Der Liebeszauber (Philtrum) und sein Zusammenhang mit der Liebeskrankheit in der Medizin besonders des 16.–18. Jahrhunderts 3260039686


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German Pages [120] Year 1975

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Der Liebeszauber (Philtrum) und sein Zusammenhang mit der Liebeskrankheit in der Medizin besonders des 16.–18. Jahrhunderts
 3260039686

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Medizinhistorisches Institut der Universität Zürich Direktion: Prof. Dr. med. Huldrych Μ. Koelbing Arbeit unter Leitung von Frau PD Dr. med. Esther Fischer-Hornberger

Der Liebeszauber (Phlltrum) und sein Zusammenhang mit der Liebeskrankheit in der Medizin besonders des 16.-18. Jahrhunderts

INAUGURAL-DISSERTATION

zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich

vorgelegt von

URS BENNO BIRCHLER von Einsiedeln (Kt. Schwyz)

Genehmigt auf Antrag von Herrn Prof. Dr. med. Huldrych Μ. Koelbing

XZ7 Juris Druck + Verlag Zürich 1975

ISBN 3 260 03968 6

"Du siehst mit diesem Trank Im Leibe bald Helenen In jedem Weibe" (Faust I. Hexenküche)

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Herzlich danken möchte ich meiner "Dissertationsmutter" Frau PD Dr. Esther Fischer-Hornberger, die diese Arbeit von der Ge­ burt bis zum druckfertigen Manuskript mit Rat und Tat begleite­ te. Für die weitere Durchsicht der Dissertation möchte ich den Herren Professoren Erwin Ackerknecht und Huldrych M.Koelbing vielmals danken. Besonderer Dank gilt meinem Vater Alfons Birchler, dessen Hilfe mir bei der Uebersetzung der schweren lateinischen Texte unersetzlich war. Dem Altphilologen, Herrn lic.phil. Caesar Dobler-Lyrer, danke ich für die Ueberprtlfung der Uebersetzungen; Mr. James J. Farrell MD für die Ueberset­ zung des Summary. Mein Dank geht auch an Frau Adelheid Gledke, die mir die Texte von Gessner, Bieler, Backhauss und Daum freundlicherweise aus ihrer Arbeit zur Verfügung stellte. Zum Schluss möchte ich meiner Geliebten Irma Schuler herzlich danken für ihr grosses Verständnis und ihr wesentliches Beitragen zum Gelingen dieser Arbeit.

Meinen Eltern und meiner Geliebten Irma

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INHALTSVERZEICHNIS

PROOEMIUM EINLEITUNG

................................................................ ..................................................................................................

ZUSAMMENFASSUNG

l.

H.

m.

....................................................

RUECKBLICK: ALTERTUM UND MITTELALTER ........................... A) Das Altertum .......................................................................................... 1) Die Literatur ..................................................................................... a) Die Liebeskrankheit ........................................................ b) Der Liebeszauber ............................................................. 2) Die Medizin ....................................................................................... Hippokrates, Theophrast, Galen, Caelius Aurelianus (nach Soranos von Ephesos). B) Die Byzantiner ........................................................................................ Oreibaslos, Paulus von Aegina. C) Die Araber .............................................................................................. Gabir Ibn Hayyan, Avicenna. D) Die Schule von Montpellier ................................................................ Bernard de Gordon. -Rückblick- ............................................................................... E) Observationes .......................................................................................... DIE RENAISSANCE ....................................................................................... A) Vorbemerkungen ..................................................................................... 1) Der Hexenwahn ............................................................................... 2) Die Sympathielehre ....................................................................... 3) Das allgemeine Interesse an den Giften ................................ B) Autoren .................................................................................................... Agrippa, Weier, Cardan, Paracelsus, Valleriola, Fo­ rest, Platter, Hucher. -Rückblick.......................................................................... C) Observationes .......................................................................................... Lang, Salmuth, Gessner, Rulandus.

BAROCK UND AUFKLAERUNG ................................................................. A) Autoren ................................................................................................... 1) Befürworter der"wahren natürlichen Philtra" ..................... Helmont, Tenzel, Ettmüller, Gröllmann, WaldschmIdt, Woyt, Bieler. -Rückblick- ...............................................................................

5 6 11

16 16 16 16 17 20 23 24 25 26 27

29 29 29 30 31 32 39 40

43 43 44 54

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Gegner der "wahren natürlichen Philtra" ................................ Sennert, Horst, Schönwalder, Eiwert, Backhauss, Al­ berti, Daum. -Rückblick- .................................................................................. 3) Indifferente Autoren ......................................................................... Burton, Zacchias, Wepfer, Kamitzerus. 4) Suche nach einer naturwissenschaftlichen "Phllter-Theorie" Hoffmann, Zwinger, Stalpart, Stahl. -Rückblick- .................................................................................. Observatlones ............................................................................................. 1) Autoren ................................................................................................. Heer, Borell, Stalpart, Riedllnus, Morgagni. 2) UniversitäreGutachten ...................................................................... Jena, Leipzig, A.Libertus, Leipzig, Wittenberg, C. Westphal, Halle. -Rückblick- .................................................................................. 2)

B)

IV.

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63 64 66 70 71 71 73 77

AUSBLICK: ENDE DES 18. UND BEGINN DES 19. JAHRHUNDERTS A) Autoren ........................................................................................................ Boissier de Sauvages, Le Camus, Unzer, Stoll, Frank, Chiarugi, Esquirol, Vlrey. B) Medizinische Lexika ................................................................................ Jahrgänge: 1746, 1755, 1772, 1783, 1820, 1831, 1836, 1876. -Rückblick- ........................................................................

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GLOSSAR ............................................................................................................. LITERATURVERZEICHNIS ............................................................................

90 96

STICHWORTVERZEICHNIS ........................................................................... SUMMARY ...........................................................................................................

102 109

79 79 86

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PROOEMIUM

"Die Natur der Liebestränke Ist wie das Meer weit und wunderbar und wenn wir einmal die Segel ausbreiten, wird die Schiffahrt lange währen und gefahrvoll sein. Guter Gott! Wie viele Wellen verschiedener Meinungen kommen uns da entgegen, wie viele Sandbänke in der Ansicht über die Magie, wie viele Riffe im Aufspüren der Gründe, wie viele Felsen? Leicht und in offener Gefahr stos­ sen wir mit ihnen zusammen, wenn nicht die Vernunft das Steuer führt. Doch ist diese Schiffahrt so nützlich und nötig, dass wir sogar gegen unseren Willen durch die Strömung mitgerissen werden. So wagen wir denn kühn und unerschrokken diese beschwerliche und schwere Aufgabe, die einen gesunden und reifen Geist erheischt, ein fehlerfreies und solides Urteil. Der heilverkündende Glanz eines günstigen Sternes möge die vielleicht unsicher werdenden ermutigen. Als Lenker haben wir den höchsten Gott, als Führer die rechte Vernunft, als Be­ gleiter den Paracelsus, Helmont, den erhabenen Horst, Johannes Beguinus, Tenzel und einige nach Wahrheit und Neuheit Begierige. Also die Würfel geworfen! " (S. 3/33)

Vorwort von Nicolaus Caspar Eiwert zur "Disputatio inauguralis medica De PHILTRIS vulgo VON LIE BS=TRAE NC KE N. " (1873)

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EINLEITUNG

Ursprünglich beabsichtigte ich, in meiner Dissertation die Geschichte der Lie­ beskrankheit zu beleuchten. Im Laufe der Materialsuche stiess ich jedoch immer wieder auf den Ausdruck "Philtrum", was soviel wie Liebeszauber, Liebestrank bedeutet. Das Thema des Liebeszaubers verlockte mich zu einer vertieften Nach­ forschung. Zudem erfuhr Ich durch Professor Haffter in Basel, dass auch In Deutschland eine Doktorandin von Professor Schadewaldt (Düsseldorf) das Thema Liebeskrankheit bearbeitet. Dieser Umstand und eine Absprache mit der Verfas­ serin, Frau Adelheid Gledke, veranlassten mich, meine Arbeit auf den im Ti­ tel genannten Problemkreis zu beschränken.

Einleitend möchte ich versuchen, die zwei zentralen Begriffe dieser Arbeit nä­ her zu erläutern.

LIEBESZAUBER: (griech: OV lat: Philtrum oder poculum amatorium) In der Anatomie wird das Wort Phlltrum noch heute zur Bezeichnung der Rinne In der Mitte der Oberlippe verwendet. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes war Liebeszauber oder Liebestrank. Ethymologisch stammt es vom griechischen cCM , was soviel bedeutet wie mit Zuneigung Heben, lm Gegensatz zum 9 Verbum £pOLV , welches die heftige, sexuelle Liebe bezeichnet. Der Zweck der Philtra bestand denn auch darin, die Liebe einer bestimmte n Person zu erwecken, die wiederum nur auf einen bestimmten Partner zentriert war. Heute neigen wir dazu, hinter den Liebestränken unserer Vorfahren besonders wirksame pharmakologische Substanzen zu vermuten (Narkotika, Aphrodlslala). Dies stimmt nur zum Teil. Die Tendenz, Liebestränke nur als sexuelle Stimulantien zu betrachten, wurde erst In der Neuzeit vorherrschend. Ursprünglich umfasste der Begriff Phlltrum ein viel grösseres Spektrum. Jedes Mittel, das geeignet schien, Liebe hervorzurufen, wurde mit Phlltrum bezeichnet. Schön­ heit, Anmut, Zaubersprüche und magische Handlungen galten ebenso als Philtra wie fassbare materielle Ingredlentien. Unentwirrbar ist Materielles und Immate­ rielles lm ursprünglichen "Phllterbegrlff" enthalten. Materielle Bestandteile der

7 Liebestränke verdanken ihre Wirksamkeit der Magie, welche umgekehrt oft erst über materielle Substanzen wirksam werden kann. Zur Illustration sollen hier einige dieser materiellen Liebestrankbestandtelle auf­ gezählt werden. Dazu gehörten unter anderen: Menstrualblut, Blut, Samen, Nä­ gel, Schweiss, Haare, Exkremente, Nabelschnüre, Nachgeburten, Teile von Ver­ storbenen, Fische, Schwalben- und Tauben-Herzen, Schwanzhaare eines Wolfes, Hippomanes (G), Chamäleon, Kröten, Eidechsen, Muscheln, Hasenblut, Eulenfe­ dern, Mandragora, Belladonna, Edelsteine, Magneten, Wachs- und Lehm-Figu­ ren, Spiegel, Ringe, Amulette usw. Die uns eigenartig anmutenden Substanzen werden im folgenden kurz unter dem Ausdruck "Dreckapotheke" zusammengefasst. (An dieser Stelle sei bemerkt, dass K. F. Paullinls "Heilsame Dreckapotheke" [1696 ] und diese Art Literatur in dieser Arbeit nicht berücksichtigt worden ist.) Wenig bekannte, immer wiederkehrende Begriffe und eigentümliche Liebes­ mittel sind in einem Glossar am Ende der Abhandlung zusammengefasst. Ein (G) bedeutet jeweils, dass der Ausdruck im Glossar zu finden ist. Diese Arbeit be­ schäftigt sich nicht mit der Pharmakologie der Liebestränke. Die Philtra haben die Gesetzgebung jahrhundertelang beschäftigt. Schon aus der griechischen Gerichtspraxis ist uns ein Fall einer Frau bekannt, die einen töd­ lichen Liebestrank verabreicht hatte. Sie wurde jedoch freigesprochen mit der Begründung, dass sie es ja nicht mit der Absicht zu töten getan habe, sondern aus Liebe (S. 207 ff/76). Unter Kaiser Alexander Severus (222-235) wird die An­ wendung von Liebestränken mit Vermögensverlust, Verbannung oder sogar mit dem Tode bestraft, denn durch ein Senatus consultum war der Begriff des Venenum auch auf die Philtra ausgedehnt worden (S. 207 ff /76). Justinian (527-565) betrachtet die Liebestränke als Zauberei. Zauberer werden nach der Lex Corne­ lia bestraft, das heisst, zu Tode verurteilt. Kaiser Friederich H. (1210-1250) erliesB ein Gesetz, wonach die Liebestränke schwer geahndet wurden. Noch das Allgemeine Preussische Landrecht (1794) hat den Liebestränken einige Strafpara­ graphen gewidmet (S. 19 ff/62). Dass sich auch die Medizin mit diesem Thema beschäftigte, soll anhand dieser Arbeit aufgezeigt werden. Viele Mediziner glaubten an die Existenz wirksamer Liebestränke. Andere aber betrachteten die Philtra als gefährliche Gifte, welche Krankheiten auslösten. Unter den Krankheiten, die als Folge einer "Inphiltratlon" beschrieben werden, finden wir die Raserei (Furor, Manie) und, für uns von be­ sonderem Interesse, die Liebeskrankheit. Aus diesem Grunde soll im folgenden auch der Begriff Liebeskrankheit definiert werden. Die Liebeskrankheit wird al­ lerdings nur insoweit behandelt, als sie für den genannten Zusammenhang wich­ tig erscheint. Wie schon einleitend bemerkt, ist es nicht die Aufgabe dieser Dis­ sertation, eine Geschichte der Liebeskrankheit zu schreiben.

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LIEBESKRANKHEIT: (Wichtigste Synonyma: Hereos, mscus, Amor vesanus, Amor lnsanus, Melancholla amatorla, Furor amatorlus, Erotomanie.) Es über­ rascht uns heute, In der Medizingeschichte dem Begriff Liebeskrankheit zu be­ gegnen. Unwillkürlich stellen wir uns die Frage: wurde jede Liebe als Krank­ heit betrachtet, oder war es eine "pathologische Liebe", welche als Krankheit beschrieben wurde? Zwar wird diese Frage durch die Literatur nicht geklärt, den Schilderungen des Krankheitsbildes Ist aber zu entnehmen, dass der Liebes­ kranke stets von einer auffallend heftigen Leidenschaft befallen war, die von der Umwelt jeweils als pathologisch empfunden wurde. Was zu den verschiedenen Zeiten als pathologisch betrachtet wurde, ist, um mit Ackerknecht zu reden, abhängig von den jeweiligen kulturellen Vorstellungen über Normalität: "Normallty within a very wlde ränge is culturally defined " (S. 63 /1). So ist es zum Beispiel für die Zeit der Empfindsamkeit bezeichnend, wenn Bolssier de Sauva­ ges die Liebeskrankheit als etwas "Normales" betrachtet. Er schreibt (1724): es sei fast niemandem gegeben, an diesem Leiden nicht zu erkranken, denn vor Liebe unsinnig zu werden sei durchaus angenehm (Siehe S. 79 ). Auch das Bild des Liebeskranken ändert sich etwas im Laufe der Geschichte un­ serer Kultur. Während der Liebeskranke im Altertum vorwiegend als "platonisch schmachtender" geschildert wird, überwiegt zu Beginn der Neuzeit das Bild des "sexuell rasenden" Patienten. Das In der Psychiatrie noch heute bekannte Krank­ heitsbild der Erotomanie weist erneut Aehnllchkelt auf mit der Schilderung der Liebeskrankheit im Altertum, während die sexuelle Raserei heute unter den Na­ men Satyrlasis oder Nymphomanie weiterexlBtiert.

Trotz dieser unterschiedlichen Auffassungen lassen sich einige immer wiederkeh­ rende Gemeinsamkeiten in den Schilderungen der Liebeskrankheit feststellen. Im­ mer wurde der Liebeskranke von einer heftigen Leidenschaft (Passlo) gequält. Diagnostiziert wurde das "Syndrom" anhand des folgenden, über Jahrhunderte Im­ mer wiederkehrenden, psychisch-somatischen Symptomkomplexes: Bleichheit, Abmagerung, hohle Augen ohne Tränen, Pulsveränderungen beim Anblick der Ge­ liebten, eventuell sogar ein eigentlicher "Liebespuls" (Pulsus amatorlus) und Fieber, Traurigkeit, Fröhlichkeit, zurückgezogenes oder distanzloses Verhalten. Die verschiedensten Ansichten äussern die Mediziner über die Aetiologle der Liebeskrankheit. Die Ursache des Leidens wurde in einem somatischen Substrat (zum Beispiel In der schwarzen Galle, den Genitalsäften, In der Blutzusammensetzung, in den Nervenfasern, in Giften und Liebestränken) ebenso lokalisiert, wie In der Leidenschaft, der Einbildung, der Phantasie oder In der Schönheit der Geliebten (auch ein Phlltruml). Wir sind uns heute gewohnt zwischen körperlichen und "geistigen" Krankheiten zu unterscheiden (somatische und psychiatrische Medizin). In der Geschichte der

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Liebeskrankheit ist es aber gerade charakteristisch, dass sich psychische und somatische Symptome wie auch Ursachen untrennbar vermischen. Es bleibt über grosse Strecken in der Literatur unklar, was als Ursache, was als Wirkung dieses Leidens zu betrachten ist. Liebe als Ursache und Liebe als Symptom der Liebeskrankheit lassen sich schwer trennen. Deshalb ist die Liebeskrankheit mit unseren heutigen Begriffen nicht klar zu definieren, was manche davon abgehal­ ten haben mag, sich näher mit diesem Problem zu befassen. Versuche einer Klärung lm neuzeitlichen Sinne, sind allerdings seit der Renaissance unternom­ men worden. Anhand eines stark vereinfachten Schemas möchte ich versuchen, die Schwerpunkte der verschiedenen Ansichten darzustellen. a)

b)

c)

so entsteht die Liebes­ krankheit

Körperliches Substrat

Damit sind materiell nicht fassbare Krank­ heitsursachen gemeint wie: -Einbildung -Phantasie -Idee -Liebe -Leidenschaft

Je nach Zeitepoche: -schwarze Galle -Genitalsäfte -Blutzusammensetzung -Nervenfasern

Verstanden als materi­ eller und immaterieller Begriff: -Schönheit -Magie - Liebest rankingredientien -Pharmaka

Liebes­ krankheit

Untrennbarer Kom­ plex von psychischen und somatischen Symptomen und Ursa­ chen.

Die einen Autoren betonten die Wichtigkeit des somatischen Substrates als Ursa­ che der Liebeskrankheit, und stellten die körperlichen Krankheitssymptome in

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den Vordergrund (Avicenna, Bernard de Gordon, Vallerlola, Alberti und andere. Siehe Skizze a). Andere setzten den Schwerpunkt auf die psychische Aetiologle der Krankheit, und schilderten uns besonders das gestörte Verhalten des Lie­ beskranken (Galen, Platter, Woyt, Sennert, Chlarugl und andere. Siehe Skizze b). Es wurde erst eine Fragestellung der neueren Zeit, genau zwischen Krankheiten der Psyche und des Körpers zu differenzieren. Der Grossteil der älteren Auto­ ren stellte sich diese Frage nach einer solchen Unterscheidung nicht, was auch in der Therapie der Liebeskrankheit zum Ausdruck kommt, wo sich somatische Behandlungsvorschläge bunt mit "psychotherapeutischen" vermischen. Die Phlltra, die ebenfalls nicht eindeutig dem materiellen oder immateriellen Bereich zugeordnet wurden (Siehe S.6), konnten deshalb auf verschiedene Welse die Liebeskrankheit verursachen (Siehe Skizze c). Auf Immateriell magische Wel­ se vermochten sie die "Psyche" zu verändern, als materielle Substanzen konnten sie aber auch die körperlichen Substrate beeinflussen. Je mehr lm Laufe der Neuzeit die Entflechtung der Begriffe In psychisch-soma­ tisch, materiell-immateriell vorgenommen wurde, desto mehr mussten die alten Begriffe Liebeskrankheit und Philtrum an Berechtigung einbüssen. Als Reste des alten "Syndroms" der Liebeskrankheit finden wir heute noch die Erotomanie (Psychose) und Satyrlasls oder Nymphomanie (In gewissem Sinne "Somatosen"). Auch der "Philterbegrlff" zerschmolz, nachdem er nicht mehr als Einheit von materiellen und magischen Wirkungsprinzipien anerkannt wurde. Die rein phar­ makologisch wirksamen Substanzen konnten dem alten Begriff "Philtrum" nicht mehr gerecht werden, und so wurde dieser denn auch ganz durch den des Aphro­ disiakums verdrängt.

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ZU SAMMEN FASSUNG

ALTERTUM: Die Philtra waren im Altertum eine anerkannte und gefürchtete Realität. Dies bezeugen einerseits römische Dichter wie Ovid, Horaz, Juvenal und der sogar wegen Liebeszauber angeklagte Apuleius, andererseits die dage­ gen erlassenen Gesetze. Wie stellte sich nun die Medizin zu diesem Problem? Einzig Galen und Caelius Aurelianus (er bearbeitete die verlorene Schrift des Soranos von Ephesos) beziehen klar Stellung. Galen verurteilt mit Vehemenz den Gebrauch von Liebestränken, die seiner Meinung nach als gefährliche Gifte zu betrachten sind. Caelius Aurelianus glaubt, dass Philtra, ebenso wie die Lie­ be und andere Leidenschaften, Raserei und Wahnsinn verursachen (Manie). Den

Schriften Galens ist aber zu entnehmen, dass es auch im Altertum Aerzte gab, die überzeugt waren, dass Liebestränke Liebe erwecken können. Ebenso wie die Liebestränke, war auch die Liebeskrakheit im Altertum bekannt. Ovid, Properz, vor allem aber Apuleius und der Mediziner Galen, stellten die seelische Ursache des Leidens in den Vordergrund. Die Ausführungen der bei­ den letzteren lassen den Schluss zu, dass andere Kollegen sie als körperliche Krankheit betrachteten. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Philtrum und Liebeskrankheit wird aber in der medizinischen Literatur des Altertums nicht her gestellt. MITTELALTER: Interessanterweise wird es in diesem Zeitabschnitt in den me­ dizinischen Schriften still um das Problem der Liebestränke. Die Liebeskrank­ heit wird dagegen von Oreibasios (Heroton), Paulus von Aegina, Avicenna (Ilisci oder Alhaschi), und Bernard de Gordon (Hereos) ausführlich behandelt. Bedeu­ tende Mediziner dieser Epoche betonten die Wichtigkeit eines körperlichen Sub­ strates (schwarze Galle) in der Pathogenese der Liebeskrankheit. Dem somati­ schen Aspekt der Liebeskrankheit wird allgemein grössere Aufmerksamkeit ge­ schenkt.

RENAISSANCE: In dieser Zeit wird das "Phllterproblem" in der medizinischen Literatur aktuell. Folgende drei Momente mögen entscheidend dazu beigetragen haben: Das allgemeine Interesse der Renaissance-Mediziner an den Giften, das

12 "magische Natur-Weltbild" (Sympathielehre) des Neuplatonismus und der Hexen­ wahn. Jetzt begegnen wir medizinischen Autoren, die die Existenz Liebe verur­ sachender Philtra postulieren. Das Wirkungsprinzip dieser Liebestränke begrün­ den sie teilweise mit den Theorien der Sympathielehre, teilweise mit direkten übernatürlichen Einflüssen (Gott, Teufel, Hexen). Andere Mediziner aber betrach­ teten die Philtra, wie schon Galen, als gefährliche Gifte. Die Liebeskrankheit wird vorwiegend als Somatose dargestellt. Nun finden wir aber erstmals die Liebeskrankheit auch als Folge einer "Inphiltration" beschrie­ ben. So glaubt Paracelsus, die Aetiologie der Krankheit (Amor vesanus) in ei­ nem zauberischen oder natürlichen Trank zu Behen. Cardano gibt die gleiche Therapie an für die Liebeskrankheit (Amor heroicus) wie für die Vergiftung durch ein Philtrum. Auch Huchers Kapitel über die Philtra enthält eine Thera­ pie der Liebeskrankheit (Amor insanus). Von grosser Bedeutung für diese Ent­ wicklung war sicher, dass der Hexenhammer (1487) die Liebeskrankheit eben­ falls als Folge eines Liebeszaubers darstellte. Dieses sehr einflussreiche theo­ logische Werk übernimmt dabei die Schilderung der Liebeskrankheit aus den me­ dizinischen Schriften Avicennas.

BAROCK UND AUFKLAERUNG: (17. und 18. Jahrhundert) Diese Epoche könnten wir in der Medizingeschichte als eigentliches "Philterzeitalter" bezeichnen. Nam­ hafte Mediziner behandeln dieses Thema. Dissertationen Werden darüber abge­ fasst und Universitäten beziehen Stellung zur Frage der Liebestränke. Im Ver­ gleich zur Renaissance bemüht man sich jetzt stark um eine Differenzierung des "Phllterbegrlffes". Anhand einer Skizze wollen wir dies schematisch darzustellen versuchen (Siehe S. 13). Von den "natürlich wirksamen Liebestränken" wer­ den bewusst die "übernatürlichen Philtra" abgetrennt, wobei diese Unterschei­ dung eigentlich von der Theologie aufgedrängt wurde. Als übernatürlich gelten Liebestränke, die mit Hilfe Gottes oder des Teufels wirksam werden, als natür­ lich aber diejenigen, denen eine Sympathie oder Antipathie zugrunde liegt ("na­ türliche Magie"). Somit bleibt die Einheit des "Phllterbegrlffes", als etwas Ma­ terielles wie Immaterielles zugleich, auch in diesem Zeitabschnitt Uber grosse Strecken gewahrt. Vorwiegend bei den Iatrochem Ikern finden wir eine Gruppe von Autoren, die die Existenz "wahrer natürlicher Philtra" befürwortet, und sie sogar mit Experi­ menten glaubhaft machen wollen (Siehe Skizze a). Das Wirkungsprinzip dieser Liebestränke basiert ausschliesslich auf der Sympathielehre, deren Glaubwürdig­ keit sie mit neuen Erkenntnissen, wie zum Beispiel der Bluttransfusion, zu un­ termauern versuchen. Im Gegensatz zu diesen "wahren natürlichen Philtra" ste­ hen die "falschen Liebestränke". Pseudophiltra, die sowohl auf natürliche (Siehe

13 Skizze b), wie auch auf übernatürliche Weise wirken können (Siehe Skizze d), sind gefährlich. Sie gelten als Ursache verschiedener Krankheiten, insbesonde­ re der Manie und Liebeskrankheit.

Verstanden als materieller und immaterieller Begriff: -materielle Ingredientien + jeweiliges immaterielles Wirkungsprinzip.

I Philtra |

Nur mehr als mate­ rielle Ingredientien verstanden. Wirkungs­ prinzip rein pharma­ kologisch.

Eine weitere Gruppe von Medizinern bezweifelt die Existenz "wahrer natürlicher Philtra" und betrachtet alle Philtra als falsche oder Pseudophiltra (Siehe Skizze

b, c,d). Die Sympathielehre als "beweiskräftige" theoretische Grundlage wird ab­ gelehnt. Bezeichnenderweise wird von diesen Autoren besonders auf die sexuell stimulierenden oder narkotisch wirksamen Substanzen in den Liebestränken hin­ gewiesen, ein Zeichen des aufkommenden empirisch-rationalen Denkens. Deutlich versuchen sie damit die immaterielle Komponente vom "Philterbegriff" abzutren­ nen, und die Liebestränke nur mehr als rein materielle, pharmakologisch wirk­ same Substanzen zu betrachten (Siehe Skizze c). Auch die Entstehung der Liebes­ krankheit alB Folge einer "Inphiltration" versuchen diese Mediziner auf rein "na­

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turwissenschaftliche" Wfelse zu erklären. Analog zu den Wesensveränderungen ei­ nes Tollwütigen, deren Ursache man im Speichel (lat. Virus) der Tiere erlannte, vermuteten sie ein "Virus amatorium" in den Liebestränken. Befürworter und Gegner der Existenz "wahrer natürlicher Liebestränke" vermoch­ ten sich jedoch nur zum Teil vom Glauben an die "übernatürlichen Philtra" zu lösen (Siehe Skizze d,e). Insbesondere der Teufel wurde noch immer als mögli­ cher Urheber eines "übernatürlichen Philtrums", meist eines "falschen Liebes­ trankes", angesehen. Im Sinne des Hexenhammers wurde er von den Medizinern als Ursache der Liebeskrankheit akzeptiert. Interessant ist, dass der Teufel, medizinisch korrekt, erst über ein materielles Substrat wirkt. Bezeichnender­ weise wird er als "rei Chymicae peritissimus" benannt, der meist direkt die Säfte des Körpers beeinflusst, und so zum Beispiel die Liebeskrankheit oder die Lykanthropie (G) verursacht. Viele Autoren des Barocks und der Aufklärung sahen in einem Philtrum eine Ur­ sache der Liebeskrankheit, ja von einigen Medizinern wurden sogar die Begriffe Philtrum und Liebeskrankheit synonym verwendet. Auch die Vorstellungen über die Aetiologie der Liebeskrankheit ändern sich in diesem Zeitabschnitt. Die schwarze Galle wird durch ein anatomisch nachweisbares Substrat ersetzt. An ihre Stelle treten, je nach Autor, teils eine falsche Blutzusammensetzung, teils die Nervenfasern, insbesondere aber die GenitalBäfte. Die Tendenz, die Liebeskraifcheit als "sexuelle Raserei" zu betrachten (lokalisiert in den Genitalsäften), mag auch dazu beigetragen haben, in den Philtra nur mehr Aphrodisiaka zu ver­ muten. Interessanterweise wurde die Liebeskrankheit in dieser Zelt vorwiegend als Frauenleiden, als "hysterisches Krankheitsbild" betrachtet. Dies mögen die Synonyma wie Chlorose, Furor amatorlus et uterinus, Nymphomanie oder Mania hysterica bezeugen.

ENDE 18. UND ANFANG 19. JAHRHUNDERT: Die Disskussion um die Liebes­ tränke kühlt sich in dieser Zeit merklich ab. Niemand glaubt mehr an "wahre natürliche Philtra", die Camus als "erreurs de nos pères" bezeichnet (1769). Der Glaube an "übernatürliche Liebestränke" ist ebenfalls überwunden. Frank nennt Sennert, der hinter wirksamen Philtra die Macht des Teufels sah, einen leichtgläubigen und unphilosophischen Menschen. Chiarugl beurteilt Hexen und Zauberer als Geisteskranke. Materielles wird jetzt scharf von Immateriellem getrennt, und somit auch der "Phllterbegriff" unhaltbar. Liebestränke werden nur mehr als Gifte, Narkotika oder Aphrodisiaka betrachtet, und der Begriff Philtrum wurde ganz aus der medizinischen Literatur verdrängt. Auch die Theo­ rie des "Virus amatorium" fand in den Beobachtungen der Autoren keine Bestä­ tigung, und so ging auch der ursächliche Zusammenhang zwischen Philtrum und

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Liebeskrankheit gleichfalls ganz verloren. Die "sexuelle Raserei", sei sie durch ein Aphrodisiakum oder durch etwas anderes verursacht, wurde, wie die Hyste­ rie, deutlich vom Bilde der Liebeskrankheit abgetrennt. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Zeitabschnitten sind sich jetzt die Medizi­ ner Uber eine somatische Aetiologie der Liebeskrankheit im Unklaren. De Sauva­ ges, der in seiner Dissertation die Nervenfasern noch alB Sitz der Krankheit be­ trachtet, verläset diese Theorie in seinem späteren Werk. Eequirol sieht zwar in der Einbildung die einzige Ursache der Liebeskrankheit, dennoch vermutet er noch im Gehirn ein somatisches Substrat. Da man sich Uber die genaue Aetiolo­ gie der Liebeskrankheit uneinig war, verlegte man das Hauptgewicht auf eine Be­ schreibung des symptomatologischen "Zustandsbildes". Der Liebeskranke wird meist als "platonisch schmachtende" (als Musterbeispiel galt die Liebe Don Qui­ chottes zu seiner Dulcinea), adynamische und depressive Persönlichkeit dargesteilt. Losgelöst von einer somatischen Aetiologie konnte sich ein Ueberbleibsel der Liebeskrankheit als psychiatrisches Zustandsbild bis in unsere Zeit erhalten. Pschyrembel definiert die Erotomanie wie folgt: "Hypererosie, Liebeszwang, Form der Psychasthénie, wobei der Kranke von unwiderstehlicher, meist plato­ nischer Liebe zu einer ihm unerreichbaren Person des anderen Geschlechts er­ füllt ist, oder glaubt, von einer ebenso unerreichbaren Person geliebt zu wer­ den. " (S. 242 /83)

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I.

RUECKBLICK:

ALTERTUM UND MITTELALTER

A. DAS ALTERTUM

1) DIE LITERATUR

Immer wieder verweisen Mediziner der folgenden Epochen auf die Schriftsteller des Altertums. Deshalb, und auf Grund der relativ spärlichen Information von Seiten der antiken Medizin, wollen wir zu Beginn einen Blick auf die Belletris­ tik werfen. Der Uebersicht halber wollen wir die Themen getrennt betrachten.

a) Die Liebeskrankheit In der Verliebtheit eine Krankheit zu sehen, scheint im Altertum bereits eine verbreitete Ansicht gewesen zu sein. Wenn wir annehmen, dass schon damals

einflussreiche Mediziner die Liebe auch als körperliches Leiden angesehen ha­ ben, können wir APULEIUS (ca. 125-200), einen Zeitgenossen Galens verstehen, der folgendes über eine llebeskranke Person schreibt: "Sie täuscht eine Krankheit vor und sucht die Wunde des Herzens durch ange­ bliches körperliches Leiden zu verbergen. Nun weiss jeder, dass auch sonst schlimme Veränderungen im Zustand und Aussehen bei Kranken und Verliebten bis ins einzelne genau zusammenstimnlen: entstellende Blässe, matter Bück, müde Knie, unruhiger Schlaf, und je länger das Leiden, desto heftigeres Seuf­ zen. So hätte man auch bei ihr glauben können, sie habe allein unter Fieber­ schauern zu leiden, - nur weinte sie auch. Ach, wie wenig kann doch der Verstand der Aerzte ergründen, was beschleu­ nigter Puls, rasch wechselnde Gesichtsfarbe, schwacher Atem und häufiges He­ rumwerfen von einer Seite auf die andere bedeuten! Guter Gott, wie leicht ist es doch für jeden, der sich in der Liebesleidenschaft auskennt - er braucht kein Facharzt zu sein -, die Diagnose zu stellen, wenn er jemanden sieht, der ohne körperliche Hitze brennt!" (S. 403 /13)

Immer wird in der Literatur die seelische Ursache der Liebeskrankheit betont. In diesem Zusammenhang dürfen wir auch den Begriff Liebeskrankheit in der antiken Dichtung nicht als reine künstlerische Wortschöpfung betrachten. Auch PROPERZ (ca. 50-15 v. Chr.) betont die Nutzlosigkeit der Medizin gegen­ über der Liebeskrankheit:

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"Jeden menschlichen Schmerz kann die Kunst des Arztes doch heilen, Amor nur lässt für sein Leid nie einen Helfer heran. (2,1,57-58) Nicht des Arztes bedarf solch Kranker, nicht weichlicher Betten, Nicht eine Zeit des Jahres schadet ihm oder die Luft;" (2,5,21-22 /82) Eine später in der Medizin häufig empfohlene "Therapiefibel" zur Behandlung der Liebeskrankheit finden wir bei OV1D (43vor-18nach Chr.) in den "Remedia Amoris". Schon den Titel hat der Dichter dem medizinischen Vokabular entlie­ hen. Wollte er damit, ähnlich wie Apuleius, ein ironisches Gegenstück zu den damals von den Medizinern angewandten Remedia schreiben? Jedenfalls sind die empfohlenen Heilmittel fast ausschliesslich "psychotherapeutischer" Art, so zum Beispiel: -Ein aktives Leben führen: Nach Rom gehen, Ackerbau betreiben, Jagen oder Fischen. (V. 135-212) -Den Wohnort der Geliebten verlassen. (V. 218-248) -Nicht zu einem Liebeszauber Zuflucht nehmen. (V. 241-290) -Dauernd an die Fehler der Geliebten denken. (V. 291-356) -Sich nicht mit einer einzigen Geliebten zufriedengeben. (V. 441-488) -Fliehe die Einsamkeit. (V. 579-608) -Vergleiche die Geliebte mit Schöneren. (V. 707-714) -Meide die Werke der Liebespoeten. (V. 741-766) Abschliessend erteilt der "Arzt Ovld" noch kurz einige diaetetische Ratscüüge. (V. 795-810) Zum Schluss sei eine Geschichte von PLUTARCH (ca. 46-127) zi­ tiert, der wir in der Literatur über die Liebeskrankheit immer wieder begeg­ nen. Plutarch schildert uns den Arzt ERASISTRATOS (ca. 300-250 vor Chr.), der am Hofe des Königs Seleukos dessen liebeskranken Sohn von seinem Leiden befreit: "Wenn nun die Anderen hereinkamen blieb er (der Liebeskranke) unverändert; wenn aber Stratonike ... zu kommen pflegte, so traten alle jene Erscheinungen welche die Sappho 1) anführt bei ihm ein, das Stocken der Stimme, fieberhaf­ tes Erröthen, Zucken mit den Augen, heftiger Schweiss, unruhiges und heftiges Herzklopfen; endlich, ... Verlegenheit, Verstummen und Erbleichen. " (S. 2546 / 80) Aus diesen Zeichen diagnostizierte Erasistratos, "die Krankheit des Jünglings sei Liebe" und leitete die Therapie, das heisst, die Vermählung mit Stratonike in die Wege. b) Der Liebeszauber

Der Liebeszauber war in der Antike ein beliebtes Thema der Literatur. Einen Hinweis, wie häufig er in der Praxis auch angewendet wurde, gibt uns JUVE-

1) Dichtung und Medizin fliessen hier zusammen. Es wäre eine Frage für sich, abzuklären, ob der AnstosB, in der Liebe eine Krankheit zu sehen, von der Dichtung oder der Medizin ausgegangen ist.

18

NAL (58-138) in seiner sechsten Satire: "Der bringt Zauberspriiche, Thessaliens 2) Liebestränke, jener verkauft, womit sie den Sinn des Mannes zu trüben, ... vermöchte. ... Doch das mag immer noch hingehn, wenn du nur nicht in Tobsucht gerätst wie Callgula einstens, dem Cassonia ganz die Stirn eines eben geborenen 3) Füllens gegeben. Wer sollte der Tat nicht folgen der Fürstin?" (V.610-611,614-617. /60) Auf welche Weise und mit welchen Mitteln wurde nun der Liebeszauber ausge­ führt? In der Regel wurde damit ein "Berufszauberer" beauftragt, meist in Ge­ stalt einer weiblichen Person, das heisst, einer Hexe. Properz schildert In grellen Farben eine solche Frau: "Dreist auch beschwört sie den Mond, sich ihren Gesetzten zu fügen, Wandelt zum nächtlichen Wolf selber den eigenen Leib, Reisst, um wachsame Gatten verschlagen zu blenden, die Augen Mit ihren Nägeln sogar schuldlosen Krähn aus dem Kopf. Hat auch um Blut von mir manchen Vampir 4) befragt und sich Rosswut, Schleim einer Stute 5), die warf, mich zu behexen, verschafft. (V. 13-19,4, 5. /82) Es ist erstaunlich, wie sich dieses Hexenbild bis in die Neuzeit gehalten hat. Die Fähigkeit sich zu verwandeln, insbesondere in einen Wolf [Lycanthrople (G)] , der Sterilltäts- und Liebes-Zauber blieben auch später wichtige Elemente des Hexenwahnes. Ein Beispiel, aus welchen Mitteln Liebestränke hergestellt wurden, schildert HORAZ (65-8vor Chr.) in seiner fünften Epode (S. 233 ff. /56). Wichtigstes In­ grediens ist hier das Mark und die Leber eines getöteten Knaben. Unter an4) derem werden wildes Feigenholz, Uhueier, Uhufedern ' und Krötenblut aufge­ zählt. Aehnliches finden wir in der Verteidigungsrede des Apuleius, der "Apologia" (14). Er wurde wegen eines Liebeszaubers vor Gericht gestellt. Kleinig­ keiten, wie der Besitz von eigenartigen Fischen, geheimnissvoll aufbewahrte Gegenstände, in der Wohnung gefundene Federn, genügten, um ihn öffentlich an­ zuklagen. Wir müssen berücksichtigen, dass es auf dem Hintergrund des dama­ ligen Weltbildes weder unlogisch noch lächerlich war, einen Zusammenhang zwi­ schen Fisch und Liebe zu sehen. Dieser konnte entweder durch Zauberei (Daemonen, "übernatürliche Magie"), oder, vor allem in gebildeten Kreisen, durch

2) Thessalien galt im Altertum als "Heimat der Hexenkunst" (S. 60 /63) 3) "Stirn eines eben geborenen Füllens" ist eine Umschreibung für Hippomanes. Siehe (G). 4) Lateinisch: Strix (G). 5) Lateinisch: Hippomanes (G). 6) Auch diese Vorstellungen werden wir im Mittelalter wiederfinden, wo man insbesondere kindliche Ingredientien für die Zubereitung der Hexensalbe be­ nutzte. Siehe S. 120, n /92.

19 die Sympathielehre ("natürliche Magie") hergestellt werden. Diese Lehre wurde von der Stoa zu einem System ausgearbeitet und später von Plotln (204270) In den Neuplatonismus aufgenommen. Die Sympathielehre besagt: "...nichts In der ganzen Welt Ist ohne Zusammenhang ...; eins Ist bedingt vom andern, eins steht In sympathischer oder antipathischer Beziehung zum andern: der Mensch zu den Sternen, zur Pflanzen-, Tier- und Mineralwelt, zum Menschen selber und diese wieder unter sich" (S.7 ff./95). Auch Aerzte wie Theophrast, Dioscurides und Alexander von Tralles haben sich mit dieser Lehre befasst. Ei­ ne Fundgrube für den Sympathieglauben bildet die Naturgeschichte PLINIUS' DES AELTEREN (ca. 23-79), dem wir oft wieder begegnen werden. Nach ihm besteht zum Beispiel ein sympathisches Verhältnis zwischen Magnet und Eisen, ein an­ tipathisches zwischen Menstrualblut und Nahrung. Trotz dieses Weltbildes wäre es natürlich verfehlt, die Schilderungen der Dich­ ter naturalistisch aufzufassen. Sie standen ja selbst diesen Liebestränken skep­ tisch gegenüber. Schon Juvenal wies darauf hin, dass nicht Liebe, sondern Ra­ serei (Furor) die Folge eines solchen Trankes war. Gleicher Meinung ist Ovid: "Der geht fehl, der sich den Haemonlschen Künsten vertrauet, 7) Der, was dem Fohlen am Kopf wächst, sich zum Mittel erkiest. 8) Bleichende Zaubertränke den Mädchen zu geben, nützt auch nicht. Zaubergetränk ist dem Geist schädlich und treibt Ihn zur Wut. " (Ars amandi V. 99-100,105-106. /73) Der letzte Vers, lateinisch "Philtra nocent animis, vimque furoris habent", wur­ de In der späteren medizinischen "Philterliteratur" zu einem vielzitierten Leit­

spruch. Die folgende, oft zitierte Geschichte Plutarchs, zeigt uns, dass mit dem Begriff Philtrum alles bezeichnet werden konnte, was Anziehungskraft auf andere ausübt, und Zuneigung erweckt: "Der König Philipp liebte ein Thessalisches Mädchen, welches beschuldigt wur­ de, Zaubermittel gegen ihn zu gebrauchen. Daher gab Olympias (die Gemahlin des Königs) sich alle Mühe, des Mädchens habhaft zu werden. Als Dieses aber ihr vor die Augen trat, seine Schönheit zeigte und mit ihr auf keine gemeine oder unverständige Weise sich unterredete, sprach die Olympias: "Weg mit den Verläumdungen; du hast in dir selbst die Zaubermittel. " 9) (S. 406 /79) Können wir jetzt schon einen Zusammenhang zwischen Liebeskrankheit und Phil­ trum feststellen? Wie schon erwähnt, behandelt Ovid in seinen "Remedia Amoris" auch den Liebeszauber. Dieser ist aber nicht eine Ursache der Liebeskrank­ heit, sondern ein von Ovid abgelehntes Therapiemittel für den Liebeskranken. Zum erstenmal finden wir bei Properz, wenn auch nur dichterisch, einen ur-

7) Das heisst thessalische Künste. Siehe Anm. 2) 8) Eine Umschreibung Jür Hippomanes (G). 9) Griechisch: "tFUjpyiv orgKvrM Vst meist mit Philtrum übersetzt.

„ Im Lateinischen

20

sächlichen Zusammenhang zwischen Liebeskrankheit und Phlltrum. In seiner er­ sten Elegie bittet er die Hexen um einen wirksamen Liebeszauber, damit seine Auserwählte liebeskrank werde: "Nun so wandelt denn ihr, die ihr listig den Mond selbst herabzieht, Die ihr auf magischem Herd Opfer zum Zauber vollbringt, Ja, so wandelt denn ihr den Sinn meiner Herrin zum Guten, Macht dass sie blasser noch wird 10), als es mein eigen Gesicht!" (1.1. V. 19-23 /82)

2)

DIE MEDIZIN

Nun wollen wir zu den medizinischen Autoren des Altertums übergehen. Im fol­ genden wird nicht mehr getrennt nach Themen, sondern nach einzelnen Autoren vorgegangen.

Hippokrates ca, 460-ca. 377 Eine ähnliche Geschichte, wie sie uns Plutarch von Erasistratos überlieferte, wurde von Soranos von Ephesos (Anfang 2. Jahrh. n. Chr.) auch Uber Hippokrates geschrieben. Hippokrates diagnostizierte bei Perdikkas, dem König von Make­ donien, die Liebeskrankheit. Hippokrates betont, "dass das Leiden ein seelisches sei." flXlZy S. 47 /68) In seiner Schrift "Von der heili­

gen Krankheit" erwähnt er zwar die Zauberei (S. 241 ff. /68), nimmt jedoch keine Stellung zum Liebeszauber.

Theophrast

373-288

Schon bei dem Pharmakologen Theophrast finden wir das Wort Philtrum erwähnt. Im neunten Buche seiner "Historia Plantarum" taucht beiläufig bei der Bespre­ chung von Pflanzen zweimal das Wort Phlltrum auf. So bei der Mandragora: "Die Wurzel aber wendet man gerieben und mit Essig getränkt, gegen Rotlauf und Gichtschmerzen an; auch gebraucht man sie als schlafmachendes Mittel und zu Liebestränken." (S. 327,1. /97) Schon bei den Griechen gehörte also die Mandragora (G), um die sich allmäh­ lich ein ganzer Sagenkomplex rankte, zu den wichtigsten Ingredientien eines Lie­ bestrankes.. Von der Pflanze Kyklaminos sagt Theophrast an anderer Stelle:

10) Blasser vor Liebeskrankheit. Allgemein wird von den Altphilologen der Vers in diesem Sinne interpretiert. Siehe zum Beispiel S. 206 /76.

21 "Die Wurzel ist gut als Anhängsel, ... auch zu Liebestränken." (S. 328,1./97) Hier wird deutlich, dass Theophrast den Begriff Philtrum sowohl im "pharma­ kologisch" materiellen (Mandragora), wie auch im magisch immateriellen Sinne (als Anhängsel) gebraucht. Ebenso erwähnt Dloscurides (1. Jahrh. n. Chr.), ein späterer "Zunftgenosse" von Theophrast, bei der Besprechung einer Pflanze beiläufig deren Eignung zu Lie­ bestränken. (S. 420 /31)

Galen

ca. 130-200

Der erste Fall einer Frauenbehandlung in den Werken Galens betrifft eine Liebeskranke. (S. 381 ff. /59). Sie wird als traurige, wortkarge Person geschildert, die sich vollständig in Decken hüllt, um Galens Fragen nicht beantworten zu

müssen. Galens Liebeskranke könnten wir am ehesten mit dem Begriff "plato­ nisch schmachtend" kennzeichnen. Anfangs ist sich Galen bei der Liebeskranken über die Diagnose im Unklaren. Er trägt sich, ob es sich dabei um eine me­ lancholische Verstimmung handle (»£ bis er zufällig ihre Liebe zum Tänzer Pylades entdeckt. Aehnlich wie sein Zeitgenosse Apuleius, macht er sich bei der Fallbesprechung Uber einige seiner sophisti­ schen Kollegen lustig. Diese glaubten in ihrer Unkenntnis Kranke vor eich zu haben und einen eigentlichen "Liebespuls" (Pulsus amatorius) zu spüren. Er wehrt sich gegen die Ansicht, die Liebe wie die Epilepsie als "heilige Krank­ heit" zu betrachten. (S.18,XVin B. /46). Galen betont die "psychische Genese" dieser Krankheit, und wirft seinen Kollegen vor, dass sie keine Kenntnis davon hätten, was ein Körper wegen seelischer Störungen zu leiden habe (quae corpus propter animl affectus pati consuevit). (S. 630 ff. XTV. /46) An anderer Stelle behandelt Galen die Liebestränke. In seinem zehnten Buche über die Eigenschaften der Medikamente spricht er von Schleim, Galle, Menstru­ alblut, Urin, Kot, kurzum von den Substanzen der Dreckapotheke. In diesem Zu­ sammenhang spricht er auch von den Philtra. Er betont, dass ihm diese Dinge auch aus den Schriften früherer Aerzte bekannt seien. Im besondreren bezieht er

11) Die Frage des "Liebespulses" wird die Mediziner immer wieder beschäf­ tigen. Wir werden ihr bei Paulus von Aegina, Avicenna, Cardan, Forest, Horst, Ettmüller, Bilitzerus, Sennert und anderen wieder begegnen. 12) Persönlich habe ich den Eindruck, dass Galen unserer heutigen Denkweise, die klar zwischen psychogen und somatogen zu unterscheiden versucht, viel näher stand, als die Autoren des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit. Ob die Liebeskrankheit schon im Altertum als melancholisches Leiden be­ trachtet wurde, lässt sich aus den zitierten Texten nicht sicher eruieren. Jedenfalls spricht Galen in seiner Differentialdiagnose von einer melancho­ lischen "Xferstimmung".

22 sich auf einen Mediziner Namens Xenokrates,

derj Wje wjr jen Äusserungen

Galens entnehmen können, an die Möglichkeit wirksamer Liebestränke geglaubt zu haben scheint. "Sodann die Liebe ((flXrpoV), Verführung, Träume und Hass erzeugenden Medikamente betreffend. Ich habe zwar mit Fleiss ihre Namen aufgezählt und wenn ich auch nicht genügend erfahren darin bin, wollte ich eie doch erwähnen, wie auch die todbringenden Medikamente, TwJolKPii genannt. Diese sind wahr­ haft lächerlich. Gegner zu lähmen und zu fesseln, dass sie nichts mehr aussa­ gen können, eine Schwangere zum abortieren zu bringen, oder zu bewirken, dass sie nicht mehr empfangen kann und solcher Sachen mehr. Fürwahr von diesen Dingen machst du (Xenokrates) früher die Erwähnung, dass sie teils unmöglich, teils möglich seien, auf jeden Fall aber schädlich. So wundere ich mich bei den Göttern, aus welcher Ueberlegung und Absicht sie dazu gekommen sind, sol­ ches zu schreiben. Wie können sie hoffen, dass das, was den Lebenden zur Schmach und Schande gereicht, ihnen nach dem Tode Ruhm bringen wird? Wenn sie dies nun an Menschen erprobten, die durch königliches Urteil zum Tode ver­ urteilt worden sind, würden sie kein schweres Uebel begehen. Da sie aber die­ se Gelegenheit und Möglichkeit nicht besitzen, so ist das eine oder andere von zwei Dingen notwendig: entweder schreiben sie etwas, das sie nicht verstehen; oder wenn sie es verstehen, sind sie die schlimmsten Menschen, die zum Ex­ perimentieren unschuldigen oder sogar ehrhaften Menschen verderbliche Medika­ mente darbieten." (S. 251 ff. XU. /46) Obwohl Galen die Ansichten des Xenokrates heftig verurteilt, scheint er sich doch nicht ganz im Klaren zu sein über die Wirkung der Philtra. Einerseits be­ zeichnet er sie zwar als "wahrhaft lächerlich", andererseits ist aber doch sein Interesse, damit zu experimentieren, deutlich spürbar. An dieser Stelle sei be­ merkt, dass Galen dem Problemkreis "Gift-Gegengift" (Philtrum galt ja auch als Gift, siehe S. 7 ) grosses Interesse entgegenbrachte. Dazu mag auch seine Stellung beigetragen haben, war er doch Leibarzt des Kaisers Mark Aurel (161180), dessen Vorgänger Caligula durch ein Philtrum wahnsinnig geworden sein soll (siehe S.lg). 13 15^ 14

13) Xenokrates von Aphrodisias: Ein griechischer Arzt, welcher im letzten Jahr­ hundert vor Christus, nach anderen unter Tiberius (42v.-37n.Chr.) oder Trajanus (53-117) lebte. (Das letzere ist wahrscheinlicher, da Galen schreibt: "... Xenokrates, nicht ein Mann früherer Zeiten, sondern vom Jahrhundert unse­ rer Grossväter." [S. 248, XU. /461) Xenokrates schrieb über die Bereitung der Arzneimittel aus tierischen und pflanzlichen Stoffen. 14) Während Cornelius Celsus (l.Jahrh.n.Chr.) noch meint, dass Gegengifte nur selten notwendig seien, schrieb Galen bereits zwei eigene Bücher über dieses Thema. (Espe ÄvriiirwF S. 341 /59) 15) Ist es ein Zufall, dass ca. 30 Jahre später von Kaiser Alexander Severus (222-235) das folgende Gesetz erlassen wurde? "Wer ein Abortivmittel oder einen Liebestrank verabreicht, soll, auch wenn nichts passiert, weil es ein schlechtes Beispiel ist, des Vermögens beraubt und in die Verbannung geschickt werden. Die Besseren auf eine Insel, die Unteren in ein Bergwerk. Ist aber der Mann oder die Frau daran gestorben, so soll die Todesstraffe vollzogen werden." Lib. 38, 9 5 D. de poen. L. 48 Titl. 19. Zitiert aus S. 145 /44.

23 Caelius Aurelianus

5. Jahrhundert n. Chr,

Er bearbeitete die verlorene Schrift des Soranos von Ephesos (Anfang 2. Jahrh. n. Chr.) über die Pathologie und Therapie der akuten und chronischen Krankhei­ ten. Die Meinung, dass Liebestränke Raserei (Furor, quam Graeci Manian vocant) verursachen, die wir schon bei Ovid und Juvenal angetroffen haben, fin­ den wir in dieser medizinischen Schrift bestätigt. Interessanterweise spricht der Autor in diesem Zusammenhang auch von der Liebe, die dasselbe Krank­ heitsbild verursacht wie die Philtra: "... auch Schlaflosigkeit, Liebe, Zorn, Traurigkeit, Furcht oder übertriebe­ ner Aberglaube ... ebenso medizinische Getränke, vor allem solche, die die Liebe zu erwecken scheinen (quae amorem facere videantur), die die Griechen philtropota 16) nennen, können Manie verursachen." (S. 536 /15) Hat der Autor nun an die Existenz wirksamer Liebestränke geglaubt? Diese Frage lässt sich aus dem Text schwerlich beantworten, da das "videantur" der Deutung grossen Raum offenlässt. Interessant ist aber die Tatsache, dass der Autor die Liebestränke als "medizinische Getränke" bezeichnet.

B. DIE BYZANTINER

Im Mittelalter wurde es in der medizinischen Literatur still um die Liebestränke. Der Grund dafür mag in einer lückenhaften Sucharbeit liegen. Andererseits ist auffalllend, dass ich in der späteren "Philterliteratur", mit oft reichen Quel­ lenangaben, nie einen Hinweis auf einen mittelalterlichen Autoren gefunden habe. Die Liebeskrankheit hingegen war ein viel diskutiertes Thema.

Oreibasios

325-403

Oreibasios gehörte zu den byzantinischen Kompilatoren, die die Werke ihrer Vorgänger sammelten und überlieferten. In seiner "Synopsis" behandelt er die Liebeskrankheit, die auch "Heroton" genannt wird (S. 215 ff. /72). Vor allem schildert uns Oreibasios die Symptomatologie der Liebeskrankheit. Schlaflosig­ keit, Missstimmung, matte Glieder, hohle Augen ohne Tränen, häufige Bewe­ gung der Augenlider gehören zu den Hauptsymptomen des Krankheitshildes. Therapeutisch empfiehlt Oreibasios, dem Liebeskranken Angst einzuflössen,

16) Philtropota = Philtra (Griechisch: t»

irotOV ■ fo (filrpoy/

24

oder "Aggressionen" gegen einen Gegner in ihm zu fördern. Erstmals finden wir die Liebeskrankheit in der Nähe der Lykanthropie (G), einer Unterart der Melan­ cholie, abgehandelt, welche im späteren Hexenwahn keine geringe Rolle spielen wird. PauluB von Aegina

ca. 600-690

Wie Oreibasios behandelt Paulus von Aegina nach einem Kapitel über die Lyk­ anthropie, die er ebenfalls zur Melancholie zählt, die Liebeskrankheit. Die Schil­ derung des Krankheitsbildes übernimmt er praktisch wörtlich aus Oreibasios. Mit Galen betont er die seelische Ursache des Leidens, und verneint die Existenz ei­

nes "Liebespulses". Entgegen den strengen Dlaetvorschriften vieler Aerzte seiner 17) Zeit, empfiehlt er besonders "psychotherapeutische" Heilmittel im Sinne Ovids. Er rät: ".. . zu Bädern, zum Weingenuss, zu Schwebeübungen und Schauspielen. Einigen muss man die Furcht vor Augen rücken. ... Man muss also die Eifersucht er­ regen unter Berücksichtigung der Grundsätze, nach denen die Einzelnen ihr Le­ ben einrichten. Im grossen Ganzen muss man den Geist auf andere Sorgen len­ ken. " (S. 139 /7)

C.

DIE ARABER

Gabir Ibn Hayyan

ca.900

Abu Musa Gabir ibn Hayyan as-Sufi al-Azdi al-Umawi gilt mit seinem "Buch der Gifte" als grösste Autorität auf dem Gebiete der arabischen Alchemie. Er er­ zählt uns folgende Geschichte: "Ich habe einige Vorfälle bei Königen unserer Zeit gesehen. Er (der König) gab nämlich einer Sklavin einen halben Dirham davon (von der Metelnuss, gauz matil) zu trinken wegen eines Wunsches, den er dabei hatte, um in ihr eine gewisse Erwärmung zu erlangen. Da wurde sie plötzlich kalt, und keine Ader pulsierte in ihr. Er wurde bestürzt, und man ging daran, sie zu behandeln, und gab die Sache allen Aerzten sofort bekannt, aber es gab in ihrem Falle keine Hilfe mehr, und die Sklavin kam um. " (S. 107 /45) Gabir gibt uns damit einen Hinweis, dass auch an islamischen Fürstenhäusern ähnliches passiert ist wie am römischen Kaiserhof. (Siehe S.18) Ob der Autor mit den "erwärmenden Tränken" ein Philtrum gemeint hat, ist Sache der Interpreta­ tion.

17) Auch zur Zeit des Paulus von Aegina scheint es also Aerzte gegeben zu ha­ ben, die die Liebeskrankheit auch als Somatose betrachteten. (Diaet!)

25 Avicenna

980-1037

Eine ähnliche Legende, wie wir sie von Hippokrates und Erasistratos kennen, wurde uns auch von Avicenna überliefert. Er hellte In Glorglan, am Hofe des Königs Kabous, dessen liebeskranken Neffen (S.794 /52). Avicenna widmet der Liebeskrankheit In seinem "Canon Medlclnae" ein ausführliches Kapitel. Wie schon bei Orelbasios und Paulus von Aegina folgt dieses einer Abhandlung über die Lykanthrople (De cutubut vel chatrab). Avicenna nennt die Liebeskrankheit "Alhasch" oder "Illscus" (S. 494 ff. /16), und betrachtet das Leiden als Abart der Melancholie. Neben der Liebe wird hier also ein körperliches Substrat (die schwarzen Säfte) als weitere Krankheitsursache genannt. Ein grosser Teil der Therapievorschläge Avlcennas beruht auf einer ähnlichen "psychotherapeutischen" Basis, wie wir sie von Ovid her kennen. Ein eigenar­ tiges Heilmittel erwähnt er besonders ausführlich: Alte und hässliche Frauen (Vettulae) sollen dem jungen Verliebten eindrücklich vor Augen führen, dass er 19) sich glücklich schätzen kann, wenn er von seiner Krankheit ablässt. ' Daneben gilt es aber auch die somatische Krankheitsursache zu behandelte "Et fortasse necessarlum erit, ut Istl regantur regimine habentium melancholiam, et manlam, et lycanthropiam ...", das heisst, die verdorbenen Säfte müssen dem Körper entzogen werden (evacuentur humores eorum).

D.

DIE SCHULE VON MONTPELLIER

Neben Salerno war Montpellier die berühmteste medizinische Fakultät des Mittel­ alters. Zu ihren hervorstechendsten Persönlichkeiten gehörte der folgende Autor.

Bernard de Gordon

ca.1250-1320

Wie Avicenna zählt Gordon die Liebeskrankheit zu den melancholischen Leiden, (quia vere una specles melanchollae est) Gordon nennt die Krankheit "Hereos"

18) Dlfferentlaldlagnostlsch hatte ja schon Galen ein melancholisches Leiden in Betracht gezogen (siehe Anm.12). Es ist unwahrscheinlich, In Avicenna den Urheber der "Liebesmelancholie" zu vermuten. Schon die Reihenfolge, Lykanthropie - Liebeskrankheit, deutet auf den Ursprung aus älteren Quellen hin (vergleiche: Orelbasios, Paulus von Aegina). 19) Schon von Ovid wurde die Frau in diesem Sinne zur Therapie des liebes­ kranken Mannes missbraucht. (Siehe S.17)

26 (S. 210 ff. /48), weil vor allem Heroen und Edle [hereosi (?) et nobiles] davon 20) befallen werden. ' Neben den therapeutischen Ratschlägen lm Sinne Avicennas und Ovids, den er auch zitiert, erweitert er das Behandlungsschema durch die

Aufforderung, unverbesserliche Liebeskranke zu geisseln (tune frequenter et fortiter flagelletur). Neben der Melancholie spielen bei Gordon auch die männlichen Geschlechtsorgane eine aetlologische Rolle bei der Entstehung der Liebeskrank­ heit (testiculi autem posaunt esse subjectum quo ad causam conjunctam). Aus diesem Grunde sind die Männer auch häufiger von diesem Leiden befallen als die Frauen'.

RUECKBLICK

Das Bild der Liebeskrankheit wurde von allen Autoren deB Altertums bis ins Mittelalter in ähnlicher Weise beschrieben. Bleichheit, Schlaflosigkeit, hohle Au­ gen, eventuell Fieber und PulBveränderungen, Verschlossenheit und Traurigkeit waren die Hauptsymptome des Leidens. Der Liebeskranke wird in der Regel als adynamlsch depressive Persönlichkeit dargestellt ("platonisch liebend"). Den Schriften von Apuleius und Galen entnehmen wir, dass es schon im Alter­ tum Aerzte gegeben haben muss, die die Liebeskrankheit auch als Somatose be­ trachteten. Galen stellt die "Psychogenese" des Leidens stark in den Vorder­ grund. Er weist auch darauf hin, dass dieser Symptomkomplex nicht nur durch die Liebe, sondern auch durch andere "affectus animi" ausgelöst werden könne. Im Gegensatz zu diesen Autoren betonen Avicenna und Bemard de Gordon die Wichtigkeit der "schwarzen Säfte" als Ursache der Liebeskrankheit. Für sie ist die Liebeskrankheit sowohl ein melancholisches Leiden (Somatose), als auch ein psychisches (Psychose). Die Liebestränke waren in der Dichtung des Altertums eine bekannte Thematik. In der medizinischen Literatur werden sie von Galen und Caelius Aurelianus (Soran) erwähnt. Weder die Dichter noch die genannten Mediziner glaubten an wirksame, Liebe erzeugende Philtra. Den Schriften Galens können wir jedoch entnehmen, dass es im Altertum medizinische Autoren gegeben haben muss (Xenokrates), die die Möglichkeit wirksamer Philtra nicht ausgeschlossen haben.

20) Taucht hier ein altes Erbgut der Melancholie auf, wenn vor allem Heroen und Edle von dieser Krankheit befallen werden? Auch die Melancholie galt ja schon lm Altertum als eine Krankheit der differenzierten und hochent­ wickelten Menschen. (Siehe S.44/39 und S. 165 ff. /69)

27 Im allgemeinen wurden aber die Liebestränke als gefährliche, Raserei verur­ sachende Wirkstoffe betrachtet. Einen Zusammenhang zwischen Philtrum und Liebeskrankheit können wir in der antiken Literatur nicht feststellen. Im Gegen­ satz zur Liebeskrankheit gerät das Thema der Liebestränke Im folgenden Mit­ telalter ganz in den Hintergrund. Wir werden ihnen lm medizinischen Schrifttum erst in der Renaissance wieder begegnen.

E.

OBSERVATIONES

Zur Illustration sollen in einem letzten Abschnitt noch einige Fälle geschildert werden. Es mag eigenartig anmuten, wenn einem Rückblick noch ein weiteres

Kapitel angefügt wird. Die folgende Tatsache hat mich aber dazu bewogen, die­ se Reihenfolge zu wählen: Obwohl die beschriebenen Fälle zwar alle aus dem Altertum oder Mittelalter stammen, wurden sie doch erst von den Medizinern der Renaissance zitiert, sie stehen also gewissermassen "in der Mitte" zwi­ schen diesen beiden Zeitepochen. Auf diese eigenartige "Phasenverschiebung" sei besonders hingewiesen. "Philterfälle" des Altertums und Mittelalters wer­ den von Renaissanceautoren, "Philterfälle" der Renaissance erst von den Medi21) zinern des Barocks und der Aufklärung erwähnt. ' Die von den Renaissancemedizinern zitierten Fälle entstammen praktisch aus­ schliesslich der Belletristik. So wird die Geschichte des Kaisers Callgula, die wir von Juvenal her kennen (siehe S.18), immer wieder zitiert.Dem Dichter Lucrez widerfuhr dasselbe Schicksal: "Daher schreibt Eusebius Cesarlensis / Lucretius der Poet sey durch ein sol­ chen Liebtranck dahin gebracht worden / dass er ihm zuletzt selbe habe den todt angethan. ... Es ist auch von diesem Lucretio ein Carmen bey Polltiano in Nutrlc. vorhanden / also lautend: Hic qui Philtra bibit, nimioque lnsanus amore, Mox ferro occubuit, sic mentem amiserat omnem. Das ist / Lucretium ders Philtrum tranck / Unsinnig liebe macht sehr kranck / Ein taubsucht kam auch bald darvon / Dass er ihm hat den todt anthan. (S. 234 /105) Auch dem römischen Feldherren Lucius Lucullus sei es ähnlich ergangen wie

21) Gerade bei einer umstrittenen Thematik ist es sicher von Vorteil, wenn schon längst Geschehenes, das nicht mehr nachkontrolliert werden kann, in die Argumentation einbezogen wird! 22) So zum Beispiel von Hucher, Cardan, Stalpart, Horst, Schönwalder, Gröllman, Camus, Virey und anderen.

28

dem Dichter Lucrez. Die Geschichte des Lucullus wird uns von Plinius und Plutarch überliefert. piutarch schreibt: "Kurz vor seinem Tode soll er In eine Geisteskrankheit verfallen sein, in der seine Verstandeskräfte Immer mehr schwanden. Nach Cornelius Nepos war die­ se Veränderung nicht Folge des Alters oder einer körperlichen Krankheit, son­ dern eines verderblichen Trankes, den er von Kalllsthenes, einem seiner Frei' gelassenen, erhielt. Dieser, erzählt er, habe Ihm denselben gereicht, um noch mehr von Ihm geliebt zu werden, In der Meinung, der Trank werde diese Wir­ kung haben. " (S. 1485 ff. /81) 25) Immer wieder taucht die Geschichte KarlB des Grossen auf, ' der sich In ei­ ne Frau geringerer Herkunft verliebt haben soll. Als diese starb, nahm er den Sarg der Frau mit sich auf seine Reisen, und habe nicht aufgehört zu klagen und zu weinen. Ein Bischof aus dem Gefolge des Kaisers bejammerte das Los seines Herrn und wandte sich mit ernstlichem Gebet an Gott. Es wurde ihm offenbart, dass die Ursache der Liebe des Kaisers unter der Zunge der Toten zu finden sei. Der Bischof fand an besagter Stelle einen Ring, den er mit sich nahm. Nun verliebte sich der Kaiser in den Bischof. Als dieser dies bemerkte, vermutete er, dass mit dem Ring ein Liebeszauber verbunden sein müsse, und warf diesen in einen See zu Aachen. Da baute sich der Kaiser ein Schloss mit­

ten in den Sumpf, und vernachlässigte alle seine anderen HäuBer (S. 208 ff /23). Laut Weier Johannes "ist auch Keyser Frlderlch auss Österreich im jar 1330 den 13.Januarij an einem solchen Bulertranck gestorben" (S. 235 /105). (Welcher Kaiser Friedrich damit gemeint Ist, Ist fraglich. Friedrich n. lebte in der er­ sten Hälfte des 13. Jahrhunderts, Friedrich HI. aber im 15. Jahrhundert)) Als 27) kirchliche Autorität wird der Kirchenvater Hieronymus zitiert, ' der In seiner "Vita sanctl Hilarlonis" von einer jungen Klosterfrau erzählt, die durch ein Philtrum gezwungen worden sei, einen jungen Mann zu lieben (5. L. 913. S. 310/102). Wir sehen, wie solche Geschichten und Legenden zum Teil allen Ernstes in die medizinische Literatur aufgenommen wurden.

23) Agrippa, Weier, Vallerlola, Hucher, Burton, Sennert, Stalpart, Schönwalder, Gröllmann, Sauvages, Esquirol, Vlrey und andere erwähnen diese Geschich­ te. 24) Siehe bei Plinius: Nat.hist. L.XXV. 7. Erwähnt auch von Weier, Hucher, Burton, Stalpart, Schönwalder, Gröllmann, Camus, Virey und anderen. 25) Angeblich von Petrarca überliefert. (eplst.3,ad familiares, lib. 1. Siehe S. 308 /102) 26) Siehe bei Burton, Eiwert, Schönwalder, Vlrey und anderen. 27) Siehe bei Weier, Vlrey und anderen.

29

II.

DIE RENAISSANCE

A.

VORBEMERKUNGEN

Im Altertum und Mittelalter fand der Liebeszauber, im Gegensatz zur Liebes­ krankheit, keine grosse Beachtung. Dies ändert sich im nun folgenden Zeitab­ schnitt. Welche Faktoren können die Bearbeitung dieses Themas von medizini­ scher Seite her gefördert haben? Persönlich glaube ich, dass folgende drei Mo­ mente wesentlich zur neuen Problemstellung beigetragen haben: Der Hexenwahn, die Sympathielehre und das starke allgemeine Interesse an den Giften. 1) Der Hexenwahn

Im ersten Abschnitt wurde das antike Hexenbild kurz aufgezeigt (siehe S. 18 ). In erschreckenctem Ausmass breitete sich der Hexenglaube im Zeitalter des He­ xenwahnes aus (Höhepunkt im 16. und 17. Jahrhundert). Obwohl dem Hexenbild im Laufe der Jahrhunderte neue Eigenschaften zugefügt wurden, blieben wesent­ liche Merkmale durch alle Zeiten konstant. Folgende Fähigkeiten zeichneten schon im Altertum die Hexen aus: Sich verwandeln zu können, insbesondere in einen Wolf (Wferwolf, Lykanthropie [G]) - Die Zeugungskraft hemmen (Steri­ litätszauber) - Verschiedene Schadenzauber beherrschen (Flurzauber) - Die Macht, menschliche Leidenschaften zu lenken (Liebes- und Hasszauber) - Eine gefürchtete Giftmischerin zu sein (Liebestränke, Hexensalben). Es ist ver­ ständlich, dass zu dieser Zeit auch die Medizin mit solchen Problemen konfron-

28) Die Fähigkeit, sich in Wölfe zu verwandeln, haben wir schon bei Properz kennengelernt (Biehe S. 18). Später siehe S. 289,1. /92 oder S. 159/9. Vom Sterilitätszauber schreibt zum Beispiel Tlbull, siehe S. 49 /63. Später ist diese Art Zauberei vor allem unter dem Namen "Nestelknüpfen" (G) bekannt, siehe S. 287,1. /92. Hexensalben beschreibt uns schon Apuleius in Beinern "Goldenen Esel" (S. 109 ff. /13). Siehe auch Horaz Seite 18. Später siehe S. 284,1. /92. Vom Flurschadenzauber berichtet uns beispielsweise Ovld (S.58 /63), später siehe S. 288,1. /92. Die Koppelung des Liebeszaubers an die Person der Hexe haben wir schon im Altertum kennengelernt, siehe S.20. Später siehe auch S. 217,1. /92. Zum Vergleich des Hexenbildes im Altertum und Mittelalter siehe auch allgemeln/63 und/92.

30

tiert wurde. Sozusagen "praedestlnlert" für diese Konfrontation aber waren ge­ rade die Problemkreise der Lykanthropie und der Liebeskrankheit. Einerseits waren sie in der medizinischen Literatur zwei wohlbekannte Krankheitsbilder, andererseits gehörten aber beide auch in die Vorstellungswelt des Hexenglaubens. So finden wir nicht nur die Lykanthropie (Werwolf), sondern auch die Liebes­ krankheit in der "Hexenliteratur" vertreten. So befasst sich zum Beispiel der berühmte "Hexenhammer" (1487) von Krämer und Sprenger im dritten Kapitel mit der Liebeskrankheit. (S. 213, n. /64) Der Hexenhammer unterscheidet drei Ursachen der Liebeskrankheit: Sie kann entstehen aus blosser Unvorsichtigkeit der Augen, durch die Versuchung von Seiten der Daemonen oder infolge Be­ hexung seitens der Hexen, Nlgromantlker und Daemonen zugleich. Im ersten Falle wird die Therapie nach Avicenna anempfohlen, bei der Liebeskrankheit infolge Behexung (Liebeszauber!) ist neben den Heilmitteln Avicennas der Exor­ cismus von besonderer Wichtigkeit (S. 217, H. /64). von einflussreicher the­ ologischer Seite her wurden somit die Philtra als mögliche Ursache der Liebes­ krankheit dargestellt! Von diesem Glauben an die Zauberei und den Einfluss übernatürlicher Wesen, den wir als "theologisch-magisches" Weltbild bezeichnen könnten, waren die zeitgenössischen Autoren ebenso beeinflusst, wie von dem "natürlich-magischen" Weltbild der Sympathielehre. 2) Die Sympathielehre In der Renaissance stossen wir auch in der Medizin auf eine Neubelebung anti­ ken Gedankengutes. In der Stoa haben wir bereits die Lehre von der Sympathie und Antipathie kennengelerht (siehe S.19). Diese Lehre, von Plotin (204-270) in den Neuplatonismus aufgenommen, stieg in der Renaissance "wie ein Phönix aus der Asche" (S. 23 /95). Das Schöllkraut (Chelidonium majus L.) auf Grund seines gelben Saftes gegen Gelbsucht zu verwenden, erscheint unserer heutigen naturwissenschaftlichen Denkweise unlogisch, ja absurd. Auf dem Hintergrund der Sympathielehre jedoch werden solche Aussagen verständlich: Die gelbe Far­ be des Pflanzensaftes steht in sympathischem Verhältnis zur gelben Hautfarbe des Kranken, und vermag auf Grund der ihr innewohnenden sympathischen Kraft

29) Die Liebeskrankheit wird im Hexenhammer auch mit dem medizinischen Fachausdruck "Amor Hereos" benannt. Synonym zu Amor Hereos werden aber auch die Begriffe "Amor lnordinatus" und "Phllocaptlo" gebraucht. Letzteren Ausdruck benutzte auch Bernard de Gordon, der neben dem Wort Hereos seinen Liebeskranken auch als "philocaptus in amore" be­ zeichnet.

31 die Krankheit zu vertreiben. Die Wesensverwandtheit drückt sich äusserlich In der Farbgleichheit aus, diese wird zur "Signatur" Innerhalb dieses Weltbil­ des werden die Gedankengänge eines Agrippa, Paracelsus oder Helmont verständ­ licher. Hier sei darauf hingewiesen, dass viele der heutigen naturwissenschaftli­ chen Erkenntnisse in der Sympathielehre wurzeln. So gelangte z.B. G. Fracastoro (1483-1553) über die Vorstellungen der Sympathielehre (Sympathie zwischen Krankheit und Mensch = Ansteckung) zur Lehre über die ansteckenden Krankheiten?^

3) Das allgemeine Interesse an den Giften

Ebenso wie die Sympathielehre übernahm die Renaissance vom Altertum und den 32) Arabern das Interesse an "Gift und Gegengiften". ’ Berühmte Mediziner räumen diesem Thema grossen Platz ein (zum Beispiel Ambroise Paré [1510-1590], Hieronymus Cardanus [1501-1576] und Baptista Codronchius [1547-1628]). Der Glaube an die Wirksamkeit heimtückischer Gifte (Venena), gewinnt vor allem im Zusammenhang mit der Zauberei (Veneflcia) grossen Raum in der medizinischen Dlsskussion. Man versucht die Ursache verschiedenster Krankheiten, so auch der Liebeskrankheit, auf Gift oder Zauberei zurückzuführen. Wie schon erwähnt be­ tonten Avicenna und Bernard de Gordon die Wichtigkeit des somatischen Substra­ tes (schwarze Säfte) In der Entstehung der Liebeskrankheit. Ein materielles Substrat konnte aber theoretisch auch durch materielle Substanzen (Medikamente, Gifte, Philtra) beeinflusst werden. Damit war die Möglichkeit gegeben, die Phil-

30) Im Schöllkraut lassen sich tatsächlich Alkaloide nachweisen mit spasmolyti­ scher Wirkung auf die glatte Muskulatur des Magen- Darmtraktes. Solche Er­ kenntnisse verleiten uns heute oft zum Schluss, hinter allen "magischen Re­ zepten" unserer Vorfahren letztlich ein rational empirisches Denken zu ver­ muten. Ich glaube nicht, dass wir so den Gedankengängen der Wissenschaft­ ler jener Zelten gerecht werden. Was Ackerknecht über die "primitive Medi­ zin" sagt, gilt sicher zum Teil auch In der Geschichte unserer eigenen Kul­ tur: "We are naturally Inclined to think of primitive medicine as much as possible in terms of rationality, just as primitives usually interpret our medeclne as much as possible in terms of magic. It is not difficult to see that both procedures are projections. ... The fundamental error in all this rea­ soning about primitive rationalism is the basic assumption that what is objec­ tively effective is also rational and scientific." (S. 21ff./l) 31) Nach einer Abhandlung "De sympathia et antipathia" folgen im Werke des Gi­ rolamo Fracastoro drei Abhandlungen "De Contagione". Fracastoro leitet die erste Abhandlung über die Ansteckung mit dem folgenden Satze ein: "Nun aber wollen wir mit der Ansteckung fortfahren, um derent Willen wir so vie­ les über die Sympathie und Antipathie erforscht haben. Mit der Sympathie und Antipathie haben wir begonnen, weil sie das Allgemeine darstellen, und die Grundprinzipien für das Uebrige sind." (S. 105 /43) (Den Hinweis auf die­ sen Zusammenhang verdanke ich Frau PD Dr. E. Fischer-Hornberger.) 32) Siehe auch Anm. 14. Es wäre interessant abzuklären, inwieweit die Araber zu diesem neuerweckten "Giftinteresse" beigetragen haben.

32 tra, auch im materiellen Sinne, als Ursache der Liebeskrankheit in Betracht zu ziehen. Während wir heute Magie, Zauberei und Daemonen schon lange nicht mehr als Ursache von Krankheiten betrachten, konnte sich das Gift als aetlologische Krankheitshypothese bis in unsere Zelt halten. 33)

B.

AUTOREN

Agrippa von Nettesheim

1486-1535

Sein Jugendwerk war die berühmte "Philosophia occulta", ein Standardwerk der Magie. Die alte Sympathielehre wurde darin zu einem förmlichen System ausge­ arbeitet. Wir finden darin auch die Liebeskrankheit und den Liebeszauber. Ag­ rippa zitiert die berühmte Geschichte des Erasistratos (S. 304 ff. /8). Ursache der Liebeskrankheit ist bei Agrippa die Phantasie oder Einbildungskraft, welche die Liebesleidenschaft entzündet. Diese vermag in Leber und Adern eine solche Hitze hervorzurufen, dass ein Arzt auf Grund dieser Symptome die Diagnose stellen kann. Hier sehen wir deutlich, dass für Agrippa die Liebeskrankheit so­ wohl ein psychisches, wie auch ein somatisches Leiden darstellt (siehe Skizze b S.9). Eingehender behandelt er den Liebeszauber: "Wenn wir zum Beispiel Liebe erwecken wollen, so müssen wir ein Thier su­ chen, das in der Liebe sich auszeichnet. Dahin gehören die Taube, der Sper­ ling, die Schwalbe, die Bachstelze. Von diesen Thieren müssen wir diejenigen Theile oder Glieder nehmen, in denen hauptsächlich der Liebestrieb herrscht. Solche Theile sind das Herz, die Hoden, die Gebärmutter, das männliche Glied, der Samen, das Blut von der Reinigung". (S. 103 ff. /8) Die Zusammensetzung dieses Liebestrankes lässt deutlich den grossen Einfluss der Sympathielehre auf das Denken Agrippas erkennen. Taube, Sterling, Schwalbe und Bachstelze stehen in sympathischer Beziehung zur Liebe, 34)' ebenso Herz, Hoden, Uterus, Penis, Samen und Menstrualblut zum Liebestrieb. Die Sympa­ thien dieser Dinge untereinander sind wohl für Agrippa wichtiger, als die ein­ zelnen Bestandteile selbst. Das Menstrualblut (G) beschreibt Agrippa noch ein­ gehender. Er übernimmt dabei die von Plinius überlieferten Vorstellungen. Es

33) So vergleicht zum Beispiel noch S. Freud den sexuellen Affekt mit einer Intoxicationserscheinung (S. 120 /39)J>. Janet nennt die Hysterie en passant ei­ ne "intoxication naturelle" (S. 280, Bd.I., Teil 1. /59*). Diesen Hinweis ver­ danke ich Frau PD.Dr.E. Fischer-Hornberger. 34) Ein Erbe der Sympathielehre treffen wir heute zum Beispiel wieder in dem bekannten psychodiagnostischen Buch von Brem-Gräser Luitgard, "Familie in Tieren" (/21). Vergleiche S. 37 ff. z. B. Fisch (23), Muschel (68), Schwalbe (89).

33

verursacht Tollwut,

35) ' schädigt Getreide und Saaten, vertreibt Raupen und Wür­

mer, schützt vor Hagel, heilt Epilepsie usw. (S. 189 ff. /8) Agrippa lannte auch das Hippomanes (G), welches "zur Erregung der Liebe ausserordentlich sei, wenn man es in Pulver verwandelt mit dem Blute des Liebenden als Trank darreiche. " (S.192 /8). Verblüffend ist, wie sich Agrippa in seinem Spätwerk über "Die Ei­ telkeit und Unsicherheit der Wissenschaften" von seinen Jugendideen distanziert, und den Liebestränken ihre Berechtigung beinahe gänzlich abspricht. So schreibt er unter dem Kapitel "Von der Hurenwirtschaft oder Kupplerei": "Ja es sind ihrer viel, die ... meinen, dass sie ... eine, die sonst nicht lie­ bet, zur Liebe zwingen könnten, wie hiervon Theocritus, VirgHius, Catullus, Ovidius, Horatius, Lucanus und andere schwätzhafte Poeten mehr gesungen ha­ ben. ...hierzu müssen auch kommen die Philtra und Pocula amatorla, oder die Liebestränke, welche sehr gefährlich sind, also dass sie oftermals an Stelle der Liebe eine schwere Krankheit oder wohl gar den Tod sich zuwege bringen." (S. 277 ff. /9) Johannes Weier

1515-1588

Er war ein Schüler des Agrippa von Nettesheim. Nebenbei gesagt, kannte und beschrieb er den sagenumwobenen Doktor Faust. Bekannt ist Weier vor allem als grosser Gegner der Hexenverfolgungen, und durch seine Schrift "Ueber die Blendwerke der Daemonen. " Die Ursache der unglaublichen Behauptungen der Hexen (durch die Luft zu fliegen, am Hexensabbat teilzunehmen, sich in einen Werwolf verwandeln zu können usw.), sieht Weier in einem krankhaften Leiden dieser Personen. Weier betrachtet die Hexen als melancholisch Kranke! Doch bleibt er nicht bei dieser natürlichen Erklärung des "Hexenphaenomens". Der Teufel, dessen Wirken Weier keineswegs negiert, ist letztlich doch der Schul­ dige an den Phantasievorstellungen dieser Frauen, aber er bewirkt sie auf medizinisch korrekte Art, indem er direkt die melancholischen Säfte des Kör­ pers zu verwirren vermag. Auch das Wirken des Teufels ist also interessan­ terweise an die Existenz eines körperlichen Substrates gebunden (siehe S.14)! Auf dem Gebiet der Liebestränke war Weier erstaunlich belesen. Er stützt sich vor allem auf die Autoren des Altertums, wie Ovid, Juvenal und Properz. Unter dem Titel, "Von den Philtrls oder Liebtränken / Hippomanes und ander geschmetter der Buler und Bulerin" (S. 232 ff. /105), gibt er uns Auskunft über die gebräuchlichsten Ingredlentien. Wiederum gestützt auf die genannten alten Autoren, kommt Weier zum Schluss, "Dass alle Bulertränkkleln ... viel ehe 35) Es Ist auffallend, wie sich die Themen Tollwut, Lykanthropie, Menstrual­ blut, Philtra und Liebeskrankheit In der Medizlngeschlchte Immer wieder berühren. Allen gemeinsam Ist eine gewisse "Giftigkeit". Siehe auch spä­ ter bei Zwinger, Hoffmann, Ettmüller, Alberti, Stalpart und anderen.

34

unsinnig machen / dann zu liebe und holdschafft in vermögend." (S. 234 ff./105)36) Weier beendet das Kapitel mit einem Rezept, wie man "auffrechte ungefälschte llebtrenck machen" soll. Es gehören dazu folgende Kräuter: "Nemlich / Gottesforcht / keuschhelt / weissheit / gütigkeit / erbarkeit / mässigkelt / stilligkeit / züchtige liebe / trewe / gute erfahrung in hausshaltung / und alles wol actempieret mit auffrechtigem haupt kraut. " (S. 84 /106) Die zitierten Werke Agrippas und Weiers waren, wiewohl aus ärztlichen Federn, nicht medizinischer Natur. Mit den folgenden Autoren wollen wir endgültig zur medizinischen Fachliteratur übergehen.

Hieronymus Cardanus

1501-1576

Sein Name ist noch heute wegen seiner Erfindung des Cardangelenkes bekannt. Angeklagt durch die Inquisition durfte er, unter Verbot weiterer Publikationen, sein Lebensende in päpstlicher Pension im Schutze des Vatikans verbringen. (S.XXV /25) Was Cardan über die Liebeskrankheit schreibt, hat er im wesent­ lichen Galen und den byzantinischen Kompilatoren entnommen (S.87 ff. /26). Die Frage der Gifte, wie auch der Philtra, beschäftigte ihn sehr, war ja auch sein Sohn wegen Giftmordes zum Tode verurteilt worden. Cardan teilt die nicht lethalen Gifte ein in "Amatorium, man!cum, contagiosum ad metam, et quod dé­ bilitât. " An dieser Stelle erzählt er auch die Geschichte Caligulas, der durch ein Philtrum dem Wahnsinn verfiel. (S. 309 /26) Eine weitere Folge einer "Inphiltration" kann die Liebeskrankheit sein, welche beispielsweise durch das Men­ strualblut ausgelöst werden kann (sanguis menstruus corrumpit sanguinem, et generat amorem heroicum. S. 313/26). So entspricht denn die Therapie der "Inphiltration" zugleich jener des "Amor heroicus": "Nun zur Heilung der Philtra und des Amor heroicus. Man setzt dem Verlieb­ ten den Kot der Geliebten ohne dass er es weiss unter die Nase. Wenn dieser den abscheulichen Geruch wahrnimmt, wird die Liebe vernichtet werden. Grosse Hilfsmittel lösen die Liebe auf, kräftige Aderlässe, Entleerungen mit Helleborus, Geschlechtsbetätigung bis zur Ermattung, grosse Arbeit, ganztägiges Hun­ gern, Auspeitschung, lange Pilgerfahrten, grosse Furcht oder Trauer ... Sich mit Wein zu betrinken ist sehr nützlich. Moschus und Alant sind sehr gut ge­ gen Philtra und Gifte. " (S. 341 /26) Somatische- und Psycho-Therapie vermischen sich hier in bunter Weise, was uns wieder einmal sehr schön zeigt, dass die Liebeskrankheit (hier auch "Inphiltration") Somatose wie auch Psychose zugleich war. Typische Therapiefor­ men, wie zum Beispiel die Auspeitschung, haben wir schon bei Bernard de Gor­ don kennengelernt. Die für die Melancholiebehandlung typischen gebräuchlichen

36) Man beachte die verschiedene Interpretation der antiken Autoren. Verglei­ che mit Agrippa von Nettesheim.

35 Heilmittel, wie Geschlechtsbetätigung, Aderlässe, Helleborus, lassen den Schluss zu, dass auch Cardan den "Amor heroicus" als melancholisches Leiden betrachtete. Cardan schliesst nicht ganz aus, dass ein Philtrum auch Liebe ver­ ursachen könne. Er führt dazu zwei, für ihn fragliche Beispiele an: Durch ei­ nen Liebestrank soll Marc Anton der Cleopatra verfallen sein. Ein ähnliches Schicksal soll auch dem türkischen Fürsten Soliman widerfahren sein. (S. 321 /26) Theophrastus Bombastus Paracelsus von Hohenheim

1493-1541

Auf unsere Thematik hat Paracelsus aus Einsiedeln, ein Inspirator der Iatrochemie, einen ausschlaggebenden Einfluss ausgeübt. Er ist der erste, der die Ursache der Liebeskrankheit (Amor vesanus) ausschliesslich in "speis oder ver­ zaubert trenk" , also in einem Philtrum lokalisiert. In seinem Traktat "Von Den Kranckheiten / so den Menschen der Vernunfft natürlich berauben" zählt Pa­ racelsus die Liebeskranken zu den Vesani: "Jn solcher gestalt ist uns auch de vesanis zureden, die denn unsinnig werden durch essen oder trinken und das also, wie sich vil begibt, das durch die hu­ ren 39) zu essen geben wird, darvon beraubung der sinnen kompt und das in vil weg. etwan declinirt ein solche unsinnikeit zu der liebe, als das sie alein ir unbesinnte auf die frauen legent. ... und wir sollent uns des nit verwundern, das das müglich sei, das durch speis solchs geschehen mög, denn es ist mügllch. ... die da gessen oder getrunken haben, das sie einer holt müssen und bezwungen sind zu werden, ist also, das etliche stück (sein), die wir hie unbemelt lassen, so einer die selbigen einem andern zu essen gibt, frauen oder mannen, wird da ein unzerbrochene liebe für und für. " (S. 425 /75) Solche Tränke wirken nicht nur bei "frauen oder mannen", sie können sogar zwischen Herren und Knechten, Menschen und Tieren eine "unzerbrochene liebe" auslösen. Die Philtra können also laut Paracelsus sowohl Liebe ("unzerbroche­ ne liebe") als auch die Liebeskrankheit ("unsinnikeit zu der liebe") verursachen. Wie man diese Liebestränke anwendet, wann Liebe, wann Liebeskrankheit da­ raus entstehen, darüber schweigt der vorsichtige Paracelsus "dan wir wollen von uns nit lassen auskomen, wie man die leut verunreinige." (S.451 /75) Dass

37) Siehe Starobinski: "Geschichte der Melancholiebehandlung" (/94). 38) "et nostra aetate creditur in Solimano Turcarum principe" (S. 321 /26), al­ so war es ein Zeitgenosse Cardans. Gemeint ist Suleiman II., der Präch­ tige (1520-1566), der 1529 erstmals Wien belagerte. Dieses ist einer der wenigen "Philterfälle" wo keine zeitliche Phasenverschiebung zwischen Ge­ schehen und Zitiertwerden eingetreten ist. Der Fall dürfte jedoch für das damalige Abendland schwerlich nachprüfbar gewesen sein'. 39) Der Parallele von Prostitution und Liebeszauber begegnen wir immer wie­ der. Siehe zum Beispiel Agrippa, Cardan, Ettmüller, Burton und andere. Siehe auch Anm. 19 zur Stellung der Frau in unserem Thema.

36

Paracelsus stark von der Sympathielehre beeinflusst war, zeigen uns seine Rat­ schläge zur Therapie eines "inphiltrierten" Liebeskranken: " ich seze, eim würde ein unsinnikeit zugefügt mit kazenhirn, so solt die arznel sein, das sie das kazenhirn töde. als das etlich kreuter seind die die kazen töden, so sie das selbig schmecken oder essen, darumb das es wider ir hirn sonderlich specificirt ist. ... und also auch so einer von eim dreck verzaubert wird in ein liebe, sol er auch der gleichen liebe vertreiben, domlt dan der dreck vertriben wird. " (S. 450 ff. /75) Kräuter, die durch ihren Geschmack eine Katze zu töten vermögen, machen auch die Wirksamkeit eines Liebestrankes zunichte, der aus Katzenhirn zusammenge­ braut wurde! Paracelsus betont die natürliche Wirkungsweise dieser Liebesträn­ ke, doch decken sich seine Vorstellungen von "natürlicher Wirksamkeit" nicht mit denen der heutigen Zeit. Zwar sind die Liebestränke aus materiellen Sub­ stanzen zusammengesetzt (Katzenhirn, Dreck, Kräuter), "naturmystische" (Sym­ pathielehre) und zauberische Vorstellungen sind jedoch mit diesen unzertrennbar verbunden.

Vallerlola;

Forestus;

Platter.

Alle drei Autoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie uns Beobachtungen von Liebeskranken überliefern, die sie, wie man aus der Lebendigkeit der Schilde­ rungen entnehmen kann, sicher selbst gesehen haben. Obwohl sie die Liebes­ tränke expressis verbis nicht erwähnen, sprechen sie doch von einem eigenar­ tigen Gift. VALLERIOLA (1504-1576), Professor der Medizin In Turin, schildert eine son­ derliche Pathophysiologie der Liebeskrankheit. Mittels "Strahlenpfellen" (radiorum suorum aculeos) wird der Blutdampf im Partner erregt. In diesem ent­ flammt ein heftiges Verlangen, und er wird vom Liebesglft infiziert (quodam mo­ do inficitur amoris veneno): "Die Unruhe bleibt notwendig so lange bestehen, als die durch Behexung erzeug­ te Blutinfektion (infectio lila sanguinis) im Leibe andauert, mit Sorge das Herz belastet, den Schaden in den Venen nährt, und mit verborgenem Feuer die Glie­ der verbrennt. " (S. 184 ff. /100) Auch bei Vallerlola ist also die Materie (Gift, Infektion), ähnlich wie wir es von den Liebestränken her kennen, eng mit der Zauberei gekoppelt. Der "Amor vesanus" des PETRUS FORESTUS (1522-1597) ist, wie schon bei Avi40) cenna, eine melancholische Krankheit. Forest kennt eine psychotherapeutische

40) Meiner Meinung nach finden wir bei Forest die lebendigsten, menschlichsten und klinisch genauesten Beobachtungen von Liebeskranken.

37

und, bei deren Versagen, eine somatische Therapie. Entweder kann die Liebe 41) des Kranken befriedigt oder beseitigt werden. ’ Gelingt dies nicht, soll man ihn als Melancholiker behandeln. Wie Valleriola spricht auch Forest von einem Liebesgift: "Dieses Gift ist so verführerisch und von solcher Süsse, dass man es als honig­ artige Galle bezeichnet. Wer es genommen hat, fühlt eine pestische Liebe, (was nicht geringe Heilungsschwierigkeiten verursacht.'' (S. 444 ff. /41)

FELIX PLATTER (1536-1614), der einen Ehrenplatz im Stammbaum der "Väter der Psychiatrie" einnimmt, betrachtet den "Amor hereos" als eine "Animi commotio" (S.82 ff. /77). Die Schilderung der Liebeskrankheit übernimmt er im we­ sentlichen aus Avicenna und Gordon. Besonders betont Platter die Herzbeschwer­ den der Liebeskranken, durch welche diese geängstigt würden. Er erweitert die Therapie mit der Aufforderung, die Affekte der Seele mit gegenteiligen Affekten zu behandeln, also zu versuchen, die Liebe in Hass umzuwandeln. Platter sieht die Ursache der Krankheit in einer heftigen Leidenschaft der Seele, die eine Aufregung der Gedanken und der Säfte mit sich bringt (spirituum et humorum commotionem S. 111/77). Die Liebeskrankheit ist also auch bei Platter keine reine "Psychose" , obwohl er der Psyche in der Pathogenese des Leidens grosse Wichtigkeit beimisst. Bei erfolgloser Behandlung könne die Liebeskrankheit in Melancholie oder Manie ausarten. Zu den Ursachen der Manie zählt Platter aber auch die Gifte. Er schreibt unter dem Randtitel "Venenata qualitas causa Maniae: "Die giftige Eigenschaft, die beispielsweise durch etwas Eingenommenes von aus­ sen in den Körper dringt (denn was im Innern in den Säften erregt wird nennt man melancholischen Humor), schwächt eher den Geist als dass sie auf andere Art und Weise schädlich ist. ... sie kann sogar den Geist verwirren: Vieles die­ ser Art legt Dioscurides dar, wie dies die giftige Eigenschaft dieser Dinge eher zu bewirken vermag als Narkotika: Aber wir haben das weggelassen, obwohl es für unser Studium wichtig wäre. Plinius hat dazu auch das Menstrualblut gezählt, das, wenn man es zu sich nimmt, sowohl Menschen als auch Hunde tollwütig zu machen vermag." (S.91 ff. /77) Bei späteren Autoren werden wir diese Ansicht wiederfinden. Auch sie sehen die Ursache der Manie in einem Gift, welches in einem Liebestrank, im Speichel (lat. "Virus") eines tollwütigen Hundes oder im Menstrualblut enthalten sein kann kann.41 42’

Alle drei Autoren sprachen also im Zusammenhang mit der Liebeskrankheit (Ma­

41) Forest verweist hier auf die "Ethici" (Theologen, Philosophen ?), die grös­ sere Erfahrung in der "psychotherapeutischen" Behandlung der Menschen hätten. Er erteilt auch den Ratschlag des heiligen Paulus: "Besser ist es, zu heiraten als zu brennen." (1.Kor.7,9) 42) Siehe bei Zwinger (ebenfalls ein Basler), Hoffmann, Stalpart, Stahl und an­ deren. Auch hier wieder die Themen: Menstrualblut, Tollwut und Liebes­ krankheit in losem Zusammenhang. Siehe auch Anm.35.

38 nie) nicht von einem Philtrum, sondern von einem Gift. Haben sie diesen Aus­

druck absichtlich nicht gewählt, um sich damit von der Zauberei zu distanzie­ ren? In der folgenden Zeit wird sich das als reines Gift betrachtete Philtrum noch bis ins 18. Jahrhundert behaupten. Johannes Hucher

ca.1550-1603

Er war Dekan der medizinischen Fakultät in Montpellier. Sein bekanntestes Werk behandelt die Sterilität. Es ist nicht verwunderlich, wenn er darin auch über die Hexerei spricht, gehörte doch der Sterilitätszauber zu einem wesentlichen Be­ standteil des Hexenwahnes. Hucher widmet in diesem Buch den Philtra ein eige­ nes Kapitel. Darin wird auch die Liebeskrankheit besprochen, die Hucher als melancholisches Leiden darstellt (Amor insanus). Seine Therapievorschläge ent­ sprechen denen Avicennas und Cardans. Aehnlich wie Ovid betrachtet Hucher die Anwendung des Liebeszaubers als eine Verzweiflungstat des unglücklich Verlieb­ ten. Er gibt uns eine ausführliche Uebersicht über die damals gebräuchlichen Ingredientien der Liebestränke: Abgeschnittene Haare, Nägel, Speichel, Schweiss, Urin, Kot, Menstrualblut, Blut eines erwürgten Menschen, Hyaenenrüssel, Knö­ chelchen aus der linken Seite einer giftigen Kröte, Schwanzhaar eines lebenden Wolfes, 43)' Hippomanes (G), Hirn einer jungen Krähe, gebratene Schwalbenher­ zen, Spatzenhirn, zerbrochene Eier, unter der Türschwelle vergrabenes Tier­ genitale, Ligatur (G), aus dem Körper gezogene Pfeile usw. Diese Zutaten wur­ den teilweise zusammen gekocht oder miteinander vermischt. Als wichtiges "Antiphilter" soll laut Demokrit die Leber eines Chamäleons wirken. (S. 9 und S. 674 ff. /58) Hucher verabscheut diese Art von Liebestränken und betrachtet eie entweder als lächerlich, oder als gefährlich (ähnlich wie Galen), wozu er die Beispiele von Caligula, Lucrez und Lucull anführt. Diese Substanzen vermögen höchstens die Lust in den Eingeweiden zu entzünden, können jedoch keine dauernde, gegensei­ tige Liebe verursachen. Bei Hucher finden wir somit bereits einen Ansatz, die Philtra nur mehr als pharmakologisch wirksame Substanzen zu betrachten. Ei­ nen natürlich wirksamen Liebeszauber sieht er, wie schon Olympias (siehe S.19), in der körperlichen Schönheit, Reinheit und Jugend. Obzwar Hucher, wie gesagt,

43) Dazu sagte schon Plinius: "Das gemeine Volk glaubt auch, dass ein Liebes­ saft an dem Schwänze dieses Thieres (des Wolfes) in einem kleinen Haar­ büschel stecke und dass er diesen, wenn er gefangen werde, fallen lasse, dass er aber, wenn man ihn nicht bei lebendigem Leibe nehme, unwirksam sey." (L. 8, 34,4. S. 945 /78)

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nicht an eine natürliche (physische) Wirkung der genannten Substanzen glaubt, schliesst er, als Kind seiner Zelt, die Möglichkeit zauberisch wirksamer (me­ taphysischer) Phlltra nicht aus: " Wenn all diese Sachen die Wünsche der Liebenden zu erfüllen scheinen, be­ wirken dies nicht ihre physischen Eigenschaften, sondern es ist Teufelswerk. " (S. 677 /58)

Hucher unternimmt also einen deutlichen Versuch, die physische Wirkung der Materie von der Wirkung der Magie zu unterscheiden.

RUECKBLICK

In der Renaissance fand das "Phllterproblem" erstmals grössere Beachtung in der medizinischen Literatur. Ein Grossteil der Autoren akzeptierte dabei den "Phllterbegriff", als unentwirrbares Knäuel von Materie und Magie, noch in sei­ ner ganzen Ausdehnung. So glaubten zum Beispiel Agrippa und Paracelsus, auf dem Hintergrund der Sympathielehre ("natürliche Magie") und des Hexenwahnes (Zauberei), an die Möglichkeit Liebe erweckender Tränke. Grosse Gefahr war jedoch mit der Anwendung der Phlltra verbunden, so dass sich zum Beispiel Paracelsus hütet, genaueres über sie zu schreiben. Als magische, giftige Trän­ ke, welche die Säfte des Körpers verwirren, konnten sie die verschiedensten Krankheitsbilder verursachen. Erstmals finden wir jetzt unter diesen Krankheiten, verursacht durch eine "Inphiltration", die Liebeskrankheit. Schon der Hexenhammer betrachtete ja den "Amor hereos" als eine "Inphiltration", doch versuchte man diese Art der Ent­ stehung der Liebeskrankheit sich auch medizinisch zu erklären. Schon Avicenna betrachtete ja die Liebeskrankheit als vorwiegendes "Säfte-Lelden". Da man sich vorstellte, dass die Liebestränke als Gifte auch die Säfte des Körpers verwirren können, ist es nicht so erstaunlich, dass einige Autoren in Giften und Liebes­ tränken die Ursache der Liebeskrankheit lokalisierten (Cardan, Valleriola, Fo­ rest). Während die Symptomatologie des Amor hereos ohne wesentliche Aenderungen von der Renaissance übernommen wurde, wurde die Aetiologie des Lei­ dens auf diese Welse entscheidend erweitert. So finden wir in der Renaissance erstmals einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Philtrum und Liebeskrank­ heit.

40 C.

OBSERVATIONES

Das Kapitel über die Renaissance wollen wir wiederum zur Illustration mit ei­ nigen Fällen beschliessen. Nochelnmal sei hier auf die "Phasenverschiebung" zwischen dem Geschehen und dem Zitiertwerden hingewiesen (siehe S. 27). Die wiedergegebenen Observationes sind deutlich vom "theologisch-magischen" Welt­ bild des Hexenwahns geprägt. Die Liebestränke werden bezeichnenderweise auch fast Immer von weiblichen Personen (Hexen) verabreicht.

Hexenhammer

1487

Die Bedeutung des Hexenhammers haben wir bereits kennengelernt. Einen da­ rin beschriebenen Fall über die Phlltra möchte ich, zitiert nach Weier, wieder­ geben: " das ein alt weib drey Abten nach einander / nit allein mit liebtrencken bezau­ bert hette / sonder auch getödtet / und das sie nun den vierdten auff dieselbige gestalt verirret und toll gemacht het / ... Und sie schämeten sich nit öffentlich zu bekennen das sie es gethan hette und noch thätte / und das sie von irer lie­ be nit abweichen konten / darumb das sie so viel von Irem kott fressen hetten. Und striech also den arm auss damit sie die grosse 45) anzeigte. " (S. 83 /106 oder S. 118 ff. I. /64)

Johannes Langjus

1485-1565

Er studierte in Leipzig. Bekannt sind seine "Epistolae medicinales", die später in der "Philterliteratur" immer wieder zitiert werden. Langs Beobachtung ist eine der einzigen, worin eine durch ein Philtrum verursachte Liebe beschrie­ ben wird. Da mir der authentische Text nicht zugänglich war, zitiere ich aus Ettmüller: " So heilte Lang einen Jüngling, der von einer leichten Frau (ä leviorls notae foemina), nachmittags um vier Uhr eine halbe Citrusfnicht erhalten hatte. Von da an wurde dieser alle Tage um dieselbe Stunde eine Stunde lang innerlich von einer Begierde und ängstlichen Liebe zu dieser Frau ergriffen, dass er ihr nachlief, und sie zu sehen wünschte. Als er einmal nicht imstande war, diesem Wunsche nachzugeben, weil die Frau fort war, war das Uebel zu dieser Stunde so gross, dass er in einen sehr schlechten Zustand geriet. So ging es, bis er geheilt war. " (S. 508 /36)

44) Beachte auch hier wieder die Stellung der Frau in unserem Thema. Siehe Anm. 39 und 19. 45) Gemeint ist damit die Menge des Kotes. Der Körper der Frau wird hier selbst zur Produktionsstätte des Philtrums! 46) Auf diese Geschichte verweisen auch Gessner (Wolphius), Eiwert, Sennert und Schröder.

41

Philipp Salmuth

ca, 1500-1550

Salmuth wurde in Leipzig geboren und war später Arzt des Fürsten von Anhalt. Seine "Observationes medicarum Cent. m. " wurden 1648 posthum herausgegeben. Auch hier fehlte mir der authentische Text, ich zitiere aus Waldschmldt: " Ein Jüngling erhielt von einem Mädchen einen Apfel. Da diesem das Geschenk verdächtig vorlam, warf er ihn in eine Ecke. Nach drei Tagen sah er wieder nach dem Apfel, der ganz schwarz geworden war. Nach wiederum drei Tagen fand er im faulenden Apfel einen Haufen kleiner Kröten und anderer Tierchen. Er kehrte ins Gasthaus zurück, wo er den Apfel erhalten hatte, und spielte den Kranken mit fürchterlichen Bauchschmerzen. Die Jungfrau rät ihm, warme Milch zu trinken, die er auf den faulen Apfel goss, aus dem innert wenigen Stunden die Kröten herauswuchsen. Er ging wiederum ins Gasthaus und beklagte sich über sehr heftige Schmerzen und simulierte sehr grosse Angst. Da befiehlt ihm das Mädchen, er solle frischen Pferdeurin trinken, den dieser darauf zu den Kröten warf, die infolgedessen eingingen. Seither ist dies ein bewährtes Mittel, das mit Erfolg gegen die Philtra angewandt wird." (S. 1042 /103) Diese Beobachtung ist ebenfalls ein schönes Beispiel dafür, wie "magische" Vor­ stellungen (Kröten in einem Apfel) mit rationalem Gedankengut (genaues nachkon­ trollieren, simulieren aus ganz bestimmter Absicht) vermischt wird.

Conrad Gessner

1516-1565

Auch von der Hand Gessners ist uns ein Fall mit der Ueberschrift Philtrum er­ halten geblieben. Sein Schüler Caspar Wolphius (1525-1601), der den medizini­ schen Nachlass Gessners thematisch ordnete, reihte diese Geschichte bezeich­ nenderweise in das Kapitel über die Liebeskrankheit (Morbus amoris) ein: " Das meitle hatt ein unguets kuechli ggessen, ettlich tag daruff sich erbrochen, der knab ist ihm hold gsyn. Des knaben vatter hatt gseit zue im oder zum volck es werde in keiner andren kilchhoeren (Kirchensprengel) moegen blyben oder ruew han. So es nun in ein andren kilchen oder kilchhoeren ist so hatt es nienen kein ruew, es gaat im der kalt schweiss uss, erbricht sich ettwan, kumpt im übers herz, schlacht im ins hopt und für die gsicht. hatt sin zyt gar wenig ... (unles.). (lat.) sie war munter und nicht melancholisch. Achzehn Jah­ re alt. Sie konsultierte mich. Am Ende der Menses liess ich sie beidseits an der Malleolarvene zur Ader. Ich werde ihr Nieswurz (Elleborum nigrum) und Theriak geben. " (S. 140 /47) Die etwas unklar gehaltene Krankengeschichte lässt uns die Frage offen, ob Gessner die genannten Symptome dem Philtrum (unguets kuechli) oder dem Ein­ fluss des "Vatters" zuschreibt. Kalter Schweiss, Erbrechen, Herzklopfen und Kopfbeschwerden gehören jedenfalls bei vielen Autoren zu den typischen Sympto­ men einer "Inphiltration".

Dass Wolphius diese "Philtergeschichte" als Lie-

47) Die Geschichte wird ebenfalls erwähnt bei Eiwert und Gröllmann. 48) Siehe beispielsweise bei Ettmüller, Woyt, Daum oder im Gutachten der Uni­ versität Halle.

42

beskrankheit betitelt, zeigt uns sehr schön das Ineinanderfliessen dieser beiden Begriffe. Gessners Feststellung, dass die Kranke nicht melancholisch sei, steht etwas im Widerspruch zu seiner Therapie. Nieswurz und Aderlass gehörten je­ denfalls zur klassischen Melancholiebehandlung (siehe Anm.37).

Martinue Rulandus

1532-1602

Martin Rula.id senior war ein Anhänger des Paracelsus in Bayern. Er hinter­ liess uns auch eine "Kuchengeschichte", die ich den Schriften von Webster ent49) nommen habe: ' " David Held, ein Student von ohngefähr zwanzig Jahren bekam von einem gott­ losen Weibe Kuchen, welchen er ass. Wie er aber von ihr nach Hause gieng, fieng er schon an, im Kopff irre zu gehen, wie man ihn darauff nach Hause brachte, wurde er noch unsinniger, und verfiel in eine Tollheit und Raserey. Hierauff kamen andre Studenten zu mir, und erzehleten mir seinen Zustand, dass er ein Philtrum bekommen habe, ... und begehreten Hülffe dawieder. Ich gab ihnen also ... dagegen sechs Unzen von meiner Aqua benedicta, und befahl ihnen, dass sie ihm dasselbe im Nahmen JESU geben solten. Wie er dies ge­ nommen, brach er gleich das Philtrum ... von sich; wie dasselbe auf die Erde kam, wurde es nicht anders als eine Speise über dem Feuer, heiss, und fing an zu kochen. Wie er nun dies unvermeynte Gifft hatte von sich gegeben, so verschwand gleich nachher die Raserey ..." (S. 434 /104)

49) Auch bei Gröllmann erwähnt.

43

III.

BAROCK UND AUFKLAERUNG

A.

AUTOREN

In der Renaissance wurden die Philtra in die medizinische Literatur aufgenom­ men. Barock und Aufklärung (17.und 18. Jahrhundert) könnten nun als eigentli­ ches "Philterzeitalter" bezeichnet werden. Berühmte Mediziner behandeln die Liebestränke ausführlich In Ihren Werken. Medizinische Fakultäten nehmen zu diesem Problem Stellung. Allein aus der Zelt von 1650-1730 sind mir vierzehn Dissertationen über die Liebestränke bekannt, von denen ich allerdings nur drei ausfindig machen konnte. Hinzu kommen vier Dissertationen über die Liebes­ krankheit, worin auch die Philtra besprochen werden. Die beiden Krankheitsbil­

der "Inphiltratlon" und Liebeskrankheit gehen dabei oft so Ineinander über, dass

50) -Groellmann J. D.: De Philtris; Wittenberg 1683. Siehe S. 47. -Eiwert N. C.: De Philtris; Tübingen oder Heidelberg 1673. Siehe S. 59. -Schoenwalder Μ.: De poculis amatoriis; Glessen (ca. 1620) Siehe S. 57. -Frlderlci: Dissertatio de maniä ex philtro; ln-4° Jenae 1670. -Hilscher Simon Paulus: Dissertatio de philtris; in-4° Jenae 1704. -Teutscher: Dissertatio de philtro; ln-4* Llpsiae 1711. -Stentzel Christian-Gottfried; Diss. de philtris rite examinandis et dijudi­ candis; in-4° Vitembergae 1726. -Langguth Georg August: Programma de poculo abortivo et amatorio; ln-4? Vitembergae 1747. -Wolff J. F.: Diss. med-juridica de philtris rite examinandis et dijudican­ dis, von Liebes-Tränken. 4° Wittenbergae 1726. -Clauder G.: De philtris, sm. 4; Llpsiae 1661. -Wallich G. T.: De mania ex philtro. 4; Jenae 1670. -Roeser G.H.: De philtrorum agendi modo et noxis. 4°. Altdorfli 1701. -Cornbachlus J: Tractatus de philtris. In-4°. Hamburgi 1609. -Heron: Ergo philtris propinetur amor. ln-4°. Monspelil 1652. -Francus a Franckenau: Dissertatio de philtris; in-4°. Heidelbergae 1673. -Zollikofer: Dissertatio de philtris. ln-4°. Baslleae 1621. (Aus 44,102 und anderen.)

Interessant iBt die Tatsache, dass das 'Philterproblem" vor allem in Deutschso eingehend diskutiert wurde. In der berühmten Hexenbulle Papst Innozenzs* des Vm (1484) wurde die Geschäftigkeit des Teufels ja besonders in Ober­ deutschland lokalisiert. Bevorzugt wurden aber auch Arbeiten über die Phil­ tra In Leipzig, Jena, Heidelberg, Wittenberg und Halle geschrieben, also gleichfalls In diesem geographischen Raum! (S. 245 I /92)

44

sie kaum mehr voneinander zu unterscheiden sind. Hier möchte ich von der bis­ herigen, eher chronologischen Ordnungsweise abweichen und, aus Gründen der Ueberslcht, eine Gruppierung nach dem Standpunkt der einzelnen Autoren vorneh­ men. Verschiedene Autoren des Barocks und der Aufklärung bemühen sich um eine Differenzierung des "Philterbegriffes". Uebernatürlich wirksame Liebestränke werden von den natürlich wirksamen abgetrennt (Siehe Skizze S. 13). Eine Gruppe von Aerzten, meist sind es Iatrochemiker, glaubt an die Existenz "wahrer na­ türlicher Philtra", das heisst, auf der Grundlage der Sympathielehre wirksamer Liebestränke. Eine zweite lehnt diese Ansicht ab. Die Anhänger beider Gruppen schliessen jedoch im allgemeinen die Möglichkeit "übernatürlicher Philtra", die auf der Wirksamkeit des Teufels beruhen, nicht aus. In einem dritten Abschnitt werden einige Zweifler und Skeptiker angeführt, und eine vierte Gruppe versucht die "Philterphaenomene" naturwissenschaftlich zu erklären.

1)

BEFUERWORTER DER "WAHREN NATUERLICHEN PHILTRA"

Johann van Helmont 1577-1644 Er war ein grosser Iatrochemiker und Verehrer des Paracelsus. Wie dieser kennt er den "Amor vesanus". An anderer Stelle behandelt er eingehend die Philtra: "Jch wolte hier auch von Liebes=Mitteln (lat. de philtris dicerem) sagen/ wel­ che eine Mumialische Zusammen=Gärung (mumlalem confermentationem) erfodero/ umb die Liebe auf eine gewisse Person zu ziehen: Aber es ist rathsamer hiervon still zu schweigen. Nur muss ich ein einiges hierbey melden. Es ist mir ein Kraut bekandt/ das überall zu finden/ wenn man dasselbige reibet und in der Hand hält biss es erwärmet; und man hernach eines andern Hand wieder so lang anfasset/ biss sie auch warm wird: So wird dieser alsobald vor Liebe gegen dich beginnen zu brennen/ welches etliche Tage lang tauret. Jch habe auf diese Weise die Pfote eines kleinen Hündleins in meiner Hand gehalten/ und ist dasselbige mir/ ob ich gleich gantz frembd war/ alsobald dermassen nachgefolget/ dass es auch des Nachts vor meiner Kammer=Thür geheulet/ umb eingelas­ sen zu werden/ so gar war seine Frau bey ihm in Vergessenheit; und gibt es noch Leute zu Brüssel/ die mir hierüber Zeugnuss geben können. Denn die Wär­ me/ so das Kraut zu erst durchwärmet; doch nicht die Wärme allein und vor sich/ sondern weil sie durch einen gewissen Ausfluss der natürlichen Geister er­ wecket worden/ lencket das Kraut gantz zu siclv' und macht es des Menschen Natur theilhafftig. Wenn solches nun diesen Sauerteig in sich genommen/ zeucht es durch eine Magnetische Krafft (per magnetismum) eines andern Geist herbey/ und beweget denselben zur Liebe. " (S. 1015/ 51) Deutlich spüren wir den Einfluss von Paracelsus in dieser Schrift. Wie dieser scheut sich auch Helmont davor, diese Materie im Detail zu behandeln. Dennoch

45

schildert er uns ein Rezept und sogar eine eigene Beobachtung, deren Glaubhaf­ tigkeit er durch die Anwesenheit von Zeugen in Brüssel bekräftigen will! Helmont ist überzeugt von der Existenz wirksamer, Liebe erzeugender Phlltra. Die Wirk­ samkeit eines Liebestrankes beruht auf dem "Ausfluss der natürlichen Geis­ ter", der "Magnetischen Krafft", und der "Mumialischen Zusammen-Gärung" (latrochemIker!). Der Inhalt dieser Begriffe basiert eindeutig auf den Vorstellun­

gen der Sympathielehre (Siehe Mumia (G), Magnetismus (G)). Im Gegensatz zu Paracelsus erwähnt aber Helmont in diesem Zusammenhang weder die Zauberei noch die Liebeskrankheit. Andreas Tenzel

ca.Mitte des 17.Jahrhunderts

Ebenso von der Sympathielehre durchdrungen war der Paracelsusanhänger Andre­ as Tenzel aus Nordhausen. Auch er arbeitet mit den Begriffen Magnetismus und Mumia (er schrieb unter anderem ein Buch "De Mumia"). Bei Tenzel stossen wir zudem auf den Begriff der "Transplantation" (G).^) Nach Tenzel können Lie­

bestränke nicht nur die Liebe von Mann und Frau erwirken, sondern auch die Liebe von Mann zu Mann; ja sogar Feinde und Gegner werden damit versöhnt (S. 10 ff /33 und § 17 / 49). Seine "In die Ferne würkende Arzney-Kunst" ist ein 52) von den Zeitgenossen oft zitiertes Werk. ' Michael Ettmüller

1644-1683

Die Schriften des Leipziger Iatrochemikers sind im Zusammenhang mit unserem Thema von grosser Bedeutung. In seiner Schrift "Von den Krankheiten der Wei­ ber" nennt er die Chlorose "Liebesfieber". Die Kranken werden blass oder gelb­ lich, bekommen rote Kreise um die Augen, haben ungleichen Puls und sind trau­ rig. Die Ursache des Liebesfiebers liegt in den zurückgehaltenen und verdorbe­ nen Genitalsäften. Deshalb empfiehlt Ettmüller zur Therapie den Beischlaf: "Jn der cur hilfft nichts leichter und eher, als öffterer beyschlaf mit einem gu­ ten starcken kerl. Denn auf diese art ... werden offt aus den gärstigsten jung­ fern die schönsten weiber". (S. 670 ff/ 37) Obwohl Ettmüller die Liebeskrankheit noch gesondert behandelt, wird in dieser Zeit die Tendenz deutlich, die Liebeskrankheit als ein Frauenleiden in den For-

51) Auch dieser, heute in der naturwissenschaftlichen Medizin benutzte Fachausdruck, fusst ursprünglich auf magischen Vorstellungen (Siehe S. 31 oben). 52) Tenzel, Andreas: Mediclna diastatica oder in die Ferne würkende ArzneyKunst. Leipzig und Hof 1753 (Literaturangabe aus S. 35/10).

46

menkreis der Hysterie aufzunehmen. Später werden die Begriffe Chlorose, Fu­ ror uterlnus und Nymphomanie teils zu Synonyma der Liebeskrankheit. Ett­ müller selber schildert die Liebeskrankheit (Amor lnsanus) lm hergebrachten Sinne. Sie Ist eine Abart der Melancholie, die oft In Manie ausartet. "Den Amor insanus muss man teils mit ethischen, teils mit medizinischen Mitteln hel­ len" (S. 506 ff/36). Die medizinischen Mittel entsprechen jenen der traditionellen Melancholiebehandlung. Neben der Liebeskrankheit behandelt Ettmüller die Philtra, die Tollwut und den 55) Tarantlsmus lm gleichen Kapitel. ' Schon der einleitende Satz, "Ich unterschei­ de die Philtra vom Amor Insanus" (Distinguo enim philtra ab amore insano,... S. 506 ff/36), weist auf die scheinbar übliche Verschmelzung der beiden Krankheltsbilder hin. Ettmüller unterscheidet wahre und falsche Philtra (Haec lpsa philtra sunt vel vera vel sunt falsa). "Falsche Philtra werden von alten Vetteln und Frauen, bisweilen auch von Prostituierten gebraut" (S. 507 /36). Ohne

Hilfe der Magie sind solche Philtra unwirksam oder sogar gefährlich, was er mit dem Beispiel von Heer erläutert (Siehe S. 71). Zusammengesetzt sind die falschen Philtra aus den verschiedensten Substanzen der Dreckapotheke. Ettmül­ ler betont, dass es für einen Arzt schwierig sei, wahre von den falschen Phil­ tra zu unterscheiden. "Falsche Philtra" verursachen seiner Meinung nach ein polysymtomatlsches Krankheitsbild: "Sie verursachen keine bestimmten Schäden, daher werden verschiedene Unter­ scheidungsmerkmale angegeben. Oft fühlen sich die Kranken, kurz nachdem sie gegessen oder getrunken haben schlecht. Oft haben sie dann selbst den Verdacht, jemand könnte ihnen ein Phlltrum verabreicht haben. Besonders haben die Befal-

53) Chlorose = Liebeskrankheit siehe S. 51 und 82 . Siehe auch unter ’Amato­ ria febris’ /71. Furor uterinus = Liebeskrankheit siehe S. 51, 53 und 61. Nymphomanie = Liebeskrankheit siehe S. 51 , 53 und 79. 54) Hier möchte ich bemerken, dass Ettmüller zur Behandlung von Melancholie und Manie die frisch entdeckte Transfusion empfahl, was er in seiner "Dis­ sertatio de Chirurgia transfusoria;" Conclusio VH. Lips. 1682 (Oper. Tom. IV.p.850) ausführt. (Aus /44, S. 164 und 179) 55) An anderer Stelle unter dem Titel "Von toller hunde biss" erwähnt Ettmül­ ler auch die Liebestränke. Die Tollwut entsteht aus einer "äusserlichen Ur­ sache!' Diese ist "ein sauerteig, der von dem tollen thier mitgetheilet wor­ den, an und vor sich selbst aber nicht gifftig ist, in das geblüth dringet, und es dem blut des beissenden thiers gleichförmig macht. Darzu gibt der Speichel, der durch die kranckheit in gehren gerathen, und den humoribus mitgetheilet worden, gelegenheit. ... Das übrige phantasiren von äusserli­ chen ureachen kommt entweder von Sachen, die man zu sich genommen hat, oder von liebes=träncken her; ... Durch llebes=träncke verstehet man ein mittel, dadurch einer person liebe gegen eine andere erwecket wird. Die­ ses phantasiren muss man aber von einer unsinnigen liebe unterscheiden; denn gleich wie aus übermässiger betrübniss eine melancholle kan erwecket werden, so entstehet auch solche von unmässiger liebe." (S.649 ff/37)

47

lenen Magenschmerzen und Geistesverwirrungen. Eigenartig ist, wie bisweilen periodische "Liebesanfälle" (periodice impetus amatorius) aus einem Philtrum entstehen können". (S. 508 /36) Auch solche "falsche Philtra" besitzen also zum Teil noch die Fähigkeit, eine Abart von Liebe, zum Beispiel in Form von periodischen "Liebesanfällen", her­ vorzurufen. Ettmüller illustriert uns dies mit dem Seite 40 wieder gegebenen Fall von Lang. Die Therapie der "falsch-Inphiltrierten" besteht in Brechmitteln, schweisstreibenden Mitteln und anderen speziellen Heilmitteln. Bei Verdacht auf Magie sollen direkte Remedia gegen die Zauberei angewandt werden (remedia contra incantationem di recta. S. 508 /36). Ganz anders denkt Ettmüller über die "wahren Philtra". Er schreibt: "Diese wahren Philtra, die nur auf Grund von Ehrenhaftigkeit und Liebe ange­ wandt werden, sollen nicht verboten werden". (S. 508 /36) Dass solche, auf eine bestimmte Person gerichtete Liebestränke existieren, ist für ihn eine Tatsache: "Allgemein wird dies verneint, jedoch entgegen der Erfahrung. Es ist bekannt, dass richtig zusammengesetzte Philtra diese Macht besitzen". (S. 506 /36) Er erläutert dies anhand des "Hundebeispiels" von Helmont (Siehe S.44), und mit der folgenden Geschichte: "Hartmann hatte einen Spatzen, dem er ein geeignetes, dem Pflanzenreiche entnommenes Philtrum voreetzte. Dieser Spatz, der ihn nie mehr verliess, war auch bei ihm, wenn er im Museum war. Er flog neben ihm, wenn er Kranken­ besuche zu machen hatte". (S. 507 /36) Die theoretischen Grundlagen der "wahren Philtra" übernimmt Ettmüller von Hel­ mont, auf den er sich als "beeten Lehrmeister" in dieser Angelegenheit bezieht. Ausführlicher als der genannte, versucht Ettmüller auch die Begriffe Mumia (G), Transplantation (G) und Sympathie zu erklären. Dissertation Gröllmann

1683

Ganz im Sinne der Befürworter der "wahren natürlichen Liebestränke" veröffent­ lichte Johannes Daniel Gröllmann in Wittenberg eine Dissertation "De Philtris". Wie Ettmüller unterscheidet er zwischen wahren und falschen Philtra. Die "Phil­ tra vera" sind nicht nur erlaubt, sondern gehören sogar in das Repertoire eines guten Arztes: "Ein erprobter und wahrer Arzt darf wahre Liebestränke auf erlaubte Weise ge­ brauchen ohne Gewissensbisse, wenn nötig sogar gegen die Meinung Galens lib. 10 Fac.Simpl. ..." (Siehe Seite 22). (§ 7/49)

Gröllmann gibt uns auch die Zusammensetzung der " wahren Liebestränke" be-

56) Was für ein Hartmann damit gemeint ist, konnte ich nicht eruieren.

48 kannt. Sie stammen aus dem Mineral-, Pflanzen- und Tierreich (§ 13ff/ 49).

Aus dem Mineralreich nennt Gröllmann beispielsweise Gold und Edelsteine. Aus dem Pflanzenreich erwähnt er sexuell stimulierende Substanzen (Pharmaca venerem Stimulantia) und die oft genannte Herba Indica (G). Dem Tierreich entstam­ men Bachstelzenteile pulverisierte Taubenherzen, Kröten usw. Schlussendlich werden die üblichen menschlichen Excremente aufgezählt, darunter zum Beispiel die Nachgeburt. Gröllmann übernimmt die Vorstellungen Tenzels über den An­ wendungsbereich der "wahren Liebestränke". Seine Ueberzeugung betreffs der "Philtra vera" mag folgende Stelle erläutern: "Dass durch geistige Mumia oder durch natürliche und heilbringende Philtra zwi­ schen vorher feindlichem Mann und Frau Liebe erweckt wird und andere wunder­ liche und nützliche Wirkungen (technurgemata) erreicht werden, wird bis jetzt von den Gelehrten in tiefstes Stillschweigen gehüllt. Dabei ist es den Bauern und dem niederen Volke zur Genüge bekannt, die Ihrerseits durch die gleiche Mumia ihre Tiere, seien es Gänse, Hühner oder Tauben zur Liebe bringen." (§14/49) Die theoretischen Grundlagen sind dieselben wie bei Paracelsus, Helmont, Tenzel und Ettmüller. Gröllmann versucht die Glaubhaftigkeit der Sympathielehre aber noch durch die vor kurzem neu entdeckte Transfusion zu untermauern. Er zitiert D. Klein: "Was das lebendige Blut in diesen (Eheleuten) bewirkt, zeigt D. Kleinius^in sei­ ner Rede über den Nutzen der Blut-Transfusion auf, aus Eltzhotziusf Chirurgia Infusoria wie folgt: Wenn von zweien der eine dem anderen aus Hass nach dem Leben trachtet, schliessen sie nach gemeinsamer Transfusion Frieden, der voll und beständig ist. So entsetzte sich D. Eltzholtzius unter anderen Vermutungen und Hypothesen, fassend auf sympathetischen 58) Grundlagen, nicht, darin über­ einzukommen, dass wenn zwischen zerrüttetem Mann und Frau eine Blut-Trans­ fusion erfolge, dies eine harmonische Einigkeit zur Folge haben werde". (§17/49) Das menschliche Blut gehörte schon immer zu einem der wichtigsten Ingredientien der Liebestränke. Die oben beschriebene Wirkung der Blut-Transfusion stell­ te für die Befürworter der Liebestränke einen willkommenen "wissenschaftlichen Beweis" ihrer Theorie dar. Im folgenden beschäftigen wir uns mit den falschen, oder wie Gröllmann sie auch nennt, "Pseudophiltra". Meist werden diese unerlaubten, unehrlichen Werke des Teufels von Dirnen, Hexen und anderen Frauen ausgeübt (§6/49). Die Pseu­

dophiltra entstammen ebenfalls dem Mineral-, Pflanzen- und Tierreich. Erwähnt seien unter anderem: Lehm, Wachs, Mandragora (G), Hippomanes (G), Schwanz­ haare eines Wolfes (Siehe Anm.43), Katzenhirn (Siehe Seite 36), Hasenblut, Hy-

57) Kleins Schrift erschien 1680. (D.Kleinius: Sanguinea appollineae palaestrae acies etc. Herbipol. 1680), Ettmüllers Schrift über die Transfusion zwei Jah­ re später. Siehe Anm.54. 58) Die Begriffe "sympathisch" und "sympathetisch" werden in der Literatur sy­ nonym verwendet. 59) Ich bin überzeugt, dass auch zur Entdeckung der Bluttransfusion das "Sympa­ thie-Weltbild" entscheidendes beigetragen hat. Siehe Anm.31 und 51.

49

aenenuteruB, Hemmfisch [Remora(G)], Jynx (G), Teile eines Verstorbenen, Na­ belschnur, aus dem Körper gezogene Pfeile usw. Die Fblgen eines falschen Lie­ bestrankes sind Wahnsinn, Insanla oder sehr oft die Liebeskrankheit (Ero­ tomanie oder Melancholia ex amore producta §20 /49). Er führt als Beispiele die bekannten Fälle von Caligula, Lucull und Lucrez an. Interessanterweise fügt er diesen die Legenden über Karl den Grossen (Siehe S. 28) und den liebeskran ken Prinzen des Erasistratos hinzu (§20 /49). Die Liebeskrankheit wurde somit zu einem typischen Symptom einer "Pseudo-Inphiltration": "Ob diese (verschiedenen Krankheiten) jedoch von einem falschen Philtrum her­ rühren kann nicht sofort noch jedesmal festgestellt werden, äusser wenn der Arzt sieht, dass sie in Erotomanie, Furor uterinus, Priapismus oder Satyriasis [insbesondere wenn diese gegen ein gewisses Objekt gerichtet ist, mitunter aber auch wenn sie sich gegen alle richtet) übergehen. Erst dann stellt sich der Verdacht auf ein falsches Philtrum ein". (§23 /49) Lesen wir Gröllmanns Beschreibung einer durch ein Pseudophiltrum erzeugten Melancholie, so finden wir darin nichts anderes, als die uns bekannte klassi­ sche Symptomatologie der Liebeskrankheit: "Die durch ein Philtrum erzeugte Melancholie zeigt das öftere Verlangen nach einer bestimmten Person an, das mit Worten, Gebärden und durch schlechtes Betragen ausgedrückt ist; Puls und Gesichtszüge verändern sich, wenn dem Pa­ tienten unversehens die geliebte Person gegenübertritt oder wenn er auch nur an sie denkt. Alle Leidenschaften kommen durcheinander, ... er vergisst und ver­ nachlässigt Speise und Trank, das Gesicht wird bleich, der Körper ist ge­ schwächt, die Augen werden hohl, umringt und fallen ein, ... entweder hören sie gerne Liebesgesänge oder verfassen sie selbst, endlich wollen sie oft Selbst­ mord begehen". (§24 /49) Da hinter den "falschen Philtra" meist etwas teuflisches stecke, muss der rich­ tig diagnostizierende Arzt beurteilen können, ob das Geschehen innerhalb der natürlichen Sphäre sich abspielt oder nicht (natürliche oder übernatürliche Phil­ tra). Dazu braucht es seine Klugheit, denn der Teufel mische sich oft in die na­ türlichen Ursachen der Krankheiten ein, um sie zu seinem Zwecke zu missbrau­ chen (nam Artista infernalis causis naturalibus se saepe immiscet, et abutitur. §22 /49).60) Weitere differentialdiagnostische Zeichen sind wie schon bei Ettmül-

ler: Magenschmerzen (oft jahrelang), Geistesverwirrung, Blähung des Abdomens und die typischen "periodischen Liebesanfälle" (§23 /49), wobei auch Gröllmann das Beispiel von Lang zitiert (Siehe S. 40). Zur Therapie der Pseudophiltra werden neben den üblichen Vomitoria und Sudorifera spezifische Mittel wie Kot der Geliebten (Siehe auch Cardano S. 34), das "Nasturtium Aquaticum" (G), das "Electuarium Hartmann!" (G) und viele andere

erwähnt (§36,39 /49). Folgerichtig fügt Gröllmann auch die Therapie der durch ein Philtrum verursachten Liebeskrankheit hinzu (§40 /49). Er betont zwar:

60) Siehe auch Zusammenfassung S. 14 oder Weier S. 33.

50 "Der durch ein Philtrum verursachte Amor insanus muss von dem Amor insanus unterschieden werden, der eine innere Ursache hat, und eine Abart der Me­ lancholie ist". (§30 /49)

Trotzdem lässt sich die Therapie seiner "Philter-Liebeskrankheit" schwerlich von den uns bereits bekannten Therapien der Liebeskrankheit unterscheiden. In hoffnungslosen Fällen rät er zur Transfusion ($42 /49)'.

Jakob Waldschmidt

1644-1689

Johann Jakob Waldschmidt war ein iatrochemisch orientierter Professor in Mar­ burg. Ueber die Liebestränke schreibt er: "Bei der Frage, ob es Philtra gibt, muss ich bekräftigen, dass es absolut nicht absurd ist, dass die Spiritus animales auf ein ganz bestimmtes Objekt gerichtet werden können. Wir sehen dies bei Hunden. Gibt man ihnen Brot, Käse oder ein Fleischstücklein, das man einige Zeit unter den Achseln oder im Stiefel auf­ bewahrt hat, so kann man ihren Geist so beeinflussen, dass sie ihren Wohltäter nie mehr verlassen. Andere erzählen dasselbe von Vögeln. Philtra werden aus Blut, Milch oder Urin zubereitet. Mit Hilfe der Daemonen (ope Daemonum) fü­ gen sie [gemeint sind die Hexen] diesen Gifte bei, die das Blut bald sehr scharf und zerstörend machen. Deshalb werden die Menschen traurig und melan­ cholisch, denen ein Philtrum gegeben wurde". (S. 1041 /103) Einleitend bekräftigt Waldschmidt, ähnlich wie Helmont, die Möglichkeit wirksa­ mer Liebestränke. Magische Elemente spielen jedoch bei ihm eine grosse Rolle. Auffallend ist auch hier die "naturwissenschaftliche Bemäntelung" der Magie. Die Wirkung der Daemonen ist hier nicht metaphysischer Art, sondern sie wir­ ken über ein physisches Substrat (z.B: Gifte). Bezeichnenderweise sagt der Iatrochemlker Waldschmidt über die Hexen und den Teufel: "Die Hexen führen Krankheiten durch natürliche Mittel oder durch reine Ueberredung herbei. So schreiben sie den Erfolg sich selber zu, obwohl der Teufel es selbst war. 61) Der Teufel ist ein sehr erfahrener Chemiker (artifex rei Chymicae est peritissimus). Er kann Gifte bereiten, durch die, wenn man sie auf öffentlichen Wegen ausbreitet, derjenige, dervorbei geht, sofort infiziert wird. Auch die Zirkulation des Blutes und die Bewegung der Spiritus animales kann er auf verschiedenste Weise beeinflussen... Leicht kann man erkennen, dass der Daemon wunderliche Dinge im Körper zu verrichten weiss. So wenn er zum Beispiel nur die Zirbeldrüse mit mannigfaltigen, entgegengesetzten Be­ wegungen (illlsque contrariis motibus) heftig bewegt". (S. 1040/103)

Jakob Woyt

1671-1709

Er studierte in Leipzig und Königsberg, wo er später Professor wurde. Woyts

Aussagen in seinen veschiedenen Werken sind widersprüchlich. Im Kapitel "De amore insano, et philtris" (S. 396 ff/112), nennt er die Liebeskrankheit auch im* 61) Vergleiche mit der Auffassung Weiers über die Hexen S. 33. Dieser Text zeigt uns schön die Vorstellungen eines Iatrochemikers über den Teufel.

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alten Sinne "Heros" und Liebes-Melancholie, Jedoch auch "Liebes-Fieber". Sie befällt in gleichem Masse beide Geschlechter. Die Ursachen der Krankheit un­ terteilt er in moralische und materielle. Zu den ersteren zählt er zum Beispiel "eine übele Auferziehung, den öfftern Umgang mit unzüchtigen Personen, Müsslggang, Verführung, beygebrachte Meynung" (S. 396 /112). Zu den materiellen Ur­ sachen rechnet er "hitziges, scharffes und saltzig Geblüte, Überfluss des Saamens, bey Frauenzimmern verstopffte monathliche Zeit und so fort" (S.397 /112). Wir sehen, wie hier das Schwergewicht auf die Genitalsäfte verlegt wird. Als Liebesfieber (Febris amatoria) bezeichnet Woyt an anderer Stelle die Chlorose, die hier mit der Hysterie engstens verwandt erscheint: "Die vornehmste Ursach dieses Übels ist ein Mangel der Monats=Blum, und die Verstopffung der Vasorum Uteri, öffters kommt noch darzu heimliche Liebe und versagter Beyschlaf, verdorbene Humores der Genitalium, dass sie also unter das Blut kommen". (S.531 /113) Chlorose und Liebeskrankheit vermischen sich somit bei Woyt stark miteinander. Die beete Therapie des Liebesfiebers ist wie bei Ettmüller (Siehe S.45) der Bei­ schlaf. 62> Im folgenden Kapitel behandelt Woyt den Furor uterinus oder die Liebes-Raserei (S, 534/113), welche er an anderer Stelle wiederum dem Amor insanus gleich­ stellt (S.92 /114). Diese Liebes-Raserei, auch Melancholla mulierum, Priapis­ mus foeminarum oder Nymphomanie genannt, "ist ein Jucken und steter Liebes* Kitzel, hierzu geben Gelegenheit Enthaltung des Beyschlafs, dahero werden am meisten die Jungfrauen und Wittwen ... geplaget, item Schärfte des Bluts oder Saamen=Saffts, gute Speisen, WUrme, Liebes=Träncke, Giffte etc" (S. 535 /113). Bei Woyt verwischen sich also die Grenzen zwischen den Krankheitsbildern des Amor Insanus, der Chlorose, des Furor uterinus und der Nymphomanie. Im schon genannten Kapitel "De amore insano, et philtris" definiert Woyt die Lie­ bestränke als Substanzen, die eine bestimmte Person wider ihren Willen zu ei­ ner heftigen Liebe antreiben. Die Phlltra werden in natürliche und magi­ sche (übernatürliche) unterteilt. "davon die erstem entweder an und vor sich selbst eine Virtutem specificam,

62) Die Annäherung der beiden Krankheitsbilder Liebeskrankheit und Chlorose wird besonders auch im "Tractatus de virgine, chlorosi laborante" vonlohannes Crüger deutlich, wo er zu den Ursachen der Chlorose auch die "animi passiones" zählt, wie Schrecken, allzugrosse Freude und unerlaub­ te Begierde, "die gemäss einem goldenen Ausspruch des Hippokrates fast immer sich zeigt. Desshalb gesellen sich nicht selten auch der Furor ute­ rinus und Amor insanus hinzu. Das in den Geist aufgenommene liebliche Bild der geliebten Sache verwirrt den Geist und verursacht eine so ausser­ gewöhnliche Hitze, dass daraus folgerichtig Fieber und andere Gebrechen entstehen müssen ..." (S. 23 /28)

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die Liebe zu erwecken haben, oder durch Sympathiam naturalem dergleichen Würckung zuwege bringen;" (S. 398 /112) Im Zusammenhang mit den natürlichen Philtra erwähnt Woyt auch die Aphrodi­ siaka: "Dass man natürliche Mittel habe, welche zur Wollust und Beyschlaf reitzen, ist eine ausgemachte Sache, ...ob aber in der Natur dergleichen Philtra vor­ handen, welche die Liebes=Neigung zu gewissen Personen oder Sachen determiniren und nöthigen, wollen wir anletzo nicht weitläufftig untersuchen..." (S. 398 /112)

Woyt ist der Meinung, dass die Wirkung natürlicher Philtra vor allem auf der Schönheit und Anmut oder in der "Einbildung der verliebten Gecken" beruhe. Die Therapie dieser "nur in der Einbildung" bestehenden Philtra, entspricht der­ jenigen des Amor insanus. Die Möglichkeit magischer Philtra bezweifelt Woyt nicht im geringsten, denn dort wo er keine erklärbaren Ursachen findet, "die Sache gewiss nicht ohne Hexerey zugehe". Rein durch Magie, ohne Zuhilfenahme materieller Ingredientien verursachter Liebeszauber, erfordert zur Kur "ein andächtiges Gebet, und ande­ re Theologische Mittel". Eine eigene Differentialdiagnose widmet Woyt den "Inphiltrierten", denen "in der That etwas beygebracht worden". Als bekannte Substanzen nennt er zum Beispiel das Menstrualblut (G) und das Hippomanes (G). Die Symptome wie "Hertzens= Angst, Magendrücken, Uebelkeiten, Eckel, Ohnmächten" oder Erbrechen lassen auf ein solches, in der Tat gegebenes Philtrum schliessen. In diesem Falle be­ steht die Therapie im sofortigen Verabreichen von Brechmitteln und Sudorifera. Sodann zählt Woyt eine Reihe spezifischer Heilmittel auf, die grossteils aber wiederum auf magischen Vorstellungen beruhen, wie zum Beispiel Pulver von der Nachgeburt der Erstgebärenden, Mumia und deren Essenz, Magnetstein (G) und so fort. Auffallend bei Woyt ist der Versuch, zwischen materiellen und substanzlosen na­ türlichen Philtra zu unterscheiden (S.398 99 /112). Magisch substanzlosen Lie­ beszauber kennen wir schon seit dem Altertum (Siehe S.6). Neu ist Woyts Ver­ such, auch natürliche Liebestränke von der Materie loszulösen. Diese können bei ihm "nur in der Einbildung bestehen", und werden wie der Amor insanus be­ handelt. Somit stellt Woyt den Begriff Philtrum praktisch dem der Liebeskrank­ heit gleich. Eine Bestätigung dafür finden wir in einem anderen Werk, in dem Woyt Philtrum definiert als "unwillige gezwungene Liebe", verursacht zum Bei­ spiel durch Essen, Trinken oder Medikamente, also durch einen Liebestrank (S. 23/113). Die Ursache dieser "Philter-Liebeskrankheit" ist ebenfalls "eine an­ genehme oder auch rasende Idea, welche den Geistern fest eingepreget ist". Obzwar er als Ursache eine Idea genannt hat, folgt dennoch die übliche Therapie mit Brechmitteln, schweisstreibenden Mitteln und Spezifica, worunter wir hier

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wieder die pulverisierte Nachgeburt, das Nasturtium aquatlcum (G) und das Electuarlum Hartmanni (G) finden (S. 24 ff/113). Obwohl sich Woyt, wie wir sahen zum Teil widerspricht, und die Definitionen der einzelnen Begriffe verwirrt, ist sein Versuch, materielle von immateriellen na­ türlichen Liebestränken zu trennen, bemerkenswert. Indem er die Phlltra teils als reine Einbildung betrachtet, finden wir also bei Woyt einen Ansatz, alte ma­ gische Ideen zu "psychologlsieren".

Dissertation Bieler

1717

Ambrosius Carolus Bieler schrieb in Jena eine Arbeit "De Amore insano". Haupt­ ursache dieser Krankheit ist bei ihm die verdorbene "Materia seminalis". Weiter werden dazugezählt das biliöse oder cholerische Temperament und eine "Disposltio haereditarla" ("Der Apffel fällt nicht weit vom Stamme"). Bevorzugt werden bei Bieler die Frauen von diesem Leiden befallen. Er begründet dies auch auf anatomische Weise:^

"... der männliche Samen sei gleichsam wie In einer Vorratskammer in den Sa­ menblasen aufgespeichert, während die Materia serninalls der Frauen mit dem Gehirn viel eher in Kontakt komme", (§11 /19) Er nennt daher die Liebeskrankheit auch Furor amatorius et uterinus, Nymphomania und Mania hysterlca. Doch schliesst Bieler auch das stärkere Geschlecht von der Melancholla amatorla oder, wie er sie auch nennt, der Satyriasis nicht aus. Er stellt den Llebeskranken eine schlechte Prognose, da diese Krankheit oft In Manie ausarte. Bei Aderlässen rät er zur Vorsicht. Diese Therapie sei seit der Entdeckung des Blutkreislaufes obsolet. Man soll nie so handeln, wie Molière schreibt: "Clysterium donare, postea selgnare, ensulta purgare" (622/19). Zu den genannten Ursachen des Amor insanus zählt Bieler auch die Phlltra, von denen er schreibt: "Es ist, glaube ich, nicht unpassend, an dieser Stelle etwas über die Phlltra zu sagen. Kann nicht durch diese eine sehr grosse Liebe zu dieser oder jener Person entstehen; ja sogar der amor insanus verursacht werden? Paracelsus bekräftigt dies als erster ..." (§14/19) Im folgenden zitiert er wörtlich die bekannten Stellen aus Paracelsus und Helmont. Hinzu fügt er eine Geschichte von Theodor Moretus, der schreibt:

63) Interessant ist auch die Stellung der Frau im Bezug auf die Liebeskrankheit. Während bis zur Renaissance die Liebeskrankheit ein geschlechtsunspezlfl· sches Leiden war (die Männer wurden teils sogar noch häufiger befallen, siehe Gordon S.26), sind es jetzt besonders die Frauen, die zur Liebes­ krankheit disponiert sind.

54 "Ich weise von einem Mann, der einige Male emelg einen Rosenstrauch mit sei­ nem Blut begoss, das er der Vene entnommen hatte. Diese Rosen schenkte er einem Magnaten mit der Aufforderung, daran zu riechen. Mit dem Geruch der Rose, ging in den Prinzen ein Affektus sympathicus gegenüber dem Untergebe­ nen ein. Dieser Affekt war so stark, dass selbst der Prinz erstaunt war. Da­ durch gewarnt, nahm dieser nie mehr Rosen zum Geschenk äusser solchen, die er selbst gepflückt hatte". (914/19) Anhand des Gesagten können wir Bieler ebenfalls zu den Befürwortern der "wah­ ren natürlichen Philtra" rechnen. Er schliesst sein Kapitel über die Liebestränke mit den Worten: "Zur Frage, ob nicht durch Philtra der Furor amatorius verursacht werden kön­ ne? glaube ich, ist es nicht unsere Pflicht, hier Beispiele zu erwähnen, da ja dies die Erfahrung immer wieder beweist". (914/19)

RUECKBLICK

Die Disskussion um die Liebestränke wurde von der Renaissance übernommen und ausgebaut. Die Sympathielehre gilt bei den Befürwortern als Grundlage und Wirkungsprinzip der "wahren natürlichen Philtra" (Helmont, Gröllmann, Ettmüller, Bieler). Im Vergleich zur Renaissance bemühen sich in dieser Zeit die Au­ toren stark um eine Differenzierung des "Philterbegriffes". Man versucht die Liebestränke in wahre und falsche (Ettmüller, Gröllmann), natürliche und über­ natürliche (Woyt) zu unterteilen. "Wahre natürliche Philtra” verursachen auf Grund der Sympathielehre eine ganzheitliche Liebe. Pseudophiltra hingegen be­ wirken ein polysymptomatisches Krankheitsbild, welches sehr oft der Liebes­ krankheit gleichgestellt wird (Siehe Skizze S.13). Falsche Philtra entbehren der wahren sympathischen Grundlage und sind als Venena oder Veneficia zu betrach­ ten. Interessant ist Woyts Ansicht, dass ein Philtrum nicht an eine materielle Sub­ stanz gebunden zu sein braucht. Schon die "Einbildung der verliebten Gecken" ist seiner Meinung nach einem Philtrum gleichzustellen. Wir finden somit bei ihm einen deutlichen Ansatz, das Problem psychologisch zu betrachten und ma­ terielles von immateriellem zu trennen. Unverkennbar ist in dieser Zelt ein Zu­ sammenhang zwischen Philtrum und Liebeskrankheit hergestellt, zum Teil wer­ den die Begriffe sogar synonym verwendet. Deutlich ändert sich auch das Bild des Liebeskranken in dieser Zeit, wenn auch die somatischen Hauptsymptome (Blässe, Magerkeit, hohle, trockene Augen, Pulsveränderungen) dieselben bleiben. Das Bild des Liebeskranken, bis anhin als adynamisch-depressiv, an platonischer Liebe leidend, vorwiegend männliche Persönlichkeit geschildert, wandelt sich zur rasenden, sexuell erregten, vor

55 allem weiblichen Person. Bei Woyt und Bieler wird die Liebeskrankheit zu ei­ nem eindeutig hysterisch anmutenden Krankheitsbild, verursacht durch die Geni­ talsäfte (Mania hysterica).

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GEGNER DER "WAHREN NATUERLICHEN PHILTRA"

Daniel Sennert

1572-1637

Ungefähr zur gleichen Zeit wie Helmont lebte in Wittenberg der Iatrochemiker Sennert. Er war ein bekannter Kliniker, und seine Schriften galten als Standard­ werke der damaligen Medizin. Sennert widmet darin ein ausfilrliches Kapitel den Liebestränken und dem Amor insanus. Für ihn ist dieses Leiden ein "Delirium melancholicum, ex amore nimio ortum" (S. 355 /90). "Die Hauptursache dieses Deliriums ist die starke Beeindruckung durch das ge­ liebte Objekt, oder die Liebe. Nicht jene zärtliche Liebe zu Gott, zur Tugend, zum Guten und Ehrbaren, zu den Eltern, Kindern oder zwischen den Ehepartnern, sondern die geschlechtliche Liebe (sed Venereus), an der die vernunftbe^bten Menschen siechen". (S. 355 /90) Obwohl Sennert sich in der Beschreibung der Liebeskrankheit sonst stark an die alten Autoren hält (Hereos, Discus), gleicht die wiedergegebene Schilderung eher den Krankheitsbildern der Nymphomanie oder Satyriasis. Auch seine Therapie­ vorschläge sind die altbekannten, so weist er auf die Ethici und die Remedia Amoris Ovide hin. Entspringt die Krankheit dem Geschlechtstrieb (ex Veneris

appetitu) und dem Ueberfluss an Samen, befolge man den Rat des heiligen Paulus: "Besser ist es, zu heiraten als zu brennen" (Siehe Anm.41). Zu den weiteren Ur­ sachen der Liebeskrankheit zählt Sennert neben der Musse, dem Alleinsein, ein­ gebildeten Vorstellungen, dem Lesen von Liebesromanen und Liebesgesprächen auch die Liebestränke: "Weil zu den Ursachen des Amor insanus von vielen auch die Philtra gerechnet werden, will ich hier einiges dazu sagen". (S. 357 /90) Schon einleitend klammert Sennert die Frage der zauberischen (übernatürlichen) Philtra aus. Er behauptet, eine gegenseitige Liebe (mutuum amorem) bei einer bestimmten Person mit einem Liebestrank auszulösen, sei unmöglich. Er begrün­ det seine Ansicht mit dem logischen Schluss: "Zur Liebe braucht es die Kenntnis des geliebten Objektes. Was man nicht kennt, nach dem hat man kein Verlangen. Jene aber, denen man ein Philtrum vorsetzt, haben ja oft keine Ahnung, dass und von wem sie geliebt werden ... Dass die Geschlechtslust von solchen Medikamenten gesteigert werden kann, bezweifeln wir nicht im geringsten. Aber dieser Trieb wird dann nicht auf eine bestimmte Person gerichtet, sondern auf Irgend eine Person, die gerade zugegen ist". (S. 358 /90)

56 Sennert gesteht somit den natürlichen Philtra nur eine sexuell stimulierende Wir kung zu. Sehr oft entstehe aus Liebestränken aber auch Furor und Insania, wie das die Beispiele von Lucull und Lucrez bezeugen (Siehe S.27). Er zitiert den Leitspruch Ovids: "Philtra nocent anlmis, vlmque furoris habent" (Siehe S. 19). Sennert fügt sogar noch eine eigene Beobachtung hinzu:

"Auch ich kenne einen Fall hier in Wittenberg. Ein Schumacher nahm vor eini­ gen Jahren ein Philtrum zu sich, worauf er viele Jahre in Wahnsinn lebte und schliesslich wahnsinnig in einem Kloster starb". (S. 359/90) Als Kind seiner Zeit bespricht Sennert an anderer Stelle die Wirksamkeit der übernatürlichen Liebestränke:

"Die Krankheiten, die der Teufel auf natürlichem Wege verursachen kann, sind vielfach. Er kann vitlöse Säfte (vitiosos humores), die er erzeugt und bewegt in Gehirn und Nerven hochsteigen lassen, Epilepsie, Konvulsionen und Paralyse auslösen. Mit melancholischen Säften verschmutzt er den Geist und verursacht Melancholie. Eine solche Art der Melancholie iBt auch der Amor insanus und grundloser Hass gegen irgendjemanden. ... Hierher gehört auch, was über die Philtra gesagt wird, von denen ich schon in Lib. l.Pract.part. 2. cap. 10 gespro­ chen habe. ... Ich will nicht abstreiten, dass sich der Teufel manchmal auch hier einmischt, und das, was er selbst angerichtet hat, den Philtra und derar­ tigen Tränken zugesprochen wird. So gibt es gewisse Zeremonien und Gifte, die auf Anraten des Teufels zur Erweckung der Liebe angewandt werden. ... Ich begnüge mich hier damit, daran zu erinnern, dass alle diese Dinge keine Liebe zu bewirken vermögen. Sollte dies einmal auf Wunsch der Hexen geschehen, so vermag dies einzig der Teufel zu bewirken. Dieser vermag die Säfte und den Geist in Begierde zu entflammen, indem er der Phantasie und dem Gedächtnis ein Bild der Geliebten oder des Geliebten als sehr schön und anziehend vorgau­ kelt". (S. 409 ff/91) Wie schon bei Weier und im Gegensatz zu Waldschmidt, wirkt auch hier der Teufel über die melancholischen Säfte, in deren natürliche Funktionen er stö­ rend eingreift. So bewirken bei Sennert die magischen Liebestränke als solche keine Liebe, sondern diese ist ausschliesslich das Ergebnis der teuflisch beein­ flussten Säfte.

Gregor Horst

1578-1636

Er war Professor in Wittenberg und später in Giessen (1608-1622), wohin er vom hessischen Landgrafen berufen wurde. Seine Zeitgenossen nannten ihn den "deutschen Hippokrates". Die unter seinem Namen erschienene Schrift "Disser64) tatio n de Natura Amoris" ist ein kleines Schauspiel, das uns das damali-

Promotionsverfahren aufzeigt. Horst hält zu Beginn eine Rede vor dem Audito­ rium, dem er drei Kandidaten der Medizin vorstellt. Diese müssen ihre Disser-

64) Friedreich stellt die Authentizität dieser Schrift in Frage (S. 141 /44). Sie muss jedenfalls vor 1660 (Jahr der Herausgabe) entstanden sein. Schon Zacchias verweist auf diese Arbeit (S. 137 /115).

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tationen öffentlich dem Publikum vortragen. Sie behandeln folgende Themata: -De curatione vesani amoris -De poculis amatoriis -De pulsu amatorio Danach folgt eine "Petitio Promotoris ad amplissimum Pro-Cancellarium", in der um die "Laurea Apollinea" der drei Kandidaten gebeten wird. (Die Bitte richtet sich auch an den Landgrafen von Hessen, den Begründer der Akademie, also muss es sich um die Universität Giessen handeln.) Eine Ansprache des Rektors und der Eid der Kandidaten folgen. In einer "Renunciatio" kreiert Horst die Genannten zu Doktoren der Medizin: "Ego Gregorius Horstius Med.D. et Profess. Ordinarius, ... N.N.N. sacrae Medlcinae Doctores creo ... in nomine Sacrosanctae Trinitatis, Del Patris, Filii et Spiritus Sancti. Amen". (S.436 ff/57) Zum Schluss werden ihnen die Insignien ihrer Würde übertragen. Doch nun zum Inhalt des ganzen. Nach einer langen philosophischen Einleitung über die Arten der Liebe, bespricht Horst in seiner Vorrede den "Amor vesanus". Eine wich­ tige Ursache der Liebeskrankheit sieht er in einer Imaginatio falsa. Horst weist auch darauf hin, dass viele glauben, der Amor vesanus entstehe durch Hexerei. Der erste Dissertand, Ludovicus Jungermann, bespricht im üblichen Sinne die Therapie der Liebeskrankheit (Furor amatorius). Den grössten Raum bean­ sprucht die Abhandlung MELCHIOR SCHOENWALDERS über die Liebestränke. Er ist ein entschiedener Gegner "wahrer natürlicher Philtra": "Nun wissen wir aber, dass es wider die Natur, abergläubisch (superstitiosus) und magisch ist, auf diese Weise Liebe zu erwirken. Diese Dinge sind eines guten Mannes unwürdig, geschweige denn, dass sie von einem christlichen Arzt proklamiert werden. Nun gibt es in der Tat viele bekannte Mediziner, die den Gebrauch von Llebestränken bejahen, und sie als natürliche Dinge ansehen. Dies kann ich ihnen keineswegs gleichtun, und ich vertraue, dass ihr, liebe Zuhörer, mit mir einig gehen werdet, wenn ihr mir, der ich meine Meinung mit Argu­ menten stütze, die anderen aber mit Blitzen zerschlage, zugehört haben werdet". (S.433 /57) Im einzelnen geht Schönwalder auf die Argumente der Gegner ein. So bestreitet er die sympathetische Wirkungsweise der Philtra: "Es gibt in den Philtra nicht, wie behauptet wird, eine Sympathie, auf Grund deren sich zwei Hassende wieder versöhnen. Denn was für eine Sympathie kann denn zwischen Zeichen, Wachsbildern, Hostia, Nachgeburt etc. existieren und einem Menschen, der mit den Fesseln der Liebeskrankheit (amor vesanus) um­ garnt werden soll? ... Ferner wirkt die Sympathie immer gleich, so wie der Magnet das Eisen immer in derselben Welse anzieht. Bei den Philtra ist es aber nicht so. Selten entspricht ihre Wirkung dem Wunsch, und nie ist eine be­ ständige Liebe aus Giftgetränken entstanden". (S.434/57) Auf ähnliche Weise versucht Schönwalder das Argument des Magnetismus zu widerlegen: "Es gibt solche, die triumphieren, wenn sie sehen, dass man mit einer magne­ tischen Kur (cura magnetica) gewisse Krankheiten auf einen Hund oder ein Schwein übertragen kann, ... Sie behaupten, dass auf diese Weise auch ein Philtrum wirke, wenn man zum Beispiel das Blut des Liebenden dem Geliebten vor-

58 setze. Leicht würde dann aus der sympathischen Kraft des Blutes zwischen den beiden Liebe entstehen. Aber dieses Argument (ratio) ist für mich nicht von sol­ cher Geltung, dass es mich von meiner vorgefassten Meinung abbringen könnte. Es ist nämlich eine andere Angelegenheit, ob es sich um eine Krankheit des Körpers, oder um eine Leidenschaft des Gemütes handelt. Dass Körper so ver­ einigt werden können, lasse ich gewähren, niemals aber gelingt dies beim Gemüt ". (S. 434/57)

Im weiteren bemerkt Schönwalder treffend, dass das Vorhandensein von erzürn­ ten, beissenden und bellenden Xantippen (Xantippae ... latrantes et mordente?), wohl am besten die Existenz wirksamer Liebestränke widerlege. Wie andere Autoren zählt er einige gebräuchliche Ingredientlen der Liebestränke auf: Wachsfiguren (G), Hostien®®) Hippomanes (G), Bachstelzen, Fische, Krö­ ten, getaufte Nachgeburten, Menstrualblut (G), Pfeile usw. Die sexuell stimulie­ rende Wirkung gewisser "Philtersubstanzen" lehnt er, genau wie Sennert keines­ wegs ab: "Ich will damit nicht sagen, dass man nicht mit Medikamenten die Geschlechts­ lust steigern könne, aber dies geschieht nie zentriert auf eine Person, sondern wird auf jedes beliebige Objekt übertragen". (S. 434 /57) Solche Liebestränke können laut Schönwalder höchstens schlechte Folgen haben, wozu er die üblichen Geschichten von Karl dem Grossen, Lucull und Lucrez zitiert (Siehe S. 27 ff). Das Schicksal dieser Menschen fand er durch eigene Be­ obachtungen bestätigt: "Dass dabei der Intellekt am meisten angegriffen wird, bezeugen uns die schmerz liehen Erfahrungen, die wir oft vor Augen gestellt bekamen. Die meisten ver­ fielen durch ein Philtrum in Delirium, Manie oder sogar Tod". (S.433 /57) Ebenso deutlich wie Schönwalder die "wahren natürlichen Philtra" verwirft, so klar und eindeutig glaubt er an übernatürliche Liebestränke, die seiner Meinung nach in diametralem Gegensatz zu den natürlichen Medikamenten stehen. Als Fol­

ge des magischen Liebeszaubers finden wir auch hier nicht selten die Liebes­ krankheit: "Glaubwürdige Autoren berichten, dass es Hexen gibt, die Philtra benützen,... Unter den Heereslagern der Hexen befinden sich Dirnen, Frauen (und manchmal auch Männer). So wie sie den Ansporn zur Liebeskrankheit (amori vesani stimulos) austilgen, setzen sie alles in Bewegung (omnem movent lapidem), den Lieb­ haber wieder mit Zauberei und Giften dazu zu verlocken, und dem nichtwollenden eine Gegenliebe aufzuzwingen (mutuum amorem). ... Jener vesanus Furor, der durch Philtra ausgelöst wird, widerspricht der Natur der Liebe so sehr, dass man diese nicht als natürlich beurteilen darf. ... Solche Liebestränke widerspre­ chen diametral der Natur von Medikamenten oder deren Wirkungsweisen". (S. 433 /57) Der letzte der drei Dissertanden von Horst, Christoph Bilitzerus, untersucht in

65) Hostienschändung war zur Zeit des Hexenwahnes ein Delikt, das oft den Hexen nachgesagt wurde. Es wurde zum Beispiel auch die sogenannte "schwarze Messe" zum Teil im Sinne eines Liebeszaubers angewandt. (S. 64,11/92. Siehe auch S. 76 und 169 /40)

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seiner Rede die Frage des Liebespulses (De pulsu amatorio). Trotz gegenteili­ ger Meinung Galens, ist er von der Existenz dieses "Pulsus amatorius" über­ zeugt. Dissertation Eiwert

1673

Nikolaus Kaspar Erwert schrieb 1673 seine Dissertation "Von Liebs=Träncken" (Einleitung siehe S.5).®^ Einen Grossteil seiner Arbeit hat er, teils wörtlich

und meist ohne zu zitieren, den uns bereits bekannten Autoren, besonders Schön­ walder, entnommen.®®^ Auch Eiwert unterteilt die Phlltra in natürliche und ma­ gische. Die Einteilung der Ingredientien in mineralische, pflanzliche und tieri­ sche Substanzen, sowie deren Aufzählung und Reihenfolge übernimmt er im we­ sentlichen von Gröllmann. Wörtlich entnimmt er Schönwalder die Argumente ge­ gen die natürlichen Phlltra, und bekräftigt seinerseits:

"... und ich erkläre fest und sicher, dass durch keine Phlltra, keine Tränke noch andere Gifte, welche durch menschliche Neugierde erfunden sind, irgend Jemands' Herz gezwungen wird, einen bestimmten Menschen zu Lieben". (S.12 /33) Wie Sennert führt er das Argument an, dass man zur Liebe die Kenntnis des geliebten Objektes brauche, was ja bei einem Philtrum per definitionem nicht notwendig ist: "... wir wissen doch, dass Fürsten ihre Konterfeis an abwesende Geliebte ge­ sandt haben, um so die Liebe zu fördern, denn es gibt kein Verlangen nach dem Unbekannten". (S. 12/33) Aber auch Eiwert bezweifelt keineswegs die sexuell stimulierende Wirkung ge­ wisser Substanzen. Seine Ansicht über die übernatürlichen Liebestränke stimmt im wesentlichen mit derjenigen Schönwalders überein. Die Differentialdiagnose eines magisch "Inphiltrierten" erinnert uns an die Beschreibung der Liebeskrank-

66) Wie verbreitet auch in der damaligen Zeit der internationale Meinungsaus­ tausch gewesen ist, mag uns folgende Bemerkung von Horst über die drei Kandidaten veranschaulichen: "Es (das Forschungsthema) hat unsere Kandi­ daten zu mehreren Auslandaufenthalten bewogen, und sie wurden dadurch ge­ zwungen, sich mit gelehrten Menschen zu unterhalten. So wurde unser Thema an den deutschen Universitäten Wittenberg, Leipzig, Frankfurt, Altdorf, Ba­ sel, Jena, Marburg und anderswo besprochen, an den französischen Uni­ versitäten Paris und Montpellier, in Belgien in Leiden, in England zu Canterburry und Oxford, in Polen in Krakau, in Bömen zu Prag. Unsere Kan­ didaten waren entweder von allen oder doch wenigstens von den meisten die­ ser Akademien in ihr Gremium aufgenommen worden oder haben dort stu­ diert". (S.431 /57) 67) Wo Eiwert seine Dissertation geschrieben hat wurde mir nicht ganz klar. Es steht einzig "perantiqua ad Nicrum Universitate" (Nicer-Neckar). Es muss sich also entweder um Tübingen oder Heidelberg handeln. 68) Den Namen Schönwalder erwähnt Eiwert mit keinem Wort.

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heit infolge Behexung im Hexenhammer:

"Das Erkennen der Liebe ist nicht so schwer. Wenn einer unverhofft oder mit raschem Entschluss zum Verlangen nach einer ihm bisher gleichgültigen Gelieb­ ten getrieben wird, nach deren Gunst und Gegenwart er inbrünstiger als es sei­ ner Natur gemäss ist, lechzt, dann vermuten und folgern wir, dass da etwas Fremdes sich verbirgt". (S. 15 ff/33) 69) Dissertation Backhauss

1666

Die von Augustinus Severus Backhauss in Jena herausgegebene "Dissertatio inauguralis de amore insano" ist eine Abhandlung über die klassische Liebeskrank­ heit im Sinne Galens, Avicennas und Forests. Als Ursachen nennt er ein star­ kes Verlangen (desiderium) nach der Geliebten und "schwarzgallige Dämpfe" (vapores atrabilaria). Zu den weiteren Ursachen zählt er den übernatürlichen Ein­ fluss des Teufels, der jedoch selten direkt wirke, sondern meist mit Hilfe der Hexen und Giftmischer (S.8/17). Dazu gehören auch die Philtra, denen Back­ hauss aber nur eine sexuell stimulierende Wirkung zuerkennt: "Hieher gehören auch die Philtra, die nach B. Sennert und B, Moebius eine Ge­ schlechtslust zu erregen vermögen. Man muss aber nicht glauben, dass man die* se Lust dann auf eine bestimmte Person lenken könne äusser vielleicht wenn siet die ruchlose Liebhaberin dem vor Begierde rasenden Manne sofort hingibt, und ihn mit Liebeskünsten zur Liebe zwingt. In den allermeisten Fällen wird auch eher Furor alB Liebe durch Philtra erzeugt, gemäss dem Spruche Ovids: Philtra nocent animis vimque furoris habent". (S, 10ff/17) Im weiteren fährt er mit der Therapie der Liebeskrankheit fort, wobei er oft auf Ovids Remedia verweist.

Michael Alberti

1682-1737

Der Gerichtsmediziner Michaelis Alberti aus Halle behandelt in seinen Schriften die Liebeskrankheit in der gewohnten Reihenfolge nach der Lykanthropie. Seine Liebeskrankheit (Erotomania) ist ein reines Frauenleiden. Die Erotomanie gleicht im wesentlichen der Chlorose, die wir bei Ettmüller und Woyt kennengelernt ha­ ben. Vor allem werden Jungfrauen und Witwen von diesem Leiden befallen. Die Krankheit äussert eich in abnormalen, schwachen Menses. Die Kranken streben

69) Einen Liebeskranken infolge Behexung kann man laut Hexenhammer dort er­ kennen "wo doch durch den Stachel der fleischlichen Begehrlichkeit der Lie­ be jemand so eingewickelt und entflammt wird, dass er durch keine Störung, Schläge, Worte oder Taten zum Ablassen gezwungen werden kann; ebenso wo jemand oft eine schönere Frau entlässt und einer ganz hässlichen an­ hangt; ebenso wo sie zur Nachtzeit nicht ruhen vermögen, sondern so von Sinnen sind, dass sie über alle möglichen Umwege zu wandeln haben; Vor­ nehme, Prälaten und andere Reiche werden sehr oft in solches Elend ver­ wickelt, ..." (S. 215,11/64)

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mit Worten, zurückhaltenden Gesten und Handlungen nach einer ehelichen Bin­ dung. Der Furor uterinus Ist die schlimmere Variante der Erotomanie. Hier zei­ gen die Betroffenen kräftige Menses, verlieren jede Scham, entblössen sich und zeigen die Symptome geschlechtlicher Raserei. Die Hauptursache dieser Krank­ heiten sieht Alberti weniger In den Genitalsäften, als eher In den Wunschvorstellungen (speculationibus et meditationibus) dieser Frauen (S. 412 ff/11). Wie die Erotomanie (Cap. IV) zählt Alberti zu den Krankheiten des Gemütes auch den Tarantlsmus und die Philtra (Cap. IX). Die Liebestränke verursachen laut Alberti ein polysymptomatisches Krankheltsblld, worunter vor allem die Liebeskrankheit ein wichtiges "Philter-Symptom" darstellt: "Nach einem genossenen Philtrum wird das Gemüt im allgemeinen geängstigt, und mit einer unruhigen Sehnsucht erfüllt, worauf es in Liebeskrankheit (Amor insanus) zum anderen verfällt; Grosse Unruhe, Ungeduld, Schlaflosigkeit und obszöne Handlungen können dazukommen, ja sogar perfekte Manie, Melancholie, Morosis und Erotomanie können daraus entstehen, ..." (S.418/11) An anderer Stelle widmet er den Liebestränken eine zehn Seiten umfassende Ab­ handlung "Casus HI. De Philtris" (S. 960 ff/12),die er In 25 Paragraphen un­ terteilt. Davon befassen sich 23 mit den natürlichen Philtra. Alberti kannte die Theorien der Befürworter, er scheint aber davon nicht überzeugt gewesen zu sein: "Freilich beurteilen jene, die über Sympathie geschrieben haben, dass auch un­ schuldige Liebe zwischen den Menschen künstlich hervorgerufen werden könne. Vor allem behaupten sie, dass durch das menschliche Blut eine solche Freund­ schaft aufgerichtet werden könne, dass Leute, die seit langer Zelt einander gleichgültig waren, durch dieses Leibeshand wieder mit feinster Sympathie be­ gibt sein sollen, welche Ueberlleferung aus der Schule des Paracelsus und Helmont nicht genügend aufrichtig ist": (S. 961, 54 /12) Alberti stützt sich denn In seiner Abhandlung auch vor allem auf Autoren wie Sennert, Horst und Schönwalder. Er fällt durch seine genaue, fast pedantische (Gerlchtsmedizinerl) Behandlungswelse des Themas auf. Alberti schildert uns ein grosses Repertoire verschiedener Ingredlentien (S. 962, §5/12), wobei das Menstrualblut eine wichtige Rolle spielt (§6), von dem er sagt: "Vor allem steht fest, dass wenn man jemandem Menstrualblut vorsetzt, dass dann Herzbeschwerden, Brechreiz, Synkopen, spastische und konvulsive Bewe­ gungen und andere Schäden entstehen, ..." (S. 419/11) Alberti betont, dass es unter diesen Substanzen solche gebe, die durch aus­ gesprochen diuretlsche Wirkung die Geschlechtsorgane reizen, und für lüsterne Begierden disponieren. Neben der Liebe, welche keineswegs edel und ehrenhaft sei, zählen auch Delirium und Manie zu den häufigen Folgen der Philtra. Als

70) Wie wir noch sehen werden, beschäftigte ein aufsehenerregender "Phllterfall" auch die Universität Halle, wo Alberti später arbeitete. Vielleicht war dies ein Anstoss, diese umfassende Abhandlung über die Phlltra zu schrei­ ben. Siehe S. 76 .

62

Symptome einer "Inphiltration" nennt er unter anderen: Herzbeschwerden, Brech­ reiz, Lähmungen, Schlaflosigkeit, heftige Gemdtserregungen und als prognostisch schwerwiegendes Symptom eine Temperamentsänderung nach genossenem Liebes­ trank. Die Therapie einer "Inphiltration" entspricht auch hier teilweise derjeni­ gen der Liebeskrankheit. Albertis "Therapia Moralis" hat grosse Aehnlichkeit mit den altbekannten Ratschlägen Ovide (S.969, §23/12). Insbesondere sind natür­ lich Brech- und Purgiermittel indiziert. Unter den spezifischen Heilmitteln fin­ den wir wieder das "Nasturtium aquaticum" (G). Zum Schlüsse erwähnt Alberti noch die übernatürlichen Liebestränke: "Dass es magische Philtra gibt, bezweifle ich nicht im geringsten. Die Behaup­ tung, dass man diese nicht erkennen könne, weil sie ja übernatürlich seien und ihr modus essendi et fiendi uns verborgen sei, ist leichtfertig. Nach dem bedau­ ernswerten Falle der Menschheit hat nämlich der Satan die Herrschaft auch über den besseren Teil des Menschen angetreten, ... Da diese magischen Philtra aber auf geistige Art wirken, so muss man sie auch auf diese Art zu heilen ver· suchen. Es sei unmöglich, den Teufel durch Beizebub auszutreiben. ... Man kann weder durch Kräuter, Worte, Beschwörungen noch magische Dinge eine magisch verursachte Verseuchung abwehren oder heilen; ... Im übrigen gibt es keine Heilung, wenn aufrichtige und fortwährende Gebete nichts nützen". (S. 970, §24/12) Dissertation Daum

1704

In seiner Disputatio "De amore insano", verfasst in Leyden, widmet Kaspar Konrad Daum sieben seiner insgesamt 27 Kapitel den Liebestränken. Seine Aus­ führungen über die Liebeskrankheit weisen noch deutlich traditionelle Züge auf. Neben dem Amor insanus und dem IHbcus kennt er auch die Synonyma Erotoma­ nie und Furor uterinus, wie man die Krankheit auch bei den Frauen nenne. Die Hauptursache des Leidens sieht er in einer "Depravatio imaginationis", die sich in den Nervenfasern (fibrae nerveae) niederschlägt. Wir sehen, wie hier durch die Auflösung der alten Humoralpathologie die mittlerweile unhaltbar gewordene "schwarze Galle" durch ein neues, anatomisches Substrat, typischerweise durch die Nervenfasern ersetzt wird. Unter den weiteren Ursachen der Liebeskrankheit bespricht er auch die Liebes­ tränke. Sehr skeptisch verhält sich Daum gegenüber den natürlichen Philtra und ihren Befürwortern. Im einzelnen geht er auf ihre Argumente ein (§11 bis 15/29) mit denen sie die Möglichkeit "wahrer natürlicher Philtra" beweisen wollen. Er bestreitet zwar nicht die Glaubwürdigkeit der Beobachtungen Helmonts, behauptet aber, es könnte sich auch um ein Produkt des Zufalles handeln. Ebensowenig zweifelt er an der Existenz der Sympathie unter den Menschen, glaubt jedoch nicht an ihr Zustandekommen durch einen Liebestrank. Auch den magnetischen Kuren schreibt er nur einen zufälligen Erfolg zu, sich auf den Wittenberger Pro­ fessor Christian Vater berufend. Daum zweifelt auch an der Wirksamkeit der

63

magischen Liebestränke, denn der Teufel sei der grösste Betrüger. Das veran­ schaulichten die Geschichten über den Teufelspakt, wie jene von Doktor Faust, vorausgesetzt, dass sie überhaupt wahr seien. Auch in diesem Punkt verweist Daum auf einen auswärtigen Professor. Diesmal ist es der berühmte Christian Thomasius aus Halle (1655-1728), der wie Weier ein grosser Gegner der Hexen­ verfolgungen war. Wie schon Plutarch sieht Daum in der Anmut und Schönheit einer Person das Geheimnis der Wirksamkeit eines Phlltrums (Siehe S. 19). Er glaubt wie Sennert nur an Liebestränke welche in unspezifischer Weise die Ge­ schlechtslust erregen. Daum schlägt vor, die Philtra eher als "Virus amatorium" (Virus = Giftstoff, Geifer, zähe Feuchtigkeit) zu bezeichnen! Seine Differentialdiagnose einer "Inphiltration" erinnert uns an die Vergiftungs­ symptome, wie sie uns schon Ettmüller beschrieben hat: Der Erkrankte hat oft Bauchschmerzen und spürt selbst, dass er ein Philtrum bekommen hat. Hinzu kommen Herzbeschwerden, Delirium, Melancholie, Manie oder Tod. Bei Ver­ dacht auf eine solche Vergiftung muss rasch gehandelt werden mit Vomitoria, Sudorifera und Spezifika.

RUECKBLICK

Obwohl auch die Gegner der "wahren natürlichen Philtra" im Allgemeinen noch an die Möglichkeit übernatürlich magischer Liebestränke glaubten, geriet das "magisch-naturwissenschaftliche" Weltbild der Sympathielehre stark ins Wanken. Die Sympathielehre als theoretische Grundlage wirksamer Liebestränke verlor nach und nach an Glaubwürdigkeit und "Beweiskraft" (Schönwalder, Alberti, Daum). Bezeichnenderweise wird jetzt besondere auf die sexuell stimulierenden Eigenschaften der Philtra hingewiesen, ein Zeichen des aufkommenden empirisch rationalen Denkens. Auch das bisherige somatische Substrat der Liebeskrankheit, die schwarze Galle, wurde durch ein anatomisch nachweisbares Substrat ersetzt (Nervenfasern, Geni­ talsäfte). Die Liebeskrankheit wird denn teilweise auch ausgeprägt als sexuelle Raserei geschildert (Sennert, Alberti ). Dank diesen neuen Ansichten konnte auch der Zusammenhang zwischen Philtrum und Liebeskrankheit noch aufrecht er­ halten werden. Da man ja die Philtra jetzt als sexuelle Stimulantia betrachtete, war es naheliegend, sie mit der als geschlechtliche Raserei verstandenen Liebes­ krankheit in ursächliche Verbindung zu bringen.

64

3)

INDIFFERENTE AUTOREN

Neben den Meinungsverschiedenheiten, pro und contra "wahre natürliche Philtra", gab es selbstverständlich auch Autoren, die sich aus diesem Streit heraushielten und keine Stellungnahme bezogen.

Robert Burton

1576-1640

Kurz sei hier noch ein nicht medizinischer Autor erwähnt. Burton, ein Theologe

in Oxford, behandelte in seiner populären und weit verbreiteten "Anatomy of Melancholy" ausführlich die Liebeskrankheit. In diesem Werk finden wir so ziem­ lich alles zusammengefasst, was von den Autoren, seien es Dichter oder Medi­ ziner, über die Liebesmelancholie geschrieben wurde. Den Liebestränken widmet 71) Burton ein eigenes Kapitel. ' Die Substanzen der Philtra sind die üblichen der

Dreckapotheke, sie reichen vom Hippomanes, dem Schwanzhaar eines Wolfes (Siehe Anm. 43), dem Strick eines Gehängten bis hin zum "chemisch behandelten Blut" des Menschen. Die Geschichten von Lucull, Mark Anton und Cleopatra, Karl dem Grossen und dem heiligen Hieronymus werden zitiert (Siehe S. 27 ff). Bei der Schilderung des Liebeszaubers tritt bei Burton der Hexenglaube seiner Zeit klar zutage: "Unkeusche Weiber lassen sich mit Hilfe von Hexen, den Küchendirnen des Teu­ fels, nachts ihre Liebsten kommen, fliegen zu ihnen und wieder fort durch die Luft auf einem Gespenst, das aussieht wie ein Ziegenbock. Viele bestreitens'; sagen dass nicht Zauberei und (Liebes-) Tränke, sondern natürliche Dinge sol­ ches vermögen, wie etwa das chemisch behandelte Blut des Mannes, das viel helfe. Es sei ein hervorragender (Liebes-) Trank, sagen sie, [...] dürfe aber nicht bekannt und verbreitet werden": (S. 210/23) Burton kannte also die Unterscheidung zwischen magischen und natürlichen Lie­ bestränken. Ob und an welche Art der Wirksamkeit er geglaubt hat, lässt sich aus seinen Aussagen nicht klar feststellen. Paulus Zacchias

1584-1659

Er war "Archlater" des Kirchenstaates und gilt als ein Begründer der Gerichts­ medizin. In seiner "Quaestio X De Amantibus" behandelt er die Liebeskrankheit (S. 134 ff/115). Diese Abhandlung ist mit ausführlichen Quellenangaben versehen. Den Liebeskranken stellt er als Gerichtsmediziner rechtlich einem Furiosen 71) Der Inhalt ist teilweise wörtlich aus Agrippas "Von der Hurenwirtschaft oder Kuppelei" entnommen. Siehe S. 33.

65 gleich, den man von den Geschäften (a rebus gerendls) ausschliessen und in Ket­ ten legen müsse. Eigenartig und typisch für Zacchias ist die Tatsache, dass er sich als oberster Arzt des Kirchenstaates über den Liebeszauber ausschweigt. Sicher ist, dass er von dieser Thematik wusste, denn er verweist auf Huchers Schrift über die Philtra, aus der er sogar die Definition der Liebeskrankheit ent­ nimmt. (Siehe S.38).

Johann Jakob Wepfer

1620-1695

Er war das Haupt der Schaffhauser Aerzteschule. Wepfer schildert uns zwei Fälle von Liebeskrankheit. Der eine Fall behandelt interessanterweise eine ho­ mosexuelle Liebe: "Ein vornehmer Mann, ... bekam eine so heftige Liebe gegen seinen Bedienten, ...dass er nicht ohne denselben seyn konnte, ... Der Bediente liebte den Herrn eben so heftig, und endlich bekannten sie gegen einander die Heftigkeit ihrer Liebe. ...er (der Herr) besuchte den Bedienten oft insgeheim, und nun traf man beyde an, dass sie sich küssten. Von der Zelt an war man bemüht, beyde von einander zu entfernen". (Obs. 82 /108) In der Besprechung des Falles wird die Frage aufgeworfen, ob diese heftige Zu­ neigung nicht durch böse Taten (maleficia causantur) verursacht sein könnte. Wepfer schenkt dieser Meinung keine grosse Aufmerksamkeit. Er meint, der Pa­ tient sei eher durch "zärtliche Gespräche" behext worden (fascinat magis blanda conversatio, S.317/107). Therapeutisch verweist er auf die Remedia Amoris von Ovid, medikamentösen Therapien schenkt er keinen Glauben. Dissertation Kamitzerus

1705

Mit der Dissertation über die "Melancholia amatoria" von Jakob Kamitzerus, herausgegeben in Erfurt, lösen wir uns von der Tradition. Er meint über die Ursache der Liebesmelancholie: "...noch ist es die schwarze Galle, da diese Behauptung, dass es eine schwar­ ze Galle gibt, bei den Neueren durchaus schwarz ist, und eher für dichterischen Wahn zu halten ist, als eine Meinung dogmatischer und vernünftiger Aerzte". (S. 15 /61) Auch die weiteren Ursachen wie Wettereinflüsse, astrologische Konstellationen,

Gifte und Philtra will er nicht für diese Krankheit verantwortlich machen. Er sieht den Grund für das Leiden in einer "fehlerhaften Vernunft" (vltiosa dispositio rationls) und in einer falschen Zusammensetzung des Blutes, das bereits aus Serum, Plasma und Körperchen besteht (also ein neues körperliches Substrat an Stelle der alten schwarzen Gallel). Entsprechend teilt Kamitzerus seine Therapie ein in eine, welche die Ratio beeinflusst, und in eine andere, welche das Blut

zu verbessern versucht.

66

4)

SUCHE NACH EINER NATURWISSENSCHAFTLICHEN "PH1LTER-THEORIE"

Die Usher betrachteten Autoren discutlerten das "Phllter-Problem" auf der Ba­ sis der Sympathlelehre, und waren stark vom magischen Weltbild beeinflusst. Mit den folgenden Medizinern macht sich deutlich das Bemühen um Naturwissen­ schaftlichkeit bemerkbar. Friedrich

Hoffmann

1660-1742

Er war mit Ernst Stahl Professor In Halle. Bekannt sind noch heute seine "Hoffmanns-Tropfen". Die Liebeskrankheit (Amor vesanus oder Insanus) Ist auch bei Hoffmann ein Frauenleiden (S. 195, §14, IV /53). Ursache Ist das Stagnieren des Vaginaldrüsensekretes, welches durch sein Hochsteigen Ideen und Phantasien er­ weckt und den Tonus des Gehirns schädigt. Die beste Therapie liegt In der Hei­ rat oder Schwängerung (S. 224, §6,IV /53). Die Liebestränke behandelt Hoffmann unter dem Titel: "Giftige Sekrete (Virus), die von Lebewesen im Zorn und Wahnsinn gebildet werden, infizieren nicht nur den Speichel, die Milch und die Lymphe, sondern auch die Samenflüssigkeit" (S. 177, §10,11/53). Einleitend schildert Hoffmann die Tollwut zweier Ehepartner. Die Feststellung, dass nur der Mann von einem tollwütigen Tier gebissen wurde, lässt Ihn auf eine venerische Uebertragung der Krankheit schliessen. Dass auch Manie den Samen infizieren kann, schliesst er aus der Vererbung der Krankheit vom Vater auf den Sohn. Hoffmann warnt deshalb eindrücklich vor Speichel, Sa­ men und anderen Absonderungen tollwütiger, zorniger oder wütender Menschen. Eindeutig sieht er einen theoretischen Zusammenhang zwischen Liebestränken und der Rabies, indem er beiden ein giftiges Sekret (Virus) als wirksames Agens zu­ grunde legt. 'M} So sagt Hoffmann in diesem Zusammenhang: "Hier müssen wir auch etwas über die durch Liebestränke verursachte Liebes-

72) Schon bei Daum haben wir den Ausdruck "Virus amatorium" gefunden (Siehe S. 63). Wiederholt haben wir auf den losen Zusammenhang zwischen Tollwut (Lykanthropie), Menstrualblut, Philtrum und Liebeskrankheit hlngewiesen (Sie­ he z.B.Anm.35,42 und 55). Wir haben auch gesehen, wie die Begriffe Saty­ riasis, Nymphomanie und Liebeskrankheit zum Teil gleichgestellt wurden (Sie­ he S. 49,51,53 und 55). Zu den Symptomen der ToUwut aber zählte man auch die Satyriasis. So schreibt beispielsweise Ludwig Breithaupt in seiner "Dis­ sertatio de Hydrophobia": "Nicht so häufige Symptome sind Erbrechen, Saty­ riasis, Nymphomanie ect. ..." (§7/20). Noch 1832 schreibt Johann Nep. Edlen von Raimann in seinem Handbuch der Pathologie und Therapie von ei­ nem Tollwütigen: "Zugleich hat der Kranke ..., schmerzhafte Steifheit des Gliedes, unwillkUhrllche Entleerung des Harns und Samens, heftigen Trieb zum Beischlafe" (S. 592 /84).

67

krankheit (Amor insanus) aussagen. Diese pflegt man aus Speichel, Samen oder Menstrualblut zu praeparieren. Sie können ganz und gar die gleiche Gesinnung dei den anderen erwecken". (S. 178, 510,n /53)

Nach dem Gesagten ist für Hoffmann die Uebertragung der Liebeskrankheit durch ein "Toxin" möglich. Trotzdem bleibt er skeptisch und betont, dass ihm nie ein glaubwürdiger Fall zu Ohren gekommen sei. Seine Unsicherheit drückt sich auch darin aus, dass er in seiner "Dissertatio V. de laesionibus externis, abortivis, venenis ac philtris" eine zweite pharmakologische Theorie aufstellt (S. 388 ff/54). Hier fördern narkotische Pharmaka den Ausbruch der Liebeskrankheit bei ent­ sprechender Disposition: "Auch die Belladonna gehört zu den Philtra. Weil sie eine Solanazee ist, ist sie ein narkotisch wirksames Gift. Sie umnebelt das Gemüt und verdreht die Phan­ tasie. Wenn also schon in der Phantasie die Idee zur Liebe steckt, so kann der Betroffene in Liebeskrankheit (Amor insanus) und Furor uterinus verfallen, vor allem bei der beweglicheren Phantasie der Frauen". (S. 412/54) Hoffmann bemühte sich also um neue theoretische Grundlagen zur Erklärung der "Philterwirkung". Infizierter Speichel tollwütiger Lebewesen (virus animantium) und das narkotisch wirksame Gift der Tollkirsche (venenum omnino est narcoticum) lassen Hoffmann auf ein analog wirkendes Gift in den Liebestränken schliessen. Anstelle der Sympathielehre tritt jetzt ein naturwissenschaftliches, chemisch-pharmakologisches Denken. Theodor Zwinger junior

1658-1724

Er war Medizinprofessor in Basel. Immer wieder sind wir auf die Meinung ge­ stossen, dass durch Liebestränke eher Manie als Liebe erzeugt werde. Diese 73) Tendenz findet nun mit der Philtromanie ihren terminologischen Ausdruck. ' Zwinger teilt die Manie ein in Daemonomanie, Hydrophobie, Tarantismus, Veits­ tanz und Philtromanie. Die Manie kann durch eine Substanz verursacht werden, die er "flüchtiges Salz" nennt (sal volatile acido-sulphureum, S. 123 ff/117). 74) Diese kann beispielsweise durch den Speichel eines tollwütigen Hundes, ’ den Biss einer Tarantel, oder durch ein Phlltrum ins Blut gelangen. Auf dem Blut­ wege vermag sie die Nervenfasern (fibrae nervosae) und somit die Spiritus ani­ males zu verwirren. Da der Speichel der Tiere und die Philtra nicht immer gleich zusammengesetzt sind, entstehen verschiedene Symptome. Wie Hoffmann

73) Schon Caelius Aurelianus hat ja sowohl in der Liebe wie auch in den Philtropota eine Ursache der Manie gesehen (Siehe S. 23). Nun haben wir für bei­ des einen Terminus: Erotomanie und Philtromanie. Wieweit sich allerdings der Inhalt des Begriffes Manie in der Zwischenzeit geändert hat, sei dahin­ gestellt . 74) Auch Brunnemann Friedrich spricht in seiner Dissertation "De Hydrophobia" von einem "venenum volatile" als Ursache der Tollwut (544/22).

68

stellt also auch Zwinger einen aetiologischen Zusammenhang zwischen der Rabies und den Liebestränken fest. Auch er vermutet im Speichel und in den Philtra eine Art "Toxin", das den Geist zu verändern vermag. Zu den weiteren Ursachen der Manie zählt Zwinger giftige Pflanzen, wie zum Beispiel die Solanazeen und den Hyoscyamus (Bilsenkraut). Aehnlich wie Hoff­ mann will er den Effekt der Liebestränke auf solche ihnen beigemischte Giftpflan­ zen zurilckftlhren: "Auch wenn eine solche Krankheit (die Philtromanie) auf natürlichem Wege in den Menschen verursacht werden kann, so sind doch die Dinge, die diesen Effekt be­ wirken, bis anhin noch nicht genau erforscht. Vieles schreibt man den Solanaze­ en zu, dem Hyoscyamus, der Luteola, vieles anderen Dingen. Wie man dies wie­ derholt aus den Verhören von den Hexen vernommen hat. Aber well noch nie je­ mand weder an sich noch an den anderen es gewagt hat, den Effekt dieser Dinge auszuprobieren, so bestehen doch Zweifel, ob solche Dinge die Liebeskrankheit (Amor insanus) oder die Philtromanie verursachen können". (S.372 ff/117) Zwinger ist also über die Hexenprozesse informiert. Er glaubt aber nicht mehr über die Magie, sondern über die Giftpflanzen zu einer Erklärung der Phaenomene gelangen zu können. Da ihm jedoch die Möglichkeit zum Experiment fehlt, kann er seine Theorie nicht beweisen. Wir wollen noch festhalten, dass Zwinger die Ausdrücke Amor Insanus und Philtromanie praktisch synonym gebraucht. Cornelius Stalpart van der Wiel

1620-1702

Cornelius Stalpart van der Wiel wurde in Den Haag geboren, wo er am Theatrum anatomicum Unterricht für Chirurgen erteilte. Im Kommentar zu seiner Obser­ vatio (Siehe S. 72) behandelt van der Wiel eingehend das Problem der Liebes­ tränke. Er war sehr belesen auf diesem Gebiet. Besondere Aufmerksamkeit wid­ met er dem Menstrualblut. Einleitend zitiert er die Naturgeschichte von Plinius, worin dieser die sagenumwobenen Eigenschaften des Menstrualblutes (G), zum Beispiel Tollwut zu erzeugen, schildert. Van der Wiel meint dazu: "Diese Ansicht ist zuwenig fundiert, und entbehrt nicht des Aberglaubens. In die­ sem Zustand (menstruierend) würden sich nämlich die Frauen kaum von den er­ dichteten Basilisken (G) unterscheiden, ..." (S. 228 /109) Er glaubt, dass normalerweise das Menstrualblut ungiftig sei, solange es nicht durch eine starke gärende Kraft (vis fermentandi) infiziert werde. Aehnlich wie Zwinger spricht auch van der Wiel von einem "flüchtigen Salz" (sal volatile), das an solchen Vorgängen beteiligt sei. Das Menstrualblut einer verliebten Frau ist deshalb gefährlicher:

75) Schon Valleriola, Forest und Platter sprachen ja in diesem Zusammenhang von einem "Liebesgift". Siehe S. 36 ff.

69

"Obendrauf spielt meiner Meinung nach die Leidenschaft eine wichtige Rolle. Ei­ ne grössere gärende Kraft steckt in jenen, die einen Mann heftig lieben. Setzt man deren Blut jemandem vor, so verursacht dieses heftigere Symptome als dasjenige einer Frau, deren Blut von der Gärung nicht so heftig bewegt wurde". (S. 229 ff/109) Auch van der Wiel bemüht sich also, bisher Sagenhaftes auf naturwissenschaftli­ che Weise zu erklären. Wie schon Ovid ist er der Meinung, dass Liebestränke Furor und andere Krankheiten verursachen. Wiederum treffen wir die Fälle von Lucull und Lucrez, die van der Wiel mit Beobachtungen von Heer und Borelli erweitert (Siehe S. 71 ).

Georg Ernst Stahl

1660-1734

In der "Praxis Stahliana", von Hulderico Pelargo übersetzt und mit Anmerkun­ gen versehen, finden wir die Liebeskrankheit (Erotomania, Furor uterinus) un­ ter dem Kapitel "De Deliriis" kurz erwähnt (S. 1410 /93). Die Liebestränke werden im Zusammenhang mit dem Menstrualblut erwähnt, un­ ter der Fragestellung: "Ob eine Welbe=Person entweder durch ihre Menstrua oder andere Mittel ein solches Philtrum oder Liebes=Tranck bereiten könne, vermöge dessen eie eine gewisse Person lieben müsse?" (S. 499 ff/93). Pelargus verwirft "mit den Herrn Stahlianern die alte erdichtete Fabeln", die sich um das Menstrualblut rankten (S. 501 /93). Er übernimmt von van der Wiel die Un­ terscheidung zwischen gesundem und schlechtem Menstrualblut. Normales Mens­ trualblut sei "solches gesundes und reines Geblüte ... als wie etwa einige durch das Nasen=Bluten verlieren (S.501 /93)". Das schlechte wird folgendermassen beurteilt: "Und wie die Milch einer erzürnten Amme 76) bey einem Kinde Epilepsie, Un­ ruhe, Durchfall, ja wohl gar den Tod verursachen kann; so bin ich der Meynung, dass Sanguis Menstruus einer lnnlgBt«verllebten oder Mann«tollen Weibs=Person etwas Spirituöses oder Fermentescirendes in sich habe, welches bey einem Men­ schen solcherley, wie vom Gifft erweckte Zufälle, verursachen kan". (S. 502/93) Bel van der Wiel und Stahl hat sich das "Phllterproblem" stark auf das Menstru­ alblut hin konzentriert (Siehe auch Observationes S. 71ff). Die Vorstellung von

der Giftigkeit dieses Blutes hat sich übrigens bis in unsere Zeit gehalten. So schreibt Döderlein in seinem gynaekologischen Lehrbuch (1967, 6.Aufl.), worin

er die chemische Zusammensetzung des Menstrualblutes beschreibt (Arsen, Gly-

76) Vergleiche mit dem Titel Hoffmanns: "Giftige Sekrete (Virus) die von Lebe­ wesen im Zorn und Wahnsinn gebildet werden infizieren nicht nur den Spei­ chel, die Milch und die Lymphe, sondern auch die Samenflüssigkeit" (Sie­ he S. 66). Es ist interessant, wie man sich nun besonders für die "Giftig­ keit" der Frau interessiert!

70 cogen, Lipoide, Phosphor, Magnesium, Schwefel, Kalk), ein besonderes "Menotoxin" sei fraglich (32).

RUECKBLICK

Im Rückblick stellen wir fest, dass der Amor insanus auch bei Hoffmann ein typisches Frauenleiden ist, verursacht durch die Genitalsäfte, die den Tonus des Gehirns beeinträchtigen. Noch immer vermuten einige Autoren auch einen causalen Zusammenhang zwischen Philtrum und Liebeskrankheit (Hoffmann, Zwin­ ger, van der Wiel). Schon die Gegner der "wahren natürlichen Philtra" vertraten die Meinung, dass sich unter den Ingredientien auch pharmakologisch wirksame Stoffe, nämlich se­ xuelle Stimulantia befinden. Auf der Suche nach einer naturwissenschaftlichen Erklärung weisen die genannten Autoren, sicher angeregt durch eigene Beobach­ tungen, auf die narkotischen Eigenschaften gewisser "Philtersubstanzen" hin (Solanazeen, Hyoscyamus, Luteola). Auf Grund der beobachteten Wesensverän­ derung eines Menschen, nach einem Biss durch ein tollwütiges Tier, schliessen verschiedene Autoren, dass es möglich sei, auch durch andere Gifte eine We­ sensveränderung (zum Beispiel Liebeskrankheit oder Philtromanie) zu erwirken. Besonders gefährliche "Toxine" vermuten sie, analog zum tollwutinfizierten Spei­ chel der Tiere (Virus animantium), auch in den menschlichen Sekreten, insbe­ sondere im Menstrualblut. Die magischen, übernatürlichen Philtra werden kaum mehr erwähnt, und wir spüren eine deutliche Distanzierung vom Glauben an Magie, Zauberei und Hexen (Zwinger).

71

B.

OBSERVATIONES

Auch das Zeitalter des Barocke und der Aufklärung soll mit der Wieder^be ei­ niger Beobachtungen abgeschlossen werden. Den Observationes einzelner Medi­ ziner folgen in einem zweiten Kapitel die Gutachten verschiedener Universitäten zu einem, damals Aufsehen erregenden "Philterfall".

1)

AUTOREN

Henricus Heer

1576- ?

Henricus Heer war Arzt des Kurfürsten von Köln. Seine Beobachtungen sind den Schriften Eiwerts und van der Wiels entnommen: "Ein Knabe, der ein ausgezeichnetes Gedächtnis hatte, verlor es nach einem Phlltrum derart, dasB er seinen eigenen Namen und den des Bruders vergass, und er kam derart in der Wissenschaft zurück, dasB er kein lateinisches Wort mehr verstand". (S. 15/33) Observatio 13 Lib.I: "Er (H. Heer)... berichtet die Geschichte von einem Jüng­ ling, dem von einem Mädchen ein Liebespulver ins Bier geschüttet wurde. Die­ ser begann darauf fest aus der Nase zu bluten, erbrach mehr als eigrosse Thromben, so dass man befürchtete, er würde ersticken. Nicht lange danach kam eine weissliche Absonderung im Urin und eine solche Unmenge von Blut, dass er nicht nur einige Uringläser (matulas), sondern sogar einen ganzen Ei­ mer damit füllte". (S. 224 /109)

Alphonsus Borelli

1608-1679

Er war ein berühmter Iatrophysiker seiner Zelt, der sich mit der Mechanik und Statik des Körpers beschäftigte. Laut Eiwert war Borell Uber das Problem der Liebestränke gut informiert. Er kannte deren Zusammensetzung aus Hippomanee, getauften Nachgeburten, Menschenblut usw. (S.8 /33). Auch die folgen­ de Beobachtung Borells ist der Dissertation Eiwerts entnommen: Observatio 65 Cent.I: "Ein Theologe, nahe der Stadt (prope urbem Castrensem = ?) wurde, nachdem er ein Phlltrum aus Menstruations- und Hasenblut zu sich genommen hatte, das im Eingemachten war (in condimento), so manisch, dass er den eigenen Vater ermordete, wie Borell berichtet". (S. 15/33) Hasenblut war übrigens ebenfalls ein sehr beliebtes Ingrediens für einen Liebes­ trank. Der Hase gilt als Symbol der Fruchtbarkeit und des Triebes (Siehe S.45

/21).

72 Cornelius Stalpart van der Wiel

1620-1702

Schon im letzten Kapitel haben wir seine Meinung über die Liebestränke kennen­ gelernt (Siehe S.68), die wir der Besprechung des folgenden Falles entnommen hatten: Observatio 19: "Ich sah einen solchen Fall, wie ich in meiner Praxis noch nie gesehen hatte am 14. April 1684. Ein Hauptmann, der bereits dem Alter entge­ genging, verbrachte seinen Lebensabend ausserhalb Hollands. Weil seine Frau gestorben war, übergab er seine häuslichen Angelegenheiten einer Zimmerfrau. Nach einer gewissen Zeit setzte diese aUes in Bewegung (omnem movit lapidem) ...um Ihn mit Liebe zu entzünden. ... So geschah es eines Tages, als er früh­ morgens fortgehen wollte, dass er der Zimmerfrau befahl, einen Wein mit Eier­ dotter, Zucker und Gewürz zu bereiten. In diesen Trank nun aber mischte die Frau eine Portion ihres eigenen Menstrualblutes, ... Als der Herr so gegen die Vesper zurückkehrte, befiel ihn eine grosse Beklommenheit, von der er nicht wusste, woher sie kam. Er blutete aus Nase, Ohren und Mund. Dieses Bluten (...) hielt über drei Wochen alle Tage an. Er batte zudem Kopfschmerzen, Schwindel und Appetitverlust". (S. 220 ff/109) Vitlus Riedlinus

1628-1668

Vitius Riedlinus studierte in Strassburg und war später ein Praktiker in Ulm. Observatio 52: "Eine Magd war wegen eines Eisenschmiedes liebeskrank (capta amore insano). Da sie ihn aber auf keine Weise bekommen konnte, gab sie ihm bei Gelegenheit eine Fischsuppe mit Menstrualblut als Philtrum. Dieser ver­ schlang diese begierig, und fühlte sich plötzlich schlecht. Es bildete sich ein Tumor im Abdomen und Konvulsionen brachen aus. Im Verdacht, nicht nur "verphiltert", sondern auch vergiftet worden zu sein, führte er die Magd vor Ge­ richt. Diese gestand, in den Fischtrunk Menstrualblut gemischt zu haben, und wurde in den Kerker geworfen. Ich wurde nun vom Pastoren des betreffenden Ortes gefragt, ob diese Symptome von einem Philtrum herstammen könnten? Ich erklärte ihm, dass das Menstrualblut wohl nicht ein so gefährliches giftiges Se­ kret (virus) sei, wie man allgemein glaube, dass aber diese Symptome sehr wohl davon stammen könnten, ..." (S. 120 ff/85)

Giovanni Battista Morgagni

1682-1771

Giovanni Battista Morgagni hat uns in seinem Werk "De sedibus et causis morborum" folgende Beobachtung überliefert: "Ein Metzger, der seit 14 Monaten verrückt geworden war, wie man sagte durch einen Liebestrank, starb zu Beginn des Jahres 1719. Man glautte, er sei an dem sehr kalten Wetter erlegen, gegen das er sich nur schlecht geschützt hatte". (S. 100 /66) Morgagni sezierte darauf die Leiche. Magen- und Brusthöhle erschienen ihm un­ auffällig, das Herz war mit dem Pericard verklebt. Am Gehirn stellte er eine Konsistenz fest, die er bis anhln noch nie gesehen hatte. Zur "Philter-Frage" schreibt Morgagni weiter:

73

"Dass durch ein Philtrum Manie ausgelöst werden kann, ist sicher (Siehe P. Borell.Hist.Cent.I.Obs.65). Ob aber dieser Mann manisch war, ist nicht sicher, ...da solche Kranke [manische] im allgemeinen gegen Kälte immun sind". (S. 100 /66)

2)

UNIVERSITAERE GUTACHTEN

In den Schriften Hoffmanns finden wir eine deutsche Uebersetzung eines Gutach­ tens der Universität Halle zu einem "Philterfall" (S. 142 ff/55). Beim Gerichts­

mediziner Valentlni (1657-1729) treffen wir nicht nur den entsprechenden latei­ nischen Urtext, sondern noch vier weitere Gutachten von anderen Universitäten zu diesem Fall (S. 120 ff/99). Jena: 30.Oktober 1694 In dem "Responsum Facultatis Medlcae Jenensis desuper eodem CASU" (S. 121 ff 99), finden wir eine genaue Beschreibung des Vorgefallenen: "...Ein namhafter Herr von circa 42 Jahren, um den herum man öfters eine suspekte Frau (suspecta foemina) beobachtete, wurde nach einem zweijährigen Fieber heftig von Husten und Herzbeschwerden geplagt, ... Als er nun am ach­ ten Oktober in der Kirche war, wurde er von einem Schüttelfrost, heftigem Er­ brechen und von Hitze geplagt. Die obigen Symptome verschlimmerten sich, so dass er meistenteils bettlägerig wurde. Die verschiedenen Medikamente besser­ ten den Zustand, die Expektoration wurde erleichtert, und man hoffte auf eine Besserung. Aber der heftige Husten, der dauernde schaumige Auswurf, sowie verschiedene andere gefährliche Symptome, Singultus, Beklemmung auf der Brust, Tremor und eine extreme Schwäche bewirkten, dass er am darauffolgen­ den neunten Oktober 1694 verschied. Bei der Sektion fand man die Eingeweide und den Magen von einer dunklen, schwärzlichen Farbe. Ebenso war die Leber an der Pars convexa verfärbt, eben­ so die Milz. Die Lungen waren erhärtet, das Herz war erschlafft, und im lin­ ken Ventrikel fand man eine fleischige, schlaffe, nirgends anhaftende Masse, die frei dort lag und kleinfingergross war, ... Man hat nun die Frage an uns ge­ stellt, ...ob man aus den beobachteten Umständen schliessen könne, ob dem Ver­ storbenen ein Philtrum oder eine andere, dasselbe bewirkende toxische Substanz (in eundem effectum tendens toxlcum) bei gebracht worden sei, oder ob noch et­ was anderes, übernatürliches oder verbotenes dazugekommen sei?" (S. 121/99) Ueberraschend ist die genaue, klinische Beschreibung der Symptomatologie. Wir

finden zudem, wie bei Morgagni, einen eigehenden Sektionsbericht. Bis auf den ersten Satz, wo von einer "supekten Frau" gesprochen wird und den am Ende gestellten Fragen, fehlen eigentlich alle Hinweise auf etwas aussergewöhnliches. Klar ist auch die Antwort Jenas zu diesem Falle. Niemand habe den Gebrauch oder die Einnahme eines Philtrums gesehen, man habe auch nie eine plötzliche Alteration (subltanea alte ratio) des Verstorbenen beobachtet (Siehe S. 46, 60 und

74 62). Die vorliegenden Befunde können den Tod des Untersuchten auch erklären, ohne dass eine "Inphiltration" angenommen werden mUsse.

Leipzig:

30, Oktober 1694

Gleichen Datums wurde auch ein "Responsum Facultatis Medicae Lipsiensis; de incertitudine Philtri propinati" erlassen. Hier wird ebenso betont, dass der Ver­ storbene auf Grund seiner Symptome, den Lungenveränderungen und dem "Herz­ polypen" (polypus cordis) genügend Ursache für seinen Tod gehabt habe. Ob ein Philtrum, Gift oder Zauberei (veneficium) mit im Spiele waren, könne man aus dem Gesagten weder schliessen, noch beweisen. Ueber die Wirksamkeit der Lie­ bestränke meint Leipzig: "...wir antworten darauf, dass wenn Philtra (wie sie sich nennen), oder sobenannte Aphrodisiaka verabreicht werden, ...so können schlechte Säfte, Gärun­ gen, Ausflüsse, Gerinnungen, heftige Gedankenverwirrungen (in spiritibus ataxias enormissimas), eine Dyskrasie in den Eingeweiden, Steckenbleiben der Säfte, Indurationen, Erosionen und andere Fieber entstehen:" (S. 120 /99) Aber auch der Zauberei wird die Wirkung nicht abgesprochen, wenn sie auch hier nicht wahrscheinlich sei: "Ob in diesem Falle (in hoc corpore - am Körper des Verstorbenen) nicht auch so etwas vorkam, wagen wir nicht so sicher zu behaupten, vor allem well doch verschiedene Umstände diese Vermutung unterstützen'1. (S. 121 /99) Leipzig hält zwar die "Inphiltration" für unwahrscheinlich, schliesst aber den­ noch diese Möglichkeit nicht aus. Erstmals finden wir von offizieller Seite das Wort Philtrum den Aphrodisiaka gleichgestellt. Agricola Libertus Die bisherigen "Responsa" haben sich gegen die Wahrscheinlichkeit einer Vergif­ tung durch ein Philtrum ausgesprochen, doch der Fall zog weitere Kreise. Schon im folgenden Monat erschien ein Schreiben mit dem Titel "Judicium Archiatri Electoralis, sub personato Agricolae Liberti nomine, de probilitate philtri pro­ pinati". Der Verfasser, unter dem Pseudonym Agricola Libertus, setzt sich hef­ tig dafür ein, dass diesem Falle ein Philtrum zugrunde liege. Wir erfahren wei­ tere, angeblich beobachtete Einzelheiten. So habe sich zu Beginn des Leidens

der Umgang des schon 42-jährigen, verheirateten Mannes mit der "suspekten Frau" deutlich gehäuft, die Beziehung zur eigenen Frau eich jedoch verschlech­ tert. In Abwesenheit der verdächtigten Frau sei er unruhig gewesen, und habe die Seelenruhe erst wieder in ihrer Nähe gefunden. Praecordiale Beschwerden, Dyspnoe und Schüttelfrost seien ja typische Symptome einer "Inphiltration". Hin­ zu kommt noch, dass die "suspekte Frau” Kontakt hatte mit einer anderen, bei

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der man verschiedene Ingredientien gefunden habe, wie zum Beispiel die Kopf­ schwarte eines Kindes und Turteltaubenherzen.

Leipzig:

12, November 1694

Fast gleichzeitig wie Agricola Libertus verfasste Leipzig erneut ein "Responsum n. Facultatis Medicae Lipsiensis; desuper eodem Casu". Einleitend wird auf die Argumentation des ersten Gutachtens verwiesen. Die neuen verdächtigen Einwände, wie zum Beispiel, dass eine friedliche Ehe plötzlich auseinandergehe, werden entschärft. Ein Ehebruch sei nichts übernatürliches, und die Liebe zu der "suspekten Frau" sei doch wohl eher auf die Konversation und das Ausse­ hen zurückzuführen, als auf ein Philtrum. Interessant ist die Begründung des oft eigenartigen Stimmungswechsels des Verstorbenen. Dies sei oft so bei Lie­ beskranken (in enormius amantibus), dass sie in einem luciden Intervall ihren Irrtum einsähen. Ob Turteltaubenherzen oder der Teufel hier im Spiel gewesen sei, sei Sache der Theologen und Juristen. Leipzig schliesst: "Alle bisher aufgezählten Fakten können wir immer noch nicht als genügend er­ achten, um daraus sicherer ein Urteil zu bilden als wie schon das letzte Mal, ob die verstorbene namhafte Person den Tod eher einem Philtrum oder einer toxischen Substanz, als einer inneren und natürlichen Krankheit zu verdanken hat, ..." (S. 123 /99) Wittenberg:

29. November 1694

Lag bei den bisherigen Gutachten der Schwerpunkt auf den Symptomen und den Sektionsbefunden, so tritt jetzt immer mehr die "suspekte Frau" in den Vorder­ grund. In dem "Responsum Facultatis Medicae Wittenbergensis, de incertitudine philtri exhibiti" wird wiederum der eigenartige Stimmungswechsel des Ver­ storbenen betont, dem dieser beim Kommen oder Gehen der verdächtigen Frau unterworfen war. Daraus könne man aber nicht auf einen Liebestrank schlies­ sen, vielmehr habe sich der Verstorbene ganz einfach in die "suspekte Frau" verliebt. Die Erfahrung beweise ja, dass die Liebe als heftiger Affekt solche Symptome verursachen könne. Das Argument der Taubenherzen sei nicht trag­ fähig, zudem wäre ein Erfolg solcher Mittel sehr fraglich. Die Fakultät kommt zum Schluss, dass der Tod auch ohne Philtrum genügend erklärt werden könne. Was die "suspekte Frau" anbetrifft wird bemerkt: "Nichts desto weniger muss man aber genau untersuchen, inwieweit diese ver­ dächtige Frau mit dem namhaften Manne in unerlaubter Familiarität gelebt hat, und sich somit eines anderen Deliktes schuldig gemacht hat, ..." (S. 126 /99) Immer mehr gerät somit die verdächtige Frau in das Kreuzfeuer der Diskus­ sion um diesen "Phllterfall".

76 Johann Kaspar Westphal:

25. August 1695

Neun Monate später wurde dem aufsehenerregenden "Phllterfall" auch ein Gut­ achten über die "suspekte Frau" beigefügt. Johann Kaspar Westphal schreibt unter dem Titel "Aliud Attestatum de constitutione atque valetudlne foeminae suspectae": "Hiezu muss Ich bemerken, dass ich lm Juli mit DN.N.N. nach Merseburg ge­ reist bin, um dort einige Tage zu verweilen. Bel dieser Gelegenheit habe Ich die oben genannte Frau N. N. kennengelernt.. Sie hat mir bei dieser Gelegenheit auch ihre Krankheit geschildert, an der sie schon seit sieben Jahren leidet, ... nach sorgfältiger Ueberlegung fand ich, dass dies nichts anderes war als ein Fluor albus, eine unehelich erworbene Gonorrhoe (Gonorrhoeam notham esse), ..." (S. 126 /99) Westphal betont, dass In diesem Zustand kaum Neigung zu Geschlechtsverkehr bestehe. Es sei lächerlich, wenn ein Arzt behaupte, dass diese Frau jemandem einen Liebestrank gegeben habe, um damit dessen Liebe zu erzwingen. Halle:

9. September 1695

Die letzte Universität, die zu diesem Falle Stellung bezieht, Ist Halle. Wie ein­ leitend gesagt, besitzen wir eine deutsche Uebersetzung des Gutachtens. An die Fakultät werden folgende Fragen gestellt: "l)ob man aus dem communlcirten casu und dessen Umständen vernünfftig und medice schliessen könne, dass der fürnehmen Person ein philtrum beygebracht, und dasselbe dessen maladie und Todt verursachen könne? 2) was von des Agricolae Liberti scrlpto und deduction zu halten sey? 3) ob eine Weibes^Person, die lange Jahre fluore albo laboriret, zur Liebe oder vielmehr llbidlne geneigt sey?" (S. 142 /55) Im ersten Punkt schliesst sich Halle den Responsa der vorausgegangenen Fakul­ täten an. Die Frage der Liebestränke, die meist aus Menstrualblut bestünden, wird aber noch genauer erörtert. Noch kein Mediziner habe zeigen können, dass Liebestränke eine grosse Liebe zu einer bestimmten Person bewirken. Schon Ovid habe gesagt, dass Furor aus solchen Tränken entstehe. Ein Verdacht auf eine "Inphlltration" wird durch folgende Symptome erhärtet: "...wenn eine Person nach einem verdächtigen Trancke sich Übel und einen Eckel befindet, unruhig Ist, nicht zu bleiben weiss, öffters lachet, delira et ma­ le cohaerentla redet, zumahl die Schaamhafftigkeit aus den Augen setzet, wenig schläffet, von allen Kräfften abnimmet, und dann bisweilen eine überaus hefftige Liebe auf eine gewisse Person hat, welches doch nicht allezeit universal". (S. 143 /55) Mit der "bisweilen überaus hefftigen Liebe" hat sich auch Halle noch nicht vom

77) Von ihm Ist, ebenfalls bei Valentini, eine ausführliche Beobachtung eines Fal­ les von Liebeskrankheit überliefert (S. 96 ff/99 siehe auch deutsch S. 83 ff/71).

77 alten "Phllter-Erbe" gelöst. Die zweite Frage, was von des Agricola Libertus Meinung zu halten sei, wird sehr klar beantwortet. Seine Argumente seien me­ dizinisch unhaltbar, und er werde seine Schrift hoffentlich nicht im Ernst ver­ fasst haben. "Letzllch was von den Turtel-Tauben und Kinder=Häutchen gemeldet wird, beruhet solches auf alter Weiber Fabeln". Die letzte Frage, ob eine Frau mit weissem Ausfluss zur Libido geneigt sei, wird ebenfalls mit nein beantwor­ tet.

Vergleichen wir rückblickend die Fälle dieser Zeit mit den Observationes der Renaissance, so fällt uns die Loslösung vom "Fabelhaften" auf. Zwar treffen wir auch hier noch seltsame Vorstellungen, zum Beispiel über die Giftigkeit des Menstrualblutes, die jedoch nicht mehr vergleichbar sind mit den "periodi­ schen Liebesanfällen", den im Apfel wachsenden Kröten und den'Kuchengeschich­ ten" der Renaissance. Diese Beobachtungen beruhen fast durchwegs auf exakten klinischen Beschreibungen, die meist VergiftungBsymptome wie Erbrechen, Un­ wohlsein, pektanginöse Beschwerden, Haemorrhagien und psychische Alterationen schildern. Auch die genauen Sektionsberichte (Morgagni, Jena) bezeugen das neu anbrechende experimentell naturwissenschaftliche Denken.

RUECKBLICK

Zum Schlüsse der Zeitepoche Barock und Aufklärung sollen die wichtigsten Ent­ wicklungen nocheinmal kurz zusammengefasst werden. Die Liebeskrankheit als "species Melancholiae" (Avicenna) wurde von der Renaissance übernommen, ebenso wie der durch Liebestränke verursachte "Amor vesanus" des Paracelsus. Nun entwickelt sich die Liebeskrankheit in zwei verschiedene Richtungen. Einerseits wird die melancholische Genese der Liebeskrankheit beibehalten, wo­ bei allerdings die melancholischen Säfte zeitgemäss durch ein neues Substrat ersetzt werden (zum Beispiel: Fibrae nerveae, Blutzusammensetzung). Anderer­ seits wird die Ursache der Krankheit in den Genitalsäften lokalisiert, wobei sich diese Art der Liebeskrankheit zu einem fast ausschliesslichen Frauenlei­ den entwickelt. Die Diskussion um den Zusammenhang zwischen Liebeskrankheit und Philtra er­ reicht in dieser Epoche seine höchste Blüte. Viele Autoren sehen einen direkten kausalen Zusammenhang, andere setzen die beiden Begriffe sogar gleich. Im Rahmen dieser Diskussion wird auch der "Philter-Begriff" eingehend analysiert. Dieser ist noch zu Beginn der Zeitepoche stark von der Sympathielehre geprägt, und von den Auswirkungen des Hexenwahnes beeinflusst. Immer deutlicher wird

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aber die Tendenz zu einem naturwissenschaftlichen Denken. Die Wirkung der Liebestränke wird auf pharmakologische Substanzen (Aphrodisiaka, Narkotika) zu rückgeführt. Angeregt durch Beobachtungen (Tollwut, chemische Vorgänge wie die Gärung) vermutet man auch in den "Phllter-Ingredientien" analog wirksame, noch unbekannte Gifte (Virus amatorium).

79

IV.

AUSBLIC K: ENDE DES 18. UND BEGINN DES 19. JAHRHUNDERTS

Die Entwicklung unseres Themas soll in einem Ausblick noch bis zum Beginn des 19. Jahrhuderts in grossen Zügen weiterverfolgt werden. Wie gewohnt wer­ den in einem ersten Teil einige Autoren referiert. Da bezeichnenderweise in die­ sem Zeitabschnitt keine "Phllterfälle" aufzufinden waren, soll die Arbeit mit ei­ nem Ueberblick anhand einiger medizinischer Lexica beschlossen werden.

A.

AUTOREN

François Bolssier de Sauvages de la Croix

1706-1767

François Bolssier de Sauvages de la Croix schrieb 1724 in Montpellier eine Dis­ sertation "De Amore". Wahrscheinlich erhielt er deshalb den Uebernamen "Médecin de l’Amour" (87). Er übernimmt in dieser Arbeit viele Elemente der klassischen Liebeskrankheit, und schmückt sie zusätzlich mit romantisch anmu­ tenden Zügen aus. Während die bisherigen Autoren die Liebeskrankheit stets als eigentlichen Morbus darstellten, meint Sauvages, es sei fast niemandem ge­ geben, an diesem Leiden nicht zu erkranken, denn vor Liebe unsinnig zu wer­ den sei durchaus angenehm I Die Krankheit sei ein ehrbarer Trieb der jungen Leute, sich zu vereinigen. Durch die Scham und Zaghaftigkeit unterscheide sie sich von der Satyriasis und Nymphomanie. Sauvages zeigt grosses psychologi­ sches Verständnis, wenn er sagt: "Zu wachsen und sich zu vermehren ist den Tieren, Pflanzen und Menschen nicht nur angeraten, sondern sogar befohlen, ... Dennoch aber stellt die Poli­ tik der Liebe Gesetze in den Weg. Die Scham, durch die sich die meisten mit Recht bedrückt fühlen, steht im Gegensatz zu den Gesetzen der Natur und der mechanischen Bewegung des Körpers. Denn heimlich wünscht man es ja doch.

78) Sauvages lebte in einer Zeit, die durch ihre "Empfindsamkeit" charakteri­ siert ist (Ende des 18. Jahrhunderts).

80 ... Ganz automatisch suchen sich die Jünglinge die Mittel zur Heilung. So kommt es, dass sie die beste Hilfe bei den Mädchen, diese an den Jünglingen die besten Aerzte finden, ..." (S. 12 ff/87)

Der Grund der Liebeskrankheit liegt bel Sauvages In einer erhöhten Spannung der Fasern (Flbrae). Brust, Uterus, Samendrüsen, alle diese Organe würden beson­ dere In der Pubertät gespannt und gedehnt. In einer Irritation der Gehirnfasern (fibrarum cerebrl crlspaturS et inaequali tensione) sieht er die Ursache melan­ cholischer und manischer Leiden (S. 16 /87). Auf diese Weise erklärt er sich auch die Melancholie der umherirrenden Pseudo-Heroen und Ritter (Don Quichot­ te). Mit keinem Wort werden in dieser Arbeit die Liebestränke erwähnt. Sauva­ ges schliesst seine Dissertation nach ausführlichen Therapleratschlägen lm Sinne Ovlds unvermittelt mit der Behauptung, dass die Liebe durch Kräuter heilbar sei. In einem späteren Werk, der "Nosologie méthodique" zählt er die Liebeskrank­ heit zu den Delirien. Er kennt sie unter den Namen "Melancholla amatoria", "Amor insanus, de Sennert" und "Erotomanie, ou folie amoureuse. L." Schon einleitend grenzt er die Liebeskrankheit von der Satyriasis und dem Fu­ ror uterinus ab. Im Gegensatz zu seiner Dissertation erwähnt er hier seine Fa­ sern-Theorie nicht mehr. Das Musterbeispiel eines Liebeskranken ist der be­ rühmte Don Quichotte: "...ceux qui en sont atteints (von der Liebeskrankheit), ne désirent point d'avoir commerce avec l'objet qu'ils aiment, mais le vénèrent comme un Dieu, lui sont entièrement dévoués, ...perdent l'appétit et le sommeil, et négligent entière­ ment leurs affaires; en un mot, ils sont à l'égard de leur maîtresse ce qu'étoit Dom Quichotte à l'égard de Dulcinée du Toboso". (S. 347 /88) Obzwar Sauvages in seiner Dissertation noch von einer somatischen Genese der Liebeskrankheit spricht, liegt in seinem Don Quichotte vielleicht die eigentliche Wendung, die Liebeskrankheit nur noch als "eingebildete Liebe", das heisst, als 80) psychiatrisches Leiden zu betrachten. ' Zur Therapie empfiehlt er neben der Heirat die üblichen Heilmittel Ovlds. Die Liebestränke erwähnt er nur beiläufig, ohne sich näher darauf einzulassen: "Lucrèce, après avoir eu l'esprit aliéné par l'amour et par un philtre, se tua de ses propres mains". (S. 347 ff/88)

79) Hier sel darauf hingewiesen, dass nicht Linné sondern Sauvages der eigent­ liche Pionier der nosologischen Einteilungen gewesen ist (Diesen Hinweis ver­ danke ich Frau PD Dr. Fischer-Hornberger). Die Begriffe "Amor insanus" und 'Erotomanie?1 gehen nicht auf Sennert oder Linné zurück. Schon Cardan und Hucher gebrauchten den Ausdruck "Amor insanus". Die Erotomanie war schon Thomas Willis und Johann Jakob Wepfer bekannt. 80) Sauvages betrachtete die Melancholie auch als ein "paucis objectis affixum delirium", beziehungsweise als "eine Beraubung des Verstandes, die sich nur in gewissen Dingen zeigt" (S. 46 /39). Auch Esquirol, der die Schriften von Sauvages sicher gelesen hat, wird wieder von Don Quichotte sprechen.

81

Antoine le Camus

1722-1772

Er war Professor für Chirurgie In Paris. In seinem berühmten Werk "Médecine de l'ésprit" zählt er die Liebe zu den "passions". Einerseits sind für Camus die Leidenschaften der sichere Weg zur Vergeistigung und zum Genie. Der "amour social" gibt dem Menschen "ésprit", macht aus Bauern Dichter, ja er nennt diese Liebe sogar "père de toutes les sciences". Andererseits kann diese Liebe den Menschen auch zum Wahnsinn treiben (S. 337, H ff/24). Eingehend be­ handelt Camus die Philtra, die er den Aphrodisiaka gleichstellt: "Qui ne connolt pas la réussite des philtres, et l'efficacité de certains alimens échauffans pour exiter les amoureux désirs. ... Us ne produisent leur effet que parce qu'ils augmentent le jeu des organes destinés à la génération. Nous ne prétendons pas, comme l'ont cru certaines personnes, que ces remedes simples, ou ces différentes préparations pharmaceutiques dirigent vers tel objet précisé­ ment; ce seroit une erreur rejettée par l'expérience". (S. 229,1 /24) Camus zählt die altbekannten Ingredientien der Philtra auf, unter anderem den Hemmfisch (G), das berühmte Hippomanes (G) und auch die Mandragora (G). Ebenso nennt er die "Antiphllter" wie die Leber eines Chamäleons (Siehe S. 38), ein Bad im Flusse Selemnus (G) oder den Sprung vom Leucadischen Felsen (G). Schon im Altertum seien die Philtra den Giften gleichgestellt worden (Siehe S. 7). Um die Gefährlichkeit der Liebestränke aufzuzeigen, zitiert Camus die üblichen Fälle von Caligula, Lucull und Lucrez. Hinzu kommen neuere Beispiele aus Frankreich, so der berühmte Prozess gegen den Priester Gaufridi. Camus schliesst Beine Betrachtungen über die Liebestränke mit den Worten: "Ne nous arrêtons pas davantage sur les erreurs de nos pères,..." (S. 358,11/24)

Johann August Unzer

1727-1799

Unzer war Dozent an der Universität Halle. Er sagt über die Liebestränke: "Es glebt wol schwerlich Arzneyen, die eine Zuneigung einer Person zu einer andern wirken sollten: allein es glebt Arzneyen, die Leute verrückt, gell, schwermüthlg machen können, und dieser bedient man sich zu solchen teuflischen Künsten. Weil dergleichen Mittel gemeiniglich verstohlner Weise beygebracht wer­ den, so kann man schwerlich die Art der Gifte erfahren, die man bekommen hat". (S. 359 /98) "Teuflische Künste" eind hier zum blossen Wort geworden. Philtra sind für Un­ zer nichts anderes als schwierig zu eruierende Aphrodisiaka und Gifte. Zur The-

81) Eine ähnliche Ansicht vertrat Properz schon im Altertum: "Wissen wollt ihr, warum ich so oft die Liebe besinge, Warum mein Buch so sanft, das euch vor Augen erscheint. Nicht verleiht Kalliope mir noch Apoll diese Lieder, Nur mein Mädchen allein schafft ja in mir das Talent". (2,1,1-4/82) 82) Siehe Cécile Ernst, Teufelsaustreibungen (S. 100 ff/34).

82

rapie empfiehlt er denn auch "die Cur für scharfe oder betäubende Gifte, oder, in Ungewissheit, blos die allgemeinste Giftcur". Maximilian Stoll

1742-1768

Er war zuerst Priester, liess sich laisieren um in Wien Medizin zu studieren, wo er dann auch eine Praxis eröffnete. Unter dem Titel "Quaedam ad medicinam forensem pertinentia" streift Stoll das "Philterproblem": "Philtra sind meist betäubende Gifte oder sehr wirksame Aphrodisiaka wie bei­ spielsweise Kantharidin und viele andere. Zufällig können sie auch Liebe erwir­ ken". (S. 360 /96) Auch Stoll stellt somit die Liebestränke den Giften und Aphrodisiaka gleich. Im letzten Satz ist allerdings noch ein Teil des alten "Philter-Glaubens" erhalten geblieben! Johann Peter Frank

1745-1821

Er gilt heute als Begründer der Hygiene. In seinem berühmten Werk "System einer vollständigen medicinischen Polizey" spricht er im Kapitel "Von mensch­ lichen Zeugungstrieben überhaupt" von der verliebten Wahnsinn. Bleichsucht (Chlorose), weisser Ausfluss (Fluor albus) und der verliebte Wahnsinn (Eroto­ manie) seien oft das "Loos der gesitteten Jungfrauen, und können oft nur durch Veränderung des Standes gehoben werden" (S. 124,1/42). Die Ursachen dieser Krankheiten sieht Frank in einer Anhäufung der Genitalsäfte, die nach längerem Aufenthalt und durch die Zirkulation im Kreislauf zu giftartigen Substanzen wer­ den. Wie krankheitsfördernd der ehelose Stand sei, ersehe man auch aus der grösseren "Anzahl der Wahnsinnigen in Klöstern beyder Geschlechter" (S. 126,1 /42). An anderer Stelle, unter dem Kapitel "Von Zauberey und Teufeleyen" be­ handelt Frank den Liebeszauber: "Von den entferntesten Zeiten her, war die Erweckung der Liebe, eine für bei­ de Geschlechte merkwürdige Kunst, ... Die sogenannten LiebessKnoten (G) reich­ ten daher nicht immer hin, und es waren eigne Mischungen (Philtra) oder Lie­ bestränke nöthig, ... Ohne mich aber dahier in die, mehr als eckelhafte Ge­ schichte der Mittel, die zu Liebestränken gebraucht wurden, einzulassen, ... erinnere ich blos, dass diese, zum Theil giftartige, Mittel weder Liebe erzeug­ ten, weder eine solche gerade auf den abgezielten Gegenstand richteten (wenn nicht, wie der, sonst würdige, aber in dergleichen Dingen äusserst leichtgläubi­ ge und unphilosophische Sennert sagte, der Teufel dabey mitwirkte) noch über­ haupt mehr, als sinnliche Triebe hervorbringen konnten, deren Feuer mit der Wirkung des Philtrum's erstickte". (S. 497, IV ff/42) Auch für Frank sind Liebestränke nur mehr Aphrodisiaka. Mit einem Seitenhieb gegen den leichtgläubigen Sennert wird auch die Wirkung des Teufels und der magischen Philtra ausgeschlossen. Frank dürfte damit auch den endgültigen

83 Schlussstrich zur Frage der übernatürlich wirksamen Liebestränke gezogen ha­ ben. Vincenzo Chlarugi

1759-1820

Der Italiener Chlarugi zählt die Erotomanie zu den "falschen Melancholien", denn bei einem Liebeskranken "scheint die habituelle Traurigkeit davon ausge­ schlossen zu sein, und dergleichen melancholische Kranke leben vielmehr ruhig und zufrieden" (S. 473 /27). wie Sauvages grenzt er die Krankheit von der Satyriasis und dem Furor uterinus ab. Im Kapitel über die Daemonomanien, die er ebenfalls unter die falschen Melancholien einreiht, erwähnt er auch die Lie­ bestränke: "Es giebt indess gewisse wahnsinnige Weibspersonen, welche man Hexen genennt hat; diese bilden sich ein, mit dem Teufel einen Vertrag eingegangen zu sein, Wunderthaten und übernatürliche Dinge bewirken zu können; ... Unter den Män­ nern giebt es ebenfalls, und besonders unter den Hirten solche, 84) welche Lie­ bestränke und Zaubermittel zusammensetzen, wodurch sie Sachen bewirken zu können glauben, die mit der natürlichen Ordnung der Dinge nicht Zusammenhän­ gen; ist nun diese Ueberzeugung entschieden und habituell, so muss man sie ge­ radezu für solche halten, die an einer falschen Melancholie leiden". (S. 475 /27) Chlarugi hätte ansteUe des hergebrachten, eingefleischten Melancholiebegriffes den Ausdruck "fixe Ideen" (flssazloni) vorgezogen (S. 35/38). Mit Chiarugi be­ ginnt deutlich die psychiatrische Betrachtungsweise unserer Thematik. Sowohl der Liebeskranke wie auch der "Liebeszauberer" sind Melancholiker. Die Ursa­ che ihrer Melancholie ist aber bei Chiarugi nicht mehr in der Somatik, sondern in einer "fixen Idee" zu suchen. Schon in den vorausgegangenen Zeitepochen wurden Hexen und Zauberer als Me­ lancholiker bezeichnet (Weier, Waldschmidt, Sennert und andere). Während da­ mals aber ein Daemon noch die schwarze Galle verwirrte, fehlen hier sowohl der Teufel wie auch das körperliche Substrat der schwarzen Galle. Mit Chlarugi gewinnt somit ein "neuzeitliches" Denken sowohl auf dem Gebiete der Liebeskrankheit, wie auch der Liebestränke die Oberhand. Die "fixe Idee" allein genügt, um als Ursache der Melancholie anerkannt zu werden.

83) Chiarugi "wendet sich gegen die Autoren, die den Ausdruck Melancholie noch immer mit der Idee der Furcht und Traurigkeit verbänden, wie dies die Al­ ten getan hätten. Melancholie ist für ihn ’'ein partieller Wahnsinn, der im­ mer auf einen oder nur wenig Gegenstände eingeschränkt isf" (S. 35 /38). Chiarugi unterscheidet deshalb "echte Melancholien" mit Traurigkeit von den "falschen Melancholien" ohne dieses Symptom. 84) Diese Bevorzugung mag die Wurzeln im berühmten achten "Hirtengedicht" (Bucolica Ecloga octava) Vergils haben, worin uns dieser Dichter einen Lie­ beszauber schildert (101).

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Dominique Esqulrol

1772-1840

Jean Etienne Dominique Esqulrol war unter Pinel leitender Arzt an der Salpêtri­ ère, der berühmten Pariser Klinik, wo 1792 erstmals die Geisteskranken von den Ketten befreit wurden. Mit Pinel begann eine neue Psychiatrie. Die Pariser Schule wurde in Europa beispielgebend. Bei Esqulrol finden wir eine längere Ab­ handlung über die Liebeskrankheit mit den Namen Erotomania, Amor insanus de Sennert, délire erotique und mélancholie amoureuse, die auch Sauvages gebrauch­ te. Esquirol stellt fest, dass die Liebeskrankheit durch dieselben Ursachen be­ dingt ist wie die Monomanie. Die "fixe Idee" ist zur Krankheitsursache gewor­ den: "dans cette maladie, lrimagination seule est lésée" (S. 186 /35). Esqulrol nimmt an sich noch ein körperliches Substrat als Ursache der Liebes­ krankheit an, und er lokalisiert es bezeichnenderweise ins Gehirn. Der genaue Sitz des Leidens ist ihm aber ehrlicherweise ein Rätsel: "Quel est le siège de l'érotomanie? Nous l'avons déjà dit au commencement; il est dans la tête. Le cerveau ou le cervelet sont-ils affectés? nous avouons notre ignorance, nous n'en savons rien": (S. 192 /35) Auch Esquirol will die Liebeskrankheit scharf von der Nymphomanie, Satyrlasis oder einem hysterischen Krankheitsbild abgegrenzt wissen. "Cette complication ne doit pas être confondue avec la manie hystérique. Dans la manie hystérique, les idées amoureuses s'étendent à tous les objets propres à exciter, tandis que dans la manie érotique ces idées portent le caractère de la monomanie, c'est-à-dire qu'elles sont fixes et déterminées sur un seul ob­ jet". (S. 191/35) Esquirol kennt die Geschichte der Liebeskrankheit von Erasistratos bis in seine Zeit. Auch in seiner eigenen Schilderung der Krankheit finden wir viele der al­ ten klassischen Symptome wieder (Blässe, lebhafte Augen, Schlaflosigkeit, "Lie­ bespuls" und andere). Als Paradebeispiel eines Liebeskranken figuriert auch bei Esquirol Don Quichotte della Mancha: "Cervantes, dans son Dom Quichotte, a donné la description la plus vraie de cette maladie preque épidémique de son temps, ..." (S. 191 /35) Die Therapie der Erotomanie ist dieselbe, wie die anderer Monomanien. Neben Ratschlägen im Sinne Ovids zweifelt er nicht an dem grossen Nutzen der Heirat. 85) Wie schon Sauvages ' erwähnt auch Esqulrol beiläufig, dass Lucrez an einem Liebestrank verstorben sei, ohne jedoch auf dieses Problem näher einzugehen. "Lucrèce, rendu amoureux par un philtre, se tue". (S. 191/35)

Mit Esquirol verlassen wir unsere Betrachtungen über die Liebeskrankheit, und wir wollen nun zum letzten Autor in dieser Arbeit übergehen.

85) Aus den Ausführungen Esquirols kann man schliessen, dass er Sauvages zum Teil als Vorlage benutzt haben muss.

85

Julien Joseph Vlrey

1775-1846

Vlrey war Arzt und Apotheker In Paris. Er dürfte der letzte Autor gewesen sein, der in der medizinischen Literatur einen eingehenden Artikel über die Lie­ bestränke verfasste. Wir finden diesen 14 Seiten umfassenden Bericht im "Dicti­ onnaire des sciences médicales" von 1820. Vlrey war ausführlich über die Ge­ schichte der Phlltra in der Literatur und Medizin informiert. Die traditionellen Bestandteile der Liebestränke sind ihm bestens bekannt: das Hippomanes (G), die Herba Indica (G), das Menstrualblut (G), der Jynx (yunx torqullla, Lin. [G] ), die Mandragora (G) usw. Ebenso weist er mit den berühmten Geschichten von Karl dem Grossen, dem heiligen Hieronymus, Lucull, Lucrez und Callgula auf die Gefährlichkeit der Liebestränke hin: Sans contredit, il y a beaucoup d'absurdités dans la plupart des préparations recommandées pour composer des philtres; il y a même de dangereuses sub­ stances que l'on n'a pas pu donner sans crime, puisqu'il en est résulté, non pas l'amour qu'on espérait, mais la perte de la raison et de cruelles maladies, ou U mort". (S. 311/102) Die Möglichkeit Liebe zu erzeugen spricht er den Liebestränken ganz ab: "...il n'est aucune d'elles qu'on puisse considérer comme des philtres, comme propres à déterminer l'amour pour telle ou telle personne". (S. 317 /102) Die Wirksamkeit der Liebestränke beruht auch bei Vlrey ausschliesslich auf pharmakologischen Substanzen wie Aphrodisiaka oder Narkotika. Im Sinne einer naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise versucht er diese Wirkung zu erklä­ ren: "L'un des philtres les plus communs, et qui semble même être établi chez les animeaux par la nature pour attirer les sexes à l'acte de la reproduction, est l'odeur spéciale qu'exhalent les organes génitaux: car, de même que les fleurs ou les parties de la propagation des plantes sont la plupart Imprégnées d'aromes, de même les organes sexuels des anlmeaux, surtout à l'époque du rut, sécrètent des fluides odorans propres à convier les sexes à leur union". (S. 312 /102) In diesem Sinne versucht Vlrey auch das Menstrualblut zu Interpretieren: "Or, dans les climats méridionaux, les femmes exhalent avec leur sang mens? truel des odeurs fortes, surtout lorsqu'elles négligent la propreté. On sait que plusieurs ont alors lTialelne fétide (...), et que les rousses, qui passent pour très-ardentes, ont des menstrues de mauvaise odeur (...). ... Quoi qu'il en soit, nous avons vu le sang menstruel d'une femme saine, blonde, âgée de trente ans, faire tomber des verrues, sans autre remède, en les frottant avec ce sang à plusieurs reprises, ce qui paraîtrait Indiquer une sorte d'âcreté". (S. 314 /102) Vlrey glaubt aufgrund einer eigenen Beobachtung nicht an eine gefährliche und verstandesverwirrende Eigenschaft des Menstrualblutes: "Cependant nous savons qu'une femme, à la vérité, Idiote, avala de ce sang dans une tasse de café sans en éprouver d'autre action que du dégoût, et nous ne voyons pas qu'il puisse résulter d'autre effet de cette dégoûtante excrétion". (S. 314 /102) Zur Erklärung der Wirkungsweise der Phlltra zieht Vlrey auch neue chemische

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Argumentationen hinzu. So sagt er von den oft als Ingredienzen benutzten Fi­ schen: "Ne serait-ce point parce que les poissons contiennent du phosphore en état de combinaison qu'ils disposent à l'amour? On sait que ... cette substance inflam­ mable, prise à l'intérieur, est un stimulant violant et même dangereux, comme nous l'avons observé; il excite aussi le priapisme, ..." (S.316/102) Nach dem berühmten Leitspruch Ovids "Philtra nocent animis, vimque furoris habent" schliesst Virey seinen Artikel mit folgenden Worten: "... mais nous ne croyons pas qu'aujourd'hui on recoure à des philtres pour se faire aimer; l'heureuse facilité de nos moeurs fait trouver une infinité de Danate* 86) pour lesquelles le seul philtre est la pluie d'or: c'est le philtre universel, et son effet est immanquable, pourvu que cette pluie soit abondante; par elle le plus laid Thersite 87) deviendra un Adonis, et une mégère effroyable sera méta­ morphosée en Vénus". (S. 321 /102) Mit Virey wollen wir den ersten Teil dieses Kapitels beenden und zum letzten Abschnitt dieser Arbeit übergehen. Während sich die Erotomanie als Zustands­ bild in der Psychiatrie bis heute gehalten hat, verschwand der Begriff Phlltrum zusehends aus der medizinischen Literatur. Dies lässt sich anhand einiger Lexi­ ka verdeutlichen.

B.

MEDIZINISCHE LEXIKA

Die Lexika des 18. Jahrhunderts geben uns im allgemeinen noch Auskunft Uber das "Philter-Problem", das im 19. Jahrhundert kaum mehr erwähnt wird.

1746

Johann Schröder schreibt in seinem "Artzney-Schatz": "Philtrum, fy.ii.TpoP, soll die Liebe zuwege bringen, nicht, dass es natürlicher Weise geschehe, sondern durch teuffelische Zauberey. Von welchen Galenus, ob­ gleich als ein Heyde, geschrieben, dass ein Medicus hiervon nichts wissen soll. L.IO.d. S. Fac. Unter die Philtra rechnet man auch alle Zaubereyen, Ceremonien und dergleichen Dinge". (89)

Johann Schröder glaubt also nur an die übernatürlich wirksamen Philtra. Deut­ lich betont er in seiner Definition auch den immateriellen Aspekt des "PhilterBegriffes" (Zaubereyen, Ceremonien usw. Galen siehe S. 21).

86) Dana'e* war die Tochter des Königs Akrisios von Argos. Von Akrisios in ei­ ne eherne Kammer eingeschlossen, gelangte Zeus in Gestalt eines Goldre­ gens durch das Dach zu ihr, und zeugte Perseus. 87) Ein Grieche im Lager vor Troia, bekannt als lahm, hässlich und geschwät­ zig. In der Ilias als keifender Demagoge dargestellt.

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1755 Johann Jakob Woyt, den wir bereits kennengelernt haben (Siehe S. 50), schreibt in seiner "Schatz=Kammer Mediclnlsch=und natürlicher Dinge": "PHILTRUM, das Grübgen am Kinn. PHILTRUM, Poculum amatorium, ein Liebestranck, wird von einigen Autoribus für die Liebe zwischen Mann und Weib genommen; eigentlich aber wird unter diesem Titel, die durch Zauberey, Buhlenlieder, magische Verse, durch Küssen, Speis und Tranck ect. unordentlich erweckte Liebe verstanden. Wegen der Würckung solcher Liebesträncke ist zu erinnern, dass nicht allemal die verlangte Liebe, sondern vielmehr eine Schwermuth, Raserey, Dollsucht mit Hertzensangst, Abnehmen derer Glieder und Contractur erfolget sey. ... Die näheste Ur­ sache ist eine denen Geistern imprimirte liebreizende Idea in der unsinnigen Liebe; bald eine traurige Idea in der Schwermuth; bald eine furiose In der Doll­ sucht. Es ist nichts daran gelegen, wo diese Idea herkomme, sie mag entweder aus einer blossen Einbildung, oder unmittelbar durch Hülfe des Satans mit Wor­ ten, oder mittelbar durch Kräuter, Steine, Speichel, Harn, Monatblüte ect. mitgetheilet werden". (114)

Schon im vorherigen Kapitel hielten wir fest, dass Woyt als erster die Einbil­ dung allein als Philtrum gelten lässt. Hier betont er wiederum deutlich, dass eine eingebildete Idea ein Philtrum sein kann. Klar unterscheidet er diesmal auch zwei Therapien nach einer "Inphiltration": ein wahrer Liebestrank (aus ma­ teriell fassbaren Ingredientien) erfordert die üblichen Heilmittel wie Vomitorla, Diuretica, Nasturtium aquaticum (G), Electuarium Hartmann! (G), warmen Pfer­ deurin ect. Bei "einem so vermeynten und eingebildeten Philtro ... brauchet man Persuasiones, gute Worte, Vermahnungen, auch wol Scheltworte, der Leib muss zur Arbeit und starcken Bewegung gebracht werden, damit die Spiritus von diesen Dingen abgewendet werden" (114).

1772 Die "Onomatologia medica completa", an der unter anderen auch Albrecht von Haller mitgearbeitet hat, definiert die Liebestränke wie folgt: "Philtrum, poculum amatorium, virus amatorium, ein Liebestrunk, eine Arzney, oder vielmehr ein Gift, das einem unvermerkt beygebracht worden, und wodurch man entweder eine närrische Neigung und Liebe zu einer gewissen Person be­ kommt, welcher man durchaus nicht widerstehen kann, oder auch in eine Liebesraserey verfällt, s. erotomania, oder wodurch man in eine Auszehrung, Schwermuth, Raserey, gänzliche Verwirrung, Melancholie und andere elende Um­ stände nach und nach geräth; es sollen solche Sachen von verliebten und boshaftigen Leuten durch Speichel, Harn, Speisen, Getränke und andere unvermerkte Wege beygebracht werden können, es sind aber die wenigsten Geschichten diessfalls zuverlässig, wiewohl wir nicht in Abrede seyn wollen, dass wenn man z.E. auch bekannte betäubende Mittel, als Bilsamsaamen, Stechapfelsaamen und der­ gleichen unter gewissen Umständen, welche die Einbildungskraft recht aufmerk­ sam machen, beybringet, diese eine solche Wirkung thun könnten, und oft be­ steht ohne Zweifel alles ganz allein in der Einbildung, und kommt von dieser weiter". (70)

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Obzwar sich der Inhalt der Beschreibung In vielem mit dem Lexikon Woyts deckt, Ist der Einfluss der naturwissenschaftlichen Denkweise deutlicher spür­ bar (Fehlen der Zauberei, betäubende Mittel, Virus amatorium). Wunderschön kommt hier der Zusammenhang zwischen Philtrum und Erotomanie zum Aus­ druck. 1783

Im "Handbuch für ausübende Aerzte" finden wir wohl einen ausführlichen Artikel über die Liebeskrankheit (Amatoria febrls), das Wort Philtrum wird jedoch be­ reits nicht mehr erwähnt (71). 1820

Die letzte mir bekannte ausführliche Abhandlung über die Liebestränke findet sich im "Dictionaire des sciences médicales". Den Inhalt dieses von Vlrey ver­ fassten Artikels haben wir schon kennengelernt. Ein Zusammenhang zwischen Philtrum und Liebeskrankheit ist nicht mehr vorhanden. Vlrey betrachtet die Liebestränke als wirksame Pharmaka (Aphrodisiaka, Narkotika). 1831 und 1836 In den beiden Werken, der "Encyclopädie der medizinischen Wissenschaften" von Ludwig Meissner (1831 /65) und der "Encyklopädie der gesammten medlclnischen und chirurgischen Praxis" von Friedrich Most (1836 /67) werden die Liebesträn­ ke nicht mehr erwähnt.

1876 Ebenfalls unbekannt ist das Wort Philtrum dem "Dictionnaire encyclopédique des sciences médicales" des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Hingegen fand Ich dort eine Erwähnung der Liebestränke unter dem Stichwort "Aphrodlsle". Gewarnt wird vor Scharlatanen, die verschiedene Aphrodisiaka anbieten: "Des poursuites peuvent encore être exercées contre des charlatans vendant des aphrodisiaques prétendus ou réels. Valentlnl 88), en 1640, a eu à se prononcer sur un fait de ce genre, dans un cas où il s'agissait en même temps de sorti­ lège et de philtres". (S. 665 /30) Der Begriff Philtrum, verstanden als Liebestrank, ist heute ganz aus der medi-

88) Siehe Seite 73

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zinischen Literatur verschwunden (Einzig in der Anatomie konnte sich Philtrum als Bezeichnung für die Rinne in der Mitte der Oberlippe erhalten). Ein Teilas­ pekt des ursprünglichen "Phllterbegrlffes", Philtrum verstanden als sexuelles Stimulans, hat sich unter dem Namen Aphrodisiakum bis heute gehalten. Durch diese neue Terminologie, welche eine Einengung auf pharmakologisch überprüf­ bare Substanzen darstellt, konnte man sich zugleich vom ganzen magischen Be­ deutungskomplex des Begriffes Philtrum und von seiner Undefinierbarkeit (ma­ terielles und immaterielles zugleich) distanzieren.

RUECKBLICK

Zum Schluss sollen die wichtigsten Entwicklungen der letztbesprochenen Zeit­ epoche noch kurz dargestellt werden. Vom Barock und der Aufklärung wurden die zwei Arten der Liebeskrankheit übernommen: Die "hysterische" Form die­ ses Leidens (sexuelle Raserei), verursacht durch die Genitalsäfte (Frank), und die "platonische" Form, welche mit Nachdruck vom Furor uterinus, der Chlo­ rose, der Nymphomanie und der Satyriasis abgetrennt wird (Sauvages, Chia­ rugi, Esquirol). Die "platonische" Form gewinnt dabei erneut an Aktualität. Eine der letzten Schriften, worin die Ursache der Liebeskrankheit noch soma­ tisch begründet wird (Fibrae), ist die Dissertation von Boissier de Sauvages. Chiarugi sieht in den Symptomen der Liebeskrankheit, ähnlich wie schon Galen, wiederum den direkten Einfluss der Psyche (fixe Idee) auf den Körper. Ueber Esquirol hat sich die Erotomanie als psychiatrisches Zustandsbild (Monomanie) bis in unsere Zeit erhalten. Im Gegensatz zur Liebeskrankheit verlieren die Philtra in der medizinischen Dis­ kussion zusehends an Bedeutung. Die Streitfrage um die übernatürlichen Philtra wird mit Frank und Chiarugi endgültig beigelegt. Natürliche Liebestränke, wel­ che die Liebe einer bestimmten Person erwecken, werden von le Camus als "erreur rejettées par l’expérience" bezeichnet. Virey versucht dem Sagenkom­ plex der Philtra einen "wahren Kern" abzugewinnen (l’odeur des organes géni­ taux, Phosphor, Narkotika, Aphrodisiaka). Den Lexika des 19. Jahrhunderts ent­ nehmen wir, dass das "Philterproblem" in der Medizin völlig bedeutungslos ge­ worden ist. Einen Teilaspekt des alten "Phllterbegrlffe^1 finden wir noch in den Aphrodisiaka. Der Zusammenhang zwischen Philtrum und Liebeskrankheit verlor sich jedoch völlig im Laufe des 19. Jahrhunderts.

FINIS

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GLOSSAR

BASILISK: Ein sagenumwobenes schlangenähnliches Tier, von dem Plinius der Aelte-

re schreibt: "Dieselbe Kraft wohnt dem Basilisk bei. Diese Schlange, ... ist nicht grös­ ser als zwölf Finger (9 Zoll) und hat einen weissen Flecken auf dem Kopfe, wodurch sie, gleichsam wie mit einem Diadem*, geschmückt wird. Durch ihr Zischen verscheucht sie alle übrigen Schlangen und schiebt nicht, wie diese, durch vielfache Windungen ihren Körper fort, sondern geht, zur Hälfte aufgerichtet, gestreckt einher. Sie verdirbt die Gesträuche nicht nur durch ihre Berührung, sondern schon durch ihren Hauch, versengt die Kräuter und zersprengt Steine. Eine solche Stärke hat das Gift. Man nimmt als gewiss an, dass einst, als sie vom Pferde herab mit einem Speere getödtet wurde, das Gift sich an diesem fortleitete, und nicht nur den Reiter, sondern auch das Pferd tödtete. Und dieses gewaltige Ungethüm (...) wird durch die Ausdünstung der Wiesel umgebracht; so sorg­ fältig bemühte sich die Natur, nichts ohne Gegenkraft zu lassen". (Nat. hist.L. 8. Kap. 33. aus S. 943 /78) ‘Daher hat sie auch ihren Namen, well das Diadem der Schmuck der Kö­ nige ist (von ßa.vtX€&s "König). Basilisk und Wiesel sind übrigens ein typisches Beispiel eines antipathi­ schen Verhältnisses zwischen zwei Dingen.

ELECTUARIUM HARTMANNI: Wahrscheinlich handelt es sich dabei um den Hartmann mit der "Spatzen­ geschichte" (Siehe S. 47). Das Electuarium ist ein oft anempfohlenes spe­ zifisches Heilmittel gegen Liebestränke. Es setzt sich unter anderem aus Hypericum (Johanniskraut), Melissen, Magnetstein und Honig zusammen. Sehr ausführliche Rezepte gegen Philtra finden sich besonders in den Schriften von Woyt (S. 23 ff/113). HEMM FISCH: Siehe Remora.

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91 HERBA INDICA:

Schon Theophrast hat diese Pflanze genannt. Unerschöpfliche Eigenschaf­ ten wurden Ihr nachgesagt: "Die vom Indus hergebrachte Pflanze bewirkt eine siebzigfache Potestas coeundi. Die Pflanze wächst in der Gegend des Sonnenunterganges (in At­ lantis jugis occidentalibus) in einer Gegend, die von den Einwohnern Surnag genannt wird. Es wird erzählt, dass man sofort strotze vor Begierde, wenn man über diese Pflanze Wasser lasse. Jungfrauen auf der Wiese, die auf die Pflanze sitzen oder darüber Wasser lassen, würden defloriert (eis perinde rumpi naturae membranam), gleichsam als wären sie durch einen Mann geschändet worden". (S. 310/102) HIPPOMANES:

Ein "klassischer" Bestandteil der Liebestränke. Es gibt verschiedene Deu­ tungen dieses Hippomanes. Gewöhnlich verstand man darunter ein Gewächs auf der Stirne oder an den Genitalien des neugeborenen Fohlens. Dieses bewirkte, wenn es von der Stute gefressen wurde, die Liebe zwischen dem Neugeborenen und der Mutter. Andere hielten es für eine Absonderung er ** brünstiger und wütender Pferde ( Untoj·* Pferd, » rasen). So sagt auch Aristoteles: "Sobald das Uebel sie befällt, lassen sie niemand nahe kommen, bis sie entweder durch die Anstrengung ermatten oder an das Meer gelangen: so­ dann geben sie etwas von sich, das man, wie bei den Neugeborenen Hippo­ manes nennt. ...es suchen dies vor allem die Zauberinnen". (Aus S.18 /62) Wieder andere, darunter auch Dioscurides, verstanden unter Hippomanes eine Pflanze, nach deren Genuss die Pferde rasend würden. JYNX:

Jynx torquilla Linné ist der Wendehals, der besonders zur Paarungszeit seinen Hals auffällig verdreht. Unter dem fast nur zum Liebeszauber ge­ brauchten Jynx (den Aphrodite auf die Welt brachte), wurde später ein

"Kreisel" verstanden. Ursprünglich wurde auf den Kreisel ein toter Wen­ dehals genagelt, "später hat man darauf verzichtet, aber dennoch das Rädchen noch Jynx genannt". (S.30/63) LEUCADISCHER FELSEN: Ein Heilmittel gegen die Liebeskrankheit, von dem Burton schreibt: "Das berühmteste und probateste Mittel aber bleibt der Leukadische Fel­ sen, der in ganz Griechenland berühmt war; denn jeder Liebende, der sich kopfüber von ihm herunterstürzte, war augenblicks geheilt: grosse Angst nämlich vertreibt die Liebe". (S. 293 ff/23)

LIEBESKNOTEN: Siehe Nestelknüpfen.

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LIGATUR: Siehe Nestelknüpfen. LYKANTHROPIE: Der Name entstammt einer Sage, in der dem lykäischen Jupiter (WolfsJupiter) Menschenopfer dargebracht wurden. Die Opferer hätten sich da­ rauf in Wölfe verwandelt. Schon im Altertum scheint der Glaube an den Werwolf (synonym der Lykanthropie) weit verbreitet gewesen zu sein, denn Plinius der Aeltere schreibt: "Dass sich Menschen in Wölfe verwandeln und ihre frühere Gestalt wie­ der annehmen, müssen wir zuversichtlich für falsch halten oder alle Lü­ gen, die aus so vielen Jahrhunderten auf uns gekommen sind, glauben". (Nat. hist. L. 8. Kap. 34 [22], aus S. 944 /78) Der Glaube an den Werwolf war noch im Mittelalter, vor allem im Zu­ sammenhang mit dem Hexenwahn, sehr weit verbreitet. Die Lykanthropie als Krankheitsbild finden wir erst in der christlichen Zeit (Siehe S. 188 ff /50). Schon Paulus von Aegina (ca. 600-690) sah in der Lykanthropie eine Abart der Melancholie. Zur Zeit des Hexenwahnes wurde die Lykanthropie zur viel diskutierten Krankheit. Forest schildert uns diese folgendermas­ sen: "Die betreffenden Personen vermögen sich mit Hülfe einer Hexensalbe willkürlich in Wölfe zu verwandeln; dabei wachsen ihnen die Haare nach innen, sie nehmen ganz die Natur des Wolfes an (obschon an eine völli­ ge Umwandlung, auch der Seele, in die Thiernatur nirgends geglaubt wird), rauben und morden, besonders Kinder, und begatten sich mit wirklichen Thieren ihrer Art". (S. 189 /50) Auch Weier widmet mehrere Kapitel seiner Schrift "Ueber die Blendwer­ ke der Daemonen" der Lykanthropie, von der er aber betont, dass sie eine natürliche Krankheit (Melancholie) sei, und mit Hexerei nichts zu tun habe.

MAGNETISMUS: Worte wie Magnetismus, Magnet, Magnetstein oder magnetische Kuren sollen unter diesem einen Begriff zusammengefasst werden, da deren ge­ naue Abgrenzung sehr schwierig zu vollziehen wäre. Der Magnet war für den sympathiegläubigen Menschen ein offensichtlicher Beweis seiner Vor­ stellungen: der Magnet steht in einem sympathischen Verhältnis zum Ei­ sen. "Wiederum ergeht sich Plinius in schwungvollen Worten über dieses Naturwunder: 'Was ist störrischer als die Härte des Elsens? Die Natur hat ihm Füsse und Gesittung verliehen. Es lässt sich vom Magnet anziehen und dieser alle Dinge bändigende Stoff läuft weiss Gott einem Nichts nach, springt, so wie er näher kommt, hinzu, hält sich an und hängt in der Umarmung fest'". (S. 19/95)

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Magnetismus - Sympathie, magnetische Kuren - sympathetische Kuren sind demzufolge inhaltlich entsprechende Begriffe. Magnetische Kuren basieren auf dem Sympathie - Antipathie - Verhältnis der sich jeweils entsprechen­ den Dinge. Diese Verhältnisse der Dinge untereinander waren zum Teil bis ins einzelne "kodifiziert". So wurde zum Beispiel der Magnet durch Knoblauch abgestossen, die Schlangen hassen den Krebs, daher fressen Schweine, wenn sie von Schlangen gebissen werden, Krebse als Gegengift. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich ein eigentlicher Urwald von Vorstellungen und Sagen um den Magnetismus und dessen geheimnisvolle Kräfte (Siehe S.42ff/18 und 95).

MANDRAGORA: Die Mandragora oder Alraune gehört zur Familie der Solanazeen, wie die Belladonna, mit der sie nahe verwandt ist. Schon im Altertum war sie ein häufiger Bestandteil der Liebestränke (Aphrodite führte auch den Bei­ namen S. 204 /76). Seltsame Vorstellungen umrankten diese Pflanze. Man glaubte in deren Wurzel die Gestalt des menschlichen Körpers zu sehen. Das Ausreissen der Alraune wurde mit einem magi­ schen Ritual verknüpft: "Nachdem der Adept sich mit Wachs die Ohren versiegelt hat, um den gellenden Schrei nicht zu hören, den die Pflanze ausstösst, wenn man sie aus dem Boden zieht, bindet er einen Hund an der Alraune fest, und ent­ fernt sich in grösster Eile. Bei seinem Bemühen, ihm zu folgen, entwur­ zelt der Hund die Alraune, doch unter dem Schrei, den sie ausstösst, fällt das unselige Tier wie vom Blitz getroffen tot nieder". (S. 35/110) MENSTRUALBLUT: Es gehört zu den meist gebrauchten Liebestrank-Ingredientien. Die Vor­

stellungen über das Menstrualblut sind eindrückliche Beispiele für antipa­ thische Beziehungen zwischen verschiedenen Dingen. Plinius schreibt da­ rüber: "Nicht leicht mag man wohl Etwas finden, was so seltsame Wirkungen her­ vorbringt, als der Monatsfluss der Weiber. Der Most, dem eie in diesem Zustande zu nahe kommen, wird sauer; die von ihnen berührten Frucht­ körner keimen nicht mehr; die Setzlinge sterben ab; die Gartenpflanzen verdorren und die Früchte der Bäume, an welche sie sich setzen, fallen ab; der Glanz der Spiegel wird schon durch ihr Hineinblicken matt; das Eisen verliert seine Schärfe und das Elfenbein seine Weisse; die Bienen­ stöcke sterben aus; Erz sogar und Eisen werden sogleich vom Roste an­ gegriffen und nehmen einen widrigen Geruch an; Hunde, welche von die­ sem Blute lecken, werden wüthend und ihrem Bisse wird dadurch ein un­ heilbares Gift mitgetheilt. ... Und dieses so arge und so grosse Uebel tritt bei dem Weibe alle dreisslg Tage und immer im dritten Monate stärker ein". (Nat. hist. L. 7. Kap. 13 [15]. aus S.802 ff/78)

MOTACILLA: Aehnlich dem Jynx wurde die Bachstelze (Motacilla) verwendet.

94 MUMIA: Wie der Begriff des Magnetismus beruht auch die Mumia auf den Vorstel­ lungen der Sympathielehre. Die Mumia wurde aus verschiedensten mensch­ lichen Bestandteilen zusammengesetzt, so zum Beispiel aus Haaren, Nä­ geln, Haut, Kot, Urin, Schweiss, Speichel, Ohrenschmalz usw. Durch die Mumia glaubte man auch Krankheiten auf eine andere tote oder lebende Materie übertragen und ableiten zu können (Transplantation). Die Mumia war in jener Zeit ein beliebtes Medikament, das zum Teil sogar aus aegyptischen Mumien und deren Einbalsamierungsstoffen hergestellt wurde. Oft wurden Fälschungen aus Asphalt und Pech verkauft. Die Mumia wurde bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Arzneimittel verkauft (S. 34/116 und 95).

NASTURTIUM AQUATICUM: Ein Spezialrezept gegen Philtra, meist nach Helmont benannt (Nast.aquat. Helmontii). Johann Jakob Waldschmidt weiss folgende Entstehungsgeschich­ te zu berichten: "Der Sohn eines Barons in Böhmen hatte ein Philtrum erhalten und starb. Als man bei der Sektion den Leichnam eröffnete, fand man darin einen harten Körper, nicht unähnlich einem Horn. Daraus liess der Vater in Erinnerung an seinen Sohn einen Löffel herstellen. Jahrelang machte er von diesem Löffel Gebrauch, bis dieser rein zufällig in den Succum nasturt.aquat. (Wasserkressen-Saft) fiel, und kurz darauf gänzlich aufgelöst wurde. So wurde denn, als ein anderer Jüngling wieder an derselben Krankheit litt, dieser Succus nasturt. aquat. dem Kranken gegeben, und er genas". (S. 1041 /103) NESTELKNUEPFEN: Nestelknüpfen, Ligatur, Knoten und Liebesknoten sind magische Symbole der Bindung, die in sehr vielen Kulturen anzutreffen sind. Schon Vergil lässt in seinem Hirtengedicht (Ecloga VIII) einen Liebeszauber knüpfen: "Dreimal knüpfe die Knoten der drei dreifarbigen Fäden, Rasch, Amaryllis, und sprich: "Ich knüpfe die Fessel der Liebe ". (Vers 76/77 aus S.81 /101) Das Knüpfen war aber nicht nur ein Mittel zum Liebeszauber, es wurde für die verschiedensten magischen Zwecke verwendet. Ein Autor zur Zeit des Hexenwahnes versichert, es gebe mehr als fünfzig verschiedene Ar­ ten des Nestelknüpfens (S. 287,1/92).

REMORA: * Der Hemmfisch Remora (griech. ) war ein beliebtes "Philteringrediens". Sein Name wird verständlich, wenn wir folgende Beschrei­ bung bei Plinius lesen: "Es gibt einen sehr kleinen Fisch, der gewöhnlich an Felsen lebt und Schiffshalter heisst; wenn er sich an die Kiele der Schiffe anhängt, so

95 gehen diese, wie man glaubt, langsamer, woher er auch seinen Namen bekommen hat; aus derselben Ursache ist er auch bei Zaubertränken und Verschleifung der Rechtshändel und Streitsachen ilbel berüchtigt, welche Schädlichkeiten er aber durch die einzige löbliche Eigenschaft ausgleicht, dass er den Blutfluss der Schwangeren stillt und die Leibesfrucht bis zur Niederkunft festhällt; unter die Speisen nimmt man ihn übrigens nicht auf". (Nat.hlst.L.9.Kap.41 [25j, aus S.1073 /78)

SELEMNUS-BAD: Angeblich Pausanias berichtet, dass die Einwohner von Patras glaubten, dass man die Liebeskrankheit durch ein Bad im Flusse Selemnus heilen könne. Venus verlieh dieses Privileg, weil sie am Ufer des Flusses Er­ barmen hatte mit dem Hirten Selemnus, der von der unteuen Nymphe Argyre verlassen worden war (S. 357 /24).

STRIX: "Die strix ist der eigentliche Hexenvogel, ein Zauberdaemon in Vogelge­ stalt. Aeusserllch gleicht sie dem Käuzchen, das sich an einsamen, ver­ rufenen Orten aufhält. Striges sind dann auch die Hexen, die sich nach Belieben in solche Wesen verwandeln können" (S. 26 /63). Gessner be­ schreibt die Strix wie folgt: "Es soll eine Art Eulen, etwas grösser denn eine Amsel, doch nicht gar so gross als ein Kuckuck seyn, ...sind am Tage blind, fliegen aber des Nachts mit einem entsetzlichen Geschrey umher, sind um Rom, in der Schweitz und der Jnsul Candia zu finden, und saugen auch in Warheit den Ziegen die Milch aus, davon sie aber gantz abnehmen und blind werden". (S.40, aus /104) Bartholinus der Anatome behauptet, es sei in Daenemark gesehen worden, dass diese Tiere den Kindern Blut aus der Brust und dem Nabel saugten (S. 40, aus /104). Man glaubte von den Strigen auch, dass sie die Kinder mit ihrer giftigen Brustmilch ernährten. Der Begriff Strix deckt sich so­ mit zum Teil mit demjenigen des Vampir. TRANSPLANTATION: Die Transplantation, ein ebenfalls in der Sympathielehre verankerter Be­ griff, ist eine "actio in distans", eine Uebertragung einer Krankheit (oder positiven Eigenschaft) auf andere lebende oder tote Gegenstände. So riet man beispielsweise den Kreissenden das Hemd des Mannes anzuziehen, um Manneskraft zu erhalten (95).

WACHSFIGUREN: Sie symbolisieren die geliebte oder gehasste Person, die man über dieses Abbild verfluchen (Schadenzauber) oder umwerben (Liebeszauber) kann. Vergil schildert uns wiederum in seinen Hirtengedichten einen solchen Liebeszauber (Ecloga Vm), und auch von Galen wird erzählt, dass er ein Wachsbild seines Rivalen Celsus kreuzigen liess (S. 37 /111).

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LITERATURVERZEICHNIS

Werke allgemeinen Charakters

1.

2. 3. 4. 5.

ACKERKNECHT, ERWIN H.: Medicine and Ethnology, selected essays, Hrsg. Walser H.H. und Koelblng H.M., Bern 1971. -Kurze Geschichte der Psychiatrie. Stuttgart 1957. Biographisches Lexikon der hervorragenden Aerzte aller Zelten und Völker. Hrsg, von August Hirsch, 5 Bde., 2.Aufl., von W.Haberling, F.Huebotter und H.Vierordt, Berlin/Wien 1929-1934. GUTHRIE, DOUGLAS: Die Entwicklung der Heilkunde. Zürich: Gutenberg 1952. IRMSCHER, JOHANNES: Das grosse Lexikon der Antike. Leipzig: Bibliogra­ phisches Institut 1974. SUDHOFF, K. -MEYER-STEINEG, TH.: Illustrierte Geschichte der Medizin, Aufl. 5. Hrsg.Herrllnger, R. und Kudllen, F., Stuttgart 1965.

Spezialwerke

6. 7. 8. 9.

10. 11. 12.

ABT, ADAM: Die Apologie des Apuleius von Madaura und die antike Zaube­ rei, in: Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten, 4. Bd. 19071908, Giessen 1908. AEGINA VON, PAULOS: Paulos von Aegina, des besten Arztes sieben Bü­ cher. Uebersetzt von I. Berendes, Leiden, Brill 1924. (Lib. 3. Kap. 17) AGRIPPA VON NETTESHEIM, CORNELIUS H.: Magische Werke, vollstän­ dig ins Deutsche übersetzt durch Conrad Paris, H. Barsdorf, Berlin 1916. (Lib. 1. Kap. 15) AGRIPPA VON NETTESHEIM, CORNELIUS H.: Die Eitelkeit und Unsicher­ heit der Wissenschaften, Hrsg. F.Mauthner, l.Bd., München 1913. (Kap. 64) AGRIPPA VON NETTESHEIM, CORNELIUS H.: De occulta Philosophia, Aus­ wahl, Einführung und Kommentar von Willy Schrödter, Remagen 1967. ALBERTI, MICHAELIS D.: Introductio in universam medicinam tam theoret. quam pract. Halle und Magdeburg 1718. (Sect. 10. Kap. 4 und 9) ALBERTI, MICHAELIS D.: Introductio in medicinam practicam. Therapia medica praxis universalis et praxis extemporanea. Halle 1721. (Cas. 3)

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APULEIUS: Der goldene Esel, Hrsg, und übers, von Edward Brandt, 2.Aufl. Stutt^rt 1963. (Lib. 10,2,5) 14. APULEIUS: Apologie, texte établi et traduit par Paul Vallette, 3. tirage, Paris 1971. 15. AURELIANUS, CAELIUS: On Acute Diseases and On Chronic Diseases, edi­ ted and transi, by I. E. Drabkin, Chicago 1950. (Chr. Dis. Lib. 1. Kap. 5. 147) 16. AVICENNA: (Canon) Ioanne Costaeo, et Ioanne P. Mongio Annotationibus iampridem illustratus. Apud Iuntas. Vene tils 1595. (Lib. 3. Kap. 24) 17. BACKHAUSS, AUGUSTINUS S. : De amore insano, Diss., Jenae 1686. 18. BALMER,HEINZ: Beiträge zur Geschichte der Erkenntnis des Erdmagne­ tismus, Zürich 1956. 19. BIELER,AMBROSIO C.: De amore Insano, Diss., Jenae 1717. 20. BREITHAUPT, LUDOVICUS: De hydrophobia, Diss., Gottingae 1794. 21. BREM-GRAESER, LUITGARD: Familie in Tieren, 2.Aufl. München 1970. 22. BRUNNEMANN, GOTTLOB F. : De Hydrophobia a morsu animalium rabido­ rum et ab aliis causis, Diss., Erfordiae 1765. 23. BURTON, ROBERT; Schwermut der Liebe, Aus dem Englischen übertragen von Peter Gan, Zürich 1952. 24. CAMUS LE,ANTOINE: Médecine de Tésprit, Tome I,H, Paris 1769. (Tomei: De l’Amour social. 51./Tome H: De l’Amour social. C. 2. Art.1. Tit.2 ) 25. CARDANO, GIROLAMO: Des Girolamo Cardano von Mailand (Bürgers von Bologna) eigene Lebensbeschreibung, Uebertragen und eigeleitet von Her­ mann Hefele, Jena 1914. 26. CARDANUS, HIERONYMUS: Tomus septimus operum qui est medicinalium secundus, Lugduni 1663. (De causis, et signis, ac locis morborum. Pars 3. Kap. 26. / De venenis Lib. 1. Kap. 27., Lib. 2. Kap. 1, 7., Lib. 3. Kap.15 ) 27. CHIARUGI, VINCENZO: Abhandlung über den Wahnsinn überhaupt. Nosologie des Wahnsinns, dritter Teil. Eine freie und mit einigen Anm. versehene Uebersetzung aus dem Italienischen. Leipzig bei G.D.Meyer, 1795. ($835,848,850) 28. CRUEGERUS, IOANNES: Tractatus de virgine, chlorosi laborante aut germanice von der Jungfer=Krankheit, Jungfer=Sucht, das Jungfern-Sehnen oder Jungfer“Fieber. Francofurti ad Viadrum (1710) 1715, 29. DAUM, CASPARUS C. : De amore insano, Diss., Lugduni Batavorum 1704 . 30. Dictionnaire encyclopédique des sciences médicales, Tome 5-ième, Ang-Arb, Paris 1876. 31. DIOSKURIDES,PEDANIOS: Arzneimittellehre in fünf Büchern. Uebersetzt und mit Erklärungen versehen von I. Berendes, Stuttgart 1902. (Lib. 4. Kap. 90 [92]) 32. DOEDERLEIN-MESTWERDT: Geburtshilflich-gynäkologische Propädeutik und Untersuchungslehre, 6.Aufla, Leipzig 1967. 33. ELWERT,NIC.CASP. : De Philtris vulgo von Liebs«Träncken, Diss., ad Nicrum Universitate, 1673. 34. ERNST, CECILE: Teufel-austreibungen, Die Praxis der katholischen Kirche im 16,und 17.Jahrhundert, Bern 1972. 35. ESQUIROL, JEAN ETIENNE D. : Erotomanie. Aus: Dictionnaire des scien­ ces médicales Tome 13-ième, Paris 1815. 36. ETTMUELLER,MICHAEL: Opera omnia: Institutiones Medicinae, Collegium Chirurgicum, Francofurti ad Moenum, 1688. 37. ETTMUELLER,MICHAEL: Artzney=Kunst, aus seinen medizinischen schrlfften zusammengezogen; Lejpzig 1717. (Lib. 4. Sect. 3. Kap. 1. /Lib. 2. Sect. 6. Kap. 2.Art. 4 ) 38. FISCHER-HOMBERGER, ESTHER: Das zirkuläre Irresein, Diss., Zürich 1968. 39. FISCHER-HOMBERGER, ESTHER: Hypochondrie, Melancholie bis Neurose: Krankheiten und Zustandsbilder, Bern 1970.

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Schwarze Messen, Dichtungen und Dokumente, Hrag. Drelkandt, Ulrich K., München 1970 FOREST, PETER: Observationum et curationum medicinalium ac chirurgi­ carum opera omnia quatuor tomis digesta: Tomus primus, Rothamagi 1653. (Llb. 10.Obs.29, 30) FRANK, JOHANN P.: System der medizinischen Polizei, Bd.I,IV, S.Aufl. Wien 1786 und 1790. (Bd.I: Abt. 1. Abschn. 1. 917. /Bd.IV: Abt. 2. Abschn. 3. 98 ) FRACASTORO, GIROLAMO: Opera omnia. Accesserunt A. Naugerii oratio­ nes duae carminaque nonnulla. Venetlls, apud Iuntas 1555. (Llb. l.Kap. 1) FRIEDREICH, J. B. : Versuch einer Literärgeschichte der Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, Würzburg 1830. GABIR IBN HAYYAN: Das Buch der Gifte, Uebersetzt und erläutert von Alfred Siggel, Wiesbaden 1958. GALENUS, CLAUDIUS: Opera omnia. Griechisch und lateinisch. Hrsg. Kühn Gottlob C., Bd.Xn.XIV und XVHI B., Leipzig 1821-1833. (Bd.xn : De slmpl. medicam, temp. ac facult. Lib. 10. Kap. 1. Bd. XIV: De praenot.ad posthum. Kap. 6 Bd.XVm B: Gal. comm.I.ln Hlpp.Progn. Kap.4 und 8 ) GESNERUS, CONRAD: Thesaurus medicinae practicae ect., a Casparo Wolphlo, A° 1596. Ms.S 204 a Zentralbibliothek Zürich. Uebersetzung von Dieter Baumann: Psychiatrisches bei Conrad Gessner, in Gesnerus 10, 1953. GORDONIUS DE, BERNARD: Opus lilium medicinae inscriptum de morbo­ rum propè omnium curatione, septem particulis distributum, Lugduni 1550. (Particula 2.Kap. 20 ) GROELLMANN, JOHANNES DANIEL: De Philtris, Diss., Wittenberg (7) Ultrajecti (?) 1683. HAESER, HEINRICH: Lehrbuch der Geschichte der Medlcln und der epide­ mischen Krankheiten, dritte Bearbeitung, 3. Bd., Jena 1882. HELMONT VAN, JOHANN: Aufgang der Artzney*Kunst. In die Hochteutsche Sprache übersetzet. Gedruckt bey Johann Holst, Sultzbach 1683. (De magn.vuln. cur. Kap. 15. 9 27 ) HERBELOT DE: Dictionnaire universel, contenant généralement Tout ce qui regarde la connolssance des Peuples de l’Orlent. Maestricht 1776. HOFFMANNI F RIDE RICI: Medicinae Rationalis Systematicae Tom. Il, IV., Francofurtl ad Moenum, 1738. HOFFMANNI FRIDERICI: Opuscula Pathologico-Practica seu Dissertationes selectiores, Halae 1738. HOFFMANNI FRIDERICI: Medicina Consultatoria, worinnen unterschiedli­ che, über einige schwehre Casus ausgearbeitete Consilia, auch Respon­ sa Facultatis Medicae enthalten. Erster Teil, Halle 1721. HORAZ: Sämtliche Werke, Lateinisch und Deutsch, Hrsg.Hans Färber und Max Faltner, München 1964. (Neuausgabe). HORSTn, GREGORII SEN.: Operum medicorum, tomus primus, qui continet Institutiones medicas. Norlmbergae 1660. HUCHERI, JOANNIS BELLOVACI: De Sterilitate utriusque sexus, Opus in quatuor libros distributum, Aureliae Allobrogum apud Crispinum 1609. ILBERG, JOHANNES: Aus Galens Praxis, Ein Kulturbild aus der römischen Kaiserzeit. Aus: Antike Medizin, Hrsg. Hellmut Flashar, Darmstadt 1971. JANET, PIERRE: Les médications psychologiques, études historiques, psy­ chologiques et cliniques sur les méthodes de la psychothérapie. 3 Telle in 2 Bänden, Paris 1919. JUVENAL: Satiren, Vollständige metrische Neuübertragung mit Erläuterun­ gen von Wilhelm Plankl, München 1958. KAMITZERUS,JACOBUS Μ.: Aegrum Melancholia amatoria variis sympto­ matibus gravioribus maritata, Diss., Erfordlae 1705. LEWIN, L: Die Gifte in der Weltgeschichte, toxicolog. Untersuchungen der hist. Quellen, Berlin 1920.

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80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88.

LUCK, GEORG: Hexen und Zauberei in der Römischen Dichtung, Zürich 1962. Malleus maleficarum de lamiis et strigibus et eagis: Der Hexenhammer von Jakob Sprenger und Heinrich Institorls, Zum ersten Male ins Deut­ sche übertragen und eingeleitet von J.W. Schmidt, Bd. I, n., Berlin 1906. MEISSNER, FRIEDRICH L. (Hrsg. ): Encyclopädie der medicinischen Wissen­ schaften, Leipzig 1830-1834. MORGAGNI,BAPTISTA JO.: De sedibus et causis Morborum per anatomen indagatis libri quinque, Tom.I., Lovanli 1766. (Lib. I. Epist. Anat. Med. 8. Art. 6 und 7) MOST, GEORG FRIEDRICH (Hrsg.): Encyklopädie der gesammten medicini­ schen und chirurgischen Praxis, l.Aufl. 1833-1834., 2.Aufl. 1836-1837. MUERI,WALTER: Der Arzt im Altertum. Griechische und lateinische Quel­ lenstücke von Hlppokrates bis Galen mit der Uebertragung ins Deutsche, 3. erw.Aufl., München 1962. MUERI,WALTER: Melancholie und schwarze Galle, Aus: Antike Medizin., Hrsg. Hellmut Flashar, Darmstadt 1971. Onomatologia medlca compléta oder Medlclnisches Lexicon, Hrsg.Albrecht von Haller et al., Ulm, Frankfurt und Leipzig 1772. Onomatologia medlco-practica, Encyklopädisches Handbuch für ausübende Aerzte, Bd. I., Nürnberg 1783. OREIBASIOS: Oeuvres d’Oribase, Texte Grec, en grande partie inédit, traduit pour la première fols en Français, par Bussemaker et Ch. Daremberg, Tome 6-ième, Paris 1873. (Syn.8.8-10) OVID: Liebeskunst, lateinisch-deutsch, nach der Uebersetzung W. Hertz­ bergs bearbeitet von Franz Burger, München 1969. OVID: Heilmittel gegen die Liebe. Uebertragung, Einführung und Anmer­ kungen von Josef Eberle, Zürich und Stuttgart 1959. -Remèdes à l'amour, traduit par Henri Bornecque, 2-ième édition, Paris 1961. PARACELSUS, THEOPHRASTUS: Von den Krankheiten die der Vernunft be­ rauben, in: Sämtliche Werke, Hrsg. K. Sudhoff, 1. Abt., Bd. 2., München und Berlin 1930. Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bear­ beitung, begonnen von G.Wissowa, 39.Halbband Philon-Pignus, hrsg. von W. Kroll und K. Mittelhaus, Stuttgart 1941. PLATTER FELIX: Praxeos Medicae Tomi très, 2.Aufl., Baslleae 1625. (De mentis alienatlone, Kap. 3 ) PLINIUS, DER AELTERE: Naturgeschichte. Uebersetzt und erläutert von H.KÜlb, Aus der Reihe: Römische Prosaiker in neuen Uebersetzungen hrsg. von G.L.Tafel, N.v.Oslander, G.Schwab., Stuttgart 1843-1853. PLUTARCH: Werke, Moralische Schriften, übersetzt von Felix Bähr, Bd. 23., Stuttgart 1829. (9 23) PLUTARCH: Werke, Vergleichende Lebensbeschreibungen (Demetrios), übersetzt von C. Campe, Bd. 37., Stuttgart 1858. (§38) PLUTARCH: Werke, Vergleichende Lebensbeschreibungen (Lucullus), über­ setzt von C.Fuchs, Bd. 12., Stuttgart 1855. (§43) PROPERZ: Gedichte, Lateinisch und Deutsch von Rudolf Helm, Berlin 1965. PSCHYREMBEL: Klinisches Wörterbuch, 154.-184.Aufl., Berlin 1964. RAIMANN, EDLEN VON, JOHANN NEPOMUK: Handbuch der speclellen me­ dizinischen Pathologie und Therapie. Bd. 2. 4.Aufl., Stuttgart 1832. RIEDLINUS, VITIUS: Observatlonum medicarum centuria,, Augustae Vlndelicorum 1682. (Obs. 52) Roche, Literatur-Elldlenst: Der Nürnberger Arzt und Humanist Hartmann Schedel, von Μ. E. Bertuch. Nr. 5., 41. Jahrgang., 1973. SAUVAGES DE, BOISSIER F. : De Amore, Utrum sit Amor medicabilis herbls? Dies., Monspeliensl 1724. Nachdruck: Thèse de Boissier de Sauva­ ges Alais (?) 1854. SAUVAGES DE, BOISSIER F. : Nosologie méthodique, Traduite par M.Gou-

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vion, Tome 7-ième, Lyon 1772. SCHROEDER, JOHANN: Pharmacopoea Univers. Artzney-Schatz, Bd.I., Nürnberg 1746. SENNERT, DANIEL: Liber primus practicae medicinae de capitis, cerebri et sensuum externorum morbis ab autore tertium recensitus., Wittebergae 1654. (Part. 2. Kap. 10 ) SENNERT, DANIEL: Liber sextus practicae medicinae de morbis occultis ab autore secundum recensitus., Wittebergae 1654. (Part. 9. Kap. 5 ) SOLDAN-HEPPE: Geschichte der Hexenprozesse, Neu bearbeitet und her­ ausgegeben von Max Bauer, Bd.I,H. 3.Auf1., München 1911. STAHL, GEORG ERNST: Praxis Stahliana, Collegium Practlcum, aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt, um viel vermehrt und verbessert, von D. Johann Storchen, alias Hulderlco Pelargo, 2.Aufl. Leipzig 1732. (Sect. 4. 915. /Sect. 1. Membr. 2. S101) STAROBINSKI, JEAN: Geschichte der Melancholiebehandlung von den An­ fängen bis 1900. In: Documenta Geigy, Acta psychosomatica Nr. 4., Basel 1960. STEMPLINGER, EDUARD: Sympathieglaube und Sympathiekuren in Altertum und Neuzeit., München 1919. STOLL, MAX: Pars sexta ration!s medendi. Post eius obitum edidlt et praefatus est J.Eyerel., Viennae 1790. (Sect. 4 ) THEOPHRAST: Naturgeschichte der Gewächse. Uebersetzt und erläutert von K.Sprengel, l.Thell, Altona 1822. (Llb.9.Kap. 9 ) UNZER, JOHANN AUGUST: Medicinisches Handbuch. Neue viel vermehrte Auflage., Leipzig bey J. Fr.Junius 1776. (§25) VALENTINI, MICHAELIS BERNHARDI: Corpus Juris Medico Legale, Frank­ furt am Main 1722. (Part. 1. Sect. 3. Cas. 20) VALLERIOLA, FRANCISCUS: Observationum Medicinalium lib.vj., Lugdun. 1588. (Llb. 2.Obs. 7) VERGIL: Hirtengedichte, Lateinisch und Deutsch. Deutsch von Theodor Haecker, München 1953. VIREY, JULIEN JOSEPH: Philtre, aus Dictionnaire des sciences médicales, Tome 41-ième, Paris 1820. WALDSCHMIDT, JOHANN JAKOB: Opera Medico-practica, omnia ad mentem Cartesii, Frankfurt a.M. 1707. (Llb. 7. Cas. 23) WEBSTER, JOHANN: Med. Pract. Untersuchung der vermeinten und so ge­ nannten Hexereyen. Aus dem Englischen ins Teutsche übersetzt, und nebst einer Vorrede des Hrn. Thomaslus. Halle im Magdeburgischen 1716 (?). WEIER, JOHANNES: De praestigiis Daemonum, Von Teuffelsgespenst Zau­ berern und Glfftbereytern, Erstlich durch D.Johannem Weier in Latein beschrieben, nachmals von Johanne Fuglino verteutscht., Franckfurt am Mayn 1586. WEIER, JOHANNES: De praestigiis Daemonum, Von ihrem Ursprung, underscheid, Vermögenheit, und rechtmessiger straaff, Durch den hochgelerten Herren Johan Wler, Jetz newlich übersehen, o.O. 1578., Neudruck, Amsterdam 1967. WEPFER, JOHANN JAKOB: Observationes Medico-Practicae, de Affectibus Capitis internis et externis. l.Aufl. Scaphusii 1727. WEPFER, JOHANN JAKOB: Beobachtungen von den inneren und äusseren Krankheiten des Kopfes., Uebersetzt von D. F.A.Weiz, Leipzig 1787. WIEL VANDER, STALPARTIUS: Observationum rariorum medic. anat. Chi­ rurg. centuria prior et cent, poster, pars prior., Lugd. Bat. 1687. (Obe. 19) , WITTKOP-MENARDEAU, GABRIELLE: Viel Lärm um eine Solanazee: Die Alraune. Aus: Image Roche, Medizinische Bilddokumentation Nr.48,1972. WITTKOP-MENARDEAU, GABRIELLE: Madame TusBeaud und der Ursprung der Chamber of Horrors. Aus: Image Roche, Medizinische Bilddokumen­ tation Nr. 58, 1974.

101 112. WOYT, JOHANN JAKOB: Abhandlung aller Inneren und äusseren Krankhei­ ten, mit Fleiss übersehen. 3.Aufl., Leipzig 1753. (Abschn. l.Th. 2. Abt. 1. Klass. 1. Kap. 6) 113. WOYT, JOHANN JAKOB: Abhandlung aller im menschlichen Leibe vorfal­ lenden Krankheiten., Leipzig 1735. (Punkt l.Kap.6 /Punkt 20.Satz 2. Kap.1,2,6) 114. WOYT,JOHANN JAKOB: Gazophylacium Medico-Physicum, oder Schatz* Kammer Medicinisch*und natürlicher Dinge. 14.Aufl., Leipzig 1755. 115. ZACCHLAS,PAULUS: Quaestionum Medico-Legalium Tomus primus., Lugduni 1726. (Lib. 2.Tit. l.Quaest. 10) 116. ZEKERT,OTTO: Zur Geschichte des Drogenhandels, HMW-Jahrbuch 1960., Wien 1960. 117. ZWINGER,THEODOR JUN.: Theatrum praxeos medicae, pars posterior., Basileae 1710.

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STICHWORTVERZEICHNIS

Abmagerung, 76,87 Abortus imminent 95 Ackerknecht, 8,31 Aderlass, 53,41 Adonis, 86 Aegina Paul v., 11, 24«, 25,92 Affektinkontinenz, 76 Agricola Libertus, 74«, 77 Agrippa, 28, 31, 32«, 35, 64 Akrisios, 86 Alberti, 10, 33, 60«, 63 Alexander Severus, 7, 22 Alexander v. Tralles, 19 Alhasch, 25 Alleinsein, 55 Alraune, 93 Alteration, 73 Altertum, 11,26 Amaryllis, 94 Amatoria febris, 88 Amme, 69 Amor -hereos, 37 -heroicus, 34 -insanus, 38,46, 55, 56, 62, 66, 68, 80,84 -insanus de Sennert, 80, 84 -vesanus, 35,44, 57, 66 Anatomie, 88 Anmut, 63 Ansteckung, 31 Antipathie, 90,93 Antiphiltrum, 36,81 Anwendungsbereich der wahren Philtra, 48 Apfel, 41 Aphrodisiakum, 10, 52,74, 82, 85,88 Aphrodisle, 88 Aphrodite, 91,93 Apollo, 81 Apulelus, 11,16«, 18«, 21, 29 Archiater, 64 Argos, 86 Argumente (Philtra), 57, 59

Argyre, 95 Aristoteles, 91 Asphalt, 94 Astrologie, 65 Aufklärung, 12 Augen-Symptome, 8,17, 23,45 Aurellanus Caelius, 11,23«, 67 Aurel Mark, 22 Auspeitschung, 34 Avicenna, 10,11, 25«, 26, 30, 31, 36, 37, 38,60

Backhauss, 60ff Bad im Selemnos, 81, 95« Barock, 12 Bartholinus, 95 Basel, 59,67 Basilisk, 68,90« Beguinus, 5 Behexung, 60 Beischlaf, 45 Belladonna, 7,93 Beizebub, 62 Bernard de Gordon, 10,11, 25ff, 30, 31, 37, 53 Bieler, 53 Bilsenkraut, 87,68 Blässe, 8,16,17,45,84 Blut, 7, 51,57, 61 64,71 Bluttransfusion, 12 Blutverlust, 71 Blutzusammensetzung, 65 Borelll, 69,71« Breithaupt L., 66 Brem Gräser L., 32 Brunnemann F., 67 Burton, 28,35,64«, 91«

Caelius Aurelianus, 11,23«, 67 Caesariensis E., 27

103 Caligula, 22,27,34,38,49,81,85 Camus A. le, 14 , 27 , 28,81« Cardano, 12,27,31,34«, 35,38,80 Catuli, 33 Celsus, 22,95 Cervantes, 84 Chamäleon, 7,38,81 Chatrab, 25 Chlarugi, 10,14,83« Chlorose, 45ff,46, 51«, 60,82 Cltrusfrucht, 40 Clauder G., 43 Cleopatra, 35,64 Codronchius, 31 Combachius J., 43 Cornelius Nepos, 28 Cutubut, 25

Daemonen, 50 Daemonomanie, 67,83 Dande; 86 Daum, 41,62«, 66 Délire erotique, 84 Delirium melancholicum, 55 Delirium, 61,63 Den Haag, 68 Depravatio Imaginationis, 62 Desiderium, 60 Deutscher Hippokrates, 56 Düferentialdiagnose, 52,59,63 Dioscurides, 19, 21«, 37,91 Dirnen, 48,35,46 Dispositio hereditaria, 53 Dissertationen, 43«, 59,60,62, 47,53,57 Döderlein, 69 Don Quichotte, 15,80,84 Dreckapotheke, 7 Dulcinea, 15,80

Ehelosigkeit, 82 Eidechsen, 7 Einbildung, 52,55 Electuarium Hartmann!, 49,53, 87,90« Eltzhotzlus, 48 Eiwert, 5, 28,40,41,43,59«, 71« Empfindsamkeit, 8,79 Ephesos S.von, 11,20,23 Epilepsie, 21,56,69 Eraslstratos, 17ff, 25,32,49,84 Erbrechen, 52 Ernst C., 81

Erotomanie, 15,49,60,62,69,80,83, 84,87 Erziehung, 51 Esqulrol, 28,80,84« Ethici, 37,46,55 Ettmüller, 33,35,40,41,45«, 48,60, 63 Eusebius Caesariensis, 27 Exorzismus, 30

Fasern, 67,80 Faust Dr., 33,63 Feigenholz, 18 Fieber, 8,10,17,45,51 Fische, 18,58,86«, 94 Fischer-Hornberger E., 31,32,80 Fischsuppe, 72 Fixe Idee, 83 Flüchtiges Salz (Sal volatile), 67,68 Fluor albus, 76,82 Flurzauber, 29 Folle amoureuse Linné, 80 Forest, 36«, 37,60,68,92« Fracastoro, 31 Francus a Franckenau, 43 Frank J.P., 14,82« Frau (Gütigkeit), 69 Frau (Stellung), 25,35,40,53,74,75, 76 Frauenkrankheit (Liebeskrankheit als) 53,60,67,66 Frauenmilch, 69 Freud S., 32 Friedreich, 56 Fridericus, 43 Friedrich Kaiser v. Oesterreich, 28 Friedrich II, 7, 28 Friedrich in, 28 Furor (Philter-Folge), 56,60 Furor amatorius, 53,54 Furor Uterinus, 46,49,51,53,61«, 62 69,80,83

Gabir Ibn Hayyan, 24« Galen, 10,11,21«, 34,38,60,86,95 Galle schwarze, 11,60,62,65« Gärung (mumialische), 44 Gaufrldi, 81 Gedächtnisverlust, 71 Gehirn (Liebeskrankheitsursache), 84,66 Gehirnfasern (Liebeskrankheitsursache), 80

104 Geister (natürliche), 45,50,67 Genitalien, 32,38 Genitalsäfte (Liebeskrankheits­ ursache), 45,82,66 Genie, 61 Gerichtsmedizin, 60,64 Geschlechtstrieb (Liebeskrankheltsursache), 55 Gesetzgebung, 7,22 Gessner Conrad, 40,41ff, 95ff Gledke A., 6 ftfoQQan Rft Gifte, 11,24,31ff, 34,36,37,60,65 Giorglan, 25 Gold (als Phlltrum), 48,86 Gonorrhoe, 76 Gordon B.de, 10,11,25ff, 30,31, 37 53 Groellmann, 27,28,41,42,43,47ff 59 Gutachten (Responsa), 74,75,76

Haffter, 6 Halle, 76ff Haller A.von, 87 Hartmann, 47,90 Hasenblut (als Philtrum), 7,71 Hass (Philtrum-Folge), 56 Hayyan Gabir Ibn, 24ff Heer H., 69,71ff Heilige Krankheit, 20,21 Heirat (Liebeskrankheit-Therapie^ 55,80,84 Helratslust (Llebeskrankhelts-Fol­ ge), 61 Held D., 42 Helmont, 5,31,44ff,47,48,50,53, 55,61,62,94 Hemmfisch, 49,81,90,94ff Herba Indica, 48,85,91ff Hereos, 25,55 Heron, 43 Heros, 51 Heroton, 23 Herzsymptome, 17,37,52,63,87 Herzpolyp, 74 Hexen, 33,46,50,56,58,60,64ff, 83 Hexerei (Liebeskrankheits-Ursache) 57,60 Hexen -Bild, 18,29ff -Gegner, 33,40,63,42 -Hammer, 12,30ff,40,60 -Salbe, 18,29,92

-Verhöre, 68 -Wahn, 12,29ff -und Mediziner, 33 Hieronymus, 28ff, 64,85 Hilscher S., 43 Hlppokrates, 20ff, 25 -deutscher, 56 Hippomanes, 18,19,33,48,52,58,64,71 I 81,85,91ff Hirten, 83 Hoffmann, 33,37,66ff, 69,73 Homosexualität, 65 Honig, 90 Horaz, ll,18ff,29,33 Horst, 5,27,56ff, 61 Hostia, 57,58 Hucher, 12,27,28,38ff, 65,80 Hunde-Geschichte, 44,50,47 Hyaenen, 49,38 Hydrophobie, 67 Hygiene, 82 Hyoscyamus, 68 Hypericum, 90 Hysterie, 84,46

Iatrochemie, 35,44,45,50,55 Iatrophyslk, 71 Idea, 52,66 Ilias, 66 niscus, 25,55,62 Imaginatio (Liebeskrankheits-Ursache) 57,84 Indica Herba, 48,85,91ff Indus, 91 Infektion (Liebeskrankheit als), 36 Ingredientien (Philtra), 33,36,38,58, 61,75,81,85,86,48,64 Innozenz VIII, 43 Inphlltration, 62,63,76 Inquisition, 34 Insania, 56 Internationaler Meinungsaustausch, 59

Janet P., 32 Jena, 73 Jungermann L., 57 Jupiter, 92 Juristen, 75 Justinian, 7 Juvenal, ll,18ff,19,23,27,33 Jynx, 49,85,91«, 93

105 Kabous, 25 Kalliope, 81 Kalllsthenes, 28 Kamitzerus, 65 Kantharidin, 82 Karl der Grosse, 28ff, 49,58,64, 85 Katzenhirn (als Philtrum), 36,48 Kinderhäutchen (als Philtrum), 77 Kleinlus, 48 Knoblauch, 93 Knoten, 82,94ff Kontrakturen (Phllter-Folge), 87 Konvulsionen (Philter-Folge), 56 Kopf schwarte (als Philtrum), 75 Kot (als Philtrum), 38,40,49,48 Krähen, 18,38 Krankheit heilige, 20 Kräuter (Libeskrankheit-Therapie), 80 Kreisel, 91 Kröten, 7,18,38,48,58 Kuchen (als Philtrum), 41,42 Kyklaminos, 20

Landrecht, Preussisches, 7 Langguth G., 43 Langlus J., 40,47,49 Leber, 18,32 Leidenschaft, 81 Leipzig, 74ff, 75ff Leucadischer Felsen, 81,91ff Libertus A., 74,77 Liebesanfälle, 47,49 Liebesfieber, 45,51,88 Liebesgift, 36,37,68 Liebesknoten, 82,91,94ff Liebeskrankheit -Aetiologie, 8,16,21,24 , 26,32,35, 36,37,45,51,53,55,57,60,61,62, 65.66.67.80.82.83.84 -Definition, 8 -Juristische Stellung, 65 -Symptome, 8,16,17 , 21,23 , 24 , 26, 35.37.45.60.61.81.84 -Synonyma, 8ff, 25,35,34,37,38,41, 44,45,46,52,55,57, 64 , 65,80,84,88 -Therapie, 17,23,24,25,26,30,34, 45.46.50.53.55.65.66.80.84 -Uebertragung, 67 Liebesmelancholie, 25,64,65,80,84 Liebespuls, 8,21,24,45,58,84 Liebesraserei, 51 Liebestränke, siehe Philtrum Liebeszauber, siehe Philtrum

-Ausführung, 18 Ligatur, 92,94ff Linné, 80 Lucan, 33 Lucrez, 27ff, 28,38,49,56,58,69,80, 81,84,85 Lucullus, 28ff, 38,49,56, 58,64,69,81, 85 Luteola, 68 Lycanthropie, 14,18,24,25, 29,30,60, 66,92ff

Magenbeschwerden, 52 Magie, 32 Magnet, 7,19,57,92ff Magnetische Kur, 57,62,92ff Magnetismus, 57ff,45,44,92ff Magnetstein, 52,90,92ff Mandragora, 7, 20,48,81,85,93ff Manie, 37,46,53,61,63,66,72,80,81, 84 Mania Hysterica, 53 Knochenmark (als Philtrum), 18 Mark Anton, 64,35 Martinus Rulandus, 42 Materia seminalis (LiebeskrankheitsUrsache), 51,53,67 Médecin de l'Amour, 79 Meinungsaustausch international, 59 Meissner L., 88 Melancholie, 21,25,33,35,37,38,46, 51, 53,61, 63,64,80,83,87,92 Melancholia amatoria, 65,53,80,84 Melancholia mulierum, 51 Melancholia pseudoheroum, 80 Melissen, 90 Mens, schwache (LiebeskrankheitsSymptom), 60 Menstrualblut, 7,19,32,37,52,58,61, 66,67,68ff, 69,72,76,85,93ff -Chemische Zusammensetzung, 69,85 -Wirkung, 33ff, 34,61ff,69ff,72,85 Menotoxin, 70 Messe, schwarze, 58 Mittelalter, 11 Moebius B., 60 Monomanie, 84 Montpellier, 38,59 Morbus amoris, 41 Moretus Th., 53 Morgagni, 72ff, 73,77 Morosis, 61 Motacilla (Bachstelze), 48,58,93fi Mumia, 45,47,48,52,94ff Mumialische Gärung, 44

106

Muscheln, 7 Müssiggang (LiebeskrankheitsUrsache), 51,55

Nabelschnur, 7 Nachgeburt, 7,48,52,53,57,58,71 Nägel, 38 Narkotika, 37,85 Nasenbluten (Philtrum-Wlrkung), 71 Nasturtium aquatlcum, 49,53,62, 87,94 Nepos Cornelius, 28 Nervenfasern, 62,67,80 Nestelknüpfen, 29,91,92,94ff Neuplatonismus, 12,30 Nymphomanie, 46,51,53,55,66,79, 84

Oberdeutschland, 43 Ohnmacht (Phlltrum-Symptom), 52 Olympias, 19,38 Oreibasios, 11, 23ff, 25 Ovid, 11,17«, 19ff, 23 , 24,25,26,29, 33,38,55, 56,60,65,69,76,80,84, 86

Paracelsus, 5,12,31,35ff, 42,44,48, 53,61 Paralyse (Phlltrum-Symptom), 56 Paré A., 31 Paullini, 7 Paulus hl., 37 Paulus von Aegina, 11,24,25,92 Pausanias, 95 Pech, 94 Pelargo, 69 Perdlkkas, 20 Perseus, 86 Petrarca, 28 Pfeile (als Philtrum), 58 Pferdeurin, 87 Phantasie, 56,66 Pharmakologie, 7 Phasenverschiebung, 27,35,40 Philipp, 19 Philocaptio, 30 Philter Zeitalter, 43 Philtropota, 23,67 Philtromanie, 67,68

Philtrum -Begriff, 19,87,86,44,51 -Definition, 6 -Einteilung, 13ff,44,47,51,86 -Falsche Philtra, 47 -Hersteller, 46 -Magische Philtra, 39,46,51,52«, 55, 56,58,60,63,82 -Natürliche Philtra, 36,38,44«,46,51, 55,59 -Rezepte, 34,44 -Theorien, 34,36,41,42,47,49,52,53, 60.62.63.82.87 -Wahre Philtra, 47,44,48,87 -Wirkung, 35,41,45,46,48,49,50,52, 56,58,60,61,62,63,67,71,74,76,82, 85.87 -Wirkung, Liebeskrankheit, 53,55,60, 65,67,76 -Zusammensetzung, 7,16,32,33,36,38, 40,46,48,50,58,61,67,81,85,86 Phosphor, 86 Plnel, 84 Platter, 10,37«, 68 Plinius der Ae., 19«, 28,32,37,38,68, 90«, 93«, 94«, 92« Plotin, 30 Plutarch, 17«, 19«, 28«, 63 Poculum amatorium, 6,87 Politlan, 27 Preussisches Landrecht, 7 Priapismus, 49,86 Priapismus foeminarum, 51 Promotionsverfahren, 56 Properz, 11,16«, 18«, 20«, 29,33,81 Prostitution, 35,46,48 Pseudoheroen, 80 Pseudophiltra, 48,49 Psychotherapie, 87 Pschyrembel, 15 Pulsus amatorius, 8,21,58,24,84

Quellenangaben, 43 Quichotte, 15,80,84

Ralmann Edlen von, 66 Raserei (Phlltrum-Folge), 87 Remora (Hemmfisch), 49,81,90,94« Renaissance, 11 Rledllnus V., 72 Roeser G., 43 Rosaistrauchgeschichte, 54

107 Rückblick, 39,54,26,63,70,77, 89 Rulandus Martinus, 42

Salmuth, 41 Sal volatile, 67,68 Samen, 7,32,51,53,67 Sappho, 17 Satan, 62 Satyriasis, 49,53,55,66,79,60, 83,84 Sauerteig, 44 Sauvages, 8,15,28,79ff, 83,84 Schadenzauber, 29 Schadewaldt, 6 Schiffshalter, 94 Schlaflosigkeit, 16,23,76,84 Schöllkraut, 30,31 Schönheit, 63 Schönwalder, 27, 28,43,57ff, 59,61 Schröder, 40,86ff Schwängerung (LiebeskrankheitsTherapie), 66 Schwanzhaar eines Wolfes, 7,48, 64 Schweiz, 95 Schwermut, 67 Sekrete menschliche (als Philtrum) 38,66 Sektion, 72,73,77 Selemnus, 81,95ff Seleukos, 17 Senatus consultum, 7 Sennert, 10,14,28,40,55ff, 58,60, 61,63,80,83,84 Severus Alexander, 7,22 Solanazeen, 67,68,93 Soranos von Ephesos, 11,20,23 Spatzengeschichte, 47 Speichel (als Philtrum), 38,67 Spiritus animales, 45,50,67 Stahl E., 37,66,69ff Staroblnski, 35 Stechapfel, 87 Steitzel, 43 Sterilitätszauber, 18,29,38 Stimmungswechsel, 75 Stimulantia (sexuell), 59,60,63 Stoa, 30 Stoll Μ., 82 Strahlenpfeile (LiebeskrankheitBUrsache), 36 Stratonike, 17 Strix, 18,95ff Sudorifera (Philtrum-Therapie), 52

Suleiman n, 35 Surnag, 91 Sympathie, 57,61,62 Sympathielehre, 12,19ff, 30ff

Tarantismus, 46,67 Taube, 32,48,75,77 Telle von Verstorbenen (PhlltrumIngrediens), 38,49 Tenzel, 5,45ff,48 Thessalien, 18 Teufel, 50,56,60,63,75 Teufelspackt, 63 Teutscher, 43 Theokrit, 33 Theologen, 75 Theophrast, 19, 20ff, 91 Thersites, 86 Thomaslus Ch., 63 Tiberius, 22 Tibull, 29 Tod (Philtrum-Folge), 63,85 Tollsucht (Philtrum-Folge), 87 Tollwut, 33,37,46,66,67,68 Tonus des Gehirnes (LiebeskrankheitUrsache), 66 Toxin, 67,68 Tralles A.von., 19 Transfusion, 46,48ff, 50,12 Transplantation, 45,47,94,95ff Trajanus, 22 Tübingen, 59 Turteltaubenherzen (als Philtrum), 75,77

Uebelkeit (Philtrum-Folge), Unzer, 81

52,76

Vaglnaldrüsensekret (LiebeskrankheitsUrsache), 66 Valentini, 73ff,76,88 Valleriola, 10,28,36ff,68 Vampir, 18,95 Vater Ch., 82 Veitstanz, 67 Veneficium, 31 Venenum, 31 Venenum volatile, 67 Venus, 86,95 Vergiftungssymptome, 77 Vergil, 33,83,94,95

108 Verführung (LiebeskrankheitsUrsache), 51 Verlangen (LiebeskrankheltsUrBache), 60 Verstandesverlust (PhlltrumFolge), 85 Verstopfung (LiebeskrankheitsUrsache), 51 Vetteln, 46 Vlrey, 27,28,85«, 88 Virus, 37,63,66 Virus amatorium, 14,63,66,87 Vögel, 32,38 Vomitoria (Phlltrum-Therapie), 52,87

Wachsbilder, 57,58,95,7 Waldschmldt, 41,50ff,83,94ff Warzen, 85 Wasserkresse, 94 42 Weier, ’28,33ff,40ff,50,56,83, 92 Wendehals, 91 Wepfer, 65«, 60 Werwolf, 29,30 Westphal, 76 Wettereinfluss (LiebeskrankheitsUrsache), 65 Wiel C.van., 27,28,33,37,68« 71«, 72 Wien, 82 Wiese, 90 Willis T., 80 Wittenberg, 75« Wo«, 38 Wo« Schwanzhaar eines, 7,48,64 Wolff J., 43 Wolphlus, 40,41 Wallich G., 43 WoytJ.J., 10,41,50,60,87«, 88, 90 Wunschvorstellungen (Liebeskrank­ heits-Ursache), 61

Xantlppe, 58 XenocrateB, 22

Zacchias,

56,64«

Zeus, 86 Ziegenbock, 64 Zirbeldrüse, 50 Zollikofer, 43 Zwinger, 33,37,67«

109

SUMMARY

The concepts, Love-sickness and Philtre, which are hardly known in the pre­

sent medical literature, have a tradition, which extends back in the history of

medicine to Antiquity. Love-sickness (Synonyma: Hereos, Iliscus, Amor vesa-

nus, Amor insanus, Melancholia amatoria, Erotomany) was described by many authors, just to name a few: Galen, Avicenna, Paracelsus, Platter, Ettmiiller, Sennert, Hoffmann, Esquirol and others. Paleness, leanness, sadness and

pulse changes at the site of his or her beloved one, belong to the main symptomes of the sickness, which have reappeared over the centuries. Through the

course of history we have encountered the most various opinions as to the cau­ se of this affiction. We are presently accustomed to distinguish clearly between physical (somatic) and mental (psychiatric). But in the history of Love-sickness it was characteristic, that the majority of the authors mixed the somatic and

psychic causes inseparably. The etiology of Love-sickness was localized in a

somatic base (for example: black bile, genital fluids, blood composition, nerve fibers, poisons and love-potions) as well as in passion, imagination, fantasy or

in the beauty of the beloved one (also a Philtre, see below). Although today known only to the anatomists (as the designation for groove in

the middle of the upper lip), the concept, Philtre, understood as a love-potion or love-spell, was a familiar concept for our ancestors. Famous authors, such as Galen, Caelius Aurelianus, Agrippa, Cardano, Paracelsus, Helmont,

Sennert, Hoffmann, Frank, Chiarugi and others discussed the problem of love­

potions. One is inclined today to consider the Philtres simply as Aphrodisiacs. Originally and from the majority of the authors of the past, however, the con­ cept Philtre comprised a much larger spectrum. Every remedy, whether mate­ rial (the widest assortment of ingrediences from the hearts of pigeons to a hu­

man umbilical cord) or Immaterial (magical qualities, the influence of the devil or of God, beauty, sympathies) which seemed appropriate to arouse a true love

within a certain person, was considered a Philtre. It is also characteristic, si­ milar to Love-sickness in the history of Philtres, that material and immaterial

was inseparably mixed with each other, and were not separated by the authors. This work also wants to show how a clearer relationship appeared between

no Love-sickness and Philtre through the course of history. The Philtres became

a much discussed etiological factor of Love-sickness. It is interesting that the causal connexion of the two concepts was most evident during the Renaissance,

a time which coincided historically

with the largest spread in the belief in

witchcraft.

With the increasing tendency of modern times to separate the concepts psychicsomatic and material-immaterial, the old concepts of Love-sickness and

Philtre forfeited on their rights to exist. Whereas by the Love-sickness the material-somatic causes moved completly in the background (Erotomany is con­ sidered today a psychiatric illness), the concept Philtre disappeared. Philtres'

immaterial-intellectual content can no longer be accepted by modern authors. Since pure material substances however could not correspond to the old con­

cept of Philtre, it was displaced by the concept Aphrodisiac.

CURRICULUM VITAE

Als letztes der sieben Kinder des Alfons und der Elisabeth Birchler-Kistler wurde Ich am 15. Dezember 1947 in Zürich geboren. Meine Jugendzeit verbrachte Ich In Reichenburg (SZ). In den Kollegien Friedberg (Gossau SG), St. Josef und Karl Borromäus (Altdorf) besuchte ich die Mittelschule und be­ schloss sie mit der Maturität Typus A. Zwei Semester und erstes propädeutisches Examen folgten in Freiburg, das üb­ rige Medizinstudium an der Universität in Zürich. Staats­ examen 1975.

»Liebeizauber“ Unbekannter Meister der flämischen Schule aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. (Die durch den Raum flatternden Spruchbänder versinnbilden die Zauberformeln.)

Northbrook-Galerie, London.

Fig. 59.

Hrzt und Liebeskranke.