichtigmacherei führten letztlich zu einem Vertragsabschluß. Doch kümmerte sich Elster um dessen Einhaltung nicht allzu sehr, monierte das verspätete Eintreffen der ausbedungenen Monatsraten, hielt es offenbar auf Grund der Entwicklungen in Deutschland für inopportun, das versprochene Manuskript abzuliefern und kassierte die Vorschüsse ohne sich über die Rückzahlung Gedanken zu machen. Beispielhaft für die monatelangen Bemühungen Elsters, dem Wiener Verlag und seinem Programm einen nationalen (oder nationalsozialistischen), jedenfalls im Reich akzeptierbaren Anstrich zu geben, ist sein Einsatz für den Schriftsteller Eduard Stucken: »Auf das Dringendste ans Herz legen« wollte Elster eine Volksausgabe des über 1200 Seiten starken Romans Die weissen Götter. In der ihm eigenen offenen Art zu reden, legte er die Gründe dar, die für den Erwerb des Romans sprachen: Diese Volksausgabe stimmt auch geistig mit den jetzigen Zuständen in Deutschland überein, denn es gibt kaum ein zweites dichterisches Romanwerk, das imstande ist, so klar die nationalsozialistische Weltanschauung gradezu rassemässig, kulturpolitisch und politisch zu veranschaulichen, wie Stuckens »Weisse Götter«. In diesem Roman wird ja ein rassemässig, wie religiös, also mythisch völlig geschlossenes Bild eines Volkstums und Staates dargestellt, die durch den Einbruch eines fremden Volkstums, einer fremden Weltauffassung, nämlich der Portugisen [sie] zerstört werden. Wenn man die Propaganda der Volksausgabe von diesem Grundgedanken aus aufzieht, ergibt sich ohne Weiteres die Mithilfe der jetzt führenden deutschen Presse. Und das bringt mich auf die geistige Notwendigkeit, Stucken in Ihren Verlag zu übernehmen.
Stucken
ist als Persönlichkeit und mit seinem Werk von
der nationalen
Presse
Deutschlands von jeher voll anerkannt. Er ist von der Berliner Tageblatt-Presse stets sehr schlecht, besonders während der letzten 14 Jahre behandelt worden. Er hat daran gar keine Schuld. Stucken ist stets nur ein Mensch seiner Leistung gewesen, hat sich niemals in die Tagespolitik gemischt und niemals Äusserungen irgend welcher Art in rassischer oder politischer Beziehung getan. Dazu kommt, dass Adolf Bartels in seiner grossen 3-bändigen Literaturgeschichte Stucken ein grosses Kapitel gewidmet hat, sodass damit für die ganze kritische und journalistische Jugend die Grundlage ihrer Einstellung gegeben ist und sich auch stets bemerkbar gemacht hat. [...] Stucken ist bei den führenden nationalsozialistischen Kulturpolitikern mit Einschluss von Hanns Johst und Hans Hinkel durchaus anerkannt. 1 5
Die Strategie, der sich der Zsolnay Verlag nicht völlig verschloß und die darin bestand, in NS-Kreisen angesehene Autoren aufzunehmen, um die allgemeine Akzeptanz des Verlags zu erhöhen, war einfach und einleuchtend. Dazu Elster: Es wird besonders guten Eindruck machen, wenn Sie grade jetzt Stucken übernehmen und fördern, damit durch die Tat beweisen, dass Sie sich zum neuen Deutschland positiv stellen und die Versündigung eines Leipziger Verlegers wie Paul List gutmachen, (ebd.)
15
Elster an Costa, 20.7.1933, Ordner Elster.
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D e r Erwerb Stuckens hätte, so Elster, den Vorteil, daß die »Aufmerksamkeit des gesamten literarischen Deutschlands auf eine besondere Tat des Z s o l n a y - V e r l a g e s gelenkt« werde. Beinahe missionarisch und w o h l nicht ganz altruistisch ging Elster ans Werk, verschwieg d e m Verlag gegenüber k e i n e s w e g s die Schwierigkeiten, mit denen er bei seiner »Talentsuche« konfrontiert war. Ich stosse jetzt immer wieder, vor allen Dingen bei den jüngeren Autoren, auf den Einwand, dass Zsolnay doch ein liberalistisch-jüdischer Verlag sei, in dem seine Bücher zu veröffentlichen nicht nur inopportun, sondern sogar gefährlich wäre. Wenn ich dann darauf hinweise, dass eine Änderung angestrebt wird, dann erhalte ich meist die Antwort, dass man nicht recht daran glaube, oder dass man abwarten wolle. Die Tat der Übernahme Stuckens würde also den Glauben stärken, das Abwarten verkürzen und das Rückgrat meiner Werbung für Ihren Verlag unter den Autoren festigen. Ich darf bemerken, dass erst vor 2 Tagen wieder auf der Kulturpressekonferenz des Reichspropagandaministeriums der betreffende Referent B a d e erklärte, die Kulturpropaganda müsse allgemein dazu führen, dass die deutschen Autoren [es] nicht mehr notwendig hätten, in liberalistischen Verlagen zu erscheinen. [...] Die jüngere Schicht hat also hier auch ganz bestimmte feste Anschauungen, die man nur durch die Tat entkräften kann. Dabei steht die Jugend zu Persönlichkeiten wie Walter von Molo oder Kasimir Edschmid skeptisch. Ich lasse in meinen Bemühungen natürlich nicht nach und glaube ja auch, dass ich die mir gestellte Aufgabe bewältigen werde. Es bedarf allerding(s) der Zeit, (ebd.) Der Erfolg v o n Stuckens Die
weissen
Götter
gab Elster seiner M e i n u n g
nach
schließlich Recht, »weil das Werk ja wirklich einzigartig ist und auch m i t heute lebendig g e w o r d e n e n Anschauungen über Volksschicksal im engsten Z u s a m m e n h a n g steht«. 1 6 ( D i e A u f l a g e bei Zsolnay erreichte übrigens 1977 das 4 1 . T s d . D i e anderen Bücher Stuckens, die Zsolnay in Verlag nahm, waren eher F l o p s . ) D i e im bereits zitierten langen Schreiben Elsters v o m 20. Juli 1933 angesprochenen Widerstände i m Reich g e g e n den Zsolnay Verlag waren innerhalb kurzer Zeit auch nicht v o n e i n e m Elster zu beseitigen. W e n i g e W o c h e n später heißt e s in dieser Angelegenheit: Ich habe auch, wie ich Ihnen offen aus Freundschaft und Sachlichkeit sagen will, immer noch grosse Schwierigkeiten, neue Autoren für Ihren Verlag zu gewinnen. Erst vorgestern schrieb mir wieder ein wertvoller Autor: »als Nationalsozialist habe ich allerdings das Bedenken, ob der Zsolnay-Verlag bei seinem prononciert jüdischen Gepräge nicht vielleicht doch eine grosse Gefahr für einen heutigen Autor wäre, zumal er in Wien lokalisiert ist, was ja gegenwärtig zu neuen Kollisionen Anlass geben könnte«. Und er fragt mich, ob ich glaubte, dass eine Umstellung des Verlages genügen würde, um diese Bedenken zu zerstreuen. Solche Äusserung ist durchaus typisch und kennzeichnet die deutsche Situation ebenso wie die Situation Ihres Verlages im Reich, (ebd.) D i e einzige praktische Möglichkeit sei, so Elster, eine ernsthafte Zeitschrift herauszugeben. Eine solche Publikation hätte Signalwirkung:
16
Elster an den PZV, 5.8.1933, ebd. 371
Würde der Zsolnay-Verlag in Abwandlung seines bisherigen Programms sich entschliessen, eine solche Zeitschrift heute herauszugeben, so würde er damit allmonatlich in einer Art, die nicht zu widerlegen wäre, beweisen, dass es ihm nicht nur auf eine äusserliche Buchstellung ankommt, sondern auf die wirkliche Förderung schöpferischer Kräfte in Deutschland, (ebd.)
Der Verlag ging auf den Vorschlag nicht ein.
20.2. Die RDS-Episode Am 9. Juni 1933 wurde der als Zwangsverband konzipierte Reichsverband deutscher Schriftsteller als Nachfolgeorganisation des Schutzverbands deutscher Schriftsteller gegründet. 17 Wenige Tage, nachdem am 22. Juli die Aufnahmebedingungen etc. bekanntgegeben worden waren - demnach konnte »jeder deutschblütige Schriftsteller« Mitglied werden, der, wie es hieß, »politisch einwandfrei im Sinne des neuen deutschen Staates« war - schrillten die Alarmglocken beim Paul Zsolnay Verlag in Wien. Felix Costa las die entsprechende Zeitungsmeldung und wandte sich umgehend an Hanns Martin Elster, um »darüber Näheres zu hören«. Er wollte wissen, »ob der in den deutschen und österreichischen Zeitungen gemeldete Entschluss des Reichsverbandes Deutscher Schriftsteller, die freie Entfaltung künstlerischer Kräfte zu ermöglichen und Mitglieder des Reichsverbandes auch Autoren werden zu lassen, deren nationale Zuverlässigkeit erwiesen ist, auch wenn sie nichtarischer Abstammung sind, auf Tatsachen« beruhe. 18 Nachsatz: »Unser Interesse für diese Frage betrifft natürlich in erster Linie Franz Werfel.« Elsters Antwort hätte Costa Anlaß geben müssen, das Schlimmste zu befürchten. Der Brief wirft fast genauso viele Fragen auf, wie er zu beantworten sucht. Inwiefern sollte die RDS-Mitgliedschft das Tor zum deutschen Buchmarkt bedeuten und wie war es mit dem Arierparagraphen? Über wieviel Einfluß Hanns Martin Elster tatsächlich verfugte, ist schwer einzuschätzen, für Costa und den Zsolnay Verlag war er jedenfalls ein wichtiges Rad in der NS-Literaturmaschine. Sein verbales Gebärden war dementsprechend:
17
18
Dazu u.a. Emst Fischer: Der »Schutzverband deutscher Schriftsteller« 1909-1933. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 21 (1980), Sp. 1-666. Hier Sp. 625-633; Volker Dahm: Die nationalsozialistische Schrifttumspolitik nach dem 10. Mai 1933. In: Ulrich Walberer (Hrsg.): 10. Mai 1933. Bücherverbrennung in Deutschland und die Folgen. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1983, S. 36-83; Gerhard Renner: Österreichische Schriftsteller und der Nationalsozialismus (1933-1940). Der »Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs« und der Aufbau der Reichsschrifttumskammer in der »Ostmark«. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 27 (1986), S. 195-303. (Als Sonderdruck Frankfurt am Main: Buchhändler-Vereinigung 1986); Klaus Amann: Der Anschluß österreichischer Schriftsteller an das Dritte Reich. Institutionelle und bewußtseinsgeschichtliche Aspekte. Frankfurt am Main: Athenäum 1988, S. 55ff. Costa an Elster, 25.7.1933, Ordner Elster.
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Was nun Ihre Fragen über den Reichsverband Deutscher Schriftsteller angeht, so habe ich mich, weil auch mich diese Fragen lebhaft interessieren, bei den zuständigen Stellen danach erkundigt. Endgültige Auskünfte konnte man mir noch nicht geben. Man versprach sie mir für Ende August. Ich werde sie Ihnen dann sofort zuleiten. Ich habe dort auch in der präzisesten Weise grade auch das Problem Werfel angeschnitten. Ferner auch das Problem der deutschen Verlage, die nicht im Raum des deutschen Reichs domiziliert sind, aber ihre Produktion selbstverständlich in ganz Deutschland vertreiben. Ich darf aber heute schon einschalten, dass in der Tat die Bestrebungen ernst zu nehmen sind, die darauf ausgehen, dass nur solche Autoren, die Mitglied des Reichsverbandes sind, in deutschen Verlagen erscheinen und deutschen Buchhandlungen vertrieben werden dürfen. Es wird ferner ernsthaft daran gedacht, dass Juden nicht Mitglieder des Reichsverbandes werden dürfen. Jene Mitteilung über die freie Entfaltung künstlerischer Kräfte bezog sich auf das Musikleben. Hier hatte Hans Hinkel das Auftreten auch nichtarischer Künstler als zulässig anerkannt. [...] Anders liegt der Fall für den Reichsverband Deutscher Schriftsteller. Hier hatte der 2. Vorsitzende, Herr Hans Richter, der hauptsächlich Romanschriftsteller des deutschnationalen Scherl-Verlages ist, eine Notiz in die Zeitung gebracht, dass auch nichtarische Schriftsteller Mitglieder des Reichsverbandes sein könnten. Zwei Tage darauf erschien aber vom 1. Vorsitzenden des Reichsverbandes, dem Nationalsozialisten Goetz Otto Stoffregen [...] eine Gegenerklärung, in der beide Herren von Hans Richters Notiz abrückten. Da ausserdem nun Reichsminister Dr. Goebbels das Protektorat über den Reichsverband übernommen hat, so dürfte die Entwicklung des Reichsverbandes nicht in der Richtung Hans Richters liegen. Ich muss entschieden darauf hinweisen, dass die nationalsozialistische Weltanschauung sich mit Zähigkeit durchsetzt und in keiner Weise davon abgeht, jüdische Produktion im deutschen Schrifttum nicht zuzulassen. 19
Elsters praktischer Lösungsvorschlag lautete immer wieder: der Verlag müsse sich nach außen hin umstellen und das seiner Ansicht nach betont jüdische Gepräge abschütteln. Gleichzeitige Bemühungen des Salzburger Autors Franz Löser, eine österreichische Gruppe des RDS zu organisieren, hatten bislang nur mäßigen Erfolg. 20 Auf jeden Fall konnten Leser im Augustheft des offiziellen Organs des RDS, dem Schriftsteller, erfahren, daß die Mitgliedschaft im RDS in Zukunft dafür entscheidend sein würde, ob ein Schriftwerk in Deutschland verlegt werden könne oder nicht. Erst Anfang Dezember 1933 kam das Thema RDS in der Korrespondenz zwischen Elster und Costa wieder zur Sprache. Der dazwischenliegende intensive Briefwechsel ist eine interessante Mischung aus Situationsbericht und Ratschlägen. Im Mittelpunkt steht das angekratzte Image des Zsolnay Verlags in Deutschland und Mittel, das Ansehen wieder zu heben. Im Sommer 1933 erreichte den Verlag in Wien die ihn erschütternde Nachricht - offensichtlich die erste dieser Art - daß eines seiner meistverkauften Werke, Claude Anets Ariane, in Berlin beschlagnahmt worden war. Auf diesen Schock soll später ausführlich eingegangen werden, nicht nur wegen der Reaktion, die er vom Verlag evozierte, sondern auch weil es sich
19 20
Elster an Costa, 5.8.1933, ebd. Renner: Österreichische Schriftsteller, S. 220ff und Amann: Der Anschluß, S. 56f.
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wohl um einen der wenigen Fälle im Dritten Reich handelt, wo eine Aufhebung der Beschlagnahme eines Werkes erreicht werden konnte. Zur Strategie Elsters, der meinte, nie zu seinem eigenen Vorteil zu agieren, gehörte es, wie schon erwähnt, neue Autoren anzuwerben, deren Ansehen im neuen Deutschland außer Zweifel stand. Hiebei stand natürlich auch die Dichterakademie, die inzwischen mit einem neuen, von Bekennern zur veränderten geschichtlichen Lage bestückten Vorstand versehen worden war, im Mittelpunkt seiner Überlegungen. Ja, das war mit ein Grund, weshalb Elster den Autor Eduard Stucken dem Verlag so eindringlich empfahl. Denn Stucken stand, wie Elster meinte, »in seiner Akademiestellung völlig gesichert« da. 21 »Aus Ihrem Verlag haben Sie jetzt nur noch Jakob Schaffner und Walter von Molo in der Akademie. Beide sind sehr angesehen, aber Molo hat aus seiner früheren Präsidentenschaft Feinde, Schaffner wird als Schweizer mitunter nicht ganz für voll genommen. Stucken aber nimmt unter den drei Genannten den ersten Platz ein. Da die Akademie im Herbst nun nach mancher Richtung hin, worüber ich hier nicht sprechen kann, erweitert wird, zu besonderer Aktivität übergeht und ihre Einflusssphäre ausserordentlich auszudehnen vorhat, so spielt das natürlich eine Rolle, dass Sie nicht nur Schaffner und Molo, sondern auch Stucken dort als Anwalt haben.« (ebd.) Die Übernahme von Akademiemitgliedern gehörte auch Wochen später zur Strategie der Tat. Elster machte Costa z.B. auf die Generalversammlung der Akademie Ende Oktober in Berlin aufmerksam und bat um eine Art Verhandlungsmandat: »Es kommen dann und dies Jahr sicher besonders - eine grosse Anzahl führender Autoren nach Berlin. Erfahrungsgemäss besuchen mich dann immer eine ganze Reihe. Hier müsste ich also Boden unter den Füssen haben.«22 Ein paar Monate später versuchte Elster, dem Verlag Wilhelm Weigand einzureden. 23 Um seinen Argumenten für eine Übernahme NS-genehmer Autoren mehr Gewicht zu verleihen, fügte Elster einiges hinzu. So hatte er »festgestellt«, daß »vorerst bei der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums, die ein Herr Hans Hagemeyer aus Nürnberg jetzt hier in Berlin in der Oranienburger Strasse leitet, kein Wohlwollen gegenüber dem Zsolnay-Verlag zu erwarten ist. Es ist dort sogar, wie ich Ihnen im Vertrauen mitteilen kann, eine sehr hässliche Bemerkung über Walter von Molo gefallen. Es wird also einer dauernden Arbeit des Ausgleichs und des Kampfes um Gerechtigkeit und Sachlichkeit bedürfen, um alle Ressentiments und Strömungen zu besiegen«.24 Der literarische Direktor des Zsolnay 21 22 23
24
Elster an Costa, 20.7.1933, Ordner Elster. Elster an Costa, 23.9.1933, ebd. Elster an Costa, 17.11.1933, ebd. »Im Vertrauen kann ich Ihnen sagen, dass ich auch Schritte dazu getan habe, dass Wilhelm Weigand in die Akademie kommt. Weigands episches und essayistisches Werk ist so bedeutend, dass die Aufnahme Weigands unter Ihre Autoren dasselbe Aufsehen machen würde, wie die Aufnahme von Schaffner, Stucken, Röttger. Wir würden mit der Aufnahme Weigands in Ihren Verlag auf der grosszügigen Linie, die Zukunft versprechend ist, fortfahren.« Elster an Costa, 9.10.1933, ebd.
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Verlags konnte diese unfreundliche Einstellung dem Verlag gegenüber ganz und gar nicht verstehen, aber es müßte, so Costas Gedankengang, früher oder später möglich sein, einen »modus vivendi« zu finden: »Mit ausserordentlichem Bedauern erfahren wir von Ihnen, dass die Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums uns nicht mit Wohlwollen gegenübersteht. Es mag ja vielleicht für den Anfang wirklich zu viel sein, Wohlwollen zu verlangen, da sicherlich gewisse Vorurteile vorliegen. Wir stimmen Ihnen zu, sehr verehrter Herr Doktor, dass es dauernder Arbeit des Ausgleiches bedürfen wird, um diese Vorurteile zu beseitigen, wir wollen aber gleich Ihnen der Überzeugung sein, dass Gerechtigkeit und Sachlichkeit den Sieg erringen.«25 Daß »Gerechtigkeit« oder »Sachlichkeit« die Situation »jüdisch« gebrandmarkter Verlage im Reich je verbessern würden, war eine kapitale Fehleinschätzung. Elster pochte - wie Edschmid Monate zuvor - auf einen Besuch Costas in Berlin und unterstrich dabei die absolute Dringlichkeit: Ich danke Ihnen herzlich für Ihren Brief. Leider entnehme ich daraus zu meinem Bedauern, dass Sie Ihre Reise wieder auf November verschoben haben. Ich glaube, sehr verehrte Herren, dass Sie damit der Sache des Verlages nicht dienen. Es ist meine ehrliche Überzeugung, dass eine ausführliche Aussprache die Situation sehr rasch zu Ihrem Vorteil klären könnte. So lange die Situation so ungeklärt bleibt, behalten die gegen Sie wirkenden Kräfte, die auf keine Weise zu unterschätzen sind, das Übergewicht. Sie müssen bedenken, dass die Arbeit der Beeinflussung und Erziehung des gesamten deutschen Sortiments und auch der sonstigen deutschen Öffentlichkeit von Woche zu Woche immer stärker wird. 26
Die Vermutung, die man nach Lektüre der Verlagskorrespondenz Costas (und Zsolnays) ganz allgemein seit der Machtübernahme der Nazis haben könnte, nämlich daß beide Herren die Situation in Deutschland völlig verkannten, weil sie glaubten, es würde sich alles bald einpendeln, wird durch folgende wichtige Bemerkung Elsters endgültig bestätigt: Wenn Sie hierher kämen, so würden Sie sich bald davon überzeugen, dass es sich bei der Angelegenheit, im Ganzen betrachtet, um eine geistige Wandlung handelt und nicht um irgend welche Parteipolitischen Dinge. Grade von diesem Geistigen her muss aber auch die Gesamtarbeit der Verlage neu betrachtet und durchgesprochen werden. Lassen Sie mich also besonders auch in Ihrem Interesse nochmals die dringende Bitte um Ihr baldiges Kommen aussprechen, (ebd.)
So bald fuhr Costa aber nicht nach Berlin, aber Verlagsberater Elster konnte wenigstens von einem »Erfolg« berichten: Zuerst möchte ich Ihnen heute berichten, dass die Übernahme Stucken und die Veröffentlichung des Romans Karl Röttger in Ihrem Verlage hier bei der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums und bei dem dort wie auch anderwärts mächtigen Dr. Helmut Langenbucher sehr 25 26
Costa an Elster, 17.10.1933, ebd. Elster an Costa, 23.10.1933, ebd.
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stark gewirkt hat. Wie ich vertraulich sagen kann, war Dr. Langenbucher wütend, dass der Zsolnay Verlag, den er hasst, Stucken und Röttger bekommen hat. Sie sehen also, die Aufnahme von solchen Autoren ist die einzige Möglichkeit, mit Ihrem Verlag in ein verträgliches Verhältnis zum neuen Deutschland zu kommen. 27
Elster wachte über das laufende Zsolnay-Programm von Berlin aus und fand dabei so manches unter den Herbstneuerscheinungen, was seinen Plan konterkarierte. So teilte er Costa unverblümt mit: Leider habe ich über Ihre künftigen Pläne und unsere weitere Zusammenarbeit von Ihnen garnichts mehr gehört. Sie wissen ja, dass Stucken sowohl wie Röttger von mir stammen. Bedauerlich bleibt nur, dass in diesem Herbst noch einige sehr störenden Publikationen erfolgten, wie Ernst Lothar, der am meisten als Beweis eines bösen Willens von Ihnen zitiert wird. Es ist auch sehr stark aufgefallen, dass Leon Schallt, der Galsworthy-Übersetzer, Csokor, Frischauer usw. das bekannte P.E.N.-Club-Manifest gegen Deutschland unterschrieben haben. Wie falsch alle diese Herren orientiert sind, wie einseitig sie nur ihre persönlichsten Interessen verfolgen, wird ja wohl auch dem treuesten Leser der Wiener Zeitungen allmählich durch die Tatsachen klar werden. Ich bitte Sie also nochmals dringend, baldigst nach Berlin zu kommen, damit wir die gesamten Angelegenheiten klären können. Das braucht nicht mit irgend welcher Aufregung zu geschehen, sondern kann in aller Ruhe sein. Mir liegt nichts an irgend welchen Personen, sondern mir liegt allein an der Förderung wirklicher deutscher Dichtung, (ebd.)
Das konnte man ihm glauben oder auch nicht. Ohne dem Verlag davon Mitteilung zu machen, stand Elster bereits seit Monaten mit P.E.N.-Dissidenten in Wien in Verbindung und hatte sie, die dem Wiener Club den Rücken gekehrt hatten, im gleichgeschalteten deutschen P.E.N.-Club (dessen Schatzmeister er war) willkommen geheißen.28 Aus dem einen oder anderen Grund hatte eine Reihe von an sich »arischen« Autoren des Zsolnay Verlags dennoch ihre Schwierigkeiten mit dem »neuen Deutschland«. Zu nennen wären Frank Thiess, Walter von Molo, Erich Ebermayer und Kasimir Edschmid, die versuchten, einen ideologischen Seiltanz aufzufuhren. Auf Grund von übelwollenden Kritiken, die manchmal einer Denunziation gleichkamen, wurden diese Autoren gelegentlich in die Defensive getrieben. Konkret stieß Elster ein im Oktober 1933 bei Zsolnay erschienenes Werk des jungen Autors Leonard Langheinrich auf. Dieser hatte eine monographische Arbeit über Thiess vorgelegt und mit Lob nicht gespart.29 Elster mahnte im Interesse Thiess' zu mehr Vorsicht: Der Verfasser ist wohl ein sehr junger Mensch und so kann man ihm seine Übertreibungen zwar verzeihen, aber sie werden doch gegen den Verlag und Thiess, wie ich fürchte, ausgenutzt werden. Auch hier ist wieder der Anlass, Sie darauf hinzuweisen, dass ein Lektorat heute mit be-
27 28 29
Elster an Costa, 10.11.1933, ebd. Amann: Der Anschluß, S. 55. Frank Thiess. Bild eines deutschen Dichters. (Erschienen am 9. Oktober 1933.)
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sonderen Zusammenhängen zum neuen Deutschland arbeiten muss. Sie dürften im Falle Thiess niemals vergessen, dass Thiess noch 1931 in seinem Buch über die Liebe ganz abgesehen von der Mitarbeit Heinrich Manns erklärt hat (S. 15), dass unsere Zukunft so grundlegend von Russland her bestimmt sein werde, wie sie bisher von Frankreich bestimmt war. Dass diese Einleitung wie das ganze Buch wie auch seine Vortrage und Aufsätze »Die Zeit ist reif« ein Beweis dafür sind, dass Thiess sich damals zur Zeit dieser Aufsätze und Vorträge noch in keiner Weise mit dem Nationalsozialismus und zwar grade mit seinen geistigen, politischen Grundlagen bekannt gemacht hat. Nun hat er noch dazu das Buch über die Wiedergeburt der Liebe »Die unsichtbare Revolution« genannt und auch damit einen sehr wunden Punkt berührt. Ich führe all dies nur als Beispiele an, und zwar tue ich es zugunsten von Thiess, nicht um irgendwie gegen ihn zu wirken. Ich möchte Thiess fördern und da muss man zur Vorsicht raten und ihn vor panegyrischen Verehrern und Übertreibungen schützen. Was in Langheinrichs Buch steht, wird doch ohne Weiteres auch Frank Thiess selbst in die Schuhe geschoben. Man wird ihn für solche Polemiken und Übertreibungen zum spiritus rector machen und er hat es dann noch schwerer, in Deutschland so zu erscheinen, wie er wirklich ist. 3 0
So waren nach Ansicht Elsters weder das Buch über Thiess noch jüngst erschienene Werke des Autors konjunkturgerecht. Ähnliches bekamen Thiess und Zsolnay aus der von Will Vesper redigierten Neuen Literatur zu hören, die auf Blubo-Konjunktur hellhörig war. Thiess war nach dem Erscheinen von Johanna und Esther. Eine Chronik ländlicher Ereignisse (27. April 1933) nicht hoch im Kurs! Seine »vielumgreifenden Gegenwartssynthesenromane« gehörten, so die Zeitschrift, »zu dem überflüssigen und verwirrenden Schrifttum«, dieser »romanhaft würzig aufgezogene Literatentiefsinn« gebe sich nun als »Lobgesang auf deutsches Land« aus. Schlußbemerkung: »unsere Zeit wird über derlei literaturgezeugtes Schrifttum rasch hinweggehen«. 31 Auch die Plazierung von Rezensionen buchte Elster für sich als Erfolg, denn es war zu diesem Zeitpunkt (aber auch Jahre später), wie die Praxis zeigte, keineswegs selbstverständlich, daß der Name des »jüdischen« Verlags, also des Paul Zsolnay Verlags, in einer Kritik in einer NS-Zeitung Erwähnung fand. Elster hatte Molo und Edschmid in der National-Zeitung (Essen) besprochen, Grete von Urbanitzky sei »im hiesigen 'Angriff und im Völkischen Beobachter mit voller Nennung des Verlages besprochen worden«.32 Aus der Tatsache heraus, daß Der Angriff seine Stucken-Besprechung angenommen habe, leitete Elster die Erkenntnis ab, »wie wir allmählich die feindliche Front, die Vorurteile zerbrechen und für eine gesunde Auffassung über Ihren Verlag sorgen. Helfen Sie uns aber bitte nun auch dabei, indem Sie einmal nach Berlin kommen und wir endgiltige Abmachungen festlegen können« (ebd.). 33 30
Elster an Costa, 10.11.1933, Ordner Elster.
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Die Neue Literatur,
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Elster an Costa, 17.11.1933, Ordner Elster.
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H. 10, Oktober 1933, S. 581.
Am 16.12.1933 erschien im Angriff eine ausführliche Besprechung über Jakob Schaffher aus der Feder Elsters, doch wurde absichtlich oder versehentlich der Name Elsters weggelassen. Siehe den Brief Elsters an Costa vom 18.12.1933, ebd.
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Wie vorhin erwähnt, war die Frage der RDS-Mitgliedschaft erst wieder Anfang Dezember 1933 Gegenstand der Erörterung im Briefwechsel Costa-Elster, und zwar nach Costas Rückkehr von einem Berlin-Besuch. Der Verlagsleiter bedankte sich überaus herzlich bei Elster für die »wertvollen Ratschläge« und die Hilfe, »einen Überblick über unsere Situation in Deutschland zu bekommen«. 34 Anschließend ersuchte er Elster »in einer höchst wichtigen Angelegenheit um Ihren tatkräftigen Rat« (ebd.). Auf Grund der schrifttumspolitischen Entwicklungen in Deutschland in den vergangenen Wochen und Monaten herrschte unter Österreichs Schriftstellern, die, selbst wenn sie zufällig in einem österreichischen Verlag erschienen, trotzdem auf den deutschen Absatzmarkt angewiesen waren, Panikstimmung. Die Gerüchteküche brodelte, und es hatte zumindest den Anschein, daß österreichische Autoren von den Verlautbarungen im Reich betroffen sein könnten. Am 22. September war das Reichskulturkammer-Gesetz (RKK-Gesetz), das u.a. die Errichtung der Reichsschrifttumskammer verfugte, im Reichskabinett beschlossen worden. Am 1. November wurde sodann die 1. Durchführungsverordnung (DV) zum RKK-Gesetz verlautbart und bot nun »ein perfektes Instrumentarium der geistigen Gleichschaltung in allen Bereichen«.35 Das Kernstück der DV legte fest, wie die Zwangsmitgliedschaft bestimmt werden sollte: »Die Aufnahme in eine Einzelkammer kann abgelehnt oder ein Mitglied ausgeschlossen werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, daß die in Frage kommende Person die für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit und Eignung nicht besitzt.« Womit der Willkür Tür und Tor geöffnet wurde. Acht Tage nach dieser Verlautbarung erfolgte in aller Eile am 9. November die 2. DV zum RKK-Gesetz, eben die Kunde, die österreichische Schriftsteller in helle Aufregung versetzte: die Eingliederung in die Kammern - und sie war eben künftig die Voraussetzung der Berufsausübung - mußte bis zum 15. Dezember 1933 bewirkt sein. 36 »Dieses korporative Eingliederungsverfahren bedeutete den Verzicht auf jede politische oder rassenmäßige Überprüfung der aufzunehmenden Mitglieder und war damit Ausdruck einer vorläufigen Liberalisierung der NS-Kulturpolitik, deren Hintergrund inzwischen einsichtig ist.«37 So kam der RDS-Mitgliedschaft unter den Optionen der österreichischen Autoren erhöhte Bedeutung zu, aber nur solange, als unklar blieb, ob ausländische Staatsbürger dazu angehalten werden konnten, Mitglied einer Zwangsorganisation im Deutschen Reich zu werden. Dies wurde verschiedentlich als »kollegiale Drohung« gegen die österreichischen Schriftsteller zutreffend aufgefaßt. 38 Das geforderte eindeutige Bekenntnis zum Dritten Reich stellte für manche Autoren natürlich ein Problem dar. Die ursprüngliche Erklärung, die man auf dem RDS-Fragebogen abgeben mußte (»Ich erkläre nach bestem Wissen und
34
Costa an Elster, 7.12.1933, ebd.
35
Dahm: Die nationalsozialistische Schrifttumspolitik, S. 47.
36
Siehe Börsenblatt,
37
Dahm, Die nationalsozialistische Schrifttumspolitik, S. 48.
38
Dazu Paul Westheim in Das Neue Tage-Buch, Nr. 24, 9.12.1933, S. 577-578.
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Nr. 280, 1.12.1933.
Gewissen die vorstehenden Angaben gemacht zu haben und werde mich jederzeit für das deutsche Schrifttum im Sinne der nationalen Regierung einsetzen.«), wurde nun erweitert: »Ich erkläre mich vorbehaltlos bereit, jederzeit für das deutsche Schrifttum im Sinne der nationalen Regierung einzutreten und den Anordnungen des Reichsführers des Reichsverbandes deutscher Schriftsteller in allen den Reichsverband [...] betreffenden Angelegenheiten Folge zu leisten.« Wie Renner und Amann schildern, wandten sich Vertreter österreichischer Autoren an die Bundesregierung, genauer an das für sie zuständige Unterrichtsministerium, ohne allerdings - wie überhaupt - in ihrem Anliegen gegenüber dem Deutschen Reich Hilfe zu bekommen. 39 Am 9. Dezember schließlich konnte man im Börsenblatt mit Erleichterung nachlesen, wie es um Ausländer und Pflichtmitgliedschaft bestellt sei: nur jene Österreicher bzw. Ausländer, die ihren Wohnsitz im »Reichsgebiet« hatten, waren zur Anmeldung verpflichtet. Da sah die Welt ganz anders aus. Die ausführliche Korrespondenz, die Costa und Elster unmittelbar vor dieser Bekanntmachung führten, wirkt keineswegs antiklimaktisch, sie zeigt vielmehr und erneut, wie der Zsolnay Verlag förmlich jeden Tag vor einer neuen Situation stand und wie er die Interessen seiner Autoren zu wahren suchte. So schrieb Costa an Elster unter Berufung auf die 2. DV zum RKK-Gesetz: Sie erinnern sich, dass der Aufruf des Reichsverbandes deutscher Schriftsteller, der die Anmeldung bis 15. Dezember verlangt, von Ihnen und von mir so verstanden worden ist, dass jeder reichsdeutsche Schriftsteller sich anzumelden habe. Die Aufforderung des deutschen Reichsverbandes erging an alle Schreibenden ohne Rücksicht auf die Abstammung. Sie und ich, sehr verehrter Herr Doktor, bezeichneten dies als einen erfreulichen Fortschritt. Als wir von diesem Aufruf sprachen, äusserte ich sofort die Möglichkeit, dass für die österreichisch-deutschen Schriftsteller und die übrigen deutschen Schriftsteller des Auslandes Schwierigkeiten entstehen könnten, weil sie entweder von diesem Aufruf gar keine Kenntnis erhalten oder aber nach den Bestimmungen des eigenen Landes eine solche Anmeldung nicht vollziehen zu dürfen glauben. Ich wurde Ihrerseits damit beruhigt, dass für die deutsch-österreichischen Schriftsteller und für die anderen deutschen Schriftsteller des Auslandes Sonderbestimmungen herausgegeben werden würden, die die Sache ordnen. Auch Frau v. Urbanitzky vertrat diese Ansicht. Nun wäre alles gut, wenn nicht reichsdeutsche Verlage wie Staackmann und S. Fischer sich an ihre österreichischen Autoren gewendet hätten, um ihnen die Anmeldung nahezulegen. Wenn wir den Aufruf
39
Renner (Österreichische Schriftsteller,
S. 223) zitiert einen Aktenvermerk des zuständigen Mini-
sterialbeamten, Dr. Wilhelm Wolf, vom 16. Dezember, in dem es heißt: »In Hinkunft wird zu erwarten sein, daß der deutsche Verlag nur mehr Mitgliedern der vor kurzem gegründeten Reichsschrifttumskammer (Vorsitz Dr. Blunck) zugänglich sein dürfte. Die Zugehörigkeit zur Reichsschrifttumskammer setzt jedoch, soweit in Erfahrung gebracht werden konnte, das Bekenntnis zur Staatspolitik des deutschen Reiches voraus. Hiedurch kommen die österr. Autoren in eine außerordentlich schlechte Lage, da sie sich entweder staatspolitisch nach einer Richtung hin binden müssen, die dem österr. Staatsbürger verwehrt ist, oder aber auf den reichsdeutschen Verlag und Buchhandel verzichten müssen.« Zur Zeit des Aktenvermerks war Wolfs Wissensstand nicht sehr aktuell!
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richtig verstanden haben, hätte sich diese Aufforderung erübrigt, weil die österreichischen Autoren, eben unter Sonderbestimmungen stehend, vorderhand nicht betroffen erscheinen. Nun scheint es aber doch anders zu sein, weil der S. Fischer Verlag z.B. an Dr. Beer Hofmann geschrieben hat, dass der Reichsverband eine Zwangsorganisation sei, dass er sich daher melden müsse, umsomehr als auch Nichtarier sich melden sollen. Nun befindet sich ein Teil der österreichischen Schriftsteller in Ungewissheit und auch wir sind ungewiss. Denn wir wissen nicht, ob wir an unsere österreichischen Autoren - von den reichsdeutschen nehme ich als selbstverständlich an, dass sie sich gemeldet haben - Aufforderung ergehen lassen müssen, dass sie sich beim Reichsverband melden, wobei es jetzt dahingestellt bleibt, ob wir nach den Bestimmungen unseres Landes eine solche Aufforderung überhaupt richten dürfen. Ich versuchte, bei den österreichischen Organisationen, wie beim Schutzverband, irgendetwas zu erfahren, erfuhr dort nichts, glaube aber durch meine Anfrage erreicht zu haben, dass der Schutzverband sich an den Reichsverband in Berlin einerseits und an das österreichische Bundeskanzleramt andererseits wenden wird, um die Sache in Schwung zu bringen. Meine Sorge geht nun dahin, dass um Gotteswillen keine österreichischen Schriftsteller, die aus diesem oder jenem Grunde die Anmeldung bis 15. Dezember versäumen, oder versäumen müssen, später Gefahr laufen, in Deutschland nicht erscheinen zu können oder, wenn sie in einem ausserreichsdeutschen Verlag erscheinen, in Deutschland nicht vertrieben werden dürfen. Wie kann man in diese Sache Ordnung bringen? Ich glaube, sehr verehrter Herr Doktor, ohne Ihnen zu schmeicheln, dass dies ein Fall ist, der von Ihnen in vorbildlicher Weise angefasst und durchgeführt werden kann. Ich bitte Sie daher, sich mit dem Gegenstand zu befassen und mir möglichst umgehend Ihre Meinung kund zu tun und eventuell Ihren Rat, welche Schritte wir, was unseren Verlag anlangt, unternehmen sollen. Ich glaube, der Fall ist dringlich und wichtig für die Zukunft. Auch Frau v. Urbanitzky habe ich gebeten zu erkunden, ob und was eigentlich geschehen soll. Ich sehe Ihrer Nachricht mit ausserordentlicher Spannung entgegen und schliesse mein Schreiben in aller Eile, damit es noch heute abgehen kann. 4 0
Elster antwortete postwendend und verriet zum ersten Mal, daß er von den Bemühungen Franz Lösers, den RDS in Österreich zu organisieren, Bescheid wußte. Er nimmt aber auch interessanterweise die Bekanntmachung im Börsenblatt am nächsten Tag vorweg: Ich bestätige mit bestem Dank Ihren Brief vom 7. Dezember. Was die Anmeldung beim Reichsverband deutscher Schriftsteller angeht, so stehe ich auf dem Standpunkt, dass sich alle Ihre Autoren, also auch die deutschösterreichischen Schriftsteller, bei dem Reichsverband deutscher Schriftsteller, Berlin W.50, Nürnberger Str. 8 melden sollten, und zwar ruhig durch eingeschriebenen Brief. Notwendig für die Aufnahme sind zwei Bürgen. Ich will gern für folgende Autoren, soweit ich es im Augenblick übersehe, wenn die betreffenden Herren das wollen, Bürge sein: Franz Werfel, Egmont Colerus, Friedrich Schreyvogl, Walther Eidlitz.
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Costa an Elster, 7.12.1933, Ordner Elster.
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Ich stehe natürlich auch für einzelne andere, die ich momentan nicht zu nennen weiss, nach Rückfrage und wenn ich es nach meiner Kenntnis der persönlichen, schriftstellerischen Verhältnisse des Betreffenden vermag, zur Verfügung. Selbst gesetzt den Fall, dass die Anmeldung sich später als nicht notwendig erweist oder politisch aus irgend welchen Gründen nicht anerkannt werden kann, so haben doch die betreffenden Autoren dann mit ihrer Anmeldung ihren guten Willen bewiesen, der sicher einmal, wenn andere Regelungen kommen, seine gute Wirkung haben wird. Rein staatsrechtlich gedacht, kann eine Zwangsorganisation ja nur Geltung für deutsche Staatsangehörige und für das deutsche Reich haben. Natürlich ist staatsrechtlich die Zwangsorganisation auch so gedacht, aber kulturpolitisch gibt es ja doch immerhin für das gesamte deutsche Schrifttum einen Einheitsbegriff und ein Einheitsgefühl, das durch eine solche Anmeldung der österreichischen Schriftsteller beim Reichsverband bejaht werden würde. Soviel ich weiss, ist der ja auch Ihnen bekannte Herr F. Löser in Linz mit der Wahrnehmung des Reichsverbandes in Österreich beauftragt. Wie weit er aber die Geschäfte durchführt, weiss ich nicht. Deswegen rate ich, sich an die Zentrale nach Berlin zu wenden. Ich habe ausserdem Ihren Brief zum Anlass genommen, an die Reichsschrifttumskammer den in Kopie beigefügten Brief zu senden. Auf jeden Fall halte ich eine positive Einstellung zu der Beitritts-Aufforderung des Reichsverbandes für in jedem Sinne gut, eine absolut negative aber unter Umständen für gefahrlich oder gar schädlich. 41
Im Interesse einer lückenlosen Dokumentation geben wir hier die Abschrift des angesprochenen Schreibens von Elster an die RSK vom 8. Dezember wieder: 8. Dezember 1933. An die Reichsschrifttumskammer z.Hd. des Herrn Präsidenten Dr. Hans Friedrich Blunck Berlin W. 8 Mohrenstr. 9 Lieber Herr Präsident! Auf Grund meiner Eigenschaft als Mitglied des P.E.N.-Club-Vorstandes erhalte ich auch aus dem Auslande die verschiedensten Anfragen wegen des Aufrufs des Reichsverbandes der deutschen Schriftsteller, der den Beitritt sämtlicher deutscher Schriftsteller zum Reichsverband verlangt, ohne eine genaue Erklärung darüber zu geben, wie es sich mit den deutschen Schriftstellern verhält, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, sondern Schweizer oder Österreicher, ungarische oder jugoslawische, polnische oder französische (elsässische) usw. Staatsangehörigkeit haben, ihre Werke teilweise in reichsdeutschen Verlagen veröffentlichen, teilweise aber auch in Verlagen, die in der Schweiz oder in Österreich, Eisass oder in Holland domiziliert sind. Diese Schriftsteller befürchten nun, dass sie wegen ihrer Nichtanmeldung beim Reichsverband deutscher Schriftsteller und weil ihre Werke in ausserdeutschen Verlagen erscheinen, obwohl sie gegenüber dem neuen Deutschland absolut loyal oder gar positiv eingestellt sind, in die Gefahr zu geraten, dass ihre Werke künftig in Deutschland nicht mehr vertrieben werden können.
41
Elster an Costa, 8.12.1933, ebd.
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Ich bitte Sie deswegen, sehr geehrter Herr Präsident, um eine klare Entscheidung in dieser Angelegenheit. Die Schriftsteller, die bei mir angefragt haben, sind durchaus bereit, wenn ihnen daraus keine staatsrechtlichen Schwierigkeiten erwachsen, für die sie ja keine Veranlassung geben wollen, dem Reichsverbande als Mitglied beizutreten. Nur wollen sie es natürlich vielfach erst dann tun, wenn sie auch wissen, dass ihre Beitrittserklärung willkommen ist und positiv bearbeitet wird. Darf ich hinzufügen, dass ich es nach meiner Kenntnis des anständigen deutschen Schrifttums ausserhalb der reichsdeutschen Grenze sehr begrüssen würde, wenn diese ausserhalb des Reiches lebenden Schriftsteller Mitglied des Reichsverbandes werden könnten und würden, da ja schliesslich doch das gesamte deutsche Schrifttum durch die Einheit der Schriftsprache, soweit es nicht auf strengste Dialekte sich beschränkt (aber auch selbst im geistigen Sinne für diese) eine Einheit der kulturellen Offenbarung gegenüber den anderssprachigen Literaturen darstellt. [...] Die Angelegenheit eilt, wie Sie wissen, da der letzte Termin für die Anmeldung auf den IS. Dezember festgesetzt worden ist. Meine Anfrage konnte erst heute erfolgen, weil erst heute einige Auslandsanfragen eingingen. [...]
Elster bekam mit Datum vom 14. Dezember von der RSK folgende Antwort, die er in Abschrift an den Zsolnay Verlag weiterleitete: Abschrift Reichsschrifttumskammer Der Geschäftsführer
Berlin W. 8, den 14. Dezember 1933 Mohrenstr. 9
Herrn Dr. Hanns Martin Elster, Berlin-Lichterfelde-Ost Devrientweg 10. Sehr geehrter Herr Dr. Elster! Im Auftrage des Präsidenten beehre ich mich Ihnen mitzuteilen, dass diejenigen Schriftsteller, die entweder Ausländer sind oder ausserhalb der Reichsgrenze wohnen, aber in Deutschland Bücher veröffentlichen, nicht verpflichtet sind, der Reichsschrifttumskammer bezw.
dem
Reichsverband Deutscher Schriftsteller anzugehören. Es entstehen diesen Herren durch ihre Nichtzugehörigkeit zur Kammer keinerlei Schwierigkeiten oder Beschränkungen ihrer Tätigkeiten. Ich bitte Sie sehr, diese Herren, soweit sie sich an Sie gewendet haben, zu beruhigen und ihnen zum Ausdruck zu bringen, dass wir selbstverständlich nicht die Absicht haben, irgend einem Ausländer seinen Wirkungskreis in Deutschland zu beschränken. Näheres wird auch aus den Bestimmungen hervorgehen, die ich demnächst noch herausgeben lasse. Selbstverständlich steht aber andererseits auch den ausländischen Schriftstellern bezw. den ausserhalb der Reichsgrenze wohnenden deutschen Schriftstellern frei, dem Reichsverband Deutscher Schriftsteller beizutreten. Entweder persönlich oder korporativ mit den jeweils bestehenden Schriftstellerverbänden. Ich grüsse Sie mit Heil Hitler! Reichsschrifttumskammer Der Geschäftsführer gez. Dr. Haupt.
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So beruhigend und begrüßenswert Felix Costa die Bekanntmachung vom 9. Dezember gefunden haben mag, um so kurzsichtiger fiel sein Gesamturteil über den Stand der Dinge aus. Das heißt, es sah das Endziel der NS-Politik, nämlich die Entfernung der Juden aus dem deutschen Kulturleben, überhaupt nicht. Am 12. Dezember schrieb er Elster: Seien sie herzlichst bedankt für Ihren ausserordentlich aufschlussreichen Brief vom 8.XII., dem eine Abschrift Ihres Briefes an den Präsidenten der Reichsschrifttumskammer beigelegen war. Ihre Aktion bei der Reichsschrifttumskammer scheint die Entschliessung des Präsidiums hervorgerufen, zumindest aber günstig beeinflusst zu haben. Denn wir haben mit Beruhigung den Erlass der Reichsschrifttumskammer, der am Sonntag in Berliner Zeitungen publiziert wurde, gelesen, demzufolge unsere erste Ansicht bestätigt wird. Der Erlass der Reichsschrifttumskammer ist ausserordentlich zu begnissen, denn er schafft jene Atmosphäre der Beruhigung, die es ohne Überhetzung ermöglichen wird, dass eine Reihe deutsch-österreichischer Autoren oder Autoren czechoslovakischer Staatsangehörigkeit sich in den Reichsverband werden eingliedern können, wenn die Voraussetzungen dazu gegeben sein werden, d.h., wenn eine Anmeldung nicht gegen' die Gesetze und Vorschriften des Heimatsstaates (sie) verstösst. Ich bin der Ansicht, dass die Reichsschrifttumskammer zu diesem ihrem Erlass herzlichst zu beglückwünschen ist. Im Zusammenhang damit seien Sie, sehr verehrter Herr Doktor, bestens dafür bedankt, dass Sie sich bereitgefunden haben, für eine Reihe unserer Autoren zu bürgen. Franz Werfel, dem wir diese Tatsache zur Kenntnis gebracht haben, bittet uns, Sie bestens zu grüssen und Ihnen in seinem Namen herzlichst zu danken.
Das Ansuchen Franz Werfeis um Aufnahme in den RDS - es erfolgte knapp vor »Torschluß« - hatte, so umstritten es verlagsintern gewesen sein mag, nichts Anrüchiges an sich. Nur: es war einigermaßen naiv zu glauben, daß Werfel »eingegliedert« werden würde. Im Verlagsarchiv finden sich mehrere Schreiben, die auf das Ansuchen Bezug nehmen. Eines davon ist der Durchschlag von Werfeis Ansuchen an den RDS in Berlin, ein anderes die Durchschrift eines Briefes an Grete von Urbanitzky. Der Verlagssyndikus Dr. Paul Neumann stand Werfeis Schritt eher ablehnend gegenüber.42 Wie der Autor versuchte, die Klippen der RDS-Aufnahmebestimmungen zu umschiffen, ist ausgesprochen kurios, und die Diktion ähnelt der, die Paul Zsolnay in seiner Auseinandersetzung mit Will Vesper in den Vordergrund rückte. So heißt es in Werfeis Brief vom 11. Dezember: Ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich czechoslovakischer Staatsbürger bin und meinen Wohnsitz in Wien habe. Zugleich möchte ich erklären, dass ich jeglicher politischen Organisation und Tätigkeit immer fem stand und fern stehe. Als Angehöriger der deutschen Minorität in der Czechoslovakei, der seinen Wohnsitz in Österreich hat, unterstehe ich den Gesetzen und
42
»Lassen Sie bitte Herrn Werfel wissen, dass ich mir nicht anmasse an einem Schritt, den er für richtig befindet, Kritik zu üben, dass ich ihm aber für das Vertrauen, das in dem Auftrage liegt, die Briefe mir zur Einsicht zu übermitteln, herzlichst Dank sage.« Neumann an den Verlag, 14.12.1933, ebd.
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Vorschriften dieser Staaten. Sollten' Ihnen diese Angaben nicht erschöpfend genug erscheinen, dann bitte ich Sie, die Ihnen notwendig erscheinenden Auskünfte bei Frau Grete von Urbanitzky, Berlin, Hotel Kaiserhof, und Herrn Dr. Hanns Martin Elster, Berlin Lichterfelde Ost, Devrientweg 10, einzuholen, die sich in liebenswürdiger Weise bereit erklärt haben, für mich Bürgschaft zu leisten. 43
Der Zsolnay Verlag hatte Frau Urbanitzky dazu überredet, Werfel als 2. Bürge zu dienen. Das Begleitschreiben Werfeis an die Autorin scheint ebenfalls in den Verlagsräumen formuliert worden zu sein. Darin heißt es u.a. Ich weiss, dass Sie mein Schaffen verfolgt haben und über meine menschliche Gesinnung im klaren sind. Waren Sie es doch, die mich seinerzeit, als Gründerin des Wiener PEN Clubs, dem Internationalen Senat des PEN Clubs in Vorschlag gebracht haben. Ich möchte noch hinzufügen, dass sich in meiner Gesinnung seither nichts geändert hat und dass ich es jetzt, wie immer, ablehne, am politischen Kampf teilzunehmen. 44
Eine allfällige Antwort von seiten des RDS ist nicht überliefert. Wahrscheinlich gab es auch keine. Jedenfalls war die leidige RDS-Frage vom Tisch...
20.3. Die »Ariane«-Beschlagnahme Der Zsolnay Verlag hat sich nicht entschließen können, von Claude Anet mehr als ein Werk zu erwerben, aber der Roman Ariane wurde zu einem der meistverkauften Bücher im Verlagsprogramm, und es gab berechtigte Hoffnung, daß das »Buch zum Film«, also die Ausgabe, die anläßlich der Verfilmung des Romans herausgebracht wurde, den Verkauf weiter ankurbeln würde. Daß ein solches Werk jahrelang im Handel in einer Gesamtauflage von 201 000 Exemplaren erhältlich sein konnte und dann plötzlich, als die Filmversion in den Kinos anlief, einer Beschlagnahme zum Opfer fiel, konnte kein Zufall sein. Am 23. August 1933 wurden 286 Exemplare von der illustrierten und nichtillustrierten Ausgabe der Ariane in den Geschäftsräumen des Zsolnay Verlags in Berlin von der Deutschen Zentralpolizeistelle zur Bekämpfung unzüchtiger Bilder, Schriften und Inserate konfisziert. Der Grund: das Buch sei geeignet, »die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gefährden« und wurde daher gemäß § 7 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 4. Februar für Preußen beschlagnahmt und eingezogen. 45 Zum Konnex zwischen dieser Maßnahme und der fraglichen Polizeistelle sei gesagt, daß Hermann Göring als Kommissar des Reiches für Preußen im Frühjahr eine energische Bekämpfung von 43
44 45
Franz Werfel an den Reichsverband Deutscher Schriftsteller e.V., Reichsleitung, 11.12.1933, Durchschrift, Ordner Werfel. Werfel an Urbanitzky, 11.12.1933, ebd. Der Polizeipräsident in Berlin, Abteilung IV, an Verlag Zsolnay, Berlin, 23.8.1933, Ordner Anet.
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»Schmutz und Schund« angekündigt hatte und das erste Ergebnis dieser Initiative die Aktivierung der »Deutschen Zentralpolizeistelle« war. 46 Als Felix Costa diese telefonische Nachricht aus Berlin erhielt, fiel er aus allen Wolken, hoffte aber mit Hilfe zweier in Anbetracht des Zeitpunkts unwahrscheinlichen Organisationen wie des Kampfbunds für deutsche Kultur und dem deutschen P.E.N.-Club, die Maßnahme rückgängig machen zu können. Statt sich zunächst um die Einspruchsfristen zu kümmern, wandte er sich sofort an Hanns Martin Elster und Grete von Urbanitzky in Berlin mit einer »uns sehr wichtigen Bitte«.47 Er mutmaßte allerdings unrichtig, daß das Buch »wegen Unzüchtigkeit« beschlagnahmt worden wäre und teilte Elster folgendes mit: Wir brauchen Ihnen, sehr verehrter Herr Doktor, sicher nicht zu sagen, dass der Roman »Ariane« von Claude Anet ein Welterfolg ist, in Millionen-Auflagen über die ganze Welt verbreitet wurde und dass der Absatz dieses Werkes auch in Deutschland in die Hunderttausende ging. Wir wollen uns gewiss nicht wegen Geschäftsstörung beklagen, wenn wir doch gegen diese Beschlagnahme etwas unternehmen möchten. Claude Anet, der richtig Schöpfer hiess, war von deutsch-schweizerischer Abkunft. Er wäre sicherlich, wenn er noch lebte, über diese Beschlagnahme sehr bestürzt gewesen. Aber auch für uns bedeutet diese Beschlagnahme einen schweren moralischen Schlag und wir möchten alles daransetzen, sie ungeschehen zu machen. Wir wissen nicht, ob Sie, sehr verehrter Herr Doktor das Buch kennen, über das die bedeutendsten positiven Urteile vorliegen und das ein im tiefsten Wesen moralisches Buch ist. Wir nehmen aber mit Sicherheit an, dass Sie diesen Roman kennen und dass auch Sie der Ansicht sein werden, dass diese Beschlagnahme wahrscheinlich einem Missverständnis entsprungen ist. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns raten könnten, welche Schritte wir unternehmen sollen und wenn Sie uns mitteilen könnten, ob eine persönliche Intervention Ihrerseits im Bereiche der Möglichkeit liegt, (ebd.)
Elster war »sehr erstaunt« über die Mitteilung und versprach, bei einer engeren Vorstandssitzung des P.E.N.-Clubs, die in wenigen Tagen stattfinden sollte, »die Angelegenheit gleich einmal zur Sprache (zu) bringen«.48 Nachsatz: »Es wäre aber gut, wenn ich bis dahin auch die Unterlagen hätte, von wem der ganze Vorgang ausgeht usw.« Wenige Tage später konnte Elster berichten, was er bereits »erreicht« hatte, nämlich, daß zusammen vom Kampfbund und P.E.N.-Club Einspruch beim Polizeipräsidium erhoben werde. Denn die Herren da wie dort wären der Meinung, daß die Beschlagnahme »unberechtigt und übereilt« gewesen sei. 49 »Es besteht die begründete Hoffnung, dass, da die richtige Stelle, eben die Leitung des Kampfbundes sich auf die Aufhebung der Beschlagnahme einsetzt, ein Erfolg erzielt wird. Es werden nämlich manche Verfügungen oder Beschlüsse rückgängig gemacht« (ebd.), so Elster. Anders urteilt die Wissenschaft heute über solche Aussichten! Wie diese Beschlagnahme Felix Costa ins Mark getroffen hatte, geht aus 46 47 48 49
Börsenblatt, Nr. 62, 14.3.1933. Felix Costa an Elster, 24.8.1933, Ordner Elster. Elster an Costa, 25.8.1933, ebd. Elster an Costa, 29.8.1933, ebd.
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einem weiteren Brief Anfang September an Elster hervor, in dem er in der Frage einer neuen Verlagszeitschrift weiterlaviert. Wenn nun gar bei den heutigen Zeitläuften die materielle Frage mit eine entscheidende Rolle spielt, ist der Entschluss noch hundertmal schwerer und wir müssen offen einbekennen, dass die Hochspannung der letzten Monate, die sicherlich auch noch in den nächsten kommenden Monaten vorherrschen wird, und die mit ihr verbundenen grösseren und kleineren Nervositäten auf die Entschlusskraft unendlich lähmend wirken, und eine weitere grosse Anspannung uns nahezu untragbar erscheint. Wir sind sicher, sehr verehrter Herr Doktor, dass Sie es wohl verstehen werden, wenn wir Ihnen sagen, dass an sich kleine Ereignisse, wie nur z.B. die Beschlagnahme der »Ariane« oder ein uns ungerecht scheinender Angriff in irgendeiner Zeitung für uns mit dem Quadrat der Entfernung wachsen und deren Summe uns, die wir zehn Jahre lang eigentlich von keiner Seite bestritten dem deutschen Buchmarkt als mitbestimmender Faktor angehört haben, tief kränken und bestürzen. Dies umsomehr, weil wir stets das Beste gewollt haben und auch der Meinung sind, einiges Gute für die schöpferischen Kräfte Deutschlands getan zu haben. 5 0
»Schöpferische Kräfte« war eben die Metapher für im Reich genehme Autoren. Der Hinweis auf die Verdienste des Verlags um die deutsche Literatur im vergangenen Jahrzehnt war subjektiv gewiß gerechtfertigt, zählte aber im Dritten Reich gar nichts. Und aus der großen Ankündigung Elsters, der Kampfbund und der P.E.N.Club würden es schon richten, wurde auch nichts, denn in der letzten Septemberwoche waren beide laut Mitteilung Urbanitzkys noch erst beim Vorsatz, sich einzusetzen. Costa fragte Elster daher, ob er es für »richtig« halte, »dass wir eine Eingabe an die Behörden richten« oder ob der Verlag in keiner Weise eingreifen sollte.51 Der Ratgeber hielt eine Eingabe für »nicht notwendig«, weil er glaubte, die Sache sei »jetzt schon genügend auf gutem Wege«.52 »Natürlich dauert es seine Zeit.« Noch am 17. Oktober meinte Costa, der Verlag würde »selbstverständlich« Elsters Rat folgen und von einer Eingabe absehen. Man hat es sich in der Verlagsdirektion in Wien dann doch überlegt, Rechtsmittel zu ergreifen, aber nicht bevor es viel zu spät war. Was dann folgte und zum Erfolg, genauer zur Aufhebung der Beschlagnahme führte, widerspricht zumindest als Einzelfall der gängigen Meinung, daß Einsprüche gegen polizeiliche Beschlagnahmeverfügungen von vornherein praktisch aussichtslos waren. 53 Man muß aber einschränkend sagen, daß das Einschreiten des Anwalts des Zsolnay Verlags kein Rechtsmittel gegen die Verfügung an sich bedeutete, denn diese war bereits rechtskräftig. Darüber hinaus zeigt der Fall, d.h. der mit der Sache betraute Berliner Anwalt, wie man gegen eine Beschlagnahme stichhältige Argumente ins Treffen führen konnte, vor allem, wenn der erwähnte § 7 als Legitimation diente, das zu verbieten, was man gerade wollte. 50
Costa an Elster, 1.9.1933, ebd.
51
Costa an Elster, 27.9.1933, ebd.
52
Elster an Costa, 9.10.1933, ebd.
53
Dietrich Aigner: Die Indizierung »schädlichen und unerwünschten« Schrifttums im Dritten Reich. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 11 (1971), Sp. 933-1034. Hier Sp. 948 ff.
386
Erst am 22. November 1934 wandte sich Felix Costa an den Berliner Rechtsanwalt Dr. August Bergschmidt und gab sich »ausserordentlich überrascht und bestürzt« über die Affäre weil, wie er meinte, das Buch »keinen Anlass zu jener behördlichen Massnahme« gegeben hätte. 54 »Wir haben es bis jetzt unterlassen, um Aufhebung des Verbotes anzusuchen, obwohl der Film, der nach diesem Werk gedreht wurde, noch viele Monate nach dem Verbot des Buches gespielt werden durfte, und obwohl die französische Ausgabe des Buches immer ungestört in Deutschland verkauft wurde und unseres Wissens auch heute noch verkauft wird.« 55 Vielleicht sei der Zeitpunkt gekommen, um eine Aufhebung anzusuchen. Inzwischen war Costa dahintergekommen, weshalb das Buch wahrscheinlich verboten worden war: Es ist vielleicht möglich, dass die letzte Ausgabe des in Rede stehenden Buches, die wir illustriert herausgegeben haben, indem wir einige Bilder aus dem Film dem Buch beigaben, dieser Illustrationen wegen anders beurteilt wurde, als es dem Werk entspricht. Nicht etwa dass die Illustrationen irgendwie anstössig wären, was gar nicht in Frage kommen kann, aber vielleicht wird z.B. das Bild auf dem Schutzumschlag, das die Hauptdarstellerin des Films Elisabeth Bergner darstellt, als unerwünscht betrachtet. Ich erwähne diese Tatsache nur zu Ihrer Orientierung, sehr verehrter Herr Doktor, und stelle es Ihnen anheim, von ihr bei Ihrer eventuellen Intervention Gebrauch zu machen oder nicht. Mit der Erwähnung der illustrierten Ausgabe wollte ich eigentlich nur bekunden, dass wir uns auch mit einer Aufhebung des Verbotes für eine unillustrierte Ausgabe, die wir dann veranstalten würden, durchaus zufrieden geben würden, (ebd.)
Der Anwalt fand »die Beschlagnahme gerade dieses Romanes unverständlich« und übernahm den Fall. 56 Anfang Februar 1935 richtete er eine Eingabe an den Berliner Polizeipräsidenten, in der er sehr gekonnt auf die mangelnde Rechtsgrundlage für die behördliche Verfügung (die zugegebenermaßen bereits rechtskräftig geworden war) hinwies. Ausgehend von der Tatsache, daß der als Rechtsgrund reklamierte § 7 eine polizeiliche Beschlagnahme und Einziehung von Druckschriften nur dann gestattete, wenn der Inhalt geeignet wäre, »die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gefährden«, begann der Anwalt diese Begründung anzufechten. Er konnte nachweisen, daß die »sachlichen Voraussetzungen« im konkreten Fall nicht gegeben waren. Denn nach einer Reihe von Entscheidungen des Preußischen Oberlandesgerichts, die er auch zitierte, konnte eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nur dann vorliegen, »wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass die beanstandete Darstellung den Leser in Zukunft zur Begehung von Gewalttätigkeiten oder anderen strafbaren Handlungen anreizen werde«. 57 Oder laut Kommentar zur Verordnung vom 4.2.1933 müsse »die Gefahr bestehen, dass die
54 55
Costa an Bergschmidt, 22.11.1934, Ordner Anet. Ebd. Das Verbot der Zsolnay-Ausgabe wurde im Börsenblatt,
Nr. 208, 7.9.1933, bekanntgege-
ben. 56
Bergschmidt an den Verlag, 26.11.1934, Ordner Anet.
57
Bergschmidt an den Polizeipräsidenten von Berlin, 5.2.1935, ebd.
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Veröffentlichung zu öffentlichen Unruhen, Zusammenstössen, Gewalttätigkeiten oder anderen politischen Ausschreitungen führen wird« (ebd.). Und es sei bei der besonders weitgehenden Fassung des § 7 der fraglichen Verordnung »besonders sorgfältig zu prüfen«, ob wirklich eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vorliege. Die diversen Instanzen hätten nicht nur angesichts des noch vorherrschenden Kompetenzchaos in Sachen Verbot ihre liebe Not, ihre bisherigen Verfügungen konkret zu begründen! Das Reichsgericht habe z.B. 1932 entschieden, führt der Anwalt aus, daß die bloße »Möglichkeit« einer Gefährdung nicht genüge, sie müsse auch »wahrscheinlich« sein, um eine Druckschrift einzuziehen. Bergschmidt brachte das Polizeipräsidium in Argumentationsnotstand, in dem er ausführte: Das beschlagnahmte Werk ist jahrelang in Deutschland wie im gesamten Auslande öffentlich verkauft und gelesen worden, ohne dass die geringsten Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bemerkbar geworden wären. Desgl. ist der Inhalt des Buches verfilmt worden, ohne dass an diesem Film an irgend einer Stelle ein Anstand genommen worden wäre, mit Ausnahme, dass gelegentlich einmal gegen die Person der nicht arischen Schauspielerin Elisabeth Bergner, die in dem Film die Rolle der Ariane spielt, demonstriert worden ist. Diese hier und da erfolgte Demonstration ging aber nicht gegen den Inhalt als solchen, sondern richtete sich lediglich gegen die Person der nicht arischen Schauspielerin. Es ist nicht verständlich, wie es überhaupt denkbar sein kann, dass der Inhalt des beschlagnahmten Buches die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden kann. Man mag über den Inhalt urteilen wie man will. Wir könnten uns denken, dass hier und da Lesern die Darstellung der erothischen (sie) Beziehungen der Hauptperson nicht ganz genehme sein könnte. Die Möglichkeit einer Kritik in dieser Hinsicht rechtfertigt jedoch noch (recte: nicht?) die Beschlagnahme. In solchem Fall würde, wenn ein Verstoss gegen das Strafgesetz vorliegen würde, lediglich der Weg der strafrechtlichen Beschlagnahme möglich sein, (ebd.)
Eines seiner besten Argumente hob der Anwalt für den Schluß der Eingabe auf: Die Tatsache, daß die Deutsche Zentralpolizeistelle zur Bekämpfung unzüchtiger Bilder, Schriften und Inserate die Verfügung erlassen habe, deute darauf hin, daß »hier offenbar die Beschlagnahme erfolgt ist, weil der Inhalt des Buches der fraglichen Stelle sittlich anstössig erschienen ist, nicht aber weil die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch das Buch gefährdet erscheint«. Was erst die Anwendung des § 7 rechtfertigen würde! Mit anderen Worten war die Verfügung durch die in Bezug genommenen gesetzlichen Bestimmungen nicht gedeckt. Das Polizeipräsidium war dieser Herausforderung nicht gewachsen und schwieg. Einem späteren Gespräch mit dem zuständigen Sachbearbeiter glaubte der Anwalt »entnehmen zu können, dass dem Polizeipräsidenten selbst zweifelhaft ist, ob die damalige Beschlagnahmeverfügung wirklich voll zu Recht ergangen« sei.58 Und man geht nicht fehl in der Annahme, daß der Fall Ariane nicht der einzige war. Aber der Anwalt verfolgte eine andere Strategie, er schlug vor, beide Ausgaben der Ariane nach Preußen einzuführen und ganz offiziell dem Polizeipräsidenten mit 58
Bergschmidt an Paul Zsolnay Verlag, Berlin, 21.2.1935, ebd.
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der Anfrage zuzuleiten, ob dieser bei seiner Entscheidung aus dem Jahre 1933 bleibe. Der Anwalt war zuversichtlich, daß die Polizei von einer erneuten Beschlagnahme Abstand nehmen würde. Aber es herrschte bei der Behörde daraufhin nur Schweigen und dann traf unerwartet ein Schreiben des Präsidenten der RSK beim Verlag ein, in dem man aufgefordert wurde, die illustrierte Ausgabe der Ariane aus dem Verkehr zu ziehen und »eine dahingehende Verpflichtungserklärung einreichen zu wollen«.59 Die Auflage von 1928 sei »nicht zu beanstanden«. So erfreulich die Nachricht war für den Verlag, wußte man noch nicht, wer in dieser Sache das Sagen hatte: die RSK oder das Polizeipräsidium in Berlin. Jedenfalls war der Anwalt zuversichtlich: »Die Sache liegt vermutlich so, dass der Polizeipräsident sich überzeugt hat, dass eine rechtliche Möglichkeit zur Beschlagnahme des Werkes auf Grund der genannten Verordnung nicht besteht.«60 Endlich legte sich das Polizeipräsidium fest und teilte dem Anwalt mit, »daß ich im Einvernehmen mit der Reichsschrifttumskammer von der Beschlagnahme der Schrift abgesehen habe«.61 So durfte nach der Entscheidung der RSK die nicht illustrierte Ausgabe der Ariane im Handel bleiben. Mit der Freigabe durch die RSK war alles nun in bester Ordnung, aber der Schein trog, besonders als der Zsolnay Verlag kurz darauf daranging, Annoncen für den freigegebenen Roman ins Börsenblatt zu geben. Der ganze Komplex der Anzeigenaufgabe im Börsenblatt - zu der ja alle, also inländische und ausländische Mitglieder des Börsenvereins das Recht hatten - ist in der Literatur bislang bestenfalls nur gestreift worden. Er kann auch hier nicht ausgeleuchtet werden, weil die entsprechenden Ordner mit Korrespondenz zwischen dem Zsolnay Verlag und der Schriftleitung im Verlagsarchiv nicht mehr vorhanden ist. Wohl aber können wir im Fall Ariane belegen, daß das Börsenblatt sich hartnäckig weigerte, obwohl Zsolnay auf die Aufforderung hin sämtliche »Beweise« für die Freigabe wie etwa das Schreiben der RSK vorlegte, eine Anzeige aufzunehmen. Die Einstellung der Schriftleitung war umso unverständlicher, als die Annonce nichts anderes enthielt als die Mitteilung, daß das Werk wieder lieferbar sei. 62 Man kann die Bedeutung der Börsenblatt-Anzeigen für die Verlage unter den Zeitumständen nicht genug betonen. Konnte man eine Neuerscheinung dort nicht ankündigen, dann konnte man sie gleich in der Druckerei einstampfen lassen. Das Buch »existierte« sonst nicht. Die Anzeige im Börsenblatt bedeutete für das Sortiment das »Unbedenklichkeitssiegel«.63 Durch die Taktik der Schriftleitung zermürbt und obwohl er dazu ermuntert worden war, entschloß sich Costa, auf rechtliche Schritte zu verzichten. Er habe sich erlaubt, teilte er dem Berliner Anwalt mit,
59 60 61 62 63
Schreiben vom 12.4.1935, ebd. Bergschmidt an Paul Zsolnay Verlag, Wien, 18.4.1935, ebd. Schreiben der Deutschen Zentralpolizeistelle an RA Dr. Hans Burchard, Berlin, 25.4.1935, ebd. Dazu der Brief des Verlags an die Schriftleitung des Börsenblatts, 13.6.1935, ebd. Dazu Hall: Österreichische Verlagsgeschichte, Band I, S. 273-283.
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Ihnen zu sagen, dass die geschäftliche Auswertung dieser Freigabe auf beträchtliche Schwierigkeiten stösst, weil uns jede Art der Propagierung im Buchhändler-Börsenblatt etc verwehrt worden ist. Sie haben diesen Umstand mit Bedauern zur Kenntnis genommen und sich zur Verfügung gestellt, Schritte bei den Behörden zu unternehmen. Ich habe diese Ihre Bereitwilligkeit dankend zur Kenntnis genommen, Sie jedoch gebeten, davon Abstand zu nehmen, weil ein zu energisches Auftreten in diesem Falle uns vielleicht anderweitig Schaden bringen könnte. Obwohl ich Sie, sehr verehrter Herr Doktor, nicht ganz überzeugen konnte, sind wir dennoch so verblieben, dass - zumindest derzeit - nichts weiter erfolgen soll. 64
Und dabei blieb es auch. 2 0 . 4 . Bilanz des A d e r l a s s e s Die Beschlagnahme des Romans Ariane war bloß die Spitze eines Eisbergs. Es soll nun dargelegt werden, welche Auswirkungen die vielen Verbote der Jahre 19331935 auf den Paul Zsolnay Verlag hatten bzw. welche Verluste das Programm sonst zu beklagen hatte. In populärwissenschaftlichen Darstellungen über Verbotspraxis und »verbrannte Dichter« ist es beinahe Brauch geworden, weder zeitlich noch inhaltlich irgendwie zu differenzieren. Das heißt u.a., daß »Bücherverbrennungen« metapherartig mit der späteren staatlich autorisierten Verbotspolitik in einen Topf geworfen werden, Verbote, die in einem Landesteil ausgesprochen wurden, stillschweigend auf das ganze Staatsgebiet ausgedehnt werden (obwohl das meist nicht der Fall war) und meist keinerlei Unterschied gemacht wird, wenn ein bestimmtes Werk im Handel weiterhin erhältlich blieb, aber aus einer Volksbücherei zu entfernen war. Und überhaupt wird die Chronologie der gesamten Schrifttumspolitik gern außer Acht gelassen. Es kann und soll hier keine Interpretation der Listenherstellung vorgenommen werden, aber die Indices haben einiges gemeinsam: sie sind nicht nach einem einheitlichen System hergestellt worden und sind voller Inkongruenzen, Widersprüche und Zufälligkeiten. Genau genommen sind sie auch »unvollständig«. Eine frühe Liste ist Ergebnis der »Aktion der Ausscheidung aussätzigen Schrifttums« von Seiten der Deutschen Studentenschaft. In dieser Liste scheinen nicht weniger als zwanzig Autoren des Paul Zsolnay Verlags auf - und selbst wenn die Auflistung nicht zwangsläufig bedeutete, daß die Werke aus dem Handel gezogen werden mußten oder gezogen wurden, ist sie wenigstens richtungs- oder zukunftsweisend. 65 Es geht hier um die Entfernung der genannten Bücher aus den Studentischen Büchereien. Mit einem Verbot aller Werke belegt wurden: Claude Anet, Schalom Asch, Henri Barbusse, Theodore Dreiser, Stefan Grossmann, Heinrich Eduard Jacob, Josef Löbel, Emil Ludwig, Julius Meier-Graefe, Hans Natonek, Robert Neumann, Roda Roda, Hans Sochaczewer, Carl Sternheim und Otto Zarek. 64 65
Costa an Dr. Burchard, 11.11.1935, Ordner Anet. Zu bemerken ist, daß hier die Betonung auf Autoren des Verlags gelegt wird, unabhängig davon, ob im Einzelfall die beanstandeten Bücher dieser Autoren im Zsolnay Verlag erschienen.
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Bei anderen gab es Einschränkungen, wahrscheinlich weil nicht alle Bücher dieser Autoren aufgestellt waren: Max Brod: alles außer: Tycho Brahes Weg zu Gott Kasimir Edschmid: Die doppelköpfige Nymphe, Die gespenstischen Abenteuer des Hof rat Brüstlein, Afrika nackt und angezogen. Heinrich Mann: alles außer: Flöten und Dolche Arthur Schnitzler: alles außer Der Weg ins Freie Frank Thiess: Frauenraub, Die Verdammten66 Franz Werfel: alles außer: Juarez und Maximilian, Verdi, Der Tod des Kleinbürgers, Barbara, Paulus unter den Juden Die »Schwarze Liste«, die Dr. Wolfgang Hermann zur Säuberung der öffentlichen Büchereien am selben Tag, also am 16. Mai 1933, im Börsenblatt veröffentlichte, wich - hier vor allem, was Zsolnay-Autoren betrifft - in einigen Punkten von der zitierten Liste ab. Die Börsenblatt-Liste betraf folgende Autoren: Schalom Asch Henri Barbusse Max Brod: alles außer Tycho Brahe Erich Ebermayer: Die Nacht in Warschau Kasimir Edschmid: alles außer: Timur, Die 6 Mündungen Heinrich Eduard Jacob: Blut und Zelluloid Ilf: Zwölf Stühle Valentin Katajew Leonid Leonow: Aufbau Emil Ludwig Heinrich Mann Robert Neumann: alles außer: Mit fremden Federn Arthur Schnitzler: alles außer: Der Weg ins Freie Hans Sochaczewer Franz Werfel: alles außer: Barbara, Verdi, Der Tod des Kleinbürgers
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Als Quelle dient der Zeitungsartikel »Undeutsches 'deutsches' Schrifttum. Zur Säuberung der Leipziger Studentischen Büchereien« in Leipziger Neueste Nachrichten, 16.5.1933. Diese beiden noch bei Kiepenheuer erschienenen Werke scheinen weder in der im Börsenblatt veröffentlichten »Schwarzen Liste« vom Mai 1933 noch in der Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums mit Stand vom Oktober 1935. Aber sie tauchen in der Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums mit Stand vom 31. Dezember 1938 wieder auf. Kiepenheuer gab am 4. Dezember 1933 eine Börsenblatt-Anzeige auf, in der verlautbart wurde, daß keines der Thiess-Werke jemals verboten gewesen wäre, noch verboten wurde, noch auf einer schwarzen Liste stehe. Nachsatz: »Die 'Verdammten' und 'Frauenraub', welche vorübergehend für Preußen irrtümlich beschlagnahmt gewesen sind, wurden durch das persönliche Eingreifen des Preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, Herrn Dr. Rust, sofort freigegeben.« Siehe dazu Gerhard Renner: Frank Thiess: Ein »freier Schriftsteller« im Nationalsozialismus. In: Buchhandelsgeschichte, 1990/2, B41-B50. Renner weist daraufhin, daß die
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Die Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums mit Stand vom Oktober 1935 bot ein ähnliches, aber nicht deckungsgleiches Bild. Ein Verbot »Sämtlicher Schriften« traf nicht weniger als 21 Autoren des Zsolnay Verlags. 67 Die Aufstellung sieht folgendermaßen aus: Asch, Schalom: Sämtliche Schriften Auernheimer, Raoul: Sämtliche Schriften Barbusse, Henri: Sämtliche Schriften Brod, Max: Sämtliche Schriften außer Tycho Brahes Weg zu Gott Ebermayer, Erich: Kampf um Odilienberg, Die große Kluft (nur Zsolnay-Titel!) Edschmid, Kasimir: Sport um Gagaly Frischauer, Paul: Sämtliche Schriften Grossmann, Stefan: Chefredakteur Roth führt Krieg (nur Zsolnay-Titel!) Gul, Roman: Boris Sawinkow (nota bene: Boris Sawinkow wird auch noch als Autor, dessen sämtliche Schriften verboten sind, angeführt!) Ilf/Petrow: Zwölf Stühle-, Ein Millionär in Russland Jacob, Heinrich Eduard: Sämtliche Schriften Jellinek, Oskar: Sämtliche Schriften Katajew, Valentin: Die Defraudanten Kesser, Hermann: nur Musik in der Pension Kramer, Theodor: Sämtliche Schriften Leonow, Leonid: Aufbau; Der Dieb Lothar, Ernst: Sämtliche Schriften Ludwig, Emil: Sämtliche Schriften Mann, Heinrich: Sämtliche Schriften Maurice, Martin: Nacht und Tag-, Liebe. Terra incognita Natonek, Hans: Geld regiert die Welt Neumann, Robert: Sämtliche Schriften Saiten, Felix: Sämtliche Schriften Schnitzler, Arthur: Sämtliche Schriften Sochaczewer, Hans: Sämtliche Schriften Sonka: Sämtliche Schriften (von Hugo Sonnenschein ist nur War ein Anarchist verboten!) Torberg, Friedrich: Sämtliche Schriften Wells, H.G.: Die Welt des William Clissold und sämtliche andere Schriften Werfel, Franz: Sämtliche Werke Winder, Ludwig: Sämtliche Schriften Zarek, Otto: Sämtliche Schriften
67
»Verbrennung« dieser zwei Bücher dem Autor Thiess im Rahmen der Kontroversen um seine Person nach dem Zweiten Weltkrieg gelegen kam. Sie werden gezählt, unabhängig davon, ob die inkriminierten Bücher noch im Handel waren oder nicht.
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Im Vergleich dazu wies die revidierte Liste aus dem Jahre 1938, was Autoren des Zsolnay Verlags betrifft, insgesamt 24 Gesamtverbote auf. Neu hinzu kamen: Oskar Maurus Fontana, Jakob Haringer und Eugen Lennhoff. Bei H.G. Wells wurde das Verbot auf sämtliche Schriften ausgedehnt. Die Liste führt weitere Einzelschriften an: Bela Baläzs: Der Phantasie-Reiseführer, Erich Ebermayer: Die große Kluft, Kampf um Odilienberg; Kasimir Edschmid: Feine Leute oder die Großen dieser Erde, Sport um Gagaly; Fannina W. Halle: Die Frau in Sowjetrussland·, Ilf/Petrow: Zwölf Stühle, Ein Millionär in Sowjetrussland·, Valentin Katajew: Die Defraudanten; Leonid Leonow: Der Dieb, Aufbau-, Benito Mussolini: Mussolinis Gespräche mit Emil Ludwig; Julius Pupp: Die Sammellinse·, Roda Roda: Roda Roda und die 40 Schurken; Hermann Sinsheimer: Al Rondo; Frank Thiess: Die Verdammten, Frauenraub. Die hier zitierten Listen geben jedoch nicht das ganze Ausmaß der Verluste wieder. Man darf die großen Lagerbestände der Werke der verbotenen und nicht gerade erfolglosen Autoren nicht vergessen und den Verlust, der dem Verlag durch den Ramsch verkauf oder die Vernichtung entstanden ist. Und es gab im Verlagsprogramm eine ganze Reihe von Autoren, die ohne die Ereignisse des Jahres 1933 weiterhin im Zsolnay Verlag publiziert hätten, Autoren, von denen der Verlag stillschweigend nichts mehr brachte, weil auch sie nun den Großteil ihres Absatzgebietes verloren hatten. Sie waren den Säuberungsaktionisten entweder nicht präsent oder prominent genug, um in die Listen aufgenommen zu werden, verloren aber dennoch ihre Existenzgrundlage, sprich: einen am deutschen Buchmarkt präsenten Verlag. Die französische (bis auf kleine Ausnahmen) und russische Literatur wurde, wie erwähnt, aus dem Programm gestrichen. Weitere Opfer waren Joseph Chapiro, Waither Eidlitz, Johann Fabricius, Max Fleischer, Lili Grün, Mela Hartwig, Leon Schallt, Sil-Vara, Hermann Sinsheimer, Hilde Spiel, Ernst Weiß und Victoria Wolf. Den Autoren klarmachen zu müssen, daß man ihre Werke nicht weiter in Verlag nehmen könne, war weder eine leichte noch angenehme Aufgabe, vor allem dann nicht, wenn die Betroffenen an das »Gewissen« des Verlags appellierten. Zwei Fallbeispiele sind Hermann Sinsheimer und Hans Sochaczewer. 1932 hatte Sinsheimer, der ehemalige Theaterkritiker bei den Münchner Neuesten Nachrichten, Chefredakteur des Simplicissimus (1924-29) und bis 1933 Leiter des Feuilletons und der Kritik beim Berliner Tageblatt, bei Zsolnay die Novelle Al Rondo, 1933 den Roman Sturz in die Liebet veröffentlicht. Nach den Ereignissen des Frühjahrs 1933 verlor er, weil Jude, seinen Posten. Um wenigstens ein minimales Einkommen zu haben, wandte er sich im Herbst 1933 an den Zsolnay Verlag, mit der Bitte, einen neuen Roman, »Die Schauspielerin Kornelia«, herauszugeben. Felix Costa glaubte aber nicht, »ihn erfolgreich durchsetzen zu können«. 69 Sinsheimer reagierte darauf ziemlich verstimmt: 68 69
Das Werk war im Berliner Tageblatt unter dem Pseudonym Hermann Anders erschienen. Costa an Sinsheimer, 11.1.1934, Ordner Sinsheimer.
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In Zusammenhang damit darf ich eine Feststellung, daß wir nichtarischen deutschen Schriftsteller, die aus vielen Gründen die Emigration verschmäht haben, uns heute in einzigartigem Maße auf die deutschen Verleger angewiesen sehen, die außerhalb des Reiches residieren. Das schafft neben dem rechtlichen ein moralisches Verhältnis, dessen Konsequenzen Sie sich gewiß nicht verschließen werden. 70
Sinsheimer, der einer »eindeutigen und unentrinnbaren Not gegenüber« (ebd.) stand, bekam von Costa folgende Antwort: Sie werden sicherlich verstehen, sehr verehrter Herr Doktor, dass die Zeiten, die auch an uns nicht spurlos vorübergegangen sind, uns zwingen, jeden Schritt sorgfältig zu überlegen. Für Ihr Buch wäre leider heute das deutsche Absatzgebiet so gut wie gesperrt und wir können uns der Tatsache nicht verschliessen, dass zu einer Zeit, da Ihnen ganz Deutschland offenstand, von einer Auflage von 5500 Exemplaren von »Al Rondo« etwas über 900 Exemplare, von »Sturz in die Liebe« ca 1700 Exemplare abgesetzt wurden. Die Veröffentlichung beider Bücher war für uns demnach mit erheblichen Verlusten verbunden und es ist wohl verständlich, wenn wir diese jetzt nach Kräften zu vermeiden suchen. Wir bitten Sie überzeugt zu sein, dass sich unsere persönliche Einstellung Ihnen gegenüber nicht im geringsten geändert hat, aber wir können heute leider keinen anderen Entschluss fassen. 71
Mit ähnlichen Problemen konfrontiert war ein zweiter Verlagsautor, Hans Sochaczewer (1892-1978), der früher bei der Vossischen Zeitung und dem Berliner Tageblatt tätig war. Zwei Romane (Das Liebespaar, 1928; Menschen nach dem Kriege, 1929) kamen unter diesem Namen bei Zsolnay heraus, ein drittes Werk, der Roman M.d.R. Mitglied des Reichstags, erschien 1930 unter seinem Pseudonym Hans Hell. Sochaczewer mußte nach Dänemark übersiedeln und bat den Zsolnay Verlag, seine bei Kiepenheuer erschienenen Werke zu übernehmen, was dieser allerdings ablehnen mußte. Das Verlagsarchiv ist voller Briefe des Autors, in denen er den Verlag um Hilfe bittet, um bei Wiener Zeitungen unterzukommen.72
20.5. Der Finanzskandal im Jahr 1934 Das Programm des Paul Zsolnay Verlags in den Jahren 1933-1935 zeichnet sich nicht nur durch das bereits beschriebene »Gehen« aus. Zu deutlichen verlagsinter70
71 72
Sinsheimer an Costa, 8.3.1934. Sinsheimer (* 6.3.1883, Freinsheim, Rheinpfalz) blieb bis 1938 in Berlin, ging dann nach Palästina und von dort nach London, wo er am 6. Juni 1938 ankam und am 29. August 1950 auch starb. Siehe Hermann Sinsheimer: Gelebt im Paradies. Erinnerungen und Begegnungen. Aus dem Nachlaß, bearb. von Gerhard Pallmann. München: Richard Pflaum Verlag 1953. Die Episode beim Zsolnay Verlag findet hier keine Erwähnung. Costa an Sinsheimer, 22.3.1934, Ordner Sinsheimer. Dazu Geflächtet unter das dänische Strohdach. Schriftsteller und bildende Künstler im dänischen Exil nach 1933. Ausstellung der Königlichen Bibliothek Kopenhagen in Zusammenarbeit mit dem Kultusminister des Landes Schleswig-Holstein. Katalog: Willy Dähnhardt und Birgit S. Nielsen. Heide in Holstein: Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co 1988, S. 113-122. ( = Schriften der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek. Hrsg. Dieter Lohmeier. Band 3)
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nen Veränderungen kam es im Jahr 1934, wobei diese unterschiedliche Ursachen hatten. Zum einen war es ein Finanzskandal in der Verlagsbuchhaltung, der das Unternehmen fast in den Ruin trieb, zum zweiten war es die »Ankunft« von mehr als einem Dutzend »nationaler österreichischer Autoren«, die sich den Verlag »Untertan« machten. Bei der Errichtung der Paul Zsolnay Verlag Aktiengesellschaft Ende 1930 hatte man als Aktienkapital S 550 000 (später S 600 000) angegeben. Paul Zsolnay war mit 46 Stück der Aktien (460 000) und Felix Costa mit 9 Stück (S 90 000) beteiligt. Diese Aktien, die bei der Hausbank, der Länderbank in Wien, deponiert waren, wurden den Vorschriften entsprechend von dieser gesperrt und das Unternehmen konnte nur mit schriftlicher Zustimmung des Finanzministeriums verfügen. 73 Den Gründern wurde nämlich von der Behörde die Verpflichtung auferlegt, bis längstens 1933 das Verhältnis der fremden Mittel zu den eigenen, sei es durch Restriktion der in Anspruch genommenen Kredite, sei es durch eine Kapitalserhöhung in die Relation von 2:1 zu bringen. Dies war auch der Grund für die Aktiensperre. Um diesem Auftrag zu entsprechen, hat der Paul Zsolnay Verlag im Februar 1932 angesichts der allgemeinen Wirtschaftskrise anläßlich einer Generalversammlung den Beschluß gefaßt, das Aktienkapital sofort durch Ausgabe von 40 Aktien ä Nominale S 10 000 auf S 1 000 000 zu erhöhen. Sämtliche neuen Aktien wurden von Paul Zsolnay persönlich übernommen. Somit wurde das Kapital auf eine Million Schilling erhöht und gleichzeitig fiel die Voraussetzung für die Aktiensperre weg, obwohl sich der Verlag erst im Jahr 1937 offiziell darum bemühte. Einen Teil des Kapitalzuflusses dürfte Paul Zsolnay von seiner Familie, d.h. von seiner Mutter bzw. aus der Verlassenschaft des verstorbenen Vaters geschöpft haben. Von den allgemeinen Problemen in Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise abgesehen, erschütterte den Verlag im Jahr 1934 ein Skandal, der nicht an die Öffentlichkeit drang. Im Mittelpunkt stand der Prokurist bzw. Oberbuchhalter Stefan Halasz (* 1889), der im Dezember 1924 in den Verlag eingetreten war. Über den entstandenen Schaden ist in der Verlagskorrespondenz nur sehr sporadisch und andeutungsweise die Rede, sodaß die Ursache für den Beinahe-Kollaps des Verlags nicht ganz ausgeleuchtet werden kann. Es kam jedenfalls zu einer internen Reorganisation des gesamten Verlags und es wurde eine sog. »Sanierungsbilanz« erstellt, um die in der Buchhaltung entstandenen Verluste abzugleichen. Paul Zsolnay mußte mit seinem ganzen Vermögen einspringen und auf Forderungen an den Verlag verzichten. Die Summe war erheblich: S 570 428, das ist nach heutigem Geldwert einiges über elf Millionen Schilling. In mehreren Briefen aus dem August 1934 finden sich z.T. kryptische Hinweise auf Vorfälle, die die finanzielle Beweglichkeit des Unternehmens stark ein73
Der gesamte Akt betreffend Errichtung der A.G., Genehmigung der Statutenänderungen, Kapitalerhöhungen, Aufhebung der Aktiensperre usw. wird im AdR unter Grundzahl
192.463-
11/1930, Geschäftszeichen 15/8 Wien 238, Kt. 2982 aufbewahrt.
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schränkten. Als sich die notleidende Schriftstellerin Lili Grün mit ihrem Hilferuf an den Verlag wandte, mußte die Generalsekretärin Dr. Ida Schreiber sie vertrösten und ihr mitteilen, »dass wir in der letzten Zeit im Verlag grosse Einschränkungen vornehmen mussten und dass mehr als die Hälfte der Angestellten abgebaut worden« seien. 74 Aber die ganze Wahrheit bekam die Autorin nicht zu hören. Sie erfuhr lediglich, daß der Zsolnay Verlag, »wie alle Verlage heute, durch die allgemeine Wirtschaftslage grosse Einbussen erlitten« habe und alle Kräfte zusammenfassen müsse, »um diese schwere Zeit zu überdauern«. »Es wird unerhört gespart bei uns, auch wir 'glücklichen' Zurückgebliebenen sind empfindlichst gekürzt worden.« Weitere Vorschüsse an die Autorin kamen daher nicht in Frage, und selbst wenn der Verlag es könnte, bekäme Grün zu diesem Zeitpunkt nur mehr die Hälfte von dem, was sie seinerzeit als Vorschuß erhalten hatte. Anfang des Monats hatte Felix Costa dem Verlagsautor Franz Karl Ginzkey gegenüber die verspätete Beantwortung eines Briefs an Paul Zsolnay mit der Feststellung begründet, daß »in unserem Betrieb eine grundlegende Umorganisation stattgefunden« habe, »die alle unsere Kräfte in Anspruch nahm und die zur Folge hatte, dass selbst so wichtige Briefe wie der Ihre liegen bleiben mussten«.75 Einzelheiten verriet der selbst in diesen verlagsinternen Skandal verwickelte literarische Direktor allerdings nicht. Da der Verlagschef höchstpersönlich für die Beziehungen zu John Galsworthy bzw. zu seiner Witwe »zuständig« war, oblag es ihm, Ada Galsworthy eine offene Erklärung darüber zu geben, warum es bei den Tantiemenüberweisungen in diesem Jahr nicht geklappt hatte. Zsolnay hatte mit Galsworthy-Übersetzer Leon Schallt ein diesbezügliches Gespräch geführt, das für ihn deshalb »sehr peinlich« war, weil er zugeben mußte, »dass in unserem Verlag bezüglich der Überweisungen an Curtis Brown grobe Verstösse begangen worden« wären. 76 Das war freilich bloß ein Beispiel für die Malversation, die einen ernsthaften Vertrauensbruch bedeutet hatte. Zsolnay weiter: »Wenn auch die Tatsache, dass so wenig an Curtis Brown überwiesen worden ist, damit begründet werden kann, dass die Zeiten in Deutschland und Österreich derzeit sehr schwer sind, und auch die Devisenvorschriften ungeheure Hindernisse in den Weg legen, so war es ein grobes Unrecht, bestimmte Zahlungen anzukündigen und sie dann nicht zu leisten. Der Chef unserer Buchhaltung, der an diesen Dingen schuld trägt, ist seit einem Monat aus unseren Diensten getreten. Ich habe Vorsorge getroffen, dass von jetzt ab alle Zusagen auf das genaueste eingehalten werden und werde überdies persönlich dafür die Sorge übernehmen. Ich habe aber die Bitte, dass es mir ermöglicht wird, nur solche Zahlungszusagen zu geben, die bei der augenblicklichen Leistungsfähigkeit des Verlages auch unbedingt gehalten werden können.« (ebd.) Der Verleger mußte eine für den Sommer geplante England-Reise fallen lassen. Der Grund: »Die unsichere Lage in Mitteleu-
74
Ida Schreiber an Lili Grün, 18.8.1934, Ordner Grün.
75
Costa an Ginzkey, 3.8.1934, Ordner Ginzkey.
76
Zsolnay an Mrs. Ada Galsworthy, 10.8.1934, Ordner Galsworthy.
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ropa hat es mir aber leider bis jetzt unmöglich gemacht, meinen Plan auszuführen.« (ebd.) Ähnliches teilte man der H.G. Wells-Übersetzerin Helene M. Reiff am 11. August mit: »Wir haben nämlich [...] eine Umorganisation unseres Betriebes vorgenommen, die seit Wochen unsere ganzen Kräfte in Anspruch nahm.« 77 Wenig Verständnis für die vorübergehende Funkstille des Verlags brachte der gebürtige Wiener Fabrikant und literaturinteressierte Otto Mandl, der H.G. Wells an den Zsolnay Verlag vermittelt hatte. Am 25. September richtete er einen sehr eindringlichen Brief an Felix Costa, in dem er diesem mitteilte: »Sie haben es leider bei unserer letzten mündlichen Unterhaltung in Wien nicht für nötig befunden, mich darüber zu informieren, dass Herr Halasz sich auch in Ihren Augen als der unredliche Mann entpuppt hatte, für den zu halten ich ihn schon seit Jahren guten Grund zu haben glaubte.«78 Ironie des Schicksals: Otto Mandl verschwand völlig von der (literarischen) Bildfläche. Während dieses finanziellen Durcheinanders im Verlag - nur die Mitarbeiter hatten hievon Kenntnis - erfolgte der Versuch der nationalen österreichischen Autoren, den Zsolnay Verlag in die Hand zu nehmen. Die Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung scheinen jedoch von einer derartigen Dimension gewesen zu sein, daß das Unternehmen ohne weiteres hätte gezwungen werden können, die Zahlungsunfähigkeit anzumelden. Die Firma wurde durch den Einsatz des Familienvermögens am Leben erhalten und suchte einen Rettungsanker in einem Ende 1931 beschlossenen »Bundesgesetz [...] über abgabenrechtliche Begünstigungen für Maßnahmen, die der Sanierung von Unternehmungen dienen«, besser bekannt unter dem Namen »Sanierungen-Begünstigungsgesetz«.79 Zsolnay hatte es auf die Möglichkeit eines »Forderungsnachlasses« abgesehen80 und stellte ein Ansuchen um Steuerfreistellung eines Forderungsnachlasses in der Höhe von S 570 428,80. Das entsprechende Ansuchen an das Finanzministerium wurde wie folgt und ohne ein Wort über Verlagsinterna zu verlieren, begründet: Die Gesellschaft bittet das BM f. F. um
Steuerfreistellung
eines
Forderungsnachlasses
per
570.428.80 S nach Sanierungen-Begünstigungsgesetz. [...] Die Gesellschaft hat im Geschäftsjahre 1933/34 ausserordentlich schwere Verluste erlitten, die zum überwiegenden Teile darauf zurückzuführen seien, dass - abgesehen von dem allgemeinen Umsatzrückgang auf dem Büchermarkt - das Problem des Transfer der reichsdeutschen Aussenstände nicht gelöst werden konnte, sodass die Gesellschaft gezwungen war, zur Aufrechterhaltung der österreichischen Produktion
77
Paul Zsolnay Verlag an H.M. Reiff, 11.8.1934, Ordner Wells.
78
Mandl an Costa, 25.9.1934, ebd. Mandl war Öffentlicher Gesellschafter der Baumwollspinnerei
79
BGBl 1932, Stück 2, Nr. 9. Ausgegeben am 5. Jänner 1932.
und Weberei Adolf Mandl jun. 80
Siehe ebd. Demnach konnte das Finanzministerium Forderungsnachlässe, Zuschüsse und ähnliche unentgeltliche Zuwendungen, die einer Körperschaft zum Zwecke ihrer Sanierung gewährt wurden zur Gänze oder teilweise, bei Bemessung der Körperschaftssteuer der zu sanierenden Körperschaft, welche die Zuwendungen gewährt, als anrechenbare Ausgaben erklären.
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sogenannte Ramschverkäufe vorzunehmen. Überdies hat sich ein Teil der Aussenstände als uneinbringlich erwiesen und musste daher abgeschrieben werden. Zwecks Sanierung des Unternehmens hat sich der Grossaktionär der Gesellschaft Paul Zsolnay entschlossen, von seiner Forderung per rund 600.000 S einen Betrag von 570.428.80 S unter der Bedingung nachzulassen, dass dieser Forderungsnachlass auf Grund des San.Beg.Ges. als nicht steuerpflichtige Einnahmen erklärt werde. Die Sanierung soll mit Wirksamkeit per 31.VI. 1934 durchgeführt werden.
Folgende Posten sollten gedeckt werden: 1. des Verlustvortrages aus 1932/33 per 2. des laufenden Verlustes 1933/34 per
34.832.24 S 437.852.71 S
Das Ministerium gab dem Ansuchen nach,81 doch als es im Jahre 1939 zu einer Feststellung des Sachwerts der A.G. durch einen Wirtschaftsprüfer kam, war man der Auffassung, daß diese Sanierung nicht weitreichend genug war. In den Geschäftsjahren 1935/36 und 1936/37 wiesen die Bücher des Zsolnay Verlags geringe Überschüsse auf. Bis zum »Anschluß« arbeitete der Verlag »ständig mit Verlust«.82 Offensichtlich um Rückendeckung für sein Vorhaben zu bekommen, wandte sich Paul Zsolnay an einen alten Freund, den österreichischen Bundeskanzler Kurt Schuschnigg, ja Zsolnays Bitte Anfang November 1934 um eine Unterredung mit dem Kanzler »in Angelegenheit meines Verlages« wurde umgehend gewährt. Schuschnigg forderte ihn auf, die bei der Unterredung mitgeteilten Daten über den Verlag in einer »Denkschrift« niederzulegen und ihm zu übermitteln.83 Zwei Tage später intervenierte Schuschnigg für den befreundeten Verleger beim Chef der Österreichischen Nationalbank, dem ehemaligen Finanzminister Dr. Victor Kienböck. Er übergab diesem das von Zsolnay verfaßte Memorandum »behufs gefälli-
81
Es kann hier leider nur nach dem sog. »Einsichtsakt« des BM für Finanzen, an das alle Originalunterlagen gerichtet wurden, zitiert werden. (BMF, ZI. 106.197-2/1935). Es konnten in den Registra des Finanzarchivs die fraglichen Akten nachgewiesen werden, doch sind sie alle bereits skartiert worden. Zitiert wird daher nach dem Akt, der dem BKA (Inneres), hier für Aktiengesellschaften zuständig, vorgelegt wurde. (Quelle, siehe oben).
82
Bericht der Gesellschaft für Revision und treuhändige Verwaltung (Wien) über die Firma Paul Zsolnay Verlags A.G., Juni 1939. AdR, VVSt, Komm. u. Treuhänder, Kt. 900, ZI. 12.765, Band IV. »Im Geschäftsjahre 1934/35, das durch nachgeholte Abschreibungen an Warenlager, von den Außenständen und von Kursdifferenzen mit einem Verlust von rund S 5 7 2 . 7 0 0 . - abschloß, wurde durch Streichung von S 5 7 0 . 4 0 0 . - von der Kontokorrenteinlage Paul Zsolnays zuzüglich Auflösung der Dubiosenreserve eine Bilanzbereinigung durchgeführt. Wir bezweifeln, daß diese Sanierung ausreichend war. In den nächsten 2 Geschäftsjahren wurden zwar geringe Überschüsse ausgewiesen (1935/36 rund S 8 . 6 0 0 . - , 1936/37 rund S 10.900.-), doch waren diese im Hinblick auf die angewendeten Bewertungsgrundsätze offensichtlich falsch.« (Bl. 7)
83
Paul Zsolnay an Kurt von Schuschnigg, 5.11.1934. Durchschlag im Ordner »PZ privat 193435«, Original im AdR, BKA, Präs, Kt. 117, ZI. 24.694-Pr./1934.
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ger Durchsicht«. 84 Und anschließend meinte der Kanzler: »Die vorgebrachten Argumente erscheinen mir - insbesondere vom volkswirtschaftlichen und sozialen Standpunkte - sehr beachtlich. Ich darf Sie bitten, sehr geehrter Herr Präsident, sich dieser Angelegenheit wohlwollend anzunehmen und den Präsidenten der Paul ZSOLNAY Verlags A.G. womöglich persönlich empfangen zu wollen.« Zwei Tage später bekam Paul Zsolnay die Verständigung, daß er einen baldigen Gesprächstermin beim Präsidenten Kienböck bekommen sollte. 85 Daß die Verabredung Zsolnays mit Kienböck dem zitierten Ansuchen um Steuerfreistellung gewidmet war, ist weniger wahrscheinlich. Es ging möglicherweise um den Devisentransfer, für den ja die Nationalbank zuständig war. 86 Wie die Privatkorrespondenz Paul Zsolnays in den 30er Jahren zeigt, hat der Verleger, der Schuschniggs Unterstützung in Sachen des 1922 gegründeten »Kulturbunds« auch während dessen Amtszeit als Unterrichtsminister suchte und bekam, dem Kanzler und auch anderen Ministem regelmäßig Werke aus dem jeweils neuen Verlagsprogramm zukommen lassen. 87 Die Probleme des Zsolnay Verlags im Jahre 1934 spiegeln sich auch in den Produktionszahlen wider. Gab es 1933 noch insgesamt 40 Neuerscheinungen, fiel die Zahl 1934 auf 31 zurück, ein Niveau, das seit 1927 nicht mehr unterschritten worden war. Die Produktion von neuen Werken erhöhte sich dann 1935 auf 44. Der Rückgang bei Neuerscheinungen wurde 1934 durch die Veranstaltung von Neuauflagen einigermaßen ausgeglichen. Zwanzig Titel (1933: 10) wurden neu aufgelegt, 14 davon allein im Herbst. Eine gleiche Anzahl von Neuerscheinungen brachte das Jahr 1935. Bei den Sonderausgaben kam es nach einem Hoch 1933 (14 Ausgaben) 1934 zu bloß neun, 1935 gar zu nur 2 solcher Ausgaben.
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Archiv der Republik (Wien), BKA, Präs, Kt. 117, ZI. 24.694-Pr./1934. Schreiben vom 7. November 1934. Zsolnay an Schuschnigg, 9.11.1934, Ordner »PZ privat 1934-35«. Das kann man nicht mit Sicherheit sagen, da die entsprechenden Archivunterlagen, unter anderem das Memorandum, nicht mehr existieren. Sie waren vermutlich im Archivbestand, der in den 80er Jahren einem Großbrand zum Opfer fiel. Unter anderem an den Bundeskommissar für Kulturpropaganda, Hans Hammerstein-Equord. Paul Zsolnay gehörte neben Franz Werfel und vielen anderen Prominenten der Wiener Gesellschaft dem sog. »Gründerkomitee« des »Kulturbunds« an und hatte im »Arbeitsausschuß« die Funktion des Schatzmeisters und später Ehrenschatzmeisters. Seine habituelle Bereitschaft, dem Kulturbund (und dem P.E.N.-Club) finanziell unter die Arme zu greifen bzw. Kredite seiner Hausbank zu vermitteln, machte ihn zu einem wertvollen Mitglied. Der Verein kam ab 1933 immer stärker ins (außen-) politische Fahrwasser, als man ihn im Deutschen Reich zum Instrument zur Lenkung kultureller Entwicklungen in Österreich machte.
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20.6. Die Einkehr der Nationalen und der Streit mit Vesper Kritik an dem Verlag, vor allem in und aus dem Reich, kam schon während des Jahres 1933 auf, als es zu meist judenfeindlichen Sticheleien kam. Im März 1934 wurden nun in Österreich Giftpfeile von prominenter Seite abgeschossen, nämlich von der völkisch-national gesinnten, von Joseph Papesch geleiteten Grazer Zeitschrift Alpenländische Monatshefte. Unter der Überschrift »Schreckensnachrichten« wurde zunächst der S. Fischer Verlag ins Visier genommen. Eine Kostprobe: »Der Verlag S. Fischer, der bedeutendste und exponierteste Protektor der jüdischen Literatur im deutschen Bereich, der Vermittler all der krankhaften und widerlichen Exzesse des jüdischen Zivilisationsliteratentums, besteht noch immer, und neben ihm bestehen auch Gustav Kiepenheuer und Paul Zsolnay. Sie dürfen weiter ihre Bücher verlegen.«88 Ein Kreuzzug also gegen die »Asphaltliteraten«. Zur Diktion dieser Zeitschrift gehörte die Bezeichnung der angeblich verjudeten Presse als »Reptilienpresse«. Die Ausfälle der steirischen Zeitschrift waren einige Wochen später Wasser auf den Mühlen von Will Vesper und seiner Zeitschrift Die Neue Literatur. Ja, sie gaben ihm erstmals Gelegenheit, den Zsolnay Verlag frontal anzugehen und monatelang mit allen möglichen Kniffen zu attackieren. Die Vesper-Kontroverse erwies sich aus anderer Sicht als kontraproduktiv insofern, als sie einer Aktion jener auf die NS-Bewegung setzenden österreichischen Autoren, die seit 1934 im Verlagsprogramm aufschienen, zuwiderlief. So kam es zu einer kuriosen Situation, als der Verleger Zsolnay sich um eine Rücknahme des ihm verpaßten Etiketts »Judenverlag« bemühte und seine heimischen Autoren sich gegen den Vorwurf einer bloß nationalen Tarnung des Verlags wehrten. Es war daher verständlich, daß die betroffenen Autoren, im Glauben an den Sieg der Bewegung, das Gefühl hatten, daß man ihnen vom Reich her - und ganz besonders durch die Kampagne Vespers - in den Rücken falle. In nationalen Kreisen in Wien herrschte aber auch nicht eitle Wonne über die Gleichschaltung des Zsolnay Verlags. Wir greifen allerdings den künftigen Ereignissen voraus. Das Bonmot von Karl Kraus in der Dritten Walpurgisnacht, wonach die grassierende Schwarze Liste verbotener Bücher den Zweck verfolge, den Büchermarkt »endlich für jene frei zu machen, die aus dem Umstand, daß sie ihn bisher nicht gewinnen konnten, ihre Berechtigung und Berufung herleiten«, ist auf den österreichischen Kontext ab 1933 ganz allgemein und auf die Situation des Zsolnay-Verlags im besonderen bezogen richtig und falsch zugleich. Denn wie Klaus Amann mit Recht bemerkt, hat sich ab diesem Zeitpunkt das literarische Bezugsfeld für die österreichische Literatur radikal verändert, es kam, so Amanns These, zu einem Austausch der Literaturen. Hatte es bis 1933 auch in Österreich mehrere miteinander konkurrierende Literaturströmungen gegeben, so wurde nun mehr oder weniger eine zur einzigen deutschen Dichtung erklärt. Die bis dahin üblichen Marktmechanismen wurden auf dem Verordnungsweg außer Kraft gesetzt. Oder in den
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Alpenländische
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Monatshefte,
Heft 6, März 1934, S. 188.
Worten Amanns: »Die Versuche der nationalsozialistischen Schriftsteller, sich politisch zu organisieren, sind Versuche, den Gesetzen des Marktes jene der Gesinnung vorzulagern.«89 Der Griff der nationalen Schriftsteller Österreichs nach einem großen Verlagsunternehmen, nach dem Paul Zsolnay Verlag, ist als Kulmination vielfältiger Organisierungsversuche dieser Autoren (mit oft wechselnder Personalzusammensetzung) anzusehen und in diese Entwicklung eingebettet. Versuche, eine solche erste Organisation auf die Beine zu stellen, ist nicht, wie bisher angenommen, mit den Vorbereitungen zur Gründung des »Rings nationaler Schriftsteller« (RnS) im Frühjahr 1933 zeitlich anzusetzen. Unmittelbarer Anlaß zum hier erstmals dokumentierten Versuch, deutschbewußte Kulturschaffende zu vereinen, war die Verpflichtung, die die österreichische Regierung in dem am 15. Juli 1932 unterzeichneten Vertrag von Lausanne über eine neue Völkerbundanleihe einging, auf den »Anschluß« an und die Zollunion mit Deutschland zu verzichten. Was die Regierung als großen Erfolg verbuchte, stieß bei den Sozialdemokraten, Großdeutschen und (noch legalen) Nationalsozialisten auf heftigsten Widerstand. Das Parlament stimmte der Regierungsvorlage am 17. August mit einer denkbar knappen Mehrheit von 81:80 Stimmen zu. Bloß zehn Tage nach der Vertragsunterzeichnung in Lausanne und noch vor der parlamentarischen Abstimmung schlossen sich eine Reihe von Sympathisanten der NS-Bewegung zusammen und verfaßten einen »Aufruf« als energischen Protest gegen die Verpflichtungspolitik »Deutschösterreichs«.90 Unterzeichnet wurde dieser Aufruf zunächst von den Schriftstellern Bruno Brehm, Mirko Jelusich, Otto Emmerich Groh, Walther Hjalmar Kotas (die uns z.T. bei der Eroberung des Zsolnay Verlags und dem österreichischen Ableger der N.S. Kulturgemeinde begegnen), den akademischen Malern Carry Hauser und Franz Howanietz sowie dem Generalmusikdirektor Leopold Reichwein. Die Politik der österreichischen Regierung bedeutete in den Augen der aufrufenden »geistig Schaffenden Österreichs« eine Bedrohung der kulturellen Einheit des deutschen Volkes und es stehe zu befürchten, daß die Haltung der verantwortlichen Kreise Deutschösterreichs zu einer Unterbindung der geistigen Gemeinsamkeit, ja vielleicht sogar zu einer Entfremdung zwischen Deutschland und Deutschösterreich fuhren werde. Wir Unterzeichneten verwahren uns auf das schärfste dagegen, dass solch ein schwerwiegender Schritt über die Köpfe des geistigen Deutschösterreich hinweg unternommen wird, und erklären kategorisch, dass es für die deutschösterreichische Künstlerschaft ohne Ansehen der Partei keine Grenzen zwischen deutschem und deutschösterreichischem Kulturleben geben kann, dass vielmehr die kulturelle und politische Einheit beider Bruderstämme geistige Voraussetzung und erste Forderung jedes frei schaffenden Deutschösterreichers ist.
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Amann: Der Anschluß,
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Die hier besprochenen Unterlagen entdeckte ich im Nachlaß von Rudolf Greinz (Privatbesitz, Innsbruck).
S. 33.
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Der Aufruf setzte fort mit der Aufforderung, sich zu einem Verbände zusammenzuschließen, »der die Aufgabe haben soll, gegen diese bedrohliche Wendung unserer Politik Stellung zu nehmen, die Entfremdung der deutschen Kreise gegenüber dem deutschösterreichischen geistigen Arbeiter zu verhüten und durch helfende Vermittlungsarbeit die Wechselbeziehungen zwischen dem deutschen Volke und den österr. Künstlern aufrechtzuerhalten und tatkräftigst zu fördern«. Interessierte wurden gebeten, sich schriftlich an die späteren Zsolnay-Autoren Kotas und Groh zu wenden. Kotas war auch Mentor dieser Bewegung, deren »eminenter Wichtigkeit«, wie er Rudolf Greinz am 27. Juli 1932 schrieb, »sich wohl kein österreichischer Künstler, Musiker oder Schriftsteller verschliessen« werde. Sein Plan ging, so Kotas, viel weiter: Durch meine verschiedenen Verbindungen zur deutschen Presse und Verlegerwelt als Leiter einer international eingeführten Pressekorrespondenz und als Berater oder Lektor diverser Verlagsanstalten bin ich in der Lage, eine werktätige Vermittlungsarbeit zu organisieren, die, findet der Aufruf, wie kaum zu bezweifeln steht, Widerhall, in tatkräftiger Weise folgenden Zielen dienen soll: 1. Förderung der Beziehungen zwischen deutscher Presse und Verlegerwelt und österr. Schriftsteilem durch: Manuskriptprüfung und Beratung/direkte Vermittlung von Aufträgen an hiefür geeignete Schriftsteller/informierende Berichte an deutsche Verleger und Zeitungen 2. Förderung der Beziehungen zwischen deutscher Presse und Verlegerwelt und österr. Künstlern durch: Empfehlung österr. Illustratoren, Zeichner und Karrikaturisten (sie) an deutsche Zeitschriften und Verleger/Vermittlung direkter diesbezüglicher Aufträge 3. Ähnliche Massnahmen für die Komponisten 4. Herausgabe einer Zeitschrift, die den Zweck hat, gegen die Entfremdung Deutschlands und Österreichs anzukämpfen; die ferner Einzelartikel über österreichische Künstler, Musiker und Schriftsteller mit Proben aus ihren Werken bringen soll.
Dieser »Statutenentwurf« weist mit den Satzungen des »Rings nationaler Schriftsteller« und des »Bundes der deutschen Schriftsteller Österreichs« (1936) so manche Ähnlichkeiten auf und geht von einem zeitüblichen Feindbild aus, insofern als die Zeit des Ausgegrenztseins vorbei sei. Der »Ring« wollte laut genehmigten Statuten »den nationalen Schriftstellern im Rahmen des deutschen Volkstums Österreichs jene Stellung erkämpfen, die dem Schriftsteller als dem berufenen Verkünder aller edlen Regungen der Volksseele« zukomme. Der »Zweck« des BdSÖ war es gewesen, die wirtschaftlichen Interessen der deutschen Schriftsteller Österreichs zu wahren, sowie Beratung in Fragen des Autorenschutzes und Förderung des literarischen Absatzes und Fühlungnahme mit ausländischen (recte: reichsdeutschen) Verlagen zwecks Neuerwerbungen und Verwertung der Autorenrechte zu geben. Rudolf Greinz zögerte mit seiner Unterschrift unter diesen Aufruf. Am 5. August 1932 richtete Kotas an seinen Kollegen eine Erinnerungskarte, um mitzuteilen, daß die Sache dränge: »Der erste Passus des Aufrufs wird von mir aus dem Politi-
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sehen ins Kulturelle abgeändert und der Protest wird sich nur gegen den Ton eines gewissen Teils der Presse und einiger Verantwortlicher gegenüber dem Reich richten.« Kotas konnte auch mitteilen, daß inzwischen auch Robert Hohlbaum, Karl Hans Strobl, Josef Weinheber, der Bildhauer Jekel und der Musiker Reichwein den Aufruf unterzeichnet hätten. Aus noch unbekannten Gründen versandete die geplante Vereinsgründung. Jedenfalls steht fest, daß Rudolf Greinz, der als Schriftführer des »Rings nationaler Schriftsteller« vorgesehen war, und der baldige Zsolnay-Autor Erwin H. Rainalter, der als Vizepräsident hätte fungieren sollen, sehr bald aus dem Verein austraten, angeblich weil das offene nationalsozialistische Bekenntnis sich nicht mit der redaktionellen Linie jener Zeitungen deckte, für die sie regelmäßig arbeiteten. 91 Obwohl die Schriftstellervereine in Österreich fast traditionell die ideologische Segmentierung des Landes widerspiegelten, gab es Ausnahmen wie den »linken« Schutzverband deutscher Schriftsteller in Österreich, in dessen Vorstand so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Robert Musil, Karl Hans Strobl und Hugo von Hofmannsthal vereint waren, und natürlich den P.E.N.-Club. Die Spaltung dieser supranationalen, überparteilichen Autorenorganisation im Jahre 1933 vornehmlich an der Frage der offiziellen Reaktion auf die Ereignisse in Deutschland hatte in kleinerem Ausmaße denselben Endeffekt wie die Fragebögen, die österreichische Autoren für den Reichsverband deutscher Schriftsteller ausfüllten. Das heißt: Sie erlaubten es den Stellen im Reich, die, freundlich formuliert, eine geringe Ahnung von der Situation in Österreich hatten, wie Klaus Amann es richtig sieht, österreichische Autoren erstmals in größerer Zahl unterscheidbar und einschätzbar zu machen. Mit den von viel Publizität begleiteten und von den Austretenden entsprechend extern und intern vermarkteten Austritten da und Eintritten dort war ein politisches Bekenntnis verbunden. Obwohl die P.E.N.-Spaltung vermutlich viele »Väter« hatte, war es der Zsolnay-Autor und Freund des Verlegers, Egmont Colerus, der nach eigener Aussage schon im April 1933 anläßlich der Gründung des RnS »das Gelöbnis auf die Betätigung im Sinne des Führers« vor Mirko Jelusich und Erwin H. Rainalter leistete und den Anspruch erhob, bei zwei Großereignissen der Stifter gewesen zu sein: In der bereits zitierten autobiographischen Schrift »Mein Lebensweg als Deutscher« heißt es unzweideutig: »Die Sprengung des Wr. Penklub, an der ich als einer der ersten zehn ausgetretenen nationalen Dichter in den ersten Julitagen 1933 tätigen Anteil hatte, zerschlug in wirksamster Art den Weltring der liberalen geistigen Weltherrschaft. Ich wurde deshalb auch noch im September 1933 von Freimaurern heftigst angegriffen, und es bestand für mich große Gefahr als Staatsbeamter.«92
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Wiener Allgemeine Zeitung, Nr. 16473, 28.4.1933, S. 3 und Nr. 16485, 13.5.1933, S. 3. BDC/Colerus. Egmont Colerus: Mein Lebensweg als Deutscher, 11.4.1938. Renner (Österreichische Schriftsteller, S. 292) weist nach, daß der Austritt am 3. August 1933 erfolgte. Die in diesem Zeitraum verfaßten »Autobiographien« sind alle mit entsprechender Vorsicht zu genießen.
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Die Nachwehen der Clubspaltung und die Resolution der Dissidenten erregten nicht nur, wie berichtet, bei Grete von Urbanitzky Mißfallen. Für Will Vesper boten sie eine Möglichkeit eindringlich darauf hinzuweisen, daß die »Hetze gegen Deutschland [...] übrigens besonders von Autoren des jüdischen Wiener Verlages Zsolnay (Wells und Fabrizius) begünstigt« »und von einer Reihe jüdischer und judenfreundlicher Wiener Schriftsteller unterstützt« (wurde). 93 Seine Drohung: »Der deutsche Buchhandel wird besonders die Herren Frischauer, Wells und Fabrizius nicht dadurch beleidigen, daß er ihre Bücher noch führt.« (ebd.) Für die Änderungen im Verlag ab dem Frühjahr 1934, die z.T. schon angedeutet worden sind bzw. noch ausführlich behandelt werden, stehen uns zwei unterschiedlich umfangreiche Darstellungen zur Verfügung, die uns Einblick in die Lage und Strategie der nationalen Autoren Österreichs der 30er Jahre gewähren. Wenn man Colerus Glauben schenken kann, gebührt ihm das Verdienst, Zsolnay mit den mit der Partei sympathisierenden Autoren zusammengebracht zu haben bzw. vice versa. Im Frühjahr 1938 schilderte er das Ereignis folgendermaßen: Und vor einigen Jahren habe ich dann zwischen den mir bezeichneten Vertrauensmännern der Partei und dem Zsolnay Verlag die Verbindung hergestellt, um eine möglichste Lahmlegung des internationalen Einflusses im Verlagswesen zu erzielen und den österreichischen nationalsozialistischen Autoren einen Großverlag zu sichern, bei dem sie ihr Geld in Schillingen erhielten, da wegen der Devisenschwierigkeiten deutsche Verleger speziell für jüngere, unbemittelte Autoren wenig Hilfe bedeuteten. Das Schwierige bei diesem Unternehmen, über das Pg. Rainalter, Pg. Dr. Leber und Pg. Prof. Spunda Auskunft geben können, war nicht die Herstellung der Verbindung, sondern die durch meinen Einfluß durchgesetzte Beindruckung (sie) des Verlages und seine ständige weitere Überwachung. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, daß ich dabei auf eigene Interessen nicht nur keine Rücksicht nahm, sondern mir insofern schadete, als ich als Erfolgsautor in deutschen Verlagen viel mehr Propaganda, Zeitungsbesprechungen etc. gehabt hätte. Wobei mich diese, schwächeren und jüngeren Kameraden unzugänglichen Verleger auch in Schillingen bezahlt hätten. Durch Zsolnay war diesen jüngeren Autoren aber weiters noch manche Verfolgung erspart, da die Systemregierung auf den cechoslowak. Staatsbürger Zsolnay Rücksicht nehmen mußte, was sich auch in mehr als einem gefährlichen Fall auswirkte. Zeuge dieser Tätigkeit sind Pg. Rainalter, Pg. Dr. Leber, Pg. Prof. Spunda, Pg. Emmerich Otto Groh (sie). 94
In seinem schon zitierten Antrag um NSDAP-Mitgliedschaft gab Colerus als sonstige Tätigkeit für die NSDAP an: »Beteiligung an der möglichsten Gleichschaltung des Wiener Verlagswesens tätig (1934, 1935 u.sf.).« Wieviel von dem, was Colerus hier über seine Rolle bei der »Gleichschaltung« erzählt, objektiv stimmt und wieviel legendenhafte Ausschmückung ist, läßt sich nicht ganz einfach beantworten. Es gehörte einfach zur »Kunst« solcher Lebensläufe, ein wenig zu heroisieren, genauso wie es zur Strategie eines Autors gehörte, seinem zögernden Verleger mitzuteilen, andere Verlage würden Schlange stehen, um den jeweils neuen Roman 93 94
Die Neue Literatur, Heft 7, Juli 1933, S. 422f. BDC/Colerus. Mein Lebensweg als Deutscher.
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zu verlegen. Belegt ist jedenfalls die Tatsache, daß die Einladung des Verlags an das »trojanische Pferd« Erwin H. Rainalter im Juni 1934, seinen neuen Roman nicht Staackmann, sondern Zsolnay zu übergeben, über Colerus lief. 95 Ansonsten scheint der Reichsdeutsche Hermann R. Leber, von dem noch ausführlich die Rede sein wird, als Drehscheibe fungiert zu haben.96 Wenn man davon ausgeht, daß Paul Zsolnay im Frühjahr 1934 mit nationalen österreichischen Autoren in Verbindung stand, um diese in seinen Verlag aufzunehmen und im Laufe dieses Jahrs die Korrespondenz mit den betreffenden Autoren einsetzt, dann stellt sich die gewiß nicht leicht zu beantwortende Frage, aus welchem Grund er dies getan hat. Es wurde bereits die Auffassung vertreten, daß er die nationalsozialistische Bewegung für eine vorübergehende Erscheinung hielt, daß der »Spuk« bald vorbei sein würde und daß er durch diese Öffnung seinen Verlag retten wollte. Egmont Colerus, der jahrelang ein genauso falsches Spiel mit Zsolnay spielte wie ein Rainalter, Groh, Leber, Schreyvogl97 und andere, bietet in einem im Nachlaß fragmentarisch erhaltenen Schreiben (vermutlich Anfang 1939 an die RSK) andere Überlegungen an. Zsolnay habe, so Colerus, immer wieder betont, daß ihn das schlechte und ehrlose Betragen zahlreicher jüdischer Autoren und das dazu in vollständigem Gegensatz stehende Verhalten der nationalen Dichter bewogen habe, seine Kraft, seine Fähigkeiten, seinen Einfluß und sein Geld für die nationale Sache einzusetzen. So weit ich es überblicken kann, war er nämlich durchaus nicht genötigt, aus materiellen Gründen den Verlag zu führen. Ich glaube eher, daß für ihn der Verlag durch Jahre in der Kampfzeit eine schwere materielle Belastung, zum mindesten aber eine Quelle finanzieller Sorge bedeutete. Zusammenfassend gebe ich meiner Ansicht Ausdruck, daß sich ohne den guten Willen und die Handlungsweise Paul von Zsolnays das nationalsozialistische Schrifttum Österreichs in der Kampfzeit weit schwerer durchgerungen hätte und viel mehr Schikanen und Gefährdungen seitens der Systemregierung ausgesetzt gewesen wäre.
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Am 2. Juli 1934 teilte Rainalter Paul Zsolnay mit: »Sie hatten die Liebenswürdigkeit, mich durch Herrn von Colerus einladen zu lassen, Ihnen meinen neuen Roman zu übergeben.« Ordner Rainalter. Am Fragebogen zur Bearbeitung des Aufnahmeantrags für die RSK, datiert 26. September 1938, gab Leber zur Frage seiner Parteimitgliedschaft an: »ja, erste Anmeldung 1930, seit Verbot in Österreich illegal tätig. Seit 16. März [1938] wieder angemeldet.« Als Bürgen führte er u.a. Josef Weinheber, Edmund Finke und Bruno Brehm an. (BDC/RSK/Leber) Den Erfassungsantrag stellte er am 22. Mai 1938 und wurde, da als »Alter Kämpfer« anerkannt, rückwirkend vom l.Mai 1938 mit der Nummer 6 165 233 als Pg. aufgenommen. (Ebd.) Friedrich Schreyvogls Kontakt zum Zsolnay Verlag bestand seit 1929. Er war seit 1929 Lehrer und seit 1931 Professor an der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (Fach: Deutsche Literaturgeschichte). Der NSDAP trat er im Sommer 1934 bei, und im Zuge der Erfassung der österreichischen Mitglieder nach dem März 1938 erhielt er die Nr. 6 187 644. 1937 wurde er nach eigener Aussage durch Hermann Stuppäck in die »Nebenorganisationen« der NSDAP eingegliedert. Vom »nationalen« Inhalt seiner Werke bei Zsolnay wird noch die Rede sein.
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Es ist selbstverständlich, daß Zsolnay von dieser Äußerung, die ich auf Ihre Aufforderung niederschrieb, nichts weiß.
Was zum Zeitpunkt der Niederschrift als Entlastung bzw. Belobigung Zsolnays gemeint war, liest sich heute leicht befremdend, wird er von Colerus doch als »der« Mann des nationalsozialistischen Schrifttums beschrieben. Daß Zsolnay und Felix Costa die NS-Umtriebe ihrer Autoren duldeten, ist schon mehrfach dokumentiert worden. Darüber, daß sie deshalb eine hochnotpeinliche Untersuchung wegen Verdachts einer illegalen NS-KuIturorganisation von Seiten der Staatspolizei und des Bundeskanzlers über sich ergehen lassen mußten, wird noch zu reden sein. Wer im Verlagsarchiv konkrete Unterlagen zum Thema »Gleichschaltung« sucht, wird nicht fündig. Dieser Umstand läßt sich damit erklären, daß in der Atelierwohnung Hermann R. Lebers in der Florianigasse 49 im 7. Bezirk, Autoren empfangen, Verträge ausgehandelt und Wünsche indirekt an den Verlag herangetragen wurden und alle Post über seine Adresse abgewickelt wurde. 98 In Ermangelung konkreter Aussagen Paul Zsolnays zur freiwilligen oder erzwungenen »Gleichschaltung«, sind wir auf außerhalb des Verlags gemachte Äußerungen der unmittelbaren Akteure angewiesen, denen allerdings - sieht man den Adressaten mit nicht weniger Vorsicht begegnet werden dürfen. Zur Vorgeschichte des im Juni 1935 entstandenen und für den reichsdeutschen Konsum verfaßten Berichts »Der Verlag Paul Zsolnay und seine Autoren« - die Verfasser sind Erwin H. Rainalter und Otto Emmerich Groh - müssen wir wieder mit der Kampagne Will Vespers gegen den Zsolnay Verlag ansetzen. Denn der Bericht 1935 ist auch als Verteidigungsschrift gegen Vesper und andere Österreich-Unkundige angelegt. Als die Alpenländischen Monatshefte im März 1934 u.a. gegen Zsolnay alterierten, meinte Vesper im Juni-Heft 1934 der Neuen Literatur, der Herausgeber würde sich noch mehr wundern, wenn er feststellen müßte, daß »vor allem die mit großer Geschicklichkeit propagierten Zsolnay-Literaten (nicht nur die Renommiergois, sondern die reine Judenliteratur dieses Wiener Judenverlags: die Bücher der Saiten, Werfel usw.) die Fenster vieler deutscher Buchläden füllen und daß man in den gleichen Buchhandlungen die Bücher der eigentlichen deutschen Dichter leider noch immer in der Aschenbrödelecke« finde. Von diesen Bemerkungen war Paul Zsolnay natürlich gekränkt, hatte er doch einige Wochen zuvor versucht, Vesper durch Zusendung des neuen Werks von Egmont Colerus und bald darauf glänzender Besprechungen deutscher Forscher von der Qualität seiner Bücher zu überzeugen. Besonders betroffen war er von der Formulierung »Judenverlag« und verwikkelte sich nun in einen Disput mit Vesper, aus dem er nicht aussteigen konnte ohne lächerlich gemacht zu werden. (Später überließ er seinen nationalen Autoren den Streit mit Vesper.)
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Nur in den allerseltensten Fällen wurde ein Autorbrief an die Privatadresse Lebers an den Verlag weitergeleitet. Aus Angst vor den herannahenden russischen Truppen wurden alle inkriminierenden Unterlagen verbrannt.
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An Vesper richtete Zsolnay ein Protestschreiben, das auch auszugsweise abgedruckt wurde, und lieferte unwillkürlich die Basis für einen hämischen Kommentar. Zsolnay: Unser Verlag ist kein Judenverlag. Er wurde von mir im Jahre 1923 gegründet. Ich selbst gehöre zur deutschen Minorität der tschechoslowakischen Republik, die auf exponierterem Boden für die deutsche Kultur eintreten mußte und muß, als es Deutsche in Deutschland mußten. Ich selbst habe in meiner Heimatgemeinde Oberufer bei Preßburg einen Großgrundbesitz und habe sofort nach der Gründung der tschechoslowakischen Republik durchgesetzt, daß die Schule in dieser überwiegend deutschen Gemeinde aus einer ungarischen Schule in eine rein deutsche Schule verwandelt worden ist. Ich bin seither in dieser Gemeinde Schulvater und hatte als solcher Gelegenheit, mich beim Ausbau der Schule, die einen ganz außerordentlichen Aufschwung erlebte, in jeder Beziehung, gewiß nicht nur mit Geld, zu betätigen. Vor neun Jahren wurde ich mit Stimmeneinheit zum evangelischen Kircheninspektor der Gemeinde in freier Wahl gewählt. Auf Grund der letzten Wahlen, die vor einem Monat stattgefunden haben, bin ich neuerlich einstimmig gebeten worden, weiter als Kircheninspektor der Gemeinde zu fungieren . . . "
Der Briefwechsel zwischen Zsolnay und Vesper, der im Verlagsarchiv nicht vorliegt und im Nachlaß Vespers nur fragmentarisch erhalten ist, dürfte länger angedauert haben. Zsolnay hat gewiß dies und jenes korrigiert und präzisiert, ohne freilich Vesper zu überzeugen. Der Verleger nannte sich »einen Vorkämpfer deutscher Kultur« und drohte Vesper mit einer Intervention von Seiten des tschechischen Gesandten in Berlin, um den Herausgeber zu einer Richtigstellung zu zwingen. Auf den Vorhalt Vespers, Zsolnay wolle seine rassische Herkunft verschleiern, erwiderte der Verleger, daß in seinem Schreiben »keine einzige Stelle enthalten war, in der ich erklärt hätte, daß ich rein arischer Abstammung sei. Ich danke Ihnen für Ihre Bereitwilligkeit, dies zu veröffentlichen für den Fall, daß ich meine rein arische Abstammung nachweisen könnte. Nun trifft dies aber nicht zu, und ich war so unbescheiden, anzunehmen, daß diese Tatsache bekannt sei. Aber selbst wenn ich rein arischer Abstammung wäre, würde ich als Auslanddeutscher darauf keinen Wert legen, da bei uns lediglich die Einstellung zum Deutschtum und die Zugehörigkeit zur religiösen Konfession von Bedeutung ist.« (ebd.) Vesper replizierte mit der Feststellung, die Zsolnays seien aus Ungarn stammende Juden, daß der Verleger »auch mit einer Jüdin«, deren Mutter »mit dem jüdischen Autor« Franz Werfel verheiratet und daß neben den diversen »Judenliteraten« immerhin »auch eine Reihe deutscher Schriftsteller von Bedeutung« im Verlag präsent seien. Ebenso sei das Verlagspersonal »gemischt«. Aber trotzdem waren aus der Sicht Vespers »Juden« und »deutsche Literatur« wie Öl und Wasser. Vesper in einem noch gemäßigten Ton: Nach unserer Erfahrung und Überzeugung ändert dieser Umstand nichts an dem jüdischen und judenliberalen Charakter des Verlages, und wir sind nicht der Meinung, daß es richtig und gefahrlos oder sogar lobenswert ist, wenn das deutsche Volk aus solchen Wiener Küchen seine 99
Die Neue Literatur,
Heft 8, August 1934, S. 537-538.
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geistige Kost empfängt. Wir sind der Ansicht, daß das Verlegen der deutschen geistigen Nahrung eine hohe und heilige Aufgabe und ein sehr verantwortungsvoller und heikler Dienst am Geist unseres Volkes ist und ausschließlich in deutsche Hände gehört. Wir glauben, daß ein Mann jüdischer Rasse, ungarischen »Adels«, evangelischer »Konfession«, tschechischer Staatsangehörigkeit, in Wien einen Verlag betreibend, selbst dann, wenn er persönlich guten Willens ist, doch nicht der Mann ist, dem man die Versorgung des deutschen Volkes mit geistiger Kost anvertrauen soll. Oder glaubt man, daß der Geist, der in seinem Verlag herrschen muß, der Geist ist, den das deutsche Volk braucht, und nicht vielmehr jener Geist der Vergangenheit, der dieser jüdisch-evangelisch-ungarisch-tschechisch-wienerischen Mischung entspricht, und der eben der unreine Geist ist, der unser Volk in den letzten Jahrzehnten in den Abgrund zu führen drohte? (ebd.)
Damit erreichte die »Aufklärungskampagne« Vespers einen vorläufigen Höhepunkt und Schluß. Hinter den Kulissen hatte schon die Anwerbung einer Reihe nationaler Autoren begonnen. Vier von ihnen kamen direkt vom Staackmann Verlag in Leipzig, der jahrzehntelang der nationale Paradeverlag der österreichischen Literatur gewesen war. Franz Karl Ginzkey, der sich erst im März 1941 um Mitgliedschaft der N.S.D.A.P. bemühte, um seinen Ruf als »nationaler Dichter« zu retten - er wurde mit 1.1.1942 mit der Nummer 8 751 771 in die Partei aufgenommen wußte, wovon er sprach, als er in seinen autobiographischen Erläuterungen »Meine Betätigung im Dienste des grossdeutschen Gedankens, des Anschlusses und der Partei« folgendes schrieb: »Für meine nationale Einstellung bezeichnend war auch die Wahl meines Verlegers Alfred Staackmann in Leipzig. Er war als der grösste rein nationale Verlag in Deutschland bekannt und sein Inhaber wurde auch für seine Verdienste um die geistige Vermittlung zwischen Deutschland und Österreich vom Führer mit der Goethemedaille ausgezeichnet.«100 Daß die Absetzbewegung von Staackmann hin zu Zsolnay zeitlich ausgerechnet mit der »Nationalisierung« des Wiener Unternehmens zusammenfiel, mag bloß Zufall, kann aber auch Teil eines größeren Plans gewesen sein. Stutzig wird man, wenn man feststellt, daß zwei erfahrene Autoren wie Erwin H. Rainalter und Franz Karl Ginzkey mit Zsolnay jeweils einen Vertrag eingingen, obwohl beide an Staackmann vertraglich gebunden waren. Rainalter hatte mit dem Leipziger Verlag immerhin eine Erstvorlageverpflichtung unterzeichnet. Es ist nicht uninteressant zu sehen, wie er versuchte, seinen Weggang von Staackmann zu begründen. Die Einladung des Wiener Verlags, schrieb er Zsolnay, »hätte mir noch vor kurzem Verlegenheit bereitet, da ich mit Herrn Alfred Staackmann, meinem bisherigen Verleger, sehr befreundet war und mich schwer hätte entschliessen können, seinen Verlag zu verlassen. Nach dem 100
Ein Exemplar dieser Schrift, die ähnliche Peinlichkeiten aufzuweisen hat wie die von Egmont Colerus, findet sich im Ordner Ginzkey. Kostproben: »Dass ich mich nicht dauernd mit programmatisch nationalen Vorwürfen beschäftigte, hat seinen Grund darin, dass mir der völkische Gedanke zu hoch stand und zu heilig war, um dauernd schriftstellerisch ausgeschrotet zu werden.« oder: »Ich versäumte auch sonst keine Gelegenheit, den nationalen Gedanken im Engeren und Weiteren zu fördern.« Zu diesem Thema siehe Reinhold Hangler u.a.: Der Fall Franz Karl Ginzkey und Seewalchen. Eine Dokumentation. Hrsg. Mauthausen-Aktiv-Vöcklabruck 1989.
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Ausscheiden des Herrn Alfred Staackmann aus der Firma ist nun allerdings seine persönliche Bindung an den Verlag L. Staackmann aufgehoben und ich fühle mich darum so frei und in meinen Entschlüssen ungehemmt wie andere StaackmannAutoren, von denen ja schon zwei - Bartsch und Ginzkey - mit ihren Büchern zu Ihrem Verlage übergingen. Deshalb erlaube ich mir, Ihnen mit gleicher Post meinen neuen Roman 'In den engen Gassen' zu überreichen. Das Werk ist durchaus national, obgleich dieses Wort darin niemals vorkommt.« 101 Rainalter war hier genauso sehr im Irrtum wie sechs Jahre später Felix Saiten, der auch der Auffassung war, Verträge mit dem Verlagsinhaber und nicht mit dem Verlag abgeschlossen zu haben. Sowohl im Fall Ginzkey als auch im Fall Rainalter beschwerte sich der Staackmann Verlag heftigst bei der Wiener Konkurrenz. Für Rainalter war es ein Schock - »niemand konnte überraschter als ich sein«102 - , aber in beiden Fällen wurde die Angelegenheit Staackmann-Zsolnay so gelöst, daß sie jeweils eine Gemeinschaftsausgabe auf den Markt brachten. Die ersten »Staackmänner« zogen also ein. Der erste schriftliche Kontakt zu Franz Karl Ginzkey erfolgte sodann im März 1934, zu Rainalter im Juli 1934, zu Hermann Stuppäck im September 1934, zu Karl Hans Strobl im Oktober 1934 usw. Bevor Will Vesper erneut Anlaß fand, gegen den Zsolnay Verlag vorzugehen und die »neuangekommenen« nationalen Autoren Österreichs anzugreifen, stand das Unternehmen im April 1935 einerseits im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik, andererseits in der Mitte einer durch eine anonyme Anzeige ausgelösten Untersuchung der Staatspolizei, die nun vor der Aufgabe stand, »Nat.soz. Umtriebe im ZsolnayVerlag« klären zu müssen, also ausgerechnet in einem Verlag, dessen Inhaber mit dem österreichischen Bundeskanzler befreundet war. Es begann alles relativ harmlos. Am 6. April veröffentlichte das »Organ der Österreichischen Arbeiter-Aktion«, Die Aktion, unter der Überschrift »Der Schriftsteller und das Dritte Reich« grundsätzliche Überlegungen zum Problem vieler heimischer Autoren, die sich dem »Neuen Deutschland« nicht anpassen konnten oder wollten. 103 Der österreichische Schriftsteller, der kein Nazi sei, heißt es dort, habe es heute nicht leicht. »Er muß nämlich so tun, als ob er einer wäre. Sein Schaffen muß von Kopf bis Fuß auf 'Blubo' (Blut und Boden) eingestellt sein. Sonst findet er nämlich keinen Verleger. Denn der österreichische Verleger schielt nach dem deutschen Absatzmarkt genau so heftig wie der österreichische Filmproduzent dies tut und dort ist alles, was nicht 'bodenständig' ist, 'Kulturbolschewismus'.« Der Artikel, der keinen Verlag beim Namen nennt, erschien am folgenden Tag in der amtlichen Wiener Zeitung,104 Einen Tag später befragte die Wiener Wochenzeitung Der Morgen österreichische Verleger,
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Rainalter an Paul Zsolnay, 2.7.1934, Ordner Rainalter. Rainalter an Paul Zsolnay, 21.7.1934, ebd. 103 Die Aktion. Organ der Österreichischen Arbeiter-Aktion. Hrsg. Emst Karl Winter, 2.Jg., Nr. 14, 6.4.1935, S. 7. 104 Wiener Zeitung, Nr. 97, 7.4.1935, S. 13. 102
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namentlich Ernst Peter Tal (E.P. Tal & Co. Verlag) und Paul Zsolnay dazu. Der Aufreißertitel: »Österreichs Verleger - Nazifreunde?«105 Zsolnay teilte dem Blatt folgendes mit: Das größte literarische Verlagsunternehmen Österreichs ist der Verlag Paul Zsolnay, zu dessen Autoren bis zum Umsturz in Deutschland auch heute dort verbotene Schriftsteller wie Heinrich Mann oder Robert Neumann gezählt haben. Auch heute noch führt der Zsolnay-Verlag die Werke von Autoren, die zumindest »rassisch« dem Hitler-Ideal keineswegs entsprechen, zum Beispiel die Bücher Franz Werfeis, Felix Saltens, Ernst Lothars usw. Die Zsolnay-Bücher sind (mit Ausnahme des Romanes von Franz Werfel »Die Vierzig Tage des Musa Dagh«, gegen den die türkische Gesandtschaft ein Verbot erwirkt hat, weil er die Armeniergreuel behandelt) in Deutschland zugelassen und sogar die Romane einzelner »nichtarischer« Wiener Autoren werden im Dritten Reiche verkauft. Diese Tatsache widerlegt vielleicht unterschiedliche Wiener Auffassungen. PAUL VON ZSOLNAY ERKLÄRT: »Der Verlag Paul Zsolnay kann mit gutem Gewissen behaupten, die Interessen seiner österreichischen Autoren nach wie vor streng zu wahren. Ich habe keinen einzigen meiner früheren österreichischen Autoren aufgegeben. Richtig ist wohl, daß ich auf verschiedene Schriftsteller, die mehr oder weniger offene Gegner des heutigen offiziellen Deutschland sind, verzichtet habe, doch sind dies ausschließlich Ausländer gewesen.« (Auf eine Zwischenfrage ...) »Heinrich Mann ist Reichsdeutscher, Schalom Asch ist Amerikaner. Der Wiener Autor Robert Neumann ist freiwillig aus dem Verlag ausgeschieden und nach London übersiedelt. Nicht richtig ist, daß man in Berlin, wo wir übrigens ein eigenes Verlagshaus besitzen, irgendeine Loyalitätserklärung von mir verlangt hat. Ich habe keine derartige Erklärung abgegeben.«
Einen Tag später griff die Wiener Tageszeitung Die Stunde das Problem der Fernsteuerung des heimischen Literaturmarkts wieder auf und fragte sich in einem Leitartikel, ohne Zsolnay zu nennen, »wie der Staat Österreich seinen Kampf gegen die Vergewaltigung durch das Reich durchführen soll, wenn wichtige Faktoren unserer
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Der Morgen (Wien), 8.4.1935, S. 11. Daß jene Autoren, die Zsolnay nicht mehr verlegen konnte, weil ihre Werke in Deutschland verboten waren, mit der Umstellung des Verlagsprogramms nicht glücklich waren, zeigt das Beispiel Paul Frischauer. Am 1. September 1934 schrieb er folgendes an den Allert de Lange Verlag: »Nun hat es sich im Laufe des Sommers immer deutlicher gezeigt, dass das Zusammenarbeiten mit Zsolnay, das mir, wie Sie ja wissen, schon seit geraumer Zeit odios war, für mich untragbar ist. Die Anbiederung an Deutschland, die Herr Zsolnay im Verlagsprogramm und auch persönlich unternimmt, hat es dazu gebracht, dass er, wie Sie ja vermutlich gelesen haben, seine nicht nationalsozialistischen Autoren in aller Öffentlichkeit geleugnet und sich nicht traut, propagandistisch für sie zu wirken.« Archiv Allert de Lange Verlag, Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis, Amsterdam, Signatur 6/416.
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Kulturpolitik die Gleichschaltung auf kaltem Wege vollziehen«.106 Dann nahm sich die Zeitung der »Verlagsgeschäfte im Zeichen des Dritten Reiches« an und bekräftigt das Dementi Zsolnays, Autoren dem Dritten Reich zuliebe aufgegeben zu haben. 107 Sie verweist aber auch auf jene bekannten »nationale(n) Schriftsteller aus Österreich, die zum Teil schon im Dritten Reich weilen würden, auf die der Zsolnay-Verlag nicht verziehet habe, so z.B. Grete von Urbanitzky, Karl Hans Strobl, Franz Spunda und Erwin Rainalter«. Der Verlag biete, so Die Stunde, auch außerösterreichischen Autoren, die aus ihrer nationalsozialistischen Gesinnung keinen Hehl gemacht hätten, Unterkunft, so Frank Thiess, Jakob Schaffner, und er veröffentliche gerade jetzt viele Bücher reichsdeutscher Herkunft. Die Zeitung lud den Verlag fairerweise zu einer Stellungnahme ein: Zsolnay erklärte »zu einer solchen Art Politik gezwungen zu sein, wenn er weiterbestehen und seine Angestellten erhalten« wolle. Ob der Schritt durch die öffentliche Diskussion motiviert oder auf Verfemungen unter den »nationalen« Autoren zurückzuführen war, ist schwer zu sagen, aber ein paar Tage nach den diversen Zeitungsartikeln langte bei der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit in Wien eine anonyme Anzeige ein, in der viel von getarnten NS-Kulturorganisationen und deren Leitfiguren die Rede war. Das Schreiben ist mit 15. April 1935 datiert, vier Seiten lang und schließt mit »Ein Österreicher«. Der Verfasser ist erstaunlich gut informiert und wohl Opfer der von ihm zitierten »Femeabteilung«. Jedenfalls ist er mit den Vorgängen der letzten Monate im Zsolnay Verlag bestens vertraut. Nach der Beschreibung zweier NS-Kreise kommt er auf den Wiener Verlag zu sprechen: Ein dritter Zirkel ist der des Dr. Leber, Lektor im Zsolnay vertag. Diesem Manne ist es gelungen, durch die Drohung, Zsolnay im Reiche zu erledigen, einen völligen Umbau des Zsolnayverlages zu erreichen. Zsolnay mußte seine alten Autoren in die Schweiz deportieren und dafür die von Leber vorgeschlagenen Naziautoren drucken. Zsolnay druckte hierauf ein Buch des ehemaligen Redakteurs der Frauenfeldzeitschrift »Der Weg«, Hermann Stuppäck, sowie die Naziautoren Strobl, Graedener, Groh, Kotas, Finke, Dr. Spunda etc. Alle diese Autoren sind dem Verlag durch Leber aufgedrängt worden, sodaß der groteske Fall eintritt, daß der Verleger Zsolnay, bei dem unser Verehrter Herr Bundeskanzler verkehrt, d e r Naziverleger in Österreich geworden ist. [...] Alle diese Angaben sind wahrheitsgemäß. 108
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Die Stunde (Wien), 9.4.1935, S. 1. Es fällt einem daher schwer zu glauben, daß Zsolnay zu jenen Verlagen gehörte, »die sich der deutschen Exil-Literatur angenommen hatten«. Horst Halfmann: Bibliographien und Verlage der deutschsprachigen Exil-Literatur 1933 bis 1945. In: Beiträge zur Geschichte des Buchwesens (Leipzig), 4 (1969), S. 189-294. Hier S. 223. Halfmann zählt 16 Werke von Emigranten, die bei Zsolnay erschienen. 101 Die Stunde (Wien), 11.4.1935, S. 3. 108 AdR, BKA Gendion, Kt. 4930, Geschäftszeichen 22/gen, Geschäftszahl 327.726/St.B./G.D. 35. Klaus Amann ist als erster auf diesen Akt gestoßen. Siehe K.A.: Die literaturpolitischen Voraussetzungen und Hintergründe für den »Anschluss« der österreichischen Literatur im Jahre 1938. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 101 (1982), S. 216-244.
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Speziell was die Behauptungen über den Zsolnay Verlag betrifft, konnte die Generaldirektion die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Wer den Brief schrieb, wurde nicht ermittelt, aber einer, der ihn hätte schreiben können, war Josef Weinheber. Weinheber, der dem nationalen Gedankengut nicht völlig abhold war und der selber den Posten eines Fachschaftsleiters im österreichischen Ableger des Kampfbunds für deutsche Kultur bekleidete, hatte nicht nur Freunde unter seinen Kollegen. Der Zusammenhalt im Politischen und Persönlichen war nicht gelungen. Die Aversion des anonymen Briefschreibers gegen den neuen »Vertrauensmann« bei Zsolnay, Hermann R. Leber, wird nämlich von Weinheber vollauf geteilt. Schon im Februar 1935 vermutete Weinheber in einem Brief an Gustav Pezold in München Leber als »eigentlichen Urheber des Kesseltreibens« gegen ihn. Weinheber konkret: Es ist eine kleine Pikanterie, daß ich seinerzeit, als die Partei noch erlaubt war und ich Fachberater für Schrifttum war, Dr. Leber in die nationalen Schrifttumskreise eingeführt habe. [...] Er hat es durch Ausspielen der verschiedenen Gruppen und Grüppchen gegeneinander verstanden, sich eine gewisse Gefürchtetheit zuzulegen, um deretwillen ihn ja wohl Zsolnay auch als literarischen Zutreiber für seinen Verlag angenommen hat. In dieser Stellung, die insbesondere jenen Schriftstellern, welche z.Zt. keinen Verlag hatten, einen gewissen Respekt abnötigte, war es ihm alsbald ein Leichtes, sich als Parteipapst in literarischen Dingen aufzuspielen. Was der Mann jetzt treibt, hat natürlich mit deutscher Kulturpolitik gar nichts zu tun. Es ist Hauspolitik für den Zsolnay-Verlag. Er schürt gegen mich teils aus Ressentiment, weil ich mich, nachdem ich ihm zu wiederholten Malen deutlich zu verstehen gab, dass ich ihn nicht für moralisch einwandfrei halte, immer mehr vom Verkehr mit ihm zurückzog, teils deshalb, weil ich kein Zsolnayautor geworden bin, also a limine bekämpft gehöre. Ich werde mich natürlich auch fernerhin seinem versteckten, auf Umwegen ausgeübten Druck nicht fügen. 1 0 9
Persönliche Motive hätte Weinheber also genug gehabt, die Staatspolizei auf Leber/Zsolnay aufmerksam zu machen. Weinheber war es auch, der Will Vesper mit Informationen über Leber und den Verlag versorgte. In einem Brief vom 19. Mai 1935 teilte er Vesper mit, er habe die Ausführungen über den Zsolnay Verlag im Mai-Heft »mit Vergnügen gelesen«.110 »Ein richtiges Wort an richtiger Stelle,« so Weinheber. Es waren bereits Gerüchte im Umlauf über den wahren Urheber der Intrige gegen den Zsolnay Verlag, und einer der Tatverdächtigen war kein geringerer als Mirko Jelusich. Wenige Tage nach Erscheinen des neuen Hefts der Neuen Literatur meldete sich Jelusich am 25. Mai schriftlich bei Paul Zsolnay, um Spekulationen auszuräumen: Sehr geehrter Herr von Zsolnay!
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Weinheber an Gustav Pezold, 23.2.1935. Zitiert nach einer Abschrift im Weinheber-Nachlaß, Österr. Nationalbibliothek. Vgl. dazu die von Josef Nadler stark zensurierte Fassung in: Josef Weinheber: Briefe, S. 240-243. 110 Weinheber: Briefe, S. 177.
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Zurückkommend auf unser kürzlich erfolgtes Telephongesprach, beehre ich mich mitzuteilen, dass ich von einer ernstzunehmenden Seite - Dr. Egmont von Colerus - abermals von Gerüchten erfuhr, wonach ich gegen Sie und Ihren Verlag intrigiere. Um diesen Gerüchten ein für allemal ein Ende zu bereiten, erkläre ich nochmals ausdrücklich, dass an alledem kein Wort wahr ist, zumal ich, die Notwendigkeit eines Kampfes vorausgesetzt, gewohnt bin, einen solchen stets offen zu führen und mit meinem Namen zu decken. Ich ermächtige Sie, vorliegendes Schreiben in jeder der Widerlegung solcher und ähnlicher Gerüchte dienenden Weise zu verwenden und ersuche der Ordnung halber um eine kurze persönliche Empfangsbestätigung. Mit vorzüglicher Hochachtung gez. Dr. Mirko Jelusich 111 Für Zsolnay war dies freilich eine gute Nachricht und er verhehlte dies auch in seiner Antwort nicht: Sehr verehrter Herr Doktor! Bestens danke ich Ihnen für Ihr freundliches Schreiben vom 25. Mai, dessen Empfang zu bestätigen ich mir hiemit gestatte. Den Inhalt Ihres Schreibens, sowie Ihre liebenswürdige telefonische Erklärung habe ich mit grosser Befriedigung zur Kenntnis genommen. Ich bin glücklich, nunmehr ein Dokument in der Hand zu haben, das meine Vermutung bestätigt, dass die in die Welt gesetzten Gerüchte jeder tatsächlichen Grundlage entbehren. Mit dem Ausdruck besonderer Hochschätzung. [Paul Zsolnay] D i e Kritik Vespers im M a i - H e f t der Neuen
Literatur
galt nicht mehr nur d e m
»Judenverlag« Zsolnay, sondern auch der seiner Ansicht nach Unvereinbarkeit z w i schen e i n e m »jüdischen Verlag« und »nationalen Autoren«. D e r Verlag b e m ü h e sich, so Vesper, »allerdings auch ganz besonders die Buchhändler über seinen wahren Geist im D u n k e l n zu lassen. Seit unserer letzten Klarstellung, daß e s sich u m einen Judenverlag handelt, beobachten wir bei ihm mit w a c h s e n d e m Erstaunen eine merkwürdige Tarnung.« 1 1 2 D i e jüdische Literatur würde - offenbar in A n s p i e l u n g auf die Bibliothek zeitgenössischer Werke - in Seitenbetriebe g e s c h o b e n und, nach Deutschland zu, g e g e n Sicht abgedeckt. Vespers Fazit der A k t i o n Lebers: Dafür tauchen eine Reihe von neuen Autoren im Verlag auf, die als deutsch national gelten oder auch wirklich deutsch national sind. Die Herren können nur einer inneren Täuschung zum Opfer gefallen sein. Während der echte deutsche Verlag überall schwer ringen muß, um gegen die jahrelange Vorherrschaft der jüdischen Verlage erst einmal hochzukommen, wird hier einer der größten und gefährlichsten Judenverlage sozusagen durch deutsche »Schwimmer« vor dem Untersinken bewahrt. Wir können in der merkwürdigen Gleichschaltung leider nicht einmal ein Zeichen sehen, daß der jüdische Verlag in Österreich deutsche Morgenluft wittere! Wir sehen vielmehr in dieser Aufnahme von nationalen und auchnationalen Schriftstellern in den Verlag [...] den geschickten und hinterhältigen Versuch, Verwirrung in die Reihen der wirklich 111
Jelusich an Paul Zsolnay, 25.5.1935, Ordner »PZ privat 10.VIII.34-1.IX.35«. Die Neue Literatur, Heft 5, Mai 1935, S. 297.
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deutschgesinnten Österreicher zu tragen und das nationaldeutsche Schrifttum vor den Augen der deutschen Bevölkerung Österreichs lächerlich zu machen und als unzuverlässig hinzustellen, indem man es dazu verführt, aus der jüdischen Krippe der 'echt österreichischen Menschen' mitzufressen. (ebd.)
Vespers altbekanntes Argument von der Vorherrschaft jüdischer Verlage etc. zuungunsten »deutscher« Autoren stimmte natürlich ganz und gar nicht. Es genügt ein Blick auf die Auflagenzahlen mancher Staackmänner, um die Behauptung zu widerlegen. Aber mit seinem Zweifel, ob die kämpfenden Recken in Österreich, die Leber zu Zsolnay gefolgt waren, »wirklich deutsch national« waren, traf er die Österreicher an einer empfindlichen Stelle. Trotzdem nahm Vesper seine Kritik an der »Tarnung« nicht zurück, im Gegenteil. Im Juli-Heft wiederholte er seine Auffassung und redete den nationalen Autoren ins Gewissen: »Im Fall Zsolnay werden allerlei Verdunkelungsmanöver versucht. Es bleibt dabei, daß ein Verlag mit solcher Vergangenheit und solchen Querverbindungen, ein Verlag im Besitz eines Juden, kein Verlag für nationale deutsche Schriftsteller sein kann, die auf Sauberkeit halten.« 113 Mit der wiederholten Attacke konnte sich Vesper auf neue Informationen von Josef Weinheber stützen. Weinheber klärte ihn über die Vergangenheit Hermann Lebers auf und meinte weiters, Leber riss alsbald in der geschilderten Art die Führung an sich und war dann plötzlich im Sommer 1934 bei Zsolnay. [...] Auf Zsolnay scheint er eine Pression ausgeübt zu haben, denn er war von sich aus bestimmt nicht so dumm, lauter mittelmäßige »Nationale« in den Verlag zu nehmen und sich damit das Geschäft ganz zu ruinieren. Denn nun kauften die Wiener Juden keine Zsolnaybücher mehr und im Reich blieb er schließlich bei allen Kunststücken der Judenverlag. Soviel für einen Aussenstehenden zu ersehen ist, hat Zsolnay kein Interesse mehr an dem Verlag, zahlt den Leuten nichts und scheint verkaufen zu wollen. Jedenfalls ist den »Nationalen« ein sehr schlechter Dienst damit erwiesen worden, daß sie von Zsolnay gebracht worden sind. 114
Und darin war Weinheber durchaus der Ansicht Vespers. Die angesprochenen Autoren - sie werden im folgenden gleich näher identifiziert werden - konnten ihren Ruf von Vesper nicht einfach ruinieren lassen und gingen in die Offensive über. Die »Legionäre« und Zsolnay-Autoren Otto Emmerich Groh und Erwin H. Rainalter wurden aktiv. In einem Schreiben an den Verlag vom 11. Juli teilte Rainalter mit: Unser Freund Otto Emmerich Groh wird Ihnen schon berichtet haben über Schritte, die wir gemeinsam hier machten, um die Vorurteile gegen den Zsolnay-Verlag zu beheben. Ich selbst habe nun noch bei der Hauptschriftleitung des »Völkischen Beobachters« vorgesprochen und auch dort sehr viel Entgegenkommen gefunden. Auch andere Stellen habe ich nachdrücklichst mobilisiert.
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Ebd., Heft 7, Juli 1935, S. 424. Abschrift des Briefs an Vesper vom 29. Juni 1935. Dazu Weinheber: Briefe, S. 177-179. Auch dieser Brief wurde zensuriert.
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Meine Bemühungen sind noch keineswegs zu Ende. Ich hoffe auf guten Erfolg für den Verlag und seine Autoren. 115 W i e v i e l v o n alldem den Tatsachen entsprach und wieviel Legendenbildung war, ist schwer zu sagen. D a ß er auch in eigener Sache agierte, liegt auf der Hand. Paul Zsolnay war jedenfalls v o n der Aufrichtigkeit Rainalters überzeugt: »Ich danke Ihnen bestens für Ihr freundliches Schreiben v o m 11. Juli und insbesondere auch für Ihre überaus liebenswürdige Intervention.« 1 1 6 Kurz darauf wandte sich H e r m a n n R. Leber an Staatskommissar Hans Hinkel in Berlin und berief sich auf Gespräche z w i s c h e n Hinkel und Groh. Leber bedankte sich schriftlich bei Hinkel dafür, daß dieser seine »liebenswürdige Unterstützung in österreichischen kulturellen B e l a n g e n zugesagt« hätte und »über wichtige Vorgänge - soweit sie mit deutschen Stellen zusammenhängen - unterrichtet zu sein« wünsche. »Ich erlaube mir daher Ihr Interesse auf die Stellungnahme der Landesleitung der K o zu e i n i g e n A n s u c h e n hinzulenken und l e g e den Bericht darüber bei.« 1 1 7 D i e deutschen Stellen waren bislang durch die Artikel Will Vespers hinreichend desinformiert worden, und nun war die Zeit g e k o m m e n , den wahren Hintergrund aus der Sicht der nationalen A u t o r e n zu erläutern. G e m e i n s a m mit d e m Mit-Legionär Erwin H . Rainalter, der ebenfalls ins Reich »geflohen« war, verfaßte Groh g e g e n Ende Juli einen mehrseitigen Bericht, der f o l g e n d e n v o l l e n Wortlaut hatte: DER VERLAG PAUL ZSOLNAY UND SEINE AUTOREN In der letzten Zeit nimmt im Deutschen Reiche der Widerstand gegen den Wiener Verlag Paul Zsolnay sehr zu. Es ist so weit gekommen, dass nun die Gefahr besteht, alle Autoren, die ihre Bücher diesem Verlage übergeben haben, könnten als unzuverlässig, als unnational gelten. Zwei Tatsachen sollen hier angeführt sein: die Zeitungen des Eher-Verlages bringen über kein einziges Zsolnay-Buch mehr eine Besprechung, und dies über ausdrückliche Anweisung der Verlagsleitung 118 und im »Schwarzen Korps« stand kürzlich wieder ein überaus heftiger Angriff gegen den Verlag zu lesen. Es sei gestattet, darauf kurz zu erwidern, dass ein Kampf gegen den Zsolnay-Verlag in seiner heutigen Form gleichbedeutend damit ist, dass man den nationalen Dichtern Österreichs, für die der nationale Kampf noch keineswegs zu Ende ist und die nach wie vor verfolgt, verhaftet und um ihre Existenz gebracht werden, in den Rücken fällt. Keiner der nationalen Autoren, die gegenwärtig dem Zsolnay-Verlage zugehören, hat diese Verlagsverbindung eingegangen, ohne 115
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Rainalter an den Verlag, 11.7.1935, Ordner Rainalter. Ein solcher Bericht Grohs an Zsolnay liegt im Archiv nicht vor. Paul Zsolnay an Rainalter, 16.7.1935, ebd. BDC/Zsolnay. Hermann R. Leber an Staatskommissar Hans Hinkel, 24.7.1935. Offensichtlich änderte sich diese Situation im Laufe der Monate, denn am 30.10.1935 teilte der in Berlin lebende Rainalter mit, daß die »Bücher Ihres Verlages allüberall besprochen werden« (Ordner Rainalter). Am 15.4.1936 konnte Rainalter von einem weiteren »Fortschritt« berichten: »Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen sagen, dass in der Osternummer des Berliner 'Völkischen Beobachters' eine glänzende Kritik über meinen 'Sandwirt' mit voller Nennung des Verlages abgedruckt war.« (Ebd.)
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vorher bei den massgebenden kulturellen Instanzen der N.S.D.A.P. in Österreich Weisungen einzuholen. Diese Instanzen haben geradezu den Auftrag erteilt, die nationale Dichterschaft Österreichs, die über keinen anderen grossen Verlag verfügt, möchte sich die Firma Zsolnay mit ihren grossen Vertriebs- und Propagandamitteln Untertan machen. Trotzdem kann es heute, infolge der scharfen Stellungnahme vieler Faktoren im Deutschen Reiche, geschehen, dass etwa Karl Hans Strobl, einer der ältesten nationalen Kämpfer, der schon vor mehr als dreissig Jahren oftmals sein Leben einsetzte, um das deutsche Prag gegen die Tschechen zu verteidigen, Mitte Mai verzweifelt in einem Briefe aus Dresden schreibt: »Ich war gestern bei einem hiesigen Kollegen ... Er hat mir im Laufe unserer Unterhaltung erklärt, dass der Verlag Zsolnay in Deutschland sehr übel angesehen sei und von den offiziellen Stellen nicht als gleichgeschaltet angesehen werde. Man verdenkt angeblich mir meine Verbindung mit diesem Verlag, und ein anderer Kollege hat von uns, als jener erste ihn eingeladen hat, auch zu ihm zu kommen, da ich dort sein werde, erklärt, er wage es nicht, weil ihm ein Beisammensein mit mir (mit einem Karl Hans Strobl!!!) wegen Zsolnay übel genommen werden könnte. Was sagst Du zu diesen Rittern von der traurigen Gestalt?« Vor allem ist zu sagen, dass solch ein Feigling wohl nie den Mut aufgebracht hätte, den Karl Hans Strobl Zeit seines Lebens als nationaler Kämpfer gezeigt hat. Umso trauriger ist es, dass nun Strobl das bittere Los kosten muss, das Opfer eines Kampfes zu sein, der nur aus der vollkommenen Unkenntnis österreichischer Verhältnisse erklärbar ist, der aber in seinen Auswirkungen die Existenz der überzeugungstreusten österreichischen deutschen Dichter vernichten kann. Von der Regierung Schuschnigg verfolgt und um ihr Brot gebracht, müssen diese Dichter es nun erleben, dass man sie auch im Deutschen Reiche, für das sie alles geopfert haben, preisgibt. Es muss hier einmal gesagt werden, wieso es dazu kam, dass die deutschen Dichter Österreichs zum Verlage Zsolnay kamen, um den ganzen Fragenkomplex von Grund auf zu klären. Als Paul Zsolnay im Frühjahr 1934 an nationale österreichische Dichter mit dem Angebot herantrat, seinen Verlag nun ihnen zur Verfügung zu stellen, da wandten sich diese Dichter an die zuständigen Instanzen in Österreich. Hier muss festgehalten werden, dass die reichsdeutschen Verlage die österreichischen Dichter in den letzten Jahren sehr schlecht behandelt haben, weil angeblich für österreichische Dinge im Reiche zu wenig Interesse bestünde. Hinzu kam, dass die Devisenschwierigkeiten die deutschen Verlage immer mehr davon abhielten, mit Autoren ausserhalb der geschlossenen deutschen Reichsgrenzen Verträge abzuschliessen. Dadurch waren die österreichischen Dichter, und insbesondere die jüngeren unter ihnen, irgendwie vogelfrei, sie fanden nirgends ein Dach. Nun kam der Verlag Zsolnay zu ihnen. Die Dichter wandten sich (und dies geschah vor den Ereignissen des 25. Juli 1934, zu einer Zeit also, als Landes-Inspekteur Habicht noch vollkommen im Amte war) an den von Habicht eingesetzten kulturellen Landesleiter der N.S.D.A.P. in Österreich, Professor Haasbauer in Linz. 1 1 9 Ein direkter Verkehr mit reichsdeutschen Stellen ist angesichts der heutigen Verhältnisse in Österreich, wie jeder Wissende zugeben muss, ausgeschlossen, auch erforderte es der ordnungsmässige Instanzenweg, dass man sich an Professor Haasbauer als den uns vorgesetzten Führer in kulturellen Dingen wandte. 119
Haasbauer wurde am 5. April 1889 in Enns, Oberösterreich, geboren und war von Beruf Realgymnasialprofessor. Er saß im November 1933 wegen Betätigung für die nun illegale N.S.D.A.P. zehn Tage in Arrest. Er wechselte 1925 von der Großdeutschen Volkspartei zur NSDAP über und hatte die Mitgliedsnummer 300 101. Bei der S.A. bekleidete er den Rang eines Sturmbannführers. 1938 wurde er Leiter der Gruppe Volksbildung im Innenministerium sowie Geschäftsführer beim »Deutschen Verlag für Jugend und Volk«. Er wurde im Juli 1946 als Kriegsverbrecher verhaftet. (Siehe Wiener Zeitung, 10.7.1946, S. 3.)
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Haasbauer gab nicht nur den Rat, sondern geradezu den Auftrag, die österreichischen nationalen Dichter möchten sich den Verlag Zsolnay Untertan machen und das Angebot annehmen. Daraufhin begannen Verhandlungen mit dem Verlage, die das Ergebnis hatten, dass ein Vertrauensmann der Landesleitung der N.S.D.A.P. in Österreich, Dr. Hermann R. Leber, die Leitung des Lektorates erhielt. Gleichzeitig löste Zsolnay die Verträge mit seinen früheren Autoren und begann, unter unmittelbarer Einflussnahme der kulturellen Faktoren der österreichischen N.S.D.A.P., den Neuaufbau seines Verlages. Hier seien die nationalsozialistischen Dichter Österreichs angeführt, die im Paul ZsolnayVerlage ihre Bücher erscheinen lassen und gegen die man deshalb vom Reiche aus so scharf vorgeht: Otto Emmerich Groh, Sprengelgruppenleiter der P.O. und Fachberater für Theater und dramatisches Schrifttum in der Landesleitung; seine Komödie »Baron Trenck, der Pandur,« der grosse Erfolg des Burgtheaters, ein Stück, das von 35 deutschen Bühnen angenommen wurde, konnte wegen des Sturmlaufs vaterländisch-österreichischer Faktoren gegen den nationalsozialistischen Autor dreiviertel Jahre lang am Burgtheater trotz der vertraglichen Annahme nicht gespielt werden. 120 Karl Hans Strobl, einer der ältesten nationalen Vorkämpfer überhaupt; 121 Dr. Franz Spunda, Landesleiter des »Reichsverbandes Deutscher Schriftsteller« für Österreich; 122 Hermann Stuppäck, Pressechef der N.S.D.A.P., im Gau Wien; 123 120
Das hier genannte Stück wurde 1935-1937 zweihundert Mal aufgeführt. Groh, am 7. April 1905 zu Karlstadt in Kroatien geboren, wählte zuerst den Schauspielerberuf und wandte sich später der Schriftstellerei zu. Das hier erwähnte Stück wurde im September 1934 beim Burgtheater eingereicht und erlebte am 26.4.1935 seine Erstaufführung. Groh war nach eigenen Angaben schon am 23.10.1930 der NSDAP in Wien beigetreten und hatte die Mitgliedsnummer 301 122. Im Jahr 1933 »flüchtete« er ins Reich, wo er der Partei seit 1.5.1933 angehörte (Nr. 3 134 109). In Wien betätigte er sich noch als Landesfachberater für Literatur im Kampfbund für deutsche Kultur unter der Führung Haasbauers. Zu seinen Taten für die Bewegung zählten eine 7-TageArreststrafe im September 1933 sowie 8 Tage Haft im Mai 1936 in Zusammenhang mit der Aushebung der N.S. Kulturgemeinde.
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Der erklärte Tschechenfeind Strobl - er hatte an der deutschen Universität in Prag Jus studiert früher eine der Säulen des Staackmann-Verlags, war der Partei 1935 beigetreten und wurde von Hermann R. Leber zum Verlag gebracht. 122 Der Mittelschullehrer Spunda, 1890 in Olmütz geboren, war seit 5.12.1932 Parteimitglied (Nr. 1 306 974) und seit 1.6.1932 Mitglied des NS-Lehrerbundes (Nr. 222 545). Er war außerdem seit 1929 Geschäftsführer und Vorstandsmitglied des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller in Österreich (SDSOe.) 123 Stuppäck, 1903 in Wien geboren, trat der Partei am 28.2.1932 bei, erhielt die Nummer 896 082 und galt als Intimus des Gauleiters Alfred Eduard Frauenfeld. In den 30er Jahren war er für eine Reihe von NS-Publikationen tätig, denn ab 1932 war er Schriftleiter, später Hauptschriftleiter der Wiener Gaupresse. Er arbeitete u.a. für folgende Publikationen: Österreichische Wochenausgabe, 1933 (als Herausgeber), Der Kampfruf. Nationalsozialistisches Kampfblatt (hrsg. Presseverein Gau Wien, 1931-33), ab Mai 1933 u.d.T. Die braune Woche, Das Zeitbild. Österreichs NS-Illustrierte, 1933-34 (Schriftleiter), Der Weg. Deutsche Blätter für Österreich, 1933-34, Der Neue Weg. Deutsche Blätter für Österreich (u.a. Hauptschriftleiter), 1933-34 sowie Der Notschrei, 1932. Zu seinen nennenswerten Arbeiten zählen der Aufsatz »Adolf Hitler und seine Sendung« (in: Österreichs NS-Illustrierte, 3. Jg., 11. Folge, 29.4.1933 und das Gedicht »Der
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Erwin Η. Rainalter, seinerzeit Fachberater des »Reichsverbandes Deutscher Schriftsteller« in Österreich; verlor eine hochbezahlte Stellung in Wien und lebt nun als Theaterkritiker des »Völkischen Beobachters« in Berlin, eine Stellung, die gefährdet erscheint, wenn offenbar wird, dass sein neues Buch bei Zsolnay herauskommt;124 Hermann Graedener,
Gründer des »Kampfbundes für deutsche Kultur« in Österreich; 125
Führer« (in: Der Weg. Deutsche Blätter für Österreich, 2. Jg., Folge 14, 15.7.1934). Zur Untersagung der weiteren Herausgabe dieser Zeitschrift siehe AdR, BKA (Gendion), Kt. 3785, Geschäftszeichen 16/2, Geschäftszahl 307.934-GD 2/35. Im Mai 1935 wurde Stuppäck zum Landeskulturleiter der NSDAP, Landesleitung Österreich, ernannt und bekleidete diese Funktion in der Illegalität bis August 1938. Er wurde bis 1938 wegen NS-Betätigung insgesamt vier Mal in Haft genommen. Stuppäck war Referent im Reichspropagandaamt Wien, ab April 1942 Stellvertreter des von Reichsleiter Baidur von Schirach nominierten Generalkulturreferenten Walter Thomas und ab 1943 Generalkulturreferent der Reichsstatthalterei in Wien. »Um Thomas unter Kontrolle zu halten, ernannten Goebbels und die Partei Hermann Stuppäck, einen Kulturmitarbeiter im Wiener Reichspropagandaamt, am 2. April 1942 zu Thomas' Stellvertreter.« (Radomir Luza: Österreich und die großdeutsche Idee in der NS-Zeit. Wien-Köln-Graz: Böhlau 1977, S. 308). Zu den näheren Umständen siehe Luza, S. 200ff. Über die Tätigkeit Stuppäcks berichtet Katharina Hammer: Glanz im Dunkel. Die Bergung von Kunstschätzen im Salzkammergut am Ende des 2. Weltkrieges. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1986. 124
Gemeint ist der Andreas Hofer-Roman Der Sandwirt. Anläßlich des ersten Jahrestages der NSMachtübernahme in Österreich reminiszierte der Illegale Rainalter folgendermaßen über seine »Flucht« aus Österreich: »In den schweren Jahren des Kampfes, die nun hinter uns liegen, wurde Berlin zahllosen Ostmärkern zur zweiten Heimat. Viele von uns mußten bei Nacht und Nebel über die Grenze gehen, ihre Existenz war zertrümmert, und sie brachten als einziges Kapital für die Zukunft ihren Glauben an eine gerechte deutsche Sache und ihren unbändigen Arbeitswillen mit. All dieser Menschen nahm sich Berlin hilfreich an, es gab uns allen bereitwillig die Chancen, die wir brauchten. Und wir unserseits - das dürfen wir wohl sagen - nützten diese Chancen. So bürgerten wir uns für drei, für vier Jahre in Berlin ein. [...].« (BERLIN! BERLIN! Von unserm auf einer Deutschlandreise befindlichen Hauptschriftleiter Erwin H. Rainalter. Berlin, Mitte April. In: Neues Wiener Tagblatt, 12.3.1939, S. 3-4. Hier S. 3. Diese Flucht ins Reich war ein fixer Bestandteil von Rainalters öffentlichem Selbstverständnis als Schriftsteller. In einer Würdigung aus Anlaß von Rainalters fünfzigstem Geburtstag hob dies der Verleger Karl H. Bischoff gesondert hervor: »[...] und der reife Mann hat wiederum um seiner Heimat willen (!) als politischer Flüchtling sein Donauland verlassen und ins Reich flüchten müssen.« (Im Zirkel. Literarische Arbeitsberichte und Schrifttumsblätter für Bücherfreunde des Zsolnay-Verlages Karl H. Bischoff, Erstes Heft, Frühjahr 1942, S. 32). Am 31. März 1933 unterzeichnete Rainalter einen Aufruf zur Gründung des »Rings nationaler Schriftsteller« und trat am folgenden Tag der NSDAP bei (Nr. 1 529 323). Außerdem war er laut Aufnahme-Erklärung vom 20.8.1932 förderndes Mitglied der SS. Dies wird durch einen Brief bestätigt, den Rainalter am 17. März 1938 an einen »Pg. Griesler« richtete, in dem es u.a. heißt: »Bevor ich seinerzeit nach Berlin floh, übergab ich meine Legitimationen von Partei und SS (Förderndes Mitglied) meinem Schwager zur Aufbewahrung, der sie aus Angst vor Hausdurchsuchungen so gut versteckte, dass sie heute unauffindbar sind. Nun standen aber meine Mitgliedsnummem bei Partei und SS (Fördemdes Mitglied) in meinem Flüchtlingspass, den ich während meines Aufenthaltes in Berlin besass und den ich bei meiner Rückübersiedlung nach Österreich zurückgab.« (BDC/RSK/Rainalter).
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Der Dramatiker Graedener, am 29.4.1878 in Wien geboren und als »Vorkämpfer einer gesunden völkischen Lebensordnung« apostrophiert, studierte Recht, Philosophie und Geschichte an den
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Edmund Finke, Schwerkriegsverletzter, Sprengelgruppenleiter in der P.O. 1 2 6 Walther Hjalmar Kotas, Mitherausgeber der von Regierung Schuschnigg verbotenen antisemitischen Kampfschrift »Der Stürmer« in Wien; 127 Wladimir von Hartlieb, seit Jahren in Wien verfolgt als einer der furchtlosesten Kämpfer gegen das dortige System; 128 Karl Wache, Staatsbibliothekar, Fachberater für Büchereiwesen in der österreichischen Landesleitung; er verlor wegen seines Buches »Deutscher Geist in Österreich« seine Stellung, indem er vom Staatsdienste enthoben wurde; 129 An Ausländern bringt der Verlag Zsolnay neuerdings: Jakob Schaffner, einer der wenigen Schweizer, die zu Bekennern des Nationalsozialismus wurden; 130 Wilhelm Moberg, schwedischer Nationalsozialist; 131 Karl Gunnarson, ebenfalls schwedischer Nationalsozialist. Universitäten Wien und München. Seit 1928 war er Mitglied des Kampfbunds für deutsche Kultur und wurde 1931 von Alfred Rosenberg zum Landesleiter für Österreich des KfdK ernannt. Eineinhalb Jahre später trat der Rosenberg-Mitarbeiter vermutlich wegen Differenzen mit der Parteileitung von diesem Posten zurück. Graedener war außerdem Gründer und Vorsitzender der in Wien beheimateten »Gesellschaft für Deutsches Innentum«. Ein 1933 erschienenes Werk trug den Titel Kampf um die deutsche Seele. Vom zweitausendjährigen Ringen um deutsche Geistesfreiheit. Vom Führer mehrfach ausgezeichnet (Goethe-Medaille, Ehrensold) beantragte er im April 1939 die NSDAP-Mitgliedschaft. Diesem Erfassungsantrag wurde (wie bei den Illegalen in Österreich üblich) mit Wirksamkeit vom 1. Mai 1938 am 15. Juni 1939 stattgegeben, und Graedener erhielt die Nummer 6 305 326. Siehe den programmatischen Aufsatz Graedeners (»Kultur an die Front!«) in Der Vormarsch (Wien), 1.7.1932, S. 6. 126
Finke, 1888 als Offizierssohn in Wien geboren, veröffentlichte im Zsolnay Verlag die ersten Kriminalromane. Sein erster NSDAP-Beitritt erfolgte am 11.11.1931. Nach eigener Aussage trat er vier Wochen später wieder aus und ließ sich im April 1933 »aus wirtschaftlichen Gründen« wieder aufnehmen. Er erhielt die Nr. 614 597 und galt daher nach dem März 1938 als »Alter Kämpfer«. 127 Über die Parteikarriere von Kotas ist im Abschnitt über skandinavische Literatur bereits die Rede gewesen. 128 Hartlieb, 1887 in Görz geboren, gehörte bis zu seinem Wechsel zu Zsolnay zu den schärfsten Kritikern des Verlags. Sein Beitrittsansuchen um Aufnahme in die Partei mußte er aus familiären Gründen zurückziehen. 129 Wache, 1887 in Wien geboren, war von Beruf Bibliothekar. Der NSDAP trat er am 14.11.1932 bei (Nr. 1 308 753). Von Oktober 1931 bis April 1935 war er Landesfachberater im KfdK und von April 1935 bis November 1936 ebenfalls nach eigener Aussage dessen »Landesschulungsleiter«. Nach dem Verbot des von Wache herausgegebenen Werkes Deutscher Geist in Österreich. Ein Handbuch des völkischen Lebens der Ostmark im Erscheinungsjahr 1933 verlor Wache 1934 seinen Posten als Bibliothekar an der UB Wien. 130 In einem Interview mit der Wiener Allgemeinen Zeitung vom 6. April 1933 - Schaffner weilte in Wien, um seinen Verleger Paul Zsolnay zu besuchen und vor dem Kulturbund einen Vortrag zu halten - sagte der Autor zu seinem Verhältnis zur NSDAP: »Ich selbst bin nie Anhänger einer Partei gewesen und wünsche auch weiter unparteiisch zu bleiben. Dies sei besonders jenen gesagt, die mich zu einem Nationalsozialisten stempeln wollen. Aber ich stamme aus dem Volke und habe darum Verständnis und Sympathie für eine berechtigte deutsche Volksbewegung.« 131 Moberg war kein Nationalsozialist. Er und sein Werk wurden einfach mißbraucht.
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Hieraus geht hervor, dass der Verlag Zsolnay der einzige zur Zeit wirklich gleichgeschaltete kulturelle Grossbetrieb in Österreich ist. Erwähnt sei hier noch, dass er auch eine Anzahl von nationalen Malern Österreichs, die dem Elend preisgegeben waren, als Illustratoren beschäftigt. Alle diese Menschen, Dichter und Maler, sollen nun, nach allen Opfem, die sie gebracht haben und heute noch immer bringen, verfehmt [sie] sein, nur weil man im Reiche keine Ahnung von den Verhältnissen in dem armen tapfer kämpfenden Österreich hat und somit gewillt ist, den österreichischen Künstlern in den Rücken zu fallen. Künstlern, die korrekt den Instanzenweg gingen und keinen Vertrag abschlossen, bevor sie nicht die Gewissheit hatten, dass solch ein Vertragsabschluss den österreichischen Parteiinstanzen erwünscht sei. Diese nationalen Dichter des Verlages Paul Zsolnay werden es aber niemals verstehen, dass man nur den Verlag (seinem Namen nach) beurteilt und keineswegs die Bücher, die er verlegt. Man will die tatsächlich nationalen Dichter Österreichs, die sich auf Parteigebot im Verlag Zsolnay versammelt haben, um die Reste ihrer ohnedies kümmerlichen, stets schon von der österreichischen Regierung bedrohten Existenz bringen, nur weil der Verlag Zsolnay eine üble Vergangenheit hat. Hier geschieht ein Unrecht, gegen das Widerspruch erhoben werden muss. Dieser Widerspruch kann nur geschehen, indem man die notwendige Aufklärung bringt. Hier wird sie gegeben. Die nationalen Dichter Österreichs erwarten nun, dass man im deutschen Reiche aufhören wird, einen Krieg gegen sie zu führen, der nur einen Dritten freuen kann: die vaterländischen Kreise in Österreich. Berlin, am 26. Juni 1935. [gez.] Erwin H. Rainalter O.E. Groh 132 N a c h all d e m Gesagten, kann man schwerlich, ohne sich völlig lächerlich zu machen, behaupten, w i e jüngst geschehen, es wäre bis 1938 »selbstverständlich« kein Buch i m Verlag erschienen, »das das N S - R e g i m e unterstützte oder v o n einem deklarierten Nazionalsozialisten [sie] stammte«. 1 3 3 D i e Parteikarrieren der einzelnen Autoren sprechen für sich.
20.7. Die Untersuchung der Staatspolizei Wenige
Tage
polizeidirektion
nach
Erhalt
Wien
die
der
anonymen
Anweisung,
Anzeige
Erhebungen
erging über
an die
die
Bundes-
angeblichen
N . S . Kulturorganisationen zu pflegen, und zwar hatte die Untersuchung »mit allen Mitteln und ohne j e d e Rücksichtnahme« zu erfolgen und die Polizei hatte den A u f trag, »nach Möglichkeit die restlose Aufdeckung der in d e m obzitierten Erlass geschilderten Tatsachen zu veranlassen«. Bundeskanzler Schuschnigg hatte »das grösste Interesse an der restlosen Aufdeckung«. Angesichts des »beinahe fürsorglic h e n Tons« des vier Monate später gelieferten Berichts sind allerdings Z w e i f e l
132 133
BDC/RSK/Zsolnay. Sperrung bzw. Hervorhebung wie im Original! Hans W. Polak: Paul (von) Zsolnay (1895-1961). In: Neue Österreichische Biographie ab 1815. Große Österreicher. Band XXII. Wien/München: Amalthea-Verlag 1987. Hans W. Polak war bis 1988 Geschäftsführer des Paul Zsolnay Verlags in Wien.
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berechtigt.134 Am 8. August erstattete die Polizeidirektion im Namen des Präsidenten Michael Skubl einen umfangreichen Bericht, der wegen seiner offenkundig nazifreundlichen Tendenz von Schuschnigg nicht zur Kenntnis genommen wurde. Handschriftlich fügte er dem Akt hinzu: »Erhebungsergebnis höchst unbefriedigend! Die 'konkreten Anhaltspunkte' werden offenbar erst wieder vorliegen, wenn der Skandal perfekt ist.« Der 17seitige Bericht ging Punkt für Punkt auf die Vorwürfe ein und befand einleitend doch, daß »einzelne« der in der Anzeige genannten Personen bereits als nationalsozialistische Parteigänger bekannt seien! Zu Beginn werden der Kampfbund für deutsche Kultur (KfdK) und dessen Vorstandsmitglieder beleuchtet. Über Hermann Graedener heißt es etwa, dieser sei »in politischer Beziehung bisher nicht hervorgetreten« und Gerüchte, wonach Graedener für den Eher-Verlag in München schreibe usw. konnten nicht bestätigt werden. Über Mirko Jelusich heißt es, er habe »bisher in seinen Werken weder dem gegenwärtigen Regime in Deutschland irgendwelche Sympathien entgegengebracht, noch in irgendeiner Form eine Österreich feindliche Tendenz entwickelt«. Die Latte für NS-Betätigung legte man wahrlich niedrig. Über Wladimir von Hartlieb war lediglich zu erfahren, daß er »in anerkannt geistvoller Weise gegen die Demokratie polemisierte und vor allem die Sozialdemokratie als deren Verfechterin scharf angriff, andererseits seine flammende Begeisterung für Benito Mussolini zum Ausdruck« bringe. Außerdem habe er unter dem Namen »Dominikus« Artikel antisemitischen Inhaltes in diversen nationalsozialistischen Blättern veröffentlicht. Verlagskollege Franz Spunda sei, steht im Bericht zu lesen, NSDAP-Mitglied. Speziell zum Untersuchungsgegenstand Zsolnay Verlag gab der Bericht im Endeffekt nur den Inhalt der Handelsregistereintragungen und des schon zitierten Artikels in der Stunde vom 11. April 1935 wieder. Aus einer Befragung des Verlagschefs ging hervor, »dass der Paul Zsolnayverlag mit Rücksicht auf den Umstand, dass das Deutsche Reich das Absatzgebiet für nahezu 70% der von ihm verlegten Werke darstellt, sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage sieht, den Verlag von in Deutschland verbotenen Autoren zu übernehmen«. Und: »Nach Angabe des Dr. Paul Zsolnay kann von einem Druck Deutschlands auf die Firma keinesfalls gesprochen werden. Im übrigen sind die von Paul Zsolnay verlegten Werke frei von jeder Verherrlichung des nationalsozialistischen Regimes und irgendwelchen auch nur versteckten Angriffen gegen Österreich.« Der Verlag stellte zum Beweis diverse Verlagsverzeichnisse zur Verfügung. Anschließend ging der Bericht auf Hermann R. Leber über. Vor allem über seine Person und seine Tätigkeit in Österreich, möge er noch so sehr als »bonvivant« beschrieben worden sein, gingen die Meinungen nicht nur in Polizeikreisen stark auseinander. Leber, 1900 in Montabaur in Hessen geboren, hatte Anfang der 20er Jahre in Wien ein paar Semester lang studiert, 1925 in Freiburg im Breisgau im Fach Kunstgeschichte promoviert und war gegen Ende der 20er Jahre 134
Amann: Die literaturpolitischen Voraussetzungen, S. 229.
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nach Wien zurückgekehrt, wo er u.a. für den Amalthea Verlag arbeitete. Die Wiener Polizeibeamten ermittelten, daß er die Redaktion der bei Zsolnay erscheinenden Südostdeutschen Literaturblätter leite und Autoren empfehle, »wobei ihm jedoch auf die Verhandlungen des Verlages mit den von ihm empfohlenen Autoren ein Einfluss nicht zusteht. Desgleichen entspricht es, wie in Erfahrung gebracht werden konnte, keineswegs den Tatsachen, dass Leber jemals auf den Verlag einen Druck ausgeübt hätte, um die Anerkennung eines dem Verlage nicht genehmen Autors durchzusetzen«. Diese Passage klingt, als ob sie von Leber persönlich zur Verfügung gestellt worden wäre. Die nächste auch: »Leber ist politisch niemals hervorgetreten und gilt insbesondere auch nicht als nationalsozialistisch eingestellt.« Man sei im Jänner 1934 einer vertraulichen Anzeige gegen Leber nachgegangen, derzufolge »er in dem seiner Unterstandsgeberin gehörigen Maleratelier eine nationalsozialistische Zentralstelle unterhalte und zu diesem Behufe auch über ein Telefon verfüge,« doch hätten »die hierüber gepflogenen Erhebungen den geäusserten Verdacht nicht zu erhärten vermocht«. Mit gleich viel Wohlwollen von seiten des Wiener Polizeipräsidenten konnten aber nicht alle rechnen. Über NSSympathisanten wie Hermann Stuppäck konnte er sich nicht so leicht hinwegschwindeln, während zu Karl Hans Strobls Entlastung angeführt wird, daß er »bisher als Angehöriger jener nationalen Kreise [gelte], die vom Nationalsozialismus nichts wissen wollten«. 1935 habe er allerdings u.d.T. Hans Sachs. Ein Blatt zur Pflege volkshafter Werte eine Halbmonatsschrift herausgebracht, deren Beilage (»Kleiner Anzeiger«) rein äußerlich und dem Inhalt nach eine Fortsetzung der wegen ihrer getarnten nationalsozialistischen Einstellung verbotenen Zeitschrift Die Rundpost darstellte. Strobl wurde daher die Bewilligung zur weiteren Herausgabe entzogen. Über den verantwortlichen Schriftleiter dieser Zeitschrift, Friedrich Sacher, - immerhin Pg. seit 1926 und ehemaliger Verlagsdirektor der DÖTZ konnte die Polizei keine »nachteiligen Wahrnehmungen« erbringen. Im Fall Groh und Kotas konnte man dies allerdings nicht zu behaupten. Edmund Finke sei, so heißt es im Bericht, »seit jeher für Druckwerke nationaler Richtung schriftstellerisch tätig« und »nationalsozialistisch eingestellt« gewesen. Das Wahrnehmungspotential der Polizeidirektion Wien zeigte wahrlich seine Gesinnungsgrenzen, als es darum ging, der Behauptung der anonymen Anzeige nachzugehen, wonach die NS-Sympathisanten sich allwöchentlich im Restaurant »Deutsches Haus« in Wien (Stephansplatz 6) treffen würden. Pech für die Beamten: sie erwischten immer den falschen Abend. Da konnte man laut Skubl gar nichts in Erfahrung bringen. Es wurde kurz »bemerkt, dass nach den hierüber gepflogenen Erhebungen in der bezeichneten Gastwirtschaft die Überlassung von Klubzimmern an nur wenige Personen nicht üblich ist, diese vielmehr nur an Vereine oder zur Abhaltung von Hochzeitsfeierlichkeiten und anlässlich sonstiger feierlicher Anlässe vermietet zu werden pflegen. Es konnte auch die Abhaltung der behaupteten Zusammenkünfte in keiner Weise festgestellt werden.« Der Bericht war nicht nur in diesem Punkt unglaubwürdig, die Pointe kam am Schluß. Denn die Assoziation nationalgesinnte Autoren - Deutsches Haus war in Wien ungefähr so geläufig wie 422
»Jung Wien« - Cafe Griensteidl. Das Etablissement war ein bekannter Treffpunkt. So schreibt der nationale Max von Morold-Millenkovich über die dortige »MoroldRunde«, der Redakteur Theodor »Antropp war zugleich der Mittelpunkt der Freundesrunde, die sich allwöchentlich in der Gaststätte 'Deutsches Haus' am Stephansplatze versammelte, [...]«! 135 Daß am 22. Dezember 1936 die Gründungsversammlung des Bundes der deutschen Schriftsteller Österreichs ebendort abgehalten wurde, war naheliegend. Der Schluß des langen Polizeiberichts erinnert fast an das Ende einer Rahmenerzählung: hatte man schon eingangs vorangestellt, die Parteinähe der »genannten Personen« betreffend, nichts gesehen und nichts gehört zu haben, wiederholte Skubl diese Aussage am Schluß: Abschliessend sei bemerkt, dass durch die über den dortigen Erlass gepflogenen Erhebungen keinerlei konkrete Anhaltspunkte gewonnen werden konnten, dass die vorstehend genannten Personen sich dermalen für die N.S.D.A.P. betätigen. Ihr politisches Verhalten wird jedoch weiter im Auge behalten werden. Relevante Wahrnehmungen werden berichtet werden.
Unter den angeblich streng prüfenden Augen des Gesetzes trafen sich die Autoren auch weiterhin regelmäßig im Deutschen Haus. Es ist daher nicht unverständlich, daß Bundeskanzler Schuschnigg in Rage geriet, denn für so dumm konnte man ihn ja nicht verkaufen. Die Erhebungen hatten vier Monate gedauert, und Schuschnigg fand das Ergebnis bezüglich Dr. Leber »besonders schleierhaft«. Fazit: »Ahnliche Berichte sind vollkommen wertlos!« Das staatspolizeiliche Büro wurde eingeschaltet und kam zu völlig anderen Schlüssen. So entspräche der Inhalt des anonymen Schreibens »den tatsächlichen Verhältnissen« und müsse »eine in literarischen Kreisen gut informierte Person zum Verfasser haben«. Zum Verlag selber heißt es, dieser sei »ursprünglich international und jüdisch eingestellt«, aber seit der Machtergreifung in Deutschland habe sich, so die Stapo, folgendes vollzogen: 1.) Ausscheidung aller in Deutschland missliebigen jüdischen Autoren und Vereinigung derselben in der Bibliothek zeitgenössischer Werke in Zürich, 2.) Fühlungnahme mit dem Dritten Reich durch die mit Hitler befreundete Schriftstellerin Grete von Urbanitzky, die Gründerin des Penklubs und Hauptautorin des Verlags, derzeit in Deutschland lebend. Folge dieser Fühlungnahme ist die Bestellung Herrn Leber's offiziell als Lektor des Verlages, inoffiziell als Aufsichtsorgan (quasi Regierungskommissär des Dritten Reiches). 1 3 6
Auch in diesem Bericht stimmte also so manches über den Verlag nicht. Einige Feststellungen sind vollkommener Unsinn, so z.B., daß Erwin H. Rainalter zur gleichen Zeit »fluchtartig nach Deutschland« ging, als Leber nach Österreich kam.
135
Max von Millenkovich-Morold: Vom Abend zum Morgen. Deutschland.
Mein Weg als österreichischer
Staatsbeamter
Aus dem alten Österreich
ins neue
und deutscher Schriftsteller.
Leipzig:
Reclam 1940, S. 230. 136
»Information.« AdR, BKA (Gendion), Zahl 355.919-St.B. [1935].
423
Auch sei bezeichnend, so der Bericht, daß Paul Zsolnay - in offensichtlicher Anspielung auf seinen publizierten Brief an Will Vesper - seine jüdische Abstammung leugnen würde! In Wirklichkeit hatte sich Zsolnay überrascht gezeigt, daß seine nichtarische Abstammung nicht ohnehin bekannt wäre. Der Stapo-Beamte zeigte sich überdies verwundert darüber, daß Zsolnay seinen Anteil am Schweizer Verlag (BZW) »verneinen« würde. Ein Blick in das fragliche Handelsregister hätte die Richtigkeit bestätigt! Wie dem auch sei, die Angaben des anonymen Briefes betreffend Leber waren laut Staatspolizei »stichhältig«. Insbesondere scheine »das Femeunwesen tatsächlich solche Formen angenommen zu haben, dass zum Nationalsozialismus neigende Autoren, wie Weinheber (nur weil sie sich nicht rückhaltlos zum Dritten Reich bekennen) ernstliche Sorgen nicht nur um ihre literarische Existenz, sondern auch um ihr Leben haben. So erhielt Weinheber Drohbriefe, als er einen Prolog zur Heldendenkmalfeier des Wiener Männergesangsvereines verfasste«. Wie die Beamten der Polizeidirektion in Wien gingen die Stapo-Leute die Namen der einzelnen Autoren durch und stellten fest, daß etwa Strobl, Graedener und Spunda bis in die letzte Zeit in anderen Verlagen erschienen wären. Es sei »zumindest merkwürdig«, daß auch sie gerade anläßlich der Umstellung Zsolnays von ihm übernommen worden waren. Autoren wie Finke und Kotas hingegen seien »literarisch unbekannt und bedeutungslos«. Die nationalsozialistischen Beziehungen von Mirko Jelusich seien »in allen literarischen Kreisen seit Jahren bekannt und ausser Zweifel«. Es sei »ganz im Sinne der nationalsozialistischen Propaganda, immer mehr oder minder unbekannte Leute, wie z.B. den unbedeutenden, aber ehrgeizigen Dr. Friedrich Sacher in den Vordergrund zu schieben, damit die eigentlichen Drahtzieher möglichst im Verborgenen bleiben«. Auch Hermann Graedener sei »erwiesenermassen seit Jahren Nationalsozialist«, halte sich aber im Hintergrund. Obwohl dieser Bericht der Realität wesentlich näher kam, strotzt auch er nicht gerade vor aufklärerischem Elan. Man vermutete den anonymen Schreiber im Kreis der Wiener Neuesten Nachrichten und in seinem Schreiben einen »Racheakt«. Die Staatspolizei konnte dann »von besonderer Seite« weitere Informationen über die Person Lebers einholen. Der Informant hielt fest, daß nach wie vor Zsolnay und Costa über Annahme oder Ablehnung von Manuskripten entscheiden würden, daß aber Leber »bezüglich aller Manuskripte, die als Bücher mit dem reichsdeutschen Markt rechnen müssen, mit Berliner Stellen (ReichsschrifttumKammer?) Fühlung nehmen, um den Verlag vor Verlusten zu schützen«. Dr. Leber stehe, so die Staatspolizei, in Wien »im Zentrum eines Kreises nationalsozialistisch eingestellter Personen. Seine Tätigkeit in Österreich muss jedenfalls als nicht einwandfrei bezeichnet werden«. Über allfällige strafrechtliche Konsequenzen aus diesem Bericht ist nichts bekannt.
424
20.8. Die Nationalen wehren sich Im August 1935 erlebte der Zsolnay Verlag neuerliche Schocks. Es begann damit, daß Will Vesper nach einer kurzen Pause gegen die »angebliche Nationalisierung des Wiener Judenverlages Zsolnay« so ausführlich wie noch nie loszog. Er legimitierte sich mit dem Hinweis auf »unsere« Sorgen um das Deutschtum in Österreich und erinnerte daran, daß Zsolnay bis 1934 »einer der größten Judenverlage Europas« gewesen sei und »in seinem Verlag dem Judentum eine der stärksten kulturzersetzenden Waffen« geschaffen hätte.137 »Jedes Paktieren mit einem Verlag«, meinte er, »der auch heute noch in jüdischem Besitz ist, [sei] für jeden nationalen Deutschen unmöglich [...]. Freilich versuchen die dunklen Zutreiber des Verlages jetzt, wie wir hören, sogar die Judenschaft des Besitzers zu leugnen.« In Anlehnung an eine Fehlmeldung in der Wiener Zeitung Der Morgen,138 meinte Vesper, Zsolnay hätte die »Judenliteratur« nach Zürich »abgeschoben«. Beide gingen von der falschen Annahme aus, daß die Bibliothek zeitgenössischer Werke gerade kürzlich als »Gettoverlag« gegründet worden wäre. Ausgestattet mit Informationen von Weinheber ging Vesper nun auf die getäuschten nationalen Autoren und den »Zutreiber« los. Inzwischen sind die Vorhänge wohl dichter geschlossen worden, denn man ist ja nun »national« wenn
nicht
gar - unter
ermunterndem
Kopfnicken
der
Wiener
Gewaltigen -
»nationalsozialistisch« geworden. Es vollzog sich jene niederträchtige und auf das deutsche Volk Österreichs katastrophal wirkende Tarnung, auf die wir im Maiheft hinwiesen. Die verschiedensten Elemente wirkten zu dieser Schiebung zusammen: das Interesse des jüdischen Verlegers, aus Deutschland Gelder zu bekommen; [...] ferner das Gefühl der Verlassenheit unter den deutschen Dichtern Österreichs, deren man sich in verworrener Zeit vom Reich aus nicht mit genügendem Nachdruck annahm und die daher durch Wiener Gerüchtemacher mit Lügen, Drohungen und Versprechungen allzu leicht in den Zsolnaystall gelockt wurden; und endlich die Charakterlosigkeit und Geschäftemacherei einer Reihe sogenannter »nationaler« in Wahrheit höchst unzuverlässiger, literatenhafter Elemente. Dem Hauptzutreiber für den Zsolnayverlag machte ein Reichsdeutscher, Dr. Hermann Leber, der in einem wahrhaft infernalischen und schwer durchschaubaren Treiben die nationalen Dichter für den Judenverlag Zsolnay einfing. [...] Ein Mann von höchst undurchsichtiger Vergangenheit, dem alle die ihn kennen phantastische Unwahrhaftigkeit nachsagen! (Beweise liegen uns vor!) [...] nur in den undurchsichtigen Wiener Zuständen konnte es ihm gelingen, sich ein nationales Mäntelchen überzuwerfen. Unter diesem nationalen Mäntelchen verstand er es dann, mit Verwirrungen und Hinterhältigkeiten jeder Art die verschiedensten Literaturgruppen Wiens gegeneinander auszuspielen, offenbar alle und alles durcheinander zu bringen, unter der nationalen Schriftstellerschaft das schwerste Unheil anzurichten und dann die Hilflosen endgültig durch einen Pakt mit dem berüchtigten Judenverlag zu erledigen. [...] Diese Trübung aller Wasser wurde ihm durch die gleichzeitige tragische politische Entwicklung in Österreich sehr erleichtert und zweifellos von der Wiener Regierung offen und heimlich unterstützt. (ebd.) 137
Die Neue Literatur,
138
Der Morgen (Wien), 23.4.1935, S. 10. Da ist von »Verlags-Schande« und »Ghettoverlag« in Zü-
Heft 8, August 1935, S. 495f.
rich die Rede.
425
Daß Vesper sich auf die Informationen Weinhebers stützte, zeigt der bereits zitierte Brief des Wieners an Gustav Pezold im Februar. Vesper argumentierte dann weiter in Schwarz-Weiß-Schema, ja nur durch Lebers »Wühlereien«, wie er meint, »kam es dahin, daß auch unzweifelhaft nationale und saubere Schriftsteller, wie z.B. Hermann Stuppäck, Edmund Finke, beides Lyriker von Rang, Hermann Graedener und Karl Hans Strobl, wertvolle deutsche Erzähler, auf den Leberschen Leim gingen. Dabei behielt Zsolnay sogar einen Teil seiner Juden, z.B. Werfel und Saiten, ruhig weiter im gleichen Verlag«. Vesper hatte auch ein Rezept gegen die »Schädigung der deutschen Interessen«: »Nur das offene Ausbrennen dieses Skandals kann wieder Klarheit und Vertrauen schaffen.« (ebd.) Anfang September 1935 bekam Hermann R. Leber den Vesper-Aufsatz von mehreren Leuten zugeschickt und war nach der Lektüre mehr als ungehalten. Und er glaubte auch sofort zu erkennen, wer hinter dieser Kampagne stecke, nämlich Josef Weinheber, und diesem teilte er das alles unverzüglich mit. »Leider«, schrieb Leber, »ersehe ich daraus dass Du zu einem ganz erheblichen Teil hinter dem Aufsatz stehst und Vesper teilweise auf Deine Informationen hin aufgebaut hat.«139 Verdächtig kamen Leber nicht nur gewisse Wendungen vor, sondern auch der Hinweis darauf, daß Stuppäck und Finke »beides Lyriker von Rang« seien. Woher sonst als von Weinheber hätte Vesper wissen können, fragte Leber, daß Edmund Finke Lyriker sei? In der Tat hatte Finke, der mit Josef Weinheber gut befreundet war, zwar Gedichte geschrieben und sie dem Paul List Verlag und dem Zsolnay Verlag angeboten, aber keinen Abnehmer gefunden. Leber ersuchte Weinheber »sofort an Will Vesper zu schreiben« und ihn zu einer Berichtigung, was die gemachten Darlegungen über seine Person betraf, zu bewegen. Sollte Weinheber dazu nicht bereit sein, bliebe ihm, so Leber, nichts anderes übrig als den Gerichtsweg in Form des Zivil- und Strafprozesses zu beschreiten. Weinheber machte eine Abschrift des Briefes und schickte das Original an Vesper, der es - siehe unten für einen »Erpresserbrief« hielt. 140 Diese überraschende erweiterte Neuauflage der Attacken Vespers konnten die mitkritisierten Zsolnay-Autoren ebenfalls nicht tatenlos hinnehmen. Die Kritik erzeugte jedenfalls bei einem Autor, der gerade vor einem Vertragsabschluß stand und letztlich aus dem Vertrag ausstieg, nämlich Alfons von Czibulka, Berührungsängste. Noch am 8. August 1935 schrieb er Leber: »Daß die Widerstände gegen Zs. langsam aufhören, habe ich, wie ich das Herr v.J., ja schon mitteilte, auch hier gemerkt. Versuchen zu Angriffen bin ich entgegengetreten. Seit etlicher Zeit
139
140
Abschrift des Briefes von Dr. Leber eingelangt am 2.9.1935. Österr. Nationalbibliothek, Nachlaß Weinheber, Autogr. 886/75. Später versuchte Leber, sich mit Weinheber zu versöhnen. In einem Brief vom 1.1.1937 meinte er: »Das alte Jahr hat Dir auch wohl gezeigt, wie wenig berechtigt Dein Glaube war, dass ich gegen Dich Stellung genommen hätte oder antreibe. Diese Sachen sind von ganz wo anders gekommen.« Ebd.
426
herrscht aber Einsicht und Ruhe.«141 Wochen später hatte er Kenntnis von Vespers neuerlichem Angriff, versuchte aber Leber mit der Mitteilung zu trösten, er hätte »von kompetenter Seite« gehört, »daß Will Vesper keineswegs mehr ernst genommen und von maßgebendster Seite aufs heftigste bekämpft wird«. 142 Viel Nutzen zeigte dies aber nicht. Es war, wie der Firmenakt Paul Zsolnay Verlag beim Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig zeigt, zudem eine Fehleinschätzung, denn die Angriffe Vespers zeitigten in der deutschen Buchhandelsbranche eine ziemliche Breitenwirkung und wurden stark rezipiert. Die Folge: der Börsenverein, zu dessen Mitgliedern Paul Zsolnay gehörte, erhielt unter Berufung auf Will Vespers Traktate in den Jahren 1935-1937 regelmäßig Anfragen von Buchhandlungen, Verlagen, Zeitungen, der Deutschen Arbeitsfront (DAF) und Parteiämtern im ganzen Reich, wie z.B. dem Amt für Schrifttumspflege. Alle wollten nur eines wissen, nämlich, ob der Paul Zsolnay Verlag eine »jüdische Firma« sei. Die stereotype Antwort des Börsenvereins lautete zunächst, genaues wisse man nicht, »da Unterlagen über die Rassezugehörigkeit der buchhändlerischen Firmen im Ausland nicht vorhanden« seien. Ergänzt wurde die gebotene Auskunft jeweils mit folgendem Hinweis: »Gegen die in der Zeitschrift Die Neue Literatur aufgestellte Behauptung, der Verlag Zsolnay sei ein Judenverlag, hat Zsolnay protestiert. Sein Protest lässt aber die Frage der rein arischen Abstammung offen.« Als sich die Anfragen häuften, entschloß sich der Vorsteher des Börsenvereins, Dr. Albert Heß, gegen Ende Jänner 1937 eine klärende, authentische Auskunft aus Wien einzuholen, und zwar von der Deutschen Gesandtschaft. Wenige Tage darauf übersandte die Gesandtschaft eine »eingezogene streng vertrauliche und unverbindliche Auskunft« zur Firma Paul Zsolnay Verlag. »Die dzt. leitenden Personen«, heißt es da, »sind meist Arier. Bloss der Hauptaktionär Paul Zsolnay gilt als nicht ganz rein arisch.«143 Von nun an wurde in der erteilten Auskunft des Börsenvereins neben dem Hinweis auf Zsolnays Protest gegen Vesper unter Berufung auf eine behördliche Stelle in Wien darauf aufmerksam gemacht, daß die arische Abstammung der leitenden Personen des Verlags bestätigt werden konnte, und zwar »mit Ausnahme des Hauptaktionärs Zsolnay, der als nicht rein arisch gilt«. Ein Berliner Verlag, dem man zum Vorwurf gemacht hatte, er hätte »Anzeigen des nichtarischen Verlages Paul Zsolnay in unseren Blättern« veröffentlicht, ersuchte beim Börsenverein um erschöpfende Auskunft. Der Grund: »In dem Börsenblatt für den deutschen Buchhandel finden wir nämlich immer wieder Anzeigen des oben genannten Verlages. Wir können uns nicht denken, dass
141
Czibulka an Leber, 8.8.1935, Ordner Czibulka.
142
Czibulka an Uber, 19.9.1935, ebd.
143
Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Bestand Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Akt F 10823 (Paul Zsolnay Verlag), Schreiben der Deutschen Gesandtschaft vom 3.2.1937 an den Börsenverein. Hervorhebung vom Verf.
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Sie Inserate nichtarischer Unternehmen veröffentlichen, und wären Ihnen daher für ein paar aufklärende Zeilen dankbar.«144 Als ob die fortgesetzten Angriffe Vespers nicht genug wären, kam der Zsolnay Verlag in Berlin in Sachen Erwin H. Rainalter der N.S.-Kulturgemeinde in die Quere. Von der Abteilung »Buchpflege« traf ein eingeschriebener Brief vom 20. August 1935 mit der Bitte ein, »in Zukunft den Hinweis auf die Mitwirkung des Autors in dem durch uns mit dem Oberbürgermeister der Stadt Berlin veranstalteten Vortragszyklus 'Volkhafte Dichtung der Zeit' fortzulassen und diese Tatsache in keinem Ihrer Prospekte oder Werbedrucksachen zu verwenden, solange nicht die Besitzverhältnisse Ihres Hauses einwandfrei geklärt sind (Arierparagraph).« 145 Bevor der Verlag mit der geforderten »Bestätigung« reagieren konnte, hatte Rainalter alles planiert. Er sei »eine volle Stunde bei den Herren oben« und freue sich, dem Verlag »das Ergebnis dieser Unterredung mitteilen zu können: der Brief gilt als nicht geschrieben, was ich Sie freundlichst zur Kenntnis zu nehmen bitte. Legen Sie ihn also ad acta. Ich habe mich mit den Herren von der N.S. Kulturgemeinde in der freundschaftlichsten Weise gründlich ausgesprochen. Im Herbste werden sogar zwei Ihrer Autoren, nämlich Karl Hans Strobl und ich, von der N.S. Kulturgemeinde zu Vortragstourneen durch Deutschland eingeladen werden. Also, bitte nochmals: der Brief der N.S. Kulturgemeinde gilt als nicht geschrieben.« 146 Deutlicher ließe sich nicht beweisen, inwiefern die Autoren mit dem Verlag in Wien auf Gedeih und Verderb verbunden waren. Bei aller Gemeinsamkeit der Gesinnung waren die nationalen Autoren keineswegs eine homogene Gruppe, denn sie mußten jeder für sich den Markt erobern und gegen die Konkurrenz bestehen. Daß Josef Weinheber als Drahtzieher der Aktion Vespers in Österreich galt, geht indirekt aus einem Brief hervor, den Vesper am 11. September an Frau Weinheber richtete: schönen Dank für Ihren Brief und den von Dr. Leber, einen wahren Erpresserbrief, würdig dieses Mannes. Sollte er noch weiter schreiben, so schicken Sie sie mir nur ruhig, und lassen Sie Ihren Mann außerhalb dieser ganzen Sache. Er hat ja wirklich nicht das Geringste damit zu tun. [...] Die Berichtigungswünsche des Dr. Leber sind lächerlich. Er verlangt z.B. von Ihrem Mann Berichtigungen über Dinge, die sich angeblich im Rheinland zugetragen haben sollen. Was kann Ihr Mann davon wissen? Er will ihn nur erschrecken. Das ist die Art aller Erpresser. Lassen Sie sich nur nicht fangen. Dieser Leber ist ein Lügner und Gauner. Wenn er etwas von mir will, soll er nur nach Deutschland kommen, dann kann er einmal wirklich Rede stehen. Ich bedaure, daß Ihnen und Ihrem Mann dadurch, daß ich gleichzeitig diesen Kampf gegen die Zsolnayleute führen muß, Unruhe und Unbequemlichkeit gemacht wurde. Hoffentlich haben wir bald friedlichere Zeiten. 1 4 7 144
Schreiben des Eisner und Eisner Verlags an die Geschäftsleitung des Börsenvereins vom 18.2.1937, ebd.
145
Ordner Rainalter. Rainalter an Zsolnay, 12.9.1935, ebd.
146 147
Vesper an Frau Hedwig Weinheber, 11.9.1935. Österr. Nationalbibliothek, Nachlaß Weinheber.
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Gegen Ende September kam es von Seiten der Autoren in Wien zu einem gemeinsamen Protestschritt gegen Vesper. Es beteiligten sich, wie Hermann R. Leber dem Verlagsautor Wladimir von Hartlieb mitteilte, »auch eine ganze Reihe von Leuten [...], die nicht bei Zsolnay sind, rein aus Kollegialität. Aber umso wirksamer wird der Schritt sein. Auch sonst ist allerhand gegen Will Vesper geschehen und Du kannst versichert sein, dass diesmal endgültig Schritte unternommen werden, die ihm Lust zu weiteren derartigen Sachen vergehen lassen«.148 Treffpunkt war, wie zu erwarten, das »Deutsche Haus« am Stephansplatz.149 Im Abwehrkampf gegen Vesper wandte sich Leber an die Deutsche Gesandtschaft in Wien, zu der er enge Beziehungen hatte. Nicht alle, in deren Namen Protestschritte unternommen wurden, goutierten die Maßnahmen Lebers und bedauerten überhaupt, sich auf Leber eingelassen zu haben. Ein Beispiel ist Erwin H. Rainalter, der Leber Mitte Oktober über Felix Costa ausrichten ließ, »dass Interventionen, wie er sie vorhat, naturgemäss auf dem Rücken des Zsolnay-Verlages ausgetragen werden, was gewiss zu vermeiden« sei.150 Aber Vesper verging keineswegs die Lust zu weiteren »derartigen Sachen«, ja er nahm das neue Buch Rainalters Der Sandwirt zum Anlaß festzustellen, daß »Andreas Hofer und der nationalsozialistische Schriftleiter [...] also als Vorspann für einen deutsch-feindlichen Juden [Zsolnay] mißbraucht« werden.151 Vesper abschließend: Wird es bei den nationalen Zsolnayautoren noch immer nicht hell? Haben wir nicht rechtzeitig genug vor dieser gefahrlichen Rassenmischung gewarnt? Wer sich mit dem Juden an einen Tisch setzt, besorgt seine Geschäfte, auch wenn er schlauer zu sein glaubt. Und wer die Geschäfte des Juden besorgt, bewußt oder unbewußt, schädigt Deutschland und den Nationalsozialismus, von dem heute jeder weiß und wissen muß, daß er keine Kompromisse mit dem Judentum kennt, (ebd.)
Einer, dem Vesper aus dem Herzen sprach, war Wladimir von Hartlieb, der seinem Tagebuch seine Gewissensnot anvertraute. Er war schweren Herzens und keineswegs freiwillig zu Zsolnay gekrochen und gab Hermann R. Leber im besonderen und den reichsdeutschen Verlegern im allgemeinen die Schuld an der ganzen Misere.152 148
Leber an Hartlieb, 25.9.1935. Österr. Nationalbibliothek, Nachlaß Wladimir von Hartlieb. So heißt es in einem Brief Lebers an Hartlieb vom 8. Oktober 1935: »Am Freitag Abend treffen wir uns an gewohnter Stelle am Stephansplatz mit Costia und Zsolnay, da wir verschiedenes Grundsätzliche über weitere Verlagsautoren udgl. besprechen wollen.« (Ebd.) 150 Rainalter an Costa, 18.10.1935, Ordner Rainalter. 151 Die Neue Literatur, Heft 10, Oktober 1935, S. 625. 152 »Zu Zsolnay kam ich durch Dr. Leber; er brachte eine ganze Gruppe von national gesinnten Autoren dort unter, also nicht mich allein. Uns allen versicherte er, daß er bei dieser Verlagspolitik von Berlin unterstützt werde, daß Berlin es wünsche, daß wir im Zsolnay Verlag Fuß fassen. [...] Dr. Leber hat nicht ganz die Wahrheit gesagt. Er hat nur erreicht, daß man unsere Bücher nicht geradezu verbietet und daß wir in der Presse besprochen werden dürfen. Aber man 149
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Erst im Dezember-Heft der Neuen Literatur kam Vesper wieder auf Zsolnay zu sprechen. Er dementierte »die von den gleichen Dunkelmännern ausgestreuten Gerüchte, die 'Neue Literatur' sei 'gemaßregelt' worden oder habe ihre Warnungen vor Zsolnay zurücknehmen müssen« und nannte sie »Schwindel und Unsinn«. 153 Seine Kritik wurde allgemeiner: »Es ist außerdem ganz selbstverständlich, daß jeder Deutsche und namentlich jeder Nationalsozialist unseren Kampf gegen die ausländischen jüdischen Verlage, die in höchst überflüssiger Weise deutsche Gelder ins Ausland locken, nur billigen kann.« (ebd.) Vesper widmete sich dem »Judenverlag« in Wien erst wieder in der Februar 1937-Ausgabe der Neuen Literatur, was nicht zur Annahme verleiten darf, daß Interventionen erfolgreich gewesen wären oder daß Vesper seinen Kampf aufgegeben hätte. Letzteres jedenfalls nicht! Er nahm nun »die jüdischen Verlage des Auslandes« ins Visier und mußte dabei eingestehen, daß sein Kreuzzug gegen den Paul Zsolnay Verlag nicht überall zur Kenntnis genommen worden wäre. »Unsere Leser sind über den Judenverlag Zsolnay genügend unterrichtet. Warum sind es so viele deutsche Buchhändler noch immer nicht?« Nach einer kritischen Uberprüfung anderer Wiener Verlage schlug er eine drastische Maßnahme vor: »Bücher aus Judenverlagen müssen in deutschen Buchhandlungen als jüdisch gekennzeichnet werden. Kann man die Verleger draußen nicht fassen, dann müssen die deutschen Buchhändler selbst einen Weg finden, Bücher aus Judenverlagen deutlich als solche kenntlich zu machen.« 154 Vesper wollte offensichtlich weitere Buchhändlerkreise erreichen und wandte sich ohne jeden Bezug zur Realität an das Börsenblatt mit der Bitte um Unterstützung: Ich würde es besonders begrüssen, wenn mich Ihre Zeitschrift in dem Kampf gegen die ausländischen Judenverlage unterstützen würde und dabei wieder besonders im Kampf gegen Zsolnay. Der Besitzer ist Jude. Zsolnay war vor der Machtübernahme der grösste und gefährlichste Judenverlag Europas. Von ihm wurde jüdischer Geist auf die raffinierteste Weise in das deutsche Volk gepumpt. Nachher hat er, um das deutsche Geschäft nicht zu verlieren, sich schnell einige charakterlose sogen, nationale Schriftsteller zur Tarnung vorgebunden. Dabei fand er leider sogar Unterstützung in der deutschen Gesandtschaft in Wien und besonders dank geschickter und gefahrlicher Machenschaften eines Dr. Leber gelang es Zsolnay sogar einige ganz ordentliche Leute zu sich herüber zu ziehen. Hinter diesem Versteck verbreitet er im übrigen den alten Judengeist. Die deutschen Buchhändler aber, besonders der Bahnhofsbuchhandel, überschwemmen das deutsche Volk mit Zsolnay-Büchern. Über alles das hat die »Neue Literatur« immer wieder berichtet, leider ohne den gewünschten klaren Erfolg. Besonders in Österreich selber, aber auch unter den Auslandsdeutschen, versteht man diese Duldung des Zsolnay-Verlages nicht, sieht in ihr vielmehr ein schlimmes Zeichen von Ahnungslosigkeit der verantwortlichen Stellen. Sie
153 154
zeigt uns die kalte Schulter, man stellt uns in den Schatten. Es gibt für uns keine offizielle Förderung. [...] Man hätte Dr. Leber entweder sofort erklären müssen, daß er nationale Autoren nicht zu Zsolnay bringen dürfe, oder man hätte diesen Autoren ohne jeden Hintergedanken entgegenkommen müssen. Das Spiel, das man jetzt mit uns treibt, ist nicht sehr ehrlich.« Nachlafl Hartlieb, Tagebuch 1936-1938. Die Neue Literatur, Heft 12, Dezember 1935, S. 761. Die Neue Literatur, Heft 2, Februar 1937, S. 103f.
430
könnten sich ein grosses Verdienst erwerben, wenn Sie dafür sorgten, dass hier Sauberkeit und Klarheit geschaffen würde. 155
20.9. Übersicht über die Produktion 1934-1935 Um die Präsenz der nationalen Autoren im Zsolnay-Programm und den allgemeinen Aderlaß nach 1933 einschätzen zu können, soll im folgenden ein Überblick über die Produktion des Verlags der Jahre 1934 und 1935 geboten werden. Die Aufstellung folgt der laufenden Numerierung in der Herstellkartei. 1934: 376. Walter von Molo: Friedrich List 377. Karl Röttger: Der Heilige u.sein Jünger 378. Andreas Thom: Noch spielt ein Kind 379. Eduard Stucken: Die weißen Götter 380. John Galsworthy: Bis aufs Messer 381. Pearl S. Buck: Ostwind, Westwind 382. Joh. Fabricius: Löwen hungern in Neapel 383. Hubert Mumelter: Die falsche Straße 384. Rudolf Hans Bartsch: Besonntes Philistertum 385. Jakob Schaffner: Nebel und Träume 386. John Galsworthy: Denkwürdige Tage 387. Storm Jameson: Triumph der Zeit 388. Egmont Colerus: Leibniz 389. Robert Michel: Die Burg der Frauen 390. Pearl S. Buck: Die Mutter 391. Franz Karl Ginzkey: Prinz Tunora 392. Robert Seitz: Das Börshooper 393. Hans Nüchtern: Perchtoldsdorfer Frühling 394. Grete von Urbanitzky: Ursula und der 395. Frank Thiess: Der Weg zu Isabelle 396. W. Treichlinger: Abschiedsbriefe 397. Ernst Scheibelreiter: Rudi Hofers grünes 398. H. Houben: Goethes Eckermann 399. A.J. Cronin: Das Haus der Schwäne 400. Ernst Lothar: Eine Frau wie viele 401. Franz Spunda: Romulus. Roman 402. Egmont Colerus: 1x1 403. Fliegende Blätter 404. Jahrbuch dt. Bibliophilen 405. John Galsworthy: Die Freelands 155
25. Januar 15. Februar 15. Februar 22. Februar 1. März 8. März 15. März 29. März 29. März 5. April 19. April 19. März 26. März 3. Mai 6. September 13. September 13. September 13. September 20. September 4. Oktober 11. Oktober 25. Oktober 25. Oktober 25. Oktober 31. Oktober 31. Oktober 8. November 8. November 15. November 15. November
Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Bestand Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Akt F 10823 (Paul Zsolnay Verlag). Zitiert wird ein mit 8. März 1937 datierter Aktenvermerk »Betr. Paul Zsolnay Verlag«, der mit den Worten »Nachstehende Ausführungen des Herrn Will Vesper, Meissen/Elbe, obige Firma betreffend, verdienen festgehalten zu werden:« eingeleitet wird. Es ist meine Annahme, daß das Schreiben Vespers an das Börsenblatt gerichtet war. 431
406. Südostdeutsche Literaturblätter, Heft 2
22. November
1935: 407. 408. 409. 410. 411. 412. 413. 414. 415. 416. 417. 418. 419. 420. 421. 422. 423. 424. 425. 426. 427. 428. 429. 430. 431. 432. 433. 434. 435. 436. 437. 438. 439. 440. 441. 442. 443. 444. 445. 446. 447. 448. 449. 450. 432
Robert Seitz: Die Häuser im Kolk Karl Röttgen Der Heilandsweg Pearl S. Buck: Das geteilte Haus Eduard P. Danszky: Gottlieb Straube Edmund Finke: Der Mörder verliert den Robber Hermann Graedener: Der Esel. Sancho Pansas Eduard Stucken: Die Insel Perdita Hermann Stuppäck: Der blaue Hügel Karl Hans Strobl: Aber Innozenz! Friedrich Schreyvogl: Grillparzer. Roman Vilhelm Moberg: Kamerad Wacker Julius Pupp: Freinacht. Roman Otto E. Groh: Königsballade Paola Masino: Spiele am Abgrund H.H. Ortner: Beethoven Karl Gunnarson: Ich zog als Bauernknecht Franz Werfel: Schlaf und Erwachen Grete von Urbanitzky: Nina. Geschichte John Galsworthy: Die Cherrill-Chronik Erwin H. Rainalter: Der Sandwirt Pearl S. Buck: Das geteilte Haus Robert Seitz: Der Leuchtturm Thorde Hans Nüchtern: Nur ein Schauspieler Erika Leffler: Ein Mann, ein Pferd Ernst Lothar: Romanze F-Dur Vilhelm Moberg: Die harten Hände Alice Lyttkens: Ich komme nicht zum Julius Pupp: Die Sammellinse Albert v. Trentini: Der letzte Sommer Andreas Thom: Triumph der Liebe Erich Ebermayer: Der Fall Claasen Grete von Urbanitzky: Heimkehr zur Liebe Ernst Scheibelreiter: Die frohe Ernte Egmont Colerus: Vom Punkt zur vierten Eduard Stucken: Adils und Gyrid Wladimir von Hartlieb: Fridericus Rex Marguerite Steen: Auf in den Kampf Rudolf List: Tor aus dem Dunkel Jakob Schaffner: Larissa.Roman A.J. Cronin: Die Sterne blicken Felix Saiten: Kleine Brüder Franz Werfel: Weg der Verheißung Frank Thiess: Der ewige Taugenichts Südostdeutsche Literaturblätter, Heft 3
7. Februar 19. Februar 19. Februar 28. Februar 7. März 7. März 14. März 14. März 21. März 26. März 26. März 11. April 11. April 11. April 2. Mai 16. Mai 16. Mai 18. Juni 5. September 5. September 12. September 19. September 19. September 19.- September 26. September 26. September 3. Oktober 3. Oktober 10. Oktober 10. Oktober 17. Oktober 17. Oktober 17. Oktober 24. Oktober 24. Oktober 31. Oktober 31. Oktober 7. November 7. November 21. November 21. November 5. Dezember 10. Dezember 12. Dezember
21. Die Bücher der Nationalen bis 1938
Die Nationalisierung eines Teils des Programms ab 1933, d.h. die Aufnahme einer Reihe von österreichischen Autoren, die der in Österreich verbotenen N.S.D.A.P. zumindest nahestanden, war vom kommerziellen Standpunkt des Verlags und vom finanziellen Standpunkt der Autoren aus ein völliger Mißerfolg. Analysiert man die Auflagen der betreffenden Werke bis 1938, konnte kein einziges Buch auch nur einen Achtungserfolg für sich buchen. Dabei gibt es keine Indizien dafür, daß der Verlag es an entsprechender Propaganda (Anzeigen im Börsenblatt und diversen Tageszeitungen wie auch Sonderprospekte) hat fehlen lassen. Und man kann den Mißerfolg nicht allein darauf zurückfuhren, daß die fraglichen Autoren allesamt völlig unbekannt waren. Im Fall Karl Hans Strobl trifft das kaum zu. Manche Autoren führten ihre Durststrecke bis 1938 schon bald auf einen vermuteten inoffiziellen Boykott ihrer (Zsolnay-) Bücher im Reich zurück. Versuche, über Institutionen das literarische Leben in Österreich zu monopolisieren, führten auch nicht zum gewünschten Ziel. Bekannt ist auch, daß reichsdeutsche Verlage es aus devisentechnischen Gründen bevorzugten, nicht mit österreichischen Autoren abzuschließen. Und es wäre zudem falsch zu glauben, daß der Zuzug »nationaler Schriftsteller« zum Paul Zsolnay Verlag bereits im Jahre 1933 (siehe das Beispiel Bartsch) bereits mit der Einflußnahme Hermann R. Lebers zu tun hätte. Bekanntlich genoß die österreichische Literatur im L. Staackmann Verlag in Leipzig eine besondere Pflege. Doch Anfang Juli 1933 bekamen Staackmanns österreichische Autoren die niederschmetternde Mitteilung, daß der Verlag von der Reichsregierung gerade gezwungen worden war, die Zahlungen an seine österreichischen Autoren einzustellen. Das hatte zur Folge, daß ihnen der finanzielle Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Diese Maßnahme traf noch härter, weil, wie Die Stunde berichtete, »der Verlag an einzelne prominente Schriftsteller, die ihm ihre Werke seit vielen Jahren zur Verfügung gestellt haben, lebenslängliche Renten bewilligt hat, gleichgültig, ob die geschäftlichen Erfolge ein solches Vorgehen begründeten«.1 So gesehen, war der Paul Zsolnay Verlag eine naheliegende Rettung. Die vorhin angesprochene Erfolglosigkeit wurde in nicht wenigen Fällen durch den »Zahltag« ab 1938 mehr als kompensiert. Wie durch eine Auswahl der Schriftstellerjahreseinkünfte schon nachgewiesen worden ist, stieg das Einkommen dieser Autoren kometenhaft an. 2 Ein Vergleich der dortigen Angaben vor 1938 (und manchmal auch danach) mit den garantierten Vorschüssen Franz Werfeis (siehe
1 2
Die Stunde (Wien), 8.7.1933, S. 6. Amann: Der Anschluß, S. 164-167.
433
Kapitel 23) zeigt klar, wie groß der Abstand zum »Großschriftsteller« Werfel war. Aber zurück zu den quantitativen Voraussetzungen des Mißerfolgs. Bei Neuerscheinungen war für einen Roman eine Startauflage von 2 000 Exemplaren die Regel, die allerhöchste Erstauflage lag bei 3 000 Exemplaren. (Im Fall der Kriminalromane Edmund Finkes lag sie jeweils bei 5 000.) Bei Dramen, die von der hauseigenen Theaterabteilung angenommen wurden, lag die Durchschnittsauflage bei 300-1 000 Exemplaren, bei Gedichtbänden bei 800 bis fallweise 1 000. Neuauflagen gab es bis 1938 kaum. Ja von all jenen im Bericht Groh-Rainalter genannten Autoren, die ihre Werke dem Zsolnay Verlag übergaben, kam es nur in einem einzigen Fall zu einer Neuauflage. Im März 1935 war das Werk von Karl Hans Strobl Aber Innozenz! Ein bereits durchaus heiterer Roman in einer Auflage von 3 000 Exemplaren erschienen. Zwei Monate später wurden weitere 1 650 Exemplare gedruckt, und damit war Schluß. Der nationale Hermann Heinz Ortner war bereits seit 1929 als Dramatiker vertreten und gehört daher nicht zur Gruppe Lebers. Von seinen Bühnenwerken legte der Verlag meist 1 000 Exemplare auf. Die einzige Neuauflage dieses Autors 1934-1938 betraf die »Dramatische Legende« Tobias Wunderlich (Gesamtauflagenstand Februar 1937: 2 300 Exemplare). 3
21.1. Rudolf Hans Bartsch Der volkstümliche Schriftsteller Rudolf Hans Bartsch (1873-1952), der schon im März 1933 mit Zsolnay einen Vertrag abschloß, war vom Staackmann Verlag gekommen, wurde aber dann zunehmend unglücklich über die Verbindung mit seinem neuen Verlag. Besonntes Philisterium, für das der Autor ein Honorar von 15% bekam, erschien im März 1934 in einer Auflage von 5 000 Exemplaren und blieb ein Ladenhüter. Oder wie es 1941 anläßlich der Rückgabe der Rechte hieß, hätte sich »nicht jener Erfolg eingestellt«, wie man sich ihn erhofft hatte. 1934 sah sich Bartsch fast als nächsten Nobelpreisträger für Literatur. Er teilte dem Verlag »im Vertrauen« mit, daß Professoren an der Universität Wien ihn für den Preis nominieren wollten. Es kam nicht dazu. 4 Sieht man von der Übernahme des Theaterstücks John Smith ab, das am Burgtheater in Wien aufgeführt wurde und nicht den vom Autor erhofften Erfolg errang, lehnte der Zsolnay Verlag so ziemlich alles ab, was Bartsch an Manuskripten einreichte. Ein Beispiel ist die Sammlung von Zeitungsartikeln »Idyllen und alte, deutsche Dinge«, die letztlich im Bergland-Verlag gut aufgehoben war, ein anderes die Erzählung Der große Traum
3
Zu den anderen Werken Ortners bei Zsolnay zählten Sebastianlegende Soldaten.
Ein Nebeneinander
Himmlische Hochzeit.
(1929), Wer will unter die
in einem Vorspiel und drei Akten (1930) sowie Niki (1930) und
Eine dramatische Dichtung (1930), Schuster Anton Hitt. Schauspiel in
drei Akten (1932), Stefan Fadinger.
Eine deutsche Bauemerhebung
in drei Akten (1933),
Beethoven. Fünf Akte (1935). Als letztes Werk erschien im Dezember 1938 Isabella von Spanien. Schauspiel in drei Akten. 4
Bartsch an den Verlag, 28.4.1934, Ordner Bartsch.
434
der kleinen Wienerin. Bartsch fühlte sich »damit aus dem Verlag ausgeschlossen« und bat Paul Zsolnay im September 1936 um »eine friedliche und von allen Seiten loyal betrachtete Lösung eines Vertrags [...], die uns, beiden Teilen, nur Unglück gebracht hat«.5 Der Verlag sei untätig gewesen, der seinerzeit abgeschlossene Verlagsvertrag sei - nach der neuen Gesetzgebung, meinte Bartsch, - nur mehr drei Jahre gültig und er wünsche eine Freigabe des Stücks, das er überdies umarbeiten wollte. Zsolnay konnte dieser Argumentation nicht folgen und verteidigte die Bemühungen seiner Mitarbeiter. Es sei nicht seine Absicht, Bartsch aus der Reihe der Autoren auszuschließen, vielmehr wollte er von ihm ein umfangreiches Werk verlegen und ein solches habe der Autor nicht eingereicht.6 Es blieb beim einzigen Werk, und Bartsch ging zu jenem Verlag, wo er sich mit seinem Werk wie zu Hause fühlte: zum nationalen Leopold Stocker Verlag in Graz.
21.2. Hermann Stuppäck Mit einigem Widerwillen übernahmen Zsolnay und Costa Autoren, die Hermann R. Leber im Verlag unterbringen wollte. Hermann Stuppäck (1903-1988), der Landeskulturleiter der N.S.D.A.P. für Österreich, ist ein Beispiel, der Bibliothekar Dr. Karl Wache ein zweites und Oswald Menghin ein drittes. Stuppäck wandte sich im September 1934 auf Empfehlung Lebers an den Verlag.7 Der Briefwechsel Stuppäcks mit dem Verlag zeigt einmal mehr, wie das System des gegenseitigen Hochlobens in der Praxis funktionierte. Es war keineswegs auf die »nationalen« Autoren beschränkt, hier aber in Österreich besonders ausgeprägt. Die Auflagenvorstellungen des Autors divergierten stark von denen des Verlags, der fast seit Beginn des Unternehmens von Lyrikbänden soweit es ging Abstand nahm. Costa wollte 500 Exemplare auflegen, ließ sich aber von Stuppäck überreden und stimmte 800 zu. Stuppäck argumentierte u.a. damit, daß ein Buch bei einer so geringen Auflage nicht gekauft und gelesen werde und daß »sich ferner eine Reihe bedeutender Federn erbötig gemacht (habe), über meinen Erstling zu schreiben, was immerhin die Aufmerksamkeit auf ihn lenken wird«.8 Da er nicht gut sein »eigener Panegyriker sein« könne, habe er Herrn Major Finke ersucht, »einiges über mich und mein Buch zu schreiben« (ebd.). Die Literaturkritik wurde zunehmend inzestiös, steigerte aber wohl den Eigenwert der Autoren innerhalb der Gruppe, wobei Indizien dafür fehlen, daß sie den Verkaufserfolg beeinflußte. Im
5 6 7
8
Bartsch an Paul Zsolnay, 19.9.1936, ebd. Paul Zsolnay an Bartsch, 23.9.1936, ebd. »Herr Dr. Hermann R. Leber hatte die Freundlichkeit mir mitzuteilen, dass Sie meinen lyrischen Arbeiten Ihr Interesse zuzuwenden gedenken.« Stuppäck an Verlag Paul Zsolnay, 28.9.1934, Ordner Stuppäck. Geschrieben wurde der Brief auf dem Papier der Zeitschrift Der Weg. Deutsche Blätter für Österreich. Stuppäck an Costa, 4.1.1935, ebd.
435
Juni 1942 (!), also nach sieben Jahren, war die Auflage bloß »nahezu ausverkauft«. 9
21.3. Karl Wache Im Fall Karl Wache (1887-1973) wollte Paul Zsolnay das eingereichte Lustspiel in drei Aufzügen Das Sanatorium aus dem Grund nicht in Verlag nehmen, weil er keine Garantie für eine Annahme durch eine Bühne abgeben konnte. Um sich spätere Vorwürfe des Autors zu ersparen, teilte der Verleger mit: »Wir glauben auch, dass auf Grund der in Ihrem Lustspiel behandelten Materie kein anderer Bühnenvertrieb dies tun würde.«10 Trotzdem kam ein Vertragsabschluß zustande, und das Manuskript wurde 1935 in kleiner Auflage für die Bühne vervielfältigt. 11
21.4. Oswald Menghin Ebenfalls eine »Eintagsfliege« war der aus Meran gebürtige Universitätsprofessor für Urgeschichte, Oswald Menghin (1888-1973), und auch hier dürfte die Annahme eines Lyrikbandes eine Gefälligkeitsaktion gewesen sein, die von Hermann R. Leber ausging. Im September 1937 kam in einer Auflage von 1 000 Exemplaren der Lyrikband Bauernwelt bei Zsolnay heraus. Der Lyriker und Erzähler Menghin hatte Gedichte und Erzählungen über seine Tiroler Heimat publiziert, war aber im Reich noch unbekannter als in Österreich. Daß der Historiker im Zsolnay Verlag gewissermaßen eine »politische Besetzung« war und daß man in der Geschichte des Unternehmens Politik und Literatur nicht mehr trennen kann, geht aus den Informationen hervor, zu denen Hermann R. Leber im August 1938 von der Reichsschrifttumsstelle der RSK in Berlin aufgefordert wurde. Leber antwortete, daß dieser Verlagsautor »mit dem beim Umbruch in Österreich zum Unterrichtsminister ernannten Universitätsprofessor Dr. Oswald Menghin« identisch wäre. »Professor Menghin war bis zum nationalsozialistischen Umbruch als Mitglied des sogenannten Befriedungs-Ausschusses in der Landesleitung der N.S.D.A.P. tätig.«12 Ver-
9
Karl H. Bischoff an Herrn Hermann Stuppäck im Reichspropagandaamt Wien, 20.6.1942, ebd.
10
Zsolnay an Wache, 19.7.1935, Archivbestand Theaterabteilung.
11
Ein Exemplar findet sich in der UB Wien (Signatur II 548.491). Zu Wache, der anläßlich der Gründung des KfdK die Sektion Dichtung und Büchereiwesen übertragen bekam, sei auf seine unveröffentlichten Erinnerungen verwiesen: Denk- und Nichtswürdigkeiten. Außenseiters
der
Politik
von
Franz
Josef
bis
Theodor
Körner
Erinnerungen (masch.,
Institut
eines für
Zeitgeschichte, Wien). 12
Leber an die Reichsschrifttumsstelle Berlin, 14.9.1938, Ordner: »Verlagsautoren deren OriginalOrdner seit dem Umbruch fehlen«. Zu der hier angesprochenen Tätigkeit Menghins siehe F.L. Carsten: Faschismus
in Österreich.
Von Schönerer
zu Hitler.
München: Wilhelm Fink
Verlag 1978, S. 279f. Er war von März bis Mai 1938 Unterrichtsminister im Kabinett Seyss-Inquart.
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schiedene Werke wären bereits in der Liste der für N.S. Büchereien empfehlenswerten Schriften angeführt. 13 Was Lyrik betrifft, verfolgte die nach der N.S.Machtübernahme in Österreich etablierte neue Leitung genau dieselbe Politik. Als Menghin dem Verlag Mitte 1939 ein Manuskript u.d.T. »Drei Lilien« (Balladen) überreichte, mußte Hermann R. Leber ablehnen. Die Begründung: Wie aber, hochverehrter Herr Professor, sollen wir es möglich machen, dass wir die vielen Lyrikbände, die uns eingereicht werden, selbst bei strengster Auswahl, in unser Verlagsprogramm einreihen?! Wir sind ehrlich bemüht, der Lyrik, der gerade in unserer Ostmark in den letzten Jahren so viele hervorragende Vertreter gefunden hat, den gebührenden Platz in unserem Verlagsprogramm einzuräumen, aber schon aus rein verlagstechnischen Gründen, wie auch aus materiellen Erwägungen ist es unmöglich, mehr als 4 bis 5 Lyrikbände pro Jahr herauszubringen. 14
Ein weiterer unbekannter Autor aus der nationalen Szene, der wohl nur kraft seiner Gesinnung zu Zsolnay kam, war Roman Hädelmayr aus dem Kreis um die Zeitschrift Der Augarten. Sein Lyrikband Die Wiederkehr erschien 1938 bei Zsolnay.
21.5. Josef Wenter Der als Nationalsozialist bekannte Tiroler Dramatiker Josef Wenter (1880-1947) scheint nicht über die »Leber-Tour« zu Zsolnay gekommen zu sein. 15 1935 war Wenter auf Grund eines Juryentscheids (unter Vorsitz von Josef Nadler) für den Österreichischen Staatspreis (Förderungspreis für Dramatik) vorgesehen, doch ergaben Erhebungen der Landeshauptmannschaft Tirol, daß Wenter nationalsozialistisch eingestellt wäre. In der Tat war er im April 1933 der N.S.D.A.P. beigetreten und hatte die Nummer 1 528 245 bekommen. Das Unterrichtsministerium mußte wegen der großen Aufregung von einer Preisverleihung an Wenter einstweilen Abstand nehmen. Aber aufgeschoben war nicht aufgehoben. Die hochrangigen Beamten im Unterrichtsministerium waren nicht nachtragend. Auf Betreiben von Staatssekretär Guido Zernatto wurde Wenter im November 1936 der Österreichische Staatspreis verliehen. Paul Zsolnay, dem die NS-Gesinnung Wenters nicht unbekannt geblieben sein kann, gratulierte seinem Autor zum Preis. 16 Der Verleger sah Wenter möglicherweise als Prestigegewinn. Im Dezember 1936 brachte er eine Ausgabe zweier älterer Dramen, Der Kanzler von Tirol und Die Landgräfin von Thüringen heraus (Auflage 1 000 Ex.), gefolgt vom Erzählband 13
14
15
16
Zu den einschlägigen Schriften zählte das Werk Geist und Blut. Grundsätzliches um Rasse, Sprache, Kultur und Volkstum. Wien: Schroll [1933], 2. Aufl. 1934. Leber an Menghin, 16.6.1939, Ordner: »Verlagsautoren deren Originalordner seit dem Umbruch fehlen«. Die folgenden Ausführungen stützen sich auf die ausführliche Darstellung von Friedbert Aspetsberger: Literarisches Leben im Austrofaschismus. Der Staatspreis. Königstein/Ts.: Hain 1980, S. 116-123. Paul Zsolnay an Wenter, 4.1.1937, Ordner Wenter.
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Tiere und Landschaften im April 1937 (Auflage: 2 000), dem »Schauspiel in fünf Akten« Die schöne Welserin im Mai 1938 und zwei Schauspielen, Der deutsche Heinrich und Der sechste Heinrich im Oktober desselben Jahres. Anfang 1941 entschied sich Wenter, zu Piper zu wechseln und seine Werke mitzunehmen. Eine Feldpostausgabe der Tiergeschichten (1944) konnte unter den gegebenen »Marktverhältnissen« ein Erfolg werden. Der Verlag druckte 25 000 Exemplare.
21.6. Otto Emmerich Groh Für den Verlag unbedeutend, wenn nicht eine Belastung oder »Pflichtübung«, waren Hartlieb, Groh und Graedener, die allesamt von Hermann R. Leber in den Verlag gebracht wurden. Groh (1905-1978) zeigte eine Vorliebe für historische Stoffe ganz im Sinne des Führerkults und veröffentlichte Anfang der 30er Jahre etwa Alexander. Der Roman des Eroberers und die Tragödie Attila. 1934 war er federführend beim Band Aufruf ans Volk. Worte der Führer an die Deutschen von Arminius bis Hitler (Leipzig: Rothung-Verlag). Die beiden Werke im Zsolnay Verlag waren keine Publikumserfolge. 1935 erschien die Erzählung Königsballade (Auflage 1 650 Ex.) und 1936 das Schauspiel Die Fahne.
21.7. Wladimir von Hartlieb Der nach eigener Auffassung ewig verkannte Wladimir von Hartlieb (1887-1951) konnte mit seinem Werk bei Zsolnay auch nicht reüssieren. 17 Es zeigte sich hier wieder einmal, daß ein »Gruppeneintritt« nicht gleichbedeutend war mit einem »Gruppenerfolg«, denn jeder Autor mußte sich als einzelner um Anerkennung bemühen. Die »Heldenphantasie« Fridericus Rex, für die der Autor magere 8% Honorar erhielt, erschien Ende Oktober 1935 in einer Auflage von 500 Exemplaren, während »Der Roman von Berta und Mischka«, Das Haus einer Kindheit (Honorar 10%), erschienen Ende September 1936, nur in 2 000 Exemplaren herausgebracht wurde.
17
Zu Hartlieb siehe Franz Eder: »Ach, Schreiben ist kein Ersatz für das Leben«. Wladimir von Hartlieb - Ein literarischer Geist aus der Vergangenheit. In: Falter (Wien), 26/85, S. 22-23. Obwohl zu erwarten gewesen wäre, daß Hartlieb N.S.D.A.P.-Mitglied der ersten Stunde war, konnte er nicht Pg. werden. Nachdem er seinen Antrag auf Mitgliedschaft stellte, kam man darauf, daß er in zweiter und dritter Ehe jeweils mit einer »Volljüdin« verheiratet gewesen war. Hartlieb zog seinen Antrag zurück. Seine Frau soll 1940 wegen einer politischen Äußerung verhaftet und 1942 nach Theresienstadt deportiert worden sein. Dazu Karl Müller: Zäsuren ohne Folgen. Das lange Leben der literarischen Antimodeme Österreichs seit den 30er Jahren. Salzburg: Otto Müller Verlag 1990, S. 289f.
438
21.8. Karl Hans Strobl Mittelsmann bei der Übernahme des nationalen Kämpfers Karl Hans Strobl (18771946) war wiederum Hermann R. Leber und wie im Fall anderer nationaler Autoren, die 1934 zum Verlag stießen, wurde der Verlagsvertrag mit dem Berliner Haus geschlossen. Welche Überlegungen von welcher Seite hiebei verfolgt wurden, ist nicht ganz klar. Am Beispiel Strobls läßt sich dokumentieren, wie, »ohne Ansehen der Person«, die Devisenpolitik des Deutschen Reiches zahlreiche Opfer unter den im Ausland lebenden und in Deutschland verlegten Autoren schuf. Strobl hatte besonderes Pech: seine Eingänge aus den bei Staackmann erschienenen Werken konnten nur bruchstückhaft nach Österreich transferiert werden, und obwohl man während Aufenthalten im Reich auf das jeweilige Guthaben auf Antrag Zugriff hatte, mußte man ja auch zu Hause von etwas leben. 18 Strobl war in dieser Beziehung keineswegs ein Einzelfall. Weil der Zsolnay Verlag im Reich beträchtliche Guthaben angesammelt hatte, die nicht ausgeführt werden konnten, wurde die finanzielle Beweglichkeit des Unternehmens in Wien arg strapaziert. Und bei mehr als nur einem Autor mußte sich der Verlag wegen verspäteten Eintreffens der knappen Schillingbeträge entschuldigen. Es vergingen kaum zwei Monate nach dem Vertragsabschluß mit Strobl für den Roman Innozenz - das Buch erschien erst im März 1935 - bevor die ersten Unstimmigkeiten auftauchten. Der Verlag hatte sich verpflichtet, bis Mitte November 1934 dem Autor Μ 450 (S 900) als »Voraushonorar« und die restlichen Μ 150 bei Erscheinen des Romans zu zahlen. Als er kurz vor Weihnachten sein Geld noch immer nicht erhalten hatte, teilte er dem Verlag mit, er könne »nicht verhehlen, daß mir diese Nichterfüllung einer vertragsmäßigen Verpflichtung eine schwere Enttäuschung ist und mir die größte Verlegenheit bereitet, da ich natürlich mit diesem Betrag gerechnet habe und sein Ausbleiben mich in eine höchst unangenehme Lage bringt«. 19 Strobl berief sich auf mündliche Vertragsvereinbarungen, bei denen er ausdrücklich erklärt hätte, »mit Berufung auf die deutschen Devisenschwierigkeiten« den Betrag in Schilling und aus Wien erhalten zu wollen (ebd.). Wenn der Verlag den Vertrag trotzdem von Berlin aus ausgestellt habe, so liege die Schuld nicht an ihm, Strobl. Felix Costa erklärte das Schweigen des Verlags mit dem Umstand, daß er Hermann R. Leber gebeten hätte, mit Strobl über die Angelegenheit zu sprechen, was dieser offensichtlich versäumte. 20 Doch Strobl zögerte nicht und ging zu einem Anwalt, und als Leber den Anwalt Mitte Jänner aufsuchte, lehnte Strobl jede weitere Verhandlung mit dem »heimlichen Lektor« ab, »da ja seine Ansprüche auf einer Vereinbarung mit Ihnen [Paul Zsolnay Verlag] beruhen und von Ihnen zu erfüllen« seien.21 Der Anwalt stellte dem Verlag eine Frist zur Überweisung des fälligen Betrags, widrigenfalls Strobl vom Vertrag zu18
Siehe Renner: Österreichische
19
Karl Hans Strobl an den Zsolnay Verlag, 20.12.1934, Ordner Strobl.
20
Costa an Karl Hans Strobl, 22.12.1934, ebd.
21
RA Dr. Alois Blümel an den Zsolnay Verlag, 25.1.1935, ebd.
Schriftsteller,
S. 232-233 und Amann: Der Anschluß,
S. 87.
439
rücktreten und seine Schadensersatzansprüche geltend machen würde. Lebers Argumente wegen der Devisenvorschriften im Reich ließ man nicht gelten. Mittlerweilen war Strobl »über das ewige Hinausziehen der ganzen Angelegenheit« trotz zahlreicher Versprechen des Verlags »aufs äusserste ungehalten«.22 Der Anwalt konnte Strobl aber wegen der »aussergewöhnlichen Schwierigkeiten«, die der Verlag geltend machte, zureden, im Vertragsverhältnis zu bleiben und einer Ratenzahlung zuzustimmen. Kurz nach Erscheinen von Innozenz - Strobl war dabei, eine Vortragsreise nach Deutschland anzutreten - war der Ton zwischen Verlag und Autor versöhnlich. Strobl war »überaus zufrieden« und lobte die äußere Aufmachung des Buches, das er für »ungemein geschmackvoll und ansprechend ausgefallen« hielt. »Sie haben den Stil des Buches auch in seiner äußeren Aufmachung getroffen: es ist beschwingt und heiter und übt schon im Schaufenster auf das Publikum eine überaus freundliche Wirkung aus. Hoffentlich erweist sich diese stark genug, auch zu einem schönen äußeren Erfolg dieses Buches.«23 Im folgenden Monat hatte Strobl erneut Grund, mit dem Verlag in Wien durchaus zufrieden zu sein, denn Zsolnay konnte, dank der Verhandlungen von Dr. Franz Horch, eine Filmoption für Strobls Innozenz vergeben, was eine schöne Summe Geld für alle Beteiligten bedeutete. 24 Wegen seiner häufigen Reisen nach Deutschland konnte der Autor sein Guthaben z.T. verbrauchen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren vier seiner Bücher verfilmt worden, der Roman Madame Blaubart (1915) war gar einmal als Stumm- und einmal als Tonfilm im Kino zu sehen. 25 Die einstige Verstimmung zwischen Autor und Verlag verblaßte im Laufe der Monate, und der Verlag scheint in der Lage gewesen zu sein, Strobl die fälligen Honorare auszuzahlen und Darlehen zu gewähren. Im Frühjahr 1936 lief der Strobl-Film nach dem Zsolnay-Roman Aber Innozenz! u.d.T. »Der schüchterne Casanova« in Berliner Kinos an. Der Verlag kam dem Wunsch des Autors nach, die Filmaufführung publizistisch auszunützen und bot den Roman fast zwei Dutzend Zeitungen zum Abdruck an. Der Roman wurde, was bei den nationalen Autoren höchst selten war, kurz hintereinander zweimal aufgelegt, und im Dezember 1937 entschloß sich der Verlag, ihn in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute« neu herauszugeben. In der Woche nach der NS-Machtübernahme in Österreich erschien das 5.-7.Tsd. (3 800 Ex.) mit neuem Einband und anderem Schutzumschlag zum Preis von RM 2,85. Über den Zwinger-Verlag ließ Strobl bei Zsolnay anfragen, ob 22 23 24
25
RA Dr. Alois Blümel an den Zsolnay Verlag, 1.2.1935, ebd. Karl Hans Strobl an den Verlag, 6.4.1935, ebd. Der ihm zustehende Anteil an dem Filmhonorar wurde ihm auf ein Sonderkonto im Reich gutgeschrieben. Und zwar 1919 als Produktion der Zenit-Film und 1931 u.d.T. »Das Schicksal einer schönen Frau« als deutsch-österreichische Koproduktion, die 1930 in Wien im Atelier Schönbrunn gedreht wurde. Der Roman Der brennende Berg wurde 1919 in Wien verfilmt, die Novelle Die arge Nonne 1920. Weitere Verfilmungen waren Eleagabal Kuperus (Roman, 1913) und Die vier Ehen des Matthias Merenus (Roman, 1914).
440
dieser an einer Übernahme diverser Strobl-Restposten interessiert wäre, Costa lehnte aber ab. Die Verbindung zum Paul Zsolnay Verlag sollte auch nach dem Anschluß für Strobl unangenehme Konsequenzen haben. Am 27. März 1938 publizierte der Schriftsteller Heinrich Zerkaulen einen Artikel über österreichische Dichtung der Gegenwart in der Kölnischen Zeitung unter der Überschrift »Komm nach Deutschland«, in dem Karl Hans Strobl verdächtigt wurde, an der »merkwürdigen Tarnung« (Will Vesper) des »jüdischen« Paul Zsolnay Verlags mitgewirkt zu haben. Das war für einen nationalen Haudegen vom Schlag eines Strobl, der von ca. 80 Buchveröffentlichungen eine einzige bei Zsolnay und den größten Teil bei Staackmann herausgebracht hatte, ein rufschädigender Vorwurf. Nicht nur das: er stimmte auch nicht. Nachdem Strobl den Artikel zugeschickt bekam, wandte er sich sofort an dessen Verfasser, um die Dinge klarzustellen: In der Fassung, die Sie Ihrer Anmerkung über mich gegeben haben, hat es den Anschein, als sei zumindest ein ausschlaggebender Teil meines Werkes bei Zsolnay verlegt. Sogar der von Ihnen namentlich angeführte Roman »Die Flämander von Prag« gerät in diesen Verdacht, obzwar die Neuauflage dieses Buches im Verlag Adam Kraft in Karlsbad erschienen ist, dem man gleichfalls [neben Staackmann] nicht nachsagen kann, daß er nicht volksdeutsch oder sogar nationalsozialistisch eingestellt wäre. 2 6
Wie erwähnt, war Strobl von Hermann R. Leber rekrutiert worden, und nicht nur Strobl war über die Folgen der Beziehung zum Zsolnay Verlag später alles andere als glücklich. Und dies teilte er Zerkaulen zur Selbstverteidigung auch noch mit: Zweitens sind wir alle damals durch den literarischen Manager des Verlages Zsolnay, einen Herrn Dr. Leber, irregeführt worden, der uns einredete, der Verlag Zsolnay werde in Berlin als deutschgeführter Verlag anerkannt und es sei sogar der Wunsch maßgebender Kreise der Reichsschrifttumskammer, daß die österreichischen Dichter den Verlag sozusagen besetzten und die Juden daraus verdrängen. Dieser Falschmeldung sind außer mir und Rainalter auch andere deutsche Dichter, an deren Gesinnung kein Zweifel erlaubt ist, wie Franz Spunda und Jakob Schaffner (dieser sogar mit einer Gesamtausgabe) aufgesessen. Sie werden also verstehen, daß ich von dieser Feststellung, ich hätte dem Verlag Zsolnay bei seiner Tarnung sozusagen geholfen, recht peinlich berührt bin. (ebd.)
Zerkaulen war über die Aufklärung, wie er meinte, »nicht schlecht erschrocken«: »Natürlich habe ich nicht im Traum daran gedacht, Ihnen mit der Nennung des Namens Zsolnay schaden zu wollen.« 27
26
Durchschlag des Briefs von Strobl an Heinrich Zerkaulen, 20.4.1938. Nachlaß Karl Hans Strobl, Okresni archiv ν Jihlave [Bezirksarchiv Iglau],
27
Heinrich Zerkaulen an Strobl, 14.5.1938, ebd.
21.9. Hermann Graedener Auf Empfehlung Hermann R. Lebers übernahm der Zsolnay Verlag nicht wenige »Problemkinder«, Autoren, deren Werke niemand wirklich interessierten. Ein solcher Fall war der bereits erwähnte Hermann Graedener (1878-1956), der ein Musterbeispiel für die Unverkäuflichkeit literarischer Produkte abgibt und zudem von einer ausgesprochen aufdringlichen Anhängergemeinde, schlicht »Graedener-Gemeinde« genannt, umgeben war, die in völliger Verkennung des Marktwerts ihres Schützlings auf ehrenrührige Weise den »jüdischen« Zsolnay Verlag und den »arischen« Karl H. Bischoff Verlag massiv angriff. Graedeners Werke im Zsolnay Verlag sind schnell aufgezählt, genauso die nicht verdienten Verlags Vorschüsse. 1935: Der Esel. Sancho Pansas letztes Abenteuer. (Feldpost-Ausgabe Februar 1943: Aufl. 28 600); 1936: Traum von Blücher, Yorck, Stein. Drei Heldenleben. (Auflage 1 000); Ein Volk geht zu Gott. Das Wort der neuen Wandlungen (Auflage 1 000); 1939: Sickingen. Ein Kampf ins Künftige. Schauspiel (Auflage 1 000). Trotz einer für den Wert des Inhalts mehr als ausreichenden Propagandaentfaltung von Seiten des Verlags blieb dem Autor der Erfolg versagt. Vom Esel konnte man bis Ende 1935 rund 1 100 Exemplare verkaufen, doch sieben Jahre später lagen noch 1 600 ungebunden auf Lager. Vom Traum setzte man im selben Zeitraum 956 Exemplare, vom Volk und Sickingen knapp die Hälfte der Auflage ab. So war Graedeners Lebenswerk von 40 Jahren, die er hauptberuflich der Dichtkunst widmete, nicht sehr groß: die vier bei Zsolnay erschienenen Werke hatten einen Umfang von 751 Druckseiten. Dabei waren die Ausgaben besonders sorgfältig und schön ausgestattet, z.T. mit besserem Material als viele andere Werke. Der Verlag produzierte Sonderprospekte für Graedener und sein Werk, piazierte Börsenblatt-Anzeigen auf der ersten (teuren) Umschlagseite, kaufte dort ganze und doppelte Seiten, um ihn anzupreisen, verschickte Dutzende Rezensionsexemplare, leistete hohe Vorschüsse für neue Werke, die nie abgeliefert wurden. So bekam Graedener schon 1935 RM 2 000 für einen »Frundsberg«-Roman mit der vertraglichen Vereinbarung, das komplette Manuskript nach einem Jahr vorzulegen. Doch fertig wurde Graedener nicht, dafür aber andere Autoren mit demselben Stoff. Dann zahlte Zsolnay RM 1 700 Vorschuß auf den Erzherzog Karl Roman, ohne dafür den Text je zu Gesicht zu bekommen. Der Autor wurde vertragsbrüchig, doch dachte der Verlag nicht daran, gegen ihn irgendwie vorzugehen. So blieb ihm der Verlag wirklich nichts schuldig, sollte man meinen. Die Novelle Der Esel war wohl das einzige Werk Graedeners, das einen breiten Absatz hätte erzielen können, die Schauspiele waren für den Buchhandel ohne Ertrag, für die Verlagsstrategie essentiell war ein großer Roman - den der Autor nicht vorlegte. Durch den offenkundigen Mißerfolg entmutigt, ging Graedener zu seinem Mentor Hermann R. Leber sehr bald auf Distanz. Und es dauerte nicht allzu lang, bevor die Gattin des Autors, Magda Hattingberg-Graedener, sich gegen Ende 1936 442
bei Paul Zsolnay beschwerte. Verwöhnt durch das System der gegenseitigen Lobeshymnen nationaler Autoren in ihnen nahestehenden Blättern, sah man nicht ein, daß der Zsolnay Verlag trotz seiner anerkannt guten Beziehungen zu Zeitungen, wie etwa der Neuen Freien Presse, nicht einfach eine Graedener-Hymne abdrucken lassen konnte wie eine Verlagsanzeige. Zsolnay mußte Frau Graedener darüber aufklären, daß es »nicht von uns abhängt, welche Bücher besprochen werden und in welcher Art diese Besprechung erfolgt. Eine derartige Einmischung würde sich kein Blatt gefallen lassen, überdies müsste sie, da in einem solchen Fall wohl alle Verleger davon Gebrauch machen würden, zu gewiss nicht wünschenswerten Zuständen führen. Das Einzige, was wir machen können, ist, die Zeitungen auf ein Buch, das uns bedeutungsvoll erscheint, aufmerksam zu machen, [,..].« 28 Im Fall von Ein Volk hatte man der Neuen Freien Presse und deren Mitarbeitern das Buch besonders empfohlen. Der Gattin Graedeners paßte weder der Werbetext noch die sonstige Verlagspropaganda. Hier mußte sich Zsolnay nichts vorwerfen lassen, obwohl er Ein Volk gar nicht verlegen wollte. Er hatte, wie er schrieb, Graedener »ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Werk buchhändlerisch weder für ihn noch für uns ein Erfolg sein kann. Wenn wir trotzdem die Herausgabe beschlossen haben, die, wie schon mehrfach erwähnt, gerade in einer wirtschaftlich schweren Zeit an den Idealismus eines Verlages grosse Anforderungen stellt, so haben wir es getan, damit das repräsentative Hermann Graedener-Buch vorliege [...]« (ebd.). Zsolnay umschrieb seine Ablehnung diplomatisch mit dem Hinweis auf »ein so konzessionsloses und unalltägliches Werk«. Er schenkte der Autorengattin reinen Wein ein: Wir haben weder Ihnen, sehr verehrte gnädige Frau, noch dem Dichter gegenüber jemals ein Hehl daraus gemacht, dass in absehbarer Zeit ein buchhändlerischer Erfolg nicht mit der kleinen Erzählung »Der Esel«, die ich besonders liebe, nicht mit dem Tryptichon »Blücher, York, Stein«, dessen Ausstattung zu unserer aufrichtigen Freude den vollen Beifall des Dichters fand, noch auch mit dem repräsentativen Band »Ein Volk geht zu Gott« zu erreichen sein werde. Dass wir uns erst durch den buchhändlerischen Erfolg eines Romans eine günstigere Lage für den Absatz der bisher bei uns erschienenen Bücher Hermann Graedeners erhoffen, haben wir auch dem Dichter wiederholt mitgeteilt, der sich unserer Ansicht durchaus anschloss, (ebd.)
Zsolnay hoffte damit, die Vorwürfe entkräftet zu haben. Er täuschte sich zwar, aber nicht er, sondern sein späterer Nachfolger, Karl H. Bischoff und mit ihm gar der Präsident der RSK, mußten sich mit Graedeners Ehefrau und dem skurrilen Anhängerclub der »Graedener-Gemeinde« herumschlagen. Es bedarf nicht allzuviel Phantasie um sich auszumalen, worauf die Anhänger Graedeners nach der NS-Machtübernahme in Österreich den Mißerfolg ihres Idols zurückführten. Aber zunächst die Vorwürfe jener Gemeinde, deren Tätigkeit sich nach Auffassung Bischoffs, »darin erschöpft, dem Autor Dinge vorzugaukeln und
28
Paul Zsolnay an Magda Graedener, 17.12.1936, Ordner Graedener.
443
ihn mit hysterischem Weihrauch zu umgeben«,29 »darin erschöpft, den Autor mit irrsinnigen Vorstellungen zu umgaukeln und ihn letzten Endes von seiner Arbeit abzuhalten«,30 »darin erschöpft, den Autor [...] in einer Weise zu feiern, wie dies in Amerika bei bestimmten religiösen Sekten der Fall ist und ihn im übrigen in Vorstellungen hineinzudrängen, die nicht nur völliger Irrsinn sind, sondern ihn letzten Endes von jedem Schaffen überhaupt abhalten«31 und die »zu einem grossen Teil aus mehr oder weniger hysterischen männlichen und weiblichen Weibern besteht«.32 Vorwurf 1: geringe finanzielle Leistungen des ehemaligen Zsolnay Verlags an den Autor. Vorwurf 2: fortwährendes Unterlassen jeder wirklich geeigneten Propaganda für den Autor. Vorwurf 3: »Unbegreifliche Verhinderung des Erfolges von Hermann Graedener seitens des ehemaligen Zsolnay-Verlages durch offensichtliche jahrelange Unterdrückung dieses anerkannt nationalen Autors«. Vorwurf 4: erwiesenes Nichtverkaufen und Nichtaufbinden nachweislich vorhandener Exemplare seiner Werke. Vorwurf 5: dauernde Nichterfüllung der Verträge seitens des Zsolnay Verlags. Nach Ansicht der Graedener-Gemeinde im Frühjahr 1942 Vorschüsse waren noch ausständig, ein Roman schon sieben Jahre überfällig - sei der Schaden des Autors »nur schwer abschätzbar gross« und übersteige »um ein Vielfaches die geringen (!) Vorschuss- u. sonstigen Leistungen des Verlages an den Autor«. Die Gemeinde war um eine Teilerklärung für das »ganz empörende Verhalten des ehemaligen Zsolnay-Verlages« keineswegs verlegen. Das Verhalten lasse sich demnach »nur mühsam aus semitischen und freimaurerischen seinerzeitigen Strömungen im Verlag bis zu einem gewissen Grad erklären«. Graedener wolle vom Verlag weg und nur die Rücksicht auf die nationalsozialistische Volksgemeinschaft habe ihn davon abgehalten, zu einem Anwalt zu gehen, um »eine Wiedergutmachung des unerhörten Verhaltens des alten Zsolnay-Verlages zu erlangen«. In seiner oben zitierten Einschätzung der »Graedener-Gemeinde« hatte Bischoff ins Schwarze getroffen, denn die Vorwürfe, die auch ihn persönlich trafen, waren unglaublich realitätsfremd. Und man muß es ihm zugutehalten, daß er dieses Gefasel von »einem etwa freimaurerisch beabsichtigten Einsargen des Autors« einfach nicht gelten ließ, ja den Zsolnay Verlag unter seiner »jüdischen« Leitung in Schutz nahm, obwohl es, so Bischoff, auf den ersten Blick einleuchten könnte, daß der jüdische Verlag früher ein Interesse daran gehabt hätte, das Werk Graedeners abzusperren. In seiner schriftlichen Stellungnahme zu den mehrfach geäußerten Vorwürfen der Graedener-Gemeinde weist Bischoff darauf hin, daß gerade er »kein besonderes Interesse daran haben müsste, Dinge, die von den Vorgängern gemacht wurden, nun nachträglich etwa zu decken oder zu verteidigen. Es muss aber auch hier das richtig bleiben, was richtig ist. Der Vorwurf, den Sie gegen das Unternehmen erheben, ist für einen Verleger so schwer, dass die ganze Angelegenheit
29
Karl H. Bischoff an das RMfVuP, 24.4.1942, ebd.
30
Bischoff, »Stellungnahme zu den Vorwürfen der Graedener-Gemeinde vom 2. April 1942«, ebd.
31
Karl H. Bischoff an das RMfVuP, 2 5 . 4 . 1 9 4 2 , ebd.
32
Karl H. Bischoff an den Präsidenten der RSK, 2 4 . 4 . 1 9 4 2 , ebd.
444
nunmehr der Reichsschrifttumskammer zur Untersuchung vorgelegt werden soll«.33 Bischoff würdigte jede einzelne Maßnahme des »jüdischen« Zsolnay Verlags und meinte, daß die Herausgabe von Ein Volk geht zu Gott »für den Verlag von vornherein ein Risiko war und nur als ein Dienst am Werk eines Dichters aufgefasst werden kann« (ebd.). Der Verlag habe Graedener »ständig Zahlungen geleistet. Der Verlag hat, auch in seiner jüdischen Zeit, auf Erfüllung der Verträge seitens von Herrn Graedener nicht gedrängt«. Schlußfolgerung Bischoffs: »Trotzdem es sich bei den früheren Inhabern um Juden handelt und die antisemitische Einstellung des Unterzeichneten genügend bekannt ist, kann er auch hier keine Gründe feststellen, die zu den schweren Vorwürfen, die Sie ja nicht gegen die früheren Inhaber, sondern gegen das Unternehmen erheben, irgendeine Handhabe geben.« Auch dem Propagandaministerium gegenüber hielt Bischoff dem Zsolnay Verlag die Stange und sparte nicht mit literarkritischen Bemerkungen zum schmalen Werk Graedeners. Er wandte sich sogar direkt an den Präsidenten der RSK mit der Bitte, ein Machtwort zu sprechen, um den endlosen Streit mit der Graedener-Gemeinde zu beenden. Am 22. Mai 1942, nach Würdigung aller vorgelegten Schriftstücke, befand das Ministerium, daß die Vorwürfe der Gemeinde »vollständig unberechtigt« wären, daß die Verlagspropaganda »durchaus angemessen« gewesen wäre und der diesbezügliche Angriff »durchaus vollständig zurückzuweisen« sei. 34 Schließlich legte das Ministerium der Gemeinde nahe, von solchen Vorwürfen an den Verlag in Hinkunft Abstand zu nehmen.
21.10. »Ein deutscher Sherlock Holmes wäre auch mal ganz nett« In einem kürzlich erschienenen Porträt des Verlegers Paul Zsolnay heißt es, daß Paul keines der Bücher seines dichtenden Bruders Fritz - darunter befinden sich Krimis - publiziert hat. Das stimmt, aber die darauffolgende Feststellung ist ein großer Irrtum: »Im Gegenteil: Paul Zsolnay hat - wohl aus brüderlicher Fairneß auch Kriminalromane anderer Autoren ebensowenig verlegt, ja nicht einmal gelesen.«35 Ein Blick auf die Produktion des Zsolnay Verlags belehrt uns eines Besse33 34 35
Karl H. Bischoff an die Graedener-Gemeinde, 24.4.1942, ebd. RMfVuP an die Graedener-Gemeinde, Durchschlag, 22.5.1942, ebd. Hans W. Polak: Paul (von) Zsolnay (1895-1961). In: Neue österreichische Biographie ab 1815. Große Österreicher. Band XXII. Wien-München: Amalthea-Verlag 1987, S. 133-145. Hier S. 134. Unrichtig ist außerdem die Behauptung, Paul Zsolnay hätte »in Selbstbescheidung nie einen schriftstellerischen Versuch« unternommen (S. 133). Noch in der Mittelschule gab er mit Hans Kaltneker die Zeitschrift Das neue Land heraus. Unrichtig ist, daß Zsolnay keine Memoiren schrieb (S. 133). Er begann sie 1939 u.d.T. »Als Verleger ungeeignet«. Unrichtig ist, daß »Alma Mahler-Werfel« die Briefe Gustav Mahlers edierte (S. 136), es handelt sich um Alma Mahler. Unrichtig ist, daß von Werfeis Verdi-Roman »in kürzester Zeit« (S. 134) 60 000 Exemplare verkauft wurden. Das 56.-65.Tsd. wurde vier Jahre nach dem Erscheinen aufgelegt. Unrichtig ist, daß Claude Anet »aus Frankreich« stammte, daß die Freundschaft mit Paul Zsolnay John Galsworthy veranlaßte, eine österreichische Zweigstelle des P.E.N. Clubs in Wien zu
445
ren. Der Paul Zsolnay Verlag verlegte nicht nur anderthalb Dutzend Krimis von Edmund Finke, sondern auch solche von Frank Heller (d.i. Gunnar Serner)36 und Robert von Ehrhart. 37 Finke war, wie es nach eigener Einschätzung und in der Verlagspropaganda heißt, der »Schöpfer des deutschsprachigen literarischen Kriminalromans«. Finke schlug zunächst die Militärlaufbahn ein und wurde erst ab 1926 freier Schriftsteller. Ohne daß ihm die Bewegung ein inneres Anliegen gewesen zu sein scheint - das behauptete er zumindest - trat er im November 1931 der N.S.D.A.P. bei und trat wenige Wochen später wieder aus. Im April 1933 sei er ein zweites Mal beigetreten, da er als Schriftsteller gezwungen worden wäre, Mitglied zu werden. Sonst hätten sich der Verbreitung seiner Bücher in Deutschland alle möglichen Hindernisse in den Weg gestellt.38 Auf österreichische Schriftsteller sei generell Druck ausgeübt worden, der Partei beizutreten. Es muß vom formalen Standpunkt allerdings dazu bemerkt werden, daß Erfahrungswerte diese Argumentation wenig plausibel erscheinen lassen. Anders wäre der Beitritt zum RdS zu bewerten. Die Mitgliedschaft diente Finke, wie auch manchen seiner Zeitgenossen, als erwünschte Fahrkarte zum deutschen Literaturmarkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war in der Regel alles ganz anders, vor allem dann, wenn ein Verfahren wegen illegaler N.S.D.A.P.-Mitgliedschaft oder eine Anklage nach dem Kriegsverbrechergesetz anhängig war, und das war unter den hier besprochenen Autoren selten genug. Noch rarer waren öffentliche selbstkritische Abrechnungen mit der eigenen (Partei-) Vergangenheit. Wenn es ein solches literarisches Genre in Österreich gab, so blieb es jedenfalls gut versteckt. Geschah dies, war die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Derartige Abrechnungen konnte man bestenfalls in Rechtfertigungsschreiben an die Provisorische Staatsregierung, den Bundespräsidenten, der Amnestien aussprechen konnte, oder eine sog. »Einspruchskommission« lesen. Die »Bestrafung«, die auch nicht verniedlicht werden darf, beschränkte sich meist auf ein vorübergehendes Verbot der Schriften, ein temporäres Berufsverbot, das mit Einkommensverlust verbunden war, fallweise auf Untersuchungshaft und eine kurzfristige Brüskierung durch die Zunft. Was die
gründen, daß Eduard Stuckens Die weißen Götter »auf Anhieb eine Auflage von 70.000« erreichte (S. 136), daß Paul Zsolnay und Anna Mahler »in Italien« heirateten (S. 137) - es war in Paris
daß die Schweizer Tochtergesellschaft (gemeint ist die Bibliothek zeitgenössischer
Werke) »nach 1933« gegründet wurde (es war Herbst 1929) usw. 36
Die Debatte um Atlantis. Atlantis Untergang. Kriminalroman.
Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bi-
schoff Verlag 1944 [1945], 37
Robert von Ehrhart (1870-1956): Gernot bedankt sich nicht. Ein Kriminalroman terwelt.
Verlag 1948; Mädchen
auf der Insel. Kriminalroman.
Verlag 1944; Herr Krusius mahnt. Kriminalroman. 38
aus der Thea-
Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff Verlag 1943; 2. Aufl., Wien: Paul Zsolnay Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff
Wien: Paul Zsolnay Verlag 1946.
Brief Finkes vom 22. Juni 1945 an die Untersuchungsbehörde. Landesgericht für Strafsachen Wien. Strafsache gegen Edmund Finke. Vg 1 Vr 106/53 Hv 26/53, früher: Vg 11 d Vr 107/46; Hv 871/47.
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formale (d.h. im Gegensatz zu einer »aktiven«) Mitgliedschaft betrifft, so bildete Edmund Finke insofern eine Ausnahme, als er nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs zwar wie jeder andere um Nachsicht von der NS-Registrierung ansuchte (dies wurde abgelehnt), doch wenigstens zugab, mit der Partei überhaupt etwas zu tun gehabt zu haben. Denn für andere Autoren war die Aufdeckung der Mitgliedschaft so etwas wie die reinste Mystifikation. Sie taten so, als ob die Mitgliedschaft irgendwann einmal als Postwurfsendung ins Haus geflogen wäre oder gar ein Dritter ohne sein Wissen die Mitgliedschaft erwirkt hätte. Merkte man sich die Mitgliedsnummer bis April 1945 wie den eigenen Geburtstag, so vermochte man nach dem April 1945 häufig nur mehr extrem vage und ungenaue Angaben zu machen. Daß das Gericht 1945 auf eine solche Nebenfigur der österreichischen Literaturszene wie Edmund Finke aufmerksam wurde, ist auf eine Denunziation durch einen Funktionär der Österreichischen Freiheitsbewegung Anfang Juni 1945 zurückzuführen. Gepflogene Erhebungen führten Ende Dezember zur Anzeige gegen den Autor wegen Verdachts der Kriegshetzerei. Am 22. Jänner 1946 wurde Haftbefehl erlassen und fünf Tage später wurde Finke in das Gefangenenhaus Wien eingeliefert. Er blieb in U-Haft bis 3. Mai 1946, worauf er mit Rücksicht auf seine Gesundheit gegen Gelöbnis auf freien Fuß gesetzt wurde. Es dauerte geraume Zeit, bis gegen Finke im Zuge eines Volksgerichtsverfahrens nach dem Verbotsgesetz (VG) und dem Kriegsverbrechergesetz (KVG) Anklage erhoben wurde. Die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft im Mai 1947: das Verbrechen des Hochverrats nach § 10 Abs. 1 und 11 VG 1947 auf Grund der formalen N.S.D.A.P.-Mitgliedschaft zwischen 1.7.1933 und 13.3.1938 und der Anerkennung als »Alter Kämpfer« (erkennbar durch die Parteinummer 614 597) sowie das Verbrechen der Kriegshetzerei nach § 2 KVG (es wurde ihm ein angeblich belastender Artikel im Völkischen Beobachter vom 30.1.1945 vorgehalten). 39 Zu seiner Verteidigung gab Finke freilich nur das zu, was nicht leicht abzustreiten war, also die Mitgliedschaft und die zeitweise Zahlung von Mitgliedsbeiträgen, bestritt aber als Mitarbeiter bei der illegalen In- und Auslandskorrespondenz aktiv gewesen zu sein. Der vom Staatsanwalt herangezogene »Gauakt« Finkes (37 295) belegte jedoch auch dies. Dennoch beharrte Finke bei seiner Einvernahme auf diese Version. Schulungsbriefe oder Schimpfartikel hätte er nie verfaßt: »Ich würde etwas derartiges gar nicht mit meinem Rang als Schriftsteller zu vereinbaren angesehen haben.« 40 Eine Verbeugung vor dem Nationalsozialismus in seinem Lyrikband Die Schale des 39
40
Ebd. Teile des Aktenmaterials befinden sich im Nachlaß von Edmund Finke. Der Witwe von Edmund Finke, Frau Therese Finke, bin ich für die Möglichkeit, in den Nachlaß ihres Mannes Einsicht zu nehmen, zu Dank verpflichtet. Seit dem Frühjahr 1992 wird der Nachlaß im Österr. Staatsarchiv, Abt. Kriegsarchiv, in Wien verwahrt. Edmund Finke, Verteidigungsschrift gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien vom 5. Mai 1947. Nachlaß Finke. Finkes Ansuchen vom 9.7.1945 an die Provisorische Staatsregierung der Republik Österreich um Nachsicht der Registrierung als Nationalsozialist befindet sich sowohl im Nachlaß als auch im WrStLa, JG Fasz. 1522, Melde-Nr. 401.
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Brunnens (Paul Zsolnay Verlag, 1938) leugnete er allerdings nicht. Die Abneigung Paul Zsolnays, dieses Werk zu verlegen, wird umso verständlicher, wenn man die Gedichte näher ansieht. So lautet die letzte Strophe des ersten Gedichts »Karytiden einer Uhr« (S. 9): Doch einer wird kommen, der wird ihre Not begreifen, wird aufbaun die Erde, die Ordnung, das Neue Reich, und wird sie rufen, zu wachen, zu wachsen, zu reifen; sein
Weg, s e i n
Wille, s e i n
Opfer macht Alle gleich.
Dem steht eine zweite Probe in nichts nach. »Stunde der Besinnung (1934)« (S. 36f.) schließt mit folgenden vordergründigen Gedanken: Es tut not, zum Dritten Reich zu stehen, es tut not: Gehorsam, Würde, Mut, Treue halten, mit dem Führer gehen jede Pflicht, zu der du ausersehen, jede Tat in seinem Dienst ist gut. 4 1
Auf die Zeugnisse in seinem Gauakt angesprochen, gab Finke Einblick in das System von Lob und Tadel in der NS-Zeit: Die Beurteilung der Pg's von Seiten höherer Parteistellen erfolgte dermaßen willkürlich, daß man nie wußte, ob einem ein Gönner genützt oder ein Neider geschadet hatte. [ . . . ] Sicherlich hat die NSDAP Wert auf die Mitgliedschaft von Schriftstellern meines Ranges und Namens gelegt, aber einen andern Dienst als eben den der Mitgliedschaft habe ich der NSDAP bestimmt nicht geleistet. Ob der Leiter einer Kartothek gute oder schlechte Eintragungen in mein Mitgliedsblatt machte, war mir gleichgültig, ich konnte es nicht verhindern und ich trage dafür auch nicht die geringste Verantwortung. Wer weiß, wie in der NSDAP Personalpolitik betrieben wurde, dem wird auch erinnerlich sein, daß Lob und Tadel nicht auf Grund von guten oder schlechten Leistungen zustande kamen sondern auf der Basis von persönlichen Sympathien oder Antipathien. 42
Sein Beruf, meinte Finke, sprach für seine Untadeligkeit: »Ich war mehr oder weniger der einzige Kriminalschriftsteller von Bedeutung hier in Wien und stand deshalb auch kaum jemandem im Wege.« (ebd.) Wie fast jeder, der ein VG-Verfahren bekam, wußte auch Finke von Widerstand, Schutz von Juden und »Wickeln« mit der Partei zu erzählen. Der erste Termin für die Hauptverhandlung (13. Oktober 1947) platzte, weil Finke im Krankenhaus lag. In regelmäßigen Abständen bis zum Herbst 1952 wurden amts- und gerichtsärztliche Untersuchungen vorgenommen, die ihn »schwerkrank«, verhandlungs- und haftunfähig befanden. Einem Ansuchen des Autors vom Oktober 1952 an den Bundespräsidenten um gnadenweise Nieder41
Ähnliche Beispiele liefern die Gedichte »Die Folterkrone des Bolschewismus« (S. 50) und »Torso eines Offiziers« (S. 70f.).
42
Akt im Nachlaß Edmund Finke, Wien.
448
schlagung des Strafverfahrens wurde entsprochen: mit Entschließung vom 27. April 1953 wurde das Strafverfahren eingestellt. Das Volksgericht lehnte eine Haftentschädigung ab, weil »der auf ihm ruhende Verdacht in keiner Weise entkräftet« erscheine.43 Im Zeitalter der fast unbegrenzten Fotokopiermöglichkeiten und des einfachen Zugangs zu Bibliotheksbeständen mutet es heute ausgesprochen kurios an, daß die Beschaffung von inkriminiertem Material, das ja den Angeklagten überführen sollte, dem Gericht vor ungeahnte logistische Probleme stellte. Man betrachte auch den Fall Finke, wo es dem Gericht fast unüberwindliche Schwierigkeiten bereitete, des inkriminierten Artikels »Von der Wiederholung« im Völkischen Beobachter vom 30.1.1945, habhaft zu werden! Die Schrifttumspolitik der Nazis hatte auf das Werk Finkes eine unmittelbare, eher skurrile Wirkung, über die noch zu sprechen sein wird. Auch dieser KrimiAutor, der sich in populärwissenschaftlichen Beiträgen mit dem Genre befaßte, kam 1934 über Vermittlung von Hermann R. Leber zum Zsolnay Verlag, und der heimliche Lektor Leber führte alle Vertragsverhandlungen.44 Auf Wunsch des Verlags wurde der Vertrag für das erste Werk mit der deutschen Niederlassung abgeschlossen. Der Verlag bekundete sein Interesse an Finke, indem er im November 1934 eine Erstvorlageverpflichtung vereinbarte. Doch der Abschluß mit dem Berliner Haus wurde bei Major Finke genauso wie bei Karl Hans Strobl zum Bumerang. Wegen des schwierigen Devisentransfers war es so gut wie unmöglich, den Autoren in Wien auch noch so kleine Schillingbeträge zur Verfügung zu stellen: »Wir sind so ausserordentlich knapp in Schilling, dass wir trotz aller Bemühungen Ihre dringliche Bitte einfach nicht erfüllen konnten«, teilte Felix Costa dem Autor im Dezember 1934 mit.45 Finke debütierte mit dem Kriminalroman Der Mörder verliert den Robber, und bis 1943 folgten 14 weitere Werke dieses Genres sowie im Juli 1938 ein von der Verlagsleitung jahrelang abgelehnter Gedichtband u.d.T. Die Schale des Brunnens (Auflage 500). Es handelt sich im einzelnen um folgende Titel mit Angabe des Erscheinungsjahrs und des höchsten Auflagenstands: Der Mörder verliert den Robber, 1935; 20.Tsd. Chapman & Cole wird ausgerottet, Die Hamadryade,
1936; 20.Tsd.
1937; lO.Tsd.
Das Geheimnis des schreitenden Apollon,
1938; 20.Tsd.
Schwarzes Segelschiff auf rotem Grund, 1938; 25.Tsd.
43 44
Volksgericht Wien, 5.6.1953. Im Akt Vg 1 Vr 106/53 Hv 26/53. Edmund Finke: Über den Kriminalroman. In: Das deutsche
Wort,
S. 419-423; Über den Kriminalroman. In: Salzburger Nachrichten, In: Wiener Tageszeitung,
12. Jg., H. 7, 5.4.1936,
6.8.1949; Über mich selbst.
25.5.1950. Alle diese Texte befinden sich im vom Verf. eingesehenen
Nachlaß Finkes. Der Autor starb 1968. 45
Costa an Finke, 7.12.1934, Nachlaß Finke. Korrespondenz im Verlagsarchiv mit dem Autor vor Mitte 1941 ist verschollen.
449
Das letzte Mittel, 1939; 20.Tsd. Das unlösbare Rätsel, 1939; 20.Tsd. Der Weg aus der Hölle, 1940; 20.Tsd. Der Tod vordem Spiegel, 1940; 35.Tsd. Die Teufelsschlüssel, 1940; 31.Tsd. Das dreifache Angesicht, 1941; 30.Tsd. Zehn einwandfreie Alibis, 1941/1943; 25.Tsd. Die Fürstin Seravallo, 1942; 22.Tsd. Das verborgene Motiv, 1943; 9.Tsd. Pitaval. Band 1, o.J.; 5.Tsd.
Vertragsgemäß hatte die erste Auflage, zumindest bis 1940, eine Höhe von jeweils 5 000 Stück. Finke war also überaus produktiv: vor dem »Anschluß« kamen bei Zsolnay vier Werke heraus, der Rest bis 1943 - entweder mit Impressum Paul Zsolnay Verlag oder Karl H. Bischoff Verlag. Die Gesamtauflage seiner Werke in deutscher Sprache, durch Wehrmacht- und Feldpostausgaben kräftig unterstützt, betrug bis Kriegsende stattliche 324 000 Bände. Der Krieg und der Einsatz von Krimis als Frontlektüre kamen dem Autor durchaus zugute. Dabei ist die große Anzahl von Übersetzungen - und hier war die Nachfrage nach italienischen und tschechischen Ausgaben besonders stark und kaum zu befriedigen - noch gar nicht miteingerechnet. Mit einer Ausnahme - die erst im Oktober 1943 erschienene »Kriminalgeschichte« Das verborgene Motiv - erreichten die Finke-Krimis Auflagen von mindestens 20 000. Das Honorar für den Autor blieb gleich, und zwar bei 10%, nur die Garantiezahlungen stiegen. In den 30er Jahren galt der Kriminalroman im Bereich Unterhaltungsliteratur unter den Kritikern mal als »Schmutz und Schund«, mal als »minderwertig«, ein Ruf, den Finke, bezogen auf den deutschsprachigen Krimi, als verdient betrachtete. Dazu schrieb er 1936: Besonders der deutsche Kriminalroman liegt im argen. Unter zehn Kriminalromanen deutscher Autoren sind acht so töricht, daß man das Buch möglichst rasch wieder aus der Hand legt. Es erübrigt sich, die Namen jener Verleger zu nennen, die derartigen Unsinn herausbringen. Sie haben den Ruf des deutschen Kriminalromans vernichtet und ihnen ist es zu danken, wenn heute in Buchhandlungen und Leihbibliotheken nur englische und amerikanische Kriminalromane [...] verlangt werden. 46
Dagegen versuchte er auch aufzutreten. Ob ihm dies auch gelang, soll hier nicht beurteilt werden. In einer sehr kursorischen Behandlung des Wiener Kriminalromans vertritt Martin Pollack die Meinung, die Wiener Krimis von Edmund Finke wären »in ihrer Tendenz offen faschistisch«!, obwohl er dies lediglich an einem einzigen Roman aus dem Jahr 1941 festmacht.47 Zum Repertoire Finkes zählten 46 47
Über den Kriminalroman. In: Das deutsche Wort, 12. Jg., Heft 7, 5.4.1936, S. 419. Martin Pollack: Wiener Kriminalromane im Dienst des Faschismus. In: Armin Arnold (Hrsg.): Sherlock Holmes auf der Hintertreppe. Aufsätze zur Kriminalliteratur. Bonn: Bouvier 1981,
450
das Londoner Milieu, Scotland Yard usw. und hiezu passende Eigennamen der handelnden Personen. Solang er dies durfte - und für seine Krimis hat er immer umfangreiche Recherchen angestellt - war England der bevorzugte Schauplatz seiner Romane. Ohne erkennbaren äußeren Zwang fragte Finke im Sommer 1936 beim Verlag an, ob dieser etwas dagegen einzuwenden hätte, wenn sein übernächster Kriminalroman, nach Der Mörder verliert den Robber, Chapman & Cole wird ausgerottet sowie Die Hamadryade, »nicht mehr in London spielen und Harry Lytton Paine zum Helden haben soll«.48 Dazu Paul Zsolnay: Selbstverständlich überlassen wir es ganz Ihnen, welchen Schauplatz und welches Milieu Sie wählen, und sind mit den Vorschlägen, die Sie uns machen, gerne einverstanden. Wir sind auch gerne bereit, Ihnen ein Werk über Variete-Zauberei zu beschaffen, doch können wir auf Grund Ihrer wenigen Angaben unmöglich das Werk herausfinden, das Sie brauchen und haben wollen. Wir bitten Sie daher, sich vielleicht einschlägige Werke anzusehen und uns dann genau Titel, Autor und Verlag anzugeben, (ebd.)
Doch sollte der Roman Das letzte Mittel (erschienen im September 1939), u.a. wegen des Kriegsausbruchs der letzte der Scotland-Yard-Reihe sein. 49 Unter diesem Umstand konnten die bereits erschienenen Kriminalromane für Übersetzungszwecke kaum verwertet werden. Das Propagandaministerium in Berlin verweigerte ganz einfach die Genehmigung zum Abschluß mit einem ausländischen Verlag. Zum Schluß - 1941 - durften die Übersetzungsrechte an nur drei Finke-Romanen ins Ausland verkauft werden. In der Verlagswerbung sparte man keinesfalls mit Lob für den Autor: »Setzen Sie sich ein für den Meister des guten deutschen Kriminalromans!«, »Deutsche Kriminalromane, die etwas taugen, sind selten, allein es gibt Edmund Finke (schreibt »Die Dame«, Berlin)«,50 »Edmund Finke der Name ist bereits zum Begriff geworden, zum Begriff des g u t e n deutschen Kriminalromanes«. 51 Zudem produzierte der Verlag einen hübsch gestalteten Faltprospekt unter dem Motto »Edmund Finke die guten Kriminal-Romane«. 1939 flammte die alle Jahre wieder geführte Diskussion über die Inflation an ausländischen Büchern und über den Wert und Unwert diverser Unterhaltungsliteratur auf. 52 So wurde in einer Rede vor den deutschen Buchhändlern bei
48 49
50 51 52
S. 128-135. Hier S. 128. Ohne solche Tendenzen in Abrede stellen zu wollen, scheint die Textbasis für eine solche Behauptung - Pollack nennt in diesem Zusammenhang nur den Roman Der Tod vor dem Spiegel (1940) - zu eng, um ein solches Pauschalurteil abgeben zu können. Paul Zsolnay an Finke, 6.7.1936, Nachlaß Finke. In diesem Roman stürzt eine Kette unheimlicher Vorfalle London in Beunruhigung und Unsicherheit, und die besten Kreise der Londoner Gesellschaft scheinen in den Kriminalfall verwikkelt zu sein. Vgl. Börsenblatt, Nr. 202, 31.8.1939, S. 4605. Börsenblatt, Nr. 202, 31.8.1939, S. 4604. Umschlagttext Chapman & Cole wird ausgerottet. Verwiesen wird auf Aufsätze von Friedhelm Kaiser: Das deutsche Schrifttum und die Übersetzungsflut. In: Nationalsozialistische Bibliographie 4 (1939), Heft 3/4, S. 99-105 und Paul Hö-
451
der Kantate in Leipzig im Mai 1939 mitgeteilt, daß »die Kriminal-, Detektiv-, Wildwest-, Abenteuer- und süßlich-verlogenen Frauenromane in fünf Jahren eine Auflage von 60 Millionen Stück erreicht« hätten. Dies wirke, so der Verfasser, »überraschend und überzeugend für den Willen der Staatsführung, auch hier eine Einschränkung wirksam werden zu lassen;« Nachsatz: »Es versteht sich von selbst, daß der spannende Kriminalroman als solcher nicht ausgerottet werden soll.«53 Aber schon Monate davor waren zumindest in der Diskussion die Weichen für die von staatswegen zu verordnende inhaltliche Änderung des deutschen Krimis gestellt. Hier kreuzte sich Minderwertigkeitskomplex mit Geltungsdrang. Ausgehend von der spezifisch englischen Existenz eines Sherlock Holmes fragte man sich, wieso eigentlich deutsche Detektive anscheinend »weniger tüchtig« seien: »Denn warum wohl sollten sonst selbst die deutschen Kriminalschriftsteller stets 'Scotland Yard' und niemals schlicht und einfach die deutsche Kripo bemühen? Warum ist ein Meisterdetektiv namens Franz undenkbarer und weniger wirkungsvoll als einer, der auf den Namen Jenkins, Billy oder Jim hört? [...] Ein deutscher Sherlock Holmes wäre auch mal ganz nett!«54 Ähnliche Töne schlug just zu dieser Zeit auch das neue offizielle Organ des Deutschen Leihbuchhandels, das Großdeutsche Leihbüchereiblatt, das angesichts des Anschwellens der Übersetzungsliteratur in zahllosen Artikeln und Kommentaren vor allem zum Thema Kriminalroman Stellung nahm.55 So wurde argumentiert, daß »unsere Muttersprache [...] in vielen dieser Erzeugnisse auf jeder Seite vergewaltigt« werde und moniert, daß deutsche Schriftsteller sich zu sehr an das angelsächsische Schrifttum dieser Art anlehnen würden. Solche Kriminalität wie in den U.S.A. oder England gebe es im Deutschen Reich selbstredend nicht, aber die Autoren könnten trotzdem »durch ihre aufklärende Wirkung die schwere und verantwortungsvolle Arbeit unserer Sicherheitsorgane wirksam unterstützen«.56 Nach längerer Analyse wurden die englischen Krimis und mit ihnen die deutschen gar als verkappte Ideologieträger entlarvt: »Das deutsche Kriminal- und Abenteuerschrifttum ist nach wie vor ein Hort der Verherrlichung englivel:
Das
Übersetzungsschrifttum - politisch
gesehen.
In: Zeitschrift
für
Politik
(Berlin)
29 (1939), S. 534-546. 53
Deutsche Buchbilanz. In: Bücherkunde,
54
-ero-: Über den Kriminalroman. In: Bücherkunde,
6. Jg., Heft 6, Juni 1939, S. 321-322. Hier S. 322. 6. Jg., Heft 3, März 1939, S. 154-155. Hier
S. 154. Vgl. dazu Sebastian Losch: Klare Haltung! In: Großdeutsches
Leihbüchereiblatt
1
(1939), S. 209: >Wir verbitten uns von jetzt ab überhaupt jedes Schrifttum, das indirekt oder direkt englisches Wesen, englische Lebensart, englische Einrichtung kopiert und propagiert, wir wollen auch keine englischen Namen mehr, weder als Pseudonym, für den Autor noch als Helden!
Wenn
schon
Kriminalroman! - so
haben
wir
eine eigene
Polizei,
einen
eigenen
'Alexanderplatz', und es dürfte zur Genüge bekannt sein, daß sie ebenso gut, ja sogar noch besser funktioniert als die von Scotland Yard!« 55
Für den Hinweis auf diese Publikation bin ich Herrn Dr. Raimund Kast, Dornstadt, zu Dank verpflichtet.
56
Edgar Diehl: Eine Lanze für den Kriminalroman. In: Großdeutsches lungsblatt der Reichsschrifttumskammer
Gruppe Buchhandel
Leihbüchereiblatt.
hat in vielen Besprechungen die Romane Finkes sehr positiv rezensiert.
452
Mittei-
1 (1939), S. 23f. Hier S. 24. Diehl
scher Einrichtungen und Institutionen, ein Reklamearsenal für Scotland Yard (sie!) und seine 'Inspektoren', eine Propagandamaschinerie für England schlechthin, wie es sich Großbritannien nicht besser wünschen kann.«57 Daß England die Romane Conan Doyles als teuflische Geheimwaffe gegen den Nationalsozialismus einsetzte, ist eine einigermaßen kühne These. Doch war der Raum »für ein gesundes deutsches (im wahrsten Sinne!) Abenteuer- und Kriminalschrifttum« frei, (ebd.) Aber ein noch besseres Argument gegen die Übersetzungsliteratur hatte man parat: Geld; »Jede ausgeliehene und verkaufte Übersetzung bedeutet Honorar für den englischen Autor und den englischen Verleger, bedeutet Steuern für das Empire, bedeutet Waffen und Munition gegen Deutschland!« (ebd.) Das Propagandaministerium wußte hier Abhilfe zu schaffen: weg mit dem Detektiv mit englischem Namen, weg mit dem Londoner Milieu. Finke machte auch mit, der Leser wird aber nicht gewußt haben, warum. Der im Februar 1940 erschienene Roman Der Weg aus der Hölle ( »endlich wieder ein neuer Edmund Finke«, so die Verlagswerbung) spielte nun in verschiedenen Hauptstädten Europas. Wörtlich: »Zum ersten Mal hat Finke in diesem Buch den englischen Boden verlassen und die Handlung ganz in kontinentale Hauptstädte verlegt.«58 Die Umstellung ging einer Schrecksekunde für Autor und Verlag voraus, denn, wie Erich Landgrebe dem Propagandaministerium am 27. September 1939 mitteilte, hatte der Verlag bereits seit einiger Zeit von verschiedenen Buchhandlungen die Bestände von Edmund Finkes Kriminalromanen zurückbekommen. Dies unter Hinweis darauf, daß diese Firmen ein Rundschreiben der Fa. Wilhelm Goldmann Verlag, Leipzig, erhalten hätten. In dieser Mitteilung hieß es: Auf Grund einer Anweisung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda muss ich Ihnen mitteilen, dass Kriminal-Romane, Abenteuer- und Wildwest-Schrifttum innerhalb Grossdeutschlands nur noch bis einschliesslich den 25. September 1939 verkauft werden kann. Etwa dann noch vorhandene Bestände unterliegen der Gefahr polizeilicher Beschlagnahme. 59
In dieser apodiktischen Form bestand die Weisung natürlich nicht, aber auch den Sortimentern ging es an den Kragen. 60 Landgrebe vermutete, daß es sich nur um 57 58
59
60
Sebastian Losch: Klare Haltung! In: Großdeutsches Leihbüchereiblatt 1 (1939), S. 209-210. Börsenblatt, Nr. 42, 19.2.1940, S. 752. In einem Entlastungsschreiben an das Gericht vom 7.2.1946 schrieb die spätere Ehefrau Finkes, Therese Rouboud: »Finke ist Kriminalschriftsteller, man hat ihn gezwungen den Schauplatz seiner Handlungen von Scotland-Yard nach Berlin oder Wien zu verlegen, man wollte von ihm nationalsozialistisches Hornblasen [...].« Zitiert nach dem Brief Landgrebe an das RMfVuP, z.H. Pg. Gruber, 27.9.1939 (Durchschlag im Nachlaß Finke). Es handelt sich in diesem Fall vermutlich um die große Säuberungsaktion gegen die Jugendliteratur im September 1939, von der bei Strothmann (Nationalsozialistische Literaturpolitik, S. 192) die Rede ist. Es wurden, so Strothmann, 600 Buchtitel und 14 Buchreihen als »jugendgefährdend« verboten. »Der Vertrieb von Kriminal-, Wildwest- und Abenteuerschrifttum. Der deutsche Leser ist nicht gewillt, sich mit Veröffentlichungen zu beschäftigen, mit denen englisches Wesen und englische Lebenshaltung verherrlicht werden. Die Sortimenter werden in den nächsten Tagen Aufforde453
Übersetzungen bzw. um die gewissen 80 Rpf Kriminal-Romane handeln könnte und daß die Anordnung des Propagandaministeriums sich nicht auf Finke beziehe. Er bat Gruber um eine offizielle Bestätigung, daß es sich somit nicht um ein Verbot der Schriften Finkes handele, »damit wir die Position dieses Autors in einem Rundschreiben oder in einer Börsenblatt-Anzeige wieder sichern können« (ebd.). Landgrebe bekam kurz darauf die telephonische Mitteilung, daß Finkes Bücher »nicht unter das Verbot von Kriminal-Literatur« fielen. 61 »Das Propaganda-Ministerium hat jedoch darauf hingewiesen, Sie mögen sich in Zukunft deutscher Stoffe bedienen.« (ebd.) Das tat Finke auch, wie die schon zitierte Verlagsannonce zeigt. Sowohl Finke als auch der Verlag scheinen über die Aktion Goebbels' zur Förderung einer Kriminalliteratur, die den deutschen Polizisten in den Mittelpunkt stelle, informiert gewesen zu sein. Es wurden nämlich »von der Goebbelsabteilung zusammen mit dem Reichskriminalamt Besichtigungen für Schriftsteller in Gefängnissen veranstaltet und ihnen Aktenmaterial zur Verfügung gestellt«.62 Darauf nämlich spielte folgende Passage in Landgrebes Brief an Finke an: Wir hoffen, dass dies [deutsche Stoffe] für Ihr nächstes Manuskript schon möglich sein wird, obwohl augenblicklich nicht die Zeit dazu sein dürfte, um in der deutschen Kriminal-Polizei, wie von uns besprochen, einen Monat lang zwecks Information mitzuarbeiten. 63
Das war aber nicht die Lösung aller Probleme für Verlag und Autor. Die rege Nachfrage aus dem Ausland nach den Übersetzungsrechten an den Werken Finkes machte eine umfangreiche Korrespondenz mit dem zuständigen Propagandaministerium erforderlich. Denn bei der Vergabe von Verlagsrechten an das Ausland mußte ja im Sinne der Amtlichen Bekanntmachung Nr. 127 vom 21. Mai 1938 und der Anordnung des Präsidenten der RSK vom 10. Juni 1938 um Genehmigung angesucht werden. Es war untersagt, dem Interessenten im Ausland hievon Mitteilung zu machen. Finke hat sich streng an die Weisung gehalten: Der Tod vor dem Spiegel (August 1940) spielte im Wiener Prater, Der Weg aus der Hölle in mehreren Hauptstädten Europas, Die Teufelsschlüssel (Oktober 1940) in einem Berliner Vorstadtviertel, Zehn einwandfreie Alibis (Dezember 1941) in der Wiener Vorstadt und
61 62 63
rungen von den Verlegern von Kriminal-, Wildwest- und Abenteuerromanen erhalten, b e s t i m m t e Werke zurückzusenden. Dieser Aufforderung muß umgehend Folge geleistet werden. Da der Vertrieb solcher Bücher nicht zu den kulturpolitischen Aufgaben des Sortimenters zählt, darauf mit Recht angenommen werden, daß der Sortimentsbuchhandel derartige Werke nur in Ausnahmefällen geführt hat.« In: Vertrauliche Mitteilungen für die Fachgruppe Sortiment. Hrsg. von der RSK. Abteilung III (Gruppe Buchhandel), Nr. 11, 6.10.1939, S. 2. Landgrebe an Major Edmund Finke, 27.9.1939, Nachlaß Finke. Strothmann: Nationalsozialistische Literaturpolitik, S. 192. Landgrebe an Major Edmund Finke, 27.9.1939, Nachlaß Finke. Strothmann (S. 192) schreibt, daß in erster Linie Romane verboten wurden, die den Scotland Yard und den Secret Service behandelten.
454
Das dreifache Angesicht (November 1941) in Wien. Nur: was sollte nachträglich mit den früher erschienenen Werken geschehen? Namen und Schauplätze »einfach« umbenennen? Groß war die Enttäuschung Finkes, als er im Juli 1941 erfahren mußte, daß die Kulturabteilung des Ministerratspräsidiums in Prag die Herausgabe einer tschechischen Ausgabe seines Buchs Das letzte Mittel nicht bewilligen wollte. Er wandte sich an das Amt in Prag und stellte sich als »einer der bekanntesten Kriminalschriftsteller Deutschlands« vor. 64 Als solcher sei er »bemüht, dem deutschen Kriminalroman die selbe Weltgeltung zu verschaffen, wie ihn einst der englisch-amerikanische eingenommen hat. Dies war von Anfang an mein redliches Bemühen und ich glaube auch, mein Ziel so ziemlich erreicht zu haben. [...] Mein Wille war und bleibt stets darauf gerichtet, dem deutschen Kriminalroman einen unangreifbaren Rang im Schrifttum Europas und der Weltliteratur zu erobern und zu sichern«, (ebd.) Er plauderte weiter aus der Schule: Zu Beginn meines Unternehmens bediente ich mich, um leichter Eingang in die Kriminalliteratur zu finden, des damals obligaten Milieus von Scotland Yard. Aus dieser Zeit stammt auch »Das letzte Mittel«. In den letzten Jahren schreibe ich ausschließlich deutsche Kriminalromane, über die sich das Propagandaministerium in Berlin, wie mir von meinem Verlag mitgeteilt wurde, stets anerkennend äußerte und deren Herausgabe es auch immer wieder gefördert hat, denn ich habe die Romane nicht als gewöhnliche Unterhaltungslektüre aufgefaßt, sondern war bemüht, sie in Form, Inhalt, Stil und Geist in den Rahmen der großen Literatur einzufügen, (ebd.)
Die Abteilung in Prag möge das Werk Das letzte Mittel »doch gütigst bewilligen«, denn es sei »das letzte der Scotland Yard-Reihe. Alle andern spielen in deutschem Milieu und sollen eine neue Reihe in der tschechischen Übersetzung bilden.« (ebd.) Die Behörde in Prag dürfte bei ihrer Ablehnung geblieben sein. Ein italienischer Verlag in Mailand hoffte, im Juni 1941 Finkes Roman Schwarzes Segelschiff auf rotem Grund herauszubringen. Das RMfVuP teilte dem Zsolnay Verlag jedoch mit, daß, auf Grund der »dargestellten englischen Umwelt [...] für die Dauer des Krieges das Erscheinen von fremdsprachigen Übersetzungen der Schrift nicht angebracht« sei. 65 Daß die englische Umwelt die italienischen Leser faszinierte, beeindruckte das Ministerium wenig. Daher machte sich der italienische Verlag in einem Schreiben an das RMfVuP in Berlin erbötig, in der Übersetzung entsprechende Umarbeiten vorzunehmen, mit einem Wort, den Text zu germanisieren, doch blieb das Ministerium hart: es ließen sich, wurde mitgeteilt, unter den Werken Finkes zweifellos andere vorschlagen, »gegen die ähnliche Bedenken nicht geltend zu machen« seien: »Es besteht keine Veranlassung, dem italienischen Publikumsgeschmack bezüglich des Kriminalschrifttums Zugeständnisse zu machen. Besonders im Hinblick auf die Verbreitung des deutschen Schrifttums im Ausland ist darauf zu achten, daß nur politisch völlig unbedenkliches Schrifttum im befreun64
Major Edmund Finke an die Kulturabteilung des Ministerratspräsidiums, Prag II, 11.7.1941, Ordner Finke.
65
RMfVuP, Dr. Thielke, an Paul Zsolnay Verlag, 14.7.1941, ebd.
455
deten Ausland Verbreitung findet.«66 Der Zsolnay Verlag spielte den Ball zwischen dem Verlag Mondadori und dem Ministerium in Berlin einfach zurück: Wir haben dem Verlag Mondadori von den Bedenken Mitteilung gemacht, die gegen eine italienische Herausgabe dieses Werkes bestehen. Darauf fragt der Verlag Mondadori bei uns an, ob es nicht möglich wäre, den Roman zu ändern, indem man die ganze Handlung in eine andere Umwelt verlegt. »Die Arbeit der Anpassung, (Wechsels des Namens der Örtlichkeiten) könnte,« wie Mondadori, schreibt, »vom Autor besorgt werden oder wir könnten sie auch selbst von irgendeinem unserer deutschen Mitarbeiter durchführen lassen, wobei wir die absolut genaue Wiedergabe und Wahrscheinlichkeit der Handlung garantieren.« Wir erlauben uns nun anzufragen, ob bei solch einer Änderung des Schauplatzes und aller Namen die Vergebung der italienischen Rechte an den Verlag A. Mondadori/Mailand erlaubt würde. 67
Das Ministerium mußte über diese Angelegenheit länger nachdenken, lenkte aber schließlich ein: Falls die mit dem diesseitigen Bescheid vom 14. Juli 1941 gegen die Veröffentlichung einer italienischen Ausgabe vorgebrachten Bedenken durch eine entsprechende Umarbeitung der Schrift beseitigt werden können, werden gegen die Abgabe der Übersetzungsrechte an den Verlag Mondadori, Mailand, Bedenken nicht geltend gemacht. 68
Auch andere Neuerscheinungen Finkes mußten höheren Orts approbiert werden, so z.B. der Kriminalroman Die Fürstin Servallo (Oktober 1942). Und das Schwarze Segelschiff Finkes segelte noch länger zwischen Mailand, Wien und Berlin hin und her. Der Karl H. Bischoff Verlag erinnerte seinen italienischen Partner gegen Jahresende 1941 daran, »dass die Genehmigung des Ministeriums für die italienische Ausgabe dieses Werkes nur unter der Bedingung erteilt wurde, dass bei der Übersetzung, sowie Sie es in Ihrem Schreiben vom 12. September d.J. anregten, der Schauplatz der in dem Roman dargestellten englischen Umwelt in einen deutschen oder neutralen verwandelt wird«.69 Wie bereits gesagt, war die Nachfrage nach tschechischen Übersetzungen der Werke Finkes auch sehr rege.70 Ende 1941 66 67 68 69 70
RMfVuP an Paul Zsolnay Verlag, 19.8.1941, ebd. Rainalter/Paul Zsolnay Verlag an das RMfVuP, Dr. Thielke, 24.9.1941, Ordner Finke. RMfVuP an Paul Zsolnay Verlag, 4.11.1941, ebd. Paul Zsolnay Verlag an Verlag Mondadori, 19.12.1941, ebd. Vgl. dazu den »Reisebericht« vom Verlagstreuhänder Dr. Wilhelm Hofmann an die Industrieund Handelskammer in Wien vom 4.7.1941. Hofmann war zwei Wochen auf Geschäftsreise in Italien und berichtete u.a. folgendes: »Gerade auf letzterem Gebiet [deutsche Werke in italienischer Übersetzung] konnten wertvolle und aussichtsreiche Einleitungsbesprechungen geführt werden und es zeigte sich, dass bei den italienischen Verlagen grosses Interesse an guter deutscher Literatur besteht. Insbesondere ist das Interesse gross an guten Kriminalromanen, was durch den Ausfall der englischen und französischen Literatur bedingt ist. Weiters suchen die italienischen Verlage umfangreichere erzählende Werke der neueren deutschen Literatur.« (Ordner Direktionskorrespondenz 1937-1941)
456
wurden von Seiten des RMfVuP gegen drei Romane »Bedenken nicht geltend gemacht«.71 Verlage im Reich, die Übersetzungsliteratur produzieren wollten, unterlagen genauso wie jene, die Übersetzungsrechte an das Ausland vergeben wollten, der Präventivzensur, also der staatlichen Vorprüfung. Es gab aber zwei weitere Hürden: die Papiergenehmigung und die Genehmigung, Autorentantiemen ins Ausland zu transferieren. Auf diese Art und Weise wurde eine klassische Bürokratie aufgebaut, die die Arbeit eines Verlags verlangsamte. Mit zunehmender Kriegsdauer stieg auch der Bedarf an der Front nach »leichter Lektüre«, und wohl durch die Kraft des Faktischen wurde Goebbels mehr oder weniger gezwungen, seine Politik zu revidieren, obwohl es, wie Strothmann berichtet, in der Frage des Lesestoffs zwei Denkschulen gab. Eine Gruppe um Alfred Rosenberg meinte - im Gegensatz zu Goebbels -, es sollte eine anspruchsvolle Lektüre für die Frontsoldaten forciert werden. 72 Wie dem auch sei, läßt sich die These Strothmanns, wonach ab 1942 der leichte Unterhaltungsroman vorgezogen wurde, durch Edmund Finke belegen. Denn auch Bedenken gegen die englische Umwelt etc. wurden nicht mehr so in den Vordergrund gerückt. Obwohl der Roman Die Hamadryade (1937) England zum Schauplatz hatte und obwohl seinerzeit von seiten der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums Bedenken bestanden hatten, 73 gelang es Karl H. Bischoff dennoch im Juli 1943 eine Wehrmachtausgabe herauszugeben, was auf einen großen Frontbedarf schließen läßt. 74 Ja, in den Jahren 1943 und 1944 kam es bei Wehrmachtausgaben zu einem wahren Finke-Boom. Daß der Autor mit dem seit 1939 auferlegten »Erzählkorsett« nicht sehr glücklich war, geht aus seiner Reaktion auf kritische Leserstimmen hervor, wonach dieses oder jenes Werk »doch nicht der alte Finke« sei. Finke äußerte sich seinem Verleger gegenüber so: »Ich bin, wie Sie wissen, in der Wahl des Milieus gebunden und die Romane erfahren dadurch eine gewisse Einengung des Spielraums;«75 Die Möglichkeiten, seine Werke zu veröffentlichen, waren nach Kriegsende ungleich enger: der Zsolnay Verlag hatte nicht die Absicht, seine Bücher neuaufzule-
71
RMfVuP an Paul Zsolnay Verlag, 22.12.1941, ebd.
72
Strothmann: Nationalsozialistische
73
Bischoff an die für die Papierzuteilung zuständige Wirtschaftsstelle des deutschen Buchhandels
Literaturpolitik,
S. 188.
in Berlin am 4.9.1942: »Die von der Reichsstelle damals geäusserten Bedenken dürften aber lediglich Bedenken sein, die sich auf den Kriminalroman ganz allgemein beziehen und eher von der Frage herrühren, ob ein Kriminalroman überhaupt erwünscht ist. Da diese Frage unterdessen längst eindeutig beantwortet wurde, kann auch Finke 'Hamadryade' wieder neu erscheinen.« (Ordner Finke) 74
Dazu ein Beispiel: Am 8. März 1943 schrieb der Wehrmachtbefehlshaber Norwegen, Wehrmacht-Propagandagruppe an den Bischoff Verlag in Wien in Sachen Finkes Das dreifache
Ange-
sicht: »Im Interesse der abgelegenen und einsamen Truppen im Nordraum, die guten Lesestoffes besonders bedarf (sie), wird daher gebeten, möglichst schnell Ihre Zustimmung zu erteilen [...].« Ordner Finke. 75
Finke an Bischoff, 9.7.1943, ebd.
457
gen oder herauszugeben. Alle Rechte wurden an den Pilgram Verlag in Salzburg, wo ein alter Bekannter, Hermann Stuppäck, tätig war, abgetreten. Die Werke Finkes landeten auf der 1946 vom Unterrichtsministerium in Wien herausgegebenen Liste der gesperrten Autoren und Bücher. 1942 nahm der Karl H. Bischoff Verlag Verhandlungen mit einem Schriftstellerfreund von Erwin H. Rainalter auf, dem Schweden Dr. Gunnar Serner, der unter dem Pseudonym Frank Heller Kriminalromane schrieb. Daß sich die offizielle Einstellung zum Kriminalroman kriegsbedingt stark verändert hatte, geht aus einem Ansuchen Bischoffs an das RMfVuP vom November 1942 im Sinne der amtlichen Bekanntmachung Nr. 84 vom 25. Juli 1935 um den Erwerb ausländischer Verlagsrechte, hervor. Das eingereichte Werk hieß »Die Debatte um Atlantis«, der Verfasser »Frank Heller«: Wir reichen Ihnen zu Ihrer Erleichterung als Unterlage die bereits vorliegende deutsche Übertragung ein. Der Roman ist in dieser Form im I.B. bereits abgedruckt worden. Es handelt sich um einen Kriminalroman typisch Hellerscher Art, dem aus dem deutschen Schrifttum in gleicher Art kaum etwas gegenüberzustellen ist. Bei dem grossen Mangel an literarisch guten Kriminalromanen und dem Bedarf, hauptsächlich der Front, wären wir für eine baldige Erteilung der Genehmigung besonders dankbar. 7 6
Gegen eine Veröffentlichung einer deutschen Übersetzung wurden Bedenken nicht geltend gemacht, bei einem zweiten eingereichten Werk, »Der Krieg ohne Ende«, wurde auf Grund der herrschenden Papierlage von einer Herausgabe »abgeraten«.77 Daß der Kriminalroman Die Debatte um Atlantis erst kurz nach dem Krieg erschien, mag sowohl auf die schwierige Papierlage als auch auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß der Verlag (und der Autor) so lang auf eine Devisengenehmigung warten mußten. 78 Ein weiterer Roman von Frank Heller, »KarlBertil«, lag schon gedruckt vor, doch die endgültige Veröffentlichung wurde durch die Kriegshandlungen verhindert, und das Werk konnte erst 1947 erscheinen.
21.11. »Synchronschwimmer und Seiltänzer«. Friedrich Schreyvogl Die Antwort auf die Frage nach dem ideologischen Standort des langjährigen Zsolnay-Autors Friedrich Schreyvogl (1899-1976) ist nicht leicht. Das 1899 in Mauer bei Wien geborene Jungtalent veröffentlichte seine Werke gerade in jenen 76
Bischoff an das RMfVuP, Abteilung Schrifttum, 6.11.1942, Ordner Heller. Die neue Einstellung ist durch ein weiteres Schreiben Bischoffs vom 21.1.1943 an Wilhelm Baur in dessen Eigenschaft als Leiter des Zentralverlags der NSDAP. Franz Eher Nachf. belegt. Da heißt es: »Im Rahmen der hauptsächlich vom Reichsminister Dr. Goebbels gewünschten Betreuung auch des Kriminalromans im Anschluss an die in diesem Verlag erschienenen Kriminalromane von Finke [...]«, ebd.
77
R M f V u P an Karl H. Bischoff Verlag, 16.2.1943, ebd.
78
Das Werk wurde am 22. November 1945 ausgeliefert, gedruckt wurden 14 709 Exemplare.
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Verlagen, die bereit waren, sie zu drucken. Das waren u.a. der Verlag der Wiener graphischen Werkstätte, Paul Knepler, R. Löwit und der L. Staackmann Verlag. 1928 erschien sein erstes Werk bei Zsolnay, ein Gedichtband u.d.T. Die geheime Gewalt, doch die persönliche Beziehung, vor allem zu Felix Costa, war und blieb gespannt. Sein schriftstellerisches Werk deckt so ziemlich alle vorstellbaren persönlichen und politischen Einstellungen ab. 79 Schreyvogl konnte katholisch sein {Karfreitag. Ein Akt, 1920; Die heilige Familie. Ein christliches Spiel, 1933 usw.), patriotisch sein (Grillparzer. Roman, 1935), österreichisch-national sein (Habsburger-Legende. Drama, 1933), oder deutsch-national bis nationalsozialistisch sein (.Heerfahrt nach Osten. Ein Nibelungenroman, 1938). Er war seit 1931 Professor an der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst, wo er deutsche Literatur lehrte, wurde Staatsrat, Konsulent der österreichischen Staatstheater, war Duzfreund von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg, ließ sich 1936 mit dem Österreichischen Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft I. Klasse auszeichnen, im selben Jahr zum Leiter der Literarischen Verwertungsgesellschaft (LVG) küren und außerdem zum Vorstandsmitglied des rein arischen Bundes der deutschen Schriftsteller Österreichs wählen. Als Folge seiner Position an der Staatsakademie wurde er zwangsweise Mitglied der Vaterländischen Front (VF). Er arbeitete auch, wie Klaus Amann schreibt, als Spitzel und Denunziant. 80 Es versteht sich von selbst, daß Schreyvogl nach 1938 auf Personalkarten und dergleichen über seine Anerkennung im Ständestaat kein einziges Wort verlor. Über seine unbestrittene N.S.D.A.P.-Mitgliedschaft gibt es allerdings divergierende Auffassungen - beide übrigens von Schreyvogl selber vertreten. Und Schreyvogl erdreistete sich wenige Monate nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus in seinem Ansuchen um Befreiung von der Registrierungspflicht zu behaupten, Paul Zsolnay hätte ihm - wohlgemerkt schon nach dem »Anschluß« - »dringend angeraten«, sich »doch mit den Machthabern draussen (sie!) irgendwie zu 'arrangieren'«. Daraufhin hätte er sich entschlossen, ein Aufnahmegesuch in die N.S.D.A.P. zu unterfertigen. 81 In seinem eigenhändigen Erfassungsantrag vom 31. Mai 1938 gab er »über die Zugehörigkeit zur NSDAP« an, er wäre im Mai 1934 beigetreten und hätte insgesamt 15 Monatsbeiträge übernommen. Im September 1937 wäre, so Schreyvogl, die neue Eingliederung in die »Nebenorganisation«
79
Dieser Meinung war auch Will Vesper (Die Neue Literatur,
1935, S. 424): »Das ändert leider
nichts daran, daß er, der konjunkturmäßig als 'Schnittlauch auf allen Suppen' schwamm, mit äußerster Vorsicht zu betrachten ist.« 80
Amann: Der Anschluß,
S. 155. Der Vorwurf stützt sich u.a. auf einen Briefwechsel Schreyvogls
mit dem RSK-Referenten Kurt Metzner, in dem sich der Wiener Schriftsteller bereiterklärt, »Erhebungen« über einzelne Autoren durchzuführen und die Ergebnisse an die RSK zu liefern. 81
Für den Hinweis auf dieses Schreiben bin ich Herrn Dr. Karl Müller, Salzburg, sehr zu Dank verpflichtet. Die Glaubwürdigkeit leidet darunter, daß Schreyvogl seinen Antrag Ende Mai 1938 unterzeichnete und Zsolnay ihm noch vor seiner Abreise im November 1938 geraten hätte, beizutreten.
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der Ν.S.D.A.P. erfolgt. Zu seiner »sonstigen Tätigkeit für die NSDAP« gab Schreyvogl folgende Hinweise: Ausser dem allgemeinen Hinweis auf meine Werke: insbesondere »Die Entdeckung Europas« und »Das Glück der deutschen Sprache«, November 1936 gründete ich gemeinsam mit Max Meli,
Dr. v. Hartlieb,
Hermann H. Ortner,
H. Gredener
(sie), Jelusich,
F. Spunda,
Joseph
Wenter, den »Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs«. So allen Anfeindungen des Systems zum Trotz seine Aufgabe als Sammelpunkt nationalsozialistischen Schrifttums erfüllte und nach dem Umbruch die Geschäftsstelle der Reichsschrifttumskammer bildete. Ich gehöre bis heute dem Urstande (sie) an und habe an allen Aktionen des Bundes in der Abstimmungszeit unter Einsatz aller Kräfte teilgenommen. 8 2
Auf Grund dieser überprüften Angaben wurde die Tätigkeit Schreyvogls als Illegaler anerkannt. Er erhielt rückwirkend vom 1. Mai 1938 die Mitgliedsnummer 6 187 644, was allein auf die Illegalität hinweist. 1938 trat er der NSDAP-Gliederung NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) bei und war zudem noch Mitglied des N.S. Dozentenbundes. 83 Doch »Schreyvogl II« des Juli 1945 bestritt die Angaben des »Schreyvogl I« des Mai 1938. Erstens einmal wäre er nicht illegales Mitglied gewesen und zweitens wäre seine Nummer »Zirka« »6,400.000«. 84 Schreyvogl dürfte eine derartige Überzeugungskraft und mächtige Befürworter gehabt haben, daß sein Ansuchen an den Bundespräsidenten vom 28. Mai 1947 um eine Ausnahme von den Sühnefolgen des Verbotsgesetzes stattgegeben wurde. Es ist ihm somit nichts passiert. Schreyvogl konnte in der NS-Zeit je nach Bedarf seine Werke auch umschreiben und tat es auch. Der »Grillparzer-Roman« aus dem Jahre 1935 mußte für die Bischoff-Ausgabe des Jahres 1941 gesäubert und gekürzt werden. Umgekehrt war der 1935 sogar unter der Leitung Paul Zsolnays erschienene Roman mit unverfänglichem Titel Brigitte und der Engel. Roman für Liebende aus Gründen, die noch zu erläutern sein werden, wegen des naheliegenden Faschismusverdachts einem Publikum nach dem Weltkrieg nicht mehr zuzumuten. 82
Personal-Fragebogen zum Antragschein auf Ausstellung einer vorläufigen Mitgliedskarte und zur Feststellung der Mitgliedschaft im Lande Österreich. WrStLa, JG Fasz. 529, Melde-Nummer 2235. Offensichtliche Abschreibfehler wurden hier stillschweigend ausgemerzt. Hervorhebungen wie im Original. Ähnliches teilte er dem RSK-Referenten Kurt Metzner am 29. Oktober 1937 mit, im Bund habe sich ein Kreis von Schriftstellern zusammengefunden, »in dem kein einziger der bedeutenden deutschen Namen Österreichs fehlt und wie die Namen der Führung dafür bürgen, daß der ganze Bund unverbrüchlich zum neuen Deutschland hält und sich seiner gesamtdeutschen Pflicht bewußt ist«. (BDC/Schreyvogl)
83
Auf dem Fragebogen zur Bearbeitung des Aufnahmeantrages für die RSK, datiert 26.8.1938, schrieb Schreyvogl zur Mitgliedschaft: »Ja! Illegaler, Eintritt 1934, derzeitige provisorische Mitgliedsnummer 23085 N.S.D.A.P.« (BDC/Schreyvogl) Die Beispiele ließen sich beliebig vermehren.
84
Meldeblatt zur Registrierung der Nationalsozialisten im Sinne des Art. II des Verfassungsgesetzes vom 8. Mai 1945. Quelle ebd.
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Wie Graedener, Hartlieb und Franz Spunda griff der Verlagskollege Schreyvogl konjunkturgerecht in die historische Mottenkiste und entdeckte dabei manch germanisches Motiv, das für das »Deutschtum von heute« höchst repräsentativ und relevant zu sein schien. Mögen Autoren im »Altreich« mit derlei Stoffaufbereitungen gut gefahren sein, stapelte sich im Fall des genannten Quartetts alles auf Lager. Während Schreyvogl bei Staackmann noch unter Vertrag war, handelte er mit Zsolnay, der, vertreten durch Felix Costa, zu Beginn die Novelle bzw. den Roman Tristan und Isolde (Untertitel: »Roman von heute«) ablehnte. 85 Das Buch kam 1930 dann doch bei Staackmann heraus. Zum Spott schickte der Autor dem Verlagsleiter ein Widmungsexemplar. Also wie Rainalter, Ginzkey und Bartsch verhandelte Schreyvogl mit dem Zsolnay Verlag in Wien trotz seiner Bindung zu Staackmann. Für die Dauer von vier Jahren hatte er sich verpflichtet, Staackmann seine gesamte literarische Neuproduktion erstanzubieten und im Fall einer Annahme diesem ebenfalls das Verlagsrecht zu übertragen. Diesen Vertrag stellte er sogar dem Zsolnay Verlag zur vertraulichen Lektüre zur Verfügung. Genauso chancenlos am Markt war der Lyrikband Schreyvogls Die geheime Gewalt (1928): 1929 konnte Zsolnay ganze 31 Exemplare an den Mann bringen. Schreyvogl ließ die Beziehung zum Verlag nun ein paar Jahre lang ruhen, bis er 1932 den Versuch unternahm, den jungen Staackmann-Autor Guido Zernatto mit einem Gedichtband und einem kurzen Heimatroman Felix Costa schmackhaft zu machen. Anfang 1933 reichte Schreyvogl im Namen seines Freunds Zernatto den fertigen Gedichtband »Die Sonnenuhr« bei Zsolnay ein. Costa lobte die Verse zwar als »tiefempfunden« und »formschön«, mußte Schreyvogl aber leider mitteilen, »dass wir doch zu keinem positiven Ergebnis kommen konnten, da dieses Werk uns nicht völlig auf der Linie unserer literarischen Absichten gelegen erscheint«. 86 Das machte Schreyvogl, wie sich herausstellte, gar nichts aus, denn er hätte »im unbestimmten Gefühl, dass Zernatto doch nicht, wie Sie auch richtig bemerken, in Ihren Verlagsplan passt, bei Staackmann angeklopft und Staackmann hat denn auch bereits vor vierzehn Tagen mit Zernatto nicht nur einen Verlagsvertrag über dieses Buch, sondern auch einen Vorvertrag über seine künftige Produktion abgeschlossen. Der Gedichtband wird schon in der nächsten Zeit erscheinen«.87 Wohl weil Staackmann wiederum kein Interesse und Zsolnay eine Bühnenabteilung hatte, ließ Schreyvogl das Drama Habsburger-Legende 1933 in Wien erscheinen. 88 Nach Ab85
86 87 88
Am 30. Juni 1930 Schloß Schreyvogl mit Staackmann einen vierjährigen Vertrag auf sämtliche Rechte an älteren Werken sowie auf seine noch unveröffentlichten Mss. Tristan und Isolde und Die unsichtbare Hand ab. (Abschrift des Vertrags im Ordner Schreyvogl) Costa an Schreyvogl, 2.3.1933, ebd. Schreyvogl an Costa, 3.3.1933, ebd. In einem langen Entlastungsschreiben an die Bezirkshauptmannschaft Wieden vom 19.7.1945 behauptet Schreyvogl, daß sein alter Verlag, also Staackmann, seinen Verlagsvertrag schon 1933 nicht mehr erneuerte, wodurch er auch die laufenden Monatszahlungen verlor. Dazu ist festzustellen, daß sein im Jahre 1930 abgeschlossener Vertrag bis Ende Juni 1934 gültig war. (Abschrift im Ordner Schreyvogl)
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lauf des Vertrags mit Staackmann konnte 1935 (ohne anstehendes Jubiläum) der Roman Grillparzer (522 S.) in einer Auflage von 4 000 Exemplaren herausgegeben werden. Nach der Veröffentlichung des »Romans für Liebende« Brigitte und der Engel, konnten aufmerksame Leser feststellen, wie man in einen biederen Zsolnay-Roman Tagespolitik verpacken konnte, also nun das tun, was Paul Zsolnay vor der Polizei geschworen hatte, nicht getan zu haben. Ohne daß es der Entschlüsselung der »Geheimsprache« in der nationalen Literatur bedurft hätte, also ohne das stillschweigende, verständnisvolle Kopfnicken des um die Intention wissenden Lesers, konnte man nach Belieben und Bedarf aus Passagen dieses Schreyvogl-Romans eine Huldigung des Duce oder des Führers herauslesen. Oder man konnte, wie ein Kritiker bemerkte, Stellen im Roman finden, »die in unauffälligster, verhältnismäßig geschickt stilisierter Weise die Verbeugung des Autors vor dem Dritten Reich« maskierten. 89 Zwei Passagen zeigen dies: Als sie an dem Saal vorüberkamen, in dem die Radioapparate standen, hörte man gerade eine leidenschaftliche Stimme. Nun war sie eben zu Ende gelangt und die Menge begann zu singen, es mußten zumeist junge Menschen sein. Noch das Abbild des Festes griff an das Gemüt. 9 0 Sie haben heute noch etwas von dem gehört, was ich mir oft und oft zu Gemüte führe, ohne es j e satt zu bekommen. Ich bin immer wieder bezaubert davon, wenn Tausende, Hunderttausende, Millionen einer einzigen Stimme folgen - oh, das ist große Musik, wenn Millionen zu einem einzigen brausenden Ton zusammenstimmen! Das ist erhaben, wenn Geschichte sich vollendet. Das ist herrlich, wenn das Volk sich findet. Aber muß sich heute nicht jeder auch selbst reiner stimmen, damit er der neuen Melodie richtig dient? (ebd., S. 216)
Der Nationalsozialismus also als »neue Melodie«, die jeder singen sollte. Die Zeitung Sturm über Österreich kritisierte diese Stelle folgendermaßen: »Nur zwei Menschen sprechen heute immer nur in größter Aufmachung, Mussolini und Hitler, und der Herr Professor Schreyvogl wird bestimmt jedem Österreicher, der noch österreichisch denkt, beteuern, daß er hier natürlich Mussolini gemeint hat ... Im Reich hört und liest man's anders.«91 Das letzte Werk Schreyvogls, das vor dem Anschluß im Paul Zsolnay Verlag erscheinen sollte, war das Schauspiel Der Gott im Kreml (1937). Möglicherweise durch seine Position im neugegründeten Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs beflügelt, entschloß sich Schreyvogl zu einem »neuen großen Roman«, dessen Stoff - die Nibelungen - über jeden Verdacht erhaben war. In einer Sprache, die von NS-Ideologie und Vokabular durchtränkt ist, faßte Schreyvogl seine Vor-
89
Sturm über Österreich, 5. Jg., Folge 5, 7.2.1937, S. 2.
90
Friedrich Schreyvogl: Brigitte und der Engel (1936), S. 209.
91
Sturm
über Österreich,
14.2.1937, S. 144.
462
7.2.1937, S. 2. Auch abgedruckt in: Der Christliche
Ständestaat,
Stellungen für den Verlag zusammen. Daß Adolf Hitler für den Einiger der germanischen Völker hier Pate stehen sollte, darf verraten werden. Ich bin entschlossen, ein Buch zu schaffen, das wirklich Aussicht hat, über den Tag hinaus zu dauern, »repräsentativ« für das Deutschtum in Österreich zu sein und eben das in die deutsche Dichtung von heute einbringt, was nur ein Österreicher seiner geistigen Erkenntnis und seinem Gefühl nach gestalten kann. [...] Der Gedanke, der mich leitet und, meines Wissens zum ersten Mal, das Geschehen des Nibelungenzuges als Symbol für das geschichtliche Schicksal der Deutschen erkennt, ist etwa der: Hagen ist der überlegene Staatsmann am Hofe der rheinfränkischen Könige. Er sieht die ungeheure Veränderung, aber auch die Möglichkeiten, die sich mit dem Strom der Völkerwanderung für die Germanen ergeben. 9 2
Es handele sich, so Schreyvogl, »um einen ganz grossen politischen aber auch moralischen Kampf gegen Attila«. Schreyvogl weiter: Nun geht es darum, in dem Zug der Rheinfranken ein höchst lebendiges Bild der Donaufahrt zu entfalten. Alle deutschen Charaktere müssen lebendig werden. Die Fahrt auf dem Strom, das Fest in Pöchlarn, die Ankunft im hunnischen Heerlager, das erste Festmahl und seine grausigen Vorkommnisse müssen mit wirklicher Spannung dargestellt werden. [...] Jetzt aber kann dem Geschehen, das j a schließlich mit all seinen psychologischen und menschlichen Farben und Hintergründen das grosse deutsche Nationallied gestaltet hat, die richtige geschichtliche Sinngebung abgewonnen werden. Attila gibt seinen Kampf um Europa auf, er erkennt, dass mit einem Volk, das so zu sterben versteht, kein asiatisches Zwingreich aufzubauen ist. Müde und weise übergibt er Dietrich von Bern die Macht, der j a tatsächlich zum ersten germanischen Grossreich führte. Das möchte ich erzählen, schön, bunt, ohne Pathos, aber mit dem Bewusstsein, eine für meine Zeit und ihre Dichtung massgebliche Leistung zu unternehmen.
Schreyvogl lieferte somit ein Lehrstück für die Machart des »historischen Romans«, der in der NS-Zeit so bevorzugt wurde. Er teilte dem Verlag mit, daß ein solch monumentaler Roman erst im Frühjahr 1938 fertig sein könne, um für den Weihnachtsmarkt zu erscheinen. Paul Zsolnay war nach der persönlichen Besprechung mit dem Autor allem Anschein nach nicht abgeneigt, den Roman zu verlegen, ja es wurde ein Vertrag hierüber abgeschlossen und ein Vorschuß geleistet. Doch kamen dem Autor einige Monate danach Bedenken, über die man nur Mutmassungen anstellen kann. Wie dem auch sei, wandte er sich im September 1937 an Paul Zsolnay mit der Bitte, das Werk für den Verlag F. Bruckmann in München freizugeben. Zsolnay erklärte sich einverstanden, als Bruckmann sich verpflichtete, den Vorschuß zurückzuzahlen und Schreyvogl sich bereit erklärte, Zsolnay sein nächstes Werk erstanzubieten. Der Verlag Bruckmann hätte Schreyvogl zugesichert, sich besonders für das Buch einzusetzen, und Schreyvogl versprach sich eine Förderung seines gesamten Werkes. Er mag recht gehabt haben, aber sicherlich nicht, was seine »christlichen« Bü92
Schreyvogl an den Paul Zsolnay Verlag, 10.5.1937, Ordner Schreyvogl.
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eher anbelangt. Heerfahrt nach Osten. Ein Nibelungenroman brachte Bruckmann 1938 heraus, eine fünfte Auflage erschien 1943 im Berliner Zeitgeschichte-Verlag. Nach dem Krieg wollte Schreyvogl keine Neuauflage versuchen. Es erschien von nun an keines neues Werk von Schreyvogl im Zsolnay bzw. im Bischoff Verlag. 1937 hatte man eine unveränderte Sonderausgabe des »Grillparzer«-Romans auf den Markt gebracht. Für 1940, aus Anlaß des 150. Geburtstages von Franz Grillparzer 1941, wollte Erich Landgrebe, inzwischen Geschäftsführer, ein Werk über dessen Leben und Werk herausbringen und dachte logischerweise an Schreyvogl. Doch hatte dieser - der Roman war ja unter anderen politischen Auspizien erschienen - mit seinem Grillparzer-Roman keine rechte Freude mehr. Als Ergebnis einer Besprechung zwischen Verlag und Autor im November 1939 faßte Landgrebe folgendes zusammen: Da Ihnen selbst, sehr verehrter Herr Professor, Ihr in unserem Verlag erschienenes GrillparzerBuch nicht mehr in vollem Ausmasse entspricht, haben Sie sich bereit erklärt, dieses frühere Werk grundlegend zu verändern und neu auszustatten. Sie werden besonders am Beginn und am Schlüsse so wie in der Mitte wesentliche Streichungen vornehmen und neue Teile schreiben, sodass ein neues Grillparzer-Buch nicht nur in äusserlich neuer Gestalt entstehen sondern auch innerlich wesentlich verändert werden wird. [...] Wir werden diesen neuen Roman von Ihnen im Herbst 1940 herausbringen. 93
Schreyvogl erhielt keine neuen Vorschüsse, statt dessen sollten die Tantiemen zur Abdeckung der Beträge benützt werden, mit denen sein Konto beim Verlag belastet war. Wie bei so vielen anderen »nationalen« Kollegen auch, klafften Absatz, sprich eingehende Tantiemen, und Vorschüsse weit auseinander. Die veränderte Ausgabe des Grillparzer-Romans hatte einen Umfang von 455 Seiten im Gegensatz zu 522 Seiten der Fassung 1935. Die neue Ausgabe erschien Ende 1940 und konnte einen relativen Erfolg für sich buchen. 1943 legte man das 18.-23. Tsd. auf. Nach dem Krieg fand sich Schreyvogl im wiedergegründeten Paul Zsolnay Verlag ein, als ob nichts geschehen wäre. Der Grillparzer-Roman wurde erneut aufgelegt und erschien auch in mehreren Buchgemeinschaften.
21.12 »Franziskus von Olmüsi« (Franz Spunda)94 Schreyvogls Kollege bei Zsolnay, der aus Olmütz gebürtige Gymnasiallehrer Franz Spunda (1890-1963) wies freilich nicht dieselbe Gabe der »Anpassung« auf: er war und blieb national gesinnt. Oder doch nicht? Spunda promovierte 1913 an der Universität Wien im Fach Germanistik mit der Dissertation »Die deutschen Petrarca Übersetzungen von A.W. Schlegel bis auf die Gegenwart«. Bis er 1934 im Zuge 93 94
Erich Landgrebe/Paul Zsolnay Verlag an Schreyvogl, 28.11.1939, ebd. Von seinen Schülern, unter ihnen der Wiener Schauspieler Fritz Muliar, wurde der Deutschlehrer so genannt.
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der Leber-Rekrutierung zu Zsolnay stieß, waren seine Werke - magische und alchimistische Romane wie auch Bücher mit einem Griechenlandthema - in einer Reihe von Verlagsanstalten wie Verlag der Wiener graphischen Werkstätte, Ed. Strache Verlag und Adam Kraft Verlag erschienen. Er trat bereits vor vielen seiner Kollegen am 5. Dezember 1932 der N.S.D.A.P. bei (Nr. 1 306 974) und war außerdem seit 1. Juni Mitglied des N.S.-Lehrerbundes in Wien (Nr. 222 545). Oder war das alles eine Mystifikation, wie der Autor es nach dem Krieg hinstellte? Die N.S.D.A.P. war Spunda kein besonders geläufiger Begriff, zumindest bei den ersten Protokollen bei der Meldebehörde in seinem Wohnbezirk nicht. Selbstredend war ihm eine Parteinummer fremd: »Während der Verbotszeit hatte ich mit der Partei nichts zu tun. Vor der Verbotszeit habe ich nur zweimal Versammlungen besucht.« Er bestritt die Richtigkeit der Mitgliedsnummer, weil »ich während der Verbotszeit nicht bei der Partei war.« »Zur Partei habe ich mich erst im April 1938 angemeldet.« (Auf dem ersten Meldeblatt zur Registrierung hatte es zur Mitgliedschaft noch geheißen: »Ende 1939!«) Daß all dies nicht der Wahrheit entsprach, geht aus einem Dokument hervor, daß der Meldebehörde in Wien nicht vorlag: dem Antrag Spundas um Aufnahme in den Reichsverband deutscher Schriftsteller vom 2. September 1933. Der Autor gibt nämlich an, provisorisches Mitglied der N.S.D.A.P. zu sein. Und siehe da: die Mitgliedsnummer, die er bereits am 2.9.1933 notieren kann, entspricht eben jener, die ihm, wie er ab 1945 erzählt, erst 1939 geradezu »nachgeworfen« wurde, 1 306 974! 95 Es versteht sich von selbst, daß in den Rechtfertigungsschreiben Spundas von seinem Naheverhältnis zum Reichsverband deutscher Schriftsteller, zum Ring nationaler Schriftsteller oder gar zum Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs kein Wort zu finden ist. Aber wie einfach kam man eigentlich in den »Ruf« des nationalen Schriftstellers und wie kam man so mir nichts, dir nichts zu einer solch »niedrigen« Mitgliedsnummer? Beide Fragen zu beantworten und von der Partei unberührt geblieben zu sein, forderten natürlich einen Dichter heraus. Und überhaupt sei das alles ohne sein Zutun geschehen. Wie bekam man im damaligen Österreich das Prädikat »national«? Antwort: »Im März 1933 verfaßte ich anläßlich einer Feier des Sudetendeutschen Heimatbunds in Wien ein Gedicht, das im Konzerthaussaal von einem Burgschauspieler vorgetragen wurde. [...] Auf diese Weise kam ich in den Ruf eines nationalen Schriftstellers, obwohl meine Bücher absolut unpolitisch waren.« 96 Als Beweis führte er die Literaturgeschichte des Benediktinerpaters Anselm Salzer an. Der fiktive Illegale erläutert die niedrige Nummer sehr phantasievoll folgendermaßen: »Als ich nun Ende März [1938] überredet wurde, der NSDAP als Mitglied beizutreten, versprach man mir, um mich zu ködern, eine niedrige Mitglieds-
95 96
Angaben bei Karl Müller: Zäsuren ohne Folgen, S. 194. Schreiben Spunda vom 17.6.1946 an die Meldestelle zur Registrierung der Nationalsozialisten. WrStLa, JG Fasz. 1551, Melde-Nummer 1897.
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nummer. 97 Ich sollte warten, bis in München eine niedrige Nummer freiwerde. Das Mitgliedsbuch erhielt ich im Frühjahr 1939. Ob es nun wirklich eine niedrige Nummer mit einem fingierten Datum enthielt, kann ich derzeit nicht beschwören, weil ich es im Frühjahr 1942 verbrannte, als die Gestapo mein Buch 'Das Weltbild des Paracelsus' beschlagnahmte.« Das Schreiben Spundas leidet an einem nicht unbeträchtlichen Glaubwürdigkeitsdefizit. Denn, wenn er bloß wegen eines Gelegenheitsgedichts im März 1933 zum »nationalen« Autor abgestempelt worden ist, seine Bücher absolut unpolitisch gewesen wären, sein Arbeitgeber (der Stadtschulrat für Wien) ihn als Parteimitglied seit 1932 führte, und Spunda nirgends nie gewesen wäre, stellt sich die Frage - jenseits der drei gebotenen Beitrittsdaten ab 1938 - welches Interesse, welches Motiv »man« hätte haben können, ausgerechnet jemanden, der zur illegalen Bewegung keinerlei Kontakt, gar jeden Kontakt vermieden haben wollte und prima faciae nicht mehr als ein altes Gedicht vorzuweisen hatte, zur Mitgliedschaft aufzufordern, geschweige denn Himmel und Erde in Bewegung zu setzen, um ihm eine niedrige Nummer (die mit mehr Prestige verbunden war) zu verschaffen. Selbst die sog. »Einspruchskommission«, an die sich Spunda im Jahr 1947 wandte, um seinen Namen endlich von der Registrierungsliste streichen zu lassen - die Behörde lehnte ab - konnte seiner Erklärung über die N.S.D.A.P.-Jungfernschaft nicht folgen. 98 »Während der Verbotszeit«, schreibt Spunda, »hielt ich mich absolut loyal und war mit der Fertigstellung meines Griechenlandbuchs beschäftigt. 99 Ich hatte keinerlei Beziehung zur Partei, unterstützte sie nicht und zahlte ihr weder damals noch nachträglich irgendeinen Betrag. Es kann daher die niedrige Nummer, die mir ohne mein Ansuchen geradezu nachgeworfen wurde, nicht als Beweis der Illegalität gelten.« Um aus den offenkundigen 97
Vgl. dazu die Angaben Spundas in einem Schreiben der Meldestelle zur Registrierung der Nationalsozialisten an das Staatspolizeiliche Büro der Bundespolizeidirektion Wien vom 8.7.1946: »Um der Partei beizutreten, versprach man mir eine niedrige Mitgl. N. zu geben. Als Schriftsteller mußte ich dies annehmen, obwohl ich vorher nie eine Verbindung mit d. NSDAP hatte.« (Quelle ebd.)
98
Schreiben vom 21.2.1947: »Jedoch konnte von ihm der Gegenbeweis, daß ihm die obige Parteiauszeichnung nicht wegen seiner nationalsozialistischen Betätigung in der Verbotszeit bzw. seine angebliche Rückdatierung bis zum Jahre 1932 aus anderen nicht in seiner Person gelegenen Gründen zuteil wurde, in glaubwürdiger Weise nicht erbracht werden. Denn wenn auch seine Ausführungen hinsichtlich seiner literarischen Tätigkeit teilweise zugegebenermaßen der Richtigkeit entsprechen dürften, so sind diese von ihm abgeführten Gründe nicht ausreichend und können von der Einspruchskommission nicht für genügend erachtet werden, daß ihm deshalb allein eine derart niedrige Mitgliedsnummer mit dem Aufnahmedatum 5.12.1932 zuteil geworden ist. Auch die von ihm angeführte Beschlagnahme seines Buches: 'Das Weltbild des Paracelsus' durch die Gestapo und dergleichen von ihm angeführte Umstände ändern nichts an der Tatsache, daß er eben dennoch von der NSDAP selbst jederzeit als Illegaler gewertet wurde und auch formal in der Verbotszeit Mitglied der NSDAP war.« (Quelle ebd.)
99
Es dürfte sich hier um das 1938 im Insel Verlag erschienene Werk Griechenland.
Fahrten zu den
alten Göttern handeln. Daß er während der Verbotszeit drei »historische« Romane publizierte, erwähnt er natürlich nicht.
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Widersprüchen, in denen er sich mit seinen Rechtfertigungen verwickelt hatte, wieder herauszukommen, mußte Spunda seine Argumentation auf den Dichter als Widerstandskämpfer konzentrieren. Kein Wunder also, daß er sich wenige Wochen nach den Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs in den Reihen jener sehen wollte, die den Nationalsozialismus seit eh und je bekämpft hätten. Schon am 25. Juni 1945 teilte er der Provisorischen Staatsregierung von Österreich mit, daß er »nachweislich seit 1942 in Gegnerschaft zum Nationalsozialismus« gestanden wäre und deshalb um Befreiung von der Registrierungspflicht sowie von der Arbeitsdienstpflicht ersuche. Zu seiner Rechtfertigung als Widerstandskämpfer für Österreich und gegen den Nationalsozialismus machte Spunda in seinen vielen Eingaben an die zuständigen Behörden Entlastungsangaben, die entweder so banal waren, daß sie nicht ins Gewicht fielen, oder aus heutigem Wissensstand einem näheren Vergleich mit den Fakten nicht standhalten würden. Seine Enttäuschung von der Partei und dem Nationalsozialismus - Spunda spricht gar von »Haß« - kann man gelten lassen, das Grundgefühl war aber nicht auf ihn beschränkt. Ob seine »literarische Tätigkeit von 1940 an« tatsächlich »durchaus gegnerisch zum Nationalsozialismus war«, wie Spunda zu seiner Entlastung argumentierte, ist fraglich, vor allem, wenn die Angaben von folgender Qualität sind: »Mein Roman 'Der Herr vom Hradschin', der die Versöhnungspolitik Karls IV. zwischen Deutschen und Tschechen als Vorbild für die Gegenwart darstellt, sollte für eine Neuauflage Papier aus tschechischen Beständen bekommen. Das Amt des 'Reichsprotektors' verweigerte dazu die Erlaubnis und erklärte das Buch für unerwünscht.« In einem ähnlich lautenden Schreiben an den Bundespräsidenten liest man: »Mein 1941 erschienener Roman 'Der Herr vom Hradschin' stellt in bewußter Absicht die Versöhnungspolitik des Kaisers Karl IV. als Gegenbeispiel zur Vernichtungspolitik Hitlers dar. Das Buch war dem Amt des 'Reichsprotektors' unerwünscht und erhielt kein Papier für eine Neuauflage.« Abgesehen davon, daß der fragliche Roman erst im Februar 1943 (Startauflage: 10 000 Ex.), also nach dem Stichjahr, in dem er gar sein Mitgliedsbuch verbrannt haben soll, auf den Markt kam, war dieses Werk - obwohl es angeblich gegen Hitlers Politik gerichtet war - schlechthin das erfolgreichste und auflagenstärkste Buch, das Spunda je veröffentlichte. In einer Zeit allergrößter Papiernot, wo die Verleger ihre Autoren ständig auf den Papiermangel aufmerksam machen mußten, erlebte Der Herr vom Hradschin ein Jahr nach seinem Erscheinen eine zweite Auflage von 7 000 Exemplaren. Es ist müssig, weitere Angaben Spundas zu überprüfen. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, daß Spunda zu seiner Entlastung eine Reihe von »Nicht-Nationalsozialisten« anführte, »die bezeugen können, daß ich seit Jahren in Gegnerschaft zur NSDAP stand«. Die erste solche Liste konnte, was die angeführten Schriftsteller anbelangt, gewiß nicht den erwünschten Effekt haben, denn da sammelten sich solche nationale Haudegen wie Otto Emmerich Groh, Erika Spann-Rheinsch, Erwin H. Rainalter und Friedrich Schreyvogl. Aber im Nachkriegs-Österreich war es auch nicht so untypisch, daß ein Nationalsozialist sich anbot, einem anderem Nazi einen Persil-Schein auszustellen. Es ist ohne weiters möglich, daß er als Zeuge
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aufgeboten wurde, um zu bestätigen, daß ein anderer Pg. nicht Mitglied war. Im Mai 1948 gab der Bundespräsident dem Ansuchen Spundas statt und befreite ihn von allen Folgen der Parteimitgliedschaft. Über die hier zu erwähnenden Werke Spundas findet sich in keiner seiner Eingaben auch nur ein einziges Wort. Auch Spunda zogen nach 1933 die germanische und römische Frühzeit an, freilich nicht des historischen Kostümdramas willen, das Lesepublikum interessierte sich allerdings nicht dafür. Seine Publikationen im Zsolnay Verlag waren historische Romane mit Seitenblicken auf die Gegenwart. Sein Erstling, der Roman Romulus (473 S.), erschienen im Oktober 1934, war ein kompletter Verkaufsflop. Von den 3 000 aufgelegten Exemplaren des Werks lagen Anfang 1939 immer noch zwei Drittel (!) der Auflage unverkauft auf Lager. Eine »Neubelebung« durch den Verlag wurde notwendig. Die 2 083 Exemplare sollten als Sonderausgabe (Leinen) zum Preis von RM 2,85 in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute« herausgebracht werden. (Der ursprüngliche Preis betrug RM 6,50.) Für den Verlag war dies eine der wenigen Möglichkeiten, einen Teil der an den Autor bezahlten Vorschüsse wieder hereinzubekommen - trotz des geringeren Honorars. Von diesem Vorschlag Hermann R. Lebers war Spunda alles andere als angetan: »Das heißt mit anderen Worten, daß das Buch verramscht wird.« 100 Das sei, so Spunda, »das Ergebnis der Zsolnay Preispolitik: beim Erscheinen ein übermäßig hoher Preis wegen der lächerlich kleinen Auflage, die wieder eine Folge der wahllos übermäßigen Büchermengen ist. Sie wissen, daß ich seit Jahren dagegen ankämpfe [...]« (ebd.). Mehr Glück hatte Spunda beim Absatz seines nächsten (nach Romulus, 1934) Romans Wulfila, der im März 1936 auf den Markt geworfen wurde. Die Startauflage - sie blieb auch die einzige - betrug 3 000, das Autorenhonorar immerhin 15%. Beim dritten Roman Alarich sah der Verlag keine günstigen Absatzchancen. Für das 400Seiten starke Buch wagte er im September 1937 nicht mehr als 2 000 aufzulegen. Im Mai 1938 wurden 800 Ex. nachgedruckt. Der Roman Das Reich ohne Volk, Umfang 433 Seiten, kam zeitgerecht im September 1938 heraus, doch bestand nie die Notwendigkeit, eine weitere Auflage zu veranstalten. Erst zwei Jahre später war wieder ein Roman fertig, und auch diesmal bevorzugte Spunda einen historischen Stoff. Der Anklang beim Publikum dürfte dann doch reger gewesen sein, denn Tyrann Gottes. Der Roman des Papstes Bonifaz und seine Zeit erlebte zwei Auflagen, September 1940 und Juli 1941, und erreichte einen Stand von 8 000 Exemplaren. Das Glück blieb Spunda treu: mit Impressum Karl H. Bischoff Verlag erschien im Frühjahr 1943 der umfangreiche Roman Der Herr vom Hradschin. Roman Kaiser Karls IV. Binnen Jahresfrist stieg die Auflage auf 16 000. Der darauffolgende Roman, Minos oder Die Geburt Europas, kam im August 1944 (Auflage 10 000) heraus. Nach dem Krieg legte der Zsolnay Verlag keinen Wert auf die Mitarbeit Spundas.
100
Franz Spunda an Hermann Leber, 15.1.1939, Ordner Spunda.
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21.13. Poetae minores Zu den »Pflichten«, die dem Zsolnay Verlag aus der Zusammenarbeit mit den nationalen Autoren erwuchsen, gehörte die Veröffentlichung einer Reihe weiterer »poetae minores«, die, wenn nicht zwangsläufig literarisches Talent, so doch zumindest ein Naheverhältnis zur illegalen N.S.D.A.P. aufweisen konnten bzw. wußten, wo sie sich anzuhalten hatten. Diese Autoren sollen hier der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Es mag zunächst überraschen, daß einer der längstdienenden Mitarbeiter des Zsolnay Verlags, der Haus- oder Chefgraphiker Rudolf Geyer (1884-1972) - der Mann, der hunderte Umschläge und Einbände gestaltete und zugleich Mitglied des Verwaltungsrats war - sich früh der illegalen Bewegung angeschlossen hatte. Am 1. Jänner 1934, Monate nach deren Verbot in Österreich, trat er der N.S.D.A.P. (Nr. 23 120) und im selben Jahr gar der SA bei.101 Im Zug der Erfassung der illegalen Mitglieder wurde Geyer rückwirkend vom 1. Mai 1938 (Nr. 6 336 115) wieder in die Partei aufgenommen. Diese Mitgliedschaften lassen grundsätzlich, wie auch in anderen Fällen, keine wie immer gearteten Rückschlüsse auf die jeweilige literarische oder künstlerische Tätigkeit zu. Anders formuliert: nur weil einer vor oder nach dem Verbot sich der Bewegung anschloß, kann ihm Talent nicht prinzipiell abgesprochen werden. Aber gleichzeitig soll durch Aufzeigen der Affiliationen zu einem solchen Regime der Legendenbildung in der Sache 'Österreichische Verlage und der Nationalsozialismus' entgegentreten werden. Bezeichnend ist, daß Rudolf Geyer auch für die Gestaltung des Umschlags für das berühmt-berüchtigte Adolf Hitler-Huldigungswerk Bekenntnisbuch österreichischer Dichter vom Juni 1938 verantwortlich zeichhete. Von diesem Buch wird noch die Rede sein. Im Zuge der Entnazifizierung im Nachkriegs-Österreich dürfte Geyer nicht zu Schaden gekommen sein. Er arbeitete wie gehabt im wiedergegründeten Zsolnay Verlag. Ein besonderes Vertrauensverhältnis dürfte Paul Zsolnay zum Verlagsautor Albert von Jantsch-Streerbach (1891-1973) entwickelt haben. Der in Mähren geborene, tschechoslowakische Staatsbürger und Erzähler war bereits - zumindest nach eigener Angabe - seit 1933 Pg.102 und diente ab Oktober 1935 unter Hermann 101
102
Diese Angaben sind einem »Leumundszeugnis« entnommen, das sich im Akt AdR, VVSt, K.u.Tr., Kt. 900, 12.765, Band IV, BI. 30 befindet. Müller (Zäsuren ohne Folgen, S. 324) gibt auf Grund der Akten im BDC das Eintrittsdatum mit 12.8.1934 an, eine Mitgliedsnummer gehe aus dem Akt allerdings nicht hervor. Unter Berufung auf den RSK-Fragebogen, der auch eigenen Angaben entspricht, gibt Renner (Österreichische Schriftsteller, S. 294) »Oktober 1935« an. Daß Jantsch Mitglied der verbotenen N.S.D.A.P. war, dürfte außer Zweifel stehen. Aber es gehört zu den nicht seltenen Ironien der Geschichte, daß der Pg. Jantsch am Ende des Krieges mit einer blütenweißen Weste dastehen konnte. Wegen seiner »Freundlichkeit« nach dem März 1938 dem »Juden« Paul Zsolnay gegenüber wurde gegen Jantsch ein Parteigerichtsverfahren geführt, und aus diesem Grund wurde seine Aufnahme in die N.S.D.A.P. abgelehnt. Unter Hinweis auf diesen Umstand konnte er sich 1945 der NS-Registrierung entziehen. Ähnlich verhielt es sich im Fall Hermann R. Leber, der schon 1928 in Köln
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Stuppäck als stellvertretender Leiter des Landeskulturamtes der illegalen N.S.D.A.P. in Österreich. In dieser Konstellation liegt auch die Erklärung dafür, daß Stuppäcks Landeskulturamt Stunden nach dem »Anschluß« den »Erstschlag« gegen den Paul Zsolnay Verlag führte und Jantsch-Streerbach wenige Monate später zumindest dem Schein nach zum Besitzer von 3/4 der Aktien der Paul Zsolnay Verlag A.G. wurde.103 Wie bei vielen anderen nationalen Autoren in Österreich, war auch im Fall Jantsch-Streerbach der Paul Zsolnay Verlag nicht die erste Wahl, letztendlich aber die einzige, um ein Werk zum Druck zu befördern. So machte Jantsch den Geschäftsführer des RDS, Hugo Linhard, im Herbst 1935 auf das ewige Leid aufmerksam, nämlich, »dass für die österreichischen, nationalen Autoren es ausserordentlich schwer sei, ihre Werke im Reiche unterzubringen«.104 Langen-Müller habe, so der Aktenvermerk, ein Werk von Josef Weinheber abgelehnt und Staackmann habe ein Buch von Jantsch-Streerbach ein halbes Jahr lang liegen lassen und es dann ohne Begründung zurückgeschickt. Es erschien dann bei Zsolnay. Ebenfalls Gegenstand dieses Gesprächs waren die Angriffe, »die von verschiedenen Seiten gegen die Zsolnay-Autoren gestartet« wurden. Um eine Einstellung zu erreichen, dachte man an eine Rücksprache mit der RSK. Jantsch-Streerbach lieferte auch einen überzeugenden Beweis für die engen Verbindungen zwischen der Deutschen Gesandtschaft in Wien und einer Reihe von nationalen Autoren: »Als Gewährsmann, der uns [dem RDS] objektiv Auskunft über Autoren geben könnte, wurde mir Herr Amann, Deutsche Gesandtschaft Wien, genannt. [...] Herr von Jantsch sagte, es würde im Interesse der österreichischen Autoren, und vor allem auch im Interesse der Reichsschrifttumskammer liegen, die sich ein genaues Bild über die österreichischen Verhältnisse machen müsste, wenn ein Beauftragter der Reichsschrifttumskammer sich einmal an Ort und Stelle mit den massgeblichen der Partei beigetreten sein wollte. Im Zuge der Erfassung der Nazis in Österreich ab März 1938 erhielt er eine Nummer, die der früheren illegalen Mitgliedschaft Rechnung trug. 1945 konnte er allerdings zu seiner Entlastung darauf verweisen, daß er mit Urteil vom 1.9.1944 im Zug eines Parteigerichtsverfahrens aus der N.S.D.A.P. ausgeschlossen wurde. Er war in einen »Bassenastreit« unter NS-Freunden verwickelt worden. Im Urteil hieß es, er wäre den Anforderungen, die an einen Nationalsozialisten zu stellen seien, in keiner Weise nachgekommen. Mehr konnte man sich im Jahr 1945 nicht wünschen. 103 Der Verlag wurde von SA-Leuten unter der Führung des Propagandaleiters des illegalen Landeskulturamtes Wien, Hannes Dietl, besetzt. Der flotte Anschluß von Kunst und Kultur in Wien zu Beginn der NS-Herrschaft in Österreich war alles andere als ein Akt der Spontaneität. So gab Hermann Stuppäck in seinem Lebenslauf, der mit 9.12.1940 datiert ist, folgendes an: > Während der Verbotszeit wurde der Umbruch auf kulturpolitischem Gebiete systematisch vorbereitet, so dass im Augenblick der Machtergreifung in Österreich binnen 24 Stunden sämtliche kulturpolitische Positionen besetzt werden konnten.« (AdR, Reichsstatthalterei. Baidur von Schirach, Korr. K-Z, »Stuppäck«) Ob der Zsolnay Verlag ausdrücklich Teil dieser Überlegungen war, ist nicht bekannt. 104 BDC/Zsolnay. Niederschrift einer Rücksprache mit Dr. Albert Ritter von Jantsch-Streerbach, Berlin, 26.11.1935.
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Persönlichkeiten unterhalten würde.« Daß dies vonnöten war, beweist nicht zuletzt der Aktenvermerk selbst: die Autoren, um die es ging, dürften im fernen Berlin dermaßen unbekannt gewesen sein, daß man nicht wußte, wie man deren Namen richtig schrieb. In den Jahren 1936-1938 ließ Jantsch-Streerbach je einen Roman bei Zsolnay erscheinen. Zwischen Ende und Anfang, Geackert ist schon und Der blühende Baum lauten die Titel, die Auflagen betrugen jeweils magere 2 000 Exemplare. Aber nicht einmal innerhalb von drei Jahren konnte man annähernd die Hälfte der Auflage des Erstlings absetzen! Im Jahr 1942 wechselte der Autor zum Berliner Oswald Arnold Verlag. Der äußere Anlaß: Verlagsinhaber Karl H. Bischoff erklärte sich mit Blick auf Papiergenehmigungen und andere Widrigkeiten des Kriegs außerstande, dem Autor Neuauflagen seiner Bücher nach dem Verkauf der vorhandenen Vorräte zuzusichern. 105 Der junge Erich Landgrebe (1908-1979), der schon 1936 wegen illegaler NSBetätigung in Haft genommen worden war, reüssierte ebensowenig mit seinem dichterischen Werk wie Jantsch, dafür bekam er durch eine politische Entscheidung und im Widerspruch zur Verordnung, wonach nach dem 1. April 1939 ein kommissarischer Verwalter in einem Betrieb nicht mehr eingesetzt werden durfte, eine Schlüsselstelle im Verlag. Denn Landgrebe war der erste ausdrückliche Wunschkandidat von Propagandaminister Joseph Goebbels als Ariseur des Verlags, und erfreute sich großen Vertrauens an entscheidenden Parteistellen. Er wurde immerhin auf Weisung des Reichspropagandaministeriums im Verlag als Geschäftsführer eingestellt. Landgrebe, der den Zsolnay Verlag »mit Münchner Kapital« (April 1940) arisieren wollte, heißt es in den Akten, genieße »das volle Vertrauen des Propagandaministeriums« und sei »dem Propagandaministerium sehr erwünscht«. Seine schriftstellerische Tätigkeit dürfte unter dem Umstand gelitten haben, daß er - mit unbekannter Qualifikation - 1938/1939 zuerst als Kommissarischer Verwalter und schließlich als »Abwickler« die Aufgabe hatte, die Wiener Großfirmen R. Löwit und A. Mejstrik - beide im Besitz von Dr. Mayer Präger - zu liquidieren, was er erfolgreich tat. Mayer Präger wurde verhaftet und im Jänner 1939 dem KZ Buchenwald überstellt. Danach dürfte er nach Polen verschleppt worden und dort umgekommen sein. 106 Landgrebe wurde nach dem »Anschluß« und im Zuge der Erfassung als »Illegaler« anerkannt und rückwirkend ab 1. Mai 1938 Pg. mit der Nummer 105
Bischoff an Jantsch-Streerbach, 7.5.1942, Ordner Jantsch-Streerbach.
106
Näheres dazu in Hall: Österreichische
Verlagsgeschichte,
Band II, S. 254-258. Seitdem konnte
ich die betreffenden Akten der Vermögensverkehrsstelle in Sachen Landgrebe/Löwit finden: AdR, VVSt, Hdl. 2335/VI, liegt bei Stat. 1816, Karton 611 sowie VVSt, Hdl. 5708/8, liegt bei Stat. 2075, Karton 616. In einer Todeserklärung in der Wiener Zeitung (22.1.1948, S. 5) heißt es, daß Präger »im Herbst 1938 verhaftet und nach Buchenwalde deportiert« wurde. »Von dort soll er angeblich 1942 nach Auschwitz weiter verschleppt worden sein. Seit 1942 fehlt jede Nachricht von ihm. Verfahren eingeleitet auf Ansuchen des Sohnes Frederick Präger.« Näheres zu Landgrebe im Kapitel 29.
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6 130 689 zum Mitglied. Die Auflagenzahlen seiner Bücher im Zsolnay Verlag zwei davon erschienen vor dem März 1938 - ähneln denen seiner nationalen Kollegen. Im April 1936 wandte sich Landgrebe erstmals persönlich an Paul Zsolnay, um ihm das Manuskript des Romans Adam geht durch die Stadt, den er im Herbst 1935 in einem Zug niedergeschrieben hatte, anzubieten. Der Verlag erwarb das Werk und brachte es im September in einer Auflage von 2 000 Exemplaren heraus. Der Absatz war schleppend. Erst sechs Jahre später - im November 1942 - kam es zu einer Neuauflage. 107 Ein ähnliches Schicksal erfuhr das zweite Buch Peter Haberlandt. Roman einer Jugend·. Auflage 2 000 (September 1937). Wahrscheinlich nicht ohne Einfluß des Autors wurde während des Kriegs das 3.-13. Tsd. aufgelegt. Auch der nächste Roman - er nannte sich Die neuen Götter. Aus den Papieren des Architekten Heinrich und erschien im Oktober 1939 - brachte es nicht über die erste Auflage hinaus. Im August 1940 wurde Landgrebe zur Wehrmacht eingezogen. Bei Michaels erster Sommer (Mit Zeichnungen des Dichters) war es anders: auf die erste Auflage (Oktober 1940, 3 000 Ex.) folgte eine zweite (November 1942, 4.-9.Tsd.), und schließlich hatte der Autor das Glück, für eine Feldpostausgabe des Werks (1.-21.Tsd.) auserkoren zu werden. Das Hochzeitsschiff, laut Untertitel »Ein zärtlicher Roman«, erschien im Oktober 1944 in einer Auflage von 10 000 Exemplaren. Nach dem Krieg hatte der Zsolnay Verlag kein großes Interesse, Landgrebe unter seinen Autoren zu haben. Im Frühjahr 1948 wurden sämtliche Rechte an den Autor zurückgegeben. Ungefähr zu dieser Zeit wurde eine Diskussion über Landgrebes Verlagstätigkeit und Parteivergangenheit publik. Sie hing mit der Bestimmung zusammen, wonach Personen, von welchen ein literarisches Werk auf der vom Unterrichtsministerium hergestellten Verbotsliste stand, als belastet zu betrachten waren und nicht das Recht hätten, »Werke der Literatur, deren Urheber sie sind« zu veröffentlichen. Daß diese Sperrliste in manchen (betroffenen) Lagern als ungebührliche Härte empfunden wurde, ist verständlich. 108 Das vordergründige Argument: Ihr seid Demokraten! Ihr macht genau dasselbe wie die Nazis nach 1933. Landgrebe war ein solcher Betroffener, denn sein Antrag auf Aufnahme in den Verband demokratischer Schriftsteller wurde negativ beschieden, was wiederum zu einer öffentlichen Polemik gegen dessen Präsidenten, Dr. Edwin Rollett, führte. 109 Mitte des folgenden Monats legte Rollett in einem Interview mit der Österreichischen Zeitung eine Schaufel nach und zählte Landgrebe und andere zu »nationalsozialistischen Schriftstellern«, deren Werke in Verlagen in den westlichen Bundesländern bereits gedruckt würden. 110 Zu einer Klage dürfte es in diesem Fall nicht gekommen sein. 107
Wohl durch die veränderte politische Lage beeinflußt, wurde der Roman Ende 1938 im Neuen Wiener Tagblatt abgedruckt. 108 Dazu die rechtslastigen Berichte und Informationen, 1. Jg., Heft 11, 12.7.1946, S. 14-15 sowie 3. Jg., Nr. 106, 7.5.1948, S. 14-15. 109 Dazu »Eine offene Antwort* in: Wiener Zeitung, 7.3.1948, S. 3. 110 Österreichische Zeitung, 15.4.1948, S. 6. Siehe Renner: Österreichische Schriftsteller, S. 198.
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Landgrebe, seit dem 16. April 1939 mit einem Monatsgehalt von RM 665 höchstbezahlter Mitarbeiter im Verlag, war der Grund, weshalb der akademische Maler, Erzähler, Dramatiker und Lyriker Heinrich Dauthage, d.i. Heinrich (Henrique de) Arnoldi (1905-1979), den Verlag verließ. 111 Dauthage verlegte in den Jahren 1936-1939 mehrere Werke bei Zsolnay, bevor er, von der Verlagsleitung angewidert, zum Oswald Arnold Verlag in Berlin wechselte. 112 Als 1939-1941 fieberhaft nach einem geeigneten ostmärkischen Käufer für den Paul Zsolnay Verlag gesucht wurde, stand auch Arnoldi eine Zeitlang als fixer Bewerber fest. Er war zwar »Illegaler« gewesen, das heißt, er war während der Verbotszeit (19331938) Mitglied der Partei, und hatte auch einen guten Leumund, doch war sein Vermögen für nicht ausreichend geschätzt worden, und es fehlte ihm die Qualifikation als Verleger, um als solcher RSK-Mitglied zu werden. 113 Auch hier zeigten sich die Rivalitäten unter den einzelnen Parteiämtern und Ministerien. Besonders stark war die Mißstimmung zwischen Gauleiter Bürckel und dem Propagandaministerium in Berlin bzw. dem Reichspropagandaamt in Wien. Gauleiter Bürckel, der von vornherein Nicht-Ostmärker vom Erwerb des Zsolnay Verlags ausschließen wollte, hatte im Jänner 1940 »entschieden«, daß der Paul Zsolnay Verlag von Arnoldi übernommen werden sollte. Doch die Partie vom Propagandaministerium setzte sich letztlich durch. Es muß hervorgehoben werden, daß Arnoldi zu den wenigen Menschen gehört, die dem entlassenen Verlagsdirektor Felix Costa nach dem März 1939 jede mögliche Unterstützung angedeihen ließen. Ernst Scheibelreiter (1897-1973) verlegte zwischen 1934 und 1939 ein halbes Dutzend Bücher bei Zsolnay und schied schließlich 1942 in Unfrieden aus dem Verlag aus. Der in der Zwischenkriegszeit mehrfach ausgezeichnete Autor hatte nach eigener Angabe und in einer Zeit des Bekenntnisdrangs »eines der ersten Blutund Bodendramen verfasst (1925) 'Aufruhr im Dorf'«. 114 Im Zsolnay Verlag veröffentlichte Scheibelreiter schließlich folgende Werke: Rudi Hofers grünes Jahrzehnt.
Roman (1934). Ungekürzte Sonderausgabe 1937 (Deutsche Er-
zähler von heute) 111
Näheres zu seiner Biographie siehe R.J.P.: Mit Pinsel und Feder. Heinrich de Amoldi, ein Malerpoet unserer Tage. In: Neue Wiener Tageszeitung,
Nr. 219, 22.9.1951, S. 8. Dauthage war
der Mädchenname seiner Mutter. Er besuchte die Akademie der bildenden Künste in Wien (Meisterklasse Prof. Karl Sterrer). Im Nachlaß Amoldis finden sich keine Unterlagen mehr aus der Zeit vor 1945. Für Hinweise bin ich seiner Witwe, Frau Edith de Arnoldi, zu Dank verpflichtet. 112
Es handelt sich um folgende Werke: Der Herr von Eitel. Eine moralische Komödie für sche Leute oder umgekehrt
unmorali-
(1936), Das trunkene Dorf. Roman (1937) und Wolken und
Sterne
(Gedichte, 1939). 113
Arnoldi war am 1.10.1930 in die N.S.D.A.P. eingetreten und hatte die Mitgliedsnummer 610 091.
114
»Ernst Scheibelreiter über sich selbst«, 10.6.1939, Ordner Scheibelreiter. Zu dieser Kurzautobiographie wurde der Autor vom Verlag (Erich Landgrebe) aufgefordert, nachdem ihn das Reichsnachrichtenblatt
für den Buchverleih eingeladen hatte.
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Die frohe Ernte. Gedichte. (1935) Der Liebe Schattenspiel. Roman. (1936) Die Flucht aus dem Philisterfrieden. Roman von allerhand Tieren und ihren Göttern. (1937) Hanna und die »Wallfahrer«. Roman. (1938) Das Königreich auf dem Wiesenhang. Roman. (1939) Schattenspiele der Liebe. Liebesgeschichten. (Feldpost-Ausgabe 1944)
Zum Verhängnis wurde Scheibelreiter - nach dem Krieg - sein Beitrag zum Bekenntnisbuch österreichischer Dichter 1938. Er steuerte das Gedicht »Die von der Saar« bei, was, wie schon erwähnt, u.a. Edwin Rollett dazu verleitete, nach seinem Wissensstand Scheibelreiter als »nationalsozialistischen Schriftsteller« zu bezeichnen. Der Autor klagte und wurde in zwei Instanzen abgewiesen, nicht weil er N.S.D.A.P.-Mitglied gewesen wäre, sondern weil das Gericht der Auffassung war, daß Rollett Grund hatte, ihn dafür zu halten.115 Ebenfalls im Frühjahr 1934 stieß Franz Karl Ginzkey (1871-1963) von Staackmann kommend zu Zsolnay. Der Autor, der im Ständestaat (1934-38) zum Staatsrat avancierte, scheint es mit seinem Verlagswechsel derart eilig gehabt zu haben, daß er auf seinen gültigen Vertrag mit dem Leipziger Unternehmen glatt vergaß. Die Lösung: Zsolnay und Staackmann vereinbarten mit dem Autor einen gemeinsamen und etwas ungewöhnlichen Vertrag für den Roman Prinz Tunora (1934). Das führte zu späteren Komplikationen. Staackmann und Zsolnay einigten sich am 12. April 1934 auf einen Gemeinschaftsvertrag, demzufolge dem Autor nach Ablauf von drei Jahren das Recht zustand, die Anordnung zu treffen, daß einer der beiden Verlage aus dem gemeinsam geschlossenen Vertrag auszuscheiden habe. Doch verstrich der Termin, ohne daß einer der drei Partner etwas unternahm bzw. auf die Erfüllung des Vertrags drängte. Erst 1942 wurde die Frage virulent, als Ginzkey, inzwischen durch Gnadenerlaß des Führers zum Pg. geworden, 116
115
Siehe Renner: Österreichische Schriftsteller, S. 198-200 und 287-289 sowie Amann: Der Anschluß, S. lOlf. Dazu auch die Berichterstattung im Neuen Österreich vom 24.7.1948, 21.4.1949 und 7.5.1949. Scheibelreiters Kollege beim Zsolnay Verlag, Leo Perutz, dürfte von dem Autor nicht die beste Meinung gehabt haben, denn im März 1935 - der Anlaß ist nicht ersichtlich - vertraute Perutz seinem Tagebuch an, er habe bei Zsolnay »wegen des Scheibel Reiter und seiner Nazibemerkungen« Krach gemacht (8.3.1935). Anfang 1937 notierte er: »Dr. [Paul] Neumann (von Zsolnays) der mir einen langen Rechtfertigungsvortrag ihrer Nazipolitik vortrug und von mir abgefertigt wurde.« (23.1.1937) Für diese Hinweise bin ich Prof. Dr. Hans-Harald Müller zu Dank verpflichtet. 116 Er erhielt die Nummer 8 751 771. Ginzkey wurde verspätet - erst 1988 - zum Gegenstand der literarischen Vergangenheitsbewältigung in Österreich, als es in der oberösterreichischen Gemeinde See walchen am Attersee zu einer Debatte darüber kam, ob ein Schulzentrum dort nach dem Autor benannt werden sollte. Der Gemeinderat nahm letztlich davon Abstand. Ginzkey gehörte zu den vielen Schriftstellern, die nach dem Zweiten Weltkrieg gekonnt die Kurve kratzen und wieder zum Bestandteil des literarischen Establishments werden konnten, als ob nichts geschehen wäre. Zu dieser Problematik siehe Reinhold Hangler u.a.: Der Fall Franz Karl Ginzkey und Seewalchen. Eine Dokumentation. Hrsg. vom Mauthausen-Aktiv-Vöcklabruck. Vöck-
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sich überlegte, der Wiener Verlagsgesellschaft ein neues Werk zu übergeben. Die miteinander befreundeten Verlagschefs Carl Bessmer bei Staackmann und Karl H. Bischoff in Wien überließen es dem Autor, sich festzulegen. Ginzkey entschied sich für den Karl H. Bischoff Verlag. Ginzkeys Bemühungen, die Mitgliedschaft in der N.S.D.A.P. zu erwirken, dürften dazu gedient haben, seine angegriffene deutsche »Ehre« sichtbar wiederherzustellen und seine Kritiker zum Verstummen zu bringen. 117 Bis zum Nachweis des Gegenteils - und in der Korrespondenz mit dem Verlag läßt nichts darauf schließen - muß man davon ausgehen, daß Ginzkey auch ohne Parteizugehörigkeit weiterhin hätte publizieren können und daß der Verlag nach Bedarf und nach Vorliegen der Papiergenehmigung Neuauflagen hätte veranstalten können. Ein konstruierter Zusammenhang zwischen Mitgliedschaft und Publikationsmöglichkeiten ist also nicht nur falsch, sondern übersieht die notwendige RSK-Mitgliedschaft. Das Argumentationsmuster Ginzkeys - das Traktat betitelte er »Meine Betätigung im Dienste des grossdeutschen Gedankens, des Anschlusses und der Partei«118 - war ein bewährtes: man kehrte all das hervor, und sei es noch so sehr eine Nebensächlichkeit, was eine immerwährende und immer dagewesene »Sehnsucht zu Deutschland« (Ginzkey) belegen sollte. Da Ginzkey aber auf der katholisch-altösterreichischen-ständestaatlichen Klaviatur gespielt hatte, mußte da alles heruntergespielt werden. Daß er im »System-Österreich« (Ginzkey) zum »Staatsrat« ernannt worden sei, war ja »entgegen meinen Willen und daher auch ohne jede Bewerbung meinerseits«. Regierungsbeschluß sei eben Regierungsbeschluß, und Ginzkey »sah im Augenblick keine Möglichkeit, der Regierung weiteren (!) Widerstand entgegenzusetzen«. Sonst hätte er sich »um jede weitere Tätigkeit« - gemeint ist seine angeblich weitverbreitete Werbung für den Anschluß Österreichs an Deutschland - gebracht. So stilisierte sich Ginzkey zum ÖsterreichVerräter und Anschluß-Anhänger. Kaum ein Ereignis in seinem bisherigen Leben ließ sich nicht mit der nationalen Causa in Zusammenhang bringen. »Verdienste« seien sie nicht, eher Selbstverständlichkeiten. Trotz seiner »österreichischen militärischen Jugenderziehung« war er »von Anfang an in stärkstem Masse auf den grossdeutschen Gedanken, auf die seelische Einmütigkeit zwischen dem Altreich und Österreich eingestellt«. Seine Bücher wurden selbstredend zu »nationalen Romanen« - siehe Der von der Vogelweide (1912) über »unsern grössten nationalen Sänger des Mittelalters«. Besonders stolz war Ginzkey über eine »Anerkennung des Führers« aus dem Jahr 1934 in Zusammenhang mit dem Aufsatz »Fähnrich in Braunau«.
labruck 1989. Ginzkey wurde u.a. als Texter für die niederösterreichische Landeshymne gewählt. 117
Diese These vertritt auch Gert Kerschbaumer in: Faszination Kulturmetropole
Salzburg.
Drittes Reich. Kunst und Alltag
der
Mit einem Vorwort von Gerhard Amanshauser. Salzburg: Otto Mül-
ler Verlag (1988), S. 88-90. 118
In Ordner Ginzkey.
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Allem Anschein nach wurde Ginzkey an seine Schriften nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs nicht erinnert. In seiner 1942 erschienenen ersten Autobiographie Zeit und Menschen meiner Jugend waren die Zwischenkriegszeit und die Kriegsjahre freilich kein Thema. 119 Die NS-Zeit - Ginzkey zitiert die »schwierigen Jahre 1938 bis 1944« - verschwindet in einer Nachkriegsautobiographie mehr oder weniger in sprachlichen Nebelschwaden, weil es Ginzkey »nicht nötig« schien, »von den früheren Erfahrungen zu sprechen«. Nicht ganz, denn er distanzierte sich erneut und ausdrücklich von seinem Amt als Staatsrat im Ständestaat. Die Zeit des NS-Regimes wird nobel umkleidet in Wendungen wie »die staatliche Welt«, »das parteiliche Getriebe«, »Pflichten gegen die Gemeinschaft«, »in den aufgewühlten Kampfzeiten«, »mancherlei seelische Vergewaltigungen«. Eine Institution war, so Ginzkey, der Versammlungsort der »inneren Emigration«, nämlich die Adalbert-Stifter-Gesellschaft in Wien. Hier stillten die inneren Emigranten ihr »Bedürfnis nach einem heilsamen Innenleben«, hier fand man das »innere Gleichgewicht«. Wenn Ginzkey der Stifter-Gesellschaft und dem »heilsamen Innenleben« so viel Bedeutung beimißt, wäre es folgerichtig gewesen, die »Kampfzeiten« energisch zu verurteilen. Dazu fehlte ihm offenbar Mut wie Wille. 120 Der nationale Schriftsteller Hans Nüchtern (1896-1962), seit 1924 Direktor der literarischen Abteilung der RA VAG, wandte sich 1933 an den Verlag und war mit Kurzprosa und Lyrik im Programm vertreten. Seine Bücher erschienen in Auflagen zwischen 500 und 1 500 Exemplaren. 121 Eduard Paul Danszky (1884-1971) hatte sich großteils auf Künstlerromane spezialisiert. 1935 erschien der Roman Gottlieb Straube und die Jugend (Auflage 2 000), 1936 Frau Chef. Ein Roman aus der Porzellanindustrie in einer Auflage von 3 000 Exemplaren (1938 als ungekürzte Sonderausgabe in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute«), 1937 die Novelle Des Herrn Geheimrats letzte Liebe. Goethe und Ulrike. Den größten Erfolg erzielte Danszky mit seinem Raimund-Roman »Da
119
Das Buch erschien in der Wiener Verlagsgesellschaft.
120
Franz Karl Ginzkey: Der Heimatsucher.
Ein Leben und eine Sehnsucht.
Graz und Wien: Leo-
pold Stocker Verlag 1948. Siehe vor allem die Seiten 236-239. »Ich meinerseits fand in der Stifter-Gesellschaft jedenfalls den ruhenden Pol, von dem auch ich mancherlei gelassener betrachten konnte, was an staatlichen Forderungen mehr oder minder gebieterisch an mich herantrat. Mich näher darüber auszusprechen, scheint mir im Rahmen dieses Buches nicht nötig, so wie ich es ja auch vermied, hier von den früheren Erfahrungen zu sprechen, die mir als Mitglied des österreichischen Staatsrates in den Jahren 1934 bis 1938 zu machen beschieden waren. Nur das eine will ich hier im Zusammenhang mit allem Bisherigen erwähnen, daß ich nämlich in den fünf Jahren meiner Anwesenheit im Parlament nur eine einzige Rede hielt und diese war dem Tierschutz gewidmet.« (S. 238) 121
Buch der Brüder Perchtoldsdorfer
von Sankt Johann. Frühling
Von der Ritter
Werk und Weg.
[Gedichte] 1934, Nur ein Schauspieler.
[Dichtungen]
Bericht über ein
1933,
Schicksal.
Novelle 1935, Die wilde Chronik. Ein Gesang von der Welt und der Zeit 1936, Die Beiden im Herbst. Novellen und Gestalten 1937.
476
leg' ich meinen Hobel hin...«, der im Oktober 1939 auf den Markt kam und bis einschließlich 1950 fünf Mal aufgelegt (23.-25.Tsd.) wurde. Der »Altösterreicher« und nationale Schriftsteller Alfons (Freiherr von) Czibulka (1888-1969) war de jure, aber nicht de facto Autor des Paul Zsolnay Verlags. Von Hermann R. Leber in den Verlag gebracht, hatte er nach eigener Aussage immer eine »Neigung zu Stoffen deutscher Vergangenheit« gezeigt. 122 Dem Zsolnay Verlag bot er zwei Werke an: »a) Reiterroman aus der Prinz Eugen Zeit b) KeplerRoman 'Wanderer zwischen den Sternen'.« 123 Czibulka nahm die Vertragsbedingungen an, unterzeichnete im Oktober 1935 einen Vertrag und ließ sich einen Vorschuß auszahlen, doch kamen ihm Bedenken über die Konsequenzen seiner Bindung zu Zsolnay. Als Autor ist Czibulka zu uninteressant, als daß man viele Worte über ihn verlieren müßte, doch seine Korrespondenz mit dem Verlag weist einmal mehr auf die Probleme Zsolnays im Reich hin. Auf Grund des dokumentarischen Werts soll aus dem Briefwechsel hier zitiert werden. Den Anlaß zu seinem Zögern, den Vertrag zu erfüllen, schilderte Czibulka in einem Schreiben an Leber so: Vorgestern erfuhr ich eine Sache, die im ersten Augenblick katastrophal aussah. Ich berichtete sogleich Herrn v. Jantsch darüber und möchte natürlich auch Ihnen gleich Mitteilung machen. Vielleicht haben Sie auch die Güte, Herr(n) Zsolnay darüber zu informieren. Der ehemalige Direktor der Düsseldorfer Stadtbibliothek erfuhr auf seiner Urlaubsreise in Düsseldorf, daß der Zsolnay-Verlag von den deutschen Bibliotheken boykottiert werde und man der Meinung sei, es laufe jedem Zsolnay-Autor Gefahr, von keinem deutschen Verlage mehr veröffentlicht zu werden. Ich war gestern sogleich bei der Staatsbibliothek und bei dem Vorstand der Beratungsstelle für Volksbibliotheken. Ich erfuhr, daß die Düsseldorfer Einstellung wohl nur eine Einzelaktion sei, daß gegen den Zsolnay-Verlag nichts vorliege, man lediglich bei der Prüfungskommission seine Bücher nach Autor und Inhalt etwas schärfer unter die Lupe nehme, sie aber sonst, wenn sie es verdienen, genau so als wertvoll empfehle wie andere auch. Eben rief mich auch noch Herr v. Jantsch an, daß man ihm beim V . B . (Schriftleitung) gesagt habe, daß mit dem ZsolnayVerlag alles in bester Ordnung sei. Immerhin wird es gut sein, an der betreffenden Stelle in Berlin vorstellig zu werden, daß auch solche törichte Einzelaktionen unterbleiben, damit Buchhändler, Kritiker etz. nicht verschreckt oder vergrämt werden. 1 2 4
Der Autor dürfte daraufhin beschlossen haben, das Manuskript nicht abzuliefern und den Vertrag nicht zu erfüllen. Der Verlag verlangte den Vorschuß zurück, doch Czibulka ignorierte die Aufforderung. Erst Mitte Mai 1938 unternahm Leber den Versuch, den Kontakt wiederherzustellen, denn jetzt konnte der Autor ohne Angst bei Zsolnay verlegen. Leber: Nun sind also die Verhältnisse in Österreich glücklich so wie wir sie uns wünschten und Sie werden j a auch wahrscheinlich durch unseren Aufsichtsrat Herrn von Jantsch, der in München wohl mit Ihnen gesprochen hat, erfahren haben, dass unser Verlag unter kommissarischer Leitung steht und werden auch gesehen haben, dass er durchaus national betonte Bücher heraus-
122
Undatierter fragmentarischer Zeitungsausschnitt »Über mich selbst« im Ordner Czibulka.
123
Verlagsdirektion an Czibulka, 11.10.1935, ebd.
124
Czibulka an U b e r , 6 . 1 1 . 1 9 3 5 , ebd.
477
bringt. Wie steht es nun mit Ihrem Manuskript? [...] Bitte, haben Sie also die Freundlichkeit, uns mitzuteilen, wie Sie sich unsere weitere gegenseitige Verbindung denken. 1 2 5
Für die Lage mancher nationaler Autoren vor dem März 1938 höchst aufschlußreich war die Antwort Czibulkas: Bei der hiesigen Einstellung gegen den Zsolnay-Verlag war es in den beiden letzten Jahren ungefähr vor dem Umbruch in Österreich für einen so betont nationalen reichsdeutschen Schriftsteller einfach ausgeschlossen, bei Zs. etwas zu veröffentlichen. Ich konnte das einfach nicht riskieren. Es hätte das meinen ganzen Ruf zerstören können. Bei österr. Autoren sah man da durch die Finger, auch bei weniger national eingestellten, wie etwa Thiess. Das Unheil war, daß sich diese Einstellung erst nach dem Vertragsabschluß derart scharf zeigte. Sonst hätte ich damals natürlich einen Vertrag niemals geschlossen. Heute ist es etwas anderes. [...] Ich sehe durchaus ein, daß Ihre Geduld und Freundlichkeit auf eine harte Probe gestellt wurde, aber es war weder Ihre noch meine Schuld, daß der Verlag bis vor kurzem in solchem Zwielicht stand. 1 2 6
Czibulka publizierte frischfröhlich in anderen Verlagen und vergaß auf die Aufforderung des Verlags, Vorschläge über eine Rückzahlung des Vorschusses zu unterbreiten. Leber drohte, die ganze Sachlage einem Schiedsgericht vorzulegen. Czibulka ging nicht konkret darauf ein und meinte: Die Gründe, warum es so lange dauert, habe ich Ihnen in meinen vielen Briefen wiederholt auseinandergesetzt. Das letzte Jahr vor dem Anschluß war es ausgeschlossen, daß ich dem damaligen Zsolnay-Verlag eine Arbeit überließ. So hat sich mein ganzes Arbeitsprogramm verschoben. 1 2 7
Zur Rückzahlung der RM 1 200 kam es nie. Es erhebt sich am Schluß dieses Kapitels über die Bücher der Nationalen vor 1938 die Frage nach der Zugehörigkeit der Zsolnay-Autoren zum 1936 gegründeten Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs sowie der Teilnahme an dem bereits genannten Bekenntnisbuch österreichischer Dichter, das im Juni 1938 vom Bund herausgegeben im Krystall-Verlag in Wien veröffentlicht wurde. Dieses Werk ist in den letzten Jahren zum Maßstab der geistigen Teilnahme österreichischer Autoren am Nationalsozialismus geworden. Jeder dritte jener Schriftsteller, die sich mit einem Beitrag am Huldigungswerk beteiligten, war vor 1938 im Programm des Paul Zsolnay Verlags vertreten gewesen. 128 Ab 1938 wären es ca. 35% gewesen. 129 Ebenso stark vertreten waren die Zsolnay-Autoren (auch im Vorstand) des Bundes der deutschen Schriftsteller Österreichs.130 125
Leber an Czibulka, 14.5.1938, ebd.
126
Czibulka an Leber, 19.5.1938, ebd.
127
Czibulka an U b e r , 5.5.1939, ebd.
128
Das waren in alphabetischer Reihenfolge: Colerus, Danszky, Finke, Ginzkey, Graedener, Groh, Hartlieb, Jantsch-Streerbach, Kotas, Landgrebe, Rudolf List, Menghin, Michel, Ortner, Rainalter, Scheibelreiter, Schreyvogl, Spunda, Strobl, Stuppäck, Wenter.
129
Hinzu kamen Ernst Kratzmann, Max Meli, Franz Turnier und Bruno Wolfgang-Prochaska.
130
Zum Vergleich siehe die Liste der Mitglieder bei Renner: Österreichische
478
Schriftsteller,
S. 293f.
22. Übersicht über die Verlagsproduktion 1936-1938
In den Jahren 1936-1938 konnte sich der Zsolnay Verlag dank des Zuzugs der vielen nationalen Autoren vom Tief des Jahres 1934 erholen, 1936 die Produktion von 31 auf 61 Titel sogar fast verdoppeln und im Durchschnitt 55 Neuerscheinungen herausbringen. 1939 sackte die Produktion z.T. durch die Verlagssperre und allgemeine Unsicherheit auf bloß 31 neue Titel wieder ab. Hier ein Überblick über die neuen Titel, Neuauflagen und Sonderausgaben dieser drei Jahre. Während die fünf Sonderausgaben des Jahres 1936 de facto verbilligte Neuauflagen darstellten, die gängige Titel weiter popularisieren sollten, dienten jene zehn des Jahres 1937 zum überwiegenden Teil der Verwertung von nichtverkauften Lagervorräten. Das bezieht sich primär auf jene Werke, für die der Aufhänger »Deutsche Erzähler von heute« gefunden wurde. Es sind Titel, von denen man weniger als oder knapp die halbe Erstauflage über Jahre hatte absetzen können: Schreyvogl, Rainalter, Scheibelreiter, Seitz, Röttger, Mumelter, Michel und Gunnarson. Zunächst die Neuerscheinungen nach der laufenden Numerierung der Herstellkartei: 1936: 451. 452. 453. 454. 455. 456. 457. 458. 459. 460. 461. 462. 463. 464. 465. 466. 467. 468. 469. 470. 471.
Zygmunt Krasinski: Die ungöttliche Komödie Franz Karl Ginzkey: Liselotte und ihr Ritter Edmund Finke: Chapman & Cole John Galsworthy: Ein Mann aus Devon Eduard P. Danszky: Frau Chef. Ein Roman Oskar Maurus Fontana: Der Weg durch den Berg A. Calder-Marshall: Wir haben gestern geheiratet Albert von Streerbach: Zwischen Ende und Anfang Vilhelm Moberg: Weib eines Mannes Heinrich Dauthage: Der Herr von Eitel Alice Lyttkens: Du mußt dir selbst helfen! Friedrich Lorenz: Väter der Maschinenwelt Juliet Bredon: Hundert Altäre Franz Spunda: Wulfila. Roman Julius Pupp: Die Sammellinse. Band 2 Daniele Vare: Der Schneider himmlischer Hosen Erwin H. Rainalter: Das große Wandern. Roman Hermann Graedener: Traum von Blücher, Yorck Erika Spann-Rheinsch: Gestalt und Geheimnis Carl Fallas: Das hölzerne Kissen Edouard Estaunie: Das Testament der Frau
10. Januar 13. Februar 13. Februar 20. Februar 20. Februar 27. Februar 27. Februar 27. Februar 5. März 5. März 12. März 12. März 19. März 26. März 2. April 2. April 7. April 7. April 16. April 16. April 16. April 479
472. Franco Ciampitti: Die 90. Minute. Roman 473. Felix Braun: Karl der Fünfte 474. Övre Frich: Vitamin der Seele 475. Dhan Gopal Mukerji: Meine indische Heimat 476. Greta Bauer-Schwind: Licht und Erde 477. H.H. Ortner: Himmlische Hochzeit 478. Franco Ciampitti: Die fiinf Ringe. Roman 479. John Galsworthy: Moderne Komödie 480. Hertha Pauli: Toni. Ein Frauenleben 481. Pearl S. Buck: Die Frau des Missionars 482. Ernst Scheibelreiter: Der Liebe Schattenspiel 483. Erich Landgrebe: Adam geht durch die Stadt 484. Egmont Colerus: Geheimnis um Casanova 485. Alice Lyttkens: Es ist nicht wahr 486. Erich Ebermayer: Romanze. Schauspiel 487. Gustav Fröding: Ausgewählte Gedichte 488. Jos. Löwenthal: Die unsterbliche Stadt 489. Andreas Thom: Das Sylvesterkind 490. Jakob Schaffner: Meisternovellen 491. Allen Roy Evans: Der Zug der Renntiere 492. Wladimir von Hartlieb: Das Haus einer 493. Robert Seitz: Die Liebe alt, wie die 494. Ada Galsworthy: Die lieben Hunde 495. Hans Nüchtern: Die wilde Chronik 496. Vilhelm Moberg: Knut Torings Verwandlung 497. Daniele Vare: Die letzte Kaiserin 498. Friedrich Schreyvogl: Brigitte und der Engel 499. Edouard Estaunie: Segen der Liebe 500. Frank Thiess: Tsushima 501. Erwin H. Rainalter: Der getreue Knecht 502. Franz Th. Csokor: Der dritte November 503. Leo Perutz: Der schwedische Reiter 504. Lajos Zilahy: Tödlicher Frühling 505. Zsigmond Moricz: Siebenbürgen. 506. Hermann Graedener: Ein Volk geht zu Gott 507. Friedrich Lorenz: Odysseus und Penelope 508. C. Longworth de Chambrun: Mein grosser Kollege 509. Rudolf List: Michael. Roman 510. Otto E. Groh: Die Fahne 511. Josef Wenter: Der Kanzler von Tirol
23. April 12. Mai 20. Mai 28. Mai 10. Juni 10. Juni 6. August 27. August 2. September 10. September 10. September 10. September 17. September 17. September 17. September 17. September 24. September 24. September 24. September 30. September 30. September 30. September 8. Oktober 8. Oktober 8. Oktober 8. Oktober 15. Oktober 15. Oktober 15. Oktober 15. Oktober 15. Oktober 22. Oktober 22. Oktober 22. Oktober 22. Oktober 29. Oktober 5. November 26. November 26. November 18. Dezember
Die Auflage der in diesem Jahr aufgelegten Titel betrug (einschließlich der 10% Überdruckexemplare) insgesamt 171 040 Bände. Neuauflagen gab es von 16 Verlagstiteln. Das waren im einzelnen mit dem jeweiligen Termin und Auflagenstand folgende Werke:
480
1. Alice Lyttkens: Ich komme nicht zum 2. Pearl S. Buck: Söhne 3. Ernst Lothar: Romanze 4. Egmont Colerus: Leibniz 5. Jakob Schaffner: Die Weisheit der Liebe 6. A. Calder-Marshall: Wir haben gestern 7. Eduard Stucken: Die weissen Götter 8. Jakob Schaffner: Johannes. Roman 9. Pearl S. Buck: Die Frau des Missionars 10. John Galsworthy: Forsyte Saga 11. Alice Lyttkens: Es ist nicht wahr 12. Alice Lyttkens: Ich komme nicht 13. Egmont Colerus: 1x1 14. Alice Lyttkens: Du mußt dir selbst helfen 15. Allen Roy Evans: Der Zug der Renntiere 16. Frank Thiess: Tsushima
6.-8.Tsd. 8.-10.Tsd. 6.-7.Tsd. 9.-12.Tsd. 23.Tsd. 3.Tsd. 6.-8.Tsd. 14.-16.Tsd. 9.-12.Tsd. 190.Tsd. 6.-8.Tsd. 9.-11.Tsd. 22.-26.Tsd. 6.-8.Tsd. 4.-5.Tsd. 10.-15.Tsd.
9. Januar 30. Januar 30. Januar 30. Januar 13. Februar 30. April 30. April 14. Mai 6. November 22. November 29. November 9. Dezember 9. Dezember 9. Dezember 22. Dezember 15. Dezember
1937: 512. 513. 514. 515. 516. 517. 518. 519. 520. 521. 522. 523. 524. 525. 526. 527. 528. 529. 530. 531. 532. 533. 534. 535. 536. 537. 538. 539. 540.
Johannes Freumbichler: Philomena Ellenhub Marguerite Steen: Land der Liebe Edmund Finke: Die Hamadryade Alice Lyttkens: Man muß so viel Kasimir Edschmid: Der Liebesengel Lajos Zilahy: Zwei Gefangene Ralph H. Major: Ein Arzt erzählt Edouard Estaunie: Die Dinge erzählen Elisabeth Kraus-Kassegg: Die große Passion Egmont Colerus: Von Pythagoras bis Hilbert Karl E. Hirt: Menschen aus Österreich Pearl S. Buck: Gottesstreiter Josef Wenter: Tiere und Leidenschaften Eduard P. Danszky: Des Herrn Geheimrats Rudolf Henz: Kaiser Joseph II. Tragödie Daniel Henderson: Maria Tudor Erich Landgrebe: Peter Haberlandt Franz Spunda: Alarich. Roman Johann Killian: Der Kristall Juliet Bredon: Das Mondjahr Albert von Streerbach: Geackert ist schon Carl Crow: Vierhundert Millionen Kunden Oswald Menghin: Bauernwelt. Gedichte Grete von Urbanitzky: Begegnung inAlassio Vilhelm Moberg: Fern von der Landstraße Robert Seitz: Der Ast, auf dem die Engel Lajos Zilahy: Etwas treibt im Wasser Thit Jensen: Jörgen Lykke Edouard Estaunie: Schwester Therese
11. 11. 18. 25. 25.
2. 2. 9. 9. 16. 16. 16. 16. 16. 23. 23. 23. 30. 30.
Februar Februar Februar Februar Februar 4. März 11. März 11. März 18. März 18. März 25. März 8. April 8. April 8. April 15. April September September September September September September September September September September September September September September 481
541. 542. 543. 544. 545. 546. 547. 548. 549. 550. 551. 552. 553. 554. 555. 556. 557. 558. 559. 560. 561. 562.
Miklos Suränyi: Ein Volk allein Franz Werfel: In einer Nacht Franz Herczeg: Rakoczi, der Rebell Gustav von Festenberg: Das stille Tal Jo Jacobsen: Der Tümmlerjäger Alice Lyttkens: Wonach wir alle uns sehnen Frank Thiess: Stürmischer Frühling Zsigmond Moricz: Eines Kindes Herz Franz Werfel: Höret die Stimme Eduard Stucken: Die segelnden Götter Ernst Scheibelreiter: Die Flucht aus dem Josef Nyirö: Der Uz Heinrich Dauthage: Das trunkene Dorf John T. Flynn: Gold von Gott Franz Karl Ginzkey: Sternengast John Galsworthy: Forsytes, Pendyces und Erwin H. Rainalter: Gestalten und Friedrich Schreyvogl: Der Gott im Kreml Alma Holgersen: Zweitausend Meter über Adalbert Stifter Almanach Hans Nüchtern: Die Beiden im Herbst William Shakespeare: Perikles
30. September 5. Oktober 7. Oktober 7. Oktober 7. Oktober 7. Oktober 14. Oktober 14. Oktober 14. Oktober 14. Oktober 21. Oktober 21. Oktober 21. Oktober 28. Oktober 11. November 11. November 11. November 11. November 18. November 18. November 25. November 23. Dezember
In der Produktion des Jahres 1937 kam es zu insgesamt 51 Neuerscheinungen, aber nur bei neun Titeln überstieg die Erstauflage die Marke von 3 000 Exemplaren. Und in einigen dieser wenigen Fälle hat es den Anschein, daß es sich eher um die Erfüllung einer Vertragsverpflichtung handelt - siehe Werfeis Roman Höret die Stimme (10 000 Exemplare) - als um einen berechneten Absatz. Die Jahresproduktion in Bänden betrug 168 060. 1937 gab es 17 Neuauflagen, eine mehr als im Vorjahr. 1938: 563. 564. 565. 566. 567. 568. 569. 570. 571. 572. 573. 574. 575. 576. 482
Johannes Freumbichler: Geschichten aus dem Edmund Finke: Das Geheimnis des »Schreitenden Erich Ebermayer: Befreite Hände A.J. Cronin: Die Zitadelle Daniele Vare: Das Tor d. glücklichen Sperlinge Erich von Kunsti: Verlorener Strand Lajos Zilahy: Die Seele erlischt Erich Ebermayer: Der Fall Claasen Karl Schönherr: Blockade. Schauspiel Grete von Urbanitzky: Unsere Liebe Frau Vilhelm Moberg: Schlaflos Roman Hädelmayr: Die Wiederkehr. Gedichte Erich Kernmayr: Der Marsch ins Nichts Alma Holgersen: Du hast deinen Knecht
10. 10. 17. 24. 24.
Februar Februar Februar Februar Februar 3. März 3. März 10. März 10. März 17. März 17. März 17. März 24. März 24. März
577. Daniel Henderson: Die goldenen Bienen
578. 579. 580. 581. 582.
Greta Bauer-Schwind: Gott schuf die Welt Josef Weber: Der Herzacker. Gedichte Ralph Η. Major: Medizin keine Geheimwissenschaft Robert Seitz: Wenn die Lampe herunterbrennt Ernst Scheibelreiter: Hanna und die »Wallfahrer«
586. 587. 588. 589. 590.
Edmund Finke: Die Schale des Brunnens Robert Eton: Der Autobus fährt ins Dorf Albert von Streerbach: Der blühende Baum Edmund Finke: Schwarzes Segelschiff Franz Spunda: Das Reich ohne Volk
583. Josef Wenter: Die schöne Welserin 584. Erich Kernmayr: Der Tag unseres Lebens 585. Elisabeth Kraus-Kassegg: Theater der Götter
591. 592. 593. 594.
Kasimir Edschmid: Erika. Erzählung Ernst Kreische: Die Hochzeit der Veronika Pearl S. Buck: Stolzes Herz Andreas Thom: Die ungleichen Geliebten
595. Franz X . Dworschak:
Donauschiffer
596. Marcelle Vioux: Anna Boleyn 597. Edouard Estaunie: Das geheime Leben 598. Thit Jensen: Der Bischof von Börglum
599. L.G. Marshall: Frau im Spiegel. Roman 600. Hellmuth Berger: Pilatus in Judäa. Roman 601. Franz Herczeg: Die Heiden. Roman 602. Eduard Stucken:
Gedichte
603. Irene v. Guläcsy: Die schwarzen Freier
604. Hanns Schopper: So lebt das Dorf
605. Frank Thiess: Die Herzogin von Langeais
606. Josef Wenter: Der deutsche Heinrich/Der sechste 607. Daniele Vare: Der lachende Diplomat
608. Zsigmond Moricz: Löwe im Käfig. Roman 609. Johannes Freumbichler: Atahuala
610. John H. Bradley: Autobiographie der Erde 611. Adalbert Stifter-Almanach 612. Lajos Zilahy: Die Liebe meines Urahnen 613. Heinrich Dauthage: Napoleon IV.
614. H.H. Ortner: Isabella von Spanien
31. März 31. März 7. April 12. April 28. April 5. Mai 5. Mai 30. Mai 15. Juni 23. Juli 1. September 1. September 8. September 15. September 15. September 15. September 22. September 22. September 29. September 29. September 6. Oktober 6. Oktober 6. Oktober 13. Oktober 13. Oktober 13. Oktober 13. Oktober 20. Oktober 20. Oktober 20. Oktober 10. November 10. November 17. November 24. November 24. November 1. Dezember 1. Dezember 15. Dezember
Die Produktion des Jahres 1938 war die letzte, die Paul Zsolnay und Felix Costa gemeinsam verantworteten. Sie stand schon im Februar 1938 weitgehend fest. Vorgesehen waren 23-25 Herbstneuerscheinungen, von denen bis auf wenige Ausnahmen alle tatsächlich erschienen. Inwieweit einige Titel, die bereits bei der Herstellung waren, den geänderten Verhältnissen zum Opfer fielen, läßt sich nicht in allen Einzelheiten klären. Sicher ist, daß ein neues Werk von Felix Saiten, Perri, während des Anschlusses gedruckt und in Rohbogen vorhanden, aber dann nicht ausgeliefert wurde. Die Rohbogen und teilweise schon broschierten Exem483
plare wurden von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmt und eingestampft. Vorgesehene Werke von Roger Martin du Gard und ein Werk von Josef Nyirö sind im Programm von 1939 nicht vertreten.1 Wir können im Hinblick auf langfristige Planung dennoch davon ausgehen, daß einige Titel im Endstadium der Herstellung waren und eingestampft werden mußten. Die Gesamtzahl der hergestellten Bände 1938 betrug 163 593.
22.1. Produktionsanalyse nach Gattung (++) Jahr
Roman
Novelle/Erzg
Drama
Lyrik
1934 1935 1936 1937 1938
20 27 38 29 34
31 6 5 7 2
1 3 10 4 6
6 5 3 2 5
Mise.
3 5 9 5
(++) Unter »Mise.« werden hier verstanden: Reden, Vorträge, Jahrbücher, Musikund Kunstbücher, non-fiction sowie Biographien.
Dies geht aus einem Geschäftsbrief Felix Costas vom 12. Februar 1938 an den auf Urlaub weilenden Paul Zsolnay hervor, in dem er einen Überblick über die Herbstproduktion gibt. Direktionskorrespondenz 1937-1941. Sieht man von einem Werk von Hanns Schopper ab (So lebt das Dorf), ist von einer neuen Akzentsetzung noch nichts zu bemerken.
23. Der Erfolgsautor Franz Werfel
Es wurde bereits zu Beginn dieser Arbeit darauf hingewiesen, daß Franz Werfel und Felix Saiten bei der Gründung des Paul Zsolnay Verlags eine Art Katalysatorfunktion hatten. Keine anderen Autoren waren so lang im Programm des Verlags vertreten und keinen anderen gegenüber zeigte der Verleger Paul Zsolnay solche finanzielle Großzügigkeit im privaten wie im geschäftlichen Bereich, ja bisweilen ein Mäzenatentum, das bereits an fahrlässige Krida heranreichte. Beiden Autoren gemeinsam waren nicht nur die enge persönliche Beziehung zu Paul Zsolnay und Felix Costa, sondern auch der Umstand, daß sie - kommerziell betrachtet wichtige Quellen ausländischer Einnahmen waren. Saiten war als Verlagsautor ein wichtiges, ja unbezahlbares Bindeglied zwischen dem Verlag und der Neuen Freien Presse (deren Redakteur er war) in Wien. Eine Analyse der Zeitung würde wahrscheinlich ergeben, daß ein Gutteil der Zsolnay-Verlagswerke hier vorgestellt bzw. besprochen wurde und daß die Leserschaft des liberalen Blatts vielfach mit der des Verlags identisch war. Im folgenden soll der kommerzielle Erfolg Franz Werfeis näher betrachtet werden. Erst 1926, als der Autor vom Kurt Wolff Verlag noch nicht völlig frei war, wurde zwischen Zsolnay und Franz Werfel ein Generalvertrag abgeschlossen, der die höchsten Honorarsätze, die je einem Zsolnay-Autor bezahlt werden sollten, vorsah, und zwar 22% des broschierten Ladenpreises, ein Satz, der nur bei entsprechend hoher Auflage kalkulierbar war. Ansonsten zahlte der Zsolnay Verlag seinen »besten« Autoren durchwegs 20%. Für seinen Verdi-Roman - der erste diesbezügliche Vertrag wurde schon im Dezember 1923 unterzeichnet - bekam Werfel somit Konditionen, von denen andere Autoren zu dieser Zeit wohl nur träumen konnten. Für die ersten 10 000 Bände erhielt er 10 000 sFr auf die Hand. Auf Grund einer zusätzlichen Vereinbarung erhielt er neuerliche 10 000 Exemplare bei Drucklegung honoriert, und bei der nächsten Auflage griff der Verlag auf eine bewährte Usance zurück und brachte den Auflagenvermerk »23.-50.Tsd.« an, obwohl lediglich weitere 10 000 aufgelegt wurden. Der Verlag zahlte das Honorar für 5 000 Exemplare ( = sFr 5 000) bei Vertragsunterzeichnung und honorierte zur Gänze die restlichen 5 000 nach Abverkauf von bereits 4 000. Zuguterletzt hat sich der Autor (bzw. seine Lebensgefährtin) ausbedungen, das 55. Tausend als von ihm signierte Jubiläumsausgabe in flexiblem Ganzlederband mit Goldschrift erscheinen zu lassen. Der reißende Absatz des Romans, den heute nur die wenigsten Kritiker für gelungen halten und der vor dem Hintergrund einer Verdi-Renaissance gesehen werden muß, überdeckte vorerst einige Schwierigkeiten, die aus den unterschiedlichen
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Ausstattungen und daher Ladenpreisen resultierten. Je nach Ausstattung wurde das Buch zu Μ 5,50, Μ 7,50, Μ 8,25 und Μ 13 im Handel angeboten, für das der Autor mit jeweils gleichem Honorar zu bezahlen war. Zu dieser Zeit gab es von manchen seiner Werke nicht weniger als fünf Ausgaben. Mit der wohlfeilen Ganzleinen-Sonderausgabe Anfang September 1930 zum Preis von Μ 2,85 ging der Zsolnay Verlag ein knapp kalkuliertes Risiko ein. Es wurden zunächst 57 000 Bände auf den Markt geworfen, und Alma Mahler, die eine besondere Affinität zu Geld gehabt zu haben scheint, begnügte sich mit dem höchstmöglichen Honorar von 10 Pfg. pro Band im voraus und vor dem Erscheinen. Ja überhaupt hatte es Werfel seiner späteren Ehefrau zu verdanken, daß er unter den Zsolnay-Autoren ein Großverdiener war. Auf konkrete Zahlen kommen wir noch zu sprechen. Lange bevor sich Werfel von seinem ehemaligen Verleger Kurt Wolff rechtlich endgültig trennte, wurde am 20. Juni 1926 ein General vertrag mit Zsolnay unterzeichnet. Die Vertragsdauer war sechs Jahre und konnte einvernehmlich verlängert werden. Das Übereinkommen brachte dem Autor genügend Vorteile, dem Verlag nach 1933 eine beinahe unzumutbare Belastung. Die Mindestauflage für Romane wurde mit 10 000 fixiert, bei Novellen oder Novellenbänden 5 000, bei Dramen oder Dramenbänden ebenfalls 5 000. Lyrik wurde im Vertrag nicht berücksichtigt.1 Dort heißt es: 4). Als Honorar sichert der Verlag Herrn Franz Werfel eine Beteiligung von 22% vom Ladenpreis des broschierten Exemplars zu und verpflichtet sich, die jeweils gedruckten Auflagen im vorhinein bei Erscheinen zur Gänze zu honorieren. 5). Alle Honorarauszahlungen erfolgen auf Schweizer Franken-Basis, in jeder von Ihnen gewünschten Währung. 2
1932 wurde die Übereinkunft verlängert und war somit bis Juni 1938 in Kraft. Daß deren Erfüllung - vor allem die Voraushonorierung - für den Verlag zu einer Bürde werden konnte, zeigt schon die Auseinandersetzung um den umfangreichen Roman Barbara oder Die Frömmigkeit 1929. Alma Mahler war äußerst resolut und operierte offenbar nach der Devise »Strenge Rechnung, gute Freunde«. Wie der Verlag kurzfristig das nötige Geld für die Vorauszahlungen zusammenbrachte, war ja nicht ihre Sorge, und nicht selten mußte Felix Costa sie um Verständnis dafür bitten, wenn der eine oder andere Zahlungstermin sich verzögern sollte.3 Ein Beispiel da1
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Ausnahmen waren die Verdi-Briefe (8'/i%), Gedichte (20%), Dramatische Dichtungen (20%) und Der Tod des Kleinbürgers (illustrierte Ausgabe, 15%). Abschrift des Generalvertrags vom 20.6.1926, Alma Mahler-Werfel Papers, Special Collections, Van Pelt Library, University of Pennsylvania, Philadelphia. Wenn nicht anders angegeben, stammen alle vertragsbezogenen Informationen aus diesem Bestand. Ebd. Siehe z.B. den Brief Costas an Alma Maria Mahler vom 3.8.1929 in Sachen Barbara-Roman: »Was nun, hochverehrte gnädige Frau, Ihren Vorschlag eines Zahlungsmodus' für die weiteren verkauften Exemplare in der Weise, dass jedes Zehntausend nach Abverkauf der ersten 30.000 Exemplare vorausbezahlt wird, sobald es in den Handel gelangt, betrifft, kann und darf
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für, daß Werfel in der Lage war, auf großem Fuß zu leben, liefert ein Brief Costas an Alma Maria Mahler vom 29. August 1930. Die fälligen Zahlungen bot er in einer Übersicht: Am 2.IX. dem Erscheinungstag der Sonderausgabe »Verdi« werden wir uns gestatten, 5000 Mark für die 50.000 Exemplare »Verdi« zur Auszahlung gelangen zu lassen, Am l.XI. das Honorar für 10.000 Exemplare »Das Reich Gottes in Böhmen«, Am 1 .XII. den Reingewinnanteil in der Höhe von S 11.523. 4
Aber erst jene Werke Werfeis, die nach 1933 im Zsolnay Verlag erschienen, zeigen das ganze Ausmaß der finanziellen Belastung des Verlags, die aus einer auflagen- und nicht verkaufsorientierten Beteiligung des Autors entstehen konnte. Das Schicksal der vier Titel, um die es geht, zeigt auch, wie anachronistisch die 1926 festgelegten Mindestauflagen waren, zumal der Markt einfach weggefallen war. Der schriftstellerische, wenn nicht auch »gesellschaftliche« Erfolg Franz Werfeis läßt sich auf zweierlei Art konkret messen - anhand der Auflagenzahlen seiner Werke sowie anhand der vertraglich ausgezahlten Honorare. Beide können sich sehen lassen, denn Werfel zählte neben Stefan Zweig gewiß zu den reichsten österreichischen Autoren der Zwischenkriegszeit. Daß beide in der Zunft (unabhängig davon, daß sie jüdischer Herkunft waren) deshalb auch Neider hatten, ist selbstverständlich. Daß das Werk beider Schriftsteller heute von der Literaturwissenschaft eher herablassend betrachtet wird, ist lediglich eine weitere Übereinstimmung. Grundlage für den Nachweis des großen finanziellen Erfolgs der Werke Franz Werfeis im Zsolnay Verlag sind die Karteikarten in der sog. Herstellkartei. Sie sind zwar für jeden anderen Autor bzw. jedes anderes Werk auch vorhanden, aber im Unterschied zu Verlagskollegen erhielt Werfel durchwegs alle Honorare im voraus bezahlt. Die Tantiemen orientierten sich schließlich nach der Auflagenzahl und nicht nach den verkauften Bänden. Von den Werken Werfeis wurden insgesamt 658 400 Bände aufgelegt, bedeutend weniger als von John Galsworthy, allerdings mehr als vom »drittplazierten« Heinrich Mann. Um auf die Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Bände zu gelangen, müßte man noch jene Bände hinzurechnen, die der Zsolnay Verlag auf Grund eines Vertrags vom 14.3.1931 und gegen einen Betrag von Μ 6 000 vom Kurt Wolff Verlag übernahm. 5 Für die von Zsolnay erworbenen Bände war Franz Werfel bereits voll honoriert worden.
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ich nicht verhehlen, dass seine Annahme eine grosse Anspannung für unseren Verlag bedeutet, weil es hier um grosse Summen geht, deren Flüssigmachung nicht immer leicht ist. Aber da es Ihr und Franz Werfeis Wunsch ist, nehmen wir den Vorschlag an und bitten schon heute um Nachsicht, wenn es uns ein oder das andere Mal - wir hoffen, dass wir recht oft in die Lage versetzt werden, 10.000 Exemplare vorauszuhonorieren - besonders schwer werden sollte, die Vorauszahlung ganz termingerecht vorzunehmen.« Felix Costa an Alma Maria Mahler, 29.8.1930, ebd. Vertragsmappe Werfel. Durch dieses Übereinkommen konnte sich Franz Werfel von Wolff endlich rechtlich lösen. Zsolnay übernahm sowohl die Rechte als auch die Lagerbestände von
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Auf der Basis »Auflage multipliziert mit Tantieme pro Exemplar in Schilling« ergibt sich, daß der Paul Zsolnay Verlag zwischen 1924 und 1937 bei 25 Werktiteln bzw. verschieden ausgewiesenen Ausgaben einzelner Werke dem Autor Tantiemen in der Höhe von S 758 774 auszahlte. Nach heutiger Kaufkraft waren das ca. S 25 Millionen Schilling oder etwa DM 3,6 Millionen.6 Dabei sind die vielen »Nebeneinkünfte« Werfeis, die aus dem Vertragsverhältnis resultierten, gar nicht erfaßbar bzw. miteingerechnet: Reingewinnanteil, Eingänge aus dem Bühnenvertrieb, aus Filmrechten und Übersetzungsrechten (20% Verlag, 80% Autor), sowie Zeitungsabdrucken und dgl. mehr. Ramschverkäufe - die auch im Fall Werfel zum Tragen kamen7 und die Beziehung zum Verlag auf eine harte Probe stellten - waren umsomehr Verlustgeschäfte für das Unternehmen, als die Erlöse nicht einmal die nichtverdienten Autorenhonorare abdeckten. Es konnte daher nach dem März 1938 nicht anders sein, als daß das Verlagskonto Werfel stark belastet war. Doch davon später. Was reine Honorare betrifft, so hat Werfel an der normalen Ausgabe von Barbara oder Die Frömmigkeit am meisten verdient, und zwar S 185 900.8 Für die Sonderausgabe bekam er S 9 000. Der Verdi-Roman, der eine höhere Gesamtauflage erreichte, brachte dem Autor »nur« S 121 490 (ca. S 3,99 Millionen). Für den Abituriententag kassierte der Autor S 83 000 (ca. S 2,7 Millionen), für Geschwister von Neapel S 84 150 (ca. S 2,76 Millionen) und dies im voraus. Diese Berechnungen der aktuellen Kaufkraft bzw. des Geldwertes der damaligen Zeit im Fall Werfel lassen sich, was Verdienst betrifft, auch mit den Monatsgehältern der Verlagsmitarbeiter und den Jahreseinkommen anderer österreichischer Schriftsteller in eine konkrete Relation stellen. So wissen wir, daß die 23 Angestellten des Verlags laut einer Aufstellung im Jahre 1941 monatlich zwischen RM 147 ( = S 220,50/S 7 241) und RM 665 (= S 997,50/S 32 756) verdienten. Der Durchschnitt lag bei RM 321 ( = S 481,70/S 15 812). Als Felix Costa noch literarischer Direktor war, bekam er S 2 000 (= ca. S 65 677) im Monat.9 Werfel verdiente allein aus dem Titel garantierte Honorare durchschnittlich S 45 000 im Jahre, nach heutiger Kaufkraft S 1,48 Millionen. Das war zumindest bis zum
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Wolffs Werfel-Ausgaben. »Der Kurt Wolff Verlag verzichtet bei der Gesamtausgabe des Paul Zsolnay Verlages der Werke Franz Werfeis auf eine weitere Beteiligung und erklärt sich mit dem seinerzeit bereits aus diesem Titel vorausbezahlten Beträge ein für allemal abgefunden.« Der hier verwendete Umrechnungsschlüssel ist 3251,0 (Stand September 1993) unter Heranziehung des Kleinhandelspreisindex des Österreichischen Statistischen Zentralamtes auf der Basis März 1938 = 100. Es wurde wie folgt umgerechnet: Betrag in RM χ 1,5 (ergibt Betrag in Schilling) mal Indexklausel dividiert durch 99. Von folgenden Titeln wurden durchwegs vor der Beschlagnahme in Deutschland Restbestände abverkauft: Der Abituriententag, Geheimnis eines Menschen, Der Tod des Kleinbürgers, Verdi. Roman der Oper, Kleine Verhältnisse. Auflage 65 000 χ S 2,86. Nach der heutigen Kaufkraft waren das ca. S 6,1 Millionen. »Vermögenslage für die Stichtage 19. April und 1. Juli 1941. Bericht Dr. Emil Steinfelder.« AdR, VVSt, K.u.Tr., Kt. 900, Zahl 12.765, Band IV, Bl. 212-236; bes. Beilage 7.
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»Zahltag« für die »geistigen Führer der Nation« ab 1938 um ein Vielfaches mehr als andere heimische Autoren einnahmen. Deren Einkünfte stiegen, wie u.a. Amann nachgewiesen hat, vor allem gegen 1942 enorm an. 10 Wie unterschiedlich sich die diversen Verbreitungsbeschränkungen ab 1933 auf die Werke Werfeis auswirkten, ist bereits dargestellt worden. Wegen des meist uninformierten Umgangs mit dem Begriff »verbrannte Dichter« ist es hier wie auch sonst notwendig zu spezifizieren, ob ein Verbot im Bereich Buchhandel, Leihbücherei oder Antiquariat eigentlich erfolgt ist. Es wurden Bücher Werfeis wohl »verbrannt«, und laut Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums (Stand 1935) waren ja »Sämtliche Werke« verboten, doch abgesehen vom Roman Die vierzig Tage des Musa Dagh, konnten allem Anschein nach die Bücher des Dichters im Reich bis zum März 1936 verbreitet und verkauft werden. Daß der eine oder andere Buchhändler seine Bücher nicht geführt haben mag, steht auf einem anderen Blatt. Und es spricht nichts dafür, daß das Leipziger Lager bloß ins Ausland liefern durfte. Am 24. März 1936 - also bald drei Jahre nach den Bücherverbrennungen wurden im Zuge einer großangelegten Gestapo-Aktion in Leipzig sämtliche Lagervorräte u.a. der Werke Werfeis »für Deutschland beschlagnahmt und eingezogen«. Sämtliche Werkkarten der Herstellkartei tragen einen entsprechenden Stempel. Wir wissen nicht, ob der Verlag sich bemüht hat, die beschlagnahmten Vorräte mit dem üblichen Versprechen, daß man nicht versuchen werde, sie wiedereinzuführen, geschlossen für den Transport nach Wien freizubekommen. Bevor Gründe dafür angeführt werden, daß der Zsolnay Verlag auch nach den Bücherverbrennungen und bis 1936 Werfeis Bücher weiterhin im Reich absetzen konnte, wenden wir uns zuerst jenem Werk zu, das in einer Einzelaktion schon im Februar 1934 einer Beschlagnahme zum Opfer fiel: Die vierzig Tage des Musa Dagh. Für den Verlag war der neue Roman - betrachtet man einmal den Umfang von 1139 Seiten, der ja zwei Bände erforderlich machte - mit erheblichen Investitionen verbunden. Der Buchkäufer konnte zwischen fünf Ausstattungen wählen: geheftet, kartoniert, halbleinen, ganzleinen, halbleder/Pergament. Der Ladenpreis reichte von Μ 8 bis Μ 20, somit kostete die billigste Ausgabe nach aktuellem Wert umgerechnet immerhin knapp über DM 55,00. Aufgelegt wurden 16 500 Exemplare von jedem Band, erschienen ist der Roman nicht Ende November 1933, wie gelegentlich geschrieben wird, sondern am 16. des Monats. Der Erscheinungstermin (Herbst 1933) und die entsprechende breitangelegte Propaganda zeigen zunächst, daß die diversen publizierten und sonstwie ausgesprochenen Verbote kein Hindernis zur Einfuhr Werfelscher Bücher ins Reich darstellten. Ein weiterer Beweis wird noch anzuführen sein. Daß die Anregung, das Buch zu verbieten, nicht unmittelbar von einer NS-Stelle ausging, ist ebenfalls bezeichnend. Paul Zsolnay war im Zeitalter der politisierten Kunst sorgsam darauf bedacht, keinen Schritt zu tun oder zu unterlassen, der die Verbreitung Werfeis im Reich in 10
Amann:
DerAnschluß,
S. 164ff.
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Gefahr hätte bringen können. Schon bevor der Autor den - letztlich wenig sinnvollen - Versuch unternahm, in den RdS aufgenommen zu werden, hatte sein Verlag, wie schon geschildert, vorsichtshalber die sehr erfolgreichen Ausgaben der beiden Reden Werfeis im August 1933 aus dem Verkehr gezogen. Aber auch sonst sollte der Autor sich nicht exponieren, ja auf keinen Fall an einem Unternehmen partizipieren, das ihm in Deutschland schaden bzw. die Verbreitung seiner Bücher dort negativ beeinflussen könnte. Ein solcher Fall stand zur Debatte, als bekannt wurde, daß der Verlag Allert de Lange in Amsterdam eine »würdige und repräsentative Antwort auf die antisemitischen Angriffe gegen deutsch-jüdische Autoren« in Form einer Anthologie plante. 11 Bis das umfangreiche Werk vermutlich im November 1933 auf den Markt kam - es war dies die erste Produktion der deutschen Abteilung des Allert de Lange Verlags -, tat sich aber allerhand. Ursprünglich war daran gedacht, eine Sammlung unveröffentlichter Erzählungen berühmter deutscher Autoren, deren Werke in Deutschland verbrannt worden waren, unter dem beziehungsreichen Titel »Der Scheiterhaufen« und mit einer politischen Aussage erscheinen zu lassen. Der Titelvorschlag stammte von Ernst Toller, Herausgeber Hermann Kesten sollte ein Vorwort (das letztlich geopfert wurde) beisteuern. Aus verschiedenen Gründen formierte sich Widerstand. Es hagelte Proteste mehrerer Beiträger, darunter Robert Neumann, Stefan Zweig und Felix Saiten, die sich gegen den Titel und das Vorwort des Herausgebers wehrten. So teilte Paul Frischauer in einem Telegramm dem Verlag in Amsterdam folgendes mit: 20.X. 1933 Allert de Langeverlag Damrak 62 Amsterdam Unsere Abmachung galt rein literarischer Anthologie stop Kann Sammelbandtitel Scheiterhaufen nicht gestatten stop Meine Bücher nicht verbrannt Frischauer12
Daß, unabhängig von einem allenfalls »ängstlichen« Verleger wie Paul Zsolnay, von Stefan Zweig Bedenken erhoben wurden, relativiert die Mutmaßung, Zsolnay wollte bloß aus finanziellen Gründen das Nachdruckrecht an einer Novelle Franz 11
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Über die Entstehung dieser Anthologie vor allem auf der Basis der Korrespondenzen Hermann Kestens berichtet ausführlich Andreas Winkler: Hermann Kesten im Exil (1930-1944). Sein politisches und künstlerisches Selbstverständnis und seine Tätigkeit als Lektor in der deutschen Abteilung des Allert de Lange Verlages. Mit einem Anhang unveröffentlichter Verlagskorrespondenz von und an Hermann Kesten. Hamburg: Hartmut Lüdke Verlag 1977 ( = Geistes- und Sozialwissenschaftliche Dissertationen 45). Das Buch Winklers wird jetzt vom Perspol-Verlag, Hamburg, vertrieben. Der Wortlaut des hier zitierten Briefs von Hilde van Praag-Sanders an Hermann Kesten vom 11.6.1933 wird bei Winkler, S. 168 f. wiedergegeben. Siehe auch Kerstin Schoor: Verlagsarbeit im Exil. Untersuchungen zur Geschichte der deutschen Abteilung des Amsterdamer Allert de Lange Verlages 1933-1940. Amsterdam-Atlanta 1992, S. 98ff. Bei der Arbeit von Schoor, geb. Sorgatz, handelt es sich um eine erweiterte und mit einem Register versehene Fassung ihrer Dissertation (Berlin 1989). Der hier wiedergegebene Text ist im Ordner Frischauer erhalten.
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Werfeis (Kleine Verhältnisse) nicht freigeben. 13 Er wollte in erster Linie einfach nicht das Risiko eingehen, die Bücher seiner Autoren im Reich zu gefährden. Robert Neumann war nicht so ängstlich (»ich persönlich trete keineswegs so leise«), mußte sich aber dem Wunsch seines Verlegers beugen. 14 Felix Costa wurde über den Inhalt und genaueren Titel des geplanten Bandes durch eine Notiz des Redakteurs Paul Stefan in der Wiener Zeitung Die Stunde informiert. Dieser hatte dem Allert de Lange Verlag versprochen, wie es in einem Brief des Amsterdamer Verlags vom 12. Oktober 1933 heißt, »Notizen für den Verlag in Ihrer Zeitung unterzubringen«: »Anbei erlaube ich mir, Ihnen eine Notiz über unsere Verlagserwerbungen einzusenden«. 15 Die später inkriminierte Passage lautete: »Schliesslich erscheint demnächst eine Sammlung unveröffentlichter Erzählungen berühmter deutscher Autoren, deren Werke in Deutschland verbrannt wurden, unter dem Titel 'Der Scheiterhaufen'. Herausgeber ist Hermann Kesten.« 16 Es folgte eine Liste der 18 Mitarbeiter. Als Costa die Notiz las, richtete er unverzüglich ein Protesttelegramm an den Allert de Lange Verlag mit folgendem Inhalt: Allert de Langeverlag Damrak 62 Amsterdam Verbieten entschiedenst im Namen Franz Werfeis und im eigenen Namen Erscheinen Nachdruck Werfelerzählung in Anthologie »Der Scheiterhaufen« da Erlaubnis nur für Nachdruck in rein literarischer völlig unpolitischer Anthologie erteilt wurde. Zsolnayverlag 1 7
Postwendend teilte der Amsterdamer Verlag telegraphisch mit: 18 13
Schoor (S. 100) interpretiert dies eigenwillig als »eine etwas fadenscheinige Besorgnis« Paul Zsolnays, ohne über die Hintergründe informiert zu sein. Sie zitiert die Abschrift eines Briefes von Kesten an Paul Zsolnay vom 26.7.1933 (das Original findet sich nicht im Verlagsarchiv), in dem Kesten behauptet, die Werfel-Novelle sei ja »vor Jahren erschienen«. In Wahrheit war sie im April 1931 auf den Markt gekommen. Schoors Unkenntnisse der Verhältnisse auf dem österreichischen Buchmarkt in den 20er und 30er Jahren wie von der auch 1989 vorliegenden einschlägigen Sekundärliteratur machen sich trotz der Vorzüge der Arbeit des öfteren unangenehm bemerkbar. Ihre Behauptung (S. 121), daß Paul Zsolnay nach dem P.E.N.-Kongreß in Ragusa im Mai 1933 sich »einer Gegendemonstration im österreichischen PEN-Club angeschlossen« hätte, ist in dieser Form nicht haltbar, und es tut auch nichts zur Sache, wenn man weiß, daß er im September 1933 austrat.
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Vgl. den Brief an Hermann Kesten vom 24.6.1933, in Winkler, S. 175, und Schoor, S. 100. Zitiert wird aus dem Original eines kurzen Schreibens an Stefan, das dieser dem Zsolnay Verlag übermittelte. Es befindet sich im Ordner Werfel.
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Abschrift im Ordner Werfel. Abschrift datiert 19.10.1933, Ordner Werfel. Zu diesem Komplex liegen im Verlagsarchiv nur ganz wenige Unterlagen. Das liegt u.a. daran, daß gesondert abgelegte Korrespondenz mit anderen Verlagen verschollen ist.
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Datiert 20.10.1933, ebd. Unter den 18 Beiträgern waren 7 Autoren des Zsolnay Verlags: Max Brod, Paul Frischauer, Heinrich Eduard Jacob, Robert Neumann, Felix Saiten, Ernst Weiß und Franz Werfel (Das Trauerhaus).
Wenige Tage später (23.10.1933) soll in der Wiener Tageszei-
tung Die Stunde, so Sorgatz (S. 101), offenbar unter Berufung auf einen Zeitungsausschnitt im Archiv Allert de Lange, berichtet worden sein, daß die Novellensammlung den ursprünglich
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TITEL SCHEITERHAUFEN EIN IRRTUM IST SEIT WOCHEN VERFALLEN SAMMLUNG IST UNPOLITISCH DOCH LITERARISCH LANGE
Die Wendung »seit Wochen« war etwas übertrieben, und Paul Stefan wollte nicht den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen. Er teilte Costa am 25. Oktober 1933 folgendes mit: im Anschluss an unser letztes Gespräch sende ich Ihnen den Brief von de Lange im Originalkouvert. Sie ersehen daraus, dass die Anthologie den Titel haben sollte, den sie in der Notiz der »Stunde« hatte. Wenn es sich die Herren später überlegt haben, so können wir nichts dafür. 1 9
Paul Zsolnay hatte sich, wie er seinem »verehrten lieben Freund« im März 1933 mitteilte, »noch niemals« auf eine neue Arbeit des Autors »so gefreut«, wie auf Die vierzig Tage des Musa Dagh. Ihm schwebte dabei ein Werk vor, das sich »über das Zeitliche« erhebe, das sich »mit dem Ewigen« auseinandersetze. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, daß an diesem Werk »das Zeitliche« rezipiert wurde, wo doch Werfel selber seinen Eltern Ende März 1933 gegenüber gemeint hatte, das Buch würde durch die Ereignisse »eine symbolische Aktualität« bekommen. 20 Wie konnte der Verleger noch in den Wolken der »reinen Kunst« schweben? Kaum vier Tage nach dem Erscheinen des Musa Z)ag/i-Romans, der zu einem nicht gerade für jedermann erschwinglichen Preis auf den Markt kam, mußte Paul Zsolnay schon Schadensbegrenzung betreiben, das heißt, er mußte seine offensichtlich aufgebrachten Nachbarn in der Prinz Eugen Straße, den Türkischen Gesandten in Wien, beruhigen bzw. den Romaninhalt verharmlosen, Werfeis »Schuldzuweisung« relativieren, die Erzählung als längstvergangene Geschichte herunterspielen. Obwohl sich das Buch gegen die Armenierverfolgungen wende, »die seinerzeit von den Jungtürken organisiert worden sind, glaube ich dennoch«, so Zsolnay an seine Exzellenz, »dass es Franz Werfel gelungen ist, unparteiisch zu sein, indem er in seiner Menschengestaltung auf beiden Seiten Figuren geschaffen hat, die alle Vorzüge der Nationen in sich vereinigen.«21 Es sei Werfel gelungen,
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vorgesehenen Titel »Der Scheiterhaufen« nicht führen werde. Bei der Datierung dürfte es sich hier um einen Irrtum handeln, denn an diesem Tag erschien keine Ausgabe der Stunde. Ordner Werfel. Man vergleiche dazu die Schlußfolgerungen Paul Stefans aus einem Gespräch mit Werfel über den Roman (Besuch bei Franz Werfel. In: Die Stunde, 1.11.1933, S. 5): das neue Werk habe »mit Ereignissen von heute gar nichts zu tun«, der Plan dazu sei vor vier Jahren entstanden. Ähnlich äußerte sich Stefan kurz darauf in einer Besprechung (Franz Werfeis Epos der Vertreibung. In: Die Stunde, 17.11.1933, S. 4): »Werfeis großes Buch ist zeitlos, ohne Beziehungen und Anspielungen. Es hat mit keiner Gegenwart und Nachbarschaft zu tun, sondern gibt der deutschen Literatur wieder ein Werk und Menschen«. Paul Zsolnay an den Türkischen Gesandten in Wien, 20.11.1933, Ordner Werfel.
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schrieb der Verleger kalmierend, wie noch nie die türkische Landesbevölkerung literarisch zu schildern: So glaube ich, dass er zum Beispiel in der Gestalt des »alten Scheich«, des Agha Rifaat Bereket und des Dr. Nezimi Bey, ferner der Repräsentanten der türkischen Landbevölkerung den türkischen Menschen in einer Weise in die europäische Literatur eingeführt hat, wie er bisher noch nie geschildert worden ist.
Einmal mehr zeigt Zsolnay seine fatale politische Naivität: in der Frage der Armeniergreuel war es aus der Sicht zumindest eines Teils der Weltöffentlichkeit vollkommen gleichgültig, ob die Repräsentanten der »heutigen« Türkei nicht mehr dieselben waren wie im Jahre 1915 bzw. ob es in der türkischen Führung zu einer Flurbereinigung gekommen war, lag der Völkermord doch erst 18 Jahre zurück. So teilte Zsolnay dem Türkischen Gesandten folgendes mit: Die türkische Republik unter der Führung Ghazi Mustafa Kemal Paschas hat die in diesem Buch angegriffenen türkischen Staatsmänner restlos beseitigt, sodass die heutige Türkei mit keinem Wort angegriffen erscheint. Ich selbst, der ich einen grossen Teil meiner Jugend in der Türkei verbrachte, hatte und habe immer das Glück, Führer und Repräsentanten des türkischen Volkes zu begegnen, denen ich mit voller Sympathie und oft mit Bewunderung gegenüberstehen konnte. Auch die Liebe meines Vaters zum türkischen Volke ist ja allgemein bekannt und hat sich auch auf mich übertragen. Umsomehr freut es mich, dass einer der grössten zeitgenössischen Dichter, trotzdem sein Thema ihn in eine unerfreuliche, inzwischen glücklich abgeschlossene Periode der osmanischen Geschichte führt, Licht und Schatten in gerechter Weise verteilt hat und die Taten Kemal Paschas und seiner Anhänger, die die Überwinder dieser kurzen und traurigen Episode in der Türkei darstellen, in ihrer ganzen Grösse aufgezeigt hat.
Das Massaker, dem zwischen 200 000 und 600 000 Menschen zum Opfer gefallen waren, wird von Paul Zsolnay als Betriebsunfall der Geschichte hingestellt, zu einer »kurzen und traurigen Episode« degradiert, ja diese Periode sei »glücklich abgeschlossen«. »Schatten«, »unerfreulich«, »traurig« sind die exkulpierenden Worte, die Zsolnay findet, um das neue Werk seines Lieblingsautors, dessen Sympathien wohl ganz anders lagen, vor der türkischen Nachrede zu retten.22 Es gelang ihm nicht, egal ob der Bericht des Gesandten an seine Regierung beruhigend ausfiel oder nicht. Die Recherchen eines türkischen Journalisten im Reich brachten den Roman zu Fall, und der Verlag bekam bereits am 3. Februar 22
Dazu die Darstellung von Frank Thiess in seinen Memoiren (Freiheit bis Mittemacht. WienHamburg: Paul Zsolnay Verlag 1965, S. 439): »In seinem Roman Die letzten Tage des Musa Dagh (sie!) schilderte Franz Werfel die armenische Hölle mit nicht mehr überbietbarem Realismus. Aber der Roman erschien erst zu Ende der zwanziger Jahre (sie!) und sein Vertrieb stieß auf Schwierigkeiten, da man sich seinetwegen ungem mit den Türken überwarf, die gegen seine Veröffentlichung - wie Paul Zsolnay mir in Wien versicherte - protestiert hätten.« Die Erinnerungen wurden anscheinend nicht lektoriert.
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eine Vorwarnung eines Buchhändlers in Berlin, der sich als langjähriger Verehrer des Verlags bezeichnete. Er kündigte ein unmittelbar bevorstehendes Verbot von Musa Dagh an und schilderte die näheren Umstände folgendermaßen: Ein mir bekannter türkischer Journalist und Schriftsteller der in Deutschland weilt befasst sich mit diesem Buch und wird demnächst an die zuständigen Stellen das Anliegen richten, dieses Buch verbieten zu lassen. Die näheren Gründe sind mir nur soweit bekannt als ich weiss, das sich das Buch agressiv gegen türkische Kreise und das türkische Volk überhaupt wendet. Es wäre ausserordentlich für den Buchhandel zu bedauern, wenn das Verbot durchkommen würde, da das Buch an sich für uns ganz tendenzlos ist und lediglich der Wunsch dieses einen Herrn befriedigt würde, bei dem ausserdem noch nicht einmal fest steht, dass er im Namen des türkischen Volkes handelt. 23
Am 4. Februar, also schon am nächsten Tag, wurde das Verbot ausgesprochen, am 7. im Deutschen Kriminalpolizeiblatt und am 10. im Börsenblatt bekanntgemacht. Die Begründung war genauso fadenscheinig wie zeitüblich und scheint gleich den Anlaß gegeben zu haben, nun alle Werke Werfeis im Leipziger Lager zu konfiszieren. Der formale Grund war der (Gummi-)Paragraph 7 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des deutschen Volks vom 4. Februar 1933, wonach Druckschriften, deren Inhalt geeignet war, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu gefährden, polizeilich beschlagnahmt und eingezogen werden konnten. Die Anschuldigung auf Vorliegen eines Potentialdelikts war nicht sehr überzeugend und konnte es kaum sein. In Wirklichkeit lag der Grund in der deutschen Außenpolitik: der alte Verbündete, die Türkei, wünschte ein Verbot und der NS-Staat kam dem Verlangen unter Zustimmung der Presse nach. 24 Daß diplomatische Rücksichten mit Invektiven gegen den »jüdischen« Autor durchaus konvenieren konnten und genug Parallelen zur Gegenwart gefunden werden konnten, zeigt ein längerer Zeitungsartikel über das Verbot. 25 Dafür aber, daß der Verlag eine »gereinigte« Ausgabe des Musa Dagh in Erwägung zog, gibt es keinerlei Belege. 26
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Rolf Heukeshoven an den Verlag, 3.2.1934, Ordner Werfel. Zur Politik Deutschlands bzw. Österreich-Ungarns in der Armenierfrage siehe Artem Ohandjanian: Armenien. Der verschwiegene Völkermord. Wien-Köln-Graz: Böhlau 1989. Die SS-Zeitung Das Schwarze Korps (Folge 2, 9.1.1936, S. 10) befaßte sich ausführlich mit dem Roman »Die vierzig Tage auf dem Berge Musa« (sie!) und schrieb u.a.: »In Deutschland wurde dieses Buch gleich bei seinem Erscheinen v e r b o t e n , so wie wir jedes Buch verbieten werden, das das Ansehen eines selbständigen und souveränen Staates in gehässiger Form herabsetzt. Franz Werfel hat uns jedoch - und auch der übrigen Welt - bewiesen, daß das Judentum eben nichts anderes kann, als Zwietracht, Haß und Verleumdung säen.« K.Z.: Der verbotene Werfel. Undatierter, nicht identifizierter Zeitungsartikel im Ordner Werfel. Michel Reffet: Contestation politique et recherche des lecteurs dans le cas des Quarante Jours du Musa Dagh de Franz Werfel. In: Roman et societe. Actes du colloque de Valenciennes, mai 1983, S. 185-192. Hier S. 187: »Si l'on en croit l'historien de la litterature Emst Alker, une edition epuree aurait ete preparee pour la vente en Allemagne.« Bei Überprüfung der Quelle Reffets entpuppt sich diese Vermutung als ΜißVerständnis. Bei Ernst Alker (Profile und Gestal-
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Die Degradierung Wagners im Ve/tfi'-Roman war noch in schlechter Erinnerung. Werfel hatte, so wurde argumentiert, »seinen politischen Fanatismus, seinen infernalischen Haß gegen alles Deutsche in unverfängliche Romane« eingekleidet. »Wir erinnern hier nur an seinen 'Verdi'. Ein biographischer Roman, der sich nicht etwa auf eine Verherrlichung des italienischen Meisters beschränkt, sondern den willkommenen Anlaß gibt, nun gegen Wagner, als die Verkörperung deutscher Musik in der unflätigsten Weise loszuziehen. Für Werfel ist, wie er das einmal sehr unverhüllt sagt, 'alles Nordische der Ausdruck des Teuflischen, alles Slawisch-semitisch-südliche das Lichtvolle des Lebens.'« Mit großem rhetorischen Geschick werden dann Nazi-Greuel vindiziert und Parallelen auf allen Seiten erblickt: Dieser christlich-jüdische Literat hat nun gelegentlich einen Reise (sie) in der Türkei vom Schicksal der Armenier gehört, die den Türken viel zu schaffen machten, weil sie ihre Sonderinteressen immer über das Gesamtwohl des Staates stellen zu müssen glaubten. Den Türken ist schließlich die Geduld gerissen, und sie sind gegen die Armenier nicht gerade sehr sanft vorgegangen. Die natürliche Reaktion eines emporwollenden Nationalstaates gegen den Fremdkörper! Die Parallelen lagen für Herrn Werfel nahe. Der Ausbruch des Dritten Reiches lag ihm ohnedies schwer genug im Magen. (...) Dieser Roman ist ein Pamphlet nicht nur gegen die junge Türkei, sondern auch ein Pamphlet gegen einen gesunden Nationalismus überhaupt. Der ganze Haß des Juden gegen die Kraft und den Aufbauwillen einer Gemeinschaft wird hier sichtbar. Das Buch trieft in der widerlichsten Weise von Sadismus und Grausamkeit. Die Verwandtschaft mit der Greuelpropaganda gegen Deutschland ist unleugbar festzustellen. (...) Er ist mit einer Schlampigkeit und Leichtfertigkeit sondergleichen geschrieben und gespickt mit Ausfällen aller Art gegen all das, was uns heute in Deutschland heilig ist und für das wir, wenn schon nicht Verstehen, so wenigstens Achtung verlangen können.
Auf diese Weise wurde Musa Dagh im Sinne heutiger Kritiker durchaus als Warnung gegen den Nationalsozialismus rezipiert. Der Versuch des Verlags, das Verbot rückgängig zu machen, mißlang,27 es konnte aber Anfang Juni wenigstens erreicht werden, daß, wie Felix Costa unter Berufung auf eine Verständigung des Polizeipräsidiums in Berlin dem Kommissionshaus Volckmar in Leipzig am 2. Juni mitteilte, »alle Bücher von Werfel, mit Ausnahme des 'Musa Dagh' wieder freigegeben wurden«. Auch dieser Hinweis widerlegt die vielen Legenden von den »verbrannten Dichtern«.
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ten der deutschen Literatur nach 1914. Mit einem Kapitel über den Expressionismus von Zoran Konstantinovic. Hrsg. Eugen Thumher. Stuttgart: Kröner 1977, S. 732) heißt es - auch ohne Angabe von Quellen: »Das Buch konnte zunächst anstandslos im Dritten Reich verbreitet werden, war sogar von dem in Wien ansässigen Paul Zsolnay Verlag freiwillig zu einer Vorzensur der braunen Gesinnungslenkern in Manuskriptform vorgelegt und von diesen positiv bewertet worden; erst der Einspruch der Türkischen Gesandtschaft in Berlin bewirkte seine Inhibierung.« Costa an Rolf Heukeshoven, 26.2.1934, Ordner Werfel. »Zu unserem grossen Bedauern müssen wir Ihnen mitteilen - was Sie ja inzwischen wohl auch selbst erfahren haben - dass eine Intervention in dieser Angelegenheit keinen Erfolg gebracht hat.«
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Werfel hielt sich in Santa Margherita Lig. auf, als in Wien die Februar-Kämpfe tobten und sein Roman verboten wurde. Als er von der Maßnahme hörte, richtete er an seinen »lieben Freund Costa« eine Reihe von Fragen: - Wie, wann, warum kam das Verbot des Musa Dagh zustande? - Habt Ihr etwas dagegen unternommen? Oder lässt sich nichts tun?- Schadet es meinem übrigen Werk?- Kann man etwas tun, um das Verbot im deutschen Ausland zu verwerten? - Wie hoch ist der bisherige Absatz des M.D.- und wie haben sich die Wochen seit dem Verbot geändert?- Ist die englische Honorargeschichte schon erledigt?- Kann man eine französische Übersetzung auf keinen Fall durchsetzen?-28
Werfel, der von der »Sandbank meiner gegenwärtigen Stimmung« spricht, dürfte vom Verlag einen mündlichen Bericht bekommen haben, denn eine direkte Antwort auf seine Fragen ist nicht überliefert. Die meisten Fragen sind hier bereits beantwortet, aber Angaben über den Absatz bis zum Verbot haben wir nicht. Wir wissen aber, daß das »Pauschalverbot« im Februar 1934 gegen Werfel (mit Ausnahme des Musa Dagh) im Juni aufgehoben wurde und daß durch glückliche Umstände nicht die ganze Auflage konfisziert wurde. Doch in Anbetracht des Umstands, daß zwischen 2/3 und 3/4 des Werfel-Absatzes im Reich gemacht wurde, war das eher ein schwacher Trost. Paul Zsolnay versuchte aus der Not eine Tugend zu machen, indem er die gesteigerte Nachfrage im Ausland auszunützen trachtete. Die Vorräte in Deutschland waren ja beschlagnahmt worden, doch lagerten noch 500 für das Reich bestimmte Ganzleinenexemplare in einem Transitlager in Wien. So bemühte sich Felix Costa, diese zu Sonderkonditionen einem Buchimporteur in Amsterdam zu verkaufen: Da wir einerseits annehmen, dass die Aktualität dieses Buches auf Grund des Verbotes steigen und es in Holland daher einen grösseren Absatz finden wird, andererseits eine Räumung dieses Lagers uns sehr erwünscht wäre, bieten wir Ihnen diese Vorräte mit einem Ausnahmsrabatt von 60% und einem von Ihnen vorzuschlagenden nicht allzu langen Ziel an. Wir bitten Sie um sofortige Rückantwort, damit wir unsere diesbezüglichen Dispositionen danach richten können. 29
Ein Antwortschreiben liegt nicht vor. Gleichzeitig erhoffte sich der Verlag eine erhöhte Nachfrage in der Schweiz (wo man das Werk noch absetzen konnte) und bot dem Schweizerischen Vereins-Sortiment Ölten gleich 2 000 Exemplare an. Die Auslieferung lehnte ab, vor allem in Hinblick auf den Ladenpreis (RM 14). Statt dessen erklärte sich das Vereinssortiment bereit, die 2 000 Exemplare in Ölten einzulagern. Darauf Felix Costa:
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Werfel an Costa, 26.2.1934, ebd. Costa an N.V. van Ditmars Boeken Import, 10.2.1934, ebd.
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Die 2000 Exemplare, die wir Ihnen angeboten haben, sind in keiner Weise gefährdet. Sie befinden sich auf unserem Transitlager und sind vor Beschlagnahme sicher. Es ist daher nicht notwendig, dass wir von Ihrem liebenswürdigen Vorschlag, diese Exemplare bei Ihnen einzulagern, Gebrauch machen müssen. Anders verhält es sich damit, dass wir diese gewissermassen überzählig gewordenen Exemplare gerne und rasch verkaufen möchten. Diese unsere Absicht hat uns veranlasst, Ihnen die 2000 Exemplare zu 60% en bloc anzubieten. Wir können durchaus verstehen, dass der relativ hohe Preis des Buches Sie davon abschreckt, ein so grosses Quantum fest zu kaufen, und auf Lager zu legen. Diese Einsicht einerseits und die Tatsache andererseits, dass die Nachfrage in den Sukzessionsstaaten nach diesen Werken eine ausserordentlich rege geworden ist, sodass wir einen grossen Teil dieser Transitlagerexemplare bereits verkauft haben, ermöglichen es uns, um Ihnen gefällig zu sein, und da auch Sie die Ansicht vertreten, dass die Nachfrage nach diesem in Deutschland verbotenen Buch sich auch in der Schweiz erhöhen wird, Ihnen gegenüber das Anerbieten eines 60% igen Rabattes aufrecht zu erhalten, auch wenn Sie sich entschliessen, eine relativ geringe Anzahl von Exemplaren - wir denken an einige hundert - zu kaufen. 30
Unbeeinflußt vom Verbot des Musa Dagft-Romans gelang es dem Verlag, eine ganze Reihe von Übersetzungsverträgen abzuschließen, darunter für tschechische, polnische, holländische, englische, dänische, ungarische und französische Ausgaben.31 Es erhebt sich die Frage, wieviele Exemplare des Musa Dagh auch ohne deutschen Absatzmarkt verkauft werden konnten. Ein Indiz dafür gibt eine Lagerbestandsaufnahme. Von den 15 000 Doppelbänden waren im Juli 1938 insgesamt 4 833 Exemplare vorhanden, und es ist anzunehmen, daß nicht wenige Bände zu Sonderkonditionen verschleudert wurden. Generell kann man festhalten, daß sich die vier Werfel-Titel, die nach der Machtübernahme Hitlers erschienen, schlecht verkauften. Bis auf Musa Dagh wurden sie nicht nach Deutschland eingeführt. 1935 erschien der Gedichtband Schlaf und Erwachen in einer Auflage von 3 000 Exemplaren. Im Juli 1938 lagen noch 2 614 auf Lager! Das Bibelspiel Der Weg der Verheißung kam im Dezember 1935 heraus. Die Auflage betrug - wohl stark überhöht 10 000 Exemplare ( + 1 0 0 0 Überdruck). Die Lagerbestandsaufstellung des Verlags im Juli 1938 gibt 9 999 Bände an, was darauf schließen läßt, daß es Null-Verkauf gab. Das Schauspiel In einer Nacht kam als »Bühnenmanuskript« am 5. Oktober 1937 in einer Auflage von 3 000 Exemplaren heraus, wurde aber nicht nach Deutschland ausgeliefert. Dem umfangreichen Prophetenroman Höret die Stimme, erschienen Mitte Oktober 1937, 32 war in der kurzen Zeitspanne bis zum »Anschluß« ein eher kleiner Erfolg 30 31
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Costa an Schweizer Vereinssortiment, 15.2.1934, ebd. Das Werk erschien 1936 in französischer Übersetzung, soll aber nach wenigen Wochen vermutlich wegen des türkischen Protests aus den Auslagen verschwunden sein. Siehe Reffet, S. 187 f. Als besondere Werbemaßnahme gab es im September 1937 ein Plakat, das mit einem von Werfet eigenhändig geschriebenen Text folgenden Inhalts versehen war: »Der Held dieses Buches hat schon seit meiner Jugend meine Gedanken beschäftigt, aber es musste erst diese Zeit mit all ihren Stürmen und Leiden kommen, ehe ich den Mut fand, ihm wirklich ins Auge zu sehen. Ich
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beschieden: im Juli 1938 lagen noch 6 191 Exemplare auf Lager. Was den tatsächlichen Absatz betrifft, so dürfte der Autor einer Desinformation aufgesessen sein. An den amerikanischen Verleger Ben Huebsch schrieb er am 27. Dezember 1937: »Es wird Dich interessieren, dass 'Höret die Stimme' ein großer Erfolg geworden ist und ausserhalb Deutschlands unter den Romanen der Bestseller war und ist. Der grössere Teil der deutschen Auflage ist schon vergriffen, was unter den gegenwärtigen engen Verhältnissen enorm viel bedeutet. Ich hoffe nun bestimmt, dass dieses Buch auch in Amerika sein Glück machen wird.«33 Die »Kritik in allen österreichischen, schweizer, holländischen und so weiter Blättern« mag, wie Werfel im selben Brief schreibt, »fabelhaft« gewesen sein, aber im Mai 1938 mußte er konzedieren, daß der Absatz dem nicht entsprach: Ich bin furchtbar traurig darüber, dass mein Profetenbuch trotz der herrlichen Kritiken kein Bestseller geworden zu sein scheint. Du weisst, dass ich kein Narziss bin, dieses Buch aber liebe ich sehr und glaube, dass es unerschöpflich ist. 34
Die genannten Titel waren, wie schon erwähnt, solche, die im voraus schon voll honoriert worden waren und die der Verlag (unter Paul Zsolnay) praktisch abschreiben konnte. Die persönlichen und geschäftlichen Beziehungen zwischen Franz Werfel und Paul Zsolnay wurden allem Anschein nach nur einmal auf eine harte Probe gestellt, und das war im Jahre 1935. Den Anlaß dazu gaben Ramschverkäufe mehrerer Werfel-Titel in den vergangenen Jahren, aber vor allem die Frage, wo das Bibelspiel Der Weg der Verheißung, an dem Werfel seit Ende 1933 arbeitete, veröffentlicht werden sollte. Schon am 21. September 1934 war ein Verlagsvertrag abgeschlossen worden, der dem Verlag sämtliche Rechte einräumte, aber weder Auflagenhöhe noch Honorarsatz konkret festlegte. In den nächsten Monaten sind Werfel offensichtlich ernsthafte Bedenken und Befürchtungen gekommen, ob das Werk tatsächlich in seinem Stammverlag erscheinen sollte - wobei es zunächst einmal nicht ums Geld ging. Bevor Werfel und Zsolnay im Sommer 1935 über diese Frage zusammenkrachten, war das Zerwürfnis zwischen den beiden in Insiderkreisen längst kein Geheimnis mehr, auch nicht, daß er den Verlag wechseln wollte. So wandte sich der
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glaube, diesmal alles ausgesagt zu haben, was mir auf der Seele brennt und zu sagen gegeben ist. Franz Werfel.« Die Vorlage findet sich im Klischeebuch im Verlagsarchiv. Das Buch erschien 1938 in amerikanischer Übersetzung u.d.T. Hearken unto the Voice. Siehe Jeffrey Β. Berlin: March 14, 1938: »Es gibt kein Österreich mehr«. Some Unpublished Correspondence between Franz Werfel, Alma Mahler Werfel und Ben Huebsch. In: Deutsche Vierteljahrsschrifl 62 (1988), S. 741-763. Hier S. 749. Franz Werfel an Ben Huebsch, 24.5.1938, ebd., S. 759. Siehe auch Jeffrey Β. Berlin, Donald G. Daviau and Jorun B. Johns (ed.): Unpublished letters between Franz Werfel, Alma Mahler Werfel, and Ben Huebsch: 1941-1946. In: Modern Austrian Literature 24 (1991), nr. 2, S. 123200.
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an Werfel interessierte Chef des Querido Verlags in Amsterdam, Fritz Landshoff, an den nicht-mehr-Zsolnay-Autor Heinrich Eduard Jacob in Wien mit einer Bitte: Wir hören immer wieder von den verschiedensten Seiten, dass WERFEL'S Beziehungen zum Verlage ZSOLNAY sich sehr verschlechtert haben. Wir schrieben ihm bereits einmal im Herbst, telegrafierten dann auch an ihn und bekamen von W, folgende Antwort: »Vorläufig noch vertraglich gebunden, werde Sie bei neuer Möglichkeit benachrichtigen, Gruss Franz Werfel.« Seitdem haben wir in keinerlei Beziehungen mehr gestanden. Leider hatte ich auch keine Gelegenheit nach Wien zu kommen, um die dürftige Beziehung, die wir im Herbst aufgenommen hatten, auszubauen. 35
Landshoff bat Jacob, der mit Werfel in freundschaftlicher Verbindung stand, ihm mitzuteilen, was er über die Situation wisse und ob er die Möglichkeit sehe, etwas für Querido zu tun. Jacob versprach, sich an Werfel zu wenden und den Wunsch Landshoffs vorzutragen.36 Darauf Landshoff: »Ich wiederhole, dass wir Ihnen zu aufrichtigem Dank verpflichtet wären, wenn es Ihnen gelingen würde, Herrn WERFEL für Verhandlungen mit uns ernsthaft zu interessieren.«37 Werfel muß sich Jacob gegenüber bereit erklärt haben, mit Landshoff/Querido zu verhandeln, denn Landshoff schrieb »mit gleicher Post« an Werfel.38 Querido war nicht der einzige »Emigrantenverlag«, der um Werfel buhlte bzw. vice versa. Auch der Humanitas-Verlag in Zürich unter der Leitung von Dr. Simon Menzel (mit dem u.a. Robert Musil, Robert Neumann, Alfred Polgar und Heinrich Eduard Jacob Beziehungen hatten) bot sich an, das Bibelspiel herauszugeben. Es folgten längere Aussprachen zwischen Paul Zsolnay und Menzel einerseits und Werfel und seinem Verleger andererseits. Der bloße Gedanke, daß darüber diskutiert wurde, ob ein Werk von Werfel bei ihm erscheinen sollte oder nicht, versetzte den Wiener Verleger nach so langer, erfolgreicher Zusammenarbeit »in begreifliche Erregung«. Als es Anfang August 1935 zu einer erregten Auseinandersetzung kam, vertrat Zsolnay die Ansicht, Der Weg der Verheißung sollte bei ihm herauskommen, Werfel hingegen votierte für den Humanitas-Verlag. Ein langer Brief Zsolnays an Werfel vom 8. August, zwei Tage nach einem »etwas temperamentvollen« Streit, deutet nur an, warum der Autor einen Seitensprung favorisierte. Zum einen war Werfel davon überzeugt, daß dem Verlag, was Vertrieb und Propaganda betraf, die Hände gebunden waren, dessen Handlungsspielraum also eingeschränkt war. Dazu Zsolnay konkret: Ich will gleich hinzufügen, dass ich Deinen Standpunkt vollkommen verstehe und Deine Befürchtungen bezüglich des Vertriebs des Bibelspiels durch unseren Verlag durchaus berechtigt
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Landshoff an Jacob, 15.5.1935, Nachlaß Heinrich Eduard Jacob (Berlin). Jacob an Landshoff, 16.5.1935 (Durchschlag), ebd. Landshoff an Jacob, 20.5.1935, ebd. Landshoff an Jacob, 27.6.1935, ebd. Der hier erwähnte Brief Jacobs vom 21.6.1935 (Durchschlag) findet sich im Nachlaß Jacobs nicht.
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finde. Gewiss, wir haben Hemmungen bei diesem Vertrieb; ein anderer Verlag, der einerseits nicht mit Deutschland verbunden und andererseits auch nicht wie wir dafür verantwortlich ist, Dein Gesamtwerk für Deutschland zu erhalten, kann mit anderen Mitteln arbeiten und daher vielleicht auch größere Erfolge in diesem Sonderfall erzielen. Ich habe Dir meine Ansicht restlos mitgeteilt und auch Deine Argumente reiflich erwogen. Als Ergebnis muss ich sagen, dass hier zwei Ansichten einander gegenüberstehen, die objektiv betrachtet, beide als fundiert zu bezeichnen sind, und dass es heute nicht möglich ist zu entscheiden, welche schliesslich und endlich die richtigere sein wird. 3 9
Zsolnay, der gewohnt war, Werfel und seiner Frau die Wünsche von den Augen abzulesen und in späteren Jahren nicht unbedingt die beste Behandlung durch die beiden erfuhr, strebte, wie er sagte, »mit Hintansetzung aller persönlichen Interessen und aller Interessen des Verlages« eine für Werfel günstige Lösung an. Statt auf den gültigen Vertrag zu pochen - was sein gutes Recht gewesen wäre - erklärte sich der Verleger bereit, unter gewissen Bedingungen, die vom Humanitas Verlag akzeptiert worden waren, vom Vertrag zurückzutreten: der Bühnenvertrieb habe bei Zsolnay zu bleiben, desgleichen alle Übersetzungsrechte, Abdruck-, Film- und Radiorechte, der Humanitas Verlag habe den Copyrightvermerk »mit Genehmigung der Paul Zsolnay Verlag A.G. Wien« zu tragen usw. Und als Indiz dafür, daß im Reich - bis auf den Musa Dag/i-Roman - zu diesem Zeitpunkt die Verbreitung der Werke Werfeis noch möglich war, schreibt Zsolnay: Mir persönlich hat der Eigentümer des Humanitas Verlages noch ausdrücklich zugesichert - und zwar bei seiner Anwesenheit in unserem Verlag - dass die Propaganda für das Bibelspiel keinesfalls so gemacht werden wird, dass sie Dir in Deutschland schaden könnte. Das Buch wird also nicht vielleicht als Propagandaschrift aufgezäumt werden, eine Idee, die Dir, wie ich aus wiederholten Gesprächen feststellen konnte, immer fern gelegen ist. (...) Wenn ich dennoch alle Argumente angeführt habe, die dafür sprechen, dass das Bibelspiel bei uns erscheint, so habe ich dies nur aus ideellen Gründen getan, die sowohl für Dich als auch für den Verlag von Bedeutung sind. Dass ich es in so stürmischer Art und Weise tat, mag seinen Grund auch darin haben, dass ich persönlich es ausserordentlich schmerzlich empfinden würde, wenn dieses Werk, dessen Entstehung von allem Anfang an miterleben zu dürfen ich das Glück hatte, und das ich für einen neuen Höhepunkt in Deinem Schaffen halte, in einem anderen Verlag erscheinen müsste. Ich bin sicher, dass diese meine Gefühle bei Dir völliges Verständnis finden werden, (ebd.)
Zsolnay machte nur eine Forderung: Du hast mir die Versicherung gegeben, dass dieser Seitensprung, wenn Du ihn tun solltest, ein vereinzelter bleiben wird. Ich bitte Dich nun, dies dadurch zu dokumentieren, dass Du den noch drei Jahre gültigen General vertrag, der zwischen Dir und dem Paul Zsolnay Verlag besteht, auf sechs Jahre ausdehnst; auf diese Weise käme dann wenigstens klar zum Ausdruck, das Du nicht nur nicht daran denkst, eine bestehende Verbindung zu lockern, sondern dass Du sie im Gegenteil zu festigen wünschest, was für mich die grösste Beruhigung wäre, (ebd.)
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Paul Zsolnay an Franz Werfel, 8.8.1935, Alma Mahler-Werfel Papers, Univ. of Pennsylvania.
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Werfel Uberlegte sich die Situation gründlich und es gelang ihm auch, aus seinem Stammverleger mehr Geld herauszuschinden. Mit anderen Worten: die generalvertraglich vorgesehene Vorauszahlung sollte höher sein: Diese Mehrleistung haben wir freiwillig auf uns genommen und vereinbart, dass die Vorauszahlung um die Hälfte jener Differenz erhöht werden wird, um die das Ihnen von dritter Seite gemachte Anbot von sfrcs 10.000.- das unserem Generalvertrag entsprechende Garantiehonorar übersteigen wird. 4 0
Statt Werfel nach dem Generalvertrag zu entlohnen - die Kalkulationsbasis sah so aus: Ladenpreis S 4, Honorar pro Exemplar 88 Groschen ( = 22%), Auflage 5 000, Vorauszahlung S 4 400 (nach heutigem Wert S 145 000) - zahlte der Zsolnay Verlag ca S 10 700 ( = ca. S 351 000) im voraus bei Ablieferung des Manuskriptes. Es war dies eine Vereinbarung, die wider die kaufmännische Vernunft getätigt wurde und die der finanzielle Status des Unternehmens nicht rechtfertigte. Aber um dem Autor weiter gefällig zu sein, verdoppelte man die Erstauflage auf 10 000 Bände (Druckauflage 11 000)! Ironie des Schicksals: ein Verkauf von Der Weg der Verheißung fand de facto gar nicht statt! Wie schon angeführt, befanden sich im Juli 1938 noch 9 999 Exemplare auf Lager. Im Rahmen dieser Vereinbarung wurde auch noch schriftlich das leidige Problem Ramschverkauf geregelt: Wir geben Ihnen die Zusicherung, dass wir dieses Werk nicht verramschen werden und weiters, dass wir auch früher bei uns erschienene Bücher von Franz Werfel nicht mehr im Ramsch verkaufen werden, (ebd.)
Damit war zwar der Eitelkeit des Autors gedient, gelöst war das Problem der teuren Lagerung allerdings nicht. Für einen Autor wie Franz Werfel, der einen aufwendigen Lebensstil pflegte und ansehnliche Garantiezahlungen kassierte, war es ein besonderer Schlag, als es dann - ab März 1936 - dem Verlag nicht mehr möglich war, sein »Gesamtwerk für Deutschland zu erhalten«. Seine Lebenssituation in dieser Zeit ist Gegenstand eines Briefwechsels zwischen einem New Yorker Theateragenten und Paul Zsolnay, nachdem es in Sachen finanzieller Beteiligung Werfeis an den Aufführungen seines Bibelspiels The Eternal Road in Amerika zu einem Disput kam. Der Geldbedarf des Autors dürfte beträchtlich gewesen sein, denn The Forty Days of Musa Dagh war in Amerika ein Bestseller. Allein im Erscheinungsjahr (1934) wurden 150 000 Exemplare verkauft, und Werfel erhielt von MGM Pictures für eine Filmoption (der Film kam nicht zustande) immerhin $ 20 000. Zudem hatte er mit Viking Press (Ben Huebsch) einen lukrativen Generalvertrag unterzeichnet, der auch Ga-
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Paul Zsolnay an Franz Werfel, 17.10.1935, ebd. Das Schreiben ist zugleich der neue Vertrag.
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rantievorauszahlungen vorsah.41 Ohne zunächst eine Entschädigung zu bekommen, war Franz Werfel auf eigene Kosten nach Amerika gereist und hatte dort Monate verbracht, um das Projekt The Eternal Road zu realisieren. Paul Zsolnay machte sich - er bezeichnet sich als »Freund und finanziellen Berater« - für Werfel stark, damit die Aufführungen nicht nur einen Prestige-, sondern auch einen materiellen Erfolg bringen würden. Werfel war der einzige Künstler, der ohne wirkliche Bindung, ohne jeden Vorschuss die gigantische Arbeit der Fertigstellung des Bibelspiels geleistet hat, von der er wusste, dass sie sich nur dann für ihn materiell auswirken könne, wenn sich eine Gruppe findet, die sich bereit erklärt, dieses grosse Werk zu financieren. Er hat dieses Risiko zu einer Zeit auf sich genommen, in der er materiell hart getroffen war, da sein Hauptabsatzgebiet Deutschland ihm plötzlich verschlossen wurde. 42
Es wurde nämlich, um das Unternehmen zu sichern, gefordert, daß alle Mitwirkenden ihre Honorarforderungen zurückschraubten. Das war von Werfel, so Paul Zsolnay, zu viel verlangt: Wenn ich also festgestellt habe, dass Franz Werfel sich bis jetzt wohl als der am meisten entgegenkommende aller Mitwirkenden gezeigt hat, so muss ich meinem lebhaften Bedauern Ausdruck geben, dass es ihm unter den gegebenen Umständen unmöglich ist, wiederum als einziger einer Reduktion seiner Tantiemen, die, wie gesagt, von allem Anfang an ausserordentlich niedrig festgesetzt wurden, zuzustimmen. Bei den heutigen Verhältnissen, die Franz Werfel nach wie vor seines Hauptabsatzgebietes berauben, bedeuten die paar tausend Dollar, auf die er bei einer Tantiemenreduktion verzichten müsste, ein einschneidendes Opfer, (ebd.)
Zsolnay bat um Rücksicht dafür, daß Franz Werfel ein Dichter sei, »der heute in einem schweren Lebenskampf« stehe und forderte den Agenten auf, den restlichen Vorschuß auf das Konto der BZW zu überweisen. Auf die Lage Werfeis nach dem »Anschluß« kommen wir noch zu sprechen.
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Bis dahin bestand für so gut wie sämtliche Zsolnay-Werke eine automatische Amerika-Option mit Simon & Schuster. Paul Zsolnay an Louis Nizer, 28.1.1937, UCLA, Department of Special Collections, Research Library, Franz Werfel Archive.
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24. Der Abschied vom Verlag
24.1. Veränderungen im Verlag In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit »verbotenen« Autoren oder »verbrannter« Literatur wird kaum, wenn überhaupt, die Frage gestellt bzw. thematisiert, was aus den zwischen Autor und Verlag geschlossenen Verlagsverträgen, was aus Autoren- und Werknutzungsrechten wurde, nachdem Schriften im Reich nicht mehr verbreitet werden durften. Wurden die Verträge automatisch und einseitig (von Verlagsseite) wegen Nichterfiillbarkeit gekündigt, oder bemühten sich die Verlage aus materiellen Gründen zumindest jene Vertragsleistungen zu erbringen bzw. auf jenen Rechten zu bestehen, die Devisen ins Land bringen würden (etwa Verkauf von Übersetzungs-, Film- und Nebenrechten ans Ausland)? Was passierte, zum Beispiel, wenn der Autor dem Verlag Beträge aus verschiedenen Titeln schuldete - wurden sie etwa automatisch als uneinbringlich abgeschrieben? -, der Verlag die Essenz des Vertrags nicht mehr erfüllen konnte, was ja in der uneingeschränkten Verbreitung und Propagierung eines Autors bestand, dennoch aber auf den Buchstaben des (noch gültigen) Übereinkommens pochte? Wie war es ganz allgemein mit den Rechten und Pflichten beider Seiten bestellt, im konkreten Fall bei Autoren des Paul Zsolnay Verlags nach dem März 1938? Die Situation des Jahres 1938 ist freilich nicht mit der eines beliebigen deutschen Verlags vom Jahr 1933 zu vergleichen, und die Zahl derjeniger Autoren, die trotz des Verbots ihrer Schriften im Reich im Zsolnay-Programm geblieben waren und nun ausscheiden mußten, ist an den Fingern einer Hand zu zählen. Die Lösung von Franz Werfel oder Felix Saiten fiel dem Verlag deshalb so schwer, weil die Verträge mit wichtigen Deviseneinnahmen verbunden waren. Allerdings gingen die Meinungen darüber, ob die Übereinkommen noch in Kraft waren, stark auseinander. Ein ähnliches Beispiel bilden die Bemühungen des Erfolgsautors Stefan Zweig, sich nach dem März 1938 von seinem unter kommissarischer Leitung stehenden Verlagshaus, dem Herbert Reichner Verlag in Wien, zu befreien. Archivmaterial ist in ausreichendem Maße vorhanden, um eine Antwort auf die vorhin gestellten Fragen zu versuchen. Sie beginnt mit der Beziehung zweier prominenter, nebenbei bemerkt devisenbringender, Autoren - Franz Werfel und Felix Saiten - zur Paul Zsolnay Verlag A.G. bzw. zu Paul Zsolnay persönlich nach dem »Anschluß«. Da aber der Verleger entschieden im Mittelpunkt der Loslösungsversuche steht, ist es erforderlich, kurz auf jene Entwicklungen um Paul Zsolnay einzugehen, ohne allerdings die Geschichte der »Arisierung« vorwegzunehmen. Es gilt zuerst die Position Paul Zsolnays in »seinem« Verlag vom »Anschluß« im März 1938 bis in das Frühjahr 1939 hinein zu bestimmen und auszuleuchten. 503
Am 5. Februar 1938 fand die letzte vor der NS-Machtübernahme abgehaltene Generalversammlung statt. Zum Vorstand der Paul Zsolnay Verlag A.G. zählten der Präsident Paul Zsolnay und die Verwaltungsratsmitglieder Felix Kostia-Costa und Rudolf Geyer. Als Prokurist tätig war Rudolf Penz. Zu diesem Zeitpunkt gehörten 90% der Aktien Zsolnay, die restlichen 10% Felix Costa. Am 14. März 1938 findet eine Verwaltungsratssitzung statt, bei der Rudolf Penz in den Verwaltungsrat kooptiert wird und zum Direktor-Stellvertreter avanciert. Paul Zsolnay und Felix Costa ersuchen um Beurlaubung und treten diesen Urlaub an. Am 20. März werden Albert von Jantsch-Streerbach, Hannes Dietl und Penz als Vorstandsmitglieder in das Wiener Handelsregister eingetragen. Am 8. April 1938 wird eine neuerliche Verwaltungsratssitzung abgehalten, bei der Jantsch-Streerbach und Dietl in den Verwaltungsrat (Vorstand) kooptiert werden. Die beiden Verwaltungsräte Zsolnay und Costa sind inzwischen aus diesem Gremium ausgeschieden. (Am 26. August werden beide aus dem Handelsregister gelöscht.) Am 26. April 1938 findet in den Verlagsräumen eine außerordentliche Generalversammlung der Paul Zsolnay Verlag A.G. statt. Den Vorsitz führt Rudolf Geyer. Anwesend sind Paul Zsolnay und Felix Costa. Der Vorschlag der Verwaltungsratssitzung vom 8. April 1938, Jantsch-Streerbach, Dietl und Penz in den Verwaltungsrat zu berufen, wird angenommen. Die Sitzung dauert 20 Minuten. Ein Protokoll schließt mit dem Wunsch, daß es Paul Zsolnay bald möglich sein werde, wieder in den Verlag zurückzukehren. Laut Gedächtnisprotokoll vom 11. Juni 1938 werden 51% des Aktienkapitals von Paul Zsolnay an Jantsch verkauft. Der Kaufpreis ist bis Ende Juni 1943 zu bezahlen und bis dorthin unverzinslich. (Später behauptet Jantsch die restlichen Aktien im Februar 1939 von Paul Zsolnay übernommen zu haben. Belege hiefür liegen nicht vor.) Mit Schreiben vom 15. Juni 1938 bieten Zsolnay und Costa ihre Geschäftsanteile an der Paul Zsolnay Verlag Ges.m.b.H. Berlin-Schöneberg der Zentrale in Wien zum halben Nominalwert zum Verkauf an. Am 21. Juni nimmt der kommissarische Leiter Dietl dieses Angebot an. In einer Direktionssitzung vom 9. Juli 1938 wird ein Exekutivkomitee gebildet, das sich aus den Herren Jantsch, Dietl und Penz zusammensetzt. Die Aufteilung der Geschäfte erfolgt in der Weise, daß Jantsch die literarische, Dietl die kommerzielle Leitung übernimmt. Am 22. Juli 1938 bestätigt die Reichsschrifttumskammer, Landesleitung Wien, daß mit der Entscheidung des Staatskommissars in der Privatwirtschaft vom 15. Juli der Paul Zsolnay Verlag als »arisches Unternehmen« anzusehen ist. Am 20. August 1938 teilen Paul Zsolnay und Felix Costa dem Wiener Verlag in einem »Schimmelbrief« mit, daß sie von ihrem am 14. März angekündigten Urlaub nicht mehr zurückkehren und auf ihre Funktion als Vorstandsmitglieder verzichten werden. Sechs Tage später werden ihre Namen aus dem Handelsregister gelöscht.
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Unmittelbar nach dem 10. November 1938 tritt Paul Zsolnay im Auftrag und auf Rechnung des Paul Zsolnay Verlags eine Geschäftsreise nach England an. Ende März 1939 wird Felix Costa gezwungen, den Verlag zu verlassen. Am 7. April wird das Unternehmen von der Gestapo Leitstelle Wien geschlossen. Am 18. April wird Dr. Wilhelm Hofmann, seines Zeichens Wiener Fachanwalt für Steuerrecht, vom Propagandaminister Goebbels als Verwaltungstreuhänder eingesetzt. Am 19. April werden die Verlagsräume in der Prinz Eugen Straße entsiegelt und am 21. April wird der volle Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen. Nach dieser sehr gerafften Chronik der Ereignisse im Zsolnay Verlag nach dem »Anschluß« klingt es beinahe absurd festzustellen, daß sich so gut wie ein Jahr lang an den tatsächlichen Verhältnissen im Verlag nichts änderte. Das heißt: alle Sitzungen, Kooptierungen, Änderungen im Handelsregister etc. dienten lediglich dazu, die Fiktion aufrechtzuerhalten, daß die Firma nun »arisch« sei, ja in andere Hände übergegangen und daß der »Jude« Paul Zsolnay aus dem Unternehmen ausgeschieden wäre. Der Schein trog, aber nur bis zum April 1939, er konnte nur deshalb so gut funktionieren, weil Paul Zsolnay ein enges persönliches Verhältnis zu Albert von Jantsch-Streerbach entwickelt hatte, ja eine Freundschaft, die schon vor dem »Anschluß« bestanden hatte und ihm die »Auswanderung« erleichterte. Andererseits ließ er Hannes Dietl, der zwar von eigener Gnade eingesetzter kommissarischer Verwalter war, aber von der Leitung eines Verlages noch weniger verstand als Jantsch, gewähren: Dietl bediente sich im eigenen Namen sowie im Namen seines Landeskulturamts der Verlagskasse und legte - mit dem Verlagsauto - viel Wert auf »Repräsentation«. Paul Zsolnay hielt sich, bis er im Spätherbst nach England reiste, täglich in der Direktion des offiziell unter Nazi-Leitung befindlichen Verlags auf, traf wie immer direkt Dispositionen und las Manuskripte, während sein Adlatus Costa alle Kalkulationsunterlagen unterzeichnete. Das heißt, seine Arbeit im Verlag kam - Nazis hin Arisierung her - einer laufenden Geschäftsführung gleich. Dokumente und Briefe wurden, um den Schein nach außen hin aufrechtzuerhalten, von Dietl unterschrieben. Dieser Eindruck wird nun bestärkt durch fast beiläufige Bemerkungen in Briefen Zsolnays an seinen persönlichen Freund Frank Thiess. So heißt es am 19. April 1938: »Von hier ist nicht viel Neues zu berichten. Im Verlag geht alles in bester Ordnung, wie ich es nicht anders erwartet habe.«1 Ähnliches schrieb Zsolnay am 13. Mai: »Von hier ist nichts Besonderes zu melden, es geht alles so, wie ich es mir gedacht habe. Der Verkauf hat sich im allgemeinen wieder gebessert.«2 Dietl und Jantsch hielten somit ihre schützende Hand über Zsolnay und Costa und gaben sich als Verlagsleiter aus. Costa reiste noch im Oktober 1938 nach Berlin, um mit Verlagsautoren zu konferieren und mit der RSK zu verhandeln! Der Verlagschauffeur gab später zu Protokoll, daß Paul Zsolnay im Besitz eines »Schutzbriefs« der N.S.D.A.P.
1 2
Paul Zsolnay an Frank Thiess, 19.4.1938, Ordner Thiess. Paul Zsolnay an Frank Thiess, 13.5.1938, ebd.
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gewesen wäre, der ihn vor Unbill schützen und ihm ermöglichen sollte, von Wien zu seinem Gut in der CSR hin- und herzureisen. So konnte Jantsch den großen Paul Zsolnay Verlag zu 51%-75% ohne Vorliegen einer Kaufsumme »kaufen«, ohne nur einen Groschen zu zahlen - abgesehen von der Tatsache, daß er weder die Mittel besaß, einen solchen Anteil zu erwerben, noch befähigt war, ein solches Unternehmen zu leiten. Es gibt Hinweise dafür, daß Paul Zsolnay bereits im Sommer 1938 Mittel und Wege suchte, um aus Österreich herauszukommen. Geschäftsreisen ins Ausland waren mehrfach genehmigungspflichtig, nicht zuletzt, weil die Devisenstelle Anträge zum Ankauf ausländischer Zahlungsmittel bewilligen mußte. Die für den Verlag Zeichnungsberechtigten, also Penz und Jantsch, stellten schon seit dem Sommer mehrmals Anträge für Paul Zsolnay um Bewilligung zum Ankauf von Devisen für persönlichen Reisebedarf und Sonderkosten von RM 40 pro Tag. Nach mehreren Anläufen wurde der betreffende Antrag am 10. November 1938 genehmigt. Im Rahmen einer offiziellen Geschäftsreise sollte Zsolnay etwa vier Wochen im Namen und auf Kosten des Verlags in London verbringen. Zweck der Reise: »Verkauf deutscher Buchrechte nach England und Erwerb englischer Buchrechte für Deutschland«.3 Mit anderen Worten sollte die Reise dem Reich Devisen einbringen. In einer Anmerkung zum Antrag liest man: »Die Reise wird von Seiten des Außenpolitischen Amtes der NSDAP[,] der Reichsschrifttumskammer (Landesstelle Wien) und dem Gesandtschaftsrat der Deutschen Gesandtschaft im Interesse der ostmärkischen Papier- und graphischen Industrie und des Kulturaustausches empfohlen. (Entsprechende Unterlagen wurden bereits vorgelegt.)« Die Frage, ob nun Zsolnay von vornherein emigrieren und nicht bloß eine getarnte Geschäftsreise unternehmen wollte, ist nicht eindeutig zu beantworten. Einiges spricht für die Geschäftsreise. Die Entscheidung, nicht mehr nach Wien zurückzukehren, scheint er vielmehr erst in England gefaßt zu haben. Geplant war die Reise seit längerer Zeit, denn in einem Brief an Frank Thiess vom 19. August 1938 meinte der Verleger: Morgen fahre ich für drei Tage nach Pressburg, um mich etwas der Landwirtschaft zu widmen und beabsichtige, am 15. September für drei Wochen nach Paris und London zu reisen, wo ich unsere Auslandsverbindungen ausbauen möchte. Ich werde die Gelegenheit auch dazu benützen, um für Übersetzungen Deiner Werke persönlich zu werben. 4
Die Reisegenehmigung ließ jedoch auf sich warten, und zudem wurde Paul Zsolnay von der großen Politik eingeholt. Auf Grund des sogenannten »Wiener Schiedspruchs« wurden von Seiten der Achsenmächte die Grenzen zwischen der CSR und Ungarn neu gezogen und die südlichen und östlichen Gebiete der 3
4
Antrag an die Devisenstelle Wien vom 10. November 1938, Ordner »Paul Zsolnay privat 19391940«. Paul Zsolnay an Frank Thiess, 19.8.1938, Ordner Thiess.
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Slovakei kamen zu Ungarn. Genau zwei Tage später, am 4. November 1938, meinte Paul Zsolnay, der sich höchst selten schriftlich zur aktuellen Tagespolitik äußerte, in einem Brief an Frank Thiess dazu folgendes: Nunmehr ist durch den deutsch-italienischen Schiedsspruch, wie wir alle hoffen, der SchlussStrich unter eine aussergewöhnlich bewegte Zeit gezogen worden. Die letzte Phase war auch für mich persönlich von besonderer Bedeutung, da ja nicht nur mein Besitz in Pressburg, der im Mittelpunkt des Streites war, liegt, sondern dass ich auch nach Pressburg zuständig bin. Ich bleibe also slovakischer Staatsbürger und hoffe das [sie] Pressburg auch weiterhin sich gut entwickeln wird. Meine deutsche Gemeinde wird es unter den neuen Gegebenheiten auch sicher leichter haben wie unter der Regierung Benesch. 5
Zum Schluß seines Briefs an Thiess vom 4. November verrät Zsolnay keine Absicht zu emigrieren, ganz im Gegenteil: Mitte Dezember dürfte ich aus England wieder zurück in Wien sein und ich wäre sehr glücklich, wenn Dich Dein Weg zu diesem Zeitpunkt nach Wien führen würde. Sollte dies nicht der Fall sein, ist meine feste Absicht, Dich nach Weihnachten in Berlin zu besuchen.
Wiewohl man zwischen dem »Schein« der offiziellen Korrespondenz mit dem Verlag in Wien und persönlichen Mitteilungen unterscheiden muß, muß der »Jude« Zsolnay (für den man ihn zumindest hielt) einen Schutzheiligen gehabt haben. Wie ist es denn anders zu erklären, daß ein jüdischer »Mitaktionär« einer »arischen« Firma von N.S.D.A.P.-Stellen ausländische Devisen für eine solche »Ausreise« ausgerechnet zur Zeit des Novemberpogroms bewilligt bekam, wo Branchenkollegen schon längst in Haft oder aus dem Land geflohen waren? Man kann diese Verschonung z.T. dem Umstand zuschreiben, daß der Protestant Zsolnay nach dem Reichsbürgergesetz vom November 1935 zwar Jude, aber gleichzeitig »Jude fremder Staatsangehörigkeit« war. Nach Erhalt der Genehmigung dürfte Zsolnay Wien sofort verlassen haben, ja so schnell, daß er nicht einmal Zeit fand, sich von seinem Freund Felix Saiten zu verabschieden,6 obwohl er nicht dachte, »dass ich so lange von Wien weg bleibe, wie es vorläufig den Anschein hat« (ebd.). Wie aus dem ersten Bericht Paul Zsolnays aus London an den Verlag in Wien vom 20. Dezember 1938 hervorgeht, war der Verleger »Vor genau 14 Tagen [...] hier eingetroffen«, also am 6. Dezember.
5 6
Paul Zsolnay an Frank Thiess, 4.11.1938, ebd. Paul Zsolnay an Saiten, 11.2.1939, Nachlaß Felix Saiten.
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24.2. Zsolnay in London In London kaum angekommen, hat Zsolnay eine neue, eigene Firma, die sich »Continental Department« nennt, gegründet. Das »C.D.« gehörte ihm, existierte aber, da er als Ausländer keine Firma etablieren durfte, im Rahmen der »Author's Agents« A . M . Heath & Co. Ltd. Zsolnay nannte sich im Briefkopf der Agentur »General Representative«. Hiefür mußte er lediglich eine kleine Abgabe leisten. Die Basis des C.D. war die enge Zusammenarbeit mit dem ihm nach außen hin nicht mehr gehörenden Paul Zsolnay Verlag in Wien. Auch der Plan zu dieser Gründung dürfte bereits in Wien ausgeheckt worden sein. Das erste uns vorliegende Schreiben aus London ist der vorhin erwähnte mehrseitige Bericht über Zsolnays »bisherige Tätigkeit« und seine Absichten in der nächsten Zeit. Seine Aufgaben in London hatten demnach zweierlei Ziele zu verfolgen: »1.) Einige aktuelle, bereits in Wien durchgesprochene Abmachungen zu realisieren; 2.) Vorarbeiten für die Zukunft zu leisten.« Zu diesen Agenden zählte u.a. »die Abwicklung der Angelegenheit Werfel«, auf die noch zurückzukommen sein wird. Der Bericht Zsolnays ist sprachlich so abgefaßt, daß er geschäftlichen und nicht privaten Charakter hat. Die C.D.-Gründung war mit Wien akkordiert, denn der Verlag hatte Zsolnay »nahegelegt, meinen Aufenthalt in London auch vor allem dahin auszuwerten, eine Verbindung zu schaffen, die das Piacieren von Autoren in den angelsächsischen Landern erleichtert«. »Ich bin der Überzeugung,« teilte Zsolnay nach Wien mit, »dass es mir als Generalrepräsentanten des Continental Department von Heath & Co. gelingen wird, ganz Bedeutendes für den Kulturaustausch von Deutschland und England zu erreichen und bin weiters überzeugt, dass ich in dieser Eigenschaft auch dem Paul Zsolnay-Verlag, der auf diesem Gebiete ohnedies schon bisher Pionierdienste geleistet hat, grosse Dienste erweisen kann.« Da er eine Reise nach Paris zu Franz Werfel zu unternehmen hatte, war es erforderlich geworden, »statt einem Monat circa zwei Monate hier (zu) bleiben, wenn ich die Aufgaben, die ich mir gestellt habe, voll und ganz erfüllen will.« Dies wiederum bedeutete einen neuerlichen Antrag an die Devisenstelle. Um bekräftigende Argumente war Zsolnay nicht verlegen: »Ich glaube, dass wenn Sie bei der Handelskammer respektive bei der Reichsbank darauf hinweisen, dass ich allein durch den Abschluss der Forsyte Saga Volksausgabe einen grossen Valutengewinn hereinbringe, Ihnen die Bewilligung dieser relativ geringen Summe wohl möglich sein muss. In der Beilage lege ich Ihnen eine Kalkulation des Valutanutzens an der Volksausgabe Forsyte Saga zu diesem Zwecke bei.« Gerade diese nicht vorliegende Erläuterung wäre von nicht geringem Interesse, denn ein solches Geschäft war von Wien aus höchstens mit dem Problem, Devisen ins Ausland zu transferieren verbunden und nicht umgekehrt. Ein Valutengewinn konnte nur dann entstehen, wenn ein Wiener Verlag in der Lage war, Übersetzungsrechte ins Ausland zu verkaufen. Ansonsten kosteten Abschlüsse mit amerikanischen und englischen Autoren zuallererst Devisen.
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Zusammengefaßt bestand die Aufgabe Zsolnays darin, angelsächsische Buchund Filmrechte nach dem Kontinent und solche Rechte kontinentaler, sprich in Hitler-Deutschland genehmer bzw. dort unerwünschter vertraglich gebundener und wichtiger Verlagsautoren nach den angelsächsischen Ländern zu vermitteln. Zsolnay war an allen Abschlüssen, die er A.M. Heath & Co. bringen konnte, sehr hoch beteiligt. Doch konnte man diesem Unternehmen, so wie es geplant war, kein langes Leben prophezeien, denn einerseits wurde der Vertrieb von nordamerikanischem und englischem Schrifttum im Reich nach dem Kriegseintritt dieser Länder untersagt, andererseits wurde es zunehmend schwieriger, »deutsche« Literatur abzusetzen, da vielfach »deutsch« mit »Nazi«, also der Sprache der Verfolger, gleichgesetzt wurde. Auch aus rein finanziellen Überlegungen konnte Zsolnays Arbeit bei Heath natürlich nur eine Nebenbeschäftigung sein. Schon Mitte Oktober 1939 mußte er seine Hoffnungen praktisch aufgeben: »Ich selbst habe leider wenig Möglichkeiten im Rahmen von Heath zu arbeiten, da für Continentale Literatur augenblicklich und wohl für die Dauer des Kriegs wenig Interesse sein dürfte.« 7 Schon im Jänner 1939 nahm Zsolnay mit der ehemaligen, durch die unermüdliche Hilfe von Ben Huebsch nach New York emigrierten Lektorin Anne Polzer Kontakt auf mit der Bitte, ihm behilflich zu sein, die Rechte auf ein neues Werk von Pearl S. Buck zu erwerben. Auch der unter anderen Umständen aus Österreich geflohene Verleger Gottfried Bermann Fischer hatte zu dieser Zeit dasselbe vor, was zu Mutmaßungen Bermanns darüber führte, auf welcher politischen Seite Paul Zsolnay nun eigentlich stehe. Buck lehnte da wie dort ab. Mit dem Verlag in Wien und der von ihm ausgewählten Leitung stand Zsolnay nach eigener Einschätzung »auf bestem Fusse«, konnte aber, »da ich nicht mehr nach Deutschland zurückkehren will, nur durch Geschäfte, wie ich sie der Pearl Buck vorschlage, Geld bekommen«.8 Die Absicht, nicht mehr nach Wien zu fahren, bekräftigte Zsolnay einige Wochen später in einem Schreiben an Felix Saiten sowie in einem Brief an seinen ehemaligen Direktor Franz Horch in New York: Die Leitung des Verlages möchte, dass ich wieder nach Wien komme und auch die offiziellen Stellen wären damit einverstanden, da man mich scheinbar für unentbehrlich hält. Selbstverständlich denke ich nicht daran, nach Wien zurückzukehren, im Gegenteil Mutter und Tochter sind in Nizza und kommen auch - wie ich hoffe auf immer - hierher. Ich habe hier wichtige Verbindungen aufgenommen, aber noch nichts gefunden, was mich ideell und materiell (in letzterer Beziehung wäre ich sehr bescheiden) befriedigt. Die Arbeit mit Heath kann natürlich nur eine Nebenbeschäftigung sein. 9
Was den Verbleib in England bzw. die Rückkehr nach Wien betrifft, so hat Paul Zsolnay in seiner Korrespondenz mit Wiener Briefpartnern oft unterschiedliche 7
Paul Zsolnay an Saiten. 16.10.1939, ebd.
8
Paul Zsolnay an Anne Polzer, 2 8 . 1 . 1 9 3 9 (Durchschlag), Ordner »Paul Zsolnay privat 1939-
g
Paul Zsolnay an Franz Horch, 4 . 3 . 1 9 3 9 (Durchschlag), ebd.
1940«.
509
Standpunkte vertreten. Gegen Ende Juni 1939 - interessanterweise wurde er erst am 10. Mai 1939 offiziell von Wien abgemeldet - teilte er einem Bekannten, Kommerzialrat F. Humhai, folgendes mit: Als ich im November,
1938, von Wien abreiste habe ich diese Reise über ausdrücklichen
Wunsch der Verlags A . G . unternommen mit der Absicht nach Beendigung dieser Geschäftsreise wieder nach Wien zurückzukehren.
Da die mir von der Leitung des Verlages
gestellten
Aufgaben zur Erledigung längere Zeit beanspruchte habe ich meinen hiesigen Aufenthalt im Einverständnis mit der Leitung des Verlages immer wieder verlängert. Schliesslich habe ich wiederum im Einverständnis mit der damaligen Leitung des Verlages beschlossen hier zu bleiben. Erst daraufhin habe ich hier um eine dauernde Aufenthaltsbewilligung angesucht und Auftrag gegeben mich von Wien abzumelden. 1 0
Im Juli bekam Zsolnay dank einer Befürwortung von Hermann Ould, dem ehemaligen Generalsekretär des Internationalen P.E.N., einen »work und living permit«. Ziemlich genau ein Jahr nach der Nazi-Übernahme seines Verlags, die Zsolnay enorme finanzielle Opfer abverlangte, mußte er Felix Saiten gegenüber nun einschränken, »dass ich im Verlage nur mehr eine beratende Funktion ausübe und die neue Leitung auch unter grossen Hemmungen arbeitet. Einen gewissen Einfluss kann ich aber noch immer ausüben und dass ich ihn in Deinem Sinn einsetzen werde ist mehr als selbstverständlich«. 11 Wie die Abmachung mit dem Verlag in Wien konkret aussah, verriet Zsolnay nur in einem Brief an seinen engen Freund Frank Thiess. Er bestätigte hierin denselben Eindruck, den Außenstehende langsam gewinnen konnten, nämlich, daß die »Nazi-Leitung« des Verlags aus Strohmännern bestand: »Die neuen Herren des Verlages sind von mir nach reiflichster Überlegung und unbeeinflusst von meinen eigenen materiellen Interessen ausgewählt worden. Mit Herrn v. Jantsch, der auch weiter hin die literarische Verantwortung an meiner Stelle tragen wird, verbindet mich eine wirkliche Freundschaft, sodass meine Beziehung zum Verlag in ideeller Weise weiterbesteht. Ich wäre glücklich, wenn ich Dir und Deinem Werk auch in der neuen Konstellation zur Seite stehen darf und hoffe vom Herzen, dass nicht nur unsere Freundschaft in unverminderter Innigkeit weiterbestehen möge, sondern dass ich auch weiterhin als ein bescheidener Mitarbeiter an Deinem Schaffen teilnehmen darf.« 1 2 Aus der vorliegenden Korrespondenz geht hervor, daß Paul Zsolnay nicht nur an der Aufnahme von Geschäftsverbindungen mit Thiess, Saiten und Pearl S. Buck interessiert war, sondern auch andere Autoren des Wiener Verlags ansprach, darunter Franz Theodor Csokor. Diesem teilte er am 17. April mit: »Ich brauche Dir wohl nicht zu sagen, dass ich mich in diesem Rahmen besonders gern
10
Zsolnay an F . Humhai, 2 7 . 6 . 1 9 3 9 , ebd. Der Brief scheint nach der Devise »Der Feind hört mit«
11
Paul Zsolnay an Saiten, 13.3.1939, Nachlaß Felix Saiten.
12
Paul Zsolnay an Frank Thiess, 3 . 4 . 1 9 3 9 (Durchschlag), Ordner »Paul Zsolnay privat 1939-
abgefaßt zu sein.
1940«.
510
für Dich und Dein Deinerseits
in
Werk einsetzen würde.
dieser
Richtung
bin
In Erwartung
ich/Dein
getreuer
von
Vorschlägen
Freund.« 13
Mit
dem
erfolgreichen ungarischen Schriftsteller im Zsolnay Verlag, Lajos Zilahy (18911974), wurde Zsolnay bald einig: »Ich danke Ihnen sehr für Ihre Bereitwilligkeit, mir die Placierung Ihrer Werke in England zu überlassen.«14 Seine Verbindungen zu europäischen Verlegern versuchte Zsolnay auch sonst auszunutzen und bemühte sich beispielsweise mit Bonnier in Stockholm ins Geschäft zu kommen: Ich habe mich inzwischen in London niedergelassen und, um mir eine neue Existenzbasis zu schaffen, die Leitung des »Continental Department« der Ihnen sicherlich bekannten Firma A . M . Heath, London übernommen. Es gehört nunmehr zu meinem Wirkungskreis, die Rechte englischer und amerikanischer Autoren nach dem Kontinent und umgekehrt die Rechte von Werken kontinentaler Verleger nach England und Amerika zu vermitteln. Ich wäre Ihnen ausserordentlich zu Dank verpflichtet, wenn Sie mir, als Ihrem ehemaligen Kollegen und Geschäftsfreund dabei freundlichst behilflich sein wollten. 1 5
Knapp bevor der Verlag von der Gestapo geschlossen wurde, weil die Besitzverhältnisse nicht geklärt worden waren, trafen Zsolnay und der Verlag eine neue Vereinbarung, und zwar übertrug jener dem C . D . auf die Dauer von vier Jahren die ausschließliche Vertretung seiner Interessen für England und Amerika. 16 Angesichts der Opfer, die die Aufgabe des Zsolnay Verlags ihn kostete, waren Provisionen aus solchen Geschäften bei seinen Verhältnissen eine zwar kleine, aber immerhin ins Gewicht fallende Einnahme. Inzwischen hatte er eine sehr bequeme, kleine Wohnung in einem Gartenbezirk Londons gemietet und bezogen. Obwohl vieles in Wien geplündert wurde und später z.T. im Dorotheum bzw. Institut für Denkmalpflege landete, wurden ihm zu seiner Überraschung durch die Mitwirkung seiner Freunde in Wien wertvolle Bilder und Antiquien aus seiner Sammlung nach London nachgeschickt. Einen Teil dieser Sammlung mußte er - wie schon in den 30er Jahren in Wien - aus finanzieller Not verkaufen. Im März 1939 waren seine Mutter und seine Tochter aus Nizza kommend in London eingetroffen. Entgegen den devisenrechtlichen
Bestimmungen
(Zsolnay
und
seine
Mutter
waren
ja
Devisenausländer) und unter Duldung der neuen Herren im Verlag wurden, wie die RSK später heftigst kritisierte, haben beide fast ein Jahr lang von ihren Privatkonten größere Abbuchungen vorgenommen. Das Geld gehörte zwar Paul Zsolnay, und von irgendetwas mußte er in England leben, doch diese Transaktionen waren laut Nazi-Gesetz ohne Genehmigung nicht gestattet. Innerhalb eines Jahres wurden, wie vorgerechnet wurde, nicht weniger als R M 78 000 von beiden Konten abgeho-
13
Paul Zsolnay an Franz Th. Csokor, 17.4.1939 (Durchschlag), ebd.
14
Paul Zsolnay an Lajos Zilahy, 2.5.1939 (Durchschlag), ebd.
15
Paul Zsolnay an den Verlag Albert Bonnier, 18.3.1939 (Durchschlag), ebd.
16
So die Mitteilung Zsolnays an Anne Polzer, 5.4.1939 (Durchschlag), ebd.
511
ben. Nach heutiger Kaufkraft waren das etwa 3,2 Millionen Schilling. 17 Die genannten Konten hätten eigentlich gesperrt werden müssen. Zsolnay hatte großes Glück. Die im Rahmen einer Untersuchung aufgedeckte Reisetätigkeit der Herren Jantsch und Dietl ließ nachträglich darauf schließen, daß der Verlag von dem im Ausland weilenden Zsolnay nach wie vor geleitet wurde. So reiste Jantsch auf Verlagskosten Anfang Jänner 1939 nach Paris, um mit Zsolnay und Franz Werfel zu konferieren, und bei dieser Gelegenheit (die ausführlich geschildert wird) hat er ohne Bewilligung der Devisenstelle auf eine angebliche Forderung des Verlags gegen den Autor glatt verzichtet. Infolge der späteren behördlichen Ermittlungen gab Jantsch an, von einem Einfluß Zsolnays auf den Verlag rein gar nichts zu wissen, doch glaubte ihm das niemand, als das Protokoll aufgefunden wurde. Wir können davon ausgehen, daß ein Scheingeschäft vorgenommen wurde, um Werfel gefallig zu sein. Das Opfer und das Risiko trug wie immer Paul Zsolnay. Der kommissarische Leiter und hauptberufliche Beamte Hannes Dietl war nicht minder reiselustig und unternahm kurz vor der Schließung des Verlags im April einen Flug nach London, um Verlagsangelegenheiten mit Paul Zsolnay zu besprechen. Als der Wiener Verlag 14 Tage lang gesperrt wurde, mußte Zsolnay praktisch alle Hoffnungen, weitere Geldbeträge abheben und auf die Geschäftsführung Einfluß nehmen zu können, begraben. Um so mehr war er auf kleine Provisionen angewiesen, die er dank Vertragsabschlüssen mit englischen, amerikanischen oder seinen früheren Autoren erhielt. Die Gründe für die Sperre, über die er unverzüglich informiert wurde, sowie für die gesetzlich vorgesehene Einsetzung eines Treuhänders lagen »selbstverständlich«, wie er Anne Polzer im Juni 1939 mitteilte, »nicht in meiner Person und sind auf Streitigkeiten der Nazis untereinander zurückzuführen«. 18 Bis zu einem gewissen Grad hatte er auch recht. Zsolnay resigniert: »Mein Interesse ist nur die sehr schwache Hoffnung, dass bei einem Umschwung in Deutschland noch irgend ein brauchbarer Rest des Unternehmens vorhanden sein wird, auf dem neu aufgebaut werden kann. Heute habe ich nichts vom Verlag, ausser der kleinen Provision bei Abschlüssen mit englischen und amerikanischen Autoren. So klein diese Beträge auch sind, benötige ich sie doch dringend und wäre Ihnen aus diesem Grund dankbar, wenn Sie ein Zustandekommen des Buck-Vertrages durch mich erzielen könnten.« (ebd.) Doch schrieb Anne Polzer ihrem ehemaligen Arbeitgeber am 5. Juli 1939: »Er [Bucks Agent] teilt mir mit, dass die Autorin bis auf weiteres beschlossen hat, bezüglich der deutschen Rechte des 'Patriot' weder das Anbot eines reichsdeutschen Verlages noch das Anbot eines
17
Hans Hinkel an den Stellvertreter des Führers-Stab-München vom 12.12.1940. AdR, VVSt, K.u.Tr., Zahl 12.765, Band III, Bl. 92.
18
Paul Zsolnay an Anne Polzer, 10.6.1939 (Durchschlag), Ordner »Paul Zsolnay privat 19391940«.
512
ausserdeutschen Verlages anzunehmen. Ich bedauere dies, halte es aber für ausgeschlossen, derzeit in dieser Sache irgendetwas zu unternehmen.« 19
24.3. Werfel kündigt Als deutsche Truppen im März 1938 in Österreich einmarschierten, befand sich Franz Werfel auf Erholungsurlaub auf der Insel Capri. Zwei Tage später, am 14. März, machte er sich in einem Brief an seinen amerikanischen Verleger Ben Huebsch (Viking Press) Gedanken darüber, wie sich seine verlegerischen Verhältnisse im deutschsprachigen Gebiet nun gestalten würden. Klar war ihm jedenfalls, »dass Zsolnay, falls er selbst noch geduldet werden sollte, mich nicht mehr wird bringen dürfen«. 20 Nachsatz: »Die Originalausgaben meines gesamten Werkes sind demnach verfallen. Was soll ich tun?« Doch schon bevor Huebsch tröstend antwortete, daß er, selbst wenn sein deutscher Markt wegfallen würde, zumindest die Übersetzungsrechte besitze, 21 lag schon ein Angebot vor. Also Sorgen brauchte er sich nicht zu machen, denn am 31. März 1938 bekundete Walter Landauer vom Allert de Lange Verlag sein Interesse, Werfel zu publizieren. 22 Anfang Mai kam es zu einer mündlichen Vereinbarung über die Modalitäten der Herausgabe der Werke Werfeis im Allert de Lange Verlag, und nach einem Brief Landauers an Werfel vom 10. Mai zu schließen, war die Übernahme Werfeis eine mehr oder weniger abgemachte Sache. Doch Werfel entschied sich anders: Am 17. Mai teilte Bermann Fischer in einem Telegramm an Thomas Mann mit, daß Werfel bei ihm schon unter Vertrag wäre. 23 Zu diesem Zeitpunkt hatte Werfel mit dem Verlag in Wien wegen der Auflösung des Vertragsverhältnisses noch gar nicht zu verhandeln begonnen. Etwa zur selben Zeit richtete Werfel einen Absagebrief an Walter Landauer mit folgendem Inhalt: »Ich habe Ihnen nicht verschwiegen, daß ich Herrn Dr. Bermann-Fischer während des gemeinsamen Aufenthaltes in Zürich die Mitwirkung an seinem neuen Verlag zugesichert habe. Damals war alles erregt und nebelhaft und ich konnte nicht ahnen, daß ich so schnell beim Worte genommen werden könnte. Nun ist Dr. Bermann mit Bonnier in Stockholm in Kompagnie gegangen und hat einen Verlag begründet (sie), nicht zuletzt auf meine Zusicherung 19 20
Anne Polzer an Zsolnay, 5.7.1939, ebd. Werfel an Huebsch, 14.3.1938. In: Jeffrey B. Berlin: March 14, 1938: »Es gibt kein Österreich mehr«. Some Unpublished Correspondence between Franz Werfel, Alma Mahler Werfel und Ben Huebsch. In: Deutsche
Vierteljahrsschrift
für Literaturwissenschaft
und Geistesgeschichte
62
(1988), S. 741-763. Hier S. 754. 21
Huebsch an Werfel, 19.4.1938, ebd., S. 755.
22
Diese Darstellung stützt auf Materialien in der Arbeit von Kerstin Schoor: Verlagsarbeit im Exil. Untersuchungen lages 1933-1940.
zur Geschichte der deutschen Abteilung des Amsterdamer
Allert de Lange
Ver-
Amsterdam-Atlanta 1992. ( = Amsterdamer Publikationen zur Sprache und
Literatur, Band 101), S. 227 f. 23
Thomas Mann. Briefwechsel
mit seinem Verleger Gottfried Bermann Fischer 1932-1955.
Hrsg.
Peter de Mendelssohn. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1975, Band I, S. 155.
513
in den Zürcher Tagen pochend. Durch diese Tatsache, an deren Zustandekommen ich nicht geglaubt habe, bin ich aufs Äußerste überrascht gewesen. Bermann kam eigens nach London, um mein Wort einzulösen. Ich sagte ihm sofort, daß ich mit Ihnen vor einem Vertragsabschluß stünde. Er berief sich darauf auf meine Zusage, unsre alte Freundschaft und erbot sich sofort, all meine Forderungen, wie immer sie lauten, blanko anzunehmen.«24 Keineswegs übertrieben, aber nicht mehr ganz aktuell also schrieb Werfel seinem amerikanischen Verleger Huebsch am 24. Mai, alle deutschen Verleger würden ihn »sehr heftig bestürmen. Auf meinem Tisch häufen sich die Vertragsentwürfe. Bisher ist bei diesem Rennen Dr. Bermann Fischer Champion, der mit Bonnier in Kompagnie gegangen ist«.25 Und ohne nähere Erläuterung: »Meinen Vertrag mit Zsolnay betrachte ich als erloschen. Alle meine Rechte sind an mich zurückgefallen. Der Vertrag [recte: Verlag] wird von Nazi-Kommissären geführt. Ich bitte Dich herzlich keine Geldsendung mehr nach Wien zu schicken.« Da der Verlag seiner Meinung nach vertragsbrüchig geworden war, wäre die Ablieferung eines Anteils der Honorare aus der amerikanischen Übersetzung von Höret die Stimme an die Nazis ein Unrecht an dem Autor. Huebsch konnte ihn trösten: der Wiener Verlag schulde ihm sehr viel Geld, und aus diesem Grund würde es zu keinen Überweisungen kommen. 26 Mittlerweile hatte Werfel von Hamish Hamilton in London einen Antrag und ein Vorschußangebot für ein neues Buch erhalten, was bei Huebsch die Frage provozierte, ob er »legally free« sei, solche Verträge abzuschließen. Und: »You say that Zsolnay broke his contract with you but do not mention how he did it.« (ebd.) Drei Tage darauf fragte Bermann Fischer bei dem in London weilenden Werfel an, ob er die billige Neuausgabe des Musa Dagh sowie einen Essay und einen Gedichtband in einem Rundschreiben über das Herbstprogramm des BFV in Stockholm ankündigen dürfe. 27 Eine solche Nennung sollte Werfeis Marktpräsenz signalisieren. Am selben Tag, also am 24. Mai, teilte Werfel dem Paul Zsolnay Verlag in Wien mit, daß die »gegenwärtigen Umstände« den Vertrieb seiner Werke im Zsolnay Verlag unmöglich gemacht hätten und er sich leider gezwungen sehe, »unser vertragliches Abkommen als erloschen zu betrachten«.28 Und damit seien die Rechte seiner Bücher an ihn zurückgefallen, und über diese könne er frei verfügen.
24
Werfel an Landauer, nicht datierter Brief, wahrscheinlich Mitte Mai 1938. Zitiert nach Sorgatz:
25
Werfel an Huebsch, 24.5.1938. In: Jeffrey B. Berlin: March 14, Antn. 20, S. 759.
Verlagsarbeit,
S. 206 f.
26
Huebsch an Werfel, 3.6.1938, ebd., S. 760.
27
Bermann Fischer an Werfel, 20.5.1938. The S. Fischer Verlag Papers, Manuscripts Department, The Lilly Library, Indiana University, Bloomington, Indiana. (Im folgenden als The S. Fischer Verlag Papers abgekürzt)
28
Werfel an Paul Zsolnay Verlag 24.5.1938 (Abschrift), ebd. Der Großteil der Korrespondenz zwischen Werfel und dem Verlag in diesem Zeitraum befindet sich in den S. Fischer Verlag Papers. Andere Teile - etwa Originale der Briefe Werfeis - finden sich im Verlagsarchiv.
514
Werfel zeigte Interesse an einer Übernahme der Bestände seiner Bücher, erklärte sich verhandlungsbereit und bat den Verlag um Vorschläge. Die Reaktion des Verlags erfolgte rasch: die »Voraussetzung« des Kündigungsbriefs sei, so hieß es, »eine irrtümliche«. 29 Der eingeschriebene Brief an Werfel wurde vom kommissarischen Leiter Hannes Dietl und vom Prokuristen Rudolf Penz unterzeichnet, geschrieben wurde er aber wahrscheinlich von Costa und/oder Zsolnay. Die Briefschreiber behaupteten allen Ernstes, daß es dem Verlag »nämlich durchaus möglich« sei, Werfeis Bücher außerhalb des deutschen Reichsgebietes zu vertreiben und daß er dies auch tun würde. Um dieses Argument zu untermauern, wurde ein paar Wochen danach gar mit »schlagenden« Zahlen aufgewartet, aus denen hervorging, daß in den Monaten März bis Mai 1938 ganze 481 Exemplare der Werke Franz Werfeis verkauft worden waren. Das sollte beweisen, daß der Verlag durchaus in der Lage war, Werfeis Bücher in jenen Gebieten, » w o der Verkauf gestattet ist«, zu vertreiben. Der Verlag argumentierte, daß keine Veranlassung vorliege, den Vertrag als erloschen zu betrachten und daß die Rechte »unanfechtbar in unserem Besitz« seien. Er war aber bereit, in Verkaufsverhandlungen mit einem von Werfel namhaft zu machenden Verlag zu treten.
Der
Verhandlungsgegenstand, so Dietl und Penz: »die Übernahme der Bestände und Rechte Ihrer Werke und [...] die Übernahme der von unserem Verlag geleisteten Garantiesummen, die nicht durch den Verkauf gedeckt sind«. 30 Der Kern dieses Anbots barg einen Widerspruch in sich, denn die »Garantiesummen«, manchmal auch Tantiemengarantien genannt, hatte der Autor nicht zurückzuzahlen, ob sie durch den Verkauf gedeckt waren oder nicht. Werfel leitete den Brief an Bermann Fischer mit der Bitte um Erledigung weiter. Des Autors Kommentar: »Es ist genau so wie wir ihn uns vorgestellt haben. [...] Ich bin aber überzeugt, daß Du jedes Buch von mir ohne irgend eine Gefahr neu herausbringen kannst.«31 Mit gleicher Post erteilte Werfel dem Schocken Verlag in Berlin die Erlaubnis, mit Zsolnay wegen der Übernahme des Lagers »für den innerjüdischen Markt in Deutschland zu verhandeln« (ebd.). Der Schocken Verlag/Jüdischer Buchverlag G.m.b.H. war sehr daran interessiert, wenigstens einen Teil der Lagervorräte in Wien »für den internen jüdischen Buchvertrieb Deutschlands« zu erhalten.32 Der Verlagsleiter hatte »den Eindruck, dass uns grundsätzlich die Genehmigung nicht versagt werden wird, und es hängt jetzt alles daran, dass nicht wirklich vorzeitig Zsolnay die gesamten Bestände nach draussen verkauft« (ebd.). Er bat Werfel dafür Sorge zu tragen, daß ein Teil der Bestände »für uns« sichergestellt würden und den Zsolnay Verlag aufzufordern, mit dem Schocken-Verlag Kontakt aufzunehmen. Werfel schickte dieses Schreiben direkt nach Wien und wies daraufhin, daß der Berliner Jüdische Verlag »schon im Herbst ein paar Tausend Exemplare von 'Höret die
29
Paul Zsolnay Verlag an Werfel, 27.5.1938, The S. Fischer Verlag Papers.
30
Paul Zsolnay Verlag an Werfel, 27.5.1938, ebd. Durchschlag im Ordner Werfel.
31
Werfel an Bermann Fischer, 9.6.1938, ebd.
32
Schocken Verlag (Dr. Moritz Spitz) an Werfel, 24.8.1938, ebd.
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S t i m m e ' kaufen sollte«. 3 3 Da die Korrespondenz z w i s c h e n den beiden Verlagen verschollen ist, w i s s e n wir nicht, ob es zu einer Geschäftsverbindung kam oder nicht. Knapp drei Monate nach d e m »Anschluß« kursierten die wildesten Gerüchte über die Zukunft des Wiener Verlags und die Tätigkeit Paul Zsolnays. Es ist dies das erste Mal, daß Bermann Fischer seinen Verdacht über die Loyalität Paul Zsolnays äußert. Später wird er wesentlich konkreter: Bei meiner Anwesenheit in Zürich habe ich von dem Vertreter des Landeskulturamtes, der wegen der Liquidation meines Wiener Verlags dorthin gekommen war [vermutlich Alfred Böhme], die erstaunlichsten Dinge über Szolnays Pläne gehört. Er ist de facto aus dem Verlag ausgeschieden, fungiert aber noch als »Berater« dieses Herrn Fischer, der den Plan hat, auf dem Szolnay Verlag einen großen österreichischen Einheitsverlag aufzubauen, also quasi einen österreichischen Eherverlag, wie er es selbst nannte. Szolnay beabsichtigt zur Finanzierung dieses herrlichen Unternehmens den Erlös aus dem Verkauf Deines Werkes, den er mit R.M. 150.000.bewertet, zur Verfügung zu stellen. Eine phantastische Idee, zu der wohl jeder Kommentar überflüssig ist.- Es steht fest, daß Dein Werk in Deutschland verboten ist. Zsolnays Behauptung, daß ihm eine Auslieferung Deiner Werke außerhalb Deutschlands möglich wäre, halte ich für falsch. Es könnte sich höchstens darum handeln, daß die ausländischen Auslieferungsstellen, die noch bei ihnen lagernden Vorräte ausverkaufen. Die daraus sich ergebenden Honorare fliessen selbstverständlich nach Wien und es kann gar keine Rede davon sein, daß Du noch einen Groschen davon zu sehen bekommst. Außerdem ist der Verlag Zsolnay, selbst wenn er noch ausliefern könnte, nicht mehr in der Lage, Deine Interessen im Ausland, insbesondere in Hinsicht auf die notwendige Propaganda zu vertreten, und schließlich ist der Verlag Zsolnay nicht mehr der Verlag Zsolnays. Ich sehe einem Prozeß von Seiten Zsolnays gegen mich als dem Verleger der alten und neuen Bücher mit Ruhe und einem gewissen Vergnügen entgegen. 34 D e r hier angesprochene Gedanke eines Einheitsverlags in dieser Form war und blieb w o h l eine »phantastische Idee«. Und manches andere ist auch nur als Gerücht anzusehen. S o war der Buchwert der Lagervorräte der Werke Werfeis stark überhöht. U n d Bermann Fischer scheint nicht gewußt zu haben, daß sämtliche Werke schon bei Erscheinen voraushonoriert worden waren, s o daß d e m Autor aus d e m Verkaufserlös ohnehin nichts zustand. Bermann Fischer war v o n vornherein der Ansicht, daß der Paul Zsolnay Verlag für die Übernahme der Werfel-Vorräte unerfüllbare Forderungen stellte und ging eher halbherzig in die Verkaufsverhandlungen mit W i e n ein. Er scheint vielmehr auf Z e i t g e w i n n aus g e w e s e n zu sein und riet W e r f e l , den Verlag zu bitten, ihm
33 34
Werfel an den Paul Zsolnay Verlag, 26.8.1938, ebd. Bermann Fischer an Werfel, 9.6.1938, ebd. Zu dem genannten »Herrn Fischer« siehe auch Gottfried Bermann Fischer: Bedroht-Bewährt, S. 124f. In dem umfangreichen Archivmaterial zur Übernahme bzw. zur Auflösung des Bermann-Fischer Verlags scheint dieser »Herr Fischer« nirgendwo auf. Wahrscheinlich handelt es sich um Heinrich Fischer, den Mitinhaber der Wiener Firma Fischer & Berger vorm. F. Lang, Buchhandlung und Antiquariat. Von einer Verbindung zwischen Paul Zsolnay und diesem »Herrn Fischer« ist jedenfalls nichts bekannt.
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eine Lageraufstellung und eine Verkaufsrechnung zukommen zu lassen, damit einmal der Umfang des Objekts klar werde, unter dem Vorwand, daß der am Werk interessierte Verlag sich orientieren könne. In Wahrheit ging es um etwas ganz anderes, ja um so etwas wie Werkspionage. Der eigentliche Zweck bestand darin, wie Bermann Fischer Werfel verriet, festzustellen, »in welchem Umfange Zsolnay unseren Neuauflagen Konkurrenz machen kann«.35 Er wollte somit Wien als Lieferanten kalt ausschalten. Der Autor war überzeugt, daß »die teuren alten Ausgaben« des Zsolnay Verlags die neuen Bermann-Fischer-Ausgaben »auf keinen Fall konkurrenzieren könnten«,36 eine Ansicht, die Bermann Fischer teilte. 37 Mittlerweile setzten Werfel und der Verlag ihren Briefwechsel fort, indem eine Seite jeweils bedauerte, den Standpunkt der anderen nicht teilen zu können. Werfel am 14. Juni: »Ihre Auffassung unseres beiderseitigen Verhältnisses entspricht leider nicht der Realität. Durch die politischen Umstände sind Sie nicht mehr in der Lage, meine Werke in einer dem Abkommen entsprechenden Weise zu propagieren und zu vertreiben. Damit ist die Ausübung der Verlagsrechte von Ihrer Seite hinfällig geworden und ich bin gezwungen, mich gegen die Annullierung meines Lebenswerkes zu schützen.«38 Der Verlag konterte mit der Feststellung, daß (trotz eines minimalen Absatzes außerhalb Deutschlands) von einer Annullierung des Lebenswerkes »keine Rede sein« könne. 39 Werfeis starke Reaktion: es tue ihm »von Herzen leid«, daß er sich nicht zur Auffassung des Verlags bekehren könne: Wenn in dieser Zeit von Wien aus in einem Monat noch ein paar Hundert Exemplare meiner Werke abgesetzt werden können, so geschieht es trotzdem und dennoch, obgleich der Verlag sich hüten muß, auf all seinen Enunziationen meinen Namen auch nur zu erwähnen, geschweige denn pflichtgemäß zu propagieren und gegen Widerstände durchzusetzen. Wenn mein Name trotz anbefohlener und durchgeführter Vernichtung durch den eigenen Verlag immer noch so stark ist, im Auslande werbekräftig zu sein und sogar die fanatische Antipathie des betreffenden Sortiments gegen Bestellungen im ehemaligen Österreich überwindet, so ist das gewiß nicht ein Verdienst des Paul Zsolnay Verlages. Doch lassen wir fruchtlose Diskussionen. Auch ich würde eine gerechte Lösung der zwischen uns schwebenden Fragen herzlich begrüßen. 40
Werfeis Vorgangsweise gegenüber dem Verlag war mit Bermann Fischer genau abgesprochen, ja mancher Brief Werfeis vom Verleger vorformuliert. 41 Die Fertig35 36 37
38 39 40 41
Bermann an Werfel, 15.6.1938, The S. Fischer Verlag Papers. Werfel an Bermann Fischer, 16.6.1938, ebd. Bermann an Werfel, 15.6.1938 (Durchschlag), ebd. »Ich mache mir wegen der alten Zsolnayausgaben gar keine Sorgen.« Werfel an den Paul Zsolnay Verlag, Ordner Werfel. Zsolnay Verlag an Werfel, 18.6.1938, ebd. Werfel an den Zsolnay Verlag, 21.6.1938, ebd. Werfel an Bermann, 23.6.1938, The S. Fischer Verlag Papers. »Ich sende Dir umgehend die Antwort des P.Zs. Verlags. Zugleich habe ich nach Wien geschrieben, daß der so stolz erwähnte
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Stellung der diversen Aufstellungen nahm geraume Zeit in Anspruch, doch war es dann Anfang Juli so weit. Die Bilanz: auf Lager hatte man an Zsolnay-Ausgaben 74 276 Exemplare plus 7 871 Exemplare der vom Kurt Wolff Verlag übernommenen Werke, also insgesamt 82 147. Die Verrechnung sah wie folgt aus: Werfel schuldete dem Verlag »an nicht verdienten Honoraren, die jedoch vorausbezahlt worden waren, RM 51.197.90«. 42 Der Inventarwert betrug »an reinen Selbstkosten RM 60.000. - der Preis des Gesamtobjektes demnach an reinen Gestehungskosten RM 111.197.90« (ebd.). Das war nach aktuellem Kaufwert über 3,5 Millionen Schilling. Der Verlag gab zu, daß dieser Betrag »an sich nicht unbeträchtlich« sei, gab aber zu bedenken, daß der Wert des Objekts, der aus »Auslandsverträgen und deren künftigen Ertragsmöglichkeiten« bestehe, gewiß nicht zu unterschätzen sei. Man müßte aber fragen, wo der Markt war, wo man die 80 000 Werfel-Bücher verkaufen konnte. Der Verlag verzichtete, wie er ausdrücklich betonte, auf jede Anrechnung eines ideellen Mehrwerts, der Werbekosten sowie der Verzinsung, um »sein möglichstes Entgegenkommen zu beweisen«, ja dies nur »auf Grund der bedeutenden Erlöse aus Nebenrechten, die er bis jetzt aus Ihren Werken erhalten hat« (ebd.). Die sehr umfangreiche Aufstellung der Lagervorräte hatte nur einen nicht ungewichtigen Schönheitsfehler. Die diversen Lager waren zweifellos vorhanden und die Ziffern stimmten, nur konnte der Verlag über sie verfügen und war er in der Lage, um bona fide verhandeln zu können, die Vorräte auch auszuführen? Offenbar nur bedingt, wie ein Fall belegt. Ein wesentlicher Teil der Druckaufträge des Paul Zsolnay Verlages ging an die Druckerei R. Kiesel in Salzburg, und es lag in der Natur der Sache, daß dort auch gedruckte und ungebundene Exemplare von Verlagsbeständen lagerten. Im August 1938 wurden »dort durch Eingreifen der Staatspolizei« von Werfeis Musa Dagh-Roman insgesamt 4 315 (großteils Roh-) Exemplare beschlagnahmt und das Verfügungsrecht dem Verlag entzogen. Diese Aktion war auch der Anlaß eines Schreibens von Hermann R. Leber an den Polizeidirektor von Salzburg, einen gewissen Benno von Braitenberg, am 31. August 1938. Im Übereifer, »jüdisches Schrifttum« auszumerzen, raubte man einem Verlag auf diese Weise die Möglichkeit, mit einem blauen Auge davon zu kommen. Das wußte man in Polizeikreisen in Salzburg offenbar nicht, und Leber hoffte durch eine Direktintervention die Lage schnell zu klären. Da diese Überlegungen für die Situation, in der sich auch andere österreichische Verlage befanden, wichtig sind, sollen Lebers Argumente hier wiedergegeben werden: Wie Ihnen, sehr verehrter Herr Polizeidirektor, sicherlich bekannt ist, sind die Bestände solcher Autoren, wie Franz Werfel, die also jüdischer Abstammung sind und deren Vertrieb in Deutschland nicht wünschenswert erscheint für den Verkauf ins Ausland freigegeben, da ja
42
lächerliche Absatz für mich nur der Beweis meiner Auffassung sei, daß der P.Zs. Verlag mich nicht weiter zu verlegen imstande sei. In demselben Brief habe ich Lagerbestand, Absatzziffem und Kontoauszug gefordert, ohne Dich zu erwähnen. War das richtig?« Zsolnay Verlag an Werfel, 2.7.1938, Ordner Werfel.
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durch den Verkauf ins Ausland zusätzliche Devisen entstehen und diese sicherlich vom Reich nur gewünscht werden können. In einer ganzen Reihe von Fällen, wie z.B. auf den LeipzigerLagern wo Beschlagnahmungen erfolgt sind, wurden die Bestände dann auch zum Abverkauf ins Ausland freigegeben. Abgesehen davon, dass der Verlag, wie Sie ja schon wissen, und wie Ihnen die Beilage beweist, absolut arisch ist und das Recht hat lt Verfügung des Reichsstatthalters den Titel »Arisches Unternehmen« zu führen, einen Schaden von über RM 10.000 erleidet. Für den Fall, dass die Beschlagnahmung nicht aufgehoben wird, müssen die entsprechenden Devisen absolut verlorengehen, denn es sind ja über das Objekt dann keine Verkaufsmöglichkeiten mit dem Auslande mehr möglich. Der Autor selbst wird jedoch von dieser Massnahme gar nicht betroffen. Im Gegenteil, er wird sicherlich bald einen neuen Verlag finden, der in der Schweiz oder sonst wo das Werk neu herstellen lassen wird. Aus all diesen Gründen möchte ich Sie, sehr verehrter Herr von Brakenberg, bitten, dieser Sache doch einmal nachzugehen und uns mitzuteilen, durch wen die Beschlagnahme bezw. die Freigabe zwecks Verkauf ins Ausland mit tunlichster Beschleunigung erwirkt werden kann. 43
Ob es zu einer Freigabe kam, wissen wir nicht. Nach dem Verkaufsanbot des Zsolnay Verlags schaltete sich - nicht Werfel - sondern seine Frau in die Auseinandersetzung ein. In einem vom Autor unterzeichneten Brief richtete sie dem Verlag am 11. Juli folgendes aus: »Ich höre von allen Seiten, dass auf Ihren neuen, für das Ausland bestimmten Prospekten, mein Name nicht mehr erscheint. Dies ist der sonnenklare Beweis dafür, dass Sie, entgegen Ihrer Behauptung-mein Werk nicht anzeigen und vertreiben dürfen oder wollen. Damit ist aber zugleich meiner Auffassung recht gegeben, dass auch unsere alte gegenseitige Bindung durch Nichterfüllung Ihrerseits hinfällig geworden ist.«44 Trotz dieser »eindeutigen Lage« wollte Werfel »eine gerechte Lösung« finden und verwies Zsolnay an seinen neuen Verleger in Stockholm. Der Verlag wies freilich den Vorwurf der Nichterfüllung umgehend zurück. Und Werfeis Informationen, daß sein Name auf Auslandsprospekten fehle, müßten, so der Verlag, »schon aus diesem Grunde zwingend falsch sein [...], weil wir gar keinen neuen, für das Ausland bestimmten Prospekt hergestellt haben«. 45 Mit gleicher Post machte Zsolnay ein Angebot an Bermann Fischer, der sehr viel daran auszusetzen hatte. Lediglich ein Drittel der Lagerbestände im Offert sei überhaupt »gangbar« und diese seien billige Sonderausgaben. Daher sei, so Bermann Fischer, der von Zsolnay errechnete Durchschnittspreis »viel zu hoch gegriffen«. 46 Abgesehen davon, welcher Übernahmspreis marktgerecht war oder nicht, machte sich der Stockholmer Verlag über einen anderen Punkt Sorgen, und zwar erschien es ihm »zumindest fraglich zu sein«, ob für den Käufer dieser Vorräte eine Möglichkeit 43
44 45 46
Leber an Benno von Braitenberg, 31.8.1938, ebd. SS-Sturmbannführer Dr.jur. Benno von Braitenberg-Zennenberg (* 29.8.1896, Meran) war auch schriftstellerisch tätig. 1938 erschien Männer müssen kämpfen, 1940 der Kriminalroman Das Geheimnis des Schachspielers. Der Brief ist eigenhändig von Alma Mahler-Werfel geschrieben, ebd. Zsolnay Verlag an Werfel, 14.7.1938, ebd. Bermann-Fischer Verlag Stockholm an Paul Zsolnay Verlag, 18.7.1938, ebd.
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bestünde, »die zukünftigen Verkaufserlöse aus den mit Deutschland im Clearingverhältnis stehenden Ländern zu erhalten. [...] Wir müssen also befürchten, dass wir bei einem Kauf Ihrer Vorräte niemals in den Besitz des Gegenwertes gelangen können.« (ebd.) Der Verlag in Wien rechtfertigte zwar seine Kalkulationen und »glaubte« eine Genehmigung zur Ausfuhr der Bücher Werfeis erlangen zu können, sah aber ansonsten seine Felle davonschwimmen. 47 Bermann-Fischer spielte den Ball zurück und bat den Verlag in Wien um »neue Vorschläge«.48 Worauf Zsolnay (vertreten durch Dietl und Penz) den Bermann-Fischer Verlag seinerseits ersuchte, »ein Angebot zu machen, wie Sie es als richtig sehen«.49 Und damit waren die »Verhandlungen« zu Ende. Mittlerweile liefen die Vorbereitungen für eine Ausgabe des Musa £>ag/i-Romans im Bermann-Fischer Verlag Stockholm weiter, der Kontakt zwischen Werfel und dem Zsolnay Verlag ruhte bis zum Herbst, ohne daß die eine Seite die andere mit ihrem Standpunkt zu überzeugen vermochte. Ein Testfall ereignete sich Anfang November. Die Theatre Guild in den U.S.A. hatte die Möglichkeit, die Welttonfilmrechte an Juarez und Maximilian zu verkaufen und wandte sich naturgemäß an den Verleger Werfeis in Wien. Der Verlag war sehr interessiert und gab zu verstehen, daß ein Abschluß nach wie vor von seiner Zustimmung abhänge. Als er von Werfel informiert wurde, daß die Verträge mit Zsolnay erloschen seien, wandte sich die Theatre Guild an den Verlag mit der Bitte um Rat. Die Antwort: der Verlag habe eine 20%ige Beteiligung. Er belehrte Werfel folgendermaßen: Wir erlauben uns, dazu zu bemerken, dass selbstverständlich alle Verträge, die zwischen Ihnen und uns geschlossen worden sind, aufrecht bleiben müssen, insolange als weder Rechte noch Vorräte von Ihnen resp. von einem von Ihnen hiezu autorisierten Verlag von uns abgekauft worden sind. Dazu gehören selbstverständlich auch die Bühnen- und Filmrechte an Ihren Werken. 50
In diesem Schreiben wird lang und breit erläutert, weshalb der Rechtsstandpunkt Werfeis nicht zutreffe, und auf Grund der Insiderinformationen, die es enthält, ist evident, daß Costa und nicht Penz und Dietl für den Inhalt verantwortlich war. Der Verlag beanspruchte eine 20%ige Beteiligung am Filmabschluß, doch berief sich Werfel auf eine frühere persönliche Abmachung zwischen Paul Zsolnay und Alma Mahler-Werfel, wonach jeder Filmabschluß in den U.S.A., der durch den Autor und nicht durch den Verlag zustande kam, von jeglicher Provision frei wäre. Für Juarez und Maximilian hatte Werfel ein Angebot von $ 6 000 bekommen. »Ich habe gehofft,« schrieb er dem Verlag am 6. November, »von diesem Gelde eine neue Existenz für meine Frau, ihre Tochter und mich aufbauen zu können, da ich gegenwärtig ohne jeden Verdienst bin und nach monatelanger schlimmer Krankheit 47 48 49
50
Zsolnay Verlag an Bermann-Fischer Verlag, 22.7.1938, ebd. Bermann-Fischer Verlag an Zsolnay Verlag, 1.8.1938, ebd. Zsolnay Verlag an Bermann-Fischer Verlag, 4.8.1938, The S.Fischer Verlag Papers und Durchschlag im Ordner Werfel. Direktion des Zsolnay Verlags an Werfel, 2.11.1938, Ordner Werfel.
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nichts Wesentliches gearbeitet habe und m e i n e volle Arbeitskraft auch nicht besitze.« 5 1 V o n dieser schönen S u m m e sollte der Autor allerdings nur w e n i g sehen. D i e Theatre Guild forderte 2 5 % , diverse A g e n t e n weitere 2 0 % und der Zsolnay Verlag 2 0 % ( v o n denen 8% an den Drei M a s k e n Verlag abzuführen waren). W e r fel war verständlicherweise verzweifelt: Es kommt somit das groteske Verhältnis zustande, daß ich von dem Gelde, dazu bestimmt, uns über die ärgste Zeit des Exils hinwegzuhelfen, zwei Drittel an Unternehmer geben soll, die keinen Finger in dieser Sache gerührt haben. Dabei erwähne ich die Steuern nicht, die sich der amerikanische Staat abzieht, (ebd.) W i e die Aufteilung dann schließlich erfolgte, ist unklar. D e r Zsolnay Verlag b e stand vorerst auf seiner Beteiligung. Etwa Mitte D e z e m b e r schloß W e r f e l in Paris mit Warner Bros, einen Vertrag ab und soll $ 3 5 0 0 erhalten haben. 5 2 D e r F i l m wurde 1 9 3 9 u . d . T . »Juarez« gedreht. Werfel schloß seinen Brief an den Zsolnay Verlag mit einer kurios-naiven, aber vielleicht taktisch bedingten Feststellung: Ich höre von vielen Seiten zu meiner größten Freude, daß sich Herr v. Zsolnay im Vollbesitze seines Verlages befindet. Wenn er in diesem meinen Fall, der wahrlich ein Notfall ist, seine Zusicherungen zurückzieht und seine Versprechungen vergisst, dann müsste ich zu meinem fassungslosen Entsetzen annehmen, daß er mein Freund nicht mehr ist und die erstbeste Gelegenheit dazu benützt, mich um widerrufener und durch die Tatsachen erledigter Rechtstitel willen entscheidend zu schädigen. Ich bitte Sie um meiner Ruhe willen um eine möglichst rasche Antwortf.] (ebd.) D i e s e erfolgte umgehend: Abschliessend wollen wir noch richtig stellen, dass der Paul Zsolnay Verlag mit 18.XII. 1938 arisiert wurde und die Majorität der Aktien aus dem Besitze Paul von Zsolnays in andere Hände überführt worden ist. Der Verlag steht auch unter neuer Leitung. 53 Werfeis v o l l z o g e n e r Abschluß mit Bermann Fischer konnte nicht e w i g
geheim
bleiben, d e n n der übersiedelte Verlag inserierte ja auch in Fachpublikationen. E n d e N o v e m b e r entdeckte der Verlag in W i e n nämlich im Anzeiger Buchhandel
e i n Inserat für den Musa
für den
Schweizer
D a g A - R o m a n und richtete eingeschriebene
Protestbriefe s o w o h l an Werfel als auch an den Bermann-Fischer V e r l a g . 5 4 D i e
51 52 53 54
Werfel an den Zsolnay Verlag, 6.11.1938, ebd. Dazu Jungk: Franz Werfel, S. 258. Laut Jungk, S. 260. Ob mit oder ohne Abzug der Provisionen, ist nicht bekannt. Zsolnay Verlag an Werfel, 9.11.1938, Ordner Werfel. Zsolnay Verlag an Werfel und Bermann-Fischer Verlag, 28.11.1938 (Durchschlag), ebd. Dazu Gottfried Bermann Fischer am 19. Dezember an Thomas Mann (Thomas Mann. Brittfwechsel mit seinem Verleger Gottfried Bermann Fischer 1932-1955. Hrsg. Peter de Mendelssohn. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuchverlag 1975, Band 1, S. 200): »Die Unverschämtheit der Wiener 521
Rechte wären »in unserem Besitz«, und der Verlag in W i e n behielt sich »alle Schritte zur Wahrung unserer Rechte« vor. W o und w i e er einzuschreiten dachte, wurde nicht gesagt. D o c h entschloß man sich hierauf, Paul Zsolnay den Fall anzuvertrauen, w o b e i sich die Frage nach der Loyalität des Verlegers, der hiedurch in e i n D i l e m m a geriet, bald stellte. W e s s e n Interessen sollte er vertreten? D i e seines langjährigen Freundes Werfel oder die seines e h e m a l i g e n Verlags, in dessen A u f trag er nach L o n d o n reiste? Zsolnays erster Bericht aus London an die Leitung in W i e n v o m 2 0 . D e z e m b e r läßt noch nicht auf ein »Doppelspiel« schließen: Was die Abwicklung der Angelegenheit Werfel betrifft, mit der Sie mich ebenfalls betraut haben, konnte ich ihn leider nicht in London antreffen und bin gezwungen, am 23.d.M. [1938] nach Paris zu fahren, um mit ihm dort zu verhandeln. Wie Sie wissen, geht es um ein grosses Objekt und es besteht für uns durchaus die Gefahr, dass wir es ohne jede Entschädigung verlieren, ich hoffe aber zuversichtlich, dass es mir doch gelingen wird, Ihnen, wie ich in meinem letzten Briefe schon schrieb, eine grössere Summe zu retten. Glücklicherweise kann ich das während der Feiertage tun, in denen in London so wie so nicht gearbeitet werden kann. 55 Ende des Monats wurde ohne sichtlichen Anlaß, ohne einen begründeten Anspruch W e r f e i s , der Betrag v o n R M 5 0 3 1 1 , 2 0 v o m Konto des Autors als »uneinbringlich« abgebucht. Paul Zsolnay übernahm persönlich die Ausfall-Garantie in der H ö h e v o n R M 15 0 0 0 . A m 6. Jänner 1 9 3 9 trafen sich im Pariser Royal-Madeleine Hotel Franz Werfel, Paul Zsolnay und Albert v o n Jantsch-Streerbach. Gegenstand der Unterredung, die eher den Eindruck v o n »Scheinverhandlungen« a u f k o m m e n läßt, war die rechtliche Trennung W e r f e i s v o m Paul Zsolnay Verlag. Hierüber wurde folgendes Protokoll angefertigt: Besprechung über das im Paul Zsolnay Verlag erschienene Werk Franz Werfeis. Franz Werfel erklärt: Der Paul Zsolnay Verlag ist seit dem Anschluss nicht in der Lage, mein Werk den vertraglichen Voraussetzungen entsprechend zu vertreiben. Ich habe daher den Vertrag gekündigt. Durch nicht Annahme der Kündigung ist mir ein grosser Schaden erwachsen, für den ich den Paul Zsolnay Verlag verantwortlich mache. Dr. v. Jantsch erklärt für den Paul Zsolnay Verlag: Der Paul Zsolnay Verlag hat grosse Summen in das Werk Franz Werfeis investiert. Er könne ohne Entschädigung das Werk nicht freigeben. Paul Zsolnay, der als früherer Vertragspartner der Besprechung zugezogen wurde, erklärt: Die rechtliche Situation sei nicht geklärt. Ein Prozess wäre für beide Teile sehr peinlich, der Ausgang ungewiss. Er schlage vor: Der Verlag möge Franz Werfel sämtliche Buch-und Nebenrechte sowie die Bühnenvertriebsrechte, soferne er sie besitzt, ohne Entschädigung freigeben. Franz
55
Verlagskommissare kennt keine Grenzen. Vor etwa 6 Wochen erhielt ich ein Schreiben vom Paul Zsolnay Verlag, Wien, in dem dieser Einspruch gegen die von mir angekündigte Herausgabe eines Gedichtsbandes von Franz Werfel und gegen den Nachdruck des 'Musa Dagh' in der 'Forum'-Serie Einspruch erhebt, unter Androhung gerichtlicher Maßnahmen. Ich habe natürlich auf diese Frechheit nicht geantwortet und sehe diesen Maßnahmen mit Interesse entgegen.« Der hier erwähnte Brief ist nicht erhalten.
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Werfel überlässt dem Verlag das Recht, die Bestände, die dessen Besitz sind, frei zu verwerten. Keine Partei hat von heute an eine Forderung an die andere. Sollte dies für den Vertrag (recte: Verlag) nicht tragbar sein, würde er selbst sowohl im Interesse des Verlages als Franz Werfel einen Schaden auf sich nehmen bis maximal RM 15.000.- (fünfzehntausend Mark), die von seiner Forderung an den Verlag in Abzug gebracht werden können. Dieser Vorschlag wird angenommen und tritt damit sofort in Wirksamkeit. Franz Werfel m.p. Paris, 6.I.39 56
Paul Zsolnay m.p.
Diese Abmachung wird von Zsolnay und Werfel, nicht aber von Jantsch, dem zweiten befugten Vertragspartner, unterzeichnet. Darüberhinaus durfte Jantsch auf solche namhafte Forderungen des Verlags gegenüber einem Devisenausländer laut Gesetz gar nicht verzichten. Dies hatte später zur Folge, daß gegen ihn wegen Verdachts der Tarnung eines jüdischen Gewerbebetriebes und Betrugs sowie wegen Devisenvergehens Strafanzeige erstattet wurde. Das wiederum führte dazu, daß Jantsch nicht (wieder) in die N.S.D.A.P. aufgenommen wurde. Das Vertragsverhältnis zwischen Werfel und dem Zsolnay Verlag galt somit als aufgehoben, aber ein Teil der Besprechung galt den persönlichen Beziehungen zwischen Zsolnay und Werfel. Werfel revanchierte sich für die geleistete »Schützenhilfe« seines Freundes (zu der dieser gar nicht ermächtigt war), und diese Hilfeleistung erzürnte einen anderen Autor - Felix Saiten in Zürich - der gar keine Veranlassung dazu hatte, wie darzustellen sein wird. Zu einem Zeitpunkt, wo er sich bemühte, sich von Paul Zsolnay zu distanzieren, machte Saiten seinem Duzfreund Zsolnay den Vorwurf, dessen »so sehr verhätschelter Freund Werfel« hätte ihn, den Verleger, im Regen stehen lassen und Zsolnay würde Werfel besser behandeln. 57 Zsolnay stellte diese Darstellung umgehend richtig und erläuterte auch noch eine persönliche Abmachung. Saiten war, so Zsolnay, »falsch informiert«, denn Werfel hätte ihn monatelang nach Wien geschrieben, daß er auf dessen Entschlüsse warte, und erst, als ich das Gefühl hatte, dass ich eine längere Verzögerung nicht verantworten konnte, habe ich ihn gebeten, nicht mehr zu warten. Die Freimachung von ihm war für mich dadurch leichter möglich, da er nicht mehr in Wien war, als ich noch grösseren Einfluss auf die Leitung des Verlages besass. Da er mir nichts schuldig war und auch der Verlag keine Forderung an ihn hatte, war die finanzielle Regelung nicht schwierig. Werfel hat mir dann - ohne jede Verpflichtung - 5 % von allen künftigen Filmabschlüssen angeboten und ich habe dieses Geschenk
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In: AdR, VVSt, K.u.Tr., Zahl 12.765, Band III, Bl. 93 (Abschrift nach dem Original). In den Alma Mahler-Werfel Papers (Special Collections, Van Pelt Library, University of Pennsylvania, Philadelphia) findet sich ein Entwurf dieser Abmachung in der Handschrift Paul Zsolnays auf Briefpapier des Royal-Madeleine Hotels. Er ist nicht datiert, trägt keine Unterschriften, weicht an einigen Stellen vom Original ab (etwa »Wiedervereinigung« statt »Anschluss«) und enthält den Passus »und tritt damit sofort in Kraft« nicht. Saiten an Zsolnay, 10.6.1939, Nachlaß Saiten.
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angenommen, weil ich wusste, dass ich im umgekehrten Falle auch nobel gewesen wäre. Die finanzielle Hilfe, die er mir in Paris angeboten hat, glaubte ich ablehnen zu müssen, weil er ja sein ganzes Vermögen in Wien verloren hat und auch seine Eltern, wie ich glaube, nicht viel gerettet haben. 58 D i e Erklärung Zsolnays enthält eine Reihe v o n Widersprüchen, die nicht verifiziert w e r d e n können. Aber mit d e m Pariser Übereinkommen hatte das Vertragsverhältnis W e r f e l - Z s o l n a y k e i n e s w e g s seine Bewandtnis, denn bei der Übernahme seines A m t e s als Treuhänder rollte Dr. W i l h e l m H o f m a n n den Fall W e r f e l noch einmal auf. Er begann mit d e m Studium der Korrespondenzmappen im Verlag. D a stieß er auf den o b e n zitierten Aktenvermerk v o m 6. Jänner, der für ihn den B e w e i s dafür lieferte, daß Zsolnay monatelang Einfluß auf den Verlag ausgeübt und Jantsch dies gedeckt hätte. A b e r selbst H o f m a n n konnte nicht klären, o b Werfel dem Verlag tatsächlich etwas schuldete: Aus der Aktennotiz geht nicht hervor, dass Franz Werfel einen Anspruch auf Abbuchung der noch offenen Beträge gehabt hätte und es stellt sich nach dieser Notiz dar, als ob er einen Schadenersatzanspruch gegenüber seiner Schuld an den Verlag aufrechnen wollte. Nach Aussage verschiedener Angestellter im Verlage soll jedoch Werfel fast durchwegs bei seinen Werken Garantiebeträge zugesagt und ausbezahlt erhalten haben, die also nicht blosse eventuell rückzahlbare Vorschüsse gewesen sein sollen. Wenn dies richtig ist, hätte allerdings Werfel Anspruch auf Abschreibung der entsprechenden garantierten Beträge, die ihm angelastet waren, gehabt. 59 Ansonsten konnte H o f m a n n über das Verhältnis des Verlages »zu d e m jüdischen Autor Werfel« nicht viel berichten: Ich konnte bisher den Sachverhalt noch nicht einwandfrei klären, da die gesamten Korrespondenz- und Vertragsmappen von Franz Werfel mit denen anderer jüdischer Autoren nach dem Umbrüche vom S.T. [recte: S.D.] Hauptamt der SS. beschlagnahmt wurden. Ich habe bereits veranlasst, dass ich diese Mappen wieder zur Verfügung erhalte. Mir wurde jedoch vom S.T. Hauptamt in Wien mitgeteilt, dass trotz dessen Anfrage in Berlin, wo sie dieses Material zur Überprüfung befinden soll, bisher von dort noch keine Nachricht gekommen sei. (ebd.) D i e s e Unterlagen sind bis heute nicht aufgetaucht.
24.4. Zsolnay in Verdacht Gottfried Bermann Fischer dürfte schon vor der NS-Machtübernahme und seiner Flucht aus Österreich v o n Paul Zsolnay als Verleger keine sehr hohe Meinung g e habt haben. Aber nachdem sich Zsolnay in London als literarischer A g e n t etabliert 58
59
Zsolnay an Saiten, 13.6.1939, ebd. Ein schriftlicher Beleg für diese Abmachung liegt nicht vor, und in ihrer Korrespondenz wird sie nicht erwähnt. Hofmann an den Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Berlin. AdR, VVSt, K.u.Tr., Zahl 12.765, Band III.
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hatte, wurde aus der Geringschätzung der Verdacht der Kollaboration mit den Nazis. 60 Während bis Ende 1938 beinahe jeder Brief zwischen Werfel und Bermann Fischer den Zsolnay Verlag zum Thema hatte, blieb das Thema bis Mai 1939 unberührt, ja Werfel hat Bermann Fischer nicht einmal über die Jänner-Abmachung informiert. Am 13. Mai 1939 fragte Bermann Fischer: »Was ist eigentlich aus Zsolnay geworden? Ist er noch in London oder ist er inzwischen nach Amerika gefahren?«61 Und am 22. Mai: »Was macht eigentlich Zsolnay? Ist er noch in London oder nach Amerika gegangen? Ich höre die verschiedensten Gerüchte über ihn und würde gern einmal Genaues wissen.«62 Acht Tage später - Werfel hatte überhaupt nicht reagiert - schrieb Bermann Fischer einen ausführlichen Brief, worin er gegen Paul Zsolnay den Vorwurf erhebt, daß dieser mit seiner Arbeit für die Nazis tätig sei und die Arbeit der Exil- und Emigrantenverlage unterminieren würde. Da dieser schwerwiegende Vorwurf Bermann Fischers uns auch im Falle Felix Saiten begegnen wird, müssen wir die objektiven Gegebenheiten skizzieren. Zsolnays Reise war damit begründet, im Namen des nach außen hin »arisierten« Verlags Autorenrechte zu erwerben und zu verkaufen. Sie diente wohl auch dazu, ihm das Leben zu retten. Zsolnay rechnete offensichtlich nicht damit, daß die »Scheinarisierung« auffliegen oder daß jemand an seiner Tätigkeit in London Anstoß nehmen würde. So realistisch diese Überlegungen kurzfristig gewesen sein mögen, langfristig waren sie dazu angetan, den Verleger Paul Zsolnay in eine überaus schiefe Optik zu rücken. Besonders gravierend schien daher seine fortwährende Verbindung zum Verlag in Wien. War das Unternehmen nun ein »Nazi-Verlag«, für den er im Ausland gehalten wurde, oder war er keiner? Man erwartete, daß er sich vom Verlag in aller Form trenne. Aus der Sicht Bermann Fischers, der mit anderen um sein kommerzielles Überleben zu kämpfen hatte, schien es daher, als ob Paul Zsolnay darauf aus war, den Exilverlagen das Wasser abzugraben, ja ihre Arbeit zu beeinträchtigen. Und es war eben dieser enge Konnex, der Felix Saiten aus »Mißbehagen« dazu veranlaßte, abrupt von Zsolnay abzurücken. Es bestand aus der Sicht Bermanns die reale Gefahr, daß durch Zsolnays Tätigkeit für einen »NaziVerlag« nun allen das Geschäft vermasselt werden würde, ja darüber hinaus, daß alle »deutschen« Verlage in einen »Nazi-Topf« geworfen würden. Konkret äußert sich dieser Verdacht Bermann Fischers, wie schon erwähnt, im Fall der Autorin Pearl S. Buck, um die sich auch Paul Zsolnay für den Wiener Verlag bemühte. Von Bermann Fischer als Autor ebenfalls begehrt war A.J. Cronin. Schon im Jänner 1939 hatte sich der Verleger in Stockholm über die »skandalöse Propaganda« des Zsolnay Verlags in einer Börsenblatt-Anzeige vom 17. Oktober 1938 empört gezeigt. Gegenstand seines Interesses waren die deutschsprachigen Rechte für den
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Eine gekürzte Fassung der folgenden Darstellung findet sich u.d.T. Exilverlage - Verleger im Exil, in: Stefan Zweig. Für ein Europa des Geistes. [Ausstellungskatalog], Hrsg. von Klemens Renoldner, Hildemar Holl und Peter Karlhuber. Salzburg 1992, S. 53-63. Bermann an Werfel, 13.5.1939 (Durchschlag), The S. Fischer Verlag Papers. Bermann an Werfel, 22.5.1939 (Durchschlag), ebd.
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Vertrieb Cronins außerhalb des Deutschen Reiches. Er hielt es für möglich, daß der Mißbrauch seines Romans für Propagandazwecke den Autor veranlassen könnte, seine Beziehungen zum Verlag in Wien abzubrechen. Cronin hatte tatsächlich diese Absicht, weil die Devisengenehmigungen (also seine Honorarzahlungen) sehr schleppend erfolgten. Für Bermann Fischer, der so etwas wie eine geistige Allianz der »Emigrationsverlage« förderte, wäre es »von grosser Bedeutung« gewesen, einen Mann wie Cronin dort herausbringen zu können. 63 Er bat daher den Autor und Freund Karl Otten in London für ihn herumzuhören. Auch Otten war nämlich »wegen des Missbrauchs, den die Nazis mit Cronin« trieben, entsetzt. 64 »Es liegen acht andere Angebote deutscher Verleger vor - ob Nazis oder Nicht Nazis, konnte ich natürlich nicht erfahren. Aber ich lasse da nicht locker und werde den Nazis gründlich in die Suppe spucken.« (ebd.) Am 30. Mai 1939 schließlich machte Bermann Fischer Franz Werfel mit der Angelegenheit vertraut: Lieber Freund, Der Anlass zu diesem Brief ist eine ganz besonders unerfreuliche, uns alle betreffende Nachricht aus London, die ich Dir unverzüglich zur Kenntnis bringen möchte. Ich habe schon seit längerer Zeit Anlass zu der Vermutung gehabt, dass Paul von Zsolnay gegen die ausserhalb Deutschlands niedergelassenen Verlage und für die Naziverlage in London arbeitet. Ich hatte diese Vermutung, weil ich mir gewisse Vorgänge bei den Londoner Agenten nur schwer anders erklären könnte. Vorgestern erhielt ich nun, ohne dass ich etwa angefragt, von einem sehr bedeutenden, in London lebenden Autor folgende Zeilen: »... Ich habe von einer Seite, die absolut verlässlich ist und die ich nur nicht nennen kann, in einer Weise die jeden Zweifel ausschliesst, die Nachricht bekommen, dass P.v.Z. hier Generalvertreter des Naziverlages ist, einerseits um englische und amerikanische Bücher für diesen zu erwerben, andererseits Autoren, auch die jüdischen, im Ausland zu vertreiben
«.
Der betreffende Autor ist mir als sehr vorsichtig bekannt und im übrigen uninteressiert sodass ich keinen Grund habe, an seinen Angaben zu zweifeln, um so weniger, als diese Nachricht nur eine Bestätigung meiner begründeten Vermutungen ist. Eines Urteils über diese Handlungsweise Zsolnays kann ich mich wohl enthalten. Es muss in dieser Angelegenheit, die für uns alle einen schweren moralischen und sachlichen Schaden darstellt, sofort etwas geschehen. Den Emigrationsverlagen wird durch die dunkle Tätigkeit von Zsolnay gar nicht abzusehender Schaden zugefügt. Seit Monaten spüre ich, wie bei den englischen Agenten, die über alle englischen und amerikanischen Rechte verfügen, gegen mich gearbeitet wird und Widerstände, die vor wenigen Monaten noch nicht vorhanden waren, entstanden sind, die nur auf solche dunkle Machenschaften zurückgeführt werden können. Ich spreche nicht von Schwierigkeiten, die bei solchen ausländischen Büchern entstehen, die ohne weiters in Deutschland verkauft werden können. Meine Erfahrungen beziehen sich vielmehr auf zahlreiche ausländische Autoren, die in Deutschland verboten sind oder deren Stellungnahme zum reichsdeutschen Verlag bisher eindeutig ablehnend war. Bei diesen Werken und Autoren waren bis vor kurzem gar keine Schwierigkeiten vorhanden, sodass es für mich ganz klar war, dass ein neuer Faktor aufgetreten sein muss, der die Agenten und Autoren dahingehend
63
Bermann an Karl Otten, 11.1.1939 (Durchschlag), ebd.
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Karl Otten an Bermann, 13.1.1939, ebd.
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bearbeitet, gegen alle bisherigen Erfahrungen ihre Versuche mit Deutschland wiederaufzunehmen. Leuten, die Verhältnisse in Deutschland bei der Reichsschrifttumskammer usw. so genau kennen, wie P.v.Z. wird es leicht fallen, den betreffenden Verlagsagenten und Autoren Hinweise bezüglich harmlos aussehender Streichungen etc. zu geben oder Verhandlungsmöglichkeiten mit deutschen Behörden vorzugaukeln, die ihnen die Wiederaufnahme der Beziehungen als aussichtsreich erscheinen lassen. Ich selbst habe augenblicklich Verhandlungen mit einer sehr wichtigen amerikanischen Autorin laufen. Ich hatte im Jänner sowohl von der Autorin selbst als auch von deren englischen Agenten eine feste Zusage. Plötzlich wurde der Abschluss des Vertrages aufgeschoben und immer mehr und mehr hinausgezögert und schliesslich erhielt ich von der Autorin die Nachricht, dass der Abschluss der Verhandlungen vorläufig nicht vollzogen werden könnte, weil sich ein deutscher Verlag, der sich später als der Z. Verlag herausstellte, um die Rechte bemüht. Hier handelt es sich um eine in Deutschland verbotene Autorin. Auch ohne die Bestätigung des englischen Autors war es für mich ganz klar, dass hier nur Z. dahinterstecken konnte. Jetzt, nach diesem Brief aus England, besteht für mich gar kein Zweifel mehr. Du weisst, wie ahnungslos und stupide die Engländer in diesen Fragen sind und wie leicht sie von jemand zu beeinflussen sind, der ihnen ein lohnendes Geschäft verspricht. Dass Z. in London für seinen, ihm von den Nazis gestohlenen Verlag arbeitet wird bei den Engländern den Glauben hervorrufen, dass es so schlimm mit den Wiener Vorgängen nicht gewesen sein kann und sie umso eher veranlassen, mit dem Wiener Verlag weiterzuarbeiten. Ich habe Dir nur ein Beispiel angeführt, es gibt aber zahllose und immer und immer wieder stehe ich vor einem ungreifbaren Einfluss. Bevor irgendetwas unternommen werden soll, möchte ich Deine und Almas Meinung hören. Bitte, antworte mir umgehend, es handelt sich um eine für uns alle äusserst wichtige Angelegenheit. Ich will die Sache zunächst diskret behandeln und bitte Dich und Alma auch um strengste Diskretion. 65 D e r Autor des Zitats in d i e s e m Brief war kein geringerer als der in L o n d o n lebende Stefan Z w e i g , den Bermann gebeten hatte, b e i m Londoner A g e n t e n v o n Pearl S. Buck, Watt, zu intervenieren, u m zu erreichen, daß nicht e i n mitbietender S c h w e i z e r Verlag, sondern sein Verlag den Zuschlag für eine B u c k - N e u e r s c h e i nung b e k o m m e . W e l c h e Rolle Paul Zsolnay spielte, wußte er nicht: »Was Zsolnay mit der Sache zu tun hat, kann ich gar nicht verstehen, denn er hat ja keinen Verlag mehr. Allerdings habe ich schon lange den Verdacht, dass Zsolnay i m m e r noch für die Wiener Firma arbeitet, die heute als reiner Naziverlag zu betrachten ist.« 6 6 Z w e i g s Antwort teilte Bermann Fischer, w i e wir g e s e h e n haben, Franz Werfel u m gehend mit. Stefan Z w e i g hielt viel v o n der Solidarität g e g e n N a z i - D e u t s c h l a n d und drückte sein Mißfallen über Paul Zsolnay daher sehr deutlich aus: »Es ist selbstverständlich unser aller Interesse, dass diesem dunkeln und gar nicht mehr zweideutigen Zustand das Schamtuch a b g e n o m m e n wird. W e n n er [Paul Zsolnay] derlei tut, so m ö g e er wenigstens den Mut haben, es o f f e n z u z u g e b e n , dass er mit
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Bermann an Werfel, 30.5.1939 (Durchschlag), ebd. Bermann an Stefan Zweig, 19.5.1939 (Durchschlag), ebd. 527
unseren erbittertsten Gegnern Schacher treibt.«67 Der »Fall Zsolnay« war zu dieser Zeit auch Gegenstand der Korrespondenz zwischen Stefan Zweig und Felix Saiten. Sie erörterten streng vertraulich, ob Saiten sein Werk der Agentur Heath (Paul Zsolnay) übergeben sollte und wie die rechtliche Lage um die Bücher Saltens eigentlich stand. Zweig vermutete, daß die Buchrechte in deutscher Sprache wie in seinem Fall auch an Saiten zurückgefallen wären. Zweig riet Saiten dazu, eine vollkommene Neuordnung vorzunehmen und entweder Bermann-Fischer oder Allert de Lange die deutschen Rechte zu übertragen. 68 Ferner riet er Saiten davon ab, jemandem die Generalvertretung eines Gesamtwerks für die ganze Welt auf ewige Zeiten zu überlassen. Wenn er mit Zsolnay doch neu abschließe, sollte er einen ansehnlichen Vorschuß verlangen, aber dem Wiener Verleger eher aus dem Weg gehen. Zweig: Was Herrn Paul v. Z. betrifft, so meine ich, daß man insbesondere in Amerika, wo man unerbittlich ist in Fragen von Nazikompromissen, gegen ihn stark voreingenommen ist, und daß ferner immer noch die Verwechslungsgefahr des Verlages Z. in Deutschland und seiner Person weiter besteht (man weiß ja wirklich nicht, ob er nicht noch in gewisser Verbindung mit seinem früheren Unternehmen steht und dies wird zumindest behauptet), (ebd.)
Von alldem, was wir über die Tätigkeit Paul Zsolnays in London wissen, können wir davon ausgehen, daß ihm, trotz der Optik, nicht bewußt war, daß er durch seine Bemühungen um Buck oder Cronin Emigrationsverlage ausmanövrierte oder wissentlich gegen sie handelte, was nichts an der Tatsache ändert, daß Bermann Fischer der Meinung war, daß Zsolnay hinter seinen Schwierigkeiten stecke. Bermann plädierte in einem weiteren Brief an Stefan Zweig für eine Aktion mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln »gegen diesen Burschen«, wie er sich ausdrückte. 69 Ihm schwebte eine geschlossene Erklärung aller deutschen Autoren der Emigration gegen Zsolnay vor, »die in der gesamten uns zugänglichen Presse, möglichst natürlich auch in der nicht Emigrantenpresse veröffentlicht werden müsste« (ebd). Das Ziel war, die englischen Verlage und Agenten mit moralischen Argumenten gegen Paul Zsolnay zu beliefern. Immerhin bedeuteten, so Bermann Fischer, »die Machenschaften Z. [...] nicht nur sachlich, sondern insbesondere auch moralisch einen grossen Schaden für uns alle« (ebd). Zweigs Reaktion war nicht vom selben Temperament durchdrungen wie der Brief Bermann Fischers. In der Angelegenheit Zsolnay hielt er vielmehr jede öffentliche Aktion für ausgeschlossen. Weil die englische »libel«-Gesetzgebung in diesem Fall zum Tragen kommen könnte, müsse man ungeheuer vorsichtig sein. Zsolnay brauche ja nur von Wien bescheinigen zu lassen, daß er nicht Generalvertreter sei und damit würde der Vorwurf praktisch in sich zusammenfallen. Zweig war eher für stille Diplomatie, d.h. für die Versorgung der amerikanischen und englischen Verleger 67 68 69
Stefan Zweig an Bermann, 26.5.1939, ebd. Stefan Zweig an Felix Saiten, 22.5.1939, Nachlaß Saiten. Bermann an Zweig, 30.5.1939 (Durchschlag), The S. Fischer Verlag Papers.
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mit Informationen über Paul Zsolnay »in privater Weise«.70 Bermann Fischer ließ sich schließlich von der besonnenen Reaktion Zweigs anstecken und befand nun auch, »dass eine öffentliche Aktion im Augenblick zu gefährlich wäre«.71 Werfeis Reaktion auf den Brief Bermann Fischers beschränkte sich auf ein Telegramm mit dem schlichten Inhalt »Empört«.72 Darauf wieder Bermann Fischer: Lieber Freund, Ich erhielt soeben Dein Telegramm. Gleichzeitig bekomme ich auch einen Brief von dem bereits erwähnten Londoner Autor [Stefan Zweig], in dem er mir mitteilt, dass nunmehr festgestellt ist, dass Z. als Generalvertreter für Naziverlage arbeitet, dies aber wahrscheinlich abstreiten wird, da er wohl nicht unter seinem eigenen Namen arbeitet, sondern unter dem Namen der Firma Heath. Dass er für diese Firma arbeitet habe ich früher schon gehört. Ich würde es für richtig halten, wenn man zunächst auf private Weise versucht, Z. zur Räson zu bringen und würde es deshalb begrüssen, wenn Ihr ihn stellen würdet. Ob das irgendeine Aussicht hat, kann ich nicht beurteilen. Z. hat ja die besondere Eigenart, für seine abseitigen Unternehmungen immer eine Kaschierung zu finden. Ich erinnere nur an seine Korrespondenz mit Will Vesper. Es besteht kein Zweifel, dass gegen Z. vorgegangen werden wird, wenn er seine Tätigkeit nicht einstellt. Es sind bereits wichtige amerikanische Verlage unterrichtet und solche Dinge sprechen sich ja sehr schnell herum. Viel Zeit hat er also nicht mehr, wenn er sich rehabilitieren will. Wenn Du an ihn schreibst, so vermeide, bitte, jede Namensnennung, denn wir müssen auf das ausserordentlich scharfe libel-Gesetz Rücksicht nehmen. Er wird seine Tätigkeit sicher so kaschiert haben, dass er immer einen Ausweg findet um sich unter den Schutz dieses Gesetzes zu stellen. Ich wäre Dir sehr dankbar, wenn Du mir seine Antwort bekanntgeben würdest. 73
Eine schriftliche Konfrontation mit Zsolnay von Seiten Werfeis liegt nicht vor, am 8. Juni teilt er Bermann allerdings mit, er sei dabei, den Fall Zsolnay zu »untersuchen«. Nachsatz: »Kein Name wird genannt. Ich habe Dir übrigens noch nicht geschrieben, daß ich durch Intervention von P.Zs. alle Rechte vom Verlag zurück erhalten habe.«74 Darauf Bermann sechs Tage später: »Sehr gespannt bin ich auf Deine Nachrichten über P.v.Z. Dass Du durch ihn die Rechte vom Wiener Verlag zurückerhalten hast, scheint mir ganz unwesentlich zu sein, bei der Tatsache, dass Deine Bücher in Deutschland verboten sind kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Rechte automatisch an Dich zurückgefallen sind und der Wiener
70 71 72 73
74
Zweig an Bermann, 1.6.1939, ebd. Bermann an Zweig, 5.6.1939, ebd. Werfel an Bermann, Telegramm vom 1.6.1939, ebd. Bermann an Werfel, 3.6.1939, ebd. Aus freien Stücken informierte Zweig auch den Allert de Lange Verlag in Amsterdam im Mai 1939 über die vermutete Doppelrolle Paul Zsolnays. »Streng vertraulich« berichtete er u.a., daß Paul von Zsolnay »Generalagent des [...] Naziverlages Zsolnay« sei. Brief von Stefan Zweig, Internationales Archiv für Sozialgeschichte, Amsterdam, Inv. Nr. 89/454. Werfel an Bermann, 8.6.1939, The S. Fischer Verlag Papers.
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Verlag keinerlei Ansprüche mehr auf sie geltend machen kann.«75 Wie energisch Werfel diese »Untersuchung« durchführte, ist nicht bekannt. Am 30. Juni heißt es an Bermann: »Von Zsolnay haben wir noch keine Antwort.« 76 Der Fall dürfte sich mit der Einsetzung eines Treuhänders in Wien ohnehin von selbst erledigt haben. Parallel dazu aber lief eine Diskussion über die Stellung des Verlegers in der Korrespondenz Saiten - Zsolnay Verlag - Bobbs-Merrill - Paul Zsolnay.
24.5. Saltens Abgang Was seine Werke anlangt, so weiß ich allerdings nicht, ob man sie bis in hundert Jahren lesen wird. (Karl Kraus 1924)77
Felix Saiten kam 1869 in Budapest zur Welt. Seine Familie übersiedelte einige Wochen nach seiner Geburt nach Wien. Außer in den jahrelangen verbalen Scharmützeln mit Karl Kraus, dem Saiten im Gegenzug dessen Geburtsort Jicin »vorwarf« (Stichwort: »Das Jüngl aus Jicin«), spielte Wien als Heimatstadt - wo er bis auf einige Auslandsreisen nach Palästina oder in die U.S.A. siebzig Jahre lang lebte - die wesentlichste Rolle in seinem Leben. Als langjähriger und in bürgerlichen Kreisen angesehener Feuilletonist und Kritiker der Neuen Freien Presse in Wien leistete Saiten dem Paul Zsolnay Verlag einen absolut unbezahlbaren Dienst, denn die Zahl der Zsolnay-Bücher, die dort nicht besprochen wurde, dürfte, wie eine flüchtige Durchsicht der Sonntagsbeilage zeigt, sehr gering sein. Dafür war Saiten bloß ein möglicher Rezensent, der nebstbei Verlagsautor war. Zu erwähnen wären noch Ernst Lothar und Erwin Rieger. (Für das Neue Wiener Tagblatt war Zsolnay-Autor Eduard Paul Danszky tätig.) Das Gros seines literarischen Werks, das immerhin über fünf Dutzend selbständige Publikationen umfaßt, ist, bis auf die Tiergeschichten, allen voran Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Walde (1923) in Vergessenheit geraten. Wegen seiner Hasen-, Reh-, Hund- und Pferdegeschichten wurde er nicht nur zu Lebzeiten gehänselt, sondern auch heute von der Literaturwissenschaft nicht ernst genommen. Dafür wird - da beträchtliche Tantiemen auf dem Spiel stehen - eifrig über die Urheberschaft des Wiener Dirnenromans Josefine Mutzenbacher, der Saiten zugeschrieben wird, spekuliert und theoretisiert. Festzustehen scheint zumindest, daß seine Schriftstellerkollegen, unter ihnen Karl Kraus und Arthur Schnitzler (»Wohl Saiten«, Tagebuch 1911), von seiner Verfasserschaft überzeugt waren. Von der Literaturwissenschaft wird an der Schriftstellerkarriere Saltens nur dessen Präsidentschaft des Wiener P.E.N.-Clubs wahrgenommen, und hier wird vor allem die
75 76 77
Bermann an Werfel, 14.6.1939, ebd. Werfel an Bermann, 30.6.1939, ebd. Die Fackel, XXVI. Jahr, Nr. 657-667, August 1924, S. 182.
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höchst zwielichtige Rolle, die er vor, während und nach dem XI. P.E.N.-Kongreß in Ragusa im Mai 1933 spielte, unter die Lupe genommen. Sein Ausweichen auf rein formale Argumente, wonach etwa Österreich sich wegen seiner tausendjährigen Verbundenheit mit Deutschland an einer Deutschland-Debatte nicht beteiligen könne, retteten weder die Bücher seiner jüdisch-liberalen Kollegen noch seine eigenen vor dem »Reinigungswerk« der Nationalsozialisten. Was auf den ersten Blick als reinster Opportunismus erscheinen mag (und der Vorwurf blieb ihm wohl nicht erspart), entpuppt sich rückblickend als gar nicht so seltenes Verhalten eines assimilierten (Wiener) Juden. Er verließ die Heimat, die aufgehört hatte, Heimat zu sein, wohlgemerkt erst nach einem Jahr Nazi-Herrschaft, und das völlig freiwillig in Richtung Schweiz. Saiten hatte in diesem Jahr somit reichlich Gelegenheit, Zeuge der Barbarei zu sein, mitansehen zu müssen, wie Freunde und Bekannte, Juden und Christen Opfer wurden. Die Schilderung der Ereignisse in Wien könne, so meinte er im Dezember 1939 von Zürich aus, »garnicht übertrieben werden«. »Ich trennte mich also, obwohl noch in Wien, von der Stadt, die ich leidenschaftlich geliebt hatte, der ich mit meinen Wurzeln für immer anzugehören glaubte und deren Leitung mir früher einmal für meine jahrzehntelang geübte Österreichische Tätigkeit die höchste bürgerliche Ehrung verliehen hatte. Vielleicht darf ich später ausführlicher über diese ganze Sache sprechen. Einstweilen möchte ich feststellen, dass ich der deutschen Sprache zugehörig bin, was mir keine Erdenmacht rauben kann, möchte feststellen, dass ich dem einstigen deutschen Kulturkreis nach wie vor als Gleichberechtigter angehöre.« Saiten hatte im Gegensatz zu anderen insofern großes Glück gehabt, als er »von Schimpf und von körperlicher Folter verschont war« und »kein einziges Mal persönlich belästigt« wurde. »Das schreibe ich zum Teil dem Amerikanischen Generalkonsul Mr. Leland Morris zu, der mir - obwohl bis dahin ganz fremd - gleich in den Anfangswochen erklärte, er wolle gegebenenfalls meinen Schutz übernehmen. Die vollendet gentlemanlike Art des Mr. Morris werde ich ebenso dankbar im Gedächtnis bewahren wie die Teilnahme, die mir von zahlreichen meiner Amerikanischen Leser und von der Amerikanischen Presse erwiesen wurde.«78 Saiten beschreibt sein Jahr in der Hölle Wien als eine Art innere Emigration: »Während dieses Jahres stürzte ich mich in Arbeit, schrieb eine phantastische Novelle, die im 12. Jahrhundert zu Rom spielt und hielt damit die ungeistige Gegenwart von mir fern« und spricht von einer geistigen Beschäftigung, »die mich gleichsam anästhesierte«.
78
Felix Salten an D.L. Chambers, Bobbs-Merrill Company, o.D. Bobbs-Merrill Mss., Felix Saiten, Manuscript Department, Lilly Library, Indiana University, Bloomington, Indiana. (Im folgenden als »Bobbs-Merrill« zitiert.) Ausführliches zum Schweizer Exil Saltens findet sich bei Gabriele Maria Reinharter: Felix Saiten. Schriftsteller. Der österreichische Schriftsteller Felix Saiten im Schweizer Exil. Materialien zu seiner Biographie von 1939 bis 1945. Diplomarbeit Univ. Graz 1992.
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Keineswegs so eindeutig ist sein Verhalten vis-ä-vis dem Zsolnay Verlag nach dem März 1938, als er, obwohl er nicht RSK-Mitglied werden konnte, mit diesem noch Verträge abschloß. Auf diesen Punkt wird später eingegangen werden. Bis er vom neugegründeten Paul Zsolnay Verlag unter Vertrag genommen wurde, und vom Neo-Verleger aufgefordert wurde, unter dem gewünschten Titel Geister der Zeit eine Sammlung seiner Essays über Künstler zu einem Buch zu vereinigen, 79 waren die Werke Saltens in einem halben Dutzend verschiedenen Verlagsanstalten, darunter Wiener Verlag, S.Fischer, Insel Verlag, Georg Müller und Ullstein, herausgekommen. Im Lauf von vierzehn Jahren kamen laut Herstellkartei 17 Saiten-Titel in einer Gesamtauflage von 160 690 Exemplaren bei Zsolnay heraus, beinahe 18 wurden es. Sieht man jedoch von der fiawiW-Geschichte ab, die der Zsolnay Verlag von Ullstein erwarb und im September 1926 in erster Neuauflage auf den Markt brachte (5 000 Exemplare), waren die Bücher nur von mäßigem Erfolg gekrönt. Laut Verlagsvertrag erhielt Saiten das (neben Werfeis 22%) höchste Honorar von 20% des broschierten Ladenpreises. Erlöse aus den Nebenrechten teilten sich Autor und Verlag 80:20. Saltens Oeuvre im Paul Zsolnay Verlag ist im folgenden in der Reihenfolge des Erscheinens aufgelistet: Geister der Zeit. Erlebnisse
1. Aufl. 24.12.1924
3 000
Neue Menschen auf alter Erde. Eine Palästina-Fahrt
1. Aufl. 22.4.1925
5 000
Bob und Baby. Erzählungen
1. Aufl. 28.11.1925
5 000
Martin Overbeck. Der Roman eines reichen jungen Mannes
1. Aufl. 14.4.1927
10 000
1. Aufl. 22.9.1926 2. Aufl. Jänner 1928 3. Aufl. 28.3.1929 4. Aufl. 13.1.1930 5. Aufl. 30.10.1930 6. Aufl. 29.10.1931 7. Aufl. 11.10.1934 8. Aufl. 19.12.1935 9. Aufl. 4.12.1937 10. Aufl. 14.9.1950
5 000 5 000 (16.-20.Tsd.) 5 000 (21.-25.Tsd.) 5 000 (26.-30.Tsd.) 5 000 (31.-35.Tsd.) 10 000 (36.-45.Tsd.) 5 000 (50.Tsd.) 5 000 (51.-55.Tsd.) 1 500 (56.Tsd.) 6 470 (91.-96.Tsd.)
Der Hund von Florenz
1. Aufl. März 1928 2. Aufl. 2.11.1928
690 2 000
Der Schrei der Liebe. Novellen
1. Aufl. 28.6.1928
10 000 (l.-10.Tsd.)
Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Wald
79
Felix Saiten: Geister der Zeit. Erlebnisse. Berlin-Wien-Leipzig: Paul Zsolnay Verlag 1924, S. 9.
532
Simson. Das Schicksal eines Erwählten
1. Aufl. 28.9.1928
10 000 (1 ,-lO.Tsd.)
Simson. Das Schicksal eines Erwählten
1. Aufl . 1 7 . 1 1 . 1 9 3 2
6 8 8 5 (BZW)
Die Geliebte des Kaisers. Novellen
1. Aufl. 6.5.1929
5 000 (1 .-5.Tsd.)
1. Aufl. 24.10.1929
10 000 (l.-10.Tsd.)
2. Aufl. 15.12.1930
5 000 ( l l . - 1 5 . T s d . )
Fünfzehn
Hasen-Schicksale
in Wald und Feld
Gute Gesellschaft. Erlebnisse mit Tieren
1. Aufl. 13.11.1930
5 000 (1. -5. Tsd.)
2. Aufl. 18.12.1930
3 600 (6.-10.Tsd.)
3. Aufl. 19.11.1931
2 100 ( l l . - 1 2 . T s d . )
1. Aufl. 7.5.1931
5 000 (l.-10.Tsd.)
Gartens
1. Aufl. 29.10.1931
10 000 (1.-20.Tsd.)
Luise von Coburg
1. Aufl. August 1932
2 000 (1 .-2.Tsd.)
Mizzi. Novellen
1. Aufl. 17.11.1932
3 000 (l.-3.Tsd.)
Fünf Minuten Amerika Freunde aus aller Welt. Roman eines
Zoologischen
Florian. Das Pferd des Kaisers. Roman
Kleine Brüder. Tiergeschichten
1. Aufl. 7.12.1933
5 000 (l.-5.Tsd.)
2. Aufl. 28.4.1934
3 000 (6.-8.Tsd.)
1. Aufl. 21.11.1934
3 000 (9.-11.Tsd.) 4 000
Saltens Einkünfte aus seinen Büchern in deutscher Sprache gingen nach 1933 drastisch zurück, und die Mehrzahl von ihnen wurde in den Jahren 1933-35 verramscht; es wurden immerhin 11 Titel an den Restbuchhandel abgegeben. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden nur mehr zwei neue Werke Saltens veröffentlicht, doch überraschenderweise scheint der Autor noch in keiner der kursierenden Verbotslisten auf. Erst in der Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums vom Oktober 1935 wird ein Verbot »Sämtlicher Schriften« ausgesprochen. Am 24. März 1936 erfolgte eine Gestapo-Razzia im Leipziger Lager, und im Zuge dessen wurden Florian, Geister der Zeit und Bambi für Deutschland beschlagnahmt und eingezogen, wohl wegen ihrer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bzw. des »nationalsozialistischen Kulturwollens«. Die Bambi-Geschichte hatte bis einschließlich der letzten (und 9.) Auflage im Dezember 1937 bei Zsolnay einen Stand von 56 000 erreicht, doch war der wahre Markt für Saltens Tiergeschichten das Ausland, allen voran die U.S.A. Das Bambi-Buch, das durch die Walt Disney-Verfilmung im Jahr 1942 internationale 533
Berühmtheit errang, erreichte gar bis März 1938 einen Auflagenstand von 270 000 Exemplaren. Angesichts eines solchen Erfolgs (Stichwort: das Buch zum Film) allein auf dem U.S.-Markt und der Aussicht auf Filmabschlüsse, war es verständlich, daß der inzwischen arisierte Paul Zsolnay Verlag gewaltige Anstrengungen machte, die Vertragsbestimmungen über Nebenrechte in der Hoffnung auf einen »Devisenregen« aufrechtzuerhalten. Im März 1938 war de facto kein Saiten-Werk auf dem reichsdeutschen Buchmarkt erhältlich. Anders sah die Situation in Österreich aus, wo Paul Zsolnay in einzelnen Fällen (Perutz, Werfel) Bücher für das außerdeutsche Ausland und für den heimischen Markt herstellte.
24.6. Das Abenteuer um »Perri« ... in ihrem Devisenhunger versuchen die Nazi trotzdem sich in meine Autorenrechte zu drängen
Anfang Jänner 1938 gab der Paul Zsolnay Verlag einen Druckauftrag an die Wiener Firma Elbemühl für die Herstellung von 5 500 Exemplaren eines neuen SaitenTierbuchs mit dem Titel Die Jugend des Eichhörnchens Perri. Vom Inhalt her war das Buch ideale Kinderlektüre, vor allem für den amerikanischen Markt geeignet und darüberhinaus ein reizvoller Filmstoff. Die ganze Auflage lag beim Einmarsch der deutschen Truppen gedruckt und z.T. schon aufgebunden vor, wurde aber nicht ausgeliefert (auch nicht ins Ausland), weil Felix Saiten nicht Mitglied der Reichsschrifttumskammer war. Der gesamte Bestand wurde von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmt und eingestampft. An der Nichterfüllung des Vertrags traf also weder den Autor noch den Verlag eine Schuld, da es sich rechtlich gesehen um »höhere Gewalt« handelte. Der Autor interpretierte diesen Umstand umgehend als Vertragsbruch und war der Auffassung, daß die Paul Zsolnay Verlag A.G. damit alle Rechte an seinen Werken verloren hätte. Im Umgang mit dem Verlag strich er dies allerdings (noch) nicht hervor. Der Konflikt konzentrierte sich vielmehr auf den Vertrag für die amerikanische Übersetzung. Denn zu einem Zeitpunkt, wo es ihm schon vollkommen klar sein mußte, daß seine Werke in Deutschland oder Österreich nicht mehr ausgeliefert werden konnten - mit anderen Worten nach dem »Anschluß« - willigte Saiten in einen Übersetzungsvertrag für Perri ein. Am 12. April 1938 schlossen der Verlag und der Verfasser Saiten mit der amerikanischen Firma Bobbs-Merrill Company in Indianapolis einen Vertrag ab. Dadurch übertrugen der Verlag und der Verfasser gemeinsam »die ausschließlichen Buchrechte an dem Werk 'Perri' für die englische Sprache, für die U.S.A. und Kanada auf die Dauer der gesetzlichen Schutzfrist«. Gemeinsame Empfänger der Tantiemen waren Saiten und der Verlag. Zu diesem Zeitpunkt stand der Verlag nicht mehr unter der Leitung Paul Zsolnays, und er unterschrieb den Vertrag auch nicht. Der Abschluß bestätigte, daß Saiten den Verlag als berechtigt anerkannte, 534
ausländische Honorare entgegenzunehmen, auch wenn sich Saiten in einer Zwangslage befunden haben mag. Erst ein Jahr später brach eine ausgedehnte Rechtskontroverse über die Gültigkeit eben dieses Vertrags aus, denn Saiten wollte ihn nicht mehr anerkennen. Wenige Tage nach Vertragsabschluß - von einem generellen Kontraktbruch von Seiten des Verlags ist noch keine Rede - richtete Saiten einen Brief an den Verlag, um auf seine mißliche finanzielle Situation und die geänderten Verhältnisse hinzuweisen. Er sehe sich »nicht bloss von der mir teueren deutschen Muttersprache ausgeschlossen, sondern auch von jeglichem Erwerb überhaupt abgeschnitten. Nun muss ich aber versuchen, mindestens meine und meiner Angehörigen Existenz zu fristen«. 80 Daher bat er die Verlagsleitung ihm vor allem die bindende Zusicherung zu geben, daß sie ihm von allen Übersetzungshonoraren und Tantiemen vierzig Prozent ohne Aufschub auszahle. »Ferner ersuche ich Sie, die Bestände des Buches 'Perri' sowie die anderen Bestände meiner Werke für irgend einen auslandsdeutschen Verlag freizugeben, was ja auch Ihr Vorteil ist. Keineswegs meine ich damit einen der Emigranten-Verlage, denn ich bin kein Emigrant.« (ebd.) Erst als er in der Schweiz in Sicherheit war, ging er daran, sich von der Paul Zsolnay Verlag A.G. rechtlich zu lösen, und zwar mit Hilfe von Paul Zsolnay in London. Die Lage Saltens war durch einige Umstände kompliziert: erstens bestand ein gültiger Vertrag zwischen dem Wiener Verlag und Bobbs-Merrill über das Pern-Buch, zweitens war Paul Zsolnay nicht rechtlich befugt, über Verlagsangelegenheiten zu befinden oder als dessen Vertreter zu agieren, drittens schuldete Saiten der Privatperson Zsolnay eine beträchtliche Summe Geld aus einem Privatkredit von Anfang der 30er Jahre, 81 und die Rückzahlung dieses Kredits lief über die Firmenbuchhaltung (sog. Garantiekonto). Das heißt, Saiten verpflichtete sich, dem Verlag einen bestimmten Anteil an seinen Einnahmen zur Abdeckung dieses Kredites zuzusichern. 82 Für Saiten war der Kredit zinsenfrei: die hohen Zinsen bei der
80 81
82
Saiten an den Paul Zsolnay Verlag, 20.4.1938, Ordner Saiten. Paul Zsolnays Vater, Adolf, hatte dem Sohn Felix Saltens, dem Filmregisseur Paul Saiten (* 1903), ein hohes Darlehen gewährt, für das letztlich Felix Saiten die Haftung übernahm. Adolf Zsolnay starb 1932, und Paul Saiten erlitt bei einem Autounfall in Italien eine schwere Gehirnerschütterung. Von der Verletzung konnte er sich nie richtig erholen, er starb am 8. Mai 1937 in der Wiener Poliklinik und wurde am 11. Mai auf dem Zentralfriedhof (4. Tor) beigesetzt. Dazu Neue Freie Presse, 11.5.1937, S. 5 und 17 sowie ebd., 12.5.1937, S. 6. In einem Vertrag vom 12.1.1934 kamen Felix Saiten und der Paul Zsolnay Verlag überein, daß »von sämtlichen Tantiemeneingängen aus dem Absatz der deutschen Ausgaben Ihrer Bücher 2/3 zur Rückzahlung verwendet werden und dass Ihnen nur 1/3 im halbjährlichen Abrechnungsweg ausgezahlt wird. Die Eingänge aus sämtlichen anderen Rechten an Ihren Büchern wie aus fremdsprachigen Ausgaben, Übersetzungen, Zeitungsabdrucken jeder Art, Verfilmungen etc. werden zur Hälfte zur Tilgung Ihrer Schuld von S. 60.000.- verwendet, zur anderen Hälfte im Abrechnungswege Ihnen zur Verfügung gestellt. Sie verpflichten sich, alle In- und Auslandsverträge, die sich auf welche Ihrer Bücher immer beziehen, ausschliesslich durch unseren Verlag durchführen (zu) lassen und unseren Verlag als Inkassostelle aller sich daraus ergebenden Eingänge
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Länderbank zahlte der großzügige Paul Zsolnay sieben Jahre lang selbst. Diese erhebliche Schuld (und der ausständige Honorarvorschuß) stellten somit ein nicht unwesentliches Hindernis auf dem Weg zur einvernehmlichen Lösung des Verlagsvertrags dar. Knapp bevor seine Mannen in Wien von ihren Posten entfernt wurden und der Treuhänder seine Arbeit aufnahm, konnte Paul Zsolnay durch geschicktes Handeln einen Ausweg finden. Er überredete den Verlag im März 1939, seine Bürgschaft für die Schulden Saltens in Anspruch zu nehmen, wodurch der Autor nur mehr mit ihm zu verrechnen hätte. Nach der Gründung des C.D. in London, machte Paul Zsolnay bereits in seinem ersten Brief an Saiten das Angebot, sich für dessen noch freie Bücher einzusetzen und eventuell auch Filmverhandlungen wegen Petri zu beginnen.83 Dafür brauchte er eine schriftliche Autorisation. Doch mußte sich Saiten noch mit dem Kredit und der vertraglichen Bindung an den Verlag in Wien herumschlagen. Und, da Zsolnay sich nach eigener Aussage »in einer direkten Notlage« befand,84 drängte er ausnahmsweise auf eine ratenweise Rückzahlung des Darlehens. Auf Grund des Übereinkommens vom Jahr 1934 hatte Saiten vom Verlag in Wien allerdings wenig Geld zu erwarten, denn er schuldete dem Unternehmen noch eine beträchtliche Summe. Am 17. März 1939 schließlich raffte sich der Autor dazu auf, den Vertrag einseitig zu kündigen. Er interpretierte die Nichtauslieferung seines Pern-Buchs als Kontraktbruch, konzedierte dem Verlag keine böse Absicht, zumal dies »unter dem Zwang einer vis majore« geschehen sei und sah daher von einer Schadenersatzklage ab. Sein Fazit: »Ich wiederhole, dass ich über alle meine Werke von nun an selbständig verfüge, dass ich sämtliche Abrechnungen und Honorare ausschliesslich an mich dirigiert habe und dass Sie keinerlei Rechte an meinen Büchern mehr besitzen. Dieses Ende meiner Beziehungen zum Zsolnay Verlag, dem ich seit seiner Gründung freudig angehört habe, ist mir sehr schmerzlich.«85 Nach seiner Auffassung könne der Verlag die Schuldenfrage allein mit Paul Zsolnay ausmachen. Es ist keine Seltenheit, daß Autoren in Verlagsdingen nicht sehr kundig sind, und diese Feststellung trifft in diesem Fall auf Saiten und Paul Zsolnay zu, der es hätte wissen müssen, daß er nicht mehr befugt war, rechtliche Entscheidungen im Namen des Verlags oder eines Autors zu treffen. Die nun monatelang währende Diskussion zwischen Wien, Zürich, London und den U.S.A. verlief - was Zsolnay und Saiten betrifft - eher nach der Devise »Unter Blinden ist der Einäugige König«. Ein gründliches Mißverständnis bestand eben darin, daß beide glaubten, Voraussetzung für die Gültigkeit der Verträge sei die unbedingte Identität und Inhaberschaft von Paul Zsolnay mit und am Verlag. Mit anderen
83 84 85
anzugeben und zwar insolange, als der Betrag von S. 60.000.- nicht abgedeckt erscheint.« (Abschrift, Ordner Saiten). Nach heutigem Wert war der Betrag ca. S 1,7 Millionen. Zsolnay an Saiten, 11.2.1939, Nachlaß Saiten. Zsolnay an Saiten, 13.3.1939, ebd. Saiten an Paul Zsolnay Verlag, 17.3.1939, Ordner Saiten.
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Worten, weil der Verlag Paul Zsolnay nicht mehr gehöre, sei Saltens Vertrag null und nichtig. Saltens Fazit: »Da nun diese Voraussetzung geschwunden ist und die Identität des Herrn v. Zsolnay mit dem Verlag, der seinen Namen nur noch der Form nach trägt, aufgehört hat, leiste ich keine Zahlung mehr.« (ebd.) Aus Unkenntnis in Verlagsdingen schoben Zsolnay und Saiten dieses Argument monatelang vor, bis sie darüber - von den U.S.A. aus - aufgeklärt wurden, daß die Verlagsverträge mit der Rechtsperson Paul Zsolnay Verlag A.G. und nicht mit dem ausgeschiedenen Paul Zsolnay abgeschlossen waren. 86 Später bestritt Saiten, dieses Argument je gebraucht zu haben.87 Wie dem auch sei, war selbst bei einem »wohlwollenden« Schiedsgericht mit solchen Argumenten nichts zu holen. Wegen der Turbulenzen im Verlag während des Frühjahrs - der Kündigungsbrief traf unmittelbar vor der Verlagsschließung ein - blieb er länger unbeantwortet, was Saiten nur noch nervöser machte. Mittlerweile hatte er dem C.D. nach dem Verständnis Paul Zsolnays »die Generalvertretung der Weltrechte aller Deiner Werke übertragen«.88 Diese Vertretung ging von der irrigen Annahme aus, die Verlagsleitung in Wien hätte die einseitige Kündigung Saltens akzeptiert (was nicht der Fall war), und ein gültiges Übereinkommen zwischen dem Zsolnay Verlag und Bobbs-Merrill hätte sich in Luft aufgelöst. Wie dem auch sei, konnte Paul Zsolnay »folgende Ergebnisse« nach Zürich melden: 1) Der Wiener Verlag hat sich mir gegenüber soeben bereit erklärt, gegen Belastung meines Kontos die von Dir ihm zedierte Summe von öst.Sch. 60.000.- zu streichen, sobald er eine diesbezügliche Weisung von mir in Händen hat. 2) Der Wiener Verlag bemüht sich, die Freigabe der gedruckten »Perri-Exemplare« für die Schweiz zu erreichen. 3) Ein Schweizer Verlag hat
86
Ein Beispiel dafür liefert das Schreiben Paul Zsolnays an Bobbs-Merrill vom 16.5.1939: »Ich bin, wie Ihnen bekannt sein dürfte, infolge der geänderten Verhältnisse aus dem, von mir gegründeten Paul Zsolnay Verlag ausgetreten, habe dessen Leitung niedergelegt und meine Demission als Präsident dieses Institutes gegeben. Eine früher vorhanden gewesene Identität zwischen meiner Person und dem Paul Zsolnay Verlag, Wien besteht nun nicht mehr. Diese Identität war die Voraussetzung verschiedener Kontrakte, also auch die Grundlage des seinerzeit mit Felix Saiten geschlossenen und jetzt folgerichtig erloschenen Vertrages.« (Bobbs-Merrill) Ähnlich Saiten in einem Brief an den Verlag in Wien vom 2.7.1939: »Nach dem 6. Mai sah sich Herr v. Zsolnay gezwungen, die so lange erfolgreich innegehabte Leitung des Verlages niederzulegen und gänzlich auszuscheiden. Dadurch ging die Grundlage meiner Beziehungen zu der Paul Zsolnay Verlag A.G. restlos verloren.« (Ordner Saiten). Die Beispiele ließen sich beliebig vermehren.
87
»Die Ausschliessung des Herrn v. Zsolnay aus dem von ihm gegründeten und zum Erfolg gebrachten Verlag habe ich niemals als Kontraktbruch gegen mich bezeichnet. Nur hatten sich dadurch meine Beziehungen zu dem Verlag in Wien wesentlich geändert.« Saiten an den Literaturagenten Sanford J. Greenburger am 6.10.1939. (Sanford J. Greenburger Literary Agency, Special
Collections,
University
of
Oregon
Library,
Eugene,
Oregon;
im
folgenden
als
»Greenburger« zitiert). Herrn Gregor Ackermann, Aachen, möchte ich für die Möglichkeit danken, seine Mikrofilmaufnahmen dieses Bestandes zu konsultieren. 88
Zsolnay an Saiten, 25.3.1939, Nachlaß Saiten.
537
sich bereit erklärt, die deutsche Ausgabe von »Perri« herauszubringen, wenn er die Buchblocks vom Wiener Verlag erhält. 8 9
Die Abmachung zwischen Zsolnays C.D. und Saiten schien vorerst in bester Ordnung zu sein. Saiten ließ Zsolnay einen Vertrag zukommen,90 und Zsolnay tat so, als ob alle früheren Rechte am Werk Saltens nun ihm allein gehörten.91 Er vertrat zudem die Auffassung, daß, da Perri nicht ausgeliefert worden war, der Paul Zsolnay Verlag vertragsbrüchig und damit auch die Übereinkunft über die U.S.A.Ausgabe annulliert worden wäre. Nur kam die Bobbs-Merrill Company, die im April 1938 mit Wien einen Vertrag für Perri abgeschlossen hatte, in eine seltsame Lage. Auf der einen Seite wurde sie von Saiten und Zsolnay aufgefordert, sämtliche Einnahmen aus dem Verkauf der amerikanischen Ausgabe nicht mehr dem Verlag in Wien, sondern direkt an Saiten zu überweisen, auf der anderen Seite bestand der Verlag in Wien auf seinen Anspruch und drohte mit rechtlichen Schritten, diesen durchzusetzen. Daher war Vorsicht geboten. Als die Verlagsleitung in Wien, vertreten durch den Treuhänder Wilhelm Hofmann, zu dieser Causa endlich Stellung nahm, sah die Lage jedoch gänzlich anders aus, denn das Unternehmen war - aus seiner Sicht legitim - nicht bereit, sich kampflos geschlagen zu geben, und erst recht nicht auf den lukrativen Anteil an den Einnahmen aus Buch- und Filmrechten in den U.S.A. zu verzichten. Ja, als Hofmann den Fall für die RSK in Berlin auseinandersetzte, betonte er, daß es darum gehe, »immerhin einige Devisen für das Reich zu retten«.92 Hofmann, der nach der herrschenden Gesetzeslage nun allein berechtigt war, über Verlagsrechte zu verfügen, stellte einmal entschieden fest, daß der »Eigentümer« des Verlags, also Paul Zsolnay, alle diesbezüglichen Verfügungsrechte verloren hätte. Das Abkommen, das Saiten mit dem C.D. von A.M. Heath in London (= Paul Zsolnay) über den Vertrieb seiner Werke in Europa und den U.S.A. getroffen hatte, sei, so Hofmann, in Widerspruch zum schon zitierten Generalvertrag vom 12.1.1934, wodurch er sich bis zur vollständigen Abdeckung des ihm gewährten »Privatkredites« verpflichtet hatte, seine gesamte Neuproduktion dem Zsolnay Verlag zu überlassen. Und Saltens Anweisung an seine ausländischen Verleger, keine Zahlungen mehr nach Wien zu überweisen, erregte den Protest Hofmanns erst recht. Mit einem deutlichen Hinweis darauf, daß Privatabmachungen mit Paul Zsolnay nicht gesetz89
Zsolnay an Saiten, 3.4.1939, ebd.
90
Zsolnay an Saiten, 17.4.1939, ebd. »Auch der Vertrag, den Du mir sandtest, ist ausgezeichnet verfasst, durchaus klar und gerecht.«
91
Zsolnay an Saiten, 27.4.1939, ebd. »Ich gratuliere Dir und mir zu dem Abschluss und bin mit herzlichsten Grüssen von uns zu Euch.« In diesem Sinn ließ er D.L. Chambers von Bobbs-Merrill in den U.S.A. am 9. Mai 1939 wissen: »After leaving the Paul Zsolnay Verlag, I settled down in London and am working with A.M. Heath & Co., Ltd., in close contact with their Continental Department. In this capacity I proposed to my friend Saiten on 25th March that he should entrust me with the agency for the world rights in his books.« (Bobbs-Merrill)
92
Hofmann an die RSK, 23.5.1939, Ordner Saiten.
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lieh seien, drohte H o f m a n n , die Vermögenswerte v o n Zsolnay und Saiten in Österreich als Faustpfand zu verwenden: Auf jeden Fall müssen wir aber, und zwar nicht nur rein buchmässig, die Forderung gegen Sie als Forderungen unseres Verlages ansehen und daher sie hierfür in Anspruch nehmen, da jede andere Vereinbarung zwischen Ihnen und Herrn von Zsolnay den geltenden devisenrechtlichen Bestimmungen widerstreiten würde und da Sie und Herr von Zsolnay Devisenausländer sind, jede Verfügung ohne Zustimmung der Devisenstelle nicht nur verboten, sondern auch strafbar wäre, was sich immerhin für Herrn von Zsolnay hinsichtlich seines noch im Inland befindlichen Vermögens unangenehm auswirken könnte. 93 H o f m a n n meinte, es sei »wenig z w e c k m ä s s i g [ . . . ] mit theoretischen juristischen Standpunkten zu arbeiten« (ebd.) und strebte daher e i n praktisches Ergebnis an: Saiten m ö g e mit d e m Verlag in W i e n in Verhandlungen eintreten. A l s Saiten das Schreiben H o f m a n n s las, fiel er aus allen W o l k e n und schrieb sofort an Paul Zsolnay. Sein Verdacht Zsolnay gegenüber hatte dieses Schreiben nämlich nur n o c h mehr geschürt. D e r Grund ist in der Darstellung des »Fall Werfel« bereits angeklungen. Ausführlich äußerte sich Saiten in einem Brief v o m 11. Mai 1 9 3 9 an D . L . Chambers v o n Bobbs-Merrill: Ihren Standpunkt den Paul Zsolnay Verlag und Herrn v. Zsolnay betreffend, verstehe ich sehr gut, auch Ihre Vorsicht, in dieser Sache etwas zu tun, wodurch Sie Unannehmlichkeiten hätten. Ich gebe mir alle Mühe Herrn v. Zsolnay zu bestimmen, dass er endlich eine klare und saubere Situation schafft. Freilich verhält er sich so, als ob diese Klarheit schon vorhanden wäre. Er verhandelt nämlich mit auslandsdeutschen Verlegern über die Edition meiner Werke. Das könnte er ja nicht, wenn meine Werke noch an den Verlag in Wien gebunden wären. Mit auslandsdeutschen Verlegern meine ich deutschsprachige Verleger in der Schweiz und in Amsterdam. Doch bin ich der Meinung, diese Haltung des Herrn v. Zsolnay ist zur restlosen Klärung der ganzen Angelegenheit noch nicht beweiskräftig genug. [...] Mir bereitet es nun ein gewisses Unbehagen, dass Herr v. Zsolnay heute im Rahmen des A.M. Heath & Company Generalvertreter des Wiener Paul Zsolnay Verlages ist. Dadurch wird Ihnen wie mir nur erhöhte Vorsicht geboten. Der Wiener Paul Zsolnay Verlag hat meinen Kündigungsbrief vom 17. März nicht beantwortet. [...] Jedenfalls aber schrieb ich gestern Herrn v. Zsolnay nach London sehr energisch, er müsse den Verlag in Wien unter allen Umständen zu einer schriftlichen Erklärung über meine Kündigung zwingen. Sei es an ihn oder mich. Eine solche Erklärung, die jeden Zweifel beseitigen würde, ist dringend notwendig. Sollte sich Herr v. Zsolnay weigern, diesen Schritt zu tun oder sollte ihm dieser Schritt misslingen, dann werde ich schärfere Massregeln ergreifen. Trotz allem glaube ich nicht daran, dass ein Nazi-Verlag vor irgend einem Gericht der Welt mit der Forderung nach Anteil an meinen Werken durchdringt. Aber wir müssen sicher gehen. 94 Ein paar W o c h e n später rückte er noch weiter v o n Paul Zsolnay ab. D e r Grund: er hatte sich »streng vertraulich« und ratesuchend an Stefan Z w e i g g e w e n d e t . Z w e i g ging d a v o n aus, daß alle Buchrechte an Saiten zurückgefallen wären, da der Zsol93 94
Hofmann an Saiten, 23.5.1939 (Durchschlag), ebd. Saiten an Chambers, 11.5.1939, Greenburger. 539
nay Verlag sie nicht mehr vertreiben würde und dürfe. Er plädierte für eine »vollkommene Neuordnung« und schlug Saiten vor, entweder Bermann-Fischer oder Allert de Lange die deutschen Rechte an seinen Büchern zu übertragen. Auch Zweig sah das Problem der Identifikation Paul Zsolnay und Paul Zsolnay Verlag A.G.: »Was Herrn Paul v.Z. betrifft, so meine ich, daß man insbesondere in Amerika, wo man unerbittlich ist in Fragen von Nazikompromissen, gegen ihn stark voreingenommen ist, und daß ferner immer noch die Verwechslungsgefahr des Verlages Z. in Deutschland und seiner Person weiter besteht (man weiß ja wirklich nicht, ob er nicht noch in gewisser Verbindung mit seinem früheren Unternehmen steht und dies wird zumindest behauptet.«95 Zweig riet Saiten davon ab, jemandem die Generalvertretung seines Gesamtwerks für die ganze Welt auf ewige Zeiten zu überlassen, wußte aber zugleich, daß Saiten seinen langjährigen Verleger nicht einfach in der Kälte stehen lassen konnte. Nicht unbeeinflußt vom Rat Zweigs schrieb Saiten wenige Tage darauf an Chambers: Heute füge ich hinzu, dass ich mir Amerika ganz allein vorbehalten habe. Weder Heast [recte: Heath] noch Herr v. Zsolnay sind meine Vertreter für U.S.A. Ich bin ganz Ihrer Meinung und es entspricht vollständig meinem Wunsch, dass zwischen Bobbs Merrill und mir jede Agentur überflüssig ist und nur Provisionen für nichts wegnimmt. Herr v. Zsolnay ist Generalvertreter des Wiener Paul Zsolnay Verlages, was ich unterdessen erfahren habe. Ich werfe ihm das nicht vor; aber ich will auch diese indirekte Beziehung zu dem Nazi-Verlag unbedingt vermeiden. Deshalb habe ich Herrn v. Zsolnay meine Vertretung für Amerika entzogen. 9 6
Am folgenden Tag informierte Saiten Paul Zsolnay in London über den Brief des Verlags in Wien ohne den Entzug der Verlagsrechte zu erwähnen: Ich ersuche Dich, diese mehr als sonderbaren Sätze, die zu Deinen mir gemachten Mitteilungen in schroffstem Widerspruch stehen, zu erklären. Ich kenne mich wirklich nicht mehr aus. Wenn ich die Beantwortung dieses phantastischen Schreibens bis zu Deiner Antwort an mich unterlasse, so geschieht es einzig aus Rücksicht auf jenen Passus, wo von den unangenehmen Folgen für Dein noch in Naziland befindliches Vermögen die Rede ist. Keineswegs denke ich auch nur einen Moment daran, mein Zahlungsverbot an die ausländischen Verleger zu widerrufen. Seit langem bitte ich Dich, von Wien eine deutliche Erklärung zu fordern. Nun ist der Verlag einem Treuhänder unterstellt und das ist seine Antwort. Was mich betrifft, wird diesem Herrn seine Tüchtigkeit wenig nützen. Du hast schon mit der Rückzahlungsrate (von Heinemann?) einen Präzedenzfall geschaffen. Was sollen wir tun? Ich bin auf Deine Ansicht sehr gespannt! 97
Zsolnay meinte, Saiten sollte mit einer Antwort abwarten, und konnte den Autor mit der Mitteilung beruhigen, er hätte am 28. März vom Verlag in Wien einen Brief bekommen, in dem es hieß:
95 96 97
Stefan Zweig an Saiten, 22.5.1939, Nachlaß Saiten. Saiten an Chambers, 25.5.1939, Greenburger. Saiten an Zsolnay, 26.5.1939, Nachlaß Saiten.
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»Weisungsgemäss habe ich Ihre szt. an den Verlag zedierte Forderung gegen Saiten (Garantie Konto) zu Lasten Ihres Kontos abgebucht.« Du bist also gedeckt, hoffentlich werde ich keine Unannehmlichkeiten haben! 98
Doch machte Saiten seinem früheren Verleger den Vorwurf, ihm über seine nahe Beziehung »zu den Wienern« erst dann Mitteilung gemacht zu haben, als der Vertragsentwurf mit dem C.D. über die Weltrechte in seinen Händen war. Vorher, so Saiten, habe er nichts davon gewußt. Zsolnay konterte mit der Feststellung, dies sei nicht gut möglich, »weil Du in Deinem Schreiben vom 8. Mai Deine Kenntnis meiner Generalvertretung des Wiener Verlages durch folgenden Satz dokumentierst: 'Es wäre verfehlt, wenn Du Dich von der Tatsache beeinflussen Messest, dass Du auch der Generalvertreter des Paul Zsolnay Verlages Wien bist.'« 99 Die Angst Saltens bestand schlicht und einfach darin, daß er, weil seine Agentur (das C.D. in London in der Person Paul Zsolnays) vom Paul Zsolnay Verlag in Wien das ausschließliche Verlagsrecht für England und Amerika erworben hatte, er dies wegen des »Nazigeruchs« zu spüren bekommen könnte. Zsolnay versuchte ihn von dieser Angst zu befreien mit der Versicherung, daß weder das C.D. noch er Verhandlungen als Saltens Vertreter in den U.S.A. führen würde. Um die Besorgnisse Saltens wegen der Person Paul Zsolnays zu zerstreuen, richtete der Direktor von A.M. Heath & Co. in London, Brooks, folgendes Schreiben an den Autor: I understand that you have certain fears based on the connection between our Continental Department and the Zsolnay Verlag in Vienna. I can assure you that A.M. Heath & Company would not be likely to lend their name to any arrangement which would tend to alienate American publishers, for our connection with American firms is much more valuable than anything that could be achieved through a relationship with the Zsolnay Verlag. 100
Der Brief trug in keiner Weise zur Beruhigung Saltens bei, im Gegenteil: der Autor zog weitgehende Konsequenzen in seiner Beziehung zu Paul Zsolnay: Ich werde den Eindruck nicht los, Deine Wiener Bindung habe Dich an einem rechtzeitigen, energischen Einschreiten behindert. Was soll ich jetzt anfangen, was an Chambers erwidern? Wenn Du willst schreibe ich an Mr. Brooks und setze ihm meine Auffassung und meine Situation auseinander. An eine zeitlich unbeschränkte Generalvertretung ist unter keinen Umständen mehr zu denken! Nichts steht zwischen Dir und mir als höchstens die Tatsachen, von denen ich einige hier angeführt habe, und sie ändern garnichts an meiner unverbrüchlichen Freundschaft für Dich. 101
Die Unruhe Saltens wurde dadurch verstärkt, daß der Verlag in Wien scheinbar noch in Unkenntnis der Tatsache war, daß Paul Zsolnay die Garantie für die 98
Zsolnay an Saiten, 27.5.1939, ebd. Zsolnay an Saiten, 27.5.1939 (2. Schreiben), ebd. 100 Brooks an Saiten, 7.6.1939, ebd. 101 Saiten an Zsolnay, 10.6.1939, ebd.
99
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Schulden Saltens übernommen hatte. Paul Zsolnay ließ Saltens eigenmächtige Einschränkung der Geltungsdauer des Vertrags mit dem C.D. nicht gelten und meinte, man könne höchstens noch über die Formulierung des Vertrags reden. Zsolnay: Du bist vollkommen im Unrecht, wenn Du meinst, dass mich irgend eine Bindung an den Wiener Verlag gehindert hat oder hindert mit der grössten Energie in Deinem Interesse vorzugehen. Ich hätte sonst unmöglich die von Dir gewünschten, eindeutigen Briefe an Deine Verleger senden können, die selbstverständlich dem Wiener Verlag kein Geheimnis bleiben werden. 1 0 2
Saiten bestand seinerseits auf einer »kleinen Korrektur«: »Ich meine, dass die Generalvertretung, die ich Dir übertrage vorläufig auf ein Jahr limitiert wird.« Zsolnay nahm klarerweise daran Anstoß, gab aber nach und versprach Brooks beizubringen, daß es Saiten »bedrücke«, an das C.D. für alle Zeit gebunden zu sein. Und um Saiten umzustimmen, erklärte er sich bereit, seine Provision von 20% auf 10% zu reduzieren. Aber Zsolnay und Saiten hatten die Rechnung ohne den Wirt, den Treuhänder Wilhelm Hofmann in Wien, gemacht. Eine Belehrung Paul Zsolnays konnte nicht ausbleiben: Von dem amerikanischen Verlag Bobbs Merrill Company werde ich verständigt, dass Sie diesen in Kenntnis gesetzt haben, dass die Rechte Saltens für den Verlag verlorengegangen sind und dass der Verlag daher auf Tantiemenzahlungen Saltens Werken sowie Herrn Saiten selbst gegenüber keine Ansprüche mehr hätte. Ich muss leider feststellen, dass Sie mit derartigen Erklärungen in Rechte des Verlages eingegriffen haben und muss vor allem dagegen protestieren. Ich habe Ihnen gleich bei meiner Einsetzung mitgeteilt, dass ich ausschliesslich ermächtigt bin, in Verlagsangelegenheiten zu verfügen und dass alle Vertretungsrechte anderer Personen insbesondere auch der Eigentümer dadurch für die Dauer meiner Bestellung ausser Kraft getreten sind. Ganz abgesehen davon sind Sie aber, wie Ihnen ja bekannt ist, bereits seit nun beinahe einem Jahre im Handelsregister als vertretungsbefugter Funktionär des Verlages gelöscht und haben schon aus diesem Grunde kein Recht mehr, in Verlagsangelegenheiten Erklärungen abzugeben. Die von Ihnen und Herrn Saiten aufgestellte Behauptung, dass der Verlag alle Rechte an Herrn Saltens Werken verloren hätte, weil er diese Werke in Deutschland nicht herausbringen könne und dass das Vertragsverhältnis mit Herrn Saiten nur unter der Bedingung geschlossen wurde, dass Sie Leiter des Verlages sind, entbehrt jeder gesetzlichen und vertraglichen Grundlage. Gerade der gegenständliche Übersetzungsvertrag mit dem amerikanischen Verlag Bobbs Merrill Company
wurde zwischen dem Verlage und Herrn Saiten am
12. April
1938
unterfertigt, zu einem Zeitpunkt also, wo der Betrieb bereits nicht mehr unter Ihrer Leitung stand und wo es klar war, dass Herrn Saltens Werke in Deutschland nicht mehr erscheinen können. Seither haben sich aber die Verhältnisse in keiner Weise geändert und es erscheint daher Ihre und Herrn Saltens Ansicht vollkommen unbegründet. Ich will Herrn Saiten nicht an die dem Verlage gegebene Option für seine künftigen Werke binden. Ich muss aber unbedingt darauf bestehen, dass eine Regelung hinsichtlich der Werke, die bereits erschienen sind, getroffen wird. [...]
102
Zsolnay an Saiten, 13.6.1939, ebd.
542
Jedenfalls bitte ich, zur Kenntnis zu nehmen, dass der Verlag auf die Rechte an Herrn Saltens Werken, soweit sie bereits im In- oder Ausland erschienen sind, nicht ohne Weiteres verzichten wird. Ich möchte an Sie, sehr geehrter Herr Zsolnay, noch einmal die Bitte richten, in Verlagsangelegenheiten nicht einzugreifen, da ich Sie andernfalls für etwa entstehenden Schaden persönlich haftbar machen müsste. 103
Hofmann ließ auch Bobbs-Merrill ausrichten, daß Paul Zsolnay schon seit dem Übersetzungsvertrag für Perri am 12.4.1938 kein Befugnis mehr hatte und wies darauf hin, daß Zsolnay diesen Vertrag auch nicht unterschrieben hätte. Er bat die Firma zur Kenntnis zu nehmen, daß Saiten seinen Vertrag nicht einseitig, sondern nur einvernehmlich lösen könne. In der Hoffnung, die Sache mit dem Verlag in Wien endgültig zu klären - vor allem die Abdeckung der Garantie- und Vorschußkonten - entwarf Paul Zsolnay einen Brief, den Saiten nach Wien richtete.104 Nach Erörterung der Argumente aus seiner Sicht teilte Saiten dem Zsolnay Verlag folgendes mit: Mir bleibt es rätselhaft, wie Sie es zusammenbringen, die Tatsache einzuräumen, dass ich nicht mehr Ihr Autor bin und trotzdem zugleich Rechte an meinen Werken beanspruchen. Das nach zweimonatigem Stillschweigen und Ignorieren meines Kündigungsbriefes. [...] Aber selbst für den total unwahrscheinlichen Fall, den ich mit aller Energie bestreite, Sie hätten noch eine Spur von materiellem Anspruch an mich, bleibt noch die Tatsache bestehen, dass Sie keinerlei Recht besitzen, sich in meine Verlagsangelegenheiten einzumischen, bleibt es unbestreitbar, dass Ihnen jegliche Legitimation fehlt, mit meinen ausländischen Verlegern oder überhaupt mit meinen Vertretern zu korrespondieren, diese verantwortlich zu machen und ihnen mit irgendwelchen Folgen zu drohen. Die einzige Möglichkeit wäre, sich mit mir, und nur mit mir allein über einen Zahlungsmodus ins Einvernehmen zu setzen. Verlagsmässig haben Sie mit mir und ich mit Ihnen nicht das Geringste mehr zu schaffen. Sie könnten höchstens als Gläubiger mit einem Schuldner in Korrespondenz treten; allein auch das schaltet natürlich aus, da Sie nicht mehr mein Gläubiger sind und ich nicht mehr Ihr Schuldner. Sie begreifen hoffentlich, wie grundfalsch Ihre bisherige Haltung gewesen ist. Einstweilen zweifle ich noch daran, dass Sie sich, angesichts der mehr als deutlichen Rechtslage den Kosten und dem Prestigeverlust eines überseeischen Gerichtsverfahrens aussetzen wollen. 105
Auch Paul Zsolnay gab sich optimistisch: Dein Schreiben an den Wiener Verlag finde ich ganz meisterhaft abgefasst und es wird sicher sehr wirksam sein. Unser Standpunkt ist so unantastbar, dass man wohl annehmen kann, dass diese leidige Angelegenheit nunmehr rasch erledigt sein wird. 1 0 6
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Hofmann an Paul Zsolnay, 22.6.1939 (Durchschlag), Ordner Saiten. Zsolnay an Saiten, 29.6.1939, Nachlaß Saiten. Saiten an Paul Zsolnay Verlag, 2.7.1939, Ordner Saiten. Zsolnay an Saiten, 4.7.1939, Nachlaß Saiten.
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Da die Angelegenheit gänzlich verfahren war und keine Seite die andere zu überzeugen vermochte, blieb auch nach Ansicht von Bobbs-Merrill nur mehr der Weg zum Schiedsgericht. Beide Seiten begannen sich dafür zu rüsten. Zsolnay stellte »Zeugenaussagen« über die Art und Weise wie er gezwungen wurde, seinen Verlag in Wien abzugeben, zur Verfügung, während Saiten in einer ausführlichen Sachverhaltsdarstellung höchstens ein- oder zweimal triftige und sachlich richtige Argumente vorbringen konnte: »in ihrem Devisenhunger versuchen die Nazi trotzdem sich in meine Autorenrechte zu drängen«.107 Er war der Auffassung, daß der durch die Nichtauslieferung des Pern-Buchs und den NichtVertrieb seiner sonstigen Bücher in deutscher Sprache begangene Vertragsbruch auch den Übersetzungsvertrag vom April 1938 aufheben würde. Der Verlag in Wien unter der Federführung Wilhelm Hofmanns blieb auch nicht untätig und gab bei einem Berliner Vertrauensanwalt ein Gutachten über die rechtliche Situation in Auftrag. In diesem auf Verlagsunterlagen ruhenden Gutachten stellte der Anwalt zunächst folgendes fest: Wird der Verleger infolge Unmöglichkeit der Leistung von seiner Verpflichtung zur Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes frei, so hat er dem Verfasser das Verlagsrecht bezw. das Urheberrecht zurückzugewähren. Der Verleger verliert also seine Rechte an dem Werke. Der Verfasser ist wieder alleinverfügungsberechtigt. 108
Der Anwalt sah lediglich eine Möglichkeit, damit sein Klient Recht bekomme, und zwar müßte ein Gericht den Grundsatz anerkennen, daß der Verlag in der Lage sei, den Verlagsvertrag mit Saiten teilweise zu erfüllen. Seine Argumentationslinie: »Bei teilweiser Unmöglichkeit bleibt der Vertrag insoweit bestehen, als die Leistung noch möglich ist, jedoch mindert sich die Gegenleistung entsprechend.« (ebd.) Ob dieser Grundsatz im Fall Saiten gelte, hänge, so der Anwalt, vom Inhalt des Vertrags ab. Das hieße wenn in dem Verlagsvertrage dem Verlage Zsolnay nicht nur das Verlagsrecht an den deutschen Ausgaben der Werke Saltens, sondern beispielsweise auch die Übersetzungsrechte sowie die Verpflichtung übertragen wurde, für den Abschluss von Übersetzungsverträgen und die Verbreitung der Werke im Auslande zu sorgen, so kann der Standpunkt vertreten werden, dass nur ein Teil des Verlagsvertrages, - nämlich die Vervielfältigung und Verbreitung in Deutschland, - unmöglich geworden sei, während der Vertrieb im Auslande nach wie vor ungehindert vor sich gehe und vom Verlag Zsolnay ordnungsmässig durchgeführt werde. In diesem Falle würde der Verlagsvertrag also nur insoweit zur Auflösung kommen, als er sich auf
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Saiten an Sanford J. Greenburger, 11.8.1939, Collection Greenburger. In einem Schreiben vom 9.9.1939 an Saiten mußte Bobbs-Merrill mit einer Illusion endlich aufräumen: »On the other hand, however, Mr. Zsolnay's severance of connections with the publishing house is by no means evidence of a breach of contract. This breach must be proved in another manner.« (Nachlaß Saiten) 108 Gutachten vom 28.9.1939, Ordner Saiten.
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die deutschen Buchrechte bezieht. Er würde aber hinsichtlich der ausländischen Rechte bestehen bleiben, (ebd.) A u f den Vorhalt der Gegenseite (also Saltens), es sei nicht zumutbar, die Übersetzungsrechte in der Hand eines Verlages zu belassen, der selbst nicht mehr in der Lage sei, die Werke zu vervielfältigen und zu verbreiten, könne man replizieren, daß Felix Saiten noch nach dem Umbrüche in Österreich dem Verlag Zsolnay den Abschluss von Übersetzungsverträgen übertragen bezw. ausdrücklich bestätigt hat, dass der Verlag Zsolnay allein zum Abschluss von Übersetzungsverträgen und zur Entgegennahme der ausländischen Honorare berechtigt sei, selbst mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht hat, dass er an dem Vertrage, soweit seine Durchführung noch möglich ist, festhalte und damit auch an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ein Interesse habe, (ebd.) Fazit: a) Die Verlagsverträge sind wegen Unmöglichkeit der Leistung aufgelöst, soweit die deutschen Buchrechte in Frage stehen. Urheber- und Verlagsrechte stehen insoweit wieder dem Verfasser Saiten zu. b) Die Verträge sind grundsätzlich bestehen geblieben, soweit ihre Durchführung noch möglich ist. Rechtswirksam ist insbesondere die vom Verfasser bestätigte Vereinbarung über die Verteilung der ausländischen Honorare. c) Der Verlag Zsolnay hat unter allen Umständen Anspruch auf Zahlung von 60% der aus den ausländischen Rechten eingehenden Beträge, (ebd.) Monate vergingen, bevor das Schiedsgericht in N e w York zusammentrat.
Saiten
wartete deshalb so gespannt auf das Ergebnis, weil Bobbs-Merrill einen Teil der ihm zustehenden Tantiemen aus d e m U . S . - V e r k a u f vorsichtshalber zurückbehalten hatte, - e b e n für den Fall, g e z w u n g e n zu sein, d e m Zsolnay Verlag d e n vertraglich festgelegten Anteil zu überweisen. Auch Paul Zsolnay war an e i n e m guten A u s gang des Verfahrens interessiert, denn Saiten schuldete ihm noch e i n i g e s an Geld. Saiten faßte die Lage g e g e n Ende D e z e m b e r 1 9 3 9 folgendermaßen zusammen: Das Schiedsgericht lässt sich Zeit und gibt leider den Wiener Nazi alle möglichen Chancen. Trotzdem kann es möglich sein, dass ich mit Hilfe Deiner Zeugenschaft durchdringe. Aber auch dann ist die Sache noch nicht fertig, denn sie muss vom obersten Gerichtshof der U.S.A. bestätigt werden und ein neuerlicher Aufschub kann eintreten, wenn dieses Verdikt von dem Wiener Verlag oder gar vom Deutschen Reich bekämpft wird, was ja leider ziemlich wahrscheinlich ist. In diesem Fall wären die Zahlungen von Chambers noch lange nicht zu erwarten und ich käme in sehr arge Verlegenheit. Weisst Du etwas von der Existenz und von den Zuständen im Wiener Verlag? Die Herrschaften haben sich bis heute beim Schiedsgericht nicht gemeldet. Auf irgend eine Tücke bin ich aber gefasst. Ich muss fest bleiben und rechne auch damit, dass Du in allen
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Deinen Angaben fest bleibst. Hoffentlich hast Du als Zeuge angegeben, dass meine Zahlungen direkt an Dich gehen. 109
Seinen Unmut über die Verzögerung des Beginns der Schiedsgerichtsverhandlung in New York ließ Saiten in einem Brief an den Literaturagenten Sanford J. Greenburger Anfang Jänner 1940 erkennen: Das Raffinement, mit welchem die Wiener es zuwege brachten, die ganze Angelegenheit so lange hinauszuziehen, ist bezeichnend. Man scheint in Wien zu wissen, dass die Langwierigkeit des Verfahrens allein schon genügt, mich beinahe gänzlich zu ruinieren. Was hilft mir die ungeheuere Tüchtigkeit des Mr. Chambers, der wohl erst beginnende Absatz von Bambis Kindern, wenn ich das Ergebnis, ich meine das materielle Ergebnis nicht abwarten kann? 110
In Wahrheit hatten »die Wiener« nichts damit zu tun. Erschwert wurde ihre Vorbereitung durch die Tatsache, daß die Devisenstelle in Wien die Überweisung des Kostenvorschusses an den New Yorker Anwalt genehmigen mußte. 111 Die scheinbare Verzögerung entstand dadurch, daß der Vertrauensanwalt des Zsolnay Verlags zunächst einmal in den Vorverhandlungen versuchte, einen Ausgleich zu erzielen, doch lehnten die Vertreter Saltens alle Vorschläge ab. Das mündliche Verfahren fand am 5. Februar 1940 statt, das schriftliche Urteil des »American Arbitration Tribunal« wurde am 22. März veröffentlicht. Felix Saiten ging siegreich hervor, die Paul Zsolnay Verlag A.G. verlor an allen Fronten. Bobbs-Merrill wurde aufgefordert, alle zurückbehaltenen Tantiemen aus dem Übersetzungsvertrag über Perri unverzüglich und direkt an Saiten auszuzahlen. Auf die Frage nach dem allfälligen Anteil, der der Paul Zsolnay Verlag A.G. aus dem Verkauf zustehe, antwortete das Gericht mit »gar keiner«. Alle Ansprüche des Wiener Verlags wurden als unzulässig betrachtet und vom Gericht abgelehnt. Beide Streitparteien hatte ihre eigenen Kosten zu tragen. 112 Der Berliner Anwalt des Verlags riet von einer Berufung ab: »Ein Rechtsmittel dagegen ist ja wohl nicht gegeben, und selbst wenn theoretisch ein solches möglich wäre, dürfte es unter den obwaltenden Umständen
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Saiten an Zsolnay, 26.12.1939 (Durchschlag), Nachlaß Saiten. Salten an Greenburger, 3.1.1940, Greenburger. 111 Dazu der Treuhänder Hofmann an die Devisenstelle am 19.2.1940: »Es besteht die dringende Gefahr, dass, wenn Saiten mit seinem Anspruch auf Schadenersatz durchdringt und er einen rechtskräftigen Titel eines Schiedsgerichtes hierüber erwirkt, jede Exportmöglichkeit für uns nach den Vereinigten Staaten ausgeschlossen ist, da uns mit diesem Titel alle Exportforderungen weggepfändet werden könnten. Es scheint daher dringend nötig, um eine Vertretung in dem gegen uns angestrengten Prozess vorzusorgen und den erbetenen Kostenvorschuss an die Anwälte des Deutschen Generalkonsulates in New York von Dollar 250.- dringendst zu bewilligen.« (Ordner Saiten) 112 Abschrift des »Award of Arbitrators« vom 22.3.1940. Kurioserweise hatte einer der drei Schlichtungsanwälte, Philip Wittenberg, den U.S.-Verleger von Mein Kampf gegen die Ansprüche Adolf Hitlers auf Tantiemen von der amerikanischen Ausgabe erfolgreich verteidigt. 110
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aussichtslos sein, bei der bekannten deutschfeindlichen Einstellung Amerikas jetzt ein Rechtsmittel einzulegen.«113 Saiten war über den Ausgang erleichtert und glücklich zugleich und bekam das ersehnte Geld bald überwiesen. Gewissermaßen war Paul Zsolnay der Verlierer, denn zur Steuer der Wahrheit wurde die aufopferungsvolle Hilfe für Saiten eher schlecht bedankt. Ohne jede moralische Verpflichtung Zsolnay gegenüber zu zeigen, schaltete er seinen früheren Verleger aus zukünftigen Verlagsverbindungen kalt aus. Den seinerzeitigen Verlagsvorschuß, für den der Verleger auch noch gehaftet hatte, mußte er als uneinbringlich abschreiben. Aber Paul Zsolnay war nicht nachtragend (auch nicht nach seiner Rückkehr nach Wien im Jahre 1946!), weder Werfel noch Saiten gegenüber.
24.7. Zsolnays besondere Pläne mit Heinemann Mit dem Kriegsausbruch begann die Arbeitsbasis Zsolnays zu schwinden, und daher suchte er andere berufliche Möglichkeiten. Angedeutet wurde dies im Jänner 1940 in einem Brief Andy Zsolnays an Felix Saiten mit der Mitteilung: »Paul hat momentan besondere Pläne, die hoffentlich bald reifen werden und Dich dann auch sehr interessieren dürften.« 114 Ende Februar hoffte Paul Zsolnay seinem Freund in Zürich »bald Erfreuliches berichten zu können, obwohl natürlich die Lage des Buchhandels vorläufig recht gedrückt ist«.115 Einige Tage darauf verriet er Näheres: Nun möchte ich Dir etwas mitteilen, was Dich sicher sehr interessieren wird. Ich hatte Gelegenheit, öfter mit [C.S.] Evans, dem Presidenten von Heinemann, den Du ja auch in Wien kennen gelernt hast zusammen zu sein. Er ist ein ganz ungewöhnlicher, prachtvoller Mensch, mich scheint er auch gerne zu haben und wir haben wirkliche Freundschaft geschlossen. Er will mit mir gemeinsam eine Sache starten, die sehr aussichtsreich ist und eine grosse Angelegenheit werden kann. Da ich nur am Gewinn beteiligt bin, wird es mir vorläufig leider noch nichts tragen. Sobald Alles vollkommen gesettled ist, werde ich Dir Näheres schreiben. 116
Diese freundschaftliche Beziehung zu »Charley« (C.S. Evans) wird auch in einer jüngsterschienenen Geschichte des Heinemann-Verlags bestätigt. So schreibt Alan Hill: Of even greater significance, following the German takeover of Austria (the Anschluss) was the arrival in London of the distinguished Viennese publisher Paul Zsolnay. He called at 99 Great Russell Street seeking help. Charley gave him a job on the spot: and so began Heinemann's long
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Dr. Georg Greuner an Paul Zsolnay Verlag, 30.12.1940, Ordner Saiten. Andy Zsolnay an Saiten, 21.1.1940, Nachlaß Saiten. Zsolnay an Saiten, 29.2.1940, ebd. Zsolnay an Saiten, 7.3.1940, ebd.
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association with the Austrian publishing house of Paul Zsolnay Verlag which was to continue for almost half a century. Paul Zsolnay, given the job of producing the firm's book jackets, worked in this subordinate capacity with unfailing charm and humility, sharing my room for the best part of a year. 117
Erst Anfang April nahm Zsolnay in einem Brief an Saiten zum Ausgang des Schiedsgerichts Stellung, um auf seine drückende finanzielle Lage hinzuweisen: Jetzt, wo der Process gewonnen ist, kann ich es Dir ja sagen, wie unerträglich unsere materielle Situation derzeit ist. [...] Das Geld aus Frankreich und Bpest ist wegen Devisen-Schwierigkeiten noch nicht eingetroffen, so dass ich augenblicklich in einer besonders unangenehmen Situation bin. 1 1 8
Über die geplante Verlagsgründung konnte er von Fortschritt berichten: Glücklicherweise ist die Sache mit Evans knapp vor Abschluss, so dass ich hoffe, nicht nur ein schönes Arbeitsfeld, sondern wenn die Sache einschlägt, aus dem Reingewinn, der sich allerdings erst nächstes Jahr zeigen kann, eine bescheidene Existenz-Basis zu haben. Bis dahin werden die Beträge, die durch die Entscheidung von New York mir als mein Anteil zustehen und einige kleine Einnahmen von Heath diese Zeit überbrücken helfen, - und wenn, wie ich hoffe der Abschluss mit Disney gelingt, könnte sich unser Leben ganz erträglich gestalten, (ebd.)
Am 19. April konnte Paul Zsolnay mit Stolz auf den neuen Briefkopf verweisen (Heinemann & Zsolnay, Ltd. Publishers/Paul Zsolnay Editions): Es schmerzt mich sehr dass Müller so wenig von den Chancen seiner Ausgabe von »Bambis Kindern« hält. Du kannst ihm sagen, dass ich überglücklich wäre, wenn die deutschen Rechte noch frei wären und ich das Buch im Heinemann-Zsolnay Verlag, der erstklassige deutsche Bücher herausbringen wird, veröffentlichen könnte und dass ich tief überzeugt bin, dass ich damit einen grossen Erfolg errungen hätte. [...] Wie Du aus dem Aufdruck des Briefpapieres siehst habe ich mit dem weltbekannten HeinemannVerlag gemeinsam einen neuen Verlag gegründet, der vornehmlich erstklassige englische, französische und amerikanische Autoren in deutscher Sprache herausbringen soll, die vorläufig hauptsächlich in der Schweiz, aber auch in anderen neutralen Ländern verbreitet werden sollen. Nach Beseitigung der Nazi soll dieser Verlag dann diese Bücher auch in Deutschland verkaufen und könnte die Keimzelle zu einem neuen grossen deutschen, in internationalem Geiste geführten Verlag sein, der auch Deinen Werken, wie ich von Herzen wünsche, eine dauernde Heimstätte bieten wird. 1 1 9
Und am 3. Mai:
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Alan Hill: In Pursuit of Publishing. Foreword by Chinua Achebe. London: John Murray in association with Heinemann Educational Books 1988, S. 49. Zsolnay an Saiten, 2.4.1940, Nachlaß Saiten. Zsolnay an Saiten, 19.4.1940, ebd.
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Meine neue Verlags-Gründung, die ich Dir sofort nachdem die Firma registriert war mitgeteilt habe und von deren Vorbereitung ich Dir schon seit Wochen berichtet habe, ist nur möglich gewesen durch das unerhörte Vertrauen und die vornehme Grosszügigkeit der Heinemann-Direktoren, die mir für meinen Namen und meine Arbeit einen Teil der Aktien ohne jeden KapitalsBeitrag überlassen. Natürlich kann es mir aber erst nach längerer Zeit materiell etwas tragen. 120
Der Firma Paul Zsolnay Editions war allerdings vorerst keine lange Tätigkeit gegönnt, wie der Inhaber Franz Werfel im November mitteilte: »Der HeinemannZsolnay Verlag muß, da keine Bücher nach der Schweiz gesendet werden können, pausieren. Ich habe aber im Heinemann-Verlag einen schönen Wirkungskreis gefunden und habe eine Art Vertrauensstelle bei Evans, der sich wunderbar mir gegenüber benimmt.«121 Zwei Jahre später war die Verlagsgründung erneut Gegenstand eines Briefs an Franz Werfel. Zsolnay geht hierin ausführlich auf seine Zukunftspläne ein: Vor Jahren teilte ich Dir mit, daß ich mit Heinemann gemeinsam einen Verlag gegründet habe mit der Absicht während des Krieges Bücher in deutscher Sprache außerhalb Deutschlands zu verlegen. Nach dem Kriege sollte der neue Verlag - mit den Resten meines alten Verlages vereint - eine Art Fortsetzung des Zsolnay Verlages bilden. Diese Idee konnte durch den Zusammenbruch Frankreichs nicht mehr verwirklicht werden, weil damit auch die Schweiz als Absatzgebiet ausschied. Nun habe ich eine neue umfassendere Idee: Bücher in den Sprachen der United Nations zu verlegen und sie während des Krieges so immer möglich zu verbreiten. Nach dem Kriege solle auf diesem Fundament ein internationaler Verlag aufgebaut werden, der in den meisten Sprachen des Continents Bücher von dichterischer und übernationaler Bedeutung verlegen wird. Dieses Projekt wurde von Heinemann und auch von offizieller Seite wärmstem begrüßt. Ich wurde aufgefordert eine Auswahl zu treffen. Du wirst Dich nicht wundern, daß ich an die Spitze dieser Liste Dein Lied von Bernadette setzte. 122
Von der Gründung dieses Unternehmens berichtet eine kürzlich erschienene Geschichte des William Heinemann Konzerns. Paul Zsolnay »was full of ideas and an exceedingly astute businessman, with plans to sell French translations of English books to parts of the French-speaking world which were not occupied and later to create a list of books, especially fiction, translated into German. His enthusiasm and experience led to the setting-up of Heinemann & Zsolnay Ltd with a capital of £ 1,000, two-thirds owned by Heinemann and one-third by Zsolnay. Post-war this was to prove an important and rewarding venture.«123 Welche Werke Heinemann & Zsolnay vor Kriegsende herausbrachte, geht aus dieser Geschichte allerdings nicht hervor. Bis auf ein paar Werke von Franz Wer120
Zsolnay an Saiten, 3.5.1940, ebd. Zsolnay an Werfel, 3.11.1940, Alma Mahler-Werfel Papers, Univ. of Pennsylvania. 122 Zsolnay an Werfel, 22.11.1940, ebd. 123 John St John: William Heinemann. Α Century of Publishing 1890-1990. London: Heinemann 1990, S. 304f.
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fei, die 1944 (und 1946) ins Französische und das eine oder andere Buch, das ins Italienische übertragen wurde, bestand die Produktion vorwiegend aus Übersetzungen von englischen und amerikanischen Autoren ins Französische (Neville Shute, J.B. Priestley, W.L. Willkie, John Steinbeck, Gerald Kersh, Margaret Storm Jameson, Ernest Hemingway, John Galsworthy, Graham Greene, Daphne Du Maurier, Eve Curie) und nicht zuletzt in den Jahren 1943-1945 aus mehreren Bänden von Reden und Ansprachen Winston Churchills in französischer Ausgabe.124 In der vorliegenden Korrespondenz zwischen Paul Zsolnay und Alma Mahler-Werfel wird dieser Verlag erst wieder im Herbst 1944 zur Sprache gebracht: Der über Erwarten gute Erfolg, den ich mit »Heinemann & Zsolnay« habe und die Möglichkeit daneben das »Art und Publicity Department« von Heinemann zu leiten, wirkt sich nun endlich auch auf meine materielle Lage günstig aus. Meine Einnahmen sind allerdings verglichen meinen ehemaligen Ausgaben (sie) ebenso winzig, wie mein hiesiges Bankguthaben verglichen mit meinen ehemaligen Bankschulden.12^
124
Es ist mir nicht gelungen, einen Verlagsprospekt oder ein Produktionsverzeichnis etwa für die Jahre 1943-45 ausfindig zu machen. An dieser Stelle möchte ich Mrs. Jean Rose, Deputy Group Librarian von der Octopus Publishing Group Library in England, für die Übermittlung der Heinemann & Zsolnay-Titel aus der Datenbank der British Library sehr herzlich danken. 125 Zsolnay an Alma Mahler-Werfel, 15.10.1944, Alma Mahler-Werfel Papers, University of Pennsylvania. Über die weitere Entwicklung des Verlags berichtet St John, Anm. 120, S. 375376.
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25. Aus dem Programm der dreißiger Jahre
Die Auswechslung der Literaturen auf dem deutschen Buchmarkt im Zuge einer nicht nur staatlich geförderten und geforderten Umwertung fand in der Nationalisierung des Zsolnay-Programms ihren Ausdruck. Gleichzeitig aber nahm der Wiener Verlag in den 30er Jahren eine ganze Reihe von neuen Autoren ins Programm, von der ein wesentlicher Teil österreichische Schriftsteller waren. Häufig ist bloß je ein einziges Werk publiziert worden. Schon 1928 kam im Zsolnay Verlag das erste von sechs Büchern des Holländers Johan Fabricius heraus: Das Mädchen mit dem blauen Hut. Ein lustiger Roman aus dem Soldatenleben (1.-5.Tsd.). 1 Der Roman wurde 1931 in die Bibliothek zeitgenössischer Werke aufgenommen. Wie in anderen Fällen war der Zsolnay Verlag auch im Fall Fabricius - die bisherigen Bücher in deutscher Übersetzung waren in einer Vielzahl von Verlagen erschienen - bestrebt, die zukünftige Produktion zu konzentrieren, und so kam alljährlich bis 1934 ein neues Werk heraus. 1929 der zweibändige Roman Charlottens große Reise, 1930 der Roman Mario Ferraros eitle Liebe, 1931 die Neuausgabe von Das Mädchen mit dem blauen Hut, 1932 der Roman Abenteuer in Venedig, 1933 der Roman Marietta und schließlich 1934 der Roman Löwen hungern in Neapel. Als nächstes Werk stand der Roman Melodie der Ferne zur Veröffentlichung an, doch tauchten bereits 1934 die ersten Probleme auf, manche von ihnen zeitbedingter Natur. Der Vertrag auf Melodie der Ferne beispielsweise mußte mit der Berliner Niederlassung abgeschlossen werden. »Wir haben jetzt nämlich grosse Schwierigkeiten mit der Transferierung der Markbeträge aus Deutschland und könnten Überweisungen nach dem Ausland viel leichter vornehmen, wenn unser Berliner Haus der Vertragspartner ist.«2 Wie so oft in dieser Zeit schuldete der Verlag, ohne daß er etwas dafür oder dagegen tun konnte, dem Autor Geld, denn die Markguthaben im Reich waren ja eingefroren: »Wir könnten Ihnen den [ausständigen] Betrag sofort bezahlen, wenn wir die Zahlung in Mark vornehmen dürften, weil wir grosse Markbestände haben, die wir nicht nach Wien hereinbekommen. [...] Wir haben schon längere Zeit ein Gesuch laufen, um die Transferierung zu ermöglichen und werden die Zahlung an die angegebene Adresse
1
Ordnermaterial zu Fabricius im Verlagsarchiv ist erst ab Anfang 1935 vorhanden. Da der Holländer als Delegierter der Niederlande zu jenen gehörte, die 1933 in Ragusa gegen die NS-Kulturpolitik opponierten, ist nicht auszuschließen, daß der erste Briefordner beschlagnahmt wurde. Fabricius wurde am 24.8.1899 in Bandung, Indonesien, geboren und starb am 21.6.1981 in Glimmen, Holland. (Für diesen Hinweis bin ich dem Nederlands Literair produktie-en vertalingenfonds in Amsterdam zu Dank verpflichtet.)
2
Paul Zsolnay an Fabricius, 18.1.1935, Ordner Fabricius.
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in Wien sofort vornehmen, wenn die Transferierung gelingt.« (ebd.) Der Nachsatz Zsolnays: »Leider augenblicklich in Schilling sehr knapp.« Einige Monate später entschloß sich der Verlag, die Herausgabe von Melodie der Ferne überhaupt zu verschieben. In einem Schreiben an Fabricius' holländischen Verleger H.P. Leopold in Den Haag vom 26.6.1935 heißt es: Die schlechten Verhältnisse im deutschen Buchhandel sind Ihnen sicherlich bekannt und Sie wissen vermutlich, mit welchen Schwierigkeiten die österreichischen und deutschen Verlage zu kämpfen haben. Wir sahen uns daher gezwungen, an viele unserer Autoren mit der Bitte um eine Ermässigung der Bedingungen heranzutreten. Leider sind nun die letzten Bücher von Fabricius aus Gründen, die uns unerklärlich sind - Sie als Verleger werden solche Phänomene kennen immer schlechter gegangen und das letzte, »Löwen hungern in Neapel« hat einen Absatz von nur ca 1500 Exemplare gefunden. Auch von dem zweiten Band der Trilogie »Melodie der Ferne« versprechen wir uns keinen grossen Erfolg, da Fortsetzungsbände - wenn es sich nicht um einen ganz aussergewöhnlichen Erfolg des ersten Bandes handelt - nur sehr ungern gekauft werden. 3
Was in Verleger-Autor-Beziehungen nicht allzuoft vorkommt, Fabricius zu: die Zwecklosigkeit einer Herausgabe sah er ein:
traf im Fall
Ich habe die Angelegenheit mit »Melodie der Feme« überdacht und glaube Ihnen raten zu müssen, vorläufig überhaupt von der Herausgabe abzusehen; ich halte Ihren Pessimismus angesichts der Zahlen, die Sie nennen, für vollkommen berechtigt - was für einen Sinn hat dann auch für mich die Herausgabe?4
Vor dem »Anschluß« reichte Fabricius weitere Manuskripte ein, ja er hielt sich des öfteren in Österreich, wo er u.a. mit Franz Theodor Csokor befreundet war, auf, um einen Roman zu recherchieren. Im September 1937 probierte er sein Glück mit dem Roman »Flipje«, doch konnte Felix Costa »vom verlegerischen Standpunkt [...] nicht an Erfolg glauben«. Auch das Theaterstück »Der König geht vor« wurde nicht erworben. Welchen allfälligen Repressalien Fabricius wegen seines Verhaltens gegen die NS-Barbarei ausgesetzt worden war, geht aus dem Archivmaterial nicht hervor. Nach dem Krieg erschienen mehrere neue Werke von Fabricius im Wiener Erasmus-Verlag. Weniger lang dauerte die Beziehung zu Ernst Weiß (1882-1940), und wer ihn an den Wiener Verlag vermittelte, ist aus dem Archivmaterial nicht ersichtlich. Fest steht jedenfalls, daß der von Weiß unterzeichnete Verlagsvertrag für seinen Roman »Experimente oder Sühne und Schuld« ( = Georg Letham) mit 4. März 1931 datiert ist. Als Tantieme erhielt der Autor ein für Romanwerke bei Zsolnay hohes Honorar von 16% des Ladenpreises. Wie vertraglich fixiert, erschien die erste Auflage in einer Höhe von 3 000 Exemplaren im »Herbst 1931«, genauer am 24. September 1931. Angekündigt wurde das Buch in einer ganzseitigen Anzeige im Börsenblatt
3 4
Costa an Verlag H.P. Leopold, 26.6.1935, ebd. Fabricius an den Zsolnay Verlag, 15.7.1935, ebd.
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Anfang des Monats.5 Auf Fragen nach dem Absatz antwortete Felix Costa am 28. Oktober 1931: Es bedeutet für mich eine aufrichtige und grosse Freude, dass ich von allen literarischen Persönlichkeiten, mit denen ich über Ihr Buch gesprochen habe, nur Bewunderung und hohes Lob für Ihren ausserordentlichen Roman gehört habe. Was den äusseren Erfolg Ihres Buches anlangt, sind wir durchaus nicht enttäuscht, zumal, wie Sie ja wissen, Bücher von der unerbittlichen Wahrhaftigkeit und Tragik Ihres Werkes es gerade in der heutigen Zeit ausserordentlich schwer haben. Seien Sie versichert, dass wir alles daran setzen, um eine Neuauflage des Buches womöglich noch in diesem Jahr veranstalten zu können. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, nur eine Verschärfung der allgemeinen Wirtschaftslage könnte einem weiteren guten Absatz gefährlich werden. [...] In den nächsten Tagen wird eine neuerliche Börsenblatt-Propaganda einsetzen, in der die ausserordentlichen Würdigungen, die Ihr Buch gefunden hat, dem Buchhandel bekanntgegeben werden, was sicherlich zur Belebung des Absatzes beitragen wird. - Unsere Vertreter setzen sich nicht nur über unseren ausdrücklichen Wunsch, sondern auch aus eigener Initiative ganz besonders für Ihr Werk ein, sodass Sie sicher sein können, dass alles Menschenmögliche geschieht, um Dichter und Werk zu fördern, was uns ausserordentlich am Herzen liegt. 6
Anfang November 1931 setzte der Verlag seine Börsenblatt-Propaganda fort und zeigte den Roman unter vier »sensationelle(n) Bucherfolge(n)« mit einer kurzen Würdigung Stefan Zweigs an.7 Bloß drei Tage später war dem Verlag die Ankündigung einer »Neuauflage in Vorbereitung« ein ganzseitiges Inserat im Börsenblatt wert.8 In der letzten Verlagsanzeige für den Roman in diesem Jahr (»Sensationelle Geschenkbücher«) wurde die zweite Auflage, das 4.-5. Tausend (erschienen am 2. Dezember), neben elf anderen Verlagswerken auf der ersten Umschlagseite des Börsenblatts angezeigt.9 1932 brachte der Verlag auf Vorschlag von Weiß seine Übertragung des zweiten Bandes von Theodore Dreisers Autobiographie A Book about myself (dt. Das Buch über mich selbst. Jahre des Kampfes) heraus. Der erste Band, der die Jugendjahre umfaßte, war von Marianne Schön übersetzt worden. Über die erste Auflage, er5
6
7 8 9
Börsenblatt, Nr. 205, 4.9.1931, S. 4666. Der Werbetext lautete: »Ein exemplarisches Leben von unwiderstehlicher Dämonie wird hier erzählt. Georg Letham ist eine der großen Gestalten der neueren Literatur. Bakteriologe, Arzt, Mörder, Deportierter, wächst er erst in der Hölle menschlicher Verworfenheit zu seiner wahren Größe. Eine atemraubende Handlung von fast unermeßlicher Fülle, tragisch-große Szenen von erschütternder Gewalt und eine bis zu den Urtiefen des Seelischen dringende Psychologie lassen nicht ruhen, bis man das ganze große Werk zu Ende gelesen hat.« Erst zwei Monate später erfolgte die nächste Sörsenfr/att-Einschaltung. Felix Costa an Ernst Weiß, 28.10.1931, Vertragsmappe Weiß. Der entsprechende Korrespondenzordner im Verlagsarchiv ist verschollen. Es ist möglich, daß er im April 1938 von der Gestapo beschlagnahmt wurde. In der erwähnten Vertragsmappe finden sich einige wenige Durchschläge von Briefen an Weiß aber keinerlei Briefe von Weiß. Nr. 256, 4.11.1931, S. 6229. Nr. 259, 7.11.1931, S. 6358. Nr. 286, 10.12.1931, Umschlag.
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schienen im N o v e m b e r 1932, kam das Buch allerdings nicht hinaus, es wurde schließlich i m April 1936 in Leipzig für Deutschland beschlagnahmt und e i n g e z o gen. Angesichts der relativ kurzen Zeitspanne z w i s c h e n Vertragsunterzeichnung und d e m Erscheinungsdatum s o w i e des stattlichen U m f a n g s (721 Seiten) ist anzunehmen, daß W e i ß die Übertragung bereits vor d e m Vertragsabschluß in Angriff g e n o m m e n hatte. M e h r Glück hatte der Autor mit seinem R o m a n Georg
Letham·.
der Zsolnay Verlag legte 1 0 0 0 Exemplare neu auf und brachte sie als dritte A u f lage am 2 0 . Oktober 1932 auf den Markt. D i e s e war - bis 1 9 5 0 - auch die letzte. Restbestände des Romans wurden - laut Vermerk in der Herstellkartei - bereits 1933 an Josef Singer in Berlin abverkauft. I m Februar 1933 informierte W e i ß den Zsolnay Verlag über die Arbeit an z w e i Werken, an d e m »modernen Roman« Der verlorene
Sohn, der z u m Teil fertig vor-
lag, s o w i e an e i n e m Werk, das im Schaffen des Autors nicht ohne weiteres einzuordnen ist: »Wintergewitter«. Den
erstgenannten
Roman
hat
Weiß
dem
Verlag,
wie
das
sogenannte
»Manuskriptenbuch«, in das Manuskripteingänge eingetragen wurden, im Archiv des Verlags verrät, tatsächlich vorgelegt, aber unter d e m Titel »Der Gefängnisarzt oder D i e Vaterlosen«. Über die Arbeit des Autors zu dieser Zeit gibt die Rekapitulation Costas interessanten Aufschluß und soll daher in extenso zitiert werden: Sehr verehrter Herr Doktor! Seien Sie bestens für Ihr liebenswürdiges Schreiben vom 17.11. bedankt. Es hat mich sehr gefreut, nach so langer Zeit etwas von Ihnen zu hören und ich versichere Ihnen, dass ich in den vergangenen Monaten oftmals beabsichtigt habe, Sie nach Ihren weiteren literarischen Plänen zu fragen. Diese Anfrage erfolgte nur deshalb nicht, weil ich mich erinnerte, dass derartige Anfragen, ob sie nun mündlich oder schriftlich erfolgt sind, Sie stets irgendwie irritiert haben. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass nur dies der Grund war, dass Sie so lange ohne Anfrage von uns geblieben sind. Nun haben Sie, sehr verehrter Herr Doktor, uns selbst spontan über Ihre Pläne berichtet. Wir begrüssen es ausserordentlich, dass zwei Werke, die uns beide aussichtsreich scheinen, Sie beschäftigen. Heute aktuell ist der moderne Roman mit dem Titel »Der verlorene Sohn«, ein Titel, den wir gerade wegen seiner Zeitlosigkeit für ausgezeichnet halten. Sie teilen uns mit, dass von diesem Werk etwa 130 Schreibmaschinenseiten fertig vorliegen, und geben Ihre Absicht zu erkennen, uns diese 130 Seiten unter gewissen Voraussetzungen einzusenden. Wir begreifen durchaus von der materiellen Seite her die Voraussetzungen, die Sie aufstellen, und sind auch prinzipiell bereit, dieser Tatsache Rechnung zu tragen. Wir gestatten uns, Ihnen in der Folge einen Vorschlag zu machen, den wir als den üblichen Weg einem Autor Ihres Ranges gegenüber ansehen. Wir bieten Ihnen, um Ihnen die materielle Situation in den nächsten sechs Monaten zu erleichtern, eine Ratenzahlung von Μ 300.- pro Monat, also insgesamt von Μ 1800.- als allgemeinen Verlagsvorschuss an. Sie, sehr verehrter Herr Doktor, haben die Verpflichtung, uns Ihren neuen Roman »Der verlorene Sohn« erstanzubieten und erklären sich schon heute damit einverstanden, dass wir den neuen Roman unter den gleichen Bedingungen wie seinerzeit Ihren wunderbaren Roman »Georg Letham« erwerben, wobei der obgenannte Vorschuss auf die Garantiezahlung für dieses Werk verrechnet werden kann. Sollte der Verlag, was wir für durchaus
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unwahrscheinlich halten, sich zur Annahme Ihres Romans »Der verlorene Sohn« nicht entschliessen können, erklären Sie Ihr Einverständnis damit, dass der bezahlte Vorschuss auf alle künftigen Tantiemeneingänge Ihres Romanes »Georg Letham« verrechnet werden darf, sei es, was den Verkauf des Romanes »Georg Letham« in der Originalausgabe oder in einer billigen Ausgabe anlangt. Wir glauben, dass der Zeitpunkt für eine Volksausgabe von »Georg Letham« nahe bevorsteht. Wir planen, den Roman ungekürzt in eine billige Ausgabe hinüber zu führen und halten als Preis für diese billige Ausgabe, der inneren und äusseren Dynamik Ihres Werkes entsprechend, den Preis von Μ 4.80 für den Ganzleinenband - zum selben Preis ist vor kurzem mit sehr gutem Erfolg Franz Werfeis »Barbara« erschienen - für angemessen. Als Honoraranteil für diese billige Ausgabe sind wir in der Lage, Ihnen ein Honorar von 30 Pfennig pro Band anzubieten. Es ist dies der höchstmögliche Satz für eine verbilligte Ausgabe ä Μ 4.80 für den Ganzleinenband, den wir Ihnen von Haus aus anbieten. Wir sind überzeugt, dass dieser unser Vorschlag Ihre Billigung finden wird, und bitten Sie, dessen versichert zu sein, dass trotz der Ungunst der Zeit und der besonders schwierigen Verhältnisse im deutschen Buchhandel mit diesem unserem Vorschlag unser Bestreben kundtun wollen, einem Autor unseres Verlages, den wir besonders hochschätzen, dienlich zu sein. Wir wollen nicht verabsäumen, Sie auch unseres Interesses an Ihrem Werk »Wintergewitter« zu versichern und werden die Gelegenheit wahrnehmen, bei unserem nächsten Berliner Aufenthalt, der in absehbarer Zeit wird erfolgen müssen, uns mit Ihnen ausführlicher über alle schwebenden Angelegenheiten und auch über Ihren autobiographischen Roman zu unterhalten. 10 D a weiteres Archivmaterial im Verlag fehlt, sind wir auf die Briefe des Autors an Stefan Z w e i g angewiesen, u m die Beziehung Verlag-Autor wenigstens andeuten zu können. 1 1 W a s die eingetretene »Funkstille« z w i s c h e n Verlag und Autor betrifft, hat es mit Sicherheit gar keine Rolle gespielt, daß W e i ß d e m Verlag »vielleicht o f fenherziger, als ich hätte sollen« schrieb und u m Bescheid bat, »ob er (Zsolnay) mit mir weiter arbeiten will«. 1 2 D e r Kontakt wurde 1 9 3 4 wieder hergestellt, w i e der nach Paris übersiedelte W e i ß seinem Freund Stefan Z w e i g mitteilt: »Mit Zsolnay bin ich w e g e n meines neuen R o m a n e s wieder in etwas engerer Fühlung, o h n e dass wir abgeschlossen haben. Ich bin auch noch nicht bis z u m letzten I-tüpfelchen mit der kompositorisch sehr schwierigen neuen Arbeit fertig, und h o f f e nur, dass ich hier richtig z u m Arbeiten k o m m e . « 1 3 W o c h e n später war er n o c h immer auf A u s schau nach e i n e m Verlag für seinen R o m a n »Der Gefängnisarzt oder die Vaterlosen«. In e i n e m Brief an Stefan Z w e i g v o m 8. Mai 1 9 3 4 heißt es: »Denn mit m e i n e m neuen R o m a n ist es diesmal gar nicht leicht, ich habe v o n Zsolnay i m m e r noch keine gültige Zusage und, w a s sonst in Betracht k ä m e , Querido und Allert [de] Lange, scheidet auch aus, und wäre mir auch aus bestimmten Gründen nicht sehr sympathisch.« 10 11
12 13
Costa an Weiß, 24.2.1933, Vertragsmappe Weiß. Die Korrespondenz, aus der hier zitiert wird, findet sich in der Stefan Zweig Collection, Daniel Reed Library, State University College, Fredonia. Teile dieser Korrespondenz sind ausgewertet worden von Sven Spieker: Emst Weiß' Briefe an Stefan Zweig. Ein Beitrag zur Biographie des Autors. In: Weiß-Blätter, Nr. 2, September '84, S. 21-34. Ernst Weiß an Stefan Zweig, 25.9.1933. Ernst Weiß an Stefan Zweig, 19.4.1934. 555
In Anbetracht der Umstände bot der Zsolnay Verlag seinem Autor nun den einzig möglichen Ausweg. Der Roman sollte im Zürcher Ableger des Wiener Verlags, in der »Bibliothek zeitgenössischer Werke«, erscheinen. Daß ein solches Angebot an Weiß, »ein Buch, an dem ich mit Unterbrechungen seit 12 Jahren arbeite« (an Stefan Zweig, 26.VI. 1934), in der BZW herauszubringen, eine Enttäuschung darstellte, steht auf einem anderen Blatt. Die Verzweiflung kommt in seinem Brief an Stefan Zweig zum Ausdruck: Inzwischen haben sich Zsolnay, für die 'Bibliothek zeitgenössischer Werke' in Zürich und auch Kittl in Mährisch-Ostrau bereit erklärt, das Buch zu bringen. Zsolnay aber unter so schlechten Bedingungen, - nur 500 Schweizerfranken Vorschuss, dass ich es beim besten Willen nicht tun kann, denn ich bin jetzt, wo man aus Deutschland kein Geld mehr überweisen kann, ganz auf meine Arbeit angewiesen. [...] Kittls Angebot ist nicht viel besser, aber doch annähernd das doppelte. [...] Der Zürcher Verlag Zsolnays deutete an, es bestünden in der Schweiz Abdrucksmöglichkeiten. 1 4
Weiß wählte dann doch das Angebot von Jul. Kittl's Nachf. In der BZW wäre Weiß' Roman sowieso kein langes Leben beschieden gewesen: die einzelnen Titel wurden alsbald verramscht, und die Produktion hörte 1935 überhaupt auf. Georg Letham wurde nach dem Krieg wieder aufgelegt.
25.1. Ungarische Gegenwartsliteratur Lange bevor der Karl H. Bischoff Verlag als Nachfolger des Paul Zsolnay Verlags sich ab 1942 zunehmend einer »europäischen Aufgabe« besann und systematischprogrammatisch sehr ehrgeizige Pläne schmiedete, sich nun verstärkt um die Literatur der Völker des Ostens und Südostens zu kümmern, hatte der Paul Zsolnay Verlag hinsichtlich der Verbreitung zeitgenössischer ungarischer Literatur in deutscher Sprache Pionierarbeit geleistet. Häufig sind diese Werke ungarischer Dichtung die ersten und einzigen der betreffenden Autoren, die in deutscher Ausgabe erschienen. Dies entsprach durchaus der seit der Gründung selbstgestellten Aufgabe, große ausländische Autoren in deutscher Sprache einzuführen. Dem Zsolnay Verlag (noch unter der »jüdischen« Leitung des Gründers) mußte das gleichgeschaltete Neue Wiener Tagblatt im Mai 1939 sogar Anerkennung zollen, obwohl diese Zeitung dem Verlag eher kühl gegenüberstand. Der Verlag Paul Zsolnay habe »sich um die Übersetzung ungarischer Dichtung als fast einziger deutscher Verlag wirklich verdient gemacht«.15 Aber aus völkischer Sicht war ungarische Dichtung nicht gleich ungarische Dichtung, aber dennoch hatte der Verlag scheinbar die »richtige« Auswahl getroffen. Denn wie bei der deutschen Literatur ging man bei der Dichtung des »neuen Europa« (das England und Frankreich nicht miteinschloß), hier Ungarns, nach demselben Einteilungs- und Ausschließungsmu14
Ernst Weiß an Stefan Zweig, 26.6.1934.
15
Deutsche Übersetzungen aus Ungarn. In: Neues Wiener Tagblatt,
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11.5.1939, S. 19.
ster vor: hier westliches, schollen- und naturfernes Zivilisationsliteratentum (Judentum, »Binnenungarn«), da die »schwer ringenden Erneuerer der aus den Werten des Volkes, der Geschichte und der Rasse aufbrechenden, an die Nation gebundenen wirklichen Volksdichtung« (»Grenzungartum«), Beispiele für letzteres war aus völkischer Sicht die in Rumänien lebende Minderheit in Siebenbürgen, die »die unverfälschten Verkünder der Dichtung Ungarns« hervorbrachte. Also Indienstnahme angeblich »volkhaften« Schrifttums, Ablehnung dekadenter Großstadtliteratur aus jüdischdominierten Verlagen. Diese Argumentationslinie des Neuen Wiener Tagblatts war also nicht mehr sehr neu. Warum das Zsolnay-Programm so nach dem Geschmack des Kritikers war, wird bei der Nennung der Verlagstitel klar werden. Aus nationalsozialistischer Sicht ging es daher nur vordergründig um eine Öffnung gegenüber einem neuen (noch zu erobernden) Europa. »Gut« war demnach jene ost- und südosteuropäische Dichtung, die die NS-Mythen von Volk, Volkstum, Landschaft, Nation, Anti-Zivilisation, Bauerntum, Soldatentum usw. zu widerspiegeln schien. Und da hatte der Zsolnay Verlag unwissentlich einen guten Griff gehabt. Produktion und Rezeption ungarischer Dichtung sollten allerdings nach dem Anschluß an der rassischen Zugehörigkeit der Übersetzer scheitern. Die Anregung Mitte der 30er Jahre, ungarische Gegenwartsliteratur ins Programm zu nehmen, stammte vom Übersetzerehepaar Dr. Andreas und Käthe (1904-1944) Gaspar, und bis 1938 haben diese beiden das »ungarische Programm« praktisch gestaltet. Mit der ersten Übersetzung aus dem Ungarischen hatten sie jedoch nichts zu tun, ja den Anfang machte eher zufällig der bekannte Dramatiker und Erzähler Franz Molnär (1878-1952), dessen Werke in deutscher Übertragung »überall« erschienen, was darauf zurückging, daß sein literarischer Agent Dr. Alexander Marton offenbar jeweils nur einzelne Werke anbot. Sieht man davon ab, daß vier Titel im Wiener Deutsch-Österreichischen Verlag und weitere zwei im Wiener Sesam-Verlag erschienen waren, kam von Molnär fast nie mehr als ein Buch im selben Verlag heraus. Ende November 1926 reichte der Agent Molnärs eine Novelle - Die Dampfsäule - bei Zsolnay ein. Sie erschien im Juni 1927 in einer Auflage von 5 000 Exemplaren. Jahre später, im Juli 1933, übersandte Marton einen weiteren Text, diesmal den »Roman einer jungen Liebe« Der musizierende Engel. Ganz so begeistert war Felix Costa allerdings nicht: »Sie werden wohl die Situation des deutschen Buchhandels kennen, die sich vor allem in einem nahezu völligen Erlöschen der Kauflust ausdrückt.«16 Molnär solle sich daher, so Costa, honorarmäßig bescheiden. Im November 1933 erschien eine erste Auflage (1.-3.Tsd.), Anfang Jänner 1934 eine zweite gleich hohe. Wegen der tristen Lage auf dem Buchmarkt verzichtete der Zsolnay Verlag auf seine Option: er konnte sich nicht entschließen, den Roman Der grüne Husar zu verlegen. Molnärs Agent ging zum Bermann-Fischer Verlag, wo das Werk auch erschien.
16
Paul Zsolnay Verlag an Alexander Marton, 8.7.1933, Ordner Molnär.
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Den eigentlichen Beginn der konsequenten Pflege ungarischer Literatur und des entsprechenden Ausbaus des Programms erfolgte erst 1936. Den Anfang machte der bekannte Dichter Zsigmond Moricz (1879-1942), von dem in den 20er Jahren mehrere Werke bei Ernst Rowohlt veröffentlicht worden waren. In der Übersetzung Käthe Gaspars brachte der Verlag als erstes, im Umfang von nicht weniger als 1 150 Seiten, die »historische Romantrilogie« Siebenbürgen, die die Vorgeschichte des siebenbürgischen Aufstandes gegen das Habsburgerreich zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges behandelt, im Oktober 1936 auf den Markt. Dafür war die erste (und einzige) Auflage dieses monumentalen Epos relativ hoch, nämlich 5 000 Exemplare. Auf Siebenbürgen folgte ziemlich genau ein Jahr später der Roman Eines Kindes Herz (nicht im GV) als 1.-3.Tsd. Im November 1938 erschien ebenfalls in der Übersetzung Käthe Gaspars der Eheroman aus dem Jahr 1936 Löwe im Käfig (Auflage 2 980). Es folgte dann eine größere Pause: unmittelbar vor Kriegsende im Osten Österreichs brachte der Karl H. Bischoff Verlag den Roman Franzi Kerek (1913) in einer Übersetzung von Harry Lux (Auflage 5 000) heraus. Gleichzeitig mit Siebenbürgen von Zsigmond Moricz gab der Zsolnay Verlag auf Empfehlung von Käthe Gaspar das erste Werk von Lajos (von) Zilahy (18911974) in deutscher Übersetzung Gaspars heraus: den Roman Tödlicher Frühling. Mit dem Erwerb von vorläufig zwei Büchern von Zilahy verfolgte der Zsolnay Verlag eine bewährte Strategie, die darin bestand, nicht ein einzelnes Werk, sondern das Gesamtwerk eines Autors zu veröffentlichen. Felix Costa glaubte, wie er Zilahy im April 1936 schrieb, »darin die Hauptursache des erreichten Erfolges« zu sehen: Sie werden vielleicht wissen, dass wir auf diese Weise zum Beispiel John
Galsworthy,
H.G. Wells, Theodore Dreiser, Pearl S. Buck etc etc in grossem Masstab in Deutschland durchsetzen konnten. Es wäre uns nun besonders daran gelegen, auch Ihr Werk, das wir besonders schätzen, in unserem Verlag konzentrieren zu dürfen und wir stellen daher an Sie die ergebene Bitte, uns Ihre Bücher so lange zu reservieren, als wir alljährlich mindestens eines Ihrer Werke veröffentlichen. 1 7
Zilahy stimmte dem zu. Er war in der ungarischen Literaturszene kein Unbekannter, stammte aus Nagyszalonta, kam aber bald nach Budapest, wo er Chefredakteur der Zeitung Magyar Orsag wurde. Diesen Posten gab er Mitte der 30er Jahre auf, um sich ganz seiner Arbeit als Romancier und Dramatiker zu widmen. Der Erstling bei Zsolnay, Tödlicher Frühling, war nicht nur in Ungarn sehr erfolgreich, er wurde in viele Sprachen übersetzt und errang besonders in Italien und Frankreich großen Erfolg. Die Popularität Zilahys war in den U.S.A. ebenfalls groß. Einige seiner Werke wurden, in manchen Fällen mehrmals, erfolgreich verfilmt, und in der Verlagskorrespondenz ist häufig von Filmabschlüssen die Rede. Zwischen Ok17
Felix Costa an Zilahy, 4.4.1936, Ordner Zilahy.
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tober 1936 und August 1941 wurden vom Tödlichen Frühling in vier Auflagen insgesamt 18 000 Bände aufgelegt. Nach diesem Roman, der von einer schicksalshaften Liebe eines jungen ungarischen Aristokraten erzählt, kam im März 1937 ausnahmsweise in der Übersetzung Eta Neumann-Veiths ein weiterer Roman, die Liebesgeschichte Zwei Gefangene heraus. Auf Grund des »politischen Einsatzes«, trotz der kleinen Erstauflage (3 000) und wegen der Übersetzerin wurde der Roman bei entsprechender Werbung ein Bestseller. Bis November 1943 legte der Verlag in sechs Auflagen 47 000 Exemplare auf. Hinter diesem Erfolg lag - dem Leser verborgen - die NS-Zensur, denn man wurde nicht nur aufgefordert, das Werk Daniele Vares umzugestalten -, sondern auch am Werk Zilahys Streichungen vorzunehmen, um dem Zeitgeist zu entsprechen, wobei man bloß auf den Schauplatz Sibirien hinzuweisen braucht. Knapp vor der Veröffentlichung einer vierten Auflage (die im Juni 1940 erschien), wandte sich der Verlag in Wien (Erich Landgrebe) an Zilahy mit der Bitte um seine Zustimmung »für einige Streichungen«. Landgrebe: Wir wollen keineswegs historische Tatsachen entstellen, aber es ist doch im Augenblick nicht sehr angenehm, besonders scharfe Stellen über die Revolution in Russland zu verbreiten. Es heisst zwar in Ihrem 21. Kapitel ausdrücklich, dass es sich um das Jahr 1919 handelt, aber wir möchten doch einiges auslassen, ohne die künstlerische Gestaltung Ihres Werkes zu beeinträchtigen. Unserer Meinung nach wären die Stellen: [...]. 1 8
Zilahy stimmte dem zu. Im März 1941 war eine neue Auflage erforderlich (15.25.Tsd.) und im November 1943 eine sechste und letzte vor Kriegsende (26.47.Tsd.). Das dritte Werk - wiederum von Käthe Gaspar ins Deutsche übertragen der Roman Etwas treibt im Wasser - erreichte in zwei Auflagen bis November 1937 einen Stand von 6 000 und wurde erst 1951 wiederaufgelegt. Noch 1938 kamen die letzten zwei neuen Zilahy-Titel vor Kriegsende im Paul Zsolnay Verlag heraus. Am 3. März 1938 erschien die erste Auflage des Romans Die Seele erlischt (1.-4.Tsd.) in der Übertragung Käthe Gaspars, im Dezember d.J. wurde das 5.-6. Tsd. und im September 1943 das 7.-16.Tsd. aufgelegt. Am 1. Dezember 1938 erschien Die Liebe meines Urahnen. Blätter aus einer Familienchronik (übers. Käthe Gaspar) und erreichte mit der zweiten Auflage vom August 1941 einen Stand von 16 000. Der Umstand, daß es außer vom Roman Zwei Gefangene nach 1941 zu keinen weiteren Neuauflagen gekommen ist, hat einen handfesten Grund, denn bereits im Frühjahr 1939 erhielt der Verlag die ersten Beschwerden der Reichsschrifttumskammer, »dass wir bei einer Reihe von nationalen ungarischen Autoren nichtarische Übersetzer beschäftigen«.19 Obwohl die diversen Verordnungen der RSK im Land Österreich schon längst gültig waren, nahm Leber, der sie auswendig zu kennen hatte, wie es seine Art war, die Sache auf die leichte Schul18
Paul Zsolnay Verlag (Landgrebe) an Zilahy, 6.5.1940, ebd. Die erste Auflage weist einen Umfang von 529 Seiten auf, die von 1940 hat 526 Seiten.
19
Hermann R. Leber an die RSK Berlin, 15.3.1939, ebd.
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ter, ja von der Ausschließung aller Juden (Autoren wie Übersetzer) aus der deutschen Literatur scheint er wirklich nichts gehört zu haben, wie folgende Reaktion zeigt: Wir erlauben uns - zumal uns auch ein diesbezüglicher Brief eines ungarischen Schriftstellers, der Ihnen anscheinend diese Mitteilung zugehen Hess, vorliegt, daraufhinzuweisen, dass wir mit diesen Übersetzern vom Verlag aus nur auf Wunsch der betreffenden ungarischen Autoren Fühlung genommen haben und dass diese ungarischen Autoren - die übrigens in der gesamten deutschen Presse ungewöhnlich günstige Aufnahme gefunden haben - auch mitgeteilt haben, dass ihre Übersetzungsrechte durch Herrn Dr. Caspar bezw. Frau Käthe Gaspar vertreten werden. Dieser Tatsache konnten und können wir als Verlag uns nicht entgegenstellen, da ja anscheinend schon langjährige Bindungen zwischen den Autoren und dem Ehepaar Gaspar vorliegen. Wenn wir trotzdem einzelne Schriftsteller darauf aufmerksam gemacht haben, dass unter Umständen Schwierigkeiten bezüglich weiterer Beschäftigung dieser Übersetzer eintreten könnten, so haben wir damit sicher alles, was wir in dem Falle tun konnten, auch schon getan. Wir bemerken hiezu auch noch, dass uns bei der Angabe der Übersetzer bei der Reichsschrifttumskammer us.w. niemals solche Schwierigkeiten gemacht worden sind, bezw. wir auch nicht darauf aufmerksam gemacht worden sind, dass gegen diese Übersetzer etwas vorliegt [sie!]. Im übrigen können wir Ihnen noch mitteilen, dass wir lediglich zur Herausgabe eines Buches, das durch Frau Käthe Gaspar übersetzt worden ist, verhalten sind und eine Übersetzung von Dr. Andreas Gaspar nicht mehr in unserer Produktion planen. 20
Es lag gegen das Ehepaar Gaspar, das im Juni 1938 nach Budapest flüchtete, freilich nichts vor, außer der Tatsache, daß sie jüdischer Herkunft waren und daher von ihnen übersetzte Bücher eo ipso deutschen Lesern nicht mehr zugemutet werden konnten. Im übrigen war ein »deutscher Verlag« jüdischen Übersetzern gegenüber zu gar nichts mehr »verhalten«. Dem Präsidenten der Reichsschrifttumskammer dürfte diese Erklärung Lebers die Rede verschlagen haben. Er antwortete kurz und bündig: »Auf Ihr Schreiben vom 15. ds.Mts. erwidere ich Ihnen, daß ich Ihre Entschuldigung nicht gelten lassen kann. Ich möchte jedoch eine weitere Verfolgung der Angelegenheit im Augenblick zurückstellen.«21 Mit einiger Verspätung machte der Verlag den in Budapest lebenden Autor auf die neuen Bedingungen im Dritten Reich aufmerksam: Wir wurden von der Reichsschrifttumskammer, Landesleitung Österreich aufgefordert, an unsere ausländischen Autoren die Mitteilung ergehen zu lassen, dass Übersetzer nichtarischer Abstammung lt. Gesetz nicht tragbar sind und Werke dieser Autoren nur von rein arischen Übersetzern ins Deutsche übertragen werden dürfen. Wir bedauern daher, Übersetzungen des Ehepaares Gaspar nicht mehr annehmen zu kön-
20 21 22
Ebd. Der Präsident der RSK Berlin an den Paul Zsolnay Verlag, 27.3.1939, ebd. Paul Zsolnay Verlag an Zilahy, 12.5.1939, ebd.
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Obwohl sich Zilahy mit der Idee einer neuen Übersetzerin anfreundete, erschienen, was auf eine Reihe von Umständen zurückzuführen ist, keine neuen Werke mehr bei Zsolnay/Bischoff vor 1945. Ja schon im Sommer 1938 tauchte die routinemäßige Frage nach der rassischen Zugehörigkeit Zilahys auf. Bekanntlich waren die Herren von der RSK und der Schriftleitung des Börsenblatts, was die Abstammung ausländischer Autoren betrifft, von Anfang an total überfordert. Es begann damit, daß der Reichssender Frankfurt vom Autor bzw. Verlag einen »Arierschein« verlangte. Der Grund: »Wir können Ihr Verlagswerk nicht eher besprechen bis wir darüber informiert sind, ob der Autor arisch ist.«23 Zilahy vermochte den »Ariernachweis« zu erbringen, aber Tage darauf stellte sich CV-Mitglied Dr. Karl Zartmann von der Landesleitung Österreich der RSK mit derselben Frage an, als es um die Honorarüberweisung eines ausländischen Verlags an Zilahy ging: »Teilen Sie mir bitte mit, an wen Sie das Honorar für obiges Werk [Zwei Gefangene] überwiesen haben und ob der Autor ein Jude ist.«24 Der Verlag konnte ihn wieder beruhigen: »In Beantwortung Ihres Schreibens vom 10.d. teilen wir Ihnen mit, dass der Autor des genannten Werkes Herr Lajos von Zilahy Arier und ungarischer Staatsbürger ist und den gesetzlichen Bestimmungen der Reichsschrifttumskammer in jeder Hinsicht entspricht.«25 Die Beziehung zwischen Zilahy und dem Verlag in Wien kühlte 1939 merklich ab. Das hing einfach damit zusammen - und bei anderen ausländischen Autoren ist schon mehrfach davon die Rede gewesen -, daß der Verlag seinen Zahlungsverpflichtungen (Stichwort Devisengenehmigungen) nicht nachkommen konnte, so erfolgreich die Werke Zilahys gewesen sein mögen. Der Autor zweifelte nicht an der Aufrichtigkeit der Verlagsleitung, nur: Unabhängig davon muss ich zu dieser Frage noch bemerken, dass ich unser auf die Übersetzungsrechte meiner Romane bezughabendes Übereinkommen nur in dem Falle als gültig betrachten kann, wenn ich in Zukunft eine vorherige Garantie erhalte, wonach die Devisenstelle meine ausländischen Devisen nicht beschlagnahmen wird. Dies kann ich von einer späteren Bewilligung nicht abhängig machen, denn was würde dann geschehen, wenn diese Bewilligung doch nicht erteilt würde? Sollte es sich in Zukunft um was für kleine Beträge auch immer handeln - wie ich es in einem früheren Brief bereits erklärt habe - bedeuten diese kleineren freien Devisen die Möglichkeit einer Auslandsreise unter den heutigen Verhältnissen, was für einen Schriftsteller immer von einer grossen Wichtigkeit ist. 2 6
Streng genommen wurden die Devisen nicht »beschlagnahmt«, sie durften nur nicht frei transferiert werden, praktisch gesehen stimmte der Einwand. Irgendetwas lag gegen Zilahy offenbar irgendwo vor, denn Filmabschlüsse wurden immer wieder verzögert. Der Verdacht mag damit zusammengehängt haben, daß Zilahy eben ei23
Reichssender Frankfurt an Paul Zsolnay Verlag, 2.8.1938, ebd.
24
Zartmann an Paul Zsolnay Verlag, 10.9.1938, ebd.
25
Paul Zsolnay Verlag an RSK, Landesleitung Österreich, 12.9.1938, ebd.
26
Zilahy an Paul Zsolnay Verlag, 5.7.1939, ebd.
561
ner der ersten Autoren war, den Paul Zsolnay vom Continental Department in London aus wegen der Vertretung seiner Rechte, genauer der englischen Rechte, kontaktierte.27 Die Vermutung, daß Zilahy bei den NS-Ämtern in Verdacht stand, wird durch eine besondere Aufforderung der Gestapo, Abteilung II P, in Wien, im September 1939 erhärtet. Der Verlag wurde gebeten, kurze Inhaltsangaben der dort erschienenen Werke Zilahys zur Überprüfung zu übermitteln. Es wurde offensichtlich nichts Beanstandenswertes entdeckt. 28 Eben weil der Verlag nicht in der Lage war, regelmäßige Honorarüberweisungen zu garantieren und dem Autor beschied, daß ein neues eingereichtes Werk, der Roman Die Waffen blicken herab, »für eine deutsche Ausgabe keinesfalls in Betracht« käme, begann Zilahy schon 1939 mit anderen deutschen Verlagen zu verhandeln, unter ihnen der Hamburger Toth-Verlagsgesellschaft. Hermann R. Leber riet dem Autor, dies zu unterlassen, auch im Interesse seiner anderen Bücher: Wir würden Ihnen aber in Ihrem eigensten Interesse nur raten, doch vor der Veranstaltung dieser Herausgabe ein Urteil von Seiten der Reichs-Buch-Dienststelle einzuholen, bezw. mit dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda/Berlin, in Fühlung zu treten, weil wir nicht ohne Grund befürchten, dass eine Herausgabe von »Die Waffen blicken herab« in deutscher Sprache zu grossen Schwierigkeiten für Ihre anderen Bücher führen könnte. Wir sind aber ebenso wie Sie, daran interessiert, dass Ihr Werk gefördert und nicht behindert wird. 2 9
1940 erschien der erwähnte Roman dann doch im Toth-Verlag, aber unter dem unverfänglichen Titel Die goldene Brückel Dazu der leicht zerknirschte Treuhänder Wilhelm Hofmann im September 1940: Wir empfingen Ihr geschätztes Schreiben vom 19.d.M. und entnehmen daraus, dass Ihr nunmehr im Verlag J.P. Toth erscheinender Roman »Die goldene Brücke« identisch ist mit dem uns seinerzeit angebotenen Werk »GUNS LOOK BACK«, welches wir damals abgelehnt hatten. Wir können zwar nicht annehmen, dass das Werk nunmehr in unveränderter Form herausgebracht wird, da es unserer Ansicht nach doch wesentlich antimilitaristisch eingestellt war. Wir glauben daher, dass Sie bestimmt das Werk entsprechend überarbeitet haben. 3 0
27
Die Korrespondenz im Ordner »Paul Zsolnay privat 1939-1940« ist eher spärlich erhalten. Das Problem mit der Devisenüberweisung schnitt Zilahy in seinen Briefen an Zsolnay an. Die Reaktion Zsolnays: »Ich bedaure und missbillige das Verhalten des Verlages Ihnen gegenüber ausserordentlich. Seien Sie überzeugt, dass ich keine Ahnung hatte, dass der Verlag sich Ihnen gegenüber in den finanziellen Dingen nicht richtig benimmt.« (Zsolnay an Zilahy, 2.5.1939). Im Teilnachlaß (Lajos von Zilahy Collection) in den Special Collections, Mugar Memorial Library, Boston University, findet sich Korrespondenz weder mit dem Wiener Verlag noch mit Paul Zsolnay. Der Rest des Nachlasses wird in der Ungarischen Nationalbibliothek in Budapest aufbewahrt.
28
Siehe den Begleitbrief des Verlags an die Gestapo vom 7.9.1939, ebd.
29
Hermann R. Leber an Zilahy, 18.12.1939, ebd.
30
Wilhelm Hofmann an Zilahy, 27.9.1940, ebd.
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Der Roman wurde »bearbeitet« und erschien gar 1949 noch in vierter Auflage. Die vorhin erwähnten Neuauflagen zweier Werke (Die Liebe meines Urahnen, Tödlicher Frühling) in der Übersetzung Käthe Gaspars brachten den Verlag in Schwierigkeiten, denn sie hätten - auch unter Auslassung des Übersetzernamens nicht mehr aufgelegt werden dürfen. Das hätte der Verlag aus Parallelfällen wissen müssen. Die Reaktion der RSK (Abt. III Buchhandel): Sie werden darauf aufmerksam gemacht, dass Sie im Jahre 1941 die Werke »Die Liebe meines Urahnen« und »Tödlicher Frühling« von Lajos Zilahy neu aufgelegt haben, obwohl die Übersetzerin Käthe Gaspar Jüdin ist. Sie werden hierzu um eine Stellungnahme gebeten. 31
Die Folge war, daß die genannten Werke nicht wieder aufgelegt wurden. Unverständlich ist allerdings, wieso der Roman Die Seele erlischt, obwohl von Gaspar übersetzt, im September 1943 in dritter Auflage erscheinen konnte. Nach der Wiedergründung des Paul Zsolnay Verlags erschienen wieder alte und neue Werke Zilahy s. Als der Zsolnay Verlag 1937 und 1938 zwei Werke des vielseitigen Erzählers und Dramatikers Franz Herczeg (1863-1954) herausbrachte, war der Autor schon lang nicht mehr auf dem deutschen Buchmarkt präsent. Im Oktober 1937 erschien in der Übersetzung Andreas Gaspars und in einer Auflage von 3 000 Exemplaren der Roman Räkoczi, der Rebell und im Oktober 1938 der Roman Die Heiden, ebenfalls von Andreas Gaspar übertragen und in gleicher Auflage. 1944 plante der Karl H. Bischoff Verlag eine Ausgabe des Werks Die goldene Geige, eine Veröffentlichung unterblieb kriegsbedingt. Ein ähnliches Schicksal erlebte das Werk Vier Väter und eine Tochter von Franz Mora (1879-1934) und eine Reihe weiterer Bücher.32 Mit insgesamt vier Werken vertreten war der aus Siebenbürgen gebürtige Josef Nyirö (1889-1953), dessen Bücher über in Siebenbürgen lebende Ungarn erstmals durch den Paul Zsolnay Verlag dem deutschen Lesepublikum vorgestellt wurden. Sein Debüt machte er mit dem »Roman aus den Schneebergen Siebenbürgens« Der Uz im Oktober 1937 (Auflage 3 000). Auf Der Uz folgte im Mai 1940 eine neue Übersetzung (durch Harry Lux) u.d.T. Die Schneeberge (Auflage 3 000) und im Februar 1944 eine Neuauflage unter dem ursprünglichen Titel. Im November 1941 brachte der Verlag »Ein Buch aus Siebenbürgen« Die Totenpfähle (Erstauflage 5 000) heraus, eine zweite Auflage davon im November 1944 (6.-10.Tsd.). Ein letztes (autobiographisches) Werk - Im Joche Gottes (Auflage 5 000) - dürfte 1942 31 32
Schreiben vom 6.11.1941, ebd. Für die erste Veröffentlichung Moras in deutscher Sprache war wiederum Andreas Gaspar verantwortlich. 1936 erschien im Wiener Höger-Verlag der »Roman in 2 Teilen« Lied von den Weizenfeldern. 1942 erschien im Wiener Ibach-Verlag [ehemals E.P. Tal & Co.] der Roman Der einsame Kaiser.
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im Druck vorgelegen haben, ist aber offensichtlich nicht in den Handel gekommen. Ende September 1937 brachte der Zsolnay Verlag wiederum ein historisches Epos auf den Markt, auf das er von einer Frau Baronin Hadvany [ = Christa Winsloe] aufmerksam gemacht worden war. Ein Volk allein. Historische Romantrilogie (Übers. Käthe Gaspar) des Journalisten und Schriftstellers Miklos Suränyi (18821936) kam allerdings über die Erstauflage (3 000) nicht hinaus. Zur Veröffentlichung weiterer eingereichter Werke wie Wir sind einsam und Stefferl kam es nicht, sodaß Ein Volk allein das erste und bislang einzige Werk des heute beinahe vergessenen Autors in deutscher Übersetzung blieb. Ebenfalls mit einem Werk (auch überhaupt in deutscher Sprache) vertreten war die Verfasserin vorwiegend historischer Romane und Gattin von Jenö Pälffy, Irene (Iren) von Guläscy (1894-1945?), mit dem Roman Die schwarzen Freier, der im Oktober 1938 in der Übersetzung Käthe Gaspars herausgebracht wurde, und Istvän (Stefan) Fekete (* 1900) mit Tschi. Vier Tiernovellen, erschienen im Dezember 1942 (1.-4.Tsd.). Ein zweites Werk von Fekete war 1944 in Vorbereitung, offenbar auch ausgedruckt, aber nicht in den Handel gekommen. 33
25.2. Zarek, Leffler, Seitz & Co. Mit dem Debütwerk des jungen Berliner Schriftstellers Otto Zarek (1898-1958) landete der Verlag einen nachhaltigen Erfolg. 34 Der reißerische Titel Begierde. Roman einer Weltstadtjugend (703 S.) garantierte einen reißenden Absatz. Einen Monat nach Erscheinen der ersten Auflage (5 000 Ex.) am 27. Februar 1930 mußten weitere 5 000 gedruckt werden und drei Monate später erneut 5 000, um die Nachfrage zu befriedigen. Im November 1930 wurde eine vierte Auflage veranstaltet, um einen Auflagenstand von 20 000 zu erreichen. Danach flaute der Absatz ab, so daß im November 1932 ein Bruchteil der 5. Auflage ( = 21.-24.Tsd.), es waren 1 850 Bände, gedruckt wurde. Vor Beginn der NS-Herrschaft in Deutschland konnte im Hauptverlag nurmehr ein Titel, der Roman Theater um Maria Thul herauskommen. Auch dieses Werk schien von der Absatzentwicklung her ein sicherer Erfolg zu werden: die erste Auflage vom September 1932 (5 000 Ex.) verkaufte sich innerhalb von vier Wochen, weitere 3 000 Exemplare ließ man im Oktober drucken (6.-8.Tsd.). Als die Nazis an die Macht kamen, ging Zarek 1933 zunächst nach Ungarn. Da er nun vermutlich nicht mehr im Reich vertrieben werden durfte, entschloß sich der Verlag, Zareks künftige Produktion im Rahmen der BZW herauszubringen. Den Anfang machte der Roman Treue im September 1934 (5 000 Ex.), 35 gefolgt von dem biographischen Roman Kossuth. Die Liebe eines
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34 35
Möglicherweise handelt es sich hier um den Roman Zwischen Menschen, der in der deutschen Bearbeitung von Harry Lux 1948 im Zsolnay-Ableger, dem Erasmus-Verlag, erschien. Ein Korrespondenzordner liegt im Verlagsarchiv nicht vor. Die Verlagswerbung dazu: »Aus einer Hölle sittlichen Verfalles in der überhitzten Atmosphäre einer Industriestadt ringt sich ein junger Mensch nach schweren Kämpfen zu sich selbst durch.«
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Volkes (1.-3.Tsd.) im April 193536 und dem »Roman einer suchenden Seele« Liebe auf dem Semmering (1.-3.Tsd.) im November desselben Jahres. Da die BZW ihre Produktion einstellte, mußte Zarek auf Verlagswanderschaft gehen. Die Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums (Oktober 1935) verfügte über ihn ein Verbot »Sämtlicher Schriften«. Bis 1938 ließ er seine neuen Bücher im E.P. Tal Verlag, Wien, bei Querido in Amsterdam sowie im Humanitas Verlag in Zürich erscheinen. 1938 emigrierte er nach England und kehrte 1954 nach Deutschland zurück. 1935 ging der Zsolnay Verlag mit der jungen Berliner Schriftstellerin Erika Leffler (1902-1966) eine kurze Verbindung ein, erwarb aber nur einen Roman, Ein Mann ein Pferd und eine treue Liebe (1935). Auf unerbittliches Drängen von Hanns Martin Elster verlegte Zsolnay, obwohl Literaturhistorisches nicht sein Fach war, ein Werk des Goethe-Forschers Heinrich Hubert Houben (1875-1935) im Jahre 1934: Goethes Eckermann. Die Lebensgeschichte eines bescheidenen Menschen. Ein zweites Manuskript mit dem Titel »Ottilie von Goethe« lehnte der Verlag dankend ab, aus gutem Grund. Ein Jahr nach Erscheinen hatte man vom Eckennann-Buch nur ca. 1 000 Exemplare verkaufen können. Von Grete von Urbanitzky wurde dem Verlag der Berliner Robert Seitz (18911938) empfohlen, dessen Manuskript des Werkes »Das Börshooper Buch« sie Anfang 1934 gleich nach Wien übermittelte.37 Der Verlag entschloß sich rasch, den Roman im Herbst herauszubringen (Das Börshooper Buch, 411 S.) und bot dem Autor für die ersten 5 000 Exemplare ein Honorar von 12% sowie einen allgemeinen Verlagsvorschuß zahlbar in Monatsraten und eine Option auf seine künftige Produktion. Das Erstlingswerk von Seitz wurde 1937 im Rahmen der Reihe »Deutsche Erzähler von heute« als Neuausgabe präsentiert. Es folgte nun praktisch alljährlich ein neues Buch von Seitz im Zsolnay Verlag: 1935 die Romane Die Häuser im Kolk und Der Leuchtturm Thorde - der ursprüngliche Titel lautete »Der Mann der von der See kam« - (sowie 1939: Deutsche Erzähler von heute), 1936 der Roman Die Liebe alt, wie die Welt (2. und 3. Auflage 1944), 1937 der Roman Der Ast, auf dem die Engel sitzen, 1938 der Roman Wenn die Lampe herunterbrennt (2. Aufl. 1943). Als Seitz den Verlag in Wien auf seiner Rückreise von einem Italien-Aufenthalt im Februar 1938 aufsuchte, steckte er voller Pläne: in Arbeit war ein neuer Roman »Fremder süsser Tag« und in weiterer Planung war der Roman »Musik vom Fluss«, der Anfang 1939 hätte erscheinen sollen. Eingereicht hatte Seitz zudem noch ein Romanmanuskript mit dem Titel »Der Zauberer«, doch zu einer Fertigstellung bzw. Veröffentlichung all dieser neuen Bücher kam es durch den Tod von Seitz nicht mehr. Weitere Österreicher, deren Werke vereinzelt ins Programm genommen wurden, sind etwa der Redakteur der Reichspost Rudolf List (1901-1979) mit Tor 36
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Die Verlagswerbung: »Das großartige Bildnis eines Kämpfers für die Idee der Nation, dessen Geschichte zugleich die schicksalsvolle Geschichte des Donauraumes ist.« Paul Zsolnay Verlag an Seitz, 4.1.1934, Nachlaß Robert Seitz, DLA Marbach.
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aus dem Dunkel. Gedichte (1935) und Michael. Roman (1936), Rudolf Henz (1897-1987) mit Kaiser Joseph II. Tragödie in fünf Akten (1937; Aufl. 500), der Kabinettsdirektor der Präsidentschaftskanzlei i.R. und »Kulturbund«-Funktionär Josef Freih. von Löwenthal (1873-1940) mit Die unsterbliche Stadt. Eine utopische Erzählung aus dem Jahre 2000 (1936), die gebürtige Brünnerin Greta BauerSchwind (Licht und Erde. Gedichte, 1936; Gott schuf die Welt aus Liebe. Neue Gedichte, 1938), Hertha Pauli (1909-1974), die mit einem einzigen Roman, Toni. Ein Frauenleben für Ferdinand Raimund (1936), vertreten war, sowie der gebürtige Linzer Architekt und Schriftsteller Julius Pupp (1886-1974). Mit der Verbreitung von drei Werken Pupps hatte der Verlag seine Not. Im April 1935 kam Freinacht. Roman eines Zwischenreiches (1.-3.Tsd., 831 S.), im Oktober desselben Jahres Die Sammellinse. Aus der Weisheit dreier Jahrtausende (1 4.Tsd., 311 S.) und im darauffolgenden April der zweite Band der Sammellinse (1.-3.Tsd.) heraus. Doch im Juli erhielt der Verlag die Mitteilung seines Kommissionärs F. Volckmar, daß der Vertrieb von Freinacht in Deutschland nicht mehr möglich sei und wenige Tage darauf eine Mitteilung des Präsidenten der RSK (V-976-H) vom 30. Juli 1936, daß beide Bände der Sammellinse gemäß § 1 der Anordnung über schädliches und unerwünschtes Schrifttum (Schriften, die das nationalsozialistische Kulturwollen gefährden!) in diese eingereiht worden seien und daß ein Weitervertrieb untersagt werde. Somit war Pupp weg vom Markt. Robert Michel (1876-1957) verließ den Zsolnay Verlag nach dem für beide Seiten enttäuschenden Absatz des 1934 erschienenen Romans Die Burg der Frauen. Ein Lied vom Wyschehrad. Einem Aktenvermerk ist zu entnehmen, daß nicht mehr als 750 Exemplare verkauft werden konnten. Erst 1940, als der Verlag die Reihe »Die hundert kleinen Bücher« startete, steuerte der Schriftsteller einen Band mit dem Titel Slawische Weisen (1940) bei. Von dem aus Troppau stammenden und in Innsbruck lebenden Karl Emerich Hirt (1866-1963) brachte der Verlag 1937 den Novellenband Menschen aus Österreich. Im Frühjahr 1937 reichte der aus Wiener Neustadt gebürtige Autor Gustav von Festenberg (1892-1968) ein Romanmanuskript ein, das auf Paul Zsolnay solch einen »starken Eindruck« machte, daß er den Autor zu sich einlud. Im Mai konnte bereits ein Vertrag für den Roman Im stillen Tal. Der Weg einer Seele unterzeichnet werden. Erscheinen konnte er Anfang Oktober in einer Auflage von 2 000 Exemplaren. Erst Mitte 1939 folgte der Roman Ein Tag wie alle in einer Auflage von ebenfalls 2 000 Stück. Die zweite Auflage brachte der Zsolnay Verlag erst 1963 heraus. Der ausgebildete Jurist und Wiener Zeitungsjournalist Friedrich Lorenz (18981964) trug in den 30er Jahren zu einer Art »Sachbuchprogramm« des Zsolnay Verlags bei. Seine Publikationen begannen jedoch 1936 mit dem Werk Odysseus und Penelope. Der Liebesroman der homerischen Helden. Im selben Jahr erschien sein erfolgreichstes Buch Väter der Maschinenwelt. Unbekannte Erfinderschicksale aus 5 Jahrhunderten, das sowohl 1942 als auch 1944 in Auszügen als Feldpost-Ausgabe bzw. Wehrmachtausgabe hergestellt wurde. 566
Ein ähnliches Schicksal wie Julius Pupp erlitt der Kulturredakteur der Zeitung Der Wiener Tag, Oskar Maurus Fontana (1889-1969), der sich bislang an keinen Verlag gebunden hatte. Die Veröffentlichung seines Gotthard-Romans stand von vornherein unter keinem guten Stern, und der Verlag war überhaupt unschlüssig, als Fontana wegen des Werks im August 1935 vorsprach. Schon der in Aussicht genommene Titel »Offene Welt« löste beim Ernst Rowohlt Verlag in Berlin einen Wirbel aus, da dieser schon 1932 ein Buch von Otto Cordach unter diesem Titel herausgegeben hatte und gar vom Zsolnay Verlag eine »Abfindung« für den Autor verlangte. Fontana entschloß sich zu einem anderen Titel für den »Gotthard-Roman« Der Weg durch den Berg. Dem Verlag offenbar unbekannt, war Fontana bereits in die Liste 1 eingereiht worden (»Sämtliche Schriften«), und einen Monat nach dem Erscheinen (1.-5.Tsd., 27.2.1936) kam schon eine Vorwarnung auf zukünftige Entwicklungen von der Berliner Niederlassung: Gleichzeitig möchte ich Ihnen zur Kenntnis bringen, dass wir von den Grossofirmen, Wille, Giebel etc. den »Fontana« mit der Begründung zurückbekommen, »dass dieses Buch für die Leihbibliotheken nicht erwünscht ist«. Wissen Sie vielleicht den Grund? 3 8
Costa war ratlos: Zu Ihrer Anfrage vom 26.III. bezüglich Fontana teilen wir Ihnen mit, dass wir in dieser Sache nichts wissen. Es wäre uns sehr interessant, zu erfahren, warum die Firmen Wille, Giebel etc. das Buch mit dem Vermerk »für Leihbibliotheken nicht erwünscht« zurücksenden. Vielleicht können Sie bei den Firmen (aber ohne Aufsehen zu erregen) von welcher Stelle und weshalb das Buch für Leihbibliotheken verboten wurde, Erkundigungen einziehen. 3 9
In der folgenden Woche verfügte das Berliner Büro über z.T. nähere Informationen: In Erledigung Ihres Schreibens vom 31.3.36. war ich bemüht den Grund des Verbotes für Fontana, »Der Weg durch den Berg« zu erfahren. Leider ist mir dies nicht gelungen. Ich habe u.a. die Fa. Wille, die auch Exemplare zurückgesandt hat, befragt, warum sie die Exemplare zurückgibt. Herr Wille gab mir selbst folgende Auskunft: Von der Fachschaft für Leihbüchereien und Grossbuchhandlungen kämen Listen heraus, die eben die fraglichen Bücher, die verboten sind, aufführen. Man muss dieses Verbot stillschweigend entgegennehmen, da man telefonisch noch schriftlich den Grund »weshalb« nicht mitgeteilt erhält. Herr Arnold, den ich auch in dieser Sache befragte, meinte, dass das Buch vielleicht deshalb verboten würde, weil Fontana in früherer Zeit freier Mitarbeiter bei der Weltbühne gewesen sei. Es ist dies ja sehr wenig was ich Ihnen sagen kann, aber vielleicht erfahre ich in der nächsten Zeit etwas Näheres. 4 0
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Feller, Paul Zsolnay Verlag, Berlin, an Costa, 26.3.1936, Ordner Fontana. Costa an Feller, 31.3.1936, ebd. Feiler/Paul Zsolnay Verlag, Berlin, an Costa, 4.4.1936, ebd.
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Erst nachträglich erfuhr der Verlag, daß Fontanas Roman in die Liste 1 eingereiht worden war und teilte dies auch allen Zeitungen mit, die Vorabdrucke und ähnliches bringen wollten. Die Auflage von 5 000 Exemplaren war Makulatur.
25.3. Johannes Freumbichler Als der am 22. Oktober 1881 in Henndorf am Wallersee im Salzburgischen geborene Erzähler Johannes Freumbichler im Frühjahr 1937 im Paul Zsolnay Verlag mit seinem Salzburger Bauernroman vor die Öffentlichkeit trat, hatte er sich über zwei Jahrzehnte lang mehr schlecht als recht vom Schreiben ernähren können. 41 Und sein neues Werk Philomena Ellenhub, an dem er seit 1922 gearbeitet hatte, war schon von den Verlagen Speidel, Pustet und Herder abgewiesen worden. Die Verbindung mit dem Zsolnay Verlag verdankte er einem »Nachbarn«, dem Schriftsteller Carl Zuckmayer, dem Freumbichler im Frühjahr 1936 »ein über tausendseitiges handgeschriebenes Manuskript« zukommen ließ.42 Zuckmayer fühlte sich vom Roman schlicht »beglückt«, pries es nach einer »gründlichen Lektüre« als »ein wirkliches Kunstwerk«, »eine echte ebenbürtige Dichtung«, »eine grosse Dichtung« und war, wie er schrieb, »froh und stolz, den Taufpaten abgeben zu dürfen«. Er wollte, sobald er Zeit habe, »in einer der grossen Tageszeitungen, vielleicht Neue Freie Presse, einen ausführlichen Aufsatz darüber schreiben«.43 Zunächst mußte aber ein Verlag gefunden werden. Bereits vor der ersten Vorsprache schlug Zuckmayer vor, das Werk an Hermann Hesse, Gerhart Hauptmann, Thomas Mann und einige andere deutsche Dichter zu schicken und sie um ein paar Geleitworte zu bitten. 44 Zsolnay dürfte die erste Station gewesen sein (»Bis dahin liest es bereits in meinem Haus der Lektor eines der grössten Verlage« (ebd.), aber auch an seinen Verleger Bermann Fischer wollte Zuckmayer das Manuskript schikken. Er ließ es mit der Maschine abschreiben und fuhr nach Wien zu seinem Freund Paul Zsolnay. »Zsolnay versprach, es noch am selben Abend zu lesen, und am nächsten Tag hatte ich die Zusicherung eines Vertrags für Johannes Freum41
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Siehe Caroline Markolin: Die Grossväter sind die Lehrer. Johannes Freumbichler und sein Enkel Thomas Bernhard. Salzburg: Otto Müller Verlag 1988 sowie Hildemar Holl: Zu den »Salzburger Spinnstubengeschichten« von Johannes Freumbichler. In: Salzburg Archiv 10 (1990), S. 215248. So Alice Herdan-Zuckmayer. Johannes Freumbichler: Philomena Ellenhub. Ein Salzburger Bauernroman. Mit einem Nachwort von Alice Herdan-Zuckmayer und einem Essay aus dem Jahr 1936 (sie) von Carl Zuckmayer. Frankfurt/Main-Berlin-Wien: Ullstein Taschenbuch 1982, S. 445. Zuckmayer an Johannes Freumbichler, 4.8.1936, Abschrift im Ordner Freumbichler. Zuckmayers Feuilleton über die Neuerscheinung wurde in der Neuen Freien Presse, Nr. 26014 M, 11.2.1937, S. 1-2 veröffentlicht. Zsolnay-Autor Rudolf List besprach das Werk in der Reichspost, Nr. 52, 21.2.1937, S. 19. Im Ordner Freumbichler liegen Abschriften von Briefen, die an Gerhart Hauptmann und Rudolf Binding gerichtet wurden.
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bichler, sogar mit angemessenem Vorschuß.«45 Das Werk Freumbichlers gefiel Zsolnay, wie Zuckmayer erleichtert feststellte. 46 Sein Anliegen: Bitte beschleunigen Sie die Entscheidung, denn der Dichter wartet mit bangem Herzen darauf, und wenn Sie es nicht nehmen sollten, so will ich es entweder Bermann oder dem berliner Fischerverlag geben. Sollten Sie sich - wovon ich eigentlich überzeugt bin - zur Annahme entschliessen, so machen Sie mir bitte die Freude, es mir telegraphisch mitzuteilen, damit wir den Autor verständigen können, und lockern Sie ihren (sie) Kronschatz zur Entnehmung eines guten und noblen Vorschusses, denn dieser Mann lebt in wirklicher Not und es gilt hier eine Hilfe zu leisten, die nicht verschwendet ist. (ebd.)
Eine Woche später lag der Vertrag mit Freumbichler schon unterzeichnet vor, wofür Zsolnay sich bei Zuckmayer persönlich bedankte: Gestern war Herr Freumbichler bei uns und der sympathische Eindruck, den sein Buch erweckt hat, wird durch die Bekanntschaft mit diesem eigenartigen Menschen noch erhöht. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diesem Mann und seinem Werk einen grossen Erfolg bereiten könnten. Wir haben in dem Vertrag festgesetzt, dass der Verlag berechtigt ist, das Buch innerhalb der nächsten sechs Monate erscheinen zu lassen. 47
Der Vertrag sah ein für diese Zeit und bei dieser Auflage (3 000 Exemplare) relativ hohes Honorar von 12% des Ladenpreises vor. Freumbichler erhielt einen ansehnlichen Vorschuß im Betrag von S 1 250, was einem Verkauf von ca. 1 370 Exemplaren entsprach. Der Autor und sein Mentor plädierten für den Herbst 1936 als Erscheinungstermin, Zsolnay war aus Erfahrung dagegen, nicht zuletzt, weil das Manuskript noch für den Druck bearbeitet werden mußte und daher ein Erscheinen vor Ende November unmöglich gewesen wäre. Der Verleger faßte seine Strategie folgendermaßen zusammen: Bei einem prominenten Autor schadet ein so später Erscheinungstermin nicht; ich kann mir sogar vorstellen, dass z.B. ein neues Werk von Ihnen so viele Vorausbestellungen hat, dass gerade durch ein spätes Erscheinen als letzte Weihnachtsnovität ein starker Absatz gesichert ist. Ganz anders aber steht es bei einem unbekannten Autor. Bis die Vorzüge des Buches von Kritik und Publikum erkannt worden sind, ist der Weihnachtstermin längst vorüber und das Buch nach Weihnachten, ohne zu Weihnachten entsprechend verkauft worden zu sein, bereits keine Neuerscheinung mehr. 3). Wenn Anfang Februar, zu einer Zeit, da nahezu kein Buch auf dem Markt erscheint und daher die Presse Zeit und Platz hat, eine Neuerscheinung entsprechend zu würdigen, ein solches Werk erscheint, kann ich mir bei entsprechender Unterstützung wohl wollender Gönner und des Verlages den grösstmöglichen Erfolg vorstellen, (ebd.) 45
Zuckmayer-Essay in der Taschenbuchausgabe, S. 451.
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Zuckmayer an Paul Zsolnay, 31.8.1936, Ordner Freumbichler. Zsolnay an Zuckmayer, 9.9.1936, ebd.
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Schon bevor Philomena Ellenhub am 11. Februar 1937 als erste Verlagsneuerscheinung des Jahrs auf den Markt kam, startete der Verlag eine extensive Werbekampagne, die einerseits aus einer Flut von Anzeigen im Börsenblatt,48 andererseits aus einer Aktion, von bedeutenden oder einflußreichen literarischen Persönlichkeiten (in Österreich) »einige empfehlende Zeilen für Johannes Freumbichler« zu bekommen, bestand. Vorexemplare des Romans schickte der Verlag an Enrica von Handel-Mazzetti, Josef Friedrich Perkonig, Franz Karl Ginzkey, Josef Weinheber, Karl Heinrich Waggerl, Joseph Georg Oberkofler, Karl Hans Strobl, Fanny Wibmer-Pedit, Josef Wenter, Robert Seitz, Alfons von Czibulka, Hermann Heinz Ortner, Rudolf List, Paula Grogger, Max Meli, Ernst Scheibelreiter, Gerhart Hauptmann und Rudolf Binding. Paul Zsolnay war überzeugt, daß ihm »eine wirkliche Entdeckung« gelungen war und teilte den Empfängern u.a. folgendes mit: So sehr ich aber auch von den Qualitäten seines Romanes überzeugt bin, so sehe ich doch unter den heutigen Verhältnissen alle Schwierigkeiten, die sich bei der Durchsetzung eines neuen Autors ergeben, und bemühe mich, für Werk und Dichter Persönlichkeiten von Rang zu gewinnen, die ihm eine moralische Förderung angedeihen lassen könnten. Da ich nun glaube annehmen zu dürfen, dass dieses Buch gerade Ihnen, sehr verehrter Herr Professor, gut gefallen wird, geht meine Bitte dahin, dass - wenn meine Vermutung zutrifft, was mich sehr freuen würde - die Güte haben mögen, mir einige empfehlende Zeilen dafür zur Verfügung zu stellen. 49
Einige kamen dieser Bitte nach, und ihre Würdigungen wurden für ganzseitige Annoncen verwendet. Zuckmayer verlegte seine »Werbemaßnahmen« großteils auf das Deutsche Reich und ließ Exemplare des Romans an zwei Dutzend Kollegen, unter ihnen nicht wenige Größen der NS-Literaturszene (Blunck, Fechter, Dwinger, Stehr, Carossa), versenden. Da der Verlag genau wußte, daß Freumbichler vom noch so kulanten Vorschuß auf Dauer seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten konnte, suchte er andere Einnahmequellen für den Autor. Ausgestattet mit einer Batterie von Kurzprosatexten Freumbichlers, wandte sich der Verlag an gut drei Dutzend Zeitungen in Prag, Wien, Berlin, Frankfurt, Zürich, Basel, Bern usw.,
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Die erste Anzeige (1 Seite) erschien am 10.2.1937 (S. 514), die zweite, diesmal doppelseitige, mit Zitaten aus den »ersten begeisterten Urteilen« von Perkonig, Seitz, Wibmer-Pedit, List und Ortner am 1.3.1937. Am 24.3.1937 wurde Philomena in einer Sammelanzeige auf der ersten Umschlagseite des Börsenblatts prominent annonciert, am 24.4. in einer zweiseitigen Sammelanzeige wieder gepriesen. Als Freumbichler einen Literaturpreis gewann, wurde diesem Umstand mit einer ganzseitigen Anzeige am 3.2.1938 werbemäßig Rechnung getragen: »Der Dichter wurde mit dem Österreichischen Staatspreis 1937 (Förderungspreis) ausgezeichnet«. Zsolnay an Perkonig, 21.1.1937, ebd. Gleichlautende Schreiben ergingen an die Genannten. Würdigungen erhielt er von Fanny Wibmer-Pedit, Rudolf List, H.H. Ortner, Robert Seitz und Ernst Scheibelreiter.
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um diese drucken zu lassen, manchmal mit Erfolg. 50 Und fiel dieser Erfolg eher mager aus, war es noch schwieriger, ausländische Verlage für eine Übersetzung der Philomena zu interessieren. Ungarische, tschechische und britische Verleger lehnten nach der Lektüre dankend ab. Ben Huebsch (Viking Press), dem das Werk angeboten wurde, hat es wohl auf den Punkt gebracht, indem er dem Zsolnay Verlag schrieb, Philomena Ellenhub sei »so thoroughly a German work«. 51 Selbst der geflüchtete Nazi und Zsolnay-Legionär in Berlin, Erwin H. Rainalter, wollte in Sachen Freumbichler nicht vermitteln: Philomena »streift Kulturkampfprobleme und wird dadurch irgendwie heikel«, ließ er Felix Costa wissen. 52 Gemessen am Aufwand des Verlags war die Ausbeute sehr mager. Für die Zeitungsabdrucke bekam der Autor durchschnittlich S 20 (nach heutigem Wert ca S 660). Der Roman verkaufte sich anfangs sehr gut. Nach der ersten Abrechnung bis Ende März 1937 waren schon 1 031 Exemplare, also ein Drittel der Auflage, abgesetzt. Bis Ende September waren es aber nur 363 Exemplare. Der Autor war jedoch überaus zufrieden: »Soweit sich die Sache jetzt und von meiner Einsiedelei aus übersehen läßt, wird es in fast allen Zeitungen in einer förderlichen und zum Teil sogar in einer enthusiastischen Weise besprochen. Besonders war im Wiener Tagblatt ein sehr beachtenswerter 6 Spalten langer Artikel, der mich wirklich gefreut hat.«53 (Die Auflage war erst 1942 vergriffen.) Es dauerte aber nicht lange, bevor Freumbichler um neuerliche Vorschüsse einkam, diesmal auf den Novellenband »Irrwisch«, und die Direktion kam dem Wunsch nach: Wir sind bereit, Ihnen diesen Vorschuss zu gewähren, sodass wir Ihnen auf Ihren Novellenband dann insgesamt einen Verlagsvorschuss von S 800 eingeräumt haben. In Anbetracht des Umfangs und der Tatsache, dass es sich um einen Novellenband handelt, ist dieser Vorschuss recht hoch, wir wollen ihn Ihnen aber mit Rücksicht auf den grossen literarischen Erfolg der »Philomena Ellenhub« gerne gewähren. 54
Auch im Fall des zweiten Werkes war der Verlag streng darauf bedacht, den Autor systematisch »aufzubauen«, wobei ein Novellenband als zweite Veröffentlichung (d.h. statt eines weiteren Romans) nicht von Vorteil war. Während der Autor selbstverständlich für ein baldiges Erscheinen des Novellenbandes plädierte, hoffte der Verlag »auf ein Weihnachtsgeschäft für Ihren Roman, das durch das zweite Buch beeinträchtigt werden könnte« (ebd.). Statt dessen schlug man den »Vorfrühling 1938« vor. Geschichten aus dem Salzburgischen erschienen tatsäch50
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Der Kardinal, in: Reichspost (Wien), Nr. 224, So., 15.8.1937, S. 9-10; Die beiden Todfeinde, in: Bergland. Illustrierte Alpenländische Monatsschrift (Wien), XX. Jg., 1939, Nr. 1, S. 43, 45, 46. Ben Huebsch an Paul Zsolnay Verlag, 29.3.1937, Ordner Freumbichler. Rainalter an Costa, 21.4.1937, ebd. Zitiert nach Markolin: Die Grossväter, S. 137. Direktion Paul Zsolnay Verlag an Freumbichler, 5.7.1937, Ordner Freumbichler.
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lieh (auf ausdrücklichen Wunsch des Autors) am 10. Februar 1938 in einer Auflage von 2 000 Exemplaren. Der Werbetext lautete: »Freumbichler gestaltet in diesem Werk Schicksalsbilder seiner Heimat. Dieser warmherzige Erzähler gemahnt an Rosegger.«55 Alle paar Monate bat Freumbichler seinen Verlag um einen neuerlichen Vorschuß, so auch wieder im September 1937, doch war die ihm für Philomena Ellenhub bereits geleistete Vorauszahlung durch den Absatz des Buchs nicht gedeckt. Die Lösung Costas: »Wir werden jedoch darüber nachdenken, ob sich eine Möglichkeit zur Erfüllung Ihrer Bitte findet und bitten Sie, uns hiezu eine Weile Zeit zu lassen.«56 Costa hielt Wort und schrieb Freumbichler Anfang Oktober: »Wir freuen uns Ihnen mitzuteilen, dass es uns nach reiflicher Überlegung trotz aller Schwierigkeiten doch möglich war, Ihre Bitte um einen weiteren Vorschuss von S 200 zu erfüllen. Der Betrag wird Ihnen in den nächsten Tagen zugehen.«57 Doch war der Absatz von Philomena Ellenhub für den Verlag dennoch eine Enttäuschung, denn wenn Costa in einem Brief an einen Verlagsautor den erzielten »literarischen Erfolg« hervorhob, meinte er meist, daß der Absatz zu wünschen übrigließ: Wir ersuchen Sie, in dieser Tatsache den Beweis zu sehen, dass wir unser Möglichstes tun, Ihnen in jeder Beziehung entgegenzukommen. Der bisherige Absatz der »Philomena Ellenhub« ist trotz des grossen literarischen Erfolges und trotz unserer lebhaften Bemühungen für das Werk leider noch nicht so hoch, dass sich weitere Zahlungen für Sie ergeben würden; (ebd.)
Gegen Ende Dezember 1937 wurde Freumbichler der Österreichische Staatspreis für Literatur durch eine Jury bestehend aus Josef Nadler, Josef Friedrich Perkonig, Eduard Castle, Franz Karl Ginzkey, Ernst Lothar und Ernst Scheibelreiter verliehen, etwas, worüber sich auch Felix Costa freute: Es ist uns eine grosse Freude, dass es uns vergönnt war, durch die Herausgabe Ihres Romans »Philomena Ellenhub« die massgebenden Persönlichkeiten auf dieses wunderschöne Werk hinzuweisen und dass Ihnen von berufenster Seite die Anerkennung für diese dichterische Leistung nun in Form dieses überaus ehrenden Staatspreises ausgesprochen worden ist. 58
Es ist öfter vermutet worden, daß die Preiszuerkennung durch den »Paten« Carl Zuckmayer vermittelt wurde. Eine Einflußnahme Zuckmayers kann man von vornherein nicht ausschließen, aber seine Rolle in der Literaturszene des Ständestaats wird doch nicht so bedeutend gewesen sein. Es ist ebenfalls zu überlegen, ob nicht der Verlag selber und dessen Autoren in der Jury die Wahl hätten beeinflussen
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Börsenblatt,
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Costa an Freumbichler, 18.9.1937, Ordner Freumbichler.
4.2.1938, S. 515.
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Costa an Freumbichler, 7.10.1937, ebd.
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Costa an Freumbichler, 29.12.1937, ebd. Siehe die ausführliche Darstellung des »Staatspreises« von Friedbert Aspetsberger: Literarisches Leben im Austrofaschismus. Der Staatspreis. Königstein/Taunus: Hain 1980. Hier S. 93 und 172 ff.
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können. Man erinnere nur an das Naheverhältnis des Verlegers Zsolnay zu Bundeskanzler Kurt Schuschnigg und mehreren Ministern sowie die Rolle, die Felix Costa bei der Verleihung des Julius Reich Preises spielte. Selbstverständlich wurde die Preisverleihung unmittelbar werbemäßig in einer neuerlichen, ganzseitigen Anzeige im Börsenblatt für Philomena umgesetzt: »Der Dichter wurde mit dem Österreichischen Staatspreis 1937 (Förderungspreis) ausgezeichnet.« (3.2.1938) Eine Woche vor der Auslieferung der Geschichten aus dem Salzburgischen erschien im Börsenblatt eine ganzseitige Annonce für das Werk mit einer Abbildung des Umschlags, der ein Foto des Autors und den Hinweis »Das neueste Werk des Österreichischen Staatspreisträgers (Förderungspreis 1937)« (4.2.1938) trug. Ob dieser Hinweis den Absatz im Reich förderte, ist zumindest fraglich. Mittlerweilen arbeitete Freumbichler an einem neuen Roman, und von diesem erwartete er »die Erlösung aus der Armut«.59 Im Februar 1938 bat er den Verlag erneut um einen Vorschuß auf den Roman, an dem er arbeitete, und »aus besonderem Entgegenkommen« überwies der Verlag weitere S 200. 60 Anfang Mai hatte Freumbichler sein neues Buch »Atahuala, das Land der weißen Indianer«, an dem er u.d.T. »Io ti vedo« schon im Oktober 1935 schrieb, 61 schon so weit vollendet, daß er es seinem Verlag zur Lektüre vorlegen konnte. In einer für ihn typischen Anredeform (»Sehr geehrter Herr Verleger!«) meinte der Autor zum Inhalt: Mein ganzes Leben, vom vierten Jahr an, war von seiner Idee mehr oder weniger erfüllt. In den mannigfaltigsten Formen drang sie immer wieder auf mich ein. Es war daher kein Wunder, dass ihre Verleiblichung, nach zwanzig Jahren geheimen Wachstums, sozusagen fertig aus meiner Phantasie hervorging. Ich werde daher im Wesentlichen nichts daran ändern. Auf keinen Fall den Titel. Auch wünschte ich, dass auf dem Umschlag das Wort »Roman« nicht aufscheint. 62
Seine Wünsche waren nicht gerade bescheiden: er wollte für »Atahuala« eine Vorauszahlung von RM 2 000 ( = S 3 000), also praktisch das dreifache von dem, was er für »Philomena« erhalten hatte, 40 Freiexemplare (üblich waren 30) sowie das Erscheinen »spätestens 15. November 1938«. »Es ist unbedingt nötig, dass sich meine äussere Lage etwas verändert, um mehr und besser arbeiten zu können.« (ebd.) Letzten Endes bekam er, wie bei den ersten beiden Büchern, einen Honoraranteil von 12% und das Werk erschien am 17. November 1938 (Druckauflage 3 175). Das Manuskript wurde »von verschiedenen Herren unseres Verlages«, wie Hermann R. Leber dem Autor am 25. Juni 1938 schrieb, gelesen, doch: »Leider
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Zitiert nach Markolin: Die Grossväter, S. 137. Direktion Paul Zsolnay Verlag an Freumbichler, 1.3.1938, Ordner Freumbichler. Markolin: Die Grossväter, S. 133: »Er soll ca. 1000 Seiten umfassen und spielt bei den Indianern in Brasilien. Das Vorbild ist Karl May.« Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 9.5.1938, Ordner Freumbichler.
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herrscht über das Ms durchaus keine einheitliche Meinung.«63 Man war selbstverständlich völlig einig über die literarische Bedeutung und die stilistischen Schönheiten Ihres neuen Werkes. Doch glauben wir eine ganze Reihe von Stellen, die uns in einer Zeit wie der heutigen, in der man von jedem Schriftsteller gewisse Stellungnahmen zu weltanschaulichen Problemen als abwegig betrachtet, als für den Vertrieb des Werkes schädlich ansehen zu müssen, (ebd.)
Nun wurde aufgezählt, was nicht sein durfte: Wenn z.B. gesagt wird, »dass aus der Vermischung der Rassen nicht nur die intelligentesten sondern auch die apartesten Menschenkinder hervorzugehen pflegen«, so ist das zweifellos eine Stellungnahme zu einem Thema über das im heutigen Deutschland nicht mehr diskutiert werden kann. Femer scheinen uns viele Aussprüche des Professors Adamas über den Wert und die Bedeutung des Menschen in Widerspruch zur Auffassung, die heute von kultureller staatspolitisch führender Seite gefordert wird, zu stehen. Auch die Meinungen des Paters Benedikt scheinen uns, selbst wenn sie im Wechselgespräch mit dem Maler Ruhland besonders zugespitzt sein müssen, doch manchmal sehr eindeutig (z.B. Muttergottes Bild Seite 312 usw.). Wir wollen Ihnen, hochverehrter Herr Freumbichler, gewiss nicht mit Vorschriften und Hinweisen, die Ihre künstlerische Gesamtkonzeption stören, kommen, aber wir halten es für notwendig, Sie im eigenen Interesse auf diese Punkte aufmerksam zu machen, ehe das Buch dadurch Schaden leiden könnte und Autor und Verleger verärgert würden. Schliesslich kommt aber auch noch dazu, dass ein Buch dieses Inhaltes sich ganz gewiss nicht leicht verkaufen wird. Dazu ist die Fabel zu kompliziert und werden zu sehr reife Menschen für die Lektüre vorausgesetzt. Sie haben uns aber für die Herausgabe dieses Buches mit Schreiben vom 9. Mai l . J . doch recht hohe Bedingungen gestellt, die mit der Verkaufsmöglichkeit des Buches leider nicht in Einklang zu bringen sind. Über diesen Punkt müssten wir uns j a auch einmal, ganz abgesehen von obigen Einwänden, zunächst einigen, (ebd.)
Der Verlag - er sollte schließlich recht behalten - schätzte »trotz des ungewöhnlichen literarischen Wertes« die Erfolgschancen als »nicht sehr gross« ein, und machte den Autor darauf aufmerksam, daß ein solches Buch durch »eine ungewöhnlich hohe Vorauszahlung in Verkaufspreis, Propaganda und Herstellung vorausbelastet« sei (ebd.) Freumbichler teilte die Ansicht von den »abwegigen« Stellungnahmen nicht, gab aber klein bei, da er die Unmöglichkeit einsah, »jene Herren« im Verlag zu seinen Anschauungen zu bekehren: Was nun die Stellen anbelangt, die Sie für den Vertrieb des Werkes als schädlich erachten, so bin ich bereit, sie zu ändern, und wenn es nötig sein sollte, zu tilgen, [...]. Es würde mich zu grösstem Dank verpflichten, wenn man von Ihrer Seite aus alle jene Stellen, die bedenklich erscheinen, am Rande des Ms. durch ein paar Worte kennzeichnete. 64
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Hermann R . Leber/Paul Zsolnay Verlag an Freumbichler, 2 5 . 6 . 1 9 3 8 , ebd.
64
Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 2 6 . 6 . 1 9 3 8 , ebd.
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Der Verlag entsprach dem Wunsch, bezeichnete sämtliche Stellen, die die Lektoren »für bedenklich« hielten und machte den Autor zudem darauf aufmerksam, daß das Manuskript »doch wesentlich schwieriger abzusetzen« sein werde als Philomena.65 Aus der erbetenen Vorauszahlung von RM 2 000 wurde ebenfalls nichts. Freumbichler erhielt einen Betrag von RM 800 [heute ca. S 40 000] und erklärte sich mit allen Konditionen einverstanden. 66 Im September erging das Manuskript an den Verlag, 67 aber zuvor wurde noch über den endgültigen Titel gestritten. Leber versuchte den Autor zu überzeugen: glauben Sie nicht, dass dem Buch dadurch geholfen werden könnte, wenn wir unter den etwas seltsamen Titel, der auch durch eine Einbandzeichnung wohl nicht völlig begreiflich gemacht werden kann, einen Untertitel dazu geben? Es wird Ihnen sicherlich auch nicht schwer fallen, einen solchen zu finden.68
Der vierfarbige Schutzumschlag von Gustaf Axel Bergmann war zwar auffallend, 69 aber wie dem Inhalt des Werkes selber mangelte es ihm Glaubwürdigkeit: eine brasilianische Landschaft sah sicher anders aus. Man hatte sich auf den Titel Atahuala oder die Suche nach einem Verschollenen mit der Bezeichnung »Roman« geeinigt. Eine Filmgesellschaft interessierte sich zwar für den Stoff, wollte aber den Schauplatz von Südamerika nach Afrika verlegen. Ein Filmvertrag kam nicht zustande, genausowenig einer über neue Werke, die Freumbichler dem Verlag am laufenden Band anbot und bei der Nennung eines neuen Romanprojekts gleich um einen Vorschuß bat. Die vielen vorliegenden Briefe des Autors an den Verlag bis 1943 vermitteln das Bild eines in großer Armut Lebenden, der den verzweifelten Versuch macht, als »freier Schriftsteller« zu bestehen. Zumal er auf Gedeih und Verderb auf seinen Verlag angewiesen war, war jedes Wort, das entfernt nach »Abweisung« klang, vernichtend. Freumbichler schlug Projekte über Projekte vor. Auf Atahuala folgten »sechs grosse Erzählungen« mit dem Gesamttitel »Der Wunderbrannen von St. Kolomann« (November 1938) und einem Umfang von ca. 450 Seiten. Freumbichler: »Es würde mich nun in meinen weiteren Plänen sehr fördern, wenn Sie die Güte hätten, mir auf dieses neue Ms. einen Vorschuss von RM 200 zu ge-
65 66 67 68 69
Hermann R. Leber an Freumbichler, 2.7.1938, ebd. Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 5.7.1938, ebd. Karte Freumbichler an den Verlag, 13.9.1938, ebd. Leber an Freumbichler, 22.7.1938, ebd. Abbildung in der Börsenblatt-Anzeige, Nr. 248, 24.10.1938, S. 5022. Der Werbetext: »Der abenteuerliche Zug einer Expedition ins Innere der brasilianischen Urwälder mit all den Gefahren, die einem solchen Unternehmen begegnen. Die Geschichte des Sohnes eines Wiener Malers, der auszieht, um seinen verschollenen Vater zu suchen. Eine Fülle prachtvoller Figuren innerhalb des Expeditionskorps und unter einem bisher unentdeckten Volk der weißen Indianer, aber auch das ergreifende Erlebnis einer tiefen Liebe lassen diesen Roman zu einem Werk dichterischer Fabulierkunst und Schöpferkraft werden.«
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währen und ehestens zu übersenden.«70 Auf dieses Manuskript kam er noch ein paar Monate später zu sprechen: Meine Arbeiten werden dadurch sehr gefördert, wenn ich nicht einer unmittelbaren Not preisgegeben bin. Ausser dem Ihnen bereits angekündigten Buch »Wunderbrunnen«, das sich in drei bis vier Monaten vollendet, arbeite ich zurzeit an der Sonderung des Stoffes (der in grösster Fülle vorhanden ist) für zwei neue Romane, die zu bewältigen und dann in Ihrer Betreuung zu wissen, mein grösster Stolz sein werden. 71
Anfang März 1939 legte er dem Verlag den ersten Entwurf vom »Wunderbrunnen«, Mitte Mai das druckfertige Manuskript vor. Möglicherweise durch die Erfahrung, daß andere Schriftstellerkollegen z.T. aus anderen Motiven auf das Medium »Film« umgesattelt hatten, begann auch Freumbichler seine Texte im Licht einer filmischen Umsetzung zu sehen: »Die beiden Stücke 'Die Heiligen von Waldprechting' und 'Christophl, der Millionär' scheinen mir filmische Qualitäten in sich zu tragen.«72 Freumbichlers Briefe an den Verlag geben wiederholt Einblick in die besondere Beziehung zwischen einem Autor und seinem Verleger. Typisch sind folgende Sätze des Autors: Ich bitte Sie, mir diese Bedingungen unbedingt zu gewähren, wenn Sie Wert auf mein Schaffen legen. Meine Arbeitslust und Arbeitskraft sind nicht gering, aber es müssen ihnen die physischen und psychischen Unterlagen gegeben werden, deren sie bedürfen. Diese Unterlagen fehlen. Ich habe noch nicht den Lebensstandard eines Flickschusters erreicht. Das vorliegende Ms., beispielsweise, kostete mich bloss an Reinschriften RM 200. Ich lasse jeder Arbeit 5-6 Reinschriften zuteil werden. Ihre Antwort bestimmt Tempo und Grad meiner Arbeitsstimmung für viele Monate! (ebd.)
Als Ende Juni 1939 Erich Landgrebe als Geschäftsführer des Zsolnay Verlags zum »Wunderbrunnen« schließlich Stellung nahm, fiel die Entscheidung für Freumbichler negativ aus. 73 Die Erzählungen seien an vielen Stellen »zu breit« und »auch oftmals zu abschweifend« (ebd.). Freumbichler faßte diese Entscheidung als Meinungsumschwung auf, »oder besser ausgedrückt, das innere Wesen des Verlages hat sich geändert, mit den neuen Männern«.74 Es erübrige sich noch zu wissen, »ob der Verlag weiterhin noch Interesse für mich hat«, resümiert der Autor. Auf die Frage, ob der Verlag seinen neuen Roman »Christian Notwinkel, sein Leben, von ihm selbst erzählt« haben wollte, antwortete Hermann R. Leber, daß der Verlag »selbstverständlich« an Freumbichlers Schaffen interessiert sei und bat um weitere Auskünfte über »Christian Notwinkel«.75 Freumbichlers unmittelbare Reaktion: 70 71 72 73 74 75
Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 10.11.1938, Ordner Freumbichler. Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 4.1.1939, ebd. Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 15.5.1939, ebd. Landgrebe (Paul Zsolnay Verlag) an Freumbichler, 30.6.1939, ebd. Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 5.7.1939, ebd. Hermann R. Leber (Paul Zsolnay Verlag) an Freumbichler, 1.8.1939, ebd.
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Nach einem fast zweimonatlichen Stillstand jeglicher dichterischer Arbeit, durch Ihre Abweisung verursacht, habe ich mich wieder gefunden und bin mit Feuer und Flamme bei eben diesem Notwinkel, der mir das liebste Kind aus allen meinen Büchern werden soll und muss! Es ist mehr als fünfzehn Jahre her, dass ich die ersten Notizen dazu in Wien-Ottakring niedergeschrieben habe. Aber wenn ich jetzt das Geschriebene lese, wirkt es so frisch und neu, wie am ersten Tag. Die Form ist der Ich-Roman. Die Fabel diese: Ein bäuerlicher Holzschnitzer, von Neugier, Wissensdurst und Abenteuerlust getrieben, verlässt, schon lang von allerlei Schein und Glanz geködert, seinen väterlichen Hof, Notwinkel geheissen, und geht in die Klein-, Mittel- und Grossstadt. Seine einfältige Sinnesart, sein ungeschwächtes Naturauge und nicht zuletzt seine durch nichts zu trübende Urteilskraft, ein Erbteil aus dem Blut seiner tausendjährigen Vorfahren, lassen ihn nun, halb ein Weiser, halb ein Tölpel, die Dinge der Welt anders sehen und erleben, als der Mensch des nüchternen Alltags sie zu sehen und zu erleben pflegt. [...] Aber die Begeisterung, ist sie noch so gross, kann nicht Brot und Milch schaffen! 76
Landgrebe, der als Autor auch einige Ablehnungen wegzustecken hatte, meinte darauf: Wir bestätigen den Erhalt Ihres Schreibens vom 14.d. und bitten Sie, die Ablehnung Ihres früheren Buches nicht so schrecklich tragisch zu nehmen. Das ist doch etwas, was zwischen Autor und Verleger immer wieder vorkommt und ist jedenfalls kein Grund zu schweren Depressionen. 77
Im September 1939 kündigte Freumbichler obendrein noch ein nächstes Buch an78 - der Titel: »I'am (sie) alone« bzw. »Die letzte Fahrt der Farn alone«, sandte das Manuskript allerdings erst im August 1940 ein. Die Fertigstellung teilte er dem Verlag schon im Mai mit. 1943 probierte er mit diesem Manuskript beim PiperVerlag sein Glück. Kaum war das Manuskript »Fam alone« abgehakt, stand Freumbichler bereits mit dem nächsten Werk da, diesmal mit einem Lyrikband u.d.T. »Gedichte in Salzburger Mundart«.79 Aber selbst das war nicht alles. »Zurzeit« arbeitete er »an einem Roman, aus der bäuerlichen Welt, weiter an einem Band Dorfgeschichten und einem Filmstoff, ebenfalls aus ländlichem Milieu« (ebd.). Den Lyrikband lehnte der Verlag umgehend ab, da er »in unserem Verlag nicht recht am Platz« sei. 80 Mitte Oktober 1940 lehnte der Zsolnay Verlag »angesichts der vielen psychologischen Schwächen, die das Buch aufweist« die Herausgabe von »Die letzte Fahrt der Fam alone« ab. 81 Der Autor reagierte knapp: »Ihre Abweisung hat mich sehr niedergeschlagen und Ihre Argumente haben mich in keiner Weise überzeugt. Ich glaube mich durchaus nicht zu überheben, wenn ich
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Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 14.8.1939, ebd. Landgrebe an Freumbichler, 22.8.1939, ebd. Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 21.9.1939, ebd. Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 31.5.1940, ebd. Landgrebe an Freumbichler, 7.6.1940, ebd. Hermann R. Leber an Freumbichler, 12.10.1940, ebd.
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sage, dass ich das Schicksal Kleists, Hölderlins und anderer Deutscher erleide.«82 Er ließ einige Monate verstreichen, entschloß sich, die Bindung mit dem Paul Zsolnay Verlag zu kündigen, 83 überlegte es sich aber doch noch und bot dem Verlag im Sommer 1941 ein neues Werk an: Ich habe ein Filmmanuskript verfasst, die Ausführung einer Idee, die ich seit gut dreissig Jahren mit mir herumgetragen habe. Ich habe ihm den Titel gegeben: Schulmeister Quirin und Napoleon. Die Handlung spielt um 1800, bei dem Einmarsch der Franzosen unter General Moreau in Salzburg. Wie Sie mir seinerzeit mitteilten, haben Sie eine Filmabteilung Ihrem Verlage angeschlossen. Ich möchte Ihnen, nach Fertigstellung, die Arbeit vorlegen. 84
Obwohl die letzte Buchpublikation Freumbichlers fast drei Jahre zurücklag, war es in einem scheinbar so perfektionierten System trotzdem so, daß die linke Hand nicht immer wußte, was die rechte tat (und umgekehrt). So Ende August 1941, als die Abteilung III (Buchhandel) der RSK in Leipzig den Verlag (und seinen Autor) eines Verstoßes gegen Kammerordnungen bezichtigte. Der Verlag habe seine Nachprüfungspflicht verletzt, indem er einen Verlagsvertrag mit Freumbichler abschloß, ohne sich zu vergewissern, ob dieser RSK-Mitglied sei oder einen Befreiungsschein (gemäß Bekanntmachung Nr. 88 vom 1.4.1937) besitze, und wurde eine Frist gesetzt, »zu einer Rechtfertigung Ihres Verhaltens«.85 Von alledem wußte der Verlag nichts und bat den Autor dringend um Aufklärung. Wie sich herausstellte, war Freumbichler sehr wohl im Besitz von Befreiungsscheinen für die Werke »Geschichten« und »Atahuala«. Datiert waren sie mit 6. August 1941, und ausgestellt wurden sie von der RSK in Berlin! Nach so vielen Abweisungen war Freumbichler mit seinem Verlag, nicht überglücklich. Er trug seine Anliegen nun dem neuen Besitzer, Karl H. Bischoff, vor und ersuchte diesen vor allem um eine Neuauflage von »Philomena« und »Atahuala«. Die Papierkontingentierung machte die Situation, so Bischoff in einem persönlich-kollegial gehaltenen Brief an Freumbichler, praktisch aussichtslos. Und 82 83 84
85
Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 15.10.1940, ebd. Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 5.1.1940 (recte: 1941), ebd. Freumbichler an den Paul Zsolnay Verlag, 6.7.1941, ebd. »Seinerzeit« dürfte Ende Mai 1938 gewesen sein, als Hermann R. Leber im Namen des Verlags die Autoren über die Absicht, »unsere Filmabteilung auszubauen«, informierte: der Autor möge bei Abfassung seiner künftigen Manuskripte möglichst darauf achten, ob er für das Werk eine Filmmöglichkeit sehe. »Wenn dies der Fall ist, würden wir Sie bitten, uns bei Vorlage Ihres Manuskriptes gleichzeitig ein kurzes, ungefähr vier bis sechs Seiten umfassendes Expose zu übergeben, das wir dann bei Verhandlungen mit den Filmgesellschaften benutzen können.« Schreiben an Franz Spunda, 31.5.1938, Ordner Spunda. Zu den verfilmten Verlagswerken zählten »Fräulein Else« nach dem gleichnamigen Bühnenwerk von Arthur Schnitzler, »Ariane« nach dem gleichnamigen Roman von Claude Anet, »Die Frau am Scheidewege« nach dem Roman Ich komme nicht zum Abendessen von Alice Lyttkens, »Schüchterner Casanova« nach dem Roman Aber Innozenz! von Karl Hans Strobl und »Der grüne Domino« nach dem Roman Fall Ciaassen von Erich Ebermayer. RSK, Abteilung III (Berlin) an den Verlag, 29.8.1941, ebd.
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w i e in anderen Fällen, in denen die Autoren über den »alten« Zsolnay V e r l a g verbal herfielen, hielt B i s c h o f f d i e s e m die Stange: »Insgesamt freilich w e r d e n S i e , w e n n Sie Ihre Beziehungen z u m alten Zsolnay-Verlag überblicken, d o c h feststellen können, dass der Verlag sehr e n t g e g e n g e k o m m e n ist.« 8 6 Dankbarkeit scheint nicht nur keine politische, sondern auch keine verlegerische Kategorie ( g e w e s e n )
zu
sein, denn Freumbichlers Klage darüber, daß der »alte« Zsolnay Verlag »einen minimalen Absatz meiner Bücher erzielte und [ . . . ] mir j e d e persönliche Förderung und Beratung fehlte«, 8 7 m a g subjektiv stimmen, objektiv gilt sie nicht für die Zeit, als Paul Zsolnay und F e l i x Costa die Geschäfte führten. Korrekturen für eine Neuauflage der Philomena
Ellenhub
waren leicht vorzu-
nehmen, bei »Atahuala« war es allerdings anders. B i s c h o f f dazu: Eine Schwierigkeit unter Ihren Büchern macht freilich die Atahuala. Ich glaube, dass das Buch solche sachliche Fehler enthält, dass eine gründlichste Umarbeit notwendig sein dürfte, wenn es neu aufgelegt werden soll. Ich selbst habe mich früher mit mittel- und südamerikanischen Dingen beschäftigt und auch selbst ein Buch geschrieben, das in Südamerika spielt und habe den Eindruck, dass Ihnen der Stoff künstlerisch doch nicht so gelegen hat, wie eben ein anderer Stoff. Das kommt bei uns Künstlern immer einmal vor. Jedenfalls müssen wir uns über die Atahuala noch einmal unterhalten. 88 Freumbichler verstand nicht ganz die Zielrichtung der Kritik Bischoffs: »Atahuala« enthält Fehler, die eine Bearbeitung nötig machen. Ich wollte damit kein Buch für reife Menschen schreiben, sondern für die junge Menschheit zwischen 16 und 24, die mit wenigen Ausnahmen um diese Zeit in den Krallen des Vaterhasses liegt, der in den letzten 20 Jahren in Stadt und Land so entsetzliche Blüten getrieben hat, dass die daraus entstandenen Prozesse, den, der das Leben liebt, an ihm verzweifeln Hessen. Trotz seiner Schwächen ist es ein schönes und kühnes Buch, das noch seine Zukunft haben wird. 8 9 Darauf B i s c h o f f präzisierend: Bei den Bedenken gegen »Atahuala« handelt es sich übrigens nicht etwa um solche, die die Behandlung des Stoffes betreffen, also nicht etwa darum, dass ich mich daran stosse, dass das Buch für jüngere Menschen geschrieben ist, sondern um offensichtliche Fehler. Ich meine, gerade dann, wenn ein Buch für jüngere Menschen geschrieben wird, muss es in seinen sachlichen Angaben desto richtiger und sicherer sein. Der reife, erfahrene Mensch kann aus seiner Erfahrung und dem Schatze seines Wissens leicht selbständige Korrekturen anbringen, der junge Mensch aber will etwas erfahren, will diesen Wissensschatz erst erwerben und hat Anspruch auf absolute Richtigkeit. Nun haben Sie in »Atahuala« Verhältnisse eines Landes geschildert, die in diesem Lande, in Mexiko, gar nicht vorkommen. Sie haben der Tierwelt Mexikos neue Gattungen geschenkt. Diese Überarbeitungen meine ich. Hier muss alles sitzen und klappen. Ich bin davon 86 87 88 89
Karl H. Bischoff an Freumbichler, 2.6.1942, ebd. Freumbichler an Karl H. Bischoff, 25.6.1942, ebd. Karl H. Bischoff an Freumbichler, 2.6.1943, ebd. Freumbichler an Karl H. Bischoff, 17.6.1942, ebd.
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überzeugt, dass Sie Verständnis für meine Darlegungen haben, denn es handelt sich hierbei ja im Grunde nur um eine Sorge auch für den Autor. 90
Der Kontakt zwischen Autor und Verlag ruhte mehr als ein halbes Jahr, Freumbichler wartete ungeduldig auf eine Nachricht über eine Neuauflage von Philomena und schrieb Bischoff erneut in dieser Sache. Mit Bitterkeit fragte er sich - und Bischoff - wieso trotz der allgemein herrschenden Papierknappheit so viele seiner Meinung nach unnötige Bücher (»nichts als Schaumblasen«) erscheinen konnten und dennoch für seine Neuauflagen kein Papier da sei: »Warum sollte welches für den unbekannten, armen Dichter Freumbichler hier sein?-«91 In Anbetracht der Tatsache, daß seine drei Bücher »im deutschen Lesepublikum so gut wie nicht vorhanden sind«, nahm er anschließend an, Bischoff habe nichts dagegen, daß seine Bücher samt allen Rechten an ihn zurückfallen. Der Verleger in Wien antwortete postwendend und gab Einblick in die NS-Schrifttumspolitik: Ich danke Ihnen für Ihren Brief vom 22.d.M., auch wenn Sie mir und uns damit versteckt einige Vorwürfe machen. Ich habe aber soviel Verständnis für die Lage der Autoren, dass ich diese Ungeduld begreife. Es tut mir selbst sehr leid, dass wir in vielen Fällen für die Autoren nicht das tun können, was wir gerne tun würden. Dies trifft insbesondere auf Ihre »Philomena Ellenhub« zu. Wie Sie wissen, schätze ich das Buch und wir haben bisher in unsere Planungen regelmässig auch eine Neuauflage der »Ellenhub« aufgenommen und immer wieder um Papier für sie angesucht. Die letzte Entscheidung, auf die wir ja einen unmittelbaren Einfluss nicht ausüben können, lautet, dass der Antrag nochmals zurückgestellt werden muss. Daraufhin haben wir vor kurzem den Antrag erneuert, darüber haben wir noch nichts gehört. Sie sehen daraus, welches Interesse ich nach wie vor an diesem Buche habe und dass es nicht an uns liegt, wenn das Werk zur Zeit nicht vorliegt. Es teilt sein Schicksal mit einer Reihe anderer Werke, nicht etwa nur meines Verlages, sondern überhaupt im Raum des deutschen Schrifttums; darunter sind auch verschiedene Bücher von mir, die schon seit langer Zeit bei meinen Verlegern fehlen. Im allgemeinen ist es aus wesentlichen Gründen leichter, für eine Neuerscheinung Papier zu bekommen, als für Bücher, die schon vorliegen. Die Gründe, die zu dieser Stellungnahme des verantwortlichen Ministeriums führen, sind die, dass es verhindern will, dass durch einen doch mehr oder weniger äusserlichen Umstand, nämlich die Papierknappheit, der Fluss des Schrifttums als solcher allzusehr unterbrochen wird. 92
Freumbichler hatte inzwischen ja für zwei neue Bücher (Die Reise nach Waldprechting. Erzählung und Auszug und Heimkehr des Jodok Fink. Ein Buch vom Abenteuer des Lebens) einen Verleger gefunden, den Rainer Wunderlich Verlag in Tübingen. Ohne Ironie konstatierte Bischoff, daß die neuen Bücher viel leichter Papier bekämen, als er für die »Ellenhub«, mußte aber Freumbichler gegenüber konzedieren, »dass Papier für Bücher gegeben wird, die es nicht immer verdienen« (ebd.).
90 91 92
Karl H. Bischoff an Freumbichler, 1.7.1942, ebd. Freumbichler an Karl H. Bischoff, 22.2.1943, ebd. Karl H. Bischoff an Freumbichler, 25.2.1943, ebd.
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Zu einem sehr späten Zeitpunkt, im März 1944, entschloß sich der Karl H. Bischoff Verlag zu einer Freumbichler-Feldpostausgabe, und zwar einem Auszug aus den Geschichten aus dem Salzburgischen u.d.T. »Der gottesfürchtige Ochs. Erzählungen«. Die Auflage war mit 25 000 Exemplaren festgesetzt, doch ging das Werk erst Mitte Dezember 1944 in Eger in Druck. Nach der Werkkarte in der Herstellkartei wurde die Feldpostausgabe »In der Herstellung vernichtet«. Erst 1947 war Freumbichler wieder im Programm des Zsolnay Verlags vertreten: 1947 und 1951 erschienen Neuauflagen der Philomena Ellenhub. Der Autor starb am 11. Februar 1949.
25.4. Alma Holger sen Die mütterlicherseits aus einer Zillertaler Bauernfamilie stammende, 1896 in Innsbruck 93 geborene Erzählerin und Lyrikerin Alma Holgersen (geb. Ptaczek, verehelicht Frey) schrieb nach eigener Aussage schon im Alter von 11 Jahren ein Ritterdrama in Versen, mit 12 gar den ersten Roman - »ein Lied auf die Freundschaft«. 94 Dann wandte sie sich der Musik zu, studierte an der Akademie in Wien (wo sie Meisterschülerin des Pianisten Emil Sauer war) und gab Klavierunterricht. Nach vielen Versuchen mit Romanmanuskripten landete sie schließlich beim Staackmann Verlag in Leipzig, der ihr erstes Buch, eine »Erzählung« Der Aufstand der Kinder, 1936 ein zweites, den Roman Der Wundertäter herausbrachte. Für dieses Werk wurde ihr im Dezember 1936 der Julius Reich Preis für Dichtung zuerkannt. Schon 1935 nahm sie an einem von der Zeitschrift Die Pause und der Österreichischen Kunststelle gemeinsam veranstalteten literarischen Preisausschreiben teil und erhielt für ihr Volksstück Die verschlossenen Herzen, das an der Exl-Bühne uraufgeführt wurde, 1937 den Preis für Dramatik. Im selben Jahr - die Autorin hatte Staackmann inzwischen den Rücken gekehrt - wurde sie erneut im Rahmen eines Preisausschreibens ausgezeichnet, diesmal durch die von Mirko Jelusich in Wien herausgegebene Zeitschrift Das Werk. Monatshefte zur Pflege des deutschen Schrifttums. 93
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Um das Geburtsjahr herrscht einige, vor allem durch die Autorin selber gestiftete Verwirrung. In den 30er und 40er Jahren gab sie 1899 an, auf ihrem RSK-Mitgliedsausweis (erhalten im Nachlaß im Stadtarchiv Kitzbühel) machte sie sich noch jünger, indem sie das Datum gar auf »1906« händisch ausbesserte. In einem »biographischen« Brief an Karl H. Bischoff vom 20.5.1942 heißt es: »A.H. wurde in Innsbruck am 27.4.1899 geboren.« (Ordner Holgersen) Das Datum war nicht mehr zu korrigieren. Ihrem Biographen Franz Xaver Hollnsteiner teilte sie am 12.6.1959 mit: »Da jetzt in Deutschland und Österreich mein 60. Geburtstag gefeiert wurde, kann ich mich beim besten Willen nicht älter machen (und welche Frau täte das?)« (Nachlaß Hollnsteiner, ÖNB Österreichisches Literaturarchiv). Von drei weiteren Autorinnen des Zsolnay Verlags wurden - von diesen selber - falsche Geburtsjahre in Umlauf gesetzt: Grete von Urbanitzky, Mela Hartwig, Lili Grün. Schriftsteller über sich selbst. Alma Holgersen, in: Die Zeitschrift der Leihbücherei, 10.3.1940 (Ausschnitt im Nachlaß).
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Nach dem Erscheinen vom Wundertäter war bereits ein drittes Werk im Entstehen, und zwar Großstadtlegende. Das Manuskript lag schon im Frühjahr vor, bevor sie zu Zsolnay stieß, wurde aber erst 1946 in der Amandus-Edition in Wien veröffentlicht. Die Berührungen Holgersens mit dem österreichischen Ständestaat und mit einer betont nationalen Zeitschrift (Das Werk) sowie ihre Schauplätze (Hochgebirgswelt) und Themen (Leben der Bauern) machen es dennoch schwer, die Autorin zumindest in der ersten Phase ihrer Schriftstellerlaufbahn literarhistorisch genau zu fixieren. Der Vorwurf einer naiv-nationalen, naturbetonten Linie steht nämlich in Widerspruch zu den Ereignissen um die geplante Veröffentlichung ihrer Werke. 95 Ohne daß die Umstände aus dem Archiv- bzw. Nachlaßmaterial klar hervorgehen, war Holgersen in Deutschland offenbar schlecht angeschrieben. Ihr Fall bestätigt nämlich die These, daß der heimliche Zensor österreichischer Dichtung im Reich saß. Das Manuskript zur Großstadtlegende, die Holgersen beim Zinnen Verlag einreichte, wurde der Beratungsstelle der Fachschaft Verlag in der RSK zur Prüfung eingesandt, und diese befand, »dass einer Veröffentlichung nicht bedenkenlos zugestimmt werden« konnte. 96 Da das entsprechende Gutachten einiges über die Vorgaben der von den Nationalsozialisten propagierten Literatur aussagt, wollen wir hier näher darauf eingehen. Was nicht ganz dem verschriebenen Gegensatzpaar Stadt/zivilisatorische Lebensmächte versus ländliche Idylle/trächtiger Boden/Urwüchsigkeit usw. entsprach, wurde abgelehnt. Und wenn man mit den Gegenüberstellungen Stadt = krank, unnatürlich; Land = gesund, natürlich, operierte, dann mußte man die Aufgabe ordentlich machen oder bleiben lassen, lautete der Tenor der Expertise. Das Manuskript, das den sozialen Tiefstand einer Großstadt ( = Wien) schildert, habe »eine unbefriedigende Handlung«, heißt es eingangs. Die beiden Hauptfiguren Christine und Michael haben wohl die tiefe Sehnsucht, sich von der tötlichen Grosstadt freizumachen, sie haben aber nicht mehr die Kraft dazu. Die niederdrückende Tendenz hat auch auf den Leser eine niederdrückende Wirkung, (ebd.)
Wenn man unzumutbare soziale Zustände einer Großstadt schildere, müsse man obendrein noch für den »Durchschnittsleser« klar betonen, »dass die Handlung nicht im heutigen Deutschland spielt«. Da aber selbst im nationalsozialistischen Deutschland nicht alle Städter aufs Land fliehen konnten, mußte auch etwas Positives am Stadtleben bestehen bleiben. Der Rat: Auch bei der realistischen Schilderung des Moloch Grosstadt sollten die gesunden Anlagen des Menschen wenigstens im Ansatz erscheinen oder sich möglichst durchsetzen. Eine Überarbei95
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Von der viel später einsetzenden Verfolgung durch die Gestapo berichtet Holgersen in »Damals, ja damals« (Die Presse, Wien, 31.21.1964). Abschrift des Schreibens der Beratungsstelle an den Zinnen Verlag in Leipzig, 28.1.1937, Nachlaß Holgersen.
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tung in diesem Sinn sowie die Gegenüberstellung von »gesund und krank« und »natürlich und unnatürlich« würde eine unserer Zeit mehr entsprechende Grundhaltung sein. Es wäre wünschenswert, an einer Romanfigur zu zeigen, dass auch die verdorbene Grosstadt nur einen Teil der falsch geleiteten Entwicklung eines Volkes darstellt und dass aus dieser immer noch ein Weg nach oben führt. Wir sind sicher, dass eine Betonung des positiven Aufbaugedankens bei einer Schriftstellerin vom Range der Alma Holgersen nicht ohne Einfluss auf viele Lebenskreise sein wird. Nach der Überarbeitung bitten wir um erneute Vorlage des Manuskripts, (ebd.) Selbst nach der »Überarbeitung« war aus der Sicht der Beratungsstelle »eine V e r ö f fentlichung n o c h nicht angängig«, 9 7 das Werk war nicht nationalsozialistisch g e n u g : Leider ist die Verfasserin nicht an den Kem des Übels herangegangen; es ist nichts damit getan, trostlose und drückende Grosstadtverhältnisse zu zeigen. Ausgangspunkt und Ziel jedes künstlerischen Schaffens ist das Leben, es allein bildet das Mass aller Dinge. Und so muss auch das schriftstellerische Erzeugnis, mag es selbst ein kleines elendes Dasein zum Gegenstand haben, seinen Ausklang in der Bejahung eben dieses Lebens finden. So will es jedenfalls die nationalsozialistische Idee. Bereits in unserem Schreiben vom 28.1.37 haben wir mit besonderer Sorgfalt dargelegt, in welcher Richtung sich die Bearbeitung bewegen muss. G e g e n solche s c h w a m m i g e n Begriffe w i e »die nationalsozialistische Idee«
war
schwer etwas zu unternehmen, denn: Hätte sich die Verfasserin eingehender mit unserem ersten Brief befasst, würde sich unsere heutige Ablehnung erübrigen. Wenn wir auch die Fähigkeiten der Verfasserin in vollstem Masse anerkennen, so sind wir im guten Schrifttum nur an Werken interessiert, die unserer heutigen Aufbauarbeit nicht entgegenstehen, (ebd.) Mitte Februar 1938 bot Holgersen d e m Zsolnay Verlag das Manuskript stadtlegende
Groß-
an, Costa lehnte - zur Verärgerung der Autorin - mit d e m H i n w e i s ab,
daß der Verlag das Werk erst edieren wollte, w e n n H o l g e r s e n als Autorin bereits durchgesetzt und anerkannt sei. Bevor sie zur Zsolnay-Autorin wurde, gab es von Seiten Costas auch eine D i s kussion darüber, »ob g e g e n den Vertrieb der Bücher v o n A l m a H o l g e r s e n i m allg e m e i n e n und g e g e n den Vertrieb des Fortsetzungsbandes zu ihrem R o m a n w e r k 'Der Wundertäter' im besonderen und dessen Drucklegung innerhalb des d e u t s c h e n Reiches B e d e n k e n obwalten«. 9 8 Costa wandte sich an eine Stelle in Berlin, die für solche A n g e l e g e n h e i t e n gar nicht zuständig war. Unklar bleibt, warum d i e Frage überhaupt zu klären war, am Ende stand jedenfalls fest, daß g e g e n die P e r s o n H o l gersens b z w .
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ihre Schriften in Deutschland keinerlei Einwände bestanden.
Die
Abschrift des Schreibens der Beratungsstelle an den Zinnen Verlag, 4.3.1937, ebd. Costa an den Deutschen Verein zur Verwertung von Urheberrechten an Werken des Schrifttums in Berlin, 28.7.1937, Ordner Holgersen. 583
Autorin war erleichtert: »nun ist also doch alles mit Deutschland geregelt. Ich bin so froh, dass ich in Ihrem Verlag bin, Ihr Leserkreis ist doch ganz etwas anderes als der von Staackmann. Angenehm ist es auch, dass ich damals so gut mit Ihnen reden konnte. Haben Sie meine Großstadtlegende schon gelesen? Es würde mich interessieren.«99 Vereinbart wurden zunächst zwei Werke. 1937 kam 2000 Meter über der Hölle. Ein Ski-Tagebuch heraus, gefolgt Anfang April 1938 vom Roman Du hast deinen Knecht nicht aus den Augen verloren. Über diesen unhandlichen Titel war der Verlag nicht sonderlich glücklich, gab seinen Widerstand aber auf.100 Die Beziehung zwischen Holgersen und dem Verlag scheint weder vor noch nach der NS-Machtübernahme besonders harmonisch gewesen zu sein. Schon im Frühjahr 1938 trat der Pustet Verlag an Holgersen heran, um sie und sogar ihre Bücher aus dem Staackmann Verlag zu übernehmen. Aus Dankbarkeit zum Zsolnay Verlag wünschte sie allerdings - zumindest vorläufig - keinen Verlagswechsel. Als drittes Werk war der neue historische Roman Kinderkreuzzug vorgesehen, erscheinen konnte er erst 1940. Im Gespräch war auch ein kleiner Roman mit dem Titel »Wir wollen nicht auswandern«, dessen Manuskript schon Mitte Februar 1938 vorlag, doch unter diesem Titel wurde das Werk nicht publiziert. Die Mitteilungen bzw. die Gerüchte, daß die Autorin im Reich nicht erwünscht sei bzw. daß nach dem Anschluß das Holgersen-Werk Du hast deinen Knecht nicht aus den Augen verloren verboten wurde, wollten nicht verstummen. Hermann R. Leber wandte sich daher im Juni 1938 an die Fachschaft »Zwischenhandel« in Leipzig mit der Bitte um Aufklärung: Es wird uns von verschiedenen Seiten mitgeteilt, dass von Seiten der Fachschaft ein Verbot gegen das kürzlich in unserem Verlag erschienene Werk »Du hast deinen Knecht nicht aus den Augen verloren« von Alma Holgersen ausgesprochen worden sei. Wir können uns nicht vorstellen, aus welchem Grunde diese mit den heutigen Anforderungen an einen guten deutschen Roman übereinstimmende Arbeit verboten worden und unerwünscht sein soll. Da wir als Treuhänder der Autorin verpflichtet sind, diesem Falle nachzugehen und gegen die Autorin ja nicht das Geringste vorliegt, sondern sie in einem Wettbewerb einer Ns Zeitschrift [Das Werk] sogar als Preisträgerin hervorging. Bitte wollen Sie uns freundlichst mitteilen, aus welchem Grunde dieses Werk auf Schwierigkeiten stösst. 101
Es fragt sich, ob dies der richtige Adressat war, die Antwort fiel - jedenfalls für die Autorin - positiv aus:
99
Holgersen an Paul Zsolnay, 20.9.1937, ebd. Der Text der Börsenblatt-Anzeige lautete: »Das neue Buch Alma Holgersens spielt wieder in der Hochgebirgswelt und gestaltet ein Bauernleben, das Leben des Bauern Franziskus, der vom Schicksal schwer geprüft wird, und dessen spätaufflammende Leidenschaft tragisch endet. Wie hier ein Mensch aus allen Wirrnissen den Weg zu sich geht, wie er zu einsamer Größe emporwächst, das ist mit visionärer Kraft, in einer knappen und zugleich bannend eindringlichen Sprache erzählt.« (Nr. 78, 2.4.1938, S. 1905) 101 Leber an die Fachschaft Zwischenhandel, 23.6.1938, Ordner Holgersen.
100
584
Auf Ihr oben erwähntes Schreiben [...] kann ich Ihnen bestätigen, dass seitens der Fachschaft irgend ein Verbot oder eine Warnung vor dem genannten Werk nicht ausgesprochen worden ist. Ich werde mich aber noch mit der Fachgruppe Grossbuchhandel und Grossantiquariat in Verbindung setzen, ob dort etwa das Buch als nicht geeignet für Leihbüchereien bezeichnet worden ist. 1 » 2
In den nächsten Jahren ging die Verbindung zwischen Holgersen und dem Zsolnay Verlag auseinander, und die Autorin wechselte zu einem schon früh nationalsozialistisch angehauchten Verlag, dem Frundsberg-Verlag, wo sie 1942 Die goldenen Wiesen und 1943 den Roman Die Reise der Urgroßmutter publizierte. Nach der Übernahme des Zsolnay Verlags durch Karl H. Bischoff ließ dieser seinen Cheflektor, den Tiroler aus Konstantinopel, Erwin H. Rainalter, einen Versuch unternehmen, die Autorin wieder zurückzugewinnen: »Ich kann mir auch denken, dass vielleicht in früherer Zeit irgendetwas vorfiel, was Sie verärgerte und den bedauerlichen Schluss in Ihnen reifte, dem Zsolnay-Verlag den Rücken zu kehren. Nun aber möchte ich Ihnen sagen, dass es diesen Zsolnay-Verlag ja gar nicht mehr gibt. [...] Es herrscht nun im Verlag ein frischer Zug;«103 Sein Abschluß: »Ich bin und bleibe in meinen Händküssen (sie) und Heil Hitler! Stets Ihr«. Mit Ausnahme von Fahrt in den Schnee. Ein Jungmädchenbuch (1943 bei Schöningh in Paderborn) veröffentlichte Holgersen keine neuen Werke mehr vor Kriegsende. Veranstaltet wurden allerdings Wehrmachtausgaben von zwei ZsolnayTiteln: Du hast deinen Knecht nicht aus den Augen verloren (1943) und Zweitausend Meter über der Hölle. Ein Skitagebuch (1944). Nach dem Krieg legte der neugegründete Zsolnay Verlag den Kinderkreuzzug (1948) wieder auf und verlegte einzelne neue Werke Holgersens, ohne zu ihrem »Stammverlag« zu werden.
25.5. Roda Roda Mit der Herausgabe der »Ausgewählten Werke« von Alexander Roda Roda ab 1932 ging Paul Zsolnay gewiß kein verlegerisches Risiko ein. Roda Roda war ja ein gutbezahlter und gut eingeführter Autor, dem eine neuerliche Verwertung bereits publizierter Texte keine sonderliche Mühe abverlangte. Bei den drei »Sonderausgaben«, die der Zsolnay Verlag zwischen November 1932 und Juni 1934 auf den Markt brachte, mußte sich der Autor mit dem für RM 2,85-Bände üblichen Honorar von 10 Pfg. pro Band ( = 3Vi%) zufrieden geben, also erheblich weniger als die 25% des Ladenpreises, die ihm seinerzeit der Schuster & Löffler Verlag für seine zwölf ersten Bücher bezahlt hatte. Diese Tatsache hielt der Autor dem Verlag allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt vor. Wahrscheinlich kam der Kontakt zwischen dem Zsolnay Verlag und Roda Roda über den gemeinsamen Freund bzw. Bekannten Franz Horch zustande. Am 5. Ok-
102 103
Der Leiter der Fachschaft Zwischenhandel an den Paul Zsolnay Verlag, 27.6.1938, ebd. Rainalter an Holgersen, 30.7.1942, ebd.
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tober 1932, wurde, da der Autor in Berlin lebte, ein Vertrag zwischen der Paul Zsolnay Verlag Ges.m.b.H. Berlin und Roda Roda fixiert. Geplant waren zunächst zwei Bände, die die Bezeichnung »Ausgewählte Werke« als Untertitel zu tragen hatten. Die Auflagenhöhe blieb dem Verlag überlassen, die Überdruckauflage betrug 5% statt der üblichen 10%, der Autor erhielt 50 Freiexemplare von jedem Band (statt 20 oder 30), und auf Wunsch Roda Rodas wurde in Antiqua gedruckt. Den Beginn machte am 17. November 1932 mit einer Erstauflage von 10 000 Exemplaren Roda Roda und die vierzig Schurken, die so erfolgreich war, daß der Verlag das Erscheinen von Band 2 zunächst zurückstellen wollte, um den blendenden Absatz nicht zu beeinträchtigen.104 Die Auswahl der Texte war, wie Roda Roda dem Verlag mitteilte, von drei jungen begabten Autoren seines Freundeskreises getroffen worden. Eben dieser »Freundeskreis« nahm Stunden nach dem Vertragsabschluß riesige Dimensionen an. Bekamen die meisten Verlagsautoren 20 oder 30 Freiexemplare erbat Roda Roda statt 50 nun 100 Freiexemplare, die ihm auch zugestanden wurden. Auch diese Zahl sollte sich noch im Rahmen von Roda Rodas höchsteigener p.r.-Arbeit erhöhen. In zwei Monaten war die erste Auflage von Roda Roda und die vierzig Schurken vergriffen, Mitte Februar 1933 wurden 4 000 Exemplare nachgedruckt (im September weitere 2 000 und im Oktober 1934 zusätzliche 2 000). Roda Roda unterschied sich von seinen Schriftstellerkollegen insofern nicht, als er für sein Werk so viel Werbeaktivität wie nur möglich wollte (und ein Verlag tat aus der Sicht der Autoren prinzipiell nie genug). Wie Max Brod und Friedrich Torberg war er sehr darauf bedacht, konkrete Persönlichkeiten, sprich befreundete Rezensenten, für die p.r.-Arbeit einzuspannen. Das war mit ein Grund dafür, daß er sein Kontingent an Freiexemplaren von Band 1 verdoppeln wollte, ja anläßlich des Erscheinens von Band 2 der »Ausgewählten Werke«, Krokodilstränen, am 15. Juni 1933 (Auflage 10 000), schickte Roda Roda dem Zsolnay Verlag eine »Kritikerliste« mit nicht weniger als 180 Personen, denen allen ein Exemplar zuzusenden war. Die Vermarktung von Band 1 sollte mit Hilfe seines Freundes Heinrich Mann durchgeführt werden. Im besten Telegrammstil teilte Roda Roda der Direktion des Verlags in Wien mit: Heinrich Mann ist Autor des Verlags Zsolnay. Ich stehe mit Herrn Heinrich Mann auf gutem Fuss. Herr Mann Hesse sich sicherlich bewegen, ein Feuilleton für das Berliner Tageblatt zu schreiben über den ersten Band meiner »Ausgewählten Werke«. Es dürfte das nicht zu früh geschehen - um die übrigen Kritiker nicht auszuschalten. Selbstverständlich müssen wir Herrn Heinrich Mann jegliche Freiheit lassen: ob er zustimmend oder ablehnend über das Buch schreiben will. Immerhin wäre eine Beschäftigung Heinrich Manns mit dem Buch für das Buch von allergrösstem Nutzen.
104
Am 12. November 1932 erschien auf der ersten Umschlagseite des Börsenblatts eine ganzseitige Annonce für diese Verlagsneuerscheinung.
586
Über die Art nun, wie Herr Mann zu dem Artikel zu bewegen wäre: gerade darüber möchte ich mich mit Herrn Direktor Costa gern mündlich auseinandersetzen. 105
Roda Roda war ein alter Profi, der die Mechanismen des Literaturmarkts bestens kannte. Vor Erscheinen geschah in Sachen Heinrich Mann aber gar nichts, sodaß Roda Roda dem Verlag empfahl, »Heinrich Mann schriftlich um solch ein Referat« zu ersuchen. 106 Weil die Honorarsätze des Berliner Tageblatts »so klein« seien, würde Mann »sich nur auf begründetes Zureden [...] zu einer so zeitraubenden Arbeit entschliessen wollen« (ebd.), meinte der Autor. »Dann müsste wohl betont werden, dass weder Sie noch ich eine Belobung des Buches erwarten; sondern nur ein aus der Überzeugung Heinrich Manns erfliessendes Urteil. Eine ausführliche Besprechung durch Heinrich Mann würde sofort die Aufmerksamkeit der gesamten Kritik auf das Buch richten und verhindern, dass es etwa in kurzen Notizen abgetan werde. Nichtbeachtung des Buchs wäre mir besonders schmerzlich: wo doch 40jährige Arbeit darin steckt. Natürlich käme ein literarischer Erfolg dem buchhändlerischen Erfolg sehr zu Hilfe.« (ebd.) Anfang Dezember raffte sich Costa zu einem entsprechenden Bittbrief auf: Roda Roda hat uns dringend gebeten, an Sie mit der Bitte heranzutreten, ob eine Möglichkeit besteht, dass Sie sein bei uns erschienenes Buch »Roda Roda und die vierzig Schurken«, das Ihnen mit gleicher Post zugeht, im Berliner Tageblatt würdigen könnten. Sie wissen, hochverehrter Herr Mann, dass wir Sie nie mit solchen Bitten belästigen, aber wir wollen es in diesem Fall doch tun, um Roda Roda und uns nicht eine mögliche Chance zu verderben. 107
Darüber, ob Mann in eine Rezension im Berliner Tageblatt einwilligte, sagt das Material im Verlagsarchiv nichts aus. Der Antwortbrief ist verschollen. Die Verlagswerbung war nicht der einzige Gegenstand der Diskussion in der verhältnismäßig dichten Korrespondenz zwischen Roda Roda und dem Zsolnay Verlag, auch andere Einflüsse auf die Rezeption und Produktion stehen im Mittelpunkt, Determinanten, die für unser Wissen um den Literaturbetrieb zu Beginn der NS-Zeit wie für die Biographie des Autors von Belang sind. Denn der Autor reagierte äußerst sensibel auf die Zeichen der neuen Zeit und verhielt sich dementsprechend, indem er Berlin am 20. März 1933 endgültig den Rücken kehrte. Die Ankündigung des Verlags Mitte Jänner, »nach reiflicher Überlegung« und im Einvernehmen mit dem Autor, Band 2 der »Ausgewählten Werke« erst im Herbst 1933 erscheinen zu lassen, löste nach anfänglicher Zustimmung beim Autor eine gewisse Panik aus. Nicht nur der schrittweise Aufbau eines neuen Autors, sondern auch der erfahrungsgemäß günstige Erscheinungstermin gehörten zur Marketingstrategie des Verlags. Im gegenständlichen Fall hatte der Verlag innerhalb von knapp zwei Monaten 8 000 Bände, also 80% der Erstauflage von Band 1 abgesetzt, meinte aber, 105 106 107
Roda Roda an die Direktion, 24.10.1932, Ordner Roda Roda. Roda Roda an die Direktion, 21.11.1932, ebd. Costa an Heinrich Mann, 3.12.1932, ebd.
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daß dieser Erfolg »noch durchaus nicht ausgenützt« und das Buch »noch in vollem Schwung« sei.108 »Wir fürchten nun, dass das allzurasche Erscheinen des zweiten Bandes den Erfolg unterbinden könnte und wollen diese Verantwortung nicht auf uns nehmen. Wir bitten Sie, sehr verehrter Herr Roda Roda, uns Ihre Zustimmung zu unserem Vorschlag, der ganz im Interesse Ihres Werkes gelegen ist, bekanntzugeben [...]« (ebd.). Roda Roda entsprach dem Wunsch.109 Wochen später sah die (politische) Lage in Deutschland jedoch ganz anders aus, was der Autor vor Ort verläßlich bezeugen konnte. Nun war Costa dafür, den Band Krokodilstränen im Mai erscheinen zu lassen - ein Gedanke, mit dem sich Roda Roda ganz und gar nicht anfreunden konnte: Zürnen Sie mir nicht und überschätzen Sie nicht die Heftigkeit der Abwehr, wenn ich mit Händen und Füssen gegen diesen Termin sträube. Die Zeit ist politisch auf das höchste erregt. Kein Mensch kümmert sich jetzt um Bücher. Nirgends wird man das Buch besprechen. Mein voriges Buch liegt immer noch in den Schaufenstern. Ich bin im Augenblick - als Autor - unten durch statt obenauf: Sie wissen, man hat mich in Ostpreussen am Reden verhindert. Glauben Sie mir: Ich wahre Ihre Interessen, indem ich Sie bitte, den Erscheinungstermin des Buchs auf den Frühherbst zu verschieben. 110
Ausgerechnet am Tag nach diesem Brief floh Roda Roda nach Prag, »um dort abzuwarten, ob man etwas gegen ihn unternehmen wird«.111 Im Berliner Tageblatt war nämlich kurz davor ein im Herbst 1932 verfaßter, ungedruckt gebliebener Text, in dem ein Tyrann an die Macht kommt, versehentlich publiziert worden, woraufhin Roda Roda als »schamloser Clown und Dolchstößler« beschimpft wurde. Das erklärt wohl die Erregtheit seines Briefs an den Zsolnay Verlag. Costas Antwort verdient, weil sie die Lage zu diesem konkreten Zeitpunkt aus seiner Sicht gut erfaßt, ausführlich zitiert zu werden. Der Brief zeigt, wie viele andere in dieser Arbeit zitierten (Elster, Edschmid, Rainalter, Ebermayer), daß der Verlagsleiter von Wien aus leider nicht jene Ahnung für das Kommende hatte wie z.B. eben Roda Roda. Denn Costa schrieb diese Zeilen am Tag nach den Bücherverbrennungen in Deutschland - über die in Wiener Zeitungen genügend berichtet wurde - zu einem Zeitpunkt also, wo klar war, daß die Situation nicht »ohne besondere Erschütterungen« bleiben würde. Wir erhielten Ihren Brief vom 8.III. und erlauben uns vor allem die Feststellung, dass wir gewiss Ihre Worte der Abwehr gegen den Erscheinungstermin Ihres Werkes »Krokodilstränen« als durchaus gewichtig und ernster Erwägung wert erachten. Es liegt uns fem, Ihnen wegen der 108
Costa an Roda Roda, 19.1.1933, ebd. Roda Roda an die Direktion, 21.2.1933, ebd. 110 Roda Roda an die Direktion, 8.3.1933, ebd. In ihrer Biographie erwähnt Rotraut Hackermüller (,Einen Handkuß der Gnädigsten. RODA RODA. Bildbiographie. Wien-München: Herold 1986) lediglich, daß Roda Roda während seiner vorletzten Vortragsreise durch Schlesien eine nationalsozialistische Aufbruchsstimmung beobachtete (S. 178). 111 Hackermüller, S. 181. 109
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»Heftigkeit der Abwehr« zu zürnen. Dessenungeachtet halten wir uns für verpflichtet, Ihnen zu sagen, dass wir die augenblickliche politische Situation keineswegs verkennen und auch nicht verkannt haben, als wir den Entschluss fassten, den Erscheinungstermin des zweitens Bandes Ihrer Ausgewählten Werke vorzuverlegen. Für diesen unseren Entschluss der Vorverlegung waren doch wohl Gründe massgebend, die Sie eigentlich anerkennen müssen. Es entspricht Gottseidank im Augenblick [am Tag nach den Bücherverbrennungen!!] nicht den Tatsachen, dass sich kein Mensch um Bücher kümmert. Im Gegenteil, was Ihr Buch anlangt, hat das Interesse dafür nicht nachgelassen, sondern der Absatz ist ungeachtet der politischen Umschichtung und ungeachtet dessen, dass man Sie in Ostpreussen am Reden verhindert hat, ein gleichstarker geblieben. Wir waren der Ansicht und sind es eigentlich auch noch heute, dass es notwendig ist, von unserem ursprünglichen Plan, den zweiten Band erst im Herbst herauszugeben, um den ersten Band nicht zu schädigen, abgekommen. Es hat sich nämlich als falsch herausgestellt, dass eine Schädigung des ersten Bandes durch die Edierung des zweiten sich ergeben könnte, weil sich Anfragen und Urgenzen von Seiten des Sortiments in der letzten Zeit gehäuft haben, in denen der zweite Band urgiert wird und darin, dass in dem ersten Band »Ausgewählte Werke in zwei Bänden steht« und der zweite Band nicht vorhanden ist, eine Schädigung des ersten Bandes erblickt wird. Wir bitten Sie also, wie Sie uns freundlichst in Aussicht gestellt haben, die Korrekturen durchzuführen. Wir lassen uns also in der Fertigstellung des Buches nicht beirren; sollte sich in den nächsten Wochen irgendwie Grundlegendes ereignen, das eine Herausgabe des zweiten Bandes nicht ratsam erscheinen lässt, werden wir gewiss nicht gegen Ihre und unsere Interessen die Herausgabe bewerkstelligen. Sollte sich aber, wie wir es erwarten, nichts Drohendes ereignen, und das Leben in Deutschland einen irgendwie normalen Gang ohne besondere Erschütterungen gehen, dann sind wir überzeugt, dass Sie in dem Erscheinen im Mai auch keine Gefahr mehr sehen und unsere Ansicht teilen werden, dass der erste und der zweite Band ein gutes Spät-Frühjahrs- und Sommergeschäft werden wird. 112
Von diesem Optimismus beseelt war der Autor vor Ort nicht: am 20. März kehrte er nach Berlin zurück, um, so seine Biographin, am selben Tag die Übersiedlung nach Graz vorzubereiten. Hackermüller vermag jedoch keine konkreten Angriffe gegen die Person Roda Roda anzuführen, und sein Werk ziert noch keine Verbotsliste, was nicht ausschließt, daß er bei längerem Aufenthalt in Deutschland in persönlicher Gefahr gestanden wäre. In einem Brief, den er am 16. März aus Prag an den Verlag in Wien richtete, war er dann doch dazu bereit, dem Verlag das Erscheinungsdatum von den Krokodilstränen zu überlassen: Doch ich kann nicht verschweigen, dass ich das Erscheinen zurzeit nicht für opportun halte. Aus zwei Gründen: erstens wird jetzt schwerlich eine Zeitung Notiz von dem Buch nehmen; die Zeitschriften sind eingestellt; zweitens könnte das Buch gerade in der ersten Zeit, im ersten Eifer der neuen Regierung als »kulturbolschewistisch« verboten werden. 113
Hackermüllers Feststellung (S. 181), daß Roda Roda und seine Familie am 20. März Berlin den Rücken kehrten, steht der Tatsache entgegen, daß der Autor 112 113
Costa an Roda Roda, 11.3.1933, Ordner Roda Roda. Roda Roda an den Verlag, 16.3.1933, ebd.
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in einem Schreiben an den Verlag vom 15. April dies erst für den Fall androht, daß Krokodilstränen im Mai erscheinen. Ende März kamen dem Autor weitere Bedenken in Zusammenhang mit dem Druck von Krokodilstränen: »ich glaube, wir können in dieser Zeit nicht vorsichtig genug sein, um Gegnern keine Blossen zu bieten.« 114 In den Fahnen stand nämlich ein Aphorismus: »In Österreich sind Satiriker überflüssig; da macht sich die Staatsverwaltung selbst lächerlich.« Roda Roda bat den Verlag, dem Aphorismus folgende Fassung zu geben: »In manchen Ländern sind Satiriker überflüssig; die Regierung macht sich selbst lächerlich.« Nachdem Roda Roda noch im März gemeint hatte, er würde dem Verlag den Erscheinungstermin überlassen, hatte er es sich Mitte April wieder anders überlegt. Seine »dringende Bitte« lautete: Lassen Sie das Buch nicht im Mai erscheinen. Der Fanatismus des Kampfes gegen den »Kulturbolschewismus« verbietet es. Warten Sie, bitte, bitte, eine kühlere Stimmung ab. Wenn Sie das Buch im Mai erscheinen lassen, gibt es einen Skandal. Er wird Ihnen so wenig nützen wie mir. Das Buch wird abgestempelt werden als kulturbolschewistisch, wird verboten werden ich werde das Stigma nie mehr los; denn gegen derartige Vorurteile gibt es ja keine Appellation. Sehr bald wird die Stimmung hier umgeschlagen haben. Im September wird das Buch freudigste Aufnahme finden - gerade als Reaktion gegen die gegenwärtige allzu scharfe Aktion. Bleiben Sie aber hart, hören Sie nicht auf meinen Rat: dann sagen Sie es mir sogleich. Wollen Sie nämlich das Buch gegen meinen ausdrücklichen Willen im Mai herausbringen, dann reise ich einen Tag vor Erscheinen des Buchs aus Deutschland ab. Selbst wenn das Erscheinen schon angekündigt wäre: meine Motive sind so gewichtig, dass Sie darauf hören müssen. 115
Die Befürchtungen des Autors trafen nicht unmittelbar ein, das Buch erschien am 15. Juni 1933 in einer Auflage von 10 000 Exemplaren. Einen Nachdruck gab es dann nicht. Trotz seiner Wertschätzung für den Autor konnte sich der Verlag nicht dazu durchringen, das nächste von Roda Roda eingereichte Manuskript, den Roman »Die Panduren«, herauszugeben. Costa begründete seine Ablehnung folgendermaßen: Wir haben Ihren Roman »Die Panduren« neuerlich mit grossem Emst und allem Verantwortungsbewusstsein gelesen, das wir einem Autor Ihres Ranges schuldig sind. Der exotische Reiz Ihres Werkes und die Kunst Ihrer plastischen Darstellung haben wieder grossen Eindruck auf uns gemacht und wir haben neuerlich auf das eingehendste die Möglichkeit einer Herausgabe erwogen. Es tut uns aufrichtig leid, sehr verehrter Herr Roda Roda, Ihnen sagen zu müssen, dass wir von unserem ersten Eindruck nicht abkommen können: das Werk scheint uns dem allgemeinen Interesse doch zu entlegen, um bei einem grösseren Publikum durchgesetzt werden zu können.
114 115
Roda Roda an den Verlag, 31.3.1933, ebd. Roda Roda an den Verlag, 15.4.1933, ebd.
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Wir bedauern ausserordentlich, Ihnen keinen anderen Bescheid geben zu können [ . . . ] . 1 1 6
Roda Roda reagierte darauf einigermaßen gefaßt: ich bedauere sehr, dass Sie meinen Roman »Panduren« nicht nehmen wollen. Sie machen mir dadurch fast unmöglich, ihn herauszubringen; denn ich möchte doch nicht gern meinen bei Ihnen erschienenen Büchern durch anderweitige Publikationen Konkurrenz machen. Der Verleger sollte einen Autor edieren - nicht ein Werk. Es lohnt sich nur für einen Autor etwas zu tun, wenn man sein Oeuvre verlegt. 117
Mit eine Rolle bei der Ablehnung spielten die »wirtschaftlichen Verhältnisse«. 118 Angesichts des beachtlichen Erfolgs der ersten zwei Bände der »Ausgewählten Werke« lud der Verlag Roda Roda ein, einen dritten Band heiterer Geschichten und Erzählungen zusammenzustellen. Diesmal wählte der Autor Dichtungen slawischer Autoren aus, die er »nachgestaltete«. Von der Schweiz aus reichte er das Manuskript ein, der Verlag sagte zu, und am 14. Juni 1934 kam Schenk ein, Roda! in einer Auflage von 5 000 Exemplaren auf den Markt. Der Preis blieb gleich: RM 2,85. Roda Roda mag sich im Reich »unbeliebt« gemacht haben, seine Schriften durften aber allem Anschein nach weiterhin verkauft und vertrieben werden. Bis 1936 stand er zumindest nicht auf einer öffentlichen Verbotsliste - sein Name scheint in der Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums nicht auf. Der deutsche Absatzmarkt fiel aber im April 1936 weg, wie man der Herstellkartei entnehmen kann. Die Werkkarte für Roda Roda und die vierzig Schurken trägt den Stempel »Deutschland beschlagnahmt und eingez. 18/4/36«. Knapp vor dieser Razzia bei der Auslieferung in Leipzig, der nicht wenige Verlagswerke in scheinbar willkürlicher Auswahl zum Opfer fielen, zog Felix Costa im März 1936 Bilanz über den Absatz der Werke Roda Rodas. Von den 18 000 aufgelegten Bänden der »Vierzig Schurken« waren ca. 1 000 noch auf Lager. »Infolge der geänderten Situation hat leider der Absatz in Deutschland, dem Hauptabsatzgebiet, nahezu aufgehört, sodass der Gesamtumsatz des Werkes jetzt ca. 60-80 Exemplare monatlich beträgt.« 119 Was das Werk Krokodilstränen anlangte, war es, so Costa, dem Buch »leider nie vergönnt, den Erfolg des ersten Bandes auch nur annähernd zu erreichen. Das Buch hatte - wie es ja oft bei zweiten Bänden der Fall ist - sowohl in Deutschland als auch ausserhalb Deutschlands ungefähr den halben Absatz von '40 Schurken'.« (ebd.) Von diesem Werk hatte man etwas weniger als 100 Exemplare auf Lager. Costa hielt den derzeitigen Zeitpunkt zur Veranstaltung einer Neuauflage »für nicht geeignet« und führte wichtige Argumente ins Treffen: Der Markt für Roda Roda war Deutschland, meinte er, und eine Neuauflage hätte wenig Sinn, da jede Mög116
Costa an Roda Roda, 27.2.1934, ebd.
117
Roda Roda an den Verlag, 3.3.1934, ebd.
118
Costa an Roda Roda, 6.3.1934, ebd.
119
Costa an Roda Roda, 12.3.1936, ebd.
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lichkeit fehle, »das Buch in Deutschland anzuzeigen und intensiver zu vertreiben«, und darüberhinaus wäre der Absatz in den ausserdeutschen Gebieten »ein ausserordentlich geringer«. »Wir nehmen mit Sicherheit an, dass Sie dafür Verständnis haben, wenn wir Ihnen sagen, dass wir es in den ausserdeutschen Gebieten versuchen wollen, auf das erfolgreichere der beiden Bücher, nämlich 'Vierzig Schurken', ausdrücklich hinzuweisen und die 'Krokodilstränen' eine Zeitlang ruhen zu lassen.« (ebd.) In einem Schreiben aus Zürich am 24. März 1938 kündigte Roda Roda seinen Vertrag: ich nehme an, dass Sie unter den gegebenen Umständen (Gleichschaltung Ihres Verlags) nicht mehr in der Lage und nicht mehr willens sind, meine Werke zu vertreiben. Ich bin ja Nichtarier. 1 2 0
Im Dezember 1946 bemühte sich die Witwe Roda Rodas, Elsbeth, den abgebrochenen Kontakt zum Paul Zsolnay Verlag wieder zu knüpfen. Auch die Lektoratsabteilung in Wien war an einer Wiederaufnahme der Beziehung interessiert, wollte aber eine Normalisierung des Buchmarkts abwarten: Hinsichtlich des letzten Werkes Ihres verstorbenen Gatten teilen wir Ihre Meinung, dass eine Veröffentlichung des Werkes nicht ohne der (sie) Möglichkeit erfolgen darf, das Buch auch in Deutschland abzusetzen. Wie wir jedoch aus durchaus zuverlässlicher Quelle erfahren, wird es verhältnismässig bald möglich sein, Bücher in Deutschland, abzusetzen, denn der Verkauf literarisch wertvoller Werke in Deutschland, insbesondere solcher Autoren, deren demokratische Gesinnung in der Vergangenheit beispielgebend war, liegt ja im Interesse der Allierten, die eine geistige Neuorientierung Deutschlands zu fördern wünschen. Es wäre daher unseres Erachtens zweckmässig, wenn Sie uns das Manuskript zugehen liessen, damit wir uns sobald über seinen Inhalt ein Bild machen können, wie auch um entsprechende Vorbereitungen für eine allfällige Veröffentlichung treffen zu können. 121
Trotz des Erfolgs mit den Büchern Roda Rodas war die Beziehung zwischen Autor und Verlag monatelang sehr gespannt gewesen. Im Mittelpunkt der langwierigen Kontroverse stand »Geld«. Der Autor war keineswegs - wie in anderen Fällen über die Höhe des Honorars, den Absatz, die Werbung usw. ungehalten. Bereits vor 1933 war der Verlag in Wien mit dem unlösbaren Problem des Devisentransfers konfrontiert. Er hatte beträchtliche RM-Guthaben im Reich und konnte seinen Verpflichtungen dort ohne Schwierigkeit nachkommen. Aus dieser Überlegung heraus wurden manche Verlagsverträge im Einvernehmen mit dem Autor vom Verlagshaus in Berlin abgewickelt. Gerichtsstand war somit die Reichshauptstadt. So auch im Fall Roda Roda, der Anfang Oktober 1932 nicht die geringste Absicht hatte, nach Graz zu übersiedeln. Die Abmachung in Mark und in Berlin zu
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Roda Roda an den Verlag, 24.3.1938, ebd. An Elsbeth Roda Roda, 19.12.1946, ebd.
592
zahlen wurde zu einem großen Problem, ja es ging so weit, daß Roda Roda, als er wieder in Österreich wohnte, - wie übrigens auch Karl Hans Strobl und Robert Neumann - einen Anwalt einschaltete. Es mag fast sechzig Jahre später akademisch klingen, aber in Schilling schuldete der Verlag dem Autor nichts, geriet aber auf Grund der Unmöglichkeit, Mark aus Deutschland nach Österreich zu bekommen und sie in Schilling umzuwandeln, in Verzug. Eine Zeitlang konnte der Verlag den Autoren, mit denen Markzahlungen vertraglich vereinbart waren (und zu ihnen zählte Roda Roda), die Beträge in einer anderen Währung als in Mark bezahlen. Dann kam der Punkt, wo das nicht mehr möglich war. Im Fall Roda Roda war das Honorar aus dem zweiten Halbjahr 1933 entgegen der vertraglichen Vereinbarung im Juli 1934 noch fällig. Der Autor nahm daher einen Anwalt, weil »seine Verhältnisse« ihn hiezu zwangen, wie sein Advokat sich ausdrückte. In ihrer Antwort auf das Schreiben des Anwalts erläuterte die Direktion ihre Situation und versprach, eine Zahlungsmöglichkeit zu finden, obwohl sie trotz der monatelangen Beteuerungen des Anwalts und der Gutachter formal nicht verpflichtet war, Honorare aus dem Vertrag vom Oktober 1932 an den nun in Österreich lebenden Roda Roda in Schilling auszuzahlen. Seien Sie versichert, dass wir die Tatsache sehr bedauern, dass Sie sich an einen Anwalt gewendet haben, eine Tatsache, die den Gepflogenheiten im Verkehr mit unseren Autoren keineswegs entspricht. Wir tun ohnedies alles, was menschenmöglich ist und haben dies auch in Ihrem Fall getan, um die Interessen unserer Autoren zu wahren. Kein Anwalt kann Sie besser schützen als
Roda Roda bewahrte Fassung und Humor und replizierte: Sicherlich entspricht die Tatsache, dass ich mich an einen Anwalt gewendet habe, nicht den Gewohnheiten, die zwischen dem Verlag Zsolnay und seinen Autoren herrschen. Gestehen Sie, aber, sehr geehrte Herren, dass Sie auch mich ungewöhnlich behandelt haben. Sie haben seit dem 16. April 1934, jenem Tag, wo Sie - um 6 Wochen zu spät - Rechnung legten, meinen flehentlichen Bitten um Honorarzahlung bis heute eisiges Schweigen entgegengesetzt. Und heute vertrösten Sie mich auf die Aufhebung der deutschen Devisenordnung - demnach ad Calendas graecas. Ich teile Ihr Bedauern aufrichtig, dass ein Rechtsanwalt zwischen uns treten musste; aber sagen Sie selbst: musste ich zu diesem Helfer nicht endlich greifen? Sie sind der Ansicht: Sie schuldeten mir überhaupt nichts »in Schillingen«. Die vorige Honorarrate haben Sie widerspruchslos in Schillingen ausbezahlt. Ihr Sitz ist Wien, Ihr Vertrag in Wien ausgestellt. Meines bescheidenen Erachtens hatten Sie mir das am 1. März fällig gewesene Honorar schon damals in Schillingen zu bezahlen. Nehmen Sie, bitte, an, das Deutsche Reich würde die Reichsmark als Währungseinheit überhaupt abschaffen; wären Sie mir dann garnichts schuldig?
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Direktion an Roda Roda, 4.7.1934, ebd.
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Ich kann nicht anders - ich muss auf Bezahlung bestehen - und das spätestens am 15. Juli d.J. Bitte, bitte, seien Sie nicht eigensinnig! 123 Für d e n Autor war die Auszahlung keine prinzipielle, sondern eine finanzielle Frage: »Ich habe das Geld dringend nötig. Ich habe in d i e s e m ganzen Jahr kaum 3 0 0 0 S e i n g e n o m m e n ; sehe auch weit hinaus keine andern Einkünfte.« 1 2 4 Ähnlich schrieb er eine W o c h e später: Mich aber in meiner Not sitzen lassen - das darf der Verlag aus den primitivsten sozialen Gründen nicht. Andre Verlage helfen ihren Autoren über schlimme Zeiten durch Vorschüsse weg. M e i n Verlag, Ihr Verlag bleibt mir das wohlverdiente Honorar schuldig. Zsolnay, zum Teufel, ist doch kein Käseladen; er hat einen glänzenden Ruf zu verlieren. Es ist eines Verlags von europäischem Ruf wie Zsolnays einfach nicht würdig, zu handeln, wie er an mir tut. Ich habe keine andern Einnahmen als jene aus meiner Feder, und sie sind so gering, dass ich buchstäblich nicht ein noch aus weiss. 125 U m d i e s e Zeit hatte Roda Roda e i n neues Stück Die Majorische
fertiggesellt, das
unter d e m Verfassernamen Nikolaus Suchy in W i e n aufgeführt wurde, nur scheute er sich, w i e er Franz H o r c h schrieb, e s b e i m Zsolnay Verlag einzureichen, w e i l er A n g s t hatte, dieser würde ihm »auch wieder die Tantiemen aus m e i n e n Stücken aus irgendwelchen V o r w ä n d e n vorenthalten« (ebd.). N a c h e i n e m langwierigen Briefwechsel konnte die Überweisungsfrage endlich bereinigt werden, aber erst im Frühjahr 1935. Nicht nur Franz H o r c h und F e l i x Costa, auch Paul Zsolnay griff persönlich zur Feder, u m die auch sonst komplizierte Materie des Devisentransfers auseinanderzusetzen. Seine Ausführungen stellen eine für die Arbeitsbedingungen eines »außerdeutschen« Verlags wichtige Zusammenfassung dar und werden deshalb hier in extenso zitiert: Laut Vertrag haben wir, wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe, das Recht, Ihnen das Honorar in Mark zu bezahlen, was für uns einen ganz grossen Vorteil bedeuten würde. Nur um Ihnen entgegenzukommen, haben wir es auf uns genommen, Ihnen die falligen Beträge in Schilling zu bezahlen. Wir haben grosse Markbeträge zinsenfrei in Deutschland liegen und können, wenn wir das Opfer bringen, statt Mark Schillinge zu bezahlen, nicht auch noch eine Zinsendifferenz zahlen. - Auch den Umrechnungsschlüssel können wir nicht akzeptieren. Die Mark, die Sie zu bekommen hätten, sind eigentlich Inlandsmark und der Kurs einer Mark liegt weit unter zwei Schilling. Da wir Ihnen aber, wie dies unseren Autoren gegenüber stets unser Bestreben ist, entgegenkommen wollten, haben wir die Mark mit zwei Schilling umgerechnet. Übrigens ist das ein Schlüssel, den wir bei einem Ihrer früheren Werke bereits festgelegt haben.
123
124 125
Roda Roda an den Verlag, 6.7.1934, ebd. Roda Roda war eindeutig im Irrtum! Der gegenständliche Vertrag mit der Paul Zsolnay Verlag Ges.m.b.H. ist »Berlin, 5. Oktober 1932« datiert, von Paul Zsolnay und Felix Costa unterzeichnet und auf dem Briefpapier der Berliner Niederlassung abgefaßt. Roda Roda an den Verlag, 22.7.1934, ebd. Roda Roda aus Imst in Tirol an Dr. Franz Horch, 29.7.1934, ebd.
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Ich empfinde es sehr schmerzlich, dass Sie den guten Willen des Verlages durch eine so unfreundliche Haltung erwidern. Ich hoffe, dass Ihr Schreiben nur der Ausdruck einer vorübergehenden Verstimmung war und bitte Sie daher, dieses Schreiben richtigstellen zu wollen. Dann werde ich Ihnen den Restbetrag sofort überweisen. 126
Als diese Erklärung den Autor nicht zu trösten vermochte - es ging um einen Streitwert von ca. S 100 -, machte ihn Paul Zsolnay auf die Statutarischen Bestimmung des Verlags aufmerksam, die u.a. die Berechtigung eines jeden Autors vorsah, für den Fall einer Differenz ein Schiedsgericht anzurufen, dem der Verlag sich zu unterwerfen hatte. Paul Zsolnay wörtlich: »Ich habe mich immer als Sachwalter meiner Autoren betrachtet, deren Interessen ich selbst am eifrigsten vertrete, wobei ich natürlich meine Verpflichtungen als Präsident unseres Verlages nicht ausserachtlassen darf.« 127 Nach unzähligen Briefen beider Seiten wurde die Angelegenheit endlich bereinigt.
25.6. Exkurs Wenn Roda Roda und der Verlag nicht scheinbar endlos über die Frage einer Überweisung in Schilling stritten, gab es auch konstruktive Zusammenarbeit. Im Herbst 1934 wandte sich Roda Roda mit einer Bitte an seinen Freund im Verlag, Franz Horch: »Sie könnten einem jungen Autor - und mir - einen grossen Gefallen tun. Ein Schweizer Verleger, dem ich für mannigfache Förderung sehr dankbar bin und darum gern dienen möchte, fragt mich um einen guten Roman. [...] Vielleicht wissen Sie einen Autor, den die Firma Zsolnay nur nicht brauchen kann, weil er in Deutschland nicht genehm ist. Solche politisch-rassische Bedenken hat nämlich mein Schweizer nicht - im Gegenteil: er würde einen in Deutschland nicht publizierbaren Mann vorziehen - falls der Autor nicht gradezu als wilder Kommunist abgestempelt ist. Was verlangt wird, ist ein künstlerisch hochstehendes, aber doch auch amüsantes Buch.«128 Felix Costa kam der Bitte postwendend nach: Ich freue mich ausserordentlich, Ihnen mit gleicher Post ein Manuskript übersenden zu können, das meiner Meinung nach allen Anforderungen entspricht, die Sie und der Schweizer Verlag stellen. Es handelt sich hier um ein spannendes, phantastisches, ausgezeichnetes Buch eines Wiener Anwaltes, das wir gerade für unseren Verlag geprüft haben. Wir sind leider augenblicklich ausserordentlich überlastet, sodass wir dieses Buch jetzt zurückstellen müssen, würden aber gerne alles tun, um dem besonders begabten Autor weiterzuhelfen. 129
Es handelte sich um das Manuskript eines phantastischen Romans, »Der Menschenfalter« von Oswald Levett. Levett war einer sprachkundigsten Rechtsanwälte 126
Paul Zsolnay an Roda Roda, 22.1.1935, ebd. Paul Zsolnay an Roda Roda, 26.1.1935, ebd. 128 Roda Roda an Franz Horch, 28.9.1934, ebd. 129 Costa an Roda Roda, 2.10.1934, ebd. 127
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Wiens, u.a. mit Leo Perutz und Alexander Lernet-Holenia befreundet und hatte seinen ersten Roman, Verirrt in den Zeiten, im Dezember 1932 im Fiba-Verlag in Wien erscheinen lassen.130 Als er den »Menschenfalter« las, sprach Roda Roda von einem »grandiosen Vorwurf«, aber: »Leider, leider - ich muss aufrichtig meine Meinung sagen - bleibt die Gestaltungskraft des Autors meilenweit hinter seiner bewunderungswürdigen Erfindergabe zurück.«131
130
Dazu die Börsenblatt-Anzeige (Nr. 287, 9.12.1932, S. 5964) mit einem Auszug aus einem Brief von Perutz an Levett. 131 Roda Roda an Costa, 4.10.1934, Ordner Roda Roda. Entgegen den einzigen greifbaren biographischen Angaben im Jahrbuch der Wiener Gesellschaft 1928 ist Levett, der nach seinem Studium an der Universität Wien seinen Namen von David Loewitt in Oswald Franz Levett änderte, am 15. Juni 1884 (nicht 1889) in Baden bei Wien (nicht Wien) geboren. Er wurde am 5. Oktober 1942 nach Minsk deportiert. Zusammen mit Leo Perutz übersetzte er 1924 Victor Hugos Das Jahr der Guillotine ins Deutsche. Die beiden hier genannten Romane Levetts sind kürzlich neuaufgelegt worden. »Der Menschenfalter«, der 1935 im Europäischen Verlag in Wien erschien, kam 1989 u.d.T. Papilio Mariposa im Verlag Das Neue Berlin heraus. Dessen Herausgeber vermutet lediglich eine geistige Nähe zu Leo Perutz bzw. zu dessen literarischem Umfeld. Der Roman Verirrt in den Zeiten kam 1986 in der »Phantastischen Bibliothek« des Suhrkamp Verlags neu heraus. Da liest man: »Über den Autor Oswald Levett weiß man nur, daß er zum Bekanntenkreis von Leo Perutz gehörte.«
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26. Erich Ebermayer, Kasimir Edschmid und Frank Thiess
26.1. Erich Ebermayer Als Erich Ebermayer in den Jahren 1959 und 1966 sein »persönliches und politisches Tagebuch« (von dem sich manches heute wie eine Parodie desselben liest)1 und seine »Erinnerungen«2 publizierte, ging es ihm darum, Verständnis für seine Schriftstellerkarriere im Dritten Reich zu erwecken, ja nicht zuletzt auch um auf seine »Opferrolle« in dieser Zeit hinzuweisen. Sein Verhalten in der Hitze des Gefechts, wie es sich im Briefwechsel mit dem Paul Zsolnay Verlag widerspiegelt, zeigt zwar auch die üblichen Querelen mit dem NS-Apparat auf (von denen kaum ein Autor verschont blieb), demonstriert aber - wie im Fall Frank Thiess, Walter von Molo und Kasimir Edschmid - wie um Akzeptanz auf dem deutschen Buchmarkt, besser: um das Erhalten dieser - hartnäckig gerungen wurde. Daß sich zwischen der Verlagskorrespondenz und den späteren autobiographischen Publikationen Diskrepanzen auftun, darf für den Fall Ebermayer vorausgeschickt werden. Das Rechtfertigungsmuster, durch die »Sünde der Auslassung« gekennzeichnet, ist nicht unbekannt: man kehrt Verrisse aus der NS-Zeit, und sollen sie in Provinzblättern mit minimaler Auflage erschienen sein, und Querelen stark hervor, Stichwort Innere Emigration. Auf diesen Punkt kommen wir noch zurück. Die breite Materialbasis - und immerhin liegt von Ebermayer mehr Korrespondenz vor als von jedem anderen Zsolnay-Autor - erlaubt, grundsätzlich die Beziehung zwischen einem Autor und seinem Verleger bzw. Verlag auszuleuchten. Denn wollte man vom Autorenstandpunkt aus all das zusammenfassen, worüber ein Autor ungehalten und unglücklich sein konnte, müßte man bloß zur EbermayerKorrespondenz greifen. Gestalteten sich der Umgang mit und die »Pflege« von Heinrich Mann, der in seinen Verträgen immer wieder lebensgefährliche Fußangeln erspähte (die der Verlag großzügig ausräumte), schon einigermaßen schwierig, so lieferte Ebermayer den Modellfall des nicht zufriedenzustellenden Autors. Ausgerechnet in der Zeit nach 1938 setzte der große Erfolg für Ebermayer, dem in den 30er Jahren nach eigener Darstellung so übel mitgespielt worden war, richtig ein. Mit 23 Jahren promovierte der aus Bamberg stammende Ebermayer mit einer Dissertation über »Schuld und Gefährlichkeit im Entwurf zu einem italienischen Erich Ebermayer: Denn heute gehört uns Deutschland buch. Von der Machtergreifung
bis zum 31. Dezember
... Persönliches 1935.
und politisches
Tage-
Hamburg-Wien: Paul Zsolnay
Verlag 1959. Im folgenden als Ebermayer, Denn heute mit Seitenzahl abgekürzt zitiert. Erich Ebermayer: »... und morgen die ganze Welt«. Erinnerungen an Deutschlands dunkle Zeit. Bayreuth: Hestia 1966.
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Strafgesetzbuch« in Leipzig zum Dr.jur., und schon im nächsten Jahr, nach der Publikation seiner Dissertation, kam seine erste Buchveröffentlichung heraus (Dr. Angeld). Bis zum Herbst 1928 erschienen einige Dramen, Novellen und Romane Ebermayers in kleineren Verlagen (Ernst Oldenburg Verlag, R. Ernst Verlag, Schauspiel-Verlag) in Leipzig, zuletzt im Berliner J.M. Spaeth Verlag. Spaeth ging in Konkurs, der junge Autor bot sich persönlich Paul Zsolnay Ende November 1928 an, nachdem er gehört haben wollte, daß Zsolnay seinen Arbeiten Interesse entgegenbringen würde, was auch den Tatsachen entsprochen haben dürfte. Von Ebermayer angeboten wurden eine neue Novelle (Nacht in Warschau)3 sowie für später ein größerer Roman, »in dessen Mittelpunkt das Schicksal des bekannten Schulreformers Wyneken stehen würde«.4 Bereits erschienene Werke (aus der Konkursmasse) wollte der Wiener Verleger nicht übernehmen. »Hingegen interessieren wir uns sehr für ein neues Buch von Ihnen und wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie es uns zuerst einsenden würden, da wir Ihre dichterische Entwicklung schon seit langem mit grösstem Interesse verfolgen.«5 Knapp ein Jahr später und nach einer längeren Debatte um den Titel erschien am 10. Oktober der Roman Kampf um Odilienberg in einer Auflage von 5 000 Exemplaren. 6 Der Autor war mit 15% am Ladenpreis beteiligt. Während Paul Zsolnay den warmen, herzlichen Ton, mit dem die jungen Menschen dem Leser nahegebracht würden, und die »liebevolle Schilderung« preiste, wurde das Werk aus ebensolchen Gründen von der Bayerischen Politischen Polizei beschlagnahmt und eingezogen. Wie der Autor darauf reagierte, schildert er in der »literarischen Formung« in seinem publizierten Tagebuch. 7 Vorher, im Mai 1930, konnte noch das 6.-8. Tsd. des Romans herausgegeben werden. Ein zweites Werk, das (Mitte Februar 1931) vor der »Machtergreifung« auf den Markt kam, der Roman Jürgen Ried oder die tiefe Kluft, scheint Ebermayers Ruf in manchen NS-Kreisen als »Asphalt-Literat« begründet zu haben. Auch dieses Buch wurde von der Bayerischen Politischen Polizei 1933 vom Markt entfernt und kam auf die Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums (1935). Es folgte im April 1933 in einer Auflage von 5 000 Exemplaren ein neuer Roman, Werkzeug in Gottes Hand, der zwar fünf Jahre auf eine Neuauflage warten mußte, aber wenigstens nicht auf den NS-Index kam. 8 Paul Zsolnay versuchte Ebermayer Mitte Mai 1933 mit dem 3
4
5 6
7 8
Die Novelle erschien zuerst 1929 in der Reclam-Reihe »Junge Deutsche« und wurde angeblich wegen ihres pervers-erotischen Inhaltes in die berüchtigte Liste Hermann (Börsenblatt, 16.5.1933) aufgenommen. Ebermayer an Paul Zsolnay, 9.11.1928, Ordner Ebermayer. Anfang Juni 1928 hatte der Autor dem Verlag ein Exemplar seiner dramatischen Legende in drei Akten Kaspar Hauser zukommen lassen. Paul Zsolnay an Ebermayer, 19.11.1928, ebd. Zu den Titelvorschlägen des Autors zählten »Odilienberg«, »Kampf um die Insel«, »Insel der Jugend«, »Manfred Mahr«. Der Roman wurde 1956 u.d.T. Odilienberg neuaufgelegt. Ebermayer: Denn heute, S. 83. Der Roman wurde nach 1959 u.d.T. Schloss Egers neu aufgelegt.
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Hinweis zu trösten, daß gegen dieses Buch keine Bedenken vorlägen, »daß aber natürlich der Absatz des Buches sehr gehemmt sei durch das Verbot meiner übrigen Werke«. 9 Daß diese Verbote einen Verdienstentgang bedeuteten, liegt auf der Hand. Kein Wunder daher, daß der Autor seinen Verleger um fixe Rentenzahlungen bat. Eine schwere Geburt stellte Ebermayers nächster Roman, Der Fall Claasen, insofern dar, als der Autor nicht termingemäß mit dem Manuskript fertig wurde und die Weigerung, immer wieder Rentenzahlungen zu verlängern, als »Liebesentzug« auslegte. Das Buch erschien am 17. Oktober 1935. Auch hier blieb der Erfolg hinter den Erwartungen von Autor und Verlag zurück: es blieb bis Anfang 1940 (6.-10.Tsd.) bei den ersten 5 000 Exemplaren, ja im Juli 1939 hatte man zur altbewährten Methode einer »Sonderausgabe« gegriffen, um das Lager zu leeren. Dem Erscheinen des Romans ging eine Auseinandersetzung zwischen Verlag und Autor über den Werktitel voraus. Paul Zsolnay, der sich letztlich durchsetzen konnte, faßte die Debatte folgendermaßen zusammen: In der Titelfrage stehen wir nach wie vor auf dem Standpunkt, dass der beste Titel »Der Fall Claasen« wäre, was wir Ihnen auch gestern telegraphisch mitgeteilt haben. Gegen den Titel »Der letzte Ritter« spricht vor allen Dingen der Umstand, dass Kaiser Maximilian als »der letzte Ritter« bezeichnet wird und der Titel daher schon aus diesem Grund dem Absatz des Buches abträglich wäre. Der Titel »Der neue Tag« erinnert zu sehr an den Titel von Zeitungen und Zeitschriften, von denen sicherlich die eine oder andere sogar wörtlich so heisst. Man könnte dann vielleicht vermuten, dass es sich um den Roman einer Zeitung handelt. Was schliesslich den von Ihnen vorgeschlagenen Titel »Zurück zum Leben« anlangt, so scheint er uns für das Buch nicht genügend bezeichnend und ausserdem bringen wir im Herbst einen Roman von Grete von Urbanitzky, der schon seit längerer Zeit bei uns liegt und den Titel »Heimkehr ins Leben« führt. Wir erwarten in dieser Sache nunmehr Ihre Stellungnahme zu unserem Telegramm resp. eine definitive Titelfestsetzung. 10
Mit der Aufbereitung und Wahl seiner Themen scheint Ebermayer in der NS-Zeit nicht immer eine glückliche Hand gehabt zu haben: Restbestände seines im September 1936 bei Zsolnay in kleiner Auflage erschienenen Schauspiels in drei Akten, Romanze, wurden im Juli 1939 im Auftrag der Gestapo eingestampft. Ein letztes Werk - es war überhaupt Ebermayers größter Bucherfolg - konnte knapp vor der NS-Machtübernahme in Österreich mit einer Startauflage von 8 000 Stück auf den Markt kommen: der Roman Befreite Hände. Er erlebte insgesamt fünf Auflagen und erreichte im November 1941 den Stand von 33 000. Die nächste Neuerscheinung von Ebermayer ließ auf sich warten. Endlich kam im September 1941 der Roman Unter anderem Himmel heraus (1.-10.Tsd.) und erlebte bis April 1944 zwei weitere Auflagen (Gesamtauflage: 25 000). 1944 erschienen die letzten Publikationen Ebermayers vor Kriegsende. Der Novellenband Der Traum des Krösus
9 10
Ebermayer: Denn heute, S. 85. Paul Zsolnay an Ebermayer, 6.6.1935, Ordner Ebermayer.
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kam in einer Wehrmachtausgabe (Auflage 20 000), der Roman Torheit der Jugend als 1.-7.Tsd. heraus. Ohne eine Kausalität damit implizieren zu wollen, waren, wie die Auflagenzahlen zeigen, die Jahre nach dem März 1938 für Ebermayer die erfolgreichste Zeit als Schriftsteller.
26.2. Die »fortschreitende Entwicklung zum unzufriedenen Autor« Es wurde bereits angedeutet, daß der Zsolnay-Autor Erich Ebermayer ein ausgesprochenes Problemkind war: was der Verlag für ihn auch tat oder unterließ war entweder zu wenig oder zu viel. Einmal war der Ladenpreis zu hoch kalkuliert, ein andermal die veranstaltete Auflage zu gering, ein andermal das Buch zu teuer. Oder, was in nicht wenigen Briefwechseln mit dem Verleger vorkommt: Der Autor habe aus allen Gegenden Deutschlands erfahren, daß das jeweilige Buch noch nicht (wegen der schwachen Werbung) einmal in die Insiderkreise vorgedrungen sei, geschweige denn zur Kenntnis eines breiteren, gebildeten Publikums. Oder: man wäre in irgendeinem Ort auf Urlaub gewesen und habe das eigene Buch in keiner Auslage oder in keiner Buchhandlung vorrätig gefunden. Oder: für einen anderen Autor des Verlags habe man einen Sonderprospekt gedruckt, für das eigene nicht, der Verlag habe für einen Autorenkollegen eine »Volksausgabe« gemacht, warum nicht für das eigene Werk, wo so viele Leser ihn dazu ermuntert hätten. Im Gegensatz zu seinem jetzigen Verleger würden andere Verlage ihm die Tür einrennen, ja »stärkstes Interesse« an seinem Werk bekunden und nebenbei noch mehr Geld anbieten. Der Verlag stehe offenkundig nicht mehr so wie früher zu ihm, lege keinen Wert mehr auf ihn, veranstalte keine Neuauflagen seiner Bücher, zeige zwar (gnädigerweise) einzelne Bücher, aber nicht (wie etwa der S. Fischer Verlag dies tue) das Gesamtwerk eines Autors an, biete ihm nicht jene Vorschüsse und Garantien an, die er anderen gebe, betreibe (für ihn) überhaupt mangelhafte Werbung. Oder: der vorgesehene Erscheinungstermin sei nicht günstig. Die Briefe Ebermayers an den Zsolnay Verlag sind voll mit solchen Vorhaltungen. Vom Standpunkt eines freien Schriftstellers, der einen festen finanziellen Boden unter den Füßen haben möchte und vom Erfolg seines Schreibens ja lebt, mögen die Vorwürfe subjektiv »richtig« erschienen sein. Ob sie wiederum objektiv berechtigt waren, ist eine zweite Frage. Wie zumeist, spielt(e) das Geld (in Form vor Vorschüssen) eine zentrale Rolle in der Beziehung eines Autors zu einem Verleger, und bei Ebermayer war es nicht anders. Für den Verleger war der Vorschuß eine meist zeitbefristete, zielgerichtete Investition, für den Autor ein regelmäßiges Einkommen. Der Abgabetermin für ein Manuskript wurde in der Regel im Verlagsvertrag festgelegt, und Zsolnay ließ diesbezüglich meist Gnade vor Recht walten. Allerdings trafen die wenigsten Manuskripte Ebermayers rechtzeitig ein, was dazu führte, daß - was wiederum beim Autor Unzufriedenheit hervorrief - geplante Termine verschoben werden mußten.
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1932 setzte die Kritik Ebermayers an seinem Verlag konzentriert ein. In einem Brief vom Dezember 1932 heißt es beispielsweise: »Darf ich bei der Gelegenheit eine kleine kritische Bemerkung machen? Warum weisen Sie so gut wie nie auf die alten Bücher Ihrer Autoren hin? Nirgends sehe ich Odilienberg oder die große Kluft angekündigt, die Bücher sind einfach versunken, es gilt immer nur das letzte Buch, während z.B. Fischer doch ganz systematisch das gesamte Werk seiner jungen Autoren dauernd in Prospekten etc. anzeigt.«11 Es war auch die Art Ebermayers, seinem Verlag in Wien Ratschläge und Zensuren zu erteilen, wie folgender Satz Anfang 1933 zeigt: »[···] denn der Zsolnayverlag, scheint mir in aller Bescheidenheit und Freundschaft, hat zur Zeit eine kleine Pechsträhne, aus der er möglichst bald herauskommen muß«.12 Schon vor dem oben zitierten Verbot von Kampf um Odilienberg bemühte sich Ebermayer, dem Verlag ein wenig Nachhilfeunterricht in Sachen »Auflagenhöhe« zu geben. Anlaß war die seiner Meinung nach zu geringe Startauflage für Werkzeug in Gottes Hand. Felix Costa versuchte die Sachlage zu klären: Sehr geehrter Herr Doktor Ebermayer, glauben Sie nicht, dass ich in der Auflagenfrage etc. Ihren Standpunkt nicht verstehen kann, wenn ich ihn auch in keiner Weise teile. Die Suggestivkraft der hohen Auflagen leugne ich nicht, aber sie ist und war nur in besonderen Zeiten anwendbar und gliche heute einem geradezu selbstmörderischen Beginnen. Absolut in Abrede aber muss ich es stellen, dass wir je 'ziemlich aussichtslose Bücher' durch hohe Auflagen und die dazu gehörige Propaganda durchgebracht haben. Mir ist ein solcher Fall nicht bekannt. Auch das herangezogene Beispiel des Fischer Verlages war kein leerer Trick, wenn Sie bedenken, dass das frühere Buch Manfred Hausmanns [sc. Lampioon küßt Mädchen und kleine Birken] eine Auflage von bisher 33.000 Exemplaren gehabt hat. Es kann keine Rede davon sein, dass aus einer Auflage von 5000 Exemplaren das mangelnde Vertrauen eines Verlegers hervorgeht. 13
Costa nahm auch zum Vorwurf, daß Kampf um Odilienberg zu teuer sei, folgendermaßen Stellung: »Der Preis des Buches ist, dem Umfang angemessen, schon ein gedrückter. Es kann nicht die Rede davon sein, dass er sehr hoch ist, da wir ihn schärfstem kalkuliert haben.« (ebd.) Der Autor ließ sich nicht überzeugen: »An dem Buch habe ich wirklich Freude. Nur schade, daß es zu teuer ist. Ich rate nochmals dringend zu einer kartonierten Ausgabe.« Mit diesem Brief begann Ebermayer sich wegen der mangelnden Werbung zu beschweren: »Hoffentlich erblicken meine suchenden Augen in nächster Zeit auch einige Inserate in Tageszeitungen. Der Absatz dürfte sich allmählich schon heben, wenn Sie ordentlich Propaganda machen, woran ich nicht zweifle.« 14 Nun folgte das Ebermayersche Urteil über die Gesamtlage des Verlags: »Sie müssen sich darüber klar sein, daß
11 12 13 14
Ebermayer an Paul Zsolnay, 3.12.1932, ebd. Ebermayer an Felix Costa, 10.1.1933, ebd. Costa an Ebermayer, 4.3.1933, ebd. Ebermayer an Costa, 15.4.1933, ebd.
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'unser' geliebter Zsolnayverlag in den letzten 2 Jahren bei Sortiment und Publikum an Vertrauen verloren hat. - Die Gründe festzustellen steht mir nicht zu.« (ebd.) Wiederum fiel Felix Costa die Aufgabe zu, Ebermayer von seinen »abwegigen« Gedanken wegzubringen: Mit dem Absatz eines Buches ist es jetzt eine sehr schwere Sache und die augenblickliche Situation lässt überhaupt keine Übersicht zu. Jedenfalls, sehr geehrter Herr Doktor, stimmt Ihre Ansicht, dass der Verlag bei den Sortimentern Vertrauen verloren habe, keineswegs. Ob dies und in welchem Umfang dies beim Publikum geschehen könnte, entzieht sich unserer direkten Kenntnis. Indirekt haben wir von Seiten des Sortiments niemals etwas Diesbezügliches gehört. Natürlich schliesst diese meine Erklärung nicht aus, dass das Sortiment und Publikum oder einer dieser beiden Faktoren mit dem oder jenen (sie) Buch nicht einverstanden sind. Aber ein Vertrauensverlust des Verlages in seiner Totalität beim Sortiment ist ausgeschlossen. Wir sind wohl überzeugt, sehr geehrter Herr Doktor, dass Sie Ihre Behauptung nicht aus der Luft gegriffen haben, aber die Äusserungen von ein, zwei oder fünf Sortimentsfirmen aus einer oder der anderen Stadt - wahrscheinlich solcher Firmen, die von uns scharf gemahnt oder geklagt worden sind und deren gibt es ja eine beträchtliche Zahl - dürfen in Ihnen keine falschen Vorstellungen erwecken. Selbstverständlich sind wir Ihnen sehr dankbar für derartige Mitteilungen und wir räumen Ihnen ohne weiteres das Recht ein, die Gründe hiefür festzustellen und uns mitzuteilen. 15
Costas allgemeines Fazit als Understatement: »Mit etwas geringerer Freude nehmen wir die in Ihrem Bozener Brief vom 17.IV. fortschreitende Entwicklung zum unzufriedenen Autor zur Kenntnis.« Er klärte den Autor über die neue Inseratenpolitik des Verlags vis-ä-vis der gleichgeschalteten Tagespresse auf, Ebermayer ließ aber nicht locker. Die »geringe Propaganda«, die der Verlag in den Tageszeitungen und Monatsschriften bisher für seinen Roman gemacht hätte, beschied er den Berliner Vertreter Ruske, sei »geradezu unfasslich«.16 »Was heisst das eigentlich: von jedem mittelmässigen Ausländer - dessen Überzahl dem Verlag in den letzten Jahren ohnehin bei Sortiment, Presse und Publikum genug geschadet hat - erscheinen in allen grossen Blättern regelmässig Inserate, - von meinem Buch, das an Qualität und Wichtigkeit d i e s e n Sachen gewiss nicht nachsteht, habe ich in einem einzigen Provinzblatt [...] bisher ein Inserat entdeckt. [...] Was hat es für einen Sinn gute Bücher zu schreiben und zu drucken, wenn nachher nicht einmal die T a t s a c h e des Erscheinens bis zum Publikum dringt?« (ebd.) Ebermayers diverse Schwierigkeiten bis etwa Mitte der 30er Jahre hatten mit seinem Verlag an sich nichts zu tun, er wurde, wie andere auch, von seiner »Vergangenheit« eingeholt. Denn er war - siehe Verbote - nicht nur in der Wahl seiner Stoffe unvorsichtig gewesen, und man sah die Dinge nun durch eine andere Brille, auch seine früheren Freundschaften und Bekanntschaften begannen sich auszuwirken und erzeugten einen Rechtfertigungsdruck. Zum einen hatte er in Zeitschriften publiziert, die »bolschewistische Literatur« veröffentlichten, zum zweiten hatte er 1928 gemeinsam mit Klaus Mann, der u.a. wegen der Ereignisse um die 15
Costa an Ebermayer, 27.4.1933, ebd.
16
Ebermayer an Ruske, 23.4.1933, ebd.
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Zeitschrift Die Sammlung in Ungnade gefallen war, eine Anthologie jüngster Prosa herausgegeben, und zum dritten hatte er 1931 den Roman Professor Unrat von Heinrich Mann für die Bühne dramatisiert. 17 Diese »Leichen« in Ebermayers Keller wurden genüßlich hervorgeholt, als es darum ging, ihn zu diskreditieren. Mitte Juni 1933 fing der Autor, obwohl der Verlag am Verbot seiner Werke wirklich keine Freude haben konnte, erneut an zu klagen und fragte trotz der schwierigen, vor allem noch unübersichtlichen Lage auf dem deutschen Buchmarkt, ob der Verlag ihn als Autor überhaupt noch haben wolle. Ebermayer an Paul Zsolnay: »Ich kenne die ungeheuren Vorschüsse und Garantieen, die Sie an andere Ihrer Autoren gezahlt haben und die gewiß jetzt zum Teil uneinbringlich sind und verkenne deshalb nicht Ihre schwierige Lage.«18 Paul Zsolnay, der von Felix Costa gebeten wurde, auf diesen Brief zu antworten, ließ eine vornehme Zurückhaltung walten, zeigte sich aber trotzdem einigermaßen erstaunt über die pausenlosen Vorhaltungen seines Autors und bekannte sich zu den mit Costa abgesprochenen Propagandamaßnahmen. Zu diesen zählte die Aufnahme von Werkzeug in Gottes Hand in die neugeschaffene Gruppe »Der Neue große deutsche Roman«. »Wir glauben damit Ihrem Buch den bestmöglichen Dienst geleistet zu haben und bedauern auch nicht, dass wir es getan haben, obwohl einige Ihrer Bücher politische Anfechtungen erlitten haben.«19 Und zur Frage der Werbung: »Die Durchführung weiterer Propaganda-Massnahmen, die Sie uns vorschlugen, konnte nicht erfolgen, weil die Kosten dieser Propaganda unseres Erachtens mit den Erfolgs-Chancen einer solchen Propaganda nicht übereingestimmt hätte, umsoweniger als die [in] Rede stehenden Zeitungen als Insertions-Organe derzeit wegen der Abnahme ihrer Auflagenhöhe ausgeschaltet sind.« (ebd.) Zsolnay versicherte dem Autor, daß für sein Buch nicht weniger getan werde als für andere Werke. Sein Schlußplädoyer: Was nun unsere prinzipielle Einstellung zu Ihnen anlangt, möchte ich Ihnen mitteilen, dass sie sich durchaus nicht zu Ihren Ungunsten verschoben hat und dass wir uns nach wie vor für Ihre Werke einsetzen werden. Die heutige Wirtschaftslage verbietet uns, über vertraglich festgesetzte Zahlungsverpflichtungen hinauszugehen (so lange es uns möglich war, haben wir dies bei Ihnen ebenso wie bei anderen Autoren gem getan) und ich muss Sie bitten, daraus keine wie immer gearteten Schlüsse auf unsere Einstellung zu Ihnen zu ziehen. Sollte sich die Wirtschaftslage bessern, wird es uns gewiss eine Freude sein, Ihnen wieder wie früher hilfreich zur Seite zu stehen, (ebd.)
Ebermayer sah nicht ein, daß er - wegen der verbotenen Werke - dem Verlag genausoviel Sorgen bereitete. Als nächstes mußte der Verlag dem Autor den Gedan17
Ebermayer bemühte sich wiederholt, den Zsolnay Verlag für eine Buchausgabe zu interessieren, was dieser aber ebensooft ablehnte, weil er auch nicht die Bühnenrechte hatte. Diese besaß der Georg Marton Verlag in Wien.
18
Ebermayer an den Paul Zsolnay Verlag, 14.6.1933, Ordner Ebermayer.
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Paul Zsolnay an Ebermayer, 16.6.1933, ebd.
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ken einer »billigen Ausgabe« von Kampf um Odilienberg ausreden, nicht zuletzt in Hinblick auf den finanziellen Ertrag. »Es ist unmöglich, die Augen heute vor der Tatsache zu verschliessen, dass politische und wirtschaftliche Umwälzungen stattgefunden haben, deren Tragweite noch nicht abzusehen ist. Jede Entschlussfassung, lieber Herr Doktor, ist darum dreifach schwierig und jede neue Verpflichtung, die man auf sich nehmen muss, wiegt dreifach schwer.«20 In den folgenden Monaten gab Ebermayer, unter Hinweis darauf, daß eine ganz neue Jugend inzwischen herangewachsen wäre, die von dem Buch gar nichts wisse, die unrealistische Idee einer Volksausgabe von Odilienberg nicht auf. Er vergaß auch nicht auf eine Neuauflage von Werkzeug in Gottes Hand zu drängen, obwohl sich beide Ausgaben nach Ansicht des Verlags nicht rentieren würden. Für den Autor ging es in dieser bewegten Zeit darum, auf dem Markt ein Lebenszeichen von sich zu geben, präsent zu sein, aber vom Verkauf her gesehen gab es zu weiteren Auflagen keine Veranlassung. Als Ebermayer darüber sinnierte, wie die Beziehung zum Zsolnay Verlag weitergehen sollte, kam er auf den abstrusen Gedanken, »politische Gründe« könnten für den abweisenden Ton des Verlags maßgebend sein. Aber nicht, weil er mit den neuen Machthabern nicht auf gutem Fuß stehe, wie man nach der Lektüre seines literarisch geformten »politischen Tagebuchs« vielleicht meinen würde. Nein, umgekehrt, weil Zsolnay irrtümlich glauben könnte, das sei eben nicht der Fall! Als Kontrast zur Selbstdarstellung der Nachkriegszeit schrieb Ebermayer an Costa am 19. Oktober 1933: Mein Verhältnis zum neuen Deutschland und zur neuen Regierung ist, nach anfanglichem Misstrauen wegen meiner Verbindung mit Heinrich Mann, jetzt denkbar gut. Ich werde von rein nationalsozialistisch geleiteten Staatstheatern in Weimar, Cassel und Meiningen zur Zeit gespielt und wie ich durch meinen Vetter, den Reichsgeschäftsführer der N.S.D.A.P. unlängst hörte, gehören meine Bücher seit Jahren zu den Werken, die der Führer und sein Kreis gem lesen. Nach der Machtübernahme bot man mir durch Mittelsleute zwei Intendantenposten in Mitteldeutschland an, was ich aber wegen meiner schriftstellerischen Tätigkeit ablehnte. Ich sage Ihnen das, nicht zu protzen, sondern um etwaige Bedenken Ihrerseits zu zerstreuen. 21
Davon ist in seinem politischen Tagebuch freilich nicht die Rede. Überhaupt steht der rauhe Ton seiner Briefe an den Paul Zsolnay Verlag im Gegensatz zu dem lammfrommen seiner Erinnerungen bzw. seines Tagebuchs. Dazu ein Beispiel aus dem Jahr 1959: »Ich weiß, daß er [Paul Zsolnay] das [eine kleine feste Rente] angesichts des Verbots meiner Bücher in Deutschland kaum tun kann, aber ich kenne ihn als Gentleman und hoffe, er wird es tun.«22 Das Thema »Volksausgabe« blieb am Tapet, und Ebermayer ließ keine Gelegenheit vorbeigehen, ohne darauf zurückzukommen. Costa bemühte sich, den Autor über die Marktverhältnisse aus der Sicht des Handels aufzuklären und meinte im 20 21 22
Costa an Ebermayer, 7.8.1933, ebd. Ebermayer an Costa, 19.10.1933, ebd. Ebermayer: Denn heute, S. 274. (Eintragung vom 3. März 1934)
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November 1933, daß »die Volksausgaben im allgemeinen jetzt in grossem Misskredit« seien. Ja, der Zsolnay Verlag hätte in diesem Jahr lediglich zwei Volksausgaben (die Nobelpreis-Ausgabe von John Galsworthy und den »VolksSchaffner«) veranstaltet. Costa im einzelnen: Nur ist leider die Abwehr gegen Volksausgaben heute sehr stark, was nicht mit der Tatsache zu verwechseln ist, dass das Publikum, infolge seiner geschwächten Kaufkraft Bücher, die neu schon billig erscheinen, vorzieht. Sie vergessen, sehr verehrter Herr Doktor, bei Ihren Betrachtungen, dass zwischen Verlag und Bücherkäufer der sehr wichtige und sehr wesentliche Faktor des Sortiments steht, der seine eigenen Geschäftsanschauungen hat, die zu respektieren sind, und zwar besonders von uns, die wir unsere kaufmännische Tätigkeit ganz auf den deutschen Buchhandel gestellt haben und damit die besten Erfahrungen machten. Gegen verbilligte Bücher ist man heute allerdings nicht nur im Sortiment, sondern auch von staatswegen herrscht eine starke Gegenströmung gegen die Überflutung des Marktes mit verbilligten Büchern. Wir bitten Sie, also in Ihrem eigenen Interesse, uns nicht zu drängen, es wird der Augenblick kommen, wo wir das Buch wieder, zu unser aller Nutzen und Freude, neu lancieren können. Es ist uns nicht bekannt, Ihnen jemals einen abweisenden Brief geschrieben zu haben, und wir versichern Ihnen, dass wir Ihrem Schaffen mit gleicher Schätzung und Erwartung gegenüberstehen, wie bisher. 23
Bereits Mitte Mai 1933 hatte sich Ebermayer in seinem Tagebuch darüber beklagt, daß der Reclam Verlag die Beziehungen zu ihm abgebrochen und zwei dort erschienene Bände, obwohl sie nicht verboten worden seien, aus der Universal-Bibliothek entfernt hätte. Wie er seinem Tagebuch anvertraute, mußte er erkennen, »daß mich der Kampf gegen Intrigen und Widerstände, vor allem aber der Druck der Zeit so unproduktiv gemacht haben wie nie vorher in meinem Leben«. 24 Die folgenden Monate und Jahre zeigten allerdings, daß er erst am Anfang der »Intrigen und Widerstände« war. Sein Roman (Der Fall Claasen) wurde nicht fertig, seine Bücher fielen der Säuberung der Leihbüchereien zum Opfer. Obwohl er an den Wiener Verlag optionsgebunden war, drohte er ständig (beispielsweise zu Ullstein) abzuwandern, das Berliner Tageblatt zögerte aus politischen Gründen, seinen neuen Roman abzudrucken, und er wurde Opfer einer Intrige eines ehemaligen Schulkameraden. Die beiden letzten Ereignisse nehmen in Ebermayers publiziertem Tagebuch breiten Raum ein, doch seine diesbezüglichen Briefe an den Paul Zsolnay Verlag weisen deutlich mehr Unmittelbarkeit auf. Einige Wochen bevor Ebermayer über die Reinigung der Leihbüchereien von Zsolnay verständigt wurde, glaubte er erfahren zu haben, daß der Verlag in Wien am Ende sei: »Man munkelt hier [in Berlin]«, schrieb er Costa am 24. September 1934, »der Zsolnay Verlag würde allmählich aufgelöst, - hoffentlich wohl ein Greuelmärchen - ?« Welche Grundlage dieses Gerücht gehabt haben konnte, ist nicht bekannt. Costa konnte ihn
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Costa an Ebermayer, 9.11.1933, Ordner Ebermayer. Ebermayer: Denn heute, S. 274.
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beruhigen: »Heute will ich [ . . . ] Ihnen versichern, dass die Gerüchte v o n einer A u f l ö s u n g unseres Verlages v o l l k o m m e n aus der Luft g e g r i f f e n sind.« 2 5 A m 3. D e z e m b e r 1934 eröffnete sich sowohl für den Verlag als auch für Ebermayer ein neuer »Kampfabschnitt«. Sehr geehrter Herr Doktor! Wir haben in Erfahrung gebracht, dass im Zuge einer Bestandsaufnahme zum Zwecke der Reinigung der Leihbüchereien durch die Überwachungsstelle im Reichsbuchamt der Fachschaft Leihbücherei unter anderem auch Ihre bei uns erschienenen Werke aus den Leihbüchereien entfernt und an die Obleute der Fachschaft abgeliefert werden sollen. Wir haben selbstverständlich sofort die nötigen Schritte gegen diese Aktion unternommen und unter anderem auch einen Brief an den Börsenverein der deutschen Buchhändler gerichtet, dessen Kopie wir Ihnen anbei einsenden. Sie werden darauf alles Nähere über die Angelegenheit ersehen. Sollten Sie die Möglichkeit haben, auch Ihrerseits etwas gegen diese Aktion zu unternehmen, so wäre dies sicherlich sehr zu begrüssen. 26 Gleichlautende Briefe Costas ergingen an Kasimir Edschmid und Frank Thiess, und über die Gegenstrategie herrschten unter den Autoren divergierende Auffassungen. A u f j e d e n Fall mußte natürlich überlegt werden, ob e i n »Wirbel« nicht mehr Schad e n als N u t z e n bringen würde. Edschmid reagierte eher gelassen-resigniert auf die Säuberungsmaßnahme - von ihm befanden sich bereits fast alle Bücher auf der »schwarzen Liste« v o m Mai 1933. Sein R o m a n der Germanenzüge, Das
Südreich,
der im Herbst 1933 auf den Markt kam, erfuhr eine höchst zwiespältige bis ablehnende Kritik, die i m Fall einer Besprechung durch Börries v o n Münchhausen so weit ging, daß ihm »das Bestreben v o n seiner literarischen Vergangenheit abzurücken« v o r g e w o r f e n w u r d e . 2 7 Der Rest war ein Verriß, aber die Vorhaltung, Konjunkturschreiber zu sein, traf den Autor so oder so schwer, aber solche Kritik war 25 26
27
Costa an Ebermayer, 10.10.1934, Ordner Ebermayer. Felix Costa an Ebermayer, 3.12.1934, ebd. Leider fehlt im Verlagsarchiv sämtliche (getrennt abgelegte) Korrespondenz mit dem Börsenverein, sodaß wir kaum eine Materialbasis haben, um die Schwierigkeiten mit Anzeigen zu belegen. Die Neue Literatur, Dezember 1933. Andere Kritiker waren um kein bißchen freundlicher: »Vorangestellt sei zunächst wieder ein Vertreter des historischen Romans, wie wir uns ihn nicht denken und wünschen: Kasimir Edschmid [...].« (Der deutsche Buchhandlungs-Gehilfe, Dezember 1933); »Natürlich bekommt man einen schlechten Geschmack in den Mund, wenn man Herrn Eduard Schmid aus Darmstadt, dereinst nicht nur körperlich, wozu er nichts kann, sondern auch geistig d.U., auf einmal im Hymnenstil Heroismus, Kriegertum, Rasse, Königtum besingen hört.« (Hamburger Tageblatt, 1.12.1933); Besonders übelwollend war Hellmuth Langenbucher, der seine Kritik vom 22.10.1933 in der Vossischen Zeitung »Edschmid zerschreibt die deutsche Geschichte« betitelte. Eine der netteren Passagen in seiner Rezension: »[...] eine literatenhaft-konfuse Spiegelung deutschen Schicksals in dem liberalistisch verweichlichten Hirn eines, schlechtes Deutsch schreibenden Schriftstellers, der während des Weltkrieges und unmittelbar darauf sich wesentlich weniger um das deutsche Schicksal kümmerte, als er es nunmehr mit den letzten Erzeugnissen seiner Feder glauben machen möchte.«
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keineswegs auf dieses Lager beschränkt.28 Der Verlag bereinigte die Angelegenheit in einem vertraulichen Briefwechsel mit Börries von Münchhausen. Edschmid zur Maßnahme der Überwachungsstelle: Der Inhalt Ihres zweiten Briefes hat mich nicht überrascht, wenn auch sehr verletzt. Fassbar sind diese Dinge ja nicht. Ich kann mich auch schwer entschliessen, etwas in der Sache zu tun und habe vorderhand in Frankfurt gebeten, authentisches darüber zu recherchieren. Ihr Begleitbrief nach Leipzig wird nicht viel Zweck haben, da er in dieselben Hände kommt, die offenbar die Anordnungen trafen. Die Überzeugung meines Rechtes und der wahrhaftigen Gesinnung meiner Bücher, und der Anklang, die sie bei den besten Leuten gefunden haben, die klare Entwickelung meines Weges, müssen mir die Haltung geben, auch Verkanntsein und Angriffe zu ertragen. Ich verkenne natürlich nicht, dass die Dinge auch eine wirtschaftliche Seite haben, doch denke ich, dass man dies überschätzt. [...] Vielleicht werde ich an Thiess, den ich freilich persönlich nicht kenne, einmal schreiben, um seinen Standpunkt zu erfahren. 29
Ebermayer war eher ein aufbrausender Typ, wie seine Reaktion zeigt: Auf Ihr Schreiben hin habe ich gleich Dr. Thiess angerufen, da ich es für möglich hielt, mit ihm gemeinsam Schritte in der geradezu unbegreiflichen Angelegenheit zu unternehmen. Frau Dr. Thiess, die ich sprach, da ihr Gatte erkrankt ist, riet davon aus vielerlei Gründen entschieden ab. Wir verblieben dabei, dass ich in einigen Tagen mit Dr. Thiess persönlich spreche. An sich hätte ich die Möglichkeit bei Blunk (sie), den ich kenne, sowie bei Dr. Goebbels vorstellig zu werden, falls Sie Wert darauf legen. Auch durch meinen Vetter, den neu ernannten Staatssekretär Reichsleiter Bouhler könnte etwas getan werden. Ich weiss aber nicht, ob und inwieweit, das ratsam und in Ihrem Sinne ist und bitte hierzu noch Ihre ausführlichere Äusserung. 30
Aus der beschwichtigenden Antwort Felix Costas zu schließen war alles halb so schlimm: Ich danke Ihnen bestens für Ihren Brief vom 5.XII. und teile Ihnen vor allem in sich aber Angelegenheit der Leihbüchereien mit, dass wir einige Aktionen in dieser Sache unternommen
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29 30
Unter der Überschrift »Weltmission und heroische Schreiberei« sieht beispielsweise Paul Stefan dieses Werk als »Beispiel dafür, [...] wie jetzt Geschichte gefärbt wird, als wären Jahrtausende nur die Vorbereitung auf das Dritte Reich gewesen; und was für heilloser politischer Unsinn dabei herauskommt, gerade wenn ein Literat 'politisch' sein möchte«. Die »Masche« Edschmids, laut Stefan: Man begeistere sich an großen Gestalten nordischer Vorzeit und fingere sie 'national' um, auf daß man anerkannt werde und in das Dritte Reich des Buchgeschäftes eingehe!« (Die Stunde, 3.10.1933, S. 5) Edschmid an Paul Zsolnay, 13.12.1934, Ordner Edschmid. Ebermayer an Costa, 5.12.1934, Ordner Ebermayer. In diesem Brief brachte der Autor seine bekannte Kritik an: »Wegen Ihrer Weihnachtspropaganda, in der mein Name überhaupt nicht vorkommt, da Sie ja unfassbarerweise immer nur die 'neusten' und 'letzten' Bücher und nie einen A u t o r als solchen propagieren hege ich schweren Groll gegen Sie, will Sie aber jetzt, wo Sie ohnehin Sorgen haben, nicht noch mehr verwirren!«
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haben und dass sich die Sache auf gutem Wege zu befinden scheint. Eine ernstliche Bedrohung dürfte jedenfalls nicht vorliegen. Wir werden Sie gerne über den Stand der Angelegenheit gelegentlich wieder informieren. 31
Mangels relevanter Verlagskorrespondenz wissen wir nicht, welche Aktionen der Verlag setzte und wie die Angelegenheit bereinigt wurde. Jedenfalls noch beschwichtigender war die Auskunft Paul Zsolnays am folgenden Tag in dessen Brief an Kasimir Edschmid: Wegen der Aktion gegen die Leihbüchereien haben wir die notwendigen Interventionen durchgeführt und beruhigende Nachrichten erhalten. Es liegt daher, wie ich glaube, nichts vor, was Sie oder uns ernstlich besorgt machen könnte. 32
Mit dem vom Verlag Getanen war Ebermayer nicht glücklich: Ich hoffe sehr, dass die Angelegenheit der Leihbüchereien inzwischen günstig weitergegangen ist. Ich bin der Überzeugung, dass man sich von Ihrer Seite aus viel stärker und deutlicher für Ihre arischen Autoren und deren Behandlung in Deutschland einsetzen sollte, als dies bisher geschehen ist. 33
Der Autor eines früher erschienenen, dem »NS-Kodex« nun nicht entsprechenden bzw. eines nach der NS-Machtübernahme herausgebrachten Buches, das einem Kritiker wie »Konjunkturschrifttum« vorkam, hatte alle Hände voll zu tun, den Schaden zu begrenzen, sich und das bemängelte Werk doch in ein anderes Licht zu stellen. Das kostete, wie das Beispiel Ebermayer, der mit seinen guten Verbindungen zu den Entscheidungsträgern protzte, zeigt, enorm viel Zeit und Nefven. Es ist ein häufig anzutreffendes Phänomen, daß Autoren, deren Bücher in der NS-Zeit teilweise unter Beschüß gerieten, ja verboten wurden, nach dem Krieg ebendiesen Umstand zitierten, um sich einer ihnen auferlegten Verantwortung zu entziehen. Der einzige Haken liegt darin, daß verschwiegen wird, was man nicht alles in der NS-Zeit unternahm, um, zumindest pro forma eine nationalsozialistische Gesinnung hervorzukehren oder eine allfällige Maßnahme gegen ein Werk wieder rückgängig zu machen. Die Glaubwürdigkeit der »Opferrolle« muß zwangsweise darunter leiden. In einer NS-Zeitung verbal attackiert zu werden, konnte für einen Autor weitreichende Folgen haben. Ausführlich erzählt Ebermayer in seinem Tagebuch von einer Intrige gegen ihn von Seiten eines früheren Schulkameraden namens Dr. Bernhard Payr von der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums. Auf dem Spiel standen nicht nur Geld, das er von einem Vorabdruck seines Romans Der Fall Claasen im Berliner Tageblatt zu erwarten hatte, sondern auch 31 32 33
Costa an Ebermayer, 19.12.1934, Ordner Ebermayer. Paul Zsolnay an Edschmid, 20.12.1934, Ordner Edschmid. Ebermayer an Felix Costa, 20.12.1934, Ordner Ebermayer.
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die drohende Ächtung. D i e öffentliche Kampagne begann i m April 1935 in e i n e m Artikel in der Tageszeitung Der Führer
(Karlsruhe) und fand ihr vorläufiges E n d e
in e i n e m Artikel v o n »Dr.P.« Anfang Mai im Schwarzen
Korps
unter der Ü b e r -
schrift »Ein sonderbarer Vertreter des deutschen Schrifttums. Ausgerechnet Herr Dr. Ebermayer alias Franz Cammerlohr reist als Kulturapostel« und einer Replik Ebermayers z w e i W o c h e n später. 3 4 D i e Invektiven Payrs lieferten den Stolperstein für den Romanabdruck i m Berliner
Tageblatt.
Ebermayer in e i n e m Bericht an Paul
Zsolnay: Hoffentlich kommt nicht, was man ja immer fürchten muss, irgendeine politische Intrige dazwischen, ich stehe gerade wieder einmal im Kampf gegen einen alten Schulfreund- und Feind, der mich in einem Blatt verleumdet hat, u. a. mit der naiven Behauptung, ich lebte als Emigrant seit zwei Jahren in Wien und sei Angestellter des jüd. Martonverlages, Behauptungen, die nicht schwer zu widerlegen sein dürften, sollte man meinen... Die Sache geht nun bis zum Minister und ich bin fest überzeugt, dass man mir Gerechtigkeit widerfahren lassen wird. 35 Aber so schnell war die Affäre nicht aus der W e l t zu schaffen. Ebermayer an F e l i x Costa am 16. Juni: Beim Berliner Tageblatt haben sich inzwischen kleine Schwierigkeiten ergeben, die aber annehmbar in den nächsten Tagen beigelegt werden. Irgendein junger Herr der Reichsschrifttumskammer versteht nicht recht, warum gerade mein Roman an so prominenter Stelle erscheinen soll, und es wird versucht, der Redaktion Angst zu machen. Man hat nun inzwischen eine kurze Novelle eingeschoben und hofft, dass in 10-12 Tagen, bis diese zu Ende ist, der Roman ungehindert erscheinen kann, da sich mein Vetter, Reichsleiter Bouhler, dafür verwenden soll. 36 Für Ebermayer ging die Sache noch glimpflich aus, es k a m e n aber dann neue Schwierigkeiten auf Verlag und Autor zu. A m Claasen
17. September wurde Der
Fall
ausgeliefert, und z w e i W o c h e n später mußte F e l i x Costa mit schlechten
Nachrichten k o m m e n : In der Angelegenheit einer Neuauflage von »Kampf um Odilienberg« müssen wir Ihnen leider sagen, dass dieses Buch in den verschiedensten Teilen Deutschlands verboten worden ist und dass wir noch jetzt häufige Meldungen von Sortimentern über Beschlagnahmen bekommen. Wir warnen Sie, gerade jetzt, da Ihr neuer Roman erscheint, irgendetwas für »Odilienberg« zu unternehmen, vor allem auch deshalb, weil wir leider in der Propagierung des »Fall Claasen« auf viel34
35 36
Das Schwarze Korps, Folge 9, 1.5.1935, S. 13. Herr Ebermayer ist böse. In: Ebd., Folge 11, 15.5.1935, S. 13. Ebermayer an Paul Zsolnay, 8.5.1935, Ordner Ebermayer. Ebermayer an Costa, 16.6.1933, ebd. Im Widerspruch dazu steht die angebliche Tagebucheintragung vom 4. Juni 1935 (Ebermayer: Denn heute, S. 538), wo es heißt: »Ich frage ihn [Jacobi], wieso ihn dies noch interessiere, da das Berliner Tageblatt ja ohnehin bereits den Vorabdruck des Romans abgelehnt hat.« Im selben Brief fügt der Autor ein kryptisches Postskriptum hinzu: »Übrigens höre ich, daß man gegen den P.Z.V. obigerseits einen neuen Schlag plant. Sind Sie gewappnet? Näheres weiß ich nicht.«
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fache Schwierigkeiten stossen. Das Börsenblatt für den deutschen Buchhandel z.B. hat die Aufnahme einer Anzeige dieses Buches abgelehnt und auch bei der Aufnahme in Buchhändlerkataloge ergaben sich Widerstände. Seien Sie überzeugt, dass wir »Kampf um Odilienberg«, das uns besonders am Herzen liegt, nicht aus dem Auge verlieren werden, es scheint uns aber ausgeschlossen, momentan etwas dafür zu tun. 37 S o z a h m w i e in seinem Tagebuch ( w o v o n einer persönlichen Anerkennung Joseph G o e b b e l s nirgends die Rede ist) reagierte Ebermayer auf diese Aussichten in seiner Antwort an d e n Verlag keineswegs. Er dachte nämlich, daß seine Schwierigkeiten durch seine B e z i e h u n g e n ein glückliches Ende n e h m e n würden. 3 8 D e r Brief zeigt außerdem, daß selbst e i n Schriftsteller vor Ort die verstreuten Verbotsinstanzen nicht durchblicken konnte: In der Angelegenheit einer Neuauflage von »Kampf um Odilienberg« schliesse ich mich im Augenblick Ihrer Ansicht an, möchte aber schon heute sagen, dass ich im Lauf der nächsten Zeit eine Neuauflage u n b e d i n g t erwarte, sobald die Frage des Verbotes in Deutschland völlig geklärt ist, was ich nunmehr in die Hand nehmen werde. Das Buch ist tatsächlich nicht verboten, wenn also lokale Behörden Schritte dagegen unternehmen, so sind diese unerlaubt. Ich werde die Angelegenheit dieser Tage meinem Vetter, Reichsleiter Bouhler, Chef der Kanzlei des Führers, vortragen und Ihnen Nachricht geben. 39 Ebermayer, der der subjektiven Ansicht war, der Verlag würde ihn vernachlässigen,
konnte
nicht wissen,
daß Interventionen und energische
Schritte
zum
»täglichen Brot« des Verlags g e w o r d e n waren. Ausserordentlich überrascht bin ich von Ihrer Mitteilung betreffs der Propagierung von »Fall Claasen«. Ich bitte Sie dringend, die Sache mit äusserster Schärfe zu verfolgen, ohne jede Angst, für mich sich einzusetzen. Es scheint sich bei den Herren des Buchhändler-Börsenblattes noch nicht herumgesprochen zu haben, dass ich erstens in jeder Beziehung politisch völlig einwandfrei bin, dass aber zweitens diese Tatsache von Herrn Reichsminister Dr. Göbbels (sie) und von Reichsleiter Bouhler bei jeder Gelegenheit betont wird, um diese alten Stänkerer und Gegner zurückzuweisen; es scheint dies eine Leipziger Klique von »Jugendfreunden« zu sein, aus denen ja auch jener Dr. Payr stammt, der mich im Frühjahr angriff, und dessen Verleumdungen gerade das Eintreten von Bouhler und dem Herrn Minister für mich zur Folge hatten. Ich bin entschlossen, in dieser Sache mit aller Energie vorzugehen und bitte Sie, zunächst mir das Schreiben des Buchhändler-Börsenblattes, in dem es die Annahme ablehnt, abschriftlich zu übersenden und
37 38
39
Costa an Ebermayer, 3.10.1935, ebd. Vgl. Ebermayer: Denn heute, S. 605. Die eigentliche Siegesmeldung schickte Ebermayer an Costa am 7. Juli: »In meinem Kampf gegen Herrn Payr von der Schrifttumsstelle bin ich zunächst wenigstens als Sieger hervorgegangen, Herr Min. Dr. Goebbels hat meine 'Denkschrift' gelesen und mir sofort darnach durch seinen Adjudanten (sie) mitteilen lassen, dass er den Abdruck von 'Fall Claasen' im B.T. durchaus begrüsst, - aus der Diplomatensprache übersetzt bedeutet das, dass er die gegen mich vom Zaun gebrochenen Angriffe missbilligt.« Ebermayer an Costa, 6.10.1935, Ordner Ebermayer.
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mir, wenn Sie dazu in der Lage sind, mitzuteilen, w e r hinter dieser Ablehnung steckt. Vor allem aber bin ich auf die Begründung gespannt! Wenn Sie es für richtig halten, bitte ich Sie, inzwischen schon, da die Sache ja eilt, sich nochmals an das Buchhändler-Börsenblatt zu wenden und ihm mitzuteilen, dass auf verleumderische Angriffe eines früheren Schulkameraden von mir Herr Reichsminister Dr. Göbbels (sie) mir am 5. Juli mitgeteilt hat, dass gegen mich und insbesondere gegen die Veröffentlichung meines Romans »Fall Claasen« k e i n e r l e i B e d e n k e n bestehen. Ich sollte annehmen, dass dieser Bescheid des Mannes, der an höchster Stelle für die gesamte deutsche Kultur verantwortlich ist, sogar die liebenswürdigen Bedenken des Buchhändler-Börsenblattes zu zerstreuen vermag. Ich bitte Sie überhaupt, von dieser ministeriellen Entscheidung auch gegenüber Sortimentem, bei denen sich offenbar auch eine alte Abneigung gegen mich festgefressen hat, weitestgehend Gebrauch zu machen. (ebd.)
Ohne eine Antwort des Verlags abzuwarten, meldete sich der merklich nervöse Ebermayer erneut: Sobald ich Ihre Nachricht betreffs des Buchhändler-Börsenblattes habe, werde ich mich direkt an Herrn Minister Dr. Göbbels und an Reichsleiter Bouhler wenden, da ja von diesen beiden Stellen ausdrücklich der Abdruck meines Romans für völlig unbedenklich erklärt wurde, und daher die Einstellung des Buchhändler-Börsenblattes eine glatte Desavouierung des Herrn Ministers bedeutet. 40
Ebermayer, der eine besondere Affinität zu Gerüchteküchen gehabt zu haben scheint, wartete auch diesmal abschließend mit Neuem auf: Übrigens kursieren hier hartnäckig Gerüchte, dass der Zsolnay-Verlag in andre Hände übergehen soll. Darf Ihr Autor hierüber schon Näheres erfahren-? (ebd.)
Schon am 8. Oktober konnte Costa dem Autor mitteilen, daß »es unseren mit grossem Nachdruck geführten Bemühungen gelungen ist, den Widerstand des Börsenblattes zu brechen. Die Anzeige Ihres Buches wird also im Börsenblatt erscheinen.«41 Und wenige Tage später nahm Costa zu den Gerüchten folgendermaßen Stellung: »Die Gerüchte, von denen Sie uns schreiben, sind gänzlich aus der Luft gegriffen. Es ist uns rätselhaft, wie derartige Gerüchte, die aber schon jeder Ursache entbehren, entstehen können.«42 Im Glauben nun, daß ihm im Dritten Reich niemand mehr etwas anhaben könnte, ging Ebermayer mit Hilfe seines Vetters daran, den Bann über Kampf um Odilienberg zu brechen und lieferte einen erneuten Beweis dafür, daß kaum jemand, am allerwenigsten die Autoren, die Schrifttumsindizierung zu durchblicken vermochten. Anders ist folgende Feststellung Ebermayers in seinem Brief an seinen Vetter nicht zu interpretieren: 40 41 42
Ebermayer an Costa, 8.10.1935, ebd. Costa an Ebermayer, 8.10.1935, ebd. Costa an Ebermayer, 12.10.1935, ebd,
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Aber da das Buch nicht verboten ist und, solange es nicht vergriffen war, in jeder Buchhandlung frei gekauft werden konnte, nehme ich an, dass auch der weitere freie Verkauf, der eben doch nur durch eine Neuauflage ermöglicht würde, nicht auf Widerspruch stossen kann. Etwas merkwürdig ist nur, dass das Buch, obwohl nicht verboten, in ein oder zwei Städten, wie mir der Verlag mitteilt, polizeilich beschlagnahmt ist, in allen anderen dagegen beliebig verkauft werden kann. Wie dies möglich und zu erklären ist, weiss ich nicht. 43 K a u m war dieser Brief abgeschickt, erschien im Börsenblatt Kampf
um Odilienberg
am 24. Oktober 1935
unter den verbotenen Druckschriften. A l s Kämpfernatur,
die er war, entschloß sich Ebermayer, sich mit seiner Causa direkt an die Reichsschrifttumskammer zu w e n d e n und die Bitte vorzutragen, »dieses für m e i n Gesamtwerk und meine Entwicklungslinie wesentliche Buch« nicht gänzlich
vom
deutschsprachigen Markt verschwinden zu lassen und das Werk gründlich überarbeiten zu dürfen. 4 4 W a s sonst jeder, und offenbar nur Ebermayer nicht wußte, wurde mit e i n e m Schreiben des Präsidenten der Reichsschrifttumskammer
vom
8. N o v e m b e r 1935 zur Gewißheit: Auf Ihr Schreiben vom 30. 10. 35 teile ich Ihnen mit, dass eine Neuauflage Ihres im Paul Zsolnay-Verlag erschienenen Buches »Kampf um Odilienberg« in vorliegender Form unerwünscht ist. Ich setze Sie davon in Kenntnis, dass diese Druckschrift bereits 1933 in die Liste des unerwünschten Schrifttums eingereiht worden ist, dass somit also der Vertrieb durch den Buchhandel in jeglicher Form untersagt ist. Ob eine Neuauflage in einer völlig veränderten Form möglich ist, kann z.Zt. noch nicht beurteilt werden, da in diesem Fall erst das umgeänderte Manuskript zur Einsichtnahme vorgelegt werden müsste. im Auftrag: gez. Dr. [Karl] Heini 45 D a m i t scheint Ebermayer auch die Lust verloren zu haben, weiter u m die Freigabe seiner verbotenen Bücher zu kämpfen. Anläßlich einer Reise nach W i e n Ende Oktober/Anfang N o v e m b e r 1936 kam Ebermayer mit Paul Zsolnay zusammen, und obwohl manche A u f z e i c h n u n g e n den Eindruck eines starken Redigierens hinterlassen, ist seine persönliche Einschätzung seines Verlegers w o h l d o c h nicht unzutreffend: Zsolnay ist, was die politische Lage Österreichs betrifft, Optimist. Erstens glaubt er nicht, daß Hitler jemals hier einmarschieren wird, weil Mussolini dies nie dulden würde. Und zweitens ist er überzeugt, daß, wenn Österreich sich je an Deutschland anschließen würde, die Judenfrage
43 44 45
Ebermayer an Philipp Bouhler, Durchschlag, 19.10.1935, ebd. Ebermayer an die Reichsschrifttumskammer, Durchschlag, 30.10.1935, ebd. Abschrift im Ordner Ebermayer.
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hier völlig anders und wesentlich milder gelöst werden würde als im Reich. Den alteingesessenen jüdischen Familien und Unternehmen würde kein Haar gekrümmt werden. Ich staune und schweige. Möge Paul von Zsolnay recht behalten! 46
Daß Österreich zu einer Probebühne in Sachen Judenverfolgung werden sollte, war nicht vorherzusehen. Später als vielleicht andere Autoren des Verlags, die ihre Präsenz auf dem deutschen Buchmarkt nicht gefährden wollten, kam Ebermayer darauf, daß eine weitere Verbindung zum »jüdischen« Verlag in Wien für seine Karriere nicht förderlich sein konnte. Ohne den schroffen Ton seiner Briefe zu wählen, erzählt Ebermayer im zweiten Band seiner »Erinnerungen« von einem entsprechenden Hinweis im Dezember 1937, zu einem Zeitpunkt, als sich Meldungen über teils inoffizielle Boykottmaßnahmen im Deutschen Reich gegen den Paul Zsolnay Verlag häuften. Das Problem Ebermayers blieb nicht lang virulent. In einer Erinnerung von Anfang Dezember heißt es: Vor drei Tagen ein aufregendes Telefonat mit Bouhler. Es wird unangenehme Konsequenzen für mich haben. Der Herr Reichsleiter und Chef der Kanzlei des Führers sagte mir klipp und klar, es sei unmöglich, daß ich weiterhin meine Bücher bei Paul Zsolnay in Wien, einem ausländischen und jüdischen Verlag, verlegen würde. Eine jüdische Sekretärin sei schon allerhand, aber auch noch ein jüdischer Verlag, fast fünf Jahre nach der Machtergreifung, das sei denn doch zu viel! Ich erklärte, daß ich Verträge hätte, die ich nicht einfach brechen könne, außerdem sei ich dort gut aufgehoben. [...] Daß dich [so Bouhler] die deutschen Sortimenter auf die Dauer boykottieren werden, wenn deine Bücher bei einem ausländischen und jüdischen Verlag erscheinen! 47
Daß die Probleme Ebermayers im NS-Staat daher rührten, daß seine Bücher in einem »jüdischen« Verlag erschienen, konnte man wirklich nicht behaupten und daß Ebermayer zwischendurch wegen der Verbindung zu Zsolnay angegriffen wurde, wäre nicht ungewöhnlich gewesen. Nur scheinen seine Beteuerungen über die Verträge, die er nicht brechen könne, nicht ganz glaubwürdig zu sein, vorausgesetzt, man kennt seine Korrespondenz mit dem Verlag in Wien. Anfang Februar 1935 teilte der Jurist Ebermayer seinem Verleger Paul Zsolnay in einem Eilbrief mit, er brauche sich an gar keine Verträge mehr zu halten: Eine rein juristische Möglichkeit, mich an den Vertrag zu fesseln besteht für Sie schon um deswillen nicht, weil sich seit Abschluss des Optionsvertrags die Dinge in der Aussenwelt grundlegend verschoben haben, so dass an sich eine Verpflichtung, Ihnen meinen neuen Roman auch unter derart veränderten politischen Verhältnissen zu gleichen Bedingungen anzubieten nicht mehr konstruiert werden kann. 48
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Erich Ebermayer: »... und morgen die ganze Well. Erinnerungen an Deutschlands dunkle Zeit, S. 119f. Ebd., S. 210. Ebermayer an Paul Zsolnay, 1.2.1935, Ordner Ebermayer.
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Ebermayer irrte, und das hat ihm Paul Zsolnay klar gemacht: Obwohl für mich keinerlei Zweifel an der Rechtsgültigkeit des zwischen Ihnen und uns in Wien geschlossenen Vertrages besteht, habe ich trotzdem unseren Vertrag unserem Verlags-Syndikus vorgelegt, der erklärte, dass eine Anfechtung dieses Vertrages Ihrerseits von keinem Gesichtspunkt aus gerechtfertigt erscheint. - Besonders erstaunt bin ich auch über den Passus Ihres Briefes, dass unser Vertrag wegen der geänderten politischen Situation abgeändert werden müsse. Keiner der Autoren, mit denen unser Verlag in Verbindung steht, hat je dieses durchaus unstichhaltige Argument angeführt. Unser Verlag verlegt Autoren, die in nationalen Kreisen zumindest so anerkannt sind, wie Sie und die mit Genugtuung und Freude unserem Verlag angehören. 49
In den Kriegsjahren blieb Ebermayer auch im Umgang mit Karl H. Bischoff seiner Gewohnheit, nicht zufriedenzustellen zu sein, treu. Nach dem Krieg erschien eine Reihe seiner Bücher im wiedergegründeten Paul Zsolnay Verlag. 26.2. Kasimir Edschmid Für den Verleger eines Autors, dessen »sämtliche Schriften« nach 1933 entweder erlaubt oder verboten waren, war es eine einigermaßen klare Sache: Man wußte mehr oder weniger, woran man war, der Autor auch. Anders verhielt es sich, wie der Fall Ebermayer gezeigt hat, wenn - manchmal nur vorerst - Einzelschriften eines Autors von einem Verbot betroffen waren. Das Verbot eines oder mehrerer Werke färbte sich nämlich auf die übrigen lieferbaren Bücher ab und ließ den Autor selbst im Zwielicht erscheinen. Das hatte zur Folge, daß einer, der auf dem Markt präsent bleiben wollte, ständig um seinen Ruf kämpfen mußte, aber auch, daß die Buchhändler verunsichert wurden, da letztlich sie zu wissen hatten, was »angängig« war und was nicht. Eine Denunziation oder eine Punzierung war schnell in die Welt gesetzt, sie wieder auszubügeln - Stichwort Adolf Bartels - ein für den Autor mühsames Unterfangen, das nicht immer zum erwünschten Erfolg führte. Die Zwitterstellung des nicht ganz genehmen, aber nicht ganz verbotenen teilte Ebermayer mit seinen Verlagskollegen Kasimir Edschmid und Frank Thiess. Am Beispiel der Kurt Wolff-Autoren Franz Werfel, Heinrich Mann, Max Brod und anderen läßt sich für die 20er Jahre eine eindeutige Magnet- oder Sogwirkung des damals neu gegründeten Paul Zsolnay Verlags beobachten. Ein zusätzlicher Beleg dafür, daß der Verlag in Wien bereits so etwas wie eine »corporate identity« unter den Autoren hatte, zeigt der Vorstellungsbrief Edschmids aus dem Jahr 1925. Als er mit Paul Zsolnay den ersten Kontakt knüpfte, berief er sich nämlich auf ein Gespräch mit Kurt Wolff, der ihm zufällig von der Übernahme von Heinrich Mann und Franz Werfel erzählt hatte und präsentierte daraufhin sein »Anbot«:
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Paul Zsolnay an Ebermayer, 2.2.1935, ebd.
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Haben Sie ein grosses Interesse an diesem grossen Buch, dem sich zirka drei weitere Bücher anschliessen, ein kleinerer phantastischer Roman, eine Erzählung, ein Reise- und ein Essai-Buch? Welches sind Ihre Bedingungen? Bis wann können Sie den Roman »Generäle« edieren? 50
Costa bekundete das prinzipielle Interesse des Verlags an Edschmids Schaffen und wollte keine Zeit verlieren: »Wir würden uns sehr freuen Sie als Autor unseres Verlages begrüssen zu können. Nach dieser Feststellung wollen wir Ihre Anfrage beantworten, bis wann wir Ihren neuen Roman herausgeben könnten.«51 Costa war auch sonst sehr entgegenkommend, ja sein Brief zeugt noch vom jugendlichen Elan des Verlags, Bücher vom Fleck weg zu nehmen: Obwohl wir besonders in den letzten Monaten vielfach neue Bindungen eingegangen und auf geraume Zeit hinaus versorgt sind, würden wir es so einrichten, dass Ihr neuer Roman im Frühjahr 1926 erscheint, wenn zwischen uns eine Einigung erzielt wird. Bezüglich der Bedingungen erwarten wir mit der Einsendung des Roman-Manuskriptes Ihre Vorschläge. Es ist dies ein Vorgang, den wir sämtlichen Autoren gegenüber bisher beobachtet haben. Wir würden das Manuskript in kürzester Frist lesen und Ihnen unsere Stellungnahme sofort bekannt geben, (ebd.)
Aus dem Termin Frühjahr 1926 wurde nichts, Edschmid debütierte Ende März 1927 mit seinem phantastischen Roman Die gespenstigen Abenteuer des Hofrat Brüstlein (Auflage 5 000 Ex.). Von seinem zweiten Werk bei Zsolnay ließ der Verlag gleich 10 000 Stück als Erstauflage drucken: Der Roman Sport um Gagaly kam am 8. Februar des folgenden Jahres heraus. Als das Buch in Vergessenheit zu geraten drohte, verwertete der Verlag die Lagerbestände und warf im Juli 1930 eine Ausgabe der BZW (4 313 Ex.) auf den Markt. Das gleiche Schicksal teilte Edschmids Lord Byron. Roman einer Leidenschaft, der am 5. September 1929 in einer Auflage von 8 000 Exemplaren herausgebracht wurde (nachgedruckt wurden zu einem späteren Zeitpunkt weitere 4 000). Etwa zwei Jahre nach der Erstauflage gab es eine Ausgabe der BZW. Auf Lord Byron folgten am 8. Mai 1930 der Band Hallo Welt! 16 Erzählungen (Auflage 3 000; BZW-Ausgabe, 13.4.1933), der Roman Feine Leute oder Die Großen dieser Erde in erster Auflage am 10. September (6 000) und im 2. Auflage am 20. November 1931 (7.-8.Tsd.). Edschmids nächstes Werk war wiederum ein Roman: Deutsches Schicksal. Für dieses und spätere Bücher erhielt der Autor ein Honorar der oberen Mittelklasse, nämlich 16% des Ladenpreises, und es sollte sein bislang erfolgreichstes Buch sein. Anfang September 1932 erlebte es eine Auflage von 6 000 und am 1. Dezember wurden 3 000 herausgebracht. Es ist nicht auszuschließen, daß eine Anzeige im
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Edschmid an den Zsolnay Verlag, 21.8.1925, Ordner Edschmid. In einem weiteren Brief Edschmids vom 29.8.1925 heißt es: «Ich will damit sagen, dass ich mich an Sie gewandt habe, weil die Konstruktion Ihres Verlages mir am besten zusagte und ich die meiste Resonanz erwarte.« Ordner Edschmid. Costa an Edschmid, 26.8.1925, ebd.
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Börsenblatt mit dem Faksimile eines »Empfehlungsbriefs« vom Reichsminister des Innern den Verkauf beeinflußte.52 Eine dritte Auflage, das 10.-13.Tsd., folgte im April 1941. Aber im Jahre 1933 gab es für Edschmid gewichtige Probleme, die an anderer Stelle schon erwähnt worden sind: drei seiner Bücher, darunter Die gespenstigen Abenteuer des Hofrat Brüstlein, schienen auf der Liste der Leipziger Studenten auf, die Liste im Börsenblatt im Mai 1933 indizierte alles mit Ausnahme von zwei Frühwerken, während die Liste 1 von 1935 zwei Einzelschriften, die bei Zsolnay erschienen waren (Feine Leute oder Die Grossen dieser Erde und Sport um Gagaly) verbot. Zudem wurden, meist bevor ein Verbot ausgesprochen worden war, alle bisherigen Werke Edschmids im Zsolnay Verlag, mit Ausnahme des Romans Deutsches Schicksal, in den Jahren 1933 und 1934 verramscht. Der »Roman der Germanenzüge« vom September 1933, Das Südreich, erfuhr, vorliegenden Kritiken zufolge, eine vorwiegend boshaft-negative Aufnahme. An vorderster Front der Ablehnung stand Börries von Münchhausen, der sich kein Blatt vor den Mund nahm: Der Verfasser [Edschmid] behauptet, daß er sein Buch 1932 geschrieben habe. Nun, ich glaube, er irrt sich, er hat wichtige Sätze erst nach dem Hitler-Umsturz 1933 geschrieben, und das Bestreben von seiner literarischen Vergangenheit abzurücken ist bei ihm ebenso durchsichtig wie bei Hanns Heinz Ewers und vielen anderen. Warum sind die Herren nur so ängstlich? Es ist doch keine Schande, einen Irrtum einzugestehen, und es wird wohl keinen Menschen geben, der nicht über wichtige Fragen des Glaubens, der Weltanschauung, der Politik ebenso wie über Fragen der Kunst und der Wissenschaft in verschiedenen Jahrzehnten seines Lebens verschieden gedacht hat. Verächtlich ist doch nur das Vortäuschen einer Überzeugung aus Gründen, die nicht sachlich sind. 53
Das waren harte Vorwürfe, die Paul Zsolnay mit Hinweis darauf, ihm würden viele Stimmen vorliegen, die das Werk als »nationales Buch« bezeichneten, höchstpersönlich zu klären versuchte. Edschmid war auch bemüht, seinem Verleger gegenüber den Vorwurf zu entkräften: Was nun aber den Fall Münchhausen noch betrifft, so ist zu betonen, dass das »Südreich« im November 1932 fertig vorlag. Das ist beweisbar. Ich habe 33 lediglich einen Teil des Ms. noch auf die Maschine übertragen. Deutsches Schicksal ist anno 1930 im Entwurf völlig beendet gewesen und hat 31 schon zum Vorabdruck vorgelegen. Zu erwähnen wäre (um rein thematisch auf den Konjunkturvorwurf einzugehen), dass in »Feine Leute« der einzige Mann von moralischer Substanz, der dieser Oberschicht gegenübersteht, ein deutscher Offizier ist - neben einer Figur, die Balbo darstellt. Dieses Buch ist 29 geschrieben.54
Wegen der unfreundlichen Aufnahme seines Südreich-Romans war Edschmid unsicher, ob er es sich noch leisten könne, bei Zsolnay zu bleiben. Es war ihm nämlich 52 53 54
Börsenblatt, Nr. 236, 8.10.1932, S. 4338. Die Neue Literatur, Heft 11, November 1933, S. 631-632. Hier S. 631. Edschmid an Paul Zsolnay, 5.12.1933, Ordner Edschmid.
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verdächtig vorgekommen, daß Bücher von Walter von Molo und Jakob Schaffner nicht in Wien erschienen waren. Diese Überlegungen führten dazu, daß ein schon Anfang 1934 in Arbeit befindlicher Roman nicht fertig wurde. Hinzu kam noch die »Reinigung« der Leihbüchereien Ende des Jahres, von der seine Bücher betroffen waren. Es dauerte bis Februar 1937, bevor ein neues Buch von Edschmid bei Zsolnay erschien: Der Liebesengel. Roman einer Leidenschaft. Nach der Erstauflage von 5 000 Exemplaren folgten zwei weitere im Mai und Oktober (8.-10.Tsd.) desselben Jahres. Eine 4. Auflage kam im Mai 1940 (11.-13.Tsd.) heraus. Edschmids letztes Werk im Zsolnay Verlag war die Erzählung Erika, die im September 1938 auf den Markt kam. Erst nach Kriegsende wurde die Beziehung wieder geknüpft.
26.3. Frank Thiess. Die »innere Emigration« im Spiegel der Verlagskorrespondenz Es ist eine Ironie des Schicksals, daß ausgerechnet jene Literaten, die sich nach 1945 in der Polemik gegen den »äußeren Emigranten« Thomas Mann in der Debatte um die »innere Emigration« besonders exponierten, ihr Werk im Paul Zsolnay Verlag erschienen ließen: Walter von Molo, Erich Ebermayer und Frank Thiess. Alle drei genossen zwölf Jahre lang, manchmal mehr, manchmal weniger, die Vorteile eines geschlossenen Literaturmarkts in Nazi-Deutschland und wurden post festum angehalten, auch ihr Verhalten zu rechtfertigen. Alle drei publizierten ihre Erinnerungen, und daß manche ein wenig vage waren und Tagebücher für Publikationszwecke gehörig »frisiert« wurden, dafür gibt es genügend Beispiele. Die von Frank Thiess in Anspruch genommene Legitimation wurde von der Germanistik des öfteren in Frage gestellt.55 Freilich, die Schriftstellerkarriere von Frank Thiess, der 1931 mit dem Paul Zsolnay Verlag einen General vertrag abschloß, weist genauso viele Brüche und Widersprüche auf wie bei jedem anderen Autor. Er war bemüht, einerseits dem Zeitgeist Tribut zu zollen, andererseits nicht zu sehr anzuecken. Was er allerdings an Zeugnissen als Schriftsteller im Dritten Reich hinterließ, ist schwerlich dazu angetan, jenen Begriff zu untermauern, den Thiess 1933 geprägt haben will, nämlich die eigene »innere Emigration«. 56 Eine Analyse des Briefwechsels zwischen Thiess und dem Zsolnay Verlag soll diese Frage zu klären versuchen.
55
56
Reinhold Grimm: Innere Emigration als Lebensform. In: Exil und innere Emigration. Third Wisconsin Workshop. Hrsg. v. Reinhold Grimm und Jost Hermand. Frankfurt 1972, S. 31-73 und neuerdings durch Gerhard Renner: Frank Thiess: Ein »freier Schriftsteller« im Nationalsozialismus. In: Buchhandels geschickte 1990/2, S. Β 41-B 50. Zu diesem Komplex siehe auch Gäbor Kerekes: Frank Thieß - ein innerer Emigrant? Versuch einer Antwort am Beispiel seines Romans Thushima (sie). In: Germanistisches Jahrbuch DDR-UVR 1989, S. 23-34 und Hans Schwerte: Auflösung einer Republik. Über einen Roman von Frank Thieß: Der Zentaur, 1931. In: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 35 (1991), S. 275-293. Hier S. 279 f. Näheres dazu siehe Renner: Frank Thiess, S. Β 41.
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Aufschluß über seine (konjunkturbedingte) Einstellung zum neuen deutschen Staat gibt ein Zeitungsinterview, das im Juni 1933 in mehreren deutschen Zeitungen erschien. Die wohl redaktionell beigefügten Überschriften lauten: »Ein Dichter bekennt sich zum neuen Staat«57 bzw. »Ein Dichter bekennt sich zum neuen Reich«.58 Ironie am Rande: das Interview führte Victor Polzer, seines Zeichens Übersetzer und Lektor des Zsolnay Verlags und jüdischer Herkunft. Das parlamentarisch-demokratische System hätte sich totgelaufen, so Thiess in diesem Interview. »Rein geschichtlich betrachtet muß Hitlers Werk von hier aus als eine erlösende Tat beurteilt werden. [...] Es gilt jetzt mehr als jemals, das Große, Neue und Fruchtbare zu sehen, was durch die deutsche Revolution im deutschen Raum entstanden ist und sich zu neuen und überraschenden Gebilden fortzeugen wird. Ich glaube, daß wir erst am Anfang tiefgreifender Entwicklungen stehen. [...] Allein das Werk der Einigung Deutschlands sichert Hitler einen bedeutenden geschichtlichen Platz [...].« Das Interview blieb von denen nicht unbeachtet, die Thiess nicht wohlgesonnen waren. Wie Kasimir Edschmid und Ebermayer, wurden auch ihm seine »Jugendsünden« vorgehalten. Auf die Frage, wo Thiess »in unserem geistigen Leben« stehe, meinte ein gewisser Karl A. Kutzbach in der Berliner Börsenzeitung im August 1933: »Die Antwort ist nicht leicht, denn das öffentliche Bild von Frank Thieß weist manche Widersprüche auf. [...] Kürzlich hat sich Thieß offen zum Dritten Reich bekannt, vor einigen Jahren noch hat er in der 'Literarischen Welt' die Tapferkeit des Schriftstellers Lion Feuchtwanger gerühmt, daneben freilich sich auch für anarchistische Nationalisten wie Ernst von Salomon eingesetzt und mit größter Hochschätzung von Carossa oder von der überragenden Gestalt Paul Emsts gesprochen.«59 Als wenige Monate darauf derselbe Kritiker, diesmal in der Neuen Literatur von Will Vesper, sich erneut mit Johanna und Esther befaßte, war der Ton eindeutig unfreundlicher.60 In seinen Erinnerungen behauptet Thiess, daß zwei seiner im Verlag Gustav Kiepenheuer erschienenen Bücher, nämlich Frauenraub und Die Verdammten im Mai 1933 von der deutschen Studentenschaft »verbrannt« worden seien, nennt allerdings keinen Ort.61 Weniger klar ist, ob es sich nicht um eine nachträgliche Reklamation handelt. Thiess scheint zwar auf der ersten amtlichen »Schwarzen Li57
Hannoversches
58
Flensburger Nachrichten,
59
Frank Thieß: »Johanna und Esther«, in: Berliner Börsenzeitung,
60
»Zu dem überflüssigen und verwirrenden Schrifttum gehören auch die vielumgreifenden Gegen-
Tageblatt, 29.6.1933. 30.6.1933. 20.8.1933.
wartssynthesenromane von Frank Thieß, in denen dieser, wie in seinen vermittelnden, zuweilen gewiß recht hellsichtigen Essays, zugkräftige Zeitgeistreportage für solche treibt, die über alle anspruchsvollen Geistesmoden auf dem laufenden sein wollen. [...] Dieser romanhaft würzig aufgezogene Literatentiefsinn gibt sich nun als 'Lobgesang auf deutsches Land' aus! [...] Unsere Zeit wird über derlei literaturgezeugtes Schrifttum rasch hinweggehen.« Die Neue
Literatur,
Heft 10, Oktober 1933, S. 581. 61
Frank Thiess: Jahre des Unheils. Fragmente erlebter Geschichte. 1972, S. 16.
618
Wien: Paul Zsolnay Verlag
ste« für Preußen nicht auf, 62 wohl aber in einer Aufstellung der vernichteten Bücher aus den Beständen der Leipziger Studentischen Büchereien. Namentlich angeführt werden eben diese zwei Werke. 63 Und sie wurden auch in die Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums (Oktober 1935) aufgenommen. Wies Thiess nach dem Krieg mit Stolz auf diese Ächtung hin, so sah das Bild 1933 anders aus. In einer Anzeige im Börsenblatt im Dezember dieses Jahres wurden alle Gerüchte energisch zurückgewiesen, wonach eine Beschlagnahme der Werke von Thiess erfolgt wäre. Demnach wäre keines seiner Werke jemals verboten worden, noch würden sie auf einer Schwarzen Liste stehen. Hie Auszeichnung, da Makel. Konzediert wurde lediglich, daß Die Verdammten und Frauenraub vorübergehend für Preußen irrtümlich beschlagnahmt worden wären. 64 Nach der Generalübereinkunft mit dem Zsolnay Verlag erschien in rascher Folge jährlich mindestens ein größeres Werk von Thiess. Den Anfang machte das von Thiess herausgegebene Sammelwerk Wiedergeburt der Liebe. Die unsichtbare Revolution, das am 26. November 1931 als 1.-20. Tsd. (gedruckt wurden tatsächlich nur 10 000 Exemplare) auf den Markt geworfen wurde. Das Buch wurde laut Herstellkartei im Verlagsarchiv am 18. April 1936 in Deutschland beschlagnahmt und eingezogen. Im Juni 1932 folgten die Reden und Vorträge Die Zeit ist reif (Auflage 9 000), im April die vorhin erwähnte Chronik Johanna und Esther (1.-20. Tsd.; Druckauflage 10 000), im Oktober 1933 der Roman Der Leibhaftige (Auflage 10 000), im Oktober 1934 der Roman Der Weg zu Isabelle, der eines seiner populärsten Bücher war. Bis Kriegsende erlebte er acht Auflagen und erreichte einen Gesamtstand von immerhin 60 000 Bänden. Das nächste Buch von Thiess war ein Schauspiel, Der ewige Taugenichts, von dem im Dezember 1935 1 340 Exemplare gedruckt wurden. 26.3.1. Tsushima. Ein Bestseller wider Willen Die Entwicklung der Auflagenzahlen und damit des Erfolgs der Werke von Franz Thiess - in dieser Zeit der »inneren Emigration« - zeigt wiederum Parallelen zum Fall Ebermayer, mit der Ausnahme, daß die Bücher weitaus erfolgreicher waren. Dieser Umstand steht freilich in einem gewissen Widerspruch zu den Äußerungen über die später geschilderten »Jahre des Unheils«. Andererseits war Thiess nach Ende des Weltkriegs, als die österreichische Behörde 1946 im Begriff war, ihm sein Haus im steirischen Bad Aussee wegen seiner NS-Vergangenheit wegzunehmen und als der Roman Tsushima auf der »Liste der gesperrten Autoren und Bücher« des Unterrichtsministeriums in Wien aufschien, der Ansicht, ihm geschehe 62
Die Liste Hermann im Börsenblatt,
63
Leipziger Neueste Nachrichten,
Nr. 112, 16.5.1933, S. 357.
16.5.1933. Obwohl in Gerhard Sauder (Hrsg.): Die
Bücherver-
brennung. W.Mai 1933. Berlin-Wien: Ullstein 1985 die Verbrennung der Bücher in vielen deutschen Universitätsstädten ausführlich geschildert wird, wird auf Leipzig nicht Bezug genommen. 64
Börsenblatt,
Nr. 281, 4.12.1933.
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Unrecht. In einem Brief vom 4. Juni 1946 an seinen Verleger Paul Zsolnay äußert er sich in dieser Angelegenheit ziemlich energisch: Yvonne schrieb mir gestern einen ausführlichen Bericht über die in Wiener Zeitungen und Ämtern herrschenden Quertreibereien gegen mich, und so unsinnig, ja grotesk das alles mir vorkommen muss, der ich im Jahre 1936 geradezu als Kassandra kommenden Unheils unter Euch aufgetaucht und als Anti-Nazipropagandist mir die Lippen blutig geredet habe, so unangenehm kann doch die Wirkung dieser unsauberen Paraden im Hinblick auf meinen Wohnsitz in Bad Aussee sein. 6 5
Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stand die »Arisierung« eines Hauses, das Thiess rechtmäßig erworben haben wollte. Im Jahre 1938 war Thiess noch über »politische Intaktheit meiner Produktion« besonders stolz, eine freimütige Feststellung, die nicht darauf schließen läßt, daß er sich in der Rolle des »Widerstandskämpfers« und erbitterten Regimegegners sah. 66 Thiess hielt es zudem »für eine glatte Schamlosigkeit, wenn man behauptet, ich hätte mich mit 'Tsushima' an die Nazis 'angemeiert', mit einem Buche, das im Jahre 1936 als Lobgesang auf den 'Staatsfeind Nr. 1' geschrieben wurde und von den Nazis zwar nicht verboten, doch nur mit ganz kleinen Auflagen bedacht wurde« (ebd.). Feststeht, daß Tsushima vom Konzept des Autors her und stofflich gesehen »heute wieder aktuell« (Thiess) war, sich aber gegen das Hitler-Regime in keiner Weise richtete. Aktuell wäre der Stoff, so Thiess in einem Brief vom Februar 1936 an Paul Zsolnay, weil es die ersten Gründe der russischen Revolution enthalte. Zudem sei der Roman »endlich nicht zuletzt als Dokument eines beispiellosen Heldentums (anzusehen), wenn auch freilich eines Heldentums mit negativem Vorzeichen insofern jeder auf dem Geschwader wusste, dass der Sieg unmöglich war«. 67 So scheint der Roman nicht als »Lobgesang« auf den Feind der Nazis angelegt gewesen zu sein. Tsushima wurde, wie Thiess richtig vermerkt, »nicht verboten«, ganz im Gegenteil wurde diesem Werk mehr propagandistische Förderung zu teil als jeder anderen Publikation des Paul Zsolnay Verlags bzw. Karl H. Bischoff Verlags bis 1945, vielleicht mit Ausnahme von Cronins Die Sterne blicken herab. Auch kann man schwerlich von »ganz kleinen Auflagen« sprechen, wie darzulegen sein wird, wobei man einschränkend festhalten muß, daß das Buch nach 1945 erst recht zu einem Verkaufsschlager wurde und 1970 gar das 367.Tsd. (Stand aller Ausgaben 1955: 231.Tsd.) erreichte. Man muß allerdings konzedieren, daß der Absatz von Tsushima sozusagen durch höhere Gewalt beeinträchtigt wurde, ja eine Zeitlang wegen der ungeklärten Besitzverhältnisse im Wiener Verlag zu leiden hatte. Das tat aber der hochoffiziellen Begeisterung für Tsushima unter der NaziElite keinen Abbruch, und Thiess wurde nie müde, diese Anerkennung durch das 65
Thiess an Paul Zsolnay, 4.6.1946, Ordner Thiess.
66
Thiess an den Paul Zsolnay Verlag, 17.8.1938, ebd.
67
Thiess an Paul Zsolnay, 26.2.1936, ebd.
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Regime herauszustreichen. Über den bisherigen Verkauf enttäuscht, teilte er dem Verlag in Wien am 17. August 1938 folgendes mit: Ich durfte mich darüber [über den Umstand, daß Tsushima in wenigen Auslagen zu finden sei] umsomehr wundern, als ich vor etwa 5 Wochen aus erster Quelle erfuhr, dass »Tsushima« bei allen Stellen der Regierung uneingeschränkte Bewunderung erfahren habe, dass es Feldmarschall Göring lange Zeit »in Griffnähe« neben seinem Schreibtisch gehabt habe, dass es Minister Dr Goebbels als ein »faszinierendes Werk« bezeichnet, dass Männer wie Himmler und Hühnlein es überall empfohlen und verschenkt haben, dass man im Reichsmarineministerium wochenlang davon gesprochen und nicht einen Fehler an ihm gefunden habe, und dies alles unabhängig von den Ihnen bekannten Urteilen führender Fachleute, Admirale und hoher Offiziere. Das Buch müsste heute, eindreiviertel Jahre nach seinem Erscheinen, bei dieser ihm beschenkten Beachtung, bei der aussergewöhnlich guten Presse, die es gefunden hat, eine Auflage von 100000 Stück erreicht haben, aber es steht zwischen 23 und 24000. 68
Angesichts dieses »Fiaskos«, wie er es nannte, überlegte Thiess gar aus Existenzgründen jede Arbeit an einem neuen Werk einzustellen und zum Film überzugehen. Thiess ging zum Regime nicht in Opposition, nicht auf Distanz, er pflegte vielmehr den Kontakt, um Vorteile zu ergattern. Das bekannte er dem kommissarischen Verwalter des Zsolnay Verlags im November 1938 freimütig ein: Sehen Sie bitte, Herr Dietl, in der Tatsache, dass ich für diesen Herbst kein Buch auf den Markt legen konnte, keinen Verlust. Ich habe die Zeit benutzt, um die besten Verbindungen zwischen dem Reichs/Propaganda-Ministerium und mir herzustellen, und da ich, falls nicht von anderer Seite unerwartete Schwierigkeiten eintreten sollten, womit man immer rechnen muss, im Auftrage des Ministeriums den Rubens-Film schreiben werde, haben wir damit manche Schwierigkeit, wenn nicht jede, aus dem Wege geräumt, was meinen Büchern zugute kommen wird. 6 9
Wer solche Referenzen hatte und gar im Auftrag des Propagandaministeriums Drehbücher schrieb, müßte sich später schwer tun, nicht der Anbiederung geziehen zu werden. Ende Dezember 1938 beschwerte sich Thiess erneut über den seiner Meinung nach schleppenden Absatz von Tsushima sowie darüber, daß der Verlag von einer Sonderwerbung nichts hielt, obwohl sich, so Thiess, nirgendwo auch nur der geringste Widerstand dagegen erhoben hätte: Der Absatz von 1507 Exemplaren im vergangenen Halbjahr steht natürlich in garkeinem Verhältnis zu dem grossen Presseerfolg und dem Umstände, dass »Tsushima« auch von den politischen Führern des Reichs auf das wärmste begrüsst worden ist. 70 68 69
70
Thiess an die Direktion des Paul Zsolnay Verlags, 17.8.1938, ebd. Thiess an die Direktion des Paul Zsolnay Verlags, 3.11.1938, ebd. Ähnlich im Brief vom 15.12.1938: »Ich betone nochmals, dass der Wunsch zur Verfilmung [seines Romans Der Weg zu Isabelle] direkt vom Propaganda-Ministerium ausgegangen ist, dass demnach irgend welche Einwände untergeordneter Stellen unter allen Umständen mit der für solche Fälle nötigen Energie abzulehnen sind.« Thiess an die Direktion des Paul Zsolnay Verlags, 15.12.1938, ebd.
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W i e sich das Schicksal des »inneren Emigranten« Thiess in knapp drei Jahren z u m bessern gewandelt hatte, zeigt das Beispiel des Romans Der Weg zu Isabelle.
Nicht
o h n e Stolz und Angeberei vermerkt Thiess in e i n e m Brief an Jantsch-Streerbach: Sein Absatz wurde im Jahre 1936 jäh durch geheime Anweisungen an das Sortiment gestoppt, doch gehört das nun, nachdem das Propaganda-Ministerium selber der TOBIS das Buch zur Verfilmung empfahl, endgültig der Vergangenheit an. 71 D i e v o n Thiess ins Gespräch gebrachten »geheimen Anweisungen« ließen sich nicht b e l e g e n . Sehr zu s c h a f f e n machte ihm allerdings die »lümmelhafte Anrempelung« (Thiess) in Teilen der lokalen Wiener Presse, allen voran im Neuen blatt.
Wiener
Tag-
E i n e m v o m R e g i m e so hochgeschätzten Schriftsteller w i e Thiess war das
v ö l l i g unverständlich: Es geht nicht an, dass meine Bücher bespien werden, während gleichzeitig Reichsminister Dr. Goebbels (wie dies vor 7 Tagen geschah) erklärte, dass mein Drehbuch zu »Der Weg zu Isabelle« das beste und kultivierteste sei, das er seit langem gelesen habe und er sich freue, dass es verfilmt werde. Was nützt es, wenn der Film »Der Weg zu Isabelle« eines Tages in allen Theatern des Reiches läuft und gleichzeitig die Keifer und Steinwerfer in einer falsch unterrichteten Presse diesen Erfolg sabotieren. 72 T h i e s s weiter zur Wiener Pressefehde 7 3 g e g e n seine Person: Wenn Generalfeldmarschall Göring durch seinen Chefreferenten mir sagen ließ, dass der Führer Tsushima mit Begeisterung gelesen und wiederholt verschenkt habe, so ist es eine Schande, dass dieses Buch aus allen Buchhandlungen verschwunden ist und Ihre 'Kritiker' in Wien noch so tun, als sei ich in Deutschland geduldet und von keinem anständigen Menschen mehr gelesen. 74 D i e H i n w e i s e in seinen Briefen an den Verlag auf die besondere Zuneigung v o n Göring oder G o e b b e l s ließen sich beliebig weiter zitieren, und zur Korrektur der Insinuation Thiess' nach d e m Krieg, wonach Tsushima
gerade noch »nicht verbo-
ten« wurde, gehört der Umstand, daß der Zsolnay Verlag A n f a n g Juli 1939 v o m R M f V u P beauftragt
71 72 73
74 75
wurde, sich für diesen R o m a n »ganz besonders einzusetzen«. 7 5
Thiess an Jantsch-Streerbach, 17.2.1939, ebd. Thiess an den Paul Zsolnay Verlag, 7.6.1939, ebd. Siehe »Der Dichter im Film« in Neues Wiener Tagblatt, 16.4.1939, S. 40 und »Vollblut-Literatur« in: Ebd., 21.5.1939, S. 40. Thiess an den Paul Zsolnay Verlag, 7.6.1939, Ordner Thiess. Erich Landgrebe (Paul Zsolnay Verlag) an Generalfeldmarschall Göring, 19.8.1939, ebd. Im Schreiben des RMfVuP an den Zsolnay Verlag vom 3.7.1939 heißt es u.a. »Das Buch 'Tsushima' selbst ist hier im Hause sehr gut bekannt und wird auch von uns sehr geschätzt. [...] Ich hatte dabei angeordnet, daß dieses Buch von Frank Thiess als einziges (!) der bisherigen Zsolnay-Produktion in größerem Umfange schon vor der Übernahme des Betriebes durch den neuen Käufer propagiert werden soll, da wir es selbst bedauerten, daß dieses wichtige Werk
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Dieser verstärkte Einsatz sollte durch ein Urteil des Herrn Ministerpräsidenten und Generalfeldmarschall Göring über das Werk garniert werden, doch ließ dessen Büro ausrichten, daß man solche Werbung »aus grundsätzlichen Erwägungen« nicht machen könne, weil man keinen Präzedenzfall schaffen wollte. 76 Wieviel Glauben kann man der Behauptung von Thiess schenken, wonach Tsushima, der Roman, den er als den Beginn des »Kampf(es) um meine Rehabilitierung« bezeichnet hatte, 77 nur »ganz kleine Auflagen« erlebt hätte? Jenseits der autoreigenen Unzufriedenheit über die Verlagswerbung für das Buch und den langsamen Absatz, war die Verkaufsentwicklung des sehr umfangreichen und darüber hinaus relativ teuren Werks nicht ungünstig, wie folgende Wiedergabe der Herstellkarteikarte zeigt: 1. Aufl. 2. Aufl. 3. Aufl. 4. Aufl. 5. Aufl. 6. Aufl. 7. Aufl. 8. Aufl. 9. Aufl. 10. Aufl.
15.9.1936 15.12.1936 9.9.1937 24.2.1938 8.2.1940 10.4.1941 17.9.1942 23.9.1943 23.9.1943 23.3.1944
9 550 6 950 5 000 8 800 12 000 23 910 12 450 9 881 16 700 10 000
1.-10. 11.-15. 16.-20. 21.-28. 29.-38. 39.-59. 60.-70. 71.-80. 81.-94. 1.-10.
Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd.
Der Absatz von Tsushima war unter den Produktionsbedingungen mitten im Krieg nicht so schlecht, und die Weigerung durch die Wirtschaftsstelle des Deutschen Buchhandels Mitte 1941, dem Verlagswerk Tsushima eine Dringlichkeitsbescheinigung zu erteilen, war keine Bestrafung eines Abtrünnigen. 78 Thiess war über den »nahezu totalen Papiermangel« im deutschen Buchhandel genau informiert worden. Dennoch wurden für ein Werk, das mit seinen 700 Seiten enorme Papiermengen erforderlich machte, bis Kriegsende noch viermal größere Kontingente bewilligt. Die Nachfrage nach Tsushima war dermaßen stark, daß der Verlag sich öffentlich außerstande erklären mußte, diese befriedigen zu können. So hieß es Anfang 1942 in einer Börsenblatt-Anzeige, die in Vorbereitung befindliche begrenzte Neuauflage sei durch zurückliegende Aufträge weit überzeichnet und der Zeitpunkt des Erscheinens weiterer Auflagen noch unbestimmt. 79 Karl H. Bischoff sah bereits in
76
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nicht in größerem Umfange Verbreitung gefunden hat. Herr Dr. Thiess braucht keinerlei Besorgnisse zu hegen, daß gegen sein Buch 'Tsushima' von Seiten unseres Ministeriums irgendetwas unternommen worden sei.« Es wird nicht allzu viele Werke der Belletristik gegeben haben, die im Propagandaministerium solche Fürsorge genossen. Dr. Schroetter, Pressestelle, Ministerpräsident Generalfeldmarschall Göring an den Zsolnay Verlag, 21.8.1939, ebd. Thiess an den Paul Zsolnay Verlag, 3.11.1938, ebd. Dazu das Schreiben des Verlags an das RMfVuP vom 29.5.1941, ebd. Börsenblatt, Nr. 15, 21.1.1942, S. 74.
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der Verteilung der bewilligten Mengen auf die Bestellungen »ein nicht lösbares Problem«. 80 Zur Geschichte dieses, so der Autor nach 1945, gerade noch tolerierten Anti-Nazi-Epos gehört der Umstand, daß es 1944 zwölf fremdsprachigen Ausgaben des Romans, also Übersetzungen, die zuvor genehmigt werden mußten, gab. Das im Oktober 1937 erschienene Werk Stürmischer Frühling. Ein Roman unter jungen Menschen erlebte bis Mai 1941 vier Auflagen und erreichte den Stand von 29 000 Exemplaren. 26.3.2. Das Reich der »Märchen« Nach dem Roman Stürmischer Frühling trat, bedingt durch den ansehnlichen Umfang des entstehenden Werks, eine längere Schaffenspause ein. Dann erschien am 16. Jänner 1941 das 693 Seiten starke Buch Das Reich der Dämonen. Der Roman eines Jahrhunderts in erster Auflage von 10 000 Exemplaren. Der Autor erhielt ein Honorar von 13 1/3% vom gebundenen Exemplar. Am tatsächlichen und nicht bloß kolportierten Schicksal dieses Romans liegt der Angelpunkt der Glaubwürdigkeit des »inneren Emigranten« Frank Thiess, denn er gab sich ja in seinen Publikationen nach dem Zweiten Weltkrieg als ein solcher aus. In den Jahren des Unheils heißt es: »Nach Jahren hatte ich begriffen, daß es für mich als Schriftsteller nur einen Weg des 'Widerstandes' - falls man ihn überhaupt so nennen darf - gab: den Weg über die Geschichte.«81 Folglich galten in seinen Augen die beiden Romane (Tsushima und Das Reich der Dämonen) als Anti-Nazi-Schrifttum - was den Schrifttumsbehörden allerdings nie auffiel! »Außerdem bereitete ich mit ihnen, ohne das zu wissen, zwei Bücher vor, in denen ich mich gegen den Wahn einer vermeintlichen Staatskunst zur Wehr setzte, Tsushima und Das Reich der Dämonen.«*2 Das mag wohl sein, aber es ändert nichts an der zeitgenössischen Rezeption dieser Bücher. In seinen Memoiren meint Thiess, ein Verbot durch die Zensur (die Ungenauigkeit des Begriffs ist bestechend) »erfolgte prompt nach dem Erscheinen des Werkes«, 83 was durch nichts zu belegen ist. Ahnlich Ernst Alker 1965 in einer Geburtstagshuldigung für Frank Thiess. Das Reich der Dämonen konnte, so Alker, »bis zum Verbot« im Dritten Reich ein Bestseller sein. 84 Das besagte Verbot, das in der Sekundärliteratur dauernd erwähnt wird, kann weder durch Verlagskorrespon-
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Bischoff an Thiess, 28.1.1942, Ordner Thiess. Thiess: Jahre des Unheils, S. 149. Ebd., S. 110. Ebd., S. 133. Frank Thiess zum 75. Geburtstag. Mit Beiträgen von Univ.-Prof. Dr. Ernst Alker, Walter Heynen, Herbert Zand. Wien-Hamburg: Paul Zsolnay Verlag 1965, S. 18. In derselben Broschüre heißt es in einem Beitrag von Herbert Zand: »Im Reich wurde der erste Teil dieses Werkes, 'Das Reich der Dämonen', verboten, zunächst aus naheliegenden Gründen: es stellte nicht nur die Forderung nach schwer abzuschätzenden Revisionen, es war außerdem aus dem Geist der Rebellion geschrieben«. (S. 64)
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denz noch durch die betreffende Werkkarte in der Herstellkartei belegt werden. Gerade beim Verlag müßte so etwas nicht mehr Alltägliches irgendwie zur Kenntnis genommen werden. Und ein Bestseller konnte der Roman aus Gründen, die noch anzuführen sind, nicht werden. Die zweite und letzte Auflage des Reich der Dämonen vor Kriegsende - es wurden 23 850 Exemplare gedruckt - kam als 11.31. Tsd. am 8. Mai 1941 heraus. In seiner Pionierarbeit über die nationalsozialistische Literaturpolitik aus den frühen 60er Jahren bringt Dietrich Strothmann eine weitere, nur teilweise überprüfbare Variante vom Schicksal des Romans ins Spiel, und zwar will er im Fall vom Reich der Dämonen von einem Besprechungsverbot wissen. Unter Berufung auf eine amtliche Publikation mit dem Titel Kulturpolitische Informationen zitiert Strothmann eine Sprachregelung vom 20. Juni 1941, aus der hervorgeht, daß Das Reich der Dämonen in der deutschen Presse nicht zu besprechen sei.85 Diese Version kommt den Tatsachen etwas näher. In einem Brief vom 3. Juli 1941 teilte Thiess der Verlagsleitung in Wien mit, er habe von der Absicht des Propagandaministeriums erfahren, »mich aufzufordern, Teile des 'Reich der Dämonen' umzuarbeiten«. So war es in den sechs Monaten nach Erscheinen des Romans zu keinem Verbot gekommen, und schon gar nicht zu einem »prompten«. Wie dem auch sei, war die Quelle Thiess' zuverlässig. Am folgenden Tag richtete das RMfVuP ein Schreiben folgenden Inhalts an den Verlag: Betr.: »Das Reich der Dämonen« von Frank Thiess. Eine Überprüfung des oben genannten Werkes hat ergeben, dass der Verfasser in den Teilen seines Buches, die sich mit dem Germanentum befassen, von längst überholten Anschauungen ausgeht, die den heutigen Wertungen der germanischen Vorzeit und Geschichte entgegenstehen und geeignet sind, dem Ansehen unserer Vorfahren Abtrag zu tun. Unter dem Gesichtspunkt der Erziehung unseres Volkes zur Ehrfurcht vor der germanischnordischen Rasse und seiner Geschichte erscheint es notwendig, in einer Neuauflage des Werkes diese Stellen durch den Autor überarbeiten zu lassen. Insbesondere ist es geboten, die von Frank Thiess vertretene Nomadenlehre entsprechend dem Ergebnis der neueren Forschung auszumerzen. Sie werden ersucht, das Entsprechende zu veranlassen und dem Ministerium davon Mitteilung zu machen. Im Auftrag gez. [Johannes) Schlecht. 86
Also von einem »prompten« Verbot war wieder keine Rede. Und es fällt schwer, Thiess' abweichende Nomadenlehre als absichtliche Anti-Nazi-Propaganda bewerten zu wollen. Für den Verlag hatte dieses Schreiben des RMfVuP eine zusätzliche Bedeutung: »Wir können uns nun auch erklären, warum die Presse in der Kritik in letzter Zeit äusserst spärlich wurde und warum unser Ansuchen um Papier für die
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Strothmann: Nationalsozialistische Literaturpolitik, S. 212, Anm. 460. RMfVuP an den Paul Zsolnay Verlag, 4.7.1941, Ordner Thiess.
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Veranstaltung einer dritten Auflage vor wenigen Tagen abgewiesen wurde.« 87 Thiess wurde vom Verlag aufgefordert, zur Frage einer Überarbeitung Stellung zu nehmen, und daran erinnert, wie sehr die vom Verlag vor der ersten Auflage angeregten Manuskript-Korrekturen zum Leidwesen des Autors am Platze gewesen wären. »Wir glauben nicht zuletzt, Ihnen selbst am besten zu dienen, wenn wir alles tun, um einen Konflikt mit den Behörden gerade jetzt im Kriege zu vermeiden«, (ebd.) Thiess war keineswegs abgeneigt, seinen Text einer Selbstzensur zu unterziehen, aber da er dies später entschieden in Abrede stellte, soll das Schreiben des Verlags vom 30. Juli 1941 an das RMfVuP zitiert werden: Wie uns dieser [Thiess] nun mitteilt, erklärt er sich gerne bereit, den von Ihnen bezeichneten Komplex, insbesondere die von Ihnen beanständete Nomadenlehre einer genauen Prüfung zu unterziehen. Unser Autor hat sich in seiner Quellenprüfung vornehmlich an Rakde und Mommsen gehalten, hat sich jedoch auch mit dem eben erschienenen Werk über Kultur und Religion der Germanen von Wilhelm Gröbcch beschäftigt, das jedoch seiner Ansicht nach nähere Angaben über die Nomadenlehre vermissen lässt. Da unser Autor sein Werk streng wissenschaftlich und auf grund der Ergebnisse wissenschaftlicher Geschichtsforschung aufgebaut hat, wäre er Ihnen für entsprechende Hinweise dankbar, in welchem wissenschaftlichen Werke die von Ihnen gewünschten kulturellen und historischen Fundamente für die Darstellung der germanischen Vorzeit aufzufinden sind. 88
Hierauf wurde Thiess gebeten, mit Dr. Erckmann vom RMfVuP in Berlin wegen des Romans persönliche Rücksprache zu halten, das Treffen, und hier vertrat der Treuhänder Wilhelm Hofmann seinen Autor, fand noch im August in amikaler Atmosphäre statt. 89 Für Thiess scheint aber die Bearbeitung von Reich der Dämonen nicht mehr so vorrangig gewesen zu sein: »Sobald ich Zeit habe, werde ich mich mit der Frage der Änderungen befassen und hoffe, dass sich hier eine befriedigende Form finden lassen wird.«90 Obwohl er noch vor Jahresende 1941 an die Arbeit herangehen wollte, ist dies das letzte Mal, daß der Roman zur Sprache kommt. Eine Neuauflage erschien nicht, dafür aber ersann der rührige Verleger Karl H. Bischoff ein neues altes Werk von Thiess: den 1933 erschienenen Roman Johanna und Esther. Bischoff war Ende 1941 auf die Idee gekommen, dem Roman ein Kapitel zu entnehmen und es u.d.T. Das verlorene Kind zu publizieren. Dieses etwas kuriose Ansinnen hatte ein nichtliterarisches Motiv, und dieses verbarg er dem Propagandaministerium gegenüber auch nicht: In dem Werk »Johanna und Esther« von Frank Thiess, das ich mindestens bis auf weiteres nicht neuherauszubringen beabsichtigte, entdeckte ich eine im bolschewistischen Russland spielende, mit dem Roman selbst in so gut wie keinem Zusammenhang stehende Geschichte, die, eben weil
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Paul Zsolnay Verlag an Frank Thiess, 9.7.1941, ebd. Paul Zsolnay Verlag an RMfVuP, Abteilung Schrifttum, 30.7.1941, ebd. RMfVuP an Paul Zsolnay Verlag, 7.8.1941, ebd. Thiess an Wilhelm Hofmann, Paul Zsolnay Verlag, 27.8.1941, ebd.
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sie von Frank Thiess stammt und zweifellos auch die Könnerschaft seiner Feder trägt, unter Umständen gerade jetzt propagandistisch bedeutungsvoll sein könnte. 91
Bischoff war der Meinung, es würde einem in dieser nichtpolitischen Erzählung »die Fratze des Bolschewismus desto krasser« anschauen (ebd.)· »Auch die Dressur der Menschen in Sowjetrussland wird deutlich.« Thiess war diesem Plan nicht abgeneigt, obwohl ihm eine zweite Auflage des Romans lieber gewesen wäre. Das ließ er Bischoff auch wissen: An diesem Roman, der die Idee der Fruchtbarkeit und der verwandelnden Macht der Erde an einem einfachen Gegenstand behandelt, liegt mir viel. Gegen das Buch ist nur von Seiten der Reichstelle (sie) zur Förderung des Schrifttums (Hagemeyer) ein Vorstoß unternommen worden, der teils aus Antipathie gegen meine Person, teils aus völligem Mißverstehen des Romans zu erklären ist. Minister Rust hatte es seinerzeit wiederholt vor Beschlagnahme bewahrt und auch im Propaganda Ministerium fand es keine entschiedene Ablehnung. Es blieb liegen, weil Paul Zsolnay im Jahre 1933 begreiflicherweise etwas deroutiert war und sich nicht für Bücher einsetzen wollte, die nicht genau auf der Generallinie lagen. Heute ist das ganz anders, und ich bin sicher, dass es gerade heute besonderes Verständnis finden und den verdienten Erfolg haben wird. 9 2
»Die Geschichte vom verlorenen Kind« erschien nicht. Das RMfVuP teilte Bischoff Ende März 1942 mit, »dass eine Veröffentlichung aus grundsätzlichen Gründen nicht erwünscht ist«.93 Möglicherweise durch die strenge Kontrolle seiner »politischen« Bücher irritiert, verlagerte Thiess seine Arbeit bis zum Ende des Kriegs auf Künstlerbiographien, erntete aber erst nach 1945 den richtigen Publikumserfolg. Im August 1943 brachte der Karl H. Bischoff Verlag Caruso. Roman einer Stimme (1.-10.Tsd.) heraus, etwa einen Monat später den Roman Neapolitanische Legende in einer einmaligen Auflage von 32 000 Exemplaren. Aus dieser Darstellung geht hervor, daß, so wie im Fall Ebermayer, der Zahltag für subjektiv bloß geduldete, objektiv aber geförderte Schriftsteller nach Beginn der NS-Herrschaft in Österreich kam. Im Herbst 1943 kündigte Thiess einen zweiten Teil an, und zwar Caruso in Sorrent mit einem Umfang von 685 maschingeschriebenen Seiten. Das Werk erschien allerdings erst 1949 im Paul Zsolnay Verlag, möglicherweise, weil der Verlag keine Papierzuteilung erhielt. Es steht jedenfalls fest, daß Thiess aufgefordert wurde, Textänderungen vorzunehmen.94 Alles in allem war Frank Thiess, ohne daß er im Umkehrschluß zum Nazi erklärt werden soll, im Dritten Reich keineswegs jener »Anti-Nazipropagandist«, der sich die Lippen blutig geredet hätte und für den er sich im Juni 1946 hielt. Die Rolle des »inneren Emigranten« paßte nicht zu ihm. 91 92 93 94
Bischoff an das RMfVuP, 30.1.1942, ebd. Thiess an Bischoff, 17.12.1941, ebd. Erich Langenbucher, RMfVuP, an den Zsolnay Verlag, 27.3.1942, ebd. So heißt es in einem Brief von Karl H. Bischoff an Thiess vom 12. November 1943: »Unwesentliche Änderungen fallen nicht ins Gewicht. Es würde sich höchstens um Änderungen von einigem Umfang handeln.« (Ebd.)
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27. Am Vorabend der »Arisierung«
27.1. Auszeichnung für Paul Zsolnay Das Jahr 1937 scheint dem Verleger Paul Zsolnay wenige Lichtblicke geboten zu haben, eine für ihn erfreuliche, offizielle Ehrung gab es aber doch. Seine Freundschaft mit ranghohen Vertretern des Ständestaats, darunter dem Bundeskanzler Kurt Schuschnigg und vielen Ministern und Sekretären, die immer wieder mit dem Neuesten vom Verlagsprogramm versorgt wurden, war in der Wiener Gesellschaft nicht unbekannt. Im Frühjahr 1937 stellte der Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten, Guido Schmidt, den Antrag, Paul Zsolnay, in Anerkennung seiner Verdienste um die österreichische Literatur und das österreichische Verlagsgeschäft, eine Auszeichnung zu verleihen. Für »angemessen« gehalten wurde, wie es im entsprechenden Akt der Präsidentschaftskanzlei heißt, das Ritterkreuz des österreichischen Verdienstordens. Nachdem der Ministerrat und der österreichische Gesandte in Prag die Verleihung befürwortet hatten und die tschechoslowakische Regierung ihre Zustimmung erteilt hatte, erhielt Zsolnay im Herbst die Auszeichnung aus der Hand des österreichischen Bundespräsidenten. Besonders hervorgehoben wurde Zsolnays Förderung der kommerziellen und kulturellen Beziehungen mit dem Ausland auf dem Gebiet des Buchhandels.1
27.2. Anzeigenverweigerung Daß der Paul Zsolnay Verlag trotz der permanenten Turbulenzen im Verlagsgeschäft die 30er Jahre überstehen konnte, ist dem unbeugsamen Optimismus des Verlegers einerseits, seinem Privatvermögen und dem seiner Mutter Andy von Zsolnay andererseits zu verdanken. Ohne diese finanzielle Rückendeckung und die Kreditwürdigkeit Paul Zsolnays wäre der Verlag unweigerlich zugrundegegangen. Wie Zsolnay seinem inzwischen früheren Autor Max Brod Mitte November 1937 mitteilte, stand man ja »förmlich jeden Tag vor einer neuen Situation«. Wie bereits geschildert, durften seit 1933 mehrere seiner erfolgreichsten und einträglichsten Autoren im Reich nicht mehr vertrieben werden. Die somit eingetretene Entwertung wesentlicher Lagerbestände und Malversationen in der Buchhaltung führten zu beträchtlichen Verlusten, von denen später konkreter die Rede sein wird. Weitere Autoren fielen dem »Reinigungswerk« in den Leihbüchereien zum Opfer, und aus1
Österr. Staatsarchiv, AdR, Präsidentschaftskanzlei, Jahr 1937, Zahl 7810. Alle Vorakten sind hier zusammengetragen. Siehe auch Anzeiger für den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel, 78. Jg., Nr. 21, 7. Oktober 1937.
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gelöst durch die Verteilung der Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums im März 1936 kam es beim Leipziger Kommissionär des Zsolnay Verlags zu Razzien, in deren Folge Bestände beschlagnahmt und vom Vertrieb in Deutschland ausgeschlossen wurden. So entstanden weitere Verluste. Der eingeschränkte Devisentransfer zwischen Deutschland und Österreich sowie die eingefrorenen Guthaben im Reich führten zu einer kapitalmäßigen Aushungerung und einer geringen finanziellen Beweglichkeit des Unternehmens. Der durch den kleinen Absatzmarkt und kleine Auflagen bedingte relative Mißerfolg der ursprünglichen »Billig-Buch-Reihe« Bibliothek zeitgenössischer Werke in Zürich war bloß eine weitere Facette. Von der immateriellen Seite betrachtet, mußte der Zsolnay Verlag einen endlosen Kampf um seinen Ruf und gegen jene, die öffentlich gegen ihn auftraten, führen. Die Folge waren Berührungsängste und Unsicherheit unter den Buchhändlern und Autoren da und dort. Für einen Verlag, dessen Erfolg zum nicht geringen Teil auf Werbung zurückzuführen war, war die Möglichkeit, im Börsenblatt zu inserieren, eine Existenzfrage. Die Weigerung der Schriftleitung des Börsenblatts, Annoncen einzurücken, konnte mal eine reine Strafmaßnahme sein, mal eine Möglichkeit, den österreichischen (ausländischen) Verlagen, die man in jüdischem Besitz wähnte, schweren Schaden zuzufügen, indem die bloße Existenz eines (neuen) Buches gleichsam verschwiegen wurde. Vorbehaltlich einer eingehenden Studie über die Politik der Schriftleitung - die Geschäfts- und Mitgliedsakten des Börsenvereins sind im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig - kann man sagen, daß sie, trotz Vorliegens von »schwarzen Listen«, ab März 1936 von der Liste 1, überfordert war, die Abstammung aller Autoren zu kennen, deren Bücher im Börsenblatt angezeigt werden sollten. Manchmal kam es zu »Pannen«, als sich im nachhinein herausstellte, daß der Verfasser eines angezeigten Werks jüdischer Abstammung war. Grundsätzlich durfte das Börsenblatt Anzeigen ausländischer Verlage, sofern sie BörsenvereinMitglieder waren, nicht ablehnen. Das Thema Annoncenverweigerung von Seiten des Börsenblatts drang wohl gegen Ende 1935 erstmals an die interessierte österreichische Öffentlichkeit, aber schon seit dem Frühjahr 1935 stellte sie für einen rührigen Wiener Verlag, den E.P. Tal Verlag, ein ernsthaftes Problem dar. Es war in diesem Fall kein üblicher Willkürakt, denn Tal hatte etwas »angestellt« und er wurde dafür auch bestraft. Im Oktober 1933 war Tal mit dem Verlag Allert de Lange in Amsterdam gegen eine ansehnliche Provision übereingekommen, den Vertrieb der deutschen Produktion von Allert de Lange für das Gebiet des Deutschen Reiches vorläufig auf drei Jahre zu übernehmen. 2 Mit anderen Worten fungierte Tal als Strohmann und gab ge2
Über die Zusammenarbeit zwischen Ernst Peter Tal und dem Verlag Allert de Lange wurde zuerst berichtet im Jahr 1985 in Hall: Österreichische Verlagsgeschichte, Band II, S. 42lf. Durch die Auswertung des Archivs des Allert de Lange Verlags, das seit 1991 im Internationalen Institut für Sozialgeschichte in Amsterdam verwahrt wird, konnte Kerstin Schoor in ihrer bereits im 8. und 23. Kapitel zitierten, gedruckten Dissertation (S. 132ff. ) wesentliche Details liefern, auf die ich mich im folgenden stütze. Die Arbeit krankt allerdings daran, daß Schoor die
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meinsam mit dem Amsterdamer Verlag insgesamt zehn Titel heraus. Die zwei Ausgaben waren mit Ausnahme des Impressums völlig identisch. Die eine wurde bis etwa Anfang 1934 mit dem Impressum E.P. Tal & Co. Wien-Leipzig vom holländischen Drucker direkt nach Leipzig verschickt, von wo aus sie an die Buchhandlungen verteilt wurde. Das Geschäft war zunächst für alle Beteiligten erfolgreich. Nur konnte diese »Umgehung« nicht ewig geheim bleiben oder von der Reichsschrifttumskammer besonders goutiert und toleriert werden. Denn Ernst Peter Tal, selber Inhaber eines »jüdischen Verlags«, würde doch einen Verlag fördern, der gegen Deutschland gerichtete hetzerische Literatur herausbrächte. Trotz der großen Vorsicht Tals, die bis hin zur inhaltlichen Zensur der Gemeinschaftstitel reichte, mußte der Wiener Verleger damit rechnen, daß man gegen ihn vorgehen würde. Seit dem Februar 1935 - soviel steht jedenfalls fest - hatte Tal mit der Verweigerung von Annoncen im Börsenblatt zu kämpfen, ohne, wie er zumindest vorgab, den eigentlichen Grund zu kennen. Ebenfalls Anfang 1935 versuchte das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda durch einen Mittelsmann, den Chef des Verlags Allert de Lange, Gerard de Lange, dazu zu bewegen, die Produktion von Emigrantenliteratur einzustellen. De Lange lehnte ab. Daher wurde auf E.P. Tal Druck ausgeübt, um ihn dazu zu bringen, die Verbindung mit Allert de Lange aufzugeben. Die Methode war einfach: Tal durfte eigene Bücher (Bücher von Tal und de Lange wurden im Börsenblatt sowieso nicht angezeigt) im Börsenblatt nicht anzeigen und bemühte sich daher über die Standesvertretung in Wien auch unter Berufung auf seine Börsenverein-Mitgliedschaft, die wahren Gründe in Erfahrung zu bringen, was ihm konklusiv nie gelang. Diese lagen freilich in der unbestreitbaren Zusammenarbeit mit einem Emigrantenverlag. Der Wiener Verleger zog die Konsequenzen und löste die Verbindung zu Allert de Lange. Am 8. Dezember 1935 konnte die amtliche Wiener Zeitung vermelden, der E.P. Tal Verlag dürfte »bekanntlich seit langem« im Börsenblatt nicht mehr ankündigen. Was den Paul Zsolnay Verlag betrifft, und die Materialbasis ist denkbar schmal - scheinen die Inseratenwünsche nicht glatt abgelehnt worden zu sein, wohl aber deren Plazierung von der Willkür der Schriftleitung des Börsenblatts abhängig gewesen zu sein. Auch über diesen Umstand konnte sich die interessierte ÖfForschungsliteratur über die Verhältnisse in Österreich in den 30er Jahren völlig ignoriert und daher aus Unwissen ein einseitiges Bild präsentiert. Die neueste von ihr verwendete Literatur ist eine Arbeit aus dem Jahre 1928. Man mag zwar ihre falsche Einschätzung des Wiener BermannFischer Verlags als »Exilverlag« (S. 86) noch akzeptieren, ihr Urteil über E.P. Tal und seinen Verlag, gegründet 1919, ist ungerecht und daher mit Vorsicht zu genießen. Wenn Schoor sich über den Verlag informiert hätte, hätte sie nicht von »der fragwürdigen Weise Talscher Zensur« (S. 136) in Zusammenhang mit den Koproduktionen mit Allert de Lange sprechen können. Der Betriebsgegenstand des E.P. Tal Verlags war im übrigen nicht »engagierter Antifaschismus« (S. 136), was Schoors Hauptanspruch an einen Verlag zu sein scheint. Da der Verlag als »jüdisch« galt, hatte E.P. Tal nach 1933 genug andere Sorgen mit seinem eigenen Programm, die Übernahme und der Vertrieb von Allert de Lange-Autoren dürften seinen Beruf nur noch komplizierter gemacht haben.
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fentlichkeit informieren. Am 22. August 1937 erschien im offiziellen Organ der Österreichischen Sturmscharen, Sturm über Österreich, ein Bericht u.d.T. »Glanz und Elend des österreichischen Buches«, der in der Ministerialbürokratie einiges Aufsehen erregte. Dort stand nämlich zu lesen: »In der für die Propaganda wichtigsten Zeit verweigert das 'Börsenblatt für den deutschen Buchhandel' die Annahme von Anzeigen ganz unbedenklicher und völlig harmloser Bücher, nur um den reichsdeutschen Buchhandel in Unkenntnis österreichischer Neuerscheinungen zu lassen. Es gibt ja tausende deutsche Buchhändler, die nur das zu bestellen sich getrauen, was durch die Anzeige im 'Börsenblatt' quasi legitimiert ist.«3 Als Paul Zsolnay sich im Februar 1938 einen kurzen Erholungsurlaub in Rapallo gönnte, wurde er von seinem Stellvertreter in Wien, Felix Costa, über beinahe jede Regung im Verlag täglich schriftlich informiert. Durch die nur sehr fragmentarisch erhaltene »Direktionskorrespondenz« wissen wir aber, daß das Unternehmen, obwohl das Börsenblatt regelmäßig Verlagsanzeigen einrückte, sehr wohl in dieser Hinsicht Probleme hatte. Denn er konnte - seines »schlechten Rufs« wegen und weil er als »jüdischer Verlag« galt - offensichtlich dort keine Anzeigen mehr piazieren lassen, etwa auf der ersten Umschlagseite mit der entsprechenden Werbewirksamkeit, wie er es wollte. Dieses Problem dürfte längere Zeit Gegenstand der Diskussion gewesen sein, denn Costa spricht sie so an: »Im Börsenblatt vom 4.II. war die Freumbichler Doppel-Anzeige, die sich sehr gut ausnimmt und recht gut placiert ist. Auf der Titelseite des Börsenblattes ist bisher tatsächlich noch kein anrüchiger Verlag erschienen.«4 Dies läßt auf eine Politik der Schriftleitung schließen, Mitgliedsfirmen des Börsenvereins in ausländischem jüdischem Besitz Annoncen zwar nicht gänzlich zu verweigern, (aber) doch Anzeigen nicht auf der ersten Umschlagseite zu piazieren. Drei Tage später vermerkt Costa in einem weiteren Brief an seinen Chef: »Im Börsenblatt, auf dessen Titelseite noch immer kein bemakelter Verlag erschienen ist, war unser Kaspar Hauser-Inserat auf einer rechten Seite und hat sich sehr gut gemacht.«5 Costa war mit der Schriftleitung offensichtlich im Clinch, wie aus seinem Brief an Paul Zsolnay bereits am nächsten Tag hervorgeht: »Börsenblatt-Anzeigen erscheinen auch, eigentlich alle gut placiert. Antwort auf meine Beschwerde wegen der Titelblattanzeige habe ich noch keine.«6 Und am 15. Februar: »Im Börsenblatt ist noch immer auf der ersten Seite kein bemakelter Verlag zu finden.«7 Zu dieser Kategorie scheint der Paul Zsolnay 3 4
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Sturm über Österreich, Folge 33, 22.8.1937, S. 5. Felix Costa an Paul Zsolnay, 8.2.1938, Ordner Direktionskorrespondenz. In seinen ausführlichen Briefen an Paul Zsolnay vermerkt Costa den Inhalt von Autorenbriefen und -besuchen, aktuelle Absatzzahlen, Geldwert der Auslieferung, Werbemaßnahmen, Neuerscheinungen, Herstellung und Vertrieb, Kontakte mit Auslieferern, Bücherpläne usw. und gibt, obwohl nur wenige Briefe vorliegen, einen einmaligen Einblick in Verlagsintema besonders zu dieser kritischen Zeit. Costa an Paul Zsolnay, 11.2.1938, ebd. Costa an Paul Zsolnay, 12.2.1938, ebd. Costa an Paul Zsolnay, 15.2.1938, ebd.
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Verlag gehört zu haben. Paradoxerweise war das Anzeigenproblem auch nicht mit der »Scheinarisierung« des Verlags im Frühjahr 1938 vom Tisch. Die RSK, durch den Vizepräsidenten Wilhelm Baur, lehnte Anzeigen des Zsolnay Verlags im Börsenblatt strikt ab. In einer Aktennotiz des Börsenvereins vom 28. September 1938 heißt es nach einer Besprechung mit Baur: »Das Angebot des Zsolnay-Verlages kann solange nicht angenommen werden, bis die Reichsschrifttumskammer selbst die Firma als arisch anerkannt hat. Entsprechend ist an den Zsolnay Verlag zu schreiben.«8 Aus demselben Grund verzögerte sich die Aufnahme des Paul Zsolnay Verlags in die neue Ausgabe des Adreßbuchs des deutschen Buchhandels endlos. Die »neue« Leitung bemühte sich gar bis in die zweite Jahreshälfte 1939 vergebens, Anzeigen auf der Titelseite des Börsenblatts zu piazieren. Am 21. Juli 1939 richtete die Börsenblatt-Expedition auf eine erneute Anfrage des Wiener Verlags hin folgende kurze Mitteilung an das Unternehmen: Wir bestätigen den Eingang Ihres Schreibens wegen der Anzeige auf der Titelseite des Börsenblattes und erlauben uns, auf unseren Brief vom 30. September v.J. zu verweisen. Die Unterbringung von Anzeigen auf der ersten Umschlagseite kann erst dann wieder erfolgen, wenn die völlige Arisierung von der Reichsschrifttumskammer anerkannt worden ist. Wir bitten Sie, sich in dieser Angelegenheit nochmals direkt nach Berlin zu wenden. Heil Hitler! i.A.: [Unterschrift unleserlich]9
27.3. Boykottmaßnahmen War die Annoncenverweigerung im Fall des Verlags E.P. Tal & Co. also eine eindeutige Sanktion gegen einen mißliebigen Verlag, der versuchte, Bücher aus einem Emigrantenverlag durch die Hintertür ins Reich einzuführen, so scheint die Aktion gegen eine Reihe von österreichischen Verlagen im Jahre 1937 (frühere Hinweise waren nicht zu finden) nicht auf einen konkreten Anlaßfall zurückzuführen zu sein. Vielmehr scheint sie Teil einer Zermürbungstaktik gegenüber österreichischen Verlagen gewesen zu sein. Schon seit dem Jahr 1935 war verschiedentlich in der Autorenkorrespondenz von Boykottmaßnahmen einzelner Stellen und Buchhändler gegen bestimmte Verlagswerke und gegen bestimmte Autoren die Rede. Alles nur inoffiziell versteht sich. Die Lage scheint sich im Spätherbst 1937 zugespitzt zu haben. Wieder war es der Sturm über Österreich, der das Thema an die Öffentlichkeit brachte: »Der Clou des Ganzen ist aber der mehr oder minder offene Boykott österreichischer Bücher. Die Existenz 'schwarzer Listen', die im Buchhandel kursieren, ist nicht wegzu-
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Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, F 10823, Aktennotiz. Ebd. Ein Durchschlag des hier erwähnten Briefs ist im Firmenakt nicht enthalten.
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leugnen. Sie sind da! Aber auch öffentlich wird z u m Boykott österreichischer Bücher aufgefordert.« 1 0 Es stellt sich die Frage, wie - vor lauter Dementis v o n deutscher Seite - die Reichsschrifttumskammer Gruppe Buchhandel z u m Zsolnay Verlag stand.
Auf-
schluß darüber, w i e der Buchhandel ihm gegenüberzustehen habe, gibt ein vertrauliches Schreiben der RSK Gruppe Buchhandel v o m 2 0 . Juli 1937 an den Gau Berlin der Gruppe Buchhandel in der RSK: nach Rücksprache mit Herrn Wilhelm Baur wird Ihnen mitgeteilt, dass der Zsolnay-Verlag als ein jüdischer Verlag anzusehen ist, der eine besondere Unterstützung oder besondere Förderung von seiten des Buchhandels nicht zu erwarten hat. Selbstverständlich soll der Verkauf der von ihm verlegten Bücher und z.T. nationalsozialistischer Autoren nicht gehindert werden. Auf die übrigen Autoren des Verlages aber legen wir wenig Wert." V o n der absichtlichen Behinderung der Arbeit des Zsolnay Verlages im R e i c h berichtet ein weiteres Dokument. A m 4. September 1937 richtete die R S K Gruppe Buchhandel - »streng
vertraulich« - einen Rundbrief
an die
»Gauobmänner
des
Buchhandels« mit d e m Inhalt eines Schreibens der Deutschen Handelskammer in W i e n v o m 19. März 1937 (!), in d e m es heißt: »Es geht uns von maßgebender Seite ein Bericht zu, der so geartet ist, daß wir uns verpflichtet fühlen, ihn an Ihre als die zuständige Stelle weiterzuleiten. Es handelt sich um den Zsolnay-Verlag, welcher nicht als einer von den wenigen mit deutschen Verlagen in Verbindung steht und Bücher in größerem Ausmaße nach dem Reich liefert. Es ist dies umsomehr verwunderlich, als der Verlag selbst vollkommen unter jüdischer Leitung steht und bestrebt ist, seine arischen Angestellten nach und nach zu entlassen und ihm zugehörige einzustellen. Außerdem sollen von diesem Verlag Bücher von deutschen Emigranten vertrieben werden, die wieder unter Decknamen nach dem Reich zur Lieferung gelangen. Was die devisentechnische Seite betrifft, ist im Zsolnay-Verlag ein gewisser Herr Felix Costa (ebenfalls Jude) tätig, welcher behauptet, daß er die Devisenschwierigkeiten immer selbst an Ort und Stelle beseitigt. Zu diesem Zwecke ist er auch am 17. März ds. J. nach Leipzig gefahren, wo er den Volckmar-Verlag aufsuchte, mit dem geschäftliche Verbindung besteht. Wir hatten keine Gelegenheit, diese Angaben nach ihrer Richtigkeit zu überprüfen und geben sie Ihrer Stelle weiter, wie sie uns gebracht wurden. Die Tatsache, daß in größerem Ausmaße Lieferungen ins Reich erfolgen, steht jedenfalls fest, und es dürfte daher am Platze sein, bei dem Prüfungsverfahren um Zuteilung von Devisen, welches Ihrer Stelle im Einvernehmen mit der Devisenstelle obliegt, etwas schärfer vorzugehen. Wir stellen es Ihnen anheim, entsprechende Schritte einzuleiten. / Gez. Ing. Rudolf Teufelberger.« Der Nachsatz der R S K dazu: »Sämtliche Gauobmänner w e r d e n hierdurch aufgefordert, j e w e i l s den Durchschlag ihres monatlichen Arbeitsberichtes, d e n sie über die
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Sturm über Österreich, Folge 33, 22.8.1937, S. 5. BDC/Paul Zsolnay Verlag. 633
Landesleitung an den Herrn Präsidenten der Reichsschrifttumskammer zu erstatten haben, an die Dienststelle in Leipzig zu senden.«12 Wer die »deutschen Emigranten« gewesen sein sollen, bleibt unklar. Dafür, daß der Verlag nach und nach versucht hätte, arische Angestellte zu entlassen, liegen keine Beweise vor. Dabei war die österreichische Regierung über diese Praxis des Boykotts schon früher informiert worden, denn bereits am 3. August bekam Staatssekretär Guido Zernatto ein Memorandum überreicht, in dem von einer Behinderung des Absatzes auf »kalte Weise« die Rede war. Konkret zum Boykott heißt es: In den verschiedensten, für den Absatz wichtigen Städten Deutschlands, haben die Gauobmänner des Bundes Reichsdeutscher Buchhändler den ihnen unterstehenden Sortimentsbuchhandlungen die Weisung erteilt, bestimmte namentlich bezeichnete österreichische Verlage zu sabotieren und ihnen untersagt, die Werke dieser Verlage auszustellen oder anzubieten. Auf diese Weise ist es grossen österreichischen Verlagen von Weltruf in einzelnen Gebieten Deutschlands unmöglich, ihre an sich unbeanstandeten und völlig unpolitischen Bücher zu verkaufen. Den grossen Barsortimentern, wie z.B. dem Barsortiment Koehler & Volckmar in Leipzig, wurde von der Reichsschrifttumskammer mitgeteilt, dass es nicht erwünscht ist, die Bücher bestimmter österreichischer Verlage in den Barsortiments-Katalogen zu führen. 13
In diesem Memorandum zu den Einfuhrschwierigkeiten österreichischer Bücher nach Deutschland wurde die offizielle Aufhebung der von einzelnen Parteistellen gegen österreichische Verlage eingeleiteten Gegenpropaganda und Boykottmaßnahmen gefordert. Aber so bald geschah gar nichts. Am 6. Oktober 1937 fand in Wien eine »Sitzung über Buchfragen« statt, an der hochrangige Beamte von fünf Ministerien und vier Vertreter des Buchhandels teilnahmen. Das Ziel bestand darin, »eine weitestgehende Konzentration im Auftreten gegenüber dem Deutschen Reiche zu erzielen«. Der Ausschuß für kulturelle Angelegenheiten zwischen Österreich und Deutschland war nämlich für Ende November/Anfang Dezember in Berlin angesetzt. Da galt es also, eine Strategie zu entwickeln. Der Syndikus der Zwangsgilde, Dr. Sigmund Wisloschill, wies in seinem Diskussionsbeitrag darauf hin, »dass tatsächlich neben der offiziellen Liste verbotener Werke in Deutschland, Geheimlisten der Partei bei den einzelnen Gauleitungen bestehen, die von Gau zu Gau oft verschieden angewendet werden«. Im pro memoria, den er am 12. November nachreichte, wies er nochmals ganz konkret auf das Problem hin. Unter der Überschrift »politische Beschwerden« liest man: c) Allgemeine Weisungen, Bücher bestimmter Verlage nicht zu verkaufen, z.B. in München durch Gauleiter Berg, in Hamburg durch Gauleiter Rieger, z.B. für folgende Verlage:
12 13
Ebd. MEMORANDUM zu den Einfuhrschwierigkeiten österreichischer Bücher nach Deutschland. Österr. Staatsarchiv, HHSta, N.P.A., Karton 134, BKA, 43.118-13/1937.
634
Anzengruber-Verlag, C. Barth, Bermann-Fischer, Fiba-Verlag, Psychoanalytischer Verlag, Löwit, Phaidon-Verlag, Perles, Thomas-Verlag, Zsolnay. 14
Etwa zwei Wochen vor der Tagung des Ausschusses in Berlin kam es auf österreichischer Seite zu einer abschließenden Strategiebesprechung, bei der man Punkt für Punkt den pro memoria der Zwangsgilde besprach. Im Amtsvermerk zu dieser Sitzung heißt es, was eine allfällige Entschlossenheit des Vorgehens betrifft, sehr lapidar: »Politische Beschwerden. Diese Punkte werden im Kulturausschuss eingehend behandelt werden.«15 Felix Costa erhielt Ende Oktober 1937 unerwartet Kunde von den »inoffiziellen« Boykottmaßnahmen, als der Innsbrucker Autor Karl Emerich Hirt dem Verlag mitteilte, er hätte bei seinem Aufenthalt in Deutschland in mehreren Buchhandlungen die Auskunft erhalten, »der Verlag sei verboten«. Und solche Auskünfte mußten bekanntlich nicht einmal wahr sein, um eine geschäftsstörende Wirkung zu haben. Der Verlag war dennoch von »grosser Überraschung« erfüllt: Dies entspricht selbstverständlich in keiner wie immer gearteten Weise den Tatsachen. Es wäre uns aber ausserordentlich wichtig, von Ihnen zu erfahren, wo und von wem Sie diese unrichtige Auskunft erhielten. Wir benötigen die Angabe nicht um anzugeben, sondern zur eigenen Danachachtung. 1 6
Hirt teilte dem Verlag weiters mit, er hätte in vielen Münchner Buchhandlungen erfahren, daß es nicht erwünscht sei, »Werke Ihres Verlages zu verkaufen, zu führen oder in Bestellung zu nehmen« (27. November 1937). Es gehe hier um alle Bücher des Verlags. Obwohl im Aktenvermerk der österreichischen Behörde davon die Rede war, daß auch dieser Punkt, also die Boykotte, im Kulturausschuß eingehend behandelt werden würden und die österreichischen Delegierten bestens informiert worden waren, ja spätestens seit dem August vollkommen im Bild waren, gewinnt man nach der Lektüre des Protokolls nicht den Eindruck, die österreichische Seite hätte das Messer angesetzt. Eher verschlüsselt heißt es im offiziellen Protokoll: »Von österreichischer Seite wurden erneut Klagen darüber vorgebracht, daß außerhalb der offiziellen Verbote die Verbreitung österreichischer Verlagswerke im Deutschen Reich behindert wird. Eine entsprechende Aufklärung der zur Kenntnis gebrachten Einzelfälle ist zu erwarten.«17 Statt mit aller diplomatischen Härte zu verlangen, den Boykott aufzuheben, forderte man von österreichischer Seite mit ganzer Ener14
AdR, BMU, Zahl 39664/37.
15
Österr. Staatsarchiv, HHSta, N.P.A., Karton 629, BKA Abt 14 HP, ZI. 215.810-14a/1937, S. 2.
16
Costa an Hirt, 10.11.1937, Ordner Hirt.
17
Österr. Staatsarchiv, HHSta, N.P.A., Karton 131, BKA 96.690-13/1937. Bericht über die Sitzung des Unterausschusses für Buchfragen des Ausschusses für die kulturellen Beziehungen zwischen Österreich und Deutschland vom 30. November bis 2. Dezember 1937 in Berlin, S. 5.
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gie die Freigabe des im Reich verbotenen Werkes Mönchtum heute, erschienen im Styria Verlag in Graz. Auch wurde die deutsche Seite darauf aufmerksam gemacht, daß verschiedene österreichische Schriftsteller in Kürschners Deutschem Literaturkalender, Ausgabe 1937, nicht aufgenommen worden wären. (Von der reichsdeutschen Seite wurde diese bisher angeblich unbekannte Tatsache mit Bedauern zur Kenntnis genommen.) Als Karl Emerich Hirt den Zsolnay-Verlagsdirektor Costa mit der harten Wirklichkeit konfrontierte, zeigte sich dieser zwar über die Boykottmaßnahmen gegen österreichische Verlage im Bilde, gab sich aber erneut der Illusion hin, es wäre in Wirklichkeit alles in Ordnung, und ließ sich in Berlin in Sicherheit wiegen. Am 4. Dezember 1937 schreibt er an Hirt: Wir danken Ihnen bestens für Ihr freundliches, ausführliches Schreiben vom 27.XI. und gestatten uns Ihnen mitzuteilen, dass uns die Tatsache der negativen Einstellung des Münchner Sortiments zu unserem Verlag natürlich bekannt ist. Es handelt sich hier um eine Einstellung, die zwölf österreichischen Verlagen en bloc gilt und die sich, was unseren Verlag betrifft, nur auf München beschränkt. Ich selbst hatte vor ganz kurzer Zeit anlässlich eines Aufenthaltes in Berlin Gelegenheit, bei der Reichsschrifttumskammer vorzusprechen, wo ich die neuerliche Versicherung erhielt, dass gegen unseren Verlag nicht das mindeste vorliegt und dass derartige Einzelaktionen in Berlin als durchaus unrichtig verurteilt werden. Ich glaube darum annehmen zu dürfen, dass auch die Einstellung des Münchner Sortiments sich in Kürze, was unseren Verlag betrifft, ändern wird. 1 8
Costa hat sich allerdings wieder getäuscht. Dabei war Hirt nicht der einzige Zsolnay-Autor, der vom Boykott der Verlagswerke in Deutschland Bescheid wußte. Frank Thiess, der vom NS-Regime höchstes Lob für sein Tsushima-Roman einheimste, beschwerte sich im August 1938 über den seiner Ansicht nach noch andauernden Boykott so: Endlich wäre ich Ihnen besonders verbunden, wenn Sie mir mitteilen wollten ob es dem Verlage nach seiner Arierisierung [sie] gelungen ist, mit seinen Werken auch in jenen Städten Eingang zu finden, in denen bisher mehr als fünf Jahre die Bücher des Zsolnay Verlages boykottiert wurden, also München, Nürnberg, Magdeburg u.v.a. Wie Ihnen vielleicht durch Herrn von Zsolnay, bzw. meinen Anwalt Dr. Reichstein, bekannt sein dürfte, hatte die Reichsschrifttumskammer ihm gegenüber erklärt, dass sie es ausserordentlich bedaure, solange nicht zur Aufklärung des Buchhandels über die politische Intaktheit meiner Produktion tun zu können, als bis die Arierisierung in der wünschenswerten Form durchgeführt worden sei. 1 9 18
Costa an Hirt, 4.12.1937, Ordner Hirt. Costa spielt wahrscheinlich auf das formale Ergebnis der schon erwähnten zweiten und letzten Tagung des Ausschusses für kulturelle Angelegenheiten zwischen dem Deutschen Reich und Österreich an, die vom 29. November bis 3. Dezember in Berlin abgehalten wurde. Näheres dazu in Hall: Österreichische
Verlagsgeschichte,
Band I,
S. 343ff. 19
Frank Thiess an den Paul Zsolnay Verlag, 17.8.1938, Ordner Thiess. Der Verlag wies auf ein Inserat im Börsenblatt
hin als Beweis für die »Arisierung« und nahm zum Boykott wie folgt
Stellung: »Was Ihre Stichproben bei 22 Berliner Buchhandlungen, die Sie unternommen haben,
636
Zwei Tage nach dem Brief Costas an Hirt, die österreichische Delegation war unverrichteter Dinge aus Berlin nach Wien zurückgekehrt, tat sich Erstaunliches. Sektionsrat Dr. Wilhelm Wolf, der selber zu den Verhandlern gehörte und wochenlang von den konkreten Boykottmaßnahmen gegen namentlich bekannte Verlage wußte, tat in einem Schreiben an sein Gegenüber in Berlin, Dr. Karl Megerle, so, als ob er hinters Licht geführt worden wäre: Sehr geehrter Herr Doktor! In unmittelbarem Zusammenhang mit der von österreichischer Seite in der letzten Sitzung des Unterausschusses für Buchfragen in Berlin vorgebrachten Klage über die Behinderung der Verbreitung von in Deutschland nicht verbotenen österreichischen Verlagswerken bringe ich soeben (sie!) in Erfahrung, dass in den letzten Novembertagen die deutschen Sortimentsbuchhändler im Wege der zuständigen Fachschaft den Auftrag erhielten, von nun an die Verlagserzeugnisse nachstehender österreichischer Buchverleger nicht mehr zu vertreiben, keine Bestellungen dafür zu übernehmen, nicht mehr in die Auslage oder auf dem Verkaufstisch auszulegen und über etwaige Anfragen der betreffenden Verleger zu erklären, dass das deutsche Publikum derartige Bücher nicht mehr kauft. Keinesfalls aber sei hiebei von einer Weisung der Schrifttumskammer zu sprechen. Es handelt sich um die folgenden Verläge (sie): Paul Zsolnay-Verlag, Thomas J. HegnerVerlag (sie), Bastei-Verlag und Reichner-Verlag. Die Kenntnisnahme der Weisung der Fachschaft war auf dem Zirkular zu bestätigen, die Weisung selbst sofort zurückzustellen. In der Weisung war noch enthalten, dass lediglich noch die Lagerexemplare abverkauft werden dürfen. Diese Massnahme der Schrifttumskammer, an deren Tatsächlichkeit nicht zu zweifeln ist, steht, darin stimmen wir sicherlich völlig überein, durchaus im Widersprüche zu den bisherigen Besprechungen im Rahmen des Ausschusses und des Unterausschusses für Buchfragen. Ich richte deshalb an Sie, sehr geehrter Herr Doktor, das Ersuchen, diese Angelegenheit verfolgen zu wollen und im Interesse unseres Ausschusses eine ehetunliche befriedigende Lösung herbeizuführen. Von österreichischer Seite wird erwartet, dass alsbald der Widerruf der obigen Weisung an die Sortimentsbuchhändler erfolgen wird. Mit dem Ausdrucke besonderer Hochschätzung und in freundlicher Erinnerung an alle in Berlin erwiesene Aufmerksamkeit. Ihr sehr ergebener [Wilhelm Wolf] 20
Eine Antwort auf dieses Schreiben ließ sich im Aktenbestand nicht finden. Bei der letzten Sitzung des für diese Frage zuständigen Unterausschusses für Buchfragen
20
anlangt, so glauben wir nicht, dass das Fehlen Ihrer Bücher in den Auslagen politische Gründe hat, es dürfte sich vielmehr, sowohl um einen üblen Zufall handeln, als auch um die recht bedauernswerte Erscheinung, dass nur Novitäten ins Schaufenster gestellt werden. Wir haben jedenfalls unserem Berliner Vertreter von Ihrer Beobachtung Mitteilung gemacht und von ihm Aufklärung verlangt.« (Direktion an Frank Thiess, 22.8.1938, ebd.) Österr. Staatsarchiv, HHSta, N.P.A., Karton 134, BKA 96.706-13/1937. Gegenstand: Behinderung der Verbreitung österreichischer Verlagswerke in Deutschland.
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Anfang Februar in Berlin konnte die Frage der Verbreitungsbehinderungen auch nicht geklärt werden: der zuständige Mann, Dr. Paul Hövel, war gerade auf Urlaub. Einen Monat später war alles hinfällig. Obwohl die verantwortlichen österreichischen Beamten nun seit mehr als einem halben Jahr mit dem Problem der Boykotte bestens vertraut waren, brachten sie keine wie immer geartete Lösung für die österreichischen Verlage zustande. Zu der Zeit, als der zuständige deutsche Mann bei der Tagung des Unterausschusses für Buchfragen abwesend war, kämpfte der Zsolnay Verlag hilflos gegen das alte Problem an. So teilte Felix Costa seinem Chef mit: Was die Situation bei den Hamburger Buchhändlern anlangt, teilt Arnold mit, dass die Sortimenter noch immer Bange haben, unsere Bücher ins Fenster zu stellen, weil sie Warnungen von [Gauleiter Martin] Riegel befürchten. Dabei hat Riegel selbst 5 Cronin bestellt und die Lowell z.B. im Schaufenster stehen. Auch ein anderer Fachschaftsleiter hat Tsushima im Fenster stehen und bestellte. 21
27.4. Die Stimmung vor dem Treffen Hitler-Schuschnigg Noch vor Mitte Februar 1938, als Paul Zsolnay in Rapallo weilte, ging »alles seinen gewohnten Gang«, wie Felix Costa sich ausdrückte.22 »Es hat sich nichts irgendwie Beunruhigendes ereignet und es hat auch keinen Anschein, dass irgendetwas im Zuge ist.« (ebd.) Außenpolitisch aber schon: am 7. Februar überbrachte der scheidende deutsche Gesandte in Wien, Franz von Papen, Kanzler Schuschnigg die Einladung Hitlers zu einem Gespräch im Berghof auf dem Obersalzburg bei Berchtesgaden, und Schuschnigg nahm die Einladung für den 12. Februar an. Am 14. Februar kommentierte der ewige Optimist Costa die innen- und außenpolitische Lage folgendermaßen: Es hat sich in den letzten Tagen, wie Du sicherlich weisst, mancherlei ereignet. Es ging und geht in Wien recht aufgeregt zu, weil man es für gut befindet, was ich durchaus nicht verstehe, nichts zu sagen. Dadurch entstehen die hunderttausend Gerüchte, die grundlos Unruhe stiften. 2 3
Costa schließt mit der typisch österreichischen Doppelnegation: »Ich selbst betrachte die Begegnung der beiden Staatsmänner rein gefiihlsmässig als durchaus nicht ungünstig für beide Teile.« Es fragt sich unwillkürlich, was sich noch alles hätte ereignen müssen, damit es Costa dämmerte. Am selben Tag wird die von Hitler diktierte Kabinettsumbildung in Wien durchgeführt, am 16. Februar wird eine Amnestie für politische Delikte erlassen. Davon betroffen sind alle politischen Straftaten, die vor dem 15. Februar begangen wurden und eo ipso illegale Nazis in Österreich. Am Tag, an dem Nationalsozialisten gar die Möglichkeit zu legaler 21
Costa an Paul Zsolnay, 8.2.1938, Ordner Direktionskorrespondenz.
22
Costa an Paul Zsolnay, 11.2.1938, ebd.
23
Costa an Paul Zsolnay, 14.2.1938, ebd.
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Betätigung innerhalb der Vaterländischen Front bekommen, also am 18. Februar, gibt Felix Costa in einem Brief an Paul Zsolnay wieder einmal einen, die Situation verharmlosende Kommentar ab: »Ansonsten kann ich Dir noch berichten, dass naturgemäss die Menschen hier in Wien in grosser Spannung sind und dass die allgemeine Stimmung noch in Überraschung und Betäubung befangen ist.«24
27.5. Bilanz einer Bilanz In diesen Tagen wurde das Herbstprogramm konkretisiert, aber der Verlag war von allgemeinen Wirtschaftssorgen keineswegs frei. Der Devisentransfer von Erträgen im Reich war bis in das Frühjahr 1938 weiterhin ein Problem. Felix Costa verfolgte Eingänge wie Absätze sehr genau. Sein Bericht etwa über die Lage im Jänner 1938 hörte sich beispielsweise so an: Der Absatz der verflossenen Woche war in Exemplaren - es waren an 200 - gleich dem Absatz derselben Woche im Vorjahr. An Geldwert blieb die Woche um ca 1000 S zurück, weil heuer der Verkauf gleich zu gleich Original- und Sonderausgaben umfasste. Unter den Sonderausgaben waren 334 Giuliano. - Die Geldendsumme für Jänner hat sich verbessert, weil erst in den letzten Jännertagen eine Bestellung des Barsortiments in Berlin in die Geldziffem aufgenommen wurde, während die Exemplarziffem schon in der vorigen Woche aufscheinen. Die Auslieferung in Geldeswert machte für Jänner S 38.900 aus, gegen S 45.000 des vergangenen Jahres. Der Geldeingang ist S 110.000 gegen S 94.800 des Vorjahres. Der Rückgang in Geld ist daher für den heurigen Jänner nicht 10.000 S, wie wir angenommen hatten, sondern nur 6000 und etliche hundert Schilling, was mir bedeutungslos erscheint. 25
Bestellungen an den Verlag wurden von ihm so kommentiert: Gestern kamen diverse Vorausbestellungsmeldungen vom 7.II. Ihnen zufolge - um nur die wichtigeren Daten zu nennen - sind von Finke Apollon 1900 Exemplare vorbestellt, von Urbanitzky, allerdings kombiniert mit den früheren Bestellungen, 1400, von Cronin als Ergebnis dieser Woche - denn die Meldung der vergangenen Woche bezüglich Cronin war gleich null - 1700 Exemplare, was meiner Meinung nach ausserordentlich hoffnungsreich ist, weil in diesen Ziffern, wie ich Dir schon gestern geschrieben habe, z.B. die Hamburger Grossofirmen nicht Inbegriffen sind. Ich glaube, dass die Cronin-Auslieferung ganz schön sein wird und rechne bestimmt auf einen starken Erfolg dieses Werkes. Die interessanteste Vorausbestellungsziffer bis jetzt ist Ebermayer, sie umfasst ca 800 Exemplare, also keine sehr imponierende Ziffer. [...] Freumbichler ist sehr schwach vorbestellt, 336 Exemplare bis jetzt. 26
In einem weiteren Brief schildert Costa das betriebsame Innenleben des Verlags so:
24
25 26
Costa an Paul Zsolnay, 18.2.1938, ebd. Es ist dies der letzte erhaltene Brief Costas an Zsolnay aus diesem Bestand. Costa an Paul Zsolnay, 8.2.1938, ebd. Costa an Paul Zsolnay, 9.2.1938, ebd.
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Die Herstellung arbeitet programmgemäss. Herrn [Richard] Lehnert ist es gelungen, den Roman von Zilahy auf den 10.III. vorzuverlegen, den Kunsti auf den 3.III. In Deutschland ist Leinen nicht leicht zu bekommen, doch ist schon Vorsorge getroffen, dass der Cronin, wenn er einschlägt, zeitgerecht wird nachgebunden werden können. Ansonsten geht alles in Ordnung, Prospekte, die in Vorbereitung sind, werden fertig und die noch geplanten werden vorbereitet. 27 Ebenfalls interessant an dieser fragmentarisch erhaltenen Korrespondenz ist die Freimütigkeit des Geschäftsmanns Costa in seinem o f f e n e n Urteil über die Erfolgschancen der geplanten Herbstproduktion: Die Stützen des Herbstes bis jetzt scheinen mir zu sein: der Buck-Roman, wobei ich fest annehme, dass wir ihn bekommen, der Colerus-Roman, der Rainalter, der Edschmid; auf den Martin du Gard, wenn er nicht durch diese Verzögerungen unmöglich gemacht wird, setzte ich irgendwie; ich hoffe auch, dass der neue Seitz seine Schuldigkeit tun wird. Das Physikbuch, das wir noch nicht haben, aber aller Wahrscheinlichkeit nach bekommen werden, die Autobiographie der Erde von Bradley, der neue Finke werden ihre Schuldigkeit tun, davon bin ich überzeugt. Der Roman von Eton und das Marshall-Buch, wenn wir es bekommen, haben ein ungewisses Schicksal; vielleicht kann der Verlag, wenn er von diesen beiden Büchern durchaus überzeugt wird, etwas damit anfangen. Wenig Hoffnung habe ich auch für Wenter, Jensen, Nyirö und Gulacsy und auch bezüglich »Meister Kung« von Crow bin ich eher pessimistisch. Der Kreische wird sicherlich ein literarischer Erfolg und die Stücken-Gedichte werden uns keine Schande machen, (ebd.) Im Jahr 1937 war die Verlagsproduktion, sowohl was neue Titel als auch was N e u auflagen anlangt, gesunken. Hatte Zsolnay 1936 noch die Zahl v o n 61 Neuerscheinungen und 2 0 N e u a u f l a g e n erreicht, fielen diese Zahlen im folgenden Jahr auf 51 b z w . 17 zurück. Felix Costa war dennoch mit d e m Ergebnis zufrieden. A m 18. Februar teilte er Paul Zsolnay mit: Das Ergebnis einer interessanten Fleissaufgabe, die ich Herrn Bertas auftrug, will ich Dir mitteilen, weil es bemerkenswert ist: wir haben im vergangenen Kalenderjahr von den rund 210.000 verkauften Exemplaren 85.500 Nicht-Neuerscheinungen verkauft. 28 Ein k e i n e s w e g s so rosiges Bild der wirtschaftlichen Entwicklung des Paul Zsolnay Verlags während der 30er Jahre malte ein Wirtschaftsprüfer, der im Frühjahr 1 9 3 9 v o n der Vermögensverkehrsstelle in W i e n den Auftrag bekam, den sog. Sachwert des Unternehmens festzustellen. Einige der wesentlichen Punkte aus dem Vorbericht sollen hier nun zusammengefaßt werden, u m den Verlag einmal v o n der kaufmännischen Seite und darüberhinaus v o m Standpunkt eines Nicht-Branchenkundigen zu sehen und erneut aufzuzeigen, w i e sich auch die veränderten Ge-
27
28
Costa an Paul Zsolnay, 12.2.1938, ebd. Der hier angesprochene Richard Lehnert (16.6.1896, Wien - 1940, London) war Mitte Jänner 1927 in den Verlag eingetreten und bis 31. Oktober 1938 für Zsolnay tätig. Costa an Paul Zsolnay, 18.2.1938, ebd.
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schäfts- und Marktbedingungen nach dem Frühjahr 1933 auf das Unternehmen auswirkten. 29 Der Überblick soll auch dazu dienen, eine wirtschaftliche Erklärung dafür zu liefern, daß der Verlag dann im Jahre 1941 zu einem für den Laien geringen Preis veräußert wurde. Der Verlag beschäftigte zum Zeitpunkt des Berichts 24 Angestellte mit 13 Monatsbezügen zwischen R M 90,- und R M 600,-. Vier Arbeiter bekamen Wochenlöhne von R M 4 1 . — bzw. R M 49 und eine Bedienerin erhielt R M 20. - pro Woche. Jüdische Angestellte wurden bereits 1938 gekündigt und erhielten auch die ihnen zustehenden Abfertigungen. Spitzenverdiener war zu diesem Zeitpunkt ein Neuer im Verlag: »Unter den Angestellten befindet sich der auf W e i sung des Reichspropagandaministeriums neu eingestellte fachliche Berater Herr Erich Landgrebe mit dem Titel Geschäftsführer (Monatsbezug R M 600,-).« Der Paul Zsolnay Verlag hatte, wie dem vorgelegten Bericht zu entnehmen ist, schon seit 1933 »ständig mit Verlust gearbeitet, infolgedessen fällt die Angabe einer betrieblichen Reingewinnquote aus«. Fazit: »Ein Sachwert für die Unternehmung ist demnach nicht gegeben.« Der Wirtschaftsprüfer nahm sodann auch die Art der Verträge, die der Verlag gewöhnlich abschloß, unter die Lupe und fand so manches, was dem in Verlagsdingen nicht eingeweihten Fachmann aufstieß: Meistenteils wurden garantierte Honorare oder Honorarvorschüsse vereinbart und ausbezahlt. Diese Verträge sind j e nach Autor ganz individuell abgefaßt, haben häufig keine klare Fassung und weisen vor allem den Mangel auf, daß sie nicht die Haftung der Honorareingänge aus sämtlichen Werken eines Autors für dessen Gesamtverpflichtungen aus vorausempfangenen Honoraren festlegen.
Das hätte sich mit Gewißheit auch kein Autor gefallen lassen, manche wären verhungert. So setzt sich der Bericht fort: Jedes Werk und die damit zusammenhängenden Vorschüsse einerseits und hierauf verrechneten Honorareingänge andererseits wurden deshalb als ein in sich geschlossener Komplex betrachtet, so daß die Fälle eintraten, daß bei ein und demselben Autor Vorschüsse auf nichtgehende Werke abgeschrieben, dagegen die Honorareingänge auf dessen übrige Werke dem Autor ausbezahlt wurden. Es entzieht sich unserer Beurteilung ob dieser Vorgang in dieser Branche allgemein üblich ist. Jedenfalls erscheint aber durch diese Praxis das Geschäftsrisiko erhöht, da die Möglichkeit der Einbringung von solchen Vorschüssen ausgeschaltet ist.
Auch das System der Auslieferung wurde genauer betrachtet. Es wurde festgestellt, daß die Auslieferung nur im geringen Umfang durch den Verlag selbst, der allergrößte Teil durch beauftragte Firmen erfolgte, was an sich nicht überrascht. Genannt wurden
29
Bericht der Gesellschaft für Revision und treuhändige Verwaltung Gesellschaft m.b.H. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Wien, über die Firma Paul Zsolnay Verlags A . G . , Wien, Prinz Eugenstrasse 30. A l l e folgenden Zitate stammen aus diesem Bericht. A d R , VVSt, Kommissare und Treuhänder, ZI. 12.765, Kt. 900, Band II.
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R . Lechner & Sohn, Wien: für die Ostmark, das Protektorat, Jugoslawien, Polen, Italien und Bulgarien. Paul Zsolnay Ges.m.b.H., Berlin: für Groß-Berlin F. Volckmar, Leipzig: für das Altreich mit Ausnahme von Groß-Berlin N . V . Ditmar, Amsterdam: für Holland einschließlich Kolonien, Belgien und Luxemburg Aurora Ges.m.b.H., Cernauti: für Rumänien Bela Somlo, Budapest: für Ungarn
Lechner und Volckmar erhielten für ihre Arbeit Provisionen von 2% bis 9% je nach Art des Sortiments, während die anderen drei Vertragsfirmen als gleichzeitige Generalvertreter und Kommissionäre die auszuliefernden Bücher mit Rabatten zwischen 35% und 52% übernahmen. Der Wirtschaftsprüfer ortete auch gröbere Mängel in der Buchhaltung des Paul Zsolnay Verlags, seine Beobachtungen geben Aufschluß über jene Verluste des Unternehmens, die durch Bücherverbote entstanden sind: Im Geschäftsjahre 1934/35, das durch nachgeholte Abschreibungen am Warenlager, von den Außenständen und von Kursdifferenzen mit einem Verlust von rund S 5 7 2 . 7 0 0 . - - abschloß, wurde durch Streichung von S 570.400.— von der Kontokorrenteinlage Paul Zsolnays zuzüglich Auflösung der Dubiosenreserve eine Bilanzbereinigung durchgeführt. Wir bezweifeln, daß diese Sanierung ausreichend war. In den nächsten 2 Geschäftsjahren wurden zwar geringe Überschüsse ausgewiesen (1935/36 rund S 8 . 6 0 0 . - , 1936/37 rund S 1 0 . 9 0 0 . - ) , doch waren diese im Hinblick auf die angewendeten Bewertungsgrundsätze offensichtlich falsch. Erwiesen ist dies durch die anläßlich der jetzigen Revision notwendig gewesenen Abstriche insbesondere bei den Vorräten und Außenständen, wobei wir die außerordentlichen Verluste, welche durch die Ausscheidung von Büchern jüdischer Autoren und Forderungen an diese aus den Beständen entstanden sind, außer Betracht lassen. Ein von der Firma aufgestellter Bilanzentwurf zum 3 1 . X I I . 1 9 3 8 , der im wesentlichen nur die vorgenannten außerordentlichen Ausfalle von zusammen ungefähr R M 3 9 0 . 0 0 0 . - - berücksichtigt, schließt mit einem Verlust von rund RM 3 3 2 . 0 0 0 . - Darnach wäre in der ordentlichen Gebarung ein Überschuß von rund RM 58.000.-- erzielt worden. Die endgültige Bilanz aber, in welcher die Bewertungen nach ordentlichen Grundsätzen vorgenommen wurden, weist einen Verlust von rund RM 655.000.— auf, der das Aktienkapital von R M 6 6 6 . 6 6 6 . 6 7 nahezu aufzehrt. Die Differenz zwischen den beiden Verlustziffern von rund RM 3 2 3 . 0 0 0 . - ist die Summe der Betriebsverluste in den letzten drei Geschäftsjahren und wahrscheinlich teilweise auch noch aus der Vorzeit.
Die Autorenrechte fanden übrigens bei der Bewertung keine Berücksichtigung. Der Prüfer spricht von einem »ungünstigen Gesamterfolg« und findet gleich Gründe, wobei einige davon mit denen konform sind, die aus der Korrespondenz mit Autoren hervorgehen: Wenngleich wir das an sich nähere Risiko des Verlagsgeschäftes in Rechnung ziehen, so scheint diesfalls die Ursache der dauernd ungünstigen Ergebnisse, auch in der schlechten, nicht allein von kaufmännischen Grundsätzen geleitet gewesenen Geschäftsführung gelegen zu sein. Die Annahme vieler Werke, die sich bald als Nieten erwiesen, die Gewährung zu hoher Honorar-
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Vorschüsse, welche infolge Nichtgängigkeit der Bücher uneinbringlich wurden und anderes mehr sind hiebei zu erwähnen. Es mag weiters auch der Umstand eine Rolle gespielt haben, daß die anerkannt gute Ausstattung der Bücher Verkaufspreise bedingte, die oft schwer erzielbar waren, weshalb Sonderausgaben, vielfach unter Benützung der Normal ausgaben, zu ermäßigten Preisen herausgebracht werden mußten, wodurch vermutlich kaum noch die Herstellungskosten erlöst wurden. Im Falle der Neuherstellung der Sonderausgaben wurden die Normalausgaben aber stark entwertet meistens sogar wertlos.
Vom kaufmännischen Standpunkt scheint der Zsolnay Verlag, wenn man dem Bericht Glauben schenkt, von der Hand in den Mund gelebt zu haben. Die »Zahlungsbereitschaft«, also die Fähigkeit des Verlags, seine Rechnungen zu zahlen, war seit Jahren äußerst beengt und konnte überhaupt nur durch dauernde Inanspruchnahme von Lieferanten- und Bankkrediten aufrecht erhalten werden. Der Prüfer sah die Zukunft des Unternehmens keineswegs ganz schwarz; er meinte, daß bei Vorhandensein entsprechenden Eigenkapitals und bei vorsichtiger Geschäftsführung der Verlag einen Gewinn abwerfen müßte. Wir greifen den Ereignissen zwar voraus, aber feststeht, daß der Paul Zsolnay Verlag ab April 1939 unter der Leitung eines nicht verlagserfahrenen Treuhänders ungeahnte Umsätze machte und die besten Ergebnisse in der Geschichte des Verlags erzielte! Aus dem Bericht geht eindeutig hervor, daß sich die finanzielle Beweglichkeit des Verlags angesichts der Entwicklung der Jahre ab 1934 durch die Übernahme des Verlags im März 1938 nur noch verschlechtern müßte, denn dann lagen noch mehr Büchervorräte vor, die erst recht nicht im Reich abgesetzt werden konnten - siehe die Beispiele Werfel oder Saiten.
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28. Der Verlag von März 1938 bis zur Sperre 1939
Von hier ist nicht viel Neues zu berichten. Im Verlag geht alles in bester Ordnung, wie ich es nicht anders erwartet habe. (Paul Zsolnay an Frank Thiess, 19. April 1938) Von hier ist nichts Besonderes zu melden, es geht alles so, wie ich es mir gedacht habe. Der Verkauf hat sich im allgemeinen wieder gebessert. (Paul Zsolnay an Frank Thiess, 13. Mai 1938)
28.1. Ereignisse um die Übernahme Wer sich anhand von Zeitzeugen oder der zeitgeschichtlichen Forschung auch nur am Rande über die Ereignisse um jüdische Gewerbebetriebe, hier speziell Buchhandlungen und Verlage, in der Zeit nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich im März 1938 ein Bild gemacht hat, müßte die Geschichte des Paul Zsolnay Verlags bis zur Sperre durch die Gestapo im April 1939 für unwahrscheinlich und schier unglaubwürdig halten. »Alles in bester Ordnung« befand der als »jüdisch« geltende Verleger Paul Zsolnay wenige Wochen nach Beginn des braunen Straßenterrors. Welcher von seinen Berufskollegen konnte so etwas konstatieren? Gottfried Bermann Fischer, Herbert Reichner, Lucy Tal (Verlag E.P. Tal & Co.), Martin Flinker mußten ins Ausland flüchten. Wieder andere wie die Buchhändler Oskar Perles oder Richard Lanyi mußten höherer Gewalt weichen und ihre Geschäfte unter freiwilligem Zwang anderen übergeben. Beide starben später im KZ. Manche, wie Josef Kende, wurden gleich verhaftet und unverzüglich ins KZ gebracht. 1 Aber das ist nur eine Facette des Ungewöhnlichen. Das »Erfolgsrezept« hieß Tarnung - Verschleierung der tatsächlichen (Besitz-) Verhältnisse, unter Ausnützung jener Übergangszeit zwischen österreichischer Schlamperei und deutscher Gründlichkeit, zwischen dem »Zugreifen« der einheimischen Ostmärker auf fremdes Eigentum (Stichwort: »wilde Kommissare«) und dem Durchgreifen der aus dem Altreich eingezogenen Ordnungsmacher. Dieses Zugreifen wurde im damaligen Kontext häufig als Wiedergutmachung verstanden. Was in wenigen Tagen im kulturellen Bereich alles passierte - überall wurden neue Chefs, sogenannte kommissarische Verwalter, eingesetzt - war zumindest z.T. von langer Hand geplant gewesen. So hatte Hermann Stuppäck, seines Zeichens Zsolnay-Autor, Herausgeber mehrerer NS-Periodika in den 30er Jahren, seit 28. Februar 1932 Siehe dazu Murray G. Hall: Jüdische Buchhändler und Verleger im Schicksalsjahr 1938 in Wien. In: Anzeiger des österreichischen Buchhandels, 123. Jg., Anfang März 1988, Nr. 5, S. 40-45.
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Mitglied der Ν.S.D.A.P., 1936 wegen Betätigung für die verbotene Partei verhaftet und später amnestiert, seit Mai 1935 (und bis August 1938) Landeskulturleiter der N.S.D.A.P., Landesleitung Österreich, nicht ganz unrecht, wenn er in seinem Lebenslauf stolz angab, daß »der Umbruch auf kulturpolitischem Gebiete« während der Verbotszeit »systematisch vorbereitet [worden war], so dass im Augenblick der Machtergreifung in Österreich binnen 24 Stunden sämtliche kulturpolitische Positionen besetzt werden konnten«.2 Nach übereinstimmenden Augenzeugenberichten hat ein gewisser Hannes Dietl wenige Tage nach dem Einmarsch mit einigen SA-Leuten den Paul Zsolnay Verlag in der Prinz Eugen Straße besetzt. Hannes Dietl, auch ein enger Freund von Albert von Jantsch-Streerbach, war hauptberuflich bei der Firma Böhler Stahlwerke A.G. in Wien beschäftigt. Eingesetzt wurde er vom Landeskulturamt. Im Nebenberuf war Dietl, der (wie Stuppäck) der N.S.D.A.P. im Jahre 1932 beigetreten war (Beitrittsdatum 15.3.1932; Nr. 897 548), während der »Verbotszeit« Schulungsleiter der Hitlerjugend und des Bundes Deutscher Mädel. Genauso nebenbei verfaßte Dietl Artikel für diverse von Stuppäck herausgegebene Publikationen wie Der neue Weg. Deutsche Blätter für Österreich , 3 Trotz dieser Erfahrung sind Zweifel an seiner Eignung, einen der größten Verlage im Lande zu leiten, berechtigt. Als Propaganda· bzw. Organisationsleiter des Landeskulturamts - er avancierte im November 1938 gar zum Oberstammführer - beschloß Dietl daher nicht nur seinen eigenen Einzug in den Zsolnay Verlag, sondern u.a. auch den Einsatz von Alfred Böhme als kommissarischen Verwalter des Herbert Reichner Verlags. 4 Daß das Verlagsgebäude in der Wiener Prinz Eugen Straße in diesen Märztagen mit einer Hakenkreuzfahne »geschmückt« war, wie manchmal kolportiert wird, ist als wahrscheinlich anzusehen. Eine der ersten Taten Dietls in seinem neuen Amt 2
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Lebenslauf von Hermann Stuppäck, datiert 9. Dezember 1940. Österr. Staatsarchiv, AdR, Reichsstatthalterei. Baidur von Schirach, Karton 25, Korrespondenz K-Z, »Stuppäck«. In der ersten Zeit nach dem Anschluß war der Lyriker Stuppäck als kommissarischer Staatssekretär für Kunst und Kultur im Unterrichtsministerium tätig. Ab Oktober 1938 war er Dramaturg am Wiener Burgtheater. Zu deren Mitarbeitern zählten u.a. Gilbert In der Maur, Walter Riehl, Erika Spann-Rheinsch, Karl Hans Strobl, Hermann Neubacher, Erwin Kolbenheyer, A.E. Frauenfeld, Mirko Jelusich, Max Morold, Robert Ernst, Josef Weinheber, Karl Wache, Hermann R. Leber, Edmund Finke, Max Meli, Ida Maria Deschmann, Ernst Scheibelreiter, Othmar Spann, Franz Löser, Albert von Streerbach, Alois Essigmann, Karl Anton Rohan, Franz Spunda, Robert Hohlbaum und Paul Anton Keller. In der Tat war Böhme Ende Mai 1938 noch mehrfacher kommissarischer Leiter. Er war außerdem für den Bühnen- und Musikverlag Josef Weinberger, für den Theaterverlag Max Pfeffer sowie für den Bermann Fischer Verlag zuständig. Außerdem wurde er von der Kulturamtsleitung der NSDAP als Unterbevollmächtigter der Wiener Bühnen- und Musikverlage eingesetzt. Der am 19. Oktober 1888 in Stetteritz bei Leipzig geborene Böhme war seit Juli 1918 in einer Reihe von Wiener Musik- und Theaterverlagen in leitender Position tätig. Seit September 1936 war er Teilhaber und Geschäftsführer der Firma R. Kiesel & Böhme, Bühnen- und Musikverlag, Salzburg-Wien. Er starb am 3.12.1967 in Wien.
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als »kommerzieller Leiter« war der Zugriff auf das Firmenauto des Zsolnay Verlags, das er übrigens großzügigerweise mit Paul Zsolnay teilte, später gekauft haben wollte, und das er, wie ihm nachträglich zum Vorwurf gemacht wurde, nicht selten zu Vergnügungszwecken benützte. Wie der spätere Bericht des Treuhänders ihm vorhielt, erschien Dietl nur gelegentlich im Verlag und übte seine »Tätigkeit« ohnedies nur bis Ende August 1938 aus. Einer Aufforderung des Staatskommissars in der Privatwirtschaft an alle kommissarischen Verwalter von eigener Gnade, sich von der VVSt bestätigen zu lassen, da sie andernfalls nicht anerkannt würden, kam Dietl nicht nach. Mit den Verlagsgeldern wurde in dieser Zeit, wie spätere Erhebungen ergaben, eher locker umgegangen. Es ist gar von »Zechgelagen« Dietls mit Zsolnay und Costa die Rede. Auch das Landeskulturamt profitierte von der Übernahme. Dessen Propagandaleiter Dietl handelte mit dem Kommissarischen Verwalter des Zsolnay Verlags Hannes Dietl die Gewährung eines Darlehens aus. Eine Rückzahlung wurde anscheinend nicht vereinbart, die Summe wurde auf Weisung Dietls unter »verschiedene Spesen« abgebucht. Dietl hat in seiner Eigenschaft als Verwaltungsrat (seit 8. April 1938) und als Kommissarischer Verwalter zudem auf Verlagskosten eine umfangreiche Reisetätigkeit entwickelt, deren Notwendigkeit und Zweckmässigkeit nach Auffassung des späteren Treuhänders nicht erwiesen werden konnte. Ordentlich abgerechnet, also mit der Vorlage von Belegen, wurden diese Reisen nach Deutschland und ins Ausland (Polen) selbstredend nicht. Eine seiner letzten Reisen fiel in die Zeit, als er nach eigenen Angaben für den Verlag nicht mehr tätig war und als nach Angaben von Jantsch den Behörden gegenüber Paul Zsolnay am Aktienkapital des Zsolnay Verlags gar keinen Anteil mehr hatte. Als die Sperre des Verlags unmittelbar bevorstand, flog Dietl Anfang April 1939 zu Paul Zsolnay nach London, um mit ihm die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Das war nach damaliger Sicht kein Verhalten im nationalsozialistischen Sinn. Obwohl Dietl im Verlag ein eher seltener Gast war, genehmigte er sich ohne Dienstvertrag ein anständiges Gehalt von RM 1 000 monatlich. Zum Vergleich: Jantsch erhielt zwischen August 1938 und April 1939 monatlich zwischen RM 400 und RM 1 080, Summen, die als Autorenhonorar gebucht wurden. Entgegen den gesetzlichen Bestimmungen wurde das Gehalt des kommissarischen Verwalters nicht, wie vorgeschrieben, von der VVSt bestimmt, so hoch wäre es dann bestimmt nicht ausgefallen. Es nimmt daher nicht wunder, daß später gegen Dietl beim Gaugericht Wien Anzeige mit Antrag auf Ausschließung aus der Partei erstattet wurde. Der Zsolnay-Firmenwagen (mit eigenem Chauffeur) bekam alsbald eine besondere Tafel mit der Aufschrift »Kulturamt. Landesleitung Wien«. Daß wohl nur wenige Menschen von dieser bislang im Illegalen arbeitenden, obskuren Institution etwas anzufangen wußten, liegt auf der Hand, aber die Aufschrift samt Hakenkreuzen wird sicherlich Respekt eingeflößt haben. Die Strategie Paul Zsolnays bis 1938 hatte darin bestanden, durch die Übernahme von nationalen und nationalsozialistischen Autoren das Unternehmen zu erhalten. Das ist wohl geschehen, aber andererseits sprechen Auflagen- und Verkaufszahlen eine ziemlich deutliche Sprache. Mit diesen Autoren und von Fall zu
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Fall von ihren allfälligen literarischen Meriten einmal abgesehen, war kein Geschäft zu machen, und der Absatz der zugkräftigen, nun verbotenen Autoren war ja weggefallen. Frank Thiess hatte schon in seinen nachträglich redigierten Tagebüchern im Frühjahr 1937 alles durchschaut, ja gesehen, wo das alles hinführt. Während seines Wien-Aufenthaltes notierte er folgendes: Abends trostlose Gespräche. Paul über die Autoren D. [Dauthage? Danszky?] und H. [Wladimir von Hartlieb], »diese Nazis«. Es hat ihm nichts eingebracht, daß er sie im Verlag hat. Wohin gehören wir? Heimatlos, heimatlos. Wieder schlaflose Nächte hilfloser Grübelei. 5
Der Autor spricht dieses Thema gar ein zweites Mal an, und zwar in Zusammenhang mit den Ereignissen nach dem März 1938: P. [Paul Zsolnay] verspricht sich von den NS-Autoren, die er in den Verlag aufnahm, eine vorläufige Sicherung seines Bestandes. Er meint, es werde bald alles wieder in die bewährte österreichische Schlamperei absinken, was in Deutschland nicht möglich war: Jedes Land habe seinen eigenen politischen Geruch, (ebd., S. 220 f.)
Für die betreffenden Autoren und ihre Antichambrierer wurde dieser Versuch, den Paul Zsolnay Verlag zu einem kulturpolitischen Machtinstrument zu machen, schon vor dem Anschluß ein großer Flop. Ja, im Reich haftete ihnen der »Geruch« des »jüdischen« Verlags in Wien an, das Verlegen bei Zsolnay wurde zum Bumerang und trug den nationalsozialistischen Autoren keinen guten Ruf ein. Unter diesem Umstand hatten sie über den März 1938 hinaus lange zu leiden, denn die Firma trug aus dieser Sicht noch den »besudelten« Namen »Paul Zsolnay Verlag«, wie Will Vesper nie müde wurde festzustellen. Was für eine Bewandtnis dies unter Beobachtern im Reich hatte, zeigt ein Brief von Hellmuth Langenbucher vom Verlag des Börsenvereins an Hermann R. Leber, der eine Überzeugungsoffensive in Deutschland gestartet hatte, am 21. April 1938. Langenbucher war sicher, daß der Verlag von allem »gereinigt« werden würde, »was nicht mehr in unsere Zeit und für unser Volk passt«.6 Leber hatte offenbar bereits mit dem Gedanken gespielt, den Namen bald verschwinden zu lassen, wozu Langenbucher »grundsätzlich« zustimmte. »Für den Außenstehenden ist es selbstverständlich sehr schwer, mit dem Begriff Zsolnay-Verlag nun auf einmal einen völlig anderen Inhalt zu verbinden, als den, der vor dem Umschwung in Österreich damit verbunden werden mußte. Es ist ja nicht von ungefähr, daß z.B. auch der Ullstein-Verlag 5 Jahre nach dem Umschwung noch zu einer Namensänderung gekommen ist.« (ebd.) Thiess, der unter den ihn umgebenden Optimisten 1937 allein das »drohende Gewölk« zu sehen vermochte, urteilte wohl richtig, als er meinte: »Die Nazis er5
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Franz Thiess: Jahre des Unheils. Fragmente erlebter Geschichte. Wien-Hamburg: Paul Zsolnay Verlag 1972, S. 213. Langenbucher an Leber, 21.4.1938, Direktionskorrespondenz.
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obern Österreich von unten.« (ebd., S. 214) Der nach Meinung Thiess' verblendete Zsolnay glaubte, in der zutreffenden Darstellung von Thiess, von alledem nichts: Broch zu Tisch bei Zs. Ich erzählte von Deutschland. Er [Zsolnay] meinte, man werde hier nie die Suppen essen, welche im Reich gekocht werden. Ich warnte vor Optimismus; Η [itler] sei ein Österreicher! (ebd., S. 214)
Der mit Aufschrift versehene Firmenwagen war nicht die einzige sichtbare Änderung im Verlag: es blühte noch so manches »Märzveilchen« (also Menschen, die just in den Tagen des unbeschreiblichen Jubels über die Heimkehr ins Reich vorsichtshalber ihr Herz für die N.S.D.A.P. entdeckten), und es ereignete sich das, was anläßlich anderer Firmenübernahmen vorkam: innerhalb von Stunden entpuppten sich verschiedene biedere, langjährige Mitarbeiter plötzlich als SA-Männer und N.S.D.A.P.-Mitglieder! Im Zsolnay Verlag scheint es, so Thiess, nicht anders gewesen zu sein: In P. [Zsolnays] Hause sind, wie sich bei der »Großdeutschen Wahl« herausstellte, a l l e Angestellten vom Chauffeur bis zum Zimmermädchen Mitglieder der Partei. Wahrscheinlich waren sie es schon früher, (ebd., S. 219)
Etwas später heißt es: »Auch die Angestellten im Hause tragen alle dieses Zeichen des neuen Glaubens.« (ebd., S. 220) Gemeint ist das Hakenkreuzzeichen. Gemessen an der Geschwindigkeit, mit der in den Märztagen 1938 in Wien und anderswo in Österreich jüdische Gewerbebetriebe, darunter Verlage und Buchhandlungen den Besitzer wechselten, scheint es beinahe ein »Stilbruch« bzw. zumindest ein Widerspruch zu sein, daß der in der NS-Wirtschaftsfachsprache »Abwicklung« genannte Vorgang im Fall des von Anfang an zur Liquidation bestimmten Bermann-Fischer Verlags einen Zeitraum von über sechs Jahren in Anspruch nahm. Geradezu schnell dagegen verlief der Vorgang der »Arisierung« im Fall der viel größeren Paul Zsolnay Verlag A.G., obwohl die reichlich komplizierte Klärung der Rechts- und Besitzverhältnisse sich immerhin bis in den Herbst 1941 zog. Die Gründe für diese Verzögerung, bedenkt man, daß es bereits am 14. März 1938 zu einer Neuübernahme des Zsolnay Verlags gekommen war, sind höchst unliterarisch, und auf diese gilt es hier näher einzugehen. Als deutsche Truppen im März in die »Ostmark« einmarschierten, hoben sich nur die von großdeutsch Denkenden als unnatürlich empfundenen Grenzbalken, es sank auch der allgemeine Genierpegel ganz drastisch. Hemmschwellen in der Bevölkerung fielen weg. Neben den ganz gewöhnlichen Plünderungen von Nachbarwohnungen und -geschäften wurden von den verschiedensten Stellen der Organisation der gewerblichen Wirtschaft und der bislang verbotenen N.S.D.A.P. - vorzugsweise ganz privat bei jüdischen Betrieben - sogenannte Kommissare, zu diesem
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Zeitpunkt noch als »wilde Kommissare« zu bezeichnende Herrschaften, eingesetzt. 7 Es herrschte tage- und wochenlang das Gesetz des Dschungels, und jüdische Gewerbebetriebe und Privathaushalte dienten als Selbstbedienungsläden. Das »Volk« war ja, wie konzediert wurde, ob der jüdischen Dominanz in der Wirtschaft ungeheuer verbittert, und eine Wiedergutmachung, indem man sich an fremdem Eigentum und Vermögen bediente, war, wenn sie nicht Gefahr lief, die Wirtschaft zu ruinieren, doch nur verständlich.
28.2. Der wirtschaftspolitische Hintergrund Bevor die in der NS-Wortprägung »Entjudung« genannte Entfernung der Juden aus der österreichischen Wirtschaft »in absolut gesetzlicher Bahn«, wie Gauleiter Josef Bürckel sich ausdrückte, vor sich gehen konnte, hatte sich ein Kommissarwesen herausgebildet, das sich der staatlichen Lenkung vorerst entzog. Ein Einschreiten der NS-Verwaltung in Wien war u.a. deshalb notwendig, weil die reale Gefahr bestand, daß die Wirtschaft daran zugrunde gehen könnte.8 Schon am 28. März hatte Generalfeldmarschall Hermann Göring in einer Rede in der Nordwestbahnhalle in Wien durchaus im Einklang mit dem allgemeinen Volksempfinden die Vornahme einer sofortigen »Entjudung« gefordert. Der
7
Aus der Menge und Vielfalt der Literatur zu diesem Thema seien erwähnt: G.E.R. Gedye: Die Bastionen fielen. Wie der Faschismus
Wien und Prag überrannte.
Übers, von Henriette Werner
und Walter Hacker. Wien: Danubia-Verlag 1947; Herbert Rosenkranz: Verfolgung und behauptung.
Selbst-
Die Juden in Österreich 1938-1945. Wien: Herold 1978; Hans Witek und Hans Sa-
frian: Und keiner war dabei. Dokumente des alltäglichen
Antisemitismus
in Wien 1938. Mit ei-
nem Vorwort von Erika Weinzierl. Wien: Picus Verlag 1988; Hans Witek: »Arisierungen« in Wien. Aspekte nationalsozialistischer Enteignungspolitik 1938-1940. In: Emmerich Talos, Ernst Hanisch, Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): NS-Herrschafi
in Österreich 1938-1945.
Wien: Verlag
für Gesellschaftskritik 1988, S. 199-216; Gerhard Botz: Wien vom »Anschluß« zum Krieg. tionalsozialistische Wien 1938/39.
Machtübernahme
und politisch-soziale
Umgestaltung
am Beispiel der
NaStadt
Mit einem einleitenden Beitrag von Karl R. Stadler. Wien-München: Jugend und
Volk 1978 (In Hinkunft zitiert als Botz: Wien, mit Seitenzahl); Götz Aly/Susanne Heim: Vordenker der Vernichtung.
Auschwitz und die deutschen Pläne für eine neue europäische
Ordnung.
Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1993. 8
Der Historiker Radomir Luia meint: »Der Anschluß hatte Österreichs Außenhandel zerschlagen, ohne daß das Reich die nötigen Maßnahmen traf, um den sich daraus ergebenden Schwierigkeiten zu begegnen, die Wien und die Wirtschaft ganz Österreichs bedrohten. Für Wien war die Situation ganz besonders schwierig. [...] Die Arisierung verringerte die Zahl der leistungsfähigen Exportfirmen in Wien auf nicht mehr als vierzig oder fünfzig, und von einhundert Großhandelsfirmen blieben 1938 nur fünfzehn übrig.« Radomir Lu2a: Österreich und die großdeutsche Idee in der NS-Zeit. Wien-Köln-Graz: Böhlau 1977, S. 108 f. Ausführlicheres zu diesem Thema findet sich bei Norbert Schausberger: Der Griff nach Österreich.
Der
Anschluß.
Wien-München: Jugend und Volk 1978. Dazu auch einzelne Beiträge in Emmerich Talos, Emst Hanisch, Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): NS-Herrschaft
in Österreich 1938-1945.
Wien: Verlag
für Gesellschaftskritik 1988.
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Reichsstatthalter für das Land Österreich, Arthur Seyß-Inquart, wurde beauftragt, »Massnahmen zur Umleitung der jüdischen Wirtschaft, d.h. zur Arisierung des Geschäfts- und Wirtschaftslebens zu treffen«.9 Der Generalfeldmarschall führte in seiner Rede vom 28. März 1938 aus, die Massnahmen zur Umleitung der jüdischen Wirtschaft seien in aller Ruhe zu treffen, um eine sachgemässe Umleitung zu gewährleisten und den Prozess der Entjudung nach gesetzlichen Grundlagen rechtlich durchzuführen. Es war deshalb notwendig, der Einsetzung sogenannter 'wilder Kommissare' von den verschiedensten Stellen sofort Einhalt zu tun und Massnahmen zu treffen, die zunächst die Verwaltung des jüdischen Vermögens zum Zwecke einer folgenden Entjudung nach sachlichen Gesichtspunkten gewährleisten. (Ebd.)
Zu diesem Zweck, also um das Vakuum zu füllen, wurde am 13. April 1938 rasch ein »Gesetz über die Bestellung von kommissarischen Verwaltern und kommissarischen Überwachungspersonen« von der österreichischen Landesregierung beschlossen. Das Gesetz gab dem Reichsstatthalter die Befugnis, »in Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen für Unternehmungen, die ihren Sitz im Lande Österreich« hatten, kommissarische Verwalter oder kommissarische Aufsichtspersonen zu bestellen. Die Bestellung war nur bis zum 1. Oktober 1938 zulässig. Dieser Passus wurde allerdings von der Praxis überholt. Der kommissarische Verwalter war »zu allen Rechtshandlungen für die Unternehmung befugt«.10 Für seine Mühe stand ihm »eine entsprechende Entschädigung« zu. Zwei Wochen später erfolgte ein wichtiger Schritt in Richtung Enteignung der Juden bzw. »Entjudung« der österreichischen Wirtschaft. Das geschah mit der »Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich, wodurch die Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938 bekanntgemacht wird«.11 Demnach hatte jeder Jude sein gesamtes in- und ausländisches Vermögen anzumelden und zu bewerten. Juden fremder Staatsangehörigkeit - und als solcher galt der Verleger Paul Zsolnay - hatten nur ihr inländisches Vermögen anzumelden und zu bewerten.12 Auch der nichtjüdische Ehegatte eines Juden mußte die Anmeldung vollziehen. Möglicherweise, um die Bürokratie, die das Gesetz zu vollziehen hatte, nicht völlig zu überfordern, wurde eine Untergrenze gezogen: Die 9
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Österr. Staatsarchiv, AdR, Rk, Ordner 145. Der Staatskommissar in der Privatwirtschaft und Leiter der Vermögensverkehrsstelle im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit. Bericht über die kommissarischen Verwalter (Anlage, Tätigkeit, gesetzliche Bestimmungen und Statistik) von Walter Rafelsberger, 30. Oktober 1939, S. 2. GBl. ßr das Land Österreich, Jg. 1938, 26. Stück, Ausgegeben am 13. April 1938, Nr. 80, S. 141. GBl. ßr das Land Österreich, Jg. 1938, 33. Stück, Ausgegeben am 27. April 1938, Nr. 102, S. 249-251. Nach der ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935 galt als Jude, wer von mindestens drei der Rasse nach volljüdischen Großeltem abstammte. Jüdischer Mischling war, wer von einem oder zwei der Rasse nach volljüdischen Großeltem abstammte.
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Anmeldepflicht entfiel, wenn der Gesamtwert des anmeldepflichtigen Vermögens ohne Berücksichtigung der Verbindlichkeiten 5 000 Reichsmark nicht überstieg. Die Anmeldung - und hiefür gab es eigene Formulare - hatte (vorerst) bis zum 30. Juni 1938 zu erfolgen. In Österreich war wiederum der Reichsstatthalter für den Vollzug zuständig. Um dem wilden Kommissarsystem einen Riegel vorzuschieben und die unkontrollierte Enteignung jüdischen Vermögens zu kanalisieren und die Anmeldungen zu bearbeiten, war die Schaffung einer Institution als zentrale Instanz zur Durchführung und Überwachung der Enteignung notwendig. Im Mai wurde zu diesem Zweck und (wie immer) im Einvernehmen mit dem Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, Gauleiter Bürckel, die Errichtung einer Vermögensverkehrsstelle (im folgenden VVSt) im österreichischen Ministerium für Handel und Verkehr kundgemacht. 13 Mit der Leitung der VVSt wurde der Gauwirtschaftsberater der Wiener N.S.D.A.P., nunmehr Staatskommissar in der Privatwirtschaft (Stako), Dipl.-Ing. Walter Rafelsberger, beauftragt. Ein großer Beamtenapparat und die Schaffung von vielen Abteilungen waren die bürokratische Folge. Da freilich nicht jeder Betroffene ein Abonnent der Gesetzesblätter war, wurde in den Wiener Zeitungen sowohl über die Frage der kommissarischen Verwalter als auch über die Anmeldung von jüdischem Vermögen ausführlich berichtet. 14 Mit ein Ziel des vorhin besprochenen Gesetzes über kommissarische Verwalter war es, diese an die Leine zu nehmen, andererseits deren Zahl nach und nach zu verringern. Diversen Schätzungen zufolge betrug die Zahl der kommissarischen Verwalter etwa 25 000! Anfang Juli 1938 trat die Tätigkeit dieser Personen »in einen neuen Abschnitt«, und aus diesem Grund wurde angeordnet, daß mit 1. August alle bisher bestellten kommissarischen Verwalter in privatwirtschaftlichen Betrieben aus ihrem Amt auszuscheiden hätten, es sei denn, sie wären bis zu diesem Zeitpunkt vom Staatskommissar Rafelsberger erneut bestellt worden. 15 Und, was manchen gar nicht so recht gewesen sein dürfte, sie mußten eine genaue Rechnungslegung abliefern. Erneut wurde darauf hingewiesen, daß jede von einer anderen Stelle ausgestellte Vollmacht unzulässig sei. Wer gegen die Anordnung verstoße, werde bestraft. Auch diese Maßnahme trägt die Handschrift Bürckels (»Im Einvernehmen mit ...«), der streng darauf bedacht war, sich von niemandem dreinreden zu lassen. Wie das RMfVuP bzw. die RSK in Berlin darauf reagierten 13
GBl. für das Land Österreich, Jg. 1938, Stück 45, Nr. 139. Kundmachung des Reichsstatthalters für das Land Österreich vom 18. Mai 1938.
14
Die Hauptschlagzeile im Völkischen Beobachter
(Wiener Ausgabe) vom 28. April 1938 lautete
»Judenvermögen werden kontrolliert!«, und ein Bericht auf S. 6 trug die Überschrift »So werden wir die Juden
los«.
Auf weitere
Maßnahmen
wie die Sicherung
der
Vermögen
der
Organisationen, Verbände und Vereine wird hier nicht eingegangen, da sie für unsere Diskussion nicht relevant sind. 15
GBl. für das Land Österreich, Jg. 1938, 71. Stück, Ausgegeben am 2. Juli 1938, Nr. 226. Anordnung des Reichsstatthalters über kommissarische Verwalter in der Privatwirtschaft, S. 635.
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und sie waren ziemlich »sauer« - wird noch zu schildern sein. Rückblickend meinte Rafelsberger zum Erfolg der Anordnung vom 2. Juli: »Auf Grund dieser Anordnung gelang es tatsächlich, restlose Ordnung in das Kommissarwesen im Lande Österreich zu bringen.« Aber so restlos kann die Ordnung doch nicht gewesen sein. Denn mit dem Gesetz vom 24. Oktober 1938 wurde entgegen dem ursprünglichen Gesetzeswortlaut die Möglichkeit zur Bestellung kommissarischer Verwalter nach den gleichen Grundsätzen bis 1. April 1939 verlängert. 16 Trotz des von Eigenlob strotzenden Berichts Rafelsbergers vom Oktober 1939 war die »planmässige Gesamtentjudung in der Ostmark« ein schwierigerer Brocken als man sie sich zunächst vorgestellt hatte. Die Zauberworte für die nächste Phase, und zwar nachdem die Zahl der kommissarischen Verwalter (auch im Bereich Buchhandel und Verlage) drastisch verringert worden war, lauteten »Treuhänder« und »Abwickler«. Die »Treuhänder« hatten die eigentliche »Arisierung«, also die Überführung des »Judenvermögens« in »arischen« Besitz vorzubereiten, einzuleiten und im Einvernehmen mit der VVSt abzuschließen. Der »Abwickler« hatte für die ordnungsgemäße Auflösung eines Unternehmens zu sorgen. Und in dieser Phase legte man eindeutig und zunehmend Wert auf die fachlichen Qualifikationen - und nicht auf die Parteitreue - der beteiligten Personen. »So wurden vor allem Rechtsanwälte, Bücherrevisoren, Wirtschaftsprüfer, Prokuristen und leitende Angestellte aus der Wirtschaft als 'Treuhänder' bestellt. Nur eine geringe Anzahl ehemaliger 'Kommissarischer Verwalter' befand sich unter den ausgewählten 'Treuhändern'.« 17 Der Beruf des »Abwicklers« wurde Ende November 1938 erfunden. Dieser war »zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen ermächtigt, die die Abwicklung [sprich Auflösung] eines Unternehmens erforderlich machen«.18 Die nächste Kundmachung, die ebenfalls zum besseren Verständnis der Vorgänge um den Paul Zsolnay Verlag beiträgt, ließ nicht lang auf sich warten: Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich, wodurch die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938 bekanntgemacht wird. 19 Interessant ist hier erneut die Frage der
16
GBl. für
das Land
Österreich,
Jg. 1938, 144. Stück, Ausgegeben am 24. Oktober
1938.
Nr. 518. Gesetz, womit das Gesetz über die Bestellung von kommissarischen Verwaltern und kommissarischen Überwachungspersonen, G.B1. Nr. 80/1938, geändert wird. 17
Hans Witek: »Arisierungen« in Wien. Aspekte nationalsozialistischer Enteignungspolitik 19381940. In: Emmerich Talos, Ernst Hanisch, Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): NS-Herrschafi Österreich 1938-1945.
18
in
Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1988, S. 199-216. Hier S. 206.
GBl. für das Land Österreich, Jg. 1938, Stück 176, Nr. 619. Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich, wodurch die Verordnung zur Durchführung der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 23. November 1938 bekanntgemacht wird, S. 3051-3052. Hier S. 3052. Damit in Verbindung: Nr. 618. Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich, wodurch die Zweite Anordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 24. November 1938 bekanntgemacht wird.
19
GBl. ßr
das Land Österreich,
633, S. 3107-3110.
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Jg. 1938, 182. Stück, Ausgegeben am 6. Dezember 1938, Nr.
Zuständigkeit für die Durchführung. Wieder war kein Berliner Ministerium, sondern »der Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich oder die von ihm beauftragten Stellen«, mit anderen Worten Gauleiter Josef Bürckel allein, mit seinem weisungsgebundenen Stako verantwortlich. Dieser Umstand wird hier deshalb wieder hervorgehoben, weil die langwierige und manchmal sehr unproduktive Debatte über die Frage, wer als neuer Inhaber des Zsolnay Verlags den Zuschlag bekommen sollte, sich auf einen Machtkampf zwischen Bürckel in Wien und dem RMfVuP in Berlin um die Vormundschaft reduzieren läßt. Andererseits täuscht der Hinweis auf eine Zuständigkeit Bürckel/Vermögensverkehrsstelle über die Tatsache hinweg, daß die Verwaltungsmaschinerie, die im Fall des Paul Zsolnay Verlags in Gang gesetzt wurde, sich gerade noch überblicken läßt. An diesem Beispiel stellen sich überdeutlich die Kompetenzstreitigkeiten zwischen Partei und Reichsverwaltung und auch die manchmal unterschiedlichen Interessen und Strömungen innerhalb der Parteibasis dar. Der österreichische Historiker Gerhard Botz spricht allgemein in diesem Zusammenhang treffend von dem von Hitler »bewußt gehandhabten Prinzip der Instanzenkonkurrenz«.20 Wie der Streit zwischen Berlin und Wien im Fall Zsolnay verlief, wird noch zu schildern sein. Daß die einwandfreie Überführung des Verlags in arische Hände - das war ja das deklarierte Ziel nicht nur des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda und der Reichsschrifttumskammer - dennoch, wie erwähnt, bis Anfang Oktober 1941 dauerte und Dutzende Ämter und Beamte nahezu hauptberuflich damit beschäftigt waren, ist Dr. Albert von Jantsch-Streerbach zu verdanken, jenem Strohmann und Verlagsautor, den Paul Zsolnay persönlich aussuchte, um den Verlag nach Beginn der NS-Herrschaft weiterhin selbst steuern zu können. Lebensläufe wie der von Jantsch machen es dem Historiker schwierig, in der Aufarbeitung des NS-Regimes mit Kategorien wie »Opfer« und »Täter« zu operieren. Er konnte sich als beides zugleich bezeichnen. Das Jahr 1938 war in der politischen Karriere mancher österreichischer Nazis eine Bruchstelle, denn es kam unter Gauleiter Bürckel zu einer notwendig gewordenen Reorganisation der Partei. Notwendig deshalb, weil, wie Luia anmerkt, eine der wichtigsten Folgen der Illegalität eben die war, daß die Partei nicht mehr als organisierte Körperschaft funktionierte.21 Manche Einheimische hatten sich zudem in der Verbotszeit als N.S.D.A.P.-Mitglieder ausgegeben und waren gar keine gewesen, andere strickten in opportunistischer Weise Legenden über ihre »heldenhafte« Tätigkeit in der verhaßten »Systemzeit«, um anläßlich der sogenannten Erfassung der Mitglieder in der Ostmark das Prädikat »Alter Kämpfer« zu ergattern und eine der begehrten Mitgliedsnummern in dem für Österreicher reservierten Block der 6 Millionen-Serie zu bekommen. Nach dem Krieg verhielten sich dieselben Schriftsteller, Buchhändler, Verleger usw. genau umgekehrt: Sie kramten Verrisse hervor, wiesen auf die Que20 21
Botz: Wien, S. 87. Luiz: Österreich, S. 75.
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relen mit der Partei hin, und wenn sie Glück hatten, konnten sie darauf verweisen, daß sie ja von den Nazis aus der Partei ausgeschlossen worden wären, oder, wie es sich im Fall des Nazi-Kommissarischen Leiters des Internationalen Psychoanalytischen Verlags von Sigmund Freud herausstellte, nie Parteimitglied gewesen waren. 22 Das diente nach 1945 dazu, ihre Karrieren als glühende Nationalsozialisten, die an dem Ende der Eigenstaatlichkeit des Bundesstaates Österreich zwischen 1933 und 1938 eifrigst gearbeitet hatten, zuzuschütten und völlig vergessen zu machen. Daß man nicht generalisieren kann, zeigt der Fall Jantsch. Dieser war in der »Verbotszeit«, wie er überall angab, stellvertretender Leiter des Landeskulturamts der (bis März 1938) illegalen N.S.D.A.P. Und jeder ging davon aus, daß er Parteimitglied war. Wie jeder andere Illegale auch, stellte Jantsch nach dem März einen Erfassungsantrag, um als Nationalsozialist hochoffiziell anerkannt zu werden. Im Fall einer positiven Erledigung galt die Mitgliedschaft dann rückwirkend. Bei Jantsch geriet die Prozedur vollends zur Komödie, als der für seinen Akt zuständigen Kreisleiter in Wien den Antrag ablehnte, und zwar mit der Begründung, er wäre tschechoslowakischer Staatsangehöriger! Als gegen Jantsch im Oktober 1939 beim Gaugericht Wien ein Verfahren geführt wurde, stand sein Antrag um Aufnahme in die N.S.D.A.P. wegen seines Verhaltens bei der Scheinarisierung des Zsolnay Verlags überhaupt nicht mehr zur Debatte. Das Gericht befand, daß er sich nicht als Nationalsozialist bewährt und Handlungen gesetzt habe, die gegen die Bestrebungen der N.S.D.A.P. verstießen. 23 Obwohl Nutznießer des NS-Systems, hätte Jantsch nach 1945 bloß von sich geben müssen, daß die Partei ihn gar nicht haben wollte. Die Übernahme des Paul Zsolnay Verlags, unter welchen besonderen Begleitumständen auch immer, erfolgte im März 1938, wie zum Teil schon geschildert, von außen, d.h., es hat nicht ein bislang biederer und unauffälliger Angestellter, der sich plötzlich als langjähriger illegaler Pg. entpuppte, den Betrieb zu seinem Eigentum deklariert, wie es so oft der Fall war. Nach der Übergangszeit wurde die Zahl der »wilden Kommissare« nach und nach verringert, deren Bestellung und Bestätigung durch Verordnung oder Gesetz schriftlich geregelt war und die Verwaltung des jüdischen Vermögens, wie man argumentierte, nach sachlichen Gesichtspunkten betrieben. Die Geschichte des Paul Zsolnay Verlags ist - bis zur Sperre durch die Geheime Staatspolizei am 6. April 1939 - jene einer »getarnten Entjudung« bzw. einer »Scheinarisierung«.
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23
Dazu Murray G. Hall: The Fate of the Internationaler Psychoanalytischer Verlag. In: Freud in Exile. Psychoanalysis and its Vicissitudes. Edited by Edward Timms and Naomi Segal. New Haven-London: Yale University Press 1988, S. 90-105. Dazu der 4seitige Beschluß des Gaugerichts vom 27. Oktober 1939. Bundesarchiv Koblenz, Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, R 55/170 (Paul Zsolnay Verlag), Bl. 150-153. Es wurde Jantsch vorgehalten, in der Zeit zwischen Juni 1935 und März 1938 seine Beitragsleistung an die Partei eingestellt zu haben. Jantsch gab an, die Zahlung aus Tarnungsgründen unterlassen zu haben, eine Behauptung, die dem Gericht »nicht glaubhaft« erschien.
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Schon am 14. März 1938 kam es zu den ersten Weichenstellungen und personellen Veränderungen in der Verlagsführung. Ein Zeichen dafür, daß die Übernahme ohne die übliche, manchmal etwas subtilere Brutalität (Drohung mit KZ und anschließender Behauptung, der Eigentümer habe sein Vermögen dem sich nicht mehr wehren könnenden Ariseur geradezu aufgedrängt) über die Bühne ging, zeigt das Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats an diesem Tag. Der Verwaltungsrat trat zusammen, u.a. um zwei neue Mitglieder zu wählen, die Wahl scheiterte allerdings an den Statuten und wäre somit vom Handelsgericht nicht anerkannt worden. Die an der Sitzung teilnehmenden Herren Verwaltungsräte Zsolnay und Costa ließen sich »beurlauben«, die Statuten verlangten aber, daß Mitglieder erst ausgeschieden sein mußten, um neu ersetzt werden zu können. Die Ersatzleute Hannes Dietl und Jantsch-Streerbach mußten warten. Um diese Panne zu beheben, wurde ganz offiziell, sprich mit der gesetzlich vorgeschriebenen Bekanntmachung in der Wiener Zeitung am 9. April, die Einberufung einer a.o. Generalversammlung für den 26. April angekündigt. Aber davor traf Dietl in seiner Eigenschaft als Kommissarischer Verwalter weitere Personalmaßnahmen: schon am 31. März wurde mit dem Schriftsteller Hanns Schopper verhandelt, und mit 1. April wurde dieser mit der Leitung der Theater- und Filmabteilung des Paul Zsolnay Verlags betraut. 24 Für seine Mühewaltung erhielt Schopper eine Beteiligung von 18% aus den auf den Verlag entfallenden Anteilen von Theaterabschlüssen und eine Beteiligung von 12% aus den auf den Verlag entfallenden Anteilen von Filmabschlüssen. Als Entlohnung erhielt Schopper eine Akontozahlung von monatlich S 300. Die Vertragsbedingungen waren großzügig: sollte bei Beendigung des Dienstverhältnisses ein Saldo zu Lasten des Leiters bestehen, war dieser nicht verpflichtet, ihn durch Rückzahlung oder Arbeit abzudecken. Die Abteilung erhielt einen neuen Namen, und zwar »Theaterabteilung des Paul Zsolnay Verlages, Leitung: Hanns Schopper«. Lange blieb Schopper jedoch nicht. Am 27. Jänner 1939 teilte er dem Verlag mit, er sei wegen Überlastung in seinem Amt als Gaupresseamtsleiter nicht in der Lage, die Stellung so auszufüllen, wie er gerne wollte. 25 Sein Nachfolger hieß Heinz Notz. Am 15. April bestellte Dietl Albert von Jantsch-Streerbach zum Cheflektor des Verlags und räumte ihm ein Lektorenhonorar von RM 1 000 pro Monat ein. Damit hatte er die Kontrolle sowohl über das belletristische als auch bühnenmäßige Verlagsgeschäft (was im Widerspruch zum Vertrag mit Schopper zu stehen scheint) und in dieser Eigenschaft die alleinige Entscheidung zu fällen. Der Vertrag wurde für die Dauer von 5 Jahren geschlossen, Jantschs Verträge als Verlagsautor waren davon nicht betroffen. Auf diese Weise trat der kuriose Fall ein, daß der Inhaber des Verlags praktisch Verträge mit sich selber abschloß.
24
25
Schreiben des Verlags an Hanns Schopper, S.A. Gruppe Österreich, Pressereferat, 31.3.1938, Ordner Schopper. Hanns Schopper an Hannes Dietl, 27.1.1939, Ordner Direktionskorrespondenz.
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Auf der Tagesordnung der a.o. Generalversammlung am 26. April standen drei Punkte: 1. Der Semesterbericht über die Verlagsfinanzen, 2. der Antrag des Verwaltungsrates auf Zuwahl weiterer Verwaltungsräte und schließlich 3. Allfälliges. 26 Anwesend waren der Staatskommissar Ministerialrat Karl Hirsch-Stronstorff, der Stellv. Leiter des Landeskulturamtes, Albert von Jantsch-Streerbach, die Mitglieder des Verwaltungsrates, und zwar der Präsident Paul Zsolnay, Felix Kostia-Costa und Prof. Rudolf Geyer, sowie der Direktor-Stellvertreter der Gesellschaft, Rudolf Penz, und Hermann R. Leber. Bei der Übernahme von Informationen aus dem Protokoll ist Vorsicht geboten, da es für den externen Konsum aufgesetzt wurde und Vorgänge registriert, die auch den Anschein erwecken sollten, daß der »jüdische« Einfluß ausgeschaltet worden wäre. Von näherem Interesse ist hier der von Penz vorgetragene »Geschäftsbericht über die Betriebsperiode vom 1. Juli bis 31. Dezember 1937«, der sich aber auch mit späteren Entwicklungen befaßte. Der Umsatz des Verlages hatte sich zum Beispiel im Vergleich zum vorangegangenen in diesem Zeitraum um 10% gesteigert, eine Entwicklung, die durch sinkende Regiekosten begünstigt wurde. Dies war, so Penz, durchaus notwendig, da »die ganzen letzten Jahre hindurch trotz einem grosszügigen Nachlass des Hauptaktionärs [Paul Zsolnay] die Gesellschaft keinerlei Dividende ausschütten konnte und dem Hauptaktionär nicht einmal Zinsen für das dem Verlag gewährte Darlehen zu vergüten in der Lage war«. Die nächste Bilanz müßte, so Penz, wegen der kontinuierlichen Umsatzsteigerung im ersten Quartal 1938 noch besser ausfallen. Nur stand dem ein entscheidender Faktor entgegen: Im Zuge des Anschlusses kam es zu einer Währungsumstellung, d.h. von Schilling auf Reichsmark, die Folgen waren für Buchhändler und Verleger in Österreich beinahe katastrophal. Für den Paul Zsolnay Verlag bedeutete diese Umstellung Verluste - nach heutiger Kaufkraft - in Millionenhöhe. Die Festsetzung des Markkurses 1 Mark gleich S 1.50 hat uns einen ganz gewaltigen Verlust gebracht, da wir namhafte Mark-Aussenstände haben, denen unsererseits grosse Schillingverpflichtungen gegenüberstehen. Wir schätzen diesen Verlust auf ca. S 150.000 und müssen unsere ganze Hoffnung darauf setzen, dass durch eine geplante und uns in grosszügiger Weise in Aussicht gestellte teilweise Schadensgutmachung dieser Betrag so weit herabgemindert werden wird, dass wir, wann schon nicht mit dem erhofften Gewinn, so doch wenigstens ohne namhaften Verlust das laufende Geschäftsjahr werden abschliessen können.
Die Aussicht darauf, den Verlag trotzdem weiter in gleichem Umfang fortführen zu können, war ebenfalls durch die Währungsumstellung, die am 17. März 1938 erfolgt war, beeinträchtigt. Denn die Bücher des Zsolnay Verlags wurden großteils in Österreich hergestellt, und die Verlagskalkulation der Exemplare auf Lager war auf der Basis 1 Mark, gleich S 2,00, erstellt worden. So mußte der Verlag eben 26
Das einzige existierende Protokoll dieser a.o. Generalversammlung, aus dem im folgenden zitiert wird, findet sich im Firmenakt der Paul Zsolnay Verlag A.G. in Handelsgericht Wien, Reg. Β 22/85. Sonstige Sitzungsprotokolle waren im Verlagsarchiv nicht zu finden.
656
durch
die
Einführung
der
neuen
Markpreise
seine
Bücher
zu
einem
Preis
verkaufen, der wesentlich unter d e m Kalkulationspreis lag. D i e Herstellungskosten v o n N e u a u f l a g e n waren unverändert geblieben, aber diese mußten zu gesenkten, also nicht kostendeckenden Preisen verkauft werden.
D a s alles bedeutete eine
große Hypothek für die Zukunft des Verlags. D e r Geschäftsbericht ortete trotz allem einen H o f f n u n g s s c h i m m e r , der darin bestand, »dass durch die Vereinigung Deutschösterreichs mit Deutschland und die dadurch ermöglichte
Umstellung
des Betriebes die Werke unseres V e r l a g e s
in
Deutschland leichtere Absatzmöglichkeiten finden w e r d e n und dass sich aus dieser Tatsache eine weitere Umsatzsteigerung vielleicht ergibt«. »Größte Sparsamkeit« war jedenfalls in der Betriebsführung nötig: Die ausserordentliche Unterstützung, die die Geschäftsführung durch die Mitarbeit der kommissarischen Leitung (!) erhalten hat und die, wie wir hoffen, auch in Zukunft unserem Unternehmen zuteil werden wird, gibt uns die Zuversicht, dass in allen [...] Punkten das Maximum des Erreichbaren erreicht werden wird. D e r Bericht wurde ohne Debatte einstimmig genehmigt. Unter »Allfälliges« durfte der »Aktionär«, Paul Zsolnay, das Wort ergreifen. A u c h der Text dieser Ansprache wurde d e m Handelsgericht W i e n überreicht und ist somit erhalten. D i e Beurteilung seiner Ausführungen bleibt problematisch. Hat er, etwa unter d e m Eindruck der Ausschreitungen g e g e n Juden und jüdische Geschäfte in W i e n , seine ehrliche A n sicht kundgetan? Oder hat er »for the record« gesprochen? Seine Rede wird hier w e g e n des dokumentarischen Wertes ungekürzt abgedruckt: Sehr geehrte Herren! Im Namen der Aktionäre des Verlages erlaube ich mir, Ihnen den Dank auszusprechen für die Berichterstattung über das erste Semester des laufenden Geschäftsjahres. Ich möchte auch der Befriedigung Ausdruck geben, dass es der Geschäftsleitung möglich gewesen ist, den Umsatz zu steigern und dabei gleichzeitig die allgemeinen Handlungsunkosten sogar etwas zu senken. Es bedeutet natürlich für den Aktionär, der schon jahrelang keine Dividende aus dem Verlag erhalten hat, eine Enttäuschung, wenn auch dieses Geschäftsjahr wiederum ohne Ausschüttung einer Dividende abgeschlossen werden wird, was auf Grund des Geschäftsberichtes leider vorauszusehen ist. Aber auch der Aktionär muss sich auf den Standpunkt stellen, dass diese Tatsache durch eine Force majeure herbeigeführt worden ist, und muss sich mit der Hoffnung trösten, dass der Verlag durch die Schaffung Grossdeutschlands auf eine neue, einheitliche und darum gesündere Basis gestellt worden ist, sodass sich wenigstens eine bessere Zukunft erwarten lässt. Besonders zu begrüssen ist es, dass in der Person des Herrn Dr. Albert Ritter von JantschStreerbach ein neues Mitglied des Verwaltungsrates gewonnen worden ist, dem das Unternehmen schon durch die Herausgabe früherer Werke sich verbunden fühlt und von dem es erwarten kann, wichtige Anregungen und Zielsetzungen zu erfahren. Es muss auch besonders begrüsst werden, dass der Herr kommissarische Leiter Hannes Dietl sich bereit erklärt hat, gleichfalls dem Verwaltungsrat beizutreten, dies umsomehr, als er schon in seiner Eigenschaft als kommissarischer Leiter bisher dem Verlag in einer entscheidenden Epoche in dankenswerter Weise zur Seite gestanden ist.
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Besonderen Dank aber ist das Unternehmen Herrn Dr. Hermann R. Leber schuldig, der ihm unter schwierigsten Umständen vier Jahre lang geholfen hat, die als notwendig erkannte Umstellung durchzuführen, und dies mit ebensoviel Takt wie Tatkraft getan hat. In Herrn Dr. Leber suchte und fand der Verlag jene Persönlichkeit, die den freiwillig gefassten Entschluss der Verlagsleitung und -inhabung durchführen half, nach der nationalen Erhebung in Deutschland den neuen Richtlinien des erneuerten Deutschlands Rechnung zu tragen und so der gesamtdeutschen Kultur nach besten Kräften zu dienen. Die nunmehrige Eingliederung Deutschösterreichs in Deutschland gibt dem Verlag jetzt auch die rechtliche Grundlage, die völlige Gleichschaltung, die bisher nicht möglich war, durchzuführen, und der neugewählte Verwaltungsrat bietet die Gewähr, dass diese Durchführung restlos erfolgen werde. Dass dabei grosse ideelle und materielle Werte des Verlages in den Dienst seiner weiteren Entwicklung gestellt bleiben, bürgt dafür, dass für seine neue Tätigkeit eine sichere Grundlage geschaffen ist.
Damit war die a.o. Generalversammlung geschlossen. Am 9. Juli fand eine zehn Minuten dauernde Direktionssitzung statt, an der Jantsch, Dietl, Zsolnay, Costa und Penz teilnahmen. Dietl teilte fälschlicherweise mit, daß der Verlag seit 11. Juni 1938, also seit der Übereinkunft zwischen Zsolnay und Jantsch, arisiert und die Genehmigung am Vortag erteilt worden sei. Die Aktienmajorität sei in den Händen von Jantsch. Aus dem Verwaltungsrat wurde ein Exekutivkomitee gebildet, welches mit der unmittelbaren Führung des Verlags betraut wurde und sich aus den Herren Jantsch, Dietl und Penz zusammensetzte. Das Exekutivkomitee war demnach berechtigt, was gewiß nicht im Sinn der RSK oder des RMfVuP war, Zsolnay und Costa in beratender Hinsicht, jedoch ohne Stimme, seinen Besprechungen fallweise zuzuziehen.
28.3. Die Reichsschrifttumskammer und Österreich Daß die Aktionsfreiheit der Wiener Nationalsozialisten in Sachen Arisierung von »jüdischen« Buchhandlungen und Verlagen relativ groß war und der nur »scheinarisierte« Paul Zsolnay Verlag so lange vom Zugriff des RMfVuP bzw. der RSK unbehelligt blieb, hängt eng mit jenem Instanzenstreit zusammen, der mit der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich einherging. Die RSK mußte nämlich vorerst, wie nun kurz zu schildern sein wird, und trotz wiederholter Vorstöße von der Seitenlinie aus das Geschehen beobachten. Die Kompetenzlosigkeit erklärt auch, weshalb die RSK, nachdem der Paul Zsolnay Verlag von der VVSt (Mitte Juli) zum »arischen« Unternehmen erklärt worden war, wiederholt darauf hinwies, nicht angehört worden zu sein. Die Kammer mußte vielmehr ihre Kompetenz, ihre Autorität in Sachen Literatur in Österreich erst nach und nach durchsetzen, wobei es in der Natur der Sache liegt, daß es zu Meinungsverschiedenheiten und Reibereien über Zuständigkeiten kam. Die Entwicklungen auf machtpolitischer Ebene, die der Einführung des Reichskulturkammer-Gesetzes in Österreich im Juni 1938 vorausgingen, hat Gerhard
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Renner bereits skizziert, 27 so daß wir hier nur die wesentlichsten Punkte rekapitulieren müssen. Bereits am 14. März 1938 wurden durch Wilhelm Ihde von der RSK in Berlin aus die Kompetenzgrenzen einseitig, wie sich herausstellte, abgesteckt. Maßnahmen und Aktivitäten im Bereich der RSK in Österreich durften, wie verlautbart wurde, ohne Zustimmung nicht erfolgen. Das übergeordnete RMfVuP, in der Person von Karl Heinz Hederich, dem Leiter der Abteilung VIII, die für »Schrifttum« zuständig war, wies am folgenden Tag den Präsidenten der RSK an, »keinerlei Entscheidungen über die Neuordnung in Österreich zu treffen«. 28 Alle Pläne, die etwa von Seiten der Reichsschrifttumskammer hinsichtlich Österreichs bestehen, sind mir vor Inangriffnahme vorzulegen. (Ebd.)
Vor Ort schaltete sich eine weitere, neugebildete Instanz dazwischen: das Reichspropagandaamt Wien (RPA). Dieses war bei Maßnahmen, soweit sie das Land Österreich betrafen, zu beteiligen, und selbständige Handlungen waren zu unterlassen. 29 Die Abteilung II des RMfVuP behielt sich vor, »mit dem RPA Österreich ausnahmslos Kontakt zu pflegen«. Der Anspruch des RMfVuP, im neuerworbenen Österreich Entscheidungen zu treffen, wurde beschnitten. Denn in der Einschätzung Luias verhinderte der Gauleiter in Wien, Josef Bürckel, von Anfang an eine direkte Intervention von Propagandaminister Goebbels in der Ostmark. 30 Mit einem Führerauftrag ausgestattet, machte Bürckel in seinem ersten Rundschreiben bekannt, daß er wegen des ihm »erteilten Auftrages im Einzelfalle für die Änderung des geltenden Rechts sowie die von den einzelnen Reichsministerien zu ergreifenden Verwaltungsmaßnahmen die Zustimmung vorbehalten [müsse], um die Einhaltung der gleichmäßigen Ausrichtung auf die Volksabstimmung gewährleisten zu können«.31 Kurz darauf wies die RKK ihre Einzelkammern an, daß sie »sich jeglicher Einwirkung auf die Verhältnisse der Organisationen der österreichischen Kulturberufe ohne ausdrückliche Genehmigung zu enthalten« hätten. 32 Mit dem Führererlaß vom 23. April 1938 war Bürckel somit nur an Weisungen Hitlers gebun27 28
29
30 31
32
Renner: Österreichische Schriftsteller, S. 264-273. Schreiben des RMfVuP (Hederich) an den Präsidenten der RSK, 15.3.1938, BA R 56 V/57, fol. 103. Zitiert nach Renner: Österreichische Schriftsteller, S. 264. Schreiben des RMfVuP (I B) an 25 einzelne oder Gruppen von nachgeordneten Dienststellen, 16.3.1938, BA R 56V/57, fol. 99. Zitiert nach Renner: Österreichische Schriftsteller, S. 265. Dazu auch Verordnung über die Errichtung eines Reichspropagandaamts in Wien vom 31. März 1938 in RGBl. I, Jg. 1938, S. 350. Lu2a: Österreich, S. 183. AVA, Rk, Ordner 47 (1765). Zitiert nach Gerhard Botz: Die Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich. Planung und Verwirklichung des politisch-administrativen Anschlusses (19381940). 2., erg. Aufl. Wien: Europaverlag 1988, S. 50. ( = Schriftenreihe des Ludwig Boltzmann Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung, Band 1). In Hinkunft: Botz: Eingliederung, mit Seitenzahl. Zitiert nach Renner: Österreichische Schriftsteller, S. 265.
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den. Bürckels Machtbefugnisse erstreckten sich also auch über die Zeit der Volksabstimmung (10. April) hinaus. Joseph Goebbels, der glaubte, Bürckels Tätigkeit werde mit der Volksabstimmung beendet, schöpfte Hoffnung, danach das RKKGesetz einzuführen und somit frei schalten und walten zu können. Es kam aber anders. Auf Grund des erwähnten Führererlasses vom 23. April 1938 hatte Gauleiter Bürckel, der damit zum »Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich« ernannt wurde, wie er im Rundschreiben vom 23. Mai verlautbaren ließ, auch für die »kulturelle Wiedereingliederung Österreichs in das Deutsche Reich zu sorgen«. Bürckel hatte seinen Auftrag nach Weisungen Hitlers bis zum 1. Mai 1939 zu erfüllen. 33 Er behielt somit die Oberhand in Schriftstellerangelegenheiten. Wie Renner berichtet, 34 stieß der Plan, das RKK-Gesetz unverändert in Österreich einzuführen, aus einsichtigen Gründen auf Widerstand. Denn nach § 25 der Ersten Durchführungsverordnung zum RKK-Gesetz waren die RKK und die Einzelkammern befugt, Bedingungen für den Betrieb, die Eröffnung und die Schließung von Unternehmungen auf dem Gebiet ihrer Zuständigkeit festzusetzen und Anordnungen über wichtige Fragen innerhalb dieses Gebietes zu treffen. Bürckel begehrte miteingebunden zu werden und ein Mitspracherecht zu bekommen. Ein Plan, das Gesetz schon mit 15. Mai 1938 in Kraft treten zu lassen, wurde nicht realisiert. Bürckel scheint sich dennoch durchgesetzt zu haben, denn § 4 der Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich, wodurch die »Verordnung über die Einführung der Reichskulturkammergesetzgebung im Lande Österreich vom 11. Juni 1938 bekanntgemacht wird«,35 beinhaltete u.a. folgende Passage: »Die Inkraftsetzung bedarf der Zustimmung des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Reich. Dieser kann ferner anordnen, daß Entscheidungen über den Ausschluß von Mitgliedern oder die Ablehnung ihrer Aufnahme seiner Zustimmung bedürfen.« Das RKK-Gesetz trat im Land Österreich am 15. Juni in Kraft. 36 Aber die Reichsschrifttumskammer mußte mit der Erfassung von Schriftstellern und jüdischen Betrieben keineswegs von vorn beginnen. Ob alles in ihrem Sinn geschehen war, steht freilich auf einem anderen Blatt. Das Landeskulturamt unter der Leitung von Zsolnay-Autor Hermann Stuppäck hatte - siehe Paul Zsolnay Verlag schon in der Woche des »Anschlusses« in öffentlichen Kunst- und Kulturinstituten wie auch in Verlagen und Buchhandlungen kommissarische Leiter eingesetzt. Hier 33
Vgl. Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Bestellung des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich. RGBl. Teil I, Nr. 61, Ausgegeben zu Berlin, den 25. April 1938.
34
Renner: Österreichische
35
GBl. für das Land Österreich, Jg. 1938, Nr. 191, Ausgegeben am 24. Juni 1938.
36
Schriftsteller,
S. 269.
Dazu Verordnung über die Einführung der Reichskulturkammergesetzgebung im Lande Österreich. Vom 11. Juni 1938, RGBl. Teil I, Nr. 90, Ausgegeben zu Berlin, den 14. Juni 1938 bzw. Amtliche Bekanntmachung der Reichsschrifttumskammer Nr. 128. Eingliederung des österreichischen S. 3297.
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Schrifttums in die Reichsschrifttumskammer.
Börsenblatt,
Nr. 140,
20.6.1938,
scheinen die lokalen Seilschaften bestens funktioniert zu haben. Eine wichtige Rolle beim Aufbau der RSK in Österreich vor Inkrafttreten des RKK-Gesetzes spielte der von Stuppäck nominierte frühere Geschäftsführer des Bundes der deutschen Schriftsteller Österreichs, der Volks- und Hauptschullehrer Max Stebich (1897-1972). Der Bund hatte sich in der Verbotszeit als eine Art illegale RSK in Österreich betrachtet. Stebich, dessen literarische Unbekanntheit sich darin äußerte, daß reichsdeutsche Stellen nicht wußten, wie sie seinen Namen schreiben sollten, setzte sich, so Renner, »an einer Nahtstelle zwischen der politischen Macht in Wien und der zuständigen Organisation in Berlin - der RSK - fest. Denn er war nicht nur Vollzugsorgan Bürckels [als Stillhaltekommissar], sondern auch von der RSK dazu ausersehen, ihre Interessen in Wien zu vertreten«.37 Bei seinen Vorbereitungen eilte er jedoch zum Ärger der RSK dem Inkrafttreten des RKK-Gesetzes voraus, was uns hier aber nicht weiter interessiert.38 28.3.1. Karl H. Bischoff Die Situation in Österreich wurde von der RSK genauestens beobachtet, verantwortlich dafür war deren Sonderreferent für »Nichtarier-Fragen« Karl H. Bischoff. Bischoff, der bis 1945 eine Reihe von Aufgaben innerhalb der RSK wahrnehmen sollte, darunter Referent für Berufserziehung in der RSK (1941), Leiter der Fachgruppe IX: Literatur und Kunst in der Fachschaft Verlag (1942) und bereits 1938 pikanterweise Vertreter des Präsidenten der RSK bei Verhandlungen in Wien über den Paul Zsolnay Verlag, wurde am 6. Juni 1900 in Laichingen/Württemberg als Sohn eines Buchhändlers geboren. Er absolvierte die Buchbinder- und Buchhändlerlehre und war zwischen 1920 und 1945 in Stuttgart, Winterthur, Lausanne, Hamburg, Bremen, Berlin und Wien tätig. 39 Er war auch als Erzähler aktiv, publizierte mehrere Prosawerke unter dem Pseudonym Veit Bürkle und erhielt 1937 den Schwäbischen Dichterpreis und 1939 den Volksdeutschen Görrespreis aus der Goethe-Stiftung. Bischoff, der 1927 Martha Osterloh ehelichte und vier Kinder hatte, trat am 1. Mai 1933 der N.S.D.A.P. bei (Mitgliedsnummer 2 828 991). Er kannte den gesamten Buchhandel von der Pike auf, sodaß es naheliegend war, daß er viele Jahre lang auf dem Gebiet der Berufserziehung arbeitete. Seine Tätigkeit bei verschiedenen Verlagen als Lektor rundeten seine Kenntnisse ab. Bischoff wandte sich nicht nur der Belletristik, sondern zeitweilig auch der Fachgeschichte zu. 40 Auch in seinen publizierten Reden vor einem »Fachpublikum«, erwies sich
37 38 39
40
Renner: Österreichische Schriftsteller, S. 267. Ebd., S. 268 f. Wer ist wer? 12. Ausgabe von Degeners Wer ist's? 1955. Bischoffs Großvater studierte in den Jahren 1845-1848 in Wien. Bischoff verbrachte das Jahr 1922/1923 in Wien als Gehilfe bei Frick am Graben. Karl Heinrich Bischoff: Buch - Bücher - Politik. Das Buch als Tat - Der Verleger als Politiker im Licht und Schatten des XIX. Jahrhunderts. Leipzig: Lühe & Co. 1938. ( = In Deutschlands Namen! Eine Schriftenreihe herausgegeben von Wilhelm Ihde, Band 10). Siehe auch: Berufsaus-
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Bischoff als durchaus treuer, ergebener und überzeugter Diener des NS-Staats. In einem Rückblick auf vier Jahre staatlicher Lenkung des Literaturmarkts zeichnete Bischoff z.B. den »Weg des deutschen Buchhandels seit 30. Januar 1933«. 41 Der große »Held«, der die kulturelle Vernichtung hatte abwenden können und den Bischoff hymnisch feiert, heißt freilich Reichskanzler Adolf Hitler. Er und seine Bewegung hätten, so Bischoff, alle Probleme gelöst. Hier eine Kostprobe aus dem Loblied: Der Nationalsozialismus kannte eine solche sozialistische Theorie, diesen ausgeklügelten Sozialismus nicht, denn er war von allem Anfang an in seinem Wesen sozialistisch. Er war es in der Tat und durch die Tat. Er ist eine Bewegung, keine ideologische Doktrin, ist Handlung. Der Sozialismus Adolf Hitlers ist so sehr unmittelbare Tat, Verwirklichung, daß es Bücher oder gar Wälzer über ihn gar nicht gibt. Er löst die Probleme, die da sind und die eben auf sozialem Gebiete anfangs 1933 für Deutschland wahrscheinlich drängender als für alle anderen Länder da waren, daher auch nicht in der Zergliederung, sondern in der Zusammenfassung. Er löst sie vom Menschen und nicht lediglich vom Hirn aus. Der Mensch aber ist für Adolf Hitlers Sozialismus nicht nur ein Lohnempfänger, er ist nicht lediglich Masse oder Klasse. Aus diesem Zusammenhang sind die sozialen, also für jede Kulturpolitik so wichtigen Probleme in Deutschland glücklich gelöst worden.
Als besonderen Fortschritt betrachtet Bischoff die Intervention des Staates auf dem Buchmarkt, denn vorher ging es dem deutschen Buchhandel »in jeder Beziehung schlecht«. Er weiß sich darin einer Meinung mit dem Reichspropagandaminister und paraphrasiert eine Rede Goebbels vom 14. Mai 1933: »Der Staat hatte in lebendigster Weise den Buchhandel oder genauer gesagt, den buchhändlerischen Auftrag in seinen Schutz und seine Förderung genommen. Dieser Weg führte dann wenige Monate später zum eigentlichen Beginn der neuen Geschichte des deutschen Schrifttums und damit des deutschen Buchhandels überhaupt.« Es war, in der Argumentation Bischoffs, alles in allem eine Wohltat: War der Buchhandel vorher für den Staat eben irgendein Gewerbe, für das er sich als Steuerzahler interessierte, das aber oft genug sich bei staatlichen Einrichtungen aus eigener Kraft erst durchdrücken und die Bedeutung buchhändlerischer Wirksamkeit für das Ganze erst klar machen mußte, so rief der Staat nunmehr den Buchhandel selbst zu sich.
Der RSK war es gelungen, sammenzufassen. Dies
das ganze
Schrifttum zu einer
Einheit
zu-
bewirkte, daß der Buchhandel jetzt zur vollen Entfaltung seiner Regsamkeit, seiner Gemeinschaftskräfte und zum Einsatz für seinen Volksauftrag gelangte, indem er einen gesetzlichen
41
bildung und Leistungssteigerung in der Arbeit der Reichsschrifttumskammer, in: Börsenblatt, 106. Jg., Nr. 104, 6.5.1939, S. 13-15. Karl Heinrich Bischoff: Der Weg des deutschen Buchhandels seit 30. Januar 1933. In: Börsenblatt, Nr. 24, 30.1.1937, S. 89-94.
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Schutz fand, ihm sein eigenes Recht verliehen, seine berufliche Tätigkeit durch Bestimmungen von gesetzesgleicher Wirkung ständisch verankert und das Verhältnis der verschiedenen am Schrifttum durch eigene Aufgaben beteiligten Gruppen - allen voran der schöpferischen - untereinander klar geregelt wurde.
Einen weiteren Beweis für seine Regimetreue, nämlich inwiefern er die Abschaffung des freien Buchhandels, des freien Buchmarkts befürwortete, lieferte Bischoff etwa einen Monat später in einem Preislied auf die Säuberung der Literatur: Unzweideutig hat sich herausgestellt, daß unser Schrifttum im Kern gesund ist und war. Es bedurfte lediglich der staatlichen Maßnahmen der Reinigung, der tatkräftigen Entfernung des schwebenden Literatentums, um nunmehr nach Ablauf einer gewissen notwendigen Entwicklungszeit das Gleichgewicht wieder herzustellen und die wahre Leistung über das üppig wuchernde und sie mit Erstickung bedrohende Unkraut siegen zu lassen. Nur auf solcher Grundlage ist ein Aufbau des Standes und ein Wachsen des Schrifttums überhaupt möglich. 4 2
Als er sich nach der Machtübernahme in Österreich 1938 als RSK-Referent mit der Entjudung des österreichischen Buchhandels befassen mußte, dürfte ihm das Wiener Terrain, besonders der Zsolnay Verlag, vertraut gewesen sein. Das geht zum ersten aus einem Text Bischoffs hervor, der schon im April 1938 unter der Überschrift »Österreichs Buchhandel in der deutschen Aufgabe« im Börsenblatt veröffentlicht wurde.43 In einem herablassenden, forciert kumpelhaften Ton erzählt der stets großdeutsch denkende Bischoff, »daß Österreich, die Ostmark, das Ost-Reich seit je deutsch war und deutsch ist, und daß der österreichische Buchhandel ein deutscher Buchhandel war und als solcher seit langem seine deutsche Aufgabe gesehen und ihr gedient hat«. Zum Glück hätten, so Bischoff, die Juden den Buchhandel in Österreich nicht gänzlich verderben können: »Auch die zeitweise Überfremdung wenigstens des Wiener Buchhandels mit Vertretern, die diese Aufgabe weder erfassen noch erspüren konnten [...], diese Überfremdung aus jüdischem Geist hat nicht ersticken können, was als nationale Aufgabe den wirklichen Buchhändler mit seinem Beruf verkettet.« Von Innsbruck bis zum Burgenland kennt Bischoff alle deutschen Teile des Landes, nur bereitet es ihm Schwierigkeiten, das Attribut »deutsch« auf Wien anzuwenden. Ja, alles Negative, was man im Reich gehört habe, sei ein Produkt der Desinformation, ein bewußt entstelltes ÖsterreichBild, denn man sei trotz mancher Mentalitätsunterschiede, so Bischoff sinngemäß, seit jeher eine große, glückliche deutsche Familie: und nie haben wir in Grenzen zwischen der Ostmark und hier gedacht und das, was jüdische Schreiber im Verein mit so kläglichen Erscheinungen wie Schuschniggs an Falschem, Entstellendem über Österreich verbreitet haben, das zog bei uns nicht so. Sehen wir uns überhaupt klar, daß die Anschauung vom »weichen Wienertum« von fremden Schriftstellern und schlechten 42
Karl Heinrich Bischoff: Zufall oder Entwicklung? In: Börsenblatt,
Nr. 44, 23.2.1937, S. 161-
163. 43
Börsenblatt,
Nr. 90, 20.4.1938, S. 318-319.
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Vertretern absichtlich gefördert und damit aus politischer Infamie versucht wurde, das Trennende statt das Einigende zu betonen. Eines ist uns gegen dieses absichtlich verfälschte Bild nämlich eingefallen in diesen Tagen. Wir dachten an eure Beharrlichkeit! Wir haben daran gedacht, daß kein Streifen Boden, der einmal von dem Pflug eines österreichischen Bauern umgepflügt worden ist, dem Deutschtum wieder verlorenging! Und das in einer oftmals gefährdeten Mark!
Das Ziel der Rede Bischoffs war es, den österreichischen Kameraden zu schmeicheln, andererseits sie zu beruhigen, denn so manche befürchteten nicht zu Unrecht, daß auf den Einmarsch deutscher Soldaten der Einfall kapitalkräftiger reichsdeutscher Buchhändler und Verleger folgen würde. Bischoffs Parole lautete daher: deutsche Einheit. Es gibt ein zweites Zeugnis dafür, daß Bischoff seit längerem Kontakte mit Österreich hatte. Aus der Sachverhaltsdarstellung von Albert von Jantsch-Streerbach, die im Dezember 1941 mit der Absicht verfaßt wurde, Bischoff zu kompromittieren und seine Übernahme des Paul Zsolnay Verlags doch noch rückgängig zu machen, geht ein gewisses Naheverhältnis deutlich hervor. Jantsch dazu: Dass sich Herr K . H . Bischoff für den Zsolnayverlag schon früher lebhaft interessierte, ergibt sich aus folgender Tatsache. Herr Paul von Zsolnay hat bereits im Jahre 1934 die in seinem Verlag aufscheinenden jüdischen Autoren im Einvernehmen mit dem Reichspropagandaministerium ausgeschieden und nur mehr die Werke arischer Autoren verlegt. Herr K . H . Bischoff verhandelte intensiv mit dem ehemaligen Direktor des Zsolnay Verlages, dem Juden Kostia-Costa. Wie intensiv die Tätigkeit des Herrn Bischoff schon damals war, ergibt sich aus der Tatsache, dass Herr Bischoff dem Juden Kostia-Costa schon lange vor dem Umbrüche in der Ostmark sowohl die Anschrift der Reichsschrifttumskammer, Berlin, als auch seiner damaligen Privatwohnung, Berlin-Zehlendorf, Wedenbusch Nr. 19. handschriftlich übergab. 4 4
Jantsch berief sich nicht auf eigene Wahrnehmungen, sondern auf einen Bericht von Felix Costa an den Gesandten Dr. Neubacher vom 26. Juni 1940. Daher haben die aufgestellten Behauptungen, die Bischoff belasten sollten, einen unbestreitbaren Wahrheitsgehalt.45 Dafür, daß Paul Zsolnay das Ausscheiden jüdischer bzw. 44
Albert Jantsch-Streerbach: Sachverhaltsdarstellung betr. die Vorgänge in der Paul Zsolnay Verlag A . G . Wien, 16. Dezember 1941, S. 4, DLA Marbach, Nachlaß Jantsch-Streerbach.
45
Im Nachlaß Jantsch liegt ein Auszug dieses Berichts in Abschrift vor: »Mit Herrn v. Norden traf ich in der Folge nicht mehr zusammen, aber jede meiner Reisen nach Berlin führte mich mit den Herren der Reichsschrifttumskammer zusammen. Ich verhandelte und berichtete dem Vize-Präsidenten der Schrifttumskammer Herrn Dr. Wiesmann (sie) und wurde von ihm an Herrn K . H . Bischoff zur ständigen Berichterstattung und Entgegennahme von Weisungen gewiesen. In den Jahren 1936 und 1937 wandte ich mich hauptsächlich an den Herrn K . H . Bischoff, der mir viel Entgegenkommen und Verständnis zeigte. Auch von Wien aus korrespondierte ich mit Herrn Bischoff an seine Privatadresse und sandte an die Reichsschrifttumskammer, Abteilung V, im Sinne der mir von Herrn Bischoff gegebenen Weisungen und fortlaufend Berichte über unsere Produktion ein. Ich besitze noch den Zettel, auf dem mir Herr K.H. Bischoff seine Privatadresse und die zuständige Abteilung der Reichsschrifttumskammer mit deren Adresse aufgeschrieben
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unerwünschter Autoren expressis verbis mit d e m R M f Y u P akkordierte, fehlt e i n B e l e g . Es würde aber bedeuten, daß Zsolnay sich vorbehielt, einzelne Stammautoren für den nicht reichsdeutschen Markt zu verlegen (Werfel, Saiten, Perutz). W i e d e m auch sei, Bischoff hielt sich streng an die W e i s u n g , sich vor Inkrafttreten des RKK-Gesetzes nicht in österreichische Belange einzumischen. Ein A k tenvermerk, den der »Sachbearbeiter« B i s c h o f f Anfang Juni für den Geschäftsführer der RSK, W i l h e l m Ihde, verfaßte, verrät jedenfalls eine g e w i s s e Frustration in Berlin. Mich haben in der letzten Zeit verschiedentlich österreichische Buchhändler und Schriftsteller, wenn es sich um Verlagsfragen handelte, aufgesucht. Ich habe sie auch empfangen, da ich meine, man könne sie nicht einfach mit dem Hinweis ablehnen, dass das Reichskulturkammergesetz auf Österreich noch nicht angewendet wird. Allerdings habe ich in jeder Unterhaltung von vornherein ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass das Reichskulturkammergesetz noch nicht auf Österreich ausgedehnt ist. Darum handelt es sich nun auch nicht. Übereinstimmend teilen mir jedoch diese Besucher mit, dass in Österreich nach wie vor eine Konfusion herrscht und dass eine Auskunft, wie die Dinge nun wirklich sind usf., von keiner Seite zu erhalten ist. Ich rege daher an, dass die Kammer den betreffenden Bearbeiter aus dem Landeskulturamt Österreich nach Berlin kommen lässt und dass wir uns ein paar Stunden lang mit ihm unterhalten, damit wenigstens dieser Mann einigermaßen im Bilde ist. gez. Bischoff*6 D i e RSK konnte zwar noch nicht direkt in die Angelegenheit des Zsolnay Verlags eingreifen, und im übrigen war man noch mit d e m eingesetzten K o m m i s s a r i s c h e n Verwalter zufrieden, machte sich aber dennoch über dessen Zukunft sehr bald G e danken. In e i n e m Schreiben v o m 10. Mai 1938 an die Reichsstelle für volkstümliches Büchereiwesen teilte W i l h e l m Baur folgendes mit: Der Verlag Zsolnay ist allerdings in jüdischen Händen, jedoch wurde sofort nach der Machtergreifung im bisherigen Österreich ein politisch einwandfreier Kommissar in diesen Verlag eingesetzt. Ich möchte Sie bitten, mindestens die nationalsozialistisch einwandfreien Autoren, die häufig aus bestimmten Gründen ihre Werke im Verlag Zsolnay herausbrachten, wie z.B. Rainalter, nicht deswegen von Ihren Listen zu nehmen, weil dieser Verlag noch in jüdischen Händen ist. Die Frage der Entjudung des österreichischen Buchhandels wird binnen kurzem ebenfalls in Angriff genommen, und es ist zu erwarten, daß als einer der ersten Verleger dann der Verlag Zsolnay in deutsche Hände übergeht. Es scheint mir ein bestimmtes auch politisches Interesse vorzuliegen, daß in Wien ein großer schöngeistiger Verlag weiterhin besteht. 47
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hat. Im übrigen erliegt auch die Korrespondenz, die ich mit Herrn Bischoff geführt habe im Zsolnay-Verlag, wozu ich bemerken will, dass vereinbart war, dass ich auf meine Schreiben eine schriftliche Antwort nicht erwarten soll.« Die erwähnte Korrespondenz konnte im Verlagsarchiv nicht gefunden werden. BDC/Karl H. Bischoff. Aktenvermerk für Herrn Ihde, Berlin, den 2. Juni 1938, verfaßt von K.H. Bischoff. Zit. nach Wulf: Literatur und Dichtung im Dritten Reich, S. 265 f.
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O b w o h l seit d e m Anschluß bereits fünf Monate vergangen waren und das RKKG e s e t z in Österreich schon in Kraft war, stand m a n in W i e n den W ü n s c h e n der Herren in Berlin, genauer der Reichsschrifttumskammer, nach w i e vor desinteressiert bis gleichgültig gegenüber. Darüber, daß der Präsident der R S K nicht in der Lage war, den arischen Charakter des Paul Zsolnay Verlags zu bestätigen, s o w i e über andere V o r k o m m n i s s e beschwerte sich Bischoff in einem Aktenvermerk z u m T h e m a »Juden in Österreich« am 31. August. D a liest man: Völlig ungeklärt sind noch die Fälle, in denen kommissarische Leiter eingesetzt wurden, also vor allem die Verlage Bermann-Fischer, Wien, Bastei-Verlag, Wien (früherer Inhaber Dr. Freund), und Herbert Reichner, Wien. In diesen Fällen liegen auch nicht einmal Anträge [um Mitgliedschaft in der RSK] vor. Es handelt sich um Verlage, die bisher in jüdischen Händen waren und für die kommissarische Leiter von österreichischen Stellen eingesetzt wurden. Die kommissarischen Leiter haben ihre Anmeldungen noch nicht vollzogen. Gegen die Beibehaltung der Form des kommissarischen Leiters hat der Präsident [der RSK] Bedenken. Eine Lösung dieser etwas verwickelten Fälle wird nur dadurch zu erzielen sein, dass ein Sachbearbeiter der RSK mit einem Mitarbeiter des Ministeriums Abteilung II Α sich über den Stand in Wien persönlich unterrichtet. Die Arisierung bisher jüdischer Buchhandelsuntemehmungen in Österreich wird ohne Anhören des Präsidenten der RSK vorgenommen. Dadurch entstehen sehr grosse Schwierigkeiten. Es ist dringend erforderlich, hier eine klare Anordnung durch das Ministerium zu erlassen. [...] gez. Bischoff*8 Es g e s c h a h in dieser Richtung vorerst nichts, denn Bischoff wiederholte seinen Vorschlag i m Oktober. W e g e n des dokumentarischen Werts - er umreißt die zukünftige Politik, Österreich und jüdischen Verlagen gegenüber - wird der Bericht B i s c h o f f s in v o l l e m Wortlaut zitiert. Sowohl einzelne Berichte aus Wien wie auch mündliche Klagen, die hier vorgebracht werden, bekunden übereinstimmend, dass die Lage in Wien, besonders in unserem Arbeitsbereich völlig unübersichtlich geworden ist, da die Betreffenden praktisch nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen und auch Auskünfte nicht bekommen. Es werden Klagen laut, dass der Landesleiter Staebich (sie) auch auf wiederholte Anfragen nicht zu sprechen ist und dass auch sonst Auskünfte nicht gegeben werden. Mein persönlicher Eindruck ist der, dass auf Grund einer gewissen Unsicherheit verschiedene Strömungen auf die Geschäftsstelle in Wien einwirken können und die einheitliche Linie gefährden. Andererseits ist durch die Anweisung von Hinkel eine klare und energische Bearbeitung durch Berlin, unterbrochen worden. Unabhängig von dieser, die Judenfälle speziell betreffenden Angelegenheit gibt es meiner Beobachtung nach noch einige andere höchst ernst zu nehmende Punkte:
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BDC/RKK, Leitzordner, Jüdische Buchhändler, Verleger, Schriftsteller. Aktenvermerk. Betrifft: Juden in Österreich. Meldung per 30.8.1938.
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Kommissare. Ich habe das grösste Bedenken gegen die Tätigkeit von Kommissaren. Diese Bedenken sind einmal darin begründet, dass die Kommissare meist über keinerlei Fachkenntnisse verfügen, zum anderen haben die Kommissare auch praktisch keinerlei Vollmachten. Sie sind ja keinen Tag sicher, ob nicht nachträglich der jüdische Besitzer über einen Zivilprozess einen Vorstoss macht, den vielleicht, trotz besten Willens, nicht einmal ein Gericht abweisen kann. Sie haben keine Fachkenntnisse und können nicht auf lange Zeit disponieren. Sie können infolgedessen keinerlei Aktivität entwickeln. Sie haben andererseits ein gewisses Bestreben, die Dinge doch etwas hinzuziehen. Daher ergibt sich, dass Betriebe, deren Verschwinden feststeht, länger als notwendig erhalten bleiben, andererseits Betriebe, die vielleicht doch weiter bestehen könnten und sollten, aktionsunfähig werden. Das wirkt sich dahin aus, dass vielleicht durch die Verwertung von gewissen Beständen der Markt verstopft wird [und] die Inaktivität gewisser Firmen das gesamte mit ihrer Tätigkeit zusammenhängende Gewerbe belastet. Mir sind verschiedentlich Berichte zugegangen, nach denen hauptsächlich das Druckereigewerbe in Wien schwer notleidet. Ich habe auch hierüber bereits Aktennotizen gemacht. Politisch gesehen liegen die Dinge sehr klar: a) Wir müssen als Grossdeutsche ein unbedingtes Interesse daran haben, dass Wien auch als wichtiger Verlagsort weiterhin bestehen bleibt und sogar noch gestärkt wird. Die Aufgabe Wiens liegt auch geopolitisch eindeutig fest. So hat nicht nur der berühmte Buchhändler Trättner, sondern auch eine Reihe anderer Buchhändler den gesamten Balkan schrifttumsmässig beherrschen können. Diese Beherrschung wird von Berlin aus nicht möglich sein. Wien ist eine Säule gegenüber dem Südosten. Die Stärkung dieser Säule auch vom Geistigen her, ist eine politische Forderung. b) Wir können daher kein Interesse daran haben, dass wichtige Verlage aus Wien abwandern und so z.B. das Druckereigewerbe in Wien auch noch künstlich geschädigt wird. Es werden sich zwangsläufig bestimmt Zentralisierungen nach Berlin ergeben müssen, man sollte aber hier eine klare Trennung des notwendigen und sachlichen von den anderen durchführen. cj Es scheint mir zu unseren Aufgaben zu gehören, auch diese Dinge klar zu sehen. Wir haben darum zu arbeiten, dass hier Schleusen gebaut werden, Deiche errichtet werden und vielleicht auch neues Land gewonnen wird. Ich bin mir bewusst, dass diese Meinung zunächst noch angegriffen oder aber als abwegig bezeichnet wird. Ich äussere sie auch auf diese Gefahr hin, weil ich davon überzeugt bin, dass man eines Tages doch dahin kommen wird. Damit ist natürlich nicht gesagt, dass nun etwa die jüdischen Verlage in Wien unbedingt erhalten bleiben müssten. Es ist selbstverständlich, dass hier nur nationalsozialistisch gehandelt werden kann. Ich werden diesen ganzen Fall mit Herrn Dr. Zartmann 49 hier durchsprechen und vielleicht dann später selbst nach Wien fahren, um an Ort und Stelle die Dinge einzurenken. Erforderlich aber erscheint mir, dass von der Kammer aus die Frage der Kommissare und ihre endgültige Ablösung aufgegriffen wird. Man darf nicht übersehen, dass die Kommissare ja nicht einmal die Voraussetzungen des Reichskulturkammergesetzes erfüllen, noch dass sie es erfüllen wollen. Sie sagen sogar ausdrücklich, dass die R.S.K, ihnen nichts zu sagen habe. Ferner erscheint es mir unbedingt erforderlich, dass man einmal mit der Vermögensverwaltung in Wien spricht und diese Stelle über die Erfordernisse und die Prinzipien unserer Arbeit
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Dr. Karl Zartmann war Geschäftsführer der Gruppe Buchhandel in der RSK Landesleitung Österreich. 1939 gründete er in Wien den Sonnenverlag und Zeitschriftenvertrieb. Im Oktober 1945 wurde, offensichtlich weil Zartmann belastet war, der Verleger Heinrich Bauer zum Geschäftsführer bestellt. Ab 1975 war Zartmann wieder Alleininhaber.
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unterrichtet. Auch diese Stelle wird dafür dankbar sein, da eine solche Unterrichtung ihr einen unmittelbaren Dienst bei ihrer Arbeit leistet.
gez. Bischoff Okt 3 8 5 0
Solche Bekenntnisse eines wichtigen Vertreters der RSK lassen darauf schließen, daß dem RKK-Gesetz zum Trotz, der Einfluß der Kammer in Österreich noch nicht allzu groß war.
28.4. Die Scheinarisierung Drei Monate lang wurden die Geschäfte des Paul Zsolnay Verlags geführt, als ob sich in der politischen Landschaft Österreichs nichts geändert hätte. Am 11. Juni 1938 kamen Albert von Jantsch-Streerbach und Paul Zsolnay in Gegenwart der Zeugen Hannes Dietl und Felix Costa zusammen, um eine wichtige mündliche Vereinbarung abzuschließen. Es ging um nichts weniger als den »Kauf« bzw. »Verkauf« des großen Verlagsunternehmens. Die beiden machten untereinander aus, wohl zum Schein, daß Jantsch 51% der Aktien der Paul Zsolnay Verlag A.G. zum Preis von S 510 000 (RM 255 000) erwerben sollte. (Zur Erinnerung: das Aktienkapital betrug S 1 Million und setzte sich aus 100 Namensaktien zu je S 10 000 zusammen). Nach heutiger Kaufkraft betrug der Kaufpreis somit etwa S 14 Millionen. Diesem Vertrag zufolge (der vom RMfVuP später wohl zutreffend als »absolut unzuverlässig« qualifiziert wurde) war der Kaufpreis bis 30. Juni 1943 zu zahlen und das zinsenfrei! Die Aktien sollten bis zur Bezahlung des Kaufpreises (der nicht einmal ansatzweise erfolgte) auf ein Depot von Jantsch erlegt werden. Eine Ausfolgung an Jantsch seitens der Depotstelle war nur vorgesehen, wenn und insoweit der volle Kaufpreis für die einzelnen Aktien bar bezahlt wurde. Jantsch behielt sich das Recht vor, eine Herabsetzung des Kaufpreises zu verlangen, wenn der innere Wert der Aktien dem Kaufpreis nicht entsprechen sollte. Auf eine sofortige Zahlung verzichtete der Käufer Jantsch seinerseits. Sein Argument: das Verlagsgeschäft stagniere und man könne nie wissen, welche Risken mit einem arisierten Verlag verbunden seien. Am selben Tag richteten Jantsch und Zsolnay einen Antrag an die VVSt auf Genehmigung des Kaufs. Zwei Wochen später bestätigte Paul Zsolnay - wohl pro forma - die getroffene mündliche Vereinbarung, derzufolge er sich verpflichtete, falls die VVSt die Transaktion mit den 51% genehmigen sollte, weitere 24% der genannten Aktien auf einem Treuhandkonto zu hinterlegen. Die Bank durfte diese 24% nur einem Käufer überlassen, der den Nürnberger Gesetzen entsprach, und, so Zsolnay an Jantsch, »Ihnen und mir genehm ist«. Insgesamt waren das nicht wenige »ungewöhnliche« Bedingungen. 50
BDC/Paul Zsolnay Verlag.
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Am 5. Juli 1938 ersuchte Jantsch den zuständigen Beamten, Dr. Glaser von der Reichsstatthalterei »im Interesse der ungestörten Fortführung und des erwünschten Ausbaues des Unternehmens, das die Werke zahlreicher nationalsozialistischer Autoren sowie für das Reich wesentlich Auslandsbeziehungen betreut [...] die angesuchte Genehmigung möglichst bald zu erteilen«.51 Jantsch muß in vielerlei Hinsicht bei der VVSt einen besonderen Schutzengel gehabt haben, denn binnen bloß vier Wochen lag eine Genehmigung des Kaufs vor. Mit Bescheid vom 15. Juli 1938 wurde unter Außerachtlassung der meisten bürokratischen Gepflogenheiten in typischen Arisierungsfällen die Übertragung von 51% der Aktien zum nominalen Preis von S 510 000 auf Grund der Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich im LGB1. Nr. 103/1938 genehmigt. Die Basis dieser Entscheidung war nicht, wie üblich, ein regulärer Kaufvertrag (der in der Regel unter Zwang zustandekam), sondern ein Gedächtnisprotokoll vom 11. Juni! Der Stako genehmigte also die Transaktion »weiters unter der Voraussetzung, dass weitere 25% des Aktienkapitals der Paul Zsolnay Verlags-A.G., welche einem Nominale von weiteren 250 000 S entsprechen, auf ein Treuhandkonto bei der Mercurbank mit dem unwiderruflichen Auftrag, diese 25% des Aktienkapitals nur an einen arischen Käufer zu überlassen, der mir genehm ist, erlegt werden.« 52 Aber wesentlich wichtiger für die Weiterfuhrung des Verlags war die folgenschwere Einwilligung der VVSt, den Zsolnay Verlag als »arisches Unternehmen« zu bezeichnen. Ferner wurde im Bescheid festgehalten, daß die restlichen 25 % des Aktienkapitals des Paul Zsolnay Verlags im Wert von S 240 000 (Nominale) »später einem arischen Ausländer übertragen werden« sollten. Halten wir einmal fest, was an dieser vorschnellen Genehmigung der VVSt alles irregulär war: 1) Ein Kaufvertrag lag nicht vor. 2) Ein Nachweis des Eigenkapitals wurde vom Käufer weder verlangt noch erbracht, d.h., es wurde überhaupt nicht gefragt, ob Jantsch die erforderlichen Mittel zum Kauf hätte. 3) Eine Zahlung des Kaufpreises ist nicht erfolgt. 4) Ein Ariernachweis von Seiten des Käufers wurde weder verlangt noch erbracht. 5) Der angebliche Kaufpreis, der kaum mit dem nominalen Wert des Aktienkapitals identisch sein konnte, war bis 30. Juni 1943 zu zahlen, der Käufer hatte bis dahin auch keine Zinsen zu zahlen. Von der Verwaltung her gesehen, sollte die »Entjudung« der Wirtschaft anders aussehen. Es konnte nach damaliger Auffassung nicht angehen, daß ein arischer Käufer einem »Juden« noch fünf Jahre lang Geld schuldete. 6) Trotz der »Arisierung« blieben noch 24% des Aktienkapitals (noch bis März 1939!) im Besitz eines Juden und Devisenausländers. 51
Jantsch an Pg. Dr. Glaser, Reichsstatthalterei, 5.7.1938, AdR, VVSt, Kt. 900, K.u.Tr. 12.765, Band IV.
52
Der Staatskommissar in der Privatwirtschaft (Dr. Georg Schumetz) an Jantsch, 15.7.1938, ebd.
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7) Es wurde, wie sonst üblich, weder die fachliche noch die politische Eignung des Käufers Jantsch überprüft. Auf Grund des § 10 der 1. Durchführungsverordnung des RKK-Gesetzes vom 1.11.1933 in Verbindung mit der amtlichen Bekanntmachung des Präsidenten der RSK Nr. 25 mußte jede Person, die eine Arisierung eines Verlages vornehmen wollte, bestimmte fachliche Voraussetzungen auf verlegerischem Gebiet erfüllen, die von Jantsch nicht erfüllt wurden. Jantsch hat, nachdem er glaubte, die Aktienmehrheit des Paul Zsolnay Verlags zu besitzen, keinen Antrag auf Mitgliedschaft der Fachschaft Verlag bzw. Buchhandel der RSK gestellt. Unter anderem auf Grund seiner engen Freundschaft mit dem »Juden« Paul Zsolnay und der Duldung des »Halbjuden« Costa im Verlag hätte er sich im Sinne des RKK-Gesetzes nicht als zuverlässig verhalten und wäre daher vom Kauf des Verlags ausgeschlossen gewesen. Ja, das Propagandaministerium hat von dem Tag an, als es von der Arisierung verständigt wurde, gegen die Person Jantsch als Verleger aus sachlichen Gründen Einspruch erhoben. 53 8) Der »Kaufvertrag« lag, und hier handelte es sich um einen kammerpflichtigen Betrieb, der RSK nie zur Genehmigung vor. 9) Es wurde nicht, wie sonst üblich, eine Feststellung des Betriebswerts durch einen Sachverständigen vorgenommen. 10) Eine Aufteilung der Aktien in der von der VVSt genehmigten Form war nach dem RKK-Gesetz nicht zulässig. 11) Ein für die Rechtmäßigkeit der Transaktion erforderlicher Notariatsakt wurde nicht angelegt. 12) Die statutengemäß erforderliche Eintragung der Aktien im Aktienbuch ist nicht erfolgt. 13) Die Zustimmung des Vorstandes zu der Übertragung wurde nicht eingeholt. Die Genehmigung ging derart schnell über die Bühne, daß die RSK sich nur im nachhinein aufregen konnte, und sie wieder rückgängig zu machen, dauerte mehr als drei Jahre!
28.5. Die Entlassung Felix Costas Wie schon erwähnt, blieb im Verlag praktisch alles beim alten. Jantsch und Dietl spielten ihre Rolle als Strohmänner und kümmerten sich kaum um den täglichen Betrieb. Jantsch war von Ende Juni bis November 1938 überhaupt von Wien abwesend. Die tatsächliche Geschäftsführung des Verlags lag nominell in Händen von Hannes Dietl, in der Praxis aber wurde die Geschäftsführung durch Paul Zsolnay (bis zu seiner Ausreise) und Felix Costa fortgeführt. Aus Unterlagen, die im Rahmen einer Untersuchung später vorgefunden wurden, ging hervor, daß Zsolnay und 53
Es gelang Jantsch dennoch mit Bescheid der RSK vom 1.9.1939 und mit Wirkung vom 1. Juli 1938 als Mitglied der RSK, Gruppe Schriftsteller, unter der Nummer A 4446 aufgenommen zu werden.
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Costa nach wie vor täglich im Verlag anwesend waren und die Geschäfte führten: Costa unterzeichnete alle Kalkulationsunterlagen, prüfte Verlagsverträge, Zsolnay las Manuskripte, beide empfingen Autoren zu geschäftlichen Besprechungen. Von England her verfügte Zsolnay unbeschränkt weiter über sein Konto und war im übrigen über alle geschäftlichen Dinge des Verlags genauestens durch Berichte von Felix Costa und des Verwaltungsrates Rudolf Penz informiert. Er gab auch wiederholt Anweisungen in geschäftlichen Dingen und stellte Anträge. Formell wurde, so der spätere Bericht, der Schein aufrechterhalten, daß Zsolnay auf einer Geschäftsreise für den Verlag tätig sei. Als Jantsch erstmals im Herbst 1938 und dann regelmäßig mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, Felix Costa im Verlag weiterzuverwenden, obwohl dieser Halbjude (Mischling I. Grades) und mit einer Volljüdin verheiratet sei, erwiderte er gelassen, er könne auf jemanden mit so weitreichenden Kenntnissen nicht verzichten, ohne dem Verlag zu schaden. Dabei wurde er vom RSK-Referenten Karl H. Bischoff und RSK-Geschäftsführer Wilhelm Ihde bei ihren Wienvisiten wiederholt energisch aufgefordert, Costa zu entlassen, »weil es nicht angehe, dass in einem kulturkammerpflichtigen Betriebe ein nach den Nürnberger Rassengesetzen als Jude geltender Angestellter tätig sei«.54 Wie der RSKGeschäftsführer in Wien, Max Stebich, resigniert in einem Bericht vom Juni 1939 an die RSK, Abt. III, feststellte, ließen Jantsch und der kommissarische Verwalter Dietl keine Mittel unversucht, eine Entlassung Costas zu verhindern. Ihre Einstellung gegenüber der RSK und dem RMfVuP war, gelinde gesagt, indifferent, sie setzten vielmehr auf ihre Kontakte zu den heimischen Parteileuten in Wien und hatten damit Erfolg. Denn Jantsch verfügte, wie es in einem späteren Bericht des RMfVuP eher resigniert heißt, über »umfangreiche Beziehungen«, deren er sich bediente. Und mehr als einmal mußten das RMfVuP und die RSK zur Kenntnis nehmen, daß das »Amt Bürckel«, zu dem Jantsch neben der Vermögensverkehrsstelle und dem Reichspropagandaamt, die beide in »Wiener Händen« waren, gute Verbindungen hatte, sich letzte Entscheidungen in Sachen Zsolnay Verlag vorbehielt. Bis die RSK die Entlassung Costas durchsetzen konnte, also Ende März 1939, war er immerhin ein Jahr lang tätig gewesen, währenddessen er ein ansehnliches Gehalt von RM 24 000 bezogen und ein Darlehen des ehemaligen Besitzers Paul Zsolnay in Höhe von RM 24 000 bekommen hatte. Costa wagte etwas: auf Anraten des Kommissarischen Verwalters Pg. Hannes Dietl suchte er, um im Verlag weiterarbeiten zu dürfen, gar um Mitgliedschaft bei der Deutschen Arbeitsfront (DAF) an. Im ersten Anlauf wurde das Ansuchen abgelehnt, aber auf Grund der Beziehungen Dietls sowie seiner persönlichen Vorsprache bei der DAF wurde das Unmögliche möglich gemacht: Costa wurde als Mitglied aufgenommen. Als sich die Entlassung Costas aus dem Verlag im März 1939 abzeichnete, half ihm Jantsch bei der Vorsorge für seine ungewisse Zukunft. Costa wurde unter Aufrechterhaltung seiner sämtlichen Abfertigungsansprüche gekündigt, außerdem wurde eine
54
Max Stebich, RSK Landesleitung Wien, an das Reichspropagandaamt Wien vom 12.4.1939. (Landesgremium Wien/Paul Zsolnay Verlag)
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buchmäßig bestehende Schuld an den Verlag als getilgt erklärt. Auf Grund der konstruierten Abmachung mit Jantsch klagte Costa den Paul Zsolnay Verlag beim Gewerbegericht in Wien. Im Oktober 1939 kam es zur Verhandlung, und es wurde im folgenden Jahr der Klage Costas stattgegeben.55 Obwohl ihn dies letztlich nicht vor der Deportation schützte, hatte Felix Costa auch außerhalb des Verlags über längere Zeit »schützende Hände«, an erster Stelle ist sein Jugendfreund, der Wiener Bürgermeister Hermann Neubacher, zu nennen, nach Luza die »vielleicht begabteste Persönlichkeit des österreichischen Nationalsozialismus«.56 Neubacher wurde von Gauleiter Bürckel kaltgestellt.57 Costa dürfte den letztlich unsinnigen Versuch unternommen haben, seine Position im Verlag doch noch zu retten, denn er richtete 1939 ein Gesuch um eine Sonderbewilligung an den Führer, offenbar, um entweder von der RSK-Mitgliedschaft befreit zu werden oder um gar Mitglied zu werden, und dieses Gesuch wurde von Neubacher befürwortet58. Costa, der nach seiner Entlassung vom Verlagsautor Heinrich Dauthage, Paul Zsolnay und anderen finanzielle Zuwendungen bekam, hat es aus falsch verstandenem Stolz unterlassen, alles zu tun, um als freier Mensch ins Ausland zu kommen. Sein Entschluß, seine hohen Prinzipien, die nunmehr nichts galten, in Prozessen zu verteidigen und der Glaube durch seine jahrelange Tätigkeit im Zsolnay Verlag so etwas wie einen Ehrenplatz in der deutschen Literaturgeschichte ergattert zu haben, hatte fatale Folgen. Je länger er in Österreich blieb, desto geringer wurden seine Chancen, nicht
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Die vermutlich erste Verhandlung fand am 10. Oktober 1939, eine zweite am 14. Dezember 1939, eine dritte am 3. Jänner 1940 bei Abt. 6b des Gewerbegerichts statt. Costa klagte auf Auszahlung von RM 14 674. Eine vierte, aber keineswegs letzte Verhandlung fand, diesmal vor der Gemeindeverwaltung, am 5. März 1940 statt. Der Verlag lehnte freilich die Ansprüche Costas als »unbillig« ab, seine anfechtbare Argumentationslinie: Costa habe vom März 1938 bis Ende März 1939 dasselbe Gehalt wie vor dem Umbruch bezogen, ohne daß er etwas dafür geleistet hätte. Trotz intensiver Suche ist es mir nicht gelungen, den Gerichtsakt zu finden.
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Luza: Österreich, S. 80. Ebd., S. 80 f: »Um Neubachers Kandidatur [als Gauleiter im Herbst 1938] zu verhindern, suchte er gegen Neubacher einige unbegründete Beschuldigungen aus der Vergangenheit
hervor
(ständiger Verkehr mit übelsten Juden; mit Hilfe des russischen Konsulats in Wien aus der seinerzeitigen Haft befreit), und präsentierte sie Göring als Hindernis für Neubachers Nominierung.« 58
Dazu der Bericht von Max Stebich, RSK Landesleitung Wien, an das Reichspropagandaamt Wien vom 12.4.1939: »Dr. Costa teilte mir mit, er habe ein Gesuch um eine Sonderbewilligung an den Führer gerichtet und der Herr Oberbürgermeister von Wien, Ing.Dr. Neubacher, habe es auch befürwortet.« (Landesgremium Wien/Paul Zsolnay Verlag) Der einzige andere Beleg für dieses Gesuch ist ein Brief an den Freund und Helfer Heinrich Dauthage vom 11. Oktober 1939, in dem es u.a. heißt: »Was mein Gesuch anlangt, ist nun alles in der Hand des Bürgermeisters vereinigt. Dr. Neubacher soll sich Kernmayer [recte: Erich Kern] gegenüber sehr positiv geäußert haben und sogar gesagt haben, daß er persönlich in Berlin diesbezüglich vorsprechen werde. So sagte mir Erich Kernmayr (?) am Telephon. In der so brennenden Frage meiner Weiterlassung [...], ist nichts geschehen.« (Vertragsmappe Dauthage) Eine Suche nach einem Akt Costa im Nachlaß von Bürgermeister Neubacher im Wiener Stadt- und Landesarchiv blieb ergebnislos.
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in einem KZ zu enden. Die wahrscheinlichen Gründe, weshalb er nicht die erstbeste Gelegenheit wahrnahm, um aus Wien zu fliehen, sind zum Teil schon angedeutet worden. Der Hauptgrund ist aber nicht untypisch für das Verhalten der in Wien bzw. Österreich ab 1938 rassisch Verfolgten. Davon gibt ein bewegter Brief Felix Costas an Jantsch-Streerbach vom 18. Juni 1938 eindeutiges Zeugnis ab: Ich und meine Familie sind heute Ausgeschlossene, Verdammte, Vernichtete, wir sind in grausame Verzweiflung gestürzt, unsere Gefühle sind erstarrt, unsere Seelen leer, unsere Lebenskräfte gebrochen. Und doch haben ich und meine Frau sich zeit ihres Lebens nur als Deutsche gefühlt und die Zugehörigkeit zum deutschen Volk war für uns eine selbstverständliche Lebensvoraussetzung wie Luft und Licht. Die Gestaltung unseres äußeren und inneren Lebens geschah, wie wir glaubten, in Heimats- Volks- und Kulturverbundenheit, der Sinn unseres Lebens und unserer Arbeit schien uns klar, eindeutig und ungemischt. Wir stehen unserem Schicksal fassungslos gegenüber. [...] Wir alle wären bereit, alle Pflichten, auch erhöhte Pflichten auf uns zu nehmen gegen das einzige, allerdings hohe Recht, ohne den schwersten Druck des Verworfenseins atmen und arbeiten zu dürfen. 5 9
Costa war geblendet und ohne Sinn für die Realität, er zog es beispielsweise vor, bei Gericht mit dem neuen Treuhänder darüber zu streiten, ob der Verlag von der jüdischen Leitung zugrunde gerichtet worden war oder nicht. Er geriet ob der Sorge für seine Familie immer mehr in Verzweiflung und kündigte gar im Juni 1940 in einem Brief an seinen Bruder, den Bühnenschriftsteller Martin Costa, seinen Selbstmord an. In seinem Abschiedsbrief heißt es: »Ich glaube, daß es langsam so weit gekommen ist, daß ich nicht mehr weiter kann und will. [...] Ich kann nicht anders.«60 Wenige Monate später ist die verzweifelte Stimmung die gleiche: »Schon vor einigen Monaten war ich so weit, aber aufgeschoben ist wahrhaftig nicht aufgehoben. Ich glaube nicht mehr an das rettende Wunder. Das ist alles.«61 Inzwischen wurde ihm die luxuriöse Wohnung in der Zeltgasse im 8. Bezirk gekündigt, er und seine Familie wurden in das Sammellager in der Sperlgasse im 2. Wiener Gemeindebezirk gebracht. Am 31. August 1941 wurde Costa gemeinsam mit seinem Sohn Karl Hans und seiner Gattin mit einem Transport nach Minsk deportiert. 62 Mit rückwirkendem Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien, Abt. 48, vom 3. März 1952 wurde Felix Costa für tot erklärt und ausgesprochen, daß er den 8. Mai 1945 nicht überlebt hat.
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Felix Costa an Albert von Jantsch-Streerbach, 18.6.1938, Nachlaß Jantsch-Streerbach.
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Felix Costa an Martin Costa, 4.6.1940, Nachlaß Martin Costa, Privatbesitz Wien. Für die Übermittlung von Fotokopien der hier zitierten Briefe bin ich dem Neffen Felix Costas, Carl Costa, zu Dank verpflichtet.
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Felix Costa an Martin Costa, 10.8.1940, ebd.
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Datum laut Meldezettel im Meldearchiv des Wiener Stadt- und Landesarchivs.
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28.6. Jantsch wird unter Druck gesetzt Anläßlich einer Sitzung in der RSK Wien am 16. Dezember 1938 forderte das RMfVuP zum wiederholten Mal die Entfernung Felix Costas aus dem Verlag und verlangte von Jantsch, daß der Einfluß Paul Zsolnays im Verlag ausgeschaltet werde. Jantsch erwirkte zur Erfüllung dieses Auftrags sowie zur »Arisierung« des restlichen Teils des Aktienkapitals dennoch eine Frist bis 31. März 1939. Anfang Jänner 1939 reiste er nach Paris, um mit Paul Zsolnay, der von London gekommen war, zu konferieren. Bei dieser Gelegenheit wurde u.a. eine schriftliche Abmachung getroffen, wonach der Verlag (über den Zsolnay de jure keine Entscheidungsgewalt mehr hatte) auf namhafte Forderungen gegen den Verlagsautor Franz Werfel verzichtete (siehe Kapitel 23). Wichtiger noch war die zwischen Jantsch und Zsolnay getroffene mündliche Vereinbarung, wonach Paul Zsolnay jenem eine Option auf weitere Nominale S 490 000 Aktien des Paul Zsolnay Verlags zum gleichen Preis und zu den gleichen Zahlungsbedingungen einräumte und gleichzeitig Jantsch das freie Verfügungsrecht über die gesamten Aktien der Paul Zsolnay Verlag A.G., also über Nominale S 1 000 000, einräumte. In einem Schreiben aus London vom 31.3.1939 bestätigte Paul Zsolnay diese Abmachung und fügte hinzu, daß die bereits erlegten Nominale S 1 000 000 Aktien schon jetzt in das freie und unbeschränkte Eigentumsrecht von Jantsch übergegangen seien und daß Jantsch daher jederzeit, also auch vor Bezahlung des Kaufpreises, über diese Aktien frei verfügen konnte. Dieses Scheingeschäft war dazu bestimmt, die RSK und das RMfVuP erneut fernzuhalten. Den Anstoß von seiten der RSK, auf Jantsch mehr Druck auszuüben, mag der Autor Egmont Colerus gegeben haben. Im Jänner richtete er ein Schreiben an die RSK in Berlin mit der Bitte ihm mitzuteilen, »ob es mit seiner nationalsozialistischen Einstellung vereinbar wäre, dass er sein neuestes Buch dem Zsolnay-Verlag, der zum Teile doch noch dem Juden verpflichtet sei, zum Verlage und Vertriebe übergebe«. 63 Beantwortet wurde der Brief nicht, und die genauen Umstände sind nicht bekannt, aber hier hat Colerus eine für die damaligen und zukünftigen Autoren des Verlags lebenswichtige Frage angeschnitten. Ob sie es wollten oder nicht, die Zsolnay-Autoren waren auf dem nunmehr großdeutschen Buchmarkt mit eben diesem Makel behaftet. Die lange Ungewißheit unter den Autoren und den Buchhändlern im Altreich darüber, ob der Zsolnay Verlag nun tatsächlich als »arisches Unternehmen« anzusehen sei, wirkte sich für Verlag und Autoren verheerend aus. So gesehen, war die Frage von Colerus keine bloß rhetorische. Besonders Frank Thiess sah sich als Opfer der Unklarheit und beschwerte sich wiederholt beim Verlag. Am 3. November 1938 richtete er folgende Zeilen an den Kommissarischen Verwalter Hannes Dietl:
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Bericht der Reichsschrifttumskammer, Landesleitung Österreich (Max Stebich) an das Reichspropagandaamt Wien, 12.4.1939 (Landesgremium Wien/Paul Zsolnay Verlag).
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Endlich die Frage der »Ariesierung« (sie) des Verlags. Herr Costa [bei seinem Besuch in Berlin im Oktober] hat mich völlig davon überzeugt, dass diese dem Gesetze nach in aller Form erfolgt ist. Anderseits frage ich mich, was ich tun soll, wenn die Herren in der RSK weiter auf dem Standpunkt beharren, dass sie solange nichts beim Sortiment für mich unternehmen könnten, als ihrer Meinung nach von einer Ariersierung (sie) nicht die Rede sein könne. Die RSK hat das Sortiment in der Hand oder vermag wenigstens es weitgehend zu beeinflussen. Nicht nur ich, sondern der Verlag wird dadurch im Absatz geschädigt, dass scheinbar dort keine Klarheit über die faktischen Verhältnisse herrscht. Eine solche Klarheit m u s s aber erreicht werden. Ich selber kann in dieser Sache nichts mehr unternehmen, da man mich dauernd der höchsten Sympathie versichert hat und alle Schuld auf den Verlag wälzt. Es wäre daher wünschenswert, wenn Herr Dr. Jentsch (sic)-Streerbach eines Tages nach Berlin führe und mit aller nötigen Deutlichkeit Herrn Bischoff, Herrn Baur und wem noch sonst sagte, dass eine Verfügung des Reichsstatthalters, bzw. des Reichswirtschaftsministeriums nicht von der Kammer ignoriert werden kann und dass die Herren sich den Anordnungen von höheren Stelle (sie) zu fügen haben. 64
Diese Situation war genauso problematisch für die Zukunft des Verlags, man befürchtete nämlich eine Abwanderung der Autoren, also des literarischen Rückgrats des Verlags, wenn man gegen Jantsch zu schnell vorginge oder die Frage der Arisierung des Verlags in der Öffentlichkeit breittrete. Nachdem aus der Sicht der RSK in Sachen »Arisierung« nichts weitergegangen war, wurde am 21. Februar eine neuerliche Sitzung bei der RSK in Wien einberufen, an der Max Stebich, Karl Hans Strobl, Karl Zartmann, Hermann R. Leber, Rudolf Penz, Karl H. Bischoff, Wilhelm Ihde und Jantsch teilnahmen. Verlagsinhaber Jantsch wurde informiert, daß der Paul Zsolnay Verlag nicht als »arisches Unternehmen« anzusehen sei, und daran erinnert, daß er noch keinen Groschen bezahlt hätte und ihm dabei zum allerletzten Mal vom RSK-Geschäftsfiihrer Ihde unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß die Bezahlung der Aktien bis 31. März zu erfolgen hatte. Jantsch verpflichtete sich, termingemäß der RSK Bericht über die Bezahlung der Kaufsumme und somit der völligen Überleitung des Unternehmens in arische Hände zu erstatten und die Verträge vorzulegen. Andernfalls, aber dies wurde Jantsch nicht mitgeteilt, war der Verlag zu schließen. Anfang März waren Ihde und Bischoff wieder in Wien, baten Jantsch erneut zu sich und machten ihn auf die letzte Frist zur Bezahlung der Aktien aufmerksam. Jantsch handelte rasch: Unter Bezugnahme auf die Genehmigung des Kaufs von 51% der Aktien durch die VVSt am 15. Juli 1938 richtete er am 21. März ein Schreiben an den Staatskommissar in der Privatwirtschaft und teilte diesem mit, daß es ihm gelungen wäre, die restlichen 49% zu erwerben, »so dass sowohl dem Wunsch nach gänzlicher hundertprozentiger und finanziell unbelasteter Arisierung 64
Frank Thiess an Hannes Dietl (Paul Zsolnay Verlag), Ordner Thiess. Wie aus einem Schreiben des Referenten Gruber im RMfVuP vom 3.7.1939 an Generalfeldmarschall Göring hervorgeht, traf der Bannstrahl andere Autoren auch: »Diese Tatsache [daß der Verlag sich erst jetzt vor der Überführung in arischen Besitz befinde] ist dem deutschen Buchhandel sehr wohl bekannt. Es ist deshalb auch nicht weiter verwunderlich, wenn alle Bücher des Zsolnay-Verlages bisher auf gewisse Absatzschwierigkeiten stießen.« (Ordner Thiess)
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des Unternehmens Rechnung getragen ist, als auch einer Weisung des Herrn Präsidenten der Reichsschrifttumskammer vom 22.3.1939 [...] nachgekommen wurde«. 65 Der einzige Schönheitsfehler dabei war, daß die RSK den Nachweis der Bezahlung, nicht der bloßen Übernahme der Aktien verlangt hatte. Dennoch lohnte es sich für Jantsch eben »Freunde« bei der VVSt zu haben, und zwar in der Person des Referenten Dr. Georg Schumetz. Innerhalb von 48 Stunden war Jantsch im Besitz einer schriftlichen Genehmigung seiner »Übernahme« der restlichen Aktien! Nachsatz des Bescheids: »Ich habe daher keine Bedenken, dass Sie Ihren Verlag als arisch bezeichnen.«66 In einem sechszeiligen Schreiben vom 27. März ließ Jantsch den Präsidenten der RSK schlicht wissen, die rechtsgültige Übernahme von 100% der Aktien sei, eben durch ihn, bereits erfolgt. Der obengenannte Bescheid der VVSt kann nicht als einsame (Fehl-Entscheidung eines kleinen Beamten, der nicht wußte, was er tat, interpretiert werden. Vielmehr spricht einiges dafür, und andere Belege werden im folgenden Kapitel zur Sprache kommen, daß die Jantsch-Zsolnay-Angelegenheit nicht nur dem Staatskommissar in der Privatwirtschaft, der dem Amt Bürckel unterstand, sondern auch dem RPA in Wien die Gelegenheit gab, den Herren Ihde und Bischoff von der RSK zu zeigen, wer in Wien Herr im Hause sei. In einer chronologischen Aufstellung der Ereignisse seit dem 16. Dezember 1938, die im Nachlaß erhalten ist, notiert Jantsch am 4. April 1939: »teilt [Staatskommissar in der Privatwirtschaft Walter] Raffelsberger (sie) dem Dr. [Kajetan] Mühlmann 67 mit, dass es sich bei den mir bereiteten Schwierigkeiten um Konkurrenzmanöver handle; er habe mir den Kauf nicht nur bewilligt, sondern trete auch restlos für mich ein«. Der »Konkurrent« kann nur das RMfVuP oder die RSK gewesen sein. Drei Tage später wurde der Paul Zsolnay Verlag nicht ohne vorangegangene Kompetenzstreitigkeiten geschlossen. Die RSK dürfte langsam die Geduld verloren haben und traf eigenmächtig Vorkehrungen zur Schließung des Verlags durch die Gestapo in Wien. Sie wurde aber vom Propagandaministerium daran erinnert, daß die Schließung nicht eine Angelegenheit der RSK sondern eine solche des RMfVuP wäre. Darauf folgte ein formales Ersuchen der RSK an das Ministerium um Schließung unter Hinweis darauf, daß Jantsch den Kaufvertrag nicht vorgelegt hätte. Am 1. April wurde Max Stebich vom RPA in Wien aufgefordert, den Verlag sofort schließen zu lassen und den Schriftsteller Erich Landgrebe als kommissarischen Leiter einzusetzen, weigerte sich aber dies zu tun, weil das RPA nicht seine vorgesetzte und für die Schließung kompetente Stelle war und 65 66
Jantsch an den Staatskommissar in der Privatwirtschaft, 21.3.1939, Nachlaß Jantsch-Streerbach. Dr. Georg Schumetz (Staatskommissar in der Privatwirtschaft) an Jantsch, 23.3.1939, Abschrift im Nachlaß Jantsch. Schumetz war Mitglied der N.S.D.A.P. und mußte sich nach dem Krieg der Entnazifizierung stellen. Der »unbelastete« Jantsch revanchierte sich, indem er Schumetz einen »Persil-Schein« ausstellte.
67
Dr. Kajetan Mühlmann war Kunsthistoriker und einflußreicher SS-Angehöriger. In dieser Zeit war er Leiter der Abteilung für Kunst und Kultur in der Reichsstatthalterei in Wien. Näheres zu ihm in Der Hochverratsprozess
gegen Dr. Guido Schmidt vor dem Wiener Volksgericht.
Österreichische Staatsdruckerei 1947, S. 244-253.
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Wien:
weil zu dieser Zeit kein kommissarischer Verwalter mehr eingesetzt werden durfte. Hektische Beratungen der Beamten des Propagandaministeriums waren die Folge, es kamen am selben Tag hochrangige Referenten der Abteilung VIII des Propagandaministeriums eigens nach Wien, um die Zsolnay-Angelegenheit zu klären. Es dürften irgendwelche Interventionen stattgefunden haben, denn das R M f V u P war auf einmal bereit, Jantsch noch eine letzte Frist bis Gründonnerstag, 12 Uhr mittags einzuräumen. Als Stebich dies Jantsch am 3. April zur Kenntnis brachte, war dieser darüber erregt und replizierte, daß er auf eine ultimative Befristung nicht eingehe. »Er meinte, die Angelegenheit wäre weder eine Sache der RSK noch des Ministeriums, sondern werde ganz andere, höhere Stellen beschäftigen.« 68 Jantsch nahm sich einen Anwalt, und somit waren die Fronten für die nächsten 2 Vi Jahre geklärt: Für Jantsch war der Vertrag abgeschlossen und gültig, für die RSK lag der Vertrag nicht vor, die Art der Aufbringung der Geldmittel nicht geklärt, die Aktien waren nicht bezahlt.
28.7. Die Schließung des Verlags Aber die Schließung des Verlags war nicht mehr aufzuhalten, die Gestapo bekam den Auftrag, sie vorzunehmen. Der Verlag sollte nur so lange geschlossen bleiben, bis sich der Verwaltungsrat über die Person eines dem Herrn Reichsminister genehmen Treuhänders oder Geschäftsführers geeinigt hätte. Verwaltungsrat Otto Emmerich Groh schlug das verdiente illegale Parteimitglied, SA Sturmbannführer Hanns Schopper, der überdies Mitglied der Fachschaft Verlag in der RSK war, für diesen Posten vor. Er wurde in der Tat zum einstweiligen Geschäftsführer bestellt, doch er waltete nur kurze Zeit in diesem Amt. Die RSK hatte Bedenken, ob Schopper angesichts seiner innigen Freundschaft mit Jantsch und Dietl imstande sei, die Geschäfte mit der nötigen Objektivität zu führen. Schopper wurde wieder ausgeladen, und die Schließung sollte so lang aufrecht bleiben, bis Jantsch aus dem Verwaltungsrat ausschied. Am 7. April wurden die Verlagsräume gesperrt.
68
Max Stebich: Paul Zsolnay Verlag, Bericht der Reichsschrifttumskaimner an das RPA Wien, 12.4.1939, Landesgremium Wien/Paul Zsolnay Verlag. Jantsch machte seine Drohung wahr. In einem Bericht an das RMfVuP, Abt. VIII, vom 26.4.1939, beschwerte sich Stebich über die Vorgangsweise von Jantsch: »Herr Dr. Jantsch hatte überdies jetzt noch die Kühnheit, die Angelegenheit an den Herrn Gauleiter Bürckel heranzutragen. Ich wurde gestern von Herrn Parteistaatsanwalt Dr. Kern aufgefordert, in dessen Büro zu kommen und zu dieser Beschwerde des Herrn Jantsch Stellung zu nehmen. Ich nahm den Treuhänder Dr. Hofmann mit und habe Herrn Dr. Kern unsere Meinung über den Fall zur Kenntnis gebracht. [...] Jedenfalls hat Jantsch den Versuch unternommen, eine neue höhere Parteistelle in die Angelegenheit einzuschalten, um neue Schwierigkeiten in die Abwicklung hineinzubringen.« Am 24.4. hatte Jantsch eine Denkschrift mit Dokumenten an Kern für Bürckel weitergeleitet.
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29. Der Verlag unter der Leitung des Treuhänders
29.1. Erste Aufgaben Als der Jurist Dr. Wilhelm Hofmann wie aus heiterem Himmel gemäß Gesetzblatt für das Land Österreich Nr. 633/1938 am 18. April 1939 zum Treuhänder des Paul Zsolnay Verlags ernannt wurde, war er gerade 30 Jahre alt. Er war bis Mitte September 1938 als Rechtsanwaltsanwärter in einer Wiener Kanzlei tätig gewesen, bevor er auf Grund seiner Erfahrung mit Urheberrechtsangelegenheiten im Zuge der Rechtsüberleitung vom österreichischen auf reichsdeutsches Urheberrecht eine Stelle als Referent im Reichspropagandaamt Wien bekam. Anfang April begann er dann in Wien seine Rechtsanwaltskanzlei einzurichten, die Gründung einer Praxis konnte arbeitsbedingt erst Monate später erfolgen. Hofmann kam eher überstürzt zu seinem neuen Beruf: Mitte April 1939 erhielt er abends einen Anruf von einem ihm bisher unbekannten Herrn namens Erich Landgrebe, einem Jahrgangskollegen und Wiener Vertrauensmann des Propagandaministeriums in Berlin, er müsse noch am selben Abend mit Landgrebe nach Berlin fahren. Landgrebe war von Berlin verständigt worden, daß im Auftrag des Ministeriums die Verwaltung des Zsolnay Verlags zu übernehmen wäre. Die Herren sollten, so lautete der Auftrag, den Verlag gemeinsam führen. Das Reichswirtschaftsministerium in Berlin gab der Vermögensverkehrsstelle in Wien die telephonische Weisung, Hofmann sofort als Treuhänder zu bestellen, Hofmann wurde der Auftrag erteilt, Landgrebe als fachlichen Berater bzw. Geschäftsführer des Verlags anzustellen. Abgesehen davon, daß der Zsolnay-Verlagsautor im Propagandaministerium auch für die endgültige Übernahme des Verlags der Wunschkandidat war (darüber später), hatte er bereits verlegerische Kenntnisse durch die vorherige kommissarische Verwaltung des R. Löwit Verlags in Wien gesammelt. Die Vermögensverkehrsstelle bewilligte Hofmann ein Monatsgehalt von RM 1 000 (in den Akten ist später von RM 900 die Rede), Landgrebe eines von RM 600. Der Verlag blieb vom 7. bis 19. April im Auftrag von Dr. Alfons Blaschko von der Gestapo geschlossen. Nachdem die Verlagsräume entsiegelt worden waren und der Verlag am 21. April 1939 den vollen Geschäftsbetrieb wieder aufnehmen konnte, wurde der Treuhänder von der Vermögensverkehrsstelle mit einem umfangreichen Auftrag ausgestattet. Er hatte die Zusammensetzung der Gesellschaft zu untersuchen und sich ein Bild von der finanziellen Lage der Firma zu machen. Weiters sollte er die Umstände um die »Entjudung« des Verlags beleuchten, weil das Reichswirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Propagandaministerium den Standpunkt vertrat, es würde sich »um eine getarnte Entjudung«,
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u m eine »Scheinarisierung« handeln. 1 Zu d i e s e m Z w e c k wurde sofort b e i m Zsolnay Verlag e i n Wirtschaftsprüfer eingesetzt. D i e Arbeit der ersten W o c h e kulminierte in einem 17seitigen Bericht v o n H o f m a n n an seine Vorgesetzten. 2 Innerhalb v o n fünf T a g e n führte er Gespräche mit d e m ganzen Verlagspersonal, befragte sie zu den V o r g ä n g e n nach d e m März 1938, fertigte Protokolle an, studierte die g a n z e Buchhaltung und ging Korrespondenzen z w i s c h e n Costa, Zsolnay, P e n z , Dietl und Jantsch durch, u m ihre j e w e i l i g e Rolle zu klären. Über jeden wurde e i n Kapitel g e schrieben. H o f m a n n ortete nicht nur bei den Hauptakteuren dubioses Verhalten, die Buchhaltung war unglaublich schlampig gefuhrt. U m die gesellschaftlichen A n g e legenheiten hätte sich überhaupt niemand gekümmert, schien e s ihm. D i e finanzielle Lage sei »äußerst labil«, »äußerst schlecht«, die Firma » v o l l k o m m e n verschuldet«, flüssige Mittel seien kaum vorhanden. Bei sparsamer Wirtschaft müßte sich aber e i n Überschuß ergeben, meinte der Treuhänder. A l l e nur h a l b w e g s verfügbaren Mittel seien, so H o f m a n n , aus d e m Unternehmen herausgezogen.
Ge-
meint waren vor allem Beträge, die an Paul Zsolnay überwiesen wurden und die sein V e r m ö g e n darstellten. D e r Verdacht einer »Scheinarisierung« konnte erhärtet werden. A b e r für den desolaten Zustand der Finanzen waren w e d e r die inkriminierten Abbuchungen Paul Zsolnays und seiner Mutter noch die chaotische Buchhaltung allein schuld. Der Vorbericht der Gesellschaft für R e v i s i o n und treuhän1
AdR, Vermögensverkehrsstelle, Kommissare und Treuhänder, 12.765, Paul Zsolnay Verlag, Band IV, Stako Dr. Glaser an Dr. Brehovsky im Haus, 21.4.1939. In diesem Abschnitt wird auf die Tätigkeit Hofmanns nur kursorisch eingegangen, da größere Themenkomplexe gesondert behandelt werden. Der Aktenbestand Vermögensverkehrsstelle, Kommissare und Treuhänder (Paul Zsolnay Verlag), besteht aus vier Bänden. In Hinkunft wird die Quelle als »VVSt« mit jeweiliger Bandzahl kurzzitiert. Ein Teil dieses Bestandes (Band III) hat die Liegenschaft Paul Zsolnays im 13. Bezirk und das Schicksal von dort zurückgelassenen Kunstobjekten und Hausrat zum Gegenstand. Es wird auf dieses Thema in dieser Arbeit nicht näher eingegangen. Nur so viel ist zu sagen: Der Treuhänder für die Villa Zsolnays in der Maxingstraße 24 (Wert nach heutiger Kaufkraft ca. S 8 Millionen), Bernhard Wittke, bereicherte sich an herrenlosem jüdischem Eigentum ganz allgemein und handelte im Fall Zsolnay ebenfalls kriminell. Im Akt wird vermerkt, daß Wittke sich u.a. an der Privatbibliothek Paul Zsolnays bediente und die Bücher umgehend auf eigene Rechnung beim Dorotheum verkaufte. Möbelstücke und Einrichtungsgegenstände aus der Villa Zsolnay soll Wittke seinen Verwandten »geschenkeweise« überlassen haben. Kostbare Münzen aus der Sammlung Zsolnay, sofern noch vorhanden, wurden vom Institut für Denkmalpflege in Verwahrung genommen. Sie wurden »für das Führermuseum in Linz und für die privaten Zwecke des Herrn Reichsleiters« schließlich »erworben«. Wittke wurde abberufen und in der NS-Zeit vor Gericht gestellt. Er war wahrlich nicht der einzige Benefiziant! Vom Ausgang dieses Verfahrens sagt der Akt nichts aus. Wegen der Plünderung von verbliebenen Vermögenswerten wurde Wittke nach Kriegsende vor dem Volksgericht der Prozeß gemacht. Er wurde 1949 wegen mißbräuchlicher Bereicherung zu 3 Vi Jahren schweren, verschärften Kerkers verurteilt. Siehe Wiener Zeitung, 13.1.1949, S. 4 sowie Berichte am selben Tag in Wiener Kurier und Arbeiter-Zeitung.
2
Exemplare dieses ersten Berichts vom 26.4.1939 finden sich im Akt VVSt, Band I und Band IV sowie im Akt BA Koblenz, RMfVuP, R 55/170, Paul Zsolnay Verlag. In Hinkunft zitiert als BA Koblenz, RMfVuP, PZV.
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dige Verwaltung, einer Wirtschaftsprüfungsfirma, ergab, daß die Bilanz der Firma für den 31. Dezember 1938, welche einen Zeitraum von 18 Monaten umfaßte, mit einem Verlust von rund RM 332 000 (heute rund S 16,4 Millionen) abgeschlossen hatte. Zurückzuführen war dieser Verlust auf die Ausscheidung verbotener Bücher meist jüdischer Autoren aus dem Warenvorrat und auf die Abschreibung uneinbringlich gewordener Forderungen an jüdische Autoren, wofür zusammen ungefähr RM 390 000 notwendig waren. Bei Nichtwirksamwerden dieser außerordentlichen Abschreibungen ergäbe sich ein bloß rechnungsmäßiger Gewinn. 3 Der Verlag erlitt 1941 gleichfalls erhebliche Verluste, als er auf Grund der amtlich erlassenen Vorschriften so ziemlich das gesamte englische Übersetzungsschrifttum abschreiben mußte. 4 Im Namen des Verlags unternahm Hofmann sehr bald einen weiteren Schritt, der für das Wohlergehen des Unternehmens ebenfalls wichtig war. Denn man darf nicht vergessen, daß viele Autoren, die auf Gedeih und Verderb mit dem Verlag verbunden waren, mit der Schließung ihre Existenz, ihr Lebenswerk aufs Spiel gesetzt sahen und daß Gerüchte über das Schicksal des Verlags im Umlauf waren. Nicht einmal eine Woche nach der Aufhebung der Schließung (am 25. und 26. April 1939) richtete die Direktion ein gleichlautendes Schreiben an alle Autoren des Verlags. Es hatte folgenden Inhalt: Durch die vorübergehende Sperre des Verlages sind Sie vielleicht beunruhigt gewesen, wahrscheinlich auch über die bei solchen Gelegenheiten immer auftauchenden völlig grundlosen Gerüchte. Seien Sie bitte versichert, dass nichts vorliegt, was geeignet wäre, das Vertrauen des Autors zu seinem Verlage im Geringsten zu erschüttern. Der Betrieb ist in vollem Umfange wieder aufgenommen und die Geschäftsführung steht Ihnen jederzeit zur Verfügung, wenn Sie noch irgendwelche Auskünfte wünschen. Wir begrüssen Sie mit dem Ausdruck besonderer Wertschätzung und Heil Hitler!5
Die Arbeit Hofmanns wurde allerdings dadurch erheblich erschwert, daß, wie in der Einleitung schon vermerkt, die Gestapo eine größere Menge von Geschäftsunterlagen und Korrespondenzordnern im April 1938 konfisiziert hatte und daß diese an das SD Hauptamt nach Berlin gelangten. Die Bemühungen Hofmanns, diese für
3
4
5
BA Koblenz, RMfVuP, PZV, Vorbericht der Gesellschaft für Revision und treuhändige Verwaltung Ges.m.b.H., Wien, 16.6.1939. Die wesentlichsten Ergebnisse aus diesem Bericht haben an anderer Stelle dieser Arbeit Eingang gefunden und nicht alle werden daher wieder referiert. Weniger tragisch wurde dieser Umstand vom Treuhänder genommen, er beurteilte die Erfolgsaussichten des Verlags im Oktober 1940 als »günstig«: »Insbesondere ist es zur Gänze gelungen, den Ausfall an englischer und französischer Literatur, der bis zum Herbst 1939 nicht weniger als ungefähr 45% des ganzen Verlagsabsatzes betrug, völlig wettzumachen.« VVSt, Band III, Hofmann an Günter Kaufmann, 12.10.1940. Schreiben vom 25.4.1939, Ordner Colerus.
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die Rekonstruktion der V o r g ä n g e im Verlag und vertraglichen B e z i e h u n g e n zu den Autoren wichtigen Materialien zurückzubekommen, blieben erfolglos.6 Im Juni folgte ein zweiter umfassender Bericht an d a s
Propagandaministerium,
d i e s m a l unter B e i g a b e des Vorberichts der von der V e r m ö g e n s v e r k e h r s s t e l l e
be-
auftragten G e s e l l s c h a f t für R e v i s i o n und treuhändige V e r w a l t u n g über die finanzielle L a g e der Paul Zsolnay V e r l a g A . G . 7 H o f m a n n wußte d i e s m a l m e h r über den »wahren Z w e c k « der »angeblichen Geschäftsreise* Paul Zsolnays und der
damit
v e r b u n d e n e n i l l e g a l e n D e v i s e n b e s c h a f f u n g zu b e r i c h t e n ( » T a t s ä c h l i c h w a r e s u n d m u s s t e e s a l l e n B e t e i l i g t e n b e k a n n t s e i n , d a s s P a u l Z s o l n a y nicht m e h r z u r ü c k z u k o m m e n beabsichtigte.« e b d . ) . E r mußte auch d a v o n berichten, daß H a n n e s Dietl v e r s u c h e , s i c h in A n g e l e g e n h e i t e n d e s V e r l a g s e i n z u m i s c h e n , j a ihn g a r z u r R e c h nungslegung auffordere. H o f m a n n s Reaktion: Ich habe mich sofort mit dem Amt Bürckel sowie mit der Vermögensverkehrsstelle Wien in Verbindung gesetzt und dort erfahren, dass Herr Dietl in keiner Weise berechtigt oder gar beauftragt wurde, irgendein Schreiben in dieser Sache an mich zu richten. Das Amt Bürckel hat vollkommen korrekt erklärt, dass es ausser dem Parteiausschlussverfahren gegen Dietl keine Untersuchung in der Sache führe. Sollten die Einmischungsversuche in meine treuhändige Verwaltung andauern, so wäre ich genötigt, eventuell Ihre Hilfe oder die der Geheimen Staatspolizei in Anspruch zu nehmen, (ebd.) W i e e r i n n e r l i c h hat H o f m a n n a u c h P a u l Z s o l n a y e i n d r i n g l i c h d a v o r g e w a r n t , s i c h in V e r l a g s a n g e l e g e n h e i t e n
einzumischen!
Um
ihr V e r h a l t e n
in d e r
Frage
der
»Scheinarisierung« des Verlags zu klären, wurden Jantsch und Dietl schon im M a i 1939 von Dr. Erich K e r n beim Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs
mit
dem
Deutschen
Reich
aufgefordert,
beim
Gaugericht
Wien
ein
»Reinigungsverfahren« gegen sich durchzuführen.8 Gewappnet mit einem m ü h s a m
6
Dazu konkret das Schreiben Hofmanns vom 24.5.1939 an den Herrn Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Abt. II A. VVSt, Band IV. »Ich konnte bisher den Sachverhalt [von abgebuchten Beträgen] noch nicht einwandfrei klären, da die gesamten Korrespondenz- und Vertragsmappen von Franz Werfel mit denen anderer jüdischer Autoren nach dem Umbrüche vom S.T. Hauptamt der SS. beschlagnahmt wurden. Ich habe bereits veranlasst, dass ich diese Mappen wieder zur Verfügung erhalte. Mir wurde jedoch vom S . T . Hauptamt in Wien mitgeteilt, dass trotz dessen Anfrage in Berlin, wo sich dieses Material zur Überprüfung befinden soll, bisher von dort noch keine Nachricht gekommen sei.«
7
BA Koblenz, RMfVuP, PZV. Paul Zsolnay Verlag, Hofmann, an den Herrn Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Abt. II A, Berlin, Bericht vom 24.6.1939.
s
In seinem Bericht vom 24. Juni wunderte sich Hofmann, daß er nicht als Zeuge herangezogen worden war: »Über meine Anfrage [beim Amt Bürckel] wurde mir mitgeteilt, dass das Parteiausschlussverfahren gegen Jantsch und Dietl läuft. Ich habe mitgeteilt, dass ich bisher noch nicht vernommen wurde, dass das wohl unumgänglich nötig sei, da ich allein über das entsprechende Material zur Durchführung dieses Verfahrens verfüge.« Das Verfahren gegen Jantsch endete damit, daß er wegen der Vorfalle im Zsolnay Verlag nicht in die Partei aufgenommen wurde. Vom Verfahren gegen Dietl konnte kein Aktenmaterial gefunden werden.
681
zusammengetragenen »Sündenregister« über Paul Zsolnay, Felix Costa, Jantsch und Dietl, erstattete Hofmann im Namen der Paul Zsolnay Verlag A.G. zudem noch Strafanzeige gegen Jantsch und andere beim Landesgericht für Strafsachen Wien I (124 c Vr 4535/39) wegen Vergehens gegen das Devisengesetz vom 12. Dezember 1938. Tenor: sie hätten wissentlich einem vermutlichen Devisenausländer unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Devisen für einen Aufenthalt im Ausland beschafft. Doch das Gericht konnte die Verantwortung des Beschuldigten Jantsch, wonach er Zsolnay bis zu seiner offiziellen polizeilichen Abmeldung am 11. Mai 1939 als Deviseninländer betrachtet und alle Aktien des Verlags lang vor der Abmeldung Zsolnays erworben hätte, nicht widerlegen. Daher mußte das Strafverfahren gegen ihn mangels an Beweisen (gemäß § 109 St.P.O.) eingestellt werden. Während der zweijährigen Tätigkeit hatte Hofmann naturgemäß auch den Verlag zu führen, und das bedeutete Reisen nach Berlin zum Propagandaministerium, zur Reichsschrifttumskammer sowie zum Reichswirtschaftsministerium, um nicht nur die Käuferfrage zu erörtern, sondern auch das jeweilige Verlagsprogramm zu akkordieren. Diese Geschäftsreisen gaben ihm auch Gelegenheit, Lizenzabschlüsse zu tätigen und mit Verlagsautoren zu sprechen. Zu den ihm aufgetragenen Agenden gehörte auf Weisung des Propagandaministeriums auch die Auflösung der Vertriebsverträge des Verlags mit ausländischen Juden, wie z.B. bei der Auslieferungsstelle in Budapest (Bela Somlo). »Entjudet« wurde freilich auch das Verlagspersonal: Jüdische Angestellte wurden mit einer Abfertigung entlassen. 9
29.2. Ein Käufer wird gesucht In jener Zeit, als die RSK sich noch außerstande sah, den arischen Charakter des Zsolnay Verlags zu bestätigen, tauchten in Fachkreisen schon erste Gerüchte bezüglich eines Käufers auf. Am 15. September 1938 informierte der RSK-Referent Karl H. Bischoff die Geschäftsleitung des Börsenvereins über einen solchen Fall: »Streng vertraulich wird Ihnen [...] mitgeteilt, dass angeblich eine wichtige deutsche Stelle an dem Verlag Zsolnay interessiert ist. In diesem Fall [also was die offizielle Einstellung des Börsenvereins dem Zsolnay Verlag gegenüber betrifft] würde es sich dann allerdings empfehlen, Zsolnay als arisches Unternehmen, wenn auch nicht nach aussen hin, zu dokumentieren.«10 Das Gerücht wurde alsbald dementiert. In einem Aktenvermerk hielt Bischoff folgendes fest: »Zu einer hie und da aufgetauchten Vermutung, dass der Eher-Verlag sich für den Zsolnay-Verlag interessiere, hat Herr Vizepräsident [Wilhelm] Baur erwidert, dass diese Vermu-
'
Näheres dazu im Bericht der Gesellschaft für Revision und treuhändige Verwaltung vom August
10
Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Bestand Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig.
1939. VVSt, Band IV. Akt F 10823 (Paul Zsolnay Verlag), Schreiben der RSK (Bischoff) an den Börsenverein vom 15.9.1938.
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tung Unsinn sei.«11 Der Gedanke, daß der Eher-Verlag sich in Wien etablieren könnte, war allerdings für die lokalen Buchhändler eher ein Alptraum.12 Mit »Literatur« hatte das, was man euphemistisch als Suche nach einem Käufer bezeichnen mag, überhaupt nichts zu tun. Die Ereignisse bis zur de facto Bestimmung von Karl H. Bischoff als neuen Inhaber sind vom Abstecken von Macht- und Kompetenzbereichen zwischen Wien und Berlin unter einzelnen Ministerien und Abteilungen, Intrigen- und Günstlingwirtschaft und Scheinverhandlungen geprägt. Der Treuhänder Wilhelm Hofmann wußte die lange vergebliche Suche nach einem Anwärter auf einen Nenner zu bringen. Als er im Februar 1940 zur Berichterstattung in die Vermögensverkehrsstelle gebeten wurde, meinte er aus leidvoller Erfahrung, die Schwierigkeiten der Arisierung lägen darin, »daß ein Käufer vom Gauleiter Bürckel und [ein] weiterer vom Propagandaministerium vorgeschlagen wurde«.13 Dasselbe Bild vermitteln nämlich die Akten, und dabei kommt man um die Frage der (behaupteten) Zuständigkeit Wien versus Berlin nicht herum. Mit dem Inkrafttreten des Ostmark-Gesetzes im Frühjahr 1939 übernahm Gauleiter Josef Bürckel die Funktionen des Reichsstatthalters. Es stand vom Beginn der »Suche« an fest, daß sich Bürckel vorbehielt, eine Entscheidung darüber zu treffen, wer den Zsolnay Verlag endgültig bekommen sollte. Spätestens im Juni 1939 ließ er durch eine Weisung des Büros des Reichskommissars in Erinnerung rufen, daß er entscheiden würde bzw. daß man ihm vor Fällung einer Entscheidung in dieser Angelegenheit Bericht zu erstatten habe bzw. daß mit dem Büro des Reichskommissars Rücksprache gepflogen werden müsse.14 Das Propagandaministerium nahm diese Entscheidungshoheit in Wien notgedrungen zur Kenntnis. Etwas anderes konnte es ohnehin nicht, was das Ministerium aber nicht daran hinderte, auf die Auswahl Einfluß zu nehmen. Um nicht den Anschein zu erwecken, die Autorität Bürckels bzw. seines Nachfolgers Baidur von Schirach würde irgendwie in Frage gestellt, wurde von Seiten des Propagandaministeriums immer wieder betont, die Wünsche des Gauleiters würden »in vollem Umfange« berücksichtigt.15 Hinter der Entscheidungsgewalt von Bürckel und sei-
11
Abschrift eines Aktenvermerks am 23. September 1938 von Bischoff an den Börsenverein, ebd.
12
Dazu Hall: Österreichische
13
VVSt, Band I, Aktenvermerk Stefan, 20. Februar 1940. Hervorhebung vom Verf.
14
Verlagsgeschichte,
Band I, S. 383f.
Ebd., VVSt, Band IV, Aktennotiz Dr. Herbert Glaser, 16.6.1939. Dem Stako wird mitgeteilt, »daß Gauleiter Bürckel persönlich wünscht in der Frage, wer bei der neuen Entjudung des Zsolnay-Verlages als Käufer in Betracht kommt, eine Entscheidung zu treffen, bezw. vor Fällung einer Entscheidung in dieser Angelegenheit ihm Bericht zu erstatten ist«. Ahnlich das Schreiben von Dr. Erich Kern vom Amt des Reichskommissars an den Leiter der VVSt am 26.5.1939: »Wie ich Sie bereits unterrichtete will sich der Gauleiter eine Entscheidung darüber, wer endgültig den Verlag bekommen soll, selbst vorbehalten.« Ebd.
15
Ebd. In einem Schreiben des RMfVuP (Gerhard Noatzke) »An das Büro des Gauleiters Pg. Bürckel« vom 26.8.1939, heißt es, zwei Referenten würden nach Wien kommen, »um dem Gauleiter einen konkreten Vorschlag zur Erledigung des Falles Zsolnay zu unterbreiten, der nach Auffassung des Ministeriums in vollem Umfang die Wünsche des Gauleiters Bürckel
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nen Beratern gegenüber dem Zsolnay Verlag standen zwei Grundsätze: 1. der Erwerber hatte ein Ostmärker zu sein, 2. das Kapital müsse von diesem, wenn nötig, in der Ostmark aufgebracht werden. Eo ipso wollte man kein Kapital aus dem Altreich zulassen. Im Mittelpunkt der Diskussion um den Anwärter, und hierin waren Propagandaministerium und Reichsstatthalterei in Wien ausnahmsweise einig, stand von Anfang an die Person von Erich Landgrebe. 16 Nach den Akten zu schließen drehte sich alles nicht um die Frage wer, sondern wer mit Landgrebe den Verlag übernehmen sollte. Der einunddreißigjährige Schriftsteller war hoher Favorit - vor allem des Propagandaministeriums, ja von ihm heißt es, er wäre »in persönlicher Hinsicht [...] dem Propagandaministerium sehr erwünscht. Infolge Kapitalsmangel kommt jedoch nur eine Zusammenarbeit mit einem kapitalskräftigen Mitbewerber in Frage«. 17 Im Juni 1939 konnte die RSK, Landesleitung Wien mitteilen, daß vier Verleger in Wien ihr Interesse bekundet hätten: 1) 2) 3) 4)
Karl K. Bauer, Inhaber des Adolf Luser Verlags Erich Landgrebe, Schriftsteller, Geschäftsführer des Paul Zsolnay Verlags Hans Misar, Geschäftsführer des Bergland-Verlags Eugen Swoboda, Inhaber der F. Speidel'sehen Verlagsbuchhandlung
Zudem hätten sich zwei Interessenten aus dem Altreich gemeldet. 18 Der hier genannte Karl Bauer hatte bereits Anfang April 1939 bei seinem Duzfreund Walter Rafelsberger, dem Staatskommissar in der Privatwirtschaft, angefragt, »ob für den Adolf Luser-Verlag Aussicht bestehe, wenn er sich um die Arisierung des letzten jüd. Viertels beim Paul Zsolnay-Verlag bemüht«.19 Später zog er seine Bewerbung zurück. Im Dezember 1939 hatten sich weitere Interessenten gemeldet, und auch hier wurde intern ausschließlich darüber diskutiert, inwieweit der Betreffende mit Landgrebe gemeinsame Sache machen könnte, denn das einzige, was einer Über-
hinsichtlich des Zsolnay-Verlages berücksichtigen wird«. Bürckel wurde von Hitler im Jahre 1940 als Gauleiter abgelöst, weil er es nicht verstanden hätte, die Wiener für das Reich zu gewinnen. Schirach trat sein neues Amt am 10. August 1940 an, nicht ohne vorher von Hitler die alleinige Zuständigkeit (gegen Joseph Goebbels) über die Kulturpolitik einzuholen. Zu Schirach siehe Michael Wortmann: Baidur von Schirach.
Hitlers Jugendführer.
Köln: Böhlau
Verlag 1982 sowie Luia. Zu Landgrebe als Schriftsteller siehe Kapitel 21.3. 16
Ein Beispiel dafür, daß die VVSt auch einmal das Heft in der Hand haben wollte, zeigte die Vorbesprechung zum »Gipfelgespräch« über den Zsolnay Verlag am 6.3.1941 in Wien. Im Protokoll einer Vorbesprechung liest man: »Ministerialrat Dr. von Peichl stellt für die Verhandlungen bezüglich der Auswahl des neuen Übemehmers die Zuständigkeit der Vermögensverkehrsstelle fest und bemerkt, dass eine Entscheidung jedenfalls nur mit Zustimmung des Reichspropagandaamtes getroffen werden wird.« VVSt, Band III, Protokoll vom 5.3.1941.
17
Ebd., Band III, Wilhelm Hofmann an Dr. Herbert Glaser, VVSt, 5.12.1939.
18
Gremium/Paul Zsolnay Verlag, RSK, Aktenvermerk, Juni 1939.
19
VVSt, Band IV, Schreiben an Rafelsberger, 6.4.1939.
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nähme durch den Schriftsteller im Weg stand, war die Tatsache, daß er nicht über das nötige Kapital verfügte. Zu den neuen Interessenten zählten: Johann Witzig, Bankier, München Wilhelm Andermann, Berlin Emil Kleibl, Wien Dr. Peter Wessely, Mödling Um die internen Überlegungen etwa der Vermögensverkehrsstelle in Wien transparent zu machen, wollen wir eine Aktennotiz von Dr. Herbert Glaser aus dem Dezember 1939 näher ansehen, in der die diversen »Kombinationen« durchgespielt werden. 20 So war der Münchner Bankier Johann Witzig, dem Propagandaministerium »gelegen«, auch besaß er ausreichendes Kapital. Nach allgemeinem Einverständnis, auch aus Berlin, konnte Witzig sich vorstellen, »Herrn Landgreebe (sie) mit einer kleiner Beteiligung als Teilhaber [aufzunehmen], falls Landgreebe in der Lage ist, eigenes Kapital aufzubringen, oder aber Landgreebe mit ungefähr einem 10 jährigen Vertrag als Geschäftsführer« anzustellen (ebd.). Bevor man dieser Konstruktion nähertreten konnte, wurde bekannt, daß Witzig zwar vom Propagandaministerium nach wie vor »sehr erwünscht« sei, doch wäre er nicht RSK-Mitglied und hätte überdies »mit einer in der Ostmark politisch schwer belasteten Persönlichkeit« irgendwann einmal Verbindung gehabt.21 Witzig schied aus dem Rennen aus. Immer wieder scheiterte die Kombination daran, daß Landgrebe, der mit Unterstützung der Landesleitung in Wien eifrig bemüht war, durch die Reichsschrifttumskammer in Berlin einen »reichsverbürgten Kredit« zur Erwerbung des Zsolnay Verlags zu bekommen, das Geld fehlte. Es ist ihm nicht gelungen, die Mittel aufzubringen. 22 Auch der deutsche Verleger Wilhelm Andermann hatte sein Interesse bekundet, doch lehnte er es ab, »mit Herrn Erich Landgrebe, der hiefür als einziger Ostmärker in Betracht kommt, zusammenzuarbeiten«.23 Gegen Andermann hatte man zwar keine Bedenken, »doch soll nach Möglichkeit eben ein Ostmärker bei der Bewerbung berücksichtigt werden« (ebd.). Der Bewerber Emil Kleibl, der als Kommissarischer Verwalter Erfahrungen gesammelt hatte, war zwar bereit, mit Landgrebe zusammenzuarbeiten, schied aber aus, weil sein Kapital nicht ausreichte. Und dann hatte sich Dr. Peter Wessely aus 20 21
22
23
Ebd., Band III, Aktenvermerk Glaser, 4.12.1939. Ebd., Band III, Schreiben von Wilhelm Hofmann an Dr. Herbert Glaser, VVSt, 5.12.1939, nach einem Besuch Hofmanns in Berlin. Zu diesem Komplex siehe Edwin Rollett: Eine offene Antwort. In: Wiener Zeitung, 7.3.1948, S. 3. Nach dem Krieg kam es zwischen Rollett, der nach 1945 kurze Zeit im Zsolnay Verlag als Cheflektor tätig war und dem Verband demokratischer Schriftsteller und Journalisten Österreichs vorstand, und einem Verlagsinhaber in Altaussee namens Wilhelm Kubie zu einer öffentlichen Kontroverse über das Verhalten Landgrebes in der NS-Zeit. Rollett berief sich offenkundig auf ihm zur Verfügung stehenden Akten der RSK. Gruppe Schriftsteller. VVSt, Band III, Dr. Wilhelm Hofmann an Dr. Herbert Glaser, VVSt, 5.12.1939.
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Mödling gemeldet. Dieser soll, wie es in den Akten heißt, zwar im Juni 1934 SASturmführer gewesen sein, doch kam man darauf, daß er 1. mit Jantsch Kontakt gehabt hätte und 2. daß er Mischling sei. Nachdem er zunächst als »geeignet« gegolten hatte, wurde er wieder aus dem Rennen geschickt. Etwa einen Monat später stattete der Treuhänder Wilhelm Hofmann Dr. Erich Kern vom Büro des Reichskommissars einen Besuch ab, um diesem eine Zusammenstellung der Interessenten zu übergeben. 24 Auf dieser Liste stand der Name des Zsolnay-Autors Heinrich Arnoldi (Ps. Heinrich Dauthage), zwei Wochen später war der Anwärter nun endlich gefunden! Der Gauleiter hat entscheiden, dass der Zsolnay-Verlag von dem Pg. Heinrich Amoldi, akademischer Maler und Schriftsteller [...] übernommen werden soll. Pg. Arnoldi ist am 1.10.1930 in die NSDAP eingetreten und hat die Mitgliedsnummer 610.091. 2 5
Vom Parteiapparat hatte Arnoldi hervorragende Beurteilungen, und er verfügte, wie es hieß, auf kulturhistorischem und kulturpolitischem Gebiet über große Kenntnisse, sei überdies Eigentümer eines großen Vermögens und erfülle somit auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen zur Erwerbung des Verlages. Weiteres heißt es in der Weisung: Im Auftrag von Gauleiter Bürckel bitte ich Sie die endgültige Arisierung schnellstens in die Wege zu leiten. Verlagsinhaber ausserhalb der Ostmark durften von vornherein für den Erwerb des ZsolnayVerlages nicht in Frage kommen, (ebd.)
Die Freude war verfrüht, und bald bestand für Arnoldi nur wenig Aussicht, den Verlag zu übernehmen: Er konnte nämlich nicht die Qualifikationen eines Verlegers aufweisen und müßte, sollte er den Zuschlag bekommen, bei der RSK um Dispens ansuchen. Sein Vermögen hing zudem mit der Beteiligung an einer Baufirma zusammen, und die RSK gestattete solche Kapitalverflechtungen nicht. Gegen Ende April 1940 zog die Vermögensverkehrsstelle über den Stand der Arisierung wieder einmal Bilanz. Nachdem die Chancen Arnoldis gering geschätzt worden waren, hieß es über Landgrebe: Als weiterer Interessent käme Dr. Landgraeve (sie) in Frage, der gegenwärtig im Verlage tätig ist. Vorläufig besteht jedoch eine Schwierigkeit darin, dass derselbe selbst kein Kapital besitzt und ein solches durch einen Gewährsmann aus München beibringen will. Es liegt jedoch nicht in unserer Absicht, Kapital aus dem Altreich zuzulassen und wäre Dr. Landgraeve nur dann als In-
24
Ebd., Band III, Hofmann an den Reichskommissar, Dr. Kern, 12.1.1940. »Diese Zusammenstellung werde Dr. Kern dem Gauleiter vorlegen, um die Entscheidung des Gauleiters in der Bewerberfrage, die sich dieser ja seinerzeit persönlich vorbehalten hat, einzuholen.«
25
Ebd., Band III, Rk, Dr. Kern, an den Leiter der VVSt, 30.1.1940.
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teressent zu berücksichtigen, wenn es ihm gelingt, das erforderliche Kapital in der Ostmark zu beschaffen. 2 6
Während über Landgrebe noch immer diskutiert wurde, trat im Oktober 1940 völlig unerwartet ein neuer Interessent auf den Plan: die Reichsstatthalterei in Wien. Der Leiter des Reichspropagandaamts Gebietsführer Günter Kaufmann forderte den Treuhänder Hofmann in diesem Monat dazu auf, zu ermitteln, »2. Wie hoch der Kaufpreis ist, wenn der Verlag vom Herrn Reichsstatthalter übernommen wird, 3. Wieviel Betriebskapital bei der derzeitigen finanziellen Situation des Verlages im Falle 2. erforderlich ist.«27 Hofmann erwiderte, daß der Kaufwert (nach der Berechnung einer Auflage) bei Übernahme durch den Reichsstatthalter bzw. eine andere Behörde entfallen würde. Der Kaufwert wäre somit der Wert des Unternehmens am 19. April 1939. Warum der Plan fallengelassen und welche Strategie hier verfolgt wurde, ist nicht bekannt. Alles deutet darauf hin, daß das Propagandaministerium schon zu dieser Zeit seinen Mann in Warteposition hatte, jedenfalls hat sich Bischoff bereits im Jänner oder Februar 1941 beworben, und zwar im »ausdrücklichen Einvernehmen mit dem Präsidenten der Reichsschrifttumskammer Staatsrat Hanns Johst und dem Vizepräsidenten Oberbereichsleiter Wilhelm Baur«.28 Noch war die Weisung des Wiener Gauleiters vom Juni 1939 in Kraft, doch drängte das Propagandaministerium auf eine Entscheidung. Gegen Ende Februar 1941 schließlich gab Wien, sprich die Gauleitung, vertreten durch den Leiter des Reichspropagandaamts, nach, und der Weg für die »Bekanntmachung« durch das Propagandaministerium, daß Bischoff der künftige Inhaber des Paul Zsolnay Verlags sei, war frei. Wie, wenn auch nicht genau warum die Wiener Stelle schließlich auf ihre Zuständigkeit verzichtete, geht aus einem Aktenvermerk, den der Referent des RMfVuP, Abt. II A, Gerhard Noatzke, nach einem Telefonat mit dem Leiter des Reichspropagandaamt Wien, Gebietsführer Günter Kaufmann, am 20. Februar 1941 anlegte, hervor. Er soll hier zitiert werden. Kaufmann teilte mir mit, das Herr Bischoff von der Reichsschrifttumskammer Berlin, der von Haus aus Buchhändler und Verleger sei, sich um den Erwerb des Verlages bemühe.
Er
(Kaufmann) kenne Bischoff nicht und wolle deswegen die Entscheidung über die Auswahl des künftigen Inhabers des Zsolnay-Verlages in vollem Umfange unserem Ministerium in Berlin überlassen. Meinerseits erklärte ich ihm darauf, dass Bischoff sich auch beim Ministerium beworben habe. [...] Kaufmann wiederholte nicht nur an dieser Stelle sondern auch zu anderen Malen, dass er sich dem Vorschlag unseres Ministeriums in jeder Weise anschlösse. Auf meine Frage, ob die Gauleitung Wien nach wie vor daran festhalte, dass ein Ostmärker Mitinhaber des Verlages würde, sagte Kaufmann, dass er auf die Beteiligung eines Ostmärkers keinen Wert legt, es sei ihm vielmehr diese Frage völlig gleichgültig. [...] Die Gauleitung Wien ist nicht mehr 26
Ebd., Band III, Bericht von Ministerialrat Friedrich Peichl, 22.4.1940.
27
Ebd., Band III, Hofmann an den Reichsstatthalter, z.hd. Gebietsführer Günter Kaufmann,
28
BA Koblenz, RMfVuP, PZV, Bericht RMfVuP, Leiter S, vom 10.4.1942.
12. Oktober 1940.
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daran interessiert, dass ein Ostmärker den Verlag erwirbt. Auf meine Frage an Kaufmann, ob ich ihn richtig verstehe, wenn er auch auf eine Beteiligung Landgrebes keinen Wert mehr legt, bestätigte mir Kaufmann dies ausdrücklich. Am Schluss des Gesprächs waren wir uns völlig einig darüber, dass nunmehr so schnell als möglich Pg. Bischoff den Verlag übernehmen soll. 29
Am 8. April 1941 bekam Hofmann einen sog. Veräußerungsauftrag der Abteilung Betriebsentjudung der Vermögensverkehrsstelle in Wien, den Verlag innerhalb von acht Tagen an Herrn Karl H. Bischoff zu verkaufen, und zwar nach dem Stande vom 19. April 1939, also dem Tag seiner Einsetzung. Der Auftrag dürfte ihn, obwohl er schon seit zwei Jahren mit Kaufinteressenten zu tun gehabt hatte, unerwartet getroffen haben. Zwischen dem RMfVuP und der RSK, dem Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich und dem Reichspropagandaamt einerseits und dem Reichswirtschaftsministerium und der Vermögensverkehrsstelle andererseits hatte er Verhandlungen zu führen. Nun wurde ihm nach all den Mühen ein Karl H. Bischoff vor die Nase gesetzt. Daß der weisungsgebundene Treuhänder keineswegs ein bloßes Werkzeug der Ministerien war, zeigt die Tatsache, daß er, als gesetzeskundiger Jurist, gegen den Auftrag volle Berufung einlegte. Dabei übernahm er beispielsweise in der Frage der Inhaberschaft den Rechtsstandpunkt von Jantsch ein! Er wies Punkt für Punkt nach, daß der Auftrag im Widerspruch zur sog. Einsatzverordnung stand. Der Aktienbesitz sei nicht ausjudiziert, der Verlag sei nicht mehr als jüdischer Betrieb anzusehen, er als Treuhänder sei für einen solchen Veräußerungsauftrag rechtlich gar nicht zuständig (das wäre Jantsch gewesen), der Auftrag dürfe nach dem Gesetz nicht den Verkauf der Firma und die anschließende Liquidierung der A.G. umfassen, Paul Zsolnay sei slowakischer Staatsangehöriger und nach dem Gesetz dürften Verfügungen gegen Ausländer nur mit Zustimmung des Reichswirtschaftsministers ergehen usw. usf. Aber das, was Hofmann, der enorme Reingewinne erwirtschaftet hatte, am meisten gestört haben dürfte, war die Weisung, den Verlag an Bischoff zum Wert vom 19. April 1939 zu verkaufen. Hofmann argumentierte, daß der Verlag inzwischen mehr als eine halbe Million Mark verdient hätte und daß der Gewinn beim »Betriebsinhaber« verbleiben sollte. Der »Kaufpreis« war nach Ansicht Hofmanns »unbillig« und der Erwerber des Unternehmens, also Bischoff, würde durch den Kauf »ungerechtfertigt bereichert«. Die zuständigen Beamten in der Vermögensverkehrsstelle, Stephan Philippovich und Friedrich Peichl, fegten sämtliche Argumente Hofmanns vom Tisch und rieten ihrer vorgesetzten Dienststelle dazu, die Beschwerde abzuweisen. Das Reichswirtschaftsministerium kam dem Begehren am 8. Mai 1941 nach. Dem Vorwurf einer ungerechtfertigten Bereicherung entgegnete man mit der Feststellung, diese werde »durch eine entsprechende Auflage an den Käufer hintangehalten werden können«.30
29 30
Ebd., Aktenvermerk Noatzke, 20.2.1941. VVSt, Band III, VVSt, Abt. Betriebsentjudung, an das RWirtMin am 22.4.1941.
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29.3. Der Überraschungscoup des Propagandaministeriums Etwa zweieinhalb Jahre dauerte die treuhändige Verwaltung durch Pg. Dr. Wilhelm Hofmann, 31 bis Karl H. Bischoff den »Mantel« der Firma Paul Zsolnay Verlag mit allen Aktiven und Passiven ab 1. Oktober 1941 - allerdings für Außenstehende zu einem »Diskontpreis« - übernahm. Die offenkundige Geschäftstüchtigkeit des Treuhänders, gefördert durch eine besondere Bücherkonjunktur in den Jahren 1940-1941, trug in diesem Zeitraum zu geradezu astronomisch hohen Geschäftsgewinnen des Unternehmens bei. 32 Es waren deklarierte »Reingewinne«, die an den Betrag des Aktienkapitals heranreichten. Nur: wem gehörten sie nun eigentlich, wem standen sie zu? Demjenigen, der nach wie vor auf dem Standpunkt stand, der Verlag gehöre ihm, also Jantsch-Streerbach? Dem späteren Erwerber Bischoff? Dem vom Staat als Treuhänder eingesetzten Wilhelm Hofmann? Der ihm unmittelbar vorgesetzten Dienststelle, der Vermögensverkehrsstelle bzw. dem Reichsministerium für Finanzen in Berlin? An dieser Frage entzündete sich eine langwierige Debatte, die auch von pausenlosen Beschwerden von seiten Jantsch und ihm Nahestehenden angefacht wurde und die bereits beträchtlichen Aktenberge weiter anwachsen ließ. Die Erklärung liegt z.T. darin, daß der Paul Zsolnay Verlag von Hofmann im Auftrag der Vermögensverkehrsstelle nach 31
Er bekleidete das Amt des Treuhänders mit Ausnahme der Zeit zwischen 5.5.1940 und 30.8.1940, als er zu einer Wehrmachtsübung eingezogen wurde. Während dieser Zeit wurde er durch Dr. Oskar Samesch vertreten.
32
Der Fachmann aus der RSK, Karl H. Bischoff, relativierte die abnormale Situation im deutschen Buchhandel rückblickend im April 1942 wie folgt: »Durch den Krieg und die Produktionseinschränkungen hat eine völlig unerwartete und alles übertreffende Buchkonjunktur eingesetzt. Ohne die sonst erforderlichen Werbemassnahmen wurde auf einmal so gut wie alles gekauft, die abgeschriebenen, bisher und auch in Zukunft nicht verwertbaren Bestände, die nicht einmal mehr den Wert des Altpapiers besassen und teilweise sogar schon zum Einstampfen bereitlagen, konnten plötzlich zum vollen Ladenpreis wieder verkauft werden, die Unkosten senkten sich durch die Einberufungen, durch Einschränkung der Anzeigen, die Geldeingänge wurden plötzlich flüssig u.s.w. Wieweit es richtig war, solche alte Bestände auf den Markt zu bringen, bleibe dahingestellt. Jedenfalls lässt es sich ohneweiters nachweisen, dass die Verhältnisse dieser Jahre keineswegs symptomatisch sind.« Bischoff argumentierte hier gegen eine seiner Meinung nach zu hohe Auflagenberechnung bei der Übernahme des Verlags. VVSt, Band III, Schreiben an Dr. Wacha vom 25.4.1942. Buchhandelsgeschichtlich gleichermaßen interessant ist die Fachmeinung, die Bischoff von Prof. Dr. Herbert Menz, dem Sachverständigen für Ausbildungs- und allgemeine Wirtschaftsfragen beim Börsenverein, zur Unterstützung seiner Causa einholte: »Dass die Jahre 1938-1941 für das Wiener Verlagsgewerbe nicht als normal gelten können, bedarf zweifelsohne keiner besonderen Beweise. Die durch die Eingliederung in das Reich notwendig gewordenen Umstellungen haben alle gewohnten Grundlagen aufgehoben. Dazu kommen die Auswirkungen des Kriegsausbruchs, die durchaus einmalige Verhältnisse geschaffen haben. Es kann in keiner Weise damit gerechnet werden, dass die sich dabei ergebenden Erscheinungen Dauer behalten werden, es handelt sich vielmehr um eine ganz vorübergehende Konjunktur, deren Episodencharakter schon jetzt erkennbar ist.« Herbert Menz an Karl H. Bischoff, 5.5.1942, ebd.
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dem Stande und mit der Wirkung vom 19. April 1939 veräußert wurde. Die rückwirkende Feststellung des Kaufpreises zum Tage der Einsetzung des Treuhänders geschah natürlich in der Erwägung, daß der durch den Treuhänder erzielte Geschäftsgewinn dem Reich zugute kommen sollte. Die Logik dahinter: der Treuhänder sei schließlich von Reichsstellen eingesetzt worden und hätte gewissermaßen im Reichsauftrag die Verwaltung durchgeführt. Für die Zeit vom 19. April 1939 bis 30. Juni 1941 erwirtschaftete Hofmann im Namen des Paul Zsolnay Verlags einen Geschäftsgewinn (die Akten sprechen dezidiert von »Reingewinn«) von etwa RM 590 000! Das sind nach heutigem Wert S 29 061 969! 33 Für die Zeit bis zur Übernahme durch Bischoff kamen an Reingewinn weitere RM 60 000 (fast S 3 Millionen) hinzu, sodaß der Gesamtreingewinn RM 650 000 oder nach heutigem Wert ca. S 32 Millionen betrug. Von Belang ist auch der in den Akten des RMfVuP festgehaltene Stand des Bankkontos des Zsolnay Verlags zur Zeit der Übernahme: RM 800 000,-- (S 39,4 Millionen)! Der vom Wirtschaftsprüfer ermittelte Kaufpreis per 19.4.1939: RM 41 561,82, den Bischoff auf ein Sperrkonto bei der Vermögensverkehrsstelle bar erlegen mußte, nimmt sich dagegen wie ein geradezu läppischer Betrag aus, aber zu diesem »Kaufpreis« wurde das Verlagsunternehmen an Bischoff veräußert. Der Kaufvertrag wurde am 30. September 1941 von der Vermögensverkehrsstelle genehmigt, wobei diese Stelle sich zugleich ausdrücklich vorbehielt, die Differenz zwischen dem Wert des Unternehmens am Übergabetag, d.h. am 30.9.1941, und dem Wert des Unternehmens vom 19.4.1939 dem Käufer als Auflage vorzuschreiben, etwas, was dem neuen Besitzer allerdings nicht allzu schwer gefallen sein konnte. Denn erstens war das eine reine Transferzahlung und zweitens stieg Bischoff in ein prosperierendes Unternehmen ein, dessen Umsätze steigende Tendenz zeigten. Daneben hatte Bischoff an die Vermögensverkehrsstelle noch eine sog. Mehrwertauflage für den ideellen Wert des Unternehmens zu entrichten. Um Kritiker zu besänftigen, wurde in den Akten immer wieder beteuert, Bischoff würden »in Zukunft« weitere Auflagen vorgeschrieben werden. Über die Höhe einer sog. Ausgleichszahlung bzw. Entjudungsauflage wurde mehr als ein Jahr lang in den Ministerien gestritten. Auf Grund einer Verfügung der Abwicklungsstelle der Vermögensverkehrsstelle vom 6. Oktober 1942 wurden Bischoff RM 45 120 vorgeschrieben. Auch das war wenig, wenn man bedenkt, daß im März desselben Jahres die Abteilung Auflagenberechnung der Vermögensverkehrsstelle eine vorzuschreibende Summe (»Gesamt-
33
Laut Statistischem Zentralamt in Wien vom Oktober 1993 erfolgt die Umrechnung bezogen auf den April 1939 nach folgendem Schlüssel: RM χ 1,5 χ Umrechnungsfaktor 3251,0 dividiert durch 99. Nach dem Gutachten des von der VVSt bestellten Wirtschaftsprüfers vom Herbst 1941 ergab sich allein für die Zeit vom 1.1.1941 bis 30.6.1941 ein Reingewinn von etwa RM 260 000. Dazu das Schreiben von Dr. Wilhelm Hofmann an dass RMfVuP, Abteilung Schrifttum, vom 4. Oktober 1941, VVSt, Band I.
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auflage«) von RM 1,19 Millionen (nach heutigem Wert ca. S 59 Millionen) errechnete!34 Wie legitim und wie gerecht dieser »Kaufpreis« war oder nicht war, blieb lange nach dem 1. Oktober 1941 strittig, und, sofern die Vorgänge für eine interessierte Öffentlichkeit wahrzunehmen waren, schien es, als ob hier etwas »geschoben« worden war. Das Propagandaministerium mußte, und auf diesen Punkt kommen wir noch zu sprechen, öfter sein Vorgehen rechtfertigen. Das regelmäßig vertretene Argument, Bischoff hätte tatsächlich den vollen Wert des von ihm übernommenen Unternehmens bezahlt, vermag auch heute nicht recht zu überzeugen. Etwa RM 40 000 für ein Unternehmen zahlen zu müssen, das in bloß zwei Jahren mehr als das fünfzehnfache an Reingewinn abgeworfen hatte, ließe sich ohne weiteres als Okkasion, kaum aber als »Risikokapital« bezeichnen. Der Fachbegriff »windfall profits« wäre eher angebracht. Dem Argument, Bischoff hätte, wie erwähnt, Aktiva und Passiva übernommen, steht der Umstand entgegen, daß der Verlag am Übergangsdatum faktisch mehr Aktiva (zu denen diverse Bankkonten gehörten) und weniger Passiva als zum Stichtag per 19.4.1939 aufwies, und diese übernahm er ebenfalls. Alle beteiligten Ministerien und Beamte hatten, so wurde beteuert, in jeder Weise korrekt gehandelt. Den durch den Treuhänder erzielten Geschäftsgewinn durfte Bischoff, was ihm kaum wehtat, nicht einstreifen. Es kam ganz anders. Das Propagandaministerium landete einen Coup, von dem gar nichts an die Öffentlichkeit drang und in den nicht einmal alle hochrangigen, mit dem Fall Zsolnay befaßten Referenten im Ministerium eingeweiht waren. Die Kenntnis dieser Vorgänge verdanken wir einer Beschwerde, die am 20. März 1942 beim RMfVuP von Pg. Karl Bauer aus Wien eingebracht wurde und die ein weiteres, diesmal drei Monate langes Untersuchungsverfahren nach sich zog. Dieser Beschwerde gingen mehrere gleichartige Beschwerden voraus.
29.4. Das Karussell mit den Beschwerden Um verstehen zu können, warum es zur Beschwerde Bauers kam und warum es so lange dauerte, bis die Abwicklung des Zsolnay Verlags erledigt war, müssen wir die Vorgeschichte skizzieren und uns mit dem »Beschwerdereigen« befassen. Karl Bauer, 1910 in Wien geboren und seit 1931 Mitglied der N.S.D.A.P., war Verlagsbuchhändler in Wien, genauer seit Juni 1938 Inhaber des Adolf Luser Verlags
34
Ebd., Band III, Vermerk vom Regierungspräsident, 6.3.1942. »Ich habe dem Reichsleiter vorgetragen, daß nach den Unterlagen Bischoff für Übernahme des Verlages Zsolnay eine Entjudungsauflage von 1 190 858 RM bezahlen müsse. Der Reichsleiter legt keinen Wert darauf, daß eine besondere Berechnung erfolgt, der Fall soll wie üblich behandelt werden. Wenn also Bischoff nicht in der Lage wäre den Verlag weiterzuführen, dann müsse er zurücktreten und es müsse ein anderer zahlungskräftiger Verleger den Verlag übernehmen. Man könne vielleicht an Kippenberg, Inselverlag oder Bruckmann, München oder sonstige denken.«
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und über die Entwicklungen in und um den Paul Zsolnay Verlag nach dem Anschluß bestens informiert. 35 Während der langen Suche nach einem geeigneten Käufer - dieser Punkt wird gesondert geschildert -, war Bauer ein ernstzunehmender Kandidat für die Übernahme. Er trat allerdings aus dem Kreis der persönlichen Bewerber im Oktober 1939 aus, um sich der Neuordnung beim Adolf Luser Verlag, an dem die Deutsche Arbeitsfront GesmbH Berlin beteiligt war, zu widmen. Aber die DAF war weiterhin an einer Übernahme des Zsolnay Verlags interessiert, falls sich kein anderer Bewerber melden sollte, und Karl Bauer wurde beauftragt, die Interessen der DAF beim Treuhänder wahrzunehmen. 36 Die Ereignisse um den Zsolnay Verlag während der Treuhänderschaft spielten sich auf mehreren Ebenen und in mehreren Sachkomplexen ab. Jantsch mußte durch die Kraft des Faktischen zur Kenntnis nehmen, daß an der Treuhänderschaft nicht mehr zu rütteln war, aber im Kampf um die Aktien des Verlags konnte er eine Reihe von Behörden in Schach halten. Nach Einsetzung des Treuhänders im April 1939 blieb eine Reihe von Fragen offen, die auf einer anderen Ebene geklärt werden mußten. Zum einen galt es, wie schon dargestellt, das nach Auffassung Hofmanns nicht ganz nationalsozialistische Verhalten von Jantsch und Dietl zu untersuchen, zum anderen den Inhaber Jantsch zur Herausgabe der Aktien zu zwingen, wobei der Bescheid der Vermögensverkehrsstelle vom Juli 1938 und dessen Annullierung das Haupthindernis war. Dr. Erich Kern vom Amt des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich forderte einen raschen Abschluß des »Entjudungsverfahrens«, mahnte aber zugleich zu Vorsicht: »Der Zsolnay-Verlag, als der bedeutendste Verlag der Ostmark, ist bereits in Gefahr auseinander zu fallen. Wichtige Autoren des Auslandes und des Inlandes tragen sich bereits mit dem Gedanken ihr Vertragsverhältnis mit dem Zsolnay-Verlag zu kündigen. Dies würde den sicheren Ruin des Verlages bedeuten. Für die kulturelle Mission Wiens würde dies aber von ungeheurem Nachteil sein.«37 Aus den Akten geht hervor, daß, während das Reichswirtschaftsministerium energisch auf eine Bereinigung der Angelegenheit drängte, die Vermögensverkehrsstelle und andere Ämter in Wien sie dilatorisch behandeln wollte. Mehr als einmal wird in den Schreiben nach Berlin auf die Gefahren für den Verlag hingewiesen, es sollte vermieden werden, daß der Verlag aus Wien abwandere, ja die Vermögensverkehrsstelle befürwortete gar, daß Jantsch seine Beteiligung behalten sollte: Mit Rücksicht auf die besonderen internationalen Verbindungen des Zsolnay Verlages und die Tatsache, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass Zsolnay mit jemandem anderen als JantschStreerbach einen Vertrag zur freiwilligen Veräussening des Zsolnay Verlages schließen wird, habe ich [Dr. Glaser, derjenige, der sich mit der überhasteten Erteilung des Prädikats »arisches Unternehmen« blamiert hatte] den Standpunkt vertreten, dass es vielleicht doch richtig wäre [...] eine Regelung in Aussicht zu nehmen, nach der Jantsch-Streerbach selbst noch in irgendeiner 35
Näheres dazu in Hall: Österreichische
36
VVSt, Band III. Karl Bauer an VVSt, Glaser, 20.11.1939.
37
Ebd., Band IV. Rk, Stab, Dr. Erich Kern, an den Leiter der VVSt, 26.5.1939.
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Verlags geschickte,
Band II, S. 265ff.
Form am Zsolnay Verlag beteiligt bleibt und ihm als eigentlicher Verleger jemand beigegeben würde, der Gewähr dafür gibt, dass der Verlag nach nationalsozialistischen Grundsätzen ohne Einflussnahme Zsolnays geführt wird. 38
Solche Überlegungen waren bestenfalls »Sandkastenspiele«, denn über das Schicksal des Zsolnay Verlags wurde woanders entschieden. »Zwangsschritte«, so ließ Glaser das Judenreferat im Reichswirtschaftsministerium in Berlin wissen, seien zu unterlassen, da sie »wohl kaum ohne Gefährdung des Verlages unternommen werden können«. 39 Als das Ministerium zwei Monate später erneut auf eine Zwangsarisierung pochte, warnte die Vermögensverkehrsstelle wieder vor der Gefahr, die Bindungen mit dem Ausland zu verlieren und daher Deviseneingänge zu vermindern. 40 Eine eingehende Prüfung der Angelegenheit in Wien zeigte, daß es nicht so einfach war, wie man meinen könnte, Zsolnay, der 51% hielt, und Jantsch mit 49% auszubooten. Denn die ganze finanzielle Konstruktion des Zsolnay Verlags hing eng mit Bankgarantien, die Paul Zsolnay bei der Hausbank gegeben hatte, zusammen. Es handelte sich hierbei um von Zsolnay und seiner Mutter gegebene Garantien für laufende Betriebsmittelkredite, die trotz der Übertragung des Verlages an einen anderen Inhaber aufrecht bleiben müßten. Würde ein gereizter Zsolnay seine Garantien zurückziehen, dann würde der Betrieb auseinanderbrechen. Am 9. September 1939 erließ die Vermögensverkehrsstelle dann doch endlich einen Bescheid, in dem Jantsch ultimativ aufgefordert wurde, die in seinem Besitz befindlichen 51% des Aktienkapitals des Paul Zsolnay Verlags bis zum 5. Oktober zu veräußern. Durch eine Einschaltung in der Wiener Zeitung am 14. September wurde Paul Zsolnay aufgefordert, seine 49% ebenfalls zu veräußern. 41 Ein paar Wochen später reichte Jantsch über seinen Anwalt beim Reichswirtschaftsministerium dagegen Beschwerde ein, das »Entjudungsverfahren« ging erneut in die Verlängerung. 42 Jantsch trat wieder die Flucht nach vorn an: er besann sich der Tatsache, daß er mit Dr. Peter Wessely, einem zeitweiligen Kandidaten für den Kauf des Verlags, einen Optionsvertrag bezüglich des Verkaufs eines Teiles seiner Aktien abgeschlossen hätte. Das Verfahren verlängerte sich. Am 6. März schließlich wurde ein Gipfeltreffen der wichtigsten Akteure in Wien abgehalten, um ein für allemal, so war es geplant, die leidige Zsolnay-Angelegenheit zu beenden. 43 Um es
38 39 40 41
42
43
Ebd., Aktennotiz Dr. Glaser vom 4.5.1939. Ebd., Glaser, VVSt, an das Reichswirtschaftsministerium, Judenreferat, 8.5.1939. Ebd., Der Stellv. Leiter der VVSt (Glaser) an das Reichswirtschaftsministerium, 28.7.1939. Die rechtliche Grundlage war die Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938 (GBl. für das Land Österreich, Nr. 633/38). VVSt, Band IV. RA Dr. Hans Bolt an den Staatskommissar in der Privatwirtschaft und Leiter der Vermögensverkehrsstelle, 25.9.1939. Ebd., Band III. Protokoll der Sitzung am 6. März 1941 im RPA Wien. Anwesend waren: Gebietsführer Günter Kaufmann, Leiter des RPA Wien; Pg. Heinz Gruber, RMfVuP, Schrifttumsabteilung; Pg. Hermann Stuppäck, Kulturreferent, RPA Wien; Dr. Alfons Blaschko, Leiter der Gestapo Wien; Ass. Moerke, Leiter des Judenreferats, Reichswirtschaftsministerium, Berlin;
693
vorwegzunehmen: Jantsch, der zur Sitzung kurz erschien, um mitzuteilen, daß sein Anwalt verreist sei und er daher keine Stellungnahme abgeben wollte, ging aus dem Treffen als faktischer, wenn auch nicht moralischer Sieger hervor und wußte dies auch auszunützen. Jantsch hatte zudem bei dieser Sitzung, wie der RSK-Mann Hans Hinkel in seinem späteren Aktenvermerk für Wilhelm Ihde leicht zerknirscht festhielt, »in zwei Vertretern des Reichspropagandaamts selber zunächst lebhafte Verteidiger«. 44 Das wichtigste Ergebnis: Die Aufforderung der Vermögensverkehrsstelle an Jantsch, also der sog. Veräußerungsauftrag vom September 1939, wurde aufgehoben. Man kam bei der Sitzung überein, daß Jantsch sehr wohl Inhaber von 51 % der Aktien sei und daß eo ipso nur 51 % des Kapitals »arisch« geworden seien. Nunmehr wurde die Aktiengesellschaft als solche, also Jantsch und Zsolnay aufgetragen, das Unternehmen »an einen allen zuständigen Stellen genehmen Bewerber zu verkaufen«. So weit war man praktisch drei Jahre zuvor gewesen! Selbst dieser Auftrag war »graue Theorie«, denn das Propagandaministerium entwarf ganz andere Pläne für den Verlag. Kurz nach der Sitzung in Wien teilte ein gewisser Hermann Hess, seines Zeichens Schriftleiter beim Völkischen Beobachter, dem Treuhänder Hofmann und der Vermögensverkehrsstelle in gleichlautenden Briefen am 18. März 1941 mit, daß er »mit heutigem Tag« die gesamten Aktien der Paul Zsolnay Verlag A.G. von Jantsch-Streerbach käuflich erworben hätte. Zugleich beantragte er, wie Jantsch auch ein paar Wochen später, die Abberufung des Treuhänders, der, so Jantsch, »vollkommen zu unrecht« den Verlag verwalte. 45 Er verwies in seinem Schreiben auf das strafgerichtliche Verfahren, das die Haltlosigkeit der vom RMfVuP vermuteten Tarnung erwiesen hätte und das mangels Tatbestandes eingestellt worden war. Die Behörden waren wieder gefordert. Weniger Glück hatte der neue Aktieninhaber Hess, denn mit seiner Forderung nach Abberufung des Treuhänders machte er die Rechnung ohne den Wirt: der Kauf bzw. Verkauf bedurfte ja einer abschließenden Genehmigung, und das RMfVuP war nicht bereit, sich jemanden »aufdrängen« zu lassen, der ohnedies kein Buchhändler war. Die Abteilung Kommissare und Treuhänder der Vermögensverkehrsstelle ließ sich diese Aktion nicht gefallen und entschied am 8. April 1941, daß Hess die Aktien binnen acht Tagen (!) an Karl H. Bischoff zu veräußern hatte. Hess ging in die Berufung, er meinte, er hätte den Zsolnay Verlag von Jantsch gekauft und seine Ansprüche auf den Verlag wären durch Organe des Propagandaministeriums in unsachlicher Weise behandelt worden. Doch wurde seine Beschwerde nach einer im
Dr. E. Bargezi, Sachbearbeiter der VVSt; Dr. Karl Nosko, Leiter des Gaugerichts Wien; Dr. Wilhelm Hofmann, Treuhänder des Zsolnay Verlags; Obergebietsführer Herbert Müller, Referent
für
kulturelle
Propaganda
(später
Leiter),
RPA
Wien;
Vertreter
der
Vermögensverkehrsstelle; Regierungspräsident Hans Dellbrügge; Hans Hinkel, Vertreter der RSK; Prof. Max Stebich, früherer Geschäftsführer der RSK, Landesleitung Wien; Rechtsanwalt Dr. Gerhard Eder, Gauwirtschaftsamt; der Leiter des Gaurechtsamtes, Hofrat Viktor Sauer. 44
BDC/Paul Zsolnay Verlag. Hans Hinkel, Aktenvermerk, 11.3.1941.
45
VVSt, Band III. Jantsch an den Reichsstatthalter in Wien, Abwicklungsstelle der VVSt, 19.4.1941.
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Auftrage von Minister Goebbels durch Pg. Eugen Hadamovsky durchgeführten Untersuchung zurückgewiesen. Daraufhin richtete Jantsch unter Hinweis auf die Besitzverhältnisse aus seiner Sicht eine Beschwerde an den Stab des Stellvertreters des Führers in München. Das RMfVuP mußte sich, von der Münchner Stelle dazu aufgefordert, erneut mit dem Fall Zsolnay befassen. Mit einer Stellungnahme wurde Hans Hinkel betraut, der in seinem Bericht nach München im Dezember 1940 die Angriffe von Jantsch als haltlos zurückwies. Jantsch gab sich damit nicht zufrieden und reichte prompt die nächste Beschwerde ein, diesmal bei der Reichsleitung der N.S.D.A.P. im Dezember 1941. Über diese gelangte der Akt an die Parteikanzlei in München. (Die Entscheidung über diese Beschwerde stand noch im Juni 1942 aus.) Der RSK-Referent Heinz Gruber zog in einem Bericht sein Resümee: »Die Entjudung des Verlages Zsolnay hat sich durch die ständigen Quertreibereien des Herrn Dr. Jantsch von Streerbach vom Oktober 1938 bis November 1941 hingezogen.«46 Nachdem alle diese Verfahren nicht das von Jantsch erwünschte Resultat erbracht hatten, trat der Wiener Pg. Karl Bauer im März 1942 auf den Plan. Der Streit um den Besitz des Zsolnay Verlags ging in das vierte Jahr. Bauer fuhr extra nach Berlin, um seine Beschwerde im Interesse der »Geschädigten« Jantsch und Hess im Propagandaministerium persönlich und mit Dokumenten untermauert vorzutragen. 47 Seine Beschwerde richtete sich im Grunde gegen vier Personen: den Erwerber Karl H. Bischoff, den RSK-Referenten Heinz Gruber (Abteilung S), den Treuhänder Dr. Wilhelm Hofmann und schließlich den früheren Leiter des Reichspropagandaamt in Wien, Günter Kaufmann. Bauer warf Hofmann vor, seine Hauptaufgabe als Treuhänder darin erblickt zu haben, Bischoff den Betrieb zuzuschanzen, obwohl, wie sich herausstellte, Hofmann auf die Wahl des Erwerbers keinerlei persönlichen Einfluß hatte. Der Beschwerdeführer Bauer unterstrich seine Seriosität mit der Feststellung, daß er, als Träger des Goldenen Ehrenzeichens der N.S.D.A.P., keine Angelegenheit (also den Standpunkt von Jantsch oder Hess) vertreten würde, die unklar und unsauber sei. Er war zudem mit seiner Ansicht nicht allein, daß es bei Zsolnay nicht mit rechten Dingen zugegangen war: »Die vorstehende Angelegenheit hat jedoch bereits ausserhalb des Verlagsbetriebes in Wien, sowie weiteren Kreisen der Ostmark [...] grosses Aufsehen unter den alten Parteigenossen und Unwille erregt.«48 Bauer machte sich bei einem anderen Punkt große Sorgen, er sprach - ohne zu wissen, welchen Zweck die Gelder wirklich hatten - die Befürchtung aus, »daß die nach Berlin überwiesenen RM 750 000 [recte RM 650 000??] von Dr. Hofmann und dem früheren Referenten Bischoff zu privaten Zwecken verausgabt werden könnten«. Trotz des erschöpfenden Verfahrens des RMfVuP, das die eingehende Befragung aller Beschuldigten
46
BA Koblenz, RMfVuP, PZV. RSK, Bericht des Ref. Gruber, Berlin, 9. April 1942, Blatt 61.
47
Als Hess zur Wehrmacht eingezogen wurde, übernahm Karl Bauer seine Vertretung in Angelegenheit des Paul Zsolnay Verlags.
48
BA Koblenz,
RMfVuP, PZV,
Karl Bauer an Ministerialdirigent
Dr. Müller,
RMfVuP,
20.3.1942.
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miteinschloß, wurde zum Schluß festgehalten, daß alle »in jeder Weise korrekt gehandelt« hätten. Und damit war Schluß. Die durch die Untersuchung angelegten Aktenvermerke und Berichte aber geben Aufschluß über den Verbleib der überwiesenen Geschäftsgewinne. Am 1. Dezember 1941 wurde nämlich mit Karl H. Bischoff eine Vereinbarung getroffen, wonach er einen Betrag von RM 650 000 - das war die ungefähre Höhe des erzielten Gewinns - an eine Stelle des Propagandaministeriums zu überweisen hatte! Ihm wurde vom RMfVuP dagegen zugesichert, daß dieser Betrag der von ihm vorgeschriebenen Auflage zum Abzug gelangen würde. Mit anderen Worten war zumindest diese Summe für Bischoff ein reiner Durchgangsposten bzw. eine Transferzahlung. Und wohin wurde dieses Geld überwiesen? An die Paul Zsolnay Verlag Ges.m.b.H. in Berlin! Es war nämlich so, daß, in der ursprünglichen Planung, das Propagandaministerium das Wiener Unternehmen Paul Zsolnay Verlag »als reichseigener Betrieb zur Erfüllung kulturpolitischer Aufgaben« in Eigenregie fuhren sollte. »Nach aussen hin sollte die wirtschaftlich-kaufmännische Führung durch die Paul Zsolnay Ges.m.b.H., Berlin, aufscheinen. Von der restlosen Durchführung dieses Planes ist man im Jahre 1941 abgekommen und hat die Überleitung in privatwirtschaftlichen Besitz in die Wege geleitet.«49 Ein Teil wurde allerdings verwirklicht. Laut Entscheidung von Propagandaminister Joseph Goebbels vom 3. Dezember 1941 wurde nämlich der Zsolnay Verlag Berlin, der seit der Gründung 1924 nur die Tätigkeit eines Kommissionärs ausgeübt hatte, vom Deutschen Reich übernommen und treuhändisch von Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Hofmann verwaltet.50 Doch bevor auf seine Rolle in dieser Angelegenheit eingegangen wird, ein Wort zur Vorgeschichte. Die Niederlassung in Berlin hatte ein Stammkapital vom RM 20 000, wovon RM 19 500 Paul Zsolnay und RM 500 Felix Costa gehörten. Im Zuge ihrer Tarnmaßnahmen haben Zsolnay und Costa ihre Anteile am 15. Juni 1938 der Verlags A.G. in Wien angeboten. Die A.G. hat dieses Angebot mit einem Schreiben des Verwalters Hannes Dietl am 21. Juni 1938 auch angenommen. Nur wurde der Verkauf der Geschäftsanteile vom Polizeipräsidenten in
49
50
VVSt, Band III. Aktenvermerk von Min.Rat. Dr. Wacha betr. Entjudung der Paul Zsolnay Verlags A.G. vom 6.7.1942. Über die Paul Zsolnay Verlags Ges.m.b.H. in Berlin konnte bei den Recherchen zu dieser Arbeit leider äußerst wenig Material gefunden werden, was gewiß als Manko anzusehen ist. Der Gesellschaftsvertrag wurde am 23. März 1924 abgeschlossen und die Firma am 30. Juni 1924 in das Register des Amtsgerichts Berlin, Abteilung 564, eingetragen (564 HRB Nr. 34384). Gegenstand des Unternehmens war der Betrieb eines Verlagsbuchhandels. Der erste Sitz der Filiale war Berlin SW 68, Lindenstraße 18/19. 1930 zog die G.m.b.H. nach Berlin W 35, Potsdamerstraße 122, 1937 nach Berlin W 35, Bissingzeile 1 und schließlich 1939 nach Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 5/1. Im Juli 1938 wurde die Firma einer Allgemeinen Verfügung des Reichsministers der Justiz gemäß auf 564 HRB 54219 umgeschrieben. Bekannt ist auch, daß der bisherige Vertreter des Wiener Verlags in Berlin, Carl Ruske, am 29. März 1933 zum Geschäftsführer bestellt wurde. Nach seinem Tod am 11.10.1935 übernahm Frau Lilli Feller (geb. Koester) die Geschäftsführung.
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Berlin als zuständiger höherer Verwaltungsbehörde nicht genehmigt. Am 19. Juli beantragte ein Berliner Rechtsanwalt die Löschung der beiden als Geschäftsführer der Gesellschaft aus dem Handelsregister Berlin, doch dürfte auch dies nicht genehmigt worden sein. Trotz oder genauer wegen der Übergabe des Wiener Verlags im Herbst 1941 konnte der Verkauf der genannten Berliner Geschäftsanteile erst recht nicht genehmigt werden. Der dem Laien nicht ganz einsichtige Grund: die Paul Zsolnay Verlag A.G. würde nicht arisiert, sondern »abgewickelt« werden. Zur Erinnerung: Bischoff erwarb den Verlag und nicht die Aktiengesellschaft. Und diese wurde erst im Jahr 1943 wegen Nichtbetriebs aus dem Register des Handelsgericht Wien gelöscht!51 Zum Schluß seiner Treuhändertätigkeit regte Hofmann in einem Schreiben an das Propagandaministerium die Bestellung eines Treuhänders für die Berliner Firma, ohne zu ahnen, daß diese Ehre ihm bald zuteil werden sollte. Ein Verfahren hatte er beim Polizeipräsidenten in Berlin bereits eingeleitet. Einige Wochen später saß Hofmann in Berlin als Referent des RMfVuP. Zu seiner Rolle in der Umfunktionierung des Paul Zsolnay Verlags in Berlin gab Hofmann bei seiner Einvernahme im Propagandaministerium Ende Mai 1942 im Zuge der durch die Beschwerde Karl Bauers ausgelösten Untersuchung wörtlich zu Protokoll: »In dieser Entscheidung [von Propagandaminister Goebbels] ist zur Tarnung des Reichsbesitzes vorgesehen, daß ich als Übernehmer nach aussen hin in Erscheinung trete. Selbstverständlich verwalte ich diese Gesellschaft als Treuhänder und im Rahmen meines Referates [im RMfVuP] ohne besondere Vergütung.« 52 Der Akt beinhaltet aber weitere Erläuterungen dieses Vorgangs, die manchmal mehr, manchmal weniger explizit sind. Sie sollen hier zitiert werden. So liest man in einem Berichtsentwurf des RMfVuP vom Juni 1942: »Da die Treuhänderschaft vom Reich angeordnet war, ist es nur natürlich, daß diese Verdienste auch dem Reich zugute kommen. Infolgedessen hat Bischoff vorstehenden Betrag, der an sich zum Geschäftskapital des von ihm übernommenen Verlages gehört hätte, abführen müssen. Diese Gelder werden unter der Aufsicht des Reiches der Erfüllung reichswichtiger Interessen dienen.«53 Genaueres war im Schlußbericht des RMfVuP vom 4. Juni 1942 zu lesen. Hier ging man von der Feststellung aus, daß auch Paul Zsolnay auf die Gewinne keinen Anspruch hätte und daß der von dem Treuhänder erzielte Gewinn lediglich auf die treuhänderische Verwaltung des Reiches zurückzuführen war. Hier ein wichtiger Auszug: Es würde sich demnach der Zustand ergeben haben, daß die Vermögensverkehrsstelle, also das Reichsfinanzministerium, den aus der Treuhänderschaft erzielten Gewinn von 650.000,- RM an 51
52
53
Die Löschung (Reg. HRB 4698) erfolgte am 23. Februar 1943. Die Grundlage hiefür war der Beschluß 126b Vr 2566/41 des LG für Strafsachen Wien I, Strafsache gegen Paul Zsolnay vom 1.12.1942, womit die Aktien der Paul Zsolnay Verlags A.G. zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen wurden. BA Koblenz, RMfVuP, PZV. Vorladung von Dr. Wilhelm Hofmann, Berlin, 29. Mai 1942. Hervorhebung vom Verf. Ebd. Hervorhebung vom Verf.
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sich gezogen hätte. Das sollte im Interesse des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, auf dessen Veranlassung der Treuhänder eingesetzt war, und welches beabsichtigte, mit dem erzielten Verdienst besondere
Verlagsaufgaben
durchzuführen,
verhindert werden. Zu
diesem Zweck wurde mit Genehmigung des Ministers die noch bestehende Tochtergesellschaft der Zsolnay A.G., die Zsolnay-Verlags G.m.b.H., Berlin, die seit langer Zeit keinerlei Geschäftsbetrieb mehr hatte, für das Ministerium übernommen.
Als Geschäftsführer dieser
G . m . b . H . wurde nunmehr mit Genehmigung des Ministers der ehemalige Treuhänder Dr. Hofmann bestellt. Diese Vorgänge sind richtig; sie sind dem Unterzeichneten dienstlich bekannt. Das Bankkonto des Zsolnay-Verlags Wien verfügte bei Abschluß der Treuhandverwaltung am 30. September 1941 über einen Betrag von etwa 800,000, - RM. Dieses Konto war auch nach Übernahme des Verlages durch Bischoff auf Anweisung des Treuhänders von der Vermögensverkehrsstelle gesperrt. Zum Zwecke der erforderlichen finanziellen Transaktionen wurde nunmehr die Aufhebung der Sperre herbeigeführt, und der dem Ministerium zustehende Verdienst in Höhe von 650.000,- RM auf das Konto der Zsolnay-Verlags G.m.b.H. Berlin überwiesen. Die restlichen 150.000,- RM verbleiben dem Übernehmer Bischoff, der in der Folgezeit jedoch weitere Vermögensauflagen der Vermögensverkehrsstelle zu erfüllen haben wird. 5 4
Eine letzte Passage aus einem Bericht des »Leiter S« im RMfVuP vom 10. April 1942 bringt noch mehr Licht in die Affäre: Mit ausdrücklicher Genehmigung des Herrn Ministers wurde die noch bestehende Tochtergesellschaft des Verlages Zsolnay, Zsolnay-Verlag G.m.b.H. Berlin, die seit langer Zeit keinerlei Geschäftsbetrieb mehr hatte, für das Ministerium übernommen. Ebenfalls mit Genehmigung des Ministers wurde als Geschäftsführer dieser G.m.b.H. der ehemaligen Treuhänder Dr. Hofmann, der inzwischen als Mitarbeiter von Ministerialrat Dr. [Peter] Gast in das Ministerium eingetreten war, bestellt. Die oben erwähnten RM 650.000,— wurden auf Anforderung des Ministeriums durch K.H. Bischoff auf das Konto der Zsolnay-Verlag-G.m.b.H. Berlin überwiesen. Mit Genehmigung des Ministers sollen diese Mittel als Grundstock für einen Fonds des Ministeriums Verlagsankäufe,
Verlagsstützungen
für
usw. benutzt werden. Diese Sache wurde von Dr. Gast bear-
beitet, ich habe erst jetzt bei der Untersuchung des Falles Zsolnay davon Mitteilung erhalten. 5 5
54 55
Ebd., Bericht RMfVuP, Sachb. RA Barts, 4.6.1942. Hervorhebung vom Verf. Ebd., Bericht von RMfVuP, Leiter S, an Herrn Leiter Pers im Hause, 10.4.1942. Hervorhebung vom Verf. Als die Adreßbuch-Redaktion des Börsenvereins im Herbst 1941 daranging, den neuen Jahrgang vorzubereiten, wollte sie natürlich wissen, ob die Berliner Zweigstelle aufscheinen sollte. Im Juli 1942 erfuhr sie vom Treuhänder Wilhelm Hofmann, daß die G . m . b . H . »derzeit keine buchhändlerische Tätigkeit« ausübe. Man möge daher von einer Eintragung in das Adreßbuch Abstand nehmen - ohne den wahren Grund zu wissen. Auch Karl H. Bischoff wahrte das Geheimnis: Er empfahl der Redaktion, sich folgenden Text vorzumerken: »Die GMBH existiert zwar als solche vorläufig noch, arbeitet jedoch nicht. Die GMBH-Anteile sind Besitz einer staatlichen Stelle. Eine Führung der GMBH im Buchhändler-Adressbuch scheint mir nicht erforderlich.« (Schreiben von Bischoff an die Adressbücher-Redaktion, 30.6.1942) Doch als im März 1943 der Deutsche Reichsanzeiger
eine Veränderung im Handelsregister Berlin anzeigte, nämlich
die Bestellung von Dr. Fritz Prause als Prokurist und eine Erhöhung des Stammkapitals um RM 500 000 auf RM 520 000 auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses vom 24.12.1942, schien die angebliche Nichttätigkeit der Redaktion nicht ganz wahrscheinlich. Der Prokurist teilte ihr am 7. April 1943 mit, daß die G.m.b.H. trotzdem »vorläufig keine Geschäfte« tätige.
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Die von Hofmann überwachte Überweisung nach Berlin wird Bischoff umso leichter gefallen sein, als sich auf dem Bankkonto des Zsolnay Verlags in Wien am Übernahmstag nach Auskunft Hofmanns, wie schon erwähnt, etwas über RM 800 000 befanden, das sind nach heutigem Wert S 39 406 060, Tendenz steigend. Nach Abzug von RM 650 000 stand der Rest des Kontos Karl H. Bischoff zur alleinigen Verfügung. Das bedeutet also, daß das Gerede über das erforderliche ausreichende Vermögen des potentiellen Käufers sich als rein akademische Diskussion erwies.
29.5. Der Treuhänder zieht Bilanz Im Oktober 1941 zog Wilhelm Hofmann über seine Tätigkeit als Treuhänder Bilanz: »Als finanzielles Ergebnis der treuhändigen Verwaltung kann somit festgestellt werden, daß das bei Beginn dieser Verwaltung fast zur Gänze verloren gewesene Aktienkapital der Gesellschaft im Betrage von RM 666 666,67 wieder erreicht, ja sogar voraussichtlich unter Berücksichtigung der erst zu erstellenden Bilanz per 30. September 1941 weiter überschritten ist, und dies nach Abzug der Körperschaftssteuer, die derzeit 50% des Reingewinnes beträgt, dem Reiche konnten damit Beträge zugänglich gemacht werden, die RM 900 000.— erreichen dürften.«56 Im November 1941, unmittelbar vor seiner Abberufung, wandte sich Hofmann über Anregung des RMfVuP schriftlich an seine unmittelbar vorgesetzte Dienststelle, die Vermögensverkehrsstelle in Wien, um eine Bitte vorzutragen: man möge ihm eine Sondervergütung gewähren in Form einer Gewinnbeteiligung in der Höhe von 3% des erwirtschafteten Reingewinns aus seiner Verwaltungstätigkeit. Angesichts der Daten im jüngsten Gutachten des Wirtschaftsprüfers meinte Hofmann, sein Antrag wäre nur billig: er hätte den ganzen Betrieb praktisch allein geführt, während ihm »in künstlerischer Hinsicht bis September 1940 der gleichfalls vom Propagandaministerium eingesetzte Herr Erich Landgrebe als leitender Angestellter zur Seite stand«.57 Nach dessen Einrückung im September 1940 hätte er, Hofmann, auch dessen Agenden übernommen und monatelang sogar auch das Lektorat geführt. Durch die Arbeitslast im Verlag bedingt, habe er sich nur in den Abendstunden um seine im Juni 1939 eröffnete Anwaltskanzlei kümmern können und als Anwalt habe er dem Verlag zugleich beträchtliche Summen an Anwaltsspesen erspart. Durch den »Wegfall der jüdischen Konkurrenz« hätte er als Anwalt wesentlich mehr verdienen können, und das Treuhändergehalt von RM 900 monatlich wäre angesichts der Tatsache, daß er den Verlag praktisch allein führte,
Über das Tarnunternehmen wollte die Redaktion des Adreßbuches bis Kriegsende nichts mehr wissen. Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Bestand Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Akt F 10823 (Paul Zsolnay Verlag). 56 57
VVSt, Band I. Wilhelm Hofmann an das RMfVuP, Abt. Schrifttum, 4 . 1 0 . 1 9 4 1 . Ebd.
Antrag
Hofmanns an den Reichsstatthalter
in Wien,
Abwicklungsstelle
der
VVSt,
22.12.1941.
699
»absolut unangemessen«, ja erst recht im Vergleich zu den RM 2 400, die Felix Costa als literarischer Direktor bezogen hatte. Summa summarum meinte Hofmann, die Auszahlung von Bilanzgeldern, wie in Aktiengesellschaften üblich, wäre »zweifellos gerechtfertigt«. »Ich möchte noch erwähnen, daß dieses Ansuchen über Anregung des Propagandaministeriums erfolgte. Bei dieser Gelegenheit bitte ich nochmals, meinem Ersuchen um eine Sondervergütung an Herrn Landgrebe Rechnung zu tragen.« Aber so einfach, wie man meinen könnte, war die Erledigung des Ansuchens von seiten der Vermögensverkehrsstelle nicht. Der zuständige Referent, Ministerialrat Dr. Friedrich von Peichl, wollte eine Weisung aus Berlin holen, »da der Gewinn aus dem oben erwähnten Unternehmen dem Staate zufallt und es sich daher im vorliegenden Falle um Staatsgelder handelt, aus denen die auf den Treuhänder dann noch entfallenden Beträge gezahlt werden müssten«.58 Mit anderen Worten waren im Rahmen der »Entjudung der Wirtschaft« solche Fälle nicht vorgesehen und entsprechend lang dauerte es, bis eine für den Antragsteller enttäuschende Entscheidung endlich getroffen wurde. Ironischerweise hatte mittlerweile das Propagandaministerium, das sich ganz energisch auf die Seite von Hofmann und Landgrebe stellte, dem Reichswirtschaftsministerium den Reingewinn abgenommen. Das RMfVuP, vertreten durch Referent Heinz Gruber, legte es dem Wirtschaftsministerium nahe, den beiden Herren, »in Anerkennung ihrer ausserordentlich wertvollen Arbeit und des beträchtlichen Reingewinnes [...] eine Anerkennungsprämie bewilligen zu wollen«. Gruber untermauerte seine Befürwortung einer Sondervergütung von 3% für Hofmann und 2% von Landgrebe mit folgenden Argumenten: Herr Dr. Hofmann hat als Treuhänder den ausserordentlich komplizierten und verwickelten Fall nur auf besonderen Wunsch unseres Hauses übernommen und unter Vernachlässigung seiner eigenen Praxis erfolgreich abgeschlossen. Herr Erich Landgrebe hat die Reinigung des Verlags von jüdischen Elementen durchgeführt und es verstanden, durch eigene Initiative das literarische Niveau zu heben. Beide Herren traten zu einem Zeitpunkt in den Verlag ein, in dem das Unternehmen nahe vor dem Konkurs stand. Die Entschädigung, die für die Herren damals festgesetzt wurde, steht in keinem Verhältnis zu der Arbeit, welche von beiden geleistet wurde. [...] Bei der Erwägung der Bemessung der Leistungsprämien wird gebeten zu berücksichtigen, dass beide Herren durch die Arbeit im Verlag nicht in der Lage waren, ihrer eigentlichen Berufsausübung nachzugehen. Herr Dr. Hofmann hat eine eigene Praxis und Herr Landgrebe zählt zu den bekannteren ostmärkischen Autoren. In Anbetracht der hier geschilderten Umstände wird um wohl wollende Prüfung und baldige Erledigung unseres Antrags gebeten. Im Auftrag gez. Gruber. 5 9
58
Ebd. Min.Rat. Dr. v. Peichl an den Herrn Reichswirtschaftsminister, 12.11.1941.
59
Ebd. Abschrift eines Schreibens vom RMfVuP (Gruber) an das Reichswirtschaftsministerium, 7.1.1942.
700
Es folgte weder das eine noch das andere. Am 14. März 1942 erfolgte ein Bescheid des Reichswirtschaftsministeriums über die Vermögensverkehrsstelle in Wien, in dem Hofmann eine Sondervergütung von RM 5 000 zugesprochen wurde. Der offenkundig verärgerte ehemalige Treuhänder hielt »diesen Betrag dem Umfange, der Dauer und dem Erfolg« seiner Arbeitsleistung nach »absolut für unangemessen« und legte Berufung, oder wie es im Akt heißt, »Vorstellung« ein.60 Es würde ihm, rechnete er aus, ein Betrag von mindestens RM 15 000 zustehen, und er könne angesichts der Tatsache, daß der Verlag »auf Rechnung des Propagandaministeriums geführt« worden war, nicht einsehen, »warum gegen die Stellungnahme dieser Stelle entschieden wurde«. Während wenigstens Hofmann ein verhältnismäßig kleiner Betrag zugestanden worden war, hatte man im Fall Landgrebe überhaupt noch keine Entscheidung gefällt. Hofmann beantragte also eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Der Fall wurde zwischen dem Ministerium in Berlin und der Abwicklungsstelle in Wien wochenlang hin- und herdiskutiert, herausgekommen ist, in den internen Überlegungen, daß Hofmann froh sein könnte, nicht noch weniger zugestanden bekommen zu haben: ein Treuhänder sei nicht mit einem privatwirtschaftlichen Unternehmer zu vergleichen, er arbeite im staatlichen Auftrag, besonderen Schwierigkeiten bei einer Abwicklung oder einer Verwaltung würde nicht Rechnung getragen, ohnedies wäre das Treuhändergehalt (vergleichbar mit einem leitenden Angestellten) angemessen gewesen usw. usf.61 Der Sachbearbeiter verwies auf einen Erlaß vom 20.1.1942, in dem die Höchstgrenze für eine Gebühr (Sondervergütung) auf RM 8 800 festgesetzt worden sei. »Eine noch höhere Festsetzung der Veräusserungsgebühr kommt daher nicht in Frage.« (ebd.) Das Ministerium hatte im Prinzip »keine Bedenken«, Landgrebe nach den geltenden Grundsätzen eine angemessene Vergütung zuzusprechen, doch müsse Hofmann als Treuhänder die Aufsichtsbehörde erst von der Notwendigkeit der Mitwirkung Landgrebes überzeugen! Seinen »Abgang« hatte sich der Treuhänder gewiß anders vorgestellt.
60
61
Ebd. Wilhelm Hofmann an den Reichsstatthalter in Wien, Abwicklungsstelle der Vermögensverkehrsstelle, 24.3.1942. Ebd. Der Reichswirtschaftsminister (Dr. von Coelln) an die Abwicklungsstelle der VVSt.
701
30. Von Zsolnay zu Bischoff zu Zsolnay
In die Zeit des Übergangs vom »Paul Zsolnay Verlag« zum »Zsolnay Verlag Karl H. Bischoff« (Oktober 1941) und schließlich zum »Karl H. Bischoff Verlag« (Juni 1942) fällt nicht nur die schon ausführlich beschriebene Tätigkeit des Treuhänders Wilhelm Hofmann, der eine außerordentlich gute Buchkonjunktur auszunutzen wußte. Es ist auch die Kriegszeit, die mit einer Vervielfachung der Einschränkungen und einem Außerkraftsetzen von noch mehr der üblichen Gesetze des Marktes einherging. Es soll im Schlußkapitel gezeigt werden, wie es auf literarischem Gebiet mit dem Verlag weiterging, wie und in welchem Ausmaß der neue Inhaber dem Verlag programmatisch seinen Stempel aufdrückte. Den Beginn aber macht eine Reihe von statistischen Übersichtstabellen zur Produktion der Jahre 1938 bis 1945 und eine Auflistung der Neuerscheinungen der Jahre 1939-1945. Im Anschluß daran folgen Überblicke über die Entwicklung bei Neuauflagen, bei Sonderausgaben und bei Neuauflagen von Sonderausgaben, um einmal ein Gesamtbild der Verlagsproduktion zu geben. Aus methodischen Erwägungen wird zwischen den Büchern, die im Paul Zsolnay Verlag, im Zsolnay Verlag Karl H. Bischoff oder im Karl H. Bischoff Verlag erschienen, nicht differenziert. Dabei wird im folgenden auf die Frage zu achten sein, wie und in welcher Hinsicht sich die Kriegswirtschaft auf die Produktion ausgewirkt hat. Wenn man die Produktionsbedingungen in Betracht zieht, darf man den Verlagssitz Wien, der, wie die ostmärkischen Papierfabriken, vom Kriegsgeschehen erst relativ spät unmittelbar betroffen war, nicht unterschätzen. Fatal auswirken sollte sich aber die Entscheidung, die Verlagsauslieferung in Leipzig zu zentralisieren. Und daß der Verlag von einem ehemaligen Referenten der Reichsschrifttumskammer, der seine Freunde in hohen Stellen hatte, geleitet wurde, war, wenn es um Papierzuteilungen und Genehmigungen ging, gewiß kein Nachteil, obwohl Bischoff sich genauso »anstellen« mußte. Seine häufigen Reisen zu persönlichen Gesprächen nach Berlin werden auch die umständlichen Wege geebnet haben. Mit anderen Worten hatte er ein Entree, um das ihn viele Kollegen beneidet haben werden. Auf einzelne historische Determinanten wird im Laufe dieses Kapitels näher eingegangen.
702
30.1. Die Verlagsproduktion 1939-1945 im Überblick 30.1.1. Die Produktion von Neuerscheinungen 1938-19451 Jahr 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 x
Zahl der Bände 163 122 165 152 139 213 205 116
Neuersch. 52 31 41 13 17 18 x x 22** 14
593 250 800 509 682 067* 086* 702
plus 339 888 Ex. Feldpostausgaben
xx
Übers. 17 7 6 2 3 4 4 4
Sprache U (5), Ε (4), A (4), F (2), D (1), S (1) I (3), Ε (2), A (2) 1(2), E ( 1 ) , R ( 1 ) , B ( 1 ) , U ( 1 ) E(l), U(l) I (2), U (1) Κ (2), I ( 1 ) , B ( 1 ) RU (2), FI (1), Β (1) 1(1), SP (1), A (1), S (1)
plus 13 Feldpostausgaben
* plus 199 190 Ex. Feldhefte ** plus 9 Feldhefte Von den 1945 herausgegebenen Werken erschienen 6 Bände nach Ende des Krieges.
30.1.2. Die Produktion von Neuauflagen 1938-1945 Jahr 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945
Zahl der Bände 125 107 194 242 328 260 260 43
630 367 000 923 229 207 538 990
A — Aus dem Amerikanischen Β = Aus dem Bulgarischen D - Aus dem Dänischen Ε = Aus dem Englischen F = Aus dem Französischen Η = Aus dem Holländischen I = Aus dem Italienischen
Neuaufl. 21 15 34 22 21 29 33 1
Titelaufl. Übers. 16 13 30 22 20 24 27 1
16 9 9 4 5 3 5 0
Sprache E ( 1 1 ) , U ( 3 ) , A (2), Ε (7), A (2) Ε (5), U (2), I (1), Η (1) U (3), Ε (1) Ε (5) U (2), I(1) U (2), I (2), RU (1)
Κ — Aus dem Kroatischen RU = Aus dem Rumänischen R = Aus dem Russischen S — Aus dem Schwedischen SP = Aus dem Spanischen U = Aus dem Ungarischen
Die Grundlage für die folgenden Statistiken bilden die chronologisch geführten Karteien der Neuerscheinungen, Neuauflagen, Sonderausgaben und Neuauflagen von Sonderausgaben im Verlagsarchiv. Wir können davon ausgehen, daß diese Aufstellungen ein akkurates Bild von der Produktion geben.
703
30.1.3. Die Gesamtproduktion 1938-1945 in absoluten Zahlen 1938
1939
1940
NE
163 593
122 250
165 800
NA
125 630
107 367
194 000
FP
keine
keine
SA
unbek.
keine 6 294
NS
41 650
GA
330 873
1941
1942
1943
1944
1945
152 509
139 682
116 702
328 229
213 067 260 207
205 086
242 923
260 538
43 990
keine
keine
339 888
199 190
keine
keine
keine
keine
keine
keine
keine
12 300
10 650
keine
keine
248 211
370 450
395 432
467 911
keine 813 162
keine 664 814
keine 160 692
NE = Neuerscheinungen NA = Neuauflagen FP = Feldpost-Ausgaben SA = Sonderausgaben NS = Neuauflagen von Sonderausgaben GA = Gesamtauflage
Eine statistische Analyse der acht Produktionsjahre 1938-1945 ergibt eine Vielzahl von z.T. überraschenden Details, die in strengem Gegensatz zu dem steht, was man über die Kriegsjahre ansonsten hätte vermuten können. Daß andere Verlage ein umgekehrtes Produktionsergebnis vorwiesen, zeigt die Gefahr von Verallgemeinerungen. Auffallend sind folgende Punkte: - eine Zunahme der Zahl der Neuauflagen bei gleichzeitiger Abnahme der Zahl der Neuerscheinungen - ein Ansteigen der jährlich produzierten Bände sowohl bei Neuerscheinungen als auch bei Neuauflagen eine kontinuierliche Abnahme der Zahl der Übersetzungen bei Neuerscheinungen und Neuauflagen - eine Tendenz in Richtung höhere Auflagen bei Neuauflagen - ein Rückgang der Übersetzungen aus dem Englischen und Amerikanischen zu gunsten einer breiteren Streuung verschiedener Sprachen - die Papierbewirtschaftung wirkte sich negativer bei Neuerscheinungen als bei der Gesamtproduktion aus.
704
30.1.4. Die Verlagsproduktion 1939-1945 in chronologischer Reihenfolge Neuerscheinungen 1939: Hermann Graedener: Sickingen A.J. Cronin: Kaleidoskop in Κ Edmund Finke: Das unlösbare Rätsel Ernst Kreische: Brennende Heimat Erich Kernmayr: Steirische Novellen Karl K. Darrow: Die Renaissance der Physik Paul Bertram: Das Königtum Camilla Ströhlin: Der Sprung. Roman. Ernst Scheibelreiter: Das Königreich Arno Reißenweber: Das Jahr des Reifens Robert Eton: Vom Schicksal gewoben Grete von Urbanitzky: Das Mädchen Alexa Carola von Röblitz: Der Sommer ist lang Josef Vogler: Der verwunschene Turm Gustav von Festenberg: Ein Tag wie alle Heinrich Dauthage: Wolken und Sterne Edmund Finke: Das letzte Mittel Diet Kramer: Das Fäustchen Egmont Colerus: Archimedes Hans Gustl Kernmayr: Heißer Sommer Erich Landgrebe: Die neuen Götter Marcella d'Arle: Lange Fahrt Eduard P. Danszky: Da lege ich meinen Americo Ribera: — kein zurück Erwin H. Rainalter: Die Geschichte Josef Michels: Adalbert Stifter Hermann F. Bönisch: Es reiten Franz Hauptmann: Die Insel d. Einsamkeit Carl Crow: Konfuzius Tommaso Gallarati Scotti: Dante Augusto Jandolo: Bekenntnisse eines
12./19. Jänner 26. Jänner 9. März 16. März 16. März 23. März 23. März 6. April 27. April 27. April 4. Mai 4. Mai 19. Mai 19. Mai 9. Juni 9. Juni 7. September 28. September 28. September 19. Oktober 19. Oktober 26. Oktober 26. Oktober 9. November 16. November 23. November 23. November 30. November 30. November 7. Dezember 14. Dezember
1 22 5 2 2 3 2 3 3 2 3 6 2 2 2 6 3 5 3 2 3 3 3 3 3 5 2 3 3 5
100 000 500 200 200 300 200 300 300 200 300 800 200 200 200 550 200 300 500 300 800 300 300 300 300 300 500 200 600 300 500
2 3 3 3 1 3 3 3
200 300 300 300 100 300 300 300
1940: Adalbert Stifter Almanach Franz K. Ginzkey: Der selige Brunnen Johann Nestroy: Der Mensch ist auch ein E. Scheibelreiter: Luise, die Tochter Lenz Grabner: Gedichte Abraham a Sancta Clara: Heilsames Gemisch Erich Landgrebe: Gebratene Äpfel Josef Wenter: Die schönsten Tiergeschichten
15. 15. 15. 15. 15. 15. 15. 15.
Februar Februar Februar Februar Februar Februar Februar Februar
705
Hans Gustl Kernmayr: Tagebuch f . Annemarie Edmund Finke: Der Weg aus der Hölle Hubert Mumelter: Schatten im Schnee Alma Holgersen: Kinderkreuzzug Philipp Freihofer: Abschied in Rhagusa Joseph M. Veiter: Unruhig ist unser Herz Hans Gustl Kernmayr: Große Liebe Josef Nyirö: Die Schneeberge Alfredo Panzini: Der GrafCavour Edmund Finke: Der Tod vor dem Spiegel Nino Bussoli: Auf Pelztierjagd Franz K. Ginzkey: Meistererzählungen Franz Spunda: Tyrann Gottes Hermann F. Bönisch: Das Tor in d. Freiheit Anton Tschechow: Die Tragödie auf d. Jagd Camilla Ströhlin: Ginetta Bruno Wolfgang: Zwei Töchter und e. Vater Erich Landgrebe: Michaels erster Sommer Edmund Finke: Die Teufelsschlüssel Ernst Kratzmann: Die neue Erde Daniele Vare: Tempel d. kostbaren Weisheit Ernst Diez: Entschleiertes Asien Joseph M. Veiter: Unruhig ist unser Herz• Buch 2 Fr. Schreyvogl: Franz Grillparzer Robert Michel: Slawische Weisen Ernst Wurm: Die Messe des Tauben Karl Röttger: Die Mörderin Franz von Sonnenberg: Frankreich Karl Hans Strobl: Der Zauberkäfer Ferdinand Sauter: Freu dich schnell Volkmar Haselbach: Immerwähr. Bauernkai. Meli M. Schischmanow: Bulgarische Novellen Hermann R. Leber: Kleines Praterbüchl
15. Februar 29. Februar 7. März 14. März 21. März 28. März 11. April 23. Mai 27. Juni 1. August 5. September 5. September 12. September 12. September 19. September 19. September 26. September 10. Oktober 17. Oktober 31. Oktober 14. November 14. November 21. November 19. Dezember 5. Dezember 5. Dezember 5. Dezember 5. Dezember 5. Dezember 5. Dezember 5. Dezember 5. Dezember 5. Dezember
3 300 5 500 3 300 3 300 2 650 3 300 3 300 3 300 5 500 11 000 5 500 2 500 3 350 5 500 5 500 3 300 3 500 3 300 11 000 3 300 6 700 5 500 3 300 3 300 3 300 3 300 3 300 2 200 5 500 3 300 5 500 3 300 3 300
16. Jänner 29. Mai 14. August 28. August 11. September 2. Oktober 30. Oktober 6. November 6. November 13. November 27. November 4. Dezember
11 11 13 5 11 11 10 5 5 22 25 5
1941: Frank Thiess: Das Reich der Dämonen Maria Bellonci: Lukrezia Borgia Fritz Habeck: Der Scholar vom linken Galgen Franz K. Ginzkey: Erschaffung der Eva Erich Ebermayer: Unter anderem Himmel Ann van den Arend: Hälften des Lebens Helmuth M. Böttcher: Um die Atlantikwerft Josef Nyirö: Die Totenpfähle Bruno Wolfgang: Eva und Helene, zwei Edmund Finke: Das dreifache Angesicht Erwin H. Rainalter: Mirabell. Der Roman Marcella d'Arle: Eva, Mutter der Welt 706
219 000 000 850 000 000 835 500 500 300 900 805
Edmund Finke: Zehn einwandfreie Alibis
4. Dezember
13 600
1942: Hans Gustl Kernmayr: Regimentsmusik Ernst Diez: So sahen sie Asien Bertold Keppelmüller: Das Gesetz d. Sterne Dino Buzzati: Im vergessenen Fort Fritz Heike: Der Prinz aus Frankreich Virgilio Brocchi: Erinnerung an Netty Joseph M. Veiter: Unruhig ist uns. Herz. 3 Ernst Wurm: Yuan Schi-kai. Tragödie Edmund Finke: Die Fürstin Seravallo Elisabeth Gürt: Eine Frau für drei Tage Adalbert Stifter-Almanach 1941/42 Emil Fuchs: Romantisches Schachbüchlein Adolf Glassbrenner: Bilder und Träume Fritz Knöller: Der trotzige See Hans Niederführ: Alt-Wiener Theater Stefan Fekete: Tschi. Vier Tiernovellen Stillere Heimat. Jahrbuch der Gauhauptstadt
5. März 9. April 9. April 25. Juni 6. August 17. September 17. September 15. Oktober 29. Oktober 29. Oktober 5. November 5. November 5. November 5. November 5. November 10. Dezember 17. Dezember
5 11 11 10 1 8 13 6 24 7 3 5 5 6 6 4 5
500 254 035 930 850 891 500 500 730 667 300 640 500 600 600 675 500
18. Februar 18. Februar 11. März 1. April 29. April 13. Mai 10. Juni 22. Juli 26. August 26. August 26. August 23. September 28. Oktober 18. November 18. November 18. November 25. November 16. Dezember
11 12 13 11 20 11 4 6 8 11 13 35 10 5 3 6 23 5
114 108 860 188 050 131 287 671 321 070 889 037 305 522 333 681 000 500
1943: Franz Spunda: Der Herr vom Hradschin Fani Popowa-Mutafowa: Der Letzte d. Assenows Gabriele d'Annunzio: Amaranta Gerhard Schumann: Gesetz wird zu Gesang Mile Budak: Herdfeuer Gerhard Schumann: Gudruns Tod. Tragödie Helmuth M. Böttcher: Gustav Weißkopf Ferdinand Oppenberg: Kämpf end müssen Anton K. Gebauer: Burma. Tempel und Pagoden Frank Thiess: Caruso. Vortrag Josef Weber: Die Verwandlung des Vesal Frank Thiess: Neapolitanische Legende Edmund Finke: Das verborgene Motiv Franz Hauptmann: Der Soldat Christoph Walter Sachs: Unter schweigenden Sternen Robert Hohlbaum: Balladen vom Geist Dinko Simunovic: Salko, der Alkar Leo Sturma (Hrsg.): Stillere Heimat Jb. 1943 1944: Grete von Scheuer: Einer ohne Vater Fritz Stüber: Der Bienenkorb Erna Blaas: Rühmung und Klage
20. Jänner 20. Jänner 23. März
6 894 8 901 4 400 707
Sextil Puscariu (Hrsg.): Die Weintraube Franz Turnier: Auf der Flucht Robert von Ehrhart: Gernot bedankt Arvi Kivimaa: Europäische Dichterreise Hermine Maierheuser: Tauchfahrt ins Unendliche Erwin H. Rainalter: In Gottes Hand Franz Spunda: Minos oder die Geburt Josef Weber: Zeit dieses Lebens Erich Ebermayer: Der Traum des Krösus Robert Hohlbaum: Front der Herzen Erich Landgrebe: Das Hochzeitsschiff Sextil Puscariu (Hrsg.): Der Erholungszug Margarete von Stigler-Fuchs: Der unsterbliche Erich Ebermayer: Torheit der Jugend Fani Popowa-Mutafowa: Joan Assens Daniele Vare: Frohe Melodie Paul Anton Keller: Später Gast. Erzählungen Nasr-eddin: Meister Nasr-eddin 's Erich Landgrebe: Ich in Vaters Hosen
6. April 6. April 8. Juni 20. Juli 20. Juli 10. August lO.August 10. August 19. Oktober 19. August 19. August 19. August 19. August 16. November 16. November 16. November 24. Februar 8. Juni 8. Juni
8 780 14 680 12 462 4 621 7 771 11 550 10 726 2 200 12 537 5 745 11 565 7 303 6 460 8 201 7 171 5 191 16 013 15 860 16 065
1945 (meist mit Impressum 1944!): Erna Blaas: Die Balladen Grazia Deledda: Annalena Bilsini Ernst Diez: So sahen sie Asien Armando Palacio Valdes: Kapitän Hilde Knobloch: Die allwissenden Viktor von Plessen: Bei den Kopfjägern Bruno Wolfgang: Die Zugereisten Zsigmond Moricz: Franzi Kerek Kathleen Strange: Auf einer Farm Friedrich Fürst Schwarzenberg: Silhouetten Adelbert Muhr: Die Reise Ernst Scheibelreiter: Schattenspiele Robert von Ehrhart: Mädchen Frank Heller: Die Debatte um Atlantis
708
1. 1. 1. 1.
15. 15. 15. 15. 22. 22.
Februar Februar Februar Februar 8. März 8. März 8. März 5. April November November November November November November
4 151 5 358 8 000 6 420 5 540 5 550 11 466 5 870 3 190 11 051 10 850 10 942 13 605 14 709
30.1.5. Produktionsanalyse nach Gattung Jahr 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945
Roman 20 17 10 9 7 11 8
Novelle/Erzg 3 15 2 3 2 6 3
Drama 1 0 0 0 1 0 0
Lyrik
Mise. 2
1 2 0 0 4 2 1
6 7 1 5 4 3 2
Wie in den Jahren 1932-1938 (siehe Kap. 22) blieb die Produktion zwischen 1939 und 1945 stark von Prosa bestimmt. Dramen und Lyrikbände waren Ausnahmeerscheinungen. Doch die Aufschlüsselung der Sparten und die angegebenen Titelzahlen vermitteln ab 1943 nur ein relativ richtiges Bild der Verlagsproduktion und das aus zwei Gründen. Zum einen fehlen jene dramatischen Werke, die die Theaterabteilung des Paul Zsolnay Verlags als unverkäufliche Bühnenmanuskripte vervielfältigte (eine lückenlose Aufstellung dieser Werke ist nicht vorhanden), zum anderen verfügen wir nicht über eine komplette Zusammenstellung jener Verlagsneuerscheinungen, die im Herbst 1943 in der Herstellung in Leipzig vernichtet wurden und die trotz Genehmigung einer Ersatzauflage nicht erschienen sind. Die Feldpost- und OKW.- Ausgaben in den Jahren 1943 und 1944 waren ausschließlich Prosawerke (Erzählungen, Novellen oder Werkauszüge). Allgemein kann man sagen, daß, dank der Tüchtigkeit von Wilhelm Hofmann und Karl H. Bischoff, der Paul Zsolnay Verlag bzw. der Karl H. Bischoff Verlag trotz der Kriegszeit zu einem außerordentlich florierenden Unternehmen mit steigendem Umsatz und Gewinn wurde. Nimmt man das »Friedensjahr« 1935 zum Vergleich, so ist das Kontrastbild evident. 1935 betrug die Jahresproduktion bei 44 Neuerscheinungen, 20 Neuauflagen und 2 Neuauflagen von Sonderausgaben insgesamt 272 590 Bände. Mit Ausnahme des Jahres 1939, als das Lager kräftig geleert wurde, lag die Jahresproduktion später merklich darüber. Man müßte sich vorstellen, wie groß die Produktion gewesen wäre, wenn die ca. 100 angekündigten Werke, von denen noch die Rede sein wird, tatsächlich erschienen wären und wenn es gelungen wäre, für die dutzendweise vergriffenen Titel Papier für eine Neuauflage zu bekommen! Der in den Akten erhaltene Geschäftsbericht für das Jahr 1940 möge pars pro toto über jene günstige Entwicklung, die sich in der Tabelle abzeichnet, in Worten Aufschluß geben:
Unter »Mise.« werden hier verstanden: Reden, Vorträge, Jahrbücher, Musik- und Kunstbücher, non-fiction sowie Biographien.
709
Das Geschäftsjahr 1940 hat für den Verlag in Fortsetzung der erfreulichen Entwicklung, die bereits im Vorjahre festgestellt werden konnte, eine neuerliche, beinahe sprunghafte Aufwärtsbewegung gebracht. Diese Erscheinung ist vor allem konjunkturbedingt, da bei der herrschenden Marktlage unter Voraussetzung einer entsprechenden Qualität der hergestellten Werke von vornherein mit deren Absatz gerechnet werden konnte. Das besonders erfreuliche an der vorliegenden Geschäftsbilanz ist jedoch die Tatsache, dass es gelungen ist, trotz der schwierigen Herstellungsverhältnisse die Herstellung der Werke dem Absatz vollkommen anzupassen, sodass das vorhandene Lager mengen· und wertmässig erhalten blieb. Diesbezüglich kann sogar von einer gewissen »Verjüngung« des Lagers gesprochen werden, da es gelungen ist, einige ältere Werke vollkommen auszuverkaufen und das Lager mit Werken jüngeren Erscheinungsdatums aufzufüllen. Im abgelaufenen Geschäftsjahre wurden 396.650 Exemplare (gegenüber 241.970 Exemplaren im Vorjahre) hergestellt, worunter 61.600 Exemplare auf die neu herausgebrachte »Kleine Reihe« entfallen. Von den hergestellten Werken sind 177.500 Exemplare Neuerscheinungen und 219.150 Exemplare Neuauflagen. Verkauft wurden im Geschäftsjahre 408.079 Exemplare (gegenüber dem Verkauf im Vorjahre von 245.267 Exemplaren). Die Herstellung hat demnach mit dem gesteigerten Absatz vollkommen Schritt halten können. Aus diesen Ziffern ist weiter zu ersehen, dass der sich im Vorjahre doch noch irgendwie fühlbar machende Ausfall an Werken englischer und französischer Autoren vollkommen ausgeglichen wurde. Um dem Verlag seinen Ruf als Vermittler guten ausländischen Schrifttums zu erhalten, wurde in der Produktion 1940 hauptsächlich auf italienische Literatur gegriffen und es wurde begonnen, den Boden für eine entsprechende Arbeit auf dem Gebiete der Literatur der südosteuropäischen Völker vorzubereiten. Seine besondere Aufgabe sah aber der Verlag wieder darin, das gute ostmärkische Schrifttum zu fördern, so dass in der Produktion 1940 dieses Schrifttum besonders vertreten war. 3
Die hier angedeutete Verlagerang des Schwerpunktes bei Übersetzungswerken auf italienische Literatur entsprang keineswegs einer momentanen Anwandlung des Treuhänders, sie wurde vielmehr als Aufgabe der NS-Schrifttumspolitik angeordnet. In der zweiten Junihälfte 1941 unternahm Wilhelm Hofmann eine zweiwöchige Geschäftsreise nach Italien. Die Reise erfolgte auf Grund einer bei einer kurz davor abgehaltenen Verlegerveranstaltung in Leipzig gegebenen Anregung an die deutschen Verlage, den persönlichen Kontakt mit den ausländischen Verlegern in den befreundeten Staaten herzustellen, um die Verbreitung des deutschen Buches im Ausland zu fördern. In seinem Reisebericht schrieb Hofmann dazu: Für unseren Verlag ergab sich die Notwendigkeit einer Reise nach Italien aus der besonderen Aufgabe, die ihm durch das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda gestellt war, seine bis vor kurzem hauptsächlich aufs Französische und Englische eingestellte Übersetzungstätigkeit auf eine solche der italienischen Literatur und der der Balkanländer umzustellen.
3
AdR, VVSt, Band III. Geschäftsbericht des Treuhänders der Firma Paul Zsolnay Verlag A.G. Wien, Herrn Dr. Wilhelm Hofmann, Rechtsanwalt, Wien I., Dr. Karl Luegerring 10, über das Geschäftsjahr vom 1. Jänner 1940 bis 31. Dezember 1940. Datiert 26. April 1941. Die Divergenzen zwischen den Angaben des Berichts und den Zahlen in den obigen Tabellen ließen sich nicht erklären.
710
Wir haben seit längerem die Verbindung mit italienischen Verlegern und Agenturen aufgenommen und konnten auch bereits eine Reihe von italienischen Werken in unser Programm aufnehmen; eine intensive und programmässige Arbeit war jedoch nicht möglich, da die persönliche Kenntnis der aktuellen italienischen Literatur und des Interessenkreises der einzelnen italienischen Verleger fehlte. [...] Herr Dr. Hofmann konnte einen Überblick über den Interessenbereich und das Produktionsprogramm jedes einzelnen Verlages gewinnen, was bei Anbietung deutscher Werke in Italien zur Übersetzung von grosser Bedeutung ist. Gerade auf letzterem Gebiet konnten wertvolle und aussichtsreiche Einleitungsbesprechungen geführt werden und es zeigte sich, dass bei den italienischen Verlagen grosses Interesse an guter deutscher Literatur besteht. Insbesondere ist das Interesse gross an guten Kriminalromanen, was durch den Ausfall der englischen und französischen Literatur bedingt ist. 4
Die zu Beginn dieses Kapitels in verschiedenen Tabellen zusammengetragenen Zahlen vermitteln ein Bild der imposanten Produktionsentwicklung während der Kriegsjahre, aber, obwohl sachlich einwandfrei, ist es dennoch aus mehreren Gründen ein einseitiges Bild, das zu leicht den Eindruck von »regulären« Verhältnissen im Buchhandel suggerieren könnte, selbst wenn man einmal die Herstellungsseite außer Acht läßt. Denn man darf nicht übersehen, für wen nun der »deutsche Verleger« im Dienst war, genauer für welchen »Markt« er produzierte bzw. welche Abnehmer bei der Zuteilung von Papier Vorrang hatten. Wie später hervorzuheben sein wird, hatten die Börsenblatt-Annoncen im kleinen genauso wenig realen Wert wie die publizierten Verzeichnisse der Verlagsproduktion im großen. Mit anderen Worten sagen die Statistiken über die Lieferbarkeit, besser: über die Verfügbarkeit der Bücher für den normalen Käufer überhaupt nichts aus. Sein Interesse richtete sich nicht nach Anzeigen im Börsenblatt, sondern nach dem, was ihm in der Buchhandlung zur Auswahl stand. Der Buchhandel hatte nämlich mehrere Eigenschaften eines geschlossenen Marktes, es wurden zuhauf Bücher hergestellt, die den herkömmlichen Markt gar nicht erreichten, sondern en masse an die Front geschickt wurden. Mit zunehmender Dauer des Krieges wurden die Verhältnisse nur noch irregulärer, als das Buch offensichtlich zur Mangelware und den Sortimentern Neues abverlangt wurde. Der ständige Konjunkturaufschwung im Buchhandel konnte nicht ewig anhalten. Karl H. Bischoff schilderte die Lage im März 1943 wie folgt: Was die Aussichten angeht, so darf ich darauf hinweisen, dass die Konjunkturberichte, die der Börsenverein für den deutschen Buchhandel zusammen mit der Deutschen Bücherei in Leipzig verfasst, seit etwa 1934 eine ständige, zwischen 1939 und 1941 sogar eine stürmische Aufwärtsentwicklung zeigen, dass jedoch mit dem zweiten Quartal 1942 erstmals ein Bruch eintritt. Die wesentlichen Produktionsverminderungen haben sich ja auch praktisch schon zu Weihnachten 1942 im Buchhandel ausgewirkt, sie werden sich eher noch verschärfen. Dies ist auch der Grund für eine Anordnung des Präsidenten der Reichsschrifttumskammer, der unter dem
4
Reisebericht Dr. Wilhelm Hofmann vom 4. Juli 1941 an die Industrie- und Handelskammer, Referat: Ein- und Ausfuhrwirtschaft, Wien. Durchschlag im Ordner Direktionskorrespondenz.
711
8. März 1943 verfügt hat, dass der Buchhandel einen Teil seines Verkaufslagers, 'um während des Krieges das Schrifttum den Volksgenossen weitestgehend zugänglich zu machen', aus dem Verkauf zurückziehen und ausleihen muss. Auch dies geschah im Hinblick darauf, dass die Produktionsmöglichkeiten im Buchhandel ausserordentlich stark fallen werden. 5
Bischoff gelang es durch seine geschickte Politik, seine ganze Konkurrenz im schöngeistigen Bereich bis 1944 zu überflügeln. Anfang Jänner 1944 richtete der Verleger an den Lyriker und Generalkulturreferenten Hermann Stuppäck, mit dem er gut stehen wollte, einen Höflichkeitsbrief, in dem er nicht nur Zukunftspläne verriet, sondern auch stolz über die laufende Produktion seines Unternehmens berichtete: Wenn man von den Verlegern von Magazinheften und ähnlichen Reihen absieht, dann hat mein Verlag im vergangenen Jahr von allen schöngeistigen deutschen Verlagen die meisten Titel herausgebracht. Ich habe als Leiter der Fachgruppe Literatur und Kunst der Reichsschrifttumskammer ja einen Überblick. 6
30.1.6. Autoren und deren Neuauflagen in absoluten Zahlen Die Veranstaltung von Neuauflagen kann, vor allem, was die NS-Zeit betrifft, unterschiedlich interpretiert werden. Normalerweise weisen sie ganz einfach auf die Popularität eines Autors oder eines Werkes hin. Manchen Literaturwissenschaftlern dienen solche Neuauflagen heute auch als Indiz einer »Komplizenschaft« eines bestimmten Autors im NS-System. Aus der Pflege des Autors leitet man somit eine Förderung und eine Nähe zum Nationalsozialismus ab. Man kann aber auch die Art der Literatur (Unterhaltungsroman, Kriminalroman, Hefte mit Werkauszügen) als Merkmal für die Zeit und den Markt betrachten. Das heißt, die Bände wurden ihres Inhaltes wegen auf ein vorrangiges Marktbedürfnis hin produziert (Stichwort Frontlektüre). Aus der folgenden Zusammenstellung geht hervor, welche Autoren in welchem Jahr wieviele Auflagen erlebten, unabhängig davon, ob ein Titel einmal oder mehrmals neuaufgelegt wurde. In manchen Fällen kann man auch gelegentliche Nachkriegsbeteuerungen von Autoren widerlegen, die vom Regime arg benachteiligt sein wollten. Frank Thiess z.B. kam in den Genuß von 13 Neuauflagen, bei Erich Ebermayer waren es immerhin 7. 1938: A.J. Cronin (7), Lajos Zilahy (3), Frank Thiess (2), John Galsworthy (2), Pearl S. Buck (2), Daniele Vare (1), Carl Crow (1), Franz Spunda (1), Eduard Stucken (1), Egmont Colerus (1). 1939: A.J. Cronin (6), Egmont Colerus (4), Pearl S. Buck (2), Daniele Vare (1), Otto Emmerich Groh (1), Kasimir Edschmid (1).
5 6
Karl H. Bischoff an RA Dr. Alfred Indra, Wien, 24.3.1943, Ordner Colerus. Karl H. Bischoff an Hermann Stuppäck, 21.1.1944, Ordner Stuppäck.
712
1940: Edmund Finke (7), Daniele Vare (5), Frank Thiess (3), Erich Ebermayer (3), Egmont Colerus (2), Lajos Zilahy (2), Erich Kemmayr (2), Hubert Mumelter, Lenz Grabner, Diet Kramer, Kasimir Edschmid, H.H. Ortner, Augusto Jandolo, Joseph M. Veiter, Eduard Stucken, Stifter-Almanach, Eduard P. Danszky (je 1). 1941: Lajos Zilahy (3), Frank Thiess (3), Kasimir Edschmid (3), Egmont Colerus (2), Grete von Urbanitzky, Camilla Ströhlin, Daniele Vare, Friedrich Schreyvogl, Jaksche, Franz Spunda, Joseph M. Veiter, Erwin Η. Rainalter, Bruno Wolfgang, Erich Ebermayer, Philipp Freihofer (je 1).
1942: Edmund Finke (5), Daniele Vare (3), A.J. Cronin (2), Frank Thiess (2), Hermann F. Bönisch (2), Erwin H. Rainalter (2), Erich Landgrebe (2), Egmont Colerus, Eduard Stucken, Erich Ebermayer (je 1). 1943: Edmund Finke (6), Egmont Colerus (4), Fritz Heike (2), Johann Killian (2), Frank Thiess (2), Lajos Zilahy (2), Erwin H. Rainalter (2), Franz Karl Ginzkey, Josef Michels, Hubert Mumelter, Bruno Wolfgang, Alma Holgersen, Marcella d'Arle, Eduard P. Danszky, Ernst Kratzmann (je 1). 1944: Edmund Finke (5), Robert Seitz (4), Egmont Colerus (3), Ernst Diez (3), Josef Nyirö (2), Erich Ebermayer (2), Helmuth M. Böttcher (2), Elisabeth Gürt, Friedrich Schreyvogl, Franz Spunda, Franz Karl Ginzkey, Frank Thiess, Bruno Wolfgang, Sextil Puscariu, Erwin H. Rainalter, Gabriele d'Annunzio, Fritz Habeck, Nino Bussoli, Hubert Mumelter (je 1). 1945: Franz Hauptmann (1)
30.2. Die hundert kleinen Bücher Zu den Programmneuigkeiten des Verlags zählte die von Wilhelm Hofmann in seinem Geschäftsbericht für 1940 angesprochene »Kleine Reihe«. Auffallend an der Produktion des Paul Zsolnay Verlags der Jahre 1924-1938 ist die Tatsache, daß, sieht man von der Bibliothek zeitgenössischer Werke ab, die vielleicht noch als solche einzustufen ist, echte Reihen nicht geschaffen wurden. »Reihen« wie etwa »Der neue deutsche Roman« oder »Deutsche Erzähler von heute« in den späten 30er Jahren waren nachträgliche Konstruktionen, um für weniger gängige Titel gemeinsame Werbung machen zu können, und so den Absatz anzukurbeln. Erst 1939 kam die Idee auf, das Verlagsprogramm mit einer Reihe zu ergänzen, die zunächst intern den Namen »Kleine Bücher« trug und für deren Planung entweder Hermann R. Leber oder Erich Landgrebe verantwortlich gewesen sein dürfte. Im Herbst 1939 schrieb Landgrebe an verschiedene Verlagsautoren, um sie als Mitarbeiter zu gewinnen: Wir wollen vor allem durch die »Kleinen Bücher« das Bild unserer Autoren abrunden, die schon mit gewichtigeren Werken in unserem Verlage vertreten sind. Es ist ja auch, wie Sie wissen werden, ziemlich schwer, einen Autor mit einer kleineren Erzählung durchschlagend heraus-
713
zustellen. Ich würde daher grössten Wert darauf legen, wenn Sie uns gelegentlich einen Roman oder jedenfalls ein stärkeres Werk zur Prüfung vorlegen würden. 7
Die Marketingstrategie, die Landgrebe hier ausspricht, war übrigens in den 20er und 30er Jahren in der Korrespondenz zwischen Felix Costa und den Verlagsautoren immer wieder anzutreffen, ja ebensooft ein Streitpunkt! Die Planung war im Oktober 1939 offensichtlich bereits sehr weit gediehen und Papiersorgen spielten noch keine Rolle, denn im Jänner 1940 begann der Verlag eine große Werbeoffensive im Börsenblatt und stellte gar die ersten neun Bände vor. Für die graphische Gestaltung wurde von Rudolf Geyer ein »eigenes Gesicht« entworfen, die einzelnen Bände aber waren im Inhalt entsprechend verschiedenartig gestaltet. Gleich waren hingegen Größe, Umfang (etwa 96 Seiten auf Dickdruckpapier), Einband (Pappe mit mehrfarbigem Druck auf feinem büttenartigen Überzugspapier), Umschlag (gebleichtes Pergamentpapier) und Preis (RM 1,80). Zu den »Werbemaßnahmen« gehörte neben einem gewöhnlichen Prospekt auch ein großes Plakat für Schaufensterwerbung. 8 Die ersten neun Bände wurden am 15. Februar 1940 ausgeliefert, bis auf zwei Titel betrug die Auflage 3 000 Exemplare: Adalbert Stifter-Almanach 1939/40. Hrsg. vom Reichswerk Buch und Volk, Adalbert-Stifter-Gesellschaft in Wien. Zusammenstellung Friedrich Speiser. Mit 4 Bildbeigaben. (Band 1) (Auflage 2 000 Ex.) Franz Karl Ginzkey: Der selige Brunnen. Eine Raphael Donner-Novelle. (Band 2) Johann Nestroy: Der Mensch ist auch ein Federvieh ... Splitter und Balken aus Nestroys Werk. (Band 3) Emst Scheibelreiter: Luise, die Tochter des Kaufmanns. Vier Geschichten von Kindern. (Band 4) Lenz Grabner: Gedichte. (Band 5) (Auflage 1 000 Ex.) Abraham a Sancta Clara: Heilsames Gemisch-Gemasch. (Band 6) Erich Landgrebe: Gebratene Äpfel. Zehn kleine Geschichten. (Band 7) Josef Wenter: Die schönsten Tiergeschichten. (Band 8) Hans Gustl Kernmayr: Tagebuch für Annemarie. Novelle. (Band 9)
Noch im selben Jahr, und zwar im Dezember konnten weitere neun Bände auf den Markt gebracht werden, in den meisten Fällen in einer Auflage von 3 000 Exemplaren. Das waren im einzelnen: Robert Michel: Slawische Weisen. (Band 10) Ernst Wurm: Die Messe des Tauben. Zwei Musiker-Erzählungen. (Band 11) Franz von Sonnenberg: Frankreich und Deutschland. Aufzeichnungen und Oden. Eingel., erl. und hrsg. von Hellmut Draws-Tychsen. (Band 12) Karl Röttger: Die Mörderin. Zwei Erzählungen. (Band 13)
7 8
Erich Landgrebe an Ernst Wurm, 6.10.1939, Ordner Wurm. Der Text dazu: »Die hundert kleinen Bücher. Zeitgenössische Dichtung und bestes, wenig bekanntes Schrifttum aus der Schatzkammer deutschen Geistes. Gediegene künstlerische Ausstattung. Geringer Preis. Jeder Band RM 1.80.« Börsenblatt, Nr. 21, 25.1.1940, S. 331.
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Hermann R. Leber (Hrsg.): Kleines Praterbüchl. Mit vier zeitgenössischen Bildern. (Band 14) Karl Hans Strobl: Der Zauberkäfer. Novelle. (Band 15) Ferdinand Sauter: »Freu dich schnell, es ist vonnöten! Ein Ferdinand Sauter-Brevier. Zusammengestellt und eingel. von Otto Stein. (Band 16) Volkmar Haselbach: Immerwährender Bauernkalender. Mit vielen Bildern von Gustaf Axel Bergmann. (Band 17) Meli M. Schischmanow: Bulgarische Novellen. Übers, u. hrsg. Wien 1940. (Band 18)
Damit fand die Reihe allerdings ihren vorläufigen Abschluß. Es mögen verschiedene Faktoren mitgespielt haben: vielleicht weil Erich Landgrebe zur Wehrmacht eingerückt war, konnte niemand die Reihe betreuen, möglich ist auch, daß weder allfällige Neuauflagen noch Neuausgaben zum Anfangspreis von RM 1,80 zu dieser Zeit, wo Produktionsplanung zu einem reinen Hasardspiel geworden war, mehr kalkulierbar waren und eine Genehmigung für Preiserhöhungen nur mit großer Mühe zu erhalten war. Überdies brachte das Jahr 1941 ein Rekordtief an Verlagsneuerscheinungen. Wir wissen, daß der Treuhänder Wilhelm Hofmann für die Reihe Hundert kleine Bücher drei weitere Bände in Planung hatte, die allerdings nicht erscheinen durften, und zwar: Egmont Colerus: Einsame Hand Joseph M. Veiter: Durch Taiga und Tundra Robert Seitz: Novellen^
Es mußte hier, wie überhaupt, jede Neuerscheinung und jede Neuauflage erst genehmigt werden, und Egmont Colerus fiel gleich durch. Die Abteilung Schrifttum, Referent Dr. Schlösser, erteilte dem Verlag eine Abfuhr: Das oben angeführte Manuskript wird in der Anlage zurückgereicht. Die Novelle eignet sich nach diesseitiger Auffassung schon im Hinblick auf die Papierlage nicht zur Veröffentlichung. Wenn auch die Bedeutung des Autors in der Weltliteratur nicht bestritten werden soll, so muß dennoch gesagt werden, daß dieses vergleichsweise schwächere Werk auf den heutigen Leser stellenweise durch seine Mischung von schwüler Liebesgeschichte und schauriger Räuberromantik leicht lächerlich wirkt. 10
Erst im Jahre 1942 wurden Die hundert kleinen Bücher, von denen bloß achtzehn erschienen waren, unter der Verlagsleitung von Karl H. Bischoff zu neuem Leben erweckt, um wiederum auch den weniger umfangreichen Werken eines Verlagsautors ein Forum zu geben. Die Planung für fünf neue Bände hatte bereits im Frühjahr begonnen, erscheinen konnten sie nicht vor der ersten Novemberwoche 1942. Die Ausstattung in diesen Kriegszeiten war bescheidener, die Bände, mit Impres-
9 10
Hofmann an Landgrebe, 14.11.1940, Ordner Landgrebe. An die Abteilung Pro, z.Hd. Herrn Dr. Hofmann im Hause. Schreiben vom 10. August 1942, Ordner Colerus. 715
sum Karl Η. Bischoff Verlag, waren wieder aus Pappe und wurden nun zum Preis von RM 1,60 feilgeboten. Neu hinzu kamen folgende Bände: Adalbert Stifter-Almanach
1941/42. Hrsg. vom Reichswerk Buch und Volk. Adalbert Stifter-Ge-
sellschaft in Wien. Die Zusammenstellung besorgte Friedrich Speiser. Mit 4 Bildbeil. (Band 19) Emil Fuchs: Romantisches
Schachbüchlein.
(Band 20)
Adolf Glassbrenner: Bilder und Träume aus Wien. Hrsg. Otto Emmerich Groh. (Band 21) Fritz Knöller: Der trotzige See. Zwei Erzählungen. Hans Niederführ: Alt-Wiener
(Band 22)
Theater. (Band 23)
Diese Bände waren bald vergriffen, und es trat im Erscheinen der Hundert kleinen Bücher eine Pause ein. Es dürfte sich so verhalten haben, daß Bischoff schon längere Zeit zurückliegende Papiergenehmigungen hervorholte, als er 1944 drei neue Bände dieser Reihe herausbrachte. Sie waren allerdings »Wehrmachtsausgaben« und somit im Sortiment nicht erhältlich. Und diesmal waren die Auflagen, die wohl die letzten zu sein hatten, wesentlich höher. Im einzelnen handelt es sich um folgende Werke: Erich Landgrebe: Ich in Vaters Hosen. Zehn fröhliche Nasr-eddin: Meister
Nasr-eddin's
Schwänke.
Geschichten.
(Band 24)
(Lata i f ) . Aus dem türk. Urtext übers, von
Wilhelm von Camerloher. Hrsg. von Erwin H. Rainalter. (Band 25) Paul Anton Keller: Später Gast. Erzählungen.
(Band 26)
Der Band von Keller erschien am 24. Februar 1944 in einer Auflage von 16 000 Exemplaren. Trotz des Impressums »1943« konnten die beiden anderen Bände erst am 8. Juni 1944 ausgeliefert werden. Die Auflage betrug bei Erich Landgrebe 16 065 und bei Erwin H. Rainalter 15 860 Exemplare. Als Band 30 der nunmehrigen Reihe Die hundert kleinen Bücher im Karl H. Bischoff Verlag erschien mit Impressum 1944 Geschichten aus dem Morgenlande von Maria Branowitzer-Rodler. Die Herstellkartei verzeichnet eine offenkundige Neuauflage 1944 von Franz Karl Ginzkeys Der selige Brunnen nicht und gibt zudem keinen Hinweis auf das Erscheinen der Bände 27, 28 und 32, obwohl diese in einer Aufstellung am Schluß von Band 30 sehr wohl aufscheinen: Ferdinand Kürnberger: Die königliche Feder. Acht Feuilletons.
Ausgewählt und eingeleitet von
Manfred Jasser. Herb weht die Luft vom Kahlenberg. Adalbert Stifter-Almanach
Ein Friedrich Schlögl-Büchlein.
Hrsg. von Fritz Stüber.
1943/44. Hrsg. von der Adalbert-Stifter-Gesellschaft in Wien.
Die hundert kleinen Bücher erlebten - nach den Angaben in der Herstellkartei zu schließen - ein spätes Ende mit der Nummer 31, und das Auseinanderklaffen vom Impressum (jeweils 1944) und dem tatsächlichen Erscheinungstermin hätte nicht größer sein können: Mehr als ein halbes Jahr nach Ende des Zweiten Weltkriegs -
716
Mitte November 1945 - erschienen die letzten drei11 Bände der 1939 initiierten Reihe: Adelbert Muhr: Die Reise zum Nibelungenlied. (Band 29) (Auflage 10 850) Friedrich Fürst Schwarzenberg: Silhouetten der Liebe. Hrsg. von Heinrich Wolfgang Herrmann. (Band 31) (Auflage 11 051)
Einige wenige Bände, die einen exponierten Nationalsozialisten als Herausgeber hatten, waren möglicherweise auch fertig hergestellt, doch wurden sie nach Ende der Kampfhandlungen aus naheliegenden Gründen nicht mehr ausgeliefert. So gesehen machte der Verlag aus der Produktionsnot eine Tugend und brachte die beiden letztgenannten Bände der Reihe Die hundert kleinen Bücher erst nach dem Krieg auf den Markt.
30.3. Karl H. Bischoff. Verlag und Programm Nachdem nun mehrfach von Ereignissen und Entwicklungen, die in die Zeit der Verlagsleitung durch Karl H. Bischoff fallen, die Rede gewesen ist, gilt es nun, einiges nachzutragen. Schon bevor der Buchhändler als neuer Inhaber des Paul Zsolnay Verlags feststand, dürfte er auf der Suche nach einer Abwechslung zu seiner jahrelangen Tätigkeit bei der RSK gewesen sein. Am 1. April 1941 wurde der Bär Verlag in Berlin-Rahnsdorf gegründet, Inhaber war die Ehefrau Martha Bischoff, geb. Osterloh, Prokurist war Karl H. Bischoff. Der ursprüngliche Plan bestand darin, den Bär Verlag mit der Zsolnay-Zweigstelle in Berlin zusammenzulegen, doch machte ihm das Propagandaministerium, wie schon geschildert, einen Strich durch die Rechnung. Allzu aktiv dürfte der Bär Verlag nicht gewesen sein, da sich Bischoff unter den schwierigen Bedingungen kaum auf zwei Produktionsstätten zugleich konzentrieren konnte, doch kam es im vorletzten Kriegsjahr zu einer Arbeitsgemeinschaft zwischen dem Bär Verlag und dem Karl H. Bischoff Verlag und zur Produktion von acht »Berliner Feldheften«. Zur Zukunft des Unternehmens teilte Bischoff dem von ihm literarisch stark geförderten Dramaturgen des deutschen Kurzwellensenders, Willi Schäferdiek, im Juni 1944 mit, daß »wesentliche berlinerische Werke in diesem Verlag erscheinen« sollten. »Er hat ein, allerdings vorerst auf dem Papier stehendes ziemlich umfassendes Programm, will aber an die Durchführung erst nach dem Kriege gehen.«12 Als Bischoff den Zsolnay Verlag formal übernahm, machte er seine Frau sofort zur Einzelprokuristin. 13 Daß es ein dreiviertel Jahr dauerte, bis der Firmenname geändert werden konnte bzw. wurde, ist eine Geschichte für sich. In der Zwischen11
12 13
Die Herstellkartei für das Jahr 1945 verzeichnet Schattenspiele der Liebe. Liebesgeschichten von Emst Scheibelreiter ohne Bandzahl als Folge der Hundert kleinen Bücher, erschienen 15. November 1945. Der Band war aber als Feldpost-Ausgabe konzipiert. Karl H. Bischoff an Willi Schäferdiek, 22.6.1944, Ordner Schäferdiek. Börsenblatt, Nr. 156/157, 18.7.1942, S. 818.
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zeit blieb Bischoff nichts anderes übrig, als mit »Zsolnay Verlag Karl H. Bischoff« zu firmieren. Durch einen formalen Einspruch, hinter dem vermutlich JantschStreerbach stand, ließen die Veränderungen im Wiener Handelsregister auf sich warten, und zwar bis 17. Juni 1942. Einer, dem das Verschwinden des Namens Zsolnay schon lange eine Herzensangelegenheit gewesen war, der Herausgeber der Neuen Literatur Will Vesper, mußte von Bischoff eigens getröstet werden. Am 24. November 1941 schrieb er jenem: »Der Name wird geändert«. Rechtliche Gründe bedingten, ließ er Vesper wissen, daß der Name Zsolnay noch geführt werde. Bis Ende März hoffte Bischoff zu einem eigenen Verlagsnamen zu kommen. 14 Es dauerte zum Bedauern der Adreßbuch-Redaktion des Börsenvereins und von Bischoff selber etwas länger. Zu den Neuerungen im Verlag unter der Leitung Bischoffs zählte die Ende 1942 initiierte Veranstaltung von sog. Autorenabenden. Sie verfolgten den Zweck, die Werke noch weniger bekannter Dichter und Schriftsteller seines Unternehmens dem Buchhandel und einem weiten Lesepublikum zu erschließen. Der erste solche Abend fand am 18. November 1942 mit einer Lesung Josef Webers aus dem Roman Die Verwandlung des Vesals und einer Lesung der Gedichte von Walter Sachs statt. 15 Der zweite solche Abend, er sollte der letzte gewesen sein, wurde am 7. April 1943 von Erna Blaas und dem von Bischoff aus dem Gerhard Stalling Verlag übernommenen Autor Fritz Heike bestritten. 16 Warum die Lesungen nicht fortgesetzt wurden, ist nicht bekannt. Ein anderes Zeichen dafür, daß Karl H. Bischoff eine neue Verlagslinie verfolgen wollte, war sein Bemühen, bestehende Rechte auf seine Verlagswerke zu verkaufen. In mehreren Einschaltungen im Börsenblatt im Mai 1942 berichtete er von seiner Absicht, »verschiedene nicht mehr in meine Verlagsplanung passende Verlagswerke abzugeben«. Es handelte sich um Werke, »die zur leichten Unterhaltung gehören, in den letzten Jahren erschienen sind und um Bücher, die an und für sich auch unter anderen als den gegenwärtigen Verkaufsverhältnissen gängig waren«. Titel wurden keine genannt, Interessenten wollten sich melden. 17 Als Mann der Berufsausbildung bemühte sich Bischoff, zwischen Theorie und Praxis zu vermitteln. Zu diesem Zweck veranstaltete er »Berufsförderung« über das Börsenblatt, indem er ein Preisausschreiben besonderer Art ins Leben rief. Für die besten »Sortimenteräußerungen« über je drei seiner Verlagswerke bot er Bücherpreise an. Die Teilnehmer sollten eine Seite über je ein Werk schreiben und diese einsenden. Aus dem Verlagsprogramm berücksichtigt werden konnten allerdings nur Bücher aus dem Paul Zsolnay Verlag bzw. Karl H. Bischoff Verlag der Zeit zwischen 1939 und 1941. Aus welchen Gründen auch immer wurde der Einsendetermin bis
14
Karl H. Bischoff an Will Vesper, 24.11.1941, DLA Marbach, Nachlaß Will Vesper. Hervorhebung im Original.
15
Börsenblatt,
Nr. 277, 5.12.1942, S. 251.
16
Börsenblatt,
Nr. 88, 8.5.1943, S. 84.
17
Börsenblatt,
Nr. 95/96, 7.5.1942, U 3.
718
Ende Dezember 1942 verlängert, worauf im Börsenblatt keine Berichte über das allfallige Ergebnis mehr folgten.18 30.3.1. »Es herrscht nun im Verlag ein frischer Zug«19 Das Programm, mit dem Bischoff den Verlag 1941/1942 führen wollte, war von ihm selber in seiner Eigenschaft als RSK-Referent schon 1938 formuliert worden (siehe Kap. 28.3.1.). Die besondere geographische Lage eines Verlags in Wien als Bücherlieferant für Südosteuropa und als Vermittler der südosteuropäischen Literatur hatte er rasch erkannt, und nun konnte er seine Politik in die Praxis umsetzen (Stichwort »Wien als eine Säule gegenüber dem Südosten«). An die Öffentlichkeit trat er zunächst mit einer Mitteilung an die Sortimenter im Börsenblatt. Da hieß es unter anderem: »Der Verlag wird unter Übernahme der bisher bei der Paul Zsolnay Verlag A.G. erschienenen Werke das deutsche Schrifttum pflegen, es aber auch als seine Aufgabe betrachten, gültige Werke anderer Völker in guten Übertragungen zu vermitteln.«20 Erinnert man sich an die Vorsätze von Paul Zsolnay anno 1923/1924 kündigte sich hier noch keine entscheidende Änderung an! Es gehörte zu den Pflichten des neuen Verlegers, seine alten und künftigen Autoren über die Verlagslinie zu informieren. So wollte Bischoff Anfang 1942 den Publizisten Max von Millenkovich-Morold für zwei neue Bücher, und zwar Biographien von Hugo Wolf und Anton Bruckner, gewinnen und versuchte dies mit folgender Beschreibung zu erreichen: Das Programm, das ich mir für meine verlegerische Arbeit hier von Wien aus gestellt habe, ist ein wahrhaft europäisches; ich meine damit nicht ein internationales, sondern ein bewusst auch im Schrifttum das Wesenhafte der einzelnen Völker sehendes. Dass natürlich unser deutsches Volk in diesem Programm von europäischer Gültigkeit den ersten Platz einnehmen muss, brauche ich nicht zu betonen, ebensowenig wie dass dieser Verlag ein schöngeistiger bleibt und nicht etwa rein musikwissenschaftliche Werke herausbringen will. Er will im Gegenteil seine Arbeit auf einem möglichst breiten Kreis von Lesern aufbauen, andererseits verlangt es sein Ruf, dass die bei ihm erscheinenden Werke allen Ansprüchen genügen. 21
Der selbstgestellte »europäische Auftrag«, zu dem England und Frankreich übrigens nicht gehörten, blieb eine Konstante in allen Programmerläuterungen. Die erste öffentliche Vorstellung seines neuen Programms und neuen Verlags dürfte Karl H. Bischoff am 4. Februar 1942 auf die erste Umschlagseite des Börsenblatts gesetzt haben. Sie ist mit allerlei schwülstigen NS-Phrasen garniert: Im Bewußtsein der stärkenden und ausgleichenden Kräfte des im Buche Ausgesprochenen werden Arbeit und Wille dieses Verlages im neuen Jahre davon geleitet sein, daß bewegte Zeiten 18 19 20 21
Dazu Börsenblatt, Nr. 245, 29.10.1942. Karl H. Bischoff an Alma Holgersen, 30.7.1942, Ordner Holgersen. Börsenblatt, Sondernummer vom 23.11.1941, S. 11. Karl H. Bischoff an Max von Millenkovich-Morold, 8.1.1942, Ordner Millenkovich.
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Brücken und Scheidungen verlangen. Auch in dem, was sie über den Augenblick hinaus erreichen will, kann die verlegerische Entscheidung nur aus einem Willen zur Zeit getroffen werden, es sei denn, sie verzichte auf eine Mitgestaltung und begnüge sich mit dem Stehenbleiben oder Mitlaufen. Dieser Verlag will die Wirkung der buchhändlerischen Arbeit in der Gegenwart nicht konjunkturell auffassen, sondern ihr wesenhaft dienen, auch in solchen Büchern seiner Produktion, die in das Gebiet sauberer, klarer schriftstellerischer Unterhaltung fallen. Sein Hauptziel gilt in dichterischen und biographischen Werken und schriftstellerischen Leistungen von höchstem Range einem d e u t s c h e n vor der Welt repräsentativen Schrifttum. Er sieht weiter eine europäische Aufgabe in der Vermittlung des Schrifttums anderer Völker, nicht im Sinne einer Mode von vorgestern mit internationaler Gleichmacherei, sondern wesenhaften Ausdrucks. N a c h einer A u f z ä h l u n g der Werke neuer und bisheriger Autoren des Verlages sow i e solcher »aus d e m europäischen Raum« kam der Nachsatz: Bestellungen auf die angeführten Werke können erst auf Grund der kommenden Einzelankündigungen im Börsenblatt oder des Angebotes der Verlags Vertreter angenommen werden. 22 Im Juni 1942 wurde wieder eine ganze erste Umschlagseite des Börsenblatts
ge-
kauft, um Verlag und Signet erneut vorzustellen. 2 3 D i e Präsentation begann mit einer Erläuterung der Sinnhaftigkeit des neuen Verlagssignets, das, sieht man v o m sonst nicht gerade originellen Gebrauch v o n Pferdeköpfen ( E . P . Tal & C o . , Bermann-Fischer Verlag) als Symbol ab, eher w i e ein amputiertes Hakenkreuz ausschaut: Dieses Zeichen, das Rad der Pferde um den viergeteilten Kreis des Jahres, werden in Zukunft die Werke unseres Verlages tragen. Offen nach allen Seiten des Wesentlichen, will der Verlag seine Aufgabe von einem festen Standort aus im Räume eines deutschen und europäischen geistigen Auftrages leisten. Daß wir in das Verlagszeichen Germaniens heiliges Tier gesetzt haben, das kämpfende Roß, den edlen, schnellen Freund des Kriegers und Sängers, ist kein Zufall. Unsere Arbeit gilt einem interessanten, geistesgegenwärtigen, vor der Welt repräsentativen deutschen Schrifttum; neue Autoren sind in den letzten Monaten zu bedeutenden Verlagsautoren gestoßen und werden mit Werken bei uns herauskommen, in denen sich Innerlichkeit wie Auseinandersetzung, mitreißendes Weltgeschehen wie menschliches Schicksal spiegelt. Unser europäisches Arbeitsprogramm dient dem Ruhme unserer Sprache als der Weltsprache der Seele (!), dem deutschen Auftrag, in wesentlichen modernen Werken die Volksseele wichtiger Nationen in den Strom dieser Sprache zu leiten. Wir bereiten die Einführung neuer Autoren vor, besonders aus dem italienischen, finnischen, dänischen, ungarischen, kroatischen, bulgarischen, rumänischen Schrifttum. Ähnliches stand in den neuen Verlagsblättern Im Zirkel
zu lesen, deren erste Aus-
gabe zwar i m März 1 9 4 2 vorbereitet wurde, aber erst im Herbst erscheinen konnte (»Wir sind e i n deutscher Verlag in Wien, der sich einer europäischen Aufgabe bewußt ist.«). Unter der vieldeutigen Überschrift »Das ausserdeutsche Europa und die 22 23
Börsenblatt, Nr. 21, 4.2.1942, 1. Umschlagseite. Börsenblatt, Nr. 122/123,9.6.1942.
720
Welt in unserer Planung« heißt es z.B.: »Wir sagten schon, daß wir eine unserer wichtigsten Aufgaben darin sehen, Mittler zu sein. [...] Naturgemäß gilt unsere Liebe und unser verlegerisches Interesse vor allem der Literatur der befreundeten Nationen. Und da wieder steht Italien an erster Stelle.«24 Für Verlagsautoren, die mit dieser verkündeten Linie möglicherweise ihre Schwierigkeiten hatten, gab es folgende Erläuterungen: »Vielleicht ist auch die Erwägung nicht von der Hand zu weisen, dass unser Verlag, obwohl er nicht nur ein gesamtdeutsches, sondern ein europäisches Programm hat, eine seiner schönsten Aufgaben doch immer darin erblickt und erblicken muss, das heimatliche Schrifttum zu betreuen.«25 Oder: »Nun hat der Verlag ein bestimmtes europäisches Gesicht erhalten; systematischer, als dies irgendwo anders geschieht, pflegen wir hier das wesenhafte europäische Schrifttum und vermitteln es an die Völker. In den Rahmen einer solchen Verlagsarbeit gehörte natürlich auch ein Buch aus unserer deutschen Gegenwart, etwa in der Art, wie es das Ihre ist.«26
30.4. Das Ende der Sonderausgaben Die Herausgabe von »Sonderausgaben«, mit der der Paul Zsolnay Verlag im Jahre 1929 begann, diente verschiedenen Zwecken: Zum einen machte man einen gewissen Modetrend mit und versuchte die Absetzbarkeit eines gangbaren Titels auszuschöpfen und den riskant niedrigen Ladenpreis durch erhöhten Umsatz in einer vernünftigen Kalkulation unterzubringen, etwas, was bei Zsolnay mehr die Ausnahme denn die Regel war. Das will heißen, die Rechnung ging bei »Warenhausladenpreisen« von RM 2,85 oder RM 3,75 selbst bei entsprechend reduzierten Tantiemen nur in seltenen Fällen auf. In den Anfangsjahren betrugen die eigens hergestellten Auflagen der Sonderausgaben zwischen 30 000 und 70 000, mit dem Jahr 1933 war es damit wieder vorbei: sie kamen nun in Auflagen von 1 000 bis maximal 5 000 Exemplaren heraus, wobei in Ausnahmefällen wie etwa der Nobelpreis-Ausgabe der Werke von John Galsworthy und des »Volks-Schaffners« erhöhte Auflagen zu verzeichnen waren. Verlagsintern wurden nicht nur Neuerscheinungen und Neuauflagen verzeichnet, sondern auch Ausgaben der Bibliothek zeitgenössischer Werke, Sonderausgaben und Neuauflagen von Sonderausgaben strikt getrennt in einer eigenen Kartei festgehalten, und zwar mit Angabe zum Ladenpreis, zum Erscheinungstermin und zum jeweiligen Auflagenstand. Um zu einem abgerundeten Bild wie auch zum genauen Ausmaß der gesamten Produktion der fraglichen Zeit zu gelangen, sollen nun Angaben aus dieser Kartei zitiert werden. 1935 waren es bloß zwei Sonderausgaben 24
IM ZIRKEL. Literarische Arbeitsberichte und Schrifttumsblätter für Bücherfreunde des ZsolnayVerlages Karl H. Bischoff. Erstes Heft/Frühjahr 1942. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff Verlag 1942, S. 9.
25
Karl H. Bischoff an Alma Holgersen, 30.7.1942, Ordner Holgersen. Karl H. Bischoff an Hanns Schopper, 22.7.1943, Ordner Schopper.
26
721
gewesen, im folgenden Jahr fünf und 1937 zehn solche Ausgaben, von denen sechs in der Serie »Deutsche Erzähler von heute« angeboten wurden. Das waren im einzelnen Restauflagen der folgenden Werke: Erwin H. Rainalter: Der Sandwirt Ernst Scheibelreiter: Rudi Hof er Robert Seitz: Das Börshooper Buch Karl Röttger: Der Heilige Hubert Mumelter: Die falsche Straße Robert Michel: Die Burg der Frauen
In den drei Jahren seit Erscheinen dieser Werke war manchmal weniger als die Hälfte der Erstauflage (3 000-4 000) abgesetzt worden. 1938 gab es sechs Sonderausgaben zu Ladenpreisen von RM 2,85 bzw. RM 3,75, zwei davon - Karl Hans Strobls Aber Innozenz'· und Eduard P. Danszkys Frau Chef - wurden wiederum in der Serie »Deutsche Erzähler von heute« herausgebracht. 1939 wurde die Politik der Restpostenverwertung fortgesetzt und abgeschlossen. Die entsprechende Entwicklung sah folgendermaßen aus: A. Jantsch-Streerbach: Zwischen Ende Robert Seitz: Der Leuchtturm Franz Karl Ginzkey: Liselotte Franz Spunda: Romulus Erich Ebermayer: Fall Claasen
RM RM RM RM RM
2,85 2,85 2,85 2,85 3,75
2. März 2. März 9. März 9. März 13. Juli
1 178 980 892 2 083 1 161
In den Jahren 1940-1945 gab es keine neuen Sonderausgaben, wohl aber wurden noch in den 30er Jahren einige »reguläre« Sonderausgaben (also nicht Abverkauf) produziert. Ab 1936 kam es zu Neuauflagen von Sonderausgaben, die sich vorwiegend aus Longseilern von John Galsworthy und Jakob Schaffner zusammensetzten. Die Entwicklung in dieser Verlagssparte in den Jahren 1936-1940, dem letzten Jahr, in dem solche Ausgaben veranstaltet wurden, nahm folgenden Verlauf: 1936: Joan Lowell: Ich spucke John Galsworthy: Meisternovellen Rene Fülöp-Miller: Rasputin John Galsworthy: Die dunkle Blume Grete von Urbanitzky: Eine Frau erlebt John Galsworthy : Die dunkle Blume John Galsworthy: Das Herrenhaus Jakob Schaffner: Meistemovellen Gesamtzahl der aufgelegten Bände: 40 100
722
RM RM RM RM RM RM RM RM
2,85 2,85 3,75 2,85 2,85 2,85 2,85 2,85
9. Jänner 6. Februar 2. April 30. Juni 29. November 9. Dezember 9. Dezember 9. Dezember
3 5 6 6 5 6 4 3
300 11.-13. Tsd. 500 59.-63. Tsd. 000 171.-175. Tsd. 000 117.-122. Tsd. 300 55.-59. Tsd. 300 123.-128. Tsd. 200 39.-42. Tsd. 500 6.-8. Tsd.
1937: Erwin H. Rainalter: Der Sandwirt Grete von Urbanitzky: Karin und die Welt Grete von Urbanitzky: Eine Frau erlebt John Galsworthy: Die dunkle Blume Robert Seitz: Das Börshooper Buch Karl Gunnarson: Bauernknecht Gesamtzahl der aufgelegten Bände: 25 000
27. Mai 17. Juni September September November November
6.-7. Tsd. 2 600 4 200 21.-24. Tsd. 5 600 60.-64. Tsd. 6 000 129.-134. Tsd. 3.-5. Tsd. 3 300 3 300 4.-6. Tsd.
2,85 2,85 2,85 2,85 3,75 2,85 2,85 2,85
17. März 17. März 26. März 23. Juni 6. Oktober 1. Dezember 1. Dezember 8. Dezember
17.-19. Tsd. 3 650 5.-7. Tsd. 3 800 10 300 135.-144. Tsd. 5 650 65.-70. Tsd. 5 550 26.-30. Tsd. 5 100 25.-28. Tsd. 3 200 8.-10. Tsd. 4 400 43.-46. Tsd.
RM 2,85
26.Jänner 22. Juni
5 500 64.-68. Tsd. 6 800 176.-181. Tsd.
RM 3,75 RM 2,85
25. Jänner 9. Mai
5 500 5 150
RM RM RM RM RM RM
2,85 2,85 2,85 2,85 2,85 2,85
RM RM RM RM RM RM RM RM
2. 30. 18. 18.
1938: Joan Lowell: Ich spucke Karl Hans Strobl: Innozenz John Galsworthy: Die dunkle Blume Grete von Urbanitzky: Eine Frau erlebt Egmont Colerus: Marco Polo Grete von Urbanitzky: Karin und die Welt Erwin H. Rainalter: Der Sandwirt John Galsworthy: Das Herrenhaus Gesamtzahl der aufgelegten Bände: 41 650
1939: John Galsworthy: Meisternovellen Rene Fülöp-Miller: Heilige Teufel Gesamtzahl der aufgelegten Bände: 12 300
1940: Erich Ebermayer: Der Fall Claasen Erwin H. Rainalter: Der Sandwirt Gesamtzahl der aufgelegten Bände: 10 650
6.-10. Tsd. 11.-15. Tsd.
Die Gesamtauflage der Neuauflagen von Sonderausgaben in den Jahren 1938-1940 betrug also 64 600 Exemplare. Für das Jahr 1938 wurden bei den Sonderausgaben keine Auflagenzahlen angegeben, für 1939 war die Gesamtauflage von Sonderausgaben 6 294 Exemplare. Zsolnay führte, wie die 30er Jahre zeigen, »Sonderausgaben« auch aus einem anderen Grund ein, nämlich um »Lagerhüter« an den Mann zu bringen. Oft wurden herumliegende Rohbögen aufgebunden und mit einem neuen Umschlag bzw. mit einer Werbeschleife versehen und die Bücher um ein Vielfaches billiger angeboten. Die Autoren reagierten später sehr unterschiedlich auf diese Ausgaben, denn manche sahen in der Preisreduktion so etwas wie eine Entwertung ihres Schaffens in den Augen des Lesepublikums und eine Verminderung des eigenen Selbstwertgefühls. Finanziell waren solche Sonderausgaben meist nicht mit konkreten Einbußen 723
verbunden, denn die auf Lager liegenden Auflagen waren bereits voll honoriert worden. Nicht immer verkaufte sich ein preisreduziertes Werk gut, das änderte sich allerdings in den ersten Kriegsjahren, als praktisch alles aufgekauft wurde, was aus Papier und zwei Buchdeckeln bestand. Solche Bücher schufen wenig später eine neue Reibefläche zwischen Autor und Verleger. Der in normalen Zeiten für beide Seiten erfreuliche Umstand, daß eine Auflage vergriffen war, und oft handelte es sich dann um mehrere Werke eines Autors, führte zum naheliegenden und selbstverständlichen Wunsch des Autors, weiterhin am Markt präsent zu sein. Es war ja ein ungeschriebenes Gesetz, zumindest in normalen Zeiten, daß ein neues populäres Werk frühere »mitzog«. Aber neben dem allgemein herrschenden Papierproblem trat ein zweites hinzu, das auch als bestimmender Faktor für die Verlagsproduktion der Kriegsjahre angesehen werden kann: Die Preise, also auch die Buchpreise aus Friedenszeiten, waren »eingefroren« und die Bücher selber mit einer bestimmten Ausstattung nicht mehr zum früheren Preis kalkulierbar. Preisänderungen mußten beantragt und genehmigt werden. Dazu ein konkretes Beispiel aus dem Verlagsleben. Die stürmische Bücherkonjunktur der Jahre 1939-1941 blieb freilich auch den Autoren nicht verborgen, und sie witterten zurecht erhöhte Absatzchancen für ihre Bücher. Ende Oktober 1940 bekam Karl Hans Strobl, dem das Erscheinen eines einzigen Werks im »jüdischen« Paul Zsolnay Verlag Schwierigkeiten bereitet hatte, den für ihn recht betrüblichen Bescheid vom Treuhänder, daß man seinen Roman Aber Innozenz! nicht neuauflegen könne. Strobl reagierte wie jeder andere Autor auch: Es ist ein Jammer; jetzt, da die Leute lebhaft hinterher sind, Bücher zu kaufen, sind die Schwierigkeiten bei Neuauflagen, wie ich selbst einsehe, sehr groß geworden und so stehe ich vor der unerfreulichen Tatsache, daß ein großer Teil meiner Bücher, natürlich gerade der gangbarsten, vergriffen ist und augenblicklich nicht wieder auf den Büchermarkt gebracht werden kann. Ich kann aber doch meine Bücher nicht gut auf längere Zeit dem Verkehr entziehen und muß darauf bedacht sein, sie für meine Leserschaft greifbar sein zu lassen. 27
Strobl bat den Wiener Verlag »unter diesen gegenwärtigen Umständen«, ihm die Rechte zurückzugeben, da ein nicht genannter Verlag sich bemühe, alle seine Werke zu vereinen und Neuauflagen herzustellen. Der Treuhänder Wilhelm Hofmann willigte ein, doch das Gras war anderswo auch nicht grüner und zu den Neuauflagen en masse kam es nicht. Das genannte Werk war (auch) als Sonderausgabe zum Preis von RM 2,85 erschienen. Eine Neuauflage von Aber Innozenz! war dann etwa drei Jahre später wieder im Gespräch, als Karl H. Bischoff dem Autor Strobl die damit verbundenen Probleme auseinandersetzte. Seine Ausführungen sind für das Verlagsleben in den Kriegsjahren sehr aufschlußreich, sie zeigen auch, daß es für das Nichterscheinen einer Neuauflage auch scheinbar banale, aber plausible Erklärungen gab:
27
Karl Hans Strobl an den Paul Zsolnay Verlag, 15.11.1940, Ordner Strobl.
724
Dieser Preis [RM 2,85] darf nach einer Verfügung des Preiskommissars nicht geändert werden, eine Änderung erfordert seine Genehmigung. Nun lässt sich natürlich ein Roman von 416 Seiten jetzt für RM 2.85 beim besten Willen nicht herstellen. Es darf nicht vergessen werden, dass es sich noch um einen Ganzleinenpreis handelt, also die heutige Ausgabe noch billiger sein müsste. Die Genehmigung einer Preiserhöhung ist doch recht fraglich. Der Preiskommissar steht auf dem Standpunkt, dass die erhöhten Herstellungskosten auch dann eine Preiserhöhung noch nicht rechtfertigen, wenn dadurch Verluste entstehen. Wir haben allerdings vor einiger Zeit im Falle von Rainalter »Der Sandwirt« nach vielen Mühen und nach einer fast einjährigen Bearbeitung eine Preiserhöhung zugestanden bekommen. [...] Sobald diese Schwierigkeiten behoben sind, würde ich sofort an eine Neuauflage denken. 28 Der ganze K o m p l e x v o n Ladenpreisfestsetzungen, Preiserhöhungen und Preissenkungen in der Kriegszeit ist noch nicht erforscht worden. Zuständig für diese Frage war der Reichskommissar für die Preisbildung, der regelmäßig und nach V e r l a g e n sortiert im Börsenblatt
Listen v o n genehmigten Preisänderungen publizierte. A u s
diesen Listen der Jahre 1 9 4 I f f . geht hervor, daß es Karl H. B i s c h o f f sehr w o h l gelungen ist, solche Preisänderungen durchzusetzen. Es ist allerdings anzunehmen, daß viele N e u a u f l a g e n , weil dies nicht m ö g l i c h war, unterblieben sind. D a ß die Verlage auch g e z w u n g e n wurden, ihre Ladenpreise zu senken,
m a g verwundern.
W e n n man in Erinnerung ruft, daß der Zsolnay Verlag b z w . Zsolnay Verlag Karl H . B i s c h o f f i m Jahre 1941 beinahe 4 0 0 0 0 0 Bände absetzen konnten, m u ß man sich
vorstellen,
was
diese
völlig
ungewöhnliche
Entwicklung
an
Erträgen
bedeutete. Ein Teil dieses Ertrags sollte daher der Kriegsmaschinerie dienen. Ü b e r die neue M e t h o d e des NS-Staats an den Profiten der Buchhändler mitzunaschen, berichtete Karl H. B i s c h o f f d e m Masseverwalter der Verlassenschaft v o n E g m o n t Colerus. D a ß das Jahr 1941 niemals als Maßstab herangezogen w e r d e n könne, gehe, so B i s c h o f f , daraus hervor, dass gemäss den Bestimmungen des Preiskommissars die Preise gesenkt werden müssen, denn die Verlage haben ein ebenfalls recht günstiges Ergebnis erzielt. Der Preiskommissar hat jedoch auf Grund einer genauen Überprüfung der Lage im Buchhandel zugestimmt, dass die Gewinnabführung im Verlagsbuchhandel nicht zu einer Senkung der Preise führen brauche, weil dadurch eine wesentliche Beunruhigung eintreten müsste, denn es ist damit zu rechnen, dass in kurzer Zeit wieder Erhöhungen der Preise stattfinden müssen. Ferner hat der Preiskommissar in Berücksichtigung der besonderen Lage auch für die Kalkulation zugestanden, dass als Grundlage [für die Abführung eines Teils der Verlagsgewinne] ein Durchschnitt der Unkosten aus den Jahren 1936-38 genommen werden kann und nicht der zur Zeit recht geringe Unkostensatz zugrundegelegt werden muss. 29
28 29
Karl H. Bischoff an Κ.Η. Strobl, 22.9.1943, ebd. Karl H. Bischoff an RA Dr. Alfred Indra, Wien, 24.3.1943, Ordner Colerus. 725
30.5. Die Planung im Krieg Die Verlagsplanung geriet wegen der vielen Unwägbarkeiten in der Produktion in der Kriegszeit vollends zu einer sehr theoretischen Angelegenheit. Anhand zweier Beispiele, die diese Feststellung belegen sollen, wollen wir die Diskrepanzen zwischen »Planung« und »Wirklichkeit« vor Augen führen. Im November 1940 kam der Treuhänder Wilhelm Hofmann einem Wunsch des zur Wehrmacht eingerückten Verlagsleiters Erich Landgrebe nach und teilte ihm die für das Frühjahr 1941 geplanten Neuerscheinungen des Paul Zsolnay Verlags, für die bereits Verträge abgeschlossen worden waren, mit.30 Zum Frühjahrstermin sollten also erscheinen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Maria Bellonci: Lucrezia Borgia Marcella d'Arle: Eva, Madre del Mondo Erich Kernmayr: Regimentsmusik Ann van den Arend: Hälften des Lebens Erich Ebermayer: Unter anderem Himmel Edmund Finke: Essays (Schandmal des Bösen) und ein Kriminal-Roman Ernst Scheibelreiter: Michael Neder [Roman] Helmuth M. Böttcher: Um die Atlantikwerft Fritz Habeck: Der Scholar vom linken Galgen
Diese neun Werke hätten rein numerisch zwei Drittel der tatsächlichen Neuerscheinungen des Jahres 1941 (13) ausgemacht, nur konnte in keinem einzigen Fall ein Band im Frühjahr ausgeliefert werden, es sei denn, man meint das Frühjahr 1942. Maria Bellonci erschien im Mai, Fritz Habeck im August, Erich Ebermayer im September, Helmuth M. Böttcher im Oktober, Edmund Finke im November, Ann van den Arend und Marcella d'Arle im Dezember. Der Band von Ernst Scheibelreiter über den Biedermeier-Maler Michael Neder (der Fragment blieb)31 und Edmund Finkes Essays erschienen überhaupt nicht, und Hans Gustl Kernmayrs Roman wurde erst mit einjähriger Verspätung am 5. März 1942 ausgeliefert! Daß die Gesetze von Angebot und Nachfrage am deutschen Buchmarkt schon außer Kraft waren, war spätestens im Herbst 1941 überdeutlich zu erkennen. Es war mit der Herstellung so weit gekommen, daß die Verlage per Inserat die Sortimenter aufforderten, erst dann Bücher zu bestellen, wenn eine entsprechende Ankündigung im Börsenblatt erfolgte. Die Anzeigen hatten Verlautbarungscharakter und nicht Werbecharakter. Dazu ein plastisches Beispiel: Karl H. Bischoff hat es sicherlich gut gemeint, als er anläßlich des 50. Geburtstags seines Cheflektors Erwin H. Rainalter am 28. Mai 1942 die teure erste Umschlagseite des Börsenblatts kaufte, um den Autor zu feiern. Neben einer persönlichen Würdigung wurde das Werk Rainalters im Zsolnay bzw. Karl H. Bischoff Verlag aufgelistet. Das 30 31
Hofmann an Landgrebe, 14.11.1940, Ordner Landgrebe. Scheibelreiter unterzeichnete einen Vertrag für dieses Werk im Juli 1940, war über seine »Behandlung« durch den Verlag enttäuscht und stellte das Manuskript nicht termingemäß fertig.
726
Pech: von sechs Titeln war keiner lieferbar. Generell folgte, nachdem ein neues Buch wortreich schmackhaft gemacht worden war, der ernüchternde Satz: »Bestellungen können ausnahmslos erst auf Grund der mit den weiteren Angaben über Umfang und Preis kommenden Ankündigung angenommen werden.« Was unter normalen Umständen mit freien Marktkräften nur zur Freude eines jeden Verlegers gereichen konnte, nämlich bereits vor der Aufbindung einer Neuerscheinung oder einer Neuauflage alles schon durch Vormerkungen oder Vorbestellungen abgesetzt zu haben, war zur unbefriedigenden Regel, nicht zur Ausnahme geworden. Nur konnte man nicht einfach rasch eine erhöhte Auflage in Auftrag geben, um die Gunst der Stunde auszunützen. Die Regeln des Markts waren auch in dieser Hinsicht völlig außerstand gesetzt. Ein Buch war praktisch mit dem Erscheinen bereits vergriffen. Das Publikum nahm, was es noch bekam. Karl H. Bischoff, wohl neben anderen Verlegern, wußte davon ein Lied zu singen: »Es ist gegenwärtig auch für den Verleger nicht immer leicht, den eigentlichen Erfolg eines Werkes zu beurteilen, denn bei der großen Lesenot im deutschen Volk sind so gut wie alle Bücher immer sofort nach ihrem Erscheinen vergriffen.« 32 Also wurde das Problem mit dem Papier und dem Vertrieb auf die »große Lesenot« abgewälzt. Wie ein flüchtiger Blick in das Börsenblatt 1941 oder 1942 zeigt, konnten die Verlage sich vor Bestellungen nicht mehr retten, teilten den Sortimentern regelmäßig mit: »Keine Bestellungen mehr!« und ließen sie wissen, daß sie sich außerstande sahen, mit den Sortimentern wegen der Lieferbarkeit von Verlagstiteln einen Schriftwechsel aufzunehmen. Weihnachten war in den Kriegsjahren genauso eine Zeit des Hauptabsatzes, und daher entschloß sich das Börsenblatt von vornherein die vielen Anfragen der Sortimenter nach Lieferbarkeit eines bestimmten Werkes tunlichst zu unterbinden. Als Beilage zum Börsenblatt vom 21. Oktober 1941 erschien ein »Verzeichnis von Büchern, die vor Weihnachten, teils auch in den ersten vier Monaten 1942, nicht mehr geliefert werden können«. Die Sortimenter wurden gebeten, die vielen Listen erst gewissenhaft zu prüfen und dann Bestellungen abzusenden. Die Lage verschärfte sich im Laufe des Jahres 1942 zusehends. Von regulären Bestellungen beim Verlag war längst keine Rede mehr, die Sortimenter wurden nunmehr im Rahmen eines sog. »Zuteilungsverfahrens«, an dem sich die meisten im Börsenblatt inserierenden Verlage nach und nach anschlossen, mit Verlagswerken auf Grund einer Bezieherliste schlicht beliefert. Ob der Buchhändler ein Werk dutzendweise absetzen konnte, war egal, die Bücher wurden »rationiert«. In einer Anzeige für zwei neue Bände der Hundert kleinen Bücher im Börsenblatt Ende Oktober 1942, heißt es einfach: »Die Zuteilung erfolgt automatisch. Bestel-
32
IM ZIRKEL. Literarische Arbeitsberichte und Schrifttumsblätter für Bücherfreunde des Karl H. Bischoff Verlages. Zweites Heft/Frühjahr 1944, Südosteuropaheft. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff Verlag, S. 26.
727
lungen können ausnahmslos nicht berücksichtigt und bearbeitet werden«.33 Im März 1943 heißt es dann ähnlich: »Auslieferung nur im Zuteilungsverfahren«.34 Das Buch als Mangelware im Krieg sorgte auch bei den einfachen Konsumenten für Unmut. Viele Bücher waren eben nicht immer und nicht überall erhältlich. Die Leser beschwerten sich auch zahlreich beim Verlag, daß die Verlagswerke vielfach nicht in den Schaufenstern der Buchhändler zu finden seien. Auf dieses Problem reagierte Bischoff in seinem »Verlegerbrief im Zirkel« im Frühjahr 1942: Wir steigern unsere Produktion und Lieferungen, soweit wir irgend können. Aber wir müssen auch im Namen der deutschen Buchhändler die Interessenten bitten, daran zu denken, wieviel die Wehrmacht gerade von den Werken der gediegenen Verlage braucht, was in die Aufbaugebiete, in Lazarette, in Büchereien geliefert werden muß, daß viele Mitarbeiter der Herstellungsbetriebe, sei es in den Papierfabriken, den Druckereien, den Bindereien, bei der Wehrmacht oder in den Rüstungsindustrien stehen, und daß auch das Ausland in stärkerem Maße als früher von unserem Verlage Bücher verlangt. Alle von uns ausgelieferten Werke finden gegenwärtig sofort ihre Käufer, rascher meist, als die Buchhändler die Bücher ins Fenster stellen können, wenn auch - wie die Buchbesprechung - das Buchhändlerfenster nicht lediglich vom Verkaufsstandpunkt aus gesehen werden darf. Der Buchhändler will der Öffentlichkeit zeigen, was es an Wichtigem gibt, so wie die Presse die Bücher durch die Besprechungen in ihre Berichterstattung, in die geistige Aussprache und nicht etwa in den Anzeigenteil aufnimmt. 35
Im Fall des Paul Zsolnay Verlags wurde durch das vorhin erwähnte Verzeichnis vom Oktober 1941 offenbar, wie leer die Bücherlager gefegt worden waren. Das hier präsentierte Programm umfaßte 210 Werktitel, wobei kurioserweise auch acht Werke der verpönten Schriftstellerin Pearl S. Buck auf der Liste aufscheinen, aber bei 85% davon (179 Titel) stand der Vermerk »Neuauflage unbestimmt«. Mit anderen Worten, die Bücher waren nicht lieferbar. Bei fünf Titeln war »Keine Neuauflage vorgesehen«, bei drei Titeln war eine Bindeauflage im Frühjahr 1942 vorgesehen und schließlich bei ganzen 23 Titeln (Hermann F. Bönisch 2, Egmont Colerus 1, Erich Ebermayer 1, Edmund Finke 9, Franz Karl Ginzkey 1, Hubert Mumelter 1, Erwin H. Rainalter 1, Eduard Stucken 1, Frank Thiess 1, Daniele Vare 3, Lajos Zilahy 2) sollte im Frühjahr 1942 eine (schon überzeichnete) Neuauflage erfolgen. Eine Aufstellung der nicht vergriffenen Verlagswerke wäre wohl sehr kurz ausgefallen. Die Bitte, Verlagswerke nicht zu bestellen, dürfte keine sonderliche Wirkung gezeitigt haben, denn immer wieder mußte der Verlag Appelle folgender Art an die Sortimenter richten: Bis Ende dieses Jahres keine Lagerbestellungen mehr! Bestellungen bis 30. November werden vorgemerkt und nach Möglichkeit ausgeführt; eine Einzelbenachrichtigung ist aber nicht mehr
33 34 35
Börsenblatt, Nr. 242/243, 27.10.1942, S. 1262. Börsenblatt, Nr. 60, 12.3.1943. Der Verlegerbrief im Zirkel. In: Im Zirkel, Erstes Heft, Frühjahr 1942, S. 33 f. Hervorhebung vom Verf. Redaktionsschluß war der 13. März 1942.
728
möglich. Bestellungen ab 30. November bis vorläufig 31. Dezember d.J. werden nicht berücksichtigt. Neu oder wieder lieferbare Werke werden hier oder durch die Vertreter angezeigt. 36
Oder: Trotz der Anzeigen in den Börsenblättern Nr. 274 und 281 erhält der Verlag fortgesetzt Stöße neuer Bestellungen. Ich bitte erneut dringend, auch im Interesse der Zeit- und Arbeitsersparnis, von jeder Bestellung bis auf weiteres abzusehen. Es ist nicht möglich, auch nur eine auszuführen. 37
Oder: Die im Börsenblatt Nr. 245/246 veröffentlichte Liste der fehlenden Werke beweist, in welchem Umfang mein Verlag das Sortiment in dieser Zeit beliefert hat. Er wird weiter alles tun, um die Sortimenter zu unterstützen aber für unfruchtbaren Schriftwechsel ist jetzt keine Zeit. 38
Wenn nichts anderes, so liefern die Anzeigen ein getreues Bild des deutschen Buchhandels im dritten Kriegsjahr.
30.6. Angekündigte, aber nicht erschienene Verlagswerke Karl H. Bischoff entwickelte ehrgeizige Pläne, die sich mit dem Fortschreiten des Krieges und dessen Ende im Frühjahr 1945 vielfach nicht mehr realisieren ließen. Im zweiten (und letzten) Heft der Verlagsblätter Im Zirkel, das mit »Frühjahr 1944« datiert und wohl erst im Herbst in einer Auflage von 5 140 Exemplaren erschienen ist,39 veröffentlichte der Verlag eine Art Leistungsschau, hinter der leere Lager standen, ein »Bücherverzeichnis«, das wie die ganzen Börsenblatt-Anzeigen davor reinen Demonstrationscharakter hatte. Das Verzeichnis umfaßte nicht nur das laufende Programm unabhängig von der tatsächlichen Lieferbarkeit, sondern auch jene Werke, die im Frühjahr 1944 entweder »Im Druck« (ID) oder »In Vorbereitung« (IV) waren. Die langen Herstellungszeiten und das Kriegsende brachten es nämlich mit sich, daß dutzende Bücher nicht erschienen sind. Das wahre Ausmaß geht aus der folgenden Aufstellung hervor, die auch Einblick gibt in die Entwicklung des Verlagsprogramms unter Bischoff. Von den 88 im »Frühjahr 1944« angekündigten Neuerscheinungen konnten bis einschließlich 1945 in der Tat nur 10 auf den Markt gebracht werden. Zur Veranschaulichung des Produktionsumfanges sei gesagt, daß die Anzahl der geplanten Bände die gesamte Produktion der Jahre 1941-1945 bereits überstieg. Unter ihnen waren 26 Übersetzungen aus
36 37 38 39
Börsenblatt, 1.12.1941, S. 3459. Börsenblatt, Nr. 296, 18.12.1941, S. 3595. Börsenblatt, Nr. 47/48, 7.3.1942. Wie hoch die Auflage der ersten Folge war, konnte nicht festgestellt werden.
729
Fremdsprachen und hier ist schon der Trend in Richtung Literatur aus dem Südosten Europas erkennbar:40 Walter Abendroth: Christoph Willibald Gluck. Biographie. (IV) Gabriele d'Annunzio: Notturno. (IV) Marcella d'Arle: Die Reise ins Licht. Roman. (IV) Richard Biebl: Bei Lappen und Renntieren. Reisebuch eines Botanikers. (IV) Mile Budak: Der Vorspann. Kroatische Bauernnovellen. (IV) Dino Buzzati: Das Geheimnis des alten Waldes. Roman. (IV) Franz Conrad Freiherr von Hötzendorf: Briefe. (IV) Grazia Deledda: Annalena Bilsini. Roman. (IV/E) Emst Diez: So sahen sie Asien. Band II. (ID/E) Robert von Ehrhart: Herr Krusius mahnt. Kriminalroman. (IV) Robert von Ehrhart: Mädchen auf der Insel. Kriminalroman. (ID/E) Stefan Fekete: Die schwarze Mühle. Roman. (ID) Edmund Finke: Der Pitaval. Eine Sammlung. Ca 6 Bände. Band I und II. (ID) Manuel Galvez: Lopez. Roman aus der Geschichte Paraguays. (IV) Lorenzo Gigli: Gobineau. Eine Biographie. (IV) Erna Grautoff: Justinian und Theodora. Das Kaiserpaar aus dem Volk. Roman. (ID) Carlo Graziani: Giuseppe Verdi in seinen Briefen. Hrsg. von Franz Wallner-Baste. (IV) Elisabeth Gürt: Besuch aus Wien. Roman. (IV) Elisabeth Gürt: Ihr nennt es Liebe. Roman. (IV)) Martin Gusinde: Urmenschen im Feuerland. Vom Forscher zum Stammesmitglied. (ID) Martta Haatanen: Der Himmel verdunkelt sich. Roman. (IV) Fritz Habeck: Menschen am Feuer. (IV) Gerhart Haug: Die Kopfkissenhefte der Sei Shonagon. (IV) Frank Heller: Der junge Karl-Bertil von Birck. Erzählung. (ID) Frank Heller: Die Debatte um Atlantis. Kriminalroman. (ID) Helyett von Hoffmann-Ostenhof: Du wirst geliebt. (IV) Robert Hohlbaum: Patroklos. Tragödie. (IV) Rudolf Holzer: Girardi. Bild eines Schauspielers. (IV) Rudolf Holzer: Nikolaus Lenau. Biographie. (IV) Manfred Jasser: Lachen in den Bergen. Alpenländisches Humorbuch. (IV) Manfred Jasser: Das deutsche Holzschnittbüchlein. (ID) Manfred Jasser: Das Buch der deutschen Gotik. (IV Manfred Jasser: Johann Peter Hebel. Geschichtenbuch. (IV) Johann Killian: Das du im Stein. Eine Geologie für jedermann. (IV) Arvi Kivimaa: Singende Schwäne. Finnische Erzählungen. (ID) Horst Kliemann: Deutsches Bücherbuch. (IV) Horst Kliemann: Klassische Kriminalgeschichten. (IV)
40
Quelle: »Bücherverzeichnis« in: ebd., S. 30-46. Dieses Verzeichnis spiegelt in keiner Weise die noch lieferbaren Bücher des Verlags wider und scheint eher eine Herzeigefunktion gehabt zu haben. So scheinen hier beispielsweise alle Verlagstitel von A.J. Cronin, Edouard Estaunie, John Galsworthy usw. usw. auf, obwohl von ihnen gar keine Exemplare mehr erhältlich waren oder verkauft werden durften. (IV/E) bzw. (ID/E) bedeutet, daß der angekündigte Band tatsächlich erschienen ist.
730
Hilde Knobloch: Die allwissenden Augen. Der Roman Hans Holbeins. (ID/E) Hilde Knobloch: Robinson im deutschen Wald. Roman. (IV) Fritz Knöller: Begegnung im Zwielicht. (IV) Artturi Leinonen: Die Sünde der Yrjänä-Bäuerin. Ein finnischer Roman. (IV) Karl Lerbs: Japanische Novellen. (IV) Renate Lienau: Welt für Sebastian. Roman. (IV) Max von Millenkovich-Morold: Anton Bruckner. IV) Max von Millenkovich-Morold: Hugo Wolf. (IV) Franz Mora: Vier Väter und eine Tochter. Ein ungarischer Roman. (IV) Anton von Morl: Die grosse Weltordnung. Drei Bände. (IV) Vintila Moria: Die Madonna des Bösen. Roman. (IV) Adelbert Muhr: Der Sohn des Stromes. Ein Donauroman. (ID) Hubert Mumelter:Die Gnade der Heimat. Roman. (ID) Josef Nyirö: Im Joche Gottes. Roman meines Lebens. (ID) Ferdinand Oppenberg: Gespensterballaden. (IV) Erwin Ott: Musik im Schloss. Roman. (IV) Viktor von Plessen: Bei den Kopijägern von Borneo. Ein Reisetagebuch. (ID/E) Fani Popowa-Mutafowa: Joan Assens Ruhm und glückliche Zeit. Historischer Roman. (ID/E) Fani Popowa-Mutafowa: Joan Assen. (IV) Fani Popowa-Mutafowa: Die Tochter des Kalojan. Historischer Roman. (IV) Fani Popowa-Mutafowa: Der Wundertäter von Solium. Historischer Roman. (IV) Sextil Puscariu (Hrsg.): Der Erholungszug. Heitere rumänische Erzählungen. (ID/E) Erwin H. Rainalter: Bitterer Frühling. Roman. (IV) Willi Schäferdiek: Volksgeschichten. (IV) Ernst Scheibelreiter: Sommerrausch. Gedichte. (IV) Kurt Schnell: Fabeln. (IV) Leopold Schönbauer: Die Wiener Medizinische Schule. (IV) Friedrich Schreyvogl: Vom Glück der deutschen Sprache. Ein deutsches Sprachbüchlein. (IV) Franz Schubert. Sein Leben in Briefen. Hrsg. von Heinrich Werle. (IV) Gerhard Schumann: Das Lichtkind. Märchen. (IV) K.H. Schweckendiek: Elisabeth. Die Geschichte eines großen Sommers. Erzählung. (IV) Hans Sittenberger: Herr Waltram, der Sinnierer. Erzählung. (IV) Richard Smekal: Raimund. Dokumente seines Lebens. (ID) Waither Stanietz: Die Brüder. Drama. (IV) Walther Stanietz: Der Holzschnitzer. Zwei Bände. Roman. (IV) Margarete von Stigler-Fuchs: Der unsterbliche Hanswurst. Wiener Theater-Anekdoten. (ID/E) Camilla Ströhlin: Entzaubertes Amerika. (IV) Fritz Stüber: Die Wiener Meerfahrt. En Wiener Weinbuch. (IV) Giani Stuparich: Die Insel. Novelle. (ID) Ionel Teodoreanu: In Medeleni. Ein rumänischer Roman. (IV) Frank Thiess: 2. Band Caruso in Sorrent. (IV) Frank Thiess: Puccini. Versuch einer Psychologie seiner Musik. (ID) Stephan Tömörkeny: Novellen. (IV) Johannes Tralow: Boykott. Roman. (ID) Carolina Urstadt: Neunfinger. Romantische Erzählung. (IV) Armando Palacio Valdes: Kapitän Ribots Freude. Roman. (IV/E) Daniele Vare: Frohe Melodie. Roman. (ID/E) Joseph M. Veiter: Der Weg nach Hause. Roman. (ID)
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Ion Vlasiu: Die Sonne holt mich heim ins Dorf. Roman. (ID) Lotte Westerich: Spiel im Odenwald. Roman. (IV) Bruno Wolfgang: Die Zugereisten. Roman. (ID/E)
Trotz der hier angeführten Menge von nicht erschienenen Verlagswerken war dies bei weitem nicht alles, was zwar geplant war, aber letzten Endes nicht herausgebracht wurde, wobei zu betonen ist, daß angekündigte und nicht erschienene Bücher kein auf die NS-Zeit beschränktes Phänomen waren. In einem »Produktionsplan des Verlags seit 1. Oktober 1941«, den Bischoff erstellte und der Reichsstatthalterei (Baidur von Schirach) übermittelte, häufen sich die Werke, für die zwar Verträge abgeschlossen bzw. Verhandlungen durchgeführt wurden, die aber nicht erschienen sind.41 Da wären zu nennen Josef Nyirös »Im Joche Gottes«, Hermann Graedeners Erzählung »Erzherzog Karl«, die Autobiographie des rumänischen Bildhauers Ion Vlasiu, Verenockes »Unter den flandrischen Löwen«, eine Bismarck-Biographie verfaßt vom Geschäftsführer der Reichsschrifttumskammer Wilhelm Ihde, ein Werk »Siege und Niederlagen auf Europas Schlachtfeldern«, eine »Europäische Geschichte« von Heinrich Srbik, ein Band der Briefe Rossinis herausgegeben von Walter Klefisch, eine Verdi-Autobiographie in Briefen herausgegeben von Carlo Graziani und, im Sinne des »europäischen Auftrags« des Verlags, Werke aus dem Dänischen, Schwedischen und Norwegischen. Die ideologisch- und zeitbedingte »Schwäche« für italienische Literatur hätte sich auch in einer geplanten Verlagsneuerscheinung manifestieren sollen. Auf Anregung von Karl H. Bischoff war Franz Karl Ginzkey mit der Zusammenstellung und Herausgabe einer Anthologie neuerer italienischer Lyrik Ende 1941 (Italien und Deutschland hatten den USA gerade den Krieg erklärt) betraut worden. Es sollte mit diesem Werk den befreundeten Italienern und Deutschen Nützliches entstehen, aber ein »deutsches Kunstwerk« und keine reinen Übersetzungen, sondern Umdichtungen sein. Um den mitarbeitenden Dichtern, zu denen u.a. Will Vesper zählte, die Arbeit technisch zu ermöglichen, legte Ginzkey jedem das Gedicht im Original und in wortwörtlicher Übersetzung vor. Doch was als Vertiefung der deutsch-italienischen Kulturbeziehungen dienen sollte, wurde von der Weltgeschichte eingeholt: im Juli 1943 wurde Mussolini gefangengenommen und abgesetzt, im September 1943 erfolgte die bedingungslose Kapitulation Italiens. Schon als das Ende des Dritten Reiches abzusehen war, entwarf Karl H. Bischoff im Frühjahr 1944 unentwegt große Pläne für Friedenszeiten. Es schwebten ihm drei Hauptgruppen von Literatur vor, erstens eine »Bibliothek des modernen Menschen« eine zeitlich weit gestreute, große Anzahl von Titeln aus dem »Schrifttum der Völker«, zweitens die Herausgabe der »Standardwerke in deutscher Sprache«, darunter Ausgaben der Prosawerke von Goethe, Schiller, Kleist, Hölderlin, Kant, Leibniz usw. aber auch Werke von Historikern, Philosophen, Naturwissenschaftlern. Als drittes Projekt wollte er »Wiener Klassikerausgaben« herausgeben. Die Zeit arbeitete aber gegen
41
AdR, Rk, Baidur von Schirach, Karton 24, »Zsolnay«.
732
ihn. 42 Das letztgenannte Projekt war nicht der einzige Plan, mit dem Bischoff als Nicht-Wiener zeigte wollte, daß er ein Herz für die Wiener hatte. Ende Jänner 1944 weihte er Hermann Stuppäck in seine Pläne ein: In die Reihe der weiteren Planungen des Verlages gehört nun ein ähnliches Jahrbuch [wie Linz, Stillere Heimat] des Reichsgaues Wien, also ein Jahrbuch, das über die dichterischen, künstlerischen und denkerischen Leistungen der Stadt Auskunft gibt, nicht in Form von Nekrologen oder Berichterstattungen, sondern unmittelbar durch Zeugnisse. Es kann sich natürlich nur um ein sehr repräsentatives Werk handeln, das nicht etwa eine nur Wiener Angelegenheit bleiben darf, sondern eine deutsche Sache werden muss. Wieweit es im Augenblick möglich ist, eine solche anspruchsvolle Planung zu verwirklichen, sei zunächst dahingestellt. 43
30.7. Linzer Bücherei Nach der Übernahme des Wiener Verlages suchte Bischoff auch die Zusammenarbeit mit Ämtern und Institutionen außerhalb Wiens. Als Ergebnis seiner Bemühungen sind zwei Projekte zu nennen. Er übernahm die Publikation Stillere Heimat. Jahrbuch der Gauhauptstadt Linz vom Adolf Luser Verlag, dessen Herausgeber der Oberbürgermeister der Gauhauptstadt Linz, Dr. Leo Sturma, war. 1943 erschien das Jahrbuch erstmals im Karl H. Bischoff Verlag. Aus dem Jahrgang 1940 dieses Jahrbuchs übernahm er auch die dort erschienene Erzählung Auf der Flucht von Franz Turnier und machte daraus den ersten Band der kriegsbedingt nur kurzlebigen und von ihm ins Leben gerufenen Linzer Bücherei, die in Zusammenarbeit mit dem Oberbürgermeister der Gauhauptstadt Linz herausgegeben wurde. Dieser Band - er erzählt die Geschichte der Zerschlagung des nationalsozialistischen Putschversuches in Wien im Juli 1934 - zählte, so Klaus Amann, zu den Werken Turniers dieser Zeit, die völkische Interpretationskünste nicht erforderten. 44 Die Erzählung erschien relativ »spät« im Krieg, und zwar mit Impressum 1943 am 6. April 1944 in einer Auflage von 14 680 Exemplaren. 45 Die aus Oberösterreich gebürtige Lyrikerin Erna Blaas stand schon 1942 mit dem Karl H. Bischoff Verlag in Verbindung. Das Werk, mit dem sie schließlich bei Bischoff debütierte, der Lyrikband Rühmung und Klage, lag schon im Herbst 1942 als Manuskript vor, doch konnte Bischoff dem Wunsch der Autorin nicht nachkommen, den Band vor Weihnachten herauszubringen und riet ihr deshalb
42
43 44
45
IM ZIRKEL. Literarische Arbeitsberichte und Schrifttumsblätter för Bücherfreunde des Karl H. Bischoff Verlages. Zweites Heft/Frühjahr 1944, Südosteuropaheft. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff Verlag, S. 24. Karl H. Bischoff an Hermann Stuppäck, 28.1.1944, Ordner Stuppäck. Klaus Amann: Franz Turniers schriftstellerische Anfänge. In: Franz Turnier. Beiträge zum 75. Geburtstag. Symposium 9.HO. Januar 1987 Wien. Hrsg. vom Bundesländerhaus Tirol. ( = Zirkular, Sondernummer 14, November 1987), S. 9-29. Hier S. 19. Spät deshalb, weil er schon im März 1942 »in Vorbereitung« war.
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zum Volk und Reich Verlag zu gehen, mit dem sie im Wort gewesen sein dürfte, und dort abzuschließen, weil dieser »angeblich in Papierdingen schon sehr weit vorgearbeitet hat«.46 Doch gab es hier Komplikationen, da nach Ansicht des Volk und Reich Verlags so manches Gedicht den nationalsozialistischen Vorstellungen nicht entsprach. Die erwünschten Eingriffe in den Text waren Karl H. Bischoff nicht ganz verständlich: Etwas unvorstellbar ist mir allerdings, dass der Volk und Reich Verlag an Frau Blaas Anforderungen stellt, einige Gedichte zu ändern. Dass auch wir z.B. das Gedicht »Südtirol« nicht bringen könnten, ist klar, aber unvorstellbar ist mir, wie ein Verlag verlangen kann, dass ein einzelnes Gedicht als solches geändert wird. Gewiss kann die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Verleger und Autor einschliessen, dass der erstere dem Dichter sagt, dass vielleicht eine Strophe musikalisch noch nicht ausgereift ist oder so etwas Ahnliches, aber dass man in das künstlerische Gefüge selbst eingreift, das verstehe ich nicht recht, (ebd.)
Der Band kam dann letztlich doch bei Bischoff heraus; er erschien aber erst am 23. März 1944 (!) in einer Auflage von 4 400 Exemplaren. Das zweite Werk von Erna Blaas, nun im Rahmen der Linzer Bücherei, Balladen der Rauhnacht, kam erst Anfang des nächsten Jahres, und zwar am 1. Februar 1945, auf den Markt. Die Auflage betrug 4 151 Exemplare. Die Reihe konnte, obwohl Verträge abgeschlossen worden waren, nicht fortgesetzt werden. So gab es z.B. einen Vertrag zur Veröffentlichung der Erzählung »Der Bergschulmeister« des Oberösterreichers Carl Hans Watzinger, aber das Propagandaministerium lehnte eine Papiergenehmigung mit Bescheid vom 26. Mai 1943 ab. 3 0 . 8 . Im Zirkel Im Laufe seiner Geschichte hatte der Paul Zsolnay Verlag als »Verlagsblätter« bzw. Werbemittel die Literarischen Nachrichten (1933) und die Südostdeutschen Literaturblätter (1934-1937) mit Anzeigen, Werkauszügen und Mitteilungen des Verlags veröffentlicht. Als Karl H. Bischoff in seinem Vorwort zu den neuen literarischen Arbeitsberichten Im Zirkel, datiert 13. März 1942, das neue Periodikum vorstellte, meinte er, sie würden »an Stelle des 'Meldereiters' in Zukunft« erscheinen und »einen Durchmesser durch die Verlagsarbeit geben und Zeugnis von einem verlegerischen Willen ablegen, der in seinem Kern ganz und gar der Gegenwart zugewendet ist«.47 Im A5-Format und mit einem Umfang von 48 Seiten wurde die erste 46
47
Karl H. Bischoff an Franz Karl Ginzkey, 28.9.1942, Ordner Ginzkey. Erna Blaas war von Ginzkey schon sehr früh gefördert worden. Er nahm sie auch in den von ihm 1939 herausgegebenen Band Gesänge der Ostmark auf. Näheres dazu bei Karl Müller: Zäsuren ohne Folgen. Das lange Leben der literarischen Antimoderne Österreichs seit den 30er Jahren. Salzburg: Otto Müller Verlag 1990, S. 267 ff. Im Zirkel. Literarische Arbeitsberichte und Schrifttumsblätter für Bücherfreunde des ZsolnayVerlages Karl H. Bischoff. Erstes Heft/Frühjahr 1942. Wien-Berlin: Zsolnay Verlag Karl H. Bi-
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Folge des neuen Verlagskatalogs Im Zirkel nach sechsmonatiger Herstellungszeit im September 1942 verteilt. Diese literarischen Berichte mit Impressum Zsolnay Verlag Karl H. Bischoff hatten eine Umschlaggestaltung, die doppelsinnig war. Die Karte Europas mit einem darübergelegten Zirkel unterstrich einerseits das breitgestreute Verlagsprogramm (Stichwort: europäisch und südosteuropäisch), ließ aber die Interpretation offen, ob nicht auch großdeutsche Gebietsgelüste bildlich dargestellt würden. Die Publikation stellte das Bischoff-Programm, einzelne Neuerscheinungen, Bücher in fremden Sprachen, Verlagsplanungen sowie Proben aus den neuen Werken einzelner Autoren vor. Sie Schloß mit »Mitteilungen des Verlages« und einem Bücherverzeichnis. Illustriert wurden die Blätter durch Fotos bzw. Porträtzeichnungen von acht Autoren. Unter der Leitung Bischoffs wurden nicht nur deutsche Übersetzungen ausländischer Literatur forciert, denn »zu der europäischen Aufgabe, die wir uns als Verleger im Räume der Schrifttumsvermittlung gestellt haben, gehört neben dem Buchexport natürlich auch die Weitergabe bedeutender Werke des Verlages an fremde Sprachen«. »Wir freuen uns darüber«, heißt es da, »daß wir in den letzten sechs Monaten ebensoviele Übersetzungsrechte vermitteln konnten, wie zusammengenommen in den sechs Jahren zuvor.« (ebd., S. 22) Darauf folgte eine gewiß nicht vollständige Aufstellung der in Fremdsprachen übersetzten Verlags werke. Der Roman Tsushima von Frank Thiess etwa war demnach bis März 1942 in dänischer, estnischer, finnischer, französischer, holländischer, italienischer, norwegischer, schwedischer und ungarischer Sprache erschienen. Bei der einen Folge, die bis zum Erscheinen auch nicht mehr ganz aktuell war, sollte es nicht bleiben, obwohl für solche verlegerische Extratouren in solchen Zeiten Papier nicht zu haben war. Bischoff wollte die Zeitschrift Im Zirkel nach dem ersten Heft dennoch weiterführen und dachte gar an mindestens drei Hefte im Jahr. »Es ist nun allerdings möglich«, wie er Franz Karl Ginzkey Ende September 1942 gegenüber einräumte, »dass durch den Krieg das nächste Heft erst verspätet erscheint, weil es immer besondere Genehmigungen erfordert, ein solches Heft herauszubringen. Im allgemeinen sollen diese Hefte aus Materialersparnisgründen nicht erscheinen. Ich setze jedoch alles daran, um die mir sehr wichtige und, wie ich immer wieder auch an anderen Stellen sage, für das Schrifttum lebenswichtige Verbindung zwischen Autor, Verlag, Leser aufrecht zu erhalten.«48 Das zweite Heft konnte, wenn auch verspätet, doch erscheinen, was einmal mehr zeigt, daß Bischoff als ehemaliger Referent der RSK durch seine Beziehungen manchmal das Unmögliche möglich machte. Das zweite Heft der literarischen Arbeitsberichte trug den Schwerpunkttitel »Südosteuropaheft« und das Datum
48
schoff 1942, S. 3. Es ist unklar, ob Bischoff auf eine frühere Publikation mit dem Titel Meldereiter anspielt oder ob er die Zeitschrift einfach als Ersatz für die herkömmliche Verlagswerbung sah. Jedenfalls konnte eine solche Publikation weder bibliographiert noch in einer Wiener Bibliothek gefunden werden. Karl H. Bischoff an Franz Karl Ginzkey, 28.9.1942, Ordner Ginzkey.
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»Frühjahr 1944«, was wohl heißt, daß es gegen Jahresende herauskam. 49 Der Umfang war gleich geblieben, also 48 Seiten, der Umschlag stammte diesmal von Willi Bahner und war zwar auch mit Zirkel, aber wesentlich friedlicher gestaltet. Inhaltlich war die neue Folge ein Rechenschaftsbericht über die Arbeit der letzten Jahre und - rückblickend betrachtet - auch ein Fanal. Sie beinhaltete auch einzelne Gedichte, diverse Leseproben aus kroatischen, ungarischen, bulgarischen und rumänischen Verlagswerken sowie eine allgemeine Präsentation des südosteuropäischen Schrifttums. Dieser Aufstellung zufolge waren z.B. zum Zeitpunkt »Frühjahr 1944« nicht weniger als 6 bulgarische, 15 griechische, 4 kroatische, 14 rumänische und 36 ungarische Autoren »in unserer Verlagsarbeit« vertreten! Im »Verlegerbrief« (S. 23-29) schilderte Bischoff seine Planung für den Frieden und stellte neue Autoren bzw. Herausgeber und ihre geplanten Werke vor (Manfred Jasser, Heinrich Burkard, Gerhard Schumann, Walter Sachs, Robert Hohlbaum, Ferdinand Oppenberg, Erna Blaas, Josef Weber, Walther Stanietz und mehrere Ausländer). Die in der ersten Folge stolz als »Leckerbissen für Feinschmecker« vorgestellte Wiener Meerfahrt, ein fröhliches Buch um den Wiener Wein, das von Josef Weinheber und Richard Smekal herausgegeben werden sollte, fand keine Erwähnung mehr. Auch diese Folge - sie war auch die letzte - schloß mit einem »Bücherverzeichnis« ab, das bereits bei seinem Erscheinen ein historisches Dokument war.
30.9. Lenkungsmaßnahmen Produktion und Vertrieb von Büchern waren im Dritten Reich bekanntlich von unzähligen staatlichen Lenkungsmaßnahmen bestimmt, von denen viele schon in irgendeinem Kontext zur Sprache gekommen sind. In der Kriegszeit jedoch kamen noch z.T. verschärfte, z.T. neue Einschränkungen auf die Verleger zu. Eine wahre Bürokratie, unterstützt durch einen Wust von Verordnungen und Pflichten, machte den Verleger zum Buchhalter. Das alles und der ewige Kampf um Papier schufen zusätzliche Schreibarbeit, die von der eigentlichen Arbeit abhielt und die Lektorenarbeit zu einer sekundären Tätigkeit degradierte. Da diese Maßnahmen in der Fachliteratur großteils schon erörtert worden sind, sollen sie hier nur kurz referiert werden, um anschließend auf die Auswirkungen der Papierbewirtschaftung im konkreten Fall Paul Zsolnay Verlag bzw. Karl H. Bischoff Verlag näher eingehen zu können. Durch die traditionell vorherrschende Stellung, die ausländische, also übersetzte Literatur im Programm des Paul Zsolnay Verlags hatte, lasteten viele Verordnungen auf dem Verlag doppelt schwer. So war z.B. der Erwerb ausländischer Verlagsrechte bei der Schrifttumsabteilung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda anmeldepflichtig. Der Verlag konnte mit einem aus49
Im Zirkel. Literarische Arbeitsberichte
und Schrifttumsblätter ßr Bücherfreunde des Karl H. Bi-
schoff Verlages. Zweites Heft/Frühjahr 1944. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff Verlag 1944.
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ländischen Autor abschließen, mußte aber dann um eine Genehmigung ansuchen, die oft lang auf sich warten ließ. Von diesem Verfahren durfte aber der nichtsahnende Autor im Ausland gar nichts wissen. Das heißt, auf die Genehmigungspflicht durch das Ministerium oder eine andere Stelle durfte kein Bezug genommen werden. Durch die lange Wartezeit kam sich der Autor schlecht behandelt vor. Auch Verträge mit ausländischen Verlagen, die mit Deviseneinnahmen verbunden waren, mußten vom Propagandaministerium erst genehmigt werden, was eine geplante Herstellung unendlich erschwerte und für die Bildung eines Vertrauensverhältnisses gewiß nicht förderlich war. Es mußte auch dauernd darauf geachtet werden, daß die Autoren RSK-Mitglieder bzw. der richtigen Kammer zugehörig oder im Besitz eines Befreiungsscheines waren, daß die Übersetzer »Arier«, daß die Verwendung von Decknamen genehmigt war, daß einmal genehmigte Werktitel nicht abgeändert wurden usw. usf. Geschäftsreisen mußten im vorhinein genehmigt werden, und es bestand Berichtspflicht. Man mußte darauf achten, daß verschiedene Stellen mit Freistücken bzw. Prüfungsexemplaren bedacht wurden. Infolge der Kriegsereignisse mußte, mit den bekannten Ausnahmen, englisches, französisches, russisches, polnisches, nordamerikanisches Schrifttum aus dem Programm genommen werden. Und was Neuauflagen und Auflagenhöhen betraf, gab es auch bei populären Übersetzungswerken Schranken. Vom neuen Werk des englischschreibenden italienischen Diplomaten Daniele Vare, The Temple of Costly Experience, plante der Zsolnay Verlag im Herbst 1940 gleichzeitig die Erstauflage von 6 000 Exemplaren und die Neuauflage von 10 000 Exemplaren und kündigte dies auch dem Propagandaministerium an. Die Antwort des Ministeriums war positiv und informierte überdies über die im September 1940 schon längere Zeit geltende Richtlinie für Übersetzungen: Wenngleich eine Beschränkung der Auflagenhöhe von Übersetzungen aus fremden Sprachen aus naheliegenden Gründen gegeben erscheint, werden im vorliegenden Falle gegen eine Neuauflage in der angegebenen Höhe von 10.000 Exemplaren keine Bedenken geltend gemacht. Sie werden darauf hingewiesen, daß alle Genehmigungsbescheide für Übersetzungen aus Fremdsprachen, soweit sie das schöngeistige Schrifttum betreffen, seit einiger Zeit in der Auflagenhöhe auf 10.000 Exemplare beschränkt sind. 50
Die »milde« Behandlung war höchstwahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß Vare italienischer Staatsbürger und Diplomat des befreundeten Staates war. Das Prüfungsverfahren bei Devisenanträgen, ja überhaupt die langwierige Genehmigung von solchen Anträgen, stellte manches Verhältnis zwischen dem Paul Zsolnay Verlag und dem Autor im Ausland auf eine harte Probe. Diesem standen, wie an einigen Beispielen bereits gezeigt wurde, aus dem Verkauf seiner Bücher im Deutschen Reich beträchtliche Tantiemen zu, nur mußte der Vertragspartner, der Verlag, den Autor ständig vertrösten, da wegen der Devisenbewirtschaftung Überweisungen viel Zeit in Anspruch nahmen. 50
RMfVuP an Paul Zsolnay Verlag, 14.9.1940, Ordner Vare. Hervorhebung vom Verf.
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Auch die Produktionsplanung wurde dem Verleger ab Februar 1940 ein Stück mehr aus der Hand genommen. Als das Verfahren der Planungsanmeldung für Neuerscheinungen und Neuauflagen eingeführt wurde, wurden die Verleger noch mehr an die Kandare genommen, ihr Entscheidungsfreiraum noch mehr eingeschränkt. Die Begründung nach der Devise »Buch als Schwert des Geistes« lieferte Reichsminister Joseph Goebbels: »Das Schrifttum steht heute vor besonders wichtigen Aufgaben. Jeder deutsche Verleger muß sich der Verantwortung bewußt sein, die er gerade jetzt bei Auswahl und Herausgabe von neuen Veröffentlichungen übernimmt. Um die Gewähr dafür zu bieten, daß die entsprechenden Gesichtspunkte Berücksichtigung finden, sind Bücher und Broschüren, die sich mit politischen, insbesondere außenpolitischen, wirtschaftlichen und militärischen Fragen befassen, zweckmäßigerweise den jeweils zuständigen Dienststellen rechtzeitig zur Prüfung vorzulegen.« 51 Eine neue Papierflut wurde geschaffen. Doch nach dieser Anordnung blieb manches offensichtlich unklar, so daß in den folgenden Monaten weitere Erläuterungen publiziert werden mußten. Im April 1940 wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, »daß auch alles schöngeistige Schrifttum, soweit es die in der Anweisung bezeichneten Schrifttumsgruppen berührt, als Planung anmeldepflichtig ist«.52 Das alles dürfte der Wiener Verlag sowohl unter der Leitung des Treuhänders als auch unter der Führung von Karl H. Bischoff allerdings kaum zu spüren bekommen haben.
30.10. Die Papierfrage und andere Rahmenbedingungen Kein Faktor in der Geschichte des Buchhandels in der Kriegszeit spielte eine dermaßen entscheidende und zentrale Rolle wie die Papierfrage. 53 Sie beherrschte Produktion und Vertrieb; sie hatte viele Facetten und läßt sich keineswegs auf die staatlich gelenkte Zuteilung von Papier reduzieren. Zu diesem Komplex gehören nämlich auch die Produktionsbedingungen der Papierfabriken (Rohstoffversorgung, Wassermangel), die Kapazität der Buchbindereien und Druckereien (Personalmangel, spezielle Aufträge) und die durch den Krieg erschwerten Transportwege, ja sogar das Höchstgewicht eines hergestellten Bandes. Bevor auf die Frage eingegangen wird, wie die Papierfrage Herstellung und Produktion des Zsolnay Verlags bzw. Karl H. Bischoff Verlags beeinflußte, soll zuvor auf jene Maßnahmen, Dekrete, Verordnungen usw. im Bereich Papierbewirtschaftung Bezug genommen werden, die von Staats wegen den Zugang zu und
51
Vertrauliche Mitteilungen für die Fachschaft Verlag, Nr. 46, 1.2.1940, S. 1.
52
Handbuch der Reichsschrifttumskammer,
53
Zu dieser Frage bes. im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Zeitschriften siehe Michael Kno-
S. 138.
che: Wissenschaftliche Zeitschriften im nationalsozialistischen Deutschland. In: Monika Estermarm u. Michael Knoche (Hrsg.): Von Göschen bis Rowohlt. schen
Verlagswesens.
Festschrift für Heinz Sarkowski
Harrassowitz Verlag 1990, S. 260-281.
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Beiträge zur Geschichte des deut-
zum 65. Geburtstag.
Wiesbaden: Otto
Gebrauch von Papier regelten und alle belletristischen Verlage gleichermaßen betrafen. Zunächst einmal ist es problematisch, generell von »Papiermangel« oder »Papiernot« zu sprechen: Produktionszahlen zeigen, daß zwischen 1939 und 1945 weniger Papier hergestellt wurde. Doch wäre es ratsamer, im Kontext Buchhandel im NS-Staat von einem geregelten Mangel zu reden. Probleme mit der Papierversorgung traten im NS-Staat nicht erst während des Krieges auf, eine Verknappung löste schon ab Mitte der 30er Jahre Sorgen aus, als manche Verleger wegen der »Hamsterkäufe« von Verbrauchern und Zwischenhandel Lieferschwierigkeiten hatten. Die Lage soll sich dann ab 1937 entspannt haben. Am 6. April 1937 wurde mittels Amtlicher Bekanntmachung der RSK Nr. 119 versucht, den Selbstverlag einzudämmen, und die Verleger »zu starker Zurückhaltung bei der Übernahme wenig marktgängiger Werke« zu bewegen. Am selben Tag trat eine Bekanntmachung der Gruppe Buchhandel der RSK über eine Regelung des Papierverbrauchs im Bereich des deutschen Verlages in Kraft. »Sie verpflichtet die Verleger zu Einsparungen bezüglich des Gewichts und der Qualität des Papieres, zur Verwendung von holzhaltigem Papier für kurzlebige Bücher, Kataloge und Prospekte und verbietet die Verramschung von Werken innerhalb von zwei Jahren nach Erscheinen.« 54 Dabei hatte eine Fragebogenaktion unter den Verlegern ergeben, daß der deutsche Buchverlag gar nicht der große Papierverbraucher war, für den manche ihn hielten. Vom gesamten Papierbedarf Deutschlands in den Jahren 1936/37 verbrauchte er einen verschwindend geringen Prozentsatz, nämlich 2%. Dieses Ergebnis läßt vermuten, daß die viel propagierte Notwendigkeit äußerster Sparsamkeit im Papierverbrauch viel mehr mit der Produktionslenkung oder »Papierzensur« (Strothmann) zu tun hatte. Im November 1939 erfolgte eine Anordnung über die Papierverbrauchsstatistik (25.11.1939). Ende des Jahres, also knapp nach Beginn des Zweiten Krieges, kam es zu neuen Einschränkungen in der Papierbewirtschaftung. »Die gegenwärtige Lage«, so hieß es in den Vertraulichen Mitteilungen fiir die Fachgruppe Sortiment, ließe »es nur noch in besonders begründeten Ausnahmefällen zu, neue Bücher auf holzfreiem Papier zu drucken, da nur ein geringer Anteil des für den Buchverlag bereitgestellten Papierkontingents in holzfreiem Papier zur Verfügung gestellt werden konnte.« Für die Dauer des »uns aufgezwungene(n) Krieg(es)« wäre nicht mehr zu vermeiden, daß »der bei weitem größte Teil des deutschen Schrifttums auf holzhaltigem Papier gedruckt wird«. Die Buchhändler wurden »eindringlichst darauf hingewiesen«, daß bei ihrer Kundenberatung die Papierqualität keine Rolle zu spielen hatte. Auch Verleger durften nicht damit werben, daß ein bestimmtes Buch auf holzfreiem Papier gedruckt worden war. 55
54
55
Karl Baur: Tätigkeitsbericht des Leiters der Fachschaft Verlag. In: Vertrauliche Mitteilungen der Fachschaft Verlag, Nr. 34, 11. Mai 1938, S. 3 ff. Hier S. 5. Betr. Papierbewirtschaftung. In: Vertrauliche Mitteilungen für die Fachgruppe Sortiment, Nr. 13, 15.12.1939, S. 4.
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Wenige Wochen später wurde, diesmal vom Präsidenten der RSK, ein erneuter Sparappell bekanntgemacht: Die derzeitige Papierversorgungslage zwingt zu sparsamstem Verbrauch von Papier für Druckschriften, für deren Papierverbrauch zur Zeit noch keine feste Einsparordnung besteht. Es ist daher Aufgabe aller Verleger und Verlagsleiter, die solche Druckschriften herausgeben, bei der Entscheidung über den Papierverbrauch den strengsten Maßstab anzulegen. Das Gebot der äußersten Papiersparsamkeit auf allen Gebieten entsteht nicht erst durch den Erlaß von Verbrauchsrichtlinien, sondern ist ein unabdingbares Kriegsgebot. Ich mache die Verleger und Verlagsleiter dafür verantwortlich, daß Druckschriften nicht mehr ohne gewissenhafte Prüfung ihrer Notwendigkeit, des Umfanges und der Auflage herausgegeben werden. 56
Sollte die Weisung keine Beachtung finden, drohte Karl Baur eine Bewirtschaftung des Papiers für alle Verwendungen im Bereich der RSK herbeizuführen. Auch Wilhelm Haegert lag die Sparsamkeit beim Papierverbrauch besonders am Herzen. Seine Durchsicht von Neuerscheinungen hatte nämlich ergeben, »daß bei der Herstellung viel Papier gespart werden« könne, in manchen Büchern seien unnötigerweise gar »mehrere weiße Blätter vorgeschaltet«, es gebe »völlig unbedruckte Blätter«. Sein Aviso an die Mitglieder der Fachschaft Ende März 1940: keine unbedruckte Seiten, die nicht unbedingt nötig wären.57 Probleme mit der Papierversorgung wurden im NS-Staat nicht verschwiegen, auch nicht von höchster Stelle. Das Jahr 1941 brachte eine historisch bedingte Wende. In einer zeitgenössischen Analyse heißt es: Das Produktionsvolumen als solches wies allerdings gegenüber dem Vorjahr [1939] noch keine tiefer greifenden Veränderungen auf. Friedensmäßige Ausmaße konnten ja von vornherein nicht mehr erwartet werden, aber, von kleineren Ausfällen abgesehen, konnte doch die Produktion des Jahres 1940 noch weitgehend von der Tatsache profitieren, daß in der Buchproduktion meist auf weite Sicht geplant wird, weshalb jetzt noch manches Werk herausgebracht werden konnte, das in seiner Planung auf die ersten Kriegsmonate, oder noch weiter, auf die letzte Friedenszeit zurückging. [...] Während nun ungefähr noch bis gegen Weihnachten 1940 hin die Buchproduktion sich annähernd innerhalb eines friedensmäßigen Rahmens erhalten konnte, wobei freilich nicht die Überproduktion der letzten beiden Friedensjahre als Maßstab genommen werden darf, so wurde das erheblich anders, je weiter wir in das Jahr 1941 hinein kamen. Nunmehr zeigte es sich, daß auch innerhalb der Buchwirtschaft die Notwendigkeiten des Krieges das entscheidende Wort zu sprechen hatten. Die Gründe dafür waren uns in der ersten Hälfte des Jahres 1941 nicht bekannt; sie lagen aber mit den Ereignissen des 22. Juni [1941: Deutschland beginnt den Krieg gegen die Sowjetunion!] plötzlich vor aller Augen, denn nun wußten wir, daß die wehrwirtschaftliche Vorbereitung und Durchführung dieser gewaltigen Aktion des radikalen Einsatzes aller ir56
57
Bekanntmachung des Präsidenten der Reichsschrifttumskammer. In: Vertrauliche Mitteilungen flr die Fachschaft Verlag, Nr. 46, 1.2.1940, S. 1. Streng vertraulich! In: Vertrauliche Mitteilungen für die Fachschaft Verlag, Nr. 49, 27. März 1940, S. 1.
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gendwie verfügbaren Material- und Personalkräfte bedurfte, um in ihrem Ziel, der Niederringung des Bolschewismus, gesichert zu sein. 58
Die Konsequenz war die Einführung der sog. Verlagsplanungsanmeldung. 59 Einzelne Produktionssparten sollten beim Ringen um Papiermengen den Vorzug haben: 1) das Schrifttum, das aus wehrwissenschaftlichen, wehrwirtschaftlichen, wehrpsychologischen und politischen Gründen wichtig war, 2) Fachschrifttum und 3) das Schulbuch. All das hatte bei der Papierverteilung Priorität vor der schöngeistigen Produktion. Die Aufgabe, diese Papiermengen gerecht und den Kriegsnotwendigkeiten entsprechend zu verteilen, lag bei den zuständigen staatlichen Stellen. Diese Bevorzugung hatte eine zahlenmäßige Verringerung der belletristischen Produktion zur Folge. Dr. Bernhard Payr, der die NS-Schrifttumspolitik verinnerlicht hatte, wußte die Situation auf den Punkt zu bringen: »Die totale Kriegsführung, die den großdeutschen Freiheitskampf kennzeichnet, stellt auch die Träger des geistigen Kampfes der Nation vor eine entscheidende Feuerprobe. [...] Nach wie vor erwartet das deutsche Volk von seinem Verlegerstand, daß er ihm die richtigen Waffen für den großen geistig-weltanschaulichen Kampf, der diesem Kriege zugrunde liegt, zur Verfügung stellt.« Ein Rezept hatte er auch parat: für die kommenden Kriegsmonate sei »eine strenge Qualitätsauslese« vonnöten, und zwar nach dem Motto »non multa, sed multum«. Propagandaminister »Woche des deutschen reinen Wein ein, als er bei der Würdigung der
Goebbels schenkte in seiner Rede zur Eröffnung der Buches« am 26. Oktober 1941 in Weimar seinen Zuhörern von einer »Unsumme von Schwierigkeiten« sprach, die man Leistungen im Buchbereich in Rechnung stellen müsse:
Verlage und Druckereien gaben einen großen Teil ihrer besten Mitarbeiter an die Wehrmacht ab. Die Papierfrage wurde mit längerer Dauer des Krieges von Woche zu Woche schwieriger und komplizierter. Dabei galt es für das deutsche Schrifttum, vor allem seine elementarste Pflicht der kämpfenden Front gegenüber zu erfüllen. 60
Es sei Pflicht der Verleger, die deutsche Wehrmacht im kommenden Winter ausreichend mit guten Büchern zu versorgen, und zwar durch Wehrmachtausgaben und Buch-Feldpostsendungen. Die Verleger waren angehalten, über ihren Papierverbrauch Rechenschaft abzulegen. In einer entsprechenden Anordnung vom 3. Februar 1940 wurde jeder, der Werke des Schrifttums oder Kunstblätter verlegte, verpflichtet, von jeder Neuerscheinung, Neuauflage oder Neuausgabe ab 1. Januar 1940 die genaue und voll58
59 60
Das schöngeistige Schrifttum im dritten Kriegsjahr. Betrachtungen zur Lage und zur Produktion des schöngeistigen Schrifttums im Jahre 1941. In: Bücherkunde, 8. Jg., H. 12, Dezember 1941, S. 369-373. Hier S. 369. Dazu Handbuch der Reichsschrifttumskammer, S. 137-140. Joseph Goebbels: Das eherne Herz. Reden und Aufsätze aus den Jahren 1941/42. München: Eher 1943, S. 61-71. Hier S. 67. Dazu auch das Börsenblatt, Nr. 254, 30.10.1941, S. 374-376.
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ständige Auflagenhöhe und die Menge und Art des dafür verwendeten Papiers zu melden. Dazu gab es freilich eigene Formulare. Demgemäß war nicht nur das Gewicht des Buchblocks, sondern auch das Gewicht für Vorsatz- und Beklebepapier und des Papiers für Schutzumschläge anzugeben.61 Unterlagen dieser Art konnten im Archiv des Zsolnay Verlags nicht gefunden werden. Bei der Verbürokratisierung des Buchhandels fiel es kaum ins Gewicht, daß die Verleger von Fachbüchern angehalten wurden, mit der Angabe des Erscheinungsjahres und des Druckjahres in Buchveröffentlichungen ordentlicher zu sein. Wohl entscheidender für das tägliche Leben eines Verlages, darunter auch des Paul Zsolnay Verlags bzw. des Karl H. Bischoff Verlags war die Tätigkeit der Wirtschaftsstelle des deutschen Buchhandels. Ihre Errichtung geht auf das Jahr 1935 zurück, als Paul Hövel Anfang Juni vom Leiter der Abteilung Schrifttum der RSK, Karl Heinz Wismann, mit dem Aufbau und der Leitung beauftragt wurde. Wie Hövel in seinen Erinnerungen schreibt, war die Wirtschaftsstelle zwar rechtlich eine Abteilung der RSK, doch hatte letztere auf Verwaltung und Arbeitsweise keinen Einfluß. 62 Der Leiter wurde vom Propagandaministerium berufen, so hatte es Joseph Goebbels beschlossen. Um Mitsprache bei dieser Einrichtung wurde hinter den Kulissen wild gekämpft, wie Paul Hövel und Karl Baur, Leiter der Fachschaft Verlag, in ihren Erinnerungen übereinstimmend berichten. Baur meint, die RSK sah die große Chance, »jene Verlage zum Erliegen zu bringen, die ihr ein Dorn im Auge waren«. 63 Wilhelm Baur, der Kontrahent beider, verlangte nämlich, daß die Wirtschaftsstelle der RSK eingegliedert werde. Nachdem bei Kriegsbeginn eine allgemeine Rohstoffbewirtschaftung angeordnet worden war, hoffte Wilhelm Baur nun endlich, so Hövel, die deutsche Verlagsproduktion nach NS-Gesichtspunkten steuern zu können. Eine Papierbewirtschaftung hatte es auch im Ersten Weltkrieg gegeben und sie war somit keine unbekannte Maßnahme. Nur hatten die Verlage im Ersten Weltkrieg jeweils pauschal eine gewisse, gerecht geteilte Papiermenge zugesprochen bekommen, über die sie frei verfügen konnten, war das nun im NS-Staat anders. Weder stand den Verlagen ein Pauschalkontingent zur Verfügung noch konnten sie über eine Zuteilung frei verfügen. Das Papier wurde ihnen auf Antrag zugeteilt - oder auch nicht. Daß der Zensur durch die wirtschaftliche Maßnahme der Papierkontingentierung Tür und Tor geöffnet wurde, ist einleuchtend. Der Eingriff in die Literaturproduktion war somit systemimmanent. Nach Paul Hövel gelang es der Wirtschaftsstelle bis zum Beginn des Krieges gegen Rußland die versuchte politische Beeinflussung auf die Papiergenehmigung abzu-
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Siehe Amtliche Bekanntmachung Nr. 139. Anordnung über die Papierverbrauchsstatistik, in: Das Recht der Reichskulturkammer, S. 105 f. Paul Hövel: Die Wirtschaftsstelle des deutschen Buchhandels, Berlin 1935 bis 1945. Ein Augenzeugenbericht. In: Buchhandelsgeschichte 1984/1, S. Β 1-B 16. Karl Baur: Wenn ich so zurückdenke ... Ein Leben als Verleger in bewegter Zeit. Vorwort von Heinz Friedrich. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1985, S. 250. Zur Neuorganisation der Fachschaft Verlag siehe Börsenblatt, Nr. 69/70, 2.4.1942, S. 67 f.
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wehren, doch gewannen politische Stellen nachher zunehmend Einfluß. Zur Arbeit dieser Stelle schildert Karl Baur: in der neuen Stelle für Papierkontingentierung tagte Woche um Woche ein Gremium von Sachverständigen, um über die vorliegenden Anträge auf Papiergenehmigung zu beraten. In ihm war alles vertreten, was mit Papier für Bücher zu tun hatte: Verleger der wichtigsten Arbeitsgemeinschaften der Fachschaft, Vertreter der Parteiverlage, der parteiamtlichen Prüfungskommission, des Amtes Rosenberg, des Ministeriums, der Wehrmacht, der Papierindustrie und so weiter. [ . . . ] In jeder Sitzung entbrannte ein erbittertes Ringen. Die Wortführer des Eher-Verlages und der Parteidienststellen lehnten jede Publikation ab, die ihnen aus doktrinären Gründen oder um des antragstellenden Verlages willen untragbar schien. 6 4
Wenn die Versorgungslage bei Papier von vornherein prekär war und sich im Laufe des Krieges verschärfte, erhebt sich die banale Frage, wie es trotz geringerer Produktionskapazität bei Papier im Altreich möglich war, in den ersten Kriegsjahren dennoch so viele Bücher zu produzieren. Dazu gibt es eine einfache Antwort: Der NS-Staat plünderte schlicht und einfach die Papierbestände aller Überfallenen Länder. Karl H. Bischoff war als Diener der RSK über die Entwicklungen bestens informiert. Wie ernst die Situation im fünften Kriegsjahr schon war, berichtet Bischoff in einem an den Anwalt des verstorbenen Egmont Colerus gerichteten Brief, der dokumentarischen Wert hat: Es erscheint uns völlig unmöglich, die schriftstellerischen Erträgnisse des Jahres 1941 irgendwie zur Grundlage einer Bewertung von Urheberrechten zu nehmen. Aus verschiedenen, mit dem Kriege zusammenhängenden Gründen hat das Jahr 1941 im gesamten Buchhandel einen ausserordentlichen Absatz gebracht. Dieser Absatz war deshalb noch möglich, weil im Jahre 1941 noch verhältnismässig ungehindert produziert werden konnte. Die für die Buchproduktion erforderlichen Materialien, vor allem die notwendigen Papiermengen, standen in einem ziemlich ausreichenden Masse zur Verfügung, einmal, weil die Staatsführung davon ausging, dass das Buch in der Auseinandersetzung eine besondere Rolle spiele, weiter, weil durch die besetzten Gebiete grössere Papierbestände, vor allem aber grössere Zellulosebestände, verfügbar waren. Die Absatzmöglichkeit ist auch im Jahre 1942 geblieben und wird auch im Jahre 1943 bleiben. Eine entscheidende Änderung ist jedoch eingetreten dadurch, dass die Herstellungsmöglichkeiten sich ganz bedeutend verschlechtert haben. Die Papierbestände in den besetzten Gebieten sind nahezu zusammengeschmolzen. Die vorhandenen Zellulosebestände mussten für andere Zwecke im grösserem Umfange mobilisiert werden. Zusätzliche Auflagen durch Verlagerung der Herstellung in die besetzten Gebiete sind kaum mehr möglich. Das der vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda kontrollierten Wirtschaftsstelle des deutschen Buchhandels zur Verfügung stehende Kontingent für Papier ist im Dezember 1942 um 2 2 % gekürzt worden, eine weitere Kürzung von 2 8 % ist bereits verfügt. In den Monaten Januar bis März 1943 hat die Wirtschaftsstelle des deutschen Buchhandels weder unserem Verlage noch anderen Verlagen ausser für Schulbücher bis jetzt eine Papiergenehmigung erteilen können. Es wurde sogar eine Sperre für jeden Papierantrag mit Ausnahme der Anträge für Schulbücher und bestimmte akade-
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Karl Baur, S. 251.
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mische Lehrbücher bis 31. März 1943 eingeführt. Zu diesen akademischen Lehrbüchern zählen die Werke von Colerus nicht.65
Im Herbst dieses Jahres kam es zu einer weiteren Papierantragssperre. Diesmal wurden von Anfang September bis 15. November von der Wirtschaftsstelle keine Ansuchen mehr angenommen.66 30.11. Die tägliche Praxis im Krieg Es erhebt sich nun die Frage, wie sich die geschilderte Institutionalisierung der Papierbewirtschaftung auf die Arbeit und Produktion des Karl H. Bischoff Verlags auswirkte. Es wäre z.B. interessant nachweisen zu können, inwieweit die von Strothmann forcierte These von der »Papierzensur« auf den Wiener Verlag zutrifft. Dazu wäre aber der geschlossene Schriftwechsel zwischen Verlag und Wirtschaftsstelle unabdingbare Voraussetzung, und diese Korrespondenz liegt, bis auf einzelne Stücke in den Autorenordnern, im Archiv nicht vor. Dennoch bieten die Briefe zwischen verschiedenen Autoren und dem Verlag, unabhängig davon, an wen ein Schreiben gerichtet ist, ein informatives Bild über die Papierfrage. Ja, die Briefe Bischoffs sind so etwas wie das Tagebuch eines Verlegers und sollen daher im Wortlaut zitiert werden. Das Problem der Papiergenehmigung für Neuausgaben wurde in Zusammenhang mit Karl Hans Strobl bereits gestreift. Über dieses Dilemma wechselten auch Karl H. Bischoff und sein Autor Hanns Schopper Briefe. Im Juli 1943 liest man z.B.: »Es ist natürlich schwer, für alle Bücher des Verlages zurzeit die Papierbewilligung zu erhalten. Das bewirkt, dass ich die einzelnen Bücher des Verlages prüfe.«67 Auch Johannes Freumbichler zählte zu den Verlagsautoren, die sich eine Neuauflage ihrer Werke wünschten. Karl H. Bischoff begründete die Schwierigkeiten im Jahr 1943 folgendermaßen: Im allgemeinen ist es aus wesentlichen Gründen leichter, für eine Neuerscheinung Papier zu bekommen, als für Bücher, die schon vorliegen. Die Gründe, die zu dieser Stellungnahme des verantwortlichen Ministeriums führen, sind die, dass es verhindern will, dass durch einen doch mehr oder weniger äusserlichen Umstand, nämlich die Papierknappheit, der Fluss des Schrifttums als solcher allzusehr unterbrochen wird.68
Diese Feststellung von Bischoff wird allerdings durch die Produktionsentwicklung des Verlags widerlegt, denn zahlen- und auflagenmäßig überstiegen die Neuauflagen die Neuerscheinungen! 65
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Karl H. Bischoff an RA Dr. Alfred Indra, Wien, 24.3.1943, Ordner Colerus. Zu dieser Verfügung wegen des totalen Kriegseinsatzes siehe Börsenblatt, Nr. 43, 20.2.1943, S. 33. Börsenblatt, Nr. 139, 4.9.1943, S. 156. Karl H. Bischoff an Hanns Schopper, 22.7.1943, Ordner Schopper. Karl H. Bischoff an Johannes Freumbichler, 25.2.1943, Ordner Freumbichler.
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Die lange Prozedur von der Vertragsunterzeichnung zur Papiergenehmigung und schließlich zur Auslieferung eines Werkes war für den Autor nervenaufreibend, und der Verleger bekam diesen Unmut des öfteren zu spüren. Der Vorwurf lautete, das in Rede stehende Buch wäre bei einem anderen Verlag längst auf den Markt gekommen. Unter Schriftstellern kursierten freilich Gerüchte, wonach im Unterschied zum Karl H. Bischoff Verlag andere Verlage über Papier verfügen würden. Als ihm diese Gerüchte zu Ohren kamen, war Bischoff etwas ungehalten, und im Fall des Verlagsautors Ernst Wurm, konterte er mit der Feststellung, daß die Gründe für das Nichterscheinen seines neuen Werkes nicht beim Verlag lägen, sondern sind zwingend einfach durch den Krieg bedingt. Sie dürfen es mir glauben, dass wir alles daran setzen, um die in die Herstellung gelangten Bücher so rasch als möglich fertigzustellen, denn wir müssen soviel Arbeit als möglich bei den starken Einberufungen aus unserem Mitarbeiterstab sparen. Jede Verzögerung bedeutet neue Mehrarbeit. Jede Verzögerung, die irgendwie zu vermeiden ist, würden und müssen wir daher vermeiden. Wenn das Buch noch nicht vorliegt, so sind aussergewöhnliche Umstände allein die Schuld. 69
Dasselbe Schreiben Bischoffs gibt uns Einblick in das Genehmigungsverfahren: Ihr Vorwurf aber, dass bei einem anderen Verlag die Dinge besser geklappt hätten, trifft mich persönlich bitter. Was haben wir getan? Am 6.6.1941 ist zum ersten Mal ein Papierantrag für Ihr Buch eingereicht worden. Er wurde am 20.6. abgelehnt. Daraufhin wurde er am 11.8. von uns noch einmal erneuert. Eine Antwort hierauf erfolgte zunächst nicht. Am 4. September wurde der Antrag Herrn Dr. Hofmann mündlich angelehnt. Am 12. September wurde der Antrag erneut gestellt und am 3. Oktober endgültig abgelehnt. Daraufhin habe ich mich, wie Sie wissen, persönlich um die Sache bemüht. Ich habe persönlich an den entscheidenden Stellen vorgesprochen, auf Ihr Schaffen hingewiesen, dessen Bedeutung herausgestellt und damit auch begründet, dass auch dieses Buch in diesem Gesamtschaffen eine Rolle spielt (trotzdem ich rein persönlich die Wahl eines so fernliegenden Stoffes, dazu aus einem uns oft auch bei eigener Anschauung fremd bleibenden Kulturkreises nicht für allzu glücklich halte) und habe Herrn Langer nach Berlin geschickt, um immer wieder nachzubohren. Wir haben unter anderem z.B. am 28. Januar 1942 nochmals einen Vorstoss gemacht und endlich habe ich auf Grund eines persönlichen Vorstosses durchgedrückt, dass wir am 16. März die Bewilligung erhielten, (ebd.)
Das Werk Wurms erschien übrigens am 15. Oktober 1942, 16 Monate nach dem ersten Papierantrag! Bei einem anderen Verlagsautor, Franz Spunda, verhielt es sich nicht anders. Im Februar 1942 reichte Spunda sein Manuskript Der Herr vom Hradschin ein, Bischoff versprach es »so bald als möglich als Buch herauszubringen«. Doch: Beschränkungen, die mit dem Kriege zusammenhängen und durch die Kriegsverhältnisse diktiert werden, gestatten es uns Verlegern leider nicht mehr, so freizügig zu handeln wie sonst, aber es
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Karl H. Bischoff an Ernst Wurm, 14.5.1942, Ordner Wurm. Das fragliche Werk heißt Yüan Schi-kai.
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muss doch unser Bestreben bleiben, den Verlagsautoren zu dienen und das Mögliche noch herauszuholen. Darum macht es mir eine Freude, Ihnen sagen zu können, dass nun endlich die Satzarbeiten für Ihr Buch begonnen haben und in nächster Zeit die ersten Fahnen bei Ihnen eintreffen werden. Natürlich geben wir uns alle Mühe, um auch unter den herrschenden Verhältnissen Ihr Werk äusserlich so gut und so schön als möglich herauszubringen. 7 0
Ziemlich genau ein Jahr darauf (am 18. Februar 1943) kam der 540Seiten starke Roman heraus. Auch Ernst Scheibelreiter scheint mit einem Verlagswechsel geliebäugelt zu haben, doch mußte Bischoff die Gerüchte über besondere Papierbezüge anderer Verlage dementieren. Mir ist zwar bekannt, dass hin und wieder von anderer Seite halbe Viertelsandeutungen gemacht werden, die von Autoren so ausgelegt werden, als ob gewisse Verlage über Papierbestände frei verfügen könnten. Ich darf hierzu bemerken, dass auch dieser Verlag Papierlager hat, dass aber die Verfügungsberechtigung hierüber erst erteilt werden muss. Auch als Leiter der Fachgruppe Literatur und Kunst werde ich darüber wachen, dass irgendwelche Seeräubermethoden in das Verlagsgeschäft nicht eindringen, ebenso wie ich darüber wachen werde, dass die Autoren zu ihren wirklichen Rechten kommen. Die Genehmigungen für die Papieranträge sind bis jetzt noch nicht eingegangen, ich werde in Berlin persönlich danach sehen. 7 1
Was die Autoren nicht wissen konnten, und das zeigt die Korrespondenz Bischoffs nach Berlin, diese Versprechen und Hinweise waren keine faulen Ausreden. In Wirklichkeit konnten sie froh sein, einen Verleger zu haben, der einen direkten Draht zu den Entscheidungsträgern in Berlin hatte, mit denen er auf Du und Du stand. Bischoff blieb in seinen auch persönlich geführten Verhandlungen hart und ergatterte für seine Autoren dann doch so manche Papiergenehmigung. Die Verleger waren zu dieser Zeit tatsächlich in einer Zwickmühle: Mit dem Verlagsvertrag hatten sie sich verpflichtet, ein neues Werk innerhalb einer vereinbarten Frist herauszubringen, konnten ihn aber, weil die Länge des Genehmigungsverfahrens sich nicht vorhersehen ließ, selten einhalten. Auch das bewog manchen Autor, den Verlag wechseln zu wollen. Der Verleger Bischoff erteilte den Abwanderungswilligen darauf eine freundschaftliche Warnung, denn solche Abwanderungsgelüste waren der Fachschaft Verlag öfter zu Ohren gekommen und es mußte daher unter dem Mantel »Pflicht zur Kameradschaft« dem Verlagswechsel
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Karl H. Bischoff an Franz Spunda, 17.2.1942, Ordner Spunda.
71
Karl H. Bischoff an Ernst Scheibelreiter, 18.3.1942, Ordner Scheibelreiter. Hinter den Abwerbungsversuchen vermutete Bischoff den ehemaligen Zsolnay-Lektor Hermann R. Leber. Am 16. Dezember 1940 wurde nämlich Erwin H. Rainalter angestellt. Am 1. Jänner 1941 hat Wilhelm Andermann seinen gleichnamigen Verlag nach Wien verlegt und Leber in die Leitung berufen. Sein Ziel: »einen schöngeistigen, kultur- und kunstgeschichtlichen Verlag ersten Ranges in weitem Rahmen aufzubauen« (Börsenblatt, 25.11.1941, S. 3408).
746
ein Riegel v o r g e s c h o b e n werden. In den Vertraulichen
Mitteilungen
der
Fachschaft
Verlag v o m 30. April 1941 war darüber folgendes zu lesen: Die bereits jetzt notwendig gewordenen und sich zwangsläufig in der Zukunft noch mehr verschärfenden Einschränkungen in der Herstellung machen es unvermeidlich, daß der Verleger manche Bücher kürzer oder länger fehlen lassen muß; dies trifft natürlich deren Autoren schwer. [...] Es wird aber trotzdem nicht ausbleiben und ist auch schon wiederholt vorgekommen, daß Autoren, die sich zurückgesetzt fühlen, mit diesen Büchern den Weg zu anderen Verlagen suchen und finden, oder daß gar Verleger unter unbedenklicher Ausnutzung der Lage solchen Autoren Angebote machen. 72 A u c h z u m aktuellen Thema Verlagswechsel wurde hier Stellung g e n o m m e n : Grundsatz ist, daß Verträge einzuhalten sind. Wer in eigennütziger Weise kriegsbedingte Schwierigkeiten zum Anlaß nimmt, dem Vertragspartner die Treue zu brechen oder in bestehende Beziehungen einzudringen, handelt standeswidrig. 73 S o hieß es also: b e i m Stammverlag bleiben. A u c h nach der Einrückung Erich Landgrebes zur Wehrmacht wurde der Verlagsautor über die Arbeit im Verlag v o n B i s c h o f f voll informiert. In e i n e m sehr interessanten Schreiben des Verlegers v o m 30. September 1942 wird die Palette jener Faktoren, die die Produktion mitbestimmten, u m eine Facette reicher, nämlich u m das Wetter. Auf unsere Arbeit hat das Regenwetter weniger eingewirkt; mehr tut das die augenblickliche Trockenheit, die z.B. eine unserer Papierfabriken nahezu zum Stillstand bringt. Wir haben in diesen Monaten alle zusammen tüchtig gearbeitet und geplant und ich meine auch, dass wir einiges zuwege brachten. [...] Dieser Verlag war ein grosser Verlag mit einer sehr umfangreichen Produktion und es schien mir daher erforderlich, dass ich entgegen meinen eigentlichen eigenen Wünschen nun auch rein produktionsmässig ziemlich aus mir herausging und mehr Bücher auflegte, als ich mir ursprünglich vorgenommen hatte. Ich wollte beweisen, dass auch der Umfang des Verlages keine Änderung erfährt, sondern dass die Änderungen auf anderen Gebieten liegen. Trotz der kriegsbedingten Schwierigkeiten sind wir in der Produktion auch vorangekommen. Wie lange allerdings die Wege heute geworden sind, das beweist wohl nichts besser als unser Verlagskatalog 'Der Zirkel', an dessen Zusammenstellung ja Sie schon gearbeitet haben. Seit März ist er in der Herstellung und erst jetzt konnten die ersten Hefte versandt werden. Eines davon geht natürlich auch an Sie und macht Ihnen hoffentlich etwas Freude. Die Planung selbst ist freilich weitergeschritten. Es wird Sie interessieren, dass wir den neuen Gedichtband von Gerhard Schumann bringen, einen Band Gedichte von Oppenberg, eine Erzählung von Turnier, Balladen von Hohlbaum. Auf dem rein epischen Gebiete freilich ist nicht allzuviel los. [...]
72
73
Vertrauliche Mitteilungen der Fachschaft Verlag, Nr. 1-49 vom 30.4.1941. In: Handbuch der Reichsschrifttumskammer, S. 73. Vgl. auch »Kriegsbedingte Herstellungsschwierigkeiten und Einhaltung von Verlagsverträgen«, Vertrauliche Mitteilungen der Fachschaft Verlag, Nr. 163-186 vom 1.12.1941, ebd., S. 73 f. 747
Sehr lange dauert es auch immer, bis man Papiergenehmigungen bekommt und dann, wenn man die Genehmigung in der Hand hat, lassen die Papierfabriken auf sich warten. Alle die Mangelerscheinungen in der Vorindustrie, Papierfabrik, Buchdruckerei, Binderei u.s.w. summieren sich eben beim Endprodukt, dem Buche. Doch ich will unter keinen Umständen klagen, denn im Verhältnis zu anderen Zweigen können wir im Verlag ja immer noch gut planen und auch noch verhältnismassig gut produzieren. Vor einigen Tagen haben wir nun endlich auch die Genehmigung für Ihr 'Hochzeitsschiff' bekommen und können das Papier anfertigen lassen, so dass damit zu rechnen ist, dass auch dieses Buch noch während des Krieges herauskommt. Wegen Ihres Tagebuches allerdings bin ich noch nicht weitergekommen. Das Manuskript liegt noch immer bei OKW., das ja diese Dinge überprüfen will und ich habe selbst kürzlich in Berlin einmal danach gefragt, um endlich eine Entscheidung zu bekommen. Vielleicht gelingt es. Das Propagandaministerium, um dessen Hilfe ich ebenfalls bat, hat mir zugesagt, dass auch von dieser Seite aus nachgefragt werde. Vielleicht kann ich Ihnen schon in Kürze einen Sie und mich erfreuenden Bescheid geben. Ich hatte ja gemeint, dass wir dieses Bändchen spätestens im Herbst fertig haben und habe auch bisher die grundsätzlich vorliegende Genehmigung für 5 weitere Bändchen unserer kleinen Reihe zurückgehalten, um nicht den ganzen Papiergenehmigungsapparat noch einmal in Bewegung setzen zu müssen. Allerdings werden wir wohl jetzt ein anderes Bändchen machen und Ihr Tagebuch für die 5 nächsten Bändchen vormerken. Ich muss immer ziemlich viel unterwegs sein. Es ist notwendig, dass man viele Dinge persönlich behandelt und vorwärts treibt. 74
Ebenfalls unglücklich über die Verhältnisse war der Autor Erich Ebermayer, der auf eine Papiergenehmigung für einen Novellenband wartete. In einem langen Schreiben an Ebermayer vom 7. Oktober 1942 faßte Bischoff so gut wie alle Probleme, mit denen er als Verleger zu kämpfen hatte, konzis zusammen. Die Briefstelle könnte stellvertretend für eine Zusammenfassung der historischen Determinanten im Buchhandel im Weltkrieg stehen: Sie haben recht, wie schön wird es sein, wenn die kriegsbedingten Schwierigkeiten einmal wegfallen werden und wir dann wieder verlegerisch frei schaffen können. Wie schön wird es für den Verleger sein, wenn er sich dann wieder richtig für einen Autor einsetzen kann, was zurzeit nur in sehr bedingtem Masse möglich ist. Ich glaube, mancher Autor des Verlages würde sich nach vierundzwanzigstündiger Arbeit am Verlagstisch mit Grausen wieder wenden, weil ihm all die Wege und Weglein, die grossen und kleinen Entscheidungen, Schreiben und Karten, Telefongespräche und Nachfragen, Anweisungen und Anordnungen, mit denen man belastet ist, Kälteschauer über den Rücken jagten. Hat man Papier, dann kann der Drucker gerade nicht, kann der Drucker, dann schreit der Buchbinder nach Faden oder Überzugspapier oder die Papierfabriken haben wie jetzt durch die trockenen Monate kein Wasser mehr oder die Sätze müssen aus den Maschinen genommen werden, weil das Drucken und Binden von Schulbücher (sie) wichtiger ist - und es ist wichtig - usw. usw., dann kommen Transportwege, die plötzlich versperrt sind oder eine Äusserlichkeit, dass keine Kisten vorhanden sind, weil Leergut nicht befördert werden kann usw. 75
74 75
Karl H. Bischoff an Erich Landgrebe, 30.9.1942, Ordner Landgrebe. Karl H. Bischoff an Erich Ebermayer, 7.10.1942, Ordner Ebermayer.
748
30.12. Feldpost-Ausgaben und OKW.-Ausgaben Die Produktionsbedingungen auf dem deutschen Buchmarkt waren in der Kriegszeit auch in einer anderen Hinsicht nicht regulär. Als überzeugter Nationalsozialist und rühriger Verleger waren für Karl H. Bischoff Aufträge für die Wehrmacht nicht nur selbstverständliche Pflicht, sie waren auch gut für sein Geschäft und ebenso vorteilhaft für die Autoren, die auf diese Weise einen geschlossenen, überschaubaren Abnehmerkreis erreichten. Als Bischoff im Juni 1942 die Sortimenter auf der ersten Umschlagseite des Börsenblatts darauf aufmerksam machte, daß ein großer Teil seiner Produktion in Hinkunft vorrangig an die Wehrmacht und die Lazarette geliefert werde, war das keine leere Rhetorik. Die eigentlichen Abnehmer wurden nämlich in Verlagsanzeigen des öfteren ausdrücklich angesprochen. So liest man im Anschluß an einer Anzeige für den neuen Kriminalroman von Edmund Finke (Die Fürstin Seravallo): »Auslieferung ausschließlich durch Zuteilung. Ich bitte aber das Sortiment dafür Verständnis zu haben, daß gerade die Finke-Bücher gegenwärtig in erster Linie der Wehrmacht gehören müssen.« 76 Im Frühjahr 1943 liest man in einer Einschaltung zu den zu dieser Zeit ungemein gefragten und in eine Vielzahl von Sprachen übersetzten Mathematik-Büchern von Egmont Colerus, konkret zum Werk Von Pythagoras bis Hilbert, die im Druck befindliche Neuauflage sei »zum größten Teil der Wehrmacht vorbehalten«.77 Es war gerade bei den Büchern von Finke und Colerus nicht möglich, die Nachfrage auch nur annähernd zu befriedigen. In einer Verlagsannonce im Oktober 1943 hob Bischoff hervor, daß die Mathematikbücher von Colerus sich »insbesondere als geistige Nahrung für unsere in Kriegsgefangenschaft geratene(n) Soldaten eignen« würden, doch mußte er feststellen, daß sie vergriffen waren. 78 Schon bevor Bischoff Anfang November 1942, ebenfalls auf der ersten Umschlagseite, Einzelheiten über seine Feldpost-Ausgaben nachreichte, waren die Vorbereitungen voll im Gang, wie sein Brief an die Witwe des Verlagsautors Eduard Stucken, Anna Stucken, zeigt. Die besonderen Herstellungsbedingungen der Feldpostausgaben bedeuteten, daß der Verleger auf eigenartig scheinende Dinge zu achten hatte. Wegen des Umfangs des ursprünglichen Werkes kam ja nicht alles in Frage, es mußte daher ein in sich geschlossener Auszug gewählt werden. Wie Karl H. Bischoff der Witwe Stuckens, Anna Stucken, Anfang September 1942 schrieb, beschäftigte ihn die Frage der Herausgabe besonderer Feldpostausgaben, einmal, weil die Versorgung unserer Soldaten mit gutem Lesestoff eine verlegerische Aufgabe ist, sodann, weil durch die ja im grossen Ganzen weiterbestehende Gewichtsgrenze von 100 g für Feldpostpäckchen viele Bücher nicht an die Front kommen können. Diese Gewichtsgrenze hat unbeabsichtigt auch häufig jene
76 77 78
Börsenblatt, Börsenblatt,
Nr. 236/237, 20.10.1942, S. 1228. Nr. 61, 13.3.1943.
Börsenblatt,
Nr. 159, 21.10.1943.
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Literatur etwas begünstigt, die inhaltlich oft noch leichter wiegt, als ihr postalisches Gewicht ausmacht: Groschenhefte u.s.w. In die von mir geplanten und also im Gewicht auf höchstens 90 g beschränkten Feldpostausgaben möchte ich auch von Eduard Stucken ein Bändchen bringen u.zw. aus »Die weissen Götter«. [...] Das Ministerium hat der Herausgabe nunmehr zugestimmt. 79
Die geplante Auflage bei sicherer Abnahme betrug, so Bischoff an Frau Stucken, 15 000-20 000 Exemplare, erschienen ist in diesem Fall eine Auflage von ca. 28 000. Daß die Auflagen alle höher ausfielen, hat einen einfachen Grund. So hatten Bischoff und Erwin H. Rainalter die Auswahl für die Ausgabe Die dreißig Tänzer von Franz Karl Ginzkey getroffen. Bischoff konnte dem Autor Ende September 1942 mitteilen, es sei möglich, »dass wir für diese Reihe ein etwas leichteres Papier verwenden können« und daß es auch möglich sein werde, »die Auflage und damit das Honorar noch etwas zu erhöhen«.80 Die Autoren, die manchmal selber eine Auswahl für eine Feldpost-Ausgabe trafen, erhielten für die (geringere) Auflage ein Abdruckhonorar von RM 1 500. Wenige Monate später ging Bischoff mit seinem Vorhaben an die Öffentlichkeit: Aus verschiedenen bekannten Verlagswerken werden in sich abgeschlossene Bände als »Feldpost-Ausgabe« zusammengestellt. Im Bestreben, die Front mit möglichst vielfaltigem, gediegenem Lesestoff zu versorgen, werden Erzählungen wie Erlebnisberichte, Novellen wie Biographien ausgewählt. Das postalische Gewicht der Bände liegt unter 100 Gramm; Sie sind geheftet in mehrfarbigem Umschlag, haben einen Umfang von 96 Seiten und kosten je 80 Pfg. 8 1
Die in dieser Anzeige angekündigten ersten Bände - sie erschienen ab Februar 1943 - waren, wie üblich, nur im Rahmen des Zuteilungsverfahrens erhältlich. Ausgeliefert wurde mit mehrmonatiger Verspätung, sie hätten vor Weihnachten erscheinen sollen. So hatte es Bischoff jedenfalls geplant: Die Herstellung der Bändchen will ich so beschleunigen, dass sie auch rechtzeitig zum Winter vorliegen (!), vor allem, weil ich befürchte, dass so wie in den letzten Jahren um die Weihnachtszeit herum eine Feldpostsperre eintritt. 82
Der Produktionsstatistik des Karl H. Bischoff Verlags kann man entnehmen, daß die Jahre 1943 und 1944 eindeutig im Zeichen der nicht für das reguläre Sortiment bestimmten Herstellung standen. 1943 wurden dreizehn Feldpost-Ausgaben mit einer Gesamtauflage von 339 888 Exemplaren hergestellt. Sie allein machten mengenmäßig schon 42% der Jahresproduktion aus: Ernst Diez: Am Hofe der Sassaniden 79 80 81 82
11. Februar
Karl H. Bischoff an Anna Stucken, 5.9.1942, Ordner Stucken. Karl H. Bischoff an Franz Karl Ginzkey, 28.9.1942, Ordner Ginzkey. Börsenblatt, Nr. 251, 5.11.1942, U 1. Karl H. Bischoff an Franz Karl Ginzkey, 28.9.1942, Ordner Ginzkey.
750
28 400
Franz Karl Ginzkey: Die dreißig Tänzer Hermann Graedener: Der Esel Erwin H. Rainalter: Die schöne Beatrice Eduard Stucken: Der herabstoßende Adler Nino Bussoli: Im Eis des Weißen Meeres Elisabeth Gürt: Zehn dunkelrote Rosen Jakob Schaffner: Wie Gottfried geboren Willi Schäferdiek: Die Eierfahrt Daniele Vard: Die Stromschnellen Edmund Finke: Zehn einwandfreie Alibis Fr. Lorenz: Meister der schwarzen Kunst Bruno Wolfgang: Zwei Töchter
11. 11. 11. 11. 13. 13. 13. 13. 13. 26. 26. 26.
Februar Februar Februar Februar Mai Mai Mai Mai Mai August August August
27 760 28 600 27 000 28 250 28 500 11 018 28 400 20 060 28 400 28 300 27 000 28 200
Zusätzlich wurden 1943 von acht Verlagstiteln Neuauflagen als sog. OKW.-Ausgaben hergestellt, die mengenmäßig wiederum 22% der Neuauflagen in diesem Jahr ausmachten. Damit man sich ein Bild machen kann, was als geeignete Frontlektüre galt, werden die Werke hier mit Auflagenstand und Auflagenhöhe in der Reihenfolge ihres Erscheinens angeführt: Edmund Finke: Schwarzes Segelschiff Edmund Finke: Die Hamadryade Fritz Heike: Der Prinz aus Frankreich Alma Holgersen: Du hast deinen Knecht Johann Killian: Der Kristall Frank Thiess: Tsushima Egmont Colerus: Vom Punkt zur vierten83 Erwin H. Rainalter: Die Gesch. meines Großvaters
21.-•25. 6.-- 1 1 . 12.- 16. 3 .-7. 9.-•13. 81.- 94. 1.-6. 14.--19.
Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd.
6 6 5 5 5 16 6 6
170 650 500 701 330 100 160 494
Insgesamt machten die Feldpost-Ausgaben und OKW.-Ausgaben stattliche 49% der in diesem Jahr hergestellten Bände aus. 1944 war das Bild nicht wesentlich anders. Die neun Titel der Berliner Feldhefte hatten eine Gesamtauflage von 199 190 Bänden, was mengenmäßig ca. 30% des Jahresausstoßes darstellte. Rechnet man die zehn Verlagstitel und die zwei Hefte der Hundert kleinen Bücher, die in diesem Jahr als OKW.-Ausgaben neuaufgelegt wurden, hinzu, kommt man auf weitere 84 383 Bände und somit mengenmäßig gar 43 % der Jahresproduktion. Nach der Herstellkartei ergibt sich folgendes Bild der Produktion der Feldpost- und OKW.Ausgaben im Jahre 1944 in der Reihenfolge ihres Erscheinens: (Berliner Feldhefte) Paul Eipper: Unerschöpflich reich. (21 950) Ferdinand Oppenberg: Die Spende. (22 430) Helmut Paulus: Maria und Rudolf. (22 000) Erwin H. Rainalter: Land der Jugend. (21 830) 83
Dr. Goebbels-Spende für die deutsche Wehrmacht, Band 20.
751
Willi Schäferdiek: Bilderbuch. (21 930) Gerhard Schumann: Insel. (22 400) Nikolaus Schwarzkopf: Das Leutewerk. (22 100) Nikolaus Schwarzkopf: Frosch. (22 300) Max Wegner: Glocke des Ackers. (22 250) (alle Juli 1944 erschienen) (OKW.-Ausgaben) Edmund Finke: Der Tod vor dem Spiegel Robert Seitz: Die Liebe alt, wie die Welt Sextil Puscariu (Hrsg.): Die Weintraube Helmuth M. Böttcher: Um die Atlantikwerft Ernst Diez: Entschleiertes Asien Edmund Finke: Das dreifache Angesicht84 Erich Ebermayer: Der Traum des Krösus Robert Seitz: Der Ast, auf dem die Engel sitzen Egmont Colerus: Archimedes in Alexandrien Hubert Mumelter: Schatten im Schnee Emil Fuchs: Romantisches Schachbüchlein Johann Nestroy: Der Mensch ist auch ein Federvieh
31. -35. 4 6. -12. 16. -20. 6. -10. 26. -30. 11. -15. 4.-8. 11. -15. 12.·-16. 6. -20. 7.·-21.
Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd. Tsd.
4 5 5 5 5 5 5 5 5 5 16 15
950 500 000 000 500 030 030 320 601 506 041 905
Mit der Produktion von Feldpostheften oder Feldpost-Ausgaben war Karl H. Bischoff freilich nicht allein auf dem Markt, ja der Produktionstrend in Richtung Versorgung der Wehrmacht ist als Zeichen der Zeit in den Anzeigen des Börsenblatts mühelos erkennbar. Der Schwerpunkt Herstellung von Frontlektüre machte sich nicht nur in der Statistik, sondern auch in der täglichen Praxis bemerkbar. Ende Oktober 1943 mußte Bischoff z.B. die Autorin Camilla Ströhlin in Berlin wegen des Nichterscheinens eines Romans trösten: der Verlag war mit Wehrmachtsausgaben eingedeckt, alles andere mußte warten. Das hing, so Bischoff, mit den Dingen zusammen, die jetzt das Verlegerleben beeinflussen und beeindrucken, dazu gehören vor allem natürlich die Papierbewilligungen und gehört also auch Ihr Buch. Wir haben nun die Papierbewilligung noch nicht. [...] Auch wir sind übrigens zur Zeit ein herstellungsmässig durch dringende Wehrmachtsaufträge, die vor allem anderen bearbeitet werden müssen, etwas in der Klemme und könnten wahrscheinlich in den nächsten Wochen ohnehin mit den Herstellungsarbeiten nicht beginnen. 85
Nach der Aktenlage zu schließen, kamen die Feldpost- bzw. OKW.-Ausgaben auf zweierlei Art zustande. Entweder schlug Karl H. Bischoff dem Propagandaministerium in Berlin bestimmte Titel und Autoren vor und suchte gleich um eine Papier84
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Ende Oktober 1944 bestellte die Zentrale der Frontbuchhandlungen in Berlin bei Bischoff eine OKW.- Ausgabe des Romans Der Teufelsschlüssel in einer Auflage von 5 000 Exemplaren. Der vorgesehene Herstellungsort war Italien. Die Ausgabe konnte nicht mehr erscheinen. Karl H. Bischoff an Camilla Ströhlin, 29.10.1943, Ordner Ströhlin.
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genehmigung an, oder eine Wehrmachtsstelle wandte sich direkt an den Verlag mit der Bitte um eine Lizenzgenehmigung zum Abdruck eines Verlagswerks. So versuchte Bischoff zum Beispiel eine OKW.-Ausgabe für den Autor Ernst Scheibelreiter durchzusetzen, um diesen über das Nichterscheinen eines Gedichtbandes zu trösten. Es werde, so Bischoff an Scheibelreiter im Oktober 1943, »natürlich vorher die Feldpost-Ausgabe kommen und habe ich beim OKW. persönlich eine bestimmte Zusage durchgesetzt, dass eines Ihrer Bücher, u.zw. der 'Philisterfrieden', als Wehrmachtsauflage erscheint«.86 Dazu ist es nicht gekommen. Bischoffs ausgezeichnete Verbindungen zu Berliner Stellen erwiesen sich häufig als unschätzbar, und man muß einräumen, daß der Verleger stets bemüht war, das Allerbeste für seine Autoren unter den erschwerten Bedingungen herauszuholen und der RSK gegenüber manchmal einen gegensätzlichen Standpunkt vertrat. »Für die Organisation Todt, mit der wir in Verbindung stehen,« teilte Bischoff dem Autor Willi Schäferdiek im Juni 1944 mit, »können wir natürlich sehr gerne aus dem Anekdotenbuch eine Feldpostausgabe, u.zw. mit anderen Anekdoten, zusammenstellen.«87 Sonderaufträge, so begehrt sie gewesen sein mögen, stellten den Verlag aber manchmal, wie der Fall Colerus zeigt, vor ziemliche Probleme. So wurde der Karl H. Bischoff Verlag vom Propagandaministerium in Berlin Ende 1942 aufgefordert, einen Colerus-Band für die Fachbüchereien der »Dr. Goebbels-Spende für die deutsche Wehrmacht« herzustellen. Welche Auswirkungen das auf die Arbeit des Verlags hatte, zeigt die Reaktion Bischoffs: Für Ihre Benachrichtigung danke ich Ihnen bestens und erwarte die weiteren Nachrichten, die Sie bis 15. Dezember in Aussicht stellten. Es ist selbstverständlich, dass sich wie der ganze deutsche Verlag auch mein Verlag alle Mühe geben wird, um gerade diese Auflage termingerecht herzustellen. Ich halte mich jedoch für verpflichtet, Sie auf folgendes hinzuweisen: Der Satz des Colerus-Buches muss, da Sie ein anderes Format vorschreiben, neu vorgenommen werden. Es ist durch die eingestreuten Tafeln und Bilder ziemlich schwierig und erfordert eine gute Buchdruckerei. Die Druckereien sind zur Zeit stark in Anspruch genommen, vor allem aber sind es die Bindereien in Wien. Die Fertigstellung dieser Auflage lässt sich nicht erreichen, ohne dass andere Auflagen z.B. für Wehrmachtsaufträge und auch für den zivilen Bedarf, zurückgestellt werden. Die Bindereien in Wien sind vor allem durch die Zwangsaufträge zur Fertigstellung des Fernsprechbuches anfangs des Jahres kaum in der Lage, neue Aufträge anzunehmen, insbesondere fürchten sie sich vor Terminaufträgen, weil ihnen auch schon angekündigt worden ist, dass Schulbücheraufträge kommen, die sie aus verständlichen Gründen nicht ablehnen können. Trotzdem werden wir, sobald Ihre nächste Nachricht eingetroffen ist, den angeregten Papierantrag stellen. 88
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Karl H. Bischoff an Emst Scheibelreiter, 29.10.1943, Ordner Scheibelreiter. Karl H. Bischoff an Willi Schäferdiek, 20.7.1943, Ordner Schäferdiek. Erschienen ist der Band »Den Brüdern, die da bleiben« nicht. Karl H. Bischoff an das RMfVuP, 15.12.1942, Ordner Colerus.
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Fast ein Jahr später, am 15. November 1943, konnte die Sonderauflage des Buches Vom Punkt zur vierten Dimension im gewünschten Format übergeben werden. Feldpostausgaben, wie etwa bei Colerus, kamen auch auf andere Weise zustande. Die Zentrale der Frontbuchhandlungen, Auslieferungslager Paris, wandte sich Anfang Juni 1943 an den Karl H. Bischoff Verlag, mit einer entsprechenden Bitte: Auf Veranlassung des Oberkommandos der Wehrmacht/J druckt die Zentrale der Frontbuchhandlungen, Auslieferungslager Paris, seit einiger Zeit in Paris Sonderausgaben mit Papier aus französischen Beständen. Diese Auflagen sind einmalige Sonderausgaben, die als solche gekennzeichnet werden und nur in Frankreich durch die Frontbuchhandlungen zum vollen deutschen Ladenpreis, ausschließlich an Soldaten, verkauft werden. Der Verlag erhält von diesen Ausgaben eine Gebühr von 10% des Ladenpreises, mit der dann auch das Honorar abgegolten ist. Da auch in Frankreich das Papier sehr knapp ist, kann natürlich nur eine kleine Auflage von einem einzelnen Titel gedruckt werden und auch die Titelauswahl muß beschränkt bleiben. Wir haben in unserer letzten Vorschlagsliste an das Oberkommando der Wehrmacht folgenden Titel aus Ihrem Verlag genannt: Colerus, »Vom einmaleins zum Integral« (5 000 Aufl.) Wir bitten Sie, uns postwendend Ihr Einverständnis zur Herausgabe dieser Sonderausgabe mitzuteilen. Die Herstellung der möglichst originalgetreuen Wiedergabe liegt ausschließlich in unseren Händen und wir bitten Sie, falls es möglich ist, um Übersendung von Matern und Gravuren als Postpaket an folgende Anschrift: [...] 8 9
Der Verlag stimmte dem Angebot zu, konnte der Zentrale aber keine Matern zur Verfügung stellen. Probleme mit Spezialaufträgen, auch in Zusammenhang mit Colerus, hatte Bischoff bereits seit der Übernahme des Verlags, und seine Briefe an das Propagandaministerium vermitteln ein getreues Bild des leidigen Papierproblems. In einem Schreiben an das Ministerium im November 1941 einen Auftrag für das Werk Vom Einmaleins zum Integral vom Egmont Colerus betreffend, liest man folgendes: Beigefügt übermittle ich Ihnen die Abschrift eines Auftrages auf dieses Werk. Ich habe es mit einiger Mühe möglich gemacht, dass ich wenigstens einen Teil der Bestellung ausführen kann. Dieses Werk von Colerus wird übrigens wie auch alle anderen mathematischen Werke des Verfassers von der Front ständig verlangt. Es handelt sich um eine besonders geschickte und geistvolle Einführung in die mathematischen Gesetze. Colerus besass hierfür eine einmalige und auch sehr schwer wiederholbare Begabung. Trotzdem viele der eben auch von der Front kommenden Aufträge nicht ausgeführt werden konnten, habe ich es vermieden, lediglich auf Grund vorhandener Wehrmachtsbestellungen wegen der Ablehnung der Papieranträge für Neuauflagen vorstellig zu werden, weil schliesslich auch auf andere Werke solche Bestellungen eingehen. Die Aufnahme des Buches in die für die
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Zentrale der Frontbuchhandlungen, Auslieferungslager Paris, an Verlag Paul Zsolnay, Berlin, 1.6.1943, ebd.
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Offizierslehrgänge an den Waffenschulen des Heeres bestimmte Liste beweist jedoch erneut die Wichtigkeit dieses Buches gerade für die Soldaten. Daher bitte ich, bei Neuanträgen auf Papiergenehmigungen berücksichtigen zu wollen, dass es sich bei den Colerus Büchern um Werke handelt, die gerade jetzt für die Front wichtig sind. 90
Regierungsrat Sebastian Losch vom RMfVuP antwortete, er wolle »Ihre Gesichtspunkte bei zukünftigen Papiergenehmigungen für die Bücher von Colerus gern berücksichtigen«.91 Der Trend zu den »leichteren Inhalten« war, wie Bischoff in seinem Brief an Anna Stucken anmerkt, auch in seinem Programm der Jahre 1943-1945 unverkennbar: als Frontlektüre bevorzugt waren Kriminalromane, Edmund Finke, zum Beispiel, wurde zu einem gleichermaßen gefragten Autor, dessen Werke dutzendfach in andere Sprachen, ganz besonders ins Tschechische und Italienische, übersetzt wurden.92 Aber auch hier gab es kleine Probleme, die mit der früheren Einstellung der Schrifttumspolitiker zum Kriminalroman zusammenhingen. Ein solcher Fall war die geplante Wehrmachtausgabe (und Neuauflage) des Romans Die Hamadryade (Auftraggeber OKW/J). Daß Kriminalromane generell erwünscht waren, hatte sich 1942 offenbar nicht überall herumgesprochen, worauf Bischoff Aufklärungsarbeit leisten mußte. Vor einigen Jahren hatte, wie ich erst jetzt feststelle, der Beauftragte der damaligen »Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums« in Wien dem Verlag mitteilen lassen, dass gegen eine Neuauflage Bedenken bestünden. Daraufhin hat der Verlag die Neuauflage zurückgestellt. Die von der Reichsstelle damals geäusserten Bedenken dürften aber lediglich Bedenken sein, die sich auf den Kriminalroman ganz allgemein beziehen und eher von der Frage herrühren, ob ein Kriminalroman überhaupt erwünscht ist. Da diese Frage unterdessen längst eindeutig beantwortet wurde, kann auch Finke »Hamadryade« wieder neu erscheinen. Ich bitte daher, mir den erforderlichen Wehrmacht-Papierscheck hierfür (Werkdruck, Stoffklasse III, 20.750 Bogen,
90 91 92
Karl H. Bischoff an das RMfVuP, 11.11.1941, ebd. Losch/RMfVuP an Bischoff, 9.12.1941, ebd. Das Propagandaministerium lehnte allerdings Übersetzungen der Kriminalromane Finkes ins Spanische glatt ab, obwohl solche Rechtevergaben Devisen ins Land brachten. Die Begründung hatte weder mit dem Autor noch mit einem Werk zu tun. Das Ministerium teilte dem Karl H. Bischoff Verlag am 17. November 1943 dazu folgendes mit: »Die zum Schreiben vom 3. November d.J. hier eingegangenen Prüfungsexemplare der Finke-Kriminalromane gehen Ihnen in der Anlage wieder zu mit dem Bemerken, daß von Ihrem Vorhaben Abstand genommen werden muß, zumal die Zusammenarbeit mit Frau Bages-Gonzalez unerwünscht und die vorgeschlagene Abänderung der Romane abzulehnen ist. Im Auftrage: (von Weyssenhoff).« (Ordner Finke) Es war sein Pech, daß mehrere Romane für die Dauer des Krieges nicht übersetzt werden durften, weil sie in einer englischen Umgebung spielten. Bei der spanischen Übersetzung wollte man die ganze Handlung in eine andere Umwelt verlegen und den Figuren eine andere Nationalität geben. Um ein anderes Beispiel zu zitieren, kam etwa eine holländische Übersetzung des Romans Die Verwandlung des Vesal von Josef Weber deshalb nicht zustande, weil die Zusammenarbeit mit dem niederländischen Verlag N.V. Servire in Den Haag »unerwünscht« war.
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78x90 cm, 80 g, 1.170 kg) freundlichst ausstellen zu wollen und wäre für baldige Erledigung besonders dankbar, damit die Anfertigung sofort veranlasst werden kann. 9 3
Die betreffende OKW.-Ausgabe erschien am 1. Juli 1943. Lizenzen zum Abdruck der Finke-Romane als Feldausgaben gingen u.a. auch über den Volk und Reich Verlag, dessen Abteilung OT. für die Organisation Todt eine Buchreihe herausgab, und den Wehnnachtbefehlshaber Norwegen, Wehrmacht-Propagandagruppe in Oslo. Karl H. Bischoff wurde auf gewisse Weise für seinen Einsatz mit Feldpost- und Wehrmachtausgaben später auch belohnt. Ende August 1944, als sich das deutsche Verlagswesen durch behördliche Maßnahmen inmitten eines weiteren Schrumpfungsprozesses befand, erhielt er wichtige Post aus Berlin. Auf dem Briefpapier des Präsidenten der Reichsschrifttumskammer wurde ihm folgendes mitgeteilt: Auf Grund der Ermächtigung des Präsidenten der Reichskulturkammer und Generalbevollmächtigten für den totalen Kriegseinsatz habe ich die Fortsetzung Ihrer Verlagsarbeit als kriegswichtig anerkannt. Ihre Firma wird daher von der Stillegung nicht betroffen. Ich erwarte, dass Sie Ihre weitere Tätigkeit als Kriegsdienst auffassen und von sich und Ihrer auf das Mindestmass zu beschränkenden Gefolgschaft ein Höchstmass von Leistung fordern. Im Auftrage: gez. Gentz 94
Der deutsche Agressionskrieg forderte auch immer mehr Verluste, und der Karl H. Bischoff Verlag sollte einige Monate nach dieser »Prädikatsverleihung« im Rahmen des vielzitierten totalen Kriegseinsatzes seines Cheflektors beraubt werden. Am 2. Oktober 1944 wurde der 52jährige Erwin H. Rainalter per Zuschrift aufgefordert, sich am 7. Oktober zum Wehrdienst in Wien einzufinden. Ihn sollte damit dasselbe Schicksal ereilen wie einen Monat zuvor den Verlagschef Bischoff, der bei einem Aufenthalt in Berlin plötzlich zum Militär einrücken mußte, sich bald irgendwo in Ungarn befand und hin und wieder »im Urlaub« den Verlag aufsuchen konnte. Der Prokurist des Verlages, Rudolf Penz, ersuchte die Gauinspektion der N.S.D.A.P. in Wien umgehend um Milde und begründete die Bitte wie folgt: Unser Verlag wurde lt. Bescheid des Präsidenten der Reichsschrifttumskammer in Berlin, Nr. III Gf L 10/0 vom 26. August 1944, von dem wir eine Photokopie beischliessen, als kriegswichtig erklärt und von der Stillegung nicht betroffen. Wir haben ständig eine Reihe wichtiger Aufträge für die geistige Truppenbetreuung sowohl unmittelbar für das OKW. und für die Organisation Todt, wie für die einzelnen Wehrmachtsteile und die Waffen-SS zu erledigen. 93
94
Karl H. Bischoff an die Wirtschaftsstelle des deutschen Buchhandels, Berlin, 4.9.1942, Ordner Finke. Schreiben des Präsidenten der RSK an den Karl H. Bischoff Verlag, 26. August 1944, Gremium/Paul Zsolnay Verlag.
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Wir haben ferner im Auftrage des Reichsministeriums für VolksaufkJärung und Propaganda laufend eine grosse Anzahl von Feldpostausgaben für die Soldaten herzustellen. Herr Erwin H. Rainalter ist Cheflektor des Verlages und der einzige Herr der für die schwierige Bearbeitung der uns gestellten Aufgaben in literarischen Belangen die Verantwortung trägt. Er wurde für diese Aufgaben vom Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda von der Wehrmacht UK-gestellt. Ausserdem obliegt Herrn Rainalter in Vertretung des zur Zeit zur Wehrmacht eingezogenen Verlagsinhabers und Betriebsführers, Herrn Karl H. Bischoff, die literarische Leitung und die für einen Verlagsbetrieb wichtige Betreuung der Autoren. Herr Rainalter ist für den Betrieb und seine vom Präsidenten der Reichsschrifttumskammer verfügte Fortführung unentbehrlich. Ein Ersatz für ihn ist nicht da. Wir bitten darum dringend, Herrn Erwin H. Rainalter in seiner jetzigen Tätigkeit im vollen Umfange zu belassen. 95
Ob die Bitte Gnade fand, geht nicht aus den Unterlagen hervor. Zur Ironie der Geschichte gehört, daß Bischoff, in seiner Eigenschaft als Fachgruppenleiter der RSK, zu dieser Zeit auch noch damit beschäftigt war, rundherum Verlage zu schließen.96 Nähere Auskunft über diese Tätigkeit sowie über den Zustand des deutschen Verlags Ende August 1944 gab Bischoff in einem Brief an Robert Hohlbaum: Ich hätte Ihnen so gerne schon viel öfter geschrieben, aber leider bringen es die Umstände der letzten Zeit mit sich, dass ich immer wieder nach Berlin gerufen werde, um an Sitzungen über das Schicksal des deutschen Verlages teilzunehmen. Nach vielen nicht leichten Bemühungen ist nun wohl vielleicht eine Grundlage gefunden, die es wenigstens einigermassen ermöglicht, das Schrifttum selbst wieder fortzuführen. Man darf dabei nicht übersehen, dass es sehr gefährlich ist, ein geistiges Leben abzudrosseln, die Wiederherstellung einer geistigen Ordnung wird wahrscheinlich grössere Schwierigkeiten in sich bergen als der Neuaufbau von ganzen Städten. Unter den Verlagen, die z.B. aus dem schöngeistigen Sektor für Wien allein übrig bleiben, nenne ich ausser meiner Firma noch den Wiener Verlag. Alles andere sollte aufhören. Ich habe allerdings noch einmal meine Stimme für einige Verleger erhoben, die sich Verdienste erworben haben. Es wird einem dabei aber erklärt, dass ja diese Schliessungen Kriegsnotwendigkeiten und nicht etwa Diffamierungen sind. Insgesamt bleiben nach der Schlussredaktion 214 deutsche Verlage, unter diesen befinden sich aber auch alle wissenschaftlichen, fachlichen, politischen Verlage usw. Die weitere Produktion wird selbstverständlich ausserordentlich stark eingeschränkt, aber das Wesentliche wird weiter erscheinen. 97
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Penz/Karl H. Bischoff Verlag an die Gauinspektion der NSDAP., Wien I, 5.10.1944, ebd. Solche Korrespondenz mit Ämtern findet sich nicht im Verlagsarchiv. So heißt es in einem Brief Bischoffs an Edmund Finke vom 1. September 1944: »Da ich im Zusammenhang mit den jetzt durchzuführenden Verlagsschließungen stark beschäftigt bin und über meine Zeit nicht ganz verfügen kann, [...].« Nachlaß Edmund Finke. Karl H. Bischoff an Robert Hohlbaum, 25.8.1944, Ordner Hohlbaum.
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30.13. Die Leipziger Katastrophe An der Tatsache, daß von den zahlreichen angekündigten Neuerscheinungen des Karl H. Bischoff Verlags viele nicht erschienen sind und publizierte Verzeichnisse aus dem Jahr 1944 noch weniger Bezug zur Realität hatten als vorher, war die Ablehnung von Papieranträgen durch die Wirtschaftsstelle nicht allein schuld, denn wir können davon ausgehen, daß Karl H. Bischoff um Papier für beinahe jedes vergriffene Werk ansuchte. Das Kriegsgeschehen hatte sich, wie wir gesehen haben, bis 1943 in mehrfacher Art bemerkbar gemacht und zu immer neuen Einschränkungen bei Verlag und Sortiment geführt. Im Herbst dieses Jahres wurde der deutsche Buchhandel vom bisher schwersten Schlag getroffen. Nachdem am 25. August 1940 ein geplanter Angriff auf Leipzig durch schlechtes Wetter verhindert worden war, blieb Leipzig längere Zeit hindurch vom Bombenkrieg verschont. Erst am 25. September 1943 wurde von der Royal Air Force die Entscheidung getroffen, sechs deutsche Städte, darunter die Messe-, Buch- und Kunststadt Leipzig, in die Angriffsplanung aufzunehmen.98 Am 20. Oktober sollte der Großangriff auf Leipzig stattfinden, doch auch hier erreichte nur ein kleiner Teil der 358 Bomber wegen der Wolkendecke sein Ziel. Doch diese wenigen genügten, um u.a. auch das Buchhändlerviertel zu treffen. In der Nacht vom 3. zum 4. Dezember griffen über 400 britische Bomber die Stadt in drei Wellen an. Die Folgen waren verheerend, hunderte Menschen wurden getötet, mehrere tausend Gebäude wurden total und das Buchhandelsviertel wurde zu etwa 80% zerstört. »Die Zahl von 50 Millionen verbrannten Büchern dürfte angesichts der nichtevakuierten Lagerbestände kaum zu hoch gegriffen sein« (ebd., S. 10). Bei beiden Angriffen wurde der Karl H. Bischoff Verlag unmittelbar in Mitleidenschaft gezogen. Die Angriffe und das Ausmaß der Zerstörung allein im Bereich des Buchhandels machten eine schon länger zurückliegende, kapitale Fehlentscheidung des Propagandaministeriums offenkundig. Im Interesse der zentralen Lenkung des Schrifttums (Zensur, Produktionsüberwachung usw.) waren die deutschen Verlage gezwungen, ihr Hauptlager in Leipzig einzurichten und auch ihre Auslieferung über Leipzig vorzunehmen, egal ob in dieser Stadt oder woanders gedruckt und gebunden wurde oder ob etwa, wie im Fall Karl H. Bischoff Verlag, auch in der fernen »Ostmark« hergestellt wurde. Im letzteren Fall mußte man einen großen Teil der lokal hergestellten Produktion mit einem mehrere Wochen dauernden und nicht ungefährlichen Bahntransport nach Leipzig schicken. Bis die Bücher ausgepackt und auf Grund der Zuteilungslisten verteilt wurden, wobei auch Personalmangel eine Rolle spielte, traten große Verzögerungen auf. In diesem Licht gesehen sind die der Herstellkartei entnommenen »Erscheinungstermine« bzw. jene in den Ankündigungen im Börsenblatt lediglich als »Richtwerte« anzusehen. Bis ein Buch des Karl H. Bischoff Verlags 98
Reimar Riese: Hier schlug das Herz des deutschen Buchhandels. In: Börsenblatt, Nr. 96, 3.12.1993, S. 6-11. Verwiesen wird noch auf den Katalog der Gedenkausstellung zum 50. Jahrestag des Großangriffs auf Leipzig, »Verwundungen«, die am 4. Dezember 1993 im Alten Rathaus eröffnet wurde.
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tatsächlich »in den Handel« kam, konnten nach seinem »Erscheinen« mehrere M o nate vergehen. D i e A n g r i f f e auf Leipzig finden naturgemäß i m Briefwechsel mit Autoren des Verlags häufig Niederschlag, waren doch beide Seiten die Leidtragenden.
Etwa
eine W o c h e nach d e m ersten A n g r i f f am 2 0 . Oktober z o g der Wiener Verleger in e i n e m Brief an seinen Autor Robert Hohlbaum erste Bilanz. Er konnte diesen z w a r mit der Nachricht trösten, daß das in Leipzig in Herstellung befindliche B u c h nicht betroffen sei, aber: Während mein Verlag sonst hauptsächlich durch die für die Wehrmachtszuteilungen bereitliegenden Bücherbestände sehr schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde, sind einige in Herstellung befindliche Werke möglicherweise nicht berührt, nur die Neuauflage der Gedichte von Schumann scheint gleichfalls mit betroffen zu s e i n . " W e n i g e Tage darauf teilte er Gerhard Schumann folgendes zur Katastrophe mit: Der Angriff auf Leipzig hat mich überhaupt sehr schwer betroffen, denn, da wir unsere fast alleinige Auslieferung durch Leipzig vornehmen, ist dort auch unser Hauptlager und allem Anschein nach ist es ganz schwer betroffen. 100 D e r zweite A n g r i f f Anfang D e z e m b e r war ebenfalls Gegenstand mehrerer Briefe B i s c h o f f s , die Zerstörung noch schwerwiegender. Diesmal war nämlich die Berliner Filiale des Verlags mit betroffen. 1 0 1 Z e h n Tage danach bedauerte B i s c h o f f in e i n e m Brief an die Frau des an der Front dienenden Autors Erich Landgrebe, ihr keine Bücher schicken zu können: Die Zerstörung des Büchervorrates in Leipzig hat uns leider aller Möglichkeiten beraubt, es wurde ja auch unser ganzes dortiges Lager vernichtet. Ich hätte Ihnen sonst schon gerne einige Bücher für Ihren Mann übersendet, aber die Verleger können gegenwärtig nicht liefern, oft nicht einmal Antwort geben. 102 A u s w i r k u n g e n auf die Produktion konnten nicht ausbleiben, da nicht alles i m Karl H . B i s c h o f f Verlag in der »Ostmark« produziert wurde. D o c h B i s c h o f f blieb längere Zeit i m Unklaren über das wahre Ausmaß der Katastrophe, das heißt, er 99
Karl H. Bischoff an Robert Hohlbaum, 29.10.1943, Ordner Hohlbaum. Am 26.2.1944 teilte Bischoff dem Autor mit, daß nach unvollständigen Nachrichten aus Leipzig 1 500 Exemplare seines Balladenbuches, Balladen vom Geist, vernichtet worden seien und daß er einen Antrag auf Ersatz der Gesamtauflage in Höhe von 6 000 Exemplaren gestellt hätte. 100 Karl H. Bischoff an Gerhard Schumann, 2.11.1943, Ordner Schumann. Betroffen dürften vor allem jene Bücher gewesen sein, die im Bibliographischen Institut hergestellt wurden. 101 Karl H. Bischoff an Monika Heike, 6.12.1943, Ordner Heike. 102 Karl H. Bischoff an Margret Landgrebe, 14.12.1943, Ordner Landgrebe. Zu diesem Komplex siehe auch Reinhard Tgahrt: Eugen Ciaassen. Von der Arbeit eines Verlegers. Marbach am Neckar: Deutsche Schillergesellschaft 1981 ( = Marbacher Magazin 19/1981), S. 21.
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wußte nicht konkret, was ev. noch zu retten und was aus den Werken geworden war, die beim Bibliographischen Institut in Leipzig gerade hergestellt wurden. Mitte Jänner 1944 scheint er immer noch nicht mehr gewußt zu haben. Seinem Autor, Oberbannführer Fritz Heike, schrieb Bischoff am 12. Jänner 1944, er könne ihm im Augenblick gar nicht sagen, wie es mit dessen Buch stehe, »weil wir definitive Nachrichten aus Leipzig überhaupt noch nicht haben«.103 Bischoff rechnete aber damit, »dass es sich bei den vernichteten Beständen um nicht sehr viele Exemplare des 'Prinzen' handelt, während wir sonst ja mehrere 100.000 schon fertige und vor allem in Herstellung in Leipzig befindliche Bücher verloren haben«. Interessant ist die Tatsache, daß manche Autoren sofort an Schadensersatzklagen dachten. Die RSK wies ein solches Ansinnen ab, mit dem Argument, daß der Autor keinen unmittelbaren Schaden erlitten hätte. Wenn man davon ausgeht, daß mehrere hunderttausend Bände vernichtet wurden, konnte das zugleich bedeuten, daß mehr als zwei Dutzend Verlagswerke ausgelöscht wurden! Den Schaden etwas heruntergespielt hat Bischoff in einem Schreiben an Hermann Stuppäck gegen Ende Jänner 1944: wäre die Katastrophe in Leipzig nicht eingetreten, dann wären zwei weitere unmittelbar vor der Fertigstellung stehende und dichterisch ungewöhnliche Bücher neben einigen anderen dazugekommen und hätten das Bild vervollständigt. 104
Der Angriff stand auch im Mittelpunkt eines eher offiziösen Briefes, den Bischoff am 7. Februar 1944 an Hanns Schopper richtete: Zu meiner verlegerischen Aufgabe, die gegenwärtig ja doch recht viel erfordert, kommen ja noch meine Beauftragungen als Fachgruppenleiter der Reichsschrifttumskammer für Kunst und Literatur, dazu kommt noch ein Sonderauftrag des Propagandaministeriums usw. Der Angriff der Feinde auf Leipzig hat im gesamten Buchhandel ja bekanntlich ungeheure und weitreichende Zerstörungen hervorgerufen und zeugt schon davon, dass die Leute jenseits des Kanals mit Überlegung und recht gründlich planen. Die Gesamtauswirkungen lassen sich noch nicht ganz absehen. Ich bemühe mich aber, verschiedene meiner Kollegen, die unter diesen Eindrücken etwas matt werden wollen und auf die auch das gesamte Kriegsgeschehen schwer drückt, aufzumuntern, denn allen Ereignissen steht ja der Mensch nur durch seine eigene Kraft siegreich gegenüber und es ist geradezu heilsam, jetzt, wo manche Aussichten natürlich verbaut und versperrt sind, erst recht zu planen und zu bauen. 105
Denselben Optimismus und dieselbe Durchhaltegesinnung legte Bischoff aber in einem Brief vom 8. Februar 1944, dessen Gegenstand wieder die Angriffe auf Leipzig waren, nicht an den Tag. Er war an einen Autor gerichtet, zu dem er in enger Beziehung stand, den er in seinen Verlag geholt hatte und der zu den Opfern 103
104 105
Karl gens Karl Karl
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H. Bischoff an Fritz Heike, 12.1.1944, Ordner Heike. Das hier genannte Werk war übrinach 1945 verboten. H. Bischoff an Hermann Stuppäck, 21.1.1944, Ordner Stuppäck. H. Bischoff an Hanns Schopper, 7.2.1944, Ordner Schopper.
zählen sollte: Gerhard Schumann. Schumann war ein prominenter Mann im Kulturbereich, er zeichnete nicht nur als SS-Obersturmführer d.R. und SA-Oberführer, er war auch Reichskultursenator und Chefdramaturg des Württembergischen Staatstheaters. Sein Erstlingswerk bei Bischoff, Gesetz wird zu Gesang, kam am 1. April 1943 in einer hohen Auflage von 11 188 Exemplaren heraus, was für einen Lyrikband erstaunlich war. Als Schumann von der Bombardierung Leipzigs hörte, schrieb er einen besorgten Brief an seinen Freund Bischoff. Dieser antwortete, wie schon zuvor an Heike, er könne ihm im Moment leider »noch nicht einmal sagen, was mit der Neuauflage Gesetz wird zu Gesang geworden ist. Es ist entsetzlich, aber wir haben von Leipzig exakte Unterlagen noch nicht. Sonst ist ja fast alles verbrannt und vernichtet was wir im Verlag hatten oder was in Leipzig hergestellt wurde.« 106 Die in Leipzig fertig vorliegende Neuauflage von Gesetz wird zu Gesang wurde doch vernichtet, was Bischoff dazu veranlaßte, in Berlin sofort zu intervenieren und gegen Ende März »eine Ersatzauflage von 10.000 genehmigt (zu) bekommen«. 107 Damit, könnte man meinen, war »halb gewonnen«, doch gedruckt wurde die Auflage nicht. Dazu gibt ein Brief Bischoffs an Schumann vom 3. April 1944 Auskunft, und hier erfahren wir Genaueres über die Dimension der Zerstörung, soweit sie den Karl H. Bischoff Verlag betraf, und Näheres über das Schicksal der Ersatzauflage: Heute zunächst Antwort auf Deine Anfragen: 1. Die Neuauflage 11.-20.Tsd. »Gesetz wird zu Gesang« ist mit 99% Sicherheit in Leipzig zum größten Teil zugrunde gegangen. Eine ganz genaue Unterlage liegt allerdings auch heute noch nicht vor, aber mit jedem Tag bröckelt der letzte Rest einer Möglichkeit vollends ab. Unabhängig von diesem »Vielleicht« habe ich sofort und zwar schon vor einigen Wochen einen Ersatzantrag beim Ministerium gestellt und mich kürzlich auch in Berlin um diese Sache noch einmal bemüht. Wir haben auch die Genehmigung für eine Ersatzauflage papiermäßig bereits
106
Karl H. Bischoff an Gerhard Schumann, 8.2.1944, Ordner Schumann. Schumann hatte seinem Verleger noch am 22.3.1944 folgendes geschrieben: »ich bitte Dich um endgültige Auskunft in folgenden Fragen, über die ich immer noch nicht ganz klar sehe: 1) Ist das 11.-20. Tsd. 'Gesetz wird zu Gesang' nun tatsächlich verbrannt?« Die Briefe haben sich gekreuzt. (Ordner Schumann) Der 1911 geborene Lyriker war in der NS-Literaturgeschichte ein gefeierter Mann. Über ihn schrieb Hellmuth Langenbucher (Die deutsche volkhafte Schrifttum
Gegenwartsdichtung.
Eine Einführung
in das
unserer Zeit. Berlin: Junker und Dünnhaupt Verlag 1939, S. 220): »Die
dichterische Gestaltung des Reichsgedankens auf der Grundlage des nationalsozialistischen Kampferlebnisses hat sich Gerhard Schumann zur Aufgabe gemacht, der er seit seinen Anfängen mit leidenschaftlicher Hingabe dient.« Ernst Löwy (Literatur unterm Hakenkreuz. Reich und seine Dichtung.
Eine Dokumentation.
Das
Dritte
Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Ver-
lag 1983, S. 322) beurteilte ihn anders: »Die Qualität der lyrischen Produktionen Sch.s in der NS-Zeit entspricht der Höhe der von ihm innegehabten Ränge; sie zählen zu dem Makabersten, was das Nazi-Schrifttum hervorgebracht hat.« Kein Wunder, daß Schumann und andere mit Bischoff befreundete Koryphäen im Jahrbuch Fünfundzwanzig
Jahre Paul Zsolnay Verlag nicht ge-
nannt werden. 107
Karl H. Bischoff an Gerhard Schumann, 21.3.1944, Ordner Schumann.
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hier, allerdings wurde die Genehmigung auf Finnland-Rollenpapier ausgestellt. Es ist natürlich nicht möglich, einen Gedichtband in Rotation über Rollenpapier zu drucken. Wir müssen einen Austausch versuchen oder machen. Dein Gedichtband war das erste Buch unserer sechzehn in Leipzig vernichteten Vollauflagen außer den sonstigen Beständen - das wir sofort wieder beantragten. Das Ärgerliche an der ganzen Sache ist j a das, daß ich Anweisung zur Auslieferung schon längst erteilt hatte und die Auslieferung nur durch den Angriff vom 22. Oktober in Leipzig gestoppt wurde. 1 0 8
Während seine Intervention in dem einen Fall gewissermaßen von Erfolg gekrönt war, mußte Bischoff in einem anderen eine Absage einstecken. Am 13. Mai 1943 war das Drama Gudruns Tod von Schumann in einer für ein Bühnenwerk ungewöhnlich hohen Auflage von 11 131 Exemplaren erschienen. Aber die vermeintliche Konjunktur für Dramen war eine Täuschung. Trotz seiner persönlichen Bemühungen, Wilhelm Haegert zur Genehmigung einer Neuauflage zu überreden, blieb dieser bei seiner Ablehnung, und zwar mit dem Hinweis, der für die Verlagsgeschichte dieser Zeit bezeichnend ist, »daß ja eine große Auflage dieses Dramas bereits vorliege, für Dramen würden nur noch Neuauflagen zur Deckung des Bedarfs der Theater genehmigt werden können«.109 Bei zunehmender Papierknappheit im fünften Kriegsjahr war die Produktionssteuerung im schöngeistigen Bereich nicht nur bei dramatischen Werken bemerkbar. Auch Lyrikbände wurden bei Papiergenehmigungen nicht mehr vorrangig behandelt wie früher. »Es wird nur etwas schwer sein,« schrieb Bischoff an den Autor Josef Weber Anfang Juli 1943, »im Augenblick Papier dafür [für den Gedichtband Zeit dieses Lebens] zu bekommen, weil mir Dr. Erckmann sagte, dass er gezwungen sei, Gedichtbände etwas zurückzustellen, nicht aber aus einer Unterschätzung des Gedichtes. Wir wollen sehen, ob wir nicht im Protektorat Papier dafür bekommen können. Zuerst wollen wir aber doch die Erzählung bringen.«110 Mit dieser tristen Aussicht handelte sich Bischoff schwere Vorwürfe von seiten des Autors ein, der meinte, der Verleger würde seine Gedichte nicht zu schätzen wissen und daß ihm das richtige Verständnis für sie fehle. Der Verleger fühlte sich zu Unrecht angegriffen und gab dem Autor postwendend einen Zustandsbericht über den deutschen Buchhandel im Juli 1943, in dem er auch die neuen Linie gegenüber Lyrikbänden erläuterte: Die neuerlichen Papierkürzungen verlangen in Verbindung mit der Verminderung der Arbeitskräfte in den Herstellungsbetrieben von den entscheidenden Stellen eine straffe Zusammenfassung des Kontingents, das ja durch die Grossauflagen ausserdem beansprucht wird. Hinzu kommt, dass das OKW. hauptsächlich im Zusammenhang mit den Feldpostausgaben sich dahin geäussert hat, dass es natürlich viele Soldaten gibt, die Gedichte lesen und wünschen, dass je108 109 110
Karl H. Bischoff an Gerhard Schumann, 3.4.1944, ebd. Ebd. K a r l H. Bischoff an Josef Weber, 1.7.1943, Ordner Weber. Papieranträge für die Erzählung »Die Bedingung« sowie für eine Neuauflage des Romans Die Verwandlung
des Vesal wurden
Anfang 1944 nicht genehmigt. Der Gedichtband Zeit dieses Lebens erschien im August 1944 in einer Auflage von 2 200 Exemplaren.
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doch fast zuviele Gedichtbände als Feldpostausgaben herausgekommen sind. Dies hat das Ministerium zu der Ihnen mitgeteilten Entscheidung geführt, dass Gedichtbände eben deswegen zwar nicht völlig ausgeschaltet, aber doch zurückgestellt werden sollen, weil Gedichte eine längere Dauer als epische Arbeiten haben. Wenn ich Ihnen sage, dass trotz meiner besonderen Fürsprache die Gedichte von Frau Erna Blaas immer noch nicht genehmigt worden sind und ich eigens dieser Gedichte wegen jetzt jemand vom Verlag nach Berlin geschickt habe und dass auch die Neuauflage Ihres »Herzacker« lediglich aus Papiergründen vom Ministerium zurückgestellt wurde, dann sehen Sie, wie schwierig die Verhältnisse hier sind. Ich habe Ihnen aber geschrieben, dass wir versuchen werden, den Band im Protektorat unterzubringen. Daraus können Sie doch kaum den Schluss ziehen, dass wir den Band nicht bringen wollen, oder dass ich kein Verständnis dafür habe. 1 1 1
Wie schon mehrfach angeklungen, beantragte Bischoff nach dem ersten Angriff, und mit ihm wohl andere betroffene Verleger auch, sofort Ersatzpapiergenehmigungen, die in den meisten Fällen für wirklich aktuelle Werke zunächst auch erteilt wurden, obwohl das angebotene Papier nicht immer den Vorstellungen des Verlegers entsprach. Aber nach dem Angriff im Dezember war an einen vollständigen Papierersatz überhaupt nicht mehr zu denken. Es lassen sich nicht alle Titel nachweisen, die im Bibliographischen Institut in Leipzig vernichtet wurden, zu ihnen zählt jedoch mit Gewißheit der erste Band der mit insgesamt sechs Bänden geplanten Pitaval-Ausgabe von Edmund Finke. Im März 1944 teilte Bischoff dem Autor mit, daß eine Ersatzauflage von 10 000 Exemplaren genehmigt worden sei, es scheint aber sehr unwahrscheinlich zu sein, daß die Ausgabe wirklich in Produktion ging. 112 Die Zerstörung in Leipzig hatte aber auch Folgen für Neuauflagen generell. »Ich betreibe natürlich«, so Bischoff an den Autor Fritz Heike, für meine Autoren, denen durch die Angriffe grössere Auflagen zerstört wurden, schon von mir aus entsprechende Entschädigungsanträge und werde das auch in Deinem Fall tun, wenn es dafürsteht. Eine Neuauflage wird wahrscheinlich unter den augenblicklichen Umständen kaum Aussicht auf Papiergenehmigung haben, denn es müssen ja nun soviele kriegswichtige Bücher, vor allem auf technischem und medizinischem Gebiet, papiermässig erst wieder ersetzt werden, sodass das Kontingent hierfür aufgebraucht wird. Dass wir eine Neuauflage des »Prinzen« sobald als möglich machen wollen, steht natürlich fest. 1 1 3
Diese erschien weder bald noch überhaupt. Die Zerstörungen im Bereich des Buchhandels in Leipzig führten nämlich zur Überlegung, ob es nicht sinnvoll wäre, Verlage aus dem Altreich vorübergehend nach Wien zu verlegen. Einige Tage nach dem Dezemberangriff informierte Bi-
111
Karl H. Bischoff an Josef Weber, 7.7.1943, ebd. Der Lyrikband Rühmung und Klage von Erna Blaas erschien dann doch im März 1944 in einer Auflage von 4 400 Exemplaren.
112
Karl H. Bischoff an Edmund Finke, 22.3.1944, Ordner Finke.
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Karl H. Bischoff an Fritz Heike, 12.1.1944, Ordner Heike.
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schoff den Generalkulturreferenten in Wien, Hermann Stuppäck, über seine Probleme mit der Auslieferung: Nun müssen wir nach der Zerstörung der Firma Volckmar auf einen Ausweg kommen, den wir dadurch finden, dass wir die Auslieferung nach Wien zurückverlagem. [...] Ich möchte Sie heute nur über den Fall unterrichten und mir dann erlauben, darauf nochmals zurückzukommen, wenn die Dinge vollends akut sind. 1 1 4
Die Übersiedlung nach Wien fand nicht statt, die Kriegsereignisse gestatteten solche Vorhaben nicht. Es war viel zu spät.
30.14. Buchausstattung und Werbung Es ist eine Binsenweisheit, daß sich die Herstellungsschwierigkeiten auch auf die Ausstattung der Bücher in den 40er Jahren auswirken mußten. Neben den üblichen Problemen des Verlegers, Papier überhaupt aufzutreiben, galt es danach oft den Autoren in ihrer Enttäuschung über das »kriegsmäßige« Aussehen ihrer Bücher, also über das schlechte Papier und die Dürftigkeit der graphischen Gestaltung, beizustehen. Karl H. Bischoff legte in seinen Verlagsblättern im Frühjahr 1942 trotz der Zeitumstände ein »Bekenntnis zur Buchausstattung« ab: Wir erachten es daher als eine Aufgabe des Verlegers, aus den gegebenen Verhältnissen immer wieder das Bestmögliche herauszuholen, mit größter Sorgfalt von der Auswahl der Drucktype, dem Satz an bis zur Gestaltung des Einbandes darüber zu wachen, daß jedes Buch auch in dieser Zeit Zeugnis von unserer hochentwickelten Buchkultur ablegt. Ist das Material kriegsbedingt etwas bescheidener, nun, so muß der Verleger sehen, dies handwerklich aufs beste abzugleichen. Der Entwurf etwa des Künstlers für Einband und Umschlag muß dem verwendeten Material angemessen sein, ja, es ist unser Ehrgeiz, in dieser Zeit unsere Verlagswerke so auszustatten, daß man vergißt, daß sie zum Beispiel in Pappband herauskommen müssen. Dies ist uns bei den meisten unserer neuen Bücher gelungen. Die Möglichkeiten des Buchherstellers sind nur scheinbar geringer geworden, seine Aufgaben sind größer, nicht nur hinsichtlich des Materials, sondern auch im Hinblick auf die Notwendigkeit der Arbeitseinsparung. Der verantwortliche deutsche Verleger hat sich gerade auch in dieser Zeit zu gediegener Arbeit zu bekennen und dies in der Praxis an den von ihm herausgegebenen Werken zu beweisen. 1 1 5
Für die Buchausstattung seit Beginn des Unternehmens Anfang 1924 war fast ausschließlich der Künstler Rudolf Geyer (1884-1972) verantwortlich. Die Herstellungsabteilung wurde von August Langer geleitet. Geyer hatte die Kunstgewerbeschule in Wien absolviert und die Akademie der bildenden Künste besucht und war, obwohl er etwa 35 Jahre lang als Maler und Graphiker für den Paul Zsolnay 114
Karl H. Bischoff an Hermann Stuppäck, 18.12.1943, Ordner Stuppäck.
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Karl H. Bischoff: Gehalt und Gestalt. Bekenntnis zur Buchausstattung. In: Im Zirkel. Heft, Frühjahr 1942, S. 18f.
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Erstes
Verlag tätig gewesen war, nie angestellt. Er war es, der den Büchern des Verlags und damit dem Verlag selbst die äußere Prägung gegeben hat. 116 Gegen Ende der dreißiger Jahre wurden auch andere Künstler wie z.B. Gustaf Axel Bergmann für Umschlag- und Einbandentwürfe herangezogen. Dieser war auch fast während des ganzen Kriegs für Bischoff tätig. Möglicherweise durch den Umstand bedingt, daß Rudolf Geyer zwischen 1942 und 1945 als Lehrer an der Staatlichen Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt tätig war, schrieb Bischoff den Posten eines Herstellers bzw. einer Herstellerin im Börsenblatt aus, 117 aber wer den Posten bekommen hat, ist nicht bekannt. Luise Wasserthal-Zuccari war seit dem 6. November 1939 als Buchkünstlerin im Verlag beschäftigt. Sie war für die Umschlag- und Einbandentwürfe von ca. drei Dutzend Verlagswerken verantwortlich. Für andere wurden Willi Bahner (1906-1981), Ludwig Kainer (* 1885), Alfred Gerstenbrand (18811977), Oskar Spitzer, Otto Emmerling, Magda Vogl, Eugen Bischoff, Marion Handl und die Chefin der Schneiderwerkstätte an der Wiener Volksoper, Josefine Poss, 118 engagiert. Während seit Beginn des Verlags und bis etwa 1939 breitflächige Werbung vor allem im Börsenblatt einen wichtigen Beitrag zum Erfolg und Renommee des Paul Zsolnay Verlags geleistet hatte, so hatten dort piazierte Einschaltungen ab etwa 1940 ihren ursprünglichen Sinn völlig verloren. Es ging längst nicht mehr darum, den vermehrten Absatz einer Ware zu stimulieren. Das heißt, es wurde nicht für die Verlagswerke, die Neuerscheinungen, geworben, diese wurden bloß angezeigt. Dementsprechend nüchtern fielen daher auch die Inserate aus. Gewöhnlich handelte es sich bei den Einschaltungen des Karl H. Bischoff Verlags um reine Textinserate, die in der Regel eine 1/8 Seite in Anspruch nahmen. Vier oder fünf Mal kaufte der Verlag die erste Umschlagseite, um das Programm, die Übernahme des Zsolnay Verlags oder ein Jubiläum der Übernahme bekanntzumachen. Die sparsame Verlagswerbung hatte einige wenige konkrete Stoßrichtungen, die der Programmlinie entsprachen.
116
Ich bin dem Sohn von Rudolf Geyer, Herrn Univ.-Prof. Dr. Georg Geyer, Wien, für Auskünfte über seinen Vater sehr zu Dank verpflichtet. 117 Börsenblatt, 13.10.1942. 118 Bischoff hat sie auf etwas ungewöhnliche Weise als Mitarbeiterin gewonnen. Anfang 1942 hatte er im Aufgang zum Opernrestaurant eine Anzahl von Kostümentwürfen zum Rosenkavalier entdeckt und war von ihnen so »entzückt«, daß er Frau Poss brieflich aufforderte, »hin und wieder für diesen Verlag den Umschlag eines Werkes zu entwerfen«. »Es käme natürlich auf Bücher an, die sich für Ihre Art besonders eignen. Der Verlag ist auf der Suche nach Künstlern, die ihm neuartige und prägnante Entwürfe liefern können.« (Karl H. Bischoff an Josefine Poss, 23.1.1942, Ordner »Neue Autoren«) Poss sagte zu. Für Umschlag und Einband zu Virgilio Brocchis Erinnerung an Netty erhielt die Künstlerin je RM 60 als Honorar.
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30.16. Ende und Ausblick Die Herstellkartei verzeichnet als letzte Verlagsneuerscheinung vor dem Einmarsch der sowjetischen Truppen in Wien den Roman Franzi Kerek von Zsigmond Moricz am 5. April 1945. Damit endete die Ära des Nationalsozialismus und des Verlegers Karl H. Bischoff. Dieser war noch im Frühjahr in den von Bomben in Mitleidenschaft gezogenen Verlagsräumlichkeiten in der Prinz Eugen Straße gelegentlich erschienen, um das Wenige zu erledigen, was noch möglich war. Wie so viele, die allen Grund hatten, die Russen zu furchten, floh auch Bischoff in Richtung Altreich. In einer »Information für Herrn Paul von Zsolnay, London«, datiert mit 28. Jänner 1946, gab Albert von Jantsch-Streerbach an, »dass K.H. Bischoff und seine Frau noch im März 1945 die Originale aller Autorenverträge (auch alle Ausländer Galsworthy, Cronin etc. etc., hier sind nur noch Abschriften), Lagerbestände, Geld, Teppiche u. Bilder aus den Verlagsräumen nach Laichingen (Württemberg) verschoben [hätten], wo sein Vater eine Buchhandlung besitzt. Vielleicht könnten Sie diese Sachen sicherstellen lassen«.119 Die Restitution seines Eigentums bzw. Vermögens betrieb Paul Zsolnay in den Nachkriegsjahren nicht sehr energisch, und es war nicht seine Art, jemandem gegenüber nachtragend zu sein, egal, wie er behandelt worden war. Ob er die Rückgabe der von Jantsch behaupteten Entwendungen durch Bischoff forderte, ist nicht bekannt. Mindestens ein Rückstellungsverfahren hat er gegen Karl H. Bischoff wegen der Rückstellung des Paul Zsolnay Verlags angestrengt. In einer Verhandlung in Wien am 19. März 1957 wurde ein Vergleich geschlossen. Bischoff, der nicht anwesend gewesen sein dürfte, wurde verpflichtet, die Firma Karl H. Bischoff Verlag sofort zurückzustellen und die Gewerbeberechtigung für das Unternehmen zugunsten Paul Zsolnays zurückzulegen. Durch diesen Vergleich wurden sämtliche gegenseitigen Ansprüche zwischen Zsolnay und Bischoff als abgegolten betrachtet. Der Wiener Verlag stand seit dem 23. Mai 1945 unter öffentlicher Aufsicht, als Leiter wurde der ehemalige Verlagsangestellte im Karl H. Bischoff Verlag (seit 1. Mai 1939) Emil Fuchs eingesetzt, ein Kommunist. Schon im Herbst 1945, in der allerersten Nummer des wiedererstandenen Anzeigers für den Buch-, Kunsturtd Musikalienhandel, gab das Unternehmen, das sich Karl H. Bischoff Verlag (Paul Zsolnay Verlag) zu nennen hatte, ein erstes Lebenszeichen: Wir geben dem gesamten Buchhandel bekannt, daß wir unsere Arbeit als Verlag auch weiterhin im Sinne internationaler kultureller Zusammenarbeit fortführen. Bis zum persönlichen Eintreffen unseres Inhabers Herrn Paul von Zsolnay stehen wir unter der Leitung des öffentlichen Verwalters Herrn Direktor Emil Fuchs. 120
Eine Anzeige ein paar Wochen später im selben Organ konnte schon vom Beginn der neuen Verlagsarbeit berichten: 119 120
DLA Marbach. Nachlaß Jantsch-Streerbach. Anzeiger flir den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel, Nr. 1/1945, S. 11.
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Wir geben an dieser Stelle nochmals bekannt, dass wir unsere Tätigkeit in vollem Umfang wieder aufgenommen haben, um dort weiterzubauen, wo wir 1938 unterbrochen wurden. Alle gegenteiligen Ausstreuungen entbehren jeder Grundlage. [...] Die derzeit bestehenden Schwierigkeiten zwingen uns aber, die Auflagen kleiner zu halten, als wir selbst es möchten. Daher können wir vorerst die Wünsche der Besteller nicht in vollem Umfang befriedigen und müssen die Sortimenter nach dem Zuteilungsverfahren beliefern. Weiters bitten wir zu berücksichtigen, dass wir jene Buchhandlungen vordringlich unterstützen wollen, die durch die Kriegsereignisse alles verloren haben und nun wieder von vorne beginnen müssen. 121
In der Tat: die Herstellkartei weist für den Herbst 1945 sechs »Neuerscheinungen« auf, wobei es sich angesichts der Auflagenhöhen (über 10 000 Exemplare!) um Ausgaben handeln dürfte, die schon zu Kriegsende im großen und ganzen fertig waren. Anfang 1946 wurde Dr. Edwin Rollett (1889-1964) Cheflektor des Verlags. 122 Paul Zsolnay kehrte erst im Juni 1946 in ein ausgebombtes Wien zurück und fing wieder dort an, wo er im Jahre 1938 aufgehört hatte. 123 Das Fundament sollte das alte sein: die gängigen internationalen Autoren der 30er Jahre. Schon bei seinem ersten Aufenthalt kam Zsolnay mit Jantsch zu einer Besprechung zusammen. Erst jetzt wurde das Geheimnis hinter dem Verkauf des Paul Zsolnay Verlags im Jahre 1938 an Jantsch gelüftet und schriftlich festgehalten: »Herr Paul Zsolnay eröffnet die Besprechung und teilt den Herren [Jantsch, August Langer, Rudolf Penz] offiziell mit, dass der seinerzeitige Kauf- resp. Verkaufsvertrag zwischen ihm und Herrn von Jantsch nur aus zweckmässigen Gründen getätigt worden ist und nie als eine in Wirklichkeit durchzuführende Transaktion gedacht war. [...] Herr von Jantsch hat durch die treuhändige Übernahme der Aktien und durch seine Tätigkeit im Paul Zsolnay Verlag in sehr schwerer Zeit mir und dem Verlag einen ausserordentlich grossen Dienst erwiesen, und es ist mir eine besondere Freude, ihm dafür in meinem Namen und im Namen des Verlages den wärmsten Dank auszusprechen.«124 Ein paar Monate nach seinem ersten Besuch in Wien seit dem Herbst 1938 konnte man dem Buchhandel mit Stolz folgendes berichten: Nach fast acht Jahren eines wechselvollen Schicksals können wir heute dem Buchhandel bekanntgeben, daß unser Verlag ab 1. Juli d.J. wieder mit PAUL ZSOLNAY VERLAG zeichnet. Die große Aufgabe, Mittler internationalen Geistesgutes zu sein, haben wir nicht vergessen. In nächster Zeit bringen wir neben einer Reihe österreichischer Dichtungen Neuauflagen der Werke von: Pearl S. Buck, A.J. Cronin, Theodore Dreiser, John Galsworthy, H.G. Wells
121
Ebd., Nr. 3/1945, 15.10.1945, S. 6. Ebd., Nr. 3/1946, 1.2.1946, S. 6. 123 Dazu: Paul Zsolnay als Optimist. In: Weltpresse (Wien), 2. Jg., Nr. 152, 5.7.1946, S. 6. 124 Wien, 29.6.1946. Protokoll einer Besprechung im Paul Zsolnay Verlag, Wien IV., Prinz Eugenstrasse 30. DLA Marbach, Nachlaß Jantsch-Streerbach. 122
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und nehmen so wieder den Platz ein, den wir jahrelang zum Gewinn der an der modernen Weltliteratur interessierten Kreise besaßen. 125
Auf die Programmrichtlinien, auf Papier- und Zensurfragen, die das Verlagsleben in der wiedererstandenen Republik noch lang beherrschen sollten, wird hier nicht näher eingegangen. Ein Wort aber zur Politik gegenüber belasteten österreichischen nationalsozialistischen Autoren des Karl H. Bischoff Verlags. Grundsätzlich weigerte sich die interimistische Verlagsführung, Verträge, die mit dem Karl H. Bischoff Verlag abgeschlossen worden waren, anzuerkennen und retournierte, sofern möglich, eingereichte Manuskripte an die Autoren oder deren Nachkommen. So liest man in einem Brief aus dem Jahr 1947 an die Übersetzerin Lieselotte Bihl, Paul Zsolnay habe die Bestimmung getroffen, daß die in den Jahren 1938-1944, also in der Zeit da unser Verlag kommissarisch verwaltet wurde und später unter die Leitung von Herrn Karl H. Bischoff kam, geschlossenen Verträge nicht übernommen werden. Unter diese Ausschließung fallt also auch Ihre am 18. Mai 1943 vertraglich übernommene Übersetzungsarbeit »Marussja« von Marko Wowcoks. 126
Der Verlag nahm von einer Rückvergütung der Vorschüsse Abstand. In anderen Fällen konnten manche Stammautoren auch nicht weiterverlegt werden, weil sie auf der Liste der gesperrten Autoren und Bücher, die 1946 vom Unterrichtsministerium in Wien zusammengestellt wurde, aufschienen. Bei allen strammen Nationalsozialisten, die er in den 30er Jahren aufgenommen hatte, legte er nicht immer dieselbe Härte an den Tag, ein Umstand, der ihm in der Tagespresse auch vorgehalten wurde.127 1948 feierte der Paul Zsolnay Verlag das 25. Jubiläum der Gründung im Herbst 1923. Zu diesem Anlaß erschien ein fast 500 Seiten starker Almanach, dessen erster Teil aus einem von Paul Zsolnay ausgewählten und herausgegebenen literarischen Querschnitt bestand.128 Der zweite Teil umfaßte Autorenbriefe zum fünfundzwanzigjährigen Bestand des Verlags, und es wäre wohl zu viel verlangt, hier Ansätze zur Vergangenheitsbewältigung zu erwarten. Der dritte Teil nannte sich wohlweislich »Aus der Verlagsproduktion 1923-1948«, Schloß also nicht von vorn-
125
Anzeiger für den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel, Nr. 15/16/1946, August 1946, S. 33. Die Paul Zsolnay Verlag Ges.m.b.H. Berlin wurde am 20. August 1948 gegründet und per Ende 1951 aufgelöst. Geschäftsführer war der Verleger Oswald Arnold. 126 Sekretariat/Paul Zsolnay Verlag, 14.11.1947, Ordner Bihl. 127 25 Jahre Paul-Zsolnay-Verlag. In: Arbeiter-Zeitung, 14.11.1948: »Manch einer war auch dabei, der den Verlag nicht zu wechseln brauchte, nur die Gesinnung. Und zu unserem Erstaunen begegnen wir manchen von diesen auch noch im neuen Verlagsverzeichnis. Mag sein, daß das nur noch Restanten sind oder Remittenden.« Fünfundzwanzig Jahre Paul Zsolnay Verlag. 1923-1948. Berlin-Wien-Leipzig: Paul Zsolnay Verlag 1948.
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herein Verlagswerke der Jahre 1939-1945 aus. Ein flüchtiger Blick auf das gebotene Verzeichnis zeigt auch, wer aller fehlte: Ema Blaas, Otto Emmerich Groh, Hermann Stuppäck, Karl Hans Strobl, Edmund Finke, Robert Hohlbaum, Hanns Schopper, Jakob Schaffner, Oswald Menghin, Emst Scheibelreiter, Benito Mussolini, Philipp Freihofer, Hermann Graedener, Erich Kernmayr, Erich Landgrebe, Rudolf List, Franz Spunda, Josef Weber usw.
Welche Kriterien zu dieser Auswahl führten, die auch einen Trennungsstrich unter ein Kapitel aus der Vergangenheit zog, ist unklar. Mitgliedschaft der N.S.D.A.P. kann nicht der Ausschließungsgrund gewesen sein, denn sonst müßten Erwin H. Rainalter, Friedrich Schreyvogl, Heinrich Dauthage, Hermann Heinz Ortner, Josef Wenter, Grete von Urbanitzky und andere fehlen. Das Leben eines Verlegers, das sich in London, Hamburg, Paris, Zürich und nicht zuletzt Wien abspielte, konnte nur auf Kosten der Gesundheit gehen. Ende November 1956 erlitt Paul Zsolnay, der in diesem Jahr seine Mutter verloren hatte, während seiner Rückfahrt von Zürich nach London zwei schwere Herzanfälle und konnte die Weiterreise nur mit großer Anstrengung bewerkstelligen. Im Sommer 1958 klagte er in einem Brief an Alma Mahler-Werfel über seinen »recht schlechten Gesundheitszustand«, der eine gesteigerte Nervosität mit sich bringe. Weniger als drei Jahre später starb er nach langem Leiden am 13. Mai 1961 im 66. Lebensjahr in Wien. Sechs Tage später wurde er auf dem Hietzinger Friedhof zu Grabe getragen.
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Abkürzungen
Abt AdR AGB AVA BA BDC BKA BMF BMfHuV BMU BRG BZW DV Fasz. GBl. Gremium GV Hdl HHSTa KfdK LGB1 Μ N.P.A. NFP NSDAP N.S.K.G. NSV Pg· PZV OKW RA RDS RGBl Rk RKK RM RMfVuP RnS 770
Abteilung Archiv der Republik Archiv für Geschichte des Buchwesens Allgemeines Verwaltungsarchiv Bundesarchiv Berlin Document Center Bundeskanzleramt Bundesministerium für Finanzen Bundesministerium für Handel und Verkehr Bundesministerium für Unterricht Bundesrealgymnasium Bibliothek zeitgenössischer Werke Durchführungsverordnung Faszikel Gesetzblatt Landesgremium Wien für den Handel mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften, Wien Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums 1911-1965. Handel Haus-, Hof- und Staatsarchiv Kampfbund für deutsche Kultur Landesgesetzblatt Mark Neues Politisches Archiv Neue Freie Presse Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Nationalsozialistische Kulturgemeinde Nationalsozialistische Volkswohlfahrt Parteigenosse Paul Zsolnay Verlag Oberkommando der Wehrmacht Rechtsanwalt Reichsverband deutscher Schriftsteller Reichsgesetzblatt Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich Reichskulturkammer Reichsmark Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda Ring nationaler Schriftsteller
RPA RSK Sp. UB V.A. VF VVSt WrStLa
Reichspropagandaamt Reichsschrifttumskammer Spalte Universitätsbibliothek Vermögensanmeldung Vaterländische Front Vermögensverkehrsstelle Wiener Stadt- und Landesarchiv
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Anhang Die Produktion des Paul Zsolnay Verlags und des Karl H. Bischoff Verlags
Abdullah, Achmed, Faith Baldwin: Broadway Sensation. (Broadway Interlude). Roman aus der New Yorker Theaterwelt. Autor. Übers, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Abraham a Sancta Clara: Heilsames Gemisch-Gemasch. Aus Abraham a Sancta Claras Schriften und Predigten ausgewählt und eingeleitet von Hermann R. Leber. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 6) Adalbert Stifter Almanach. Hrsg. von der Adalbert Stifter-Gesellschaft in Wien. Die Zusammenstellung des Almanaches besorgte Friedrich Speiser. Mit vier Bildbeigaben. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Adalbert Stifter Almanach 1938. Hrsg. von der Adalbert Stifter-Gesellschaft in Wien. Die Zusammenstellung des Almanaches besorgte Friedrich Speiser. Mit vier Bildbeigaben. Berlin-WienLeipzig 1938. Adalbert Stifter Almanach 1939/40. Hrsg. vom Reichswerk Buch und Volk, Adalbert Stifter-Gesellschaft in Wien. Die Zusammenstellung des Almanaches besorgte Friedrich Speiser. Mit 4 Bildbeigaben. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 1) Adalbert Stifter Almanach 1941/42. Hrsg. vom Reichswerk Buch und Volk. Adalbert Stifter-Gesellschaft in Wien. Die Zusammenstellung des Almanaches besorgte Friedrich Speiser. Mit vier Bildbeigaben. Einbandentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. ( = Die hundert kleinen Bücher im Karl H. Bischoff Verlag, Band 19) Adalbert Stifter Almanach 1943/44. ( = Die hundert kleinen Bücher im Karl H. Bischoff Verlag, Band 32) Nicht erschienen. Alain (d.i. Emile Chartier): Lebensalter und Anschauung (Les idees et les äges). Aus dem Franz. übers, von Lonja u. Jacques Stehelin-Holzing. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1932. Anet, Claude: Ariane. Ein russisches Mädchen. Roman. Autor. Übertragung aus dem Franz. von Georg Schwarz. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Anet, Claude: Ariane. Ein russisches Mädchen. Roman. Autor. Übers, aus dem Franz. von Georg Schwarz. Mit zwölf Tiefdruckbildern. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Annunzio, Gabriele d': Amaranta. (Solus ad solam). Das Tagebuch einer Leidenschaft. Übers, u. hrsg. von Franz Wallner-Baste. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. Arend, Ann van den: Hälften des Lebens. Roman aus den Tropen. Umschlagentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Arle, Marcella d': Eva, Mutter der Welt. Ein Buch vom Glück der Frau. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Arle, Marcella d': Lange Fahrt. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939.
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Asch, Schalom: Chaim Lederers Rückkehr. Roman. Autor. Übertr. von Siegfried Schmitz. BerlinWien-Leipzig 1929. Asch, Schalom: Der elektrische Stuhl. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Asch, Schalom: Der Trost des Volkes. Roman. Dt. von Siegfried Schmitz. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1934. Asch, Schalom: Die Gefangene Gottes. (Gotts Gefangene). Roman. Dt. von Siegfried Schmitz. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Asch, Schalom: Die Kinder
Abrahams.
Novellen
aus Amerika.
Autor. Übertr. von Siegfried
Schmitz. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Asch, Schalom: Die Mutter. Roman. Autor. Übertr. von Siegfried Schmitz. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Zürich: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1930). Asch, Schalom: Die Sintflut.
Romantrilogie.
Petersburg,
Warschau, Moskau.
Autor. Übertr. von
Siegfried Schmitz. Ungekürzte Geschenkausgabe in einem Band. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1934. Asch, Schalom: Die Zauberin von Kastilien.
Erzählung.
Übertr. von Elias Hurwicz. Berlin-Wien-
Leipzig 1929. Asch, Schalom: Moskau.
(Moskwe).
Roman. Autor. Übertr. von Siegfried Schmitz. Berlin-Wien-
Leipzig 1930. Asch, Schalom: Mottke der Dieb. Roman.
Dt. von Georg Richter u. Siegfried Schmitz. Ein-
bandentwurf von Rudolf Geyer. Zürich: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1931). Asch, Schalom: Onkel Moses. (Djadja Mozes).
Roman. Übertr. Siegfried Schmitz. Berlin-Wien-
Leipzig 1929. Asch, Schalom: Petersburg.
Roman.
Autor. Übertr. v. Siegfried Schmitz. Einbandentwurf von
Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. ( = Asch, V o r d e r Sintflut, Band 1) Asch, Schalom: Von den Vätern. Hrsg. von Siegfried Schmitz. Dt. von Siegfried Schmitz. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Asch, Schalom: Warschau.
Roman. Autor. Übertr. von Siegfried Schmitz. Einbandentwurf von
Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Asch, Schalom: Woran ich glaube.
Von der Gattung zur Persönlichkeit.
(Vün Gattung zu Persön-
lichkeit). Dt. von Siegfried Schmitz. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Auernheimer, Raoul: Geist und Gemeinschaft. Baläzs, Bela: Der Phantasie-Reiseführer,
Zwei Reden. Berlin-Wien-Leipzig 1932.
das ist ein Baedeker der Seeleßr
Sommerfrischler.
Berlin-
Wien-Leipzig 1925. Barbusse, Henri: Erhebung.
(Elevation)
Roman.
Dt. von Lyonel Dunin. Einbandentwurf von
Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Barbusse, Henri: Zola. Der Roman seines Lebens.
Dt. von Lyonel Dunin. Einzige berechtigte
Übers, aus dem Franz. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Baring, Maurice: Die Verzauberte. Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Baring, Maurice: Triangel. Ein Roman im Dreieck. Autor. Übers, aus dem Engl, von Irene Kafka. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Bartsch, Rudolf Hans: Besonntes Philisterium.
Eine kleine Geschichte aus Mozarts Freundeskreis
in
Salzburg. Mit 9, teils färb. Bildbeigaben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Bauer-Schwind, Greta: Gott schuf die Welt aus Liebe. Neue Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Bauer-Schwind, Greta: Licht und Erde. Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1936.
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Bellonci, Maria: Lukretia Borgia. Nicht Teufel, nicht Engel, nur Weib. Übers, aus dem Ital. von Richard Hoffmann. Mit 16 Kunstdruckbildem. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Benson, Stella: Fremd wie mein Geliebter. (Goodbye Stranger). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Stephanie Frischauer. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Berence, Fred: Eine alltägliche Geschichte. Roman. (Autor. Übers, aus dem Franz. von Rosa Breuer-Lucka. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928.) Berence, Fred: Gerichtstag. Autor. Übers, aus dem Franz. von Rosa Breuer-Lucka. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. Berger, Hellmuth: Pilatus in Judäa. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Bertram, Paul (d.i. Paul Gutscher): Das Königtum des Lebens. Ein Roman aus der florentinischen Renaissance. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Blaas, Erna: Die Balladen der Rauhnacht. Märchen, Sagen, Legenden und Begebenheiten. Umschlaggestaltung von Luise Wasserthal-Zuccari. Textzeichnungen von Trude Diener-Hillinger. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. ( = Linzer Bücherei, herausgegeben in Zusammenarbeit mit dem Oberbürgermeister der Gauhauptstadt Linz). [Ausgabe 1945] Blaas, Erna: Rühmung und Klage. Neue Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Blätter, Fliegende. Band 1 (1845), Nr. 1-24. München: Braun & Schneider. Faksimile-Ausgabe. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Bloch, Jean Richard: — & Co. Roman aus der Welt der Industrie. Übers, von Paul Amann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Bloch, Jean Richard: Auf einem Frachtdampfer nach Afrika. (Sur un cargo und Cacaouettes et Bananes). Entdeckungsfahrt im Lande des Allbekannten. Übers, von Paul Amann. Berlin-WienLeipzig 1929. Bloch, Jean Richard: Kurdische Nacht. Roman. Autor. Übers, von Paul Amann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Bloch, Jean Richard: Sybilla. (Sybilla). Roman. Autor. Übers, von Paul Amann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Bloch, Jean Richard: Vom Sinn unseres Jahrhunderts. Mit einer Einleitung von Stefan Zweig. Autor. Übers, von Paul Amann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Bönisch, Hermann F.: Das Tor in die Freiheit. Die Geschichte meiner Flucht. Umschlagentwurf von Alfred Gerstenbrand. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Bönisch, Hermann F.: Es reiten die Changusen ... Kämpfe mit mandschurischen Bahnräubem. Einbandentwurf von Alfred Gerstenbrand. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Böttcher, Helmuth M.: Gustav Weißkopf. Die Geschichte des ersten Motorfliegers. Ein deutsches Schicksal. Umschlag und Einband von Rudolf Geyer. Buchausstattung von August Langer. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Wehrmachtausgabe, für das Sortiment nicht erhältlich: 1944. Böttcher, Helmuth M.: Um die Allantikwerft. Ein Industrieroman. Umschlag und Einband von Willi Bahner. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1941. Boissier, Auguste: Franz Liszt als Lehrer. Tagebuchblätter. Deutsch hrsg. von Daniela Thode von Bülow. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Bradley, John Hodgdon: Autobiographie der Erde. (Autobiography of Earth). Autor. Übers, aus dem Amerik. von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Branowitzer-Rodler, Maria: Geschichten aus dem Morgenlande. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff 1944. ( = Die hundert kleinen Bücher im Karl H. Bischoff Verlag, Band 30)
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Buck, Pearl S.: Stolzes Herz. (This proud heart). Roman. Dt. von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Budak, Mile: Herdfeuer. (Ognjiste). Roman. Berechtigte Übers, aus dem Kroat. von Franz Hille. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Bussoli, Nino: Auf Pelztierjagd im Eismeer. (Cacciatore di pellicce). Ein Erlebnisbuch. Berechtigte Übers, aus dem Ital. von Richard Hoffmann. Mit 16 Bildbeigaben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Bussoli, Nino: Im Eis des Weißen Meeres. Ein Erlebnisbuch. Berechtigte Übers, aus dem Ital. von Richard Hoffmann. Feldpost-Ausgabe. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. BerlinWien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Buzzati, Dino: Im vergessenen Fort. (II deserto dei Tartan). Roman. Berechtigte Übers, aus dem Ital. von Richard Hoffmann. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. Calder-Marshall, Arthur: Wir haben gestern geheiratet. (At Sea). Roman. Dt. von Viktor Polzer. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Carlyle, Jane Welsh: Briefe an ihre Familie. (Letters to her family). 1839-1863. Hrsg. Leonard Huxley. Dt. von Adele Benedikt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Chambrun, Clara Longworth de: Mein grosser Kollege Shakespeare. (Mon grand ami Shakespeare). Die Erinnerungen des Königlichen Schauspielers John Lacy. Roman. Dt. von Viktor Polzer. Mit 15 Bildbeigaben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Chapiro, Joseph: Der arme Villon. Mit 38 Bildbeigaben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig (1931). Ciampitti, Franco: Die fünf Ringe. (Cerchi). Roman. Dt. von Trude Gyss-Nastrini. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Ciampitti, Franco: Die neunzigste Minute. (Novantesimo minuto). Roman. Dt. von Erwin Rieger. Photographie des Umschlagbildes von Lothar Rübelt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Colerus, Egmont: Archimedes in Alexandrien. Erzählung. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Colerus, Egmont: Die neue Rasse. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Colerus, Egmont: Die neue Rasse. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Zürich: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1932). Colerus, Egmont: Geheimnis um Casanova. Novelle. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Colerus, Egmont: Kaufherr und Krämer. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1929. Colerus, Egmont: Leibniz. Der Lebensroman eines weltumspannenden Geistes. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Colerus, Egmont: Marco Polo. Der Roman zweier Welten. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Colerus, Egmont: Matthias Werner oder Die Zeitkrankheit. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Colerus, Egmont: Politik. Drama in sechs Bildern. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Colerus, Egmont: Pythagoras. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Colerus, Egmont: Vom Einmaleins zum Integral. Mathematik für jedermann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Colerus, Egmont: Vom Punkt zur vierten Dimension. Geometrie für jedermann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935.
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Colerus, Egmont: Vom Punkt zur vierten Dimension. Geometrie ßr jedermann. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. ( = Dr. Goebbels-Spende für die deutsche Wehrmacht, Band 20). Colerus, Egmont: Von Pythagoras bis Hilbert. Die Epochen der Mathematik und ihre Baumeister. Geschichte der Mathematik für jedermann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1937. Colerus, Egmont: Zwei Welten. Ein Marco Polo Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Colette: Die Andere. (La Seconde). Roman. Autor. Übers, aus dem Franz. von Erna Redtenbacher. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Colette: Die Fessel. Roman. Autor. Übers, aus dem Franz. von Erna Redtenbacher. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Colette: Friede bei den Tieren. (La paix chez les betes). Autor. Übers, aus dem Franz. von Erna Redtenbacher u. Helene M. Reiff. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Colette: Komödianten. Meine Gefährten und ich. (L'Envers du music-hall). Autor. Übers, aus dem Franz. von Erna Redtenbacher. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Colette: Mein Elternhaus. (La Maison de Claudine). Autor. Übers, aus dem Franz. von Erna Redtenbacher. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Colette: Mitsou. Roman. Übers, aus dem Franz. von Erna Redtenbacher. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Colette: Renee Nere. Das Schicksal einer Frau. (La Vagabonde). Roman. Autor. Übers, aus dem Franz. von Rosa Breuer-Lucka. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Colette: Tagesanbruch. (La naissance du jour). Roman. Autor. Übers, aus dem Franz. von Erna Redtenbacher u. Helene M. Reiff. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Cozzens, J.G.: Ein Schiff geht unter. (S.S. San Pedro). Roman. Dt. von Annie Polzer. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Cronin, A.J.: Das Haus der Schwäne. Roman. Dt. von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Cronin, A.J.: Der Tyrann. (Hatter's Castle). Der Roman eines Vaters. Autor. Übertr. aus dem Engl, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Cronin, A.J.: Die Sterne blicken herab. Roman. Dt. von Richard Hoffmann. Bd. 1. 2. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Cronin, A.J.: Die Zitadelle. (The Citadel). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Cronin, A.J.: Drei Lieben. Roman. Autor. Übertr. aus dem Engl, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Cronin, A.J.: Kaleidoskop in »K«. (Kaleidoscope in K). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Cronin, A.J.: Lucy Moore. (Drei Lieben). (Three Loves). Roman. Autor. Übertr. aus dem Engl, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Crow, Carl: Konfuzius. (Master Kung). Staatsmann, Heiliger, Wanderer. Autor. Übers, aus dem Amerik. von Richard Hoffmann. Mit 12 Bildern nach chinesischen Vorlagen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Crow, Carl: Vierhundert Millionen Kunden. (Four hundred million Customers). Autor. Übers, aus dem Engl, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937.
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Crazier, F.P.: Im Sturm ums Niemandsland. (Α brass hat in No Man's Land). Autor. Übers, von Ingrid Wolf. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Csokor, Franz Theodor: Ballade von der Stadt. Ein dramatisches Fresko. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Csokor, Franz Theodor: Besetztes Gebiet. Historisches Stück aus der Gegenwart in einem Vorspiel und vier Akten. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Csokor, Franz Theodor: Die Weibermühle. Zauberstück in ßnf Vorgängen. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Csokor, Franz Theodor: Dritter November 1918. Ende der Armee Österreich-Ungarns. Drei Akte. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (1936). Csokor, Franz Theodor: Gesellschaft der Menschenrechte. Stück um Georg Büchner. Berlin-WienLeipzig 1929. Csokor, Franz Theodor: Gewesene Menschen. Stück in drei Akten (Acht Bildern). Berlin-WienLeipzig 1932. Däubler, Theodor: Der Schatz der Insel. Berlin-Wien-Leipzig 1925. Danszky, Eduard Paul: »Da lege ich meinen Hobel hin ...« Der Roman Raimunds. Einband von Willi Bahner. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Danszky, Eduard Paul: Des Herrn Geheimrats letzte Liebe. Goethe und Ulrike. Novelle. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Danszky, Eduard Paul: Frau Chef. Ein Roman aus der Porzellanindustrie. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. (Ungekürzte Sonderausgabe in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute«, 1938) Danszky, Eduard Paul: Gottlieb Straube und die Jugend. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Darrow, Karl K.: Die Renaissance der Physik. {The Renaissance of Physics). Mit 43 Bildbeigaben. Autor. Übers, aus dem Amerik. von Paul Gutscher. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1939. Dauthage, Heinrich: Das trunkene Dorf. Roman. Entwurf des Umschlages von Heinrich Dauthage. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Dauthage, Heinrich: Der Herr von Eitel. Eine moralische Komödie für unmoralische Leute oder umgekehrt. Unverkäufl. Bühnenmanus. Berlin-Wien-Leipzig: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag 1936. Dauthage, Heinrich: Napoleon IV. Ein ungeschichtliches Schauspiel geschichtlicher Ereignisse und Personen. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Dauthage, Heinrich: Wolken und Sterne. Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Deledda, Grazia: Annalena Bilsini. Roman. Berechtigte Übers, aus dem Ital. von Karin von Hoefft. Umschlagentwurf von Otto Emmerling. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. [Ausgabe 1945] Diez, Ernst: Am Hofe der Sassaniden. Feldpost-Ausgabe. Umschlagentwurf von Luise WasserthalZuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Diez, Ernst: Entschleiertes Asien. Alte Kulturen vom Zweistromland bis zum Gelben Fluß. Mit 40 Abb. und Karten. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Diez, Ernst: So sahen sie Asien. Reiseberichte von Herodot bis Moltke. Mit 38 Abb. und Karten. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Zsolnay Verlag Karl H. Bischoff 1942. Diez, Ernst: So sahen sie Asien. Reiseberichte von Herodot bis Moltke. Bd. 2. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. [Ausgabe 1945]
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Dominique, Pierre: Unsere liebe Frau von der Weisheit. Roman. Autor. Übers, aus dem Franz. von Hans Jacob. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Dreiser, Theodore: Das »Genie«. (The Genius). Roman. Bd. 1. 2. Die Übers, aus dem Engl, von Marianne Schön. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Dreiser, Theodore: Das Buch über mich selbst (Jahre des Kampfes). (A Book about Myself) Autor. Übertr. von Ernst Weiß. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Dreiser, Theodore: Das Buch über mich selbst (Jugend). (A Book about Myself). Autor. Übertr. von Marianne Schön. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Dreiser, Theodore: Der Titan. Trilogie der Begierde. Übers, aus dem Engl, von Marianne Schön und Wilhelm Cremer. Bd. 1-3. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Dreiser, Theodore: Die Frau. 15 Lebensschicksale. (A Gallery of Women). Die Übers, aus dem Engl, besorgte Marianne Schön. Bd. 1.2. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Dreiser, Theodore: Die Tragik Amerikas. (Tragic America). Autor. Übertr. von Marianne Schön. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Dreiser, Theodore: Eine amerikanische Tragödie. (An American Tragedy). Roman. Ungekürzte, neu durchges. Sonderausgabe. Die Übers, aus dem Engl, besorgte Marianne Schön. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Dreiser, Theodore: Eine amerikanische Tragödie. Roman. Die Übers, aus dem Engl, besorgte Marianne Schön. Bd. 1-3. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Dreiser, Theodore: Jennie Gerhardt. Roman. Übers, aus dem Engl, besorgte Alfons Matthias Nuese. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Dreiser, Theodore: Schwester Carrie. (Sister Carrie). Roman. Die Übers, aus dem Engl, besorgte Anna Nußbaum. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Dreiser, Theodore: Schwester Carrie. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1932. Dreiser, Theodore: Sowjet-Russland. Dt. von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Dworschak, Franz Xaver: Donauschiffer. Roman. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Ebermayer, Erich: Befreite Hände. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Ebermayer, Erich: Der Traum des Krösus. Novellen. Entwurf des Umschlags von Otto Emmerling. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Ebermayer, Erich: Die große Kluft. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Ebermayer, Erich: Fall Clausen. Roman. Ungekürzte Sonderausgabe. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Ebermayer, Erich: Fall Claasen. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Ebermayer, Erich: Kampf um Odilienberg. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1929. Ebermayer, Erich: Romanze. Schauspiel in drei Akten. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Ebermayer, Erich: Torheit der Jugend. Roman. Umschlagentwurf von Otto Emmerling. BerlinWien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. ( = Ebermayer, Der Schrei der Hirsche. Roman. Bd. 1) Ebermayer, Erich: Unter anderem Himmel. Roman. Umschlag und Einband von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Ebermayer, Erich: Werkzeug in Gottes Hand. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1933.
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Edschmid, Kasimir: Das Südreich. Roman der Germanenzüge. Mit 10 Tiefdrucktafeln. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Edschmid, Kasimir: Der Liebesengel. Roman einer Leidenschaft. Entwurf des Bildumschlages von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Edschmid, Kasimir: Deutsches Schicksal. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1932. Edschmid, Kasimir: Die gespenstigen Abenteuer des Hofrat Brüstlein. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Edschmid, Kasimir: Erika. Erzählung. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Edschmid, Kasimir: Feine Leute oder Die Grossen dieser Erde. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Edschmid, Kasimir: Hallo Welt! Sechzehn Erzählungen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1930. Edschmid, Kasimir: Hallo Welt! 16 Erzählungen. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1933. Edschmid, Kasimir: Lord Byron. Roman einer Leidenschaft. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Edschmid, Kasimir: Lord Byron. Roman einer Leidenschaft. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1931. Edschmid, Kasimir: Sport um Gagaly. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1928. Edschmid, Kasimir: Sport um Gagaly. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1930. Ehrhart, Robert von: Gernot bedankt sich nicht. Ein Kriminalroman aus der Theaterwelt. Einbandentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. [Ausgabe 1944] Ehrhart, Robert von: Mädchen auf der Insel. Kriminalroman. Umschlagentwurf von Oskar Spitzer. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Eidlitz, Walther: Das Licht der Welt. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1932. Eidlitz, Waither: Die Gewaltigen. Novellen aus drei Jahrtausenden. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Eidlitz, Walther: Die Laufbahn der jungen Clothilde. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Eidlitz, Waither: Kampf im Zwielicht. Eine Dichtung. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1928. Eidlitz, Walther: Zodiak. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Estaunie, Edouard: Das geheime Leben. (La vie secrete). Roman. Autor. Übers, aus dem Franz. von Fritz Lehner. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Estaunie, Edouard: Das Testament der Frau von Castirac. (Le Labyrinthe). Roman. Dt. von Fritz Lehner. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Estaunie, Edouard: Der Fall Clapain. (Madame Clapain). Roman. Autor. Übers, aus dem Franz. von Fritz Lehner. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Estaunie, Edouard: Die Dinge erzählen. (Les choses voient). Roman. Dt. von Fritz Lehner. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Estaunie, Edouard: Schwester Therese. (L'Appel de la route.) Die Tragödie eines Herzens. Roman. Einzige berechtigte Übers, aus dem Franz. von Fritz Lehner. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Umschlag nach einer Zeichnung von Paul Emile Becat. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Estaunie, Edouard: Segen der Liebe. (L'Ascension de Mme. Baslevre). Roman. Dt. von Fritz Lehner. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936.
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Eton, Robert: Der Autobus fährt ins Dorf. (The Bus leaves for the village). Autor. Übers, aus dem Engl, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Eton, Robert: Vom Schicksal gewoben. (The Pattern). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Evans, Allen Roy: Der Zug der Renntiere. (Reindeer Trek). Ein Tatsachenroman. Aus dem Engl. von Richard Hoffmann. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Fabricius, Johann: Abenteuer in Venedig. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1932. Fabricius, Johann: Charlottens große Reise. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1929. Fabricius, Johann: Das Mädchen mit dem blauen Hut. Ein lustiger Roman aus dem Soldatenleben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Fabricius, Johann: Das Mädchen mit dem blauen Hut. Ein lustiger Roman aus dem Soldatenleben. Zürich: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1931). Fabricius, Johann: Löwen hungern in Neapel. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1934. Fabricius, Johann: Marietta. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Fabricius, Johann: Mario Ferraros eitle Liebe. (Mario Ferraro's ijdele Liefde). Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Fabricius, Johann: Mario Ferraros eitle Liebe. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1932. Fallas, Carl: Das hölzerne Kissen. (The wooden Pillow). Roman. Dt. von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Fekete, Stefan: Tschi. Vier Tiemovellen. Übers, aus dem Ungar, von Agathe Gräfin Alberti. Umschlag und Einband von Josefine Poss. Berlin-Wien-Leipzig: Zsolnay Verlag Karl H. Bischoff 1942. Festenberg, Gustav von: Das stille Tal. Der Weg einer Seele. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Festenberg, Gustav von: Ein Tag wie alle. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1939. Finke, Edmund: Chapman & Cole wird ausgerottet. Kriminalroman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Finke, Edmund: Das dreifache Angesicht. Kriminalroman. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Finke, Edmund: Das Geheimnis des »Schreitenden Apollon«. Kriminalroman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Finke, Edmund: Das letzte Mittel. Kriminalroman. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Finke, Edmund: Das unlösbare Rätsel. Kriminalroman. Mit 18 Textillustrationen. Umschlagentwurf und Illustrationen von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Finke, Edmund: Das verborgene Motiv. Kriminalgeschichte. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Finke, Edmund: Der Mörder verliert den Robber. Kriminalroman. Berlin-Wien-Leipzig 1935. (Neuauflage 1940, Umschlagentwurf von Heinrich Petri; Wehrmachtausgabe 1944, für das Sortiment nicht erhältlich). Finke, Edmund: Der Tod vor dem Spiegel. Kriminalroman. Entwurf des Bildumschlags von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1940.
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Finke, Edmund: Der Weg aus der Hölle. Kriminalroman. Entwurf des Bildumschlags von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Finke, Edmund: Die Fürstin Seravallo. Kriminalroman. Umschlagentwurf von Luise WasserthalZuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. Finke, Edmund: Die Hamadryade. Kriminalroman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1937. (Wehnnachtausgabe 1943). Finke, Edmund: Die Schale des Brunnens. Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Finke, Edmund: Die Teufelsschlüssel. Kriminalroman. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Finke, Edmund: Schwarzes Segelschiff auf rotem Grund. Kriminalroman. Umschlagentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938 und Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Finke, Edmund: Zehn einwandfreie Alibis und andere Kriminalnovellen. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Finke, Edmund: Zehn einwandfreie Alibis. Kriminalnovelle. Feldpost-Ausgabe. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Flamm, Peter: Du?. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Fleischer, Max: Der Porzellanpavillon. Nachdichtungen chinesischer Lyrik. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. [Aus dem Chin, des Li-Tai-Pe, Thu-Fu, Wu-Ti u.a.] Berlin-Wien-Leipzig 1927. Flynn, John T.: Gold von Gott. (God's Gold). Die Rockefeller-Saga. Autor. Übers, aus dem Engl, von Viktor Polzer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Fontana, Oskar Maurus: Der Weg durch den Berg. Ein Gotthard-Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Freihofer, Philipp: Abschied in Rhagusa. Eine Erzählung. Entwurf des Bildumschlages von Willi Bahner. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Freumbichler, Johannes: Atahuala oder Die Suche nach einem Verschollenen. Roman. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Freumbichler, Johannes: Geschichten aus dem Salzburgischen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Freumbichler, Johannes: Philomena Ellenhub. Ein Salzburger Bauernroman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Frich, Övre Richter: Vitamin der Seele. (Boken om Tabak). Eine kleine unterhaltsame Kulturgeschichte des Tabaks mit vielen lustigen Zeichnungen. Dt. von Marie Franzos. Illustrationen von A. Hallmann. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Frischauer, Paul: Beaumarchais. Der Abenteurer im Jahrhundert der Frauen. Mit 9 Bildbeigaben. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke (1935). Frischauer, Paul: Das Herz im Ausverkauf. Novellen. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Frischauer, Paul: Der Gewinn. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Frischauer, Paul: Dürer. Roman der deutschen Renaissance. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. Frischauer, Paul: Dürer. Roman der deutschen Renaissance. Zürich: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1932). Frischauer, Paul: Garibaldi. Der Mann und die Nation. Mit 39 Bildbeigaben und 2 Karten. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1934. Frischauer, Paul: Prinz Eugen. Ein Mensch und hundert Jahre Geschichte. Mit 55 Abb. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Frischauer, Paul: Ravaillac oder Die Ermordung eines Königs. Historie. Berlin-Wien-Leipzig 1926.
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Fröding, Gustav: Ausgewählte Gedichte. (Dikler). Dt. Nachdichtung von Hans Nüchtern. BerlinWien-Leipzig 1936. Fuchs, Emil: Romantisches Schachbüchlein. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff 1942. ( = Die hundert kleinen Bücher im Karl H. Bischoff Verlag, Band 20) Fülöp-Miller, Rene: Der heilige Teufel. Rasputin und die Frauen. Mit 94 Abb. in Kupfertiefdruck. Ungekürzte Sonderausgabe. Einband- und Umschlaggestaltung von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig (1931). Fülöp-Miller, Rene: Die Phantasiemaschine. Eine Saga der Gewinnsucht. Mit 51 Bildbeigaben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig (1931). Galsworthy, Ada: Die lieben Hunde. (The dear Dogs). Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Galsworthy, John: Aneinander vorbei. Novelle. Autor. Übers, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Galsworthy, John: Auf der Forsyte-Börse. (On Forsyte 'Change). Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Ungekürzte Sonderausgabe. Umschlagbild nach einer Lithographie aus den Städtischen Sammlungen, Wien. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Galsworthy, John: Auf der Forsyte-Börse. (On Forsyte 'Change). Aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Bis aufs Messer. (The Skin Game). Tragikomödie in 3 Akten. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Galsworthy, John: Blühende Wildnis. (Flowering Wilderness). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Das Herrenhaus. (The Country House). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Lise Landau. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1932. Galsworthy, John: Das Herrenhaus. (The Country House). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Lise Landau. Sonderausgabe des Paul Zsolnay Verlages anläßlich der Verleihung des Nobelpreises an John Galsworthy. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Galsworthy, John: Das Herrenhaus. (The Country House). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Lise Landau. Ungekürzte Volksausgabe. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Galsworthy, John: Das Herrenhaus. (The Country House). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Lise Landau. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Denkwürdige Tage. Novellen. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Der Familienvater. (A family man). Gesellschaft. Fenster. Dramen. Aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Der kleine Jon. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. III. von R.H. Sauter. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Galsworthy, John: Der Menschenfischer. (A Fisher of Men). Novellen. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt (L. Leonhard). Berlin-Wien-Leipzig 1924. Galsworthy, John: Der Menschenfischer. (A Fisher of Men). Novellen. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Berlin-Wien-Leipzig 1926. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke).
792
Galsworthy, John: Der Patrizier. (The Patrician). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Zürich: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1930). Galsworthy, John: Der Patrizier. (The Patrician). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Sonderausgabe des Paul Zsolnay Verlages anläßlich der Verleihung des Nobelpreises an John Galsworthy. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Galsworthy, John: Der reiche Mann. (The Man of Property). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Luise Wolf und Leon Schallt. Berlin-Wien-Leipzig 1933. ( = Galsworthy, Die Forsyte Saga, Bd. 1) Galsworthy, John: Der silberne Löffel. (The silver spoon). Aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Der weiße Affe. (The White Monkey). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Die Cherrill-Chronik. (End of the Chapter). [Roman-Trilogie]. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Galsworthy, John: Die dunkle Blume. (The dark Flower). Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Die dunkle Blume. (The dark Flower). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Sonderausgabe des Paul Zsolnay Verlages anläßlich der Verleihung des Nobelpreises an John Galsworthy. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Galsworthy, John: Die dunkle Blume. (The dark Flower). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1936. Galsworthy, John: Die dunkle Blume. Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Bern: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1929). Galsworthy, John: Die Ersten und die Letzten. (The First and the Last). Novelle. Autor. Übers, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Galsworthy, John: Die Fehde. (A Feud, A Stoic, The Juryman, The Apple Tree). Vier Erzählungen. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1932. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke; Ungekürzte Sonderausgabe 1938). Galsworthy, John: Die Forsyte Saga. (The Forsyte Saga). Autor. Übers, aus dem Engl, von Luise Wolf und Leon Schallt. Jubiläums-Festausgabe. 150. Tsd. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Galsworthy, John: Die Forsyte Saga. Aus dem Engl, von Luise Wolf und Leon Schallt. Bd. 1-3. Berlin-Wien-Leipzig 1926. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Die Forsyte Saga. Aus dem Engl, von Luise Wolf und Leon Schallt. Dünndruckausgabe in einem Band. Berlin-Wien-Leipzig 1927. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Die Freelands. (The Freelands). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Die letzte Karte. Novellen. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke).
793
Galsworthy, John: Ein Heiliger. (Saint's Progress). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Sonderausgabe des Paul Zsolnay Verlages anläßlich der Verleihung des Nobelpreises an John Galsworthy. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Galsworthy, John: Ein Heiliger. (Saint's Progress). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Galsworthy, John: Ein Heiliger. Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Ein Kommentar. Menschen und Schatten. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Ein Lebenskünstler. (Old English). Komödie in drei Akten (Sechs Szenen). Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Galsworthy, John: Ein Mädchen wartet. (Maid in waiting). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Ein Mann aus Devon. (A Man of Devon). Novellen. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Feuer (The Roof). Schauspiel in sieben Szenen. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Galsworthy, John: Flucht. (Escape). Ein Stück in einem Vorspiel und neun Episoden. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Berlin-Wien-Leipzig 1927. ( = Galsworthy: Ges. Werke in Einzelausgaben). Galsworthy, John: Forsytes, Pendyces und Andere. (Forsytes, Pendyces and Others) Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Galsworthy, John: Gesellschaft. (Loyalties). Schauspiel in drei Akten (Sieben Szenen). Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Berlin-Wien-Leipzig 1925. Galsworthy, John: In Fesseln. (In Chancery). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Luise Wolf und Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. ( = Galsworthy, Die Forsyte Saga, Bd. 2) Galsworthy, John: Loyalität. (Loyalties). Schauspiel in drei Akten (Sieben Szenen). Autor. Übers, aus dem Englischen von Leon Schallt (L. Leonhard). Berlin-Wien-Leipzig 1924. Galsworthy, John: Meisternovellen. Hrsg. und übers, von Leon Schallt. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Galsworthy, John: Moderne Komödie. (A modern Comedy). Aus dem Engl, von Leon Schallt. [Dünndruckausgabe in einem Band]. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Galsworthy, John: Moderne Komödie. (A Modern Comedy). Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. [Neue Ausgabe]. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Galsworthy, John: Neue und alte Verse. Übertr. von Kurt Schrey. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Galsworthy, John: Pharisäer. (The Island Pharisees). Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke).
794
Galsworthy, John: Schwanengesang.
(Swan Song). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon
Schallt. Sonderausgabe des Paul Zsolnay Verlages anläßlich der Verleihung des Nobelpreises an John Galsworthy. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Galsworthy, John: Sensation.
(The Show).
Schauspiel
in drei Akten.
Aus dem Engl, von Leon
Schallt. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Galsworthy, John: Über den Strom. (Over the River). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Urwald. (The Forest). Drama in vier Akten (Acht Szenen).
Autor. Übers, aus
dem Engl, von Leon Schallt. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Galsworthy, John: Villa Rubeln.
Roman.
Autor. Übers, aus dem Engl, von Leon Schallt. Ein-
bandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig
1931. ( =
Galsworthy:
Gesammelte
Werke). Galsworthy, John: Weltbrüder.
(Fraternity).
Roman.
Aus dem Engl, von Lise Landau und Leon
Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. ( = Galsworthy: Gesammelte Werke). Galsworthy, John: Weltbrüder.
(Fraternity).
Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Lise Landau
und Leon Schallt. Sonderausgabe des Paul Zsolnay Verlages anläßlich der Verleihung des Nobelpreises an John Galsworthy. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Galsworthy, John: Zu vermieten.
(To let). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Luise Wolf.
Sonderausgabe des Paul Zsolnay Verlages anläßlich der Verleihung des Nobelpreises an John Galsworthy. Berlin-Wien-Leipzig 1933. ( = Galsworthy, Die Forsyte Saga, Bd. 3) Gebauer, Anton K.: Burma.
Tempel und Pagoden.
Erlebnisse
längs der Burmastraße.
Mit 16
Kunstdruckbildern und 1 Übersichtskt. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Geraldy, Paul: Du und Ich. (Toi et Moi). Gedichte.
Deutsche Nachdichtung von Clara Katharina
Pollaczek. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Geraldy, Paul: Helene. Roman.
Dt. von Raoul Auernheimer. Einbandentwurf von Rudolf Geyer.
Berlin-Wien-Leipzig 1924. Geraldy, Paul: Ihr Mann.
(Son Mari). Lustspiel in drei Akten. Autor. Übers, aus dem Franz. von
Berta Zuckerkandl. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Geraldy, Paul: So ist die Liebe. (L'Amour).
Autor. Übers, aus dem Franz. von Berta Zuckerkandl.
Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Geraldy, Paul: Theater. Dramen.
Bd. 1. 2. Autor. Übers, aus dem Franz. von Berta Zuckerkandl.
Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Geraldy, Paul und Robert Spitzer: Der Unwiderstehliche.
Komödie in vier Akten. Autor. Übers, aus
dem Franz. von Berta Zuckerkandl. Bühnenausgabe. Berlin-Wien-Leipzig: Paul Zsolnay Verlag Theaterabteilung 1929. Ginzkey, Franz Karl: Der selige Brunnen.
Eine Raphael Donner-Novelle.
Einbandentwurf von
Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940; auch 1944 im Karl H. Bischoff Verlag. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 2) Ginzkey, Franz Karl: Die dreißig Tänzer. Erzählungen.
Feldpost-Ausgabe. Umschlagentwurf von
Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Ginzkey, Franz Karl: Erschaffung
der Eva. Ein epischer Gesang. Berlin-Wien-Leipzig 1941.
Ginzkey, Franz Karl: Liselotte und ihr Ritter oder Warum nicht Romantik? Roman. von Rudolf Geyer.
Berlin-Wien-Leipzig
Einbandentwurf
1936. (Ungekürzte Sonderausgabe in der
Reihe
»Deutsche Erzähler von heute«, 1939) Ginzkey, Franz Karl: Meistererzählungen.
Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-
Wien-Leipzig 1940.
795
Ginzkey, Franz Karl: Prinz Tunora. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Im gemeinsamen Verlag von L. Staackmann Verlag, Leipzig, Berlin-Wien-Leipzig: Paul Zsolnay Verlag 1934. Ginzkey, Franz Karl: Sternengast.
Neue Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1937.
Glasgow, Ellen: Rette mich nicht. (They stooped to folly).
Roman.
Autor. Übers, von Susanne
Schallt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Glassbrenner, Adolf: Bilder und Träume aus Wien. Hrsg. von Otto Emmerich Groh. Einbandentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff 1942. ( = Die hundert kleinen Bücher im Karl H. Bischoff Verlag, Band 21) Goetel, Ferdinand: Von Tag zu Tag. (Z dnia na dzien). Roman. Autor. Übers, von Jakob Margot Schubert. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Grabner, Lenz: Gedichte. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 5) Graedener, Hermann: Der Esel. Sancho Pansas letztes Abenteuer.
Novelle. Umschlagbild und Buch-
schmuck nach Originalen von Gustave Dore. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Graedener, Hermann: Der Esel. Sancho Pansas letztes Abenteuer.
Novelle. Feldpost-Ausgabe. Um-
schlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Graedener, Hermann: Ein Volk geht zu Gott. Das Wort der neuen Wandlungen.
Berlin-Wien-Leip-
zig 1936. Graedener, Hermann: Sickingen.
Ein Kampf ins Künftige.
Schauspiel
in sieben Bildern.
Berlin-
Wien-Leipzig 1939. Graedener, Hermann: Traum von Blücher,
Yorck, Stein. Drei Heldenleben.
Einbandentwurf von
Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Groh, Otto Emmerich: Der Gouverneur
(Die Fahne). Ein Schauspiel
in fünf Akten.
Berlin-Wien-
Leipzig 1940. Groh, Otto Emmerich: Die Fahne. Ein Schauspiel in fünf Akten. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Groh, Otto Emmerich: Königsballade.
Eine Erzählung.
Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-
Wien-Leipzig 1935. Grossmann, Stefan: Chefredakteur
Roth führt Krieg. Roman.
Einbandentwurf von Rudolf Geyer.
Roth führt Krieg. Roman.
Zürich: Bibliothek zeitgenössischer
Berlin-Wien-Leipzig 1928. Grossmann, Stefan: Chefredakteur Werke 1932. Grossmann, Stefan: Die beiden Adler. Schauspiel inßnf Grün, Lili: Herz über Bord. Roman.
Akten. Berlin-Wien-Leipzig 1931.
Umschlag von Ludwig Kainer. Einbandentwurf von Rudolf
Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Grün, Lili: Loni in der Kleinstadt. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke (1935). Gürt, Elisabeth: Eine Frau für drei Tage. Roman. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Gürt, Elisabeth: Zehn dunkelrote
Rosen und andere Kurzgeschichten.
Feldpost-Ausgabe. Berlin-
Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Gul, Roman: Boris Sawinkow.
Der Roman eines Terroristen.
Autor. Übers, von Fega Frisch. Bd.
1. 2. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Guläcsy, Irene v.: Die schwarzen Freier. (Fekete völegenyek).
Historischer
Roman.
Autor. Übers,
aus dem Ungar, von Käthe Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Gunnarson, Karl: Ich zog als Bauemknecht
durchs Land. Erlebnisse und Abenteuer.
Roman.
Dt.
von Walther Hjalmar Kotas. Umschlagentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. (Ungekürzte Sonderausgabe 1937)
796
Habeck, Fritz: Der Scholar vom linken Galgen. Das Schicksal Francois Villons. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Hädelmayr, Roman: Die Wiederkehr. Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Hai Schang Schuo Mong Jen: Fräulein Tschang. (Hsiä putschao). Ein chinesisches Mädchen von heute. Roman. Aus den chin. Orig. übertr. von Franz Kuhn. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Halle, Fannina W.: Die Frau in Sowjetrussland. Mit 109 Abbildungen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Haringer, Jakob: Abschied. Gedichte. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Haringer, Jakob: Heimweh. Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Hartlieb, Wladimir von: Das Haus einer Kindheit. Der Roman von Berta und Mischka. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Hartlieb, Wladimir von: Fridericus Rex. Eine Heldenphantasie. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Hartwig, Mela: Das Weib ist ein Nichts. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1929. Hartwig, Mela: Ekstasen. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Haselbach, Volkmar: Immerwährender Bauernkalender. Mit vielen Bildern von Gustaf Axel Bergmann. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 17) Hauptmann, Franz: Der Soldat Christoph. Eine Erzählung aus Prag. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Hauptmann, Franz: Die Insel der Einsamkeit. Erzählung. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Heike, Fritz: Der Prinz aus Frankreich. Ein Schicksal um Bonaparte. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Hell, Hans (d.i. Hans Sochaczewer): M.d.R. Mitglied des Reichstags. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Heller, Frank: Die Debatte um Atlantis. Atlantis Untergang. Kriminal-Roman. Berechtigte Übers, von Mario Degescher. Umschlagentwurf von Oskar Spitzer. Berlin-Wien-Leipzig 1945. Henderson, Daniel: Die goldenen Bienen. (The golden Bees). Betsy Patterson und die Bonapartes. Dt. von Richard Hoffmann. Mit 8 Bildbeigaben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1938. Henderson, Daniel: Maria Tudor, die blutige Königin. (The crimson Queen). Dt. von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Henz, Rudolf: Kaiser Joseph II. Tragödie in fünf Akten. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Herczeg, Franz: Die Heiden. (Poganyök). Roman. Autor. Übers, aus dem Ungar, von Andreas Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Herczeg, Franz: Räköczi, der Rebell. (Pro libertate). Roman. Autor. Übers, aus dem Ungar, von Andreas Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Herzog, Wilhelm: Panama. Schauspiel in neun Bildern. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Hichens, Robert: Bacchantin und Nonne. Roman. Autor. Übers, von Irene Kafka. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Hichens, Robert: Der Garten Allahs. (The Garden of Allah). Roman. Übers, von Jacques Sgalitzer. Dünndruckausgabe in einem Band. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Hichens, Robert: Der Garten Allahs. (The Garden of Allah). Roman. Deutsch von Jacques Sgalitzer. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936.
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Hirt, Karl Emerich: Menschen aus Österreich. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1937. Hohlbaum, Robert: Balladen vom Geist. Bilder für Einbandentwurf von R.H. Stöcker. BerlinWien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Hohlbaum, Robert: Front der Herzen. Roman. Umschlagentwurf von Willi Bahner. Berlin-WienLeipzig: Karl H. Bischoff 1944. Hohlbaum, Robert: Patroklos. Tragödie in drei Auflügen. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Karl H. Bischoff [1943]. Holgersen, Alma: Du hast deinen Knecht nicht aus den Augen verloren. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Holgersen, Alma: Du hast deinen Knecht nicht aus den Augen verloren. Roman. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. (Nur für die Wehrmacht). Holgersen, Alma: Kinderkreuzzug. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Holgersen, Alma: Zweitausend Meter über der Hölle. - Ein Ski-Tagebuch. Mit acht Bildern. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Holgersen, Alma: Zweitausend Meter über der Hölle. - Ein Ski-Tagebuch. Mit acht Bildern. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff (1944). Im Auftrage des OKW hergestellt von der Wehrmachtpropagandagruppe beim Wehnnachtbefehlshaber Norwegen. (Für das Sortiment nicht erhältlich) Houben, Η. H.: Goethes Eckermann. Die Lebensgeschichte eines bescheidenen Menschen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Hudson, W.H.: Roman in Uruguay. (The purple Land). Autor. Übers, v. Ellinor Drösser. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Hurst, Fannie: Mannequin. Roman. Autor. Übers, von Andor Braun. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Hurst, Fannie: Mannequin. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1932. Ilf, Ilja/Eugen Petrow: Ein Millionär in Sowjetrußland. (Zolotoj telenok). Roman. Autor. Übers, aus dem Russ. von Elsa Brod, Mary von Pruss-Glowatzky und Richard Hoffmann. Mit einem Nachwort von Anatolij Lunatscharskij. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Ilf, Ilja/Eugen Petrow: Zwölf Stühle. (Dvenadcat' stul'ev). Autor. Übers, von Elsa Brod und Mary von Pruss-Glowatzky. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Ilf, Ilja/Eugen Petrow: Zwölf Stühle. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1933. Im Zirkel. Literarische Arbeitsberichte und Schrifttumsblätter für Bücherfreunde des Zsolnay-Verlages Karl H. Bischoff. Erstes Heft/Frühjahr 1942. Wien-Berlin: Zsolnay Verlag Karl H. Bischoff 1942. Im Zirkel. Literarische Arbeitsberichte und Schrifttumsblätter für Bücherfreunde des Karl H. Bischoff Verlages. Zweites Heft/Frühjahr 1944. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff Verlag 1944. Jacob, Heinrich Eduard: Die Magd von Aachen. Eine von 7000. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Jacob, Heinrich Eduard: Ein Staatsmann strauchelt. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Bildumschlag von Alex Szekely. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Jacob, Heinrich Eduard: Liebe in Üsküb. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1932. Jacob, Heinrich Eduard: Treibhaus Südamerika. Novellen. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke (1934). Jacobsen, Jo: Der Tümmlerjäger. (Marsvinsjaegerne). Roman. Autor. Übers, aus dem Dan. von Andreas Gaspar. Berlin-Wien-Leipzig 1937.
798
Jahrbuch deutscher Bibliophilen und Literaturfreunde. Hrsg. von Hans Feigl. XVIII/XIX. Jahrgang 1932/33. Mit 19 Bildbeigaben. Berlin-Wien-Leipzig (1933). Jahrbuch Paul Zsolnay Verlag 1927. Mit zwölf Kunstdrucktafeln, die handschriftliche Äußerungen der Verlagsautoren faksimiliert wiedergeben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1927. Jahrbuch Paul Zsolnay Verlag 1928. Mit einer Originallithographie, einer Farbentafel und zwei Doppeltonbildern. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Jahrbuch Paul Zsolnay Verlag 1929. Mit einem Kupfertiefdruck nach einer Originalradierung von Max Liebermann und drei Federzeichnungen von Alfred Kubin. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Jahrbuch Paul Zsolnay Verlag 1930. Mit drei Federzeichnungen von Alfred Kubin. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Jahrbuch Paul Zsolnay Verlag 1931. Mit zwölf Bildbeigaben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Jandolo, Augusto: Bekenntnisse eines Kunsthändlers. (Memorie di un antiquario). Übertr. aus dem Ital. von Olga Leonie Hainisch. Dt. Bearb. von Lotte Leber. Mit 38 Bildbeigaben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Jellinek, Oskar: Das ganze Dorf war in Aufruhr. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Jellinek, Oskar: Der Sohn. Erzählung. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Jellinek, Oskar: Die Mutter der Neun. Novelle. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Jellinek, Oskar: Die Seherin von Daroschitz. Novelle. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1933. Jensen, Thit: Der Bischof von Börglum. (Stygge Krumpen). Roman. Autor. Übers, aus dem Dan. von Walther Hjalmar Kot as. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Jensen, Thit: Jörgen Lykke, der letzte Ritter Dänemarks. (Jörgen Lykke, Rigens sidste Ridder). Roman aus der Hochrenaissance des Nordens. Autor. Übers, aus dem Dän. von Walther Hjalmar Kotas. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Kaltneker, Hans: Dichtungen und Dramen. Hrsg. von Paul Zsolnay. Eingel. von Felix Saiten. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. Kaltneker, Hans: Die drei Erzählungen. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Kaltneker, Hans: Die Schwester. Ein Mysterium in drei Abteilungen. (Zehn Szenen). Berlin-WienLeipzig 1924. Katajew, Valentin: Die Defraudanten. Roman. Einzige autor. Übers, aus dem Russ. von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke (1932). Katajew, Valentin: Die Defraudanten. Roman. Einzige autor. Übers, aus dem Kuss, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Keller, Paul Anton: Später Gast. Erzählungen. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff 1943. ( = Die hundert kleinen Bücher im Karl H. Bischoff Verlag, Band 26) (Wehrmachtausgabe, für das Sortiment nicht erhältlich) Kellner, Leon: Meine Schüler. Geschichten und Skizzen aus meiner Klasse. Hrsg. von Anna Kellner. Mit einem Geleitwort von Richard Beer-Hofmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Keppelmüller, Bertold: Das Gesetz der Sterne. Johannes Kepplers Lebensroman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1942. Kernmayr, Erich: Der Marsch ins Nichts. Roman. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1938.
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Kernmayr, Erich: Der Tag unseres Lebens. Roman eines österreichischen Arbeiters. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Kernmayr, Erich: Steirische Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Kernmayr, Hans Gustl: Große Liebe. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Kernmayr, Hans Gustl: Tagebuch für Annemarie. Novelle. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 9) Kernmayr, Hans Gustl: Heißer Sommer. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1939. Kernmayr, Hans Gustl: Regimentsmusik. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1941. Kesser, Hermann: Musik in der Pension. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Kesser, Hermann: Rotation. Schauspiel in Szenen. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Killian, Johann: Der Kristall. Das Geheimnis des Anorganischen. Mit 67 Textzeichnungen und 7 Abb. auf Kunstdruckpapier. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Kivimaa, Arvi: Europäische Dichterreise durch Deutschland. Reiseeindrücke eines finnischen Schriftstellers in Deutschland. Bildbeigaben und Umschlagausstattung nach Entwürfen von Willi Bahner. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Knobloch, Hilde: Die allwissenden Augen. Der Roman Hans Holbeins. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. [Ausgabe 1945] Rnöller, Fritz: Der trotzige See. Zwei Erzählungen. Einbandentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien: Karl H. Bischoff 1942. ( = Die hundert kleinen Bücher im Karl H. Bischoff Verlag, Band 22) Koblitz, Carola von: Der Sommer ist lang ... Ein Roman aus dem Süden. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Kramer, Diet: Das Fäustchen. (De Bikket). Roman eines mutigen Mädchens. Autor. Übers, aus dem Holl, von Irmgard und Erich Pochlatko. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. BerlinWien-Leipzig 1939. Kramer, Theodor: Wir lagen in Wolhynien im Morast ... Gedichte. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Krasinski, Zygmunt: Die ungöttliche Komödie. (Nieboska Komedja). Dramatisches Gedicht in vier Teilen. Fassung für die Bühne von Franz Theodor Csokor. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Kratzmann, Ernst: Die neue Erde. Roman. Einbandausstattung von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Kraus-Kassegg, Elisabeth: Die große Passion. Roman einer irrenden Liebe. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Kraus-Kassegg, Elisabeth: Theater der Götter. Ein Roman von Sonne und Liebe auf der Insel Lopud. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Kreische, Ernst: Brennende Heimat. Ein Roman aus dem deutschen Bauernkriege. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Kreische, Ernst: Die Hochzeit der Veronika. Ein Roman aus dem steirischen Gesäuse. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Kunsti, Erich v.: Verlorener Strand. Mit 15 Bildbeigaben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Landgrebe, Erich: Adam geht durch die Stadt. Roman. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Landgrebe, Erich: Das Hochzeitsschiff. Ein zärtlicher Roman. Umschlagentwurf von Willi Bahner. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944.
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Landgrebe, Erich: Die neuen Götter. Aus den Papieren des Architekten Heinrich. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Landgrebe, Erich: Gebratene Äpfel. Zehn kleine Geschichten. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 7) Landgrebe, Erich: Ich in Vaters Hosen. Zehn fröhliche Geschichten. Umschlagentwurf von Erich Landgrebe. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff 1943. [Ausgabe 1944] ( = Die hundert kleinen Bücher, Band 24) (Wehrmachtausgabe, für das Sortiment nicht erhältlich) Landgrebe, Erich: Michaels erster Sommer. Mit Zeichnungen des Dichters. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Landgrebe, Erich: Peter Halandt. Roman einer Jugend. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1937. Langheinrich, Leonard: Frank Thiess. Bild eines deutschen Dichters. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Leber, Hermann R. (Hrsg.): Kleines Praterbüchl. Mit vier zeitgen. Bildern. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 14) Leffler, Erika: Ein Mann, ein Pferd und eine treue Liebe. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Lennhoff, Eugen: Politische Geheimbände im Völkergeschehen. Neudurchgesehene, textlich ungekürzte Sonderausgabe. Mit 124 Abb. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig (1932). Lenormand, Henri Rene: Dissonanz. Novellen. Autor. Übers, aus dem Franz. von Rosa BreuerLucka. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Lenormand, Henri Rene: Theater. Dramen. Autor. Übers, aus dem Franz. von Berta Zuckerkandl. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Leonow, Leonid: Aufbau. (Sot'). Roman aus Sowjetrussland. Übers, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Leonow, Leonid: Der Dieb. (Vor). Roman. Übers, von Dmitrij Umanskij und Bruno Prochaska. Bd. 1.2. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. (1928 auch in einem Band als Dünndruckausgabe) Leonow, Leonid: Die Bauern von Wory. Roman. Autor. Übers, aus dem Russischen von Bruno Prochaska und Dmitrij Umanskij. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Leonow, Leonid: Die Bauern von Wory. Roman. Autor. Übers, aus dem Russ. von Bruno Prochaska und Dmitrij Umanskij. Einbandentwürfe von Rudolf Geyer. Zürich: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1933). Lewis, Sinclair: Die Benzinstation. (Free Air). Roman. Autor. Übertr. aus dem Amerik. von Ciarisse Meitner. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Zürich: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1930). List, Rudolf: Michael. Roman eines Schicksals. Berlin-Wien-Leipzig 1936. List, Rudolf: Tor aus dem Dunkel. Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Literarische Nachrichten und Bücher Vorschau des Paul Zsolnay Verlages mit Vorabdrucken [...] . Herbst 1933. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Löbel, Josef: Lebensretter. Detektivromane aus der Geschichte der Medizin. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1935. Löbel, Josef: Robert Koch. Geschichte eines Glücklichen. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1935. Löwenthal, Josef Freih. von: Die unsterbliche Stadt. Eine utopische Erzählung aus dem Jahre 2000. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936.
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Lorenz, Friedrich: Meister der schwarzen Kunst. Deutsche Erfinderschicksale. Feldpost-Ausgabe. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Lorenz, Friedrich: Odysseus und Penelope. Der Liebesroman der homerischen Helden. BerlinWien-Leipzig 1936. Lorenz, Friedrich: Väter der Maschinenwelt. Unbekannte Erfinderschicksale aus 5 Jahrhunderten. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Lothar, Ernst: Der Hellseher. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Lothar, Ernst: Der Hellseher. Roman. Zürich: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1932). Lothar, Ernst: Der Kampf um das Herz. Roman. (6.-10. Tsd. des neubearb. Romans Bekenntnis eines Herzsklaven). Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Lothar, Ernst: Die Mühle der Gerechtigkeit oder Das Recht auf den Tod. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. ( = Die Menschenrechte, Bd. 1). Lothar, Ernst: Eine Frau wie viele oder Das Recht in der Ehe. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Lothar, Ernst: Kinder. Erste Erlebnisse. (4.-6.Tsd. des neu bearb. und vermehrten Buches Gottes Garten). Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Lothar, Ernst: Kleine Freundin. Roman einer Zwölfjährigen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Lothar, Ernst: Romanze F-Dur. Aus dem Tagebuch eines jungen Mädchens. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Wien 1935. Lowell, Joan: Ich spucke gegen den Wind. (The cradle of the deep). Ein Mädel als Matrose. Dt. von Richard Hoffmann. Ungekürzte Sonderausgabe. Berlin-Wien-Leipzig 1935. (Erschien zuerst u.d.T. Miss Lowell als Matrose unter Matrosen.) Lowell, Joan: Miss Lowell als Matrose unter Matrosen. (The cradle of the deep). Der Roman einer Jugend auf hoher See. Autor. Übers, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Ludwig, Emil: Bismarck. Geschichte eines Kämpfers. Mit 20 Kupfertiefdruckbildem. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Ludwig, Emil: Dramatische Dichtungen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Ludwig, Emil: Genie und Charakter. Sammlung männlicher Bildnisse. Mit 19 Tiefdrucktafeln. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig (1932). Ludwig, Emil: Goethe. Geschichte eines Menschen. Mit 21 Kupfertiefdruckbildem. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig (1932). Ludwig, Emil: Goethe. Kämpfer und Führer. Festrede der Goethe-Feier im Deutschen Volkstheater Wien, 20. März 1932. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Ludwig, Emil (Hrsg.): Goethes Lebensweisheit. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1931. Ludwig, Emil: Mussolinis Gespräche mit Emil Ludwig. Mit 8 Bildtafeln. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Ludwig, Emil: Schliemann. Geschichte eines Goldsuchers. Mit 22 Bildtafeln. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Lyttkens, Alice: Du mußt dir selbst helfen! (Flykten frän vardagen). Der Roman einer mutigen Frau. Dt. von Walther Hjalmar Kotas. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936.
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Lyttkens, Alice: Es ist nicht wahr. (Det är inte sant...). Roman einer Rechtsanwältin. Dt. von Walther Hjalmar Kotas. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Lyttkens, Alice: Ich komme nicht zum Abendessen. (Kommer in te tili middagen). Roman einer Ärztin. Dt. von Walther Hjalmar Kotas. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Lyttkens, Alice: Man muß so viel in dieser Welt. (Det är mycket man mäste). Roman. Dt. von Waither Hjalmar Kotas. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Lyttkens, Alice: Wonach wir alle uns sehnen. (Det är dit vi längtas). Roman. Dt. von Walther Hjalmar Kotas. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Mahler, Gustav: Briefe 1879-1911. Hrsg. von Alma Maria Mahler. Mit 4 Bildbeigaben und 1 Brieffaksimile. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Mahler, Gustav: Zehnte Symphonie. Nach dem Orig. Manuskript hergestellt. Mappen und Papier gleichen dem Original Mappenschild nach Entwurf Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Maierheuser, Hermine: Tauchfahrt ins Unendliche. Roman. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff Verlag 1943. [Ausgabe 1944] Major, Ralph: Ein Arzt erzählt Kulturgeschichte. (Disease and Destiny). Dt. von Viktor Polzer. Mit 25 Bildbeigaben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Major, Ralph: Medizin keine Geheimwissenschaft. (The Doctor explains). Autor. Übers, aus dem Amerik. von Viktor Polzer. Mit 30 Bildbeigaben. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1938. Mann, Heinrich: Das Bekenntnis zum Übernationalen. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Mann, Heinrich: Das Herz; Die Rückkehr vom Hades. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. ( = Mann, Gesammelte Werke) Mann, Heinrich: Das Kaiserreich. Zwei Bände. 1. Der Untertan. 2. Der Kopf. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. Mann, Heinrich: Das öffentliche Leben. [Gesammelte Aufsätze]. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. ( = Mann, Gesammelte Werke) Mann, Heinrich: Der Kopf. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. Mann, Heinrich: Der Kopf. Roman. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Mann, Heinrich: Der Untertan. Die Armen. Zwei Romane. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. Mann, Heinrich: Diana. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. ( = Mann, Die Göttinnen. Roman 1) Mann, Heinrich: Die Göttinnen oder die drei Romane der Herzogin von Assy. (Diana, Minerva, Venus). Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Mann, Heinrich: Die Jagd nach Liebe. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1925. ( = Mann, Gesammelte Werke.) Mann, Heinrich: Ein ernstes Leben. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Mann, Heinrich: Eugenie oder die Bürgerzeit. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1928. Mann, Heinrich: Flöten und Dolche. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1930. ( = Mann, Gesammelte Werke.) Mann, Heinrich: Im Schlaraffenland. Ein Roman unter feinen Leuten. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. ( = Mann, Gesammelte Werke.)
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Mann, Heinrich: Die kleine Stadt. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. ( = Mann, Gesammelte Werke) Mann, Heinrich: Liliane und Paul. Novelle. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Mann, Heinrich: Minerva. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. ( = Mann, Die Göttinnen, Roman 3; Mann, Gesammelte Werke.) Mann, Heinrich: Mutter Marie. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. ( = Mann, Gesammelte Werke.) Mann, Heinrich: Mutter Marie. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Zürich: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1930). Mann, Heinrich: Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. ( = Mann, Gesammelte Werke.) Mann, Heinrich: Sie sind jung. [Erzählungen], Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1929. Mann, Heinrich: Sieben Jahre. Chronik der Gedanken und Vorgänge. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Mann, Heinrich: Venus. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. ( = Mann, Gesammelte Werke) Mann, Heinrich: Zwischen den Rassen. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1925. ( = Mann, Gesammelte Werke.) Marshall, Lenore G: Frau im Spiegel. (Hall of Mirrors). Roman. Autor. Übers, aus dem Amerik. von Viktor Polzer. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Martin du Gard, Roger: Die Thibaults. Die Geschichte einer Familie. Roman. Aus dem Franz. von Eva Mertens. Der Erste Roman: Das graue Heft; Der Zweite Roman: Die Besserungsanstalt; Der Dritte Roman: Sommerliche Tage I, II. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1928. Martin du Gard, Roger: Die Thibaults. (Les Thibaults). Die Geschichte einer Familie. Roman. Aus dem Franz. von Eva Mertens. Der Vierte Roman: Die Sprechstunde; Der Fünfte Roman: Sorellina. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Martin du Gard, Roger: Die Thibaults. (Les Thibaults). Die Geschichte einer Familie. Roman. Aus dem Franz. von Eva Mertens. Der Sechste Band: Der Tod des Vaters. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Martin du Gard, Roger: Jean Barois. Roman. Autor. Übers, aus dem Franz. von Eva Mertens. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Martin du Gard, Roger: Jean Barois. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1932. Masino, Paola: Monte Ignoso. (Monte Ignosö). Roman. Übers, aus dem Ital. von Dora Mitzky. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Masino, Paola: Spiele am Abgrund. (Pereferia). Ein Kinderroman. Dt. von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Maurice, Martin: Die Revolution der Reichen. (Heureux ceux qui ont faim). Autor. Übers, aus dem Franz. von Paul Amann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Maurice, Martin: Liebe. Terra incognita. Roman. Autor. Übers, aus dem Franz. von Paul Amann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Maurice, Martin: Nacht und Tag. (Nuit et jour). Roman mit Henriette und Therese. Autor. Übers, aus dem Franz. von Paul Amann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Meier-Graefe, Julius: Die doppelte Kurve. Essays. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1924.
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Meier-Graefe, Julius: Vincent van Gogh. Der Roman eines Gottsuchers. Mit 8 Tiefdr.Taf. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Meier-Graefe, Julius: Widmungen zu seinem 60. Geburtstage. Vorzugsausgaben in 150 Ex. auf " Bülten mit fünf Radierungen von Max Beckmann, Lovis Corinth, Rudolf Großmann, Karl Hofer und Felix Meseck. Einbandzeichnung von E.R. Weiß. München: R. Piper & Co.; Berlin: E. Rowohlt; Wien: Paul Zsolnay Verlag 1927. Menghin, Oswald: Bauernwelt. Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Michel, Robert: Die Burg der Frauen. Ein Lied von Wyschehrad. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. (Ungekürzte Sonderausgabe in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute«, 1937) Michel, Robert: Slawische Weisen. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 10) Michels, Josef: Adalbert Stifter. Leben, Werk und Wirken. Mit 8 Kunstdruck-Tafeln. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Moberg, Vilhelm: Die harten Hände. (De knutna Haenderna). Roman. Dt. von Walther Hjalmar Kotas. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Moberg, Vilhelm: Fem von der Landstraße. (Langt frän landsvägen). Roman. Autor. Übers, aus dem Schwed. von Walther Hjalmar Kotas. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1937. Moberg, Vilhelm: Kamerad Wacker. (Raskens). Roman eines schwedischen Bauernsoldaten. Dt. von Walther Hjalmar Kotas. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Moberg, Vilhelm: Knut Torings Verwandlung. (Sankt sedebetyg). Roman. Dt. von Walther Hjalmar Kotas. Umschlagentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Moberg, Vilhelm: Schlaflos. (Sömnlös). Der Roman eines Mannes der Erde. Autor. Übers, aus dem Schwed. von Walther Hjalmar Kotas. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Moberg, Vilhelm: Weib eines Mannes. (Mans Kwinna). Ein Roman aus dem Schweden des 18. Jahrhunderts. Autor. Übers, aus dem Schwed. von Walther Hjalmar Kotas. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Moll, Carl: Was soll der Künstler? Gelesenes und Gedachtes. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Molnär, Franz: Der musizierende Engel. Roman einer jungen Liebe. Autor. Übertr. aus dem Ungar, von Lili Bier und Jenö Mohäcsi. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Molnär, Franz: Die Dampfsäule. Novelle. Illustriert von L. Gedö. Umschlagentwurf von L. Gedö. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Molo, Walter von: Die Scheidung. Ein Roman unserer Zeit. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Molo, Walter von: Ein Deutscher ohne Deutschland. Ein Friedrich List-Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Molo, Walter von: Fridericus. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Molo, Walter von: Friedrich List. Ein deutsches Prophetenleben in 3 Aufzügen. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Molo, Walter von: Holunder in Polen. Roman. Entwurf des Buchumschlages von Bernd Steiner. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Molo, Walter von: Mensch Luther. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Molo, Walter von: Mensch Luther. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1931. Molo, Walter von: Wie ich Deutschland möchte. Eine Rede über Friedrich List. Berlin-Wien-Leipzig 1932.
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Molo, Walter von: Zwischen Tag und Traum. Gesammelte Reden und Aufsätze. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Möricz, Zsigmond: Eines Kindes Herz. Roman. Autor. Übers, aus dem Ungar, von Käthe Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Möricz, Zsigmond: Franzi Kerek. (Kerek Ferko). Roman. Berechtigte Übers, aus dem Ungar, von Harry Lux. Umschlagentwurf von Willi Bahner. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Möricz, Zsigmond: Löwe im Käfig. (Rab orozslän). Roman. Autor. Übers, aus dem Ungar, von Käthe Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Möricz, Zsigmond: Siebenbürgen. Historische Romantrilogie. (Erdely). Aus dem Ungar, von Käthe Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Muhr, Adelbert: Die Reise zum Nibelungenlied. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien: Karl H. Bischoff 1944. ( = Die hundert kleinen Bücher im Karl H. Bischoff Verlag, Band 29) Mukerji, Dhan Gopal: Meine indische Heimat. (Caste and outcast). Dt. von Sidonie von FörsterStreffleur. Mit einem Vorwort von Univ.-Prof. Dr. Michael Haberlandt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Mumelter, Hubert: Die falsche Straße. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1934. Mumelter, Hubert: Schatten im Schnee. Roman. Entwurf des Bildumschlages von Alfred Gerstenbrand. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Mussolini, Benito und Giovacchino Forzano: Hundert Tage. (Campo di Maggio). Drei Akte in neun Bildern. Autor. Übers, von Geza Herczeg. Umschlagbild: Werner Krauss als Napoleon. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Nasr-eddin: Meister Nasr-eddin's Schwanke. (Lata i f ) . Aus dem türk. Urtext übers, von Wilhelm von Camerloher. Hrsg. von Erwin H. Rainalter. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien: Karl H. Bischoff 1943. [Ausgabe 1944] ( = Die hundert kleinen Bücher im Karl H. Bischoff Verlag, Band 25) (Wehrmachtausgabe, für das Sortiment nicht erhältlich) Natonek, Hans: Der Mann der nie genug hat. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1929. Natonek, Hans: Geld regiert die Welt oder Die Abenteuer des Gewissens. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Natonek, Hans: Kinder einer Stadt. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Nestroy, Johann: Der Mensch ist auch ein Federvieh ... Splitter und Balken aus Nestroys Werk. Zusammengestellt von Anton Jaksche. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 3) Neumann, Robert: Das Schiff »Esperance«. Erzählung. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1931. Neumann, Robert: Die blinden Passagiere. Novelle. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke (1935). Neumann, Robert: Die Macht. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. ( = Neumann, Sintflut, Bd. 2). Neumann, Robert: Sir Basil Zaharoff. Der König der Waffen. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke (1934). Neumann, Robert: Unter falscher Flagge. Ein Lesebuch der deutschen Sprache für Fortgeschrittene. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Bildumschlag von Alex Sz6kely. Berlin-Wien-Leipzig 1932.
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Niederführ, Hans: Alt-Wiener Theater. Einbandentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. BerlinWien: Karl H. Bischoff 1942. ( = Die hundert kleinen Bücher im Karl H. Bischoff Verlag, Band 23) Nirenstein, Otto: Egon Schiele. Persönlichkeit und Werk. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Nüchtern, Hans: Buch der Brüder von Sankt Johann. Von der Ritter Werk und Weg. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Nüchtern, Hans: Die Beiden im Herbst. Novellen und Gestalten. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Nüchtern, Hans: Die wilde Chronik. Ein Gesang von der Welt und der Zeit. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Nüchtern, Hans: Nur ein Schauspieler. Bericht über ein Schicksal. Novelle. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Nüchtern, Hans: Perchtoldsdorfer Frühling. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Nyirö, Josef: Der Uz. (Uz Bence). Roman aus den Schneebergen Siebenbürgens. Autor. Übers, aus dem Ungar, von Andreas Gaspar. Bild und Einband von Herbert Enyvväri. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Nyirö, Josef: Die Schneeberge. (Havasok könyve). Berechtigte Übers, aus dem Ungar, von Harry Lux. Einbandentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Nyirö, Josef: Die Totenpfähle. (Kopjafäk). Ein Buch aus Siebenbürgen. Berechtigte Übers, aus dem Ungar, von Harry Lux. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Oppenberg, Ferdinand: Kämpfend müssen wir marschieren. Gedichte des Krieges. Bilder für Einband von R.H. Stöcker. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Ortner, Hermann Heinz: Beethoven. Fünf Akte. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Ortner, Hermann Heinz: Himmlische Hochzeit. Eine dramatische Dichtung. Drei Akte. Wien 1936. Ortner, Hermann Heinz: Isabella von Spanien. Schauspiel in drei Akten. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Ortner, Hermann Heinz: Schuster Anton Hin. Schauspiel in drei Akten. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Ortner, Hermann Heinz: Sebastianlegende. Vom Glauben und seinen Wundern. Drei Akte. BerlinWien-Leipzig 1929. Ortner, Hermann Heinz: Stefan Fadinger. Eine deutsche Bauernerhebung in drei Akten. BerlinWien-Leipzig 1933. Ortner, Hermann Heinz: Tobias Wunderlich. Dramatische Legende. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Ortner, Hermann Heinz: Wer will unter die Soldaten. Ein Nebeneinander in einem Vorspiel und drei Akten. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Owen, John: Der Glückspilz. Roman aus Liverpool. Aus dem Engl, von Paula Arnold. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Owen, John: Sein Freund der Schäfer. (The Shepherd and the Child). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Paula Arnold. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Panzini, Alfredo: Der Graf Cavour, Retter und Einiger Italiens. (II Conte di Cavour). Autor. Übers, aus dem Ital. von Rudolf von der Wehd nach der 4. Aufl. der Originalausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Papini, Giovanni: Der heilige Augustinus. (Sant' Agostinö). Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Pauli, Hertha: Toni. Ein Frauenleben für Ferdinand Raimund. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Wien 1936. Perutz, Leo: Der schwedische Reiter. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Wien 1936. Perutz, Leo: Sankt Petri-Schnee. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933.
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Plessen, Viktor von: Bei den Kopfjägern von Borneo. Ein Reisetagebuch. Mit 48 Kunstdruckbildern. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Popowa-Mutafowa, Fani: Der Letzte der Assenows. (Poslednijat Asenovec). Historischer Roman. Berechtigte Übers, aus dem Bulgarischen von Meli M. Schischmanow. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. Popowa-Mutafowa, Fani: Joan Assens Ruhm und glückliche Zeit. Historischer Roman. Berechtigte Übers, aus dem Bulgar. von Boschana Blagoewa und Karl Seeliger. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Poulaille, Henry: Die Geburtsstunde des Friedens. (L'enfantement de la paix). Roman. Aus dem Franz. von Lina Friedlaender-Freuder. Mit einer Einleitung von Heinrich Mann. Berlin-WienLeipzig 1927. Powys, John Cowper: Wolf Solent. Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. [Ausgabe in drei Bänden; Dünndruckausgabe in einem Band] Berlin-Wien-Leipzig 1930. Preradovic, Paula von: Dalmatinische Sonette. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1933. Pupp, Julius: Die Sammellinse. Aus der Weisheit dreier Jahrtausende. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Pupp, Julius: Die Sammellinse. Aus der Weisheit dreier Jahrtausende. Zweiter Band. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Pupp, Julius: Freinacht. Roman des Zwischenreiches. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1935. Puscariu, Sextil (Hrsg.): Der Erholungszug. Heitere rumänische Erzählungen. Berechtigte Übers, aus dem Rumän. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Puscariu, Sextil (Hrsg.): Die Weintraube. Rumänische Erzählungen. Übers, aus dem Rumän. Berlin-Wien-Leipzig: Umschlagentwurf von Magda Vogl. Karl H. Bischoff 1943. [Ausgabe 1944] Rainalter, Erwin H.: Das große Wandern. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1936 und Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Rainalter, Erwin H.: Der getreue Knecht. Eine Erzählung. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Rainalter, Erwin H.: Der Sandwirt. Der Roman Andreas Hofers. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. (Ungekürzte Sonderausgabe in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute«, 1937) Rainalter, Erwin H.: Die Geschichte meines Großvaters. Ein Deutscher im Morgenlande. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Rainalter, Erwin H.: Die schöne Beatrice. Erzählungen. Feldpost-Ausgabe. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Rainalter, Erwin H.: Gestalten und Begegnungen. Erzählungen. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Rainalter, Erwin Η.: In Gottes Hand. Roman. Durchges. Neuausgabe. Einbandausstattung von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Rainalter, Erwin H.: Mirabell. Der Roman einer Frau. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Reissenweber, Arno: Das Jahr des Reifens. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1939. Ribera, Americo: — kein zurück...*. (Senza ritomo). Roman. Autor. Übers, aus dem Ital. von Anton Zahorsky. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Roda Roda: Krokodiltränen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. ( = Roda Roda, Ausgew. Werke in zwei Bänden)
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Roda Roda: Roda Roda und die vierzig Schurken. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1932. ( = Roda Roda, Ausgew. Werke in zwei Bänden) Röttger, Karl: Der Heilandsweg. Legenden. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Röttger, Karl: Der Heilige und sein Jünger. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1934. (Ungekürzte Sonderausgabe in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute«, 1937) Röttger, Karl: Die Mörderin. Zwei Erzählungen. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 13) Röttger, Karl: Kaspar Hausers letzte Tage oder Das kurze Leben eines ganz Armen. Ein dokumentarischer Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. (Ungekürzte Sonderausgabe in der Reihe 1938). Sachs, Walter: Unter schweigenden Sternen. Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Saiten, Felix: Fünf Minuten Amerika. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Saiten, Felix: Bambi. Eine Lebensgeschickte aus dem Walde. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Saiten, Felix: Bob und Baby. Zeichnungen von Anna Katharina Saiten. Berlin-Wien-Leipzig (1925). Saiten, Felix: Der Hund von Florenz. [Roman]. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Saiten, Felix: Der Schrei der Liebe. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. ( = Saiten, Gesammelte Werke in Einzelausgaben). Saiten, Felix: Die Geliebte des Kaisers. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1929. ( = Saiten, Gesammelte Werke in Einzelausgaben). Saiten, Felix: Florian. Das Pferd des Kaisers. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1933. Saiten, Felix: Freunde aus aller Welt. Romane eines Zoologischen Gartens. Mit 16 Tiefdruckbildern. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Saiten, Felix: Fünfzehn Hasen. Schicksale in Wald und Feld. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. ( = Saiten, Gesammelte Werke in Einzelausgaben). Saiten, Felix: Geister der Zeit. Erlebnisse. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Saiten, Felix: Gute Gesellschaft. Erlebnisse mit Tieren. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1930. ( = Saiten, Gesammelte Werke in Einzelausgaben). Saiten, Felix: Kleine Brüder. Tiergeschichten. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Wien 1935. Saiten, Felix: Martin Overbeck. Der Roman eines reichen jungen Mannes. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Saiten, Felix: Mizzi. Novellen. Berlin-Wien-Leipzig 1932. ( = Saiten, Gesammelte Werke in Einzelausgaben). Saiten, Felix: Neue Menschen auf alter Erde. Eine Palästinafahrt. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. Saiten, Felix: Simson. Das Schicksal eines Erwählten. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. ( = Saiten, Gesammelte Werke in Einzelausgaben). Saiten, Felix: Simson. Das Schicksal eines Erwählten. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1932. Sauter, Ferdinand: »Freu dich schnell, es ist vonnöten/« Ein Ferdinand-Sauter-Brevier. Zusammengestellt und eingeh von Otto Stein. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 16)
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Schäferdiek, Willi: Die Eierfahrt und andere Volksgeschichten. Feldpost-Ausgabe. Einbandentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Schafftier, Jakob: Die Glücksfischer. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Schaffner, Jakob: Die Glücksfischer. Roman. Neue, vom Dichter durchges. Ausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Schaffner, Jakob: Die Predigt der Marienburg. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1931. Schaffner, Jakob: Die Weisheit der Liebe. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Schaffner, Jakob: Eine deutsche Wanderschaft. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1933. Schaffner, Jakob: Ihr Glück-ihr Elend. Drei Frauenromane. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Schaffner, Jakob: Johannes. Roman einer Kindheit. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1936. Schaffner, Jakob: Larissa. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Schaffner, Jakob: Liebe und Schicksal. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1932. Schaffner, Jakob: Meister-Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Schaffner, Jakob: Nebel und Träume. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1934. Schaffner, Jakob: Persönlichkeit. Vortrag, gehalten am 7. April 1933 im Kulturbund zu Wien. Berlin· Wien-Leipzig 1933. Schaffner, Jakob: Wie Gottfried geboren wurde. Feldpost-Ausgabe. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Schallt, Leon: John Galsworthy. Der Mensch und sein Werk. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Schallt, Leon: Narrenparadies. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Scheibelreiter, Ernst: Das Königreich auf dem Wiesenhang. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Scheibelreiter, Ernst: Der Liebe Schattenspiel. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1936. Scheibelreiter, Emst: Die Flucht aus dem Philisterfrieden. Roman von allerhand Tieren und ihren Göttern. Entwurf des Umschlages von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Scheibelreiter, Emst: Die frohe Ernte. Gedichte. Umschlagentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1935. Scheibelreiter, Emst: Hanna und die »Wallfahrer«. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Scheibelreiter, Emst: Luise, die Tochter des Kaufmanns. Vier Geschichten von Kindern. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 4) Scheibelreiter, Emst: Rudi Hofers grünes Jahrzehnt. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. (Ungekürzte Sonderausgabe in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute«, 1937) Scheibelreiter, Emst: Schattenspiele der Liebe. Liebesgeschichten. Feldpost-Ausgabe. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Scheuer, Grete von: Einer ohne Vater. Roman. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. [Ausgabe 1944] Schischmanow, Meli M. (Hrsg.): Bulgarische Novellen. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 18)
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Schnitzler, Arthur: Fräulein Else. Novelle. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Schönherr, Karl: Blockade. Schauspiel in drei Akten. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Schopper, Hanns: So lebt das Dorf. Chronik des Alltags. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Schreyvogl, Friedrich: Brigitte und der Engel. Ein Roman für Liebende. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Schreyvogl, Friedrich: Der Gott im Kreml. Schauspiel in 3 Akten. Umschlagentwurf von Pirchan. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Schreyvogl, Friedrich: Die geheime Gewalt. Gedichte. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1928. Schreyvogl, Friedrich: Franz Grillparzer. Einsamer unter Genießern. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1940 und Jubiläumsausgabe. Mit 8 Kunstdrucktafeln. [2. Aufl.]. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Schreyvogl, Friedrich: Grillparzer. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Schreyvogl, Friedrich: Habsburger-Legende. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Schumann, Gerhard: Gesetz wird zu Gesang. Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Schumann, Gerhard: Gudruns Tod. Tragödie. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Schwarzenberg, Friedrich Fürst: Silhouetten der Liebe. Hrsg. von Heinrich Wolfgang Herrmann. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff 1944. ( = Die hundert kleinen Bücher, Band 31) Scotti, Tommaso Gallarati: Dante. (Vita de Dante). Autor. Übers, aus dem Ital. von Richard Hoffmann. Mit 16 Kunstdrucktaf. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Seitz, Robert: Das Börshooper Buch. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1934. (Ungekürzte Sonderausgabe in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute«, 1937). Seitz, Robert: Der Ast, auf dem die Engel sitzen. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Seitz, Robert: Der Leuchtturm Thorde. Roman. Umschlagentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1935. (Ungekürzte Sonderausgabe, 1939). Seitz, Robert: Die Häuser im Kolk. Roman. Umschlagentwurf von Gustaf Axel Bergmann. BerlinWien-Leipzig 1935. Seitz, Robert: Die Liebe alt wie die Welt. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1936 und Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Seitz, Robert: Wenn die Lampe herunterbrennt. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1938. Shakespeare, William: Perikles. Fürst von Tyrus. Schauspiel in fünf Akten. Für die Bühne frei bearbeitet von Hermann Röbbeling. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Sil-Vara [d.i. Geza Silberer]: Warum kommt der Friede nicht zustande. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Simunoviö, Dinko: Salko, der Alkar. (Alkar). Erzählung. Berechtigte Übers, aus dem Kroat. von Camilla Lucerna. Bearb. von Erwin H. Rainalter. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943; Zagreb: Europa Verlag 1943. Sinsheimer, Hermann: Al Rondo. Novelle. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Sinsheimer, Hermann: Sturz in die Liebe. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1933. Sochaczewer, Hans: Das Liebespaar. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1928.
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Sochaczewer, Hans: Das Liebespaar. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1932. Sochaczewer, Hans: Menschen nach dem Kriege. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Sonka: Der Bruder Sonka und die allgemeine Sache oder Das Wort gegen die Ordnung. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Sonnenberg, Franz von: Frankreich und Deutschland. Aufzeichnungen und Oden. Eingel., erl. und hrsg. von Hellmut Draws-Tychsen. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 12) Spann-Rheinsch, Erika: Gestalt und Geheimnis. Lieder und Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Specht, Richard: Franz Werfel. Versuch einer Zeitspiegelung. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Spiel, Hilde: Kati auf der Brücke. Roman. Umschlag von Ludwig Kainer. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Spunda, Franz: Alarich. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Spunda, Franz: Das Reich ohne Volk. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1938. Spunda, Franz: Der Herr vom Hradschin. Roman Kaiser Karls IV. Umschlag- und Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig: Zsolnay Verlag Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Spunda, Franz: Minos oder die Geburt Europas. Roman. Einbandausstattung von Luise WasserthalZuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Spunda, Franz: Romulus. Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1934. (Ungekürzte Sonderausgabe in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute«, 1939) Spunda, Franz: Tyrann Gottes. Der Roman des Papstes Bonifaz und seiner Zeit. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Spunda, Franz: Wulfila. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Steen, Marguerite: Auf in den Kampf. Roman eines Matadors. Dt. von Annie Polzer. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Steen, Marguerite: Land der Liebe, Land der Leidenschaft, Spanien. (The one-eyed Moon). Roman. Dt. von Annie Polzer. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Stefan, Paul: Arnold Schönberg. Wandlung - Legende - Erscheinung - Bedeutung. Berlin-WienLeipzig: Zeitkunst-Verlag 1924. Stehelin-Holzing, Lonja: Gedichte. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Stemheim, Carl: Busekow. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. ( = Sternheim, Chronik von des 20. Jahrhunderts Beginn, Dritter Band) Sternheim, Carl: Die Schule von Uznach oder Neue Sachlichkeit. Ein Lustspiel in vier Aufzügen. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Sternheim, Carl: Fairfax. Eine Erzählung. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Sternheim, Carl: Lutetia. Berichte über europäische Politik, Kunst und Volksleben 1926. BerlinWien-Leipzig 1926. Sternheim, Carl: Mädchen. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. ( = Sternheim, Chronik von des 20. Jahrhunderts Beginn, Erster Band) Sternheim, Carl: Napoleon. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. ( = Stemheim, Chronik von des 20. Jahrhunderts Beginn, Zweiter Band) Stigler-Fuchs, Margarete von: Der unsterbliche Hanswurst. Wiener Theateranekdoten. Gesammelt und erzählt. Textbilder und Umschlagausstattung von Willi Bahner. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Stillere Heimat. Jahrbuch der Gauhauptstadt Linz 1942. Hrsg. von Oberbürgermeister Dr. Leo Sturma. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff 1942.
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Stillere Heimai. Jahrbuch der Gauhauptstadt Linz 1943. Hrsg. vom Oberbürgermeister der Gauhauptstadt Linz Dr. Leo Sturma. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff 1943. Stillere Heimat. Jahrbuch der Gauhauptstadt Linz 1944. Hrsg. vom Oberbürgermeister der Gauhauptstadt Linz Franz Langoth SS-Brigadeführer. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff 1944. Storm Jameson, [Margaret]: Triumph der Zeit. (The Triumph of Time). Roman. Einzige autor. Übertr. aus dem Engl, von Dora Sophie Kellner. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1934. Strange, Kathleen: Auf einer Farm im Westen. Der Weg einer tapferen Frau. Autor. Übers, aus dem Engl, von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff [1939] 1944. Strauss, Richard: Briefwechsel mit Hugo von Hofmannsthal. Vorwort Franz Strauss. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Streerbach, Albert von: Der blühende Baum. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1938. Streerbach, Albert von: Geackert ist schon. Roman. Bild des Schutzumschlages nach einer Federzeichnung von Ludwig Koch. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Streerbach, Albert von: Zwischen Ende und Anfang. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. (Ungekürzte Sonderausgabe in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute«, 1939) Strobl, Karl Hans: Aber Innozenz! Ein bereits durchaus heiterer Roman.
Einbandentwurf von
Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. (Ungekürzte Sonderausgabe in der Reihe »Deutsche Erzähler von heute«, 1938) Strobl, Karl Hans: Der Zauberkäfer. Novelle. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 15) Ströhlin, Camilla: Der Sprung. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Ströhlin, Camilla: Ginetta.
Schicksal einer Künstlerleidenschaft.
Roman.
Berlin-Wien-Leipzig
1940. Stucken, Eduard: Adils und Gyrid. Zwei Erzählungen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1935. Stucken, Eduard: Der herabstoßende Adler. Feldpost-Ausgabe. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Stucken, Eduard: Die Insel Perdita. Neue Gedichte und Balladen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Stucken, Eduard: Die segelnden Götter. Erzählung. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1937. Stucken, Eduard: Die weißen Götter. Ein Roman. (Festausgabe veranstaltet im 70. Lebensjahre des Dichters.) Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Stucken, Eduard: Gedichte. Das Buch der Träume. Romanzen und Elegien, Balladen. Berlin-WienLeipzig 1938. Stucken, Eduard: Guiliäno. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Stüber, Fritz: Der Bienenkorb. Ein deutsches Porzellanbüchlein aus Wien. Mit 66 Abbildungen. Einbandentwurf von Willi Bahner. Übrige Ausstattung von Luise Wasserthal-Zuccari. Wien: Karl H. Bischoff 1943. Stuppäck, Hermann: Die blauen Hügel. Gedichte. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1935. Südostdeutsche Literaturblätter.
1 (Herbst 1934)-7 (Spätherbst 1937). Berlin-Wien 1934 ff.
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Suränyi, Miklös: Ein Volk allein. (Egyedül vagyunk). Historische Romantrilogie. Autor. Übers, aus dem Ungar, von Käthe Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Thiess, Frank: Caruso. Roman einer Stimme. Erstes Buch: Neapolitanische Legende. Roman. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. Thiess, Frank: Caruso. Vortrag gehalten am 26. Februar 1943 in der Deutsch-Italienischen Gesellschaft in Frankfurt am Main. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-WienLeipzig: Karl H. Bischoff 1943. Thiess, Frank: Das Reich der Dämonen. Der Roman eines Jahrtausends. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Thiess, Frank: Der ewige Taugenichts. Romantisches Spiel in drei Akten (nach Eichendorff). BerlinWien-Leipzig: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag 1935. Thiess, Frank: Der Leibhaftige. Neue, vom Dichter durchgesehene Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Thiess, Frank: Der Weg zu Isabelle. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1934. Thiess, Frank: Die Herzogin von Langeais. Tragödie. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Thiess, Frank: Die Zeit ist reif. Reden und Vorträge. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1932. Thiess, Frank: Johanna und Esther. Eine Chronik ländlicher Ereignisse. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Thiess, Frank: Stürmischer Frühling. Ein Roman unter jungen Menschen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Thiess, Frank: Tsushima. Der Roman eines Seekrieges. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1936. Thiess, Frank: Tsushima. Der Roman eines Seekrieges. Vom Dichter durchgesehene Neuausgabe. Umschlagzeichnung von Willi Bahner. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig: Zsolnay Verlag Karl H. Bischoff 1942. Thiess, Frank: Wiedergeburt der Liebe. Die unsichtbare Revolution. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Thom, Andreas: Das Sylvesterkind. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Thom, Andreas: Die ungleichen Geliebten. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1938. Thom, Andreas: Noch spielt ein Kind. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1934. Thom, Andreas: Triumph der Liebe. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Thom, Andreas: Vorlenz, der Urlauber auf Lebenszeit und Brigitte, die Frau mit dem schweren Herzen. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1933. Thom, Andreas: Vorlenz, der Urlauber auf Lebenszeit und Brigitte, die Frau mit dem schweren Herzen. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Tolstoj, Leo: Briefe an seine Frau. Hrsg. von Dmitrij Umanskij. Eingel. von Tatjana SuchotinaTolstaja. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. Torberg, Friedrich: -und glauben, es wäre die Liebe. Ein Roman unter jungen Menschen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Torberg, Friedrich: Der Schüler Gerber hat absolviert. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berl in-Wien-Leipzig 1930. Treichlinger, Wilhelm (Hrsg.): Abschiedsbriefe. Berlin-Wien-Leipzig 1934.
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Trentini, Albert von: Der letzte Sommer. Roman. Sonderausgabe des im Jahre 1913 erschienenen Romans. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Tschechow, Anton: Anjuta. (12) Novellen. Autor. Übers, aus dem Russ. von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Tschechow, Anton: Der schwarze Mönch. Novellen. Autor. Übers, aus dem Russ. von Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Tschechow, Anton: Die Tragödie auf der Jagd. Roman. Einzige autor. Übers, aus dem Russ. von Hans Halm und Richard Hoffmann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1925. Tschechow, Anton: Die Tragödie auf der Jagd. Roman. Einzige autor. Übers, aus dem Russ. von Hans Halm und Richard Hoffmann. Zürich: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1931). Tschechow, Anton: Die Tragödie auf der Jagd. Roman. Übers, aus dem Russischen von Hans Halm und Richard Hoffmann. Neubearbeitung von Richard Hoffmann. Umschlagentwurf von Alfred Gerstenbrand. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Turnier, Franz: Auf der Flucht. Eine Erzählung. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. [Ausgabe 1944] ( = Linzer Bücherei) Urbanitzky, Grete von: Begegnung in Alassio. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1937. Urbanitzky, Grete von: Das Mädchen Alexa. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1939. Urbanitzky, Grete von: Durch Himmel und Hölle. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Urbanitzky, Grete von: Eine Frau erlebt die Welt. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Urbanitzky, Grete von: Heimkehr zur Liebe. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1935. Urbanitzky, Grete von: Karin und die Welt der Männer. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. (Ungekürzte Sonderausgabe, 1937). Urbanitzky, Grete von: Nina. Geschichte einer Fünfzehnjährigen. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1935. Urbanitzky, Grete von: Unsere Liebe Frau von Paris. Der Roman eines deutschen Steinmetzen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Urbanitzky, Grete von: Ursula und der Kapitän. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin· Wien-Leipzig 1934. Urstadt, Carolina: Neunfinger. Roman. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. BerlinWien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1945. Valdes, Armando Palacio: Kapitän Ribots Freude. (La alegria del capitan Ribot). Roman. Berechtigte Übers, aus dem Span, von Paula Saatmann. Umschlagentwurf von Otto Emmerling. BerlinWien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. [Ausgabe 1945] Vare, Daniele: Das Tor der glücklichen Sperlinge. (The Gate of happy sparrows). Roman in China. Dt. von Viktor Polzer. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. [2. Aufl. 1940 ohne den Namen des Übersetzers] Vare, Daniele: Der lachende Diplomat. (Laughing Diplomat). Autor. Übers, aus dem Engl, von Annie Polzer. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Vare, Daniele: Der Schneider himmlischer Hosen. (The Maker of heavenly Trousers). Dt. von Annie Polzer. Umschlagzeichnung von der englischen Originalausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936.
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Vare, Daniele: Der Tempel der kostbaren Weisheit. (The Temple of costly experience). Roman. Berechtigte Übers, von Lotte Leber. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Vare, Daniele: Die letzte Kaiserin. (The last of the Empresses). Vom alten zum neuen China. Dt. von Annie Polzer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Vare, Daniele: Die Stromschnellen des Yangtze. Feldpost-Ausgabe. Umschlagentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Wien-Berlin: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Vare, Daniele: Frohe Melodie. (Gay Melody). Roman. Berechtigte Übers, aus dem Ital. von Lotte Leber. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Velter, Joseph M.: Unruhig ist unser Herz. Buch 1. Umschlagentwurf von Alfred Gerstenbrand. Einbandentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Velter, Joseph M.: Unruhig ist unser Herz. Buch 2. Umschlagentwurf von Alfred Gerstenbrand. Einbandentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Berlin-Wien-Leipzig 1940. Velter, Joseph M.: Unruhig ist unser Herz. Buch 3. Umschlagentwurf von Alfred Gerstenbrand. Berlin-Wien-Leipzig 1942. Verdaguer, Mario: Die goldene Insel. (La Isla de oro). Roman der Landschaft und Leidenschaft. Autor. Übers, aus dem Span, von Andreas Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1933. Verdi, Giuseppe: Briefe. Hrsg. und eingel. von Franz Werfel. Übers, von Paul Stefan. BerlinWien-Leipzig 1926. Vioux, Marcelle: Anne Boleyn. (Anne de Boleyn). Die jungfräuliche Geliebte Heinrich VIII. Roman. Autor. Übers, aus dem Franz. von Lotte Leber. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Vogler, Josef: Der verwunschene Turm. Eine Geschichte aus dem alten Wien. Berlin-Wien-Leipzig 1939. Vring, Georg von der: Soldat Suhren. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1931. Wagner, Richard: Briefe an Hans Richter. Hrsg. von Ludwig Karpath. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Webb, Mary: Die Geschichte von der Liebe der Prudence Sam. (The Precious Bane). Roman. Aus dem Engl, von Marianne Schön und Hanns Schwarz. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1930. Webb, Mary: Die Liebe der Prudence Sarn. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1932. Weber, Josef: Der Herzacker. Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Weber, Josef: Die Verwandlung des Vesal. Roman. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1943. Weber, Josef: Zeit dieses Lebens. Gedichte und Lieder. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. Weiß, Ernst: Georg Letham. Arzt und Mörder. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1931. Wells, H.G.: Arbeit, Wohlstand und das Glück der Menschheit. (The work, wealth and happiness of mankind). Übers, u. hrsg. von Helene Μ. Reiff. Ernst Eccius und Otto Mandl. Bd. 1.2. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Wells, H.G.: Bealby. Ein heiterer Roman. Aus dem Engl, von Erna Redtenbacher. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. ( = Wells, Ges. Werke in Einzelausgaben) Wells, H.G.: Christina Albertos Vater. Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Otto Mandl und Richard Mark. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. ( = Wells, Ges. Werke in Einzelausgaben) Wells, H.G.: Christina Albertos Vater. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1932.
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Wells, H.G.: Der Apfel vom Baum der Erkenntnis. Novellen. Autor. Übers, aus dem Engl, von Lena Neumann. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. ( = Wells, Ges. Werke in Einzelausgaben) Wells, H.G.: Der Diktator oder Mr. Parham wird allmächtig. Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Helene M. Reiff. Mit 10 III. nach Orig. Zeichnungen von David Low. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. ( = Wells, Ges. Werke in Einzelausgaben) Wells, H.G.: Der Traum. (The Dream). Roman. Aus dem Engl, übers, von Otto Mandl, Helene M. Reiff und Erna Redtenbacher. Bern: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke 1930. Wells, H.G.: Der Traum. Roman. Übers.: Otto Mandl, Helene M. Reiff und Erna Redtenbacher. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. Wells, H.G.: Die Geschichte einer Ehe. (Marriage). Roman. Autor. Übers, aus dem Engl, von Antonina Vallentin. Umschlagentwurf von Ludwig Kainer. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. ( = Wells, Ges. Werke in Einzelausgaben) Wells, H.G.: Die Geschichte eines grossen Schulmeisters. Eine einfache Darstellung des Lebens und der Ideen Sandersons von Oundle. Die autor. deutsche Ausgabe von Otto Mandl hrsg. Die Übers, besorgte Richard Mark. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Wells, H.G.: Die Geschichte unserer Welt. (The Outline of history). Die autor. deutsche Ausgabe wurde von Otto Mandl herausgegeben. Die Übersetzung besorgten Otto Mandl und Helene M. Reiff. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Wells, H.G.: Die Geschichte unserer Welt. (The Outline of history). Die deutsche Ausgabe wurde von Otto Mandl herausgegeben. Die Übersetzung besorgten Otto Mandl und Helene M. Reiff. Bern: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke 1929. Wells, H.G.: Die Geschichte unserer Welt. (The Outline of history). Die autor. deutsche Ausgabe wurde von Otto Mandl herausgegeben. Die Übersetzung besorgten Otto Mandl, Helene M. Reiff und Erna Redtenbacher. Sonderausgabe. Mit 59 historischen Karten und 53 teils mehrfarbigen Abbildungen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1932. Wells, H.G.: Die offene Verschwörung. Vorlage für eine Weltrevolution. Dt. von Blanche Mahlberg und Otto Mandl. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Wells, H.G.: Die Welt des William Clissold. (The World of William Clissold). Ein Roman mit einem neuen Standpunkt. Aus dem Engl, von Helene M. Reiff und Erna Redtenbacher. Bd. 1. 2. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. ( = Wells, Ges. Werke in Einzelausgaben) Wells, H.G.: Die Weltgeschichte in 580 Bildern. Hrsg. von Emst Nepomucky. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Wells, H.G.: Die Weltgeschichte. Dt. hrsg. von Otto Mandl. Die Übers, aus dem Engl, besorgten Otto Mandl, Helene M. Reiff und Erna Redtenbacher. Bd. 1-3. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Wells, H.G.: Die Zeitmaschine. Dt. von Felix Paul Greve. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke (1934). Wells, H.G.: Einstweilen. (Meanwhile). Roman. Aus dem Engl, von Otto Mandl und Elisabeth Peters. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. ( = Wells, Ges. Werke in Einzelausgaben) Wells, H.G.: Menschen, Göttern gleich. Roman. Aus dem Engl, von Paul von Sonnenthal und Otto Mandl. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1927. ( = Wells, Ges. Werke in Einzelausgaben) Wells, H.G.: Mr. Blettsworthy auf der Insel Rampole. (Mr. Blettsworthy on Rampole Island). Roman. Aus dem Engl, von Helene M. Reiff. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1929. ( = Wells, Ges. Werke in Einzelausgaben)
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Wenter, Josef: Der deutsche Heinrich. Der sechste Heinrich. Zwei Schauspiele. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Wenter, Josef: Der Kanzler von Tirol. Die Landgräfin von Thüringen. Zwei Dramen. Berlin-WienLeipzig: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag 1936. Wenter, Josef: Die schöne Welserin. Schauspiel in fünf Akten. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Wenter, Josef: Die schönsten Tiergeschichten. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 8) Wenter, Josef: Tiere und Landschaften. Erzählungen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1937. Werfel, Franz: Barbara oder Die Frömmigkeit. Ungekürzte Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Werfel, Franz: Barbara oder Die Frömmigkeit. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1929. Werfel, Franz: Das Reich Gottes in Böhmen. Tragödie eines Führers. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Werfel, Franz: Der Abituriententag. Die Geschichte einer Jugendschuld. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Werfel, Franz: Der Abituriententag. Die Geschichte einer Jugendschuld. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Bern: Paul Zsolnays Bibliothek zeitgenössischer Werke (1929). Werfel, Franz: Der Gerichtstag in fünf Büchern. (Gedichte, Neuausg.). Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Werfel, Franz: Der Tod des Kleinbürgers. Novelle. Illustrierte Ausgabe. Illustrationen von Alfred Kubin. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1928. Werfel, Franz: Der Tod des Kleinbürgers. Novelle. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1927. Werfel, Franz: Der Weg der Verheißung. Ein Bibelspiel. Das Umschlagbild wurde einer Sepiazeichnung von Rembrandt aus der Graphischen Sammlung Albertina, Wien, entnommen. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (1935). Werfel, Franz: Die Geschwister von Neapel. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1931. Werfel, Franz: Die vierzig Tage des Musa Dagh. Roman. Bd. 1.2. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. ( = Werfel: Gesammelte Werke in Einzelausgaben) Werfel, Franz: Dramatische Dichtungen. Die Troerinnen. Juarez und Maximilian. Paulus unter den Juden. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. ( = Werfel: Gesammelte Werke in Einzelausgaben, Bd. 3) Werfel, Franz: Gedichte. Berlin-Wien-Leipzig 1927. ( = Werfel: Gesammelte Werke in Einzelausgaben) Werfel, Franz: Geheimnis eines Menschen. Novellen. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1927. Werfel, Franz: Höret die Stimme. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Wien 1937. Werfel, Franz: In einer Nacht. Ein Schauspiel. Wien 1937. Werfel, Franz: Juarez und Maximilian. Dramatische Historie in drei Phasen und dreizehn Bildern. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Werfel, Franz: Juarez und Maximilian. Dramatische Historie in drei Phasen und dreizehn Bildern. Mit Einl. u. Anm. für den Schulgebrauch von Dr. Paul Jacob. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Werfel, Franz: Kleine Verhältnisse. Novelle. Umschlagzeichnung von Alfred Kubin. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931.
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Werfel, Franz: Können wir ohne Gottesglauben leben? Rede gehalten in Wien am 5. März 1932. Berlin-Wien-Leipzig 1932. ( = Werfel: Reden und Schriften) Werfel, Franz: Paulus unter den Juden. Dramatische Legende in sechs Bildern. Berlin-Wien-Leipzig 1926. Werfel, Franz: Realismus und Innerlichkeit. Rede gehalten am 6. Mai 1931 im Kulturbund, Wien. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Werfel, Franz: Schlaf und Erwachen. Neue Gedichte. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1935. Werfel, Franz: Verdi. Roman der Oper. Berlin-Wien-Leipzig 1924. Werfel, Franz: Verdi. Roman der Oper. Ungekürzte, neu durchgesehene Sonderausgabe. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1930. Wertheimer, Paul: Plakate. Heitere Geschichten von Dingen, Tieren und Menschen. Mit Federzeichnungen von Franz Wacik. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Wertheimer, Paul: Welt- und Weiberspiegel. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Wharton, Edith: Die oberen Zehntausend. (Twilight Sleep). Roman. Dt. von Marie Franzos. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1931. Wittner, Victor: Der Mann zwischen Fenster und Spiegel. Neue Gedichte. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1929. Wittner, Victor: Sprung auf die Straße. Gedichte. (Berlin: Verlag »Die Schmiede«, 1924, übernommen von Oesterheld & Co. Verlag). Berlin-Wien-Leipzig 1930. Wolf, Victoria: Die Welt ist blau. Ein Sommer-Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1934. Wolf, Victoria: Eine Frau hat Mut. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Wolf, Victoria: Mädchen wohin? Roman. Berlin-Wien-Leipzig 1933. Wolfgang, Bruno: Die Zugereisten. Roman. Umschlagentwurf von Magda Vogel-Suppan. BerlinWien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1944. [Ausgabe 1945] Wolfgang, Bruno: Eva und Helene. Zwei fröhliche Kinder. Bildumschlag und Illustrationen von Alfred Gerstenbrand. Berlin-Wien-Leipzig 1941. Wolfgang, Bruno: Zwei Töchter und ein Vater. Heitere Geschichten von Eva und Helene. FeldpostAusgabe. Berlin-Wien-Leipzig: Karl H. Bischoff 1942. [Ausgabe 1943] Wolfgang, Bruno: Zwei Töchter und ein Vater. Heitere Geschichten von Eva und Helene. Einbandentwurf von Luise Wasserthal-Zuccari. Umschlag und Zeichnungen von Alfred Gerstenbrand. Berlin-Wien-Leipzig 1940/1944. Wurm, Ernst: Die Messe des Tauben. Zwei Musiker-Erzählungen. Einbandentwurf von Gustaf Axel Bergmann. Wien 1940. ( = Die hundert kleinen Bücher im Paul Zsolnay Verlag, Band 11) Wurm, Ernst: Yüan Schi-kai. Tragödie eines Usurpators. Umschlag- und Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig: Zsolnay Verlag Karl H. Bischoff 1942. Zarek, Otto: Begierde. Roman einer Weltstadtjugend. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. BerlinWien-Leipzig 1930. Zarek, Otto: Kossuth. Die Liebe eines Volkes. (Mit 8 Bildbeigaben und 1 Karte.) Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke (1935). Zarek, Otto: Liebe auf dem Semmering. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke (1935). Zarek, Otto: Theater um Maria Thul. Roman. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-WienLeipzig 1932. Zarek, Otto: Treue. Roman. Zürich: Bibliothek zeitgenössischer Werke 1934. Zilahy, Lajos: Die Liebe meines Urahnen. (Szepapäm szerelme). Blätter aus einer Familienchronik. Roman. Autor. Übers, aus dem Ungar, von Käthe Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938.
819
Zilahy, Lajos: Die Seele erlischt. (A leick ktalszik). Roman. Autor. Übers, aus dem Ungar, von Käthe Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1938. Zilahy, Lajos: Etwas treibt im Wasser. (Valamit visz a visz). Roman. Autor. Übers, aus dem Ungar. von Käthe Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937. Zilahy, Lajos: Tödlicher Frühling. (Haldlos tavasz). Roman. Dt. von Käthe Gaspar. Einbandentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1936. Zilahy, Lajos: Zwei Gefangene. (Ket fogoly). Roman. Dt. von Eta Neumann-Veith. Einband- und Umschlagentwurf von Rudolf Geyer. Berlin-Wien-Leipzig 1937.
Berliner Feldhefte in Kriegsarbeitsgemeinschaft mit dem Bär Verlag Eipper, Paul: Unerschöpflich reich. Berlin-Wien 1944. Oppenberg, Ferdinand: Die Spende. Berlin-Wien 1944. Paulus, Helmut: Maria und Rudolf. Berlin-Wien 1944. Rainalter, Erwin H.: Land der Jugend. Berlin-Wien 1944. Schäferdiek, Willi: Bilderbuch. Berlin-Wien 1944. Schumann, Gerhard: Insel. Berlin-Wien 1944. Schwarzkopf, Nikolaus: Das Leutewerk. Berlin-Wien 1944. Schwarzkopf, Nikolaus: Frosch. Berlin-Wien 1944. Wegner, Max: Glocke des Ackers. Berlin-Wien 1944.
Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag1 Burghauser, Wolfgang: Marino Falieri. Drama in sieben Bildern. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Colerus, Egmont: Zweikampf. Schauspiel in drei Aufzügen und sechs Bildern. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Ertl, Herbert: Ein Fräulein Strohmann. Schauspiel in drei Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Ertl, Herbert: Hilde und die Million. Eine kleine weiße Jacht. Lustspiel in drei Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag 1938. Feiks, Josef: Der grüne Hügel. Schauspiel in vier Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Feiks, Josef: Ein Reiterlied. Schauspiel in fünf Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Feiks, Josef: Insel der Toten. Schauspiel in vier Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Feiks, Josef: Lord Baltimore. Schauspiel in vier Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Feiks, Josef: Völker am See. Lustspiel in vier Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Franchy, Franz Karl: Der junge Wolf. Schauspiel in fünf Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938).
Die hier genannten Werke sind einer Broschüre der Theaterabteilung entnommen, die vermutlich um 1938/39 unter dem Titel »Bühnenwerke aus dem Paul Zsolnay Verlag« herausgegeben wurde. Die Liste ist keineswegs vollständig!
820
Franchy, Franz Karl: Einbruch der Wirklichkeit. Schauspiel in vier Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Franchy, Franz Karl: Eltern. Schauspiel in vier Akten und einem Zwischenspiel. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Franchy, Franz Karl: Schuldloses Europa. Komödie in drei Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Franchy, Franz Karl: Summa cum laude. Schauspiel in sieben Aufzügen. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Gössinger, Anton: Bartholomäusnacht. Karl IX. von Frankreich. Trauerspiel in ßnf Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Gottwald, Fritz: Das Glück geht um. Goldene Wolken. Lustspiel in vier Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Graedener, Hermann: Anna Weber. Tragödie in acht Bildern. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Graedener, Hermann: Sickingen. Deutsche Tragödie in sieben Bildern. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Handl, Joseph: Kleist. Tragödie in fünf Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Herczeg, Franz: Das goldene Kalb. Komödie in zwei Akten, einem Vorspiel und einem Zwischenspiel. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Herczeg, Franz: Petöfis Julia. Drei Akte. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Holtzer, Hans: Der Glückspilz. Lustspiel in drei Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Holtzer, Hans: Der sprechende Akt. Lustspiel in drei Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Kamare, Stephan von: Mister Gregorius. Kammerspiel in drei Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag Kern, Eduard: Morgenrot Marsfeld. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Lorenz, Friedrich: d'Annunzio. Der Siegen von morgen. Schauspiel in drei Akten (neun Bilder). Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Michaeler, Franz J.: Stupferl. Wiener Komödie in sieben Bildern. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Nachbaur, Albert: Götzendämmerung. Schauspiel in vier Aufzügen. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Rendl, Georg: Elisabeth, Kaiserin von Österreich. Ein Stück in neun Bildern. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag [1938], Rendl, Georg: Passion. Spiel vom Leiden und Sterben Jesu Christi. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Schönwiese, Rudolf: Franziska wird energisch. Musikalisches Lustspiel. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Sedlitzky, Ludwig J.: Das ganz große Glück. Wiener Volkskomödie in drei Aufzügen. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Thom, Andreas: Aufruhr im Taubenschlag. Lustspiel. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Thom, Andreas: Wiener Leut' von gestern auf heut'. Ein heiteres Volksstück in 5 Bildern. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938).
821
Tucher, Marius: Die Prinzessin von Portugal. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Ullerich, Hinze: Thomas Bruck. Schauspiel in drei Aufzügen. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Urhammer, Christian: Meister Riemenschneider. Schauspiel in neun Szenen. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (1938). Vogler, Josef: Der gute Geist. Komödie in drei Aufzügen. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Vogler, Josef: Hell-Dunkel. Schauspiel in acht Bildern. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Vogler, Josef: Weltuntergang. Lustspiel in drei Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Wache, Karl: Sanatorium. Lustspiel in flinf Auszügen. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag 1935. Wozak, Hans: Krieg im Dorf. Lustspiel in drei Akten. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938). Wunderer, Franz: Der arme Kunrad. Die Tragödie des österreichischen Bauernkrieges in fünf Aufzügen. Unverkäufl. Bühnenmanuskript. Wien: Theaterabteilung Paul Zsolnay Verlag (ca. 1938).
822
Personenregister
Abdullah, Achmed 257, 309, 314, 781
Baläzs, Bela 147, 148, 393, 782
Abendroth, Walter 730
Baldwin, Faith 257, 781
Abraham a Sancta Clara 705, 714, 781
Balzac, Honore de 48, 63
Adalbert-Stifter-Gesellschaft 476
Barbusse, Henri 66, 248, 310, 312, 390,
Adler, Hans 355 Adler, Viktor 347
391,392,782 Baring, Maurice 43, 49, 148, 252, 254, 782
Alain 71, 248, 781
Bartels, Adolf 370, 614
Alberti, Agathe Gräfin 790
Bartsch, Rudolf Hans 168, 409, 431, 433,
Alker, Ernst 624
434-435, 461, 782
Altenberg, Peter 345
Bauer, Karl K. 684, 691, 692, 695, 697
Amann, Klaus 400, 403, 459, 733
Bauer-Schwind, Greta 480, 483, 566, 782
Amann, Paul 783, 804
Baum, Oskar 132-133, 140
Andermann, Wilhelm 685
Baur, Karl 742
Anet, Claude 43, 44, 49, 54, 62-67, 147,
Baur, Wilhelm 632, 665, 682, 687, 742
171, 248, 249, 373, 384-390, 781
Beckmann, Gerhard 6
Angel, Dora 362
Beckmann, Max 805
Angel, Ernst 362
Beer-Hofmann, Richard 380, 799
Annunzio, Gabriele d' 781
Beethoven, Ludwig van 44
Antropp, Theodor 423
Beijer, Harald 202
Arend, Ann van den 706, 726, 781
Bellonci, Maria 706, 726, 783
Arle, Marcellad' 705, 707, 713, 726, 730,
Benedikt, Adele 258, 785
781
Benedikt, Ernst 258
Arnold, Paula 253, 256, 807
Benn, Gottfried 366
Arnoldi, Heinrich 686
Benson, Stella 254, 257, 309, 783
Asch, Schalom 174, 216, 220, 221, 222-
Berence, Fred 148, 173, 248, 783
227, 305, 309, 310, 311, 312, 390, 391,
Berger, Hellmuth 483, 783
392, 410, 782
Bergmann, Gustaf Axel 575, 715, 764, 781,
Asian, Raoul 87 Auernheimer, Raoul 54, 55, 84, 246, 312, 392, 782, 795
788, 790, 791, 795-797, 799-801, 805, 806-813, 818, 819 Bergner, Elisabeth 44, 66, 387 Bertram, Paul 705, 783
Bahner, Willi 736, 765, 783, 787, 791, 798, 800, 806, 812-814
Bessmer, Carl 475 Biebl, Richard 730
Bahr, Hermann 345
Bier, Lili 805
Bahr-Mildenburg, Anna 69
Bihl, Lieselotte 768
Bakunin, Michael 154
Binding, Rudolf 570
823
Birnbaum, Uriel 354
Bruckner, Ferdinand 247
Bischoff, Eugen 765
Brägel, Fritz 131
Bischoff, Martha 717
Brunngraber, Rudolf 354
Blaas, Erna 708, 718, 733, 734, 736, 768,
Buchhas, Sigrid 4
783
Buck, Pearl S. 8, 233, 253, 254, 259, 269,
Blagoewa, Boschana 808
273-280, 281, 286, 293, 312, 431, 432,
Blaschko, Alfons 678
480, 481, 483, 509, 509, 512, 525, 527,
Blei, Franz 118
528, 558, 640, 712, 728, 767, 784, 785
Bloch, Chaim 339
Budak, Mile 707, 730, 785
Bloch, Jean Richard 174, 229, 230, 231,
Bülow, Daniela Thode von 783
248, 309, 310, 311, 312, 783 Bloch, Konrad 210, 218, 229
Bürckel, Josef 473, 649, 651, 653, 659, 660, 672, 676, 683, 686
Blunck, Hans Friedrich 381, 570
Bürkle, Veit 661
Bodynski, Felix 191, 192
Burchard, Hans 231
Böhme, Alfred 516
Burghauser, Wolfgang 820
Bönisch, Hermann F. 705, 706, 713, 728,
Burkard, Heinrich 736
783 Böttcher, Helmuth M. 706, 707, 713, 726, 752, 783
Bussoli, Nino 252, 706, 713, 750, 785 Busson, Paul 354 Buzzati, Dino 252, 707, 730, 785
Boissier, Auguste 309, 783 Botz, Gerhard 653 Bouhler, Philipp 607, 609, 611, 613
Calder-Marshall, Arthur 253, 286, 479, 481,785
Bradley, John H. 483, 783
Camerloher, Wilhelm von 716, 806
Braitenberg, Benno von 519
Canetti, Elias 353, 354
Brandl, Leopold 26
Carlyle, Jane Welsh 258, 309, 785
Branowitzer-Rodler, Maria 716, 783
Carossa, Hans 570, 618
Braun, Andor 253, 798
Carr, J.S. 142
Braun, Felix 354, 480, 784
Castle, Eduard 572
Bredon, Juliet 286, 479, 481, 784
Cespedes, Alba de 296
Brehm, Bruno 168, 354, 401
Chambrun, Clara Longworth de 253, 480,
Breuer-Lucka, Rosa 783, 786, 801
785
Brocchi, Virgilio 707, 784
Chapiro, Joseph 311, 393, 785
Broch, Hermann 83, 103, 283-284, 353
Churchill, Winston 550
Brod, Elsa 798
Ciampitti, Franco 286, 480, 785
Brod, Max 8, 10, 12, 28, 41, 59, 60, 61,
Colerus von Geldern, Egmont 333
65, 110, 114-129, 131, 132, 135, 138,
Colerus, Egmont 8, 12, 43, 61, 62, 158,
139, 140, 172, 173, 174, 177, 210, 213-
169, 171, 172, 173, 174, 217, 311, 333-
215, 216, 217, 219, 228, 229, 233, 241,
338, 380, 404-406, 413, 431, 432, 480,
309, 311, 313, 316, 319, 339, 391, 392,
481, 640, 674, 705, 712, 713, 715, 723,
586, 614, 628, 784
725, 728, 743, 749, 751-755, 785, 786,
Brod, Otto 126, 229 Brody, Daniel 283, 284 Bruckner, Anton 719
824
820 Colette 64, 66, 67-68, 71, 172, 173, 174, 175, 248, 309, 310, 311, 786
Cordach, Otto 567
Curtius, Emst Robert 102
Corinth, Lovis 805
Czibulka, Alfons (Freiherr von) 426, 477-
Costa, Carl 39
478, 570
Costa, Felix (auch: Felix Kostia-Costa) 16, 17, 18, 20, 22, 38, 39-40, 41, 45, 51, 52, 53, 54, 55, 57, 59, 60, 62, 63, 64,
Däubler, Theodor 12, 111-112, 147, 148, 157, 787
65, 66, 69, 71, 74, 75, 76, 77, 78, 80,
d'Annunzio, Gabriele 707, 713, 730
81, 82, 84, 85, 86, 88, 91, 95, 98, 100,
Danszky, Eduard P. 432, 476, 479, 481,
105-107, 112, 113-119, 122, 127, 130-
530, 705, 713, 722, 787
134, 138, 140-144, 146, 149-154, 156-
Darrow, Karl K. 705, 787
159, 161, 162, 163, 165-169, 177-184,
Dauthage, Heinrich 473, 479, 482, 483,
186, 189, 191, 193, 195, 196, 197, 200,
672, 705, 769, 787
203, 210, 211, 218, 223, 228, 235-239,
Degescher, Mario 797
242-245, 251, 256-259, 282, 285-288,
Deledda, Grazia 708, 730, 787
291, 302, 305, 307, 319, 320, 329, 331,
Diener-Hillinger, Trude 783
333, 334, 344, 345, 351, 354, 357, 364-
Dietl, Hannes 504, 505, 512, 515, 520,
369, 372-377, 379, 382-386, 393-397,
621, 645, 646, 655, 658, 668, 670, 671,
406, 424, 429, 435, 439, 440, 449, 458,
674, 677, 679, 681, 682, 692, 696
460, 461, 473, 483, 485, 486, 488, 491,
Diez, Ernst 706-708, 713, 730, 750, 752,
492, 495, 496, 504, 505, 520, 552-554,
787
557, 558, 567, 571, 572, 573, 579, 583,
Döblin, Alfred 176, 235
587, 588, 590-592, 595, 596, 602-607,
Dominique, Pierre 43, 47, 49, 54, 788
609, 611, 615, 631, 636-638, 640, 646,
Dore, Gustave 796
655, 656, 658, 664, 668, 670-673, 675,
Dr. Goebbels-Spende 338, 753
679, 696, 700,
Draws-Tychsen, Hellmut 714, 812
Costa, Julie 40 Coudenhove-Kalergi, Richard Graf 27, 33, 34, 35, 36, 91
Dreiser, Theodore 172, 173, 174, 190, 211212, 217, 253, 255, 259, 269-272, 275, 293, 310-314, 390, 554, 558, 767, 788
Cozzens, J.G. 253, 259, 260, 313, 786
Drösser, Ellinor 253, 798
Cremer, Wilhelm 788
Du Maurier, Daphne 550
Cronin, A.J. 8, 233, 254, 259, 263-269,
Dunin, Lyonel 66, 103, 161, 163, 329, 782
277, 280, 281, 286, 295, 311, 312, 431,
Dwinger, Edwin Erich 570
432, 482, 525, 526, 528, 639, 640, 705,
Dworschak, Franz Xaver 483, 788
712, 713, 766, 767, 786 Crow, Carl 481, 640, 705, 712, 786
Ebermayer, Erich 21, 174, 310, 312, 321,
Crozier, F.P. 2 5 3 , 2 5 6 , 3 1 0 , 7 8 7
367, 368, 369, 376, 391-393, 432, 480,
Crüwell, Gottlieb August 251-252, 256,
482, 588, 597-614, 617, 627, 639, 706,
257, 258 Csmarich, Rudolf 352 Csokor, Franz Theodor 12, 151, 173, 234, 245-247, 282, 311, 312, 376, 480, 510, 552, 787, 800 Curie, Eve 550
708, 713, 722, 723, 726, 728, 748, 752, 788 Eccius, Ernst 816 Edschmid, Kasimir 113, 167, 172-174, 216, 219, 309-311, 313, 364, 367, 369, 370, 371, 375-377, 391, 392, 393, 481, 483,
825
588, 597, 606-608, 614-617, 640, 712, 713, 789
Fontana, Oskar Maurus 84, 185, 393, 479, 567-568, 791
Ehrenstein, Albert 354
Förster-Streffleur, Sidonie von 806
Ehrhart, Robert von 446, 708, 730, 789
Forzano, Giovacchino 806
Eidlitz, Waither 8, 43, 61, 62, 158, 171,
Franchy, Franz Karl 820, 821
173, 310, 312, 333, 380, 393, 789
Frank, Paul 355
Eipper, Paul 164,751,820
Frank, Peter R. 2
Elster, Hanns Martin 17, 17, 103, 163-167,
Franzos, Marie 253, 258, 282, 791, 819
221, 370-382, 385, 386, 565, 588
Freihofer, Philipp 706, 713, 768, 791
Emmerling, Otto 765, 787, 788, 815
Freud, Sigmund 654
Enyvväri, Herbert 807
Freumbichler, Johannes 12, 481-483, 569-
Erckmann, Rudolf 265, 626, 762
581, 631, 639, 791
Ernst, Paul 618
Frich, Övre Richter 282, 480, 791
Ertl, Herbert 820
Friedlaender-Freuder, Lina 808
Estaunie, Edouard 249, 282, 479-481, 483,
Frisch, Fega 153, 154, 796
789
Frischauer, Paul 131, 147, 148, 158, 172,
Eton, Robert 483, 640, 705, 790
174, 217, 220, 221-222, 246, 311, 312,
Eulenberg, Herbert 110
333, 351, 376, 404, 490, 791
Evans, Allen Roy 286, 480, 481, 550, 790
Frischauer, Stephanie 254, 783
Evans, C.S. 548
Fritz, Hans Peter 4 Fröding, Gustav 282, 480, 792
Fabricius, Johan(n) 173, 174, 216, 217, 309, 311, 312, 393, 404, 431, 551-552, 790 Faesi, Robert 210, 218, 229, 230, 231
Fuchs, Emil 707, 716, 752, 766, 792 Fülöp-Miller, Rene 103, 289, 303, 310, 311, 313, 316, 327-332, 722, 723, 792 Furugard, Birger 203
Fallas, Carl 2 8 6 , 4 7 9 , 7 9 0 Fechter, Paul 570
Galsworthy, Ada 90, 286, 396, 480, 792
Fedin, Konstantin 150
Galsworthy, John 8, 40, 43, 54, 58, 64, 73-
Feigl, Hans 799
90, 147, 148, 158, 167, 171-174, 210,
Feiks, Josef 820
214, 216, 217, 219, 234, 235, 243, 245,
Fekete, Stefan (Istvän) 564, 707, 730, 790
248, 249, 254, 255, 258, 259, 273, 275,
Festenberg, Gustav von 482, 566, 705, 790
280, 286, 293, 299, 309-314, 396, 431,
Feucht wanger, Lion 618
432, 479-482, 550, 558, 605, 712, 721,
Finke, Edmund 8, 266, 411, 419, 422, 426,
722, 723, 766, 767, 792-795
432, 434, 435, 445-457, 479, 481-483,
Galvez, Manuel 730
639, 640, 705-707, 713, 726, 728, 730,
Gaspar, Andreas 207, 560, 557, 563, 797,
749, 751, 752, 755, 763, 768, 790, 791 Fischl, Paul 361 Flamm, Peter 174, 791
798, 807, 816 Gaspar, Käthe 557-560, 563, 564, 796, 806, 814, 819, 820
Fleischer, Max 172, 234, 257, 393, 791
Gebauer, Anton K. 707, 795
Flinker, Martin 644
Gedö, L. 805
Flynn, John Τ. 253,482,791
Geiringer, Grete 218, 230 General Orient Tobacco Society 24
826
Geraldy, Paul 43, 54-58, 158, 172, 174, 234, 243, 244, 309, 795 Gerlach, Hans Jörgen 362 Gerstenbrand, Alfred 783, 806, 815, 816, 819
Groh, Otto Emmerich 198, 199, 401, 402, 404-406, 411, 414, 415, 417, 420, 422, 432, 438, 467, 480, 677, 712, 716, 768, 796 Grossmann, Stefan 173, 217, 310, 345-347,
Geyer, Rudolf 157, 235, 307, 468, 469, 504, 656, 714, 764, 781-820
390, 392, 796 Großmann, Rudolf 805
Geyer, Siegfried 122, 123
Grober, Heinz 271, 276, 278, 454, 695, 700
Giese, Ursula 3
Grün, Lili 181, 182-186, 312, 393, 396, 796
Gigli, Lorenzo 730 Ginzkey, Franz Karl 396, 408, 409, 431, 461, 474-476, 479, 482, 570, 572, 705,
Grünbaum, Fritz 192 Guenther, Johannes 329
706, 713, 714, 716, 722, 728, 732, 735,
Gürt, Elisabeth 707, 713, 730, 750, 796
750, 795, 796
Gul, Roman 153-155, 310, 392, 796
Glaser, Herbert 669, 685, 692, 693
Guläcsy, Irene v. 483, 564, 640, 796
Glasgow, Ellen 253, 257, 309, 796
Gunnarson, Karl 202-203,281,419,432,
Glassbrenner, Adolf 707, 716, 796
723, 796
Göbel, Wolfram 91, 94
Gurlitt 346
Goebbels, Joseph 277, 454, 457, 471, 505,
Gusinde, Martin 730
610, 621, 622, 659, 660, 662, 694, 696,
Gutscher, Paul 783, 787
697, 738, 742
Gyss-Nastrini, Trade 785
Göpfert, Herbert G. 5 Goring, Hermann 384, 621, 622, 623, 649
Haas, Willy 208
Gössinger, Anton 821
Haasbauer, Anton 416
Goetel, Ferdinand 310, 796
Haatanen, Martta 730
Goethe, Johann Wolfgang von 45, 311, 732
Habeck, Fritz 706, 713, 726, 730, 797
Goldstern, Rosa 39
Haberlandt, Michael 806
Gottwald, Fritz 821
Habicht, Theo 416
Grabner, Lenz 705, 713, 714, 796
Hadamovsky, Eugen 694
Grabovszki, Ernst 6
Hädelmayr, Roman 437, 482
Graedener, Hermann
169,418,411,421,
Haeften, Hans Bernd von 199
424, 426, 432, 438, 442-445, 461, 479,
Haegert, Wilhelm 265, 762
480, 705, 732, 750, 768, 796, 821
Hagemeyer, Hans 374, 627
Graedener-Gemeinde 442, 443, 444, 445
Hai Schang Schuo Mong Jen 258, 311, 797
Grautoff, Erna 730
Hainisch, Michael 86
Graziani, Carlo 730, 732
Hainisch, Olga Leonie 799
Greene, Graham 550
Halasz, Stefan 210, 218, 305, 329, 395, 397
Greinz, Hugo 205
Halle, Fannina W. 153, 312, 393, 797
Greinz, Rudolf 402, 403
Hallmann, A. 791
Greve, Felix Paul 817
Halm, Hans 815
Grillparzer, Franz 464
Hammerschlag, Peter 354
Grogger, Paula 570
Handel-Mazzetti, Enrica von 570 Handl, Joseph 821
827
Handl, Marion 765
Hölderlin, Friedrich 578, 732
Haringer, Jakob 173, 188, 234, 235-236,
Hötzendorf, Franz Conrad Freiherr von 730 Hövel, Paul 297, 638, 742
243, 309, 393, 797 Hartlieb, Wladimir von 12, 419, 421, 429, 432, 438, 460, 461, 480, 647, 797 Hartwig, Mela 143, 173, 174, 175-181, 183, 393, 797
Hofer, Andreas 73 Hofer, Karl 805 Hoffmann, Richard 150, 151, 152, 252-253, 264, 286, 781-786, 790, 797-799, 801,
Haselbach, Volkmar 706, 715, 797
802, 804, 808, 811, 813, 815
Hattingberg-Graedener, Magda 442
Hoffmann-Ostenhof, Helyett von 730
Haug, Gerhart 730
Hofmann, Wilhelm 8, 295, 343, 505, 524,
Hauptmann, Franz 705, 707, 713, 797
539, 540, 542-544, 562, 626, 678-683,
Hauptmann, Gerhart 27, 159, 160, 224,
686-690, 695-697, 699-702, 709, 710, 713, 715, 724, 726, 745
568, 570
Hofmannsthal, Hugo von 27, 29, 46, 69,
Hauser, Carry 401 Hederich, Karl Heinz 659
158, 403
Heindl, Martha 6
Hohenegger, Wolfgang 199, 200
Heinemann, William 550
Hohlbaum, Roben 198, 403, 707, 708, 730,
Heini, Karl 612
736, 747, 757, 759, 768, 798
Heike, Fritz 707, 713, 718, 751, 759, 761, 763, 797
Holgersen, Alma 12, 482, 581-585, 706, 713, 751, 798
Hell, Hans 310, 394, 797
Holtzer, Hans 821
Heller, Frank 446, 458, 708, 730, 797
Hölzer, Rudolf 730
Hemingway, Emest 550
Horch, Franz 53, 123, 229, 440, 509, 586,
Henderson, Daniel 481, 483, 797
594, 595
Henz, Rudolf 481, 566, 797
Houben, Heinrich Hubert 432, 565, 798
Herczeg, Franz 482, 483, 563, 797, 821
Howanietz, Franz 401
Herczeg, Geza 806
Hudson, W.H. 253, 257, 309, 798
Hermann, Wolfgang 391
Humhai, F. 510
Herrmann, Heinrich Wolfgang 717, 811
Hurst, Fannie 172, 175, 190, 217, 253,
Herzmanovsky-Orlando, Fritz von 354 Herzog & Cie., M.L.
23,24
Herzog, Wilhelm 310, 797
255, 798 Hurwicz, Elias 782 Huxley, Leonard 258, 785
Hess, Hermann 694, 695 Hesse, Hermann 234, 235, 568
Ihde, Wilhelm 659, 665, 671, 675, 694, 732
Heß, Albert 427
Ilf, Ilja 153,391,798
Hichens, Robert 173, 174, 253-256, 797
Ilf/Petrow 219, 252, 310, 311, 392, 393
Hille, Franz 785 Hinkel, Hans 202, 415, 666, 694, 695
Jacob, Hans 47, 48, 49, 788
Hirsch-Stronstorff, Karl 656
Jacob, Heinrich Eduard 8, 12, 220-221,
Hirt, Karl Emerich 481, 566, 635, 636, 637, 798
246, 310, 311, 312, 333, 356-362, 390, 391, 392, 499, 798
Hitler, Adolf 463, 613, 638, 660, 662
Jacob, Martha 361
Hoefft, Karin von 787
Jacob, Paul 818
828
Jacob, Richard 356
Kellner, Dora Sophie 251, 253, 280, 813
Jacobsen, Jo 204, 207, 482, 798
Kellner, Leon 250, 251, 253, 256, 280,
Jaksche, Anton 713, 806
309, 799
Jandolo, Augusto 705, 713, 799
Keppelmüller, Bertold 707, 799
Jantsch-Streerbach, Albert von 8, 12, 469,
Kern, Eduard 821
470, 477-479, 481, 483, 504-506, 512,
Kern, Erich 681, 686, 692
522, 523, 622, 645, 653, 654, 655, 656,
Kernmayr, Erich 482, 483, 705, 713, 726,
658, 664, 668-671, 673-675, 677, 679, 681, 686, 688, 689, 692-695, 722, 766, 767, 813
768, 799, 800 Kernmayr, Hans Gustl 705-707, 714, 726,
800
Jasser, Manfred 716, 730, 736
Kerpel, Eugen 271
Jauner, Ludwig 159, 160
Kersh, Gerald 550
Jekel 403
Kesser, Hermann 173, 310, 392, 800
Jellinek, Oskar 172, 173, 309, 312, 333, 347-349, 392, 799 Jelusich, Mirko 169, 401, 403, 412, 421, 460, 582
Kesten, Hermann 490, 491 Kienböck, Victor 398, 399 Killian, Johann 481, 713, 730, 751, 800 Kivimaa, Arvi 708, 730, 800
Jensen, Thit 204-207, 482, 483, 640, 799
Kläger, Emil 354
Jeschke, Ingrid 4
Klefisch, Walter 732
Johst, Hanns 687
Kleibl, Emil 685, 686
Julius-Reich-Preis 143, 178, 181, 188, 573,
Kleist, Heinrich von 578, 732
581
Kliemann, Horst 730
Junker, Carl 1, 3
Kiopstock, Roben 133
Kafka, Franz 59-61
Knobloch, Hilde 708, 730, 731, 800
Kafka, Irene 254, 782, 797
Knöller, Fritz 707, 716, 731, 800
Kaindl, Olga 6
Koblitz, Carola von 705, 800
Kainer, Ludwig 765, 796, 812, 817
Koch, Ludwig 813
Kaiser Franz Joseph 24
König Gustav 275
Kaltneker, Hans 20, 43, 49-54, 147, 148,
Kohl, Murray Norman 360
Knepler, Paul 459
174, 799
Kollmann, Albert 112
Kaltneker, Leonie 50, 52, 53
Kostia-Costa, Martin 39
Kamare, Stephan von 821
Kotas, Maria 199
Kant, Immanuel 732
Kotas, Walther Hjalmar 12, 162, 191, 192,
Karpalh, Ludwig 816
193, 194, 195, 196, 198, 201, 203, 205,
Katajew, Valentin 150-152, 173, 217, 252,
401, 402, 411, 419, 422, 796, 799, 802,
391, 392, 393, 799 Katz, Richard
136-138
Kaufmann, Günter 267, 268, 687, 695 Kaunitz, Ernst Graf 222
803, 805 Kramer, Diet 705, 713, 800 Kramer, Theodor 143, 183, 227-228, 244245, 310, 392, 800
Kayser, Rudolf 186
Krasinski, Zygmunt 247, 282, 479, 800
Keller, Paul Anton 708, 716, 799
Kratzmann, Emst 706, 713, 800
Kellner, Anna 799
829
Kraus, Karl 83, 192, 234, 235, 236, 400, 530, 531 Kraus-Kassegg, Elisabeth 188-189, 481, 483, 800
Lehnert, Richard 640 Leibniz, Gottfried Wilhelm 732 Leinonen, Artturi 731 Lemke, Karl 342
Krauss, Werner 806
Lenin 149
Kreische, Ernst 483, 640, 705, 800
Lennhoff, Eugen 312, 314, 393, 801
Kreutz, R.J. 246
Lenormand, Henri Rene 173, 248, 309, 801
Kubin, Alfred 157, 799, 818
Leonow, Leonid 150, 171, 173, 190, 219,
Kümberger, Ferdinand 716 Kuffner, Cäcilia 23
252, 310, 391, 392, 393, 801 Leppin, Paul 354
Kuffner, Lori 183
Lerbs, Karl 731
Kuh, Anton 192
Lernet-Holenia, Alexander 354, 596
Kuhn, Franz 257, 797
Lesser, Jonas 250
Kunsti, Erich von 482, 640, 800
Levett, Oswald 596
Kutzbach, Karl A. 618
Lewis, Sinclair 216, 233, 253, 275, 801
Lampl, Alice 360, 361
Lienau, Renate 731
Liebermann, Max 157, 799 Lampl, Eduard 356
List, Rudolf 432, 480, 566, 570, 768, 801
Landau, Lise 792, 795
Löbel, Josef 390, 801
Landauer, Walter 131,513
Loerke, Oskar 63, 186
Landgrebe, Erich 168, 199, 271, 453, 454,
Löser, Franz 373, 380, 381
464, 471-473, 480, 481, 559, 576, 577,
Löwenthal, Josef Freih. von 480, 566, 801
641, 676, 678, 684-687, 699, 700, 701,
Loos, Lina 345
705, 706, 708, 713-716, 726, 759, 768,
Lorenz, Friedrich 479, 480, 566, 751, 802,
800, 801
821
Landshoff, Fritz 361, 499
Losch, Sebastian 755
Langenbucher, Erich 627
Lothar, Ernst 167, 173, 217, 236, 246, 309,
Langenbucher, Hellmuth 376, 647
311, 312, 313, 333, 349-352, 376, 392,
Langer, August 764, 767, 783
410, 432, 481, 530, 572, 802
Langheinrich, Leonard 313, 376, 801
Lothar, Rudolf 246
Langoth, Franz 813
Lothringen, Franz Stephan von 222
Lasker-Schüler, Else 111
Lotschak, Johanna 3
Lazar, Maria 190, 191
Low, David 817
Leber, Hermann R. 12, 168, 169, 188, 189,
Lowell, Joan 174, 256, 722, 723, 802
193, 194, 202, 204, 294, 404^06, 412,
Lucema, Camilla 811
415, 417, 421, 422, 426, 429, 431, 433,
Luchaire, Vallentin 127
435-439, 441, 442, 449, 465, 468, 476,
Lucka, Emil 140
477, 478, 518, 559, 560, 562, 574, 575,
Ludwig, Emil 8, 146, 224, 246, 285, 311,
576, 584, 647, 656, 658, 675, 706, 713, 714, 781, 801
312, 313, 316, 321, 322, 323, 324, 325, 326, 358, 364, 390, 391, 392, 802
Leber, Lotte 254, 294, 799, 816
Luise, Marie 222
Leffler, Erika 432, 565, 801
Lunatscharskij, Anatolij 798
Lehner, Fritz (Frederick) 249, 789
Lux, Harry 558, 563, 806, 807
830
Lyttkens, Alice 203-204, 281, 282, 432, 479, 480, 481, 482, 802, 803
Menczel, Philipp 33 Menghin, Oswald 435, 436-437, 481, 768, 805
Mahlberg, Blanche 254, 817
Mertens, Eva s. Reichel-Mertens, Eva
Mahler, Alma s. Mahler-Werfel, Alma
Meseck, Felix 805
Mahler, Alma Maria s. Mahler-Werfel,
Meyer, Georg Heinrich 93, 116, 120
Alma
Michaeler, Franz J. 821
Mahler, Anna 303, 304, 305
Michel, Robert 431, 566, 706, 714, 722,
Mahler, Gustav 35, 43, 45, 46, 69, 70, 147,
805 Michels, Josef 705, 713, 805
803 Mahler-Werfel, Alma 12, 19-21, 28, 45, 46, 71, 213, 235, 303, 304, 486, 487, 520, 550, 769, 803
Millenkovich-Morold, Max von 423, 719, 731 Misar, Hans 684
Maierheuser, Hermine 708, 803
Mitrophanow, Igor 784
Majakowsky, Wladimir 150
Mitzky, Dora 804
Major, Ralph H. 253, 481, 483, 803
Moberg, Vilhelm 190-201, 202, 203, 281,
Mandl, Otto 71, 254, 260, 261, 397, 816, 817
282, 419, 432, 479, 480, 481, 482, 805 Morl, Anton von 731
Mann, Heinrich 8, 12, 33, 34, 37, 59, 66,
Mohäcsi, Jenö 805
73, 91-101, 102, 103-110, 114, 116,
Molden, Emst 188
120, 121, 147, 148, 158, 161, 171, 172,
Moll, Carl 312, 805
173, 174, 213, 216, 309-314, 316, 329,
Molnär, Franz 172, 313, 557, 558, 805
368, 391, 392, 410, 586, 587, 597, 603,
Molo, Walter von 167, 173, 174, 216, 224,
604, 614, 803, 804, 808 Mann, Thomas 29, 88, 208, 211, 213, 224, 237, 242, 321, 568
299, 300, 309, 310, 311, 312, 313, 314, 316-321, 369, 371, 374, 376, 377, 431, 597, 617, 805, 806
Mark, Richard 254, 816, 817
Mora, Franz 563, 731
Markgraf, Anne 122
Moria, Vintila 731
Marshall, Lenore G. 253, 483, 640, 804
Möricz, Zsigmond 282, 480, 482, 483, 558,
Martin du Gard, Roger 102-103, 173, 174, 217, 248-249, 276, 309, 484, 640, 804
708, 765, 806 Morris, Leland 531
Marton, Alexander 557
Mühlmann, Kajetan 676
Masino, Paola 252, 281, 282, 284, 312,
Mühsam, Erich 354 Müller, Robert 354
432, 804 Maupassant, Guy de 63
Müller-Partenkirchen, Fritz 350
Maurice, Martin
Münchhausen, Börnes von 607, 616
174,248,309,311,392,
804
Muhr, Adelbert 708, 717, 731, 806
Megerle, Karl 637
Mukerji, Dhan Gopal 286, 480, 806
Meier-Graefe, Julius 46, 71, 72, 147, 157,
Mumelter, Hubert 168, 431, 706, 713, 722,
172, 311, 314, 390, 804, 805
728, 731, 752, 806
Meier-Schomburg, Jürgen 168
Murray, John 294
Meitner, Ciarisse 253, 801
Musil, Robert 9, 142, 301, 353, 403, 499
Meli, Max 459, 570
831
Mussolini, Benito 247, 285, 312, 323, 393, 462, 613, 768, 806
Panzini, Alfredo 706, 807 Papen, Franz von 297, 638 Papesch, Joseph 400
Nachbaur, Albert 821
Papini, Giovanni 309, 807
Nadler, Josef 437, 572
Passini, Peter 340
Nasr-eddin 708, 716, 806
Pauli, Hertha 480, 566, 807
Natonek, Hans 135-139, 140, 241, 173,
Paulus, Helmut 751, 820
309, 312, 390, 392, 806
Payr, Bernhard 608
Nepomucky, Ernst 817
Peichl, Friedrich 688, 700
Nestroy, Johann 705, 714, 752, 806
Penz, Rudolf 504, 506, 515, 520, 656, 658,
Neubacher, Hermann 40, 664, 672
671, 675, 679, 756, 767
Neumann, Lena 254, 817
Perkonig, Josef Friedrich 169, 570, 572
Neumann, Paul 137, 184, 229, 230, 231,
Perutz, Leo 12, 167, 313, 333, 349, 354-
306, 307, 329, 383 Neumann, Robert 12, 182, 187, 218, 220,
356, 480, 535, 596, 665, 807 Peters, Elisabeth 817
229-232, 245-247, 310-312, 351, 390392, 410, 490, 491, 499, 593, 806
Petri, Heinrich 790
Neumann-Veith, Eta 559, 820
Petrow, Eugen 153, 798
Niederführ, Hans 707, 716, 807
Pezold, Gustav 412, 426
Nirenstein, Otto 310, 807
Philippe, Charles Louis 63
Noatzke, Gerhard 687
Philippovich, Stephan 688
Notz, Heinz 655
Piccolomini 222
Nüchtern, Hans 282, 313, 431, 432, 476,
Pick, Otto 118
480, 482, 807
Pinthus, Kurt 161, 162, 224
Nuese, Alfons Matthias 254, 788
Plessen, Viktor von 708, 731, 808
Nußbaum, Anna 788
Pochlatko, Erich 800
Nyirö, Josef 482, 484, 563-564, 640, 706,
Pochlatko, Irmgard 800
713, 731, 732, 807
Polak, Hans W. 18 Polgar, Alfred 150, 151, 192, 345, 499
O'Neill, Eugene 275
Pollack, Martin 451
Oberkofler, Joseph Georg 570
Pollaczek, Clara Katharina 56, 795
Oppenberg, Ferdinand 707, 731, 736, 747,
Polzer (Pollitzer), Viktor 253, 286, 618,
751, 807, 820 Ortner, Hermann Heinz 174, 310, 312, 313, 432, 434, 460, 480, 483, 570, 713, 769, 807
785, 791, 803, 804, 815 Polzer, Ann(i)e 6, 253, 281, 295, 353, 509, 512, 784, 786, 812, 815, 816 Popowa-Mutafowa, Fani 707, 708, 731, 808
Ossietzky, Carl von 248
Poss, Josefine 765, 784, 790
Ott, Erwin 731
Poulaille, Henry 172, 808
Otten, Karl 526
Powys, John Cowper 257, 309, 808
Ould, Hermann 510
Preradovic, Paula von
Owen, John 173, 253, 256, 310, 807
Priestley, J.B. 550
Pälffy, Jenö 564
Proust, Marcel 48
188,313,808
Prochaska, Bruno s. Wolfgang, Bruno
832
Prass-Glowatzky, Mary von 798
Ross, Fritz 158, 159
Pupp, Julius 393, 432, 479, 566, 567, 808
Roth, Joseph 9, 59, 129-131, 137, 353
Puscariu, Sextil 708, 713, 731, 752, 808
Rübelt, Lothar 785 Ruske, Carl 368
Rafelsberger, Walter 651, 676, 684
Rutra, Arthur Ernst 354
Rainalter, Erwin H. 163, 205, 344-345, 403, 405, 406, 408, 409, 411, 414, 415,
Saatmann, Paula 815
418, 420, 423, 428, 429, 432, 441, 458,
Sacher, Friedrich 422, 424
461, 467, 479, 480, 482, 571, 585, 588,
Sachs, Walter 707, 718, 736, 809
640, 665, 705, 707, 708, 713, 716, 722,
Saiten, Anna Katharina 809
723, 725, 726, 728, 731, 750, 751, 756,
Saiten, Felix 12, 15, 14, 27, 31, 33, 35, 43,
757, 769, 806, 808, 811, 820
52, 84, 119, 123, 147, 148, 158, 172-
Reck-Malleczewen, Friedrich 354
174, 217, 232, 233, 245, 250, 310-313,
Redtenbacher, Erna 786, 816, 817
339, 349, 392, 406, 409, 410, 426, 432,
Reich, Emil 181
483, 485, 490, 503, 509, 510, 523, 525,
Reichel-Mertens, Eva 48, 102, 804
528, 530-547, 548, 643, 665, 799, 809
Reichwein, Leopold 401, 403
Salzer, Anselm 465
Reifenberg, Benno 130,519
Sand, George 181
Reiff, Helene M. 254, 397, 786, 816, 817
Sauter, Ferdinand 706, 715, 809
Reimann, Hans 140
Sauter, R.H. 792
Reinhardt, Max 87, 224, 349
Schäferdiek, Willi 731, 751, 810, 820
Reißenweber, Arno 705, 808
Schaffner, Jakob 167, 168, 219, 288-293,
Remarque, Erich Maria 354
310, 311, 313, 314, 316, 374, 369, 411,
Remmer, Klaus 3
419, 431, 432, 441, 480, 481, 605, 617,
Rendl, Georg 821 Renner, Gerhard 6, 658 Ribera, Americo 705, 808 Richter, Georg 782
722, 750, 768, 810 Schallt, Leon (L. Leonhard) 40, 73-77, 81, 82, 85, 86, 90, 173, 249, 311, 376, 393, 396, 792-795, 810
Richter, Hans 43, 46
Schallt, Susanne 253, 796
Riegel, Martin 638
Scheibelreiter, Ernst 12, 169, 198,431,
Rieger, Erwin 530, 785 Roda Roda 312, 314, 390, 393, 586-596, 808, 809 Röbbeling, Hermann 811 Röttger, Karl 313, 376, 431, 432, 706, 714, 722, 809 Roland, Ida 28, 33, 34, 35
432, 473-474, 480, 482, 483, 570, 572, 705, 708, 714, 722, 726, 731, 746, 752, 768, 810 Scheuer, Grete von 708, 810 Schiller, Friedrich 732 Schirach, Baidur von 267, 268, 683, 732 Schischmanow, Meli M. 706, 715, 808, 810
Rolle«, Edwin 472, 474, 767
Schlacher, Wemer 3
Rosegger, Peter 167, 572
Schlecht, Johannes 626
Rosenbaum, Ernst 39, 40
Schlögl, Friedrich 716
Rosenbaum, Kory Towska 50
Schlösser, Rainer 715
Rosenberg, Alfred 457
Schmidt, Guido 628
Rosner, Leopold 4
Schmitz, Siegfried 782
833
Schnattinger, Harald 3
Seyß-Inquart, Arthur 650, 694
Schnell, Kurt 731
Sgalitzer, Jacques 253, 797
Schnitzler, Arthur 27, 29-31, 33, 35, 43,
Shakespeare, William 482, 811
44, 47, 48, 56, 70, 91, 95, 96, 147, 171,
Shute, Neville 550
250, 345, 391, 392, 531, 811
Sil-Vara 245, 312, 393, 811
Schön, Marianne 253, 788, 816
Silberer, Geza s. Sil-Vara
Schönbauer, Leopold 731
SimunoviC, Dinko 707, 811
Schönberg, Arnold 69
Sinsheimer, Hermann, 311, 312, 393, 394,
Schönherr, Karl 482, 811
811
Schönwiese, Ernst 176
Sittenberger, Hans 731
Schönwiese, Rudolf 821
Skubl, Michael 421,423
Schopper, Hanns 483, 655, 677, 744, 760,
Smekal, Richard 731, 736
768, 811 Schreiber, Ida 284 Schrey, Kurt 794 Schreyvogl, Friedrich 168, 173, 198, 234,
Sochaczewer, Hans 173, 174, 217, 390-394, 797, 811, 812 Somlo, Bela 682 Sonka s. Sonnenschein-Sonka, Hugo
246, 313, 380, 405, 432, 458-464, 480,
Sonnenberg, Franz von 706, 714, 812
482, 706, 713, 731, 769, 811
Sonnenfels, Josef von 222
Schubert, Jakob Margot 796 Schumann, Gerhard 707, 731, 736, 747, 751, 759, 760, 761, 811, 820
Sonnenschein-Sonka, Hugo (auch Sonka) 188, 192, 236-240, 245, 309, 392, 812 Sonnenthal, Paul von 817
Schumetz, Georg 676
Sonnleitner, Johann 6
Schuschnigg, Kurt 398, 416, 419, 420, 423,
Soyka, Otto 362
459, 573, 628, 638 Schwarz, Georg 49, 62, 64, 65, 781 Schwarz, Hanns 816 Schwarzenberg, Friedrich Fürst 708, 717, 811 Schwarzkopf, Nikolaus 751, 820 Schwarzschild, Leopold 346 Schwarzwald, Eugenie 183
Spann, Othmar 169 Spann-Rheinsch, Erika 12, 169-170, 188, 467, 479, 812 Specht, Richard 70, 171, 812 Speiser, Friedrich 714, 716, 781 Spiel, Hilde 143, 181, 186-188, 312, 393, 812 Spira, Robert 175
Schweckendiek, K.H. 731
Spitzer, Oskar 765, 789, 797
Schwefel, Arnold 141
Spunda, Franz 111, 168, 404, 411, 417,
Schweiger, Werner J. 6
421, 424, 432, 441, 460, 461, 464-468,
Scotti, Tommaso Gallarati 252, 705, 811
479, 481, 483, 706-708, 712, 713, 722,
Secker, Martin 142
745, 768, 812
Sedlitzky, Ludwig J. 821
Srbik, Heinrich 732
Sedlnitzky 222
Stalin, Joseph 154
Seeliger, Karl 808
Stanietz, Walther 731, 736
Seitz, Karl 86
Stebich, Max 661, 675, 676, 677
Seitz, Robert 12, 431, 432, 480, 481, 483,
Steen, Marguerite 253, 281, 432, 481, 812
565, 570, 713, 715, 722, 723, 752, 811 Serner, Gunnar 446, 458 834
Stefan, Paul 45, 69, 70, 172, 245, 491, 492, 812,816
Stehelin-Holzing, Jacques 781
Tal, Lucy 644
Stehelin-Holzing, Lonja 71, 309, 781, 812
Teodoreanu, Ionel 731
Stehr, Hermann 570
Teufelberger, Rudolf 633
Stein, Otto 715, 809
Thiess, Frank 17, 22, 103, 168, 283, S U -
Steinbeck, John 550
SIS, 321, 369, 376, 377, 391, 393, 411,
Steiner, Bernd 805
431, 432, 480-483, 505-507, 510, 597,
Stemheim, Carl 110, 112-114, 115, 171,
606, 607, 614, 617-627, 636, 644, 647,
172, 390, 812 Stierle, Adolf 3 Stigler-Fuchs, Margarete von 708, 731, 812 Stöcker, R.H. 798, 807
648, 674, 706, 707, 712, 713, 728, 731, 735, 751, 814 Thom, Andreas 219, 283, 309, 333, 352353, 431, 432, 480, 483, 814, 821
Stoessl, Otto 354
Thompson, Dorothy 276
Stoffregen, Goetz Otto 373
Tömörkeny, Stephan 731
Storfer, A.J. 176
Toller, Emst 490
Storm Jameson, [Margaret] 251,253,280-
Tolstoj, Leo 46, 148, 149, 190, 814
281,431,550,813 Strange, Kathleen 708, 813
Torberg, Friedrich 140-146, 309, 312, 392, 586, 814
Strauss, Franz 46, 813
Tralow, Johannes 731
Strauss, Richard 27, 46, 148, 813
Trattner, Johann Thomas Edler von 3
Streerbach, Albert von s. Jantsch-Streerbach, Albert von Strobl, Karl Hans 162, 403, 409, 411, 416, 417, 422, 424, 426, 428, 432-434, 439441, 449, 570, 593, 675, 706, 715, 722724, 744, 768, 813 Ströhlin, Camilla 705, 706, 713, 731, 752,
Trebitsch, Siegfried 339 Treichlinger, Wilhelm 431, 814 Trentini, Albert von 432, 815 Tschechow, Anton 148, 149, 171, 173, 190, 216, 706, 815 Tucher, Marius 822 Turnier, Franz 708, 733, 747, 815
813 Strothmann, Dietrich 457, 625
Ullerich, Hinze 822
Stüber, Fritz 708, 716, 731, 813
Ullmann, Ludwig 217
Stucken, Anna 749, 755
Umanskij, Dmitrij 149, 150, 801, 814
Stucken, Eduard 103, 165, 168, 313, 370, 371, 374, 431, 432, 481-483, 640, 712, 713, 728, 749, 750, 813
Ungar, Hermann 354 Urbanitzky, Grete von 8, 12, 17, 65, 162, 163, 168, 224, 245, 310, 312, 313, 333,
Stuparich, Giani 731
339-344, 345, 377, 380, 383, 385, 403,
Stuppäck, Hermann 409, 411, 417, 422,
411, 423, 431, 432, 481, 482, 565, 599,
426, 432, 435-436, 457, 469, 644, 645, 660, 712, 733, 760, 763, 768, 813 Sturma, Leo 707, 733, 812, 813
639, 705, 713, 722, 723, 769, 815 Urhammer, Christian 822 Urstadt, Carolina 731, 815
Suchotina-Tolstaja, Tatjana 814 Suchy, Nikolaus 594
Valdes, Armando Palacio 708, 731, 815
Suränyi, Miklös 482, 564, 814
Vallentin, Antonina 161, 817
Swoboda, Eugen 684 Szekely, Alex 798, 806
835
Vare, Daniele 253, 254, 286-288, 291-292, 293-298, 479, 480, 482, 483, 706, 708, 712, 713, 728, 731, 737, 751, 815, 816 Veiter, Joseph Μ. 706, 707, 713, 715, 731,
816
Weiß, E.R. 805 Weiß, Ernst 8, 48, 253, 311, 393, 552-556, 788, 816 Wells, H.G. 58, 71, 158, 172-174, 210, 216, 217, 220, 233, 254, 255, 258, 259,
Verdaguer, Mario 313, 816
260-263, 293, 309-314, 392, 393, 397,
Verdi, Giuseppe 172, 816
404, 558, 767, 816, 817
Verenocke 732
Weltsch, Robert 140
Vesper, Will 11, 18, 168, 194, 217, 335,
Wenter, Josef 437-438, 460, 480. 481, 483,
377, 383, 400, 404, 406, 407, 409, 412-
570, 640, 706, 714, 769, 818
415, 424-430, 441, 529, 618, 647, 718,
Werfel, Alma s. Mahler-Werfel, Alma
732
Werfet, Franz 8, 12, 14, 16-19, 21, 27, 28,
Vioux, Marcelle 483, 816
32, 37, 38, 43-45, 52, 59, 65, 70, 73,
Vlasiu, Ion 731, 732
109, 110, 114, 120, 121, 147, 157, 160-
Vogel-Suppan, Magda 819
163, 167, 171-174, 184, 192, 210, 213,
Vogl, Magda 765, 808
216, 221, 223, 224, 232-237, 240, 242,
Vogler, Josef 705, 816, 822
243, 299, 301-303, 306, 310, 311, 313,
Vring, Georg von der 216, 816
314, 316, 319, 328, 349, 352, 365, 366, 372, 380, 383, 384, 391, 392, 406, 407,
Wache, Karl 419, 435, 436, 822
410, 426, 432-433, 482, 485-502, 503,
Wacik, Franz 819
508, 512, 513-524, 526, 529, 532, 533,
Waggerl, Karl Heinrich 570 Wagner, Richard 43, 45, 46, 69, 495, 816
550, 614, 643, 665, 674, 816, 818, 819 Werle, Heinrich 731
Waller, Willy 210
Wertheimer, Paul 56, 174, 310, 819
Wallerstein, Amanda s. Zsolnay. Amanda
Wessely, Peter 685, 686, 693
(Andy) von
Westerich, Lotte 732
Wallner-Baste, Franz 730, 781
Wharton, Edith 253, 258, 259, 310, 819
Walser, Robert 133-134
Wibmer-Pedit, Fanny 570
Walter, Kurt 307
Willkie, W.L. 550
Wassermann, Jakob 88, 214, 224, 351
Winder, Ludwig 134-135, 392
Wasserthal-Zuccari, Luise 765, 781, 783,
Winsloe, Christa 564
785, 787, 789, 791, 792, 795, 796, 799,
Winter, Michael 3
800, 802, 806-808, 810-816, 819
Wisloschill, Sigmund 634
Watzinger, Carl Hans 734
Wismann, Karl Heinz 742
Webb, Mary 217, 253, 257, 310, 816
Wittels, Fritz 354
Weber, Josef 483, 707, 708, 718, 736, 762,
Wittner, Victor 159, 174, 188, 234, 240-
768, 816
244, 309, 819
Wegner, Max 751, 820
Witzig, Johann 685
Wehd, Rudolf von der 784, 807
Wix, Adolph s. Zsolnay, Adolph von
Weigand, Wilhelm 374
Wix, Heinrich 24
Weingartner, Felix von 27
Wolf, Hugo 719
Weinheber, Josef 354, 403, 412, 414, 424,
Wolf, Ingrid 253, 787
425, 426, 428, 570, 736
836
Wolf, Luise 793, 794
Wolf, Victoria 181-182, 219, 312, 313, 393, 819
70-72, 75, 80, 84, 92, 97, 98, 100-102, 104-106, 108-110, 115, 118-120, 122,
Wolf, Wilhelm 637
127, 129, 132, 137, 149, 156, 158-160,
Wolfgang, Bruno 706, 708, 713, 732, 751,
162, 163, 165, 169, 170, 177, 184, 189,
801, 819
193-195, 200, 203, 209, 210, 217, 218,
Wowcoks, Marko 768
222-228, 232, 233, 236-239, 250, 252,
Wozak, Hans 822
262, 269, 283, 287, 291, 299, 300, 302-
Wucherer, Georg Philipp 3
305, 307, 319, 320, 322, 323, 329, 330,
Wunderer, Franz 822
333, 335, 339, 345, 353, 360, 361, 363,
Wurm, Ernst 706, 707, 714, 745, 819
365, 366, 369, 377, 383, 395, 398, 399, 404-407, 410-412, 415, 416, 421, 424,
Zadek, Walter 160
427, 431, 435-437, 443, 445, 448, 451,
Zahorsky, Anton 808
459-461, 462, 469, 472, 485, 490-493,
Zarek, Otto 220, 309, 312, 390, 392, 564-
496, 498-502, 504-507, 509-512, 516,
565,819 Zartmann, Karl 5 6 1 , 6 7 5
520, 522-529, 536-544, 547-550, 552, 562, 566, 568-570, 579, 586, 595, 598,
Zerkauten, Heinrich 441
603, 604, 612-614, 616, 620, 627-629,
Zernatto, Guido 354, 437, 461, 634
631, 638, 639, 644, 646-648, 650, 648,
Zilahy, Lajos (von) 282, 297, 480, 481,
655-658, 664, 668-672, 674, 679, 681,
482, 483, 511, 558-563, 640, 712, 713, 728, 819, 820
682, 688, 693, 696, 719, 766-769, 799 Zuckerkandl, Berta 48, 55-57, 795, 801
Zola, Emile 63
Zuckmayer, Carl 568-570, 573
Zsolnay zu Zsolna, Adolph s. Zsolnay,
Zur Mühlen, Hermynia 80
Adolph von Zsolnay, Adolph von 23, 24, 25 Zsolnay, Amanda (Andy) von 23, 24, 25, 35, 548, 628
Zweig, Arnold 224 Zweig, Stefan 84, 118, 176, 177, 192, 223, 224, 231, 234, 235, 490, 503, 527-529, 539, 541, 553, 555, 556, 783
Zsolnay, Fritz von 23, 24 Zsolnay, Paul 5, 13-19, 21, 24-26, 28, 31, 33-36, 38, 41, 46, 48, 49, 51-54, 59, 69,
837
Verlage/Verleger/Buchhändler/Auslieferer/ Institutionen/Literaturagenten
Dr. E. Albert & Co. Verlag 91 Alexander, E. 259 Allegro Verlag 184 Allert de Lange (Verlag) 124-128, 131, 227, 247, 490, 491, 513, 528, 541, 555, 629, 630 Allianz-Filmgesellschaft 151 Amalthea Verlag 245, 302, 329, 422 Amandus-Edition 582 Anzengruber-Verlag Brüder Suschitzky 4, 73, 79, 635 D. Appleton & Co. 259 Oswald Arnold Verlag 471,473 Atlantischer Verlag 147, 334 Bär Verlag 717 C. Barth 635 Bastei-Verlag 637, 666 Bergland-Verlag 434 Bermann Fischer, Gottfried (Verlag) 14, 232, 509, 513-517, 519, 521, 524-529, 539, 541, 558, 569, 635, 644, 648, 666, 720 Bibliographisches Institut 763 Bibliothek zeitgenössischer Werke 9, 10, 62, 66, 77, 86, 90, 94, 120, 124, 126, 152, 175, 180, 181, 208-233, 256, 261, 283, 294, 324, 346, 350, 413, 423, 556, 713, 722 Karl H. Bischoff Verlag 9, 206, 278, 282, 298, 338, 442, 450, 456, 458, 468, 474, 556, 558, 563, 581, 620, 627, 702-769 Bischoff, Karl H. 8, 11, 265-268, 293, 335, 344, 443-445, 457, 470, 471, 475, 578581, 585, 614, 624, 626, 627, 661-668, 671, 675, 682, 683, 687-689, 691, 694-697, 709, 711, 715, 717, 718, 724, 727, 729, 732
838
Bobbs-Merrill 530, 536, 539, 541, 543-546 Bonnier, Albert 191, 198, 511, 513 Book Society 151 Curtis Brown Ltd. 281, 396 J.C.C. Bruns' Verlag 255 Büchergilde Gutenberg 108, 277, 280 Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs 402, 423, 460, 463, 465, 478 Jonathan Cape 256 Bruno Cassirer (Verlag) 73, 76, 77-79, 135 Paul Cassirer (Verlag) 91 Chambers, D.L. 539-542 Chatto & Windus 142 Cotta 323 J.M. Dent 257 Deutsch-Österreichischer Verlag 245, 557 Deutsche Buchgemeinschaft 88, 104, 105, 124 Deutsche Verlagsanstalt 290, 293 Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte 255 Donau-Verlag 50, 51, 52, 54 Drei Masken Verlag 100, 113, 114, 132, 151, 346, 521 Adalbert Droemer 208, 329 Editions du Phenix 181 Eher-Verlag 293, 415, 421, 682, 683 Einhorn-Verlag 161 Eirich Verlag 184 Elbemühl 536 Engelhorn (Verlag) 133, 182, 229 Erasmus-Verlag 552 R. Ernst Verlag 598 E.C. Etthofen Verlags Ges.m.b.H. 329, 331
Fachschaft für Leihbüchereien und Grossbuchhandlungen 567 Fiba-Verlag 596, 635 S.Fischer (Verlag) 29, 30, 35, 36, 43, 4648, 50, 59, 64, 81, 95, 117, 130, 143, 148, 160, 169, 186, 191, 208, 209, 222, 223, 245, 301, 302, 322, 346, 347, 380, 400, 533 Freund, Robert 192, 666 Frundsberg-Verlag 585 Gallimard 48, 142 Genossenschaft dramatischer Autoren 52 Genossenschaftsverlag 32 Gerold 4 Gesellschaft für graphische Industrie 40, 69, 70 Wilhelm Goldmann Verlag 453 Greenburger, Sanford J. 547 Grethlein & Cie 117, 255, 260, 327, 329 Grigat Verlag 236 Gutenberg-Verlag 83 H. Haessel 340 Hain, Franz 283 Hamish Hamilton 514 A. Hartleben 4, 350 B. Harz 113 A.M. Heath & Co. Ltd. 13, 269, 508, 509, 511, 528, 538, 539-542 Heinemann, William 258, 541, 547, 548, 549 Heinemann & Zsolnay Ltd 549, 550 Herder 568 Ralph A. Höger (Verlag) 187 Jul. Hoffmann (Verlag) 255 Holle & Co. 197,320 Holle, Gerard van 320 Huebsch, Ben 359, 498, 502, 509, 513, 514, 571 Humanitas Verlag 182, 500, 565 ILF-Verlag für Dichtung, Kunst und Wissenschaft 40, 62, 333, 334 Insel Verlag 49, 91, 113, 533 Internationaler Psychoanalytischer Verlag 176, 635, 654
Jüdischer Verlag 515 Axel Juncker (Verlag) 132, 223, 245 Kampfbund für deutsche Kultur 385, 386, 412, 421 Kende, Josef 361 Gustav Kiepenheuer (Verlag) 113, 131, 245, 352, 400, 618 Druckerei R. Kiesel 335,518 Jul. Kittl's Nachf. 135, 144, 361, 556 Th. Knaurs Nachf. 63, 83, 89, 208, 329 Kola, Richard 40, 69, 333 Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler 209 Adam Kraft Verlag 441, 464 Krystall-Verlag 160,478 N.S. Kulturgemeinde 199, 427, 428 Kultur-Verlag 162 Ladyschnikow, J. 223 de Lange, Gerard 630 Gunther Lange Verlag 100 Albert Langen (Verlag) 91, 192, 301, 316, 317,319 Langen-Müller 470 Länyi, Richard 186, 215, 644 H.P. Leopold 552 Paul List (Verlag) 104, 370 Literaria-Verlag 69 R. Löwit Verlag 223, 459, 471, 635, 678 Adolf Luser Verlag 684, 691, 692, 733 Malik-Verlag 148 Georg Marton Verlag 244 A. Mejstrik 471 Menzel, Simon 232, 500 Merlin-Verlag 100 Methuen & Co. 287 A. Mondadori (Verlag) 456 Adolf Müller Verlag 549 Georg Müller Verlag 301, 350, 533 Musarion Verlag 49 Oesterheld & Co. 73, 80, 346 Österreichische Freiheitsbewegung 447 Österreichische Kunststelle 581 Österreichischer Klub 9
839
Österreichischer Kulturbund 9 Österreichischer Staatspreis 437 Ernst Oldenburg Verlag 598 Orbis-Verlag 269 Organisation Todt 753
Rosenbaum, Richard 50-54 Ernst Rowohlt (Verlag) 48, 59, 62, 63, 71, 72, 117, 289, 301, 302, 321, 322, 323, 352, 359, 558, 567 Rütten & Loening (Verlag) 147, 352
P.E.N.-Club 85, 86, 120, 158, 163, 186, 224, 245, 302, 329, 337, 339, 361, 376, 385, 386, 403, 531 Moritz Perles 255, 635 Perles, Oskar 644 Petropolis Verlag 149, 153 Phaidon Verlag 117,635 Pilgram Verlag 458
Saturn-Verlag 140 Josef Schaffrath-Verlag 296 Schauspiel-Verlag 598 Scherz Verlag 343 Franz Schneider Verlag 192 Schocken Verlag 515 Schuster & Löffler Verlag 319, 586 Schutzverband deutscher Schriftsteller in Österreich 185, 352, 403 Sesam-Verlag 557 Josef Singer 94, 136, 143, 215, 245, 346, 554 F. Speidelsche Verlagsbuchhandlung 4, 350, 568 Gerhard Stalling Verlag 718 Paul Steegemann Verlag 113 Sieben Stäbe Verlag 103, 104, 105 Simon & Schuster 119 J.M. Spaeth Verlag 598 L. Staackmann Verlag 350, 380, 405, 408, 433, 434, 439, 441, 459, 461, 462, 474, 475, 582, 584 Staackmann, Alfred 408 Steyrermühl 255
Piper Verlag 70, 71, 72, 91, 191, 192, 350, 577 Präger, Mayer 223, 471 Eugen Prager Verlag 238 Propyläen-Verlag 48, 346 Querido Verlag 108, 127, 182,221,231, 327, 359, 361, 499, 555, 565 Rascher & Cie. 73, 80, 81, 82, 90, 261, 332 Philipp Reclam 105 Pustet Verlag 568, 584 Herbert Reichner (Verlag) 231, 232, 332, 353, 503, 637, 644, 666 Reichspropagandaamt 473 Reichsschrifttumskammer 445, 470, 559, 560, 561 Reichssender Frankfurt 561 Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums 336, 337, 374, 375, 457, 608 Reichsverband Deutscher Schriftsteller 17, 465 Reichszentrale zur Bekämpfung unzüchtiger Bilder, Schriften und Inserate 342 Erich Reiß Verlag 62, 113 Rhein-Verlag 283 Rhombus-Verlag 252 Rikola Verlag 40, 69, 73, 134, 333, 334 Ring nationaler Schriftsteller 401, 402, 403, 465 Röser'sche Handelsschule 23 Rohrer 352
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Leopold Stocker Verlag 167, 336, 435 Ed. Strache Verlag 333, 352, 465 Styria Verlag 636 Tagblatt-Bibliothek 252 E.P. Tal (Verlag) 56, 62, 69, 124, 125, 126, 190, 191, 255, 410, 565, 629, 630, 632, 644, 720 Tauchnitz-Edition 261 Tempsky 350 Thomas-Verlag Jakob Hegner 635, 637 Ullstein, Karl 158, 159 Ullstein, Louis 159 Ullstein (Verlag) 46, 53, 106, 112, 120, 134, 137, 345, 346, 350, 354, 532, 605, 647
Union Deutsche Verlagsgesellschaft 288, 289 Universal-Edition 69 Verband demokratischer Schriftsteller 472 Verlag »Die Schmiede« 48, 59, 60, 61, 131, 240, 242, 243 Verlag der Wiener graphischen Werkstätte 459, 465 Verlag Der Wille 108 Verlag Dr. Rolf Passer 247 Verlag F. Bruckmann 332, 463 Verlag J.P. Toth 297,562 Verlag von Robert Baum 91 Verlagsbuchhandlung C. Weiler & Co. 65, 66 Viking Press 142, 359, 502, 513, 571 Volk und Reich Verlag 733, 734, 756 F. Volckmar Kommissionsgeschäft 270, 332, 335, 496, 566, 634 Waldheim-Eberle 158
A.P. Watt & Son 255, 276, 279 Wiener Literarische Anstalt (WILA) 69, 340 Wiener Verlag 91, 345, 533 Wiener Verlagsgesellschaft 266, 474 Wirtschaftsstelle des Deutschen Buchhandels 623 Kurt Wolff (Verlag) 19, 20, 28, 29, 32, 33, 34, 35, 37, 38, 46, 59, 60, 73, 91, 93, 94, 96, 97, 107, 109-111, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 121, 123, 124, 126, 127, 130, 132, 213, 255, 301, 486, 487, 518, 613 Xenien-Verlag 339 Zeitgeschichte-Verlag 464 Zeitkunst-Verlag 69-72 Zinnen Verlag 280, 582 Paul Zsolnay Editions 549, 550 Zwinger-Verlag 440
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