Der Kampf um die Mark 1923/24: Die deutsche Währungsstabilisierung unter dem Einfluß der nationalen Interessen Frankreichs, Großbritanniens und der USA 9783110858952, 9783110109573


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German Pages 214 [224] Year 1987

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Table of contents :
VORWORT
INHALT
ABKÜRZUNGEN
ERSTES KAPITEL. Nationale Interessen als Konstituanten des internationalen Systems?
ZWEITES KAPITEL. Die französische Währungspolitik in Deutschland, 1922 bis 1924
DRITTES KAPITEL. Sterling versus Dollar: Golddiskontbank und neue Reichsbank im Widerstreit der nationalen Interessen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika
VIERTES KAPITEL. Die deutsche Stabilisierung von 1924 in ihren Auswirkungen auf die weitere wirtschaftliche und politische Entwicklung bis hin zur Weltwirtschaftskrise
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
PERSONENREGISTER
SACH- UND ORTSREGISTER
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Der Kampf um die Mark 1923/24: Die deutsche Währungsstabilisierung unter dem Einfluß der nationalen Interessen Frankreichs, Großbritanniens und der USA
 9783110858952, 9783110109573

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V E R Ö F F E N T L I C H U N G E N DER

H I S T O R I S C H E N KOMMISSION ZU BERLIN BAND 68

BEITRÄGE INFLATION

UND

IN DEUTSCHLAND

ZU

WIEDERAUFBAU UND EUROPA

1914—1924

Herausgeber GERALD D. FELDMAN CARL-LUDWIG HOLTFRERICH GERHARD A. RITTER PETER-CHRISTIAN WITT

BAND 9

W DE G Walter de Gruyter • Berlin • New York 1987

HANS O T T O S C H Ö T Z

DER KAMPF UM DIE MARK 1923/24 Die deutsche Währungsstabilisierung unter dem Einfluß der nationalen Interessen Frankreichs, Großbritanniens und der USA

W DE G Walter de Gruyter • Berlin • New 1987

York

Gedruckt mit Unterstützung des Stiftungsfonds Deutsche Bank im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Die Schriftenreihe der Historischen Kommission zu Berlin erscheint mit Unterstützung des Senators für Wissenschaft und Forschung, Berlin.

Lektorat der Schriftenreihe Christian Schädlich

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Schätz, Hans Otto: Der Kampf um die Mark 1923,24 : d. dt. Währungsstabilisierung unter d. Einfluss d. nationalen Interessen Frankreichs, Grossbritanniens u.d. USA / Hans Otto Schötz. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1987. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin ; Bd. 68 : Beiträge zu Inflation und Wiederaufbau in Deutschland und Europa 1914—1924 ; Bd. 9) ISBN 3-11-0109573-0

© 1987 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Printed in Germany Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen — auch auszugsweise — vorbehalten. Satz und Umbruch: Historische Kommission zu Berlin, Berlin 38 Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Einband: Lüderitz & Bauer, Berlin 61

VORWORT Die vorliegende Studie wurde im Wintersemester 1984/85 vom wirtschaftswissenschaftlichen Fachbereich der Freien Universität Berlin unter dem Titel „Die Stabilisierung der Mark 1923/24 unter dem Einfluß der nationalen Interessen Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika" als Dissertation angenommen. Sie ist zur Drucklegung geringfügig überarbeitet worden. Meinem Lehrer Professor Carl-Ludwig Holtfrerich, der meine Forschungen anregte, betreute und mit kompetentem, aber nie bevormundendem Rat ihren erfolgreichen Abschluß sicherzustellen half, gilt mein ganz besonderer Dank. An nächster Stelle habe ich Professor Jacques Bariety zu danken, dessen Intervention mir im Sommer 1983 den Weg zu den fast schon aufgegebenen französischen Quellenbeständen ebnete und damit einen wesentlichen Abschnitt dieser Arbeit zu untermauern half. Ich stehe ferner in der Schuld der Stiftung Volkswagenwerk, die meine dreijährige Arbeit und zahlreiche Archivbesuche durch ihre großzügige finanzielle Unterstützung erst ermöglicht hat. Den Teilnehmern des internationalen Forschungsprojekts „Inflation und Wiederaufbau in Deutschland und Europa 1914—1924" danke ich für lebhafte Diskussionen und vielfältige Anregungen, die ich in meinen Thesen berücksichtigen konnte, dessen Lenkungsausschuß aber für den Vorzug, diese Arbeit in der von der Historischen Kommission zu Berlin betreuten Publikationsreihe des Projekts veröffentlichen zu dürfen. Dem Stiftungsfonds Deutsche Bank im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft danke ich für einen Zuschuß zu den Kosten der Drucklegung des Buches. Nicht zuletzt möchte ich aber die freundliche und weit über meine Erwartungen hinausgehende Unterstützung erwähnen, die mir von den Angestellten insbesondere der amerikanischen und britischen Archive zuteil geworden ist. Ihr Anteil am Zustandekommen dieser Arbeit muß anonym bleiben, darf aber nicht als gering veranschlagt werden.

Berlin, im Februar 1987

Hans Otto

Schätz

INHALT VORWORT des A u t o r s

V

ABKÜRZUNGEN

XI

ERSTES KAPITEL

Nationale Interessen als Konstituanten des internationalen Systems? Methodische Überlegungen zur Beurteilung der Probleme der internationalen Währungspolitik in der Zwischenkriegszeit Staat, Nation und nationale Interessen. Eine Begriffserklärung Nationale Interessen, ihr Verhältnis zum internationalen System und einige sich daraus ergebende Fragen zur Beurteilung der Probleme der Zwischenkriegszeit

1

6

ZWEITES KAPITEL

Die französische Währungspolitik in Deutschland, 1922 bis 1924 Grundzüge und Probleme des deutsch-französischen Gegensatzes nach dem Ersten Weltkrieg in der historischen Forschung Die währungspolitischen Initiativen Frankreichs im Rheinland vom August 1922 bis zum April 1923 und die von der Reichsregierung ergriffenen Gegenmaßnahmen 1. Tirards Eigeninitiative zur Gründung einer rheinischen Notenbank 2. Das Projekt Lasteyries Anfang Februar 1923 3. Die Stabilisierungsaktion der Reichsbank im Frühjahr 1923. Ein politischer Erklärungsversuch Das nationale Interesse Belgiens und die belgische Teilnahme am französisch-rheinischen Notenbankprojekt Die währungspolitischen Pläne und Überlegungen der französischen Administration in der Phase des endgültigen Verfalls der Mark, April bis September 1923

13

20 28 32 34 41

44

VIII

Inhalt

Die Rheinisch-Westfälische Notenbank im Zentrum der französischen Währungspolitik im Rheinland, September 1923 bis Februar 1924 1. Die administrative Vorbereitung der Währungsreform auf dem Notgeldsektor 2. Die französisch-rheinische Notenbankinitiative im Herbst 1923: Planungen und Schritte zur Einleitung der Separation des Rheinlands vom Reichsganzen 3. Die französische Politik gegenüber den deutschen Notgeldemissionen und der Rentenmark: flankierende Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Währungsnotstandes in den besetzten Gebieten, um den Erfolg der Rheinlandbank abzusichern 4. Höhepunkt und Scheitern der Initiative zur Gründung der rheinischen Notenbank, Anfang 1924

51 52

60

76 81

Die Genesis der deutsch-britischen Zusammenarbeit. V o m deutschen Widerstand gegen die französischen Pläne bis zum Beginn der britischen Unterstützung für Schachts Golddiskontbankprojekt

85

Zusammenfassung: Die Währungspolitik Frankreichs gegenüber dem besiegten Deutschland. Überlegungen zur Bewertung eines gescheiterten Konzepts

95

DRITTES

KAPITEL

Sterling versus Dollar: Golddiskontbank und neue Reichsbank im Widerstreit der nationalen Interessen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika Die britischen Interessen und Montagu Normans Stellung innerhalb der nationalen Währungspolitik 100 1. Die Rolle der Experten in der Politik der zwanziger Jahre 101 2. Der Sterlingstandard als Strategie zur Wiedereroberung der Vorkriegsstellung Londons als Finanzierungsmarkt der Welt 103 Die deutsche Golddiskontbank und die britischen Interessen: konzipiert als Meilenstein auf dem Weg zum Sterlingstandard 110 1. Gold und Sterling in Normans Verhandlungen mit Schacht und Vissering . . 112 2. Normans internationale Werbung für die Golddiskontbank 117 Das Dawes-Komitee und die Interessen der Vereinigten Staaten 121 1. Das Dawes-Komitee und Schachts Pläne für die Golddiskontbank 128 2. Die Goldstandardkontroverse in den Expertenverhandlungen über die neue deutsche Notenbank 135 Der Kampf um die Golddiskontbank 148 1. Normans Versuch, der Einbindung des deutschen Exports in die Sterlingsphäre den Nimbus einer konzertierten Zentralbankenaktion zu verleihen 149 2. Rediskontkredite 152

Inhalt

IX

3. Das von der Bank von England und der Reichsbank anläßlich der Golddiskontbankgründung vereinbarte Abkommen zur Zusammenarbeit Golddiskontbank und neue deutsche Reichsbank und die Konsequenzen ihrer Existenz für die Interessen Großbritanniens, der Vereinigten Staaten und Deutschlands 1. Die Geschäftstätigkeit der Golddiskontbank 2. Das deutsche Bankgesetz vom August 1924 in seiner Bedeutung für die Dollar-Sterling-Kontroverse 3. Die neue Reichsbank in ihren Konsequenzen für die Weimarer Republik . . . Macht und Ohnmacht der rivalisierenden angelsächsischen Großmächte in ihren Konsequenzen für die Weiterentwicklung der Welthandelsbeziehungen

157

161 161 165 168

171

VIERTES KAPITEL

Die deutsche Stabilisierung von 1924 in ihren Auswirkungen auf die weitere wirtschaftliche und politische Entwicklung bis hin zur Weltwirtschaftskrise War die deutsche Stabilisierung von 1924 eine Determinante der Weltwirtschaftskrise? Abschließende Bemerkungen zu den „Lehren" der Zwischenkriegszeit

176 181

Q U E L L E N - U N D LITERATURVERZEICHNIS

183

PERSONENREGISTER

190

SACH- U N D O R T S R E G I S T E R

199

ABKÜRZUNGEN ACDP

=

Archiv für Christlich-Demokratische Politik

AHR

=

American

AN

=

Archives Nationales

BA

=

Bundesarchiv Koblenz

BEA

=

Bank of England Archives

DDP

=

Deutsche Demokratische Partei

DVP

=

Deutsche Volkspartei

DNVP

=

Deutschnationale Volkspartei

FO

=

Foreign Office

FRBA

=

Federal Reserve Bank Archives

HCITR

=

Haute Commission Interalliée des Territoires Rhénans

HIA

=

H o o v e r Institution Archives

=

Journal

HZ JMH

Historische

KPD LC/MD

Historical

Review

Zeitschrift

of Modern

History

Kommunistische Partei Deutschlands =

MICUM

Library of Congress, Manuscript Division Mission Interalliée de Contrôle des Usines et des Mines

NA

=

National Archives

NSDAP

=

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

PRO

=

RDI

Public Record Office Reichsverband der Deutschen Industrie

RWWA

Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv

SPD

=

T

=

Sozialdemokratische Partei Deutschlands Treasury

UdSSR

=

Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken

VfZG

=

Vierteljahrshefte

VSWG

=

Vierteljahrschrift

für

Zeitgeschichte

für Sozial-

und

Wirtschaftsgeschichte

Verena zum Andenken

ERSTES KAPITEL

Nationale Interessen als Konstituanten des internationalen Systems? Methodische Überlegungen zur Beurteilung der Probleme der internationalen Währungspolitik in der Zwischenkriegszeit

Staat, Nation und nationale Interessen. Eine Begriffserklärung Die folgende Untersuchung beziehungsweise Darstellung der internationalen Währungs- und Stabilisierungspolitik in den Jahren 1923 und 1924 ergibt nur vor dem Hintergrund einen Sinn, daß — wie alle Handlungen — auch diejenigen der politischen Sphäre von bestimmten Subjekten mit bestimmten Zwecken ausgeführt werden — Subjekte wie Zwecke also auch bestimmbar sind. Ein Gemeinplatz? Auf eine konkrete historische Situation bezogen, wird das Problem deutlicher. Wenn wir einmal fragen, wer das Subjekt der Stabilisierung der Mark war — wobei wir unterstellen, daß dieser Vorgang zeitlich genau begrenzt werden kann und sachlich unumstritten ist —, wer oder was wäre dann zu nennen: die Reichsregierung, der Finanzminister, die Reichsbank, Hjalmar Schacht, das Monopolkapital, irgendeine Fraktion des Monopolkapitals oder gar Hugo Stinnes, der Paradebösewicht der frühen Weimarer Republik? Ohne ein theoretisches Instrumentarium, das dem Fragenden Kriterien zur Unterscheidung von individuellen, partikularen und nationalen Interessen an die Hand gibt, ist jede der genannten Antworten möglich und mit jeder der übrigen anzugreifen. Der „weltpolitische" Ansatz, 1 der alle Interessen als prinzipiell gleichberechtigt und gleich1

Vgl. hierzu die Gegenüberstellung von „World Politics" und „International Politics" bei J. Martin Rochester, The Paradigm Debate in International Relations and Its Implications for Foreign Policy Making: Toward A Redefinition of the „ National Interest", in: Western Political Quarterly, 31. Jg. (1978), H e f t 1, S. 48—58, insb. S. 50—52.

2

I. Nationale Interessen und internationales System

wirksam im internationalen Gefüge behandelt, führt unweigerlich zur Perpetuierung derartiger Auseinandersetzungen. Existierte nämlich kein nationales, sprich: den individuellen Interessen übergeordnetes Interesse, würde auch die Suche nach den Subjekten internationaler Handlungen zur mühevollen und fruchtlosen Tätigkeit. 2 Das einzige Kriterium, das der Begriff Interesse unspezifiziert anzubieten hätte, wäre das der Nutznießerschaft. Nutznießer und Geschädigte aber lassen sich für jede politische Maßnahme bestimmen, ohne daß damit eine Auskunft über ihr Subjekt gegeben wäre. U m es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Uber den N u t z e n , den der Stinnes-Konzern aus der deutschen Inflationspolitik gezogen hat, besteht heute weitgehende Ubereinstimmung. Wer aber daraus auf eine Urheberschaft von Stinnes an der Inflation schließt, muß sich die Frage stellen lassen, wie es zur Stabilisierung kommen konnte. Die Antwort der „weltpolitischen" Konzeption würde lauten: Eine neue Interessenkonstellation hat sich gebildet und die (wessen?) Entscheidungsbildung zu ihren Gunsten beeinflußt. J e hartnäckiger die Fragen, desto unbestimmter die Antworten — von der Negierung übergeordneter politischer Interessen und der damit zwangsläufig verbundenen Aufweichung des Subjektbegriffs führt ein gerader Weg hin zur Konstellation, deren wesentliches Merkmal der Wechsel ist. Der Eingangssatz, der gegen derartige Ansätze gerichtet ist, entbehrt zunächst freilich jeder Begründung. D a die Subjekte internationaler politischer Handlungen per definitionem die Nationalstaaten sind — das „weltpolitische" K o n z e p t grenzt sich schon in der Namensgebung von der „internationalen" Politik ab, deren Terminus nationale Akteure unterstellt —, 3 müßte an dieser Stelle eine umfassende Staatsableitung stehen. Sie würde aber sowohl den geplanten U m f a n g dieser Arbeit wie auch das Vermögen des Verfassers überschreiten. Es soll hier ersatzweise versucht werden, ein oder zwei zentrale Begriffe, die zum Verständnis der folgenden Ausführungen beitragen können, herauszuarbeiten und in einen logischen K o n t e x t zu stellen, der in sich schlüssig ist, seine Gültigkeit aber noch an der Empirie beweisen muß. Es scheint erst einmal wichtig, sich die Uberschneidung und gegenseitige Bedingtheit der Begriffe Staat und Nation vor Augen zu führen. 4 2 J . M. Rochester, ebda, nimmt zur Veranschaulichung von „Weltpolitik" das Beispiel eines Spinnennetzes zuhilfe, ein N e t z , in dem alle Akteure gleichermaßen abhängig zappeln. 3 J . M. Rochester, a. a. O., S. 51. * In diesem Zusammenhang sei der besondere Sprachgebrauch im Amerikanischen

Staat, Nation und nationale Interessen

3

Nation im europäischen Sprachgebrauch bezeichnet zunächst nur „die Gesamtheit der Menschen, die sich durch ein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl verbunden wissen. Dieses ist durch eine Vielzahl von Faktoren (Artverwandtschaft, Kulturgemeinschaft, politische Schicksalsgemeinschaft) bedingt." 5 Im weiteren Sinne impliziert der Begriff Nation das Bündel der in alle möglichen Richtungen weisenden politischen und wirtschaftlichen Interessen, die in ihr auffindbar sind. So verstanden, ist dies aber ein unvollständiger Begriff, denn er nennt nicht das Gemeinsame, an dem sich Art, Kultur und politisches Schicksal wie auch die Interessen auszurichten haben. Aus der Natur der Bevölkerung kann dieses Gemeinsame nicht entspringen, sie ist ja gerade als Interessensvielfalt definiert. 6 Es muß vielmehr ein den Interessen der Bevölkerung übergeordnetes Subjekt existieren, das sie als zu sich gehörig bestimmt und über die Mittel verfügt, dieser abstrakten Definition einer Nation in concreto Gültigkeit zu verleihen. 7 Ein Blick auf die Vorgeschichte der modernen Staatenwelt kann belegen, daß erst die Unterordnung der Menschen unter einen Staat beziehungsweise eine vorstaatliche Herrschaftsform in einem von ihm definierten Territorium und begleitet von bisweilen drastischen Durchsetzungen von Sprache und Kultur dazu berechtigten, die Bewohner eines Landstrichs von anderen durch ihre nationale Zugehörigkeit zu unterscheiden. Die geschichtswissenschaftliche Auseinandersetzung über die Frage, seit wann von einem Deutschen Reich gesprochen werden darf, mag dazu Argumente bereitstellen. Wenn es aber irreführend ist, den Begriff „national" als unabhängig vom staatlichen Uberbau existierend zu denken — selbst die Diskussionen nationaler Zugehörigkeit, wie sie in der Folge des Versailler

hervorgehoben, wo zwischen „nation" und „State" keine Differenz existiert und „nation-state" ein politologisches Kunstwort ist. 5 Reinhold Zippelius, Staat, in: Handlexikon zur Politikwissenschaft, hrsg. von Wolfgang Mickel in Verbindung mit Dietrich Zitzlaff, München 1983, S. 490—494, hier: S. 491. 6 Klaus Hornung, Nation, Nationalismus, Nationalstaat, in: A. a. O., S. 305—309, S. 306: Nationen sind „keine .natürlichen' Erscheinungen, sondern Resultate politischen Willens bei Führenden und Geführten". 7 Außenpolitik „setzt Staatlichkeit, Fähigkeit und Willen zur Bestimmung dieser Interessen und Bezug zur Umwelt voraus": Reimund Seidelmann, Außenpolitik, in: Pipers Wörterbuch zur Politik, hrsg. von Dieter Nohlen, Bd. 5:1nternationale Beziehungen. Theorien — Organisation — Konflikte, hrsg. von Andreas Boeckh, München-Zürich 1984, S. 54—60, hier: S. 54.

4

I. Nationale

Interessen

und internationales

System

Friedensvertrags immer wieder geführt wurden, waren undenkbar ohne die staatlichen Subjekte, die Minderheiten auf fremdem Territorium als Angehörige der eigenen Nation deklarieren —, so sollte dieser Umstand auch bei der theoretischen Erfassung des Nationalinteresses berücksichtigt werden. Nationale Interessen sind demzufolge nicht etwa alle in einer Nation auffindbaren, sondern nur die für eine Nation gültigen Interessen. Über die Gültigkeit eines Interesses befindet aber im innern der Souverän und im äußern die Gesamtheit der Souveräne, und zwar gegeneinander. 8 Ebenso wichtig wie der Inhalt eines nationalen Interesses sind für seine Beurteilung demzufolge die Mittel, die zu seiner Realisierung bereitstehen. 9 Bleiben wir jedoch zunächst beim innern. Für den demokratisch verfaßten Nationalstaat liberal-kapitalistischer Provenienz, wie er im Versailler System als vorbildlich betrachtet wurde, ist das Nationalinteresse auch inhaltlich allgemein bestimmbar. Jeder Angehörige einer Nation wird in dieser Staatsform durch aktives und passives Wahlrecht an der Ausgestaltung einer Herrschaft beteiligt, die sich von allen effektivitätsbehindernden Bindungen zu emanzipieren versucht. Der Bürger findet sich permanent dazu aufgefordert, mittelbar oder unmit-

8 Definitionen des Nationalinteresses, die davon absehen, daß zwischen seiner allgemeinen Verbindlichkeit und seinen wechselnden Interpretationen ein wesentlicher Unterschied besteht, dürften auch mit der Unterscheidung von Kabinettsitzungen und Stammtischrunden Probleme bekommen: „National interest, that which is believed to be in the best interest of a country as a whole and that may serve as the basis for its foreign policy", Encyclopedia Britannica, 15th ed., vol. 17 (1976) (Hervorhebung vom Verf.); viel brauchbarer hingegen Arnold Bergstraesser, Auswärtige Politik, in: Staatslexikon, hrsg. vonderGörres-Gesellschaft, 6. Aufl., Freiburg 1957, Spalte 761—783,761: „Das politische Handeln gegenüber anderen Staaten vollzieht sich auf der Grundlage der gegebenen Konstellationen der Interessen und der Macht sowie der Möglichkeiten ihrer V e r ä n d e r u n g . . . W a s . . . im Einzelfall als Interesse gilt, ist das Ergebnis gegebener, konkreter Daseinslagen einerseits und geistig bestimmter Auffassungen von Sinn und Ziel der Auswärtigen Politik andererseits"; nicht zuletzt muß hier die klassische realistische Schule erwähnt werden, deren Begründer die praktische Definition des Nationalinteresses „in terms of power" unmißverständlich hervorhebt: Hans Joachim Morgenthau, Politics among Nations. The Strugglefor Power and Peace, 5th ed., New York 1973, S. 5. 9 Die Tragweite dieses Satzes mag durch die Überlegung vor Augen geführt werden, ob der Holocaust ein nationales Interesse Nazi-Deutschlands war. Der Einwand, daß die damaligen Machthaber rassistisch oder verrückt waren, geht am Begriff vorbei: Entscheidend ist der Einsatz der nationalen Mittel, der einem Interesse diese besondere Wucht verleiht, und nicht seine Vernunft.

Staat, Nation und nationale Interessen

5

telbar an der Realisierung des allgemeinen nationalen Interesses mitzuwirken, das unter der Bezeichnung „Allgemeinwohl" firmiert. Diesen allgemeinen und obersten Staatszweck definiere ich als die Mehrung oder Maximierung der Mittel, die die Verfolgung aller denkbaren konkreten staatlichen Zwecke ermöglichen, oder präziser: als Mehrung des nationalen Reichtums, denn dieser ist der materielle Ursprung aller staatlichen Machtentfaltung. Dies ist eine inhaltliche Spezifikation, wie etwa der Vergleich mit den mitteleuropäischen Monarchien oder den faschistischen Diktaturen zeigt: Sie haben sich immer wieder Verstöße gegen die effektivitätsbewußte Maximierung der Mittel zuschulden kommen lassen, indem sie personen-, standes-, klassen- oder rassenspezifische Interessen vorzogen. Tatsächlich kann das Resultat der Konkurrenz der Gemeinwesen am Ende des Ersten Weltkrieges als Erfolg der Abstraktion des Nationalinteresses von allen in der Gesellschaft existierenden Partikularinteressen interpretiert werden: Die wirtschaftliche Überlegenheit der Demokratien des Westens, die den Kriegsausgang entschieden hat, hätte sich ohne die staatliche Förderung nach rein leistungs- und effektivitätsbezogenen Kriterien vielleicht gar nicht entfalten können. „Allgemeinwohl" als oberstes nationales Anliegen schließt staatliche Interessensetzungen, wie etwa die Liquidation eines Teils der eigenen Bevölkerung aus rassistischen Gründen oder aber auch die freiwillige Leistung von Reparationen ans Ausland aus, eröffnet aber ein weites Feld möglicher Handlungsalternativen, die positiv den obersten Staatszweck erfüllen. 10 Die Auswahl zwischen diesen Alternativen wird in jedem Staat von der Führung getroffen, wobei in dessen demokratischer Spielart Kontrollinstanzen wie Parlament und regelmäßige Wahlen dafür sorgen, daß der Staatsapparat dem eigentlichen Zweck nicht entfremdet wird. Für die Zeit einer Legislaturperiode aber stellt der Staat seinem Führungspersonal, vom fortdauernden Gegensatz zwischen nationalen und individuellen Interessen ausgehend, eine Fülle von Gewaltmitteln zur Verfügung, von denen die übrige Gesellschaft ausgeschlossen ist und

10 Ein noch offenes Problem der ökonomisch abgeleiteten Grundlage des Nationalinteresses ist zweifellos der Kriegsfall, der wohl kaum als Maßnahme zur Verbesserung von Bedingungen der Reichtumsakkumulation verstanden werden kann. D a die vorliegende Arbeit aber die ökonomische Bewältigung von Kriegsfolgen und nicht etwa die Genesis von Kriegsgründen behandeln soll, hält es der Verfasser für verantwortbar, dieses Problem vorläufig auszuklammern.

6

I. Nationale Interessen und internationales System

die daher im Konfrontationsfall die Durchsetzung des staatlichen Interesses sicherstellen. 11 Erst für den Fall, daß das Gewaltmonopol des Staates ernsthaft in Frage gestellt oder durchbrochen ist, „Allgemeinwohl" also keine Gültigkeit mehr hat, ist auch die Abwesenheit eines nationalen Interesses festzustellen. Die betreffende Nation befindet sich dann allerdings im Zustand der Revolution oder des Bürgerkriegs und hat selbst aufgehört, als eigenständig handelndes berechenbares Subjekt zu existieren. Da die Anhäufung und Monopolisierung der gesellschaftlich verfügbaren Gewaltmittel beim Staat dessen Führungspersonal die Auswahl aus einer theoretisch unendlich großen Anzahl von Handlungsalternativen ermöglicht, 12 ist der Begriff des nationalen Interesses über die Eingangsbestimmung hinaus nur formal definierbar. Er bezeichnet im folgenden immer den- oder diejenigen Zwecke, die sich die anerkannten Entscheidungsträger einer Nation setzen und auf die ihre Handlungen gemäß den ihnen zur Verfügung stehenden Mittel gerichtet sind. Nationale Interessen, ihr Verhältnis zum internationalen System und einige sich daraus ergebende Fragen zur Beurteilung der Probleme der Zwischenkriegszeit Kann sich der demokratische Staatsmann der erfolgreichen Durchsetzung einer einmal auf die Tagesordnung gesetzten Maßnahme im innern auch relativ sicher sein, so wird er in der Außenpolitik mit dem in die Kalkulation aufzunehmenden Umstand konfrontiert, daß die Gewalt und Macht seines Souveräns auf die anderen Souveräne trifft, die ihrerseits nationale Interessen verfolgen und derart als Schranke und Hindernis für den Erfolg der eigenen Nation auftreten. 13 11 Diesem Umstand tragen die innergesellschaftlichen Gruppen Rechnung, die ihre besonderen Interessen als eigentlich im nationalen Interesse liegend einzuklagen versuchen. Wäre dies so, hätte die Forderung freilich keinen Sinn. Die Institutionalisierung der Partikularinteressen in Parteien, Verbänden etc. belegt dagegen, daß der Gegensatz zwischen nationalen und partikularen Interessen als fortdauernd unterstellt werden kann. 12 Erläuternd hierzu Links Bemerkung, daß die „soziopolitischen Ziele nicht von dem Abstraktum .Staat' formuliert und verfolgt werden". Zur sinnvollen Bestimmung können nur diejenigen berücksichtigt werden, die „in der Perzeption und Setzung der jeweiligen Führungsgruppen als ,Nationalinteresse' verstanden oder als . . . solche behauptet worden sind": Werner Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik in Deutschland 1921—1932, Düsseldorf 1970, S. 20. 15 Vgl. R. Seidelmarin, Außenpolitik..S. 55: „Im innerstaatlichen Bereich besteht

Nationale

Interessen

und internationales

System

7

Die dem nationalen Standpunkt wesensgemäß zugehörende Abgrenzung gegen alle anderen — den Rest der Welt —, den der auf Widerstand stoßende Politiker bei der Gegenseite gern als „Nationalegoismus" anprangert, im eigenen Lager aber nie entdecken kann, 14 bringt für die Untersuchung der Verhältnisse mehrerer Nationen zu- beziehungsweise gegeneinander einige Probleme mit sich. Insbesondere muß der wie in der Politologie so auch in der Geschichtswissenschaft häufig benutzte Terminus „internationales System" gegenüber herkömmlichen Systembegriffen so abgegrenzt werden, daß er die Erkenntnis außenpolitischer Zusammenhänge und Widersprüche fördert. Wie wären etwa der deutsch-französische, der britisch-amerikanische oder auch der belgisch-deutsche Gegensatz in ein internationales „System" einzuordnen? Der naturwissenschaftliche Systembegriff ist definiert als positiver Zusammenhang von Beziehungen mehrerer Faktoren zueinander oder zu einem Dritten. Gegensätze würden ein derartiges System außer Kraft setzen. Wenn aber, wie eingangs behauptet wurde, das nationale Interesse Beweggrund der Politik ist, müßte es sich nicht auch durchgängig in der Außenpolitik betätigt und jedem konkreten internationalen Verhältnis — etwa dem Dawesplan — seinen Stempel aufgedrückt haben? Das Konzept der „internationalen Politik", verstanden als Einwirkung gegensätzlicher Interessen aufeinander, wie es dem machtpolitischen beziehungsweise realistischen Ansatz Hans Joachim Morgenthaus entspricht, 15 kann hier eine wertvolle Alternative zu harmonisierenden politischen Anschauungen liefern. 16 Denn nationale . . . ein staatliches Gewaltmonopol, eine geordnete und kontrollierte Kompetenzhierarchie und ein weitgehend geregelter politischer Verkehr. Im internationalen System herrscht zwar keine Beliebigkeit, aber doch ein aufgrund des geringeren gesellschaftlichen Organisationsgrades breiteres Handlungsspektrum. Dies reicht von der Konsensbildung zwischen den souveränen Staaten bis hin zur kriegerischen Lösung von Konflikten." 14 Vgl. dazu den Abschnitt 3 im DRITTEN KAPITEL dieser Arbeit: Die DawesKommission und die Interessen der Vereinigten Staaten. 15 Der nach Seidelmann, a, a. O., S. 57, „in geschichtswissenschaftlichen Betrachtungen auch heute noch" dominierende Ansatz Morgenthaus leitet die Außenpolitik aus dem Motiv des Machtausbaus ab. 16 In der Bildsprache J . M. Rochesters, The Paradigm Debate in International Relations..., S. 49—52, wird dieses Konzept als Billardspiel veranschaulicht: Die Nationalinteressen sind versinnbildlicht als Kugeln des Spiels, die beim Aufeinanderprall ihre Richtung verändern, aber auch andere aus der Bahn werfen und ihrerseits auf Anstöße reagieren, die sich aus den kumulativen Bewegungen der anderen Kugeln ergeben. Wie jedes Beispiel, so hinkt auch dieses. Das äußere Verhältnis der Nationalinteressen

I. Nationale Interessen und internationales

8

System

Interessen als Konstituanten internationaler Systeme machen letztere zu grundsätzlich negativen Verhältnissen. Am Beispiel des Dawesplans oder der deutschen Stabilisierung erläutert, würde dies bedeuten, daß es keinen fundamentalen Grund oder Sachzwang gab, weswegen die beteiligten Nationen die „rules of the game" 17 einhielten, sondern immer nur die äußere Gewalt, die den anderen bei der Verfolgung ihrer respektiven Nationalinteressen die Einhaltung ihrer Regeln aufzwingen konnte. Gustav Schmidts Klage, daß „nationale Rivalitäten, Prestigedenken und Wellen des M i ß t r a u e n s . . . entgegen den Ansätzen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Weltkrieg erneut das politische Klima" bestimmten, 1 8 scheint vorderhand nicht mit Werner Links These zu kollidieren, daß die Vereinigten Staaten „1924 mit dem ,economic peace', der Pax Americana, fast lehrbuchhaft die Extrapolationen oder Projektionen ihrer inneren Struktur auf ihre Umgebung übertrugen, also . . . Macht ausübten". 19 Es stellt sich nur die Frage, ob die Verfolgung nationaler Interessen in der internationalen Zusammenarbeit einen Verstoß gegen deren Wesen bedeutete. Konkreter: War Großbritanniens Versuch, den europäischen Handel an den Sterling zu binden, ein Verstoß gegen die Intention des Auftrags der Experten in Paris? Ist die französische Haltung wirklich mit dem Attribut der Intransigenz, also der verbohrten Verweigerung von Zusammenarbeit zu erklären? Welchen Schluß sollen wir aus Sally Marks' Statement ziehen, daß die mit dem Friedensvertrag verknüpften Ziele der europäischen Staaten von vornherein „anachronistisch" waren?20 Und wenn die Staatenwelt tatsächlich das Nationalinteresse geächtet zueinander wird vielleicht durch die Ergänzung anschaulicher, daß — anders als im Spiel — nicht nur ein Akteur Kraft und Richtung seines Stoßes bestimmt, sondern hinter jeder Kugel ein Akteur steht und gleichzeitig mit den anderen seine Kugel anstößt. So ist jeder Akteur und Reakteur zugleich. 17 Internationale Spielregeln, die unabhängig von einer bestimmten nationalen Gewalt Bestand haben, sind nur schwer vorstellbar. Vgl. dazu Raymond Cohen, Rules of the Game in International Politics, in: International Studies Quarterly, 24. Jg. (1980), Heft 2, S. 129—150, der die Kategorie mit Inhalt zu füllen versucht und mit vertraglichen Rückversicherungsklauseln wie „stillschweigendes Ubereinkommen" oder „Gentlemen's Agreement" unfreiwillig seinen Mißerfolg belegt.

Gustav Schmidt, Politische Tradition und wirtschaftliche Faktoren in der britischen Friedensstrategie 1918/19, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (im folgenden VfZG zitiert), 29. Jg. (1981), S. 131—188, hier: S. 188. " W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik ..., S. 586. 20 Sally Marks, The Illusion of Peace: International Relations in Europe, 1918—1933, New York 1976, S. 26. 18

Nationale Interessen und internationales System

9

hatte, wie ist es dann zu erklären, daß in der Krise von 1929 „die Politisierung der Sachfragen ins Unkontrollierbare umschlägt" und „sich das ,nationale Interesse' Bahn" bricht? 21 Die Anführungszeichen, die bei Schmidt eine grundsätzliche Infragestellung der Kategorie überhaupt andeuten, leiten über zur Frage, welchen Inhalt die nationalen Interessen — wenn man ihre kategoriale Brauchbarkeit einmal unterstellt — denn im fraglichen Zeitraum hatten. Die oben hinterfragten wissenschaftlichen Bewertungen zeichnen sich allesamt durch ihren negativen Charakter aus: Die Außenpolitik der jeweiligen Staaten war nicht zeitgemäß, kooperativ etc. Wenig ist damit über ihren wirklichen Inhalt gesagt. 22 Vor dem Hintergrund der Frage nach den Ursachen der Weltwirtschaftskrise 1929, für die das Weltwirtschaftssystem zumindest eine günstige Bedingung gewesen sein muß, kann der Vergleich der Interessenkonzeptionen derjenigen Staaten aufschlußreich sein, die schließlich nicht zum Zuge kamen. Welche Konsequenzen hätte ein Erfolg der französischen Politik im Rheinland gehabt, und warum kam er nicht zustande? Hätte der europäische Sterlingstandard die große Wirtschaftskrise verhindert? Und wenn es so war, warum sahen das die Amerikaner nicht ein? War der Dawesplan mit seinen Implikationen der Berücksichtigung der deutschen Zahlungsfähigkeit und des deutschen Goldstandards tatsächlich eine sachgerechte Lösung oder auch nur eine Variante der nationalen Interessen der Zeit? Die Beantwortung dieser Frage kann von mehr als nur akademischem Interesse sein, impliziert sie doch die Antwort auf die Frage nach der Verantwortung für die Krise von 1929: War die Dawesanleihe eine sachgerechte Lösung, so muß die Schuld für die Krise in Verstößen gegen die Sachprinzipien gesucht werden; war sie

21 Gustav Schmidt, Dissolving International Politicsf, in: Gustav Schmidt (Hrsg.), Konstellationen internationaler Politik 1924—1932. Politische und wirtschaftliche Faktoren in den Beziehunzen zwischen WESTEUROPA und den VEREINIGTEN STAATEN, Bochum 1983, S. 348—428, hier: S. 349. 22 Es genügt m. E. nicht, die Außenpolitik bestimmter Staaten vom Standpunkt einer — fiktiven oder tatsächlichen — internationalen Kooperation aus zu belobigen oder zu verurteilen. Nach Wilhelm A. Kewenig, Auswärtige Gewalt, in: Handbuch der deutschen Außenpolitik, hrsg. von Hans-Peter Schwarz, München 1975, S. 37—43, setzt sich der Begriff der auswärtigen Gewalt aus zwei Bestandteilen, nämlich einem internationalen und einem innerstaatlichen, zusammen. In Abwandlung der staatsrechtlichen Analyse ist auch für die historisch-politische Betrachtung zu berücksichtigen, daß „die auswärtige Gewalt... Ausfluß und Konkretisierung der einzelstaatlichen Souveränität" (S. 37) ist und nicht umgekehrt.

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I. Nationale Interessen und internationales System

aber Ausdruck des nationalen Interesses etwa der Vereinigten Staaten, so wäre eine Schuldzuweisung obsolet und eine Kritik des betreffenden Interesses angebracht. Ein Vergleich mit aktuellen Krisenerscheinungen im internationalen Kreditsystem liegt zwar nahe, soll hier aber nicht zum Thema gemacht werden. Zusammengefaßt lautet eine der Zielsetzungen dieser Arbeit also, die Kategorie des Nationalinteresses als Grundstein internationaler Politik an der historischen Empirie zu überprüfen und Theorien, denen zufolge „internationale Tatbestände nicht länger . . . mit den aus dem Erfahrungshorizont des Nationalstaats hergeleiteten Kategorien . . . begriffen werden" können, 2 3 auf ihren Erklärungswert hin zu befragen. Der gewählte Zeitausschnitt, die währungspolitische Kontroverse um die deutsche Stabilisierung 1923/24, erschien dem Verfasser dazu besonders gut geeignet. Die relativ offene Situation im Nachkriegsjahr 1923, die sich im ungebrochenen deutschen Widerstand gegen die alliierten Reparationsforderungen ebenso wie in der Zerstrittenheit der Alliierten selbst manifestierte, gibt Gelegenheit zur Gegenüberstellung der nationalen Interessenkonzeptionen, noch bevor sie sich zum Kompromiß gefunden hatten oder zur Unterordnung gezwungen worden waren. Eine Theorie der nationalen Interessen legt nahe, die deutsche Währungspolitik wie die Einflußnahme der damaligen Großmächte darauf in „political policies" 24 einzuordnen, also einzelne Maßnahmen nicht nur im Hinblick auf die schließlich erfolgreiche Pax Americana, sondern auch in bezug auf die Pax Britannica, Francia und Germanica zu beurteilen. 25 Andererseits schienen auch die offenen historiographischen Probleme eine Auseinandersetzung mit diesem Thema nahezulegen. Gerade die Rolle Frankreichs in der europäischen Zwischenkriegspolitik

23 Reinhard Meyers, Die Lehre von den internationalen S. 23.

Beziehungen, Düsseldorf 1977,

24 „Whenever economic, financial, territorial or military policies are under discussion in international affairs, it is necessary to distinguish between, say, economic policies that are undertaken for their own sake and economic policies that are the instruments of a political policy, a policy, that is, whose economic purpose is but the means to the end of controlling the policies of another nation H. J. Morgenthau, Politics among Nations..S. 32. 25 R. Seidelmann, Außenpolitik..., S. 55: „Die Analyse von Außenpolitik muß daher drei Ebenen miteinander verbinden. Sie muß Außenpolitik zunächst als nationalstaatliches Verhalten beschreiben. Sie muß dann aber auch die Zusammenhänge sowohl mit innergesellschaftlichen als auch mit internationalen Faktoren herstellen."

Nationale

Interessen und internationales

System

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wird in der internationalen Geschichtswissenschaft sehr unterschiedlich beurteilt. Die Eröffnung des Zugangs zu Quellen der Zeit in französischen Archiven hat einige Belege für die Eigenständigkeit und Praktikabilität der französischen Rheinlandpolitik erbracht, die etwa Walter W . McDougalls These vom frühen Streben Frankreichs zur europäischen Einigung 26 in neuem Licht erscheinen lassen. Umgekehrt vermochten die Aufschlüsse über die französischen Ambitionen im Frühjahr 1923 aber auch Vermutungen über die deutsche Stabilisierungsaktion in diesen Tagen wecken, die am stabilisierenden Charakter dieser Aktion zweifeln ließen. Die Darstellung der Geschichte der französisch-deutschen Rheinlandbank als Ausdruck der auf Abtrennung des Rheinlands vom Reich zielenden französischen Interessen leitet über zu der sich anbahnenden französisch-britischen Konfrontation, bei der die Bank von England einen führenden Part übernahm. Der Erfolg der deutsch-britischen Zusammenarbeit — die Eindämmung des französischen Einflusses in Europa — war die Grundlage für die Eröffnung einer zweiten Kontroverse, der britisch-amerikanischen. Im zweiten Teil der Arbeit wird der Verlauf dieser Kontroverse behandelt, in der eigenartigerweise die Lösung existentieller Probleme der Weltwirtschaft dem Gutdünken einiger Bankiers übertragen wurde. Die Interessen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten sollen hier unter dem Aspekt untersucht werden, inwieweit sie positiv zur Weltwirtschaftsordnung nach 1924 beigetragen haben und wo sie Alternativen zur tatsächlichen Entwicklung enthielten. Auch dies geschieht unter vorrangiger Würdigung der Rolle der Bank von England, deren Archivbestände der Verfasser einsehen konnte. Die Bewertung der beiden erfolgreichen Bankprojekte dieser Zeit, der Golddiskontbank und der neuen deutschen Reichsbank, als Austragungsorte der britisch-amerikanischen Währungsgegensätze mündet schließlich in die Frage nach den Vor- und Nachteilen dieser Institute für die deutsche Seite. Zuguterletzt soll eine Bewertung der Rolle der Expertenvorschläge für die Entwicklung hinein in die Weltwirtschaftskrise vorgenommen werden. 27 Das Schlußwort wird die eingangs gestellte Frage

26 Walter A. McDougall, France's Rhineland Diplomacy, 1914—1924. The Last Bid for a Balance of Power in Europe, Princeton 1978. 27 Vgl. dazu Knut Borchardt, Zwangslagen und Handlungsspielräume in der großen Wirtschaftskrise der frühen dreißiger Jahre. Zur Revision des überlieferten Geschichtsbildes, in: Michael Stürmer (Hrsg.), Die Weimarer Republik. Belagerte Civitas, Königstein/Ts. 1980, S. 318—339, der die Verantwortung für die Krise weniger der Politik der

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I. Nationale

Interessen

und internationales

System

nach der Gültigkeit nationaler Interessen als Kategorien internationaler Politik wiederaufnehmen und anhand der Arbeitsresultate zu beantworten versuchen. Ohne den wohlberechtigten und notwendigen wissenschaftlichen Zweifel infrage stellen zu wollen, hofft der Verfasser, der hilf-, weil ohne Rücksicht auf das Nationalinteresse kriterienlosen Bestimmung internationaler Politik als „äußerst komplexes Interaktionsmuster, dessen Strukturen nicht immer offen zutage treten", 28 ein dem historischen Interesse zugänglicheres Modell internationaler Systeme entgegenstellen zu können. Bei aller Schärfe in der methodischen Auseinandersetzung muß indessen hier angemerkt werden, daß manche Ergebnisse und Schlüsse einen provisorischen Charakter haben. Zum Teil liegt dies an der Unvollständigkeit oder aber der Unzulänglichkeit der deutschen Quellenbestände, die insbesondere im Hinblick auf die Motive der deutschen Markstützungsaktion im Frühjahr 1923 Lücken aufweisen, die durch einen noch so „multi-archivalen" Ansatz nicht geschlossen werden konnten. 29 Für die konzeptionellen Mängel, die Fehler und Irrtümer dieser Abhandlung trägt selbstverständlich der Verfasser die Verantwortung. Doch hofft er auch, mit seiner Arbeit einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung der internationalen Hintergründe der Stabilisierung der deutschen Währung geleistet zu haben.

Reichsregierung als vielmehr der Wirtschaftsverfassung der Republik anlastet, und antithetisch dazu Carl-Ludwig Holtfrerich, Alternativen zu Brünings Wirtschaftspolitik in der Weltwirtschaftskrise (- Frankfurter Historische Vorträge, H e f t 9), Wiesbaden 1982. 28 Reinhard Meyers, Weltpolitik in Grundhegriffen, Bd. 1: Ein lehr- und ideengeschichtlicher Überblick, Düsseldorf 1979, S. 266. 29 Zur Methodengeschichte der Historiographie der internationalen Beziehungen vgl. Charles S. Maier, Marking Time: The Historiography of International Relations, in: Michael Kämmen (Hrsg.), The Past before Us. Contemporary Historical Writing in the United States, Ithaca-London 1980, S. 355—387, insbes.: S. 366—369,378—380, 383— 387.

Z W E I T E S KAPITEL

Die französische Währungspolitik in Deutschland, 1922 bis 1924

Grundzüge und Probleme des deutsch-französischen Gegensatzes nach dem Ersten Weltkrieg in der historischen Forschung Die französische Außen- und Deutschlandpolitik der Nachkriegsepoche hat in der internationalen Geschichtsschreibung der letzten Jahre vor allem wegen des Zugangs der Eröffnung zu den Quellen des betreffenden Zeitraums in den französischen Archiven erhöhte Aufmerksamkeit gefunden. Mit der Thematisierung der auch in anderen Darstellungen zentralen Problematik der deutsch-französischen Beziehungen nach dem Krieg hat Jacques Bariéty die wohl wichtigste und quellenmäßig fundierteste Studie darüber in jüngerer Zeit vorgelegt. 1 Die vielfach vorgenommene Revision überkommener historischer Perspektiven ist aber aus der Verfügbarkeit neuen Materials allein ebensowenig zu erklären wie die wiederaufgelebte wissenschaftliche Diskussion. Noch heute existieren ungelöste Fragen und Probleme hinsichtlich der Bewertung und des Charakters des deutsch-französischen Gegensatzes nach dem Ersten Weltkrieg, die sich in den unterschiedlichen und teilweise einander ausschließenden Anschauungen und Thesen der Historiker widerspiegeln. Konnte Charles S. Maiers Vergleich von innenpolitisch relevanten Schichten in drei europäischen Ländern für sich noch in Anspruch nehmen, zuvor vernachlässigte Dimensionen eines freilich sehr weit gefaßten, nämlich auf Staat, Wirtschaftsordnung, Gesellschaft und

' Jacques Bariéty, Les relations franco-allemandes après la première guerre mondiale. novembre 1918 — 10 janvier 1925 de l'exécution à la négociation, Paris 1977.

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II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

Kultur bezogenen Stabilisierungsbegriffs zu beleuchten, 2 so stellt schon Stephen A. Schukers Untersuchung der französischen Finanzpolitik, so sehr sie sich auch durch hervorragende Sach- und Quellenkenntnis auszeichnet, den Versuch dar, charakterliche Eigenschaften und persönliche biographische Daten der politischen Akteure als Ursachen für eine Entwicklung ins Feld zu führen, die er zum Niedergang der europäischen Vormachtstellung Frankreichs erklärte. 3 Mit verschiedenen Methoden, aber identischem Resultat untersuchten Georges Soutou 4 und Marc Trachtenberg 5 Aspekte der Reparationsproblematik aus französischer Sicht mit dem Ergebnis, daß Konzeptionslosigkeiten und Divergenzen innerhalb der französischen Administration sowie die Person Poincares für die Erfolglosigkeit der französischen Politik verantwortlich zu machen sind. Die diesem Urteil immanente Einschätzung der Reparationspolitik Frankreichs — diese wäre also nicht unvermeidlich an in ihr selbst liegenden technischen Widersprüchen gescheitert —, wurde von Walter A. McDougall geteilt, der sie mit der Interpretation der französischen Rheinlandpolitik als frühen Ausdruck des Strebens nach einem vereinten Europa verband. 6 Von den deutschen Historikern, die sehr lange an der Übernahme des nationalen Standpunktes, wie er in der Arbeit von Ludwig Zimmermann 7 zum Ausdruck kam, festgehalten hatten, griff zunächst Peter Krüger in die Debatte ein. In Vorarbeiten zu seinem jüngst erschienenen Buch über die Außenpolitik der Weimarer Republik 8 verwies er darauf, daß Frankreich in jenen Tagen dem deutschen Reich die substantielle Anerkennung verweigerte, die als Voraussetzung für eine zwischenstaatliche Zusammenarbeit unerläßlich war.9

2 Charles S. Maier, Recasting Bourgeois Europe: France, Germany and Italy in the Decade after World War I, Princeton 1975. 3 Stephen A. Schuker, The End of French Predominance in Europe: The Financial Crisis of 1924 and the Adoption of the Dawes Plan, Chapel Hill 1976. 4 Georges Soutou, Die deutsche Politik und das Seydoux-Projekt 1920/21, in: VfZG, 23. Jg. (1975), S. 237—270. 5 Marc Trachtenberg, Reparations in World Politics: France and European Economic Diplomacy, 1916—1923, New York 1980. 6 Walter A. McDougall, France's Rhineland Diplomacy ... (wie Anm. 26). 7 Ludwig Zimmermann, Frankreichs Ruhrpolitik von Versailles bis zum Dawesplan, Göttingen-Zürich-Frankfurt 1971. 8 Peter Krüger, Die Außenpolitik der Republik von Weimar, Darmstadt 1985. 9 Ders., Das Reparationsproblem der Weimarer Republik in fragwürdiger Sicht, in: VfZG, 29. Jg. (1981), S. 21—47; ders., Deutschland, die Reparationen und das interna-

Probleme des deutsch-französischen

Gegensatzes

15

Die Rolle der rheinländischen Politiker, die ebenfalls für lange Zeit von Karl Dietrich Erdmann abschließend behandelt schien, 10 ist in der letzten Zeit wieder von Henning Köhler thematisiert worden, der an Hand von Akten der französischen Administration ebendiese Rolle neu bewertet, mit wenig schmeichelhaften Ergebnissen für den rheinischen Hauptprotagonisten Konrad Adenauer. 11 Dem allen deutschen Studien gemeinsamen Urteil, daß Frankreich dem deutschen Staatswesen grundsätzlich feindselig gegenübergestanden und dessen Zusammenhalt zu schwächen versucht habe, hatte Denise Artaud mit dem Hinweis auf die Bedeutung der interalliierten Verschuldung für die französische Unversöhnlichkeit die Spitze genommen. 1 2 Damit war eine Erklärungsalternative nicht nur zu den deutschen Vorwürfen, sondern auch zu den auf die französische Innenpolitik fixierten Mängelkonzeptionen angeboten worden. Dan P. Silverman übernahm diesen Ansatz und radikalisierte ihn dahingehend, daß er der monetaristisch orientierten Geld- und Finanzpolitik Großbritanniens und der Vereinigten Staaten die entscheidende Rolle nicht nur für die schwindende Vorherrschaft Frankreichs auf dem Kontinent, sondern auch für die verhängnisvolle Entwicklung zur Weltwirtschaftskrise mit ihren politischen Folgen zuschrieb. 13 Sowenig dieser Uberblick dem Anspruch auf Vollständigkeit gerecht werden kann, 14 so nützlich mag er sich andererseits erweisen, wenn es gilt, einige wesentliche Streitpunkte im historischen Urteil über den deutsch-französischen Konflikt, die zum Verständnis der im folgenden geschilderten Vorgänge erforderlich sind, vorab grob zu umreißen. Die Reparationsforderungen, eine tragende Säule der französischen Deutschlandpolitik, werden im folgenden nur unter politischem tionale System in den 20er Jahren, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 33. Jg. (1982), S. 405—419. 10 Karl-Dietrich Erdmann, Adenauer in der Rheinlandpolitik nach dem Ersten Weltkrieg, Stuttgart 1966. 11 Henning Köhler, Adenauer und die rheinische Republik. Der erste Anlauf 1918— 1924, Opladen 1986. 12 Denise Artaud, La question des dettes interalliées et la reconstruction de l'Europe, in: Revue Historique, 261 (1979), S. 362—382; dies., Die Hintergründe der Ruhrbesetzung 1923: Das Problem der interalliierten Schulden, in: V/ZG, 27. Jg. (1979), S. 241—259. " Dan P. Silverman, Reconstructing Europe after the Great War, Cambridge, Mass.London 1982. 14 Einen äußerst hilfreichen Uberblick gibt Jon Jacobson, Is there a New International History of the 1920'sf, in: American Historical Review, Bd. 88 (1983), Heft 3, S. 617— 645.

16

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

Aspekt berücksichtigt werden. Dafür eine kurze Begründung: In rein rechnerischem wie auch in volkswirtschaftlichem Sinn ist der Nutzen von Reparationen für den Gläubigerstaat durchaus fragwürdig. Die einseitige Übertragung der Werte von einer Nation an die andere strapaziert, sofern sie in Geldzahlungen vorgenommen wird, die Wechselkurse zu Lasten der Exporte des Empfängers 1 5 und schwächt, erfolgt sie in Form von Sachleistungen, die Binnennachfrage der Gläubigernation und damit auf lange Sicht deren volkswirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit. 16 Insbesondere nach dem Londoner Ultimatum vom Mai 1921 hatte sich die deutsche Seite darauf versteift, daß die Höhe der Reparationsforderungen mit dem Ziel einer einigermaßen florierenden Volkswirtschaft nicht mehr zu vereinbaren war. Infolgedessen hätte sich Frankreich, wäre es ihm nur um den rein wirtschaftlichen Nutzen gegangen, den deutschen Vorhaltungen gegenüber wesentlich aufgeschlossener zeigen müssen, als dies tatsächlich der Fall war: 17 Die Kosten dafür, den deutschen Widerstand militärisch zu brechen, waren mit ziemlicher Sicherheit höher zu veranschlagen als der Rückfluß aus den Reparationszahlungen. Nimmt man aber einmal den politischen Gehalt des „Le boche payera tout" ernst — emanzipiert vom eher krämerhaften Standpunkt der Reparationseintreibung —, so verschwindet der scheinbare Widerspruch zwischen Zweck und Höhe der Forderungen. 18 Beide erscheinen dann als brauchbare Mittel für das prinzipielle Ziel, das Deutsche Reich am Boden zu halten. Unter demselben Aspekt erweist sich die Frage nach der Zahlungsfähigkeit Deutschlands, die Zeitgenossen wie Historiker bewegte, als irrelevant. Da Reparationen grundsätzlich wirtschaftliche Sach- und Dienstleistungen darstellen, die ohne entsprechende Gegenleistungen erbracht werden müssen, ließe sich aus freien Stücken kein Staat der Welt dazu herbei, sie seiner Wirtschaft, die ja Ursprung und Revenue 15 Zum Transferproblem die Debatte zwischen J . M. Keynes und B. Ohlin in: Economic Journal, 39. Jg. (1929), S. 1—7, 172—182 und 400—408; ein Überblick bei Gottfried Haberler, Der internationale Handel, Berlin (1933) 1970, S. 56—93. 16 Vgl. P. Krüger, Das Reparationsproblem ..., S. 40 f. 17 Es sei denn, man wiese der französischen Nationalökonomie einen niedrigen Rang zu, wie Schuker das beiläufig tut. Vgl. dazu Silvermans Attacke auf Schuker: Dan P. Silverman, Reconstructing Europe ..., S. 5—6. 18 „She (Frankreich) wants reparations but realizes that Germany can only pay if prosperous; but a prosperous Germany means a powerful Germany and this France dreads", stellte ein Treasury-Memorandum in London zum Dilemma Frankreichs fest: T 160—201/F 7631,10.6.1924, Public Record Office (PRO), London.

Probleme des deutsch-französischen

Gegensatzes

17

seiner Macht ist, aufzubürden. Der in dieser Frage stillschweigend unterstellte politische Konsens existiert nur aufgrund eines äußeren Zwangs. War die deutsche sogenannte „Erfüllungspolitik" bis 1921 als rein taktische Maßnahme, um Schlimmeres zu verhüten, zu verstehen, so hat Carl-Ludwig Holtfrerich gezeigt, daß die deutsche Währungspolitik nach dem Krieg durchgängig ein Mittel zur Abwendung des von den Reparationsforderungen ausgehenden Drucks auf Wirtschaft und Gesellschaft gewesen ist. 19 Die frühen Projekte Seydoux' zur „Entbürokratisierung" und „Kommerzialisierung" des Reparationsproblems scheiterten — wie Marc Trachtenberg darlegte 20 — nicht etwa an technischen Unzulänglichkeiten, sondern am fehlenden guten Willen der deutschen Seite. Auch mußte jeder Versuch, unter Umgehung der deutschen Staatsgewalt direkt mit der Industrie im Reich beziehungsweise im Rheinland in Verhandlungen einzutreten, solange vergeblich bleiben, solange der staatliche Souverän — der ja seinerseits der Garant der Produktionstätigkeit seiner Wirtschaftssubjekte war — in seinem Widerstand ungebrochen blieb. Die Bezahlung der an Frankreich von seiten deutscher Industrieller direkt abgeführten Waren konnte ja nur in Form von Kaufkraft erfolgen, die der Volkswirtschaft auf irgendeine Art und Weise — sei es nun über Steuererhöhungen, über Reparationsabgaben oder auch vermittels inflationärer Geldschöpfung — vom Staat wieder entzogen werden würden. Selbst wenn also die französische Politik ausschließlich aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus ihre Forderungen zu realisieren versucht hätte, wäre sie bald darauf gestoßen worden, daß diesem Vorgehen der noch ungebrochene politische Wille des intakten deutschen Staates im Wege stand. Das politische Ziel der Niederhaltung und gegebenenfalls der Zerstückelung des Nachbarstaats hatte in Frankreich indessen auch eine eigenständige Tradition. Jacques Bariety hat geschildert, daß und wie seit 1919 die Forderung nach der Rheingrenze in der französischen Innenpolitik wiederaufgelebt war21 und daß Pläne existierten, mit Hilfe des Aufbaus eines schwerindustriellen Blocks aus französischen, das

19 Carl-Ludwig Holtfrerich, Die deutsche Inflation 1914—1924. Ursachen und Folgen in internationaler Perspektive, Berlin-New York 1980. 20 M. Trachtenberg, Reparations in World Politics..., S. 162 ff. 21 J . Bariety, Les relations franco-allemands..., S. 28 ff.jders., Diefranzösische Politik

in der Ruhrkrise,

in: Klaus Schwabe (Hrsg.), Die Ruhrkrise

S. 11—27, hier: S. 14—17.

1923, Paderborn 1985,

18

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

heißt elsaß-lothringischen, aber auch luxemburgischen und saarländischen Stahlwerken, denen die Ruhrindustrie angegliedert beziehungsweise untergeordnet werden sollte, eine bleibende Grundlage für die Vorrangstellung der eigenen vor der deutschen Wirtschaft zu schaffen. 22 Um die Motive dieser Zielsetzung besser verstehen zu können, sollte man sich die Stellung Frankreichs im Europa der Nachkriegszeit vor Augen führen: Frankreich war das von den unmittelbaren Kriegsschäden am härtesten betroffene Land der Welt. Es waren nicht nur die Verwüstungen mehrerer Departements, die einen Teil der volkswirtschaftlichen Kapazität für Wiederaufbaumaßnahmen beanspruchten, sondern auch der überaus große Verlust an Menschenleben, der sich in ökonomischer Hinsicht als Ausfall an volkswirtschaftlich verfügbarer Arbeitskraft bemerkbar machte. 23 Hinzu kam die aus dem Krieg herrührende Schuldenlast, deren noch nicht vereinbarte Bedienungsmodalitäten wie ein Damoklesschwert über dem Kurs des Franc schwebten. Auch in bündnispolitischer Hinsicht waren die französischen Ambitionen nicht befriedigt worden. Das ursprünglich von Großbritannien und den Vereinigten Staaten in Versailles gegebene Versprechen einer Sicherheitsgarantie für Frankreich war nach der Weigerung des amerikanischen Kongresses, den Friedensvertrag zu ratifizieren, hinfällig geworden. Die Briten zeigten infolge der amerikanischen Abstinenz ebenfalls kein Interesse mehr an einem derartigen Beistandspakt, so daß

V^L.].b33nexy,Lesrelationsfranco-allemands..., S. 121—171 und 183—185;ders., Die französische Politik in der Ruhrkrise..., S. 13 f.; deutscherseits fanden diese Pläne einen eigenartigen Befürworter in Hugo Stinnes, der hoffte, daß die deutsche Wirtschaft in einem deutsch-französisch-österreichischen Industrie- und Währungsverbund bald wieder die Grundlage für eine deutsche Hegemonialstellung bilden würde. Er fand für diese Ideen aber keinerlei Unterstützung bei regierungsamtlichen Stellen im Reich. Vgl. Nachlaß Stinnes, 1-220, 022/3: Stinnes an Wiedfeldt am 15. 3.1922; 046/3: Leitsätze zur Erhaltung Deutschlands (vom Herbst 1923), Archiv für Christlich-demokratische Politik (ACDP), St. Augustin b. Bonn. 23 Verluste unter der männlichen arbeitsfähigen Bevölkerung durch Tod und Invalidität (ohne die Zivilbevölkerung): 1365 735, davon 669000 aus der Landwirtschaft, 235000 aus der Industrie und 159000 aus dem Handelswesen. Auf 28 Einwohner kam ein Gefallener (zum Vergleich: in Deutschland war das Verhältnis 35:1). Selbst unter Berücksichtigung der Annexion Elsaß-Lothringens betrugen die Nettoverluste an männlichen Arbeitskräften noch 965 000. Nach Angaben von Henry Berenger, France andherCapacity toPay, April 1926: R G 39: Bureau of Accounts (Treasury), International Fiscal Relationships, Country File/France, Parmentier Papers, Box 59, National Archives (NA), Washington D. C. 22

Probleme des deutsch-französischen

Gegensatzes

19

Frankreich zusätzlich zu den finanziellen und ökonomischen Problemen mit der Frage der militärischen Sicherheit ganz auf sich selbst gestellt war. Wenngleich eine direkte Ursache in den Enttäuschungen im Westen — „sicherheitspolitisch von den Verbündeten im Stich gelassen, finanziell in der Hoffnung auf einen Erlaß der Kriegsschulden getäuscht" 24 — für die Erzwingungspolitik im Osten zu erblicken, sicherlich übertrieben wäre, muß doch anerkannt werden, daß die internationale Lage aus französischer Sicht gute Argumente dafür bot, bei den Forderungen gegenüber dem Reich hart zu bleiben. Zusätzlich gestützt wurde diese Politik durch die Stimmung in der französischen Bevölkerung, die sich verständlicherweise in der Rolle einer Siegernation wähnte und neue Belastungen — wie etwa eine Erhöhung der Pro-Kopf-Besteuerung als Ausweg aus der Finanzkrise — nicht ohne weiteres hinnehmen würde. Das Bewußtsein, den Krieg gewonnen, ohne bislang befriedigende Resultate dieses Erfolges erreicht zu haben, existierte auch in der französischen Außenpolitik und wurde in dem bis 1924 exzessiven und manchmal unreflektierten Gebrauch der Kategorie „Sicherheitsinteresse" deutlich. 25 Die mangelnde Konkretisierung dieses Begriffs machte ihn gegenüber dem vorerst unterlegenen Gegner zur legitimatorischen Verbrämung von Forderungen aller Art tauglich — und tatsächlich, unbedingte und garantierte Sicherheit vor jeder Möglichkeit der Aggression eines übermächtigen Gegners war nur realisierbar, indem dieser Gegner seiner Ubermacht dauerhaft beraubt wurde. War aber das Deutsche Reich den Franzosen wirklich derart überlegen? Ohne erst einen statistischen Vergleich der Machtmittel durchgeführt zu haben, kann hier auf die psychologische Grundhaltung in Deutschland verwiesen werden, die den französischen Befürchtungen Nahrung geben mußte. Der wenig vorteilhaften Ausgangslage Frankreichs nach dem Krieg stand ein besiegter Gegner gegenüber, der in seiner territorialen und volkswirtschaftlichen Substanz unversehrt geblieben war und erst im Friedensvertrag auf der Grundlage der militärischen Entscheidung dazu gezwungen werden mußte, die Niederlage in

24

C.-L. Holtfrerich, Die deutsche Inflation ..., S. 143. Vgl. Clemens A. Wurm, Die französische Sicherheitspolitik in der Phase der Umorientierung 1924—1926, Frankfurt/Main 1979; Wurm findet Definitionen der „Sicherheitspolitik" nicht zufällig erst ab 1924: Die außenpolitische Perspektive erlaubte keinerlei französische Hegemonialträume mehr und zwang zum Umdenken — auch und gerade in den zuvor als ganz und gar selbstverständlich erachteten Kategorien. 25

20

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

Form von Gebietsabtretungen und Reparationsansprüchen anzuerkennen. Aber auch der Vertrag konnte im Hinblick auf die zukünftige Stellung Frankreichs dessen Bedürfnis nach Ausschaltung des Gegners — das um so dringender wurde, je mehr die interalliierten Differenzen aufbrachen — nur rudimentär befriedigen. Die Verweigerung der Anerkennung des Kriegsausgangs durch die Deutschen, die sich in der Öffentlichkeit in Debatten über Kriegsschuldparagraphen und Dolchstoßlegende äußerte, in der amtlichen Politik aber im offenkundigen Willen zur Vertragsrevision bemerkbar machte, mußte die französischen Befürchtungen verstärken und veranlaßte Frankreich schließlich, den Vertrag seinerseits revidieren zu wollen. Im nachfolgenden Abschnitt dieser Studie wird die im Ruhrkampf kulminierende machtpolitische Konfrontation der beiden Rivalen zum Ausgangspunkt genommen, um die französische Initiative zur Gründung einer rheinischen Goldnotenbank in den Rahmen der auf das „Dismemberment" des Reichs abzielenden Politik zu stellen, sie an Hand der verschiedenen währungspolitischen Maßnahmen zu begründen und schließlich in Anschauung der vom Reich und seinen Verbündeten getroffenen Gegenmaßnahmen eine plausible Erklärung für ihr Scheitern zu finden.

Die währungspolitischen Initiativen Frankreichs im Rheinland vom August 1922 bis zum April 1923 und die von der Reichsregierung ergriffenen Gegenmaßnahmen Die Aufgliederung der währungspolitischen Maßnahmen und Initiativen Frankreichs an Rhein und Ruhr in zwei Phasen, nämlich in die von Herbst 1922 bis Frühjahr 1923 dauernde erste und die ein halbes Jahr später anlaufende zweite Etappe läßt sich durch einen unter außenpolitischem Blickwinkel gravierenden Unterschied rechtfertigen: Anders als im Herbst 1923 griffen dritte Großmächte im Frühjahr nicht direkt in die deutsch-französische Konfrontation ein. Die außenpolitischen Gegensätze hatten sich indessen auch zwischen den alliierten Siegermächten derart verschärft, daß der Sommer 1922 mit einigem Recht als der Wendepunkt hin zu jener Entwicklung angesehen werden kann, die Frankreich immer stärker in die außenpolitische Isolation führte. War seit Anfang 1922 Raymond Poincaré in Paris an die Spitze der Regierung gelangt, der eine härtere Politik zugunsten der französischen Interessen verfolgen zu können glaubte,

Währungspolitische Initiativen Frankreichs bis zum April 1923

21

so hatte sich auf der anderen Seite die Haltung Großbritanniens spürbar verändert. Die Briten fällten im April die politische Entscheidung, Frankreich die Hauptschuld am Scheitern der Konferenz von Genua zuzusprechen, und kamen zu dem in der Balfour-Note verkündeten Entschluß, in der Frage der interalliierten Verschuldung unter Verweis auf die Haltung der Vereinigten Staaten den Gläubigerstandpunkt einzunehmen. 26 Die sich von da an abzeichnenden Konflikte mit Großbritannien mußten die französischen Hoffnungen auf ein mit den Alliierten koordiniertes Vorgehen gegen das Reich zumindest in Frage stellen. Als größte äußere Herausforderung präsentierte sich den Franzosen jedoch zunächst die mittlerweile ins Stadium der Hyperinflation eintretende deutsche Geld- und Kreditpolitik, die nicht nur die permanente Entwertung ausländischer Markguthaben, sondern auch die Schrumpfung des nationalen Geldkapitalfonds, aus dem Reparationsforderungen bedient werden konnten, zur Folge hatte. 2 7 Aus deutscher Sicht verhalf die Notenpresse dem Staat dazu, relativ unabhängig von seinen tatsächlichen Steuereinnahmen die finanziellen Mittel zur Ausübung seiner Hoheitsgewalt und zur Verfolgung seiner Ziele bereitzustellen. Die übliche „Bremse an der Kreditmaschine", 2 8 die unter Goldstandardbedingungen einen Staat an der willkürlichen Inflationierung seiner Währung hindert — nämlich das qua Konvertibilität bekundete Interesse, mit der eigenen Währung als Kaufmittel anderswo produzierten Reichtum verfügbar zu machen —, entfiel für das Reich spätestens seit dem Londoner Ultimatum vom Mai 1921. Die dortige Festsetzung der Gesamtreparationsschuld auf 132 Milliarden Goldmark hatte klargestellt, daß alle etwaigen Positiva der deutschen Zahlungsbi-

26

Vgl. D. Artaud, Die Hintergründe

27

Zu den Vorteilen, die das Reich aus den fortgesetzten Auslandsinvestitionen in

der Ruhrbesetzung...,

S. 247.

Deutschland nach dem Krieg zog: Carl-Ludwig Holtfrerich, Amerikanischer port und Wiederaufbau

der deutschen Wirtschaft 1919—23

Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Die deutsche Inflation..., 28

in:

64. Jg. (1977), S. 497—529;ders.,

S. 279—294.

Vgl. Josef A. Schumpeter, Die goldene Bremse an der Kreditmaschine.

währung und der Bankkredit, ders., Konjunkturzyklen.

Kapitalex-

im Vergleich zu 1924—29,

in: Die Kreditwirtschaft,

Die

Gold-

Bd. 1, Leipzig 1927, S. 80—106;

Eine theoretische, historische und statistische Analyse des kapita-

listischen Prozesses, (New Y o r k - L o n d o n 1939), Göttingen 1961, Bd. 2, S. 676: „Was die Zentralbanken tun könnten,

wenn sie . . . vom Druck der Währungsbewegungen und

fremder Währungen befreit wären . . . Durch ein bedingungsloses Eintreten für eine unbegrenzte I n f l a t i o n . . . das Auftreten des oberen Wendepunktes (der Konjunktur) auf unbestimmte Zeit hinausschieben . .

22

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

lanzen letzten Endes nur den Konten der Alliierten gutgeschrieben werden würden. 29 Nach außen stellte die Inflation aber auch eine Kampfmaßnahme dar, die im weiteren Kontext einer auf die Stärkung der internationalen Handelsposition gerichteten Politik 30 die deutsche Exportindustrie ebenso einseitig begünstigte wie sie die ausländischen Gläubiger schädigte. Die von den U S A her drohende Einklagung der Kriegsschulden konnte im Zusammenhang mit der Tatsache, daß der deutsche Widerstandswille offenkundig noch nicht gebrochen war, Frankreich in seinem Willen zur weitergehenden Konfrontation mit dem Gegner nur bestärken. Im August 1922 wurden im Finanzministerium in Paris erste Pläne erörtert, die Möglichkeiten und Verfahrensweisen rein französischer Maßnahmen zur Schwächung des deutschen Rivalen zum Gegenstand hatten. Es lag auf der Hand, daß das Objekt der Planspiele vornehmlich das Rheinland war, hatte Paris doch hier mit seinen Besatzungstruppen einen Hebel in der Hand, mit dem es die deutsche Währungspolitik praktisch von innen heraus schwächen und konterobstruieren konnte. Die zusammen mit Vertretern der Banque de France angestellten Überlegungen mündeten in vier Alternativen, deren Gesamtheit den Handlungsspielraum und die Grenzen der französischen Währungspolitik am Rhein umriß: 31 Zunächst wurde, um den Inflationsverlusten im besetzten Gebiet selbst zu begegnen, die Legalisierung des Francumlaufs erwogen. Man hätte damit nur die aufgrund der französischen Präsenz schon bestehende Tendenz zum relativ wertbeständigeren Geld forciert. Die Besonderheit des rheinischen Status quo verbot jedoch alsbald, die Realisierung dieser Möglichkeit ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Anders als im Falle einer unbestrittenen staatlichen Verfügungsgewalt über ein bestimmtes Gebiet mußte die französische Administration mit der noch bestehenden — und international als rechtmäßig anerkannten — hoheitlichen Gewalt des Deutschen Reiches rechnen. Mit der EinfühVgl. John Maynard Keynes, The Economic Consequences of the Peace (The Collected Writings ofJohn May na rd Keynes, vol. 2), London-Basingstoke (1919) 1971, S. 71—142; C.-L. Holtfrerich, Die deutsche Inflation ..., S. 170. 30 Vgl. Hans-Jürgen Schroeder, Die politische Bedeutung der deutschen Handelspolitik nach dem Ersten Weltkrieg, in: Die deutsche Inflation. Eine Zwischenbilanz, hrsg. von Gerald D. Feldman, Carl-Ludwig Holtfrerich, Gerhard A. Ritter und Peter-Christian Witt, Berlin-New York 1982, S. 235—251. 31 Papiers Tirard, (serie AJ 9) 6382/32 a, Az. 3 2 6 7 / S / A T R P vom 29.8.1922, Archives Nationales (AN), Paris. 29

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rung des Franc hätte sich das französische Schatzamt in einen direkten Kräftevergleich mit der Reichsbank begeben, dessen Ausgang nicht mit Sicherheit vorauszusehen war. Paris mußte mit einem größeren und unkontrollierbaren Francabfluß über die graue Grenze des Rheinlands hinein in das Reich rechnen. Damit wäre aber die gesamte französische Währungspolitik dem Riskiko plötzlicher unkontrollierbarer Kapitalbewegungen ausgesetzt worden. Zweitens würde die Freiheit, die der rheinischen Wirtschaft in diesem Modell bezüglich der Wahl des Zahlungsmittels eingeräumt worden wäre, in eine unübersehbare und rein ökonomische Konkurrenz der beiden Währungen ausarten. In der Konsequenz einer Parallelwährung vergleichbar, wäre der Spekulation zum Schaden der Staatskasse T ü r und T o r geöffnet worden. Beide Risiken mußten zusammengenommen den kurzfristigen Nutzen der Steigerung der Francnachfrage überwiegen. Wäre der Franc eine Währung wie zum Beispiel der Dollar gewesen, die unabhängig von der politischen Gewalt über einen ökonomischen Vertrauenskredit verfügte, hätte Paris den Vergleich nicht scheuen müssen. Angesichts der relativen Schwäche der französischen Wirtschaft und der international angespannten Kreditsituation mußte jedoch ein Schritt in diese Richtung als zu riskant erscheinen. Einen Ausweg aus dem Dilemma bot die zweite Alternative an, nämlich den Franc ins Rheinland einzuführen, ohne ihn der ökonomischen Bewährung auszusetzen, also die Zirkulation der Mark nach der unumgänglichen Umtauschfrist legislativ zu untersagen. Mit einem derartigen Eingriff in die deutsche Finanzhoheit wäre indessen der Eindruck einer vorübergehenden Besetzung des Rheinlands nicht mehr aufrechtzuerhalten gewesen. 32 Die Außerkraftsetzung der finanz- und währungspolitischen Rechte des Reichs hätte dessen Präsenz auf einen papierenen Anspruch reduziert und wäre damit dem Beginn der Annexion gleichgekommen. Die Alliierten Frankreichs, allen voran Großbritannien, hätten aber eine weitere Verschiebung des innereuropäischen Kräfteverhältnisses zugunsten Frankreichs nicht geduldet und mit allen politischen Mitteln bekämpft. So sehr sich die Franzosen der Interessensdivergenz zu den Briten bewußt waren, so sicher wußten sie doch andererseits auch, daß eine offene britisch-deutsche Allianz unter

32

F ü r das Saarland hegte die f r a n z ö s i s c h e A d m i n i s t r a t i o n o f f e n b a r keine derartigen

S k r u p e l , wie die E i n f ü h r u n g des F r a n c am 1. J u n i 1923 zeigt; vgl. Nachlaß

Adenauer,

S i t z u n g des Provinzialausschusses im J u n i 1923, D r u c k s a c h e N r . 39:902-68-14, S. 887, Stadtarchiv K ö l n (im f o l g e n d e n S t a d t A K ö l n zitiert).

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II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

allen Umständen zu vermeiden war: Der Schaden für die französische Diplomatie und Weltgeltung hätte den kurzfristigen Nutzen der Annexion jedenfalls überwogen. Die Unbegehbarkeit der beiden angeführten Wege führte dazu, die völlige Neuschaffung eines Zirkulationsmittels ins Auge zu fassen, das — nicht Franc und nicht Mark — die für Paris nachteiligen Wirkungen und Risiken zu neutralisieren beziehungsweise zu vermeiden versprach. Die Einführung eines zunächst nur für BuchungsVorgänge verwendbaren „Rechengeldes", das nicht unmittelbar vom französischen Staatsschatz gedeckt werden würde, hätte die ökonomische Konfrontation mit der Mark hinauszögern können. Da die fehlende Deckung aber andererseits bedeutete, daß keine Garantie für die Wertbeständigkeit und die Akzeptanz des neuen Geldes gegeben werden konnte, waren auch die Vorteile erheblich geringer. Mit Sicherheit war nur vorauszusagen, daß die ohnehin schwierige Währungssituation im Rheinland noch komplizierter werden würde. Es mußte also, so der vierte Vorschlag, auch für den Fall der Schaffung eines eigenen rheinischen Geldes der Ubergang vom Rechengeld zum gesetzlichen Zahlungsmittel gewagt werden. Da dies angesichts der finanziellen Kräfteverhältnisse nur mittels eines gesetzgeberischen Gewaltaktes möglich sein würde, rückte erneut das Problem der Konfrontation mit der deutschen Zentralgewalt in Berlin in den Brennpunkt der Überlegungen. Aus den französischen Planspielen, deren Verwirklichung noch auf sich warten lassen sollte, waren die für die zukünftige Tendenz der Währungspolitik im Rheinland bestimmenden Konturen bereits schemenhaft zu erahnen. Wenn sich Paris infolge außenpolitischer Rücksichtnahme nicht unmittelbar selbst an die Stelle der deutschen Verwaltung setzen konnte und wollte, andererseits von deutscher Seite Maßnahmen, die einer freiwilligen Unterwerfung gleichgekommen wären, schlechterdings nicht zu erwarten waren, ergab sich als mögliche Lösung die Schaffung eines neuen Staatswesens zwischen den Fronten, das aus seiner besonderen Interessenslage heraus die erwünschten Maßnahmen treffen mochte. Natürlich muß b e t o n t werden, daß allein aus währungspolitischen Erwägungen heraus ein so schwerwiegendes und folgenreiches politisches Ziel, wie es das Herausbrechen des Rheinlands aus dem Reichskörper bedeutete, wohl nur schwerlich deduzierbar ist. Für den Stellenwert dieser Währungspolitik als einer Teilmaßnahme innerhalb einer kohärenten politischen Strategie zur Separation des Rheinlands sprechen aber auch die

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allgemeinpolitischen Überlegungen, die Poincaré anstellte, seitdem er mit dem Gedanken einer Besetzung des Ruhrgebiets spielte. Sowenig der Premier hoffen konnte, daß Frankreich aus eigenen Kräften in der Lage sein würde, Teile des Rheinlands zu annektieren oder zu einem vom Reichsganzen unabhängigen Staat zusammenzufassen, so stichhaltig erschien doch andererseits die Überlegung, daß Maßnahmen wie die Ausweisung reichstreuer Beamter oder die- Konfiszierung der Reichssteuern die Beziehungen zwischen Rheinland und Reich nachhaltig destabilisieren mußten. 3 3 Diese Situation aber einmal unterstellt, konnte es nicht mehr schwerfallen, die quasi selbsttätig entstandene neutrale Zone mit Hilfe der Unterstützung interessierter Bevölkerungskreise in einen relativ autonomen Teilstaat zu transformieren, der als Instrument französischer Interessen nutzbar war. 34 Die Überlegungen, auf denen Finanzminister de Lasteyrie die Idee der rheinischen Währungsreform aufbaute und die er am 2. Dezember 1922 Poincaré zur Begutachtung vorlegte, fußten offensichtlich auf der Annahme, daß Frankreich die Separation des Rheinlands einleiten und vorantreiben würde. Lasteyrie übernahm den in seinem Ministerium ausgearbeiteten Plan einer Währungsreform, die in zwei Stufen durchgeführt werden sollte: „Le premier consisterait à créer une monnaie de compte, d'un poids d'or determiné, sans que d'ailleurs le rapport entre cette monnaie et le mark qui continuerait à circuler fût precisé; les prix seraient fixés dans cette monnaie de compte, et le montant de marks papier à payer pour chaque unité monétaire variérait suivant les cours du change, qui pourraient être affichés dans les boutiques. Si la popula-

33 Als weiterer Beleg für die französischen Absichten kann der sog. Dariac-Report gelten. Der Abgeordnete Dariac, zum politischen Umfeld der Industriellen de Wendel und Schneider zählend und Vertrauter Poincarés wie Barthous, bereiste Ende 1922 das Rheinland, um die dortigen ökonomischen Verhältnisse zu studieren. Er empfahl eine Politik der dauernden Besetzung:

„Der erste Akt solcher Politik ist die finanzielle Organisation des Rheinlandes; eine Zollgrenze nach Osten gegen Deutschland errichtet und nach Westen gegen Frankreich niedergelegt, um die wirtschaftliche Erstickung zu vermeiden . . . Der zweite Akt ist die Ersetzung der preußischen Beamten durch rheinische Beamte. Der dritte ist die Ausdehnung der Vollmachten des Oberkommissars und die Einberufung eines gewählten Parlaments...", Dariac-Bericht Teil IV, S. 5, in: Nachlaß Stinnes, 1-220, 045/1, Az. 2421/C vom 27.10.1922, ACDP. 34 Vgl. Hermann J. Rupieper, The Cuno Government and Réparations 1922—1923. Politics and Economies, The Hague-Boston-London 1979, S. 86—96: French Strategies at the End of 1922.

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tion adoptant cette formule qui serait facilement comprise les effets de commerce seraient rapidement libellés dans la nouvelle monnaie, et le développement de cet usage préparerait l'introduction du second stade de l'opération, en inspirant le besoin de donner à la monnaie de compte une forme matérielle. L'introduction de ce second stade ne serait toutefois pas possible dans le régime politique et économique actuel de la Rhénanie. Elle suppose en effet la suppression du cours legal du mark, la création d'une banque d'émission, et, par suite, des pouvoirs souverains conférés à un organisme local en Rhénanie. Mais comme la réussite de la première partie de l'opération imposerait à peu près inéluctablement la mise en œvre de la seconde qui serait sans doute à ce moment réclamée par la population rhénane tout entière, il semble que nous ne pouvons qu'être favorables à une réforme monétaire de nature à faciliter singulièrement notre politique rhé"3 S

nane... 3 Die Erfolgsaussichten von Lasteyries Plan hingen in erster Linie davon ab, ob rheinische Wirtschaftskreise sich dazu bereitfinden würden, die vorgesehene Mitarbeit beziehungsweise Vorleistung zu erbringen. Entwickelten sich die Dinge tatsächlich wie beschrieben, hätte das einen doppelten Vorteil für die französische Position mit sich gebracht: Zum einen wäre Frankreich ein in den Augen seiner Verbündeten unverfänglicheres Vorantreiben der politischen Separation ermöglicht worden, konnte es doch auf ein im Rheinland selbst existentes Interesse verweisen. Zum anderen wäre aber die rheinische Wirtschaft über ihr Bedürfnis nach wertstabilem Geld erpreßt worden, ihr eigenes — in Form von Auslandsguthaben und Devisenhorten dem Zugriff der Reparationsbehörden entzogenes — Kapital für den Erfolg der Währungsreform zur Verfügung zu stellen und damit die Belastung des französischen Staatskredits, dem Lasteyries oberste Sorge galt, niedrig zu halten oder gänzlich überflüssig zu machen. Notwendige Voraussetzung für die Entstehung eines solchen Bedürfnisses war, daß die Entwertung der Mark zügig fortgesetzt wurde, bis sie an einen Punkt gelangt war, an dem sie ihre Verwendbarkeit als Zahlungsmittel eingebüßt hatte, so daß ein V a k u u m entstand, das die französisch-rheinische Initiative für sich nutzen konnte. Lasteyrie schien diese Entwicklung schon in nächster Zukunft zu erwarten und 35

Papiers Tirard, Lasteyrie an Poincaré am 2. Dezember 1923:6368/32b—2, Az. 3742/

ATRP, AN.

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beauftragte den französischen Hochkommissar für die besetzten Gebiete, Paul Tirard, über den Generalsekretär der H C I T R 3 6 in Paris, Max Hermant, vorsorglich Kontakte zur rheinischen Hochfinanz herzustellen. 3 7 Tirard empfing Anfang Dezember 1922 den Kölner Privatbankier Carl von Stein, um die Stimmungslage in den Finanzkreisen des Rheinlands zu erkunden. Von Stein, der der französischen Sache außerordentlich verbunden war, versicherte, daß viele rheinische Bankiers die Schaffung einer neuen Währung prinzipiell begrüßen würden, schränkte aber ein, daß die Industrie gegenwärtig für Lasteyries Pläne noch nicht zu gewinnen wäre. 3 8 Die Kalkulation der Industriellen war ebenso simpel wie charakteristisch für die Vorteile, die ihnen die deutsche Inflation eingebracht hatte: Der Binnenmarkt war für Anbieter aus dem Ausland praktisch uneinnehmbar geworden. Mit der Einführung einer Separatwährung wäre aber eine Grenzziehung zwischen Rheinland und Restreich nötig geworden, die Absatzeinbußen zur Folge haben mußte, welche schwerlich durch vage Aussichten auf neue französische M ä r k t e kompensiert werden konnten. Von Stein hielt ein Vorgehen ohne Absprachen und Konsens mit der Industrie für aussichtslos, erklärte sich aber dazu bereit, Sondierungsgespräche im Kreis seiner Geschäftsfreunde zu führen. Die vorerst ungünstigen Aussichten hinderten die Franzosen nicht daran, weiterhin Kontakte zu rheinischen Wirtschaftskreisen zu suchen und die Zeit zu nutzen, um ihre Pläne zur Errichtung einer Notenbank und zur Gründung des Rheinstaats zu konkretisieren. 3 9 Es gelang dem in ihrem Auftrag recherchierenden von Stein aber nicht, noch vor dem Jahreswechsel eine wesentliche Änderung in der grundsätzlich reservierten Haltung der rheinischen Wirtschaft herbeizuführen. Aus dem interessierten Blickwinkel von Steins gesehen, blieben die

Haute Commission Interalliée des Territoires Rhénans. Papiers Tirard, Hermant an Tirard am 1. Dezember 1922: 6383b—2, Az. 3576/ ATRP/2, AN. 38 Papiers Tirard, 6383/32b—2, Az. 17561/FC/2 vom 4.12.1922. 39 In einer Denkschrift wurde zum Beispiel vorgeschlagen, die „Landesbank für die Rheinprovinz" mit der „Nassauischen Landesbank" und den regionalen Filialen der Reichsbank zur rheinischen Regionalbank zusammenzuschließen, um eine hypothekengedeckte Guldenwährung zu emittieren: „La Banque rhénane (Rheinische Bank) pourrait ultérieurement jouer un rôle prépondérant comme banque d'état du nouvel Etat rhénan...": Moyens proposés pour l'introduction d'une Monnaie Rhénane, Papiers Tirard, 6383/32 b—2, undatiert, AN. 36

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in

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Rheinländer „fort soucieux de ne pas se compromettre jusqu'à plus ampie informe sur les solutions futures.. .". 4 0 Der Januar 1923 brachte mit dem Einmarsch französischer Truppen ins Ruhrgebiet eine Fülle neuer administrativer Aufgaben für die Hochkommission mit sich, die auch Lasteyries ursprüngliche Währungspläne nicht unberührt ließen. 41 Trotzdem schritten die Vorbereitungen relativ kontinuierlich voran. Von Stein, vorerst die zentrale Figur in der Strategie des Finanzministers, wurde beim „Crédit Commercial de France" in Paris eingeführt und unterbreitete den Entwurf zur Schaffung einer Notenbank mit 300 Millionen Franc Grundkapital, das zur Hälfte von französischen und zur Hälfte von rheinischen Banken bereitgestellt werden sollte. Eingedenk der Befürchtungen der Industrie, optierte von Stein allerdings dafür, das neue Geld zusammen mit der Mark zirkulieren zu lassen. Die Schließung der innerdeutschen Grenze sollte tunlichst vermieden werden. 42 Immerhin beauftragte Lasteyrie trotz dieser Einschränkung den „Crédit Commercial", in Kooperation mit von Stein ein Vorprojekt zu entwickeln, und verpflichtete alle Beteiligten im Interesse des Erfolgs der Sache zu strengster Geheimhaltung. 4 3 Von Stein selbst hatte optimistisch hervorgehoben, daß die Dinge sich sehr rasch entwickeln konnten, wenn nicht die Reichsbank offen oder versteckt gegen die Pläne vorging. 44

1. Tirards Eigeninitiative zur Gründung einer rheinischen Notenbank Paul Tirard, nach einem Urteil Bariétys der Lasteyrie entgegengesetzte Pol im Kreise der Ratgeber Poincarés, 45 stimmte bis in den Herbst 1923 mit dem Finanzminister in der Frage der Einführung des Franc in den besetzten Gebieten nicht überein. Während Lasteyrie

40 Papiers Tirard, 6368/32b—2, Az. 6587/ATRP vom 15.12.1922; zur Zusammensetzung der Geschäftsfreunde von Steins vgl. H. Köhler, Adenauer und die rheinische Republik ..., S. 237. 41 Es wurde auch überlegt, ob die Währungsreform die neubesetzten Gebiete einbeziehen sollte: Note sur la question monétaire dans les Territoires nouvellement occupés et sur la Rive Gauche du Rhin, Papiers Tirard, 6383/32 b—2, undatiert, AN. 42 Papiers Tirard, 6383/32b—2, Az. 2667/S/ATRP vom 10.1.1923. 43 A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 2678/S/ATRP vom 12.1.1923. 44 Nach dem Bericht von Steins Gesprächspartner beim „Crédit Commercial", Baignères, vom 20.1.1923: Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 2312/HCITR/F. 45

Vgl. J. Bariéty, Les relations franco-allemands...,

S. 105.

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sich, eingedenk der Risiken einer solchen Maßnahme für den Tresor, fast kategorisch dagegen sperrte, versuchte Tirard, Parteigänger eines draufgängerischen, um nicht zu sagen annexionistischen Kurses, immer wieder, die scheinbar naheliegendste Lösung zu verwirklichen. Vielleicht aufgrund seines Amtes von der ständigen Konfrontation mit den deutschen Behörden beeindruckt, mochte sich der Hochkommissar nicht in die prekäre internationale Kreditsituation hineinversetzen. Er favorisierte zunächst im August 1922 die Ausgabe eines von Devisen gedeckten Notgeldes 46 — was Lasteyrie sofort ablehnte 47 — und setzte sich später Poincaré gegenüber rückhaltlos für die Einführung des Franc im Rheinland ein. 48 Als eine deutsche Devisenverordnung den Umlauf von Fremdwährungen im Rheinland legalisierte, 49 glaubte er, daß eine günstige Gelegenheit gekommen sei, und wies General Degoutte, damals noch Kommandeur der Rheinarmee in Mainz, an, seinen Truppen die Verausgabung von Franc bei Bagatellbeträgen zu gestatten. 5 0 Degoutte freilich, der sich des öfteren als Korrektiv gegenüber Tirard bewährte, widersetzte sich der Anordnung und verwies auf die Anstrengungen des Finanzministeriums, den Francumlauf soweit wie nur möglich zu begrenzen. 51 Lasteyrie hatte seine Bedenken Poincaré schon geschildert: Die Franceinführung konnte die französische Herrschaft im Rheinland ebensowenig sichern wie der Umlauf der Mark sie aufheben konnte, bot also keinerlei politischen Vorteil. Umgekehrt würden aber die französischen Banknoten mit großer Wahrscheinlichkeit thesauriert werden oder ins Ausland abfließen, was tunlichst zu vermeiden war. 52 Da Lasteyrie im Zusammenhang mit dieser Ablehnung seinen Bankplan vortrug, gab Tirard vorerst seinen Standpunkt auf und richtete seine Aufmerksamkeit darauf, die Grundgedanken des Finanzministers übernehmend, den Bankplan energisch seiner Realisation entgegenzutreiben. Von Hermant über die Fortschritte Lasteyries in Paris auf dem Laufenden gehalten, schlug Tirard im Januar 1923 vor, nach einer vorübergehenden Notgeldausgabe von einer neuen Notenbank einen

Papiers Tirard, 6382/32 a, Az. 12620/HCF/2 vom 29.8.1922, AN. A. a. O., 6382/32 a, Az. 9269/S/ATRP vom 29.8.1922, AN. 48 A. a. O., 6382/32 a, Az. 5723/ATRP vom 29.10.1922, AN. 4' A. a. O., 6383/32b—2, Az. 2464/ATRP/2 vom 3.11.1922, AN. 50 A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 16248/FC/2 vom 6.11.1922, AN. 51 A. a. O., 6383/32b—2, Az. 33863/F vom 30.11.1922, AN. 52 A. a. O., 6383/32b—2, Az. 3742/ATRP vom 2.12.1922, AN.

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II. Die französische Währungspolitik

in Deutschland

rheinischen Goldgulden ausgeben zu lassen. D e r Vorschlag ähnelte den Plänen, die von Stein bereits geäußert hatte, überbot sie jedoch in dem für Tirard charakteristischen Vorschlag, die Mark binnen kürzester Frist aus dem Verkehr zu nehmen. 5 3 Gegen Monatsende waren Tirards diesbezügliche Unterredungen mit den im Rheinland aktiven französischen Banken soweit gediehen, daß eine zweitägige Konferenz aller Interessenten nach Bonn einberufen wurde. Die aus den Finanzfachleuten der französischen und belgischen Sektionen der H C I T R und den Vertretern der Banken „Société Générale Alsacienne", „Nationale de Crédit" und „Lazard Frères" bestehende Versammlung optierte für die Gründung der rheinischen Notenbank und die Verdrängung der Mark. Die neue „Rheinmark" sollte keine Golddeckung erhalten, um den französischen Staatsschatz zu schonen, andererseits aber durch Schatzanweisungen oder Ahnliches garantiert werden. Diese Staatsgarantie vorausgesetzt, b o t jede der drei Banken eine Million Franc als Einlage an. Die Banque de France sollte mit der Ausarbeitung der Bankstatuten beauftragt werden. 54 Sofort nachdem dieser Plan in Paris bekannt geworden war, stieg Lasteyrie auf die Barrikaden. Es war nicht einzusehen, welche Vorteile eine anders geartete und äußerst verschwommen umschriebene Staatsgarantie gegenüber der riskanten Golddeckung bieten sollte. D e r Finanzminister prophezeite für den Fall einer derartigen Bankgründung einen eklatanten Kurssturz des Franc und führte die zu erwartenden „reactions les plus violents" von Großbritannien ins Feld. 5 5 Wie Tirard davon ausgehend, daß das Reich binnen kurzem seine Zahlungen in die besetzten Gebiete einstellen und damit selbst einen Währungszusammenbruch herbeiführen würde, empfahl er, zunächst einmal den K o m munen Notgeldausgaben zu gestatten und von eigenen Initiativen abzusehen, das heißt abzuwarten, bis die Krise im Rheinland selbst das Bedürfnis nach einer Währungsreform ausgelöst haben würde. D a

A. a. O., 6383/32b—2, Az. 7030/ATRP/3 vom 11.1.1923, AN. Die Einladung an die Banken war mit dem Rundschreiben Programme d'étude pour la solution provisoire du problème monétaire en Rhénanie am 24. Januar ergangen, die Konferenz fand am 25. und 26. statt. Teilnehmer waren Tirard, Tannery, Rousselier, Hermant, Poisson, Giscard, Debrix, Weber, Chassériau, Oudiette, Philippe und Levy: Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Sitzungsprotokoll vom 25.1. und Telegramm Nr. 46 vom 26.1.1923, Az. 3746/S, AN. 55 Réunion au Ministère des Finances à 5 heures, 27. Januar 1923: Papiers Tirard, 6383/32 b—2, AN. 53

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Währungspolitische Initiativen Frankreichs his zum April 1923

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Poincaré sich mit Seydoux, Parmentier und Margerie dieser Argumentation anschloß, ja jetzt selbst H e r m a n t den Plan als „absurdité", „une programme contradictoire dans les termes" 5 6 ablehnte, mußte Tirard einsehen, daß sein Vorschlag zurückgewiesen war. Immerhin versuchte er, indem er bei den betreffenden Banken anfragen ließ, ob sie eventuell selbst eine Golddeckung stellen würden, 5 7 und den belgischen Hochkommissar Rolin-Jaequemyns um Unterstützung anging, zu retten, was noch zu retten war. Es gelang Tirard im Rahmen dieser Bemühungen, innerhalb der alliierten Hochkommission mit belgischer U n t e r s t ü t z u n g und bei britischer Stimmenthaltung eine grundsätzliche Klärung der Rechtslage herbeizuführen, die voll und ganz den französischen Interessen entsprach. Am 30. Januar billigte die H o c h kommission die Ausgabe eines neuen Geldes für den Fall eines deutschen Währungszusammenbruchs und setzte sich juristisch in die Lage, ein Geldausgabeinstitut zu gründen und dessen Währung W e r t und Legalität zu verleihen. 58 Der auf Betreiben des britischen Kommissars Kilmarnock eingefügte Vorbehalt, daß mit einem Ausfall der Mark nicht unmittelbar zu rechnen sei, nahm sich angesichts dieses Eingriffs in die deutsche Finanzhoheit eher unbedeutend aus. Aus französischer Sicht war Tirard daher durchaus zugute zu halten, daß seine Aktivität, so sehr sie sich auch durch das ihm eigene Ungestüm ausgezeichnet hatte, letzten Endes in einem Teilerfolg gemündet war, der auch dem von Lasteyrie favorisierten Vorgehen in nicht zu unterschätzender Weise dienlich sein konnte. Als Kilmarnock am 6. Februar ans Foreign Office in London berichtete, daß der französische Bankplan aufgrund unlösbarer Probleme mit der Staatsgarantie gescheitert war, konnte er sich nur auf das von Tirard im Rheinland initiierte Projekt bezogen haben. 59 Lasteyries' Plan, der als conditio sine qua non den deutschen Währungskollaps erwartete, wurde hingegen noch einige Tage lang weiterverfolgt.

56 Compte-rendu pour M. Tirard, von Max Hermant: A.a.O., 6383/32b—2, 27.1.1923, AN. 57 Protokoll eines Telephongesprächs zwischen Tirard und seinem Finanzberater Giscard vom 27.1.1923: Papiers Tirard, 6383/32b—2, AN. 58 A. a. O., 6383/32 b—2, Telegramme Nr. 58, 59 vom 30.1.1923, AN. 59 FO 371-8680: C 2496/129/18 vom 6. 2. 1923, PRO.

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in

Deutschland

2. Das Projekt Lasteyries Anfang Februar 1923 Der Finanzminister hatte sich in Erwägung aller möglichen Reaktionen der Reichsregierung, die den Tresor in arge Verlegenheit stürzen konnten, 6 0 darauf versteift, jede Staatsgarantie für die im Rheinland geplante Bank zu verweigern. Er versuchte statt dessen, unter den großen Pariser Banken Interessenten zu finden, die einen Garantiefonds aus eigenen Mitteln stellen konnten, der auf Gold und nicht auf Francs basieren sollte. 61 Bei aller Unwahrscheinlichkeit, eine derart große und risikofreudige Bank zu finden — welches Kreditinstitut würde schon für ein in erster Linie politisch motiviertes Unternehmen sein Kapital einsetzen, wenn der französische Staat selbst das Risiko offenkundig scheute? —, war doch noch eine Erfolgsaussicht gegeben, wenn es gelang, ein internationales Bankenkonsortium zusammenzubringen, dessen Prestige das Kreditdefizit eines rein französischen Unternehmens auszugleichen vermochte. Auch Poincaré hätte eine derartige Lösung, die der Verfolgung nationaler Interessen Frankreichs die ganze Wucht einer international unterstützten Rettungsaktion verleihen würde, bevorzugt. 62 Schon Tirards Projekt hatte eine Kooperation mit belgischen, italienischen und Schweizer Banken anvisiert, 63 bevor es am Veto des Premiers gescheitert war. 64 Für das seriösere Vorhaben seines Finanzministers versuchte Poincaré nun ernsthaft, wenigstens von Belgien die Zusage einer finanziellen Partizipation zu erhalten. 65 Bei aller Hartnäckigkeit in der Sache konnte sich jedoch auch Lasteyrie Anfang Februar der Tatsache nicht verschließen, daß die beiden Grundannahmen, die die sofortige Inangriffnahme seines Planes verlangten, offenbar falsch waren: Keine Pariser Bank war bereit, sich ohne Regierungsgarantie an dem Notenbankprojekt zu beteiligen, und die Reichsregierung war offensichtlich noch nicht soweit in Bedrängnis geraten, daß sie die Zahlungen in die besetzten Gebiete von sich aus eingestellt hätte. Die Reichsbank begann im Gegenteil einen Tag nach dem währungspolitischen Beschluß der Hochkommission, am 31. Ja60 61

Compte-rendu pour M. Tirard vom 30.1.1923: Papiers Tirard, 6383/32 b—2, AN. A. a. O., 6383/32b—2, Az. 3785/S/ATRP vom 1.2.1923, AN.

Vgl. J. Bariéty, Les relations franco-allemands..., S. 115. Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 3746/S, AN. 64 Compte-rendu pour M. Tirard vom 27.1.1923: A. a. O., 6383/32 b—2, AN. 65 A. a. O., 6383/32 b—2, Telegramm Nr. 128 vom 3.2.1923, in dem Poincaré Tirard auffordert, „zwei oder drei" belgische Bankiers nach Paris einzuladen. 62

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bis zum April 1923

33

nuar, den Außenkurs der Mark an den Devisenbörsen massiv zu stützen. 66 Lasteyrie wies den „Crédit Commercial" daraufhin an, die Verhandlungen mit den anderen Banken vorerst zu stornieren. 67 Der vertraulichen Natur der Sache gemäß war die deutsche Seite von all diesen Vorgängen nur unzureichend informiert. Die Franzosen ließen selbst ihren Verbindungsmann von Stein über die Entwicklung der Dinge im unklaren, zumal es ihren Interessen nur schaden konnte, wenn sie den Bankier über seine Schlüsselrolle in den Bankgründungsplänen allzu ausführlich aufklärten. Von Stein war in Unkenntnis der neuesten Entwicklung am 8. Februar nach Paris gekommen und hatte dort vor Seydoux seine Pläne ausgebreitet. Selbst in Kenntnis von von Steins separatistischer Grundhaltung und in Anbetracht der ihm bekannten Sachlage konnten sie nur als kühn bezeichnet werden: Um jeder Umgehung seiner eigenen Interessen vorzubeugen, drohte er Seydoux für den Fall einer Währungsreform ohne seine Beteiligung mit Gegenmaßnahmen von seiten der rheinischen Banken, bot aber für den Fall der Zusammenarbeit eine Beteiligung von 20 Millionen Pfund Sterling an, die von sieben Kölner Privatbanken aufgebracht werden würden. V o r seinem sich jeder Äußerung enthaltenden Gesprächspartner gab er der Uberzeugung Ausdruck, daß der deutsche Widerstand gegen die Ruhrinvasion alsbald zusammenbrechen würde. Für diesen Fall entwarf er den Plan eines unabhängigen linksrheinischen Staatsgebildes, das von Süddeutschland bis an die Nordsee — einschließlich Bremens — reichen sollte. Von der Annexion des Ruhrgebiets sah er nur deshalb ab, weil die dortige Arbeiterbevölkerung ein ihm unerwünschtes soziales Element darstellte. 68 Es war wahrscheinlich dieser realitätsvergessene Uberschwang, der die französischen Stellen von Stein gegenüber zu höchstem Mißtrauen 6 6 Die deutsche Markstützungsaktion hatte nach Angaben von Reichsbankpräsident Havenstein ihren Ursprung schon in einzelnen Stützungsversuchen im letzten Januardrittel; vgl. 1. Sitzung des 43. (Untersuchung)Ausschusses zur Prüfung der Wirkung der Maßnahmen zur Stützung der Mark, R 2/2419, S. 23, Bundesarchiv Koblenz (BA). Präziser äußerte sich Carl Bergmann, Der Weg der Reparationen. Von Versailles über den Dawesplan zum Ziel, Frankfurt/Main 1926, S. 232 f.: Danach wurde die Aktion Ende Januar beschlossen und begann am 31. Januar. Vgl. dazu auch Heinz Habedank, Die Reichsbank in der Weimarer Republik. Zur Rolle der Zentralbank in der Politik des deutschen Imperialismus 1919—1933, Berlin 1981, S. 81. 67 Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 3951/S/ATRP vom 10.2.1923, AN. Dem Bericht Hermants zufolge ist die Entscheidung zeitgleich mit dem Besuch von Steins in Paris getroffen worden. 68

A. a. O., 6383/32b—2, Az. 4646/ATRP vom 8.2.1923, AN.

34

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

veranlaßte. Lasteyrie informierte von Stein, der für ihn „tout-a-fait suspect" war, 69 nicht über seine Anweisung zum Abbruch der Verhandlungen, sondern bestärkte ihn im Gegenteil in dem Glauben, daß die Gründung der rheinischen Notenbank in Paris definitiv bevorstünde. Von Stein reiste also in der Erwartung eines baldigen großen Geschäfts nach Köln zurück und nahm dort wieder Kontakte zu Banken und Industrie auf, um das nahende Ereignis gebührend vorzubereiten. 3. Die Stabilisierungsaktion der Reichsbank im Frühjahr 1923. Ein politischer Erklärungsversuch Die seit Anfang Februar 1923 von der Reichsbank bewirkte Stabilisierung des Außenwerts der Mark, während der das Verhältnis von Mark zu Dollar von 4 9 0 0 0 zu 1 am 31. Januar auf 1 8 9 0 0 : 1 am 16. Februar gesenkt und fyir den Verlauf zweier Monate auf einem Niveau zwischen 19 000 und 23 000 gehalten wurde, hat in der bisherigen Wirtschaftshistoriographie sehr widersprüchliche Erklärungsversuche gefunden. Untrennbar mit der Erklärung und Bewertung der großen deutschen Inflation selbst verknüpft, reflektiert die Einordnung dieses Zwischenspiels die kontroversen Auffassungen von den Ursachen der Geldentwertung, wie sie zunächst in Weiterentwicklung der traditionellen Positionen von Quantitäts- und Zahlungsbilanztheoretikern aufgestellt 70 und Mitte der sechziger Jahre um den lohnpolitischen Aspekt keynesianischer Provenienz erweitert worden sind. 71 Carl-

69

A. a. O., 6 3 8 3 / 3 2 b — 2 , Az. 3 9 5 1 / S / A T R P vom 1 0 . 2 . 1 9 2 3 , A N .

70

Übersichten über die Auseinandersetzungen der Zeitgenossen bei Walter Eucken,

Kritische Betrachtungen German

Monetary

zum deutschen Geldproblem,

Theory 1905—1933,

Jena 1923, und Howard S. Ellis,

Cambridge, Mass. 1937; der zahlungsbilanz-

theoretische Ansatz bei Frank D. Graham, Exchange, Prices, and Production in Hyperinflation: Germany,

1920—1923,

New Y o r k (1930) 1967; für die Quantitätstheorie C o -

stantino Bresciani-Turroni, The Economics of Inflation. A Study of Currency tion in Post-War Germany, 71

Deprecia-

London (1937) 1968.

Karsten Laursen/Jtfrgen Pedersen, The German Inflation 1918—1923,

Amsterdam

1964; neuere Forschungsübersichten bei Peter Czada, Ursachen und Folgen der großen Inflation,

in: Harald Winkler (Hrsg.), Finanz-

Zwischenkriegszeit,

und wirtschaftspolitische

schungsstand und künftige Forschungsprobleme

der For-

zur deutschen Inflation, in: O t t o Büsch/

Gerald Feldman (Hrsg.), Historische Prozesse der deutschen Inflation Tagungsbericht,

Fragen

Berlin 1973, S. 9 — 4 3 ; Gerald D. Feldman, Gegenwärtiger 1914—1924.

Ein

Berlin 1978, S. 3—21; Gerald D. Feldman/ Carl-Ludwig Holtfrerich/

Gerhard A. Ritter/ Peter-Christian W i t t , Inflation und Wiederaufbau und Europa, 1914—1924,

in: Die deutsche Inflation. Eine Zwischenbilanz

in ...,

Deutschland S. 1—21.

Währungspolitische Initiativen Frankreichs bis zum April 1923

35

Ludwig Holtfrerichs Inflationsstudie von 1980 politisierte das Phänomen insofern, als die Neubewertung der konjunktur- und verteilungspolitischen Folgen der Inflation in Verbindung mit den außenpolitischen Rahmenbedingungen, denen Reichsbank wie Reichsregierung Rechnung trugen, den Schluß auf eine durchaus zweckrationale Handlungsweise der deutschen Behörden nahelegte. 72 Aber auch in dieser Argumentation stellte die Stabilisierungsaktion vom Frühjahr 1923 ein problematisches Intermezzo dar. Die vagen Vermutungen Paul Beuschs über den Zusammenhang der Aktion mit der Ruhrbesetzung 7 3 übernehmend, charakterisierte Holtfrerich ihr Ende als einen „Zusammenbruch" 7 4 und schien damit die Thesen derer zu bestätigen, denen der Vorfall wenig mehr als ein willkommener Beweis für die Vergeblichkeit des unterstellten Ringens gegen die Inflation an sich war. 75 In Anbetracht der von vornherein feststehenden Fragwürdigkeit eines derart aufgefaßten Unternehmens — „da die Kreditvermehrung im Innern zwecks Finanzierung des passiven Widerstands durch das Reich weiterging, und zwar beschleunigt" 7 6 — ist jedoch sehr zweifelhaft, ob eine Fehleinschätzung seitens der Reichsbank die Entwicklung erklären kann. Ebenso fragwürdig erscheint auf der anderen Seite die Behauptung aus dem Umkreis der Theorie vom Staatsmonopolkapitalismus, derzufolge die Reichsbank zwischen den Interessen der Großindustrie und

72

C . - L . Holtfrerich, Die deutsche Inflation

73

Paul Beusch, Währungszerfall

1914—1923

...,

und Währungsstabilisierung,

S. 328 f. Berlin 1928, S. 3; vgl.

dazu auch Gert von Eynern, Die Reichsbank. Probleme des deutschen

Zentralnoteninsti-

tuts in geschichtlicher Darstellung, Jena 1928, S. 82, der mit seiner Kritik an den ökonomischen Folgen des Unternehmens ausdrücklich kein Urteil über dessen außenpolitische Zielsetzung fällen wollte. 74

C . - L . Holtfrerich, Die deutsche Inflation 1914—1923...,

75

Rudolf Stucken, Deutsche Geld- und Kreditpolitik 1914—1963,

S. 309. 3. Aufl., Tübingen

1964, stellte noch zögernd fest: „Von Anfang an trugen die ergriffenen Maßnahmen den Makel der Unzulänglichkeit an der Stirn . . . man tat oder (!) erreichte wenig, um die Quellen der Inflation zu verstopfen." (S. 47.) Die im ,oder' enthaltene Erklärungsalternative wurde indessen eindeutig verworfen, wenn wie bei Heinz Haller, Die Rolle der Staatsfinanzen und Wirtschaft

für den Inflationsprozeß, in Deutschland

in: Deutsche Bundesbank (Hrsg.),

1876—1975,

Währung

Frankfurt/Main 1976, S. 115—155, die

deutsche Währungspolitik als Fülle vergeblicher „Bemühungen . . . voller Tragik" mit dem Ziel, „das Schicksal zu wenden" charakterisiert wurde (S. 144). Vgl. dazu auch O t t o Pfleiderers Beitrag Die Reichsbajik in der Zeit der großen Inflation, die Stabilisierung der Mark und die Aufwertung 76

von Kapitalforderungen

C . - L . Holtfrerich, Die deutsche Inflation ...,

S. 308.

im selben Band S. 157—201.

36

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

des Großkapitals lavierte und letztlich durch „das Sonderinteresse der exportorientierten Monopolkapitalkreise" dazu gezwungen wurde, die Stützung der Mark aufzugeben. 77 Der hier als bloßer Spielball partikularer Interessen vorgestellte Staat hatte wenige Monate später keine Probleme damit, seine währungspolitische Souveränität markant unter Beweis zu stellen — wo waren da die exportorientierten Sonderinteressen?78 Im folgenden soll versucht werden, im Rahmen der politischen Argumentation die scheinbar offenkundige Inkonsequenz und Widersprüchlichkeit im Handeln der Reichsbank 79 einem nach zweckrationalen Kriterien aufschlüsselbaren Erklärungsmuster anzunähern und insbesondere die Frage zu beantworten, inwiefern die Stabilisierungsaktion, wenn sie gegen Frankreich gerichtet war, das französische Interesse schädigen konnte. Denn die de-facto-Aufwertung der Mark schien ja vordergründig die französische Forderung nach Beendigung der Inflationspolitik zu erfüllen. In Wahrheit hatte die Reichsregierung aber nach der französischen Invasion ins Ruhrgebiet jeden Gedanken an eine Währungsstabilisierung in nächster Zukunft fallen gelassen. 80 Da indessen leicht vorauszusehen war, daß die Präsenz der fremden Truppen, begleitet von dem mit der fortschreitenden Geldentwertung verbundenen versorgungspoliti-

H . Habedank, Die Reichsbank in der Weimarer Repubik ..., S. 83. Habedanks These fällt hinter die außenpolitische Beweggründe implizierenden Überlegungen Gossweilers noch zurück, dem immerhin auffiel, „daß sich die Regierung gezwungen sah, ab und an durch Beweise .guten Willens' die Vorhaltungen der Reparationsgläubiger zu .widerlegen': Kurt Gossweiler, Großbanken — Industriemonopole — Staat. Ökonomie und Politik des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Deutschland 1914—1932, Berlin 1971, S. 146. 79 Wenig überzeugend wird das Problem in einer jüngeren Untersuchung durch die Behauptung gelöst, daß die „Markstützungsaktion, die keinesweg als antiinflationistische Maßnahme gedacht war, sondern als Kampfmittel eingesetzt wurde, gerade um den Inflationskurs als politisches Mittel zu erhalten... am Interessenskonflikt zwischen den langfristigen, besonders von Cuno und Havenstein vertretenen reparationspolitischen Zielen und den unmittelbaren Profitinteressen der Wirtschaft" scheiterte. Agnete von Specht, Politische und wirtschaftliche Hintergründe der deutschen Inflation 1918—1923, Frankfurt/Main 1982, S. 107. 80 So wurde etwa ein den Daily News bereits gegebenes Interview des Reichskanzlers zur Markstabilisierung am 12.1.1923 mit dem Hinweis nicht autorisiert, „daß die Stabilisierung der Mark und eine grundsätzliche Reform der deutschen Währung durch das gewaltsame und vertragswidrige Vorgehen Frankreichs für absehbare Zeit unmöglich geworden" seien: R 43 1/2435, Rk. 350, BA. 77 78

Währungspolitische

Initiativen

Frankreichs

bis zum April

1923

37

sehen Desaster, unweigerlich psychologische Auswirkungen in der Bevölkerung nach sich ziehen würde, die den zur Aufrechterhaltung des passiven Widerstands notwendigen hationalen Konsens81 gefährden konnten, entwickelte Carl Bergmann, Staatssekretär im Finanzministerium,82 den Plan zur Stützung des Markkurses an den Devisenbörsen. Das Ziel dieses Plans war es, kurzfristig über die Stabilisierung des Markaußenwerts eine relative Preisstabilisierung im Inneren zu erkaufen, ohne die inflationäre Kreditierung der Ruhrindustrie im Zeichen des passiven Widerstands unterbrechen zu müssen.83 Die Reichsbank verstärkte ihre bereits Ende Januar angelaufene Interventionsaktivität an den Börsen Anfang Februar, als der Dollarkurs der Mark eine „offensichtliche Unterbewertung" anzeigte und „die aus politischen Gründen erforderlichen Intervention aussichtsreich"84 erscheinen ließ. Ein Beteiligter stellte später klar, gegen wen sich die Aktion gerichtet hatte: „Ich muß für das ganze bemerken, daß es sich hierbei natürlich nicht um eine Aktion handeln konnte, die eine Stabilisierung bereits im Auge hatte. Es ist so vielfach von einer Stabilisierungsaktion der Regierung gesprochen worden. Diese Maßnahme stand natürlich nicht unter dem Zeichen einer währungspolitischen Maßnahme, eines Versuchs, in dem Momente dieses Kampfes die Mark zu stabilisieren, sondern es handelte sich hier um eine Kriegsmaßnahme.. ."85 Die Reichsregierung hatte Ende Januar die französischen Bestrebungen zur Gründung einer neuen Währung in den besetzten Gebieten mit Wachsamkeit beobachtet. 86 Während einer am 29. Januar in Berlin abgehaltenen Besprechung,87 von deren Ergebnis Tirard übrigens 81 Ein Durchhalteschreiben von Reichskanzler Cuno an den Kölner Oberbürgermeister vom 11. Januar 1923 ließ deutlich erkennen, daß Berlin vom Rheinland einiges an Opfern erwartete: Nachlaß Adenauer, 902-253-3, StadtA Köln.

Bergmann war der geistige „Vater des Gedankens der Markstützungsaktion": Vgl. 4. Sitzung des 43. (Untersuchung)Ausschusses zur Prüfung der Wirkung der Maßnahmen zur Stützung der Mark vom 4. 6.1923, R 2/2419, BA, und C. Bergmann, Der Weg der Reparationen ..., S. 229 ff. 82

Vgl. R 43 1/632, Rk. 3217 vom 12.2.1923 und RB-Direktorium Nr. 6755 vom 27.2.1923, BA. 83

84 Auszug aus dem Bericht des Präsidenten Havensteinfür die Zeit vom 8. Dezember bis 7. März 1923, R. 43 1/2435, Rk. 5116, BA.

Staatssekretär Schroeder vom Finanzministerium in der 1. Sitzung des 43. (Untersuchungsausschusses ..., S. 3: R 2/2419, BA. 85

86

Für die deutsche Politik stand ganz außer Frage, daß die Franzosen letztlich „die

Zerreißung Deutschlands" im Schilde führten — so jedenfalls Adenauer am 14.2.1923: Nachlaß Adenauer, 902-253-3, StadtA Köln. 87

R 43 1/206, Rk. 1356, BA.

38

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

Kenntnis erhielt, 88 wurde erwogen, für die besetzten Gebiete ein N o t geld zu emittieren und die Bevölkerung aufzurufen, französisches Neuoder Notgeld nicht anzunehmen. Man nahm die Entwicklung in Berlin durchaus ernst. 8 9 Die Situation muß sich aus deutscher Sicht nochmals verschärft haben, als der zuversichtlich aus Paris zurückgekehrte von Stein begann, in den entsprechenden Wirtschaftskreisen für die Idee der Separation und die Beteiligung an der zukünftigen neuen Notenbank zu werben. Bei der bekanntermaßen radikalen Haltung des französischen Hochkommissars und im Zusammenhang mit der Unterstützung, die

Papiers Tirard, 6383/32b—2, Telegramm Nr. 120 vom 1.2.1923, AN. „Nach dem heutigen Telegramm von Hoesch erwägt Frankreich die Einführung fremder Währung sehr ernstlich" (Hoesch war der deutsche Botschafter in Paris): R 43 1/206, S. 305, vom 1.2.1923, BA. 88

89

Währungspolitische

Initiativen

Frankreichs

bis zum April

1923

39

Paris der Separatistenbewegung angedeihen ließ, 90 muß die Stimmung in Berlin äußerst alarmiert gewesen sein. Wenn auch direkt durch die Quellen nicht beweisbar, liegt der Verdacht eines Zusammenhangs zwischen den Vorbereitungen zur Gründung der rheinischen Bank und dem Beginn der Markaufkäufe von seiten der Reichsbank beziehungsweise des von ihr beauftragten Bankhauses Mendelssohn an den Börsen nahe. Die zeitliche Koinzidenz der Ereignisse war ebenfalls bemerkenswert. Die französisch-rheinischen Kontakte zur Vorbereitung der Währungsreform mündeten in die Entscheidung der Hochkommission vom 30. Januar, grundsätzlich die Ausgabe eines neuen Geldes zu billigen. Am 31. Januar setzte die Markstützungsaktion „gleichzeitig in Berlin, Amsterdam und New Y o r k ein". 9 1 Die Rückkehr der rheinischen Galionsfigur des Projekts, des Bankiers von Stein, fiel auf den 10. Februar. An ebendiesem Tag versuchte die Reichsbank, ihre Kreditvergabe auch ins Ruhrgebiet einzuschränken. 92 Da dieses Mittel natürlich mit dem Ziel, das Durchhaltevermögen der Ruhrindustrie zu stärken, in Konflikt geraten mußte, wurde es schnell zugunsten verstärkter Markaufkäufe an den Börsen aufgegeben. Andererseits muß in Rechnung gestellt werden, daß die Abwehr des Aufbaus der Konkurrenzwährung keinen Gegensatz zum allgemeinen Zweck der Markstützung — der Stärkung des passiven Widerstands — darstellte und ebensogut den Rang einer unbeabsichtigten, aber erfreulichen Nebenwirkung gehabt haben konnte. Unter allen Gesichtspunkten erwies sich die Markstützungsaktion als sehr effektiv, 93 so daß ihre Bewertung als Mißerfolg unhaltbar erscheint. Beanspruchte die Inter-

Ein Uberblick über das Ausmaß französischer Unterstützung für die Separatisten in: F O 371—8689: C 19937/129/18, P R O . 90

"

C. Bergmann, Der Weg der Reparationen . . S . 233. Vgl. H . Habedank, Die Reichsbank in der Weimarer Republik..., und 289. ,2

S. 82, Anm. 288

9 3 Bergmann bemerkte später, daß das Ziel der Aktion die an Frankreichs Adresse gerichtete Demonstration gewesen sei, daß Deutschland nicht bald zusammenbrechen würde: C. Bergmann, Der Weg der Reparationen..., S. 231. Der vorübergehende Cha-

rakter der Markstützung war also von vornherein eingeplant. Vgl. auch die Einschätzung von J . Bariéty, Les relations franco-allemands..., S. 116: „En agissant ainsi (indem das Reich die Zahlungen in die besetzten Gebiete nicht einstellte), le Reich, certes, contribue à accélerer sa ruine, et la chute du mark, mais retire à la H C I T R le motif de l'émission d'une nouvel m o n n a i e . . . " , in die die vorübergehende Verlangsamung des Markverfalls aus eben denselben Motiven sich nahtlos einfügen läßt.

40

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

vention die spärlichen Goldreserven der Reichsbank auch in großem Maße, 9 4 so stand dieser Aderlaß doch in keinem Verhältnis zu den vernichtenden Auswirkungen, die die Separation des Rheinlands für den Fortbestand des Reichs nach sich gezogen hätte. 9 5 Wäre der französische Staat aber während des Verlaufs der Markstützungsaktion als Garant einer Konkurrenzwährung gegen die Mark auf den Plan getreten, so hätte er sich in eine auch an seinen Reserven zehrende Auseinandersetzung verwickelt gesehen, deren Ausgang selbst aus heutiger Sicht nicht mit Gewißheit festzulegen ist. Zielrichtung wie Effektivität der deutschen Aktion wurden jedenfalls auch für die Franzosen zur Gewißheit, als am 22. Februar ein einigermaßen verzweifelter Abgesandter von Steins die Hochkommission in Wiesbaden aufsuchte und sich bitter darüber beklagte, daß „la Reichsbank a établi un vrai régime de terreur et frappe sans pitié, en refusant leur papier, tous ceux qu'elle soupçonne de s'interesser, de près ou de loin, à la création d'une monnaie rhénane.. ,". 9 6 Von Stein und seine Geschäftsfreunde sahen sich durch dieses Verhalten derart bedrängt, daß sie darum baten, von einem französischen Bankenkonsortium diskontiert zu werden — ein Ansinnen, das von Lasteyrie nicht beantwortet wurde. Obwohl untergeordnete Beamte der Hochkommission immer noch glaubten, daß „malgré les efforts de Berlin, l'idée de la création d'une monnaie rhénane à frappé les esprits", 9 7 ließ man sich in Paris nicht über den Stellenwert dieser Optimismen hinwegtäuschen. Hermant erinnerte Tirard am 24. Februar daran, daß zur Ausgabe eines neuen Geldes zumindest die passive Zustimmung der Bevölkerung erforderlich war, die unter den gegebenen Umständen nicht bestand. 98 Schließlich gab auch Tirard zu, daß die Markstützung ein Erfolg des Gegners war. Sein Bericht an Poincaré endete mit dem schlichten Eingeständnis: „Si l'on émettait actuellement un nouvel

Die Angaben über die Höhe der Kosten reichten von 300 Millionen Goldmark bei Hjalmar Schacht, Die Stabilisierung der Mark, Berlin-Leipzig 1927, S. 46, bis zu 460 Millionen Goldmark bei P. Beusch, Währungszerfall..S. 4. 95 Rückblickend wurde die Aktion von allen Beteiligten durchgängig als Erfolg bewertet, der die Verausgabung des Reichsbankgoldes völlig gerechtfertigt hatte. Nach dem Abbruch der Aktion im April wunderte sich Carl Bergmann sogar darüber, daß man die Mark mit derart geringen Mitteln über einen so langen Zeitraum hinweg hatte stützen können: 4. Sitzung des (Untersuchungs)Ausschusses ..., S. 6, R 2/2419, BA. 96 Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 2585/HCITR/2, AN. 97 A.a.O., 6383/32 b—2, Az. 2701/S/C vom 23.2.1923, AN. 98 A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 4029/S/ATRP, AN. 94

Das nationale

Interesse

41

Belgiens

instrument monétaire, il se trouvait donc en concurrence avec une monnaie relativement appréciée par la population." 9 9 Der Erfolg, den die Reichsbank einvernehmlich mit der Reichsregierung erzielt hatte, ließ die deutsche Aufmerksamkeit gegenüber französischen Reformambitionen freilich nicht erlahmen, 100 sowenig wie umgekehrt gefolgert werden dürfte, daß die französische Reaktion in mehr als nur einem Aufschub der Bankpläne bestand. Im Unterschied zu Tirard hatte Lasteyrie die deutschen Kraftreserven nicht unterschätzt und war der direkten Konfrontation aus dem Wege gegangen. Daß die Desinformation von Steins ein gezielter Schachzug des Finanzministers zur Täuschung der Reichsregierung gewesen wäre, ließe sich nur aufgrund von Spekulationen behaupten. Er zeigte sich aber weder überrascht noch beunruhigt und blieb, in Ubereinstimmung mit Poincaré und ungeachtet der temporären Lageveränderung, darum bemüht, belgisches Kapital zur Beteiligung an seinem Bankprojekt anzuwerben. 101 Das nationale Interesse Belgiens und die belgische am französisch-rheinischen Notenbankprojekt

Teilnahme

Da die Pariser Administration, unbeeindruckt vom vorläufigen Abbruch der Verhandlungen mit dem Ziel der Gründung einer rheinischen Bank, die klärenden Vorgespräche mit belgischen Financiers zunächst noch fortführen wollte, traf Ende Februar der belgische Nationalbankdirektor Janssen in Paris mit den Herren Aupetit und Sergent von der „Banque de l'Union Parisienne" zusammen, um die Bankpläne zu prüfen. 102 Wenig später verlieh der belgische Botschafter in einem Privatschreiben an den mit ihm befreundeten Poincaré der Uberzeugung Ausdruck, daß die okkupierenden Mächte an einer Reform der Währungsverhältnisse im Rheinland über kurz oder lang und im wohlverstandenen eigenen Interesse nicht vorbeikommen würden. 103 Janssen erschien Mitte März als Führer einer Delegation, die aus seinem Landsmann Van Zeeland und den Franzosen Strohl, Letendau

A.a.O., 6383/32 b—2, Az. 8 0 1 5 / A T R P vom 3.3.1923, A N . R 43 1/209, Rk. 2290 vom 14. und 15.2.1923, R k . 2613 vom 22.2.1923, BA. 101 R 43 1/187, Rk. 3129 vom 3.3.1923, BA. 102 Papiers Tirard, 6383/32b—2, Az. 4 0 3 0 / S / A T R P vom 24.2.1923, A N . 103 E. de Gaiffier an Poincaré am 8.3.1923: Nachlaß Poincaré, naf 16001, S. 1, Bibliothèque Nationale, Paris. "

100

42

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

und Gravières bestand, in Koblenz, um quasi vor Ort die Vorbereitung zur Gründung einer Bank zu intensivieren. 104 Freilich mußte er sich hier von Tirard darüber aufklären lassen, daß das Projekt aufgrund der aktuellen Lage nicht kurzfristig verwirklicht werden konnte. 105 Mittlerweile hatte sich aber auf allgemeinpolitischer Ebene eine bedeutsame Ubereinstimmung von belgischen und französischen Interessen ergeben, die die französische Position Deutschland gegenüber erheblich zu stärken versprach. Die Vertreter beider Nationen hatten sich am 13. März in Brüssel darauf geeinigt, das Ruhrgebiet nicht zu räumen, bevor keine endgültige und befriedigende Regelung der Réparations- und Sicherheitsprobleme erreicht worden war. 106 Die von der Effektivität des passiven Widerstands und dem Durchhaltewillen der Reichsregierung seit Januar wenn nicht überraschte, so doch mit Sicherheit beeindruckte französische Politik wähnte sich nach dem Abschluß dieses Abkommens kräftemäßig in der Lage, die vordergründig geübte Zurückhaltung in der Frage der Abtrennung des Rheinlands teilweise aufzugeben und diese massiver denn je anzustreben. Der „Conseil Supérieur de la Defense Nationale" einigte sich auf drei Prinzipien der Neuordnung des rheinischen Wirtschaftsraums: 1. Die Gründung eines auch das Saargebiet umfassenden autonomen Rheinstaats, der 2. zwar wirtschaftlich lebensfähig war, aber seinen Nachbarn nicht gefährlich werden konnte und der 3. die französischen und belgischen Grenzen vor einem deutschen Angriff sichern sollte. 107 In dieser Zielsetzung hatte vor allem die Politik Frankreichs Ausdruck gefunden, sowohl wirtschaftliche als auch militärischstrategische Interessen miteinander zu verknüpfen, was nicht zuletzt auf die permanente Weigerung Großbritanniens zurückzuführen war, eindeutige Sicherheitsgarantien für den kontinentalen Alliierten zu geben. Diese Haltung sollte von jetzt an die französische Politik gegenüber dem Rheinland wie auch gegenüber dem Deutschen Reich prägend bestimmen. 108

Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 5450/FC/3 vom 18.3.1923, A N . A. a. O., 6383/32b—2, Hermant an Tirard am 10.3.1923, A N . 106 H . J . Rupieper, The Cuno Government and Réparations..S. 125. 107 Ebda. 108 Zum Hintergrund der Verhärtung der französischen Position im März 1923: H . J . Rupieper, a. a. O., S. 121—129: French Reactions to Passive Resistance. 104 105

Das nationale

Interesse

Belgiens

43

Angesichts des Interesses, das Belgien von jetzt an ganz offen an der Beteiligung am Währungsbankprojekt hegte, aber auch angesichts des Zögerns, das belgische Vertreter mitunter an den Tag legten, wenn in der Hochkommission wesentliche Entscheidungen gefällt werden sollten, stellt sich jedoch die Frage, welche besondere Interessenslage den belgischen Staat zur Parteinahme für die Sache des französischen „großen Bruders" bewegte. In kurzem Exkurs soll deshalb hier auf die Besonderheit der belgischen Motive eingegangen werden. Einer britisch-amerikanischen Einschätzung zufolge hatten sich die Belgier durch den Schulterschluß mit Frankreich des politischen Vorteils begeben, der ihnen zuvor des öfteren durch die Vermittlerrolle im britisch-französischen Gegensatz zugefallen war.109 Es lag demzufolge nahe, jede spätere Interessenäußerung, die eine eigenständige und von der französischen unterschiedene Haltung anzudeuten schien, als den Versuch der Abkehr von der damals bestehenden Allianz zu interpretieren. 110 Mochte in dieser Auffassung auch ein Körnchen Wahrheit enthalten sein, so schien doch auf der anderen Seite die französische Einschätzung der belgischen Situation um einiges näher an der Realität zu liegen: Mit der Unterordnung unter den französischen Standpunkt hatte Belgien nur.die Abhängigkeit, die auf der wirtschaftlichen Ebene ohnehin existierte, außenpolitisch nachvollzogen. Diese Unterordnung ergänzte Belgien allerdings durch Bestrebungen, seiner Stimme im französischen Konzert einigen Nachdruck zu verleihen, mit anderen Worten, das Ubergewicht Frankreichs in Grenzen zu halten. So erklärten sich die Versuche der Belgier, Italien Anfang 1923 zu einer weitergehenden Beteiligung an der Besetzung des Ruhrgebiets zu bewegen,111 als das Bestreben, einen Bündnispartner innerhalb der Allianz gegen Frankreich aufzubauen, und so erklärte sich auch die stillschweigende Reserve, die Belgien allen Initiativen zum T r o t z insgeheim gegen die Verselbständigung des Rheinlands hegte: Ein Frankreich untergeordnetes Rheinland wäre allen Schwankungen der französischen Wirt-

10< ' Vgl. Korrespondenz Strong-Logan vom 12.1.1923, S. 6: 797 (Reparations), Federal Reserve Bank Archives (FRBA), New York. 110 Korr. Strong-Logan vom 16.3.1923, S. 5: 797 (Reparations), FRBA. 111 Italien hatte durch die Entsendung zweier „Ingenieure" symbolisch an der Ruhrinvasion partizipiert; Korr. Strong-Logan vom 1.3.1923, S. 4: 797 (Reparations), FRBA.

44

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

schaft unterworfen gewesen und hätte somit zusätzlich zum französischen Ubergewicht beigetragen. 112 In Anbetracht aller von Belgien unterstützten französischen Initiativen gegen das Reich, und nicht zuletzt im Hinblick auf den Schaden, den die deutsche Inflationspolitik auch Belgien zufügte, 113 ist die immanente belgische Opposition aber wenigstens für die in dieser Arbeit behandelte Thematik als relativ unerheblich beziehungsweise zweitrangig einzustufen. Vereinzelt auftretende Divergenzen in der belgisch-französischen Allianz waren im betrachteten Zeitraum nicht von grundsätzlicher Natur und wurden in jedem Fall infolge der gemeinsamen Gegnerschaft zum Reich relativiert. Im Interesse der Ubersichtlichkeit wird daher in den folgenden Ausführungen vereinfachend, aber nicht verfälschend die französisch-belgische Position im Währungskonflikt mit dem Deutschen Reich als relativ homogen angesehen und behandelt werden. Die währungspolitischen Pläne und Überlegungen der französischen Administration in der Phase des endgültigen Verfalls der Mark, April bis September 1923 Während des Verlaufs der deutschen Stabilisierungsaktion blieben die Vorbedingungen für eine schnelle Verwirklichung der französischrheinischen Bankpläne unverändert ungünstig. Aus Kontaktgesprächen mit Bankiers im Rheinland mußten die Franzosen immer wieder erfahren, daß keine Geschäftsbank die Währungsreform zu unterstützen bereit war, „car ces banques risqueraient, en l'état actuel des choses, de se voir coupés, par la Reichsbank, tout crédit d'escompte". 114 Allerdings bestand im französischen Lager Einigkeit in der Einschätzung, daß die Reichsbank ihre Aktion nicht unbefristet würde fortsetzen können und daß es deshalb darauf ankäme, im Moment des endgültigen Zusammenbruchs der Mark zügig mit einer Alternativwährung

112

Note sur la Question

Rhénane

au Point de Vue Belge et Italien,

Papiers

Tirard,

6384/32 c, undatiert, A N . 113

D u r c h die Inflation wurden die belgischen M a r k b e s t ä n d e derartig entwertet, daß

sich die belgische N a t i o n a l s c h u l d allein bis z u m Februar 1923 einseitig u m 7350 Millionen G o l d f r a n c erhöhte; vgl. K o r r . S t r o n g - L o g a n v o m 2 3 . 2 . 1 9 2 3 , S. 6: 797 ( R e p a r a tions), 114

FRBA. S o C . von Stein gegenüber Baignères am 12. 3 . 1 9 2 3 : Papiers Tirard,

o. A z . , A N .

6383/32 b — 2 ,

Währungspolitische

Pläne der französischen

Administration

45

nachzusetzen. 115 Tirard bekräftigte Mitte April, als der erwartete Kollaps noch ausstand, daß „toutes mésures doivent . . . être prises pour préparer son (der Reform) succès au moment où les circonstances deviendraient favorables". 116 Die Reichsbank beendete ihre Stabilisierungsaktion am 18. April und gab damit den Weg für den endgültigen Kaufkraftverlust der Mark frei, der über die Répudiation im Kleinverkehr in eine reichsweite Versorgungskatastrophe münden sollte. Ob die Gründe für den Abbruch in der Erschöpfung ihrer Goldreserven, im gegenüber den französischen Invasoren erzielten nationalen Solidarisierungserfolg oder aber im Gegenteil in mangelndem nationalen Konsens zu suchen waren, kann hier nicht entschieden werden. 117 Die französische Administration setzte jedenfalls zu diesem Zeitpunkt noch nicht unmittelbar nach, sondern ließ sich mit dem erneuten Anlauf zu Realisierung ihres Bankprojekts bis in den September des Jahres Zeit — ein Verhalten, das angesichts der Zeitspanne, die von der Freigabe des Wechselkurses der Mark bis hin zu deren völliger Zurückweisung in der Bevölkerung erforderlich war, rückblickend als durchaus angemessen zu bewerten ist. Da die französischen Quellen für diese Zeitspanne eine Vielfalt neuer Entwürfe und ad-boc-Vorschläge zur Bereinigung der Währungssituation im Rheinland verzeichnen, kann aber gerade hier der Eindruck einer gewissen Kor zeptions- und Ratlosigkeit innerhalb der Administration entstehen. Zur Klärung des Stellenwerts dieser Überlegungen und Memoranden, die schon aus Platzgründen im folgenden nicht zu ausführlich geschildert werden A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 4110/S vom 1 5 . 3 . 1 9 2 3 , A N . A.a.O., 6383/32 b—2, Az. 4215/S/ATRP vom 1 3 . 4 . 1 9 2 3 , A N . 117 Der schon mehrmals erwähnte 43. (U n ter such un gs) Ausschuß zur Prüfung der Wirkung der Maßnahmen zur Stützung der Mark (R 2/2419, BA) war vom Reichstag eingesetzt worden, um die Hintergründe des Abbruchs der Aktion zu klären. Der insbesondere von der demokratischen Linken gehegte Verdacht gegen die Schwerindustrie im allgemeinen und Hugo Stinnes im besonderen, die Markstützung ausgenutzt und endlich durch hemmungslose Markverkäufe bzw. Devisenhortungskäufe zu Fall gebracht zu haben, ließ sich aber nicht erhärten. Stinnes selbst hatte aus seiner Opposition gegen die deutsche Währungspolitik gar keinen Hehl gemacht, legte aber Wert darauf, daß er ihr auch nicht in den Rücken gefallen war. Vgl. dazu Nachlaß Stinnes, 1-220, 022/2 und 026/3, Briefwechsel zwischen Stinnes und Finanzminister Hermes im März 1923, A C D P ; ferner Stinnes' Schreiben an Havenstein (1-220,039/1, ACDP) vom 2 7 . 4 . 1 9 2 3 , das als Reaktion auf die Anspielungen in der Rede des Reichsbankpräsidenten vor dem Zentralausschuß vom 24. 4. (abgedruckt im Berliner Börsen Courier vom 2 4 . 9 . 1 9 2 3 ) zu verstehen ist. Dazu auch Peter Wulf, Hugo Stinnes. Wirtschaft und Politik 1918—1924, Stuttgart 1979, S. 477—482. 1,5

116

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II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

können, sollte man sich jedoch die Interessen und die Stellung der einzelnen Exponenten innerhalb der französischen Verwaltung vor Augen führen. An erster Stelle ist hier Paul Tirard zu nennen, der ohne Zweifel der bedeutendste und manchmal sehr hartnäckige Widersacher Lasteyries war. Sein stetes Drängen auf entschlossenere Maßnahmen gegen die Deutschen, sein mitunter provokant undiplomatisches Auftreten gegenüber den anderen Hochkommissaren und seine manchmal unrealistischen Vorschläge zur Lösung des Währungsproblems verrieten, daß er, von dem begrenzten Aufgabenbereich des Hochkommissariats vereinnahmt, wenig Verständnis für die internationale Interessenkonstellation entwickelte, in die das Ringen zwischen den beiden kontinentalen Großmächten eingebettet war. Aber auch unter Berücksichtigung dieser Schwäche Tirards ist hervorzuheben, daß er für Paris zu keiner Zeit ein Problem darstellte. Tirard reichte in aller Regel seine Vorschläge bei Poincaré ein und erfuhr dann — gleichfalls in aller Regel — , daß sie abgelehnt worden waren. Selbst wenn er sich einmal dazu verstieg, von seinen Plänen nicht sofort abzulassen, genügte ein Protest des Finanzministers, ihn wieder zu der Handlungsweise zu veranlassen, die seiner prinzipiellen Unterordnung unter die Zentralgewalt in Paris entsprach. In solchen Fällen pflegte sich der Kommandeur der Besatzungstruppen an der Ruhr, General Degoutte, als Korrektiv gegenüber Tirard zu bewähren. Degouttes Anregungen und Vorschläge ließen keinerlei besondere Abweichungen von den Richtlinien des Finanzministeriums erkennen. Sofern sie sich durch eine pointierte Intention auszeichneten, den passiven Widerstand zu brechen, war das darauf zurückzuführen, daß das Ruhrgebiet Paris als Pfand und als Druckmittel gegen das Reich dienen sollte, nicht aber in die französischen Pläne zur Abspaltung des Rheinlands einbezogen war. Lasteyrie und seine Berater, auf deren interne Meinungsverschiedenheiten hier nicht eingegangen werden kann, waren sowohl die geistigen Urheber des Bankplans wie auch andererseits strikt darum besorgt, im Interesse der französischen Staatsfinanzen keine voreiligen Schritte zu unternehmen. Die internationale Stellung des Franc hatte in Lasteyries Denken verständlicherweise absolute Priorität, was hinsichtlich der Bankpläne um die unumstößliche Vorbedingung ergänzt wurde, daß rheinische Wirtschaftsinteressen von sich aus den Anstoß zur Währungsreform geben mußten. 1 1 8 Nur dann würde es möglich sein, die 118

M. Trachtenberg, Reparation in World Politics..., S. 271, charakterisiert Lastey-

Währungspolitische Pläne der französischen

Administration

47

finanzielle Belastung des Trésor in Grenzen zu halten, weil rheinisches Kapital selbst einen Teil der erforderlichen Garantie beisteuern müßte. Zudem konnte mit dem rheinländischen Bedürfnis nach stabilem Geld das französische Vorgehen vor einer Weltöffentlichkeit gerechtfertigt werden, die den französischen Interessen in zunehmendem Maße ablehnend gegenüberstand. Diese Sicht wurde von Raymond Poincaré, der letzten Endes die Entscheidung traf, geteilt. Der Premier befürwortete das Bankprojekt gerade wegen dessen politischen Implikationen aus ganzem Herzen und war daraüf bedacht, für die Gründung des zukünftigen autonomen Rheinstaats, der in den vom Franc beherrschten Wirtschaftsraum integriert werden sollte, internationale Unterstützung zu mobilisieren. Schon fünf Tage nach dem Abbruch der deutschen Stabilisierungsaktion bedeutete er Lasteyrie, daß er der Währungsreform im Rheinland wegen ihrer politischen Konsequenzen größte Wichtigkeit beimaß. 119 Da der vorsichtige Finanzminister aber keine Anstalten machte, das Bankprojekt sofort wieder aufzugreifen, und die ungehemmt sich fortentwickelnde Hyperinflation die produktive Ausbeutung des „gages" zu erschweren drohte, trat zunächst Tirard auf den Plan. Jeder Betrag, der abgezogen wurde, alle deutschen Gelder, die konfisziert wurden,120 waren der rasanten Entwertung unterworfen und stellten schon bei der Ankunft auf den Besatzungskonten nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Wertes dar. Hinzu traten die sich verschärfenden Probleme bei der Entlohnung der Arbeiter und im Kleinhandel. In der Hochkommission zog man daraus die Konsequenz, die alten Pläne zur Ausgabe eines vom Franc gedeckten Goldnotgeldes zu reaktivieren.121 Tirard selbst wärmte im Juli seine Idee von der Einführung des Franc in die besetzten Gebiete wieder auf: „Je crois que un franc rhénan émis à la

rie Ende 1922 als absoluten Gegner des Rheinmarkprojekts. Diese Einschätzung bedarf einer Korrektur: Lasteyrie opponierte zwar gegen eine vom Franc zu finanzierende Rheinmark, setzte sich aber für eine privat oder international finanzierte Währungsreform genauso ein, wie es die wirtschaftlich orientierte Gruppe um Seydoux (a. a. O., S. 270) tat. Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 6165/ATRP vom 23.4.1923, AN. 120 Nach den Angaben der Reichsbank waren in den besetzten Gebieten bis zum 10. Juli 1923 insgesamt 203 655 556185 Mark von den Besatzern konfisziert worden: OV 34/71 — Reichsbankdirektorium Nr. 165, Bank of England Archives (BEA), London. 121 Projet d'une caisse de conversion émettant des bons-or en TO, Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 245/F vom 14.6.1923, AN.

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II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

parité du franc français constitue la solution du problème monétaire qui présente le moins d'aléa." 1 2 2 U m die Möglichkeit auszuschließen, daß auf diese Weise das Rheinland zum reichsdeutschen Selbstbedienungsladen für französische Franc gemacht wurde, wollte Tirard vor der Neuemission alle im Rheinland umlaufenden Banknoten abstempeln lassen. Lasteyrie war indessen noch nicht dazu zu bewegen, dem Drängen Tirards nachzugeben oder gar die Einführung des Franc ernstlich ins Auge zu fassen. Ein V o r s t o ß des Kölner Bankiers und Handelskammerpräsidenten Louis Hagen in Sachen Währungsreform hatte im Juli eine wütende deutsch-rheinische Pressekampagne entfacht und war von Paris zum Beleg dafür genommen worden, daß die Zeit für ein definitives Handeln noch nicht reif war. 1 2 3 Tirard mußte sich damit abfinden, daß weder das Finanzministerium noch die belgische Regierung im Augenblick an einer Weiterverfolgung der Bankpläne interessiert waren, 1 2 4 und wurde von Lasteyries Order an Dégoutté „de faire suspendre le plutôt possible le paiement en francs des mandats émis en marks" 1 2 5 in Kenntnis gesetzt. Diese Haltung war Tirard einfach unverständlich. Er drängte erneut auf eine Notgeldausgabe für die Armee und entwarf darüber hinaus einen neuen Bankplan, der — vergleichbar der Danziger Reform — unter der Kontrolle des Völkerbunds und im Zusammenhang mit einer Verwaltungsreform in die Wege geleitet werden sollte. 1 2 6 Poincaré lehnte diesen Plan ab und führte in seiner Antwort vom 13. August aus, daß weder er noch Lasteyrie die französische Notgeldausgabe für sinnvoll hielten. Dégoutté hatte sich sogar dafür ausgesprochen, jegliche Notgeldausgabe kategorisch zu untersagen, mit dem Hintergedanken, über diese Verschärfung der Krise den passiven Widerstand zu schwächen. 1 2 7 Da Tirard aber trotzdem einen ausführlicheren Entwurf seines Vorschlags zur Bankgründung und Währungsreform nach dem Danziger Vorbild nach Paris übermittelte, 1 2 8 sah sich Lasteyrie bemüßigt, darauf hinzuweisen, daß der dem Dariac-Bericht entlehnte Gedanke der

122 123 124 125 126 127 128

Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 0766/ATRP/FC/3 vom 5.7.1923, AN. A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 4517/ATRP vom 12.7.1923, AN. A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 13410/FC/3 vom 16.7.1923, AN. A. a. O., 6380/1.—a, Az. HCITR 28958/F vom 19.7.1923, AN. A. a. O., 6383/32b—2, Az. 4584/S/ATRP/3/FC vom 6.8.1923, AN. A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 9410/ATRP, AN. A. a. O., 6383/32b—2, Az. 1610/ATRP/FC/3 vom 17.8.1923, AN.

Währungspolitische Pläne der französischen

Administration

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Verwaltungsreform schon an der Tatsache scheitern mußte, daß im Rheinland nicht genügend anti-preußisches Personal vorhanden war.129 Allerdings fand der Vergleich mit Danzig in Paris rein formell Gefallen und wurde im Spätherbst gegenüber der Bank von England, die das Danziger Modell finanziert hatte, noch einmal ins Gespräch gebracht. Im August trat aber aufgrund des fortschreitenden Wertverfalls der Mark allmählich die von den Franzosen erwartete Entwicklung ein, daß rheinische Geschäftsleute — vom Kleinhändler an der Ecke bis hin zum großen Bankier — sich aus eigenem Antrieb an die Hochkommission wandten, um von ihr einen Ersatz für die Mark zu fordern. Die Akten der Kommission verzeichneten eine steigende Anzahl von Petitionen und Resolutionen, die um die Einführung oder Legalisierung des Franc als Zahlungsmittel baten. 130 Lasteyrie registrierte das anwachsende Bedürfnis, sperrte sich aber noch gegen alle derartigen Ansinnen 131 und optierte dafür, einzelnen Gemeinden vorläufig die Ausgabe von eigenem Notgeld zu genehmigen. Parallel dazu verlangte er von Tirard zu prüfen, ob sich die bisherige Stimmung innerhalb des Rheinlands aufgrund der aktuellen Krise nicht gewandelt habe und ob es jetzt Interessengruppen gäbe, die zusammen mit französischen und belgischen Großbanken Kapital für eine neue Notenbank zur Verfügung stellen würden. Sein Plan entsprach in den Grundzügen dem im Herbst des Vorjahres vorgelegten Entwurf. Lasteyrie schloß eine direkte Beteiligung des französischen Staates nach wie vor aus132 und setzte vielmehr darauf, daß der Ausfall der Mark die Bereitschaft der Rheinländer zur Versorgung der Bank mit Kapital hinreichend stimulieren würde. Gegenüber Poincaré betonte er diesen Aspekt aufs neue und legte dar, daß die nächstliegenden Aufgaben der Hochkommission nurmehr koordinierenden Charakter hätten: „ . . . si une réforme monétaire doit réussir en Rhénanie, c'est par le concours des rhénans eux-mêmes. Les événements actuels, dissipant les dernières illusions sur l'imminence de la catastrophe monétaire allemande ont sans doute chance de modifier les principaux intéressés.

Lasteyrie an Poincaré am 22.8.1923: A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 439 S. A. Vgl. Schreiben von Karl Oehmen vom 13.8.1923; La monnaie rhénane vom 17.8.1923: A. a. O., 6383/32b—2; ferner Az. 1149/SP vom 23.8.1923: A.a.O., 6382/32 a, AN. 131 A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 9525/ATRP vom 18.8.1923, AN. 132 Tirard an Giscard am 16.8.1923: A. a. O., 6383/32 b—2, AN. 129

150

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

50

Mais il restera alors encore ä grouper les initiatives hesitantes, a les coordonner en vue de l'action definitive.. .M133 Auch in der Zusammensetzung und Struktur der rheinischen Interessengruppen selbst machte sich im Spätsommer 1923 ein Wandel bemerkbar, der wie ein günstiges Omen für die französischen Pläne wirken mußte. Anders als zuvor suchten nicht mehr nur dezidiert separatistisch eingestellte Personen oder Gruppen den Kontakt mit der französischen Verwaltung, sondern auch wirtschaftlich wie politisch wichtige Führungspersönlichkeiten, die ihre deutsch-nationale Einstellung nicht verhehlten, aber zu erkennen gaben, daß sie sich einzig und allein unter dem Druck der Verhältnisse zur Kollaboration mit der Besatzungsmacht bequemt hätten. So empfing Tirard am 5. September das Aufsichtsratsmitglied Ganz vom Barmer Bankverein, der für den Fall der Währungsreform Beteiligungen der Darmstädter und der Dresdner Bank in Aussicht stellte. Ganz bot an, mit Reichskanzler Stresemann in Verbindung zu treten und ihm klarzumachen, daß er sich mit der Perspektive eines separaten rheinischen Staatswesens, sei es nun völlig autonom oder föderativ dem Reich angegliedert, abzufinden hätte. 134 Tirard reagierte auf diesen Vorschlag kühl und empfahl dem Deutschen, seine Verbündeten lieber unter den Rheinländern zu suchen. In Paris jedoch riefen Tirards Berichte über den Stimmungsumschwung großes Interesse hervor. 135 In der T a t war die deutsche Politik mittlerweile in eine verzweifelte Situation geraten. Mit der Repudiation der Mark schwand nicht nur jede Möglichkeit der Finanzierung des passiven Widerstands, sondern es verstärkte sich innerhalb der rheinischen Wirtschaft auch die Tendenz, an die de-facto-Gewalt der Hochkommission zu appellieren und so deren Vorrang vor dem deutschen Hoheitsanspruch anzuerkennen. Stresemanns letzte Hoffnung, den Widerstand durch Kredite aus London weiterhin aufrechtzuerhalten, scheiterte Anfang September an der britischen Ablehnung, 136 woraufhin sich die Stimmen im Rheinland mehrten, die wie als Echo auf die ausweglose Lage eine wenigstens vorübergehende Separation im Interesse der Wirtschaft befürworteten. 137

133 134 135 136 137

A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 9087/HCITR/C vom 17.8.1923, AN. A. a. O., 6383/32 b—2, Telegr. Nr. 432 vom 5.9.1923, AN. A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 5518/S. A. vom 26.9.1923, AN. FO 371-8654: C 15459/1/18 vom 7.9.1923, PRO. FO 371-8654: C 15808/1/18 vom 10.9.1923, PRO.

Die Rheinisch-Westfälische

Notenbank

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Auf der anderen Seiten stellten sich jetzt auch der französischen Administration neue und drängende Probleme: „Les ouvriers, sachant que nous pouvons payer en francs, sous menace de grève ou de départ, exigent des payments en francs; et les Services, devant l'impossibilité de fixer des salaires en marks, ont tendance pour simplifier leur tâche, à accéder à cette demande..." 1 3 8 Es ist der französischen Politik aufgrund der Existenz dieses Drucks zur weitergehenden Verbreitung des Franc zugute gehalten worden, daß ihre Maßnahmen vielfach auf adhoc-Entscheidungen zurückzuführen waren, die nur als Reaktionen auf die unmittelbaren Sachzwänge verständlich waren und ohne das Vorhandensein eines übergreifenden Plans gefällt wurden. Demgegenüber soll in den Ausführungen des folgenden Kapitels der Nachweis erbracht werden, daß die französische Währungspolitik in den besetzten Gebieten in jeder Hinsicht von anderen Motiven und Interessen geleitet wurde als dem rein sachbedingten Willen zur Aufrechterhaltung des Wirtschaftslebens. Die Rheinisch-Westfälische Notenbank im Zentrum der französischen Währungspolitik im Rheinland, September 1923 bis Februar 1924 Für die Zeit von Herbst 1923 bis zum Frühjahr 1924 läßt sich die französische Währungspolitik am Rhein in drei verschiedene Betätigungsfelder gliedern, die für sich gesehen Anlaß boten, als rein sachbezogene und reaktive Maßnahmen bewertet zu werden. Unterstellt man der französischen Administration in ihren Bemühungen zur Reglementierung der Notgeldausgaben aber das Ziel, das rheinische Währungschaos zu beseitigen, so muß verwundern, daß und wie die Franzosen versuchten, deutschen Ansätzen mit derselben Intention entgegenzuarbeiten. Das französische Verhalten war freilich weder widersprüchlich noch etwa von Zielkonflikten gehandikapt. Im Bemühen um den Erfolg der angestrebten Bankgründung war es ebenso angebracht, Notgeldemissionen im Bereich und unter der Hoheit der interalliierten Hochkommission zu fördern und damit auf die Art und Weise der Notgeldausgabe ebenso Einfluß zu nehmen, wie die französische Zuständigkeit für rheinische Währungsbelange zu unterstreichen, wie es sinnvoll war,

138

Note sur la situation monétaire en territoire occupé au 17. Septembre, Papiers Tirard, 6380/1.—a, Az. 385/F, AN.

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II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

deutsche Notgeldprojekte als potentielle Hindernisse für die Ziele der Besatzungsmacht von vornherein zu unterbinden. In dem Bemühen, die drei Handlungsbereiche getrennt darzustellen, ohne ihre Interdependenz zu leugnen, wird im folgenden Abschnitt zunächst auf die französische Notgeldpolitik in ihrem vorbereitenden Charakter für die Bankgründung, dann auf die Vorbereitung der Bankgründung selbst und schließlich auf die flankierenden Maßnahmen zur Absicherung des Erfolgs der Bank wie der geplanten Währungsreform eingegangen werden. Auf allen drei Feldern ist die Hartnäckigkeit bestechend, mit der die französische Politik das einmal beschlossene Ziel verfolgte: Für den Vorwurf mangelnder Entschlossenheit und Tatkraft gibt diese Phase französischer Präsenz am Rhein jedenfalls kein Material her. 1. Die administrative Vorbereitung der Währungsreform auf dem Notgeldsektor Paul Tirard hat im nachhinein die französische Notgeldpolitik im Rheinland als rein ordnungspolitische Reaktion auf den Währungsnotstand charakterisiert. 139 Dem ist teilweise zuzustimmen. Das Ausbleiben jeglichen wertstabilen Geldes hätte das Wirtschafts- und Verwaltungsleben in den besetzten Gebieten völlig zum Erliegen bringen können. Eine existentielle Versorgungskrise konnte dann möglicherweise Unruhen und Hungeraufstände auslösen, die gegen die tatsächliche Regierungsgewalt, also die Hochkommission, gerichtet waren. Auf der anderen Seite konnten die Franzosen die im September wieder ins Auge gefaßte rheinische Separatwährung noch nicht einführen, da der politische Widerstand gegen die Separation noch groß genug war, um die Besatzungsmacht als Subjekt der Aktion anprangern zu können: Ein erneutes Aufflackern des schon in den letzten Zügen liegenden passiven Widerstands konnte nicht ausgeschlossen werden. Vor dem Hintergrund der beiden Ziele — Aufrechterhaltung des Wirtschaftslebens und Offenhaltung der Lage für die Währungsreform — wird indessen die Problematik des französischen Vorgehens ver-

139 Paul Tirard, La France sur le Rhin. Douze années d'occupation rhénane, Paris 1930, S. 388—390; Belege dafür, daß die unkontrollierten Notgeldemissionen auch bei den deutschen Behörden Besorgnis erregten, finden sich u. a. in den Akten der Niederrheinischen Handelskammer Duisburg-Wesel, 7.8.1923 ff., Abt. 20 Nr. 515/20, RheinischWestfälisches Wirtschaftsarchiv (RWWA), Köln.

Die Rheinisch-Westfälische

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ständlich: Die Einführung der N o t g e l d e r b o t einerseits die Möglichkeit, primitivere Geldfunktionen aufrechtzuerhalten und den D r u c k auf den F r a n c zu mildern, verstärkte aber andererseits die Gefahr, daß in bezug auf die geplante Neuwährung feste T a t s a c h e n geschaffen wurden, die ihr später z u m Hindernis werden konnten. Die erste R e a k t i o n der H o c h k o m m i s s i o n auf die zunehmende und unkontrollierte Notgeldausgabe durch kommunale und regionalwirtschaftliche E m i t t a n t e n war es, V e r t r e t e r von W i r t s c h a f t , Banken und Verwaltung des Rheinlands zu einer K o n f e r e n z einzuladen, die zusammen mit den alliierten Finanzberatern Vorschläge zur administrativen Handhabung der Situation ausarbeiten sollten. Die am 6. Sept e m b e r zusammengetretene Versammlung wurde z u m „comité special" erklärt und mit folgenden Aufgaben betraut: 1. Beratung über den Inhalt einer von der H o c h k o m m i s s i o n vorgeschlagenen O r d o n n a n z , die die provinzweite Vereinheitlichung der Notgeldausgaben bezweckte; 2. U n t e r s u c h u n g der Möglichkeit von Zusammenschlüssen k o m m u n a ler E m i t t a n t e n ; 3. Erstellung einer Liste von Emissionsberechtigten; 4. Kodifizierung der Beschlagnahme illegaler N o t g e l d e r . 1 4 0

140

Teilnehmer waren für

— die Pfalz: Bayersdörfer (Präsident des Kreisausschusses von Neustadt/Hardt), Born (Notgeldreferendar), Brulloph (Reichsbank Ludwigshafen), Kohl (Pfälzer Bank, N e u s t a d t / H . ) , Kleefoot (Präsident des Syndikats von Ludwigshafen), Bley (Industrieller und Separatist) und Schmelzle (Oberbürgermeister von Pirmasens); — Rheinhessen: Strecker (Beamter, Mainz), Schmitt (Barmer Bankverein, Mainz), Wilhelm v. Opel, Machenheimer (Opel), Kronenberger (Bankier, Mainz), Reins (Mainzer Volksbank), Ehrhardt (Mainz); — Wiesbaden: Bieser (Beamter), Schulte (Stadtverwaltung), Palm (Wiesbadener Bank), Hertin (Rheinische Volksbank); — Koblenz: Rüssel (Oberbürgermeister), von Brachel (Bank Seligman), Mayer-Alberti (Industrieller), von Salis-Soglio (Landrat), Nathan (Industrieller), Geiss (Bankier, Boppard), Weil (Kreuznach) und Hansen (Industrieller, Neuwied); — T r i e r : Cossmann (Beamter), Rauterstrauch (Handelskammer), Beuerungen (I.andratsamt), Baur (Sparkasse Daun); — Bonn: Kirsten (Kämmerer), Goldschmidt (Bankier), Kutsche (Handelskammer), Overhues (Oberbürgermeister von Düren), Z u m Kley (Syndikat Düren) und Weidmann (Deutsche Bank); — Köln: Suth (Bürgermeister), Lutze, Bendix (Industriellensyndikat), Lichtschlag (Reichsbank Köln); — Aachen: Servais (Stadtverwaltung), Schiffers (Handelskammer), von R e u m o n t

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II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

Noch vor seinen eigentlichen Aufgaben lag die Bedeutung des Treffens jedoch zunächst einmal in den Umständen seines Zustandekommens. Die Hochkommission hatte mit der Einladung ihren Anspruch auf die währungspolitische Oberhoheit im Rheinland angemeldet. Da hinter dieser Einladung die unausgesprochene Drohung stand, gegebenenfalls ohne Konsultation der Deutschen kraft eigener Gewalt Beschlagnahme und Verbot von Notgeldern anzuordnen, blieb den Eingeladenen kaum eine andere Wahl, als der Aufforderung zu dem Treffen Folge zu leisten. Das „comité special" schuf in kürzester Zeit zwei Unterausschüsse, die sich mit den einzelnen Punkten der von der Hochkommission vorgelegten Listen beschäftigten und schließlich der von den drei Finanzberatern vorgeschlagenen Ordonnanz ihre Zustimmung gaben. Dieser Erlaß mit der laufenden Nummer 212 141 unterwarf jegliche Notgeldausgabe im Rheinland dem Gutdünken der Hochkommission, legte die Kriterien für die materiellen Sicherheiten der Emissionen fest und proklamierte das Recht der Besatzungsbehörden, alle anderen Notgelder zu beschlagnahmen. Da die Ordonnanz die Bildung eines ständigen „Comité Monétaire Special" forderte, erklärten 39 der Deutschen ihre Bereitschaft zur Mitarbeit 142 und vereinbarten als ersten Sitzungstermin den 1. Oktober 1923. 143 Am gleichen Tag trat die Ordonnanz 212 in Kraft. Auf dieser ersten Sitzung wurde auf eigenen Antrag hin der Bankier von Stein ins Komitee aufgenommen — beileibe keine Selbstverständlichkeit, wie die Ablehnung des Bankiers Geiss aus Boppard am folgenden Tag zeigte 144 — und beschlossen, alles unter der Aufsicht der Hochkommission ausgegebene Notgeld mit den Aufdrucken „Umlauffähig in der ganzen Rheinprovinz" und „Gültig bis zum 1. April 1924" zu versehen. 145

(Landrat), Kipgen (Eschweiler Bergwerkverein), Dörner (Schaafhausen'scher Bankverein); — Krefeld: Johannsen (Oberbürgermeister), Eich (Deutsche Bank) und Croon (Handelskammer Gladbach): nach dem Bericht von Giscard, Papiers Tirard, 6382/32 a, Az. 16899/FC/3 vom 11. 9. 1923, AN; vgl. auch Nachlaß Adenauer, 902-253-3, S. 671, StadtA Köln. 141 Papiers Tirard, 6382/32 a, Ordonnanz vom 24.9.1923, AN. 142 Ebda., Artikel 2. 143 A. a. O., 6382/32 a, Az. 18471/FC/3 vom 28.9.1923, AN. 144 A. a. O., 6384/32 c—3, Az. 18654/FC/3 vom 2.10.1923, AN. 145 Projet de Proces-Verbal de la Séance tenue le 1er Octobre 1923 avec le Comité Monétaire Special, Papiers Tirard, 6382/32 a, AN.

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Mit diesem vorläufigen Ergebnis hatte Tirard drei die Währungsreform begünstigende Vorbedingungen realisiert: Zum ersten war mit dem „Comité Monétaire Special" ein Ansprechpartner gefunden worden, den man im Hinblick auf die Erfolgsaussichten der Währungsreform permanent konsultieren konnte und über den Kontakte bis hinein in die regionalen Verästelungen der rheinischen Wirtschaft herstellbar waren. Lasteyrie erkannte die Möglichkeit sofort und bekundete den Willen, die Gelegenheit zu nutzen: „J'attache un intérêt particulier à la constitution du Comité rhénan avec lequel le Haut Commissaire peut entrer en négociations en vue d'une véritable réforme monétaire." 146 Zum zweiten hatte man mit der stillschweigenden Grenzziehung zwischen Rheinprovinz und Ruhrgebiet — dessen Vertreter nicht eingeladen worden waren — klargestellt, welches Territorium für die Währungsreform in Frage kam. Das Ruhrgebiet blieb der Obhut Degouttes überlassen, der für die Ausbeutung der „produktiven Pfänder" zuständig war und die Maßnahmen Berlins zu durchkreuzen versuchte, aber keinerlei Rücksicht auf die politische Zukunft seiner Zone nehmen mußte. Zum dritten war, ganz unabhängig von der konkreten Gestalt der zukünftigen Währung des Rheinlands, ein durch die oben erwähnten Aufdrucke vereinheitlichtes und legitimiertes Zonengeld geschaffen worden, das sowohl den strengen Vorschriften der Ordonnanz hinsichtlich der Vermögensgarantien der Emittanten entsprach als auch per definitionem provisorisch war und deshalb die endgültige Lösung nicht nur offenließ, sondern geradezu forderte. Tirard und seine Berater hatten sich nicht von ungefähr zu der Zeit, in der sie die Ordonnanz vorbereitet hatten, intensiv mit dem Problem beschäftigt, wie sie die rheinische Initiative zur Schaffung einer Notenbank im Sinne der Pläne Lasteyries stimulieren konnten, ohne selbst allzu deutlich als deren eigentliche Urheber hervortreten zu müssen. 147 Und in ebendiesen Tagen bestärkte der Finanzminister in Paris Poincaré in der Hoffnung, daß der Plan vom August des Vorjahres doch noch eine reelle Erfolgsaussicht hatte. Er sah den Zeitpunkt angesichts der näherrückenden Niederlage des deutschen Widerstands für geeignet an, einen zweiten Anlauf zur Schaffung einer rheinischen NotenLasteyrie an Poincaré am 8.10.1923, a. a. O., 6382/32 a, Az. 418/ATRP, A N . Plan d'action monétaire en pays occupé, beraten von Tirard, Bréaud, Strohl, Decamps, Hermant und Dayras: A. a. O., 6383/32b—2 vom 24.9.1923, A N . 146

147

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II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

bank einzuleiten: „ . . .j'ai fait commencer immédiatement les pourparlers avec les groupes financiers susceptibles de s'intéresser à l'opération..."148 Bevor wir uns jedoch der Notenbankinitiative selbst und ihrem Fortgang widmen, soll als Beispiel für das Anliegen der französischen Notgeldpolitik die Entwicklung in der Pfalz hervorgehoben werden. Tirard selbst hat in seinem Rechenschaftsbericht die Notgeldausgaben der Badischen Anilinwerke und der Pfälzer Handelskammer als vorbildlich im Sinne der Politik der Hochkommission bezeichnet. 149 Da auch die politische Entwicklung in der Pfalz — bis hin zur Ausrufung einer Pfälzer Republik — den französischen Ambitionen weitestgehend entsprach, kann mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß hier die Zwecke der französischen Notgeldpolitik am deutlichsten zutage traten. Am 2. Oktober 1923 versammelte sich eine Reihe von führenden Geschäftsleuten des Pfälzer Wirtschaftsraumes auf eine Einladung der Handelskammer in Ludwigshafen hin und forderte die Gründung eines Instituts zur Emission eines Ubergangszahlungsmittels. „La nécessité de cette banque leur est apparue que, disent-ils, le territoire occupé étant séparé économiquement de l'Allemagne non occupé . . . Les succursales des banques D, dont la politique est dirigée par Berlin, ne répondent plus au système économique local et à la nécessité de s'orienter vers l ' O u e s t . . . " . 1 5 0 Die Hochkommission schlug den Pfälzern vor, eine Generalversammlung einzuberufen und ein Direktorium zu wählen, das die Gründung des Notenausgabeinstituts einleiten konnte, beharrte aber darauf, daß alle Mittel für das Grundkapital von den besitzenden Klassen in der Pfalz selbst aufgebracht werden mußten. 151 Sie entsprach damit dem Willen Lasteyries, jede Notgeldausgabe ausschließlich zu Lasten der betreffenden Emittanten zu finanzieren. Darüber hinaus herrschte in der Ludwigshafener Niederlassung der Hochkommission die Meinung vor, daß zahlreiche Geschäftsleute Franc in größeren Mengen thesau-

1.8

A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 2469 vom 2 8 . 9 . 1 9 2 3 , S. 3, A N . P. Tirard, La France sur le Rhin..., S. 390; eine kurze Darstellung der Probleme in der Pfalz unter französischer Besatzung bei Josef Wysocki, Von der Gründerzeit zu den zwanziger Jahren. Die wirtschaftliche Entwicklung der Pfalz in den Berichten der Lud1.9

wigshafener

Handelskammer,

in: Tradition,

14. Jg. (1969), S. 65—88, insbes. S. 84 f.

150

Papiers Tirard,

151

A. a. O., 6384/32 c, Az. 5 9 1 4 / E C / 3 vom 12.10.1923, A N .

6384/32 c, Az. 2 6 6 2 / A T R P vom 1 2 . 1 0 . 1 9 2 3 , A N .

Die Rheinisch-Westfälische

Notenbank

57

riert hatten und eine regionale Stabilisierung eine gute Gelegenheit bot, diese Devisenreserven zum Vorschein zu bringen. 152 Sei es, daß die Pfälzer auf die Einführung des Franc spekulierten, sei es, daß sie auf eine reichsweite Währungsreform hofften: noch fand sich kein vermögendes Interesse dazu bereit, eigenes Kapital für das Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Der Notgeldantrag der Ludwigshafener Handelskammer wurde deshalb gemäß den Bestimmungen der Ordonnanz 212 von der Hochkommission abgelehnt. 153 Tirards Finanzberater Giscard versuchte aber unterdessen, das mit der Ordonnanz gelegte Fundament zu einem administrativen währungspolitischen Netzwerk auszubauen, das über die gesamte Rheinprovinz ausgelegt werden sollte. Am 20. Oktober erließ die Hochkommission einen Zusatz zur Ordonnanz 212, der das Rheinland in neun Zirkulationszonen, nämlich Pfalz, Rheinhessen, Wiesbaden, Trier, Koblenz, Bonn, Köln, Aachen und Düsseldorf (linkes Rheinufer) aufteilte, innerhalb derer die Zahl der Emittanten möglichst niedrig gehalten werden sollte. 1 5 4 Da Opel und MAN-Werke ihre Anträge zurückgezogen hatten und derjenige der Ludwigshafener Handelskammer abgewiesen worden war, kamen für die Pfalz zunächst nur die Badischen Anilinwerke für eine Autorisation in Frage. 155 Nachdem das Beispiel Ludwigshafens gezeigt hatte, daß der wirtschaftliche Druck auf die vermuteten Devisenhorte noch nicht groß genug war, flankierte Tirard seine Verständnisbekundungen gegenüber dem Bedürfnis nach wertstabilem Geld durch die entschlossene Obstruktion aller Versuche der deutschen Behörden, dieses Bedürfnis ihrerseits zu befriedigen. Wurden vom 1. Oktober an keine neuen Notgeldausgaben im Rheinland mehr toleriert, so ignorierte die Hochkommission auch den vom 12. September datierten Versuch der hessischen Landesregierung, die Notgeldausgabe zu vereinheitlichen, 156 und verbot den Banken im Rheinland, Dollarschatzanweisungen und Reichsgoldanleihen zu akzeptieren. 157

A. a. O., 6384/32c, Az. 5886/EC/13 vom 11.10.1923, AN. A. a. O., 6382/32a, Az. 2755/ATRP vom 18.10.1923; 6383/32b—2 o. Az. vom 18.10.1923, AN. 154 A. a. O., 6384/32 c—3, AN. 155 A. a. O., 6382/32 a, Az. 2755/ATRP, Az. 2786/ATRP vom 19.10.1923; 6381, Emissions-or provisoires!Badische Anilin, Az. 2081/FC/3 vom 3.11.1923, AN. 156 A. a. O., 6382/32 a, Az. 20114/JLC 3 vom 23.10.1923, AN. 157 A. a. O., 6385/32 d—3, Az. 42810/F/HCITR vom 5.11.1923, AN. 153

58

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

Anfang November luden Giscard und General Metz dann erneut Pfälzer Wirtschaftsrepräsentanten ein und machten ihnen eine Offerte zur Lösung der mittlerweile verschärften Krise. Giscard referierte über den Plan einer überregionalen Notenbank für die besetzten Gebiete, über den bereits mit rheinischen Bankiers verhandelt wurde. 158 Um den Preis der Zustimmung zu diesem Projekt wurde der Pfalz eine auf drei Monate befristete Notgeldemission gestattet, die von den Kommunalkassen bewerkstelligt werden sollte. 159 Zwar setzte sich die Pfälzer Gruppe mit der Offenhaltung der Option durch, ob sie später an der Rheinlandbank partizipieren wollte oder nicht. Der Wert ihres N o t geldes, der sich ursprünglich an der Goldmark orientieren sollte, mußte auf französischen Druck hin auf 0,1 Dollar geändert werden — „plus conforme à ce que sera sans doute l'unité monétaire future de la Rhénanie". 160 Tirards pointiert restriktive Handhabung der Genehmigung von Notgeldemissionen, die Poincarés Zustimmung genoß, 161 hatte inzwischen zur Folge gehabt, daß sich der Bedarf an Zahlungsmitteln im Rheinland drastisch verschärfte. Die Hochkommission mußte Mitte November in Bad Ems einschreiten, weil der örtliche Handel aus Geldmangel seine Läden schloß, 162 erhielt zunehmend Hilferufe aus der Wirtschaft 163 und konstatierte die nochmalige Verstärkung der Tendenz, den Franc als Ersatzzahlungsmittel zu verwenden. 164 Da die Franzosen die Krise zwar nicht beenden, aber auch nicht noch weiter eskalieren lassen wollten, gab Tirard am 19. November der von den an der Pfälzer Initiative Beteiligten inzwischen mit eigenem Kapital ausgestatteten Notgeldbank seine Zustimmung. 1 6 5 Gerade weil die Auflagen

158

A. a. O., 6381, Emissions-or provisoires/Palatinat, o. Az., A N . Ebda.; die Versammlung, nach dem Vorsitzenden der Ludwigshafener Handelskammer Ludovici-Gruppe genannt, faßte ihren Beschluß am 16.11.; ihre Mitglieder waren Marx, Keml (Pfälzer Industriellenassoziation), Seidel (Badische Anilin), Unruhe (Süddeutsche Diskonto Bank), Rauhof (Rheinische Kohlen- und Brikettwerke), Hamm (Bauernschaft Zweibrücken) und Troelsch (Hypothekenbank). 159

160

Ebda. A. a. O., 6381, Emissions-or provisoires!F arbwerke Hoechst, Telegr. Nr. 628 vom 10.11.1923, A N . 162 A. a. O., 6384/32c, Az. 941/P. G. vom 15.11.1923, A N . 163 A. a. O., 6381, Emissions-or prov.lll Collections locales, 15.11.1923, A N . 164 A. a. O., 6380/1.—b, Az. ATRP/846 vom 16.11.1923, A N . A.a.O., 6381, Emissions-or prov./Palatinat, Az. 21846/FC/3 vom 29.11.1923, AN. 161

Die Rheinisch-Westfälische

Notenbank

59

der Hochkommission sichergestellt hatten, daß die Pfälzer Bank der späteren Währungsreform nicht hinderlich werden konnte, 166 wurde deren Notgeld schließlich am 3. Dezember genehmigt. 167 In Tirards Strategie hatte diese Vorgehensweise mehrere Vorzüge zugunsten der Position Frankreichs am Rhein aufzuweisen: Die von der Hochkommission genehmigten und ausreichend finanziell gedeckten Notgelder erlaubten es, alle anderen Emissionen unnachgiebig zu verbieten. Die Vielfalt der Anträge bewies, wie kompliziert die Währungssituation ohnehin schon war — eine weitere Verwirrung durfte im Interesse des Erfolgs der Währungsreform nicht zugelassen werden. Zum zweiten entschärften die Genehmigungen den Druck auf den Franc, dessen Repatriierung die französischen Behörden mittlerweile — mit durchaus zwiespältigen Gefühlen — in Angriff zu nehmen gewillt waren: „ . . . Il est à espérer et à craindre à la fois que lapresence de monnaie-or incitera peu à peu les détendeurs actuels de francs à les remettre dans la circulation." 1 6 8 U m eine Baisse oder die Abwanderung dieser Gelder in falsche Hände zu vermeiden, schlug Tirard Poincaré vor, die im Rheinland zirkulierenden Francs auf besonderen Konten vertrauenswürdiger Banken zu sammeln. 169 Drittens aber handelte der Hochkommissar stets in dem Bewußtsein, daß „les autorisations données ne peuvent que faciliter la constitution de la banque d'émission au sujet de laquelle des pourparlers sont engagés", und wies Poincaré im Fall der Pfalz darauf hin, „que j'ai imposé l'adoption de la même unité monétaire que celle prévue par le groupe bancaire". 170 Da die Entwicklung in der Pfalz im Hinblick auf die geplante Bankgründung also nur Vorteile zeitigte, richtete die Hochkommission im Dezember 1923 ihre Bemühungen darauf, auch für Wiesbaden ein einheitliches Notgeld zu konstruieren. 171 Giscard als Koordinator der

166 In der Regionalpresse wurde hervorgehoben, daß die Bank „später von der Rheinischen Bank ersetzt werden (wird), deren Gründung zur Zeit betrieben wird": A. a. O., 6381, Emissions-or prov./Palatinat, Service de Sûreté Nr. 5974, AN. 167 A. a. O., 6381, Emissions-or prov./Palatinat, Az. 12624/HCITR, AN. 168 A. a. O., 6380/1.—b, Az. 3593/ATRP/FC/3 vom 29.11.1923, AN. 169 A. a. O., 6380/III.—c, Az. 22226, 22228, 22229, 22529 und 24576/FC/3, AN. 170 A.a.O., 6381, Emissions-or prov./II Collections locales, Telegr. Nr. 632 vom 29.11.1923, AN. 171 A. a. O., 6380/1.—b, Az. 3593/ATRP/FC/3 vom 29.11.1923, AN.

60

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

französischen Maßnahmen begann darüber hinaus, gleichartige Projekte für Hessen-Nassau und Rheinhessen vorzubereiten. 172

2. Die französisch-rheinische Notenbankinitiative im Herbst 1923: Planungen und Schritte zur Einleitung der Separation des Rheinlands vom Reichsganzen Die Kontakte der Hochkommission mit Ansprechpartnern im Rheinland waren seit der Vorsprache von Ganz bei Tirard sowohl auf politischer wie geschäftlicher Ebene intensiviert worden. In politischer Hinsicht wurden im Zusammenhang mit der von Ganz vorgetragenen Vision eines Rheinstaats die Namen von Marx, von Brentano und Strecker genannt, die auf eine mögliche Kooperationsbereitschaft der Zentrumspartei schließen ließen.173 Die deutsche Seite distanzierte sich von der Separatistenbewegung, erwog aber eine Neukonstruktion der Rheinprovinz als Freistaat — vergleichbar dem Status Bayerns — und verfügte mit dem Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer über eine Galionsfigur, von der beträchtliche politische Integrationskraft ausging. Aufgrund des Vertrauens, das Adenauer in breiten Bevölkerungskreisen genoß, wäre er ungleich besser zum Instrument für die französische Politik geeignet gewesen als die diversen Separatistenhäuptlinge, die sich beeilten, ihre neuen Konkurrenten als deutschnational und von Berlin gesteuert zu denunzieren. 174 Adenauer selbst hatte sich in Anbetracht der mittlerweile absehbaren Niederlage des Reichs im Ruhrkonflikt am 17. September nach Koblenz begeben, um Tirard Verhandlungen über die Zukunft des Rheinlands anzubieten. Aus seiner Position der Stärke heraus lehnte Tirard dieses Angebot jedoch rundweg ab und begründete dies mit dem Ansehen des Deutschen, der in der französischen Presse als „Frankophobe und der Mann, der das Zustandekommen der Rheinischen Republik verhindert habe", 175 galt. In Wahrheit war sich der Hochkommissar seiner Sache nicht so sicher, wie er vorgab: In seinen Unterlagen finden sich völlig entgegengesetzte Einschätzungen des Kölners, unter ande172

A. a. O., 6381, Emissions-or prov./Palatinat,

Az. 23013/FC/3 vom 4.12.1923,

AN. 173 174 175

Papiers Tirard, 6383/32b—2, Az. L. 17.920/23 vom 12.9.1923, AN. A. a. O., 6382/32 a, Az. 226/SC vom 18.9.1923, AN. Nachlaß Adenauer, 902-253-7, 17.9.1923, StadtA Köln.

Die Rheinisch-Westfälische

Notenhank

61

rem auch solche, in denen er als „seule sauveur dans la situation actuelle" mit einer politischen Grundhaltung, die als „depuis quelque temps complètement opposé à la politique anglaise"176 gegolten hatte, empfohlen wurde. Unabhängig von der Rolle, die Adenauer tatsächlich in der Rheinlandpolitik jener Tage gespielt hat, 177 ist zunächst zu konstatieren, daß seine Angebote aus französischer Sicht ein Signal nicht nur für eine währungs-, sondern auch für eine staatspolitische Perspektive gegeben hatten, deren Realisierung mittels wirtschafts- und währungsadministrativer Maßnahmen aussichtsreicher denn je erschien. In Antizipation des Stimmungsumschwungs im Rheinland hatte Poincaré Tirard ohnehin schon angewiesen, unter den Rheinländern nach kapitalkräftigen Interessenten zu suchen, die die Währungsreform finanzieren sollten. 178 Der Premier hatte damit Lasteyries vorsichtiger Empfehlung entsprochen, vor einem neuerlichen Vorstoß in der Pariser Bankenwelt Beweise für den ernstgemeinten Kooperationswillen im Rheinland beizubringen. Tirards beziehungsweise die erneuten Sondierungen seiner Mitarbeiter in der rheinischen Geschäftswelt 179 waren offenbar so zur Zufriedenheit des Finanzministers verlaufen, daß er Poincaré Ende September mitteilte, „en raison de l'urgence et sans attendre des études de détail aient pu être effectuées", 180 Verhandlungen mit denjenigen Banken in Paris wiederaufgenommen zu haben, die für die Beteiligung an dem im August 1922 entworfenen Bankplan in Frage kamen. Am 10. Oktober waren die Verhandlungen in Paris bereits in ein ernsthafteres Stadium eingetreten. Die beteiligten Banken stimmten in der positiven Beurteilung der Erfolgsaussichten des Projekts überein, ohne eine unmittelbare Deckung vom Staat zu verlangen, boten 15

176 Papiers Tirard, 6384/32 c, Az. 5546/EC/14 vom 17.9.1923, A N ; Poincaré begründete später die Ablehnung Adenauers mit der „ungünstigen Meinung hauptsächlich von dem General M ( e t z ) . . d e r anfangs in den Rheinlanden war", betonte aber, daß Tirard diese Meinung durchaus nicht teilte: Nachlaß Adenauer, 902-253-4, S. 351 f. (Arnaud an Hamspohn am 14.12.1923), StadtA Köln. 177

Dazu einerseits K.-D. Erdmann, Adenauer in der Rheinlandpolitik ..., Stuttgart 1966; andererseits aber auch H. Köhler, Adenauer und die rheinische Republik ..., Opladen 1986: Köhlers Studie überführt Adenauer — heute immerhin ein Denkmal des neudeutschen Patriotismus — genüßlich des zeitweiligen Abweichens vom Prinzip des Einheitsstaates. 178

180

Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 4 5 3 6 4 / H C I T R / F vom 17.9.1923, A N . A. a. O., 6383/32b—2, Plan d'action monétaire en pays occupé, 24.9.1923, A N . A. a. O., 6383/32b—2, Az. 2469 vom 28.9.1923, A N .

62

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

Millionen Francs Eigenbeteiligung an und arbeiteten Vorschläge für ein Bankstatut aus. Es lag nun bei Tirard, für die Beschleunigung der entsprechenden Entwicklung im Rheinland zu sorgen. 181 Die aber schien vorerst nicht die gewünschte Richtung zu nehmen. Zwar hatte Adenauer begonnen, nach seinem gescheiterten ersten Vorsprechen bei Tirard im September Emissäre und Unterhändler nach Koblenz zu schicken, um die ablehnende Haltung der Hochkommission zu Gesprächen mit den Deutschen zu ändern. 182 Er stieß dabei jedoch auf das andauernde Desinteresse Tirards, der den Hintergedanken Adenauers, mittels institutionalisierter Verhandlungen zwischen den Behörden die für die Reichshoheit viel gefährlicheren Gespräche der Hochkommission mit Individuen zu unterbinden, 183 durchschaut hatte. Tirard stellte sich vielmehr auf den Standpunkt, daß die deutschen Autoritäten prinzipiell unglaubwürdig waren, und hoffte, „daß die Rheinländer als solche möglichst zahlreich j e t z t . . . kommen möchten". 1 8 4 Da sie aber — noch — nicht kamen, sah Tirard es als dringlichste Aufgabe an, zunächst seine Interessen mit denen der belgischen Partner abzustimmen. Am 19. Oktober traf er sich erneut mit Janssen, der ihm seine Vorstellungen von der zu errichtenden Bank erläuterte. Auch Janssen erklärte, daß der Anstoß zur Währungsreform unbedingt aus dem Rheinland selbst kommen mußte. Er schätzte das für die Bankgründung erforderliche Kapital auf etwa 25 Millionen Goldmark. Außerdem hielt er es für dringend notwendig, der Bank schon im Statut jede Kreditierung der öffentlichen Hand zu untersagen, um einen Mißbrauch ihres Vermögens zur Sanierung der deutschen Finanzen zu vermeiden. Grundsätzlich war er mit Tirard in der Beurteilung des

A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 4 0 9 6 4 / H C I T R / F vom 10.10.1923, AN. Adenauer schickte am 5.10. Prof. Witte nach Koblenz (902-253-3, S. 721) dessen Verhandlungsangebot abgewiesen wurde; desgleichen wurde die von A. inspirierte Bitte vom Verhandlungsausschuß des Wirtschaftsausschusses für die besetzten Gebiete am 26.10. abgelehnt (902-253-7); genauso wurden die einen Tag später vorsprechenden Beigeordneten Spoelgen und Meyer abgelehnt (902-253-4 bzw. 7 vom 27.10.1923); den letzten Vorstoß machte Adenauer am 29. Oktober, als er den Erzbischof von Köln, Kardinal Schulte, bei Tirard vorsprechen ließ (902-253-7): Nachlaß Adenauer, StadtA Köln; vgl. auch Nachlaß Stinnes, Silverberg an Stinnes am 11.10.1923,1—220, 020/2, ACDP. 181

182

183 Hagen hatte Adenauer geraten, eine Organisation zur Verhandlung mit den Franzosen aufzustellen und Einzelverhandlungen tunlichst zu vermeiden: Nachlaß Adenauer, 902-253-3 vom 12.10.1923, StadtA Köln. 184 Nachlaß Adenauer, 902-253-3, S. 721 (Tirard am 9.10.1923), StadtA Köln.

Die Rheinisch-Westfälische Notenbank

63

Projekts einig, betonte aber den rein persönlichen Charakter seiner Zustimmung, die nicht mit den Vertretern der belgischen Regierung abgestimmt worden war.185 Tirard thematisierte das Projekt daraufhin in der Sitzung des Finanzkomitees der Hochkommission am folgenden Tag, an der auch Baron Rolin-Jaequemyns teilnahm. Der belgische Hochkommissar hob das Interesse seiner Nation an einer das ganze Deutsche Reich umfassenden Währungsreform hervor, ließ aber durchblicken, daß Brüssel eine nur auf das Rheinland beschränkte Initiative zumindest wohlwollend tolerieren würde. 186 Das Bedürfnis der rheinischen Wirtschaft nach stabilen Zahlungsmitteln schlug jedoch noch immer nicht in das Verhalten um, das die Franzosen erwarteten. Im Unterschied zur Situation an der Jahreswende 1922/23 waren es diesmal die Bankiers, die vor definitiven Schritten zurückschreckten: „Les banquiers réalisent des bénéfices considérables sur leurs opérations en Marks-papier et craignent encore de se voir couper les crédits par la Reichsbank..." 1 8 7 Die Erfahrungen vom Februar waren noch nicht vergessen. Alles schien jetzt darauf zu warten, welche Maßnahmen das Reich aus eigener Kraft treffen würde, um der immer unhaltbareren Situation zu begegnen. Als Stresemann am 24. Oktober in Hagen auf der Konferenz mit dem Wirtschaftsrat der besetzten Gebiete erklärte, die finanzielle Unterstützung des Reichs für das Rheinland in nächster Zukunft nicht mehr garantieren zu können, 188 schien der finanzielle wie politische Bankrott der Reichsregierung endlich gekommen. Auf die Bedrohlichkeit der wirtschaftlichen Lage in den besetzten Gebieten aufmerksam gemacht, sah der Reichskanzler keinen anderen Ausweg mehr, als seinen Gesprächspartnern — unter ihnen Adenauer, Mönnig und Hagen — anheimzustellen, mit den Besatzungsmächten in direkte Verhandlungen einzutreten. 189 Dies war gleichbedeutend mit der vorläufigen Kapitulation des Reichs vor den Interessen der Alliierten, zumal Stresemann auch Adenauers Plan einer vorläufigen Lösung des Rheinlands

185

Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 3016/ATRP und 20027/FC/3, A N . A. a. O., 6382/32 a, Az. 2948/ATRP vom 20.10.1923, A N . 187 Ebda. 188 Vgl. Nachlaß Adenauer, 902-253-4 vom 29.10.1923, wonach sich schon während der Barmer Verhandlungen eine Wende von Stresemanns resignativer Haltung anzubahnen schien, weil Finanzminister Luther sein V e t o gegen die Fortsetzung der Reichshilfe für die besetzten Gebiete abgeschwächt hatte; StadtA Köln. 186

189

Vgl. K.-D. Erdmann, Adenauer

in der Rheinlandpolitik

. . S . 98 ff.

64

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

von Preußen zurückhaltend billigen mußte: 1 9 0 Die wirtschaftliche Katastrophe schien keine andere Möglichkeit mehr zuzulassen. Zur gleichen Zeit hatten sich im Rheinland die Bankiers von Stein, Pferdmenges, Hammerschmidt und Kaufmann entschlossen, die Gründung einer neuen Notenbank energisch in Angriff zu nehmen. Sie argumentierten mit dem Danziger Modell, bei dem die Bank von England die lokal sehr begrenzte Währungsstabilisierung mit einem Kredit von 300 000 Pfund Sterling ermöglicht hatte: 191 Die von Frankreich als unabdingbar notwendig erachtete rheinische Eigeninitiative hatte damit Gestalt angenommen. Um das französische Interesse nicht mehr als nötig zu kompromittieren, wurde die belgische Nationalbank dazu ausersehen, den ersten Vorstoß innerhalb der Hochkommission zu tun. Janssen stellte am 27. Oktober Tirard, Rolin-Jaequemyns und Kilmarnock den Bankplan vor: Deutsche Interessenten würden eine Notenbank für die besetzten Gebiete gründen, für die ein Grundkapital von etwa 100 Millionen Goldmark aufgebracht werden müßte. Mit den sattsam bekannten Argumenten, den Umlauf der eigenen Währungen zurückdrängen und die darbende Bevölkerung mit Lebensmitteln versorgen zu wollen, rechtfertigten Frankreich und Belgien die Unterstützung, die sie dem Unternehmen zukommen lassen wollten. Darüber hinaus betonten alle Beteiligten ihren Wunsch, britisches Kapital in das Projekt einzubinden. 192 Die britische Reaktion war freilich von vornherein ablehnend. Sir Otto Niemeyer vom britischen Treasury wies den wegen des Umfangs des rheinischen Wirtschaftsraums und der unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen unhaltbaren Vergleich mit Danzig zurück und sah „not the remotest chance", daß irgendeine britische Bank Janssens Vorschlag unterstützen könnte. 193 Poincaré war jedoch entschlossen, die Initiative auch ohne den Konsens der Briten und notfalls gegen sie zu fördern. Nachdem auch die im Rheinland vertretenen Banken französischer Provenienz, „Nationale de Crédit", „Lazard Frères" und „Société Générale Alsacienne" Ende Oktober ihr Einverständnis und die Bereitschaft zum finanziellen Engagement bei der Bankgründung bekundet hatten, telegraphierte der 1 , 0 Vgl. Bericht Dr. Jarres (von den Barmer Verhandlungen am 2 4 . 1 0 . 1 9 2 3 ) : Nachlaß Adenauer, 902-253-5, S. 323 ff., StadtA Köln. 191 Papiers Tirard, 6383/32b—2, A z . 273 Z/W/3/S vom 2 5 . 1 0 . 1 9 2 3 , S. 4, A N . 1 , 2 F O 371-8685: C 18536/129/18, P R O . 193 F O 371-8686: C 18766/129/18 vom 2 9 . 1 0 . 1 9 2 3 , P R O .

Die Rheinisch-Westfälische

Notenbank

65

P r e m i e r an Schweisguth, den D e l e g i e r t e n des F i n a n z m i n i s t e r s bei der H o c h k o m m i s s i o n , daß er sogar n o c h mehr französische Banken mobilisieren würde, wenn die S i t u a t i o n das erforderlich machen sollte. 1 9 4 T i r a r d k o n n t e daraufhin versuchen, seinerseits die rheinische Initiative zu stärken. E r b e n u t z t e die sich häufenden deutschen E r s u c h e n um V e r h a n d l u n g e n E n d e O k t o b e r , u m für die N o t e n b a n k wie für die Separation des R h e i n l a n d s zu werben. L e h n t e n die A b g e o r d n e t e n M e e r f e l d ( S P D ) und M ö n n i g ( Z e n t r u m ) die Separation Anfang N o v e m b e r auch eindeutig ab — „ W e n n wir a b e r von einer A b s p l i t t e r u n g von D e u t s c h l a n d nur sprechen würden, würden wir beide t o t geschlag e n " — , 1 9 5 so ließen sie d o c h andererseits den G e d a n k e n einer neuen W ä h r u n g s b a n k u n w i d e r s p r o c h e n . F ü r L o u i s H a g e n , als Bankier, Polit i k e r und H a n d e l s k a m m e r p r ä s i d e n t eine Schlüsselfigur im rheinischen R a u m , b o t das französische Interesse an der N o t e n b a n k den geeigneten H e b e l , in der Frage des z u k ü n f t i g e n S t a t u s des R h e i n l a n d s erhebliche Z u g e s t ä n d n i s s e auszuhandeln. H a g e n war am 3. N o v e m b e r nach K o b l e n z eingeladen worden, u m ü b e r beide Fragen zu sprechen. T i r a r d schlug ihm vor, an die S p i t z e des neuen Staats zu t r e t e n , was der A d e n a u e r - V e r t r a u t e ablehnte. H a g e n s V o r s c h l a g eines aus deutschen P a r t e i v e r t r e t e r n z u s a m m e n g e s e t z t e n Verhandlungsausschusses u n t e r Adenauers F ü h r u n g wurde seinerseits von T i r a r d

zurückgewiesen.

I m m e r h i n gelang es H a g e n aber, der eingedenk der S t r e s e m a n n s c h e n E r m ä c h t i g u n g v o m 24. O k t o b e r den Separationsgedanken nicht rundweg zurückwies, T i r a r d s Z u s t i m m u n g zur Ausschaltung der rheinischen Separatistenbewegung einzuholen: D e r F r a n z o s e s t i m m t e dieser Bedingung m i t der B e m e r k u n g zu, daß diese L e u t e dann eben anderweitig abgefunden werden m ü ß t e n , und h a t t e auch gegen H a g e n s F o r d e rung, den separatistischer N e i g u n g e n verdächtigten Industriellen O t t o W o l f f und den B a n k i e r C a r l v o n S t e i n von den V e r h a n d l u n g e n auszuschließen, keine E i n w ä n d e . 1 9 6 N a c h dem A b s c h l u ß dieser U b e r e i n k u n f t k o n n t e n die Verhandlungen ü b e r die R h e i n i s c h e N o t e n b a n k beschleunigt werden. N o c h in derselben W o c h e h a t t e n im R h e i n l a n d vier Sitzungen zur V o r b e r e i t u n g der B a n k g r ü n d u n g stattgefunden, an denen eine größere A n z a h l von V e r t r e t e r n der W i r t s c h a f t und F i n a n z der

6383/32 b—2, Telegr. Nr. 606 vom 3 1 . 1 0 . 1 9 2 3 , A N .

"4

Papiers Tirard,

195

Gegenüber Tirard am 2 . 1 1 . 1 9 2 3 : Nachlaß

196

Vgl. Nachlaß

Adenauer,

am 3 . 1 1 . 1 9 2 3 , StadtA Köln.

Adenauer,

902-253-7, StadtA Köln.

902-253-7, Bericht Hagens über die Gespräche mit Tirard

66

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

Provinz teilnahm. 197 Die Konferenzen brachten volle Erfolge im Sinne der französischen Absichten. Tirard konnte seinem belgischen Kollegen mitteilen, daß sich eine rheinische Initiative formiert hatte, die beabsichtigte „de constituer un établissement d'émission susceptible de faire toutes les opérations bancaises telles que avances sur titres, reescompte des effets de commerce, par le moyen de l'émission d'une monnaieor garantie à la fois par le capital-or de la banque et le portefeuille commercial libellé en or ainsi constitué. La banque aurait son siège a Coblence. Son capital serait d'environ 100 millions marks-or qui seraient fournis par les Rhénans, les Alliés et les Neutres. La participation de toutes les banques importantes des Territoires Occupés seraits assurée." 198 Die folgenden Wochen wurden hauptsächlich von den Auseinandersetzungen zwischen den französischen und deutschen Teilnehmern bestimmt, deren Meinungsdifferenzen auf die unterschiedlichen nationalen Interessen zurückzuführen waren. Die deutsche Seite hätte wenigstens eine Niederlassung der Bank gerne im Einflußbereich der Reichsregierung angesiedelt, um über Berlin Einfluß auf die Geldpolitik des Instituts zu nehmen. Dégoutté warnte Tirard davor, dem nachzugeben, und schlug außerdem vor, den Wert der neuen Währung unabhängig von ihrer Benennung etwas unterhalb des Werts der Geldeinheiten der westlichen Anrainerstaaten zu fixieren: „Dans un pays de frontières aussi étendues que les territoires occupés, les salaires nominaux auront en effet tendance à se régler sur ceux des pays voisins pourvu que la monnaie ait une valeur se rapprochant de celle de la devise voisine. La différence en valeur réelle des salaires allemands avec ceux des pays voisinants pourait alors être récuperée en impôts au profit des

1 , 7 Teilnehmer waren am 2.11.23: Hagen (Bank A. Levy, Köln), Pferdmenges (Kölner Bankenvereinigung), Bendix (Barmer Bankverein), von Schröder (Bank J . H. Schroeder), Hammerschmidt (Bank Simons & Co), Wuppermann (Deutsche Bank Düsseldorf), von Waldthausen und Vertreter der Landesbanken von Nassau und der Rheinprovinz; am 3.11.: Hammerschmidt, Hirschland (Bank S. Hirschland, Essen), Weidenhander (Deutsche Bank Duisburg), Kruge (Bankhaus Dortmund), Lehr, Wilden (Handelskammer Düsseldorf), Becker (Essener Creditanstalt); am 5.11.: Troeblingen (Landrat), Lissmann (Fa. Kalle & Co), Breudel, Dyckerhoff, Mehl, Fauth und Becker (Darmstädter Bank); am 6.11.: Bamberger (Mainz), Dyckerhoff (Mainz), Breudel (Fa. Kalle & Co, Bieberich): Papiers Tirard, 6383/32 b—2, o. Az., AN.

A.a.O., 6381, Emissions-or 6.11.1923, AN.

prov./Groupe

Bieberich,

Az. 21270/FC/3 vom

Die Rheinisch-Westfälische

Notenbank

67

Allies. —" 1 9 9 Degoutte schlug deshalb vor, den von den Deutschen favorisierten Wert von 0,1 Dollar für die neue Währungseinheit auf 0,05 Dollar herunterzuhandeln. Die Rheinländer gaben sich unterdessen noch der Illusion hin, daß die geplante Bank in erster Linie Mittel zur Behebung ihrer währungspolitischen Notlage sein würde, die mittlerweile nicht nur die Produktion bedrohte, 200 sondern auch die existentielle Versorgung der Bevölkerung gefährdete. 201 Gegründet, nur um die produktivsten Betriebe mit den nötigen Krediten in stabiler Währung zu versorgen, sollte die Bank von deutschen und ausländischen Aktionären im Verhältnis 55 zu 45 finanziert werden, wobei den Franzosen ein Anteil von maximal 30 Prozent eingeräumt wurde. 202 Diese Ansicht setzte sich auch im rheinischen Provinziallandtag durch, dessen Entscheidung für die Erfolgsaussichten des Projekts maßgebend werden sollte. Obwohl die Abgeordneten die in dem Entwurf versteckten Gefahren für die Reichseinheit erkannten, vermochten die Minorität des französischen Anteils, die Angst vor der separatistischen Konkurrenz und die Hoffnung auf den Beistand der deutschfreundlicheren Briten ihre Bedenken zu zerstreuen. Vor allem die Führer der rheinischen Zentrumspartei standen der Distanzierung vom „preussischen" Berlin aufgeschlossener gegenüber, seitdem Stresemanns Erklärungen in Hagen die Hoffnungen auf die Fortsetzung der Reichsunterstützung erschüttert hatten. 203 Der Provinziallandtag billigte am 8. November mit den Stimmen der bür-

1,9

A. a. O., 6 3 8 3 / 3 2 b—2, Az. 1 3 7 3 9 / D vom 6 . 1 1 . 1 9 2 3 , A N .

200

Vgl. den Briefwechsel zwischen Stinnes und Stresemann im Oktober 1923, in dem

Stinnes für die Kohlekommission (Mitglieder: Janus, Klöckner, Lübsen, von Velsen, Vogler, Stinnes und Silverberg) die Erlaubnis einholt, separat mit den Franzosen zu verhandeln: Nachlaß 201

Stinnes,

1—220, 0 2 2 / 4 . , 7., 12., 20. und 21. 10. 1923, A C D P .

Stinnes an Luther am 1 4 . 1 1 . 2 3 : „Die Bevölkerung ist bei der heutigen Notla-

ge durchaus ungenügend beschäftigt und — das muß offen anerkannt werden — so ungenügend bezahlt, daß eine ausreichende Ernährung durchweg nicht Platz greifen kann . . . " : Nachlaß 202

Kurt

Stinnes,

1—220, 0 4 6 / 3 , A C D P .

von Schröder an Bruno Schröder am 7 . 1 1 . 1 9 2 3 :

FO

371-8689:

C

19979/129/18, PRO. 203

Zehn Jahre später schlachtete die N S D A P diese Vorgänge aus, um das Zentrum

national zu diskriminieren. Vgl. F. Walther Ilges, Hochverat

von Zentrum

und

Bayeri-

scher Volkspartei. Die geplante Aufteilung Deutschlands. Enthüllungen über die französisch-bayerischen Pläne zur Zertrümmerung des Reiches, Berlin 1933, und Christian Eckert, Widerlegung von Anwürfen der Broschüre llges-Schmidt, Köln 1934.

68

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

gerlichen Parteien den Bankentwurf gegen das Votum von S P D und KPD. 2 0 4 Zu den politischen Rahmenbedingungen, die sich kurzfristig zugunsten der Aussichten des Projekts auswirkten, muß auch der Putschversuch gezählt werden, den Hitler mit Ludendorff am 9. November in München inszenierte. Wenn der Vorfall die Verhandlungen im Rheinland auch für kurze Zeit stocken ließ, 205 konnte doch kein Zweifel darüber herrschen, daß der scheinbar bevorstehende politische Zusammenbruch der zentralen Reichsgewalt die rheinische Gruppe psychologisch in ihrer Hinwendung zu Frankreich nur bestärken würde. 206 Als Hagen am 10. November mit dem Beschluß des Provinziallandtags im Rücken den ersten ausgearbeiteten Bankstatutenentwurf von deutscher Seite vorlegte, wurden die Verhandlungen denn auch sofort wieder aufgenommen. 207 Hagen, der als enger Mitarbeiter Adenauers in ständigem Kontakt mit der Reichsregierung stand und deshalb einiges Mißtrauen der französischen Behörden auf sich gezogen hatte, 208 faßte in seinem Modell der „Westdeutschen Goldnotenbank A G " die wesentlichen deutschen Ausgangspositionen wie etwa die Garantie der 55prozentigen Anteilsmajorität zusammen und forderte zusätzlich, die Hinterlegungspflicht für Anteilszeichner wie die Lebensdauer der Bank deutlich einzuschränken. 209 Da Hagens Vorschläge summa summarum darauf hinausliefen, die Bank als reine Interimslösung zur provisorischen Bewältigung des Kapitalmangels im Rheinland unter deutscher Kontrolle zu gestalten, mußten die Franzosen einen Gegenvorschlag entwickeln, der ihr Interesse an der Instrumentalisierung des Instituts als Organ einer selbständigen Währungspolitik unter alliierter Kontrolle zum Ausdruck brachte. Schweisguths Konzept vom 14. November nahm Hagens Vorschläge zum Anlaß, die absolute Höhe des Grundkapitals von 100 auf 25 Millionen Goldmark zu reduzieren — dies hätte bei der nach wie vor erhobenen Forderung einer lOOprozentigen Hinterlegungsquote in Barmitteln eine beträchtliche Reduzierung der absolut erforderlichen französischen Kapitalmasse ermöglicht —

204 F O 371-8687: C 19376, C 19488/129/18; -8688: C 19796/129/18; C 19880/129/18, PRO. 205 Papiers Tirard, 6383/32b—2, Telegr. Nr. 584 vom 8.11.1923, AN. 206 A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 281/ZW/3/S vom 9.11.1923, AN. 207 A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 21384/EC vom 10.11.1923, AN. 208 A. a. O., 6383/32 b—2, Az. 2063/ATRP vom 9.11.1923, AN. 209

A. a. O., 6411, Banque Rheno-Westphalienne,

A z . 32/5, A N .

-8689:

Die Rheinisch-Westfälische

Notenhank

69

und setzte sich erklärtermaßen zum Ziel, die deutsche Beteiligung auf unter 50 Prozent zu drücken. 210 Am 15. und 16. November trafen in Bonn die französischen und belgischen Finanzexperten der Hochkommission mit den interessierten rheinischen Bankiers zusammen, um eine von beiden Parteien gebilligte Einigung herbeizuführen. 211 Die Ergebnisse dieser Verhandlungen, bei denen der französischen Seite etliche Zugeständnisse abgerungen wurden, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: — Die neue Währungseinheit sollte „Rheinmark" heißen und dem Wert von 0,1 Dollar entsprechen; — der Auf sichtsrat der Bank sollte aus zwanzig Vertretern zusammengesetzt sein, also jeder fünfprozentige Anteil das Recht zur Nominierung eines Aufsichtsratsmitglieds geben; — die deutsche Partei nahm weiterhin 55 Prozent der Anteile prinzipiell für sich in Anspruch, erklärte sich aber bereit, einen Teil ihres Pakets zugunsten der erhofften britischen Beteiligung abzugeben; — zur Änderung des Bankstatuts war eine Mehrheit von 75 Prozent der Stimmen der Generalversammlung erforderlich; — die Sicherheiten der Bank mußten zu 75 Prozent in Gold und Devisen, zu 25 Prozent in erstklassigen deutschen Handelswechseln vorliegen; — die Dividende sollte sechs Prozent nicht übersteigen und durfte nach frühestens zwei Jahren Geschäftstätigkeit und nur, wenn die Bankreserven 50 Prozent des Grundkapitals überschritten hatten, erhöht werden; — die Bank sollte ihre Tätigkeit bereits im Januar 1924 aufnehmen. In dem Bestreben, das Institut auf eine auch unter politischem Aspekt solidere und das bedeutete, den deutschen Interessen entsprechende Grundlage zu stellen, bekundeten die deutschen Bankiers ihren Willen, britische und niederländische Geschäftspartner zur Beteiligung an dem Projekt aufzufordern. 212 Aus dem Bonner Kompromiß blieben A. a. O., 6383/32 b—2, o. Az., 14.11.1923, A N . Die rheinischen Bankiers waren Becker, Hirschland, Bei, Wuppermann, Hammerschmidt, Bendix, Schröder, Oppenheim (Köln), Pferdmenges, Hagen, Hauff, Oppenheim (Wiesbaden), Streuber und Meyer (Mainz): Papiers Tirard, 6383/32b—2, Az. 4958/ATRP; 6411, Banque Rheno-Westpbalienne, Nr. 5, A N ; F O 371-8689: C 20177/129/18 vom 17.11.1923, P R O . 210

211

212

Sie traten zu diesem Zweck mit Offerten an den Bankier Mendelssohn, die Kölner Filiale von Barclays und den niederländischen Industriellen Vlissingen heran: F O 3718689: C 19954/129/18, PRO.

70

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

freilich zwei noch offene Problemkreise ausgeklammert. Der erste bestand in der unveränderten französischen Unzufriedenheit mit dem zugewiesenen Minoritätsanteil, der zweite in der Frage, wo die Bank und ihre zwei geplanten Filialen ansässig gemacht werden sollten. V o n Paris aus bestand Seydoux darauf, den Hauptsitz unter allen Umständen nach Düsseldorf zu verlegen — das von den Rheinländern favorisierte Köln sollte nur im äußersten Notfall als Filialort akzeptiert werden — und die belgischen Partner auf die volle Übernahme ihres Anteils von fünfzehn Prozent zu verpflichten. W e n n sich Briten und Neutrale dann tatsächlich beteiligen wollten, würde das zu einer Verkleinerung des deutschen Anteils führen. 213 Darüber hinaus erinnerte Seydoux Tirard daran, daß der Bank auf jeden Fall das M o n o p o l der Notenausgabe zugesichert werden mußte. N u r so würde sie im Interesse der Besatzungsmacht funktionieren können. Louis Hagen war im Anschluß an das Bonner Treffen nach Berlin gefahren, um dort die Zustimmung der Reichsregierung einzuholen und bei der britischen Botschaft Erkundigungen über etwaige kooperationswillige Banken der Londoner City anzustellen. Er ging freilich noch immer davon aus, daß der französische Anteil von 30 Prozent nach unten korrigierbar war. 214 Nachdem sich diese Annahme als falsch herausgestellt hatte, bezifferte Hagen gegenüber Kilmarnock in Koblenz den Anteil der Franzosen auf 30, den der Belgier auf 5 und den für die Niederländer auf 2 bis 3 Prozent. Den R e s t , also 7 Prozent aus dem für ausländische Interessenten reservierten Aktienpaket, b o t er den Briten an und stellte in Aussicht, eventuell zusätzlich 4 Prozent aus dem deutschen Paket abzuzweigen. 215 In Hagens Rechnung, die von Kilmarnock positiv kommentiert nach London übermittelt wurde, blieb den Rheinländern also immer noch die absolute Mehrheit im Aufsichtsrat und damit die Entscheidungsgewalt über die Geldpolitik der zukünftigen Bank. In Wahrheit hatte er weder in Berlin noch in Koblenz von den Briten definitive Zusagen erhalten. Auch das gewünschte Plazet der Reichsregierung war nicht gegeben, andererseits freilich auch kein V e r b o t ausgesprochen worden. Hagen hing deshalb ziemlich in der Luft und

213 2.4 2.5

Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 4958/ATRP, AN. FO 371-8689: C 20180/129/18 vom 20.11.1923, PRO. FO 371-8689: C 20226/129/18 vom 21.11.1923, PRO.

71

Die Rheinisch-Westfälische Notenbank

konnte gegenüber französischen Forderungen wenig mehr als das eigene Verhandlungsgeschick ins Feld führen. 2 1 6 Lasteyrie in Paris dachte nicht daran, sich mit einer deutschen Anteilsmajorität abzufinden. Der Finanzminister befürchtete, daß die Bank qua Kreditierung der Ruhrindustrie den passiven Widerstand wiederbeleben könnte, und legte W e r t auf seine im Einklang mit der Einschätzung der Banque de France stehende Uberzeugung, daß eine effektive Eintreibung von Reparationen erst dann gewährleistet sein würde, wenn die deutschen Banken völlig von alliiertem Kapital beherrscht waren. U m diese Herrschaft im Interesse Frankreichs ausüben zu können, griff er den Vorschlag Degouttes auf und empfahl, den W e r t der Rheinmark der kontinuierlich abwertenden französischen und belgischen Währung anzupassen. 217 Er beauftragte die „Banque de Paris et des Pays Bas" mit der Führung des französischen Bankenkonsortiums und schickte einen Direktor der Banque de France f ü r den 25. N o v e m b e r nach Koblenz, um den Deutschen die zusätzlichen Konditionen zu unterbreiten. 2 1 8 Während der Verhandlungen jenes Sonntags gelang es den Franzosen tatsächlich, den Anteil der Deutschen auf 50 Prozent herunterzuhandeln. Z u drängend war die Devisennot, und das Zugeständnis fiel um so leichter, als man mit der Beteiligung der Briten und Niederländer fest rechnete und so auch ohne die absolute Mehrheit hoffen konnte, das Gewicht der fanzösisch-belgischen Anteilseigner auszugleichen. Freilich wurden in Paris dieselben Überlegungen angestellt und daraufhin beschlossen, das Verhältnis nochmals zu Lasten der Deutschen auf 55 zu 45 zu ändern. Da vorerst keine Einigung erzielt werden konnte, unterbrach man die Gespräche, um der französischen Gruppe Gelegenheit zu geben, sich mit anderen alliierten Banken ins Benehmen zu setzen. 219 Mittlerweile hatte sich die französische Politik jedoch das definitive Ziel gesetzt, zusätzlich zum Kontrollrecht — das der H o c h kommission ohnehin eingeräumt worden war — eine gesicherte Mehr-

216 Nachlaß Adenauer, 902-253-4, S. 219: „(Hagen:) Von den Berliner zuständigen Stellen habe man eine bündige Erklärung nicht erreichen können, selbst bei denen nicht, die von der Notwendigkeit dieser Regelung (i.e. der Bankgründung, d. Verf.) überzeugt

gewesen seien ...": Sitzung des Verhandlungsausschusses abend den 24. November 1923 ..., StadtA Köln. 217 218

219

des besetzten

Gebietes am

Papiers Tirard, 6383/32b—2, Az. 1000/ATRP vom 21.11.1923, A N . F O 371-8689: C 20306/129/18 vom 22.11.1923, PRO.

Papiers Tirard, 6411, Banque Rheno-Westphalienne,

28.11.1923, AN.

Sonn-

72

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

heit am Bankkapital zu erlangen, um jederzeit direkt auf die Geldpolitik des Instituts Einfluß nehmen zu können. 2 2 0 Nach einer einwöchigen Pause trafen die beiden Parteien wiederum in Bonn zusammen. Unter dem Vorsitz Tirards und Rolin-Jaequemyns und in Anwesenheit des britischen Finanzberaters Troughton, den Kilmarnock als inoffiziellen Beobachter entsandt hatte, wurde ein neuer Kompromiß gebilligt. 221 Hauptsitz der Bank sollte Koblenz bleiben, während Düsseldorf und Köln die beiden Filialen aufnehmen würden. Das paritätische Verhältnis der Aktionärsgruppen wurde durch die Einrichtung eines Schiedsgerichts ergänzt, das aus zwei gewählten Schlichtern und einem neutralen Präsidenten zusammengesetzt sein und in Den Haag residieren sollte. Der französische Anteil wurde zu Lasten der restlichen Auslandsanteile auf 40 Prozent erhöht. Mit der Unterzeichnung dieses Abkommens durch je einen Vertreter der beteiligten Parteien — für Frankreich Atthalin, für Belgien Philippson und für das Rheinland Hagen — war die Kontroverse jedoch alles andere als beigelegt. 222 Atthalin hatte sich mit der Anteilsparität nur deshalb zufriedengegeben, weil er darauf bestand, die elsässische „Société Générale" zur Gruppe der rheinischen Banken zu rechnen. Nur, um das drohende Scheitern der Konferenz zu verhindern, hatte Hagen den Kompromiß vorgeschlagen, der alle noch offenen Probleme völlig ausklammerte. 223 Obwohl man in Paris die Fortschritte durch die Bonner Ubereinkunft begrüßte, war man im Interesse des eigenen Vorteils darum bemüht, alle nur erdenklichen Sicherungen in das Bankstatut einzubringen, die jede Abweichung vom ursprünglichen Zweck ausschließen sollten. Die Übereinkunft wurde durch diese Absicht freilich zusätzlich erschwert. Die Franzosen wünschten unter anderem eine Präzisierung bezüglich der Gesetzgebung, der die Bank unterstehen sollte, die Einführung des Vorkaufsrechts der Gründungsteilhaber im Fall von Kapitalerhöhungen und die Herabsetzung des Wertes der Rheinmark. 2 2 4

220

A.a.O.,

6411, Banque

Rhéno-Westphalienne,

Memorandum vom 3 0 . 1 1 . 1 9 2 3 ,

AN. 221

A. a. O., 6383/32 b—2, Presse-Kommunique vom 1 . 1 2 . 1 9 2 3 , A N .

222

A.a.O.,

6411, Banque

Rhéno-Westphalienne,

1.12.1923, AN; F O

371-8690:

C 20968/129/18 vom 3 . 1 2 . 1 9 2 3 , P R O . 223

Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 2 3 0 8 5 / F C / 3 vom 1 . 1 2 . 1 9 2 3 , A N .

224

Vgl. die Forderungen der französischen Handelskammer für die besetzten Ge-

biete: Papiers Tirard, 6 3 8 4 / 3 2 c , Az. 2 4 5 0 / A T R P vom 1 5 . 1 2 . 1 9 2 3 , A N .

Die Rheinisch-Westfälische

Notenbank

73

Zur Sicherung des französischen Einflusses erfand man überdies das Amt der Zensoren („censeurs"), die die Geschäftstätigkeit der Bank zusätzlich kontrollieren sollten: „Iis assistèrent à toutes les réunions du Comité de Direction, et auront le droit ensemble ou séparément, de s'opposer à l'exécution de toute décision de ce Comité qui leur paraitrait contraire aux intérêts de la Banque.. ."225 Ihre Installation hätte praktisch ein Vetorecht der französischen Beamten schon innerhalb der bankrelevanten Entscheidungsabläufe zur Folge gehabt. Die Chancen, daß die deutsche Seite dieses Ansinnen akzeptieren würde, standen demzufolge denkbar schlecht. Ungeachtet jedoch aller noch offenen Streitpunkte verdichtete sich in der Öffentlichkeit der Eindruck, daß die Gründung der Bank bereits feststünde. Von Seiten der in der Region angesiedelten Betriebe wie auch von interessierten Nationen häuften sich Anfragen und Bekundungen, die auf die Beteiligung am Bankprojekt abzielten. 226 Auch unter den britischen Repräsentanten in Berlin wie im Rheinland wurden Stimmen laut, die die ablehnende Haltung Londons als schwerwiegendes Versäumnis kritisierten. 227 Atthalin übermittelte, unbeeindruckt von den noch offenen Fragen und deutlich mit der Notlage der Rheinländer rechnend, am 18. Dezember den Entwurf für die Ordonnanz zur Gründung der Bank an Tirard, Philippson, Hagen und den Credito Italiano, der eine Beteiligung versprochen hatte, ohne deren Höhe zu fixieren. Der französische Bankier betonte allerdings in seinem Begleitschreiben, mit Hagen noch mehrere Zugeständnisse aushandeln zu müssen, bevor das Bankstatut unterschriftsreif wäre.228 Sein Vorentwurf unterstellte die Bank der Gesetzgebung der Hochkommission, fixierte den Wert der Rheinmark auf 1/5,25 Dollar, sah ein sofortiges Verbot aller deutschen Notgeld-

225

A.a.O., 6411, Banque Rhéno-Westphalienne, Quelques Observations sur les Statuts proposés par le Groupe Rhénan, A N . 226 Am 5.12. verlangten die Vereinigten Stahlwerke von Burbach, Eich und Dudelange, am Gründungskapital der Bank partizipieren zu dürfen, und wurden von Tirard positiv beschieden: Papiers Tirard, 6383/32 b—2, o. Az., 6384/32 c, Telegr. Nr. 643 vom 8.12.1923; ebenfalls am 5.12. beantwortete Poincaré eine italienische Anfrage positiv: 6383/32 b—2, Telegr. Nr. 0682 vom 5.12.1923; zur gleichen Zeit rief der belgische Premierminister Théunis sein nationales Kapital auf, die Bankgründung tätig zu fördern: F O 371-8690: C21207/129/18 vom 5. 12. 1923, PRO. 227

F O 371-8691: C 22111/129/18 vom 18.12.1923, PRO. Papiers Tirard, 6411, Banque Rhéno-Westphalienne, 18.12.1923 und Az. 48314 vom 21.12.1923, A N . 228

74

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

ausgaben vor und führte eine Emissionssteuer von 3/52stel Prozent ein, die auf das Konto der Reparationskommission überwiesen werden sollte. Auch die Einrichtung der „censeurs" sollte von der Hochkommission verfügt werden. 229 Angesichts der recht kompromißlosen französischen Forderungen sahen sich die rheinischen Befürworter der Bankgründung in der deutschen Öffentlichkeit heftigen Angriffen ausgesetzt, doch hatten sie versichert, der Sache des Reichs keinen Schaden zufügen zu lassen. 230 Aber die Reduzierung des deutschen Aktienanteils gab Anlaß zu einigem — wohl berechtigtem — Mißtrauen, das die Bankiers nur insofern beschwichtigen konnten, als sie immer wieder versicherten, nur mit Genehmigung der Regierung in Berlin letztlich definitive Schritte zu unternehmen. 231 Die Haltung der Reichsregierung zu dieser Frage war indessen auch im Dezember noch durchaus ambivalent. Am 14. Dezember hatte der Bankier von Schröder auf einer Versammlung in der Kölner Produktenund Warenbörse den Bankplan der Öffentlichkeit vorgestellt und heftig gegen den neuernannten Währungskommissar Hjalmar Schacht polemisiert, 232 auf dessen Betreiben hin die Reichsregierung Hagen die bereits erteilte Verhandlungsvollmacht wieder entziehen wollte. 233 Am 17. Dezember trafen sich in Berlin die Vertreter der Kölner Bankenvereinigung, der Industrie der besetzten Gebiete und der Reichsbank mit Stresemann. 234 Die Reichsbank protestierte gegen die Gründung der rheinischen Bank, weil sie „vielleicht die weitere Betätigung der Reichsbank im besetzten Gebiet unmöglich" machen würde, 235 konnte jedoch kein absolutes Verbot des Projekts durchsetzen. In Anbetracht der eigenen Machtlosigkeit schloß man sich vielmehr dem Vorschlag Schachts an, pro forma auf die Bankgründung einzugehen und im

A. a. O., 6411, Banque Rhéno-Westphalienne, Avant-Projet D'Ordonnance Concernant La Banque Rhéno-Westphalienne, AN. 230 Adenauer am 22.11.1923: „Irrtümlich wird von vielen angenommen, daß die ,Rheingoldbank' eine Währungsbank sein wird. Dieses trifft nicht zu . . N a c h l a ß Adenauer, 902-253-4, StadtA Köln. 231 F O 371-8691: C 22104/129/18, P R O . 232 Vgl. H . Schacht, Die Stabilisierung..., S. 101 f. 233 Auszug aus dem Protokoll des Rhein-Ruhr-Ausschusses vom 14.12.1923: R 431/644, Rk. 14146, BA. 234 R 431/2442, Rk. 14176 vom 17.12.1923, BA. 235 A. a. O., Rk. 14074 vom 17.12.1923, BA. 229

Die Rheinisch-Westfälische

Notenbank

75

übrigen zu verhindern, „daß diese Notenbank ein Hemmnis für die Errichtung der zentralen Goldnotenbank des Reiches werde". 236 In Verfolgung dieser Taktik und mit Unterstützung des Reichsbankdirektoriums, das in den nächsten Tagen zur Aufstellung der Konditionen beitrug, 237 diktierte Schacht den wenig begeisterten Unterhändlern 238 die Bedingungen, unter denen das Reich die Gründung der rheinischen Notenbank tolerieren würde: — Die rheinische Bank sollte später in der neuen deutschen Notenbank, die bald gegründet werden würde, vollständig aufgehen; — die Behinderung der Rentenmarkzirkulation wie jeder vom Reich autorisierten Notgeldausgabe mußte eingestellt werden; — das der Bank verliehene Notenausgabeprivileg würde von der Reichsregierung zeitlich begrenzt werden; — die Reichsregierung behielt sich vor, die rheinische Notenbank innerhalb eines Jahres zu liquidieren oder aber in ein anderes Bankinstitut zu integrieren; — Münzrecht wie Emission von Banknoten unter dem Wert von zwei Dollar waren der Bank untersagt; — diskont- und geldpolitisch war die Bank der Reichsbank zu unterstellen; — für die Notenausgabe war die Bank dem Reich steuerpflichtig und hatte dafür einzustehen, daß diese Steuer von den Besatzungsmächten nicht etwa konfisziert werden konnte. Schacht forderte schließend, daß der Reichsregierung alle Stimmrechte der rheinischen Aktionäre übertragen werden mußten. Für den Fall der Gründung einer Bank, deren Definition sich nicht zufällig wie die Vorwegnahme seiner Golddiskontbank las, forderte er darüber hinaus die Übertragung dieser Anteile an die Reichsbank und stellte — nicht ohne H u m o r — eine Entschädigung in Aussicht, die dem selbstlosen Einsatz der Aktionäre Rechnung tragen würde. 239

236 Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Reichsministeriums am 19. 12. 1923: R 431/644, Rk. 14198, BA. 237 Nachlaß Marx, 1070-96, Reichsbank-Direkt. Nr. 46743 vom 19.12.1923, StadtA Köln. 238 Schacht enthüllte später, daß zwischen ihm und den rheinischen Bankiers eine heftige Kontroverse ausbrach, weil die Rheinländer die Seriosität der Rentenmarkpolitik bezweifelten: O V 34/115 — Schacht, Doc. 3e, BEA. 239 R 431/2442, Rk. 14292 vom 22.12.1923, BA; F O 371-9730: C 153/31/18 vom 28.12.1923, P R O .

76

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

Alle diese Bedingungen waren für die französische Seite natürlich unannehmbar. Sie deklassierten das Projekt zur reinen Geschäftsbank, versagten ihr das Notenausgabemonopol, bestritten ihr die rechtliche Unabhängigkeit und stellten ihr Schicksal gänzlich dem deutschen Gutdünken anheim. Der eigentliche Zweck des Projekts, die Einführung der separaten neuen Währung für das Rheinland, wurde in den Bedingungen selbst in scheinbar nebensächlichen Punkten erschwert: Das V e r b o t von Münzung und Notenausgaben niedriger Denominationen hätte dem neuen Geld die Zirkulation im Kleinhandel selbstredend unmöglich gemacht. Tirard antwortete Hagen, der die deutsche Genehmigung nebst Auflagen übermittelt hatte, daß er in den Konditionen nichts mehr vom ursprünglichen Charakter des Projekts wiedererkennen könnte, und drohte: „Je me reserve, d'ailleurs, d'examiner dans l'intérêt de l'ordre public et de la prospérité des Territoires Occupés, directement avec les groupes français et belges la solution de ce problème. Jusqu'à ce que cette solution intervienne, l'ensemble des questions monétaires intéressant les Territoires Occupés demeurera forcément en suspens.. ." 2 4 0 Gerade diese letzte Drohung Tirards, geäußert angesichts eines auf deutsche Obstruktion zurückführbaren Verhandlungsstillstands, gibt Gelegenheit, die Politik der französischen Administration gegenüber den deutschen Versuchen zur Lösung des Währungsnotstands zu thematisieren und ihre kontinuierlich verfolgten Ziele im Zusammenhang mit dem ganzen Komplex der auf die Änderung der machtpolitischen Verhältnisse ausgerichteten Währungspolitik darzustellen. 3. Die französische Politik gegenüber den deutschen Notgeldemissionen und der Rentenmark: Flankierende Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Währungsnotstandes in den besetzten Gebieten, um den Erfolg der Rheinlandbank abzusichern Die französischen Maßnahmen zur Grundlegung der Fundamente einer vom Reichsganzen abgenabelten Zirkulationssphäre erstreckten sich auch auf die strikte Ablehnung aller Versuche seitens des Reichs und seiner Behörden, durch die Autorisation von anleihegedeckten Notgeldern die währungspolitische Zugehörigkeit des Rheinlands zum deutschen Staat wenigstens formell beizubehalten.

240

Papiers Tirard, 6383/32b—2, Az. 24643/HCF/3 vom 29.12.1923, AN.

Die Rheinisch-Westfälische

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Obwohl die Anstrengungen der Hochkommission zur Schaffung einer abgegrenzten Zirkulationssphäre für Notgelder und zur Gründung der rheinischen Notenbank in sich bereits deutlich genug die Intention zur Konterkarierung der reichsdeutschen Währungspolitik gezeigt hatten, konnte der französischen Apologetik, damit nur einem unmittelbaren Bedürfnis von Bevölkerung und Wirtschaft im Rheinland entsprochen zu haben, ein rationeller Kern nicht abgesprochen werden: Zu deutlich war spätestens seit dem Sommer 1923 die Tatsache in den Vordergrund getreten, daß Aufrechterhaltung des passiven Widerstands und Verteidigung der Reichseinheit der Bevölkerung Opfer abverlangten, die gerade bei den ärmeren Schichten bis zur Vernichtung der physischen Existenz zu gehen drohten. Andererseits: Hätten sich die Maßnahmen der französischen Administration tatsächlich nur nach den Bedürfnissen der Bevölkerung im Rheinland gerichtet, wäre ihre Obstruktion gegenüber den Versuchen der Reichsregierung, das Wirtschaftsleben aufrechtzuerhalten, schlechterdings unerklärbar gewesen. Die kompromißlose Haltung Tirards in dieser Frage belegt demgegenüber nicht nur eine gewisse Gleichgültigkeit angesichts des durch den Währungszusammenbruch entstandenen Elends, sondern eher noch den Willen zur Aufrechterhaltung und Verschärfung der Krise mit dem Ziel, politisches Wohlverhalten im Sinne der französischen Interessen zu erzwingen. Tirard hatte Ende November die Zirkulation der vom Reich ausgegebenen Goldzertifikate und -schatzanweisungen kategorisch untersagt 241 und gegenüber Poincaré in bezug auf die sich häufenden Anträge einzelner Gemeinden zur Ausgabe papiergedeckter Notgelder erklärt: „Je me souis oppose à toutes ces demandes qui risquaient de jeter une confusion sérieuse de nature à compromettre le succès de la future banque Rhéno-Westphalienne." 2 4 2 Da aber Großbritannien zur selben Zeit den politischen Druck auf die Franzosen verstärkte, um sie zu einer konzilianteren Haltung zu bewegen, 243 sah Poincaré sich zu einer Präzisierung seiner Position genötigt: Nur für den Fall, daß Berlin Gold bei Banken im Rheinland hinterlegte, durfte Tirard einer deutschen Notgeldausgabe zustimmen. 244 Seydoux hatte zusätzlich angeregt, den

Papiers Tirard, 6385/32 d—3, Az. 3590/ATRP/FC/3 vom 2 9 . 1 1 . 1 9 2 3 , AN. A. a. O., 6381, Emissions-or prov./II Collections locales, Az. 45933/ATRP/FC/3 vom 3 0 . 1 1 . 1 9 2 3 , AN. 241 A. a. O., 6381, Emissions-or ..., Az. 3592/ATRP/FC/3 vom 3 0 . 1 1 . 1 9 2 3 , AN. 244 A. a. O., 6381, Emissions-or ..., Telegr. Nr. 679 vom 4 . 1 2 . 1 9 2 3 , A N . 241 242

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II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

emittierenden Kommunen den Haushaltsausgleich zur zwingenden Bedingung zu machen. 245 Damit war zunächst klargestellt, daß der reparationspolitische Zugriff auf deutschen Reichtum und die Unterwerfung der deutschen Gemeinden unter die Legislative der Hochkommission im französischen Vorgehen Priorität vor der Behebung der Währungskrise hatte. Im gleichen Zeitraum wurde der Plan der Kommunen bekannt, den Zahlungsmittelengpaß in Zusammenarbeit mit der Reichsregierung durch ein kommunales Notgeld zu überbrücken, das zu jeweils sechs Prozent von einer Kommunalgoldanleihe, einer Reichsgoldanleihe und einer Reichsschatzanweisung gedeckt worden wäre.246 Die auf einen Beschluß des Wirtschaftsrats der besetzten Gebiete zurückgehende Initiative 247 sah vor, eine der Goldmark entsprechende Kommunalmark (4,2 K-Mark = 1 Dollar) von der Landesbank der Rheinprovinz im Januar 1924 ausgeben zu lassen. Aus der Tatsache, daß die Kommunalmark alle anderen Notgelder ablösen und für das ganze Reichsterritorium gültig sein sollte, war leicht zu erschließen, daß sie in Konkurrenz zur rheinischen Notenbank ausgegeben werden würde und den währungspolitischen Zusammenhalt des Reiches stärken mußte. Im Hinblick auf die für denselben Monat vorgesehene Inbetriebnahme der Rheinlandbank traf die Vorsprache der Düsseldorfer Stadtverwaltung in Sachen Kommunalmark bei der Hochkommission auf einhellige Ablehnung. 248 Lasteyrie legte Poincaré alarmiert nahe, gegen derartige Bestrebungen ein absolutes Veto auszusprechen. 249 Tirard konnte sich daher der Zustimmung seiner Adressaten sicher sein, als er Mitte Dezember nach Paris berichtete, daß er in Ubereinkunft mit Degoutte und Rolin-Jaequemyns die Kommunalmark als Hemmnis für den Erfolg der geplanten Bank beurteilte und beschlossen hatte, die Entscheidung über deren Zulassung solange dilatorisch zu behandeln, bis die Verhandlungen über die Bankgründung endgültig abgeschlossen wa-

245

A. a. O., 6381, Emissions-or ..., Az. 23512/HCF/3 vom 11.12.1923, AN. A. a. O., 6381, Emissions-or prov./Palatinat, Az. 3834/ATRP vom 12.12.1923; Emissions-or prov.III Collections locales, Az. 2621 vom 11.12.1923, AN; PRO 3718691: C 22076/129/18 vom 13.12.1923, PRO. 247 FO 371-8690: C 20698/129/18 vom 29.11.1923, PRO. 248 Papiers Tirard, 6381, Emissions-or prov./Palatinat, Az. 23696/FC/3; Emissions-or prov./II Collections locales, Az. 2177/ATRP, Telegr. Nr. 601 vom 13.12.1923, AN. 249 A. a. O., 6381, Emissions-or prov./II..., Az. 2193/ATRP vom 14.12.1923, AN. 250 A. a. O., 6381, Emissions-or prov./II..., Az. 3921/ATRP vom 15.12.1923, AN. 246

Die Rheinisch-Westfälische

Notenbank

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Einen analogen Verlauf nahm der deutsch-französische Gegensatz im Fall der Zulassung der Rentenmark für die besetzten Gebiete. Die am 15. Oktober mit der „Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank" 251 eingeleitete Währungsreform gefährdete die französisch-rheinischen Bankpläne insofern, als sie das Bedürfnis der Rheinländer nach stabiler Währung hätte befriedigen können, ohne gleichzeitig dafür ein angemessenes Pfand zu hinterlegen. Wäre damit einerseits jedes Interesse im Rheinland an einer separaten Währungsreform erloschen, so hätte es der Reichsregierung — wenigstens aus der mißtrauischen französischen Perspektive — andererseits freigestanden, die Rentenmark abermals zu inflationieren und ihren Reparationsgläubigern wiederum ein Schnippchen zu schlagen. Die deutschen Botschaften in Paris und London bemühten sich Ende Oktober, den dortigen Regierungen die Genehmigung zur Zulassung der Rentenmark in den besetzten Gebieten abzuringen. 252 Während aber der deutsche Antrag in London sowohl vom Treasury als auch vom Foreign Office positiv beurteilt wurde und Kilmarnock in Koblenz infolgedessen Anweisung erhielt, auf die Zulassung zu drängen, 253 war die Feindseligkeit in Paris — obwohl nicht offen zugegeben — unübersehbar. Tirard stellte sich zunächst auf den Standpunkt, den Umlauf der Rentenmark analog zu dem der Reichsgold- und Reichsschatzanweisungen in den besetzten Gebieten als illegal anzusehen, weil die deutschen Behörden noch nicht bei der Hochkommission um Genehmigung gebeten hatten. 254 Hinter dieser formalistischen Prinzipienreiterei steckte freilich nicht nur das Hinauszögern der Entscheidung über die Zulassung der Rentenmark, sondern auch der harte Anspruch auf die Anerkennung der Hochkommission als für die besetzten Gebiete zuständige hoheitliche Instanz. Als der deutsche Botschafter in Paris, von Hoesch, einen zweiten Anlauf machte, wurde er von Seydoux nochmals auf die Hochkommission verwiesen und erfuhr zu seiner Verwunderung, daß die französische Regierung in dieser Angelegenheit nicht den geringsten Einfluß auf Tirard ausüben könne. 255 Diese Auskunft hinderte Sey-

251

Reichsgesetzblatt (RGBl), Nr. 100 vom 17. 10. 1923. FO 371-8689: C 18443/181/18 vom 25.10.1923; -8686: C 18765/129/18 vom 31.10.1923, PRO; Papiers Tirard, 6385/32 d—3, Az. 43955/F/HCITRvom4.11.1923, AN. 253 FO 371-8687: C 19191, C 19318, C 19474/129/18, PRO. 254 Papiers Tirard, 6385/32 d—3, Az. 21323/FC/3 vom 10.11.1923, AN. 255 A. a. O., 6385/32 d—3, Az. 825/ATRP vom 12.11.1923, AN. 252

II. Die französische

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Währungspolitik

in

Deutschland

doux aber nicht daran, Tirard über Schweisguth den Rat zukommen zu lassen, die Rentenmark möglichst nicht vor der Gründung der rheinischen Notenbank in die besetzten Gebiete zu lassen. 256 Während Dégoutté den Rentenmarkverkehr im Ruhrgebiet rücksichtslos unterbinden konnte, 2 5 7 sah Tirard angesichts des entschlossenen Widerstands Kilmarnocks dagegen gewisse Schwierigkeiten, ein absolutes Verbot für das Rheinland durchzusetzen. Kilmarnock benutzte einen Parisaufenthalt Tirards, um Rolin-Jaequemyns auf seine Seite zu ziehen und gemeinsam mit dem Belgier den französischen Vertreter zugunsten des deutschen Antrags, der am 17. November in Koblenz eingereicht worden war, zu überstimmen. 2 5 8 Obwohl die Franzosen die ambivalente und manchmal taktierende Haltung Belgiens zur politischen Separation des Rheinlands bekannt war, kam der Umfall Rolin-Jaequemyns für Tirard überraschend und veranlaßte ihn zu einer überstürzten Rückreise. Während eines spektakulären Auftritts in der Hochkommission verkündete er seinen peinlich berührten Kollegen wütend, daß die Rentenmark in der französischen Zone jedenfalls nicht zugelassen werde, und zwar völlig unabhängig von den Beschlüssen der Hochkommission. 2 5 9 Damit war der Fortbestand dieses interalliierten Gremiums zur Disposition gestellt. Das deutliche Signal für die belgische Seite, daß Frankreich mit dem Rentenmarkproblem die Koalitionsfrage verband, bewog Rolin-Jaequemyns zu Vermittlungsversuchen. Der Hinweis, daß die Zahlung mit Rentenmark zwar gestattet, die Entscheidung über eine rechtsverbindliche Anerkennung des Rentenbankgesetzes aber aufgeschoben worden war, vermochte Tirard schließlich zu besänftigen. Er ließ in die vorläufige Genehmigung den Vorbehalt einfügen, daß sie jederzeit widerrufen werden könne. 260 Diese Entschlossenheit, die sich auf die in Paris erhaltenen Anweisungen gründete, 261 hatte zur Folge, daß das von Kilmarnock in die Wege geleitete Zugeständnis praktisch in sein GeA. a. O., 6385/32 d—3, Az. 4959/ATRP vom 17.11.1923, A N . A. a. O., 6385/32 d—3, Az. 1796/SAT/2 vom 17.11.1923, erneuert am 31. Januar 1924: 6385/32 d—2, Az. 279/SAT/2, A N . 258 A. a. O., 6385/32 d—3, Az. 1 2 4 6 6 / H C I T R vom 17.11.1923, A N ; F O 371-8689: C 20143/129/18 vom 19.11.1923, P R O . 259 F O 371-8689: C 20340/129/18 vom 21.11.1923, P R O . 260 Papiers Tirard, 6385/32d—3, Az. 21992/FC/3 und 12489 vom 20.11.1923, Az. 3422/ATRP/FC/3 vom 21.11.1923, A N . 261 Tirard an Giscard am 21. 11.: „Les instructions du Gouvernement français sont, d'ailleurs, nettement contraires à l'homologation": A. a. O., 6385/32d—3 o. Az., A N . 256

257

Die Rheinisch-Westfälische

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genteil umschlug: Mit dem Aufschub der verbindlichen Genehmigung des Rentenbankgesetzes verlor der provisorische Bescheid für die Reichsregierung jeden Wert, da er keinerlei Garantie gegen willkürliche Konfiszierungen seitens der Besatzungsmächte bot. Berlin hätte also für den Fall der Einführung der Rentenmark in den besetzten Gebieten immer mit Versuchen der Obstruktion seiner Stabilisierungspolitik rechnen müssen, wenn sein Verhalten nicht den Wünschen Frankreichs entsprach. 262 Aufgrund dieser Überlegungen zog es die Reichsregierung vor, von sich aus auf die Ausgabe von Rentenmark in den besetzten Gebieten zu verzichten. Sie nahm damit freilich ihrerseits die Fortsetzung der Währungskrise in Kauf und mußte sich von Seiten der betroffenen Wirtschaftsverbände der Gleichgültigkeit gegenüber der rheinischen Notlage bezichtigen lassen. 263 Die französische Politik aber verwandte in der Folge ihren ganzen Erfindungsreichtum darauf, Hindernisse und Komplikationen aufzubauen, die der Hochkommission eine schnelle Entscheidung über das Gesetz unmöglich machen sollten. 4. Höhepunkt und Scheitern der Initiative zur Gründung der rheinischen Notenbank, Anfang 1924 Die Übermittlung der deutschen Vorbehalte und Konditionen an Tirard war buchstäblich in letzter Minute erfolgt. Die Franzosen hatten Ende Dezember ihre Version der Bankstatuten bereits ausdrucken lassen und den Alliierten zur Kenntnis gegeben. Im wesentlichen die Ergebnisse der deutsch-französischen Verhandlungen von November und Dezember wiedergebend, beharrten die Franzosen in dem Statut jedoch immer noch darauf, den Wert der Rheinmark auf 0,05 Dollar festzusetzen. Sichergestellt war auch, daß die vom französischen Kapital dominierte Gruppe „B" der Anteilseigner in der Lage war, bei Meinungsverschiedenheiten mit der rheinischen Gruppe die Geschäftstätigkeit der Bank gänzlich zum Erliegen zu bringen. Den Wünschen der französischen Banken entsprechend war darüber hinaus eine Klausel eingefügt worden, derzufolge die Deckungsquote von 75 über 65 auf

262 Vgl. Hans Luther, Politiker ohne Partei. Erinnerungen, Stuttgart 1970, S. 177: „Der Poincare'sche Vernichtungsplan ging darauf aus, die Rentenmark im ,Loch im Westen' (dem besetzten Gebiet) verschwinden zu lassen." 265 Dazu u.a. Abt. 20 Nr. 515/16, R W W A ; Nachlaß Marx, 1070—96, Interpellation an den Reichstag vom 29.11.1923, StadtA Köln.

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II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

60 Prozent im Verhältnis zur Notenausgabe gesenkt werden durfte, sofern die absolute Höhe der Deckungssumme 100 beziehungsweise 200 Millionen Goldmark überstieg. 264 In Anbetracht des dringenden Devisenbedarfs der Rheinländer hatte man in Paris offensichtlich damit gerechnet, auch die letzten Widerstände im rheinischen Lager überwinden zu können. Tirards Verblüffung und Verärgerung angesichts der Bedingungen, die ihm von Hagen namens der Reichsregierung Ende Dezember zugestellt worden waren, war verständlich, mußte er sich doch aufgrund der vorhergegangenen Ubereinkünfte schon kurz vor dem Ziel geglaubt haben. In Anbetracht der unveränderten Währungskrise im Rheinland konnte Hagen es aber nicht riskieren, Tirards Drohung einer rein franco-belgischen Bankgründung und der fortgeführten Rentenmarkblockade einfach von der Hand zu weisen. Er unterrichtete den Reichskanzler von der harschen Antwort aus Koblenz und wies auf die Gefahren des drohenden Alleingangs der Besatzer hin. 165 Obwohl sich der französische Druck auf das Rheinland nicht im mindesten lockerte — Poincaré blieb in Paris auf dem Standpunkt, in der Frage der Rentenmarkgesetzgebung keinerlei Einfluß auf Tirard zu haben —, 2 6 6 mußte Hagen zur Kenntnis nehmen, daß seine Vermittlungsbemühungen in Berlin nicht mehr auf die Resonanz stießen, die sie noch wenige Tage zuvor gehabt hatten. Die Reichskanzlei ließ Hagen wissen, daß eine Bankgenehmigung nur noch dann in Frage kam, „wenn durch diesen Akt der deutschen Gesetzgebung in einer auch nach außen erkennbaren Weise das Bestehen der deutschen Staatsgewalt für das besetzte Gebiet zum Ausdruck kommt" , 267 Die weiterhin stabile Währungssituation im Reich, der Erfolg der Rentenmarkreform und die Fortschritte, die Schacht bei der Vorbereitung des Golddiskontbankprojekts erzielt hatte, taten bei den deutschen Behörden ihre Wirkung und machten sie resistenter gegenüber französischen Pressionen. Schwieriger war die Lage indessen für das Rheinland selbst. Von der Rentenmarkreform vorläufig ausgeschlossen, blickte die rheinische Articles of Association of the Rheinisch-Westfälische Notenhank A.G.: FO 3719730: C 159/31/18 vom 4.1.1924, PRO. 265 Hagen an Marx am 31.12.1923: Nachlaß Marx, 1070—96, StadtA Köln bzw. R 431/2442, Rk. 2, BA; Vgl. auch Papiers Tirard, 6383/32 b—2, Az. 240/HCF/4 vom 5.1.1924, AN. 266 Gegenüber von Hoesch: Papiers Tirard, 6385/32 d—3, Az. 2434/ATRP vom 29.12.1923, AN. 267 Marx an Hagen am 30.12.1923: R 431/2442, Rk. 14421, BA. 264

Die Rheinisch-Westfälische

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Wirtschaft ohnmächtig auf die Konsolidierung im Restreich und konnte wenig mehr tun als hoffen, daß Frankreich sich zu Konzessionen herbeilassen würde. In dieser Situation war verständlich, daß Hagen die Kontakte zu Franzosen und Belgiern nicht abbrechen ließ. Er erreichte damit sogar, daß die Besatzer weiterhin an den guten Willen ihres Verhandlungspartners glaubten und keine Aktivitäten entfalteten, die die auf deutscher Seite angelaufenen Maßnahmen zur Konterkarierung der separatistischen Währungsreform ernstlich gefährden konnten. 268 Tirard hielt an der Möglichkeit der Verständigung mit Hagen fest 269 und erhielt von Poincaré Mitte Januar 1924 neue Verhandlungsrichtlinien, die darauf berechnet waren, die Bank auch um den Preis neuerlicher Zugeständnisse doch Wirklichkeit werden zu lassen. Der Wert der Rheinmark durfte demnach doch bei 0,1 Dollar liegen, die Konzession für die Bank konnte auf 20 Jahre limitiert werden, nur eine Sonderoption für die Reichsbank war ganz ausgeschlossen. Der Premier bekräftigte Tirards Ankündigung, im Falle der Ablehnung eine völlig autonome Notenbank für das Rheinland mithilfe französischen Kapitals gründen zu lassen.270 Die Reichsregierung ließ sich jedoch zu keinerlei Zugeständnissen herbei. Hagen versicherte Tirard zwar, daß „malgré ces restrictions, le banque serait assurée de faire un travail profitable", 271 lieferte den französischen Interessen damit aber kein Argument. Angesichts des Kapitalmangels im Rheinland konnte jede ausreichend mit Devisen versorgte Bank glänzende Geschäfte machen. Aufgabe der rheinischen Notenbank wäre es jedoch gewesen, die Geschäftsbedingungen sehr grundsätzlich zugunsten Frankreichs zu ändern. Dieser Zweck wurde ihr durch die deutschen Auflagen aber rundherum bestritten. Poincaré versuchte währenddessen, die Verhandlungsposition der französischen Banken durch die Fortsetzung der Rentenmarkblockade zu stärken. Dem wachsenden Unwillen der Briten begegneten die Franzosen im Januar 1924 mit dem Vorwand, vor einer Entscheidung noch die Bildung eines eigens zu diesem Zweck erdachten Finanzberatungsgremiums abwarten zu müssen. 272 Die britische Opposition verschärfte 268

FO 371-9730: C 761/31/18 vom 10.1.1924, PRO. Papiers Tirard, 6381, Emissions-or prov./II Collections locales, Az. 4459/ATRP vom 12.1.1924, AN. 270 A. a. O., 6383/32b—2, Telegr. Nr. 21 vom 16.1.1924, AN. 271 A. a. O., 6383/32 b—2, Schreiben Hagens vom 18.1.1924, AN. 272 FO 371-8690: C 21142, C 21193/129/18; -8691: C 21234/129/18; -9811: C 1125/ 1125/18, PRO. 269

84

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

sich, als die Belgier gegen Ende des Monats die Zustimmung zum Rentenbankgesetz ihrerseits unverblümt vom Erfolg der rheinischen Bankinitiative abhängig machten. 273 Kilmarnock protestierte scharf. Im Foreign Office in London wurden sogar offizielle Demarchen in Brüssel und Paris erwogen, die nur deshalb nicht stattfanden, weil man sich vom Verlauf der Dawes-Verhandlungen ohnehin eine entscheidende Schwächung der französischen Position versprach. 274 Der harten Charakterisierung der belgisch-französischen Vorgehensweise als „little short of blackmail" hatte Frankreich nichts mehr entgegenzusetzen. 275 Als Hagen schließlich Ende Januar aus Berlin definitiv angewiesen wurde, alle Verhandlungen abzubrechen, 276 war der französische Vorstoß endgültig gescheitert. Alle weiteren Unternehmungen der französischen Administration — von der fortgesetzten Hinauszögerung der Zulassung der Rentenmark 2 7 7 bis hin zu der auf Hochtouren laufenden Repatriierung der in den besetzten Gebieten zirkulierenden Francbestände — 2 7 8 konnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Position Frankreichs am Rhein angeschlagen war und defensive Überlegungen den Charakter seiner Politik bestimmten. Die kompromißlose Härte der Reichsregierung dagegen, deren Hilflosigkeit noch wenige Wochen zuvor in einer Verschleppungspolitik zum Ausdruck gekommen war, die den französischen Vorstößen wenig entgegenzusetzen hatte, wirft die Frage auf, welche neuen Umstände eingetreten waren beziehungsweise welche Interessenskoalitionen sich gebildet hatten, die zu einer derart frappierenden Veränderung der Kräfte- und Machtverhältnisse führten.

FO 371-9811: C 1572/1125/18 vom 26.1.1924, PRO. A.a.O.: C 2547, C 2671, C 1572/1125/18, PRO. 275 A. a. O.: C 2920/1125/18, PRO. 276 Papiers Tirard, 6383/32b—2, o. Az., 29.1.1924, AN; FO 371-9730: C 1875/31/18 vom 4.2.1924, PRO. 277 FO 371-9811: C 4845, C 4691, C 6298, C 7337/1125/18, PRO. 278 Im Auftrag Lasteyries ließ Tirard seit dem 29. November 1923 kontinuierlich Franc in den besetzten Gebieten aufkaufen. Bis zum Juni 1924 addierte sich die Summe der derart „repatriierten" Gelder auf 88 693 871,67 französische Francs: Papiers Tirard, 6380/III.—c, Az. 501/FC/4 vom 8.1., Az. 5543 AD/MM vom 10.6.1924, AN. 273

274

Die Genesis der deutsch-britischen Zusammenarbeit

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Die Genesis der deutsch-britischen Zusammenarbeit. Vom deutschen Widerstand gegen die französischen Pläne bis zum Beginn der britischen Unterstützung für Schachts Golddiskontbankprojekt Nachdem Großbritannien es im September 1923 kategorisch abgelehnt hatte, dem deutschen Staat auf der Basis gemeinsamer handelspolitischer Interessen Kredite zu gewähren und auf diese Weise die Weiterführung des passiven Widerstands zu finanzieren, 2 7 9 schien auch die letzte Möglichkeit der deutschen Politik, die französischen Interessen am Rhein wirksam zu bekämpfen, hinfällig geworden zu sein. Die Reichsregierung, bar aller politischen wie finanziellen Mittel, suchte nach dem Abbruch des passiven Widerstands ihr Heil in Verhandlungen mit Tirard, um durch partielle Zugeständnisse die Gründung eines unabhängigen Rheinstaats zu vermeiden. Tirards Zurückweisung des Angebots, sich mit der Umorganisation des Rheinlands zum föderativ dem Reichskörper verbundenen Freistaat im Tausch gegen die Einstellung der finanziellen Unterstützung für die besetzten Gebiete zu begnügen, spaltete die deutsche Politik in zwei Lager. 280 Auf der einen Seite stand der Kölner Oberbürgermeister, unterstützt von maßgebenden Teilen des rheinischen Zentrums, der den autonomen Rheinstaat zumindest zeitweise zu akzeptieren bereit war, wenn dafür die französisch-belgischen Truppen aus dem Ruhrgebiet abgezogen und neue Verhandlungen über die Reparationsfrage angeboten werden würden. 2 8 1 Aus rein wirtschaftlichen Motiven schlössen sich Vertreter der Groß- und Schwerindustrie Adenauers Meinung an. Stinnes, Vogler und Silverberg drängten die Reichsregierung, der Industrie eigenständige Verhandlungen mit der Besatzungsmacht zu erlauben, und schlössen nach erteilter Genehmigung Anfang November mit der M I C U M ein Sachlieferungsabkommen zur Bedienung der Reparationsschulden. Etliche Konzerne hatten schon vor diesen mit Berlin abgestimmten Verhandlungen Lieferverträge mit Frankreich abge-

2"

F O 371-8654: C 15459/1/18 vom 7 . 9 . 1 9 2 3 , PRO.

Dazu Kenneth Paul Jones, Stresemann and the Diplomacy Phil., University of Wisconsin 1970, S. 2 1 0 f f . 280

281

Vgl. K.-D. Erdmann, Adenauer

Köhler, Adenauer

und die rheinische

in der Rheinlandpolitik

Republik ..., S. 196 ff.

of the Ruhr Crisis,

...,

Diss.

S. 136ff., und H.

86

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

schlössen 282 und damit nicht unerheblich zur Schwächung der Autorität der Zentralregierung beigetragen. 283 Auf der anderen Seite formierte sich der Widerstand der Politiker der unbesetzten Gebiete, die die Kontakte zur Tirard abbrechen und die Reichseinheit unter allen Umständen verteidigen wollten. Wichtiger als die aktuelle ökonomische und währungspolitische Misere war dieser von Marx, Stresemann und Luther unterstützten Fraktion der Zusammenhalt des Reichsganzen, dem sich alle anderen Aspekte der Innen- und Außenpolitik unterzuordnen hatten. 284 Erst als das Kabinett Marx am 11. Dezember die Aufrechterhaltung der Arbeitslosenunterstützung für die besetzten Gebiete beschloß, hatte die reichsdeutsche Fraktion in Berlin sich durchgesetzt. Adenauers Pläne, angesichts der andauernden Krise im besetzten Gebiet noch bis in den Januar 1924 hinein aktuell, fanden im Reich keine ernstzunehmende Unterstützung mehr. Die Konfrontation mit Frankreich auf währungspolitischer Ebene war im Zeitraum der Anbahnung der Kontakte zu Tirard und Poincaré von eher provisorischen Maßnahmen charakterisiert gewesen, die darauf abzielten, zukünftige Verhandlungspositionen zu verbessern. So waren die deutschen Banken in den besetzten Gebieten gebeten worden, alle auffindbaren Devisen aufzukaufen und ins Reichsgebiet zu transferieren, weil man später finanzielle Druckmittel zur Verfügung haben wollte. 285 Den regionalen Industriellen wurde die ablehnende Haltung Berlins gegenüber der rheinischen Bankinitiative zur Kenntnis gebracht und darum gebeten, keine Mittel zur Unterstützung der Währungsreform beizusteuern. 286 J e erfolgreicher die französischen Vorbereitungen der Bankgründung vorankamen, desto entschlossener schien sich die deutsche Opposition dagegen zu formieren. Der Kölner DVP-Abgeordnete Molden-

282

Nach Stinnes' Notizen handelte es sich dabei um die Firmen bzw. Zechen Becker,

Dahlbusch, Krupp, Langenbrahm, Niederrheinische Bergwerks AG, Phoenix/Rheinstahl, Haniel, Friedrich Heinrich und Wilhelmine Mevissen: Nachlaß Stinnes, 1-220, 021/3, ACDP. 283

Den Vorwurf erhebt H . Luther, Politiker ohne Partei..S.

284

Daß dabei mitunter nicht ohne Leichtfertigkeit das Abstraktum „Reichseinheit"

188 f.

wichtiger als die versorgungspolitische Katastrophe im besetzten Gebiet genommen wurde, läßt sich der „Versackungs"-Kontroverse zwischen Adenauer und Jarres entnehmen: Vgl. Nachlaß Adenauer,

902-253-5, StadtA Köln.

285

Papiers Tirard, 6 3 8 4 / 3 2 c , Az. 1 0 5 0 7 / F / H C I T R vom 3 0 . 1 0 . 1 9 2 3 , sub 4, A N .

286

A. a. O., 6 3 8 4 / 3 2 c , Az. 6322 vom 3 1 . 1 0 . 1 9 2 3 , A N .

Die Genesis der deutsch-britischen

Zusammenarbeit

87

hauer, ein leidenschaftlicher Verfechter der nationalen Einheit, bekräftigte in einer Reichstagsrede im November die Ablehnung der französischen Pläne durch die Regierung und deutete an, daß die Interessen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens als Mittel geeignet waren, um Frankreich im Zaum zu halten. 287 Die Reichsregierung selbst gab einen Tag nach dieser Rede in London zu erkennen, daß weder Adenauers Kompromißpläne noch die Gründung der rheinischen Notenbank ihre Zustimmung fanden. 288 Da die Briten umgehend signalisierten, daß sie die Bankinitiative nicht zu fördern gewillt waren, 289 verzichteten die Deutschen zunächst auf spektakuläre Gegenmaßnahmen: Ohne britische Beteiligung waren die Erfolgsaussichten des Bankprojekts sowohl in finanzieller als auch in politischer Hinsicht erheblich gesunken. Eine aufsehenerregende deutsche Reaktion hätte dem Projekt nur die Publizität verschafft, die im Interesse des Ansehens der Regierung in Berlin in der Weltöffentlichkeit zu vermeiden war. 290 Hinzu kam, daß das Reich aus eigenen Kräften nicht mehr in der Lage war, die Mittel aufzubringen, die erforderlich waren, um gegen die Politik Frankreichs ernstzunehmenden Widerstand zu leisten. Die deutsche Politik konnte, der Logik der machtpolitischen Verhältnisse gehorchend, ihr Heil nur noch in der Allianz mit denjenigen Staaten suchen, die aufgrund der eigenen Interessenlage gewillt und fähig waren, den französischen Einfluß zurückzudrängen. 291 Tatsächlich war die Sackgasse, in der sich die Vertreter der deutschen Interessen nach dem Zusammenbruch des passiven Widerstands wiederfanden, die Vorbedingung, unter der Großbritannien eine Einmischung zwecks Veränderung der Situation wünschenswert und aussichtsvoll erscheinen konnte. Die Briten hatten sich vor dem französischen Einmarsch ins Ruhrgebiet den Forderungen gegen das Reich nicht nur angeschlossen, sondern sie teilweise tatkräftig selbst erhoben und durchgesetzt. Die Höhe der Reparationen war aber in London

287 288

F O 371-8689: C 20435/129/18 vom 2 5 . 1 1 . 1 9 2 3 , P R O . F O 371-8690: C 20652/129/18 vom 2 6 . 1 1 . 1 9 2 3 , P R O .

2 m Stahmer, deutscher Botschafter in London, berichtete schon am 8. Dezember nach Berlin, daß die Briten sich auf keinen Fall an der rheinischen Bank beteiligen wollten: Nachlaß Marx, 1070—96, StadtA Köln.

F O 371-8669: C 21782/8/18 vom 1 0 . 1 2 . 1 9 2 3 , P R O . „Es wird hauptsächlich die Entwickelung der Außenpolitik sein, die uns hier die Wege weist", stellte Jarres am Abschluß der schon erwähnten Besprechung in Hagen vom 2 5 . 1 0 . 1 9 2 3 fest: R 431/264, S. 139, BA. 2.0 2.1

II. Die französische

88

Währungspolitik

in

Deutschland

nicht mit der Absicht, die deutsche Volkswirtschaft zu ruinieren, beschlossen worden, sondern um den politischen Anspruch, die Funktionsfähigkeit und den ungestörten Verlauf deutscher Produktionstätigkeit auf absehbare Zeit vom Wohlwollen der Siegermächte abhängig zu machen, finanziell zu fundieren. Auf der Grundlage der mit dem Londoner Ultimatum vom Mai 1921 fixierten Gesamtschuld Deutschlands hätten sich die Briten bereits großzügig hinsichtlich der tatsächlich abzuführenden Annuitäten gezeigt, 292 wenn nicht das Verhalten der Reichsregierung den Verdacht genährt hätte, daß die vollständige Unterwerfung unter das Diktat der Entente im Reich noch nicht vollzogen war. Erst mit dem Abbruch des passiven Widerstands war dieser Zustand offensichtlich erreicht und der britische Vorbehalt gegenstandslos geworden. Großbritanniens Haltung gegenüber den französischen Ambitionen im Rheinland ist von Walter A. MacDougall als Abwarten umschrieben worden, um zu sehen, was die Franzosen aus der deutschen Kapitulation zu machen gewillt waren. 293 In der Tat verhielt sich die Bank von England im September und Oktober 1923 noch äußerst reserviert gegenüber deutschen Kreditwünschen. Montagu Norman, der Gouverneur der Bank, wollte zunächst die Klärung der politischen Kontroversen abwarten, bevor er über eine Kreditierung nachdenken mochte 294 Ähnlich wie im Rheinland stieß die Rentenmarkreform auch bei den britischen Behörden zunächst auf Unglauben und Mißtrauen, 295 das zwar die technischen Details der Rentenmarkdeckung betraf, aber wohl nur auf politischem Wege entkräftet werden konnte: Die hypothekarische Deckung der Rentenmark war nicht mehr oder weniger fragwürdig als die Deckungspraktiken der übrigen europäischen Regierungen. Die entscheidende Frage war vielmehr, ob die Reichsregierung insgeheim die Erneuerung ihrer Inflationspolitik und damit die Wiederaufnahme des passiven Widerstands plante oder ob sie zur internationalen Kooperation unter britischen Vorzeichen bereit war. Vorbedingung einer derartigen Kooperation war der Ausgleich des Staatshaushalts.

292

Niemeyer in einem Memorandum zur Reparationsfrage: „The real question is not ßxation of total: but reduction of annuity." OV 34/102 — Germany, Nr. 42 A, BEA. 2.3 W. A. MacDougall, France's Rhineland Diplomacy . . S . 292. 2.4 Eintragungen diesen Inhalts in Normans Tagebuch am 7.9., 14.9., 21.9., 24.9. und 10.10.1923, BEA. 2.5 Vgl. FO 371-8666: C 14442/8/18, -8667: C 16262, C 16602, C 17579/8/18, -8668: C 17895, C 18069, C 18227, C 18921, C 19682, C 20584/8/18, PRO.

Die Genesis der deutsch-britischen Zusammenarbeit

89

Die Dringlichkeit einer L ö s u n g der P r o b l e m e verschärfte sich aus britischer Sicht, als E n d e O k t o b e r im T r e a s u r y die erste k o n k r e t e A n f r a g e hinsichtlich der britischen U n t e r s t ü t z u n g der rheinischen N o t e n b a n k einging 2 9 6 u n d gleichzeitig G e r ü c h t e laut w u r d e n , d a ß von amerikanischer Seite eine I n t e r v e n t i o n z u r U n t e r s t ü t z u n g d e r d e u t schen W ä h r u n g s r e f o r m im G a n g e war. 2 9 7 Sowenig m a n in L o n d o n h i n z u n e h m e n gewillt war, d a ß sich d u r c h eine auf d e m Dollar stabilisierende R e i c h s m a r k der D r u c k auf den Sterling, z u m G o l d s t a n d a r d z u r ü c k z u k e h r e n , vervielfachte, sowenig war m a n bereit, eine weitere m a c h t p o l i t i s c h e A u s d e h n u n g des französischen Einflußbereichs auf d e m K o n t i n e n t h i n z u n e h m e n . Schon seit M i t t e 1922 k u r s i e r t e n im Foreign O f f i c e — in R e a k t i o n auf den Z u s a m m e n p r a l l französischer u n d britischer Interessen nicht n u r in der R e p a r a t i o n s f r a g e , sondern auch im V o r d e r e n O r i e n t — Ü b e r l e g u n g e n , der Allianz m i t dieser G r o ß m a c h t , die in allen f ü r das E m p i r e als lebenswichtig e r a c h t e t e n Fragen s t ö r e n d a u f t r a t , den R ü c k e n z u kehren. 2 9 8 D a die amerikanische Initiative, die auf den Ü b e r l e g u n g e n des N a t i o n a l ö k o n o m e n J e n k s in Z u s a m m e n a r b e i t m i t d e m ehemaligen Reichskanzler C u n o b e r u h t e u n d die z u r F i n a n z i e r u n g der reichsweiten W ä h r u n g s r e f o r m ein N e w Y o r k e r B a n k e n k o n s o r t i u m z u s a m m e n g e b r a c h t h a t t e , mangels politischen R ü c k h a l t s in W a s h i n g t o n z u r Aussichtslosigkeit verurteilt war, 2 9 9 k o n z e n t r i e r t e sich die A u f m e r k s a m k e i t der Briten zunächst auf den französischen V o r s t o ß . N o r m a n b e a n t w o r t e t e M i t t e N o v e m b e r die A n f r a g e n holländischer Bankiers bezüglich der rheinischen Bankinitiative, indem er klarstellte, d a ß britische Interessen m i t der in d e r Bank angelegten A b t r e n n u n g eines T e i l s t a a t s aus d e m R e i c h s k ö r p e r unvereinbar waren. 3 0 0 Er v e r t r a t 2%

F O 371-8686: C 18766/129/18 vom 29.10.1923, P R O . F O 371-8817: C 18716/16779/18 vom 30.10.1923, P R O . "« Vgl. F O 371-7567: C 6200, C 6875, C 7297/6200/18 von April und Mai 1922, P R O ; zur britisch-französischen Konfrontation im Nahen Osten Christopher M. Andrew/ A. S. Kanya-Forstner, The Climax of French Imperial Expansion 1914—1924, Stanford, Cal. 1981, S. 210—236. 2,7

29 ' Vgl. W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik ..., S. 225. Die Chancenlosigkeit amerikanischer Privatkreditangebote gegenüber den wesentlich günstigeren, weil politisch motivierten Konditionen der Bank von England war eines der Argumente gewesen, mit denen Washington den Briten Regierungskredite seit 1918 verweigerte. Man wollte schließlich nicht die Mittel bereitstellen, mit denen dann die eigenen Geschäftsleute ausgebootet v/erden würden. Vgl. Carl P. Parrini, Heir to Empire. United States Economic Diplomacy 1916—1923, Pittsburgh 1969, S. 49f.

F O 371-8689: C 19979/129/18 vom 14.11.1923, P R O .

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

90

in der Folge diese mit dem Treasury abgestimmte Haltung nicht nur in der britischen Bankenwelt, sondern machte seinen Einfluß auch gegenüber den Zentralbanken befreundeter Länder geltend, um jede Unterstützung des Projekts möglichst schon im Ansatz zu verhindern. 301 Seine Politik stand dabei im Einklang mit der Position der britischen Regierung, die im gleichen Zeitraum die Möglichkeit erwog, Frankreich zu einer Neuaufnahme der Reparationsverhandlungen zu bewegen. Das Treasury wurde angewiesen „to consider, in all its bearings, the problem raised by French indebtedness to this country, and to weigh the advantages and disadvantages of using the financial lever in dealings with the French Government". Darüber hinaus war angebracht „to examine the credits or other financial assistance on which, in the normal course of business, French private firms or semi-public bodies are able to rely on the London market". 3 0 2 Gegen die Bestrebungen zur Gründung der rheinischen Bank machte die Regierung in London zunächst Bedenken geltend, ob die Hochkommission überhaupt über die rechtliche Handhabe verfügte, die Bankgründung in die Wege zu leiten. 303 Ein Versuch Poincarés, die Gründung souveräner Staaten auf deutschem Territorium sozusagen als staatsrechtliches Problem in die Diskussion zu bringen, wurde als glatter Bruch des Friedensvertrags zurückgewiesen. 304 Italienischen Interessenten, die über die Botschaft in London mehrfach vorsprachen und mit einer Kapitalbeteiligung an der Bank liebäugelten, wurde klargemacht, daß das Projekt mit einer entschlossenen britischen Opposition zu rechnen hatte. 305 Nachdem Poincaré seinen Botschafter in London, den Grafen SaintAulaire, schließlich beauftragt hatte, der britischen Regierung offiziell eine Beteiligung an der Finanzierung der Rheinlandbank anzutragen, 306 301

Dazu folgende Vermerke in Normans Tagebuch: 1 4 . 1 1 . 1 9 2 3 : „Bruno Schröder —

See letter t o Niemeyer of today" (= Anmerkung 300); 19. 11.: „Rai — warn him as t o Note-Bank for Rhineland; N.Bk. of Denmark — as above"; 3 0 . 1 1 . : „JWB(eaumont) P(eace) says, he has no concern with Rhineland Bank"; 6 . 1 2 . : „Waley — Rhineland Bk. See his letter of today, think he strongly disapproves formation of Bk. & believes real object to be separatist & political", B E A . 302 p o 371-8661: X K 6583, in: Anthony Adamthwaite, The Lost Peace. Relations

in Europe

1918—1933,

International

London 1980, S. 63, N r . 18.

303

F O 371-8689: C 19954, C 2 0 2 8 3 / 1 2 9 / 1 8 vom 17. bzw. 2 2 . 1 1 . 1 9 2 3 , P R O .

304

A. a. O.: C 18941, C 2 0 2 7 8 / 1 2 9 / 1 8 vom 2 2 . 1 1 . 1 9 2 3 , P R O .

305

F O 371-8689: C 2 1 0 2 3 / 1 2 9 / 1 8 vom 4 . 1 2 . , -8691: C 21509, C 2 1 5 2 8 / 1 2 9 / 1 8 vom

13. und 14.12., -9730: C 3 1 / 3 1 / 1 8 vom 3 1 . 1 2 . 1 9 2 3 , P R O . 306

Papiers

Tirard,

6 3 8 3 / 3 2 b — 2 , Az. 2421-13-14 vom 3 0 . 1 1 . 1 9 2 3 , A N .

Die Genesis der deutsch-britischen

Zusammenarbeit

91

wehrte diese ab und verwies die Franzosen auf den Weg der direkten Kontaktnahme mit den britischen Banken. 307 Norman übernahm pflichtgemäß die Aufgabe, den Bankplan in der Londoner City bekanntzumachen, 308 und meldete dem Treasury Mitte Dezember, daß weder die Londoner Clearing-Banken noch die Bank von England selbst irgendein Interesse an dem französischen Angebot gezeigt hätten. 309 In Anbetracht der Kampagne, die Norman schon seit Wochen gegen das Projekt führte, wäre eine andere Antwort auch höchst verwunderlich gewesen. Unterdessen war im Reich nicht nur die Notenpresse stillgelegt, sondern auch der Etatausgleich als Vorbedingung einer antiinflationären Finanzpolitik in Angriff genommen worden. 310 Hjalmar Schacht machte in der zweiten Dezemberhälfte Lord d'Abernon mit den Grundzügen seines Golddiskontbankplans bekannt und vereinbarte durch Vermittlung des Botschafters einen Termin für Gespräche mit Norman und anderen britischen Bankiers in London. 311 In seiner Funktion als Reichswährungskommissar war Schacht schon früh mit der rheinischen Bankinitiative konfrontiert worden. Er hatte von einer brüsken Ablehnung der Forderungen der rheinischen Wirtschaftsführer nur abgesehen, um sie nicht in eine „überaus schwierige Lage" 312 zu bringen, mit anderen Worten: dem Gegner direkt in die Arme zu treiben. Schacht hatte aber inzwischen den Plan entworfen, dessen Konkurrenz zu der von Frankreich inspirierten Initiative unverkennbar war. Wie die rheinische Notenbank sollte die Schachtsche Goldbank die dringendsten Devisenbedürfnisse der Wirtschaft befriedigen, indem ausländische Investoren und inländische Devisenhorter vermittels einwandfreier Garantien und hoher Profite zur Bereitstellung ihrer Vermögen bewegt wurden. Im Unterschied zum rheinischen Projekt würde die Schachtsche Bank aber den Wirtschaftsraum des ganzen Reiches bedienen, damit dessen Zusammenhalt bekräftigen und die partikularistischen Tendenzen des französischen Projekts durchkreuzen. Da der Erfolg seines Plans maßgeblich vom Verhalten der nicht-

307

F O 371-8691: C 21364/129/18 vom 12.12.1923, PRO.

Eintragung in Normans Tagebuch am 13.12.1923: „JWBPeace . . . Rhinelandbank, gave him end in Treasy letter of 12th to circulate to Bankers", BEA. 3OT FO 371-8691: C 21457, C 21545, C 21687/129/18 vom 14.12.1923, PRO. 310 Vgl. Hans Luther, Feste Mark — Solide Wirtschaft, Berlin 1924, S. 6—8. 311 F O 371-8669: C 22302/18 vom 21.12.1923, PRO. 308

312

H. Schacht, Die Stabilisierung

..., S. 101.

92

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

deutschen Anleger abhing, m u ß t e Schacht versuchen, soweit wie nur möglich internationales Vertrauen für seinen Plan zu mobilisieren. U n d die geeignetste Adresse für ein derartiges Vorhaben war in der T a t die Bank von England, deren Besuch Schacht dem britischen Botschafter noch für Dezember 1923 avisierte. Mit der Berufung Schachts zum Präsidenten der Reichsbank, die gegen den Willen des gesamten Reichsbankdirektoriums und unter spektakulärer Bevorzugung vor dessen Favoriten Helfferich durchgesetzt wurde, setzte die Reichsregierung ein zweites Signal ihres Willens zur internationalen Kooperation. Der deutschnationale und anglophobe Helfferich war von den Briten als für die beiderseitige Verständigung hinderlich betrachtet worden. 313 Nachdem das deutsche Außenministerium Schachts vollen Rückhalt bei der Reichsregierung bekräftigt hatte, stand der deutsch-britischen Zusammenarbeit nichts mehr im Weg. 314 Schacht vereinbarte schließlich den 1. Januar 1924 als Gesprächstermin mit N o r m a n in London 3 1 5 und half dann im Vertrauen auf den Erfolg seiner Mission die Vorbehalte der Reichsregierung gegen die rheinische N o t e n b a n k zu formulieren, die Hagen Tirard Ende Dezember übermittelte. Tatsächlich trafen die Bankpläne des Reichsbankpräsidenten in der Londoner City auf uneingeschränktes Entgegenkommen. N o r m a n , der über die Berliner Botschaft schon in Ansätzen informiert worden war, empfing den Deutschen mit einer durchaus unüblichen Geste persönlich am Sylvesterabend an der Victoria-Station und lud ihn schon für den folgenden Tag in die Bank von England ein. Als Schacht d o r t sein Vorhaben darlegte und zu erkennen gab, daß er mit der Gründung der Goldbank den Beschlüssen des Dawes-Komitees zuvorzukommen versuchte, eröffnete sich N o r m a n eine interessante Perspektive. Schachts gezielter Hinweis, daß die Bank nicht nur zur Hälfte von einem Sterling-Kredit finanziert werde, sondern ihrerseits auf Pfund Sterling nominierte Banknoten zur Kreditierung des deutschen Außenhandels emittieren sollte, appellierte an ein britisches Interesse erster Ordnung: 316 So dringend die deutsche Wirtschaft einerseits Devisen benötigte, so vorteilhaft mußte den Briten andererseits das Angebot der Einbindung eines wesentlichen — und zwar des produktivsten — Teils 313 314 315 316

FO 371-8669: C 22219/18 vom 21.12.1923, PRO. A.a. O.: C 22359/18, PRO. A. a. O.; C 22008, C 22047/18, PRO. Vgl. Hjalmar Schacht, 76 Jahre meines Lebens, Bad Wönshofen 1953, S. 245—247.

Die Genesis der deutsch-britischen

Zusammenarbeit

93

des deutschen Exports in den Sterlingverkehr erscheinen. Der unmittelbare Effekt hätte in der Erhöhung der Pfundnachfrage gelegen und damit in einer Aufwertung, die die im Vergleich zum Dollar angeschlagene britische Währung bitter nötig hatte, wollte sie jemals die Vorkriegsparität zum Gold wieder erreichen. Norman willigte, nachdem er die wichtigsten Bankiers der City konsultiert hatte, in Erwägung dieser Vorteile in Schachts Vorschlag ein und stellte ihm einen Kredit der Bank von England über fünf Millionen Pfund Sterling zum äußerst günstigen Zinssatz von 5 Prozent in Aussicht. 3 1 7 Danach setzte er den Reichsbankpräsidenten über die Anfrage der „Banque de Paris et des Pays Bas" in Kenntnis, deren Präsident Finaly im Namen des französischen Bankenkonsortiums den Gouverneur um eine Kapitalbeteiligung für die Rheinlandbank gebeten hatte. Normans Antwort: „I have no present reason to believe that the establishment of the proposed Bank would be in accord with the wishes and interests of the Reichsbank, by whose views I should feel obliged to be influenced in such a question" 3 1 8 war eine geradezu bekenntnishafte Parteinahme der Bank von England zur Kooperation mit der Reichsbank und verlieh der deutschen Position gegenüber Frankreich einen Rückhalt, von dem noch wenige Tage zuvor kein deutscher Politiker zu träumen gewagt hätte. Norman war sich der Tragweite dieses Schreibens wohl bewußt und kommentierte es gegenüber Schacht mit den Worten: „I killed the Rheinisch Bank." 3 1 9 Im sicheren Wissen um diesen Rückhalt 3 2 0 konnte Schacht nicht nur den deutschen Befürwortern der Rheinlandbank den Wind aus den Segeln nehmen: 321 Zeitgleich mit seinem Aufenthalt in London hatte er einen Emissär, von Litwin, nach Paris entsandt, der die französische Bereitschaft zur Unterstützung der Goldbank-Vorlage ausloten sollte. Von Litwin lockte einerseits mit der Versicherung, keine Schritte ohne französischen Konsens einleiten zu wollen, stellte andererseits aber doch klar, daß die rheinische Notenbank der Golddiskontbank untergeordnet werden mußte. Um die Franzosen trotzdem zur Annahme des Vorschlags zu bewegen, versicherte er, „que le Gouvernement allemand

317

H . Schacht, a. a. O., S. 251.

318

Papiers Tirard, 6 3 8 3 / 3 2 b — 2 , Az. 2 5 8 0 / A T R P , Norman an Finaly am 2 . 1 . 1 9 2 4 ,

AN. " Nachlaß Schacht, Bericht von London vom 2 . 1 . 1 9 2 4 , N L 294/3, BA.

3

320

H . Schacht, 76 Jahre . . S .

321

A. a. O., S. 253—255; vgl. auch R 431/2442, Rk. 272 vom 8 . 1 . 1 9 2 4 , BA.

252.

II. Die französische Währungspolitik in Deutschland

94

serait prêt à accepter des dispositions speciales pour les Territoires Rhénans et à accorder l'autonomie complète à ces Territoires à la condition que la France garantisse d'une façon quelconque qu'elle ne les annexera pas . . .". 3 2 2 Dieses letzte und äußerste Angebot, Indiz für die verzweifelte Lage der deutschen Politik am Vorabend des Abkommens mit Norman, war mit dem Bekanntwerden der britischen Unterstützung für Schacht hinfällig geworden. 323 Zweifelsohne spielte Stresemann Monate später auf diese Situation an, als er gegenüber Dritten „mit Tränen in den Augen" 3 2 4 die Bedeutung der Hilfe Normans für das Reich hervorhob. Aber obwohl die Franzosen nach dem Erhalt von Normans Schreiben Schachts Uberzeugung zufolge bereits „kalte Füße" 3 2 5 haben mußten, hielten sie unbeirrt an ihrer grundsätzlichen Feindseligkeit gegenüber allen deutschen Versuchen, die Lage im Rheinland in den Griff zu bekommen, fest. Die deutschen Banken, mittlerweile unterstützt von ausländischen Instituten, forcierten deshalb ihre Politik, Franc um fast jeden Preis in den besetzten Gebieten aufzukaufen. Angesichts von Prämien von bis zu sechs Prozent über dem Kurswert für die französischen Valuta notierte Tirard besorgt: „Ces maneuvres ont non seulement pour objet de constituer des d'avoirs en francs entre les mains de ceux qui les acquièrent, mais peut-être plus encore d'obliger par une voie indirecte la Banque de France à suivre une politique d'inflation . . . la Banque de France pourra être amenée, dans l'intérêt même de l'économie française, à augmenter son émission, ce qui manquerait pas d'avoir les conséquences les plus graves en semblant justifier la campagne de calomnies qui annonce l'avilisement fatal et rapide du franc." 3 2 6 Sowohl in Hinsicht auf die anstehenden Expertenverhandlungen in Paris wie auf die erhoffte internationale Unterstützung für die Rheinlandbank konnte eine Desavouierung der französischen Währungspolitik verheerende Folgen haben: Von den Auswirkungen der deutschen Inflationspolitik tief beeindruckt, wäre das internationale Anlegerpublikum 322

Papiers Tirard, 6384/32 c, Az. 2 5 6 9 / A T R P vom 3 . 1 . 1 9 2 4 , A N .

323

A. a. O., 6 3 8 3 / 3 2 b — 2 , Az. 4 3 0 9 / A T R P vom 7 . 1 . 1 9 2 4 , A N .

324

In einem Gespräch mit dem österreichischen Bankier Simon: F O 371-9761:

C 5408/75/18 vom 2 1 . 3 . 1 9 2 4 , P R O ; vgl. auch Nachlaß

Adenauer,

902-253-7 vom

8 . 2 . 1 9 2 4 , wonach Stresemann Anfang Januar eine Autonomie des Rheinlands nicht mehr ausschließen wollte, StadtA Köln. 325

H . Schacht, 76 Jahre ...,

326

Tirard an Poincaré am 1 5 . 1 . 1 9 2 4 : Papiers Tirard, 6 3 8 0 / L — b , Az. 4 5 0 7 / A T R P /

FC/4, AN.

S. 254.

Zusammenfassung

95

durch Anzeichen einer tendenziell ähnlichen Entwicklung beim Franc leicht von jedem Engagement in französischer Währung abzuschrecken gewesen. Als Anfang Februar der Kurs der Rentenmark an den Devisenbörsen kurzfristig nachgab, schöpften die Franzosen ein letztes Mal die Hoffnung, gegenüber Schachts Golddiskontbank mit ihrem Rheinlandbankprojekt eine gleichwertige Alternative anbieten zu können. 327 Die energischen Stabilisierungsmaßnahmen der Reichsbank ließen diese Erwartung jedoch ebenso schnell wieder sinken, wie sie aufgekommen war. 328 Die gezielten Francaufkäufe wurden hingegen im Rheinland wie im benachbarten Ausland im Februar 1924 fortgesetzt 329 und trugen dazu bei, das Risiko zu erhöhen, mit dem jeder französische Vorstoß gegen die Interessen der Reichsregierung in der Währungspolitik behaftet war. Tatsächlich hatte mittlerweile die Entwicklung der DawesVerhandlungen in Paris einen anderen als den Konflikt zwischen Franc und Mark in den Mittelpunkt der weltwährungspolitischen Auseinandersetzungen gestellt. Die französische Politik konnte zwar, ähnlich der deutschen, versuchen, aus dem Verlauf dieser Auseinandersetzung relative Vorteile für sich herauszuschlagen. Für genuin französische Nationalinteressen, wie sie die Gründung der rheinischen Notenbank verkörpert hätte, fand sich in der Europapolitik der Großmächte aber kein Platz mehr.

Zusammenfassung: Die Währungspolitik Frankreichs gegenüber dem besiegten Deutschland. Überlegungen zur Bewertung eines gescheiterten Konzepts Ist Frankreichs Politik gegenüber dem Reich eingangs dieses Kapitels zu Recht als Stabilisierungspolitik gekennzeichnet worden? Im Unterschied zu Begriffen wie etwa dem der Währungspolitik, der die Besonderheit eines politischen Handlungsaggregats nach dessen Gegenstand charakterisiert, gibt der Begriff der Stabilisierungspolitik schon im Titel vor, einen bestimmten Zweck zu benennen: Stabilisierung nämlich. Da dabei unausgesprochen bleibt, was da wie stabilisiert werden soll, ist leicht die Gefahr gegeben, das Prädikat der stabilisierenden 327 328 329

A. a. O., 6385/32d—3, Az. 5355/ATRP vom 11.2.1924, AN. H. Schacht, Die Stabilisierung..., S. 114—116. Papiers Tirard, 6380/III.—b, Az. 4081/FC/4 vom 25.2.1924, AN.

II. Die französische

96

Währungspolitik

in

Deutschland

Politik ausschließlich an diejenige H a n d l u n g zu vergeben, die im E n d e f f e k t die erfolgreiche, also die tatsächlich stabilisierende auf G r u n d l a g e des neuen Status

quo war. I m G r u n d e ist wohl jede P o l i t i k Stabilisie-

rungspolitik, sofern sie nur einen positiven Z w e c k verfolgt. W e n n sie ihn erreicht hat, wird sie auch u m die D a u e r des eingetretenen Z u s t a n d s b e m ü h t sein. U m g e k e h r t wird wohl jeder P o l i t i k e r versuchen, Hindernisse, die sich seiner K o n z e p t i o n einer stabilen O r d n u n g in den W e g legen, zu destabilisieren. P o i n c a r é h a t t e , von Baldwin im S e p t e m b e r 1923 nach französischen V o r s c h l ä g e n für die Stabilisierung der deutschen W ä h rung b e f r a g t , keine A n t w o r t geben k ö n n e n und wollen. 3 3 0 W a r u m auch h ä t t e er Pläne für die R e k o n s t r u k t i o n des R e i c h s entwerfen lassen sollen, für ein R e s u l t a t also, dessen E i n t r i t t er täglich m i t fast allen M i t t e l n zu verhindern b e m ü h t war? B e z o g e n auf das R e i c h als G a n z e s war die französische W ä h r u n g s p o l i t i k jedenfalls erklärtermaßen desinteressiert: „ L ' A l l e m a g n e doit stabiliser elle-même sa m o n n a i e . " 3 3 1 D a diese P o l i t i k aber nicht nur jede U n t e r s t ü t z u n g der M a ß n a h m e n zur Stabilisierung der W ä h r u n g des R e i c h s in seinen alten G r e n z e n ausschloß, sondern darüber hinaus beabsichtigte, währungspolitische Verhältnisse zu etablieren, die die E n t w i c k l u n g hin zu einem a u t o n o men R h e i n s t a a t stimulieren und fördern sollten, h a t t e sie — b e z o g e n auf das R e i c h und seine Interessen — einige M a ß n a h m e n von durchaus destabilisierender Z i e l r i c h t u n g und K o n s e q u e n z zur F o l g e . In der bis in den A n f a n g 1924 festzustellenden U n b e i r r b a r k e i t , m i t der die französische A d m i n i s t r a t i o n diese P o l i t i k verfolgte, offenbarte sich freilich auch der entscheidende Mangel, den F r a n k r e i c h m i t jeder einzelnen M a ß n a h m e aufs neue einzugestehen gezwungen war: D i e Grundlage, auf der die französische P o l i t i k die rheinische P o l i t ö k o n o m i e zu stabilisieren versuchte, war eine rein fiktive, n o c h herzustellende. D i e vorhandene G r u n d l a g e , wie etwa das R e i c h in seiner vorgefundenen Ausdehnung und M a c h t f ü l l e , war substantiell zu g r o ß , zu p r o d u k t i v und zu mächtig, um sich von der französischen A u ß e n - und W i r t s c h a f t s p o l i t i k langfristig als M i t t e l b e n u t z e n zu lassen. 3 3 2 Verteidigung einer H e g e -

530

F O 371-8657: C 1 7 8 7 1 / 1 / 1 8 vom 1 9 . 9 . 1 9 2 3 , P R O .

331

Jacques Seydoux, De Versailles au Plan Young. Réparations — Dettes Interalliées

— Reconstruction 332

Européenne,

Paris 1932, S. 112.

Ein Gedanke, den H u g o Stinnes als Argument für eine deutsch-französische

Allianz verwandte: „Rein verstandesmäßig ist der Kontinentalblock ohne angelsächsische Spitze das beste für uns Deutsche. Dem Verstände nach bekämen wir dort die

97

Zusammenfassung

monialstellung, o h n e tatsächlich Hegemonialmacht zu sein, lautete also der praktische W i d e r s p r u c h , an dem Frankreichs Politiker sich abarbeiteten und schließlich scheiterten — und in diesem W i d e r s p r u c h sind die Ursachen ihres Scheiterns, die Überlegenheit und die anders gearteten Interessen der hegemonialen Gegenmächte, bereits impliziert. So gnädig aber die praktische Weltgeschichte mit ihren Verlierern u m g e h t , indem sie sie in die Vergessenheit entläßt, so unnachsichtig agiert andererseits die Geschichtsschreibung, wenn sie sie aus dieser wieder hervorzieht und an Kriterien mißt, die sie letztlich doch n u r den Erfolgen u n d Problemen von Staatenordnungen e n t n i m m t , die sich d u r c h g e s e t z t haben, Konzeptionslosigkeit, Intransigenz, Unfähigkeit und mangelnder Realismus werden der französischen Politik jener Tage von Kritikern vorgehalten, die — fern davon, die Prinzipien nationalstaatlicher Interessenfindung, -Vertretung und -durchsetzung als solche angreifen zu wollen — offenbar sicher sind, daß die ungeschriebenen Gesetze erfolgreicher Außenpolitik lauten, erstens ein K o n z e p t zu haben und zweitens transigent, k o m p e t e n t und realistisch zu sein. Aber auch Apologeten der französischen Politik schließen sich derartigen V o r w ü r f e n an, wenn sie beispielsweise beklagen, daß man es zuließ, die eigenen, freilich hineininterpretierten 3 3 3 Zwecke von den unanständigen Vorhaben der Separatisten diskreditieren zu lassen. 334 D e n Vorwurf der Konzeptionslosigkeit h o f f t der Verfasser mit den A u s f ü h r u n g e n des vorangegangenen Kapitels wenigstens f ü r den Bereich der Währungspolitik e n t k r ä f t e t zu haben. Die Politik Frankreichs war von S o m m e r 1922 bis F r ü h j a h r 1924 darauf angelegt, aus dem T e r r i t o r i u m des Reichs Teilgebiete herauszutrennen, u m die potentiell vorhandene macht- und wirtschaftspolitische Überlegenheit des kontinentalen Gegners zu brechen u n d in ihr Gegenteil zu verkehren. Das war, u m m i t Krüger zu sprechen, „in all ihrer Widersprüchlichkeit und ihren fehlerhaften Voraussetzungen doch eine umfassende Strate-

Oberhand oder wenigstens Gleichberechtigung": Stinnes an Wiedtfeld am 15.3.1922, Nachlaß Stinnes, 1—220, 022/3, A C D P . 333 „ T o break the postwar deadlock" war nach W. A. McDougall, France's Rhineland Diplomacy ..., S. 366, das eigentliche Ziel der Ruhrinvasion. Das wäre nun wirklich einfacher zu bewerkstelligen gewesen . . . 334

W. A. McDougall, a. a. O., S. 364. Peter Krüger, Deutschland, die Reparationen S. 411. 335

und das internationale

System...,

98

II. Die französische

Währungspolitik

in

Deutschland

Als Mittel zur Realisierung dieses Zwecks favorisierte Frankreich eine regional begrenzte und gegen die Reichsbehörde durchzusetzende Währungsreform, deren Herzstück die Gründung der von der Reichsbank unabhängigen, eine eigene Währung emittierenden Notenbank für das Rheinland und nominell auch für Westfalen 336 sein sollte. Die in zwei Anläufen vorgetragene Initiative scheiterte beim erstenmal an der Markstützungsaktion der Reichsbank, deren finanzielle Ressourcen noch ausreichten, um die allein auf der Kreditwürdigkeit des Franc basierende offene Attacke auf die Reichseinheit als zu riskant erscheinen zu lassen. Der zweite Vorstoß, vor dem Hintergrund des finanziellen Zusammenbruchs des Reichs geführt, administrativ durch die Notgeldordonnanz vorbereitet und von Maßnahmen zur Ausgrenzung deutscher Stabilisierungsprojekte aus den besetzten Gebieten flankiert, führte hingegen beinahe zum gewünschten Ergebnis. Erst als die Bank von England das Gewicht ihrer Bedeutung innerhalb der finanziellen und wirtschaftlichen Verflechtungen Nachkriegseuropas zugunsten der für sich gesehen wenig aussichtsreichen Position der Reichsregierung in die Waagschale warf, änderte das Kräfteverhältnis sich grundlegend. Demzufolge mag hier gegenüber den Vorwürfen der Unzulänglichkeit, die an die französische Politik und ihre Vertreter in allen Varianten gerichtet sind, der Hinweis genügen, daß, so wünschenswert realistische und fähige Staatsmänner auch sein mögen, der Erfolg ihrer Pläne in aller Regel auf den machtpolitischen Mitteln beruht, die sie zur Verfügung haben und auf die sie mindestens ebenso angewiesen sind wie auf ihre intellektuellen Kapazitäten. Das Prinzip der Personalisierung machtpolitisch begründeter Entscheidungen, auf das derartige Kritiken zurückzuführen sind, wurde indessen auch von Zeitgenossen geschätzt. Lord d'Abernon, der den die deutsche Inflationspolitik mitverantwortenden Reichsbankpräsidenten Havenstein für einen Idioten hielt, beglückwünschte die deutsche Politik dazu, die Ruhr-

336 Tatsächlich ist die Namensschöpfung „Rheinisch-Westfälische Notenbank" auf einen Vorschlag von Reichswirtschaftsminister Hamm zurückzuführen (vgl. R 431/ 644, Rk. 14198 vom 19.12.1923, BA). Hamm hegte bei dieser Benennung die Hoffnung, die formelle Zugehörigkeit der Bank zum Wirtschaftskörper des Reichs unterstrichen zu haben. Da im Schriftverkehr der französischen Administration stets von der „Banque rhénane" die Rede war und keinerlei Ehrgeiz hinsichtlich rechtsrheinischer Aktivitäten hervortrat, habe ich diese Sprachregelung auch im Hinblick auf ihre politischen Implikationen übernommen.

Zusammenfassung

99

krise in schweren Zeiten so erfolgreich gemeistert zu haben, und lobte die Staatsmänner Großbritanniens, die „nie in ihrem Festhalten am Friedensideal" 337 schwankten. Den materiellen Gehalt dieses Ideals, wie er auf dem Felde der Währungspolitik zu verwirklichen versucht wurde, darzustellen und einer kritischen Begutachtung zu unterwerfen ist die Absicht des nachfolgenden Abschnitts dieser Arbeit.

537 Edgar Vincent Viscount d'Abernon, Ein Botschafter der Zeitenwende. Bd. 2: Ruhrbesetzung, Leipzig 1929, S. 20.

Memoiren,

DRITTES KAPITEL

Sterling versus Dollar: Golddiskontbank und neue Reichsbank im Widerstreit der nationalen Interessen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika

Die britischen Interessen und Montagu Normans innerhalb der nationalen Währungspolitik

Stellung

Eine der beherrschenden Diskussionen der auf die Zwischenkriegszeit bezogenen britischen Wirtschaftshistoriographie dreht sich um das Problem, ob die Rückkehr des Sterling zur Goldkonvertibilität auf dem Niveau der Vorkriegsparität im April 1925 den Interessen der Nation entsprochen hat. Während Derek H. Aldcroft schon die Frage zurückweist, weil seiner Meinung nach in ihr die Geldpolitik und ihre Auswirkungen auf die wirtschaftliche Gesamtsituation überbewertet werden,1 sind sich Wissenschaftler so unterschiedlicher Provenienz wie D. E. Moggridge 2 und Sidney Pollard 3 einig in der negativen Bewertung dieses Schrittes und seiner Folgen. Auf der Suche nach den Ursachen der Entwicklung gehen ihre Meinungen freilich weit auseinander. In keynesianischer Manier macht Moggridge ein gewisses Theoriedefizit bei den verantwortlichen Akteuren aus, während Pollard die Schuld hauptsächlich der Bank von England beziehungsweise den in der Londoner City tätigen Bankiers zuweist, deren profitorientiertes Interesse

1 Vgl. Derek H. Aldcroft, Britische Währungspolitik und Wirtschaftstätigkeit in den 20er Jahren, in: Harald Winkel (Hrsg.), Finanz- und wirtschaftspolitische Fragen der Zwischenkriegszeit, Berlin 1973, S. 93—120;ders., The European Economy, 1914—1980, London 1980, S. 52. 2 Vgl. D. E. Moggridge, The Return to Gold 1925, Cambridge 1969, und British Monetary Policy 1924—1931, Cambridge 1972.

Sidney Pollard (Hrsg.), The Gold Standard and Employment Policies between the Wars, London 1970. 3

Die britischen

101

Interessen

an einer restriktiven Geldpolitik dem allgemeinen Gut einer florierenden Wirtschaft entgegengestanden haben soll. Die Diskussion wurde in jüngster Zeit um den Ansatz Jim Tomlinsons erweitert, der die Verantwortung nicht aus persönlichen Interessenkonstellationen, sondern aus der Aufgabenstellung und dem Behauptungsstreben der betreffenden Institutionen — also der Bank von England und dem Treasury — abzuleiten versucht. 4 Gegenüber allen diesen Ansätzen ist für die erste Hälfte der zwanziger Jahre indessen hervorzuheben, daß die Frage, ob und zu welcher Parität der Sterling zum Gold zurückkehren sollte, überhaupt kein Thema innerhalb der währungspolitischen Diskussionen des Landes darstellte. Sie kam erst auf, als gegen Ende der Dekade deutlich wurde, daß die Wiederherstellung der Vorherrschaft Großbritanniens auf den Weltfinanzmärkten mit diesem Mittel nicht zu realisieren war. Seit das nach Lord Cunliffe benannte nationale Währungskomitee im Auftrag der britischen Regierung geprüft und festgestellt hatte, daß der Vorkriegsgoldstandard den nationalen Interessen am nützlichsten gewesen war, 5 konzentrierte man sich vielmehr nur noch auf das Problem, wie und zu welchem Zeitpunkt von der Administration geeignete Schritte zur Rückkehr zum Goldstandard — immer vorgestellt auf dem Vorkriegsniveau — unternommen werden konnten. 1. Die Rolle der Experten in der Politik der zwanziger Jahre Weder zufällig noch durch irgendwelche Intrigen nahm Montagu Norman in seiner Funktion als Gouverneur der Bank von England innerhalb der diesbezüglichen Debatten und Entscheidungen einen hervorragenden Platz ein. Das war einerseits ganz natürlich, da die Bank von England neben dem Treasury nun einmal diejenige Institution war, die sich innerhalb der britischen Administration mit Währungsfragen zu befassen hatte. Das andererseits über den unmittelbaren Aufgabenbereich hinauswachsende nationale und internationale Ansehen Normans bedarf jedoch einer weiteren Erläuterung: Die unter dem Eindruck des Krieges und der ihm folgenden internationalen Spannungen stehende Weltöffentlichkeit hatte den Glauben

4

Jim Tomlinson, Problems of British Economic Policy 1870—1945,

London-New

York 1981. 5

First Interim Report of the Committee on Currency and Foreign Exchanges after the

War, London 1919; die angesprochene Passage ist veröffentlicht u. a. bei Erich Schneider, Zahlungsbilanz und Wechselkurs, Tübingen 1968, S. 170.

102

III.

Sterling

versus

Dollar

an die Fähigkeit der Politik, ihre Probleme aus eigener Kraft zu lösen, weitgehend verloren. Komplementär zu diesem Vertrauensschwund wuchs — stimuliert nicht zuletzt vom Auftritt der Vereinigten Staaten auf der Bühne der Weltdiplomatie als neuerstarkte Industrie- und vor allem Weltgläubigernation und vom überschwenglichen Optimismus ihrer Repräsentanten — die Hoffnung auf das Wirken freier, von politischen Restriktionen unbehinderter Marktgesetzlichkeiten, die Lösungen zum Wohle aller ermöglichen würden, wenn man sie nur unbeeinflußt schalten und walten ließe. So unberechtigt und irrational diese Hoffnung der Sache nach auch gewesen sein mag, so geeignet war sie auf der anderen Seite zur Benutzung beim Schlagabtausch in den internationalen Auseinandersetzungen, in denen sich alle Seiten gegenseitig vorzugsweise nationale Egoismen und Starrköpfigkeit vorzuwerfen beliebten. Die interessierten Mächte, die darauf hofften, vom Wegfall politisch ausgehandelter Sonderregelungen profitieren zu können, waren Anfang der zwanziger Jahre in erster Linie die Vereinigten Staaten, aber auch Großbritannien und zuguterletzt — vor die Alternative der Destabilisierung unter französischem Vorzeichen oder Kooperation auf der Grundlage freien Handelsverkehrs gestellt — auch das Deutsche Reich. Es war der Schein des Sachwalters der Marktgesetze, verbunden mit dem Renomme finanzpolitischer Unabhängigkeit und Verantwortung, der Montagu Norman in Großbritannien — wie Benjamin Strong in den U S A und wenig später Hjalmar Schacht im Reich 6 — zu einer Publizität und Stellung verhalf, die von seiner Regierung nicht etwa nur toleriert, sondern auch bewußt benutzt worden ist, gerade weil sie die nationalen Interessen zu fördern versprach. Es wäre demzufolge ein Irrtum, in den Zentralbanken der großen Machtzentren in den zwanziger Jahren mit der Regierungsadministration konkurrierende Institutionen oder gar Parteigänger partikularer Interessen zu erblicken. Immer wenn Bankiers — im Zeitjargon: Experten — zur Beratung und Lösung internationaler Finanzprobleme zusammentraten, war dies auf eine Initiative der Politiker zurückzuführen. Nicht etwa Eigenmächtigkeiten der Bankiers kennzeichneten den Zeitraum — der Biograph Strongs, Lester Chandler, tut das ganz zu Recht als Unsinn ab 7 —, 6

S c h a c h t s Stellung war freilich äußerst u m s t r i t t e n — was indessen weniger d e m

R e i c h s b a n k p r ä s i d e n t e n als d e n Wechselfällen der deutschen G e s c h i c h t e anzulasten ist. Selbst m o d e r n e K r i t i k e r k o n n t e n ihm keine A b w e i c h u n g v o n seinen Prinzipien vorwerfen. Vgl. H e l m u t Müller, Die Zentralbank

— eine Nebenregierung.

Reichsbankpräsident

Hjalmar Schacht als Politiker der Weimarer Republik, O p l a d e n 1973, S. 18—26. 7

L e s t e r V . Chandler, Benjamin

Strong, Central Banker, W a s h i n g t o n 1958, S. 249.

Die britischen

103

Interessen

sondern die vorherrschende Tendenz, außenpolitische Probleme und Widerstände Expertengremien zu überantworten und sie derart scheinbar ihrer nationalpolitischen Bedingtheit zu entkleiden. Montagu N o r m a n war — Schacht in dieser Hinsicht vergleichbar — ein Mensch, der diese T e n d e n z aus seinem Interesse und seiner F u n k t i o n heraus zum persönlichen Anliegen machte und bemüht war, neben den politischen Gremien ein N e t z von Zentralbanken zu etablieren, deren internationale Zusammenarbeit seiner Meinung nach geeignet war, politische Fehlentwicklungen und nationale Egoismen zu korrigieren beziehungsweise zu überwinden. In diesem Zusammenhang gewinnt nicht nur die schon während des Krieges geknüpfte und seitdem gepflegte Beziehung zu Benjamin Streng ihre Bedeutung, sondern auch die 1924 begründete Freundschaft mit Schacht, 8 wie überhaupt sein Bemühen um ein gut kollegiales Verhältnis zu allen europäischen Zentralbankiers. Das unter politischem Aspekt rein formelle Verhältnis blieb konsequenterweise unbeeinträchtigt von allen inhaltlichen Gegensätzen und Kontroversen und wurde, wie aus vielen Randbemerkungen des Gouverneurs ersichtlich, um einen emotionalen Vorbehalt gegenüber den Persönlichkeiten und Entscheidungen der Tagespolitik ergänzt, in dem sich das Selbstbewußtsein des Experten gegenüber Dilettanten widerspiegelte. 2. Der Sterlingstandard als Strategie zur Wiedereroberung der Vorkriegsstellung Londons als Finanzierungsmarkt der Welt Nach dem Ausgang des Krieges hatte das britische Weltreich die machtpolitische Konkurrenz mit den französischen Alliierten unter äußerst günstigen Bedingungen austragen können: Während in Paris die D e b a t t e über die Kriegsziele längst nicht abgeschlossen war, hatte London die seinen gegenüber dem Deutschen Reich vollständig erreichen können 9 und verfügte über das ökonomische und politische Po-

8

Sayers gibt einen knappen Uberblick über die einflußreichsten Zentralbankiers der Epoche: Richard Sydney Sayers, The Bank of England 1891 — 1944, CambridgeLondon-New York-Melbourne 1976, vol. 1, S. 162 f. * Interessant hier im Vergleich Victor H . Rothwell, British

Diplomacy,

War Aims

Oxford 1971, und David Stevenson, French War Aims against

and

Peace

Germany

1914—1919, Oxford 1982; im Unterschied zu Rothwell kann Stevenson keine unumstrittene Liste angestrebter und erreichter Kriegsziele anführen: ein Hinweis auf ihre fehlende Einlösung.

104

III. Sterling versus Dollar

tential, den besiegten Gegner in eine den eigenen Interessen gemäße Nachkriegsordnung zu integrieren. Gerade umgekehrt stellte sich aber das Verhältnis zu den Vereinigten Staaten dar. Großbritannien, europäische Führungsmacht und im Selbstverständnis seiner Bürger die Weltmacht überhaupt, 10 hatte sich während des Krieges nicht nur einseitig gegenüber den U S A verschuldet, sondern als Konsequenz dieser Verschuldung eine langfristig nachteilige Strukturveränderung seiner Auslandsinvestitionen hinnehmen müssen. 11 Die Folgen dieser Entwicklung sind hinlänglich bekannt. Vor dem Hintergrund enormer amerikanischer Exportüberschüsse floß ein Großteil der Weltgoldvorräte nach New York ab, wo der Dollar als einzige große nationale Währung die Goldparität beibehalten hatte. Den Briten hingegen war mit der Lösung des Sterling vom Gold sowohl die materielle wie die psychologische Basis zur Aufrechterhaltung ihrer zentralen Funktion innerhalb der Finanzierung des Welthandels entzogen worden. In Kriegszeiten war das einigermaßen bedeutungslos gewesen, weil da die zwischenstaatliche Konkurrenz erklärtermaßen auf nichtökonomischen Feldern ausgetragen wurde. Obwohl aber nach Kriegsende London seine dominierende Stellung aufgrund der historisch gewachsenen Finanzbeziehungen nicht sofort verlor, war absehbar, daß die Stärke und Attraktivität des Dollars als Anlagemedium langfristig dazu führen mußten, daß New York den Banken an der Themse den Rang als Welthandelsfinancier ablaufen würde. Alarmiert konstatierten die Briten, wie die US-Währung quasi selbstverständlich Domänen eroberte, die in Vorkriegszeiten unweigerlich dem Sterling zugefallen wären, ihr Vorsprung sich also kontinuierlich zu vergrößern drohte. 12

10 Vgl. Paul Kennedy, The Realities bebind Diplomacy: Background Influences on British External Policy, 1865—1980, London-Boston-Sydney 1981, S. 223. 11 Zur Bedienung ihrer Schulden liquidierten die Briten große Teile ihres Anlagevermögens in Nord- und Lateinamerika, beraubten sich also der Mittel, die vor dem Krieg einen Großteil ihrer Importe aus den USA finanziert hatten. Nach Parrini betrug der Wert dieser Anlageveräußerungen von 1914 bis 1919 2655 Millionen und danach nochmals 1205 Millionen Dollar: C. P. Parrini, Heir to Empire ..., S. 42 f. 12 Der Reparationstransfer etwa wurde natürlich, da der Dollar die einzige goldkonvertible Währung war, in Dollar geleistet, sehr zur Besorgnis britischer Experten wie etwa Basil Blackett, der bemerkte: „I do not think it is possible to convert the whole milliard into dollars without some enormous depreciation in sterling", OV 34/100 Nr. 3 vom 7.6.1921, BEA.

Die britischen

Interessen

105

Wie war der Trend umzukehren? So viel war klar: Keinesfalls über eine Konkurrenz der nationalen Produktivitäten. Schon während des britischen Aufstiegs zur Weltmacht, in der sogenannten zweiten Phase der industriellen Revolution, 1 3 hatte sich der Sterling von der Bindung an die industrielle Produktivität emanzipiert und seine Attraktivität aus weltweiter Investitionstätigkeit, der Überlegenheit des britischen Kreditwesens und der geschickten Benutzung der Kolonien 14 gezogen. Die britische Industrie hat es in der Folge nie mehr geschafft, wieder einen weltweit konkurrenzfähigen Produktivitätsstandard zu erreichen. Am Anfang der zwanziger Jahre lag ihr Output pro Mann und Arbeitsstunde weit hinter dem der U S A und auch hinter dem Deutschlands zurück. Auf die Dauer konnte sich die britische Administration aber nicht damit begnügen, das Anwachsen der Goldmenge in den Tresoren der New Yorker Banken zu registrieren und darauf zu hoffen, daß die USA von sich aus Initiativen zur Verbilligung, das heißt Abwertung des Dollars ergreifen würden. 15 Wenn die Amerikaner entgegen den Regeln der im Cunliffe-Report dargestellten Automatismus-Theorie dabei blieben, ihr Gold zu horten, anstatt eine Geldmengenerhöhung zuzulassen, rechtfertigte sich aus britischer Sicht eine politökonomische Umorientierung, die unter dem Begriff des Sterlingstandard bekanntgeworden ist und darauf hinauslief, den U S A den weltweiten Gültigkeitsanspruch ihres Wertmaßes vorübergehend zu bestreiten. Als ernstzunehmende Perspektive rückte der Sterlingstandard ins Bewußtsein der Öffentlichkeit, nachdem er 1922 von den zur Weltwirtschaftskonferenz in Genua zusammengetretenen Experten als geeignetstes Mittel zur Beendigung der weltweiten Wechselkursfluktuationen gefordert worden war. 16 Diese erste Weltwirtschaftskonferenz war auf britische Initiative hin zustande gekommen. Schon die Zusage zur Konferenzteilnahme war mit teilweise unrealistischen Konzessionen an Dazu Eric J. Hobsbawn, Industry and Empire, London 1968, S. 187ff. Vgl. Marcello DeCecco, Money and Empire, Oxford 1974, S. 22 ff. 15 „Continued deflation is quite unpleasant enough to American trade and industry, to England and to Europe generally the violent increase in the value of gold in relation to commodities is really disastrous. To facilitate the restoration of our currencies, we need that the dollar should be cheap and that it should be stable ...": Basil Blackett am 19.4.1921, Niemeyer Papers, T 176-5, Part One, PRO. 16 Vgl. Report of the Committee of Experts vom 24.4.1922, FO 371-7427: C 5870/458/62, PRO; zur Bedeutung der Konferenz aus Zentralbanksicht R. S. Sayers, The Bank of England . . . , vol. 1, S. 153—163. 13

14

106

III. Sterling versus Dollar

manche Nation erkauft worden. So wurde den Franzosen die Ausklammerung der Reparationsfrage zugesichert, während dem Deutschen Reich eine Behandlung seiner Zahlungsbilanzprobleme in Aussicht gestellt wurde. Zu der damit verbundenen diplomatischen Aufwertung Deutschlands gesellte sich die der UdSSR, die mit der Einladung erstmals für diplomatisch gesellschaftsfähig befunden wurde. Die Absage der Amerikaner, die für die britischen Initiatoren freilich nicht überraschend kam, 17 ließ indes ahnen, daß London mit der Konferenz weniger an den europäischen Kontroversen als an den Gemeinsamkeiten zur Behebung der weltweiten Zahlungsbilanzprobleme anknüpfen wollte. Und die lagen in der Verschuldung, mit der jeder europäische Staat mittelbar oder unmittelbar den Vereinigten Staaten ausgeliefert war.18 Sachlich verband London mit der Forderung des Sterlingstandards das Angebot an die Staaten, vermittels des Eintritts in einen britischen Währungsverbund eine Erleichterung ihrer Währungs- und Zahlungsbilanzprobleme zu erreichen. Die Alternative, sich anstatt dem Golddollar dem noch inkonvertiblen Sterling und damit der Kreditpolitik Londons unterzuordnen, war angesichts der wegen eigener Probleme konzilianten Haltung der Briten im Vergleich zum harten Gläubigerstandpunkt Washingtons durchaus erwägenswert. Es wäre damit ein „closed-door-consortium" 19 geschaffen worden, das gegenüber finanziellem Druck aus den USA wesentlich geschlossener hätte auftreten können als ein in bilateralen Verhandlungen befindlicher Einzelstaat. Großbritannien hingegen hätte aufgrund der Sterlingbindung aller europäischen Währungen die Amerikaner vor die Wahl stellen können, zur Reinvestition ihres Goldes entweder den Weg über London — also den Sterling auf- und den Dollar abwertend — zu nehmen oder aber auf ihren Reichtümern sitzenzubleiben und damit auf die Renditen aus dem Kapitalexport zu verzichten. Wiewohl mit diesem Schritt Gold als objektives Wertmaß nicht für alle Zeit 17

Der britische Botschafter in Washington hatte von vornherein davon abgeraten, die Amerikaner überhaupt einzuladen: F O 371-7422: C 3626/458/62; die amerikanische Absage ebda: C 5870/458/62, PRO. 18 Dies ist eine sehr verkürzte Darstellung. Die Genua-Konferenz ist von ihren Ursprüngen bis hin zum Nachspiel unter einer Vielzahl von Aspekten und unter Berücksichtigung der Standpunkte aller beteiligten Nationen von Carole Fink, The Genoa Conference. European Diplomacy, 1921—1922, Chapel Hill-London 1984, aufgearbeitet worden. " C. P. Parrini, Heir to Empire ..., S. 151—171.

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abgeschafft worden wäre, da London ja nach den Empfehlungen des Cunliffe-Komitees zum Goldstandard zurückzukehren beabsichtigte und diese Rückkehr durch die relative Stärkung des britischen Pfundes mittels der Ausbreitung des Sterlingstandards leichter geworden wäre, hätte die Art der Bedingungen für die Goldkonvertibilität doch immer vom politischen Kalkül der britischen Währungspolitik abgehangen: „The Genoa plan does not absolutely preclude gold reserve laws, but it would necessitate their being amended from time to time if their operation threatened an undue appreciation or depreciation of gold. Such amendments could be settled by international agreement. But the laws would be an unnecessary complication, and would serve no useful purpose." 2 0 Auf diese „unnötigen Komplikationen" waren die U S A freilich existentiell angewiesen, wenn sie sich den Wert ihres Goldes jemals ökonomisch oder politisch zunutze machen wollten. Tatsächlich war dieses absehbare Ergebnis der Grund gewesen, warum die Amerikaner die Einladung zur Konferenz abgelehnt hatten. 2 1 Die Resolutionen von Genua riefen dann auch eine scharfe Kritik seitens der U S A hervor, die von nationalökonomischen Apologeten des Goldstandards unterstützt und fundiert wurde. 22 Nachdem der Abschluß des Vertrages von Rapallo zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion, gefolgt von der empörten Reaktion Frankreichs, vorerst jede Aussicht auf eine einvernehmliche innereuropäische Zusammenarbeit zerstört hatte, gingen die Konferenzteilnehmer schließlich unverrichteter Dinge auseinander. Mit dem brüsken Abbruch verband sich eine Niederlage in erster Linie für Großbritannien, das sich genötigt sah, zur Verfolgung seiner Interessen eine neue außenpolitische Strategie zu entwickeln. In diesem Zusammenhang gewann die politische Entscheidung der Briten, Frankreich die Hauptschuld für das Scheitern von Genua zuzuschreiben, zukunftsweisende Bedeutung. Der in der Balfour-Note vom Juli 1922 verkündete Entschluß, die britischen Auslandsforderungen nur dann noch einzutreiben, wenn Großbritannien seinerseits den Verpflichtungen gegenüber den U S A nachkommen mußte, hatte, wie die amerikanische Empörung zeigte, zwei Seiten:

R. G. Hawtrey, The Fiduciary Issue, 6.5.1927, S. 5: EID 4/102-4, BEA. Vgl. Frank C. Costigliola, Anglo-American Financial Rivalry in the 1920s, in: Journal of Economic History, Bd. 37 (1977), S. 911—934, insbes. S. 918. 22 Vgl. Alfred Lansburgh, The Conference of the Central Banks, Strong Papers, 012.8, FRBA. 20 21

108

III. Sterling versus Dollar

Einerseits dachten die Briten kaum ernsthaft daran, ihre Forderungen gegen die europäischen Staaten zu stornieren, sie nannten im Gegenteil gute Gründe dafür, warum sie auf der Schuldeneintreibung bestehen mußten, was, vom Standpunkt der Nettoschuldner aus gesehen, zur Annahme eines „weltweiten gemeinsamen Kondominiums" 2 1 von Briten und Amerikanern berechtigen mag. Andererseits lief der Schachzug des britischen Außenministers aber darauf hinaus, den USA die moralische Verantwortung für die Härten, die eine Schuldeneintreibungspolitik mit sich brachte, zuzuschieben, Washington also seiner scheinbar unparteiischen Position im Reparationsstreit zu berauben und London als Vermittler zwischen reparationspflichtigen oder kriegsverschuldeten Staaten einerseits und den überseeischen Gläubigern andererseits zu etablieren. Die zweigleisige Strategie der britischen Außenpolitik nach der Niederlage von Genua lief also darauf hinaus, sowohl Frankreich die innereuropäische Hegemonialstellung zu verweigern als auch die eigene Position gegenüber den amerikanischen Ansprüchen zu behaupten beziehungsweise wiederzugewinnen. Weitgehende Ubereinstimmungen mit den Amerikanern fanden — freilich nur als negative Gemeinsamkeiten verstanden — in der sich anbahnenden Konfrontation mit den französischen Interessen aber durchaus Platz. So befand sich Montagu N o r m a n völlig im Einklang mit der offiziellen Regierungspolitik und den amerikanischen Interessen, als er schon im Februar 1922 die Autonomie f ü r die Reichsbank forderte und sich damit in einen Gegensatz zur französischen Vorstellung der internationalen Kontrolle begab: 24 N u r ein eigenständiges und souveränes Deutschland konnte im britischen Konzept des Konzerts der N a t i o n e n die ihm zugedachte Rolle spielen. Das am französischen Widerstand scheiternde, während des Verlaufs der Konferenz von Genua ins Leben gerufene Bankierskomitee zur Untersuchung der Möglichkeiten für eine Stabilisierung der deutschen Währung bekundete die Notwendigkeit von auswärtigen Anleihen für das Reich schon im Juni 1922. 25 Und bereits im November desselben Jahres waren sich 23

D. Artaud, Die Hintergründe der Ruhrbesetzung 1923..., S. 247. Aber auch Silvermans Schluß, der für die unmittelbaren Nachkriegsjahre aus der Benachteiligung der französischen Forderungen eine „ Anglo-American entente" folgert, ist mit Vorsicht zu genießen. Vom Resultat her gesehen durchaus korrekt, sollte das Faktum des gemeinsamen Gegners nicht dazu verleiten, die anglo-amerikanische Rivalität zu unterschätzen: D. P. Silverman, Reconstructing Europe . . . , S. 19. 24 25

Vgl. Henry Clay, Lord Norman, London 1957, S. 201. Die Teilnehmer des Komitees waren Kindersley (Großbritannien), Vissering (Nie-

Die britischen

109

Interessen

Briten wie Amerikaner prinzipiell darüber einig, daß der Anfang der Stabilisierung zwar von den Deutschen selbst gemacht werden mußte, dann aber die Reparationsschuld unter Berücksichtigung der deutschen Zahlungsfähigkeit neu fixiert werden sollte. 26 Vor diesem Hintergrund kann es als gerechtfertigt erscheinen, den Eklat des Ruhrkampfes unter internationalen Aspekten als machtpolitisches Zwischenspiel zu werten: Sein Ergebnis, die Schwächung beider Kontrahenten, hatte sowohl für Großbritannien als auch für die Vereinigten Staaten den positiven Effekt, daß weder Frankreich noch Deutschland gegen die Unterwerfung unter die — noch auszuhandelnde — britisch-amerikanische Nachkriegsordnung nennenswerten Widerstand zu leisten in der Lage waren. 27 Aus der rein negativen britisch-amerikanischen Interessenidentität ließen sich aber keine positiven Gemeinsamkeiten ableiten. War erst einmal der französische wie der deutsche Vorbehalt gegenstandslos geworden, mußte sich die Frage nach Gold oder Sterling erneut und verschärft stellen. Daß London an den Plänen für den Sterlingstandard auch nach Genua festhielt, ging unter anderem aus internen Memoranden in der Bank von England hervor, die anregten, für amerikanische Ohren aufreizende Begriffe wie „control of credit" oder „credit policy" durch belanglosere Formulierungen zu ersetzen — freilich ohne den Bedeutungsgehalt der entsprechenden Passagen zu ändern. 28 Ohne der-

derlande), J . P. Morgan (USA), Delacroix (Belgien), D'Amelio (Italien), Bergmann (Deutschland) und Sergent (Frankreich). Es scheiterte daran, daß Frankreich — bzw. sein Vertreter Sergent — sich weigerte, eine Herabsetzung der Forderungen an die Deutschen zu akzeptieren. Ohne eine derartige Reduzierung aber war, wenigstens nach der Uberzeugung der restlichen Bankiers, keine Auslandsanleihe möglich, weil Deutschland keine Sicherheiten dafür anbieten konnte. Vgl. Report of tbe Loan Committee to the Reparations Commission vom 1 0 . 6 . 1 9 2 2 , F O 371-7478: C 8534/99/18, P R O ; C.-L. Holtfrerich, Die deutsche Inflation . . . , S. 288. Vgl. H . Clay, Lord Norman . . . , S. 206 f., oder C.-L. Holtfrerich, Die deutsche Inflation . . . , S. 303; von der Reichsregierung eingeladene Wirtschaftsexperten hatten übereinstimmend ein Reparationsmoratorium und teilweise auch Auslandskredite ge26

fordert, damit die Stabilisierung der Währung in Deutschland gelingen könne. Henry P. Fletcher, amerikanischer Botschafter in Brüssel, war Anfang 1924 sicher, daß die Deutschen jeden Eingriff in ihre Souveränität kategorisch ablehnen würden, 17

aber: „ . . . it is just here that advantage can be taken of the French-Belgian occupation of the Ruhr": Fletcher an C. E. Hughes, den amerikanischen Außenminister, 2 8 . 2 . 1 9 2 4 , 462.00 R 296/206, National Archives (NA), Washington D. C. 28 The Probable Attitüde of the United States to the Proposais of tbe Financial sion of the Genoa Economic Conference: A D M 16/3, BEA.

am

Commis-

110

III. Sterling versus Dollar

artige Kuriosa überzubewerten, soll im folgenden der Frage nachgegangen werden, wie der Gouverneur der Bank von England aus den oben angesprochenen Interessen heraus die Gründung der Schachtschen Golddiskontbank gefördert und welche Konsequenzen sein T u n sowohl für das französische als auch für das amerikanische Interesse an der Nachkriegsordnung gezeitigt hat. Die deutsche Golddiskontbank und die britischen Interessen: konzipiert als Meilenstein auf dem Weg zum Sterlingstandard Montagu Norman hatte sich relativ frühzeitig, nämlich bereits kurz vor dem Zusammenbruch des passiven Widerstands mit konkreten Vorschlägen zu einer deutschen Währungsreform auseinandergesetzt. In seiner auf die Rekonstruktion Londons als Zentrum einer europäischen Sterlingsphäre ausgerichteten Strategie nahm das Reich — immerhin der produktivste kontinentale Wirtschaftsraum mit wichtigen Handelsverbindungen hin zur wiederzuerschließenden Sowjetunion — zwangsläufig eine Schlüsselfunktion ein. Auf die ersten, freilich noch unverbindlichen Überlegungen, die Norman im Gespräch mit Geschäftspartnern entwickelte und wieder verwarf, 29 folgten Mitte November Nachrichten aus Berlin, die seine Hoffnungen und sein Interesse auf die Person des neuen Reichswährungskommissars konzentrierten. Finlayson, Lord d'Abernons Finanzberater in Berlin, telegraphierte den Bankplan Schachts, der eindeutig auf eine Kooperation mit dem Ausland angelegt war, nach London: Die Bank sollte den Devisen- und Goldbesitz in privater H a n d sowohl in Deutschland als auch außerhalb des Landes aktivieren, um die produktivsten Betriebe der deutschen Wirtschaft damit zu kreditieren. Zuvor noch würde die Reichsregierung ihren Haushalt ausgleichen. Schacht plante außerdem, alle Vergehen gegen die gesetzlichen Verbote von Devisenhortung und Kapitalflucht aus der Inflationszeit zu amnestieren. Er wollte damit ein politisches Signal setzen, dessen Inhalt in etwa mit „Geschäft geht vor Politik" umschreibbar gewesen wäre. Dem widersprach durchaus nicht, daß die Bank vom Reich gegründet und in ihrer Geschäftstätigkeit von Reichsbeamten geführt werden sollte und daß dem vom Reich zu stellenden Präsidenten das Vetorecht

29

Eintrag in Normans Tagebuch vom 16.10.1923, BEA.

Deutsche Golddiskontbank

und die britischen Interessen

111

zustand, denn auch eine vollkommen unabhängige Bank hätte ihre Freiheit auf Reichsgesetzen aufgebaut, die von der Politik jederzeit wieder geändert werden konnten. Es kam also in erster Linie darauf an, im Bankstatut Maßstäbe für Vertrauen und Kredit zu setzen, anhand derer jeder Investor die Ernsthaftigkeit des deutschen Willens zur Stabilisierung überprüfen konnte. Schacht versuchte dies, indem er garantierte, daß seine Bank die öffentliche Hand nicht kreditieren durfte, und zusätzlich klarstellte, daß ausländische Sicherheiten nicht in Deutschland hinterlegt werden mußten, also jedenfalls nicht dem willkürlichen Zugriff seitens der Reichsbehörden ausgesetzt wären.30 Es war für Norman ganz offenkundig, daß der Urheber dieser Gedanken eine Beendigung der inflationären Kreditpolitik befürwortete und daß er darauf aus war, zu einer an einem objektiven Maßstab orientierten Geldpolitik zurückzukehren. Als diesen Maßstab hatte Schacht, dem ökonomischen Sachverstand folgend, ganz selbstverständlich das Gold gewählt. 31 Der Zentralbankier in London aber wußte eine bessere Lösung. Bis zur Auflage einer internationalen Goldanleihe würde es wenigstens noch solange dauern, bis zwischen den Reparationsgläubigern eine Neufixierung der deutschen Schulden ausgehandelt worden war. Solange aber konnte Schacht vor dem Hintergrund des desolaten Zustands der deutschen Devisenpolster und der über dem Reich schwebenden Drohung der französischen Rheinlandbankinitiative nicht warten. Schacht brauchte aus währungs-, wirtschafts- und machtpolitischen Gründen heraus Devisen, und zwar dringend. Wenn es gelang, mittels eines großzügigen Sterlingkredits einen Teil des deutschen Handels in den Sterlingverkehr einzubinden, wären also zwei Interessen befriedigt worden. Schacht hätte eine verhältnismäßig solide Devisendeckung bekommen, und Norman hätte den ersten Schritt hin zur Bindung der deutschen Wirtschaft an den Sterling getan, dem freilich weitere Maßnahmen folgen mußten. Darüber hinaus bot sich für den Briten mit Schachts Bank die Möglichkeit, einen

30

F O 371-8668: C 20257/8/18 vom 13.11.1923, PRO. Dies war freilich insofern auch eine politische Entscheidung, als es sich dabei, wie Dalberg feststellte, „um den Anschluß an die Währungen der führenden Handels- und Geldmächte, England und Nordamerika, handelt, die nun einmal Goldwährung haben": Rudolf Dalberg, Währungs- und Kreditpolitik 1923—1926, Berlin 1926, S. 148; oder, noch simpler ausgedrückt: „Wenn 90 % aller Menschen die Goldwährung für die beste Währung halten, dann ist sie die beste": G. von Eynern, Die Reichsbank..., S. 110. 31

112

III. Sterling versus Dollar

direkten Einstieg in die enge Zusammenarbeit mit der Reichsbank zu finden. Die Reichsbank aber war in Normans Strategie das unabdingbare Bindeglied in der Kette, die von London über Berlin zu den anderen europäischen Zentralbanken führen und den europäischen Währungsverbund auf Sterlingbasis begründen und zusammenhalten sollte. 1. Gold und Sterling in Normans Verhandlungen mit Schacht und Vissering Norman stand schon seit längerem in regem Austausch mit dem Präsidenten der Niederländischen Nationalbank, Gérard Vissering. Als Statthalter eines Finanzplatzes, der während des Krieges und im Verlauf der deutschen Inflation wachsende Bedeutung für die Abwicklung deutscher Kapital- und Warengeschäfte mit dem Ausland gewonnen hatte, 32 sollte Vissering in den nächsten Monaten die Funktion eines Vermittlers zwischen den Interessen Schachts und Normans übernehmen. Er selbst hatte bereits Modelle für eine Stabilisierung der deutschen Währung entworfen 33 und, ganz unabhängig von der deutschen Problematik, einen Plan für eine Goldbank entwickelt, die zur Stabilisierung der rumänischen Währung beitragen sollte. 34 Bemerkenswerterweise glich Visserings projektierte Goldbank, die zunächst unabhängig von der eigentlichen Zentralbank und getrennt von deren inflationärer Papierwährung operieren sollte, Schachts Überlegungen bis aufs Haar. Man mußte statt Papierwährung nur Rentenmark einsetzen, um exakt die Pläne des Deutschen vor sich zu haben. Trafen sich hier aber zwei Konzepte, deren Verfasser höchstwahrscheinlich keine Ahnung von der Existenz des anderen hatten und deren Ubereinstimmung von daher und bezogen auf die gegebenen

32 In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Studie von Johannes Th. M. Houwink tenCate, Amsterdam als Finanzplatz Deutschlands (1919—1932) hinweisen, die im Oktober 1983 beim Institut für Europäische Geschichte in Mainz fertiggestellt und im Dezember '83 als Beitrag für die Abschlußtagung der Projekte „Inflation und Wiederaufbau in Deutschland und Europa 1914—1924" und „Die Interdependenz politischer und wirtschaftlicher Entwicklung in der Innen- und Außenpolitik des Versailler Staatensystems 1919—1939" vorgestellt worden ist.

G. Vissering, Standard of Value andMeans ofPayment vom 30.10.1922: Arthur N. Young-Papers, Box 003: German currency and banking 1923—1924, Hoover Institution Archives (HIA), Stanford, California. 33

34

Vgl. OV 34/117, Deutsche Golddiskontbank,

Nr. 3 A, 14, 15, BEA.

Deutsche Golddiskontbank

und die britischen

Interessen

113

Verhältnisse als Argument für ihre ökonomische Vernunft gewertet werden kann, auf einem Schreibtisch in den Räumen der Bank von England, so notierte dort Norman an ihren Rand: „The essential difference between this and ,C' is gold versus Sterling." 35 „ C " aber war das Kürzel für den Bankplan für Deutschland, den der Gouverneur selbst grob skizziert hatte und den er an der Jahreswende 1923/24 gegen die Vorstellungen der beiden kontinentalen Bankiers durchzusetzen versuchte. Bezeichnenderweise finden sich in den in den Archiven der Bank von England vorliegenden Kopien des Visseringschen Plans alle Erwähnungen von „Goldbasis" oder „US-Dollar" gestrichen und von Normans Handschrift durch „Sterling" beziehungsweise „Sterlingbasis" ersetzt. Noch bevor entschieden war, ob Helfferich oder Schacht das Amt des Reichsbankpräsidenten übernehmen würde, deutete Norman gegenüber Vissering sein Interesse an Kontakten mit der deutschen Seite an. 36 In den Gesprächen, die er Anfang 1924 mit Schacht führte, fiel es dem Briten relativ leicht, die Sterlingdeckung als auch im deutschen Interesse liegend zu präsentieren. Der unter extremem Zeitdruck stehende Reichsbankpräsident verschwendete kein Argument auf die — nur im Vergleich zum Dollar — relative Schwäche des Sterling, obwohl er natürlich wußte, welche Interessen Norman leiteten. 37 Für ihn zählten in diesem Augenblick in erster Linie die Abwehr des französischen Bankprojekts und die außergewöhnlich günstigen Konditionen, zu denen Norman einen Kredit von fünf Millionen Pfund Sterling an die Reichsbank für die Gründung der Golddiskontbank bereitzustellen versprach. 38 Gegenüber Bedenken im deutschen Regierungskabinett äußerte Schacht später entschuldigend, daß man angesichts der aktuellen Sterlingschwäche „kraß ausgedrückt, die Mark für 90 Pfennige" bekäme. 39

55

A. a. O., N r . 12 vom 4 . 1 2 . 1 9 2 3 , B E A .

36

Vgl. R . S. Sayers, The Bank of England..vol.

37

Später erwähnte Schacht gegenüber dem amerikanischen Ökonomen John Young,

1, S. 178.

daß, „had his new bank issued currency in dollars or an unit other than pounds there would have been no loan . . . this was not put in so many words, but . . . this was the implication": Young an seinen Bruder Arthur am 2 6 . 6 . 1 9 2 4 , zitiert nach W . Link, Die amerikanische

Stabilisierungspolitik

. . S .

237.

38

Vgl. H . Schacht, 76 Jahre . . . , S. 243—253.

"

Protokoll der Kabinettsitzung

vom 7. J. 1924, R. 4 3 1 / 6 7 3 , Rk. 2097, BA.

114

III. Sterling versus Dollar

Für Normans Angebot mußte indessen aus der Perspektive Schachts auch die großzügige Behandlung sprechen, die ihm in London zuteil wurde und die in Anbetracht des einigermaßen angeschlagenen deutschen Ansehens in der Welt tatsächlich nicht gering zu schätzen war. Norman hatte dem Deutschen während der vier Tage seines Aufenthalts den Weg zu Kontakten mit den wichtigsten Bankiers der City und den Beamten des Treasury geebnet und dabei nie verhehlt, daß er der Person seines Gastes größte Bedeutung beimaß. Schacht konnte am 1. Januar mit den Bankiers Kindersley (einem Direktor der Bank von England und Teilhaber von Lazard Freres), Tiarks (J. H . Schroeder) und McKenna (von der City and Midland Bank, außerdem aber bald Vorsitzender des zweiten Expertenkomitees in Paris) sprechen und für seine Pläne werben. Dem schlössen sich Gespräche mit Arthur Chamberlain (damals Schatzkanzler) und Sir Otto Niemeyer vom Treasury an. Am folgenden Tag traf er mit den Bankiers Pease (dem Vorsitzenden der Londoner Clearing-Banks), John Henry Schroeder, Schnakers und Leaf (Westminster Bank) zusammen. 40 Am 3. und 4. Januar schließlich konnte er noch Gespräche mit Vertretern der Banken Rothschild und Lazard Freres und mit Richard Hemmig führen. 41 Zusätzlich machte Norman deutlich, daß er der Reichsbank für den Fall einer gedeihlichen Zusammenarbeit die Mitwirkung bei den geplanten Stabilisierungen der polnischen und tschechischen Währung anbieten wollte. 42 Alle diese Offerten konnten in Anbetracht der deutschen Situation ihren Eindruck auf Schacht nicht verfehlen, so daß es kaum verwunderte, daß er London in grundsätzlicher Ubereinstimmung mit dem Gouverneur verließ, um sich mit Vissering zu treffen, bei dem er durch den Briten bereits avisiert war. 43 Nach der Abreise Schachts setzte Norman sogleich die nationale und internationale Kampagne zur Unterstützung der Golddiskontbankgründung in Gang, deren Ziel er einmal treffend in dem Triumphruf „All for the good of Sterling" zusammenfaßte. 44

40 Bericht aus London vom 1. und 2.1.1924: Nachlaß Schacht, NL 294/3, BA; außerdem Tagebuch Norman vom 1. und 2.1.1924, BEA. 41 Tagebuch Norman, BEA. 42 Bericht aus London . . a . a. O. 43 OV 34/117, Dt. GDBk., Nr. 4 vom 5.1.1924, BEA. 44 Norman an W. H. Clegg am 10.1.1924: OV 34/117, Dt. GDBk., Nr. 10, BEA.

Deutsche Golddiskontbank

und die britischen Interessen

115

Verharren wir an dieser Stelle jedoch zunächst bei der Kontroverse Gold versus Sterling, die entgegen Normans Einschätzung noch nicht beigelegt war. Schacht hatte nämlich in Amsterdam einen durchaus kooperationswilligen Vissering getroffen, der aber — im Interesse der internationalen Kreditwürdigkeit der Bank — nur ungern von der Idee der Golddeckung abgehen wollte. 45 Schacht neigte nach den Gesprächen mit dem Holländer doch wieder mehr einer reinen Gold- beziehungsweise Dollardeckung zu. Ein wesentliches Motiv für die schwankende Haltung des Reichsbankpräsidenten war die Befürchtung, die Amerikaner mehr als unbedingt nötig zu verprellen, auf deren guten Willen die Reichsregierung ebenso wie auf den der Briten angewiesen war, wenn sie sich gegen die französischen Forderungen behaupten wollte. 4 6 Wieder zurück in Berlin, mußte er jedoch feststellen, daß der durch die Ausgrenzung der Rentenmark ausgeübte Druck der Franzosen auf die besetzten Gebiete seine Wirkung tat und ihn zwang, jede Möglichkeit der Bewahrung des Rheinlands vor dem Zugriff Poincarés zu ergreifen. Er sah sich deshalb genötigt, Norman auf die Brisanz der Situation hinzuweisen und um eine möglichst schnelle definitive Kreditzusage zu bitten, 4 7 so daß seine Verhandlungsposition äußerst ungünstig war. Vissering gegenüber allerdings, der seine Bedenken hartnäckiger vertrat, antwortete Norman mit einer Zusammenfassung aller aus britischer und damit seiner Uberzeugung nach europäischer Sicht vorteilhaften Argumente für den Sterling: „While I agree that the shares may be calculated on a gold basis, I submit that the notes should adopt sterling (as the only practical alternative) rather than gold and be repayable outside of Germany: they would be less likely to be hoarded and the ,Gold Bank' would be free from dependence on America. I am aware of course, that sterling is now depreciated in terms of gold: but it remains the main basis on which European Exchanges are operated and I am most strongly of the opinion that as Europe obtains no financial assistance or cooperation from America, Europe should no

45 OV 34/117, Dt. GDBk.y Nr. 11 vom 10.1.1924, BEA; Vissering schlug auch vor, neben Gold und Devisen Wechsel ins Grundkapital miteinzubeziehen, wogegen sich Norman sträubte. Schacht schloß sich in dieser Frage Normans Meinung an. 46 Vgl. W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik ..., S. 236—240. 47 OV 34/117, Dt. GDBk., Nr. 17, 18, 19 vom 12.1.1924, BEA.

116

III. Sterling versus Dollar

further attach herself to the basis which for the present America controls .. ," 48 Gegenüber John Bradbury, dem britischen Reparationskommissar in Paris, führte Norman seine Gedanken noch weiter aus. Bradbury hatte sich nach einer ersten Information 4 9 recht skeptisch gezeigt 50 und bedurfte offensichtlich zusätzlicher Argumente, um zu einer Zusammenarbeit mit den Deutschen bewogen zu werden. Norman zufolge würde aus der Geschäftstätigkeit der Golddiskontbank auf Sterlingbasis nicht nur eine allgemeine Zunahme des Ansehens der britischen Währung und ein Nachfrageschub nach britischem Kapital resultieren, sondern auch weiterführende währungspolitische Konsequenzen. Die Reichsbank sollte den Kredit nämlich nur dann erhalten, wenn sie in ein — natürlich strikt vertrauliches — Zusammenarbeitsabkommen mit der Bank von England einwilligte und sich darauf verpflichtete, den international anerkannten Geschäftspraktiken zu folgen. 51 Dieses Abkommen, von dem später noch die Rede sein wird, war ein Teil der weltwährungspolitischen Strategie Normans, der aus den Zentralbanken aller Herren Länder quasi technokratische Instrumente zu formen suchte, um jenseits der Wechselfälle der Tagespolitik eine den Interessen des Welthandels — sprich: der Bank von England — gemäße Kreditpolitik und -Steuerung zu garantieren. Norman hoffte, mit dem Hinweis auf das Abkommen Bradburys Mißtrauen hinsichtlich der deutschen Politik zu zerstreuen: Notfalls würde er unter Berufung darauf die Reichsbank gegen die Reichsregierung ausspielen. 52 U m die unterschiedlichen Meinungen über die Deckungsfrage und die Notenausgabe der Golddiskontbank endgültig auf einen Nenner zu bringen, verabredete Norman sich schließlich mit Schacht und Vissering für das dritte Januarwochenende 1924 in Amsterdam. 5 3 Das Treffen führte aber, entgegen Normans Erwartungen, zu keiner Ubereinkunft. 5 4 Mit dem Zusammentreten des Dawes-Komitees in Paris war Norman an Vissering am 14.1.1924: O V 34/117, Dt. GDBk., Nr. 21, BEA. A. a. O., Nr. 5 vom 5.1.1924, BEA. 50 A. a. O., Nr. 8 vom 8.1.1924, BEA. 51 Norman an Bradbury am 11.1.1924: O V 34/117, Dt. GDBk., Nr. 16, BEA. 52 Ebda. 53 Vgl. Tagebuch Norman; O V 34/117 Nr. 26, 27, 28, BEA; Nachlaß Schacht, N L 294/3 vom 13.1.1924, BA. 54 Norman an Kindersley am 18.1.1924: „Scheme for proposed Bank has made no progress within or without Germany since our discussions in London and perhaps less said about it at present the better . . . " : O V 34/117, Dt. GDBk., Nr. 28 A, BEA. 48

49

Deutsche Golddiskontbank

und die britischen Interessen

117

ein neuer Faktor in die Überlegungen über die Stabilisierung der deutschen Währung einzubeziehen, und es galt zunächst, die Meinung der Experten zu Schachts Projekt anzuhören. Ohne ihre Zustimmung wäre jedes auf internationales Kapital angewiesene Unternehmen zur Wiederherstellung der Währungsstabilität in Deutschland von vornherein zur Aussichtslosigkeit verdammt gewesen. 2. Normans internationale Werbung für die Golddiskontbank Eine internationale Kooperation und Abstimmung der Zentralbanken gemäß den Prinzipien einer soliden Geschäftspolitik war praktisch seit dem Ende des Krieges das Mittel gewesen, mit dem nicht nur Norman die Reorganisation der Währungsverhältnisse weltweit in die Wege zu leiten und zu überwachen gedachte. 55 Schon 1921 waren in der Bank von England allgemeine Prinzipien für die Zentralbanktätigkeit unter Berücksichtigung der Vorschläge Benjamin Strongs festgelegt worden. Sie sahen im wesentlichen die grundsätzliche Unabhängigkeit jeder Zentralbank vom Geschäft selbst wie von den nationalen politischen Instanzen vor: Aufgabe einer Zentralbank war die Gewährleistung und Überwachung der Geschäftsbedingungen, nicht aber der unmittelbare Profit. Der historisch erreichten Ausdehnung des Handels über die eigenen Staatsgrenzen hinaus, also der Existenz des Weltmarkts, trug der Wunsch nach Zusammenarbeit aller Zentralbanken Rechnung. Sie sollte vornehmlich den vertraulichen Informationsaustausch fördern, wobei unterstellt wurde, daß jede Zentralbank die ihr entsprechenden Institute in anderen Staaten als ihre natürlichen und ausschließlichen Ansprechpartner anerkannte. Das Ganze war eine rein formelle Bestimmung, die jede inhaltliche Verpflichtung explizit ausschloß: „Each Bank should recognise the importance of international as well as national interests in the reestablishment of the world's economic and trade stability." 5 6 1922 hatte dann die Konferenz von Genua eine Zentralbankenkonferenz vorgeschlagen und die Bank von England mit ihrer Vorbereitung

55

Vgl. Gerd Hardach, Die Kooperation

nalen Politik 1924—1933, Politik..S.

der Zentralbanken

als Element der internatio-

in: Gustav Schmidt (Hrsg.), Konstellationen

internationaler

4 8 — 6 4 ; Stephen V . O . Clarke, Central Bank Cooperation 1924—31,

New

Y o r k 1967. 56

General Principles of Central Banking, Resolutions 4, in: R . S. Sayers, The Bank of

England ...,

vol. 3, Appendix 10.

118

III. Sterling versus Dollar

beauftragt. 57 Obwohl die Konferenz sehr in Normans Interesse gelegen hätte und er mehrmals während der zwanziger Jahre Initiativen zu ihrer Einberufung entwickelte, kam sie nie zustande. Die Gründe dafür lagen wahrscheinlich in dem Umstand, daß der zu einem solchen Vorhaben notwendige Konsens über die Interpretation der Zentralbankprinzipien nie zustandegebracht werden konnte. Aber auch ohne einvernehmlich fixierte Umgangsregeln war die Bank von England in der Lage, das Informationsnetz der existierenden Zentralbanken zur Förderung ihrer Interessen zu benutzen. Am Beispiel der Propagierung der Gründung der Golddiskontbank, wie sie von Norman sehr frühzeitig und gezielt betrieben worden ist, läßt sich trefflich studieren, daß und wie der Informationsfluß jenseits der Pressekanäle funktionierte und von welchem Vorteil seine Existenz für eine Bank war, die Einfluß nicht immer ausüben, sondern manchmal auch nur demonstrieren wollte. Daß die Kooperation dort ihre Grenzen hatte, wo handfeste materielle Interessen in Gegensatz zueinander gerieten, konnte diesen Wert schwerlich mindern: Gerade weil sie eine nur formelle Konzeption war, hatte die Zusammenarbeit der Zentralbanken so unterschiedliche Förderer wie Norman in London, Strong in New York oder auch Schacht in Berlin gefunden. Norman begann sofort nach der Abreise Schachts aus London, in internationalem Rahmen für das Projekt zu werben beziehungsweise dort, wo eine Werbung um Beteiligung aussichtslos erschien, es anzukündigen. Garniert mit der auch für Strong erfreulichen Nachricht der Bekämpfung der französischen Rheinlandbank übersandte er dem Amerikaner ein Expose des Statuts der Golddiskontbank, hob aber gleichzeitig hervor, daß deren Gründung und Kapitalausstattung durchaus von den Europäern allein bewerkstelligt werden konnte. Daß er trotzdem eine Beteiligung von amerikanischer Seite als „a grand thing from every point of view" 5 8 herbeiwünschte, darf in diesem Zusammenhang nicht verwundern: Damit wäre die Goldkapitaldecke der Bank vergrößert worden, ohne ihre den Sterling bevorzugende Tendenz im mindesten zu beeinträchtigen. Da die Bank Sterlingnoten emittieren und alle ihre Wechsel zunächst auf Sterling nominieren würde, mußte ihr Erfolg dem amerikanischen Interesse zuwiderlaufen. Strong antwortete denn auch nach einer relativ großen Zeitspanne Vgl. H. Clay, Lord Norman..., S. 137f. Norman an Strong am 7.1.1924: Strong Papers, Dt. GDBk., Nr. 7, BEA. 57 58

1116.4, FRBA; O V 34/117,

Deutsche Golddiskontbank

und die britischen

Interessen

119

ablehnend und informierte N o r m a n davon, daß die Federal Reserve Bank in New York nur dann Anleihen zur Stabilisierung der deutschen Währung befürworten würde, wenn diese strikt an Gold gebunden wären. 59 Von Schacht aufmerksam gemacht, bat der Schweizer Nationalbankier Schnyder de Wartensee Norman um Auskunft über das Projekt, 60 wobei der Brite die Gelegenheit wahrnahm, umstandslos für die Bank zu werben. 61 Die eigentlich wichtigen Informationsschreiben beziehungsweise Unterstützungsersuchen dieser frühen Vorbereitungsphase der Bankgründung waren aber diejenigen, die Norman an W. H . Clegg, den Gouverneur der Zentralbank des südafrikanischen Dominions, 6 2 N . Rygg, den Präsidenten der Norges Bank, 63 und V. Moll, den Präsidenten der Schwedischen Reichsbank, 64 verschickte. Das Gemeinsame an den Adressaten der drei Schreiben war, daß sie international im Ruf standen, sich in nächster Z u k u n f t zwischen Gold und Sterling entscheiden zu müssen. Unter diesem Aspekt gesehen, enthielten Normans Adressen in erster Linie die Bekanntgabe, daß in Sachen Sterlingstandard eine neue Perspektive in Vorbereitung war und man also keine voreiligen Schritte unternehmen sollte. Norman warb in Verbindung mit dem Golddiskontbankprojekt sehr offen für die Sterlingdeckung: „Were you to return alone to a free gold market, you would for several reasons be liable to various disadvantages or, as you put it, you would be making a dangerous experiment. So all I can say is that were I in your position I should be disposed to make no present change in gold policy, but I should continue to hope that along with the three countries mentioned in your letter an eventual and simultaneous return might prove to be possible." 65 Das Angebot lautete also keineswegs, Gold gänzlich zu vergessen, sondern vielmehr abzuwarten, um gegebenenfalls die Härten und Risiken des unflexiblen Goldstandards durch eine Zwischenschaltung des Sterling abzumildern. Der vorgeschlagene gemeinsame Eintritt in die Goldkonvertibilität wäre, gerade weil sein

59 60 61 62 63 64 65

OV 34/117, Dt. GDBk., Nr. 51 c, 54, 55 vom 22.2.1924, BEA. OV 34/117 Nr. 9 vom 9.1.1924, BEA. OV 34/117 Nr. 20 vom 14.1.1924, BEA. OV 34/117 Nr. 10 vom 10.1.1924, BEA. OV 34/117 Nr. 22 vom 14.1.1924, BEA. OV 34/117 Nr. 38 vom 29.1.1924, BEA. Norman an Moll, ebda.

120

III. Sterling versus Dollar

Zeitpunkt vom politischen Willen der Beteiligten abhing, nicht mehr die von den U S A geforderte Unterwerfung unter das Gold als Maß aller Werte gewesen, sondern allenfalls der Vollzug eines schon zuvor realisierten Gold-Sterling-Verhältnisses. Freilich wäre dieser Vorteil für die Skandinavier nur durch Unterwerfung unter den Sterling und Londons Kreditpolitik zu erkaufen gewesen, weshalb ihre Antworten zunächst sehr vorsichtig und zurückhaltend ausfielen. Der Norweger berief sich auf die äußerst angespannte innere Kreditsituation seines Landes, die eine Neuvergabe von Krediten nach außen schwerlich rechtfertigte, behielt sich eine endgültige Stellungnahme aber vor. 66 Der Schwede hingegen sicherte zwar seine Sympathie zu, wies aber darauf hin, daß das schwedische Reichsbankdirektorium in nächster Zukunft beschließen wollte, ob man „in splendid isolation" 6 7 zum Gold zurückkehren würde, und vertröstete Norman auf die Zeit nach dieser Entscheidung. Indes war in beiden Fällen der Zweck Normans vorerst erreicht worden: Die Bekanntgabe des neuen Projekts konnte die Entscheidung der Skandinavier maßgeblich beeinflussen. Als unfreundlicher hingegen erwies sich die Reaktion des Südafrikaners. Clegg schloß eine Beteiligung seiner Bank unmißverständlich aus und führte als Gründe dafür die geringen Mittel und ein Investitionsverbot im Statut an. 68 Die Wahrheit sah für das Sterlinginteresse noch alarmierender aus: Der südafrikanische Handelsverkehr wurde bereits in einem derartigen Maße in Dollar abgewickelt, daß die Pfundaufwertung gar nicht mehr im unmittelbaren Interesse der Südafrikaner lag. Cleggs Haltung war um so brisanter, als sein Land schließlich dem Empire angehörte, also im traditionell direkten Einzugsbereich des Sterling lag. Norman war wahrscheinlich deshalb nicht gewillt, die Absage stillschweigend hinzunehmen. Es entspann sich in der Folge eine lebhafte Kontroverse zwischen den beiden Gouverneuren. Norman ließ Gutachten über das südafrikanische Bankstatut anfertigen und versuchte Clegg mit dem Hinweis zu ködern, daß die aktuelle Höhe des Kredits gar keine Rolle spielte: Wesentlich war nur das Faktum der Beteiligung selbst, das ohne jede Angabe von Zahlen publiziert werden konnte. Clegg ließ sich jedoch nicht von seiner urprünglichen Haltung abbringen. 69 OV 34/117 Nr. 53 vom 7.2.1924, BEA. OV 34/117 Nr. 52 vom 6.2.1924, BEA. 68 OV 34/117 Nr. 33 vom 25. 1. 1924, BEA. " Vgl. OV 34/117 Nr. 35, 57, 58 und 60, BEA.

66

67

Das Dawes-Komitee

und die Interessen der Vereinigten

Staaten

121

Schnyder de Wartensee schließlich, der anläßlich eines Ferienaufenthalts Visserings in der Schweiz ausführlichere Informationen über das Bankprojekt erhalten hatte, 70 befürwortete den Plan zwar grundsätzlich, sagte aber keine Unterstützung zu. 71 In Anbetracht der politisch strikt neutralen Haltung der Schweiz hatte Norman vorerst auch gar nichts anderes erwartet. Auf konkretere Zusagen einer Beteiligung an dem britischen Kredit für die Golddiskontbank war erst dann zu hoffen, wenn ihre Gründungsvorbereitungen in ein fortgeschritteneres Stadium getreten waren. Dem aber stand seit der zweiten Januarhälfte die noch unbestimmbare Haltung der Experten in Paris entgegen, die keine an ihren Beschlüssen vorbeigehende Rekonstruktion der deutschen Währungsverhältnisse erlauben konnten und wollten. Das Dawes-Komitee

und die Interessen

der Vereinigten

Staaten

Es mag zum besseren Verständnis der Ziele und der Problematik der Verhandlungen der beiden Expertenkomitees, des Dawes- und des McKenna-Ausschusses, beitragen, einen kurzen Rückblick auf die politischen Umstände ihres Zusammentretens zu werfen. Ein Sachverständigenausschuß war, nachdem Deutschland den passiven Widerstand aufgegeben hatte und damit zum berechenbaren Faktor innerhalb der britischen Europapolitik geworden war, vorwiegend auf britischen Druck hin von Frankreich als Instrument zur Schlichtung des Reparationsstreits akzeptiert worden. 72 Höhepunkt der diesbezüglichen Auseinandersetzungen, die bereits im Oktober 1923 begonnen hatten, war Mitte November die angesichts der Rückkehr des Kronprinzen ins Reich von den Franzosen geäußerte Drohung mit erneuten militärischen Sanktionen gewesen, die Großbritannien seinerseits mit der Drohung beantwortet hatte, sowohl aus der Reparationskommission als auch aus dem Botschafterrat 73 und der interalliierten Hochkommission auszutreten. Ein Auseinanderbrechen der Entente konnte und wollte die französische Diplomatie jedoch nicht riskieren. 74 Als auch Belgien die französische Haltung nicht mehr unter70

OV 34/117 Nr. 51 vom 5.2.1924, BEA. OV 34/117 Nr. 69 und 73 vom 18. bzw. 21. 2.1924, BEA. 72 Vgl. H . J. Rupieper, The Cuno Government and Reparations ..., S. 234—246. 75 Zur Bedeutung des Botschafterrats vor 1924 Jürgen Heideking, Oberster Rat — Botschaftskonferenz — Völkerhund. Drei Formen von multilateraler Diplomatie nach dem Ersten Weltkrieg, in: Historische Zeitschrift, Bd. 231 (1980), S. 539—630. 74 Vgl. C. A. Wurm, Die französische Sicherheitspolitik ..., S. 68 f. 71

122

III. Sterling versus

Dollar

stützte, stimmte Poincaré notgedrungen der Einberufung eines Expertengremiums zu. Die damit verbundene Einwilligung in die Uberantwortung der Reparationsfrage an nur ökonomischen Sachnotwendigkeiten verpflichtete Technokraten war der erste Schritt hin zum Verzicht Frankreichs auf eine seinen Interessen gemäße Lösung gewesen und sollte deshalb als große Niederlage der französischen Politik gewertet werden. 75 Die Zukunft der europäischen Währungsverhältnisse wurde jedoch nicht nur vom Verlauf der innereuropäischen Interessengegensätze bestimmt. Von mindestens ebenso großer Bedeutung sollte sich das Auftreten der Vereinigten Staaten auf dem Parkett der europäischen Diplomatie erweisen, die am 11. Dezember der Entsendung amerikanischer Experten zugestimmt hatten. Frank Costigliola hat ausführlich dargestellt, daß und wie die amerikanische Politik schon seit 1918 ein lebhaftes Interesse an der Beilegung der europäischen Reparationskontroversen gezeigt hatte. 76 Der faktischen Überlegenheit der amerikanischen Wirtschafts- und Finanzmacht stellte sich die Unberechenbarkeit der europäischen Situation, verstanden sowohl im macht- als auch im währungspolitischen Sinn, als Hemmnis in den Weg. Nationale „Sonder"-Interessen und die wilden Fluktuationen der europäischen Wechselkurse hinderten das amerikanische Kapital daran, seinen Produktivitätsvorsprung auf dem europäischen Markt zur Wirkung zu bringen, und hielten den im Verlauf des Krieges angehäuften Reichtum aus Europa fern: Waren die in den amerikanischen Reservebanken über die gesetzlich festgelegten Reservebestände hinausgehenden Goldmengen schon 1922 auf 820 Millionen Dollar angewachsen, 77 so überschritten sie bei weiter ansteigender Tendenz Anfang 1923 den für damalige Verhältnisse astronomischen

75 Unhaltbar m. E. McDougalls Einschätzung, daß Poincaré die Einberufung der Experten als lange erwartetes Zeichen von den anglo-amerikanischen Verbündeten begrüßte. Vgl. W. A. McDougall, Political Economy versus National Sovereignty: French Structures for German Economic Integration after Versailles, in: Journal of Modern History, 51. Jg. (1979), S. 4—23, hier: S. 19. 76 Frank C. Costigliola, The Politics of Financial Stabilization: American Reconstruction Policy in Europe 1924—1930, Diss. Cornell University 1973, S. 88—93. 77 Nach Angaben von Alfred Lansburgh, The Conference of Central Banks, S. 10: Strong Papers, 012.8, FRBA.

Das Dawes-Komitee

und die Interessen der Vereinigten Staaten

123

Betrag von eineinhalb Milliarden Dollar. 78 Nach den Spielregeln der Goldwährung hätte diese Wertmasse zu einer gigantischen inneramerikanischen Geld- und Kreditschöpfung führen müssen, die über eine Dollarabwertung den Europäern nicht nur die Bedienung ihrer Schulden an die U S A erleichtert, sondern langfristig auch den amerikanischen Produktivitätsvorsprung wieder nivelliert hätte. Gerade aus diesen Überlegungen heraus verbot sich die Befolgung dieser Regeln für die amerikanischen Behörden. Den einzigen Ausweg aus dem „Dilemma", über den größten Staatsschatz der Welt zu verfügen, ihn aber im eigenen Land gar nicht zu benötigen, stellte die Reinvestition in den europäischen Produktionsprozeß dar. Die verlockende Aussicht, amerikanisches Gold wieder in für den Wohlstand amerikanischer Wirtschaftssubjekte arbeitendes Kapital zu verwandeln, wurde indessen durch ein enormes Risiko getrübt, solange die europäischen Nationen sich nicht auf Gold als den allein gültigen Wertmaßstab für ihre Währungen festlegen ließen. Die US-Investoren, die bis 1923 deutsche Valuta gekauft hatten, konnten ein Lied von den Konsequenzen dieses Mangels singen. 79 Wie aber die politischen Gegensätze in Europa das allgemeine Investitionsklima beeinträchtigten, so schädigte auf der anderen Seite die ökonomische Lähmung und der damit verbundene Mangel an Zahlungsmitteln und Kredit bei den Europäern den Absatz amerikanischer Produkte. Während der amerikanische Agrarexport ganz unmittelbar

Hier die absoluten Zahlen für die Goldbestände des US-Treasury 1920—1924 in Millionen Dollar (1 Feinunze = 20,67$): Jahr

Gesamtbestand am Jahresende

1920 1921 1922 1923 1924

2639 3373 3642 3957 4212

Veränderung gegenüber dem Vorjahr -

68,4 734,6 268,5 315,1 255,6

Nettogoldimporte 95,0 667,4 238,3 294,1 258,1

Quelle: US Bureau of the Census, Historical Statistics of the United States. Colonial Times to 1970, Washington D. C. 1975, Series X 438—443, S. 995. 78 Angabe Strongs in einem Schreiben an den amerikanischen inoffiziellen Beobachter bei der Reparationskommission, James A. Logan, vom 16.1.1923: 797, Reparations, FRBA. 79 Vgl. C.-L. Holtfrerich, Amerikanischer Kapitalexport und Wiederaufbau...; ders., Die deutsche Inflation . . . , S. 291 f.

124

III. Sterling versus

Dollar

von dieser Situation betroffen wurde, wuchsen auch in den weniger tangierten Branchen Befürchtungen, daß etwa das im Zuge der Ruhrinvasion sich ankündigende deutsch-französische Stahl-Kohle-Kombinat der US-Stahlindustrie und den von ihr abhängigen Produktionszweigen gefährlich werden konnte. 80 Die amerikanische Regierung hatte also aus diesen Gründen ein höchst aktives Interesse an der Einsetzung der Expertenkommission, die ja mit den Reparationsgegensätzen auch die Hindernisse beseitigen sollte, die sowohl dem freien Kapitalverkehr wie dem Absatz amerikanischer Produkte im Weg standen. Freilich mußten zweierlei Vorbedingungen erfüllt sein, bevor sich ein Amerikaner mit der Zustimmung seiner Regierung an den Verhandlungstisch setzen und damit den Einsatz jenes Reichtums in Aussicht stellen konnte, auf den die Europäer zur Stabilisierung ihrer Finanzen und ihrer Wirtschaft angewiesen waren: Zum einen war die Frage der interalliierten Verschuldung, die unweigerlich eine Konfrontation zwischen Europäern einerseits und den U S A andererseits heraufbeschworen hätte, auszuklammern. War die amerikanische Beteiligung an der Genua-Konferenz schon aufgrund dieser Befürchtung verworfen worden, so entsprach auch die Festlegung des Dawes-Komitees auf die wirtschaftliche Wiederherstellung Deutschlands dem von Benjamin Strong favorisierten „country-tocountry-approach", 81 einer Vorgehensweise, die jede Solidarisierung der zur Stabilisierung auf amerikanisches Kapital angewiesenen Staaten vermeiden sollte. Zweitens mußten diejenigen europäischen Stimmen, die der Öffnung hin zum amerikanischen Einfluß widersprachen, verstummen. Waren die Vereinigten Staaten schon dem Völkerbund ferngeblieben, weil dessen Satzung die existierenden nationalen Einflußsphären konservierte, so würde auch in Zukunft kein politisches Projekt amerikanische Unterstützung finden, das einen wie auch immer gearteten Ausschluß amerikanischen Kapitals zum Inhalt hatte. Die gegenseitige machtpolitische Paralysierung der europäischen Staaten, insbesondere der deutsch-französische Entscheidungskampf an der Ruhr, stellten endlich das Resultat her, das als einzig verbliebenen Ausweg die Verwirklichung der eigenen Ziele nur unter Anerkennung amerikanischer Konditionen möglich erscheinen ließ: War das Reich am Ruhrkonflikt finanziell verblutet, so stand der französische Franc infolge des fortge80 81

F. C. Costigliola, The Polittcs of Financial Stabilization ..., S. 95—97. L. V. Chandler, Benjamin Strong . . . , S. 278.

Das Dawes-Komitee

und die Interessen der Vereinigten Staaten

125

setzten „deficit spending" kurz vor dem Schicksal der Mark. Rupieper hat ausgeführt, daß Amerika im Bewußtsein seiner finanziellen Kraft und Überlegenheit gelassen den Moment abwarten konnte, in dem die Europäer es zu Hilfe rufen mußten. 82 Der Eintritt dieser Lage im Oktober 1923, die von US-Außenminister Hughes schon im Dezember 1922 angekündigt worden war, 83 verschaffte der amerikanischen Position den nicht unbeträchtlichen Vorteil, als Schiedsrichter und Vermittler zwischen den europäischen National-„Egoismen" auftreten zu können, ohne selbst als interessierte Partei zu erscheinen: Da aufgrund der wirtschaftlichen und finanziellen Überlegenheit der Vereinigten Staaten deren Interessen mit einer nationale Sonderwünsche nicht berücksichtigenden Regelung zusammenfiel, konnte das amerikanische Nationalinteresse der Öffentlichkeit mit dem Nimbus einer dem Allgemeinwohl dienlichen Lösung präsentiert werden. 84 Es war Hughes nicht nur gelungen, mit Hilfe der Briten die interalliierte Schuldenproblematik auszuklammern. 85 Indem sie darüberhinaus den Experten einen nurmehr beratenden Status zubilligten — die politische Durchsetzung der Expertenvorschläge war Gegenstand der Konferenz von London im Juli 1924 86 —, garantierten die Amerikaner das bloße Zustandekommen einer Übereinkunft und damit einen publikumswirksamen Prestigezuwachs zuhause und weltweit soweit nur irgendmöglich, ohne sich auch nur im geringsten die Hände binden zu lassen. Von ihrer Aufgabe her gesehen stellten die Dawes-Verhandlungen zunächst einmal eine rein antifranzösische Veranstaltung dar. In der 82

H. J. Rupieper, The Cuno Government

and Reparations

..., S. 246.

Hughes hatte am 29. Dezember 1922 während einer Rede in New Häven die Bedingungen genannt, unter denen sich die USA auf eine Vermittlung im Reparationsstreit einlassen wollten: Vgl. New York Times vom 30.12.1922, in: F O 371 -9871, S. 180, PRO. 83

84 Am plastischsten machte sich dieser Umstand im Sendungsbewußtsein manches Delegationsmitgliedes bemerkbar, wie etwa in der Tagebuch-Eintragung von Arthur N. Young vom 18.3.1924: „Everyone insists on national interests but the Americans, who are not representatives of the U. S. but only private Citizens . . . " , Arthur N. Young Papers, Box I, HIA. 85 Vgl. Hughes Antwort auf Curzons Einladung an die Amerikaner vom 12.10.1923: Charles Evans Hughes Papers, Container 56, Library of Congress/Manuscript Division (LC/MD), Washington D. C. 86 Ausführlich behandelt bei S. A. Schuker, The End of French Predominance S. 295 ff., und W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik . . . , S. 296ff.

...,

126

III. Sterling versus

Dollar

Untersuchung der deutschen Zahlungsfähigkeit drückte sich ein politischer Wille zur Zusammenarbeit mit Deutschland auf der Grundlage des Status quo aus, der, wie die Bestrebungen zur G r ü n d u n g der Rheinlandbank zeigten, von Frankreich so gar nicht geteilt wurde. Wollten die Vereinigten Staaten den N i m b u s des unparteiischen Vermittlers nicht vorzeitig verlieren, mußten sie darum bemüht sein, einen französischen Gesichtsverlust vor der Weltöffentlichkeit möglichst zu vermeiden. In diesem Zusammenhang wird die eigenwillige personelle Zusammensetzung der amerikanischen Delegationsleitung interessant: Owen D . Y o u n g , Rechtsanwalt aus B o s t o n , Mitglied der Demokratischen Partei und zuletzt in den Vorständen von General Electric und R a d i o C o r p o r a t i o n of America ( R C A ) tätig, 8 7 stand im R u f , ein ausgezeichneter Kenner der Materie und geschickter Verhandlungspartner zu sein. Charles G . Dawes, Republikaner und Bankier aus Chicago, 8 8 konnte hingegen beim besten Willen nicht als „ E x p e r t e " gelten. J . P. Morgan hatte seine Nominierung bedauert, weil er ihn für absolut inkompetent hielt. 8 9 Der wegen seiner Vorliebe für Kraftausdrücke als "Hell-andMaria-Dawes" 9 0 bekannte Militär, der aus seinem Desinteresse für finanz- und währungstechnische Fragen gar keinen Hehl machte, 9 1 verfügte indessen über eine Qualifikation ganz anderer Art: Er hatte im Krieg als Brigadegeneral an der Seite der Franzosen gegen die Deutschen gekämpft und stand im R u f einer profranzösischen H a l t u n g . S o leistete er wertvolle Dienste für die amerikanische Öffentlichkeitsarbeit, wenn er auf den von ihm geschätzten Zusammenkünften alter Kameraden und bei größeren gesellschaftlichen Ereignissen in Paris die inhaltlich gegen das französische Interesse gerichteten Expertenbe-

87 Vgl. F. C. Costigliola, The Politics of Financial Stabilization ..., S. 98; P R O 371-9738: C 564/70/18 vom 4.1.1924, PRO. 88 Ebda. 89 Morgan fand sich mit Dawes überhaupt nur deswegen ab, weil er befürchtete, daß sonst jemand noch Schlimmeres aus Chicago nominiert worden wäre: P R O 371-9738: C 564/70/18, PRO. 90 So nannte ihn jedenfalls Kindersley; vgl. P R O 9738: C 1605/70/18 vom 29.1.1924, PRO. 91 Eintrag in Arthur N. Youngs Tagebuch vom 5.2.1924: „(Dawes) said he was no longer attending the meetings of the sub-committee on the budget and taxation, because he could not understand it. He said the committee was made up of ,J. P. Morgans and Herbert Spencers' and that it was too deep for h i m . . : A rthur N. Young Papers, Box I, HIA.

Das Dawes-Komitee

und die Interessen der Vereinigten Staaten

127

schlüsse verbal abschwächte und das Publikum durch sein dezidiert profranzösisches Auftreten mit den harten Realitäten der Beschlüsse versöhnte. Tatsächlich bildeten Young und Dawes zusammen ein exzellentes Team, das mit verteilten Rollen dem amerikanischen Interesse diente. 92 Young ergänzte durch sein Fachwissen die öffentlichkeitswirksame Ausstrahlung des Generals und glänzte durch sein Verhandlungsgeschick, indem er die französischen Forderungen zunächst voll und ganz unterstützte, um sie in der Folge und auf der Basis der immer wieder beschworenen Gemeinsamkeit kontinuierlich herunterzuhandeln. 93 So wichtig und bedeutsam aber das Geschick der amerikanischen Delegation für das Zustandekommen eines allgemein akzeptierten Ergebnisses auch war, so sollte zu ihrer Bewertung doch der entscheidende Vorteil nicht übersehen werden, auf dem sie die Uberzeugungskraft ihrer Argumente aufbauen konnte, nämlich die finanzielle Stärke und der Reichtum der Vereinigten Staaten, deren Einsatz die europäischen Staaten dringend benötigten. Die Existenz dieses Reichtums und das nationale Interesse an möglichst unbehindertem internationalem Kapitalverkehr und freier Konkurrenz garantierten der amerikanischen Delegation beträchtliche Handlungsfreiheit. 94 Die soziale Herkunft der amerikanischen Experten hat Claus-Dieter Krohn zu dem Verdacht geführt, daß sie das Reparationsproblem nicht nur „pragmatischen Lösungen zuführen, sondern darüber hinaus . . . auch noch als Lobbyisten nachdrücklich eigene Interessen" durchsetzen wollten. 95 Die Stärke der amerikanischen Position lag aber darin, daß der von Krohn unterstellte Widerspruch zwischen der „pragmatischen" Lösung und dem Eigeninteresse des Kapitalanlegers oder Produzenten aufgehoben war. Indem die amerikanischen Delegierten ihr Interesse an der Öffnung des europäischen Marktes verfolgten, förderten sie praktisch das nationale Interesse der U S A .

92 Vgl. die Einschätzung von Alan B. Goldsmith vom 20.1.1924: Leonard P. Ayres Papers, Container 10, Corr. Goldsmith-Herter, LC/MD. 93 Vgl. F. C. Costigliola, The Politics of Financial Stabilization ..., S. 114 f. 94 Nach F. C. Costigliola, a. a. O., S. 100, erschöpfte sich Präsident Coolidges Handlungsanweisung für Dawes und Young in dem lapidaren Satz: „Just remember you are Americans." 95 Claus-Dieter Krohn, Stabilisierung und ökonomische Interessen. Die Finanzpolitik des Deutschen Reiches 1923—1927, Düsseldorf 1974, S. 76.

III. Sterling versus Dollar

128

1. Das Dawes-Komitee und Schachts Pläne für die Golddiskontbank Die in Paris tagenden Experten hatten Schacht zum 19. Januar eingeladen, ihnen seine Version des Zustands der deutschen Wirtschaft und der dafür verantwortlichen Ursachen darzulegen. Vom Standpunkt des Reichsbankpräsidenten aus waren die Gegensätze unter den Alliierten von zunächst sekundärer Bedeutung. Der Auftrag der Kommission war die Unterwerfung deutschen Wirtschaftens unter die Bedingungen der Siegerkoalition, und Schacht mußte versuchen, die Verwirklichung dieses Auftrags für das Reich soweit als möglich erträglich zu gestalten. Freilich wurden darüber die inneralliierten Gegensätze für den Deutschen wieder interessant. Von Vorteil für den aus Amsterdam angereisten Schacht war, daß weder seine Person 96 noch seine Pläne, geschweige denn seine Abmachungen mit Norman den Experten 9 7 — mit Ausnahme der Briten — bekannt waren. Falls die Entscheidungen und Vorschläge des Komitees allzu ungünstig und hart für das Reich ausfallen sollten, konnte er dazu übergehen, die britischen Interessen gegen die des Komitees auszuspielen und dabei einen Uberraschungseffekt für sich nutzen. Schacht nahm zuerst einmal die Gelegenheit wahr, dem SubKomitee für Währungsfragen in Paris die Schwierigkeiten der deutschen Wirtschaft, an die für Importe nötigen Devisen zu kommen, zu schildern, und stellte sein Vorhaben der Gründung der Golddiskontbank als bestmögliche Lösung zur Uberwindung des Engpasses heraus. 98 Dabei deutete er zwar die mit der Bank von England in diesem Punkt bestehende Ubereinstimmung an, verlor aber kein W o r t über

96

Wie es zur Vorladung Schachts vor die Dawes-Kommission kam, schildert Stuart

M. Crocker sehr anschaulich und amüsant: „What about the bank plan?" says someone. „ W e must at once consult some competent German. Let us summon Mr. Schacht" says someone else. „ W h o is he?" the others demand. „The Finance Minister" informs one. „Less than that, but something better" says another . . . : Stuart M. Crocker Papers, Box I, Dawes Plan Manuscript, 97

Copy 1, S. 107f., L C / M D .

Mitglieder des ersten Komitees waren: Robert M. Kindersley, Josiah C . Stamp

(beide für Großbritannien), Parmentier und Allix (Frankreich), Alberto Pirelli und Federico Flora (Italien), Maurice Houtain und Emile Francqui (Belgien). Das zweite Komitee wurde von Henry M. Robinson (US) und Reginald McKenna (GB) geleitet; Frankreich ließ sich darin von Laurent Atthalin, Belgien von Albert E . Janssen und Italien von Mario Alberti vertreten; vgl. F O 371-8663: C 22416/1/18, P R O . 98

Vgl. den Bericht der Befragung Schachts vor dem Sub-Komitee am 1 9 . 1 . 1 9 2 4 , in:

Henry M. Robinson Papers, Box 12, Dawes Com. 1924, Bank and Currency Plans, H I A .

Das Dawes-Komitee

und die Interessen

der Vereinigten

Staaten

129

den Plan, die Kreditvergabe und Notenemission der Bank vornehmlich auf Sterlingbasis zu stellen. Es ergaben sich indessen auch so noch genügend Probleme. Schachts Vorschlag brachte die Experten in eine überaus komplizierte Situation: Der Golddiskontbankentwurf kam ihren Vorstellungen von einer soliden deutschen Kreditpolitik in jeder Hinsicht entgegen und war vom übergeordneten ökonomischen Standpunkt aus nur schwer zu kritisieren. Aber die Tatsache, daß der Plan deutschen Überlegungen entsprungen war, mußte ihn in den Augen der mißtrauischen Öffentlichkeit mit ziemlicher Sicherheit desavouieren. Wenn die Experten den deutschen Vorschlag umstandslos übernommen hätten, wäre schon frühzeitig und mit hoher Wahrscheinlichkeit der Nimbus zerstört worden, daß sie auf einen gerechten Kompromiß zum Nutzen aller betroffenen Nationen hinarbeiteten." Auf Owen Youngs Vorschlag hin veröffentlichte das Komitee deshalb innerhalb der nächsten Tage ein Kommunique, das Schachts Gedanken zwar als hilfreich „as a part of the whole field of possible or alternative action to be reviewed" 1 0 0 bezeichnete, sich aber nicht eindeutig darauf festlegte. Norman war die Angelegenheit von so großer Wichtigkeit erschienen, daß er Schacht inkognito nach Paris gefolgt war. Er wollte ihm dort einerseits den Rücken gegen den von den Experten erwarteten Widerspruch stärken, 101 andererseits auch mit den britischen Offiziellen in Paris reden, um sie auf eine Haltung zugunsten der Golddiskontbank einzuschwören. Die uneingestandene Zustimmung des Komitees zu dem Projekt kam Norman sehr gelegen und stimmte ihn zuversichtlich, auch in der Frage der Sterlingdeckung einen Erfolg erringen zu können. 102 U m so unangenehmer mußte es ihn berühren, daß die hinhaltende Taktik der Kommission eine schnelle Entscheidung vorerst blockierte. Er hielt es deshalb nur fünf Tage später für erforderlich, nochmals nach Paris zu fahren, um Kindersley und Bradbury zu einem entschiedeneren Eintreten für die Bankgründung aufzufordern. 103 Spätestens hier erwies es sich als vorteilhaft für den Gouverneur, daß er selbst auf die Vertretung Großbritanniens im Dawes-Komitee verzichtet und

99 100 101 102 103

Stuart M. Crocker, Dawes Plan Manuscript, Copy, a. a. O., S. 122 f. Zitiert nach S . M . Crocker, a. a. O., S. 123. Bericht aus Paris vom 22.1.1924: Nachlaß Schacht, N L 294/3, BA. O V 34/117, Dt. GDBk., Nr. 30 und 31 vom 24.1.1924, BEA. Tagebuch Norman, Eintragung vom 26.1.1924, BEA.

130

III. Sterling versus Dollar

statt dessen seinen Konrektor Robert M. Kindersley vorgeschlagen hatte. 104 So blieb ihm der politische Spielraum erhalten, der gegebenenfalls nötig sein würde, um britische Interessen gegen den Willen der Experten zu verfolgen und durchzusetzen, ohne gegen eine Loyalitätspflicht zu verstoßen. Interessanterweise kam es nun in der Frage der Unterstützung der Schachtschen Pläne zu einer Kontroverse zwischen Kindersley und Bradbury auf der einen und Norman auf der anderen Seite. Norman wollte seine Verhandlungen mit Schacht und Vissering unbedingt bis zu einem Vertragsabschluß fortsetzen, ohne eine endgültige Entscheidung der Experten abzuwarten. Kindersley aber argumentierte vom Standpunkt des Komitees aus und lehnte jeden Alleingang als unverantwortlich ab. Bradbury war sogar der Meinung, daß die Bank nur dann gegründet werden dürfte, wenn sie sich harmonisch in den noch zu entwerfenden gesamteuropäischen Währungsplan einpaßte, optierte also entschieden dagegen, mit Schacht ein fait-accompli zu schaffen. Man einigte sich schließlich darauf, mit den Vorbereitungen zur Gründung der Golddiskontbank wenigstens solange zu warten, bis die am 28. Januar nach Berlin abreisende Kommission wieder zurück in Paris war.105 Norman hielt sich zwar an diese Abmachung, ließ die Zeit aber nicht untätig verstreichen. Der neue britische Schatzkanzler, Lord Snowden, hatte den Golddiskontbankentwurf schon gebilligt, 106 und Norman konnte sich der stillschweigenden Zustimmung seiner Regierung sicher sein, wenn er entschlossen war „to proceed (mit den Vorbereitungen) . . . whatever views that Committee may express or action they may take regarding the immediate establishment of a ,Note Bank', or regarding any other proposals". 107 Er zögerte nicht, auch gegenüber Benjamin Strong in New York diese Haltung einzunehmen, und begründete sie mit der Zerstrittenheit der Experten: „There are as many different angles of vision as there are numbers on that Committee . . . I

Vgl. F O 371-8663: C 22342, C 22392/1/18, P R O ; Eintragung in Normans Tagebuch vom 19.12.1923: „PM in Downing St.: urges my appointment with Stamp on Bradburys large Com. — I protest — 1. I am an offical and not a free agent. 2. Central Banks should be left outside international quarrels. 3. Others can do work as well or better. 4. Politics will make next few months very difficult here", BE A. 105 Gedächtnisprotokoll Normans vom 26.1.1924: O V 34/117 Nr. 34, BEA. 106 Eintragung in Normans Tagebuch vom 23.1.1924, BEA. 107 Norman an Niemeyer am 29.1.1924: O V 34/117 Nr. 37, BEA. 104

Das Dawes-Komitee

und die Interessen der Vereinigten

Staaten

131

think we may have t o go ahead with the Reichsbank in spite of the C o m m i t t e e , if we cannot obtain their goodwill, t o the immediate establishment of a N o t e B a n k . " 1 0 8 An Normans Ausdrucksweise fällt auf, daß er zu dieser Zeit keine ausdrückliche Unterscheidung mehr zwischen der Golddiskontbank und einer allgemeinen Notenbank für das Reich machte. Die Bank b o t sich in der T a t aus britischer Perspektive dazu an, den Grundstein für eine auf Sterlingbasis eingerichtete deutsche Währung zu legen. W i e eine launige Bemerkung Normans in dem Schreiben an Strong zeigte, war der Brite sicher, daß das Problem der in New Y o r k lagernden Goldreserven auf eine baldige Lösung hindrängte. 1 0 9 Die zwischen den Zeilen des Briefes durchscheinende Vision eines Sterling-Mark-Verbundes, dem unzweifelhaft der europäische Sterlingstandard folgen würde, mußte auf Strong wie eine Kampfansage wirken. Unterdessen war Norman bemüht, in London eine zweite Front zur Unterstützung des Bankprojekts aufzubauen. Sah er sich auch gezwungen, Schacht auf dessen Anfrage hin noch zu vertrösten, 1 1 0 so setzte er sich doch dafür ein, die Pariser Fraktion von der Dringlichkeit seines Anliegens zu überzeugen, und übersandte ihr Entwürfe des Bankstatuts, um die Diskussion auf präzise Änderungswünsche verengen zu können. 1 1 1 Die Opposition Kindersleys wie Bradburys bezog sich aber weniger auf den Inhalt dieser Entwürfe als vielmehr auf ihre Erfolgsaussichten. Sie befürchteten eine Schädigung des internationalen Ansehens Großbritanniens, wenn sie sich für rein britische Interessen gegen die Mehrheitsmeinung der Experten stellten. D e r von der Bankgründung zu erwartende Nutzeffekt konnte in ihren Augen den Schaden nur schwerlich kompensieren. Da Norman aber von London aus mit der Unterstützung des Premierministers MacDonald und des Schatzkanzlers argumentieren konnte, mußten sie schließlich die Bankgründung wohl oder übel in ihre Überlegungen miteinbeziehen. Kindersley hielt jedoch nach wie vor Zweifel darüber für angebracht, ob Schacht sich in der Frage der Sterlingdeckung Normans Standpunkt anbequemen würde. 1 1 2 108 O Y

34/117

Nr.

43

vom

30.1.1924,

BEA; Strong Papers,

1116.4,

FRBA.

Ebda.: „ . . . how in the name of Heaven the Federal System and the United States Treasury are going to use their Gold Reserves?" 110 O V 34/117 Nr. 42 vom 29.1.1924, BEA. 111 Norman an Kindersley am 29.1.1924: O V 34/117 Nr. 39 und 39 A; Bradbury an Kindersley: O V 34/117 Nr. 45, 45 A, BEA. 1 , 2 O V 34/117 Nr. 49 vom 1.2.1924, BEA. 109

132

III. Sterling versus

Dollar

Auch Norman hielt diese Zweifel offenbar für nicht gänzlich aus der Luft gegriffen und versuchte deshalb, zunächst mit Vissering Einigkeit darüber zu erzielen, daß die Bankgründung unverzüglich in Angriff genommen werden mußte. 113 Visserings positive Antwort 114 wurde jedoch vom Gang der Ereignisse überholt: Am 10. Februar gaben die Experten dem Schachtschen Bankplan ihre Zustimmung unter der Bedingung, daß die Bank später in die noch zu gründende neue Notenbank integriert werden müsse.115 Die Entscheidung der Kommission war zu einem Gutteil auf einen Schachzug des Reichsbankpräsidenten zurückzuführen, der am 7. Februar der deutschen Öffentlichkeit seinen Plan für die Golddiskontbank vorgestellt hatte. 116 Damit hatte er die Experten unter Zugzwang gesetzt. Sie mußten den Plan nun entweder genehmigen oder aber verbieten, ein neuerlicher Aufschub wäre angesichts der deutschen Devisennot nicht mehr zu rechtfertigen gewesen. Nach Kindersleys Bekunden waren „most of the Members . . . entirely against the Gold Bank being formed but they felt that they had no ,locus standi' (sic) to stop its formation". 117 Sie waren freilich peinlich darauf bedacht, selbst nicht bei der Bankgründung in Erscheinung zu treten, und bürdeten Schacht deshalb die Verantwortung für Gelingen oder Scheitern des Projekts allein auf. Da Schacht sich aber auf die Unterstützung der Bank von England stützen konnte, war er von diesem Vorbehalt nicht sonderlich beeindruckt. Er fuhr sofort nach dem Erhalt des positiven Bescheids nach London, um mit Norman die Einzelbestimmungen des Bankstatuts auszuhandeln.118 Man kam überein, die Golddiskontbank nach außen von der Reichsbank vertreten zu lassen und festzulegen, daß die Reichsbank mindestens 66 Prozent der deutschen Anteile (A-Shares) halten mußte, wenn sie die Bank liquidieren oder übernehmen wollte. Die in Pfund Sterling erfolgende Notenemission sollte zur einen Hälfte von Gold113 Norman an Vissering am 4. 2.1924: „Especially do I wish to have your opinion on the urgency of our combined support towards the formation of a N o t e Bank without delay ...": O V 34/117 Nr. 50, BEA. 1,4 Ebda. 115 Kindersley an Norman am 10.2.1924: O V 34/117 Nr. 62, BEA; FO 371-9738: C 2260/70/18, PRO. 1,6 Vgl. H. Schacht, Die Stabilisierung..., S. 107 f.; O V 34/115, Schacht, Doc. 2 v o m 12.2.1924, BEA. 117 Kindersley an Norman am 11.2.1924: O V 34/117 Nr. 64, BEA. 118 Tagebuch Norman, Eintragungen vom 15. und 16.2.1924, BEA.

Das Dawes-Komitee

und die Interessen der Vereinigten Staaten

133

und Devisendepots außerhalb des Reichsterritoriums, zur anderen Hälfte von Gold, Devisen oder Goldbankwährung (also Sterling), die im Inland hinterlegt war, gedeckt sein. Ebenso würden Bankkapital und Reserven zur Hälfte im Ausland hinterlegt werden dürfen. Die Kontoführung der Bank würde in Mark und nicht mehr, wie ursprünglich vorgesehen, in Gold (also Dollar) erfolgen, wobei der Markwert sich am britischen Schilling zu orientieren hatte. 119 Anfang März hatten sich die beiden Zentralbankiers in allen Detailfragen geeinigt, wobei in der Regel das Ergebnis den Vorstellungen Normans mehr entsprach als denen Schachts. Der Deutsche konnte aber für sich verbuchen, daß die Leitung und Kontrolle der Bank unumschränkt in deutscher Hand lagen und weder ihre Gewinne noch ihre Rücklagen für Reparationszahlungen verwandt werden durften. Dies war freilich auch im Sinne Normans, der sich von der Rekonstruktion des deutschen Wirtschafts- und Handelsorbits für den Sterling mehr versprach als von fiktiven Reparationsansprüchen, die die Bank jedes internationale Vertrauen gekostet hätten. Es wäre dem Anlegerpublikum kaum zu erklären gewesen, warum es sein Kapital in ein Unternehmen investieren sollte, das von vornherein nur als Versorgungsinstrument für politische Ansprüche konzipiert worden war. Einem Vorschlag Niemeyers folgend, würde das Bankkapital 15 Millionen Pfund Sterling, also etwa 300 Millionen Goldmark betragen. 120 Fünf Millionen Pfund würden als A-Anteile von der Reichsbank gehalten werden, die diese Summe von der Bank von England vorgeschossen bekam. Die Coupons dieser Anteile würden ais Sicherheit bei der Bank von England verbleiben. Die B-Anteile im Wert von 10 Millionen Pfund würden zur Zeichnung aufgelegt werden. Sie konnten von deutschen und ausländischen Anlegern gegen Zahlung von Gold oder Devisen erworben werden. Die Aufsicht über die Geschäftstätigkeit der Bank würde jedoch einzig den Eignern des A-Anteilspakets obliegen. Vom Reich würde die Golddiskontbank das Recht zur Notenausgabe neben der Zentralbank erhalten. Norman bestätigte Schacht auf dessen Bitte hin nochmals definitiv, 121 daß die Bank von England der Reichsbank zum Zweck der Gründung der Golddiskontbank einen Kredit

119

Korrekturen Schachts am ursprünglichen 16.2.1924: O V 34/117 o. Nr., BEA. 120 OV 34/117 Nr. 45 A, BEA. 121 OV 34/117 Nr. 74 vom 21.2.1924, BEA.

Golddiskontbankentwurf

vom

134

III. Sterling versus Dollar

von fünf Millionen Pfund Sterling zum Zins von fünf Prozent mit einer Laufzeit von drei Jahren gewähren würde. 122 Gegenüber den Sachverständigen in Paris, die die Vorbereitungen zur Bankgründung mit gemischten Gefühlen und nicht ohne Mißtrauen beobachteten, erklärte Schacht, daß die Frage der Konten- und Notenwährung ausschließlich nach praktischen Gesichtspunkten beantwortet werden würde. 123 Das konnte freilich vieles heißen. Schacht selbst aber hegte keine Zweifel mehr. Er reiste nach London und Amsterdam weiter, um die Modalitäten der Kreditvergabe zu vereinbaren. 124 In London konnte er Norman bereits versichern, daß die Hälfte der B-Anteile problemlos in Deutschland abzusetzen war, so daß nur noch fünf Millionen Pfund zur Zeichnung durch ausländische Interessenten übrigblieben. 125 Während Norman dann selbst nach Paris fuhr, um aufkommende Bedenken der Experten — je mehr Kapital die Golddiskontbank auf sich zog, desto mehr würde ja der potentielle Fundus für die zukünftige neue Notenbank geschmälert werden 126 — zu zerstreuen und auf die Gestaltung der neuen Notenbank Einfluß zu nehmen, blieb Schacht die Aufgabe, das Projekt in Berlin gegen die restlichen Bedenken einzelner Kabinettsmitglieder zu verteidigen und durchzusetzen. Er vermochte die Einwände Luthers, der eine Einschränkung der Rechte des Reiches befürchtete, und Jarres', der die Amnestie für „Steuerdefraudanten" aus prinzipiellen Erwägungen heraus ablehnte, mit dem Hinweis auf die erhofften Vorteile für die allgemeine Wirtschaftsentwicklung zu zerstreuen. 127 Gegenüber dem oppositionellen Karl Helfferich hingegen, Schachts ehemaligem Hauptkonßrahenten um die Reichsbankpräsidentschaft, der in der den Sterling begünstigenden Tendenz der Bank eine Einladung zum Verstoß gegen solides Geschäftsgebaren erblickte, wirkte der Hinweis auf die außerordentlich günstigen Kreditkonditionen Normans: Der Zinssatz von fünf Prozent, etwa die Hälfte der ansonsten üblichen Rate, entkräftete Helfferichs deutschnationalen Vorwurf vom Ausverkauf des Vaterlands. 128

122 123

124 125 126 127 128

O V 34/117 Nr. 80, BEA. O V 34/117 N r . 78 vom 3.3.1924, BEA. Ebda und Tagebuch Norman vom 4.3.1924, BEA. Norman an Vissering am 6.3.1924: O V 34/117 N r . 84, BEA. Eine Befürchtung, die von Kindersley geäußert wurde: O V 34/120 o. N r . , B E A . R 431/673, R k . 2097 vom 7.3.1924, BA. Vgl. H . Schacht, 76 Jahre ..., S. 256.

Das Dawes-Komitee

und die Interessen der Vereinigten Staaten

135

Das Reichskabinett billigte am 7. März 1924 die Gründung der Golddiskontbank. 129 Drei Tage später wurde das Konto der Reichsbank bei der Bank von England mit 20 Pfund Sterling belastet: Kosten für Druck und Transport der Sterlingnoten, die der Golddiskontbank als Zirkulationsmittel zur Verfügung gestellt werden sollten, 130 aber tatsächlich nie emittiert wurden. Am 13. März 1924, dem Tag seiner Auflösung vor den Wahlen, verabschiedete der Reichstag noch das Gesetz zur Gründung der Golddiskontbank. Sowohl Schacht als auch Norman hatten mit diesem Schritt einen bedeutenden Erfolg errungen.

2. Die Goldstandardkontroverse in den Expertenverhandlungen über die neue deutsche Notenbank Noch bevor aber die Gründung der Golddiskontbank, der die Hoffnungen der Bank von England galten, beschlossene Sache war, spitzte sich in den multilateralen Verhandlungen in Paris eine Kontroverse zu, die für die Zukunft der deutschen Währung mindestens ebenso wichtig war wie das Schachtsche Projekt. In ihr sollte sich entscheiden, welche der beiden Konkurrenzwährungen — Sterling oder Dollar — von der Rekonstruktion des deutschen Handels profitieren würde. Die Experten hatten während ihres Aufenthalts in Berlin den amerikanischen Stabilisierungsfachmann und Nationalökonomen Edwin W . Kemmerer mit dem Entwurf des Statuts für die neue deutsche Zentralbank beauftragt. Es sollte in seinen Grundzügen auf einer Skizze des französischen Reparationsdelegierten Parmentier aufbauen und als Diskussionsvorgabe für die Beratungen des Bank-Subkomitees dienen, das von Kemmerer und drei noch von Kindersley, Parmentier und Francqui zu ernennenden Delegierten gebildet werden würde. 131 Parmentiers vom 24. Januar datierender Vorschlag hatte eine völlig neue deutsche Notenbank vorgesehen, die mit einem Kapital von mindestens 400 Millionen Goldmark — je zur Hälfte von Deutschen und Ausländern gezeichnet — gegründet werden würde. Ihre Noten sollten sofort in Gold umtauschbar sein, wobei einer Goldmark der Wert von einer Trillion Papiermark entsprechen würde. Die Bank sollte in eine

129

FO 371-9793: C 3980/371/18, PRO. O V 34/117, Nr. 85, BEA. 131 Vgl. S. M. Crocker, Dawes Plan Manuscript, Crocker Papers, LC/MD. 130

Copy 1, S. 132—133: Stuart M.

136

III. Sterling versus Dollar

Bank- und eine Notenausgabeabteilung aufgegliedert werden, wobei letztere ihren Platz im neutralen Ausland haben würde. Das Bankdirektorium sollte paritätisch von Ausländern und Deutschen gestellt werden, der Präsident mußte jedoch Ausländer sein und verfügte über die bei strittigen Entscheidungen ausschlaggebende Stimme. Zusätzlich sollte die Notenausgabeabteilung einer Kontrollinstanz unterstellt werden, die sicherzustellen hatte „that at no moment should any notes be issued in favor of any political power whatsoever". 132 Kemmerer legte am 7. Februar den erwarteten Entwurf vor, der im wesentlichen freilich nur eine Ausarbeitung der Gedanken des Franzosen darstellte. Aus den Reihen der Fachstäbe der Expertenkomitees wurden daraufhin für Frankreich Strohl und Guebhard (von der Banque de France) und für Belgien Janssen damit beauftragt, zusammen mit Kemmerer im Bank-Unterausschuß einen für alle Seiten akzeptablen Statutenentwurf für die neue Bank zu diskutieren und dem Komitee vorzulegen. 133 Die Briten nominierten zunächst noch keinen eigenen Delegierten. Das Subkomitee konnte Mitte Februar das erste Ergebnis seiner Beratungen vorweisen. Kemmerer wurde in Anbetracht der Tatsache, daß er die Ausgangsvorlage für die Verhandlungen angefertigt hatte, allgemein als geistiger Vater des Bankplans angesehen. Trotzdem blieb unübersehbar, daß der Plan in weiten Teilen den Charakter einer Kompromißlösung trug und von weitgehenden Zugeständnissen an die französisch-belgischen Forderungen geprägt war. Die zwei Hauptprinzipien des Entwurfs von Parmentier waren übernommen worden: die sofortige Goldkonvertibilität für die neue deutsche Währung und die strikte Unterwerfung der Bank unter die Kontrolle der Alliierten. Auch die institutionelle Zweiteilung der „Bank von Deutschland" hatte das Subkomitee beibehalten: Reservehaltung und Notenausgabe sollten im neutralen Ausland — in den Niederlanden oder der Schweiz — angesiedelt werden, während in Berlin die Kreditpolitik gemacht werden würde. 134 Kemmerer selbst hatte die Aufbewahrung der deutschen Goldreserven im Ausland befürwortet, weil sie damit den unvorhersehbaren Entwicklungen der deutschen Innenpolitik entzogen waren und als Pfand der Alliierten gegen das Reich eingesetzt werden Zitiert nach Crocker, a. a. O., S. 132. Vgl. W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik ..., S. 231. 134 Nach dem Bankplan, den der amerikanische Botschafter in Paris, Herrick, Hughes am 21.2.1924 übersandte: 462.00 R 296/180, N A . 132 133

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und die Interessen der Vereinigten Staaten

137

konnten, 1 3 5 opponierte aber gegen die Teilung der Bank in eine Notenausgabe- und eine Depositenstelle, weil daraus Behinderungen für die Emissionselastizität erwachsen konnten. 1 3 6 Das Direktorium der Bank, das zu Entscheidungen nur bei Abwesenheit des Präsidenten eine Zweidrittelmehrheit benötigte, sollte von sieben Deutschen und einer ebensolchen Anzahl von Ausländern gebildet werden. Frankreich, Großbritannien, Belgien, Italien, die Schweiz, die Niederlande und die Vereinigten Staaten würden jeweils ein Direktoriumsmitglied stellen. Aus den Reihen dieses Gremiums sollten ein deutscher Präsident und ein alliierter Kommissar (Controller) gewählt werden. D e r Kommissar hatte stellvertretend für die alliierten Interessen die Geschäftstätigkeit der Bank zu überwachen. D a mit diesem Plan den belgisch-französischen Vorstellungen weitgehend entsprochen worden war, sollte er die Namen von Parmentier und Francqui tragen. 1 3 7 Die Entente hätte bei seiner Realisierung auf unabsehbare Zeit über die Instrumente verfügt, den Reichsbehörden in die Währungs- und Kreditpolitik hineinzuregieren. Freilich konnte bei denjenigen Mächten, die für ihre Konzeption der Weltwirtschaftsordnung ein selbständig wirtschaftendes und prosperierendes Deutschland favorisierten, die Besorgnis aufkommen, daß inneralliierte Interessensdivergenzen die Bankleitung in ihrer Beschlußfähigkeit beeinträchtigen, beeinflussen oder gänzlich lahmlegen würden. Hauptsächlich von amerikanischer Seite kam deshalb zunächst O p position gegen den politischen Status der Bank auf. „ T h e actual power is vested in the Controller. H e is a Czar. N o meeting of the Board is legal without him; he is the executive head of the two departments of the bank, und the decision as t o note issue and the responsibility rests with him. It has been specified that even after reparations have been paid, he will be a foreigner, although at the time the only foreign interest t o be guarded will be a minority interest in the bank . . . " , schrieb Alan Goldsmith nach Washington 1 3 8 und drückte die einhellige

135 Vgl. Kemmerers und Davis' Memorandum vom 19.1.1924: Leonard P. Ayres Papers, Container 10, Dawes Com., Memoranda May 21, 1923 — January 30, 1924, LC/MD. 136 137

Memorandum Kemmerers vom 25.1.1924: Leonard P. Ayres Papers, a. a. O. Herrick an Hughes am 21.2.1924: 462.00 R 296/180, NA.

" " Goldsmith an Herter am 9. 2.1924: Leonard P. Ayres Papers, Container 10, Corr. Goldsmith-Herter, LC/MD.

138

III. Sterling versus Dollar

Ablehnung des Plans bei der amerikanischen Delegation aus. 139 Kemmerer selbst, wiewohl Miturheber des Plans, meldete zahlreiche Änderungswünsche an. 140 Während die Amerikaner sich in erster Linie an der Organisationsform der Bank stießen, regte sich bei den Briten Opposition nicht nur gegen die offenkundig politischen Präferenzen des Entwurfs, sondern auch gegen die sofortige Einführung der Goldkonvertibilität für die Mark, die gegen das britische Interesse an der Belebung der Sterlingnachfrage verstieß. Vom übergeordneten Standpunkt des Währungstechnikers, den der Princeton-Professor Kemmerer um so problemloser einnehmen konnte, als er mit dem nationalen Interesse der USA zusammenfiel, war die Vereinheitlichung der deutschen Währungsvielfalt 141 und ihre konsequente Ausrichtung am Gold als dem einzig gültigen weltweiten Wertmaßstab eine Selbstverständlichkeit. Zwar waren sich die Amerikaner in Anbetracht der deutschen Devisenknappheit 142 und der britischen Interessenlage 143 der existierenden Widerstände bewußt, glaubten aber kein ernstzunehmendes Hindernis für die Einführung der Goldkonvertibilität befürchten zu müssen. Sie unterschätzten dabei freilich die britischen Ambitionen. Norman, der von Kindersley über die geplante sofortige Goldkonvertibilität unterrichtet worden war, 144 lehnte den ganzen Vorschlagskomplex aufgeschreckt als „not acceptable" 145 ab. Wahrscheinlich hatte er, der fest mit der Zerstrittenheit der Experten kalkulierte, das Zustandekom-

' 3 9 „ W e shall strongly oppose the present plan": Journal of Leonard P. Ayres, Eintragung vom 7 . 2 . 1 9 2 4 , L. P. Ayres Papers, Container 8, LC/MD. 1 4 0 Kemmerer wünschte unter anderem die Pflichtreserve, die mit 50 % seiner Meinung nach zu hoch angesetzt worden war, zu vermindern. Das zur Gründung erforderliche Kapital, zwischenzeitlich auf 600 Millionen Goldmark veranschlagt, war bereits wieder auf 400 Millionen reduziert worden. Vgl. E. W . Kemmerer, Comments on Document No. 9138-11, covering suggested Statutes for the Bank of Germany, 2 1 . 2 . 1 9 2 4 : Henry M. Robinson Papers, Box 12, Dawes Com. 1924, Bank and Currency Plans, H I A . 141 Vgl. Kemmerers und Davis' Memorandum vom 2 1 . 1 . 1 9 2 4 , The Desirability of a Unified Currency in Germany: Henry M. Robinson Papers, a. a. O. 142 Vgl. Kemmerers M e m o r a n d u m v o m 2 1 . 1 . 1 9 2 4 , Expedients that will help to reduce the amount of gold reserve required by Germany for stabilizing its currency: Henry M. Robinson Papers, a. a. O. 143

Journal of Leonard P. Ayres, Eintragung v o m 25. 1. 1924: „I advocate setting it

[die Bank, A n m . d. V e r f . ] up as a conventional gold standard institution. T h e British are likely to oppose this I think." L. P. Ayres Papers, LC/MD. 144

O V 34/117 N r . 70 v o m 1 9 . 2 . 1 9 2 4 , BEA.

145

O V 34/117 N r . 71 v o m 1 9 . 2 . 1 9 2 4 , BEA.

Das Dawes-Komitee

und die Interessen

der Vereinigten

Staaten

139

men eines gemeinsamen Entwurfes überhaupt nicht erwartet. Erst jetzt hielt er es, von Kindersley dazu aufgefordert, für zweckmäßig, einen Mann seines Vertrauens nach Paris zu entsenden, der mit Franzosen und Belgiern einen neuen Bankplan aushandeln sollte. 146 Norman dachte zunächst an den ungarischen Nationalökonomen Strakosch, der schon bei den von der Bank von England finanzierten Stabilisierungen von Danzig und Osterreich mitgearbeitet hatte, zog es dann aber doch vor, Ernest Harvey mit der heiklen Mission zu betrauen. 147 Es ist anzunehmen, daß Harvey, der auch in die Vorbereitungen zur Gründung der Golddiskontbank miteinbezogen war, von Anfang an detaillierte Handlungsanweisungen von Norman erhalten hat. Er konnte die britischen Vorstellungen, die, wenn nicht umstandslos auf den Sterlingstandard, so doch auf die Verhinderung der Goldkonvertibilität für die Mark hinausliefen, trotzdem nicht sofort nach seiner Ankunft in Paris in die T a t umsetzen: „ O u r task is to prepare for the Committee a scheme containing suggestions as to the way in which certain ideas already provisionally adopted by them could be carried out: this confines our suggestions within rather narrow limits . . . " , 1 4 8 klagte Harvey in seiner ersten Nachricht für Norman und ließ erkennen, daß insbesondere Kemmerer sich gegen alle Änderungswünsche von Harveys Seite sträubte: „ H e is very jealous of his baby." 1 4 9 Nach Normans Uberzeugung, der sich hierin durchaus im Einklang mit der Meinung der britischen Delegation im Komitee befand, waren sowohl die Unterwerfung der deutschen Bank unter eine internationale Kontrolle als auch die sofortige Einführung der Goldkonvertibilität im Interesse einer gedeihlichen europäischen Zentralbankenarbeit nicht zu verantworten. Normans Konzept unterstellte Zentralbanken, die aufgrund der eigenen Interessen international kooperierten und nicht ferngesteuerte Marionetteninstitutionen, deren Geschäftspolitik durch eine Vielzahl an ihren Entscheidungen mitwirkender Nationalinteressen unberechenbar werden konnten. Ebenso verbot ihm sein Interesse, den Goldstandard für die Mark hinzunehmen. Mit der Bemerkung, daß Deutschland für einen derartigen Luxus einfach nicht reich genug sei, 150 versuchte der Gouverneur seinem Mittelsmann im Bank146 1,7 148

149 150

Kindersley an Norman am 21.2.1924: O V 34/120 o. Nr., BEA. Norman an Kindersley am 22. und 23. 2.1924: O V 34/120 o. Nr., BEA. Harvey an Norman am 26.2.1924: O V 34/120 o. Nr., BEA. Ebda. Norman an Harvey am 3.3.1924: O V 34/120 o. Nr., BEA.

140

III. Sterling versus Dollar

komitee ein Sachargument gegen die Amerikaner zu liefern. Sollte der Bankplan in seiner vorliegenden Form und ungeachtet aller britischen Einwände von den Experten empfohlen werden, war N o r m a n bereit, in offener Konfrontation dagegen aufzutreten. Seine einzelnen Bestimmungen waren, so N o r m a n erzürnt, nur dazu geeignet „ t o raise great opposition in the Bank of England and will therefore make cooperation extremely difficult . . . Some of these fellows in Paris are going to make lots of trouble with the neutral Central Banks as well as with us over here." 1 5 1 Sowohl der Verweis auf die Haltung der neutralen Zentralbanken als auch die Drohung der britischen Kooperationsverweigerung stellten für das Gelingen des Bankplans wie letztlich für den gesamten Dawesplan durchaus ernstzunehmende Gefahren dar. D a viele der neutralen Bankiers befürchteten, daß die neue deutsche Notenbank nur als Instrument zur wirkungsvolleren Eintreibung der Reparationen benutzt würde, hielten sie sich mit Vorschlägen für die Nominierung von Direktionsmitgliedern merklich zurück. 1 5 2 Als schwerwiegender noch war die Haltung der Bank von England zu bewerten. Wie die amerikanischen Delegierten den Franzosen anläßlich der Auseinandersetzung über die H ö h e der Reparationsannuitäten (während derer Josiah Stamp wiederholt das Ausscheren Großbritanniens aus der Dawes-Konferenz als letztes Druckmittel androhte) klarmachten, wäre kein amerikanischer Investor zu bewegen gewesen, sein Kapital zur Finanzierung einer europäischen Anleihe beizusteuern, wenn nicht die Bank von England dabei den Vorreiter gemacht hätte: „It will be extremely difficult to float such loans in the United States without the realization that the United Kingdom is also backing them . . . T h e British position is really stronger than anyone realizes." 1 5 3 Freilich befand sich auch die britische Delegation in einem gewissen Dilemma, insofern sie nämlich nicht unvermittelt Einspruch gegen den Goldstandard erheben und Argumente für den Sterlingstandard anführen konnte, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, die Expertenverhandlungen als Mittel für die eigenen Nationalinteressen zu mißbrauchen.

151

Ebda. Tagebuch Arthur N . Young, Eintragung vom 15.3.1924: „Learn confidentially that all of the Central Banks are inclined to be chary of naming directors of the new Bank. They fear the responsibility...": Arthur N. Young Papers, Box I, H I A . 152

153 Goldsmith an Herter am 24.2.1924: L. P. Ayres Papers, Container 10, Corr. Goldsmith-Herter, LC/MD.

Das Dawes-Komitee

und die Interessen der Vereinigten Staaten

141

Wunderbarerweise aber kam es nur wenige Tage nach dem Eintreffen Harveys in Paris zu einem französisch-belgischen Vorstoß, der die bisherigen Fronten völlig umkehrte und die Amerikaner, bisher Vermittler im französisch-britischen Gegensatz, mit einem Mal zu isolieren drohte. Ausgerechnet Atthalin und Janssen machten nun plötzlich Bedenken gegen die Goldkonvertibilität, die ja auf einen Vorschlag Parmentiers zurückging, geltend: „We are rather worried by the clause of the by-law (paragraph 9h), stipulating that the Bank of Germany notes will be payable to bearer at sight in gold, or in sight drafts payable in gold, or in foreign devices at their gold current value on the m a r k e t . . . At first sight it seems to us that such a fact should be somewhat shocking and not according to equity, while the exchanges of all European countries, even the most stable, as the pound and the Swiss franc, are submitted to rather notable f l u c t u a t i o n s . . . Besides we believe that the inflexible rule of the reimbursement in gold or in equivalent currencies, may cause the transfers for the reparations to be extremely d i f f i c u l t . . . At first sight we believe that some fluctuations as those the pound went through these last years, could possibly be, as a principle, admitted." 1 5 4 Für die Amerikaner kamen diese Einwände um so überraschender, als sie zunächst keinen Zusammenhang mit der britischen Verhandlungsposition vermuteten. Obwohl die aus nationalem Prestigedenken begründeten französisch-belgischen Einwände nicht dazu führten, daß die Konvertibilitätsklausel nun sofort aus dem Statut gestrichen wurde, hatten ihre Urheber — wer immer diese auch waren — doch erreicht, daß von nun an die Frage des Deckungsmaßstabes die Diskussionen über die neue Bank beherrschten. Insofern war die dem DawesKomitee vom Bankausschuß am 10. März vorgelegte überarbeitete Fassung des Bankstatuts schon wieder veraltet, denn sie sah noch immer die sofortige Eintauschbarkeit der deutschen Währung in Gold vor. 1 5 5 Hinter den Kulissen hatte mittlerweile — unbemerkt von den Amerikanern — Norman seine Fäden gezogen und die britische Opposition gegen den Bankplan bestärkt. Es war ihm von London aus gelungen, nicht nur Harvey, sondern auch Kindersley gegen das Projekt aufzubringen, wobei ihm zugute kam, daß seine Kritik — von der Ablehnung 154

Observations by MM. Atthalin & Janssen,

B o x 12, Dawes Com. 1924, Bank and Currency 155

Vgl. W. Link, Die

amerikanische

1.3.1924:

Henry M. Robinson

Plans, H I A .

Stabilisierungspolitik

..., S. 232.

Papers,

142

III. Sterling versus

Dollar

der Goldkonvertibilität einmal abgesehen — durchaus Parallelen zu den Verbesserungswünschen der Amerikaner aufwies: „The idea of half the Bank being established in another country and under foreign control may well put all sorts of difficulties in the way of the co-operation of the proposed Bank with other Central Banks", 1 5 6 insistierte Norman und erreichte, daß er von der Kommission eingeladen wurde, nach Paris zu kommen und seine Ansichten persönlich vorzutragen. 157 Er traf dort am Wochenende vor dem Einladungstermin ein 158 und nutzte die Zeit, um zum einen die britische Delegation auf eine Strategie gegen das goldorientierte Interesse der Vereinigten Staaten zu verpflichten 159 und zum anderen den ebenfalls in Paris weilenden Schacht dazu zu bringen, seinerseits gegen die Goldkonvertibilität Stellung zu beziehen. Am folgenden Montag, seinem offiziellen Ankunftstag in Paris, stellte sich der Gouverneur dann der Befragung durch das Expertenkomitee unter dem Vorsitz Owen Youngs. Da die geplante Notenbank, um ihren Zweck erfüllen zu können, auf reibungslose Beziehungen zu den anderen europäischen Zentralbanken angewiesen war, war die Einladung eines Spitzenbankiers, wie Norman ihn verkörperte, zur Schilderung seiner Überlegungen vom Standpunkt der Experten aus nur konsequent gewesen. Norman, der zusammen mit Reginald McKenna von Young befragt wurde, verhehlte seine Uberzeugung nicht und drohte für den Fall der Einführung der Goldkonvertibilität der Mark damit, daß die Bank von England so etwas nicht tolerieren würde. 160 Young wies den Gouverneur zwar sofort zurecht und stellte klar, daß die Verantwortung für den Bankplan bei den Experten und nicht bei der Bank von England lag, mußte wenig später aber überrascht konstatieren, daß der amerikanische Standpunkt zur Frage der Golddeckung auch im Bankausschuß ziemlich isoliert war: 161 Nach der ab-

Norman an Kindersley am 28.2.1924: O V 34/120 o. Nr., BEA. Kindersley an Norman am 4.3.1924: O V 34/120 o. Nr., BEA. 158 Norman an Kindersley am 5.3.1924: O V 34/120 o. Nr., BEA. 159 Einem Pressegerücht zufolge tat er dies in Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem ebenfalls angereisten d'Abernon. Vgl. Morning Post vom 24.3.1924: O V 34/101, Reparations, Nr. 130, BEA. 160 Vgl. S. M. Crocker, Dawes Plan Manuscript, Copy 1, S. 152f.: Stuart M. Crocker Papers, Box 1, LC/MD. 161 Tagebuch Arthur N. Young, Eintragung vom 23.3.1224: Arthur N. Young Papers, Box I, HIA; W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik..., S. 232, hat auf die widersprüchliche Darstellung der Vorgehensweise Harveys im Bankausschuß hin156 ,57

Das Dawes-Komitee

und die Interessen der Vereinigten Staaten

143

lehnenden Haltung der Franzosen, Belgier und Briten zog nun auch der Reichsbankpräsident seine ursprüngliche Zusage zur Goldkonvertibilität zurück. Schacht argumentierte gegenüber Henry M. Robinson in Anlehnung an die britische Haltung damit, daß eine deutsche Zentralbank erst dann zum Goldstandard übergehen könne, wenn dies im Einvernehmen mit den anderen großen europäischen Zentralbanken geschah. 162 Der neu aufgebrochene Gegensatz, der von den amerikanischen Fachleuten in erster Linie als Angriff auf die Prinzipien einer sachgerechten Neuregelung der Weltwährungsverhältnisse empfunden wurde, verleitete die Goldstandardbefürworter in der Folge in grotesker Fehleinschätzung der Position Schachts zu dem Versuch, den Reichsbankpräsidenten mittels einer Mobilisierung seiner innenpolitischen Gegner zur Revision seiner Haltung zu zwingen. Kemmerer und Jenks suchten das Gespräch mit der deutschen Rechten, um sie für die Golddeckung zu gewinnen. 163 Als Höhepunkt dieser Umtriebe kann die Reise gewertet werden, die Kemmerer, Jenks und Ayres am 11. März inkognito in die Niederlande unternahmen, um dort Schachts Hauptwidersacher Helfferich Einsicht in den noch strikt vertraulichen Bankplan zu geben. 164 Der deutschnationale Helfferich, schon immer ein Parteigänger des internationalen Goldstandards, 1 6 5 konnte seine Kenntnisse im Reich dazu benutzen, Schacht den Ausverkauf deutscher Interessen an die Alliierten vorzuwerfen und so dessen innenpolitischen Rückhalt schwächen. Ein angeschlagener Schacht oder gar ein für seine Anglogewiesen. Während Young und Kemmerer behaupteten, daß Harvey die Golddeckung ursprünglich befürwortete, notierte S. M. Crocker, Dawes Plan Manuscript,

C o p y 1,

S. 150, daß der Brite sich sofort auf die Seite der Goldstandardgegner schlug. In Anbetracht der engen Kontakte zwischen Harvey und N o r m a n ist der Crockerschen Darstellung wohl mehr Glauben zu schenken, zumal auch die aus Youngs Aufzeichnungen hervorgehende Information, daß erst N o r m a n in Reaktion auf den Statutenentwurf vom 10. März am 12. März in Paris eintraf, falsch ist: N o r m a n hielt sich inkognito schon seit dem 8. März in Paris auf. Das konnte Young natürlich nicht wissen. 162 Tagebuch Arthur N . Young, Eintragung vom 14.3.1924: A. N. Young Papers, Box I, H I A . 163 Ebda: „Kemmerer & Jenks are trying to line up Buecher for the gold basis, and he responds very well. H e is the treasurer of three political parties in Germany, including the Nationalists. H e probably will back up Schacht." 164 Tagebuch Arthur N . Young, Eintragung vom 16. und 20.3.1924: A. N. Young Papers, Box I, H I A . 165

Vgl. Karl Helfferich, Zur Geschichte der Goldwährung,

Berlin 1896.

144

III. Sterling versus Dollar

phobie bekannter Reichsbankpräsident Helfferich hätte dem amerikanischen Druck sehr wenig entgegenzusetzen gehabt. 166 In Wahrheit war Schachts Position wesentlich stärker, als es sein vorgebliches Zögern und Zaudern auf den ersten Blick vermuten ließen. Er hatte ja schließlich die Zusicherung der Bank von England, die Interessen der Reichsbank gegen zu weit gehende Beschränkungen seitens der Experten zu verteidigen, in der Hinterhand und konnte die mittlerweile kurz vor der Gründung stehende Golddiskontbank als alternatives Instrument zur deutschen Stabilisierung in seine Kalkulation einbeziehen. Es wäre von Schachts Standpunkt aus gesehen unverantwortlich gewesen, sich dieser Verhandlungsvorteile durch eine voreilige Zusage zur Goldkonvertibilität zu begeben. Als einziges Resultat löste daher das Bekanntwerden des seltsamen Rendezvous der Amerikaner mit Helfferich in seltener Einhelligkeit Empörung unter den britischen und französischen Stäben aus und trug noch dazu bei, die amerikanische Isolation zu verstärken. Die Front gegen die Golddeckung schien durch Sachargumente nicht mehr aufweichbar zu sein. 167 Trotzdem versuchten die Goldapologeten nochmals zu begründen, daß einzig und allein eine goldkonvertible Mark die deutsche Stabilisierung und die Bedienung der Reparationsschuld garantieren konnte: „Under such a plan (dem internationalen Goldstandard) there is a north star and a stearing gear automatically operating to guide the ship in the proper direction. Without convertibility, there is no guiding star, and the helmsman is likely to be a political appointee, supported by an inexperienced crew . . ." 168 Interessant an dieser Metapher war nicht nur, daß die Verfasser sich auf einen Automatismus im System fester Wechselkurse beriefen, den die amerikanische Regierung

166 Bei S. M. Crocker, Dawes Plan Manuscript, Copy 1, S. 130, wird das heimliche Treffen in Holland als Betriebsunfall dargestellt, bei dem die arglosen Amerikaner auf die unlauteren Motive Helfferichs hereinfielen. Ahnlich argumentierte Ayres: Journal of Leonard P. Ayres, Eintragungen vom 9. und 11.3.1924: L. P. Ayres Papers, Box 8, LC/MD.

„Kemmerer is quite worried about his bank plan. It seems that last Saturday the British backed up the French in the endeavour to prevent it from being put on the gold basis at once . . . " : Goldsmith an Herter am 17.3.1924: Leonrad P. Ayres Papers, Container 10, Corr. Goldsmith-Herter, L C / M D ; vgl. auch Journal of L. P. Ayres, Eintragung vom 19.3.1924. 168 Das Memorandum vom 19.3.1924 war von Kemmerer, Davis, Ayres, Tower, Herring und Goldsmith unterzeichnet: Henry M. Robinson Papers, Box 12, Dawes Com. 1924, Bank and Currency Plans, H I A . 167

Das Dawes-Komitee

und die Interessen der Vereinigten

Staaten

145

zu dieser Zeit selbst praktisch widerlegte, sondern auch, daß ihr Hauptvorwurf an die Vertreter der Gegenseite auf „Unerfahrenheit" hinauslief. Man hatte also wahrscheinlich noch immer nicht das britische Interesse am Sterlingstandard als das eigentliche Hindernis für die Einigung ausgemacht. In London bemühte sich Norman inzwischen darum, den britischen Politikern die Zusage dazu abzuringen, den Sterling in Paris als alternativen „Stern" vorzuschlagen: Das Schiff wäre damit unter einer sicher nicht unerfahrenen Crew nur einer anderen Route gefolgt als derjenigen, die aus amerikanischer Sicht als die einzig befahrbare galt. Wenngleich er zuerst auf beträchtliche Informationsdefizite stieß, 169 waren seine Bemühungen schließlich erfolgreich. Schacht blieb in Paris bei seiner Weigerung, die sofortige Goldkonvertibilität zu akzeptieren, und begann — was als Hinweis auf die relative Stärke seiner Verhandlungsposition gesehen werden kann — mit seinen Pfunden zu wuchern: Er erhob Einspruch gegen die radikale Unterwerfung der Bank unter die politische Kontrolle der Alliierten. 170 Die Amerikaner mußten nun, wollten sie nicht die einmütige Annahme des Bankplans aufs Spiel setzen, sich auf Gespräche über die Aufweichung der Golddeckungspassage einlassen. Einen ersten Schritt in diese Richtung stellte das Zugeständnis dar, die Goldkonvertibilität nicht quasi selbstverständlich zu unterstellen, sondern ihre Geltung und Fortdauer von der Entscheidung des Bankdirektoriums abhängig zu machen. Die Einlösbarkeit der deutschen Banknoten in Gold sollte aufgehoben werden können, sofern die Direktoren dies einmütig beschlossen. Da unter ihnen satzungsgemäß mindestens ein Amerikaner war oder, wie Goldsmith es ausdrückte, „as it is believed that there will be at least one sound man on these bodies.. .",171 war dies freilich nur eine kosmetische Änderung des Sachverhalts, die den Briten nicht genügte. McFadyean und Stamp konterten im zweiten Dawes-Komitee damit, in Abwesenheit Robinsons einen Vorschlag durchzubringen, 169

Norman an Kindersley am 15.3.1924: „What has surprised me in talking to these people [Mac Donald und Snowden, Anm. d. Verf.] is the meagre information they have as to even the direction in which your deliberations have driftet — they could have known twice as much if they had been reading the Paris edition of the American newspapers!" O V 34/120 o. Nr., BEA. 170 Tagebuch Arthur N . Young, Eintragung vom 22.3.1924: A. N. Young Papers, Box I, HIA. 171 Goldsmith an Herteram 24.3.1924: Leonard P. Ayres Papers, Container 10, Corr. Goldsmith-Herter, LC/MD.

146

III. Sterling versus

Dollar

der die Goldkonvertibilität von der Zustimmung des Direktoriums bei nurmehr einer Dreiviertelmehrheit abhängig machte. 172 Robinson dachte freilich seinerseits gar nicht daran, den britischen Vorstoß nachträglich zu billigen. Er setzte für die neue Fassung des Bankstatuts eine Formulierung durch, die im wesentlichen wieder den amerikanischen Vorstellungen entsprach: „However, in view of the present circumstances, it is possible that the rule of the convertibility of notes may not be established as soon as the Bank is set up: it therefore might be altered by a vote of all members less one of the Managing Board and the Board of Supervision at their first meeting. In that case the Bank must make all possible efforts and use all means at its disposal for maintaining the rate of exchange of the mark as near as possible to gold parity. The rule of the convertibility of notes will be permanently established as soon as possible by a simple majority vote of the Board of Supervision, on the proposal of the President of the Managing Board." 173 Natürlich konnte das den britischen Ansprüchen, die nicht nur auf eine erstens sehr unwahrscheinliche und zweitens nur vorübergehende Aufhebung der Goldbindung, sondern genausosehr auf die Einführung der Sterlingdeckung für die Mark abzielten, nicht genügen. McKenna kehrte Anfang April von einem Kurzaufenthalt in London zurück und überbrachte Kindersley eine Botschaft Normans, die ihn zu einer härteren Gangart gegen die Golddeckung aufforderte. 174 Am 8. April — einen Tag nach der Gründung der Golddiskontbank — konfrontierten McFadyean und Stamp den konsternierten Kemmerer schließlich mit der definitiven Forderung, die deutsche Zentralbank in einen SterlingVerbund einzugliedern: „About noon it was finally decided that a statement should appear in the report that the First Committee does not believe that the bank can be started on a gold basis. This ends a two month's struggle over this point. All except the Americans have been 172

Tagebuch Arthur N . Young, Eintragung vom 26. 3. 1924: A. N. Young Papers, Box I, HIA. 173 Plan for the Bank of Issue in Germany, as altered by the Bank-Sub-Committee, vom 27.3.1924, § XIIf), S. 15: Leonard P. Ayres Papers, Container 11, LC/MD; vgl. auch Goldsmiths Schreiben an Richard S. Emmett, den Privatsekretär von Handelsminister Hoover, vom 31.3.1924: L. P. Ayres Papers, Container 10, Corr. Goldsmith-Herter, LC/MD. 174 Tagebuch Arthur N . Young, Eintragung vom 7.4.1924: A N. Young Papers, Box I, HIA.

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und die Interessen der Vereinigten

Staaten

147

against a gold bank, but the English have been strongest in their opposition. I think the clear explanation of this is that the British want the money of the new bank to be based on Sterling and not on dollars. Under this arrangement London and not New Y o r k will be the centre of the finance and trade operations of Germany", 1 7 5 notierte ein amerikanischer Finanzexperte resigniert. Der Stab der amerikanischen Delegation in Paris reagierte allgemein mit Empörung und in dem Bewußtsein, daß die Briten sich in ihrer Verfolgung nationalegoistischer Ziele selbst entlarvt hatten: „It now appears that the British and Germans are playing together. They made Schacht's Gold Bank a sterling bank. T h e plan seems to be to keep the sterling basis, once the Gold Bank is established. It will be a hard blow to currency reform . . .", 1 7 6 schrieb Arthur Young nicht ohne Selbstgerechtigkeit, denn es gab schließlich kein volkswirtschaftliches Gesetz, das gegen eine Bindung der Mark an den Sterling gesprochen hätte. Das Problem war gar nicht ökonomischer, sondern vielmehr machtpolitischer Natur. Die Briten aber hatten in diesem Spiel ein letztesmal die besseren Karten gehabt, als sie drohten, daß keine große englische Bank Kapital für die Gründung der deutschen Notenbank oder die Auflage der Dawes-Anleihe mobilisieren würde, wenn die Mark ans Gold gebunden wäre. 177 Auf Vorschlag Kindersleys hin bekundete das Expertenkomitee im abschließenden Bericht die Ansicht, „daß bei der Begründung der Bank die Lage zeitweilig die Anwendung des Grundsatzes der Einlösbarkeit in Gold nicht gestatten wird. Es schlägt daher die Schaffung einer Währung vor, die in einem wertbeständigen Verhältnis zu Gold erhalten wird, und sie auf die Verpflichtung der Einlösung zu fundieren, sobald die Umstände es erlauben." 1 7 8 Auch im Vorschlag zum Bankstatut selbst sprachen sich die Experten eindeutiger als zuvor gegen die sofortige Konvertibilität der deutschen Banknoten aus: „The Commitee is of the opinion, however, that at the inception of the Bank, conditions will be unfavorable for the application of the

Journal of Leonard P. Ayres, Eintragung vom 8.4.1924: L. P. Ayres Papers, Container 8, LC/MD. 176 Tagebuch Arthur N. Young, Eintragung vom 8. 4. 1924: A. N. Young Papers, Box I, HIA. 177 Journal of Leonard P. Ayres, Eintragung vom 9. 4.1924: L. P. Ayres Papers, Container 8, LC/MD. 178 Dawes-Report Teil I, Abschnitt VI, zitiert nach W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik ..., S. 233. 175

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III. Sterling versus

Dollar

above rule of convertibility; in this event, this rule may therefore be temporarily modified by the affirmative vote of every member but one of the following groups: 1. The Organization Committee. 2. The Managing Board. 3. The General Board." 1 7 9 Der Fortschritt im Hinblick auf die ursprüngliche Formulierung bestand darin, daß zum einen jetzt die Experten von sich aus die Bedingungen für die sofortige Goldkonvertibilität als ungünstig eingestuft hatten, dafür also gar keine Entscheidung in den Bankgremien selbst mehr gefällt werden mußte; zum anderen aber war durch die Neuklärung der Abstimmungsmodalitäten sichergestellt, daß der Widerstand der amerikanischen Vertreter eine europäische Ubereinkunft nicht mehr zu blockieren vermochte. Vergleicht man die Aussagen dieser Passagen mit den Vorschlägen zur europäischen Stabilisierung auf der Genua-Konferenz, so besticht die Ubereinstimmung, die auf das durchgängige und von allen tagespolitischen Wechselfällen und Interessenskoalitionen unabhängige britische Anliegen verweist, den Sterling als Medium zwischen die europäischen Währungen und Gold beziehungsweise den Dollar zu schalten und derart die verlorene Dominanz in den Welthandelsbeziehungen wiederherzustellen. Die britische Finanzdiplomatie und an ihrer Spitze Norman hatten mit der Offenhaltung der Konvertibilitätsfrage für die deutsche Notenbank wiederum einen Teilerfolg auf dem Weg hin zum Sterlingstandard errungen. Die Frage war nunmehr, ob das britische Finanzzentrum in der Lage war, die Verhandlungsergebnisse von Paris und Berlin in den Erfolg einer tatsächlichen Aufwertung des Sterling gegenüber dem Dollar umzumünzen. Der Kampf um die Golddiskontbank Nachdem die Gründung der Golddiskontbank bekanntgeworden war und ihre offensichtliche Tendenz zur Stärkung der Sterlingfrage den amerikanischen Verdacht bestätigt hatte, daß die Bank von England im Bunde mit den Deutschen versuchte, ihre Vorkriegsstellung auf dem Weltfinanzmarkt gegen den Dollar zurückzuerobern, verschärfte

179 Report of the First Committee of Experts, Annex I, Section X I I I , zitiert nach S. M. Crocker, Dawes Plan Manuscript, Copy 1, S. 154: Stuart M. Crocker Papers, L C / M D .

Der Kampf um die Golddiskontbank

149

sich die Auseinandersetzung der beiden konkurrierenden Nationen. Die Amerikaner nutzten die wenigen Wochen, die zwischen der für sie unbefriedigenden Empfehlung der Experten und der endgültigen Gründung der neuen deutschen Notenbank lagen, um die Reichsregierung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. 180 Im Fall der Golddiskontbank war es freilich für Verhandlungs- oder Manipulationsversuche zu spät. Norman hatte vorerst die Bindung der Schachtschen Bank an den Sterling durchgesetzt und damit eine Herausforderung gegenüber dem Dollar geschaffen, die die Bank von der Peripherie ins Zentrum des Kampfes um die Nutznießerschaft an der deutschen Stabilisierung rücken ließ. 1. Normans Versuch, der Einbindung des deutschen Exports in die Sterlingsphäre den Nimbus einer konzertierten Zentralbankenaktion zu verleihen Schon zu einer Zeit, als Normans Unterstützungsgesuche für das Golddiskontbankprojekt wenig mehr als bloßen Ankündigungscharakter trugen, hatte er immer W e r t auf die Tatsache gelegt, daß die nominelle H ö h e der Kreditbeteiligung überhaupt keine Rolle für sein Anliegen spielte. Der Südafrikaner Clegg, der sich auf die geringen Reserven seiner Bank berufen hatte, konnte sich selbst mit der vergleichsweise lächerlichen Summe von 100 Pfund Sterling beteiligen — worauf es ankam, war das Faktum der Beteiligung überhaupt. 181 Das wußte freilich auch Clegg, der sich in seiner ablehnenden Haltung nicht irritieren ließ. V o n ihrer Finanzkraft, ihrem internationalen Ansehen und ihrer Kreditwürdigkeit her gesehen war die Bank von England ohne weiteres in der Lage, die Reichsbank zu kreditieren und — im äußerst unwahrscheinlichen Fall einer RückZahlungsverweigerung — den Ausfall zu verkraften. J e mehr fremde Zentralbanken jedoch zusätzlich eine Bürgschaft für einen T e i l des Kredits übernahmen, desto mehr mußte das Ansehen des Projekts in der internationalen Banken- und Geschäftswelt steigen. Mit der Übernahme einer Bürgschaft, die, wie Norman mehrmals versicherte, niemals in Anspruch genommen werden würde, demonstrierten die Zentralbanken ihr Interesse an einer deutschen Exportstabilisierung auf Sterlingbasis und verliehen so dem

180 181

Dazu W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik ..., S. 236. Norman an Clegg am 9.2.1924: Ov 34/117 Nr. 60, BEA.

150

I I I . Sterling

versus

Dollar

Unternehmen das ideelle Gepräge einer überparteilichen, dem Welthandel objektiv nützlichen Aktion. Norman verschickte, nachdem der Reichstag die Bankvorlage bewilligt hatte, Ende März offizielle Aufforderungen zur Bürgschaftsübernahme an die Zentralbankiers Vissering, Niederlande, 182 Schnyder von Wartensee, Schweiz, 183 Guinness, Irland, 184 und Moll, Schweden. 185 Während Vissering als Mitinitiator des Projekts ohne Umschweife zusagte und eine Beteiligung von 500000 Pfund Sterling in Aussicht stellte, 186 antwortete Guinness zunächst zurückhaltend. 187 Die Übernahme einer Bürgschaft von 500 000 Pfund schien ihm für irische Verhältnisse zu hoch gegriffen. 188 Sein Nachfolger Murphy — in der Bank von Irland wechselten die Gouverneure im Jahresrhythmus — einigte sich mit Norman auf eine Beteiligung in Höhe von 250000 Pfund. 189 Auch Moll hatte keine Einwände gegen eine Partizipation, aber auch keine Vorstellung von der von ihm erwarteten Summe. 1 9 0 Als Norman ihm daraufhin ebenfalls 500 000 Pfund vorschlug, lehnte er zuerst ab, 191 wurde aber damit beruhigt, daß diese Garantie nach menschlichem Ermessen nie in Anspruch genommen werden würde. 192 Einzig der Schweizer Bankier versagte sich — vorgeblich aus der Sorge heraus, die Prinzipien der Neutralität zu verletzten — grundsätzlich den Wünschen des Briten. 193 Auch der Bank von Japan bot Norman im gleichen Zeitraum über die japanische Botschaft in London die Übernahme einer Garantie an. 194 Nach einer Reihe von Verhandlungen, die zwischen Lubbock von der Bank von England und Nakane von der japanischen Botschaft geführt

182

183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194

O V 34/117 Nr. 95 vom 27. 3.1924, BEA. A. a. O., Nr. 96 vom 27.3.1924, BEA. A. a. O., Nr. 97 vom 28.3.1924, BEA. A. a. O., Nr. 98 vom 29.3.1924, BEA. A. a. O., Nr. 102 und 103 vom 2. und 3.4.1924, BEA. A. a. O., N r . 100 vom 1.4.1924, B E A . A. a. O., Nr. 104 vom 4.4.1924, B E A . A. a. O., Nr. 30 und 34 vom 10. und 11.4.1924, BEA. A. a. O., Nr. 105 vom 3.4.1924, B E A . A.a.O., Nr. 116 vom 4.4.1924, BEA. A. a. O., Nr. 121 vom 5.4.1924, B E A . A. a. O., Nr. 105 vom 3.4.1924, vgl. auch Nr. 114 und 115, BEA. Tagebuch Norman, Eintragung vom 3. und 7.4.1924, BEA.

Der Kampf um die

Golddiskontbank

151

wurden, 195 erklärte sich die Bank von Japan bereit, für 500000 Pfund des Kredits an die Reichsbank zu bürgen. 196 Zur Unterstützung seiner internationalen Kampagne schickte Norman im April zwei Emissionäre — Peter Bark und Ernest Harvey — als Unterhändler und Bevollmächtigte auf eine Rundreise durch Europa. Sie sollten die Kreditverträge mit den beteiligungswilligen Zentralbanken abschließen und versuchen, die Einwände der ablehnenden Bankiers zu zerstreuen. 197 Harvey fuhr zunächst nach Amsterdam, wo er naturgemäß auf keine Probleme stieß: Die Nederlandsche Bank hatte ihre Bürgschaft der Reichsbank in einem bilateralen Abkommen schon gewährt. 198 Die nächste Station war Stockholm, 199 wo Harvey von Moll die Übernahme einer Garantie von 100000 Pfund Sterling erreichte. 200 Weil er nun einmal schon in Skandinavien war, beauftragte ihn Norman auch gleich damit, die Zentralbank von Norwegen aufzusuchen, obwohl er selbst nicht recht an eine Zusage der Norweger glauben mochte. 201 Tatsächlich sagte Rygg Anfang Mai endgültig ab. 202 Bark, der den europäischen Süden bereiste, wurde zunächst in Bern und Zürich vorstellig, 203 traf dort aber auf erhebliche Widerstände. Schnyder beklagte sich bitter über die Verluste, die Schweizer Banken durch die deutsche Inflation hatten hinnehmen müssen. 204 Bark nahm diese Klagen nicht sonderlich ernst, 205 täuschte sich aber in der optimistischen Einschätzung der Haltung seiner Gesprächspartner. Aus der Besorgnis heraus, durch eine Bürgschaft für die Golddiskontbank ihre Neutralitätspflicht zu verletzen, sagte die Schweizer Nationalbank Ende April definitiv ab. 206 Bark war mittlerweile nach Wien abgereist, wo er mit Reisch, dem Präsidenten der Osterreichischen Nationalbank, in Verhandlungen

OV 34/118 Nr. 77 und 82 vom 25. und 26.4.1924, BEA. "6 A. a. O., Nr. 83, 84, 85 vom 30.4.1924, BEA. Tagebuch Norman, Eintragung vom 8.4.1924; OV 34/118 Nr. 13 und 15, BEA. 1,8 OV 34/118 Nr. 31, 32, 33 vom 11.4.1924, BEA. A. a. O., Nr. 19 vom 9.4.1924, BEA. 200 A. a. O., Nr. 45, 51 B, 66, 67, 67 A, BEA. 201 Norman an Harvey am 12.4.1924: OV 34/118 Nr. 35, BEA. 202 OV 34/118 Nr. 107 A vom 9. 5.1924, BEA. 203 A. a. O., Nr. 34 vom 12.4.1924, BEA. 204 A. a. O., Nr. 40 vom 12.4.1924, BEA. 205 A. a. O., Nr. 47 und 52 vom 14. und 15.4.1924, BEA. 206 A. a. O., Nr. 82 vom 26.4.1924, BEA. 1,5

152

III. Sterling versus Dollar

eintrat. Die Österreicher, die aufgrund der britischen Stabilisierungskredite der Bank von England verpflichtet waren, stellten zuerst einen Betrag von 2 5 0 0 0 0 Pfund Sterling in Aussicht, 2 0 7 ließen sich aber schließlich von Bark zur Verdoppelung der Summe überreden. 208 Harvey, der inzwischen aus Skandinavien zurückgekehrt war, b o t Ende April auch dem Credito Italiano eine Beteiligung an. 209 Charakteristischerweise nahmen die Italiener die Gelegenheit wahr, zunächst einmal ihrem U n m u t Luft zu machen, daß sie nicht schon früher gefragt worden waren. 210 Nachdem eine Entschuldigung von Norman die W o gen der Empörung geglättet hatte, war der Weg frei für Verhandlungen über die H ö h e der italienischen Bürgschaft. 2 1 1 Ihr Ergebnis ist in den Quellen jedoch nicht verzeichnet. Am Abschluß seiner Werbe- und Beteiligungskampagne konnte Norman definitive Garantien für den britischen Kredit an die Reichsbank von den Zentralbanken der Niederlande, Irlands, Schwedens, Österreichs, Japans und Italiens verbuchen. 212 Sein Ziel der Demonstration eines über den nationalen Rahmen Großbritanniens hinausgehenden allgemeinen Interesses am Geschäftserfolg der Golddiskontbank war somit erreicht. O b der tatsächliche Gang der Geschäfte auf Grundlage der Kredite der Golddiskontbank wirklich zur Aufwertung des Sterling führen würde, stand hingegen auf einem anderen Blatt. Es mußte sich vorher noch zeigen, welche Alternativen die an der Belebung des deutschen Handels ebenso wie die Briten interessierten Amerikaner anzubieten hatten. 2. Rediskontkredite Parallel zu den Bemühungen, die Golddiskontbank international aufzuwerten, bemühte sich Norman, das Volumen der über die Bankkredite finanzierbaren Geschäfte von vornherein zu vergrößern. Die Experten in Paris hatten der Bank Anfang März jede Kapitalerweiterung untersagt, weil sie ansonsten eine Konkurrenz zwischen der Golddiskontbank und der neuen deutschen Notenbank befürchte-

207 208

A. a. O., Nr. 53 vom 14.4.1924, BEA. A. a. O., Nr. 54 und 55 vom 16.4.1924, BEA.

20'

A. a. O., Nr. 71 vom 25.4.1924, BEA.

210

A. a. O., Nr. 92, BEA.

2,1

Tagebuch Norman, Eintragung vom 3. und 5.5.1924, BEA. OV 34/118 Nr. 92, BEA.

212

Der Kampf um die Golddiskontbank

153

ten. 213 Normans Reaktion darauf war, die Londoner Clearing-Bank J . H . Schroeder um die Zusammenstellung eines Konsortiums zu bitten, das einen größeren Rediskontkredit zur Verfügung stellen sollte. 214 Die Londoner Times bezifferte die Höhe dieses Kredits auf fünf Millionen Pfund Sterling. 215 Norman hatte angenommen, daß die deutschen Devisenbedürfnisse mit 15 Millionen Pfund Kapital allein nicht zu befriedigen waren. Da er besorgt darum war, soviele Geschäftsabläufe wie nur möglich über Sterling abwickeln zu lassen, schien ihm der Rediskontkredit die gebotene Lösung darzustellen. Das Bankhaus Schroeder war seit Februar über die Entwicklung der Golddiskontbankpläne auf dem laufenden gehalten worden 216 und bekam nun von der Bank von England äußerst vorteilhafte Bedingungen für die Bereitstellung des Kredits eingeräumt: Der zunächst auf 12 Monate Laufzeit befristete Kontokorrentkredit sollte für Wechsel gelten, die mindestens drei Unterschriften trugen — davon eine aus dem Direktorium der Golddiskontbank — und zusätzlich vom Bankhaus Schroeder bestätigt sein mußten. Für die Einräumung dieses Kredits, also ganz unabhängig davon, ob er überhaupt jemals in Anpruch genommen werden würde, erhielt das Konsortium eine Provision von einem Prozent der Kreditsumme, das heißt 50000 Pfund Sterling oder zwei Millionen Goldmark. Die tatsächlich hinterlegten Wechsel aber würden mit einem ein Viertelprozent über der aktuellen bankrate liegenden Zins belastet werden dürfen. Da die Bank von England sich verpflichtete, jeder Konsortialbank Golddiskontbankwechsel zur normalen bankrate zu rediskontieren, blieb den Banken ein netto allemal einträgliches Geschäft: zwei Millionen Goldmark ohne jede Gegenleistung und einviertel Prozent Zinsen für verliehenes Geld, das in den Bilanzen sofort als wiederum beleihbare Forderung auftauchte, de facto also gar keinen Abzug darstellte. 2 ' 7 Nachdem J. H. Schroeder ohne Schwierigkeiten ein Konsortium aus Banken, die an der Finanzierung deutsch-britischer Handelsgeschäfte interessiert waren, zusammengestellt hatte, wurde der Rediskontkredit der Golddiskontbank im Mai 1924 in London eingeräumt. 218 Norman an Vissering am 6 . 3 . 1 9 2 4 : O V 34/117 Nr. 84, BEA. Norman an Schacht am 6 . 3 . 1 9 2 4 : O V 34/117 Nr. 83, BEA. 2 , 5 F O 371-9793: C 4019/371/18 vom 1 0 . 3 . 1 9 2 4 , P R O . 2 " Tagebuch Norman, Eintragung vom 11. und 12. 2.1924, BEA. 2 , 7 O V 34/118 Ni. 86 A, BEA. 218 Mit jeweils 5 0 0 0 0 0 Pfund Sterling beteiligten sich die Banken J. H. Schroeder & Co, Baring Brothers & Co, N. M. Rothschild & Sons, Hongkong & Shanghai Banking 2,3

214

154

III. Sterling versus

Dollar

Im Zusammenhang mit den für sie alarmierenden Nachrichten aus Paris hatten inzwischen aber auch amerikanische Finanziers begonnen, ihr Augenmerk auf die währungspolitische Zusammenarbeit von Berlin und London zu richten. Mitte März hatte der Wall Street Bankier Paul M. Warburg bei Vissering Erkundigungen über das Golddiskontbankprojekt eingezogen. Der deutschstämmige Amerikaner war Vorsitzender der nach den Richtlinien des Edge-Acts 219 geschaffenen „International Acceptance Bank", die amerikanisches Kapital zur Kreditierung der US-Exporteure mobilisieren sollte. Zu ihren Gründungsmitgliedern gehörte auch die „National City Bank", deren antibritische Haltung schon Tradition hatte. 220 Vissering hatte Norman von der Anfrage Warburgs unterrichtet und wissen wollen, ob eine amerikanische Beteiligung der Sache dienlich gewesen wäre.221 Der Gouverneur hatte darauf prinzipiell ablehnend geantwortet: „ . . . it is of course open to any Central Bank — though to no-one else — to participate in our advance of £ 5 0 0 0 0 0 0 . . .". 222 Andererseits aber gab es, natürlich, „no restrictions as to the persons who may subscribe for the balance of the capital . . ,". 2 2 3 Warburg aber wollte mehr als nur durch eine Dollarspritze die Bank stärken, die dem Sterling zum Durchbruch zur europäischen Leitwährung verhalf. Ein Pionier in der Entwicklung des amerikanischen Diskontmarktes, 2 2 4 hatte er die Wegscheide, die sich in der Gründung der Golddiskontbank für die Entwicklung Europas anbahnte, erkannt: „The opportunity that the present emergency in Europe offers is unique, and I don't believe it will ever be again within as easy a grasp of the United States as it is today. It is the question of Corporation, Kleinworth Sons & Co; Mit 250000 Pfund Sterling: Brown, Shipley & Co, Guinness, Mahon & Co, M. Samuel & Co, Fredk. Hutch & Co, Wra. Brädt's Sons & Co, Seligman Brothers, H. S. LeFevre & Co, J. C. Im Thurn & Co, Goschens & Cunliffe, Hambros Bank: OV 34/117 Nr. 127 vom 21. 5.1924, BEA. 219 Mit dem „Edge-Act" vom Dezember 1919 gestattete der US-Kongreß den amerikanischen Banken erstmals die Zusammenarbeit über die Grenzen einzelner Staaten hinaus. Die Banken durften Tochtergesellschaften in anderen Staaten zum Zweck der Außenhandelsfinanzierung gründen. Vgl. C. P. Parrini, Heir to Empire ..., S. 72ff., insbes. S. 80—82. 220 Vgl. D. P. Silverman, Reconstructing Europe ..., S. 201; C. P. Parrini, Heir to Empire..., S. 58—65. 221 Vissering an Norman am 18.3.1924: OV 34/117 Nr. 86, BEA. 222 Norman an Vissering am 20.3.1924: OV 34/117 Nr. 89, BEA. 223 Ebda. 224 Vgl. F. C. Costigliola, The Politics of Financial Stabilization..., S. 119, und C. P. Parrini, Heir to Empire ..., S. 95 f., 103 f., 124.

Der Kampf um die

Golddiskontbank

155

whether the Dollar shall permanently retain a predominant position, or whether we are willing to surrender financial mastery to the Pound Sterling for good and all! England is realizing that, and that is why the Bank of England is willing to go a considerable length in granting facilities .. .",225 schrieb er im März 1924. Warburg war darauf aus, den auf die Vereinigten Staaten entfallenden Teil des von der Golddiskontbank finanzierten Handels über den Dollar und amerikanische Banken abzuwickeln und derart die den Sterling bevorzugende Tendenz des Projekts aufzuweichen. Es gelang ihm innerhalb eines Monats, ein Konsortium von zwanzig US-Banken zusammenzustellen, das Schacht einen Rediskontkredit in Höhe von zunächst zehn Millionen Dollar anbot. Da die Annahme von seiten Schachts das Sterling-Monopol seiner Bank durchbrochen hätte, mußte der Deutsche Norman verständigen: „Think (I) cannot decline offer neither for political nor commercial reasons but before having exchanged views with you further shall not accept more than five million dollars." 226 Norman kannte freilich kein Argument, das gegen die Annahme des Angebots gesprochen hätte, ohne die amerikanische Seite schwerwiegend zu verärgern. Der amerikanische Rediskontkredit drohte die Nachfrage nach Sterling um das Volumen des deutschen Amerikahandels zu vermindern, konnte aber von Norman schon deswegen nicht unterbunden werden, weil auch der Dollar im britischen Konzept zur Stärkung des Sterling eine Rolle spielte. Politische Willkürmaßnahmen durfte Norman nicht befürworten: Nur allzu leicht konnten sie gegen den Sterling zurückschlagen. Er stimmte deshalb der Annahme von Warburgs Offerte zu. 227 Am 26. April räumte das amerikanische Bankenkonsortium, Warburgs „International Acceptance Bank New York", der Golddiskontbank einen Rediskontkredit von fünf Millionen Dollar ein.228 Schon im Juni wurde dieser Kredit auf 25 Millionen Dollar erweitert. 229 Die Konditionen des Kredits waren denjenigen in London vergleichbar mit dem wesentlichen Unterschied, daß alle Wechsel auf Dollar lauten 225

Warburg an Arthur N . Young am 31.3.1924, zitiert nach F. C. Costigliola, The Politics of Financial Stabilization ..., S. 120. 226 Schacht an Norman am 12.4.1924: O V 34/118 Nr. 37, BEA. 227 O V 34/118 Nr. 38 vom 12.4.1924, BEA. 228 F O 371-9793: C 6843/371/18 vom 26.4.1924, PRO. 229 F O 371-9793: C 9764/371/18 vom 16.6.1924, P R O und London Times vom 13. 6.1924: O V 34/118 Nr. 140, BEA; das amerikanishe Konsortium war mittlerweile auf 34 Banken angewachsen.

156

III. Sterling versus Dollar

mußten und in New York zahlbar waren. Für die Golddiskontbank verpflichteten sich die Direktoren Kauffmann und Bernhard, eine Gebühr von einviertel Prozent auf den Nominalwert aller Wechsel mit einer Laufzeit von sechzig bis neunzig Tagen beziehungsweise einachtel Prozent auf kurzfristigere Wechsel zu zahlen. Als Rediskontsatz wurde die jeweilige bankrate der Federal Reserve Bank in New York vereinbart, mindestens aber ein Zins von 4,5 Prozent. 230 Mit diesen Vereinbarungen war nicht nur, wie Costigliola es formulierte, der Dollar im Ring geblieben, 231 sondern auch das Kreditvolumen der Golddiskontbank von den ursprünglich vorgesehenen 300 Millionen Goldmark binnen kürzester Zeit auf 500 Millionen angestiegen: Der Vorteil für die deutsche Seite ist evident. Ein dritter Rediskontkredit schien sich zunächst in den Niederlanden anzubahnen. Vissering berichtete Norman noch im Januar, daß in Amsterdam vier neue Banken gegründet werden sollten, deren Zweck einzig und allein die Finanzierung des deutschen Handels nach der Stabilisierung war.232 Obwohl diese Institute nicht auf einen Rediskontkredit an die Golddiskontbank festgelegt waren, schien dies noch im Februar eine ihren Zielen gemäße Lösung zu sein. Da zu dieser Zeit in London noch kein Rediskont erwogen wurde, traten britische Banken an Norman heran und deuteten an, gern in die Amsterdamer Banken investieren zu wollen. Norman konnte dagegen schlecht etwas einwenden, fand aber das „principle wrong as regards London going to Holland and as regards our Clearing Banks". 233 Ein niederländischer Rediskontkredit scheiterte schließlich jedoch daran, daß die Bankhäuser van Aalst und Hope & Co um die Führerschaft im Konsortium konkurrierten und Schacht mit dem Ansinnen, die Wahl zu treffen, in eine peinliche Lage brachten. 234 Schacht wollte 230

Memorandum

GOLDDISKONT-BANK

of Agreement and

between

DIREKTION

INTERNATIONAL

OF

THE

ACCEPTANCE

DEUTSCHE BANK:

Henry M. Robinson Papers, Box 12, Dawes Com. 1924, Bank and Currency Plans, H I A . 231

F. C . Costigliola, The Politics of Financial Stabilization ...,

252

Zwei neue Banken wollten allein die Nederlandsche Handel-Maatschappij, Rot-

S. 120.

terdamsche Bankvereinigung, Mendelsohn & C o und Pierson & C o zusammen gründen, eine davon die Nederlandsche Accept Maatschappij mit fünf Millionen Gulden Kapital. Die Amsterdamsche Bank und die Twentsche Bank wollten eine Internationale Bank te Amsterdam mit zehn Millionen Gulden Grundkapital errichten. Darüber hinaus war noch eine vierte, namentlich nicht genannte Bank im Gespräch: O V 3 4 / 1 1 7 N r . 48 vom 31.1.1924, BEA. 253

Tagebuch Norman, Eintragung vom 6 . 2 . 1 9 2 4 (vgl. auch Eintrag vom 8 . 2 . ) , B E A .

2,4

Schacht an Norman am 1 7 . 5 . 1 9 2 4 : O V 3 4 / 1 1 8 N r . 124, B E A .

Der Kampf um die Golddiskontbank

157

es sich mit keiner der beiden Gruppen verderben und schaltete Vissering ein. Der gab listig vor, ein eigenes Konsortium bilden zu wollen, und nahm den beiden Konkurrenten damit die Initiative aus der Hand. Dieses Konsortium wurde denn auch nie geschaffen.235 3. Das von der Bank von England und der Reichsbank anläßlich der Golddiskontbankgründung vereinbarte Abkommen zur Zusammenarbeit Obwohl die Gründung der Golddiskontbank für Montagu Norman ein wichtiger Schritt hin zum Zusammenschluß der europäischen Währungen hinter dem Sterling war, täuschte er sich doch nie darüber, daß damit nur ein Teilziel realisiert worden war. Die eigentlichen Maßnahmen zur Stabilisierung der deutschen Währung würden in Paris von den Experten vorgeschlagen werden. Hier mußte der Gouverneur aktiv werden, wenn er die Entwicklung nicht außer Kontrolle geraten lassen wollte. Wie er das tat, war Gegenstand einer der vorhergehenden Abschnitte. Im Zusammenhang mit den Intentionen Normans gewinnt aber auch das Abkommen zwischen der Bank von England und der Reichsbank an Bedeutung, das Anfang April von Norman und Schacht vereinbart und im Hinblick auf die öffentliche Meinung mit gutem Grund strikt vertraulich behandelt wurde. Die Reichsbank verpflichtete sich darin zum ersten, „to carry out the scheme for the Gold Discount Bank and to co-operate closely and continously with the Bank of England in questions affecting the Discount and General Policy and Management of the Gold Discount Bank" und zum zweiten „to cooperate similarly with the Bank of England in all questions, including those of Foreign Financial Policy and of the establishment of and co-operation with other Central Banks". 236 Hinzu kamen Verpflichtungen zu einer antiinflationären Geldpolitik, zur Beachtung der Regeln des Verkehrs der Zentralbanken untereinander und zur Anerkennung der britischen Kredite an Danzig, Osterreich, die Tschechoslowakei und Griechenland. Norman hatte Schacht dieses Abkommen in seinen Grundzügen Anfang März vorgeschlagen, und Schacht verwandte es in den deut235

Tagebuch Norman, Eintragung vom 23. 5.1924, BEA. Abkommen zwischen Reichsbank und Bank von England vom 3.4.1924: Schacht, N L 294/3, BA. 256

Nachlaß

158

III. Sterling versus Dollar

sehen Kabinettsdiskussionen über die Golddiskontbank als Beleg dafür, „daß die englische Finanzpolitik sich jetzt schon von Frankreich abwende und zurzeit von der offiziellen englischen Russenpolitik, die immer noch auf ein Zusammenarbeiten mit Frankreich hinauslaufe, verschieden sei" . 2 3 7 Mit der Einschätzung des Abkommens als antifranzösisch — eine Eigenschaft, die angesichts der damaligen internationalen Konstellation getrost jedem Kooperationsabkommen mit der Reichsbank beigemessen werden durfte — hatte Schacht sicherlich recht. War die Errichtung der Golddiskontbank schon in ihren Anfängen Überlegungen entsprungen, die sich explizit gegen die französische Initiative im Rheinland richteten, so behielt das Projekt während seiner gesamten Entstehungsgeschichte die Stoßrichtung gegen die französischen Interessen bei — übrigens dabei in Ubereinstimmung mit dem Gesamtkomplex der Außenpolitik Großbritanniens, das seit den fehlgeschlagenen separatistischen Experimenten Ende 1923 die französischen Ambitionen als „menace to Europe" betrachtete. 2 3 8 Es war nur natürlich, daß diese Gegnerschaft auch in der Währungspolitik ihren Niederschlag fand: Tirard mußte im Februar 1924 berichten, daß anonyme, aber offensichtlich in London beheimatete Banken große Franc-Bestände im Rheinland verkauften und so die Stabilität des Franc zu erschüttern suchten. 2 3 9 Und zu der Zeit, als Tirard wegen der Verzögerungen bei der Vorbereitung für die Golddiskontbankgründung nochmals H o f f nung für die Rheinlandbank schöpfte, 2 4 0 begann Norman damit, massiv das Mittel der Kreditverweigerung einzusetzen, um die französische Wirtschaft unter Druck zu setzen: Während er dem Gouverneur der Banque National de Belgique, Hautain, eröffnete, daß Belgien keine Kredite mehr aus L o n d o n vor der Beilegung des Reparationsstreits zu erwarten hatte, 2 4 1 lehnte er gegenüber Frankreich und französischen

237 Schacht während der Ministerbesprechung in Berlin vom 7.3.1924: R 431/673, Rk. 2099, BA. 238 So der britische König gegenüber dem amerikanischen Botschafter in London Anfang 1924: Charles Evans Hughes Papers, Corr. 124, Container 61: Kellog, LC/MD. Papiers Tirard, 6380/III.—c, Az. 2301/FC/4 vom 1.2. und Nr. 4906 vom 8.2.1924; es handelte sich um 1 550000 französische Francs, die noch in den Originalbanderolen im Rheinland aufgetaucht waren. 2,0 Papiers Tirard, 6385/32 d—3, Az. 5355/ATRP vom 11.2.1924, A N . 241 Tagebuch Norman, Eintragung vom 18.2.1924, BEA.

Der Kampf um die

Golddiskontbank

159

Interessenten im Verlauf von März und April nicht nur jeden neuen Kredit ab, sondern drang auch darauf, noch laufende aufzukündigen. 242 So sehr Norman freilich darum bemüht war, den Spielraum Frankreichs einzuengen, so sehr kam es ihm doch auf der anderen Seite darauf an, der Reichsbank nicht nur im Widerstand gegen Frankreich, sondern auch in der Auseinandersetzung mit den Plänen der Dawes-Kommission den Rücken zu stärken und sie derart an die Bank von England zu binden: N u r im Hinblick auf eine mögliche Konfrontation mit den Experten machte die Gewährung des Notenausgabeprivilegs an die Golddiskontbank einen Sinn. V o n den Experten nur unter dem Aspekt einer Interimslösung bewilligt, stellte diese Provision in Wirklichkeit die deutsche O p t i o n darauf dar, notfalls die Vorschläge der DawesKommission ablehnen zu können und die Schachtsche Bank zur Zentralbank auszubauen, die die deutsche Währung auf Sterlingbasis stabilisierte und den deutschen Außenhandel ganz in die Sterlingsphäre einbettete. 2 4 3 Ein anderer Zweck war für die Verleihung des Emissionsprivilegs schlechterdings nicht denkbar. Wie selbst britische Finanzfachleute nachträglich einräumten, war die Bestimmung banktechnisch nicht zu erklären, weil im Reich zwar ein Devisenmangel, aber kein Mangel an Zahlungsmitteln geherrscht hatte. 2 4 4 Am 25. März trafen Schacht und der Reichsbankdirektor Vocke in London ein, um ihre Unterschriften sowohl unter den Kreditvertrag als auch unter das Abkommen zur Zusammenarbeit zwischen der

Vgl. dazu folgende Eintragungen in Normans Tagebuch: 25. 2.1924: McKenna asked to lend £ 2 500 000 to France to repay us in May. I protest at length . . . 13.3.1924: Draper of Lloyds Bank: I consent to cash advance to Bank of France . . . Olaf Hambro: I disapprove of Renewal Credit for Bank of France . . . Franklin: I strongly disapprove of Acc. Credit to L. Hirsch & Co on Gold in Bank of France. He will try to cancel entirely. I also ask him to arrange no renewals of Coal Credit . . . 14.3.1924: Asked Rothschild fully on his negotiations with Paris for 2yr. Bonds on Gold. French Govt, won't issue Bonds . . . Franklin: he has cancelled whole of proposed Acceptance Credit: Quite nice about it. He will write to me on monday about expiring of Coal Credits, which he thinks all expire within 6 months... 17.3.1924: Franklin: PLM Coal Credits: outstanding £ 4 500 000 of whole £ 3 900 000 will be made to expire by Oct. 24 + £ 600000 by Jan. 25. I say these dates are limit . . . 21.3.1924: Franklin requesting for L. Hirsch & Co that PLM-Credits be allowed to continue beyond Oct. + Jan. next. I refuse categorically ... 243 Vgl. W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik ..., S. 228—231. 244 Finlayson, The Gold Discount Bank: F O 371-9794: C 17425/371/18, PRO. 242

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III. Sterling versus

Dollar

Reichsbank und der Bank von England zu setzen. 245 Der FünfMillionen-Pfund-Kredit wurde noch am gleichen Tag unterzeichnet. Er galt für ein Jahr und konnte im Bedarfsfall zweimal um ein weiteres Jahr verlängert werden. 246 Zu den am folgenden Tag stattfindenden Besprechungen über die deutsch-britische Zusammenarbeit, die Vocke mit Harvey führte, notierte der Deutsche: „Ich habe ihm (Harvey) zum Ausdruck gebracht, daß nach meiner Ansicht die Bank von England durch diese Abmachungen eine schwere moralische Bindung und Verantwortung uns gegenüber eingehe, und daß ich dies durchaus dankbar anerkenne. Ich verstünde das so, daß wir, wenn unerträgliche Vorschläge, zum Beispiel von den Experten, an uns herantreten sollten, wir in der Lage sein sollten zu sagen, wir wollen diese Fragen nicht allein entscheiden, sondern unser enges Verhältnis zu der Bank von England macht es notwendig, diese dabei hinzuzuziehen. Sir Ernest bestätigte mir diese Auffassung .. ,"247 Aus britischer Sicht verteilten sich die moralischen Lasten, wenn auch mit dem gleichen Ergebnis, genau umgekehrt: N u r mit dem Beistand der Bank von England konnte es die Reichsbank wagen, dem Urteil der Experten zu widersprechen — dies stellte freilich für die Reichsbank die Verpflichtung dar, in allen strittigen Fragen auf die Engländer Rücksicht zu nehmen. Sollte der Expertenbericht Bedingungen vorsehen, die für das Reich nicht akzeptabel waren, wäre es für die Reichsbank von vitalem Interesse gewesen, im Einvernehmen mit der Bank von England zu stehen. Daraus ergaben sich vom britischen Standpunkt aus zwei mögliche Handlungsperspektiven: Entweder die Experten kamen den französischen Wünschen so entgegen, daß die deutsche Seite ihre Vorschläge offen ablehnte. Damit würde sie sich völlig in die Hand der Bank von England begeben haben, so daß die Integration der Mark in den Sterlingverbund unausweichlich geworden wäre. Nach dem aktuellen Stand der Dinge war diese Entwicklung allerdings sehr unwahrscheinlich. Die zweite und realistischere Alternative war, daß die Experten dem Reich Angebote unterbreiteten, die dem britischen an Attraktivität 245

Tagebuch Norman, Eintragung vom 25.3.1924, BEA. 246 O V 34/117 Nr. 91 vom 25.3.1924; Tagebuch Norman, Eintragung vom 26.3.1924, BEA. 247 Bericht über meine Londoner Verhandlungen am 25. und 26. März (von P. Vocke): Nachlaß Schacht, N L 294/3, BA.

Golddiskontbank

und neue deutsche

Reichsbank

161

nicht nachstanden. Als das deutsch-britische Kooperationsabkommen unterzeichnet wurde, war dieser Fall bereits eingetreten. Die britischen Vertreter sahen sich genötigt, in Paris offen gegen den amerikanischen Vorschlag der Goldkonvertibilität für die Mark aufzutreten und konnten mit der Aussetzung der sofortigen Einlösungsverpflichtung auf unbestimmte Zeit einen Teilerfolg für sich verbuchen. Für die Weiterentwicklung des britisch-amerikanischen Gegensatzes würde in der nächsten Zukunft entscheidend sein, welche zusätzlichen Argumente, soll heißen: welche finanziellen und machtpolitischen Reserven die Kontrahenten gegeneinander ins Feld führen konnten. Die Haltung der deutschen Politik war dabei nur noch von sekundärer Bedeutung. Das Reich war auf die Unterstützung beider Großmächte angewiesen und konnte es sich nicht leisten, aus eigenem Antrieb eine der beiden zu verprellen. Golddiskonthank und neue deutsche Reichshank und die Konsequenzen ihrer Existenz für die Interessen Großbritanniens, der Vereinigten Staaten und Deutschlands 1. Die Geschäftstätigkeit der Golddiskontbank Die Deutsche Golddiskontbank wurde wenige Tage nach dem Abschluß des Kooperationsabkommens zwischen der Reichsbank und der Bank von England am 7. April 1924 gegründet. 248 Sie nahm ihre Arbeit am 16. April auf.249 Anfänglich stand der Bank ein Kapital von über sechs Millionen Pfund Sterling zur Verfügung, von dem fünf Millionen von der Reichsbank und der Rest von derjenigen deutschen Banken kamen, die BAnteile gezeichnet hatten. Bis einschließlich Oktober 1924 verlieh die Bank 6,7 Millionen Pfund an die exportierende Wirtschaft. Sie bewährte sich dabei in erster Linie als ausgleichendes Instrument für Härtefälle — die Kreditbestimmungen der Golddiskontbank waren weniger streng als die der Reichsbank — und Medium zur Vergrößerung der Goldvorräte der Reichsbank. Wenn ein Kreditnehmer eine bestimmte Summe wünschte, mußte er zunächst nachweisen, wieviel davon unmittelbar zum Einkauf von Rohstoffen im Ausland benötigt 2,8 Vgl.OV 34/118 Nr. 8 und 9, BEA; der Vorstand der Golddiskontbank setzte sich aus den Reichsbankdirektoren Kauffmann, Bernhard, Friedrich und Fuchs zusammen. 249 Finlayson, The Gold Discount Bank, a. a. O.

162

III. Sterling versus

Dollar

wurde. Diese Summe wurde ihm in ausländischer Valuta ausgezahlt, der Rest aber in deutscher Währung. Der Kreditnehmer mußte aber den Schuldschein über die volle Summe in Devisen zahlbar ausstellen. Die Golddiskontbank konnte also die Reichsbank mit dem Differenzbetrag in Devisen versorgen, die zum Tageskurs in Mark umgewechselt wurden. Die Rediskontkredite, die der Bank in London und New Y o r k eingeräumt worden waren, spielten für die Kreditvergabe eine unerwartet geringe Rolle. Finlayson, d'Abernons Finanzberater in Berlin, schätzte, daß nur etwa zehn Prozent der Kreditsumme, also 5 0 0 0 0 0 Pfund, tatsächlich im Ausland beansprucht wurden. Die Ursache dafür lag wiederum in der profitablen Beziehung zur Reichsbank, die den größten Teil der Golddiskontbankwechsel zum eigenen Vorteil in Zahlung nahm. 250 Die schon vorhandenen und kontinuierlich wieder anwachsenden Devisenbestände in Berlin machten dann den Rückgriff auf auswärtige Rediskontkredite offenbar überflüssig. Aus deutscher Sicht konnte die Bank also mehrere wesentliche und vorteilhafte Funktionen ausfüllen: Sie erneuerte erstens das Vertrauen der internationalen Anleger, das durch die vorangegangene Inflationspolitik sehr gelitten hatte, in die Kreditwürdigkeit des deutschen Handels und trug zweitens dazu bei, die Grundlage dieses Vertrauens wiederherzustellen, indem sie die Devisenvorräte der Reichsbank zu vermehren half. Und sie bewährte sich drittens als Korrektiv zur Kompensation der Härten, die von der zur Binnenstabilisierung erforderlichen Kreditrestriktion der Reichsbank verursacht wurden und nicht unbedingt auf den devisenbringenden Außenhandel durchschlagen sollten. 251 Mit dem Inkrafttreten des neuen Reichsbankgesetzes stellte sich freilich die Frage nach der Liquidation der Golddiskontbank. Die Kreditströme, die durch die Dawes-Anleihe ins Reich flössen, schienen die Schachtsche Interimsbank überflüssig zu machen. Als Schacht aber Anfang 1925 erneut auf eine restriktive Geldpolitik setzte, legte die Golddiskontbank neue Exportkredite auf und nahm damit abermals eine ausgleichende Funktion wahr. 252 Nach 1926, als diese Kredite

Ebda. Vgl. Rudolf Dalbert, Deutsche Währungs- und Kreditpolitik 1923—1926, Berlin 1926, S. 15, S. 60. 252 Vgl. Charles Addis, Report to the General Council of the Reichsbank on the Position of the Gold Discount Bank in Relation to the Dawes Plan, vom 15. 5. 1927: O V 34/89, 250

251

Golddiskontbank und neue deutsche Reichsbank

163

größtenteils getilgt worden waren, ging die Reichsbank dazu über, mit Golddiskontbankkrediten für die Agrarwirtschaft die zerstörerischen Wirkungen ihrer restriktiven Geldpolitik auf diesem besonderen Sektor zu kompensieren. Als neues Instrument zur Steuerung des Geldmengen- und Kreditvolumens fand die Golddiskontbank seit Ende 1926 Verwendung, als ihr die Ausstellung von Eigen- oder Solawechseln gestattet wurde. Die Reichsbank, der der Handel mit Staatspapieren untersagt war, konnte vermittels dieser Wechsel als aktiver Käufer oder Verkäufer auf dem Markt auftreten und damit Geld schöpfen beziehungsweise vernichten.253 Dies stellte eine frühe Form deutscher Offenmarktpolitik, die die Effizienz der Diskontpolitik zu verbessern half, dar. Die Funktion der Golddiskontbank, die Politik der Reichsbank je nach Bedarf kompensierende oder aber verstärkende Transaktionen am Kreditmarkt durchzuführen, ohne dabei formell gegen die Regeln des Zentralbankengeschäfts und gesetzliche Beschränkungen zu verstoßen,254 war für die Reichsregierung so wichtig, daß auch in den nächsten Jahren ihre Liquidation nicht mehr zur Debatte stand. Die Golddiskontbank entwickelte sich de facto hin zu einer Unterabteilung der Reichsbank, die — je nach den politischen Prioritäten — gefährdete Wirtschaftsbereiche mit Vorzugskrediten versorgte und für den in Sterling abgewickelten Außenhandel zuständig war.255 Aus britischer Sicht stellte sich die Abwägung der Vor- und Nachteile der Golddiskontbank für den Sterling etwas differenzierter dar. Der sowohl von Norman als auch von Schacht einkalkulierte große Eklat in der Dawes-Kommission war ausgeblieben, so daß die Bank ihr Notenausgaberecht nicht wahrnehmen mußte. Ob Norman diese Entwicklung bedauerte oder nicht, muß dahingestellt bleiben — der in Paris ausgehandelte „dilatorische Kompromiß" 256 in Sachen Gold- oder Reichsbank Direktorium, BEA; dazu auch Strongs Schreiben an E . R . Renzel vom 19.7.1925: Schacht versuchte über die Golddiskontbank und Warburg in New York Kredite von etwa 25 bis 50 Millionen Dollar zu plazieren: C 261, Germany-Reichsbank, FRBA. 253 Hierzu Harold James, Tbe Reichsbank and Public Finance in Germany 1924-1933: A Study of tbe Politics of Economics during tbe Great Depression, Frankfurt/Main 1985, S. 37 f. 254 Vgl. C. Addis, Report to the General Council..a. a. O., G. von Eynern, Die Reichsbank..., S. 120: „ . . . eine gewisse Freiheit in der Notenbankpolitik [kann] eine höchst erfreuliche Beweglichkeit ermöglichen." 255 OV 34/118 Nr. 208, BEA. 256 Vgl. W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik . . S . 223.

164

III. Sterling versus Dollar

Sterlingstandard war nach Lage der Dinge jedenfalls das Maximum dessen gewesen, das angesichts der internationalen Kräfteverhältnisse für den Sterling erreichbar war. Auf der Grundlage der Entscheidung von Paris stellte die Golddiskontbank für Großbritannien die große Chance dar, die Einbindung des deutschen Außenhandels in die Sterlingsphäre voranzutreiben und mit Hilfe der Steigerung der Nachfrage nach britischer Währung dem Ziel der Wiederherstellung der Goldparität des Sterling auf dem Vorkriegsniveau näherzukommen. Im Mai 1924 erhielt Norman den unfreiwilligen Applaus der amerikanischen Währungshüter, die notgedrungen die Golddiskontbank als zwar vorübergehende, aber trotzdem bedeutende Herausforderung für den Dollar einschätzten und dazu aufriefen, den amerikanischen Einfluß auf den deutschen Handel in Konkurrenz zum Sterling zu verstärken. Das Federal Reserve Board in Washington forderte die amerikanischen Geschäftsbanken auf, Dollarwechsel der Golddiskontbank zu kaufen: „Measures of this character do not only tend to bring our gold hoard into active and healthy use but by enabling and encouraging other countries to trade in terms of dollars we stimulate our own foreign commerce. W e facilitate furthermore the direct sale in dollars of our own products instead of making foreign countries and ourselves dependent in this respect upon Great Britain's acting as a broker and banker, as naturally she would where the pound sterling would govern as an exclusive basis of commerce and t r a d e . . ." 257 Der Kampf um die monetäre Beherrschung der Weltmärkte war in vollem Gange. Montagu Norman hatte mit der Gründung der Golddiskontbank die Eröffnung einer zweiten Arena neben beziehungsweise vor der neuen Reichsbank für das Rennen zwischen Dollar und Sterling erreicht, in der die britische Währung mit einem gewissen Startvorteil angetreten war. Da er aber weder den Einstieg der Amerikaner — unter anderem vermittels der Warburgschen Rediskontkredite — zu deren Konditionen hatte verhindern können, noch eine definitive Sterlingbindung der Mark in der neuen Reichsbank durchgesetzt hatte, war dieser Vorteil bald wieder neutralisiert worden. Da die Entscheidung in der Kontroverse zwischen Gold und Sterling nicht in der Golddiskontbank gefallen ist, scheint es sinnvoll, sie im Statut der neuen deutschen Reichsbank zu suchen. 257 Communication Issued by the Advisory Council of the Federal Reserve Washington 14th May 1924: OV 34/102, Germany, Nr. 5, BEA.

Board,

Golddiskontbank

und neue deutsche Reichsbank

165

2. Das deutsche Bankgesetz vom August 1924 in seiner Bedeutung für die Dollar-Sterling-Kontroverse Anders als ursprünglich vorgesehen wurde die neue deutsche Notenbank nicht völlig neu geschaffen, sondern aus dem Korpus der alten Reichsbank unter Übernahme ihrer Einrichtungen und Filialen heraus organisiert. 258 Da mit der Übergabe des Reports an die Reparationskommission am 9. April die Aufgabe der Experten beendet war, wurde ein Bankorganisationskomitee damit beauftragt, die detaillierten Vorschläge zur Bankgründung im Annex I des Berichts in die Wirklichkeit umzusetzen. Neben Schacht wurde Kindersley als Vertreter der Experten mit der Führung des Komitees betraut. Da die Vereinigten Staaten ein sehr direktes Interesse an der sofortigen Einführung der Goldkonvertibilität hatten — nicht nur aus dem schon erwähnten Grund, ihren Goldschatz rekapitalisieren zu müssen, sondern auch mit dem Hintergedanken, den Rest Europas und in erster Linie Großbritannien in der Frage der Rückkehr zum Goldstandard unter Zugzwang zu setzen 259 —, nutzten sie die Zeit zwischen der Übergabe des Reports und der Verabschiedung des Bankgesetzes im Reichstag dafür, ihren Einfluß auf die deutsche Seite geltend zu machen. James A. Logan, inoffizieller Beobachter Amerikas bei der Reparationskommission, wurde vom State Department damit beauftragt, die deutsche Regierung zugunsten der Goldbindung zu beeinflussen. 260 Einzelheiten seiner Mission wurden nicht bekannt: Da die deutsche Seite aber aufgrund ihrer materiellen Schwäche gegenüber amerikanischem Druck ebenso empfindlich sein mußte wie gegenüber britischem, war eine definitive deutsche Option für den Sterlingstandard so gut wie ausgeschlossen. Das Ergebnis von Logans Verhandlungen war, daß im Bankgesetz vom 30. August 1924 formell der Gold-Devisen-Standard, aber unter weitgehender Bevorzugung von Gold eingeführt wurde. 261 Auf Betrei258 Kemmerer hatte sich aber Anfang April schon mit diesem Gedanken angefreundet. Vgl. Leonard P. Ayres Papers, Container 10, Dawes Com., Memoranda March 18 — April 10, 1924, Notiz vom 2. 4. 1924, LC/MD. 2ii> Arthur N. Young an das State Department am 14.4.1924, S. 7f.: A. N. Young Papers, Box 003, German currency and banking 1923 to 1924, HIA. 2b0 W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik ..., S. 238. 261 Angesichts der Rolle Logans in der Sterling-Gold-Kontroverse drängt sich die Vermutung auf, daß die kategorische Ablehnung der Kandidatur Logans für das Amt des Reparationsagenten seitens der Briten eine Retourkutsche war. Vgl. dazu James A.

166

III. Sterling versus Dollar

ben des Organisationskomitees war darauf verzichtet worden, die im Expertenbericht vorgeschlagene Goldreserve von mindestens zwölf Prozent gegen Depositen einzuführen, und statt dessen war die Goldreserve für den Notenumlauf von 33 1/3 auf 40 Prozent erhöht worden. 262 Diese Reserve mußte in Gold oder Devisen vorliegen, wobei jedoch mindestens drei Viertel Gold waren. 263 Zwar konnte die Vorschrift vom Generalrat der Bank mit „Einstimmigkeit bis auf eine Stimme" 264 aufgehoben werden, jedoch mußte die Bank bei Unterschreitung der Mindestreserve eine progressiv ansteigende Steuer ans Reich zahlen. Die im Bankgesetz vorgesehene Einlösungspflicht der Noten in Gold 265 wurde offiziell noch nicht in Kraft gesetzt. Sie sollte erst dann gelten, wenn „es die Verhältnisse gestatten. Dabei wird auf die allgemeine Wirtschaftslage in Deutschland wie auch in den wichtigsten europäischen Ländern die notwendige Rücksicht geübt werden müssen". 266 Es war schwerlich zu verkennen, daß mit diesem Vorbehalt auf Großbritannien angespielt wurde. Trotzdem ist zu konstatieren, daß sich in den Bestimmungen des Gesetzes das amerikanische Interesse weitgehender durchgesetzt hatte als das britische: War die Einlösungspflichtigkeit in Gold juristisch auch noch nicht kodifiziert, so stellte die Erhöhung der Mindestreserve auf 40 Prozent und ihre Aufgliederung doch eine Konzession an die Wünsche der Nordamerikaner dar. O b damit allerdings, wie Link annimmt, die Entscheidung über die britisch-amerikanische Kooperation bei der Rückkehr des Sterling zum Goldstandard gefällt wurde, 267 ist fraglich.

Logan Papers, Box 3, Myron T. Herrick und Charles G. Dawes an C. E. Hughes am 20.5.1924, HIA; Norman an Strong am 27.5.1924: O V 34/102, Germany, Nr. 12; Kindersley am 7.7.1924: O V 34/102 Nr. 72, 74, BEA; FO 371-9749: C 10681/70/18 vom 4.7.1924, FO 371-9753: C 12534, C 13495/70/18 vom 6. bzw. 20.8.1924, PRO; Logan an Strong am 27.6.1924: Strong Papers, 1011.1, Strongs Antwort vom 9.7.: Strong Papers, 1116.4, FRBA. Die Briten lehnten Logan als unqualifizierten Intriganten ab. 262

Vgl. den Bericht des Organisationskomitees zur Feststellung der vorbereitenden Maßnahmen für die Organisation einer Notenhank in Deutschland, vom 11.6.1924, zu Abschnitt XIII, in: Johann Notzke, Das Bankgesetz von 1924, Berlin 1925, S. 65—72. 263 Bankgesetz vom 30.8.1924, § 28, in: J. Notzke, a. a. O., S. 19—45. 264 A. a. O., § 29. 265 A.a.O., § 31. 266 Begründung zum Entwurf eines Bankgesetzes, zu § 31, in: J. Notzke, a.a.O., S. 45—57. 267 W. Link, Die amerikanische Stabilisierungspolitik ..., S. 240.

Golddiskontbank

und neue deutsche Reichsbank

167

Das Verhältnis der Vereinigten Staaten und Großbritanniens zur deutschen Stabilisierung im allgemeinen und zur deutschen Notenbank im besonderen zeichnete sich durch den Umstand aus, daß zwar beide Seiten den Erfolg der Dawes-Anleihe hintertreiben, keine ihn aber allein mit eigenen Mitteln garantieren konnte. So wenig amerikanische Kapitalgeber die Anleihe gezeichnet hätten, wenn die Bank von England ihren Konsens und damit ihre Kenntnis der europäischen Anlagesphäre verweigert hätte, so wenig konnten die Briten angesichts der relativen Schwäche des eigenen Nationalkredits die finanzielle Kraft der Amerikaner übergehen, die ihnen bei einem definitiven deutschen Sterlingstandard vorenthalten worden wäre. Der eingegangene Kompromiß unterstellte also bei beiden Seiten von vornherein die Bereitschaft, im Interesse der Wiederherstellung des deutschen Marktes zum eigenen Nutzen von der optimalen Lösung abzuweichen, und stellte sie nicht erst her. Ihr Grund war im Anfang der zwanziger Jahre durchgängig anzutreffenden Interesse sowohl Großbritanniens als auch der Vereinigten Staaten zu finden, den jeweils anderen als Instrument zur Realisierung der eigenen Welthandelshegemonie einzusetzen. Unter diesem Aspekt spiegelte der Kompromiß das britisch-amerikanische Kräfteverhältnis tatsächlich sehr genau wider: Die generell vorgesehene Goldkonvertibilität trug der realen Ubermacht der amerikanischen Finanzkraft Rechnung, während ihre vorläufige Aussetzung auf die noch existierende politische Macht der Briten zurückzuführen war. Diese Bewertung impliziert, daß keine der beiden Großmächte mit dem Ergebnis der Auseinandersetzung restlos zufrieden war. Der Kampf um die Entscheidung, ob der Welthandel direkt über Gold oder aber vermittels des Sterling über Gold finanziert werden konnte, wurde hinfort im direkten nationalen Leistungsvergleich, das heißt am Maßstab der Leitzinsen von New York und London gemessen, weitergeführt. Es ist bekannt, daß die britische Wirtschafts- und Finanzkraft diesem Vergleich langfristig nicht gewachsen war. 268

268

Interessant in diesem Zusammenhang ist die These von Robert Boyce, daß der

innerbritische Interessengegensatz zwischen monetärem und industriellem Sektor Normans Anstrengungen zur Reetablierung des Sterling als Weltwährung zunichte machte: Robert W . D. Boyce, British Leadership in the International 1925—1931,

in: G. Schmidt (Hrsg.), Konstellationen

329, hier: S. 320 f.

Economic

internationaler Politik...,

System S. 3 1 7 —

168

III. Sterling

versus

Dollar

3. Die neue Reichsbank in ihren Konsequenzen für die Weimarer Republik Für die deutsche Seite waren die Bestimmungen zur Klärung der Deckungs- und Einlösungsfrage weniger unter dem Gesichtspunkt der Dollar-Sterling-Kontroverse interessant als vielmehr im Hinblick darauf, daß die Mark sich überhaupt einem internationalen Maßstab zu unterwerfen hatte. 269 Im Zusammenhang mit den im Bankgesetz enthaltenen internationalen Kontrollvorbehalten mußte die Reichsregierung tatsächlich einen Teil ihrer Souveränität aufgeben. Andererseits hatte Schacht es aber verstanden, die gegensätzlichen Interessen der Alliierten im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten gegeneinander auszuspielen oder, wo immer vorhanden, das positive Interesse Großbritanniens und der Vereinigten Staaten an einem intakten und funktionsfähigen deutschen Staatswesen zur Vermeidung weitergehender Abhängigkeiten vom Ausland einzusetzen. Sein letzter diesbezüglicher Schachzug war die Reorganisation der deutschen Notenbank aus der alten Reichsbank gewesen. Er hatte dieses Vorgehen damit begründet, daß es „die beste Methode zur Herbeiführung des von den Experten in Aussicht genommenen Zustandes unter möglichst geringen Eingriffen in das nationale Leben Deutschlands zum größten Vorteil aller Beteiligten" 270 gewesen sei. Die Ansiedlung des Notenausgabeinstituts im Ausland war damit ausgeschlossen. Das Gesetz verlieh der Bank einen formell „von der Reichsregierung unabhängigen" Status 271 und installierte sie damit als „Hüterin der Währung" gegen alle diejenigen Vorhaben der Reichsregierung, deren Finanzierung das Volumen ihrer ordentlichen Einnahmen nennenswert überschritt. Der deutsche Staat unterwarf sich mit der Verabschiedung des Gesetzes also dem Kriterium wirtschaftlichen Rentabilitätsdenkens, das als Voraussetzung eines internationalen und international benutzbaren Marktes unabdingbar war. Zur Absicherung dieser Unterwerfung dienten die internationalen Kontrollgremien, der Generalrat und der für die Notenausgabe zuständige Kommissar. Der Generalrat setzte sich aus jeweils sieben deutschen und ausländischen MitglieEin für Hugo Stinnes z. B. ganz unerträglicher Gedanke. Stinnes im März 1924 an Stresemann (Entwurf): „Ich bin der Auffassung, daß unsere auswärtige Politik unter Ihrer Leitung sich im Zustande der Hörigkeit von dritter Stelle befindet...": Nachlaß Stinnes, 1-220, 002/7, ACDP. 270 Bericht des Organisationskomitees zur Feststellung ..., a. a. O., S. 65. 271 Bankgesetz vom 30.8.1924, a. a. O., § 1.

Golddiskontbank

und neue deutsche

Reichsbank

169

dem zusammen, 272 die erstmals vom Organisationskomitee nominiert wurden 273 und später ihre Nachfolger unter Berücksichtigung von Gutachten der betroffenen Zentralbank selbst bestimmen durften. 274 Der Generalrat wählte mit mindestens sechs nichtdeutschen Stimmen den Kommissar, 275 in dessen Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Vorschriften zur Notenausgabe die teilweise Abtretung des Reichsprivilegs zur Geldschöpfung erkennbar wurde. Da das Reich der Bank das ausschließliche Privileg der Notenausgabe für 50 Jahre eingeräumt hatte, waren die Alliierten gegen die Gründung etwaiger Konkurrenzinstitute — mit Ausnahme der bereits existierenden Golddiskontbank — abgesichert. 276 Die deutsche Zustimmung zu diesen Konditionen war aber keineswegs mit einer zweckbestimmten Unterwerfung zu verwechseln. Die deutschnationale Abwertung des Dawes-Plans als „moderne Form der Hörigkeit auf kapitalistischer Grundlage", durch die Staat und Wirtschaft als „Herrin des Kapitals endgültig zu seinem Heloten gemacht " 2 7 7 werden würden, kennzeichnete mehr den maßlosen Anspruch der Rechten als den tatsächlichen Inhalt der Abkommen, die das Reich auf seinem Weg zur Revision der Versailler Bestimmungen ein beträchtliches Stück weiterbrachten. Neben dem Umstand, daß sich die Reichsregierung mit der Unterstellung der Reichsbankangestellten unter Beamtengesetz und Disziplinarrecht eine wichtige Einflußmöglichkeit vorbehalten hatte, 2 7 8 sorgten die Kreditierungsvorschriften für die öffentliche Hand 2 7 9 nebst der Ausgliederung von Reichspost und -bahn dafür, daß der Staat in der Finanzierung seiner täglichen Ausgaben nicht unerträglich behindert wurde. Selbst für den Verzicht auf die Kündigung des Notenausgabeprivilegs hatte das Reich die Verpflichtung der Bank eingehandelt, seine Dollarschatzanweisungen einzulösen. 280 Es sollte zudem nicht übersehen werden, daß die mit der Noten-

272

A. a. O., §§ 14—20.

273

A. a. O., § 16. Ebda. A.a.O., §§ 19,27. A. a. O., § 2. Rudolf Dalberg, Die neue deutsche Währung nach dem Dawes-Plan, Berlin 1924,

274 275 276 277

S. 2. 278

Bankgesetz, a. a. O., § 9.

' A. a. O., § 25.

27

280

G. von Eynern, Die Reichsbank...,

„Kuhhandel der Finanzpolitik".

S. 106 f., etikettierte dies als bisher einmaligen

170

III. Sterling versus Dollar

bankgründung nur mittelbar verbundenen Bestimmungen des DawesPlans, insbesondere die Einrichtung des Reparationskontos mit seinen Transferschutzvorbehalten, dem Reich die Ausgewogenheit seiner Zahlungsbilanz garantierten und ihrerseits die Verpflichtung der Alliierten darstellten, den deutschen Nationalkredit nicht in einem Maße zu schädigen, das die deutsche Produktivität behindert hätte. 281 Es war die durchaus souverän gefällte Entscheidung der deutschen Politik selbst, die alliierten Konditionen anzunehmen und unter Einhaltung der „rules of the game" — also Abkehr von der bisher verfolgten sozialpolitischen Integrationspolitik — das Wiedererstarken des Deutschen Reichs voranzutreiben. Den Erfolg dieser Strategie belegten nicht nur die fortgesetzten Revisionsbemühungen und -ergebnisse der Weimarer Republik bis hin zu Brünings Sturz, sondern auch das kraftvolle außenpolitische Auftreten des Dritten Reichs. Woher war denn die wirtschafts- und machtpolitische Substanz gekommen, auf deren Grundlage Hitler den Beschluß in die T a t umsetzen konnte, zur militärischen Eroberung der Welt aufzubrechen? Hans Mommsen vertritt die These, daß die außenpolitischen Belastungen des Weimarer Systems „in bestimmtem Sinne konservierend" 282 waren: nämlich die nationalistische Rechte von der Usurpation des Staates abhielten, solange er noch in die Reparationsverpflichtungen eingebunden war. Diese These läßt sich aber auch umkehren. Will man Hitler nicht als Wundertäter verherrlichen, kommt man nicht umhin zuzugestehen, daß die wirtschaftliche Rekonstruktion Deutschlands, wie sie mit den Geldern der Dawes-Anleihe eingeleitet worden ist, ein wesentliches, wenn auch ungewolltes Fundament für die nationalsozialistische Machtentfaltung gebildet hat. Nicht zuletzt in der Person Hjalmar Schachts wurde die prinzipielle Vereinbarkeit der wirtschaftspolitischen Spielregeln des Dawes-Plans mit der nationalen Eigenständigkeit deutlich, die die Nationalsozialisten bis zum Exzeß trieben. Der Reichsbankpräsident, der die ihm von den Alliierten zugedachte Rolle 281 Vgl. Joachim Radkau, Renovation des Imperialismus im Zeichen der Rationalisierung, in: Imperialismus im 20. Jahrhundert. Gedenkschrift für George W. F. Hallgarten, hrsg. von Joachim Radkau und Imanuel Geiss, München 1976, S. 197—264, hier: S. 202 f. 282 Hans Mommsen, Die Krise der parlamentarischen Demokratie und die Durchsetzung autoritärer und faschistischer Regime in der Zwischenkriegszeit, in: Geschichte Europas für den Unterricht der Europäer. Prolegomena eines Handbuchs der europäischen Geschichte für die Lehrer der Sekundarstufe II, hrsg. von Karl-Ernst Jeismann und Rainer Riemenschneider, Braunschweig 1980, S. 144—165, hier S. 154.

Macht und Ohnmacht der angelsächsischen Großmächte

171

als H ü t e r der Währung zum persönlichen Anliegen stilisierte, wurde von H i t l e r erst zu dem Zeitpunkt entlassen, an dem seine Funktion unwiderruflich überflüssig geworden war. Das war 1939, das Jahr, in dem der deutsche Staat zum zweitenmal in der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts die internationale Konkurrenz mit wirtschaftlichen Mitteln für beendet erklärte und statt dessen die militärische Konfrontation eröffnete. Macht und Ohnmacht der rivalisierenden angelsächsischen in ihren Konsequenzen für die Weiterentwicklung der Welthandelsbeziehungen

Großmächte

Mit der politischen Durchsetzung der Expertenvorschläge auf der Konferenz in London im Juli 1924 wurde die Weichenstellung hin zu einer Entwicklung vollzogen, die nicht ohne eine gewisse Notwendigkeit in den Eklat der großen und weltweiten Wirtschaftskrise von 1929 bis 1932 mündete. Costigliola hat in Ubereinstimmung mit Link die amerikanische Autorenschaft am Dawesplan hervorgehoben und seine Verwirklichung als einen Erfolg der amerikanischen Außen- und Finanzpolitik gewürdigt. Die überkommene historiographische Kritik an dem Plan als sinnlosem Kreislauf von Krediten an Deutschland mit dem Ziel der Eintreibung von Reparationen von Deutschland hatte vernachlässigt, daß die amerikanischen Interessen nicht etwa auf Reparationen, sondern vielmehr auf die gewinnbringende Partizipation an der deutschen Wirtschaftstätigkeit gerichtet waren. 2 8 3 Äußerungen prominenter amerikanischer Entscheidungsträger aus der Zeit belegten sowohl die Selbsteinschätzung als eigentliche Siegernation des Krieges 284 als auch die untergeordnete Bedeutung, die in den Vereinigten Staaten der Reparationshöhe beigemessen wurde. 2 8 5 H a t t e die deutsche Seite aus der Überlegenheit der amerikanischen und der britischen Position gerade gegenüber Frankreich bestimmte Vorteile auf der Basis der Un-

F. C. Costigliola, The Politics of Financial Stabilization . . . , S. 105 f. So informierte etwa Owen D. Young Alanson B. Houghton, den amerikanischen Botschafter in Berlin, darüber, daß der Dawesplan Deutschland eine der französischen und britischen vergleichbare Last auferlegen sollte: F. C. Costigliola, a. a. O., S. 102 f. 285 Gegenüber den Vorstellungen Schachts nahmen amerikanische Bankiers immer die vielversprechende Haltung eines „wait and see" bezüglich der Reparationshöhe ein: O V 34/115, Schacht, Doc. Nr. 3 a vom 1 1 . 1 2 . 1 9 2 5 , BEA. 285

284

172

III. Sterling versus Dollar

terwerfung unter die Prinzipien der Expertenvorschläge ziehen können, so entsprach ihrer Rehabilitation auf der anderen Seite der Abstieg Frankreichs zur kontinentalen Mittelmacht. Anders sah das Verhältnis zu Großbritannien aus. Da die Vereinigten Staaten gegenüber den Briten kein ähnlich erdrückendes Ubergewicht wie gegenüber den französischen Bundesgenossen geltend machen konnten, erscheint Costigliolas Bewertung der Goldkonvertibilitätsklauseln im Reichsbankstatut als „aberration" etwas befremdend. 286 Begründet in den damaligen Machtverhältnissen und entsprungen aus dem anglo-amerikanischen Interessengegensatz der gegenseitigen Benutzung zum eigenen Vorteil, spiegelte der Kompromiß in der Golddeckungsfrage die Möglichkeiten und Grenzen der Durchsetzung der Interessen beider Nationen ziemlich genau wider. Die U S A verfügten zwar über die finanziellen Voraussetzungen zur Instrumentalisierung der europäischen Volkswirtschaften, hatten aber das entsprechende machtpolitische Instrumentarium noch nicht entwickelt. 287 Sie konnten daher die von ihnen favorisierten welthandelspolitischen Prinzipien nicht gegen den erklärten Willen ihres Hauptkonkurrenten Großbritannien durchsetzen. Eine wichtige Konsequenz dieser Schwäche war aber nicht etwa nur der Goldkonvertibilitätskompromiß, sondern auch die Art und Weise, in der die zur Wiederherstellung der deutschen Wirtschaft erforderliche Anleihe finanziert wurde. „There is no court to which a government can appeal for collection of debt except a battleship", hatte Herbert Hoover einmal die amerikanischen Bedenken gegen staatliche Kredite an andere Nationen zusammengefaßt. 288 Zur Schuldeneintreibung sollte die amerikanische Flotte aber nun wirklich nicht eingesetzt werden. Der von den U S A mit dem Dawesplan begangene Weg, unter weitestmöglicher staatlicher Abstinenz einzig und allein privates Kapital zur europäischen beziehungsweise deutschen Rekonstruktion heranzuziehen, hatte freilich wiederum zwei fatale Konsequenzen, die beide

F. C. Costigliola, The Politics of Financial Stabilization ..., S. 123. Sie waren freilich auf dem besten Weg dazu. Frank C. Costigliola hat in seinem jüngsten Buch u. a. die Anstrengungen und Erfolge beschrieben, mit denen Washington die Vorherrschaft zur See — Vorbedingung der Weltherrschaft — zu erreichen trachtete. Vgl. F. C. Costigliola, Awkward Dominion. American Political, Economic, and Cultural Relations with Europe, 1919—1933, Ithaca-London 1984, S. 80—87. 286

287

288 Herbert Hoover am 10.12.1920 vor der American Bankers Association, zitiert nach L. V. Chandler, Benjamin Strong ..., S. 251.

Macht und Ohnmacht der angelsächsischen

Großmächte

173

darauf fußten, daß private Anleger nur der Gewinne wegen und ohne Rücksicht und Reflexion auf politische Hintergründe ihr Kapital investieren und wieder abziehen: Zum einen erhielten die Bankiers, an ihrer Spitze J . P. Morgan, ausschlaggebendes Gewicht bei der Festlegung der politischen Konditionen der Anleihe. 289 Es ist den Bankiers indessen nur schwerlich vorzuwerfen, daß sie ihren natürlichen finanziellen Interessen nachgingen und für die Auflage der Anleihe Bedingungen forderten, die für eine rentable und sichere Geldanlage garantieren sollten. Für die Erfüllung dieser politischen Forderungen zeichneten vielmehr die Vereinigten Staaten verantwortlich, die die Investoreninteressen per definitionem als ihr eigentliches nationales Interesse verfolgten. 290 Zweitens aber bildete die ausschließliche Inanspruchnahme privaten Kapitals eine äußerst fragile Konstruktion. Die monetäre Grundlage deutschen Wirtschaftens, eine der wesentlichsten Geschäftsbedingungen also, befand sich nunmehr in direkter Abhängigkeit zum Geschäftserfolg der Anleihezeichner. Es war ein unmittelbarer Transmissionszusammenhang geschaffen worden, der aufgrund seiner internationalen Ausdehnung von der Reichsregierung nur unter Mißachtung der Regeln außer Kraft gesetzt werden konnte. Dieser Zusammenhang ermöglichte es erst, daß eine binnenamerikanische Spekulationskrise und die ihr folgenden Kreditkontraktionen in zuvor unbekannten Ausmaßen auf die deutsche Volkswirtschaft durchschlagen konnten, indem sie ihr einen Großteil ihres Kredits entzogen. Es ist sehr die Frage, ob im Fall des Scheiterns der Expertenverhandlungen und des von Norman vorgesehenert Ausbaus der Golddiskontbank zur deutschen Zentralbank auf Sterlingbasis ein ähnliches Stabilisierungsmodell in Kraft gesetzt worden wäre. Im Bewußtsein der eigenen finanziellen Sorgen unterwarfen die Briten Markt- und Kreditgesetzlichkeiten lieber der politischen Kontrolle, als ihnen blindlings zu vertrauen. Die Beispiele der sterlingfinanzierten Stabilisierungen von Österreich und Danzig und die Art des Golddiskontbankkredits lassen eher vermuten, daß die Bank von England wenigstens als Bürge eine

* Vgl. F. C. Costigliola, The Politics of Financial Stabilization . . S . 126 ff. „It is characteristic that in trying to protect Americans in their private activities in other countries our government has normally acted on the theory that this sort of activity was ipso facto conducive to the best interests of the nation": George F. Kennan, Realities of American Foreign Policy, London 1954, S. 11—12. 2S

2W

174

III. Sterling

versus

Dollar

Mittlerrolle eingenommen hätte, um im Fall einseitiger Kontraktionen als kreditschöpfende Institution einspringen zu können. Bekanntermaßen waren die Verhältnisse aber nicht so. Der Vorkriegsweltmacht fehlte infolge der unmittelbaren und mittelbaren Kriegsbelastungen der Nationalkredit, der zu einem derartig großen Unternehmen erforderlich gewesen wäre. 291 Formell vergleichbar mit dem Verhalten der amerikanischen Politik, suchten die Briten den Ausweg aus ihrem Dilemma in der Kooperation mit dem Hintergedanken, amerikanischen Reichtum zur Wiedererlangung der finanziellen Vorherrschaft des Sterling einsetzen zu können. Mit der sich abzeichnenden Eingliederung der neuen Reichsbank in die Dollarfront verstärkte sich aber nur der Druck auf den Sterling zur Rückkehr zum Gold. Die Geschäftstätigkeit der Golddiskontbank konnte den weltweiten Nachfragevorprung des Dollar nicht verringern. Auch der Dawesplan selbst war, einer Einschätzung Normans im Oktober 1924 zufolge, „as much a danger as a help to Sterling". 2 9 2 Er hob den Dollarvorsprung nicht auf. Da die Bindung der Mark ans Gold auch nach britischer Einschätzung Anfang 1925 unmittelbar bevorstand, 293 schien den Verantwortlichen in London die Rückkehr zum Gold das einzige Mittel zu sein, der amerikanischen Herausforderung zu begegnen. Dabei stand außer Frage, daß die Vorkriegsparität wieder erreicht werden mußte. Eine vorübergehende Annäherung der New Yorker Leitzinsen an die Londons, verbunden mit einem amerikanischen Kreditangebot, und das zeitliche Auslaufen des britischen Goldexportembargos zwangen die Bank von England in der ersten Januarhälfte 1925 zur Entscheidung. Die Alternativen lauteten, entweder den Sterling nur zur Probe auf die alte Parität zu stellen — ein Vorschlag von Addis, den er selbst als „Gottesentscheid" 294 charakterisierte — oder aber alles auf eine 2,1 Vgl. Charles P. Kindleberger, Die Weltwirtschaftskrise 1929—1939, München 1973, S. 309 ff. Kindleberger führt die Krise darauf zurück, daß Großbritannien keine Führungsrolle mehr und die USA noch keine Führungsrolle in der Weltwirtschaft übernommen hatten. Die wesentliche Lehre der Zwischenkriegszeit war nach Kindleberger, „daß für die Stabilisierung der Weltwirtschaft ein Stabilisator nötig ist, und zwar nur einer" (S. 319). 292 Norman an Strong am 16.10.1924: Strong Papers, 1116.4, FRBA. 2.3 ADM 16/3, Report of the Committee on the Currency and Bank of England Note Issue, London 1925, S. 6, BEA. 2.4 ADM 16/3, Treasury Committee on theCurrency and Bank ofEngland Note Issues, Meeting held on Wednesday, 28.1.1925, S. 22, BEA.

Macht und Ohnmacht der angelsächsischen Großmächte

175

Karte, nämlich den definitiven Goldstandard zu setzen. Norman, der auf die traditionellen Faktoren innerhalb der Sterlingnachfragestruktur setzte, bevorzugte die zweite Lösung: „ . . . there are so many people who want sterling, that are accustomed to borrow here; they want their sterling here; they have greater difficulties in New Y o r k and a greater number of questions, that I think whatever the exchange is within reason, they will come here, if they are allowed to do so." 2 9 5 Normans Uberzeugung stellte sich später bekanntlich als unzutreffend heraus. Er hatte die substantielle Stärke des Sterling und die Belastbarkeit der britischen Wirtschaft überschätzt. Allerdings war es nicht auf seine eigene Initiative zurückzuführen gewesen, daß er unter derart ungünstigen Umständen vor eine derartig schwerwiegende Entscheidung gestellt war. Die erfolgreiche deutsche Stabilisierung ohne eine den Sterling begünstigende Sonderregelung hatte die britische Vision von der europäischen Front gegen den Dollar endgültig zunichte gemacht und London vor eine Alternative gestellt, die ungeachtet der konkreten Entscheidung eines garantierte: den Abschied Großbritanniens von der Rolle der führenden Weltmacht.

2,5

ADM 16/3, Treasury Committee..., a. a. O., S. 34.

VIERTES KAPITEL

Die deutsche Stabilisierung von 1924 in ihren Auswirkungen auf die weitere wirtschaftliche und politische Entwicklung bis hin zur Weltwirtschaftskrise

War die deutsche Stabilisierung von 1924 eine Determinante der Weltwirtschaftskrise? Die Darstellung der Hintergründe und äußeren Umstände der deutschen Stabilisierung kann, mitsamt den mit ihr verbundenen internationalen Konflikten und Gegensätzen, als Beleg dafür gelten, daß das internationale System der Zwischenkriegszeit ein hegemoniales System war. Ein Unterordnungsverhältnis also, dessen Existenz nicht von Sachzwängen, sondern von den machtpolitischen Kriterien abhing, die die beteiligten Staaten — ausgehend von ihren jeweiligen nationalen Interessen — zur Anwendung brachten. Mit anderen Worten: Nicht Frieden und Stabilität an sich waren die Ziele der das System aufrecht erhaltenden Staaten, sondern Friede und Stabilität derjenigen Verhältnisse, die die eigene Machtentfaltung zu begünstigen vermochten. 1 Und da diese Machtentfaltung sich auf die anderen Staaten bezog, mithin deren Ambitionen zu beschneiden suchte, waren Einrichtung wie Sicherung des Systems von Konflikten begleitet, die mit den öffentlichkeitswirksamen Überhöhungen von

1 „Co-operation is conditional upon the existence of a suitable framework, of a reasonably stable international order within which the actions of other states are predictable and therefore rational foreign policy is possible. From here stems the interest of all states in this international order, again according to their individual national advantage. If they find this order congenial, they support it and, if necessary, defend it; if uncongenial, they endeavour to alter it accordingly": Joseph Frankel, International Relations in a Changing World, Oxford 1979, S. 86.

Determinante

der

Welwirtschaft?

177

Frieden und Zusammenarbeit wenig gemein hatten. Die Regierungen hatten nach dem Ersten Weltkrieg bemerkt, „that unilateral manipulation of their currency had added a new weapon to their armory in the battle of making gains at the expense of others". 2 Ein Verhalten, das gerade vom Standpunkt der Nation, die Währungsmanipulationen gar nicht nötig hatte, um einen Vorteil gegen die anderen zu erringen, als äußerst störend empfunden werden mußte. Das generelle außenpolitische Urteil Links, daß mit der Annahme des Dawesplans die Pax Americana für Europa — und zwar gegen die europäischen Nationen — durchgesetzt worden war, ist in der Währungspolitik anhand der heftigen Auseinandersetzungen um die Zukunft der Mark verifizierbar. An ihrem Ende stand ein internationales Wirtschafts- und Währungssystem, das vermittels des internationalen Goldstandards feste Wechselkurse anstrebte und auf diese Weise das vom Investor ungeliebte Wechselkursrisiko minimierte. Potentieller Investor aber waren aufgrund der internationalen Einkommens- und Schuldenverteilung nach dem Krieg vor allem die Vereinigten Staaten. Im Verlauf der Auseinandersetzungen um die Durchsetzung dieses Systems mußten sich nacheinander drei europäische Konzeptionen zukünftiger Friedensordnungen geschlagen geben, wobei die Vereinigten Staaten nicht immer Urheber, wohl aber Nutznießer dieser Niederlagen waren. Die deutsche Illusion, in grundsätzlicher Unabhängigkeit vom Willen der Siegermächte des Weltkriegs wirtschaften und auf eine Revision des Friedensvertrags hinarbeiten zu können, war mit dem Abbruch des passiven Widerstands hinfällig geworden. In Anbetracht der drohenden Ansprüche Frankreichs gab die deutsche Politik den Weg frei für ihre Einbindung in das anglo-amerikanische Weltwirtschaftssystem, das sie als das kleinere Übel vorzog. Die französische Politik mußte indessen erfahren, daß ihre Mittel nach der Brechung des politischen Willens des Hauptfeindes nicht mehr dazu ausreichten, nach Gutdünken mit ihm zu verfahren. Er hatte in der Niederlage einen Verbündeten gewonnen, dessen Angebot eines gleichberechtigten Platzes im „concert of nations" attraktiver war als das französische und dessen Mittel ihn auch in die Lage versetzten, dieses Angebot gegen die Franzosen zu realisieren. Mit der Zustimmung zur Einberufung der Expertenkomitees willigte schon Poincaré 2

Sidney Pollard, Peaceful Conquest. The Industrialization of Europe

Oxford 1981, S. 283.

1760—1970,

178

IV.

Die deutsche

Stabilisierung

von

1924

in die Relativierung französischer Interessen ein, die sein Nachfolger Herriot ein halbes Jahr später in London akzeptieren mußte. Aber auch die Briten, im Kampf um die Einsetzung der Experten, die Gründung der Golddiskontbank und schließlich die Verhinderung der Goldkonvertibilität für die Mark vordergründig erfolgreich, konnten ihre Währungskonzeption, den Sterlingstandard, gegen den übermächtigen Dollar nicht durchsetzen. Trugen die entsprechenden Passagen im Statut der neuen Reichsbank auch kompromißlerische Züge, so zwang doch die letztlich unbehinderte Konkurrenz von Dollar und Sterling den letzteren wenig später auf den Goldstandard, auf dem er sich nur sechs Jahre später, 1931, nicht mehr halten konnte. Mit dem Widerruf der Bindung des Sterling an Gold mußte die britische Politik die Abwertung vornehmen, gegen die sie sich seit dem Ende des Weltkriegs gesträubt hatte, und damit eingestehen, daß sie den Kampf um die Wiedereroberung ihrer hegemonialen Vorkriegsstellung in der Welt verloren hatte. 3 Nimmt man die nationalen Standpunkte, die in jeder dieser Konzeptionen verkörpert waren, ernst, so erscheint jeder für sich als durchaus legitim und keinesfalls irgendwelchen Verfehlungen oder Verstößen gegen ein die Weltpolitik einendes moralisches Prinzip entsprungen. Die deutsche Selbstbehauptung, das französische Sicherheitsinteresse und den britischen Versuch zur Wiederherstellung des Vorkriegszustandes als Nationalegoismen oder -anachronismen zu bewerten, bedeutet, neben den Nationalinteressen einen quasi überstaatlichen Auftrag zum internationalen Altruismus zu fordern, aufgrund dessen die Konstituanten des Systems — die Nationalinteressen — in Behinderungen für seine Funktionsfähigkeit — Nationalegoismen — verwandelt werden. Für internationalen Altruismus als realistische politische Größe gibt es freilich bis heute noch keine Belege. Nicht einmal die amerikanische Version des Weltwirtschaftssystems, gegründet auf dem goldgedeckten Dollar und unbehindertem Kapitalverkehr, stand dieser Kategorie besonders nahe. Die Aufhebung

Der scheinbare Ausweg, 1925 mit einem abgewerteten Sterling zum G o l d zurückzukehren, wäre einer freiwilligen Vorwegnahme der Niederlage im Wettkampf mit dem Dollar gleichgekommen. Keynes' Hinweise auf die ökonomischen und sozialen Folgen der zehnprozentigen Sterlingaufwertung belegen, daß die Konsequenzen bekannt waren, aber zugunsten höherer politischer Werte in Kauf genommen wurden. Vgl. John Maynard Keynes, The Economic Consequences of Mr. Churchill, in: Essays in Persuasion (Collected Writings, vol. 9), London-Basingstoke (1927) 1971, S. 207—230. 3

Determinante

der

Welwirtschaft?

179

politischer Handelshemmnisse lag im nationalen Interesse der produktivsten und reichsten Nation überhaupt und war von daher genauso „egoistisch" wie die anders gearteten Motive der europäischen Staaten. Dem amerikanischen Protektionismus der Zwischenkriegszeit ist im übrigen zu entnehmen, daß auch diese Nation anderes im Auge hatte, als selbstlos die Prinzipien freien Handels durchzusetzen. 4 In der deutschen Stabilisierung von 1924 waren die vier nationalen Interessenkonzeptionen, freilich einander untergeordnet, vertreten. Die deutsche in der substantiellen Anerkennung des Reichsterritoriums und der nationalen Eigenständigkeit, die französische in der Erfüllung eines Teils der Reparationswünsche und der Unterwerfung deutscher Behörden unter alliierte Oberhoheit, die britische in der Bestreitung des damals noch nicht als selbstverständlich empfundenen Anspruchs des Dollar, Maß aller Werte zu sein, und schließlich die amerikanische in der Offenhaltung dieses Streits — was in Anbetracht der äußeren Kräfteverhältnisse auf eine langfristige Entscheidung für den Dollar hinauslaufen mußte. Der Transmissionsmechanismus, der mit der Dawesanleihe zwischen dem Geschäftserfolg von Privatanlegern und den Geschäftsbedingungen von Staaten eingerichtet wurde, ist an anderer Stelle bereits als günstige Bedingung für die katastrophalen Auswirkungen der New Yorker Spekulationskrise von 1929 auf Europa eingeschätzt worden. Er stellt indessen noch keine hinreichende Erklärung dar. Erst die politische Dimension der Stabilisierung, die noch in ihrer vertraglichen Kodifizierung nachweisbaren nationalen Gegensätze machen deutlich, daß hier ein höchst instabiles System gegründet wurde, dessen Fortbestand abhing von der Fähigkeit der von ihm profitierenden Nationen, ihre Interessen gegen die der anderen Nationen durchzusetzen. Dieses auf Unterordnung beruhende, also hegemoniale System verlangte begrifflich nach einer Hegemonialmacht — und hatte doch keine. Es waren weniger Sachzwänge und technische Mängel, die den Ausbruch und die Weiterentwicklung der Krise verur4 Benjamin Rowland (Hrsg.), Balance of Power or Hegemony: The lnterwar Monetary System, New York 1976, S. XII, hält Kindleberger entgegen, daß erst aufgrund einer theoretischen Präferenz für die liberalistische Wirtschaftstheorie Forderungen nach einer Hegemonialmacht erhoben werden können. So richtig einerseits der Hinweis, daß derartige Postulate nicht der Natur internationaler Systeme an sich entsprechen, so problematisch andererseits Rowlands Vorschlag. Umgekehrt wäre mir der Schluß einsichtiger: nämlich aufbauend auf der Sicherheit, in der freien Konkurrenz hervorragend abzuschneiden, eine Vorliebe für den internationalen Wirtschaftsliberalismus zu entwickeln.

180

IV.

Die deutsche

Stabilisierung

von

1924

sachten, als vielmehr die politischen Gegensätze, die über die Inferiorität wieder hinausgewachsenen nationalen — mit anderen Worten: systempartikularen — Interessen, die den Bund, den sie einst geschlossen hatten, als nunmehr unerträglich empfanden. Parteiergreifende Formulierungen wie etwa Borchardts These, daß Brüning 1931 gar keine andere Wahl hatte, als etwa an der deutsch-österreichischen Zollunion festzuhalten, verweisen auf die politische Dimension der Krise — und darüber hinaus auf wenig mehr als den Umstand, daß er dieses Verhalten billigte. 5 Denn mit der stillschweigenden Übernahme eines bestimmten nationalen Standpunkts — der damit der Kritik entrückt ist — werden die Sachzusammenhänge und -zwänge jenseits der nationalen Gegensätzlichkeiten zum Problem, das sich um so komplexer darbietet, je weniger der Betrachter ein bestimmtes Interesse bevorzugt, deren Gesamtheit die Existenzberechtigung aber nicht versagen mag. 6 Es existierten aber keine Reparations- oder Schuldenbedienungsprobleme unabhängig von denjenigen politischen Ansprüchen, die Reparationsforderungen oder Schuldenkonsolidierung erst auf die Tagesordnung setzten. Von daher ist die Trennung der damaligen internationalen Politik in internationale Sachstrategien einerseits und nationales Macht- beziehungsweise Prestigestreben andererseits 7 irreführend. Gerade die Nationalinteressen, die von 1929 an mit manchmal verwerflichem Unterton zur Erklärung der Weltwirtschaftskrise bemüht werden, wirkten bereits in der Genesis des internationalen Wirtschaftssystems, wie es sich 1924 in der deutschen Stabilisierung zeigte, mit. Nur unter diesem Aspekt scheint es sinnvoll, einen Zusammenhang zwischen der Art der Stabilisierung und der Krise zu behaupten — er schließt freilich jeden Determinismus aus.

5

Knut Borchardt, Zwangslagen und Handlungsspielräume

in der großen

Wirtschafts-

krise . . . , S. 323; eine Kritik an Borchardts T h e s e findet sich bei Carl-Ludwig Holtfrerich, Alternativen

zu Brünings

Wirtschaftspolitik...,

und umfassender bei Henning

Köhler, Knut Borchardts „ Revision des überlieferten Geschichtsbildes" der litik in der Großen Krise — Eine Zwangsvorstellung?, Korrespondenz

in: Internationale

zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung,

19. J g . (1983), S. 1 6 4 —

180. 6

Etwa bei G . Schmidt, Dissolving International

7

A. a. O., S. 349; vgl. auch Kap. 1/2, S. 7, Anm.

Politicsf ...

Wirtschaftspo-

wissenschaftliche

a.a.O.

2« den „Lehren"

der

Zwischenkriegszeit

181

Abschließende Bemerkungen zu den „Lehren" der Zwischenkriegszeit Wenn diese Arbeit mit ihren Darstellungen und Ergebnissen in sich schlüssig ist, das internationale System der zwanziger Jahre also als Hegemonialverhältnis ohne Hegemon eingeschätzt werden kann, ist die Frage nach den Lehren, die aus diesem Zustand gezogen werden müssen, höchst durchsichtig. In der T a t : Kindlebergers Forderung, daß die Weltwirtschaft von nur einem Subjekt stabilisiert werden kann und darf, ist mittlerweile erfüllt worden. Das scheint indessen aber weniger das Resultat eines kognitiven Lernprozesses bei den Verantwortlichen als vielmehr dasjenige des Machtzuwachses gewesen zu sein, den die Vereinigten Staaten am Ende des Zweiten Weltkrieges errungen hatten. Wenn wir, eingedenk unserer Kenntnisse des Inhalts der Nationalinteressen der vier Großmächte und der daraus folgenden Entwürfe für die europäische Stabilisierung, Ursachen für die Weltwirtschaftskrise suchen, finden wir an erster Stelle nicht etwa mangelnde theoretische Durchdringung, Ratlosigkeit oder Irrtümer über die Lage, sondern Mittelinsuffizienz bei allen Beteiligten — positiv gesprochen: auf der Grundlage der Ausschließlichkeit der Interessen noch zuviel Macht auf allen Seiten. So erscheint die Krise nicht etwa dadurch verursacht, daß sich die Politiker der Vereinigten Staaten in ihren Mitteln täuschten, sondern vielmehr als Konsequenz des Unvermögens, die Europäer — insbesondere auch die Deutschen — zur Aufgabe ihrer Großmachtambitionen zu zwingen. 8 Wir bemerken mit Boyce, daß die britische Führung kaum positive Beiträge zur Steuerung und Erhaltung des Weltwirtschaftssystems leistete, 9 aber wir fragen uns angesichts der britischen Interessen, warum sie das überhaupt hätte tun sollen. Es gab ja gar keinen Grund, warum London das System, das seinen Hauptkonkurrenten immer deutlicher begünstigte, stabilisieren sollte. Und zur umstandslosen Relativierung des eigenen nationalen Vorteils und der damit implizierten Unterwerfung nach französischem Beispiel war das Empire einfach noch zu mächtig.

8

Einen ähnlichen Irrtum begeht D. P. Silverman, Reconstructing

Europe...,

S. 281,

wenn er behauptet, daß einzig Hitler, Stalin und Mussolini die Staatmänner waren, die die — wirtschaftspolitischen — Zeichen der Zeit „verstanden". Ihre Politik war Machtpolitik und hatte mit theoretischer Durchdringung absolut nichts zu tun. 9

R . W . D. Boyce, British Leadership in the International

Economic System...,

S. 329.

182

IV. Die deutsche Stabilisierung

von

1924

Aufgrund des gegensätzlichen Inhalts der langfristigen Nationalinteressen erscheint die Weltwirtschaftskrise als Ausdruck einer wohl unvermeidlichen machtpolitischen Konfrontation, die zunächst mit nur wirtschaftlichen Mitteln ausgetragen wurde. Protagonisten einzelner Nationalstandpunkte, sei es nun des letztlich erfolgreichen oder aber eines derjenigen, die nicht realisiert wurden, müssen sich fragen lassen, ob in den von ihnen favorisierten Konzeptionen des internationalen Systems nicht ebensoviel Konfliktstoff angelegt war wie in der schließlich verwirklichten. Die Kontinuität des deutschen „Griff(s) nach der Weltmacht" 1 0 ist in der internationalen Geschichtsschreibung gemeinhin anerkannt. Die Bewältigung seiner katastrophalen Konsequenzen ist bis heute nicht abgeschlossen. Aber auch für den Fall der erfolgreichen Durchsetzung französischer oder britischer Welt- beziehungsweise Weltwirtschaftsordnungen wären weltkriegsähnliche Konflikte nicht auszuschließen gewesen. Im internen diplomatischen Verkehr wurden Entwicklungen wie etwa französisch-britische oder britisch-amerikanische Kriege durchaus ernsthaft erwogen. Es scheint hier, daß die Frage nach dem Verursacher der Krise, nach dem Alleinschuldigen also, nurmehr zum Hinweis auf die Koalitionen, unter denen der Konflikt ausgetragen wurde, führen kann: Gute Gründe im Sinne von berechtigten nationalen Interessen, die es zu verteidigen galt, hatten offenbar alle beteiligten Nationen. Demzufolge wäre es sinnvoll, die Schuldfrage, für die es im vorliegenden Fall vier gleichermaßen fragwürdige Antworten gibt, aufzugeben zugunsten einer Kritik des fundamentalen Prinzips, in dessen Verfolgung alle Beteiligten ihren Beitrag nicht nur zum Ausbruch der Wirtschaftsskrise geleistet haben: des nationalstaatlichen. Das wäre durchaus auch einmal eine Lehre, die man aus der Zwischenkriegszeit ziehen kann.

Anspielung auf Fritz Fischer, Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18, Kronberg/Ts. 1977 (1961), und die nach ihm benannte Kontroverse um die Kontinuität deutscher Großmachtambitionen. 10

QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS 1. a)

Quellen unveröffentlichte

Archiv der Bank of England, Threadneedle St., London Germany (OV 34), Diary of Montagu Norman, Sir Charles Addis Papers (ADM 16), R . G. Hawtrey Papers ( E I D 4). Archiv für Christlich-Demokratische Politik, St. Augustin b. Bonn Nachlaß Stinnes. Archiv der Federal Reserve Bank, Liberty St., New York Benjamin Strong Papers, Reparations (797), Reichsbank (C 261). Archiv der Hoover Institution on War, Revolution and Peace, Stanford, California Arthur N. Young Papers, Henry M. Robinson Papers, James A. Logan Papers. Archives Nationales, Rue des Archives, Paris Papier Tirard (AJ 9). Bibliothèque Nationale, Paris Nachlaß Raymond Poincaré. Bundesarchiv Koblenz Akten der Reichskanzlei (R 43 I), Akten des Reichsfinanzministeriums (R 2), Nachlaß Schacht. Historisches Archiv der Stadt Köln Nachlaß Adenauer, Nachlaß Marx. Library of Congress, Manuscript Division, Washington D. C. Leonard P. Ayres Papers, Stuart M. Crocker Papers, Charles E. Hughes Papers. National Archives, Washington D. C. Records of the Department of State. Public Record Office, Kew, Richmond, Surrey, England Treasury Papers, Sir O t t o Niemeyer Papers, Foreign Office: General Correspondence (FO 371). Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv, Köln Akten der Niederrheinischen Handelskammer Duisburg-Wesel.

b) Quellensammlungen,

Statistiken

Anthony Adamthwaite, The Lost Peace. International London 1980.

Relations in Europe,

1918—1939,

184

Quellen- und Literaturverzeichnis

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2. Aufsätze,

Dissertationen

und

Bücher

Aldcroft, Derek H., Britische Währungspolitik und Wirtschaftstätigkeit Jahren, in: Harald Winkel (Hrsg.), Finanz- und wirtschaftspolitische Zwischenkriegszeit, Berlin 1973, S. 93—120.

in den 20er Fragen der

Aldcroft, Derek H., The European Economy, 1914—1980, London 1980. Andrew, Christopher M./Kanya-Forstner, A. S., The Climax of French Imperial sion 1914—1924, Stanford 1981.

Expan-

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1925— 1924— Depre-

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London 1957.

Quellen- und

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PERSONENREGISTER Verfasser von Sekundärliteratur sind nur aufgenommen, wenn sie direkt im Text genannt werden. Kursive Zahlen verweisen auf die Anmerkungen. Addis, Sir Charles Steward, Direktor der Bank von England, 1918—1919 im Cunliffe-Komitee, Vorsitzender der Hongkong & Shanghai Bank, 1924— 1930 britischer Vertreter im Generalrat der Reichsbank 174 Adenauer, Konrad, Zentrumspolitiker, 1917—1933 Oberbürgermeister von Köln 15,37, 60—63, 65, 68, 74, 85 f. Alberti, Mario, italienisches Mitglied in den Expertenkomitees 128 Aldcroft, Derek H. 100 Allix, Edgard, Professor der Rechte in Paris, frz. Mitglied im Expertenkomitee 128 Artaud, Denise 15 Atthalin, Direktor der Banque de Paris et des Pays-Bas, im frz. Expertenstab beim Dawes-Komitee 72 f., 128, 141 Aupetit 41 Ayres, Leonard Porter, Statistiker, während des Krieges mit Aufgaben in der Materialbeschaffung für die Kriegsführung betraut, seit 1920 Vizepräsident der Cleveland Trust Co., Chief Statistical Officer bei der amerikanischen Delegation zu den Friedensverhandlungen, Economic Advisor der amerikanischen Experten beim Dawes-Komitee 138, 143, 144, 147

Barthou, Louis, 1921 —1922 Kriegsminister, 1922 Justizminister, 1922—1926 Präsident der Reparationskommission 25 Baur 53 Bayersdörfer, Kreistagspräsident der Pfalz 53 Becker, Darmstädter Nationalbank 66 Becker, Essener Creditanstalt 66, 69 Bei 69 Bendix 53, 66, 69 Bérenger, Henry, Radikal-Sozialist, 1922 bis 1926 Berichterstatter der Finanzkommission des frz. Senats, 1926—1928 frz. Botschafter in Washington, wo er das frz.-amerikanische Schuldenabkommen aushandelte 18 Bergmann, Carl, 1919—1921 Staatssekretär im Reichsfinanzministerium, dt. Reparationsexperte, Präs. der Kriegslastenkommission 37, 40, 109 Bernhard, Mitglied im Reichsbankdirektorium und im Vorstand der Golddiskontbank 156, 161 Beuerungen 53 Beusch, Paul 35 Bieser 53 Blackett, Sir Basil Phillott, Direktor der Bank von England, 1904 Eintritt ins Treasury, seit 1914 befaßt mit WechselBaignères, Crédit Commercial 28, 44 kursproblemen zwischen Sterling und Baldwin, Stanley, britischer PremierminiDollar, 1919—1922 Controller of Fister 1923—1924, 1924—1929 96 nance 104 f . Bamberger 66 Bley, Fabrikant, Pfälzer Separatist 53 Bark, Peter, Bank von England 151 f. Borchardt, Knut 180 Bariéty, Jacques 13, 17, 28 Born 53

Personenregister Boyce, Robert W. D. 181 Brachel, von 53 Bradbury, Sir John Swanwick, 1913 Eintritt ins britische Treasury, britischer Reparationsdelegierter in Paris 1919— 1925 116, 129—131 Breaud, Henry, Direktor der frz.-belg. Eisenbahnverwaltung für die besetzten Gebiete 55 Brentano, von, rheinischer Zentrumspolitiker, Mitglied des Reichstags 60 Breudel 66 Brüning, Heinrich, Zentrumspolitiker, 1930—1932 Reichskanzler in der Weltwirtschaftskrise, der durch eine deflationäre Finanzpolitik die Auswirkungen der Krise verschärfte 170, 180 Brulloph, Reichsbankfiliale Ludwigshafen 53 Bücher, Hermann, Präsidiumsmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie (RDI) 143

191

Cunliffe, Lord 101 Cuno, Wilhelm, 1917 Direktor der Hamburg-Amerika-Linie (Hapag), November 1922 bis August 1923 Reichskanzler 36f., 89 Curzon, Lord George Nathaniel, 1919— 1924 britischer Außenminister 124

D'Abernon, Lord Edgar Vincent, Berufsdiplomat, vorwiegend im Nahen Osten tätig, 1920—1926 britischer Botschafter in Berlin 91, 98 f., 110,142, 162 Dalberg, Rudolf 169 D'Amelio 109 Dariac, Adrien, Präsident der Finanzkommission der frz. Kammer, der nach einer Rundreise durch die besetzten Gebiete einen Bericht vorlegte, in dem er die Abtrennung des Rheinlands vom Reich forderte 25 Davis, John, Finanzberater bei der amerikanischen Delegation in Versailles, 1919—1921 Staatssekretär beim USTreasury, 1923—1924 im Expertenstab der Dawes-Kommission 137f . , 144 Dawes, Charles Gates, Jurist und Bankier aus Chicago; 1897—1902 Comptroller of the Currency, seit 1902 Präsident und Vorsitzender der Central Trust Co. of Illinois, Chicago, ferner Präsident der Rufus F. Dawes Hotel Association; Kriegseinsatz in Frankreich vom Juli 1917 bis zum August 1919, zuletzt als hochdekorierter Brigadegeneral; 1921 Berufung zum Direktor des Federal Budget System 1923 Berufung auf den Vorsitz des Komitees zur Untersuchung der deutschen Zahlungsfähigkeit (DawesKomitee) 126 f., 166 Dayras, Gabriel, Chef der DeutschlandAbteilung im frz. Außenministerium 55 Debrix 30 Decamps 55

Chamberlain, Arthur Neville, 1923—1924 Chancellor of the Exchequer (Finanzminister) 114 Chandler, Lester V. 102 Chasseriau 30 Clegg, W. H., Gouverneur der Zentralbank des südafrikanischen Dominions 114, 119 f., 149 Coolidge, Calvin, als Nachfolger des überraschend verstorbenen Warren G. Harding seit dem 3. August 1923 30. Präsident der Vereinigten Staaten 127 Cossmann 53 Costigliola, Frank C. 122, 156, 171 f. Crocker, Stuart M. Ursprünglich in die amerikanische Expertendelegation aufgenommen, um Charles G. Dawes zu assistieren, blieb Crocker ohne Beschäftigung, weil Dawes seinen Bruder Rufus mit nach Europa brachte. Crocker zeichnete aus Langeweile Karikaturen der Verhandlungsteilnehmer und schrieb Degoutte, General Jean-Joseph-Marie, ein launiges Tagebuch 128 1920—1924 Kommandeur der frz. RheinCroon 54 armee 29, 46, 48, 55, 66f., 71, 78, 80

192

Personenregister

Delacroix, Leon, belgischer Staatsmann, Giscard d'Estaing, Edmond, FinanzberaDelegierter bei der Reparationskommister Paul Tirards 30/., 49, 54, 57—59, 80 Goldschmidt 53 sion 109 Dörner 54 Goldsmith, Alan, inoffizieller Kontaktmann des am. Handelsministers im Stab Draper, Lloyds Bank 159 des Expertenkomitees der Dawes-KomDyckerhoff 66 mission 127, 137, 140, 144, 145 Gravières 42 Ehrhardt 53 Guebhard, Banque de France 136 Eich 54 E m m e t t , Richard S., Privatsekretär bei Guinness, Gouverneur der Bank von Irland 1923 150 US-Handelsminister H o o v e r 146 Erdmann, Karl Dietrich, 15

Hagen, Louis, Bankier, Teilhaber bei A. Fauth 66 Levy und Sai. Oppenheim & C o in Köln, Finaly, Horace, Generaldirektor der BanPräsident der Kölner Industrie- und que de Paris et des Pays-Bas 93 Handelskammer 48, 62, 63, 66, 68, 69, Finlayson, Horace Courtenay Forbes, 70, 71, 72—74, 76, 82—84, 92 Sept. 1919 Privatsekretär bei John Brad- H a m b r o , Olaf, Londoner Bankier 159 bury in Paris, Febr. 1921 Finanzsachver- H a m m 58 ständiger im Dienst der R e p K o in Berlin, H a m m , Eduard, 1920—1924 Reichstags1923—1928 Finanzberater der britiabgeordneter der D D P , N o v . 1922 bis schen Botschaft in Berlin 110,159, 162 Aug. 1923 Staatssekretär der ReichsFletcher, H e n r y Prather, amerikanischer kanzlei im Kabinett C u n o , N o v . 1923 Botschafter in Belgien vom März 1922— bis Juni 1925 Reichswirtschaftsminister 1924 109 im Kabinett Marx 98 Flora, Federico, italienisches Mitglied im Hammerschmidt, rheinischer Bankier 64, Expertenkomitee 128 66, 69 Francqui, Emile, Bankier, Direktor bzw. Hansen 53 Vizegouverneur der Société Generale, Harvey, Sir Ernest Musgrave, Eintritt in 1923—1924 belgischer Sachverständiger die Bank von England 1885, seit 1925 im Dawes-Komitee 128, 135, 137 Controller, seit 1928 Deputy Governar Franklin, A r t h u r Ellis, Bankier, Teilhaber 139, 141,143, 151 f., 160 bei Keyser & Co, London 159 Hauff 69 Friedrich, Mitglied im ReichsbankdirektoH a u t a i n , Gouverneur der belgischen N a rium, im Vorstand der Golddiskonttionalbank 158 bank 161 Havenstein, Rudolf E. A., Jan. 1908 bis Fuchs, Mitglied im ReichsbankdirektoN o v . 1923 Präsident der Reichsbank 33, rium, im Vorstand der Golddiskont36, 45, 98 bank 161 Helfferich, Karl Theodor, Prof. der Staatswissenschaft, 1916—1917 Staatssekretär des Innern, 1918 dt. Vertreter in Gaiffier D ' H e s t r o y , E d m o n t , BerufsdiMoskau, 1920—1924 Vorsitzender der plomat, seit 1916 belgischer Botschafter D N V P im Reichstag 9 2 , 1 1 3 , 1 3 4 , 1 4 3 f. in Paris, persönlicher Freund Poincarés Hemmig, Richard, Londoner Bankier 114 41 H e r m a n t , Max, Secrétaire général der interGanz, Barmer Bankverein 50, 60 alliierten H o c h k o m m i s s i o n beim frz. Geiss, Bankier aus Boppard 53, 54

Personenregister

193

Finanzministerium in Paris 27, 29, 30, der Besatzungsmacht 1923 ausgewiesen, 31,33, 40, 55 von 1923 bis 1925 Reichsminister des Hermes, Andreas, Zentrumspolitiker, Innern und Vizekanzler 86 f., 134 Jenks, Jeremiah Whipple, Professor für po1921—1923 Reichsfinanzminister 45 litische Ökonomie und SozialwissenHerrick, Myron T., amerikanischer Botschaften an der Cornell-Universität bis schafter in Paris 136, 166 1912, dann wechselnde BetätigungsfelHerring, amerikanischer Mitarbeiter im der als Berater der Regierung 89, 143 Stab des Expertenkomitees 144 Herriot, Edouard, Radikal-Sozialist, fran- Johannsen, Oberbürgermeister von Krefeld 54 zösischer Premierminister 1924—1925, 1932 178 Herter, Beamter im US-Handelsministerium 137, 140, 143, 145 Hertin 53 Hirschland, Simon, rheinischer Bankier 66, 69 Hitler, Adolf, Vorsitzender der N S D A P , 1933—1945 Reichskanzler 68,170 f .,181 Hoesch, Leopold G. AI. von, Berufsdiplomat, 1923—1924 deutscher Geschäftsträger in Paris Januar 1924—1933 deutscher Botschafter in Paris 38, 79, 82 Holtfrerich, Carl-Ludwig 17, 34 f. Hoover, Herbert Clark, Secretary of Commerce (Handelsminister) der Vereinigten Staaten März 1921—1928, 1928—1932 31. Präsident 172 Houghton, Alanson B., amerikanischer

Kellogg, Frank B., 1923—1924 amerikanischer Botschafter in London, März 1925—1929 Nachfolger von Außenminister C. E. Hughes 158 Kauffmann, seit 1908 Mitglied des Reichsbankdirektoriums 156,161 Kaufmann, rhein. Bankier 64 Keml 58 Kemmerer, Edwin Walter, Professor für Wirtschafts- und Finanzwissenschaften an der Cornell-Universität (bis 1912) und dann in Princeton. Berufung zum Finanzberater der amerikanischen Expertendelegation 1923 135—139, 143, 144, 146,165 Kenzel, E. R. 163 Kilmarnock, Lord Victor Alexander Serchet Hay, 1920 Chargé d'Affairs an der britischen Botschaft in Berlin, dann Botschaftskanzler, seit 1921 Hochkommissar der Interalliierten Rheinlandkommission in Koblenz 31, 64, 70, 72, 79f., 84

Botschafter in Berlin 171 Houtard, Maurice, 1918—1925 Abgeordneter im belgischen Parlament, 1926— 1932 belgischer Finanzminister 128 Hughes, Charles Evans, Außenminister der Vereinigten Staaten von März 1921 bis März 1925 109, 125,136, 166 Kindersley, Sir Robert Molesworth, 1914—1946 Direktor der Bank von England, daneben im Vorsitz der Lazard Janssen, Albert Edouard, 1908—1925 DiBrothers Bank, London, Governor der rektorderbelgischen Nationalbank, seit Hudson Bay Compagnie 108, 114, 116, 1920 auch Präsident der Finanzkommis126, 128, 129—132,135,138 f., 141,142, sion beim Völkerbund, 1925—1926 belgischer Finanzminister 41 f., 62 f., 64, 145, 146 f., 165,166 128, 136, 141 Kindleberger, Charles P. 181 Janus 67 Kipgen 54 Jarres, Karl, seit 1914 Oberbürgermeister Kirsten 53 von Duisburg, Vorsitzender des Rheini- Kleefoot 53 schen Provinziallandtags und Städte- Klöckner, Peter, Generaldirektor der tags, im Gefolge der Ruhrinvasion von Klöckner-Werke 67

194

Personenregister

Köhler, Henning 15 Kohl 53 Krohn, Claus-Dieter 127 Kronenberger 53 Kruge 66 Krüger, Peter 14 Kutsche 53

Lasteyrie du Saillant, Comte Charles Ferdinand de, Republikaner, Januar 1922— März 1924 frz. Finanzminister 25 f., 28—34, 40 f., 46—49, 55, 61, 71, 78, 84 Leaf, Walter, Bankier, Vorsitzender der Westminster Bank und der International Chamber of Commerce in London 114 Lehr 66 Letendau 41 Levy 30 Lichtschlag, Reichsbankfiliale in Köln 53 Link, Werner 8, 166, 171, 177 Lissmann 66 Litwin, von 93 f. Logan, James Addison Jr., Militärlaufbahn von 1901—1922, zuletzt als Colonel beim Stab. Als amerikanischer Beobachter bei der französischen Armee von 1914—1917, danach Missionen zur Koordination amerikanischer Aktivitäten in Europa und Rußland. Von Dez. 1919 bis Juli 1923 stellvertretender, dann bis Mai 1925 leitender amerikanischer Beobachter bei der RepKo 123, 165 f. Lubbock, Cecil, Direktor der Bank von England 150 Ludendorff, Erich, Infanteriegeneral, Kriegsheld, 1916—1918 im Obersten Heereskommando, 1924—1930 Reichstagsabgeordneter der NSDAP 68 Ludovici, August, Industrieller, Vorsitzender der Pfälzer Industrie- und Handelskammer 58 Lübsen 67 Luther, Hans, 1918 Oberbürgermeister von Essen, Dez. 1922 Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft, seit Oktober 1923 Reichsminister der Finanzen

in den Kabinetten Stresemann und Marx 63, 67, 81, 86, 134 Lutze 53

MacDonald, James Ramsay, Labourpolitiker, 1922 Oppositionsführer im Unterhaus, Jan.—Nov. 1924 britischer Premierminister 130, 131, 145 Machenheimer 53 Maier, Charles S. 13 Margerie, Pierre Jacquin de, 1922—1931 frz. Botschafter in Berlin 31 Marks, Sally 8 Marx, Paul, rhein. Bankier, Inhaber des Barmer Bankvereins 58, 60 Marx, Wilhelm, Zentrumspolitiker, seit dem 1. Dezember 1923—1925 Reichskanzler 82, 86 Mayer-Alberti 53 McDougall, Walter A. 14, 88 McFadyean, britischer Mitarbeiter im Expertenstab bei der Dawes-Kommission 145 f. McKenna, Reginald, 1915—1916 Chancellor of the Exchequer (Finanzminister) 1919 Vorsitzender der London Joint City and Midland Bank, 1923—1924 Mitglied der britischen Delegation beim Dawes-Komitee 114,128, 142,146,159 Mehl 66 Mendelssohn 69 Meerfeld, Johannes, rheinischer Sozialdemokrat, seit 1920 Beigeordneter der Stadt Köln 65 Metz, Adalbert de, General, délégué supérieur der Hochkommission in Speyer 58, 61

Meyer, Kölner Beigeordneter 62 Meyer, Bankier, Mainz 69 Mönnig, Hugo, Zentrumspolitiker, Mitverleger der Kölner Volkszeitung, Vorsitzender der rheinischen Zentrumspartei, seit 1908 im Rheinischen Provinziallandtag 63, 65 Moggridge, Donald E. 100 Moldenhauer, Paul, Professor der Versi-

Personenregister cherungswissenschaft, 1919—1932 DVPAbgeordneter im Reichstag 86 f. Moll, Victor, Präsident der Schwedischen Reichsbank 119f„ 150 f. Mommsen, Hans 170 Morgan, John Pierpont Jr., amerikanischer Superbankier(1913—1943) mit weltweiten Beziehungen (Bankhaus J. P. Morgan & Co), Aufsichtsratvorsitzender vieler Unternehmen, darunter der U. S. Steel Corporation, deren Zusammenschluß er 1901 organisiert hatte 109, 126, 173 Morgenthau, Hans-Joachim 7 Murphy, 1924 Gouverneur der Bank von Irland 150 Mussolini, Benito 181

195

1923; frz. Experte im Dawes-Komitee 1923—1924 31, 128, 135f., 137, 141 Pease, John William Beaumont, Vorsitzender der Lloyds Bank und der London and River Plate Bank, Sprecher der Londoner Clearing Banks 90f., 114 Pferdmenges, Robert, Teilhaber bei Sai. Oppenheim & Co, Köln 64, 66, 69 Philippe, Raymond, Lazard Frères, Paris 30 Philippson, Frantz, Bankier aus Brüssel 72 f. Pirelli, Alberto, Industrieller, italienischer Experte bei der Dawes-Kommission 1923—1924 128 Poincaré, Raymond, Rechtsanwalt, Republikaner, 1913—1920 frz. Premierminister, Demission als Präsident der Reparationskommission 1920 wegen deren Nakane, Mitarbeiter der japanischen BotSchwäche, 1922—1924 Premier- und schaft in London 150 Außenminister in Personalunion 14, 20, Nathan 53 25, 28—32, 40 f., 46—49, 55, 58 f., 61, Niemeyer, Sir Otto Ernst, 1906 Eintritt 64 f „ 7 3 , 77 L, 82 f., 86, 90, 96, 115, 122, ins Treasury, 1922—1927 Controller of 177 Finance, Mitglied des Finanzkomitees Poisson, Finanzberater Tirards neben Gisbeim Völkerbund 64, 88, 114,130, 133 card 30 Norman, Montagu Collet, 1918—1920 Deputy Governor, 1920—1944 Gouver- Pollard, Sidney 100 neur der Bank von England 88—94, 100—103, 108, 110—121, 128—135, Rauhof 58 138—146, 148—159, 163, 166f., 173— Rauterstrauch 53 Reins 53 175 Reisch, Richard Johann, Professor der Rechtsund Staatswissenschaften, Oehmen, Karl 49 1918—1920 Staatssekretär bzw. österOpel, Wilhelm von 53, 57 reichischer Finanzminister, befaßt u.a. Oppenheim, Bankiers 69 mit der Auflösung der öst.-ung. StaatsOudiette 30 bank; 1922—1932 Präsident der ÖsterOverhues, Oberbürgermeister von Düren reichischen Nationalbank 151 53 Reumont, von 53 Robinson, Henry Mauris, Rechtsanwalt, Präsident der First National Bank of Los Palm 53 Angeles, amerikanischer Leiter des zweiParmentier, Jean Victor Guislain, 1914— ten Expertenkomitees neben Reginald 1915 Kriegsteilnehmer mit AuszeichMcKenna 128, 143,145 f. nung, 1917 Privatsekretär beim frz. Finanzminister, 1919—1921 Regierungs- Rolin-Jaequemyns, Baron Edouard, Jurist, 1890—1904 Chefredakteur der „Revue direktor in der Zentralverwaltung, 1921 de Droit international de Législation Direktor des Mouvement général des comparée", 1920—1925 belgischer Hochfonds, Rücktritt unter Protest im März

196

Personenregister

kommissar in der interalliierten Rheinlandkommission 3 1 , 6 3 , 6 4 , 6 6 , 7 2 , 7 8 , 8 0 Roussellier, Amédée, Dèlégué general in der Hochkommission 30 Rüssel, Oberbürgermeister von Koblenz 53 Rupieper, Hermann J . 125 Rygg, N., Präsident der Bank von Norwegen 119 f., 151

Schulte, Karl Joseph, Kardinal, Erzbischof von Köln 62 Schweisguth, Delegierter des frz. Finanzministeriums bei der interalliierten Hochkommission im Rheinland 65, 68, 80 Seidel 58

Sergent, Charles, Vizepräsident der Banque de l'Union Parisiertne, später frz. Mitglied im Aufsichtsrat der Reichsbank 41,109 Saint-Aulaire, Comte Auguste Felix de, Servais 53 Berufsdiplomat, 1920—Dez. 1924 frz. Seydoux, Charles Louis Auguste Jacques, Botschafter in London 90 Beamter im frz. Außenministerium, Mai Salis-Soglio, von 53 1919—Okt. 1924 ass. Direktor für Handelsangelegenheiten, daneben SachverSchacht, Hjalmar Horace Greeley, Stellständiger für Reparationsfragen und vertretender Direktor bei der Dresdner später geistiger Vater der deutschBank bis 1915,1915—1923 leitender Anfranzösischen Industrieabkommen 17, gestellter bei der Darmstädter Natio31, 33, 47, 70, 77, 79 f., 96 nalbank, während des Krieges Einsatz in Belgien, November 1923 Reichswäh- Silverberg, Paul, 1903—1933 Generaldirektor der Rheinischen Aktiengesellrungskommissar, seit 1. Dezember 1923 schaft für Braunkohlenbergbau und BriPräsident der Reichsbank 1, 74f., 82, kettfabrikation in Köln, Vorsitzender 91—95, 102 f., 110—119, 128—135, des Rheinischen Braunkohlesyndikats 142—145, 149, 153, 154—159, 162 f., 62, 67, 85 165, 168, 170 f. Silverman, Dan P. 15 Schiffers 53 Simon, öst. Bankier 94 Schmelzle, Oberbürgermeister von PirmaSnowden, Lord Philip, 1924 Chancellor of sens 53 the Exchequer (Finanzminister) 130 f., Schmidt, Gustav 8 f. 145 Schmitt 53 Schnakers, Bankier in London 114 Schneider, frz. Schwerindustrieller 25 Schnyder de Wartensee, Schweizer Nationalbankier 119, 121, 150 f. Schröder, Kurt von, rhein. Bankier 66f., 69, 74

Soutou, Georges 14 Spoelgen 62 Stalin, Josef 181 Stamp, Sir Josiah Charles, Statistiker, 1919—1926 Direktor der Nobel Industries, Ltd. in London, 1923—1924 Mitglied der britischen Delegation beim Schroeder, Bruno, Teilhaber bei ] . H. Dawes-Komitee 128, 130, 140, 145 f. Schroeder, London 67, 90 Schroeder, Franz, Vertreter der Reichsfi- Stein, Carl von, rheinischer Bankier 27 f., nanzverwaltung bei den Verhandlungen 30, 33 f., 38—41, 44, 54, 64 f. in Brest-Litowsk, Bukarest, Versailles, Sthamer, Friedrich, 1920—1930 deutscher Spa, Brüssel, London, Cannes und GeBotschafter in London 87 nua; seit 1920 Staatssekretär im Reichs- Stinnes, Hugo, Großindustrieller und Infinanzministerium 37 flationsgewinnler, Besitzer von 28 GeSchuker, Stephen A. 14 sellschaften mit ca. 127000 Arbeitern Schulte 53 und Angestellten vorzugsweise aus dem

Personenregister

19 7

Nederlandsche Bank 108, 112—115,121, Energie- und Versorgungssektor 1, 18, 130, 132,134, 150, 153, 154, 156 f. 45, 62, 67, 85, 96f., 168 Strakosch, ungarischer Wirtschaftswissen- Vlissingen, niederländischer Industrieller 69 schaftler 139 Strecker 53, 60 Vocke, Wilhelm, seit 1919 Mitglied im Reichsbankdirektorium 159 f. Stresemann, Gustav, Mitbegründer der DVP, Reichskanzler im Herbst 1923 zur Vogler, Albert, 1915—1926 GeneraldirekLiquidation des Ruhrkampfes, Außentor der Deutsch-Luxemburgischen Bergminister von Dezember 1923 bis 1929 50, werk- und Hütten AG in Bochum, Vor63, 67, 74, 86, 9 4 , 1 6 8 sitzender der Vereinigten Stahlwerke 67, Streuber 69 85 Strohl, Banque de France 41, 55, 136 Strong, Benjamin, 1914—1928 GouverWaldthausen, von 66 neur der Federal Reserve Bank of New Waley, Londoner Bankier 90 York 102 f., 117f„ 123, 130f„ 163, 166, Warburg, Paul Moritz, Bankier in New 174 York (Kuhn, Loeh & Co), 1914—1918 Suth 53 Mitglied des Federal Reserve Board, 1921—1932 Vorsitzender der InternaTannery, Jean, Finanzberater General Detional Acceptance Bank New York 154 f., gouttes 30 163, 164 Theunis, Georges, 1919—1925 belgischer Weber 30 Finanzminister, seit 1921 gleichzeitig Weidenhander 66 Premierminister 73 Weidmann 53 Tiarks, Frank Cyril, Bankier, seit 1902 Weil 53 Teilhaber bei John Henry Schroeder & Wendel, Francois de, Stahlindustrieller aus Co, seit 1912 Direktor der Bank von Joeuf, Präsident des Comité de Forges, England 114 1914—1933 in der Deputiertenkammer Tirard, Paul, 1918—1930 frz. Vertreter in 25 der interalliierten Hochkommission Wiedtfeld, Otto, 1922—1925 deutscher 27—32, 37 f., 40 f., 45—66, 70, 72—74, Botschafter in Washington, D. C. 18, 97 76—83, 84, 85 f., 92, 9 4 , 1 5 8 Wilden 66 Tomlinson, Jim 101 Witte 62 Tower, britischer Mitarbeiter im Stab der Wolff, Otto, Industrieller, stellv. VorsitExperten des Dawes-Komitees 144 zender im Aufsichtsrat der Phoenix AkTrachtenberg, Marc 14, 17 tiengesellschaft, Düsseldorf 65 Troeblingen 66 Wuppermann, Bankier 66, 69 Troelsch 58 Troughton, Finanzberater des britischen Vertreters in der interalliierten Hoch- Young, Arthur Nichols, Nationalökonom, Beratertätigkeit u. a. bei der mexikommission für die besetzten Gebiete 72 kanischen Regierung und beim amerikanischen War Trade Board, 1919—1920 Unruhe 58 und 1921—1922 Berater beim Außenministerium in Washington, 1923—1924 in Van Zeeland, Paul 41 seiner Eigenschaft als Leiter der AußenVelsen, von 67 handelsabteilung des State Department Vissering, Gerard, 1906—1912 Präsident neutraler Beobachter bei den Expertender Javabank, 1912—1931 Präsident der

198

Personenregister

1924 Verhandlungsleiter des ExpertenVerhandlungen in Paris 125f., 140, 143, komitees neben Charles G. Dawes 126 f., 147,155, 165 129,142,171 Young, John 113 Young, Owen D „ Jurist, 1922—1944 Vorsitzender der General Electric Radio Zimmermann, Ludwig 14 Corporation of America (RCA), 1923— Zum Kley 53

SACH- UND ORTSREGISTER Kursive Zahlen verweisen auf die Anmerkungen Aachen 53, 57 Internationale Bank te Amsterdam Abkommen zur Zusammenarbeit zwi156 schen Reichsbank und Bank von EngNederlandsche Accept Maatschappij land 116,157—161 156 Agrarexport, amerikanischer 123 Notenbank, neue deutsche 130— Agrarwirtschaft, deutsche 163 132, 134, 135—148, 159, 169 f. Allgemeinwohl 5 f., 101 f., 125 Direktorium 137, 145 f. American Bankers Association 172 Kommissar 137, 168 f. Arbeitslosenunterstützung, Fortführung Deckungsvorschriften 147—149 der 86 Aufteilung 135—137, 168 Außenhandel Mindestreserve Vorschriften 166 — amerikanischer 123, 164 Notenausgabeprivileg 169 — deutscher 22, 9 2 f „ 149, 155f„ 159, Statuten 168 f. 161—164 Notenbank, rheinische, siehe RheinischAußenministerium Westfälische Notenbank — amerikanisches (State Department) 165 Bankierskomitee (zur Untersuchung der — britisches (Foreign Office) 31, 79, 84, 89 Möglichkeiten für eine deutsche Stabilisierung) 108,108f. — deutsches 92 Bankorganisationskomitee 148, 165 f., 169 Außenpolitik 3, 6, 9 , 1 0 , 87, 97 Bayern 60 — amerikanische 171 — britische 108, 158 Belgien 31—34, 64, 80, 121, 136f., 158 — deutsche 87 Bern 151 — französische 13, 15—20, 96 Bonn 30, 53, 57, 69 f., 72 Automatismustheorie 105, 123,144 Botschafterrat 121 Brüssel 42 Bad Ems 58 Badische Anilinwerke 57, 58 Chicago 126 Balfour-Note 21, 107 Banken siehe Bankprojekte, Geschäfts- Clearing-Banks 91, 114, 153, 156 106 banken, Golddiskontbank, Reichsbank, Closed-door-consortium Rheinisch-Westfälische Notenbank, Zen- Conseil Supérieur (de la Défense Nationale) 42 tralbanken Country-to-country-approach 124 Bankprojekte Cunliffe — Bank von Deutschland 136, 141 Komitee 101, 107 — Goldbank — -Report 101, 105 deutsche siehe Golddiskontbank Cuno-Jenks-Plan 89 rumänische 112

200

Such- und Ortsregister

D a r i a c - R e p o r t 25, 48 Dawesplan 7—9, 1 4 0 , 1 6 9 f., 174, 177 — Dawesanleihe9,147,162,167,170,173, 179

Federal Reserve ken

System

siehe Z e n t r a l b a n -

Finanzministerium — a m e r i k a n i s c h e s (Treasury)

— D a w e s - R e p o r t 147 f., 160, 165 f., 171 f.

— britisches (Treasury)

131

16, 6 4 , 7 9 , 8 9 f., 91,

100, 114 — E x p e r t e n v e r h a n d l u n g e n 84, 94 f., 125, 157, 163, 173 — d e u t s c h e s 37 e m p f e h l u n g z u r G o l d k o n v e r t i b i l i - — f r a n z ö s i s c h e s (Trésor) t ä t der M a r k 147—149

D a w e s - K o m i t e e 92, 116, 121—152, 159, F i n a n z p l ä t z e 160, 163, 177f. —Amsterdam — M c K e n n a - K o m i t e e 114, 121 — Expertenstäbe amerikanischer 126 f., 140, 143, 148

22 f., 25, 29, 32,

46—48, 55, 65, 71 39, 112, 115f., 128, 134,

151, 156f., — Berlin 39, 118 — London

britischer 129 f., 140, 144

( C i t y ) 91—93, 1 0 0 f . , 104, 114,

1 1 8 , 1 3 1 f., 1 3 4 , 1 4 5 f., 1 4 8 , 1 5 5 f., 158 f.,

f r a n z ö s i s c h e r 144 162, 167, 174 — S u b - K o m i t e e f ü r H a u s h a l t u n d S t e u e r n — New York 39, 89, 104, 118 f., 148, 156, 126 1 6 2 , 1 6 3 , 167, 174 f. — S u b - K o m i t e e f ü r W ä h r u n g s f r a g e n 128

— Paris 3 2 f . , 41, 61, 159

— S u b - K o m i t e e z u r G r ü n d u n g einer F r a n c , f r a n z ö s i s c h e r l 8 , 2 2 f . , 4 6 , 5 1 , 5 3 , 5 6 , n e u e n d e u t s c h e n N o t e n b a n k 135 f., 152 94 f., 98, 124 f. — Vorgeschichte 121—127 Deficit Spending 125

— E i n f ü h r u n g im R h e i n l a n d 23 f., 28 f., 47—49

Den Haag 72

im Saarland 23

D e u t s c h e V o l k s p a r t e i ( D V P ) 86

in d e r Pfalz 57 f.

D e u t s c h - N a t i o n a l e V o l k s p a r t e i ( D N V P ) — H o r t u n g des 56 f. 143 — R e p a t r i i e r u n g des 59, 84 D o l c h s t o ß l e g e n d e 20 Spekulation 94 f., 158 D o l l a r 23, 93, 104—106, 113, 155 f., 164, Foreign Office siehe A u ß e n m i n i s t e r i u m 174 f., 178 f. D r i t t e s Reich 170 Düsseldorf 57, 70, 72, 78

Geschäftsbanken — Amsterdamscbe Bank 156 — Bankhaus D o r t m u n d 66

Edge-Act 154 Elsaß-Lothringen 18 E m p i r e 120, 181

— — — —

E n t e n t e 121 E r f ü l l u n g s p o l i t i k , d e u t s c h e 17

— Baring Bros. & Co 153 — Barmer Bankverein 50, 53, 66

Eschweiler Bergwerkverein 54

— Wm.

Europa

Banque de l'Union Parisienne 41 Banque de Paris et des Pays-Bas 71, 93 Banque Nationale de Crédit 30, 64 Barclay's Bank 69

Brädt's

115, 118, 122—125, 141, 154, 165, — Brown,

175, 177, 179, 181 politik, britische 95, 121

Sons & Co 154

Shipley & Co 154

— Crédit Commercial de France 28, 33 — D a r m s t ä d t e r Bank 50, 66

— europäischer M a r k t 127

— D e u t s c h e Bank 53 f . , 66

— europäischer W ä h r u n g s v e r b u n d 157

— Essener C r e d i t a n s t a l t 66

E x p o r t i n d u s t r i e , deutsche, siehe A u ß e n - — Goschens & Cunliffe handel

— Guinness,

Mahon

154

& Co 154

Such- und Ortsregister — — — —

Hambros Bank 154, 159 L. Hirsch & Co 159 S. Hirschland 66 Hongkong & Shanghai Banking ration 153 f.

201

93, 95, 110—121, 128—135, 139, 144, 146—149, 151—164, 169, 173 f., 178

— Deckungsfrage 115 f., 118, 129 Corpo- — Entwürfe von Norman 113 — Hope & Co 156 Schacht 110—112 — Fredk. Huth & Co 154 Vissering 112 — Im Thum & Co 154 — Geschäftstätigkeit 161—164 — International Acceptance Bank New — Gründung 132, 135, 146, 150, 161 York 154 f., 156 sbeteiligungen 119f., 132 f., 149— — Kleinworth, Sons & Co 154 152, 161 — Landesbank für die Rheinprovinz 27, skredit der Bank von England 111, 66, 78 113, 115 f., 118—120, 149—152, 159 f. — Lazard Frères 30, 64, 114 — Genehmigung der Experten 132 — H. S. LeFevre & Co 154 — internationale Kampagne 114, 117— — A. Levy 66 121, 149—152 — Lloyds Bank 159 — Notenemission 116, 118, 129, 132f., — London Joint City and Midland Bank 159, 163 114 — Rediskontkredite 152—157, 162, 164 — Mainzer Volksbank 53 amerikanische 154—156, 164 — Mendelsohn & Co 39, 156 britische 153 — Nassauische Landesbank 27, 66 niederländische 156 f. — National City Bank 154 — Statuten 110f„ 118, 131 f. — Nederlandsche Handel-M aatschappij 156 — Vorstand 161 — Pfälzer Bank 53 Goldkonvertibilität 119 — Pfälzer Hypothekenbank 58 — der Mark 9, 111, 136, 138f., 141—148, — Pierson & Co 156 161, 165—168, 172, 178 — Rheinische Volksbank 53 — des Dollar 104 — N. M. Rothschild & Sons 114,153, 159 — des Sterling 100 f., 164 — Rotterdamsche Bankvereinigung 156 Goldschatz, amerikanischer 122 f., 164 — M. Samuel & Co 154 Goldstandard, internationaler 89,101,107, — Schaafhausen'scher Bankverein 54 111, 119, 143 f., 165 f., 175, 178 — ]. H. Schroeder & Co 66, 114, 153 Gulden, rheinischer 27, 30 — Seligman 53, 154 — Simons & Co 66 Handelskammer Ludwigshafen 56—58 — Société Generale Alsacienne 30, 64, 72 HCITR 27 f., 31 f., 39 f., 40, 43, 46—51, — Sparkasse Daun 53 53—60, 62—64, 69, 71, 77—81, 90, 121 — Süddeutsche Diskonto Bank 58 Hegemonialpolitik 176, 179, 181 — Twentsche Bank 156 — amerikanische 167, 172 — van Aalst 156 — britische 101, 167, 175, 178 — Westminster Bank 114 — französische 14, 19, 96 f., 108 — Wiesbadener Bank 53 — deutsche 182 Gold-Devisen-Standard siehe internatio- Hessen-Nassau 60 naler Sterlingstandard Hitlerputsch 68 Holland siehe Niederlande Goldexportembargo, britisches 174 Golddiskontbank, Deutsche (auch Goldnotenbank, Goldbank) 11, 75, 82, 91 — Inflation 21, 34—36, 44

202

Sach- und

Inflationspolitik, deutsche 21 f., 94, 98, U l f . , 162 Interalliierte Hochkommission siehe HCITR Italien 43, 137, 152 Irland 150

Ortsregister — französische 11, 36, 42, 47, 77, 85, 95, 108, 122, 126 f., 158,171 f., 177—179 Nationalökonomie, französische 16 Nationalsozialisten 170 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) 67 New Häven 125

Koblenz 42, 53, 57, 60, 62, 65 f., 70—72, Niederlande 136 f., 143,144, 150, 156 Niederrheinische Bergwerks-AG 86 79f., 82 Notenbankinitiative, rheinische, siehe RheiKöln 38, 53, 57, 70, 72, 74 nisch-Westfälische Notenbank Kolonien, britische 105 Notgeld 29 f., 38, 47—49, 51—60, 73 f., Kommunalmark 78 75—77 Kommunistische Partei Deutschlands antrage 57 (KPD) 68 initiative der Pfalz 56—59 Konferenz von Genua 1922 21, 105—110, ordonnanz siehe Ordonnanz 212 117, 124, 148 verböte 57 f. Konferenz von Hagen Okt. 1923 63,67,87 genehmigungen 58 f., 76 Konferenz von London 1924 125, 171 zonen 57, 59 f. Krefeld 54 Kriegsschäden, französische 18 Kriegsschuldparagraph 20 Kriegsziele 103 Kronprinz, deutscher 121 Krupp 86

Offenmarktpolitik, deutsche 163 Opel-Werke 53, 57 Ordonnanz 212 53—55, 57

Parmentier-Francqui-Plan 137 Londoner Ultimatum von 1921 16, 21, 88 Pfälzer Republik 56 Pfalz 53, 56—59 Ludwigshafen 53, 56 f. Phoenix/Rheinstahl 86 Protektionismus, amerikanischer 179 MAN-Werke (Maschinenfabrik Provinziallandtag, rheinischer 67 f. Augsburg-Nürnberg) 57 Mark, deutsche, siehe Reichsmark Markstabilisierungsaktion, deutsche 11 f., Rapallo-Vertrag 107 Regierungskredite, amerikanische 89, 172 33, 34—41, 44 f., 47, 98 McKenna-Komitee siehe Dawes-Komitee Reichsbank 27, 28, 32, 34—41, 44 f., 63, 74f., 83, 92 f., 95, 98, 112, 114, 116, MICUM 85 131—135,144,149,151 f., 157—168,174 München 68 autonomie 108 direktorium 75, 92 Nation 1—6 filialen 53 Nationalinteressen 1—12, 97, 117, 122, — -gesetz von 1924 162, 165—168 125, 139, 176, 178—182 — amerikanische 11, 87, 100, 108, 118, — Goldreserve der 40, 45, 161 121—127, 138, 142, 161 ff., 165—169, — internationale Kontrolle 108, 168 — neue deutsche 100, 164—168, 174, 178 173, 178 f. Reichsschatzanweisungen 57, 77, 79, 169 — belgische 41—44, 63 — britische 11, 87, 89, 100f., 128, 130f., Reichsmark 23 f., 30, 160, 168 138, 140, 161 ff., 166—168, 178 f., 181 — Beschlagnahme durch Besatzungsmacht 47 — deutsche 96, 128, 143, 161 ff., 177

S ach- und Reichstag 45, 87, 150, 165 Rentenbankgesetz 79—82, 84 Rentenmark 75, 79—83, 88, 95, 112, 115 — Einführung der 79 — Blockade der 79—84, 115 Reparationen 16, 36, 71, 144, 158, 170, 179 f., — Reparationsagent 165 f . — Reparationsannuitäten 88 — Reparationseintreibung 71, 78, 133, 140, 171 — Reparationsforderungen 10, 15—17, 21, 109 — britische 87 f. — französische 109 — Reparationskommission 74, 121, 116, 167 — Reparationsmoratorium 109 — Reparationsproblem 14, 42, 85, 89 f., 106,108,111,121 f., 124,125 — Reparationstransfer 16, 104, 141, 170 — Entbürokratisierung der 17 — Kommerzialisierung der 17 Rheinfranken (franc rhénan) 47 Rheinhessen 53, 57, 60 Rheinland US, 158 — Annexion des 23 f., 94 — autonomes (auch Rheinische Republik, Freistaat) 25, 33, 42 f., 46 f., 50, 60, 85, 89, 94, 96 Rheinisch-Westfälische N o t e n b a n k (auch: Banque Rhéno-Westphalienne, Goldnotenbank, Rheingoldbank, rheinische N o t e n b a n k , Rheinlandbank, Westdeutsche Goldnotenbank) 11, 20, 27, 28—34, 39, 45—49, 51—81, 87, 8 9 f „ 91—94,98, 113, 118, 126, 158 — — — — —

Filialen 70, 72 Gründungsverhandlungen 65—74 Gründungsinitiativen 64 f., 91,111, 158 Bedingungen 74—76 Kapitalbeteiligungen belgische 70 britische 69—71, 90 f. französische 72 italienische 73, 90 rheinische 71

Ortsregister

203

niederländische 69—71 — Statuten 62, 72, 73 f. Rheinmark 47, 71—73, 83 Ruhrbesetzung (auch: -invasion) — französisch-belgische 25, 28,33, 35, 85, 87,109, 123 f. — italienische 43 Ruhrgehiet 33, 39, 42, 46, 55 krise 98 f. — -kämpf 109, 124 Saarland 23, 42 Schweden 150 Schweiz 121, 136 f., 150 f. Schweizer Franken 141 Schwerindustrie — amerikanische 124 — deutsche 45, 85 — deutsch-französischer Block 17 f. Separation, rheinische 24 f., 40, 42 f., 46. 50, 52, 63—65, 80, 89, 158 Separatisten 39, 50, 60, 65, 97, 158 Sicherheit, französische — Sicherheitsgarantie 18, 42 — Sicherheitsinteresse 19, 178 Skandinavien 119 f., 151 f. Sola-Wechsel 163 Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 65, 68 Staat 1—6 Staatsmonopolkapitalismus 35 f. Stabilisierung — deutsche 8, 10, 12, 117, 119, 121, 149, 155, 157, 162, 167, 172—181 — europäische 181 — österreichische 152, 157, 173 — polnische 114 — rumänische 112 — tschechische 114, 157 — ungarische 139 — der Weltwirtschaft 174 Stabilisierungspolitik 95 f. Stahl-Kohle-Kombinat, deutsch-französisches 124 Stahlindustrie siehe Schwerindustrie State Department siehe Außenministerium Sterling 8, 92 f., 100 f., 103—116, 145 f.,

Such- und Ortsregister

204

152,154,156 f., 1 6 0 , 1 6 3 f „ 166 f., 174 f., W ä h r u n g s r e f o r m 178 — deutsche 57, 79, 89,95 f., 109, 110,155, 157 basis der G o l d d i s k o n t b a n k 116, 129, 131, 147, 152, 154 — -basis der Reichsbank 147,159,164,173 — R ü c k k e h r zur Goldparität 174 Sterlingstandard, internationaler 9, 103, 105—107, 109—112, 119, 131, 139f., 145, 148 f., 164 £., 167, 174, 178 Sterling-Dollar-Kontroverse 93, 100, 104—109, 119, 148, 163 f., 165, 168 Stockholm 151 System, internationales 6—12, 176, 179, 180—182

— rheinische 25 f., 28, 3 0 , 3 3 , 3 9 , 4 4 f., 47— 84, 86, 98 — von Danzig 48 f., 64, 157,173 Währungspolitik 95, 177 — britische 99, 158, 164 — deutsche 17, 77, 95, 137 — französische 13 ff., 94, 96—99 — internationale 1 W e l t m a r k t 117, 164, 167 f. — -handel 1 1 6 f „ 148, 164, 171 f. Weltwirtschaftskrise 9, 11, 15, 171, 173,

176, 179, 180—182 Transmissionsmechanismus, internationa- W e l t w i r t s c h a f t s o r d n u n g (-system) 9, 11, 137, 177 f., 181 f. ler 173, 179 W i d e r s t a n d , passiver 33, 37, 42, 52, 71, 77, Trier 53, 57 85,88,110,177 Wien 151 UdSSR 106 f., 110 Untersuchungsausschuß zur P r ü f u n g der Wiesbaden 40, 53, 57, 59 W i r k u n g der M a ß n a h m e n zur S t ü t z u n g Wirtschaftsausschuß (für die Gebiete) 62, 63 der Mark 45

besetzten

Zahlungsfähigkeit, deutsche 9 , 1 6 , 1 0 9 , 1 2 6 Zechen 86 Zentralbanken 21, 90, 102 f., 116 f., 130, 140 — Bank von England 11, 64, 88, 89, 90— — belgische 44 93, 98, 100 f., 109 f., 113 f., 115—118, — britische 104, 107 f. 128, 132 f., 135, 139 f., 142, 144, 148— — deutsche 111 1 5 0 , 1 5 3 , 1 5 5 , 1 5 7 , 1 5 9 — 1 6 1 , 1 6 7 , 1 7 3 f. — französische 18, 22, 90, 158 f. — Bank von Irland 150,152 — griechische 157 — Bank von Japan 150—152 — österreichische 157 — Banque de France 2 2 , 3 0 , 7 1 , 9 4 , 1 3 6 , / 59 — tschechische 157 — Banque Nationale Belgique 64, 158 — interalliierte 15,18, 2 1 , 1 0 6 , 1 0 8 , 1 2 3 — — Crédito Italiano 73, 152 — deutsche, siehe Reichsbank 125, 180 — Federal Reserve System 122,131 Vertrag von Rapallo 107 Federal Reserve Bank New York 119, Verwaltungsreform, rheinische 25, 48 f. Völkerbund 48, 124 156 Vorderer Orient 89 Goldreserve des 122 f., 164 Federal Reserve Board 164 Vorkriegsparität (des Sterling zum Gold) 93, 100, 164, 174,178 — Nationalbank von Dänemark 90 — Nederlandsche Bank 112, 150, 152 Vereinigte Stahlwerke von Burbach, Eich und Dudelange 73 Versailler Vertrag 8, 18 f., 20, 90, 169, 177 Versackungskontroverse 86 Verschuldung

W ä h r u n g s k o m i t e e , rheinisches monétaire special) 53—55

119, 151 (comité — NorgesBank — Österreichische N a t i o n a l b a n k 151 f.

Sach- und — südafrikanische 119, 149 — neutrale 140 — europäische 142 — Schwedische Reichsbank 119, 150, 152 — Schweizer Nationalbank 119, 150 f. Zentralbankenkonferenz 107, 117f. Zentralbankenkontroverse 120, 149 Zentralbankenkooperation — deutsch-britische 112, 116, 157—161

Ortsregister

205

— internationale 103, 112, 117 f., 139, 149—152, 157 Zentralbankregeln 117f., 157 Zentrumspartei — deutsche 67 — rheinische 60, 65, 67, 85 Zensoren (censeurs) 73 f. Zollunion, deutsch-österreichische 180 Zürich 151

HISTORISCHE KOMMISSION ZU BERLIN

Vorstand.

K L A U S Z E R N A C K (Vorsitzender) PETER B A U M G A R T / O T T O B Ü S C H PETER C Z A D A / H E L M U T ENGEL WOLFRAM FISCHER/GERD HEINRICH STEFI J E R S C H - W E N Z E L / H O R S T M Ö L L E R WOLFGANG RIBBE/HENRYK SKRZYPCZAK WILHELM TREUE/WOLFGANG TREUE W E R N E R VOGEL

Kirchweg 33 ('Mittelhof'). D-1000 Berlin 38 (Nikolassee)

VERÖFFENTLICHUNGEN DER HISTORISCHEN KOMMISSION Z U BERLIN Beiträge zu Inflation und Wiederaufbau in Deutschland und Europa 1914-1924

Die Deutsche Inflation Eine Zwischenbilanz

The German Inflation A preliminary Balance Mit einem Vorwort von Otto Büsch Herausgegeben von G. Feldman, C. L. Holtfrerich, G. A. Ritter und P. Ch. Witt Groß-Oktav. XXIV, 431 Seiten. 1982. Ganzleinen DM 82,- ISBN 3 110087219 (Band 54/1)

Die Erfahrung der Inflation im internationalen Zusammenhang und Vergleich The Experience of Inflation International and Comparative Studies Mit einem Vorwort von Gerhard D. Feldman Herausgegeben von G. D. Feldman, C. L. Holtfrerich, G. A. Ritter und P. Ch. Witt Groß-Oktav. XII, 426 Seiten. 1984. Ganzleinen DM 98,- ISBN 3 11 009679 X (Band 57/2)

MERITH

NIEHUSS

Arbeiterschaft in Krieg und Inflation Soziale Schichtung und Lage der Arbeiter in Augsburg und Linz 1910 -1925 Groß-Oktav. XIV, 308 Seiten. 1985. Ganzleinen DM 98,- ISBN 3 11009660 9 (Band 59/3)

Die Anpassung an die Inflation The Adaption to Inflation Herausgegeben von G. D. Feldman, C. L. Holtfrerich, G. A. Ritter und P. Ch. Witt Groß-Oktav. XVI, 513 Seiten. 1986. Ganzleinen DM 108,- ISBN 3 11 009935 7 (Band 67/8) Preisänderungen vorbehalten

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VERÖFFENTLICHUNGEN DER HISTORISCHEN KOMMISSION Z U BERLIN Beiträge zu Inflation und Wiederaußau in Deutschland und Europa 1914 -1924

DIETER

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Maschinenbauunternehmen in der Deutschen Inflation 1919 -1923 Unternehmenshistorische Untersuchungen zu einigen Inflationstheorien Groß-Oktav. XVI, 262 Seiten. 1985. Ganzleinen DM 104,ISBN 3 110099349 (Band 61/4) IRMGARD

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Civil Servants and the Politics of Inflation in Germany, 1914 -1924 Large-octavo. XXII, 428 pages. 1986. Cloth DM 98,ISBN 3 11010482 2 (Volume 66/7)

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