Der Kampf um den Katechismus in der Aufklärungsperiode Deutschlands [Reprint 2019 ed.] 9783486765984, 9783486765977

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German Pages 562 [564] Year 1935

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Verzeichnis der wichtigsten Abkürzungen
Einleitung
I. Abschnitt. Der Kampf gegen den christlichen Katechismus bis zum Erscheinen des „ Emil" (1762) einschließlich. Die geschichtliche Entfaltung der Ideen der deutschen Aufklärung gegen den Katechismus
II. Abschnitt. Die Vereinigung und dialektische Entfaltung aller dem Katechismus feindlichen Tendenzen der Vorzeit durch die deutsche Aufklärung. Die Eröffnung des großen Kampfes gegen den Katechismus auf deutschem Boden durch I. B. Basedow (1764 -1774)
III. Abschnitt. Die Einzelkämpfe um den Katechismus bis 1780, ihre geistigen Grundlagen und ihr Ergebnis. Das große Ringen um das neue Ideal des Katechismus
Literaturverzeichnis
Namenregister
Sachregister
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Der Kampf um den Katechismus in der Aufklärungsperiode Deutschlands [Reprint 2019 ed.]
 9783486765984, 9783486765977

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Der Kampf um den Katechismus in der Aufklärungsperiode Deutschlands von

Dr. Johann Schmitt Bamberg

Druck und Verlag von R.Oldenbourg München 1935

Imprimatur. Bamberg, den 2. Februar 1935. Dr. Wolkenau, Gen.-Vikar. Druck von R. Oldenbourg, München

Vorwort. Die moderne deutsche Religionspädagogik beschäftigt sich bei allen christlichen Bekenntnissen viel mit dem Katechismus. Wenn man die einschlägige Literatur und insbesondere die Fachzeitschriften seit Beginn etwa des 20. Jahrhunderts durchmustert, kann man dort lesen von der „Katechismusnot" und „Katechismusfrage", von dem Katechismus als einem dogmatischen und pädagogischen „Problem". Eigene Schriften erörtern das Für und Wider in dem Streit der Meinungen um den Kate­ chismus. Die Literatur hat unterdessen einen solchen Umfang angenom­ men, daß man bereits von einer „Katechismusbewegung" sprechen kann und I. Göttler das Wort von dem „immerwährenden Katechismus­ problem" geprägt hat, das trotz ernster Arbeit von Jahrzehnten bis jetzt noch keine alle befriedigende Lösung gefunden hat (s. Katech. Blätter 1928, S. 527, vgl. 1934, S. 441). Die aktuellen Bedürfnisse des Religionsunterrichtes, die sich wiederum durch die Fortschritte der Methodik des Unterrichts in den weltlichen Fächern und dann auch in der religiösen Belehrung herausgebildet hatten, gaben den Anstoß zu einer so eifrigen literarischen Tätigkeit. Das zeigt sich darin, daß sich die Erörterungen im wesentlichen an die praktischen Katechismus­ bearbeitungen anschlossen und erst aus der Kritik des Vorliegenden die neuen prinzipiellen Forderungen herauswuchsen. Doch bald lenkte man, um die mühsame Arbeit fruchtbarer zu gestalten, auch das Augenmerk auf das räumlich Fernliegende und zeitlich Zurückliegende und erhob die Forderung, die Geschichte des Katechismus zur Lösung des Katechismus­ problems zu Rate zu ziehen. (So auf katholischer Seite W. Jaksch in CH. p. Bl. 1915, 225.) Beim Blick in die Vergangenheit trifft man auf eine in der Geschichte des Katechismus besonders fruchtbare Periode, auf die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, die Blütezeit der pädagogischen Aufklärungsbewegung in den deutschen Ländern. Diese Zeit ist nicht nur sehr produktiv an Kate­ chismusversuchen, sondem befaßt sich — was bis jetzt vielleicht zu wenig betont wurde — sehr eingehend in prinzipiellen theoretischen Erörterungen mit dem Katechismus. Das 20. Jahrhundert, das selbst um den Katechismus ringt, wird das am ehesten verstehen können, daß gerade jene Zeiten, die in den reli­ giösen und pädagogischen Anschauungen sich nicht einig werden können, auch an der Katechismusnot leiden und das Katechismusproblem zu lösen haben. Nicht anders war die Lage des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Die großen Katechismen, die sich die einzelnen Bekenntnisse im 16. Jahr­ hundert gegeben hatten, konnten den Bedürfnissen des religiösen Unter­ richts auf 200 Jahre im wesentlichen genügen, weil die Konfessionen in sich geschlossen waren und die einzelnen Glieder sich gläubig zur Lehre des

- IV Katechismus bekannten. Als aber im 18. Jahrhundert vielen Menschen die Lehre ihres Katechismus problematisch geworden war, mußten bald auch die alten Religionsbücher in den Streit der Meinungen hineingezogen werden. So hat die Aufklärung mit ihrem Rationalismus und Individua­ lismus zum erstenmal in der Geschichte das Katechismusproblem ge­ bracht, das von ihr zunächst von der dogmatischen Seite her aufgerollt wurde. Die Zersplitterung der Meinungen bildet also den geistigen Hinter­ grund beim Katechismusproblem einst und jetzt. In beiden Perioden stehen dabei, wenigstens bei den protestantischen Bekenntnissen, die zwei heißumstrittenen Fragen nach dem dogmatischen Gehalt des Religions­ buches einerseits und nach seiner pädagogisch fruchtbaren Gestaltung andrerseits im Mittelpunkt der Erörterungen. In der katholischen Kirche wurde seinerzeit schon vornehmlich die pädagogische Seite des Katechis­ musproblems behandelt und steht heute ausschließlich zur Debatte. Da die Aufklärungsbewegung in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahr­ hunderts durch andere geistige Strömungen abgelöst wurde, möchte man der Meinung sein, daß es sich bei den beiden erwähnten Vergleichspunkten im Katechismusproblem des 18. und 20. Jahrhunderts nur um Parallel­ erscheinungen handelt. Im Laufe der Darstellung wird sich zeigen, in Wie­ vielen Einzelfragen das Ringen um den Katechismus damals und jetzt ähnliche und sogar gleiche Züge aufweist. Da ist wohl der Schluß berech­ tigt, daß zwischen den beiden Perioden und ihrer Katechismusnot auch innere Fäden laufen und das „immerwährende Katechismusproblem" von heute in der Aufklärung seine Vorgeschichte hat, gewissermaßen also schon mehr als 150 Jahre alt ist. Eine Dauerlösung hat es jedenfalls bisher nicht gefunden. Die vorliegende Arbeit will dem geschichtlichen Ursprung des Kate­ chismusproblems in der Aufklärung und, soweit nötig, auch seinen Wur­ zeln in der früheren Zeit nachgehen. Das ist freilich eine schwierige Auf­ gabe, wenn man bedenkt, daß verhältnismäßig nur geringe Vorarbeit geleistet ist. Gerade die reichlich fließenden Quellen zur Katechismus­ geschichte der Aufklärungsperiode sind noch wenig erfaßt, die vielen peri­ odischen Schriften jener Zeit mit ihren zahlreichen Rezensionen der Kate­ chismen alten und neuen Gepräges soviel wie gar nicht ausgeschöpft. Wenn trotzdem in gegenwärtiger Bearbeitung der Versuch gewagt wurde, an eine Darstellung des damaligen Kampfes um den Katechismus in den deutschen Landen heranzutreten, so war das nur auf der Grundlage möglich, daß im wesentlichen die geistesgeschichtliche Problematik in den Vordergrund gerückt wurde, die lehrplantheoretische und buchgeschichtliche Seite erst in zweiter Linie, wohl aber immer noch hinreichend zum Zuge kam. Bevor nach den letzten Beziehungen eine erschöpfende Bearbeitung erfolgen kann, müssen die Spezialforschungen für die einzelnen deutschen Gebiete noch vervollständigt werden. Es darf hier noch erwähnt werden, daß auch bei verschiedenen Ar­ chiven der Versuch gemacht wurde, den einschlägigen ungedruckten Quellen nachzugehen. Die Bemühung hatte nur mäßigen Erfolg. Es zeigte sich dabei, daß die amtlichen Verhandlungen wegen Einführung eines Kate­ chismus die geistesgeschichtliche Problematik entweder wenig berührten

V ober, wo dies doch der Fall war und größere Auseinandersetzungen er­ folgten, die Aufklärung selber sie bereits der Öffentlichkeit zugänglich machte. Überdies hatte es schon seine Schwierigkeiten, die Schriften jener Zeit aufzuspüren. Einzelne damals viel gebrauchte und verbreitete Kate­ chismen sind heute selten und waren oft auch an großen Bibliotheken nicht zu erreichen, andere einschlägige Schriften aus jener Periode teilweise gar nicht mehr zu ermitteln. Von dem Auskunftsbüro der deutschen Bibliotheken in Berlin kam öfters der Bescheid: „Durch Umfrage nicht ermittelt." Auch sonstige Nachforschungen blieben in solchen Fällen er­ folglos. Das auffindbare Quellenmaterial aber mußte nicht selten aus den verschiedensten Bibliotheken des deutschen Sprachgebiets beigeschafft werden. Hier liegt auch der Grund, warum mit Bedacht viele Belegstellen verwendet und diese ausführlich wörtlich wiedergegeben wurden. Das mag zugleich dazu dienen, das Bild der pädagogischen Aufklärungsperiode anschaulich zu zeichnen, zu dem schließlich hier mehr wie sonst der der Zeit eigene Ausdruck gehört. Aus dem gleichen Grunde wurde auch die damalige Schreibweise beibehalten. Dabei muß allerdings bemerkt werden, daß diese oft bei einem Autor in kurzem Abstand wechselt. Nur von der Inter­ punktion wurde dort, wo sie für unser modernes Empfinden sinnstörend wirkt, im Notfälle abgegangen. Bei einzelnen Kapiteln mußten französische und lateinische Werke benützt werden. In diesen Fällen wurden die Stellen in eigener Über­ setzung wiedergegeben. Die vorliegende Schrift ist als Dissertation in jahrelanger Arbeit ent­ standen. Sie wurde der Philosophischen Fakultät (I. Sektion) der LudwigMaximilians-Universität in München vorgelegt und von dort genehmigt (Referent Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Aloys Fischer, Korreferent Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Albert Nehm. Tag der mündlichen Prüfung 23. Februar 1931). Die Drucklegung wurde durch die Schwierigkeiten der Finanzierung verzögert. Erst durch die Zuschüsse der „Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft"in Berlin und der „Dr. Sofie A. Nordhoff-Jungstiftung" beim Pädagogischen Seminar in München wurde der Druck ermöglicht. Es ist mir eine angenehme Pflicht, den beiden Organisationen für ihre tat­ kräftige Unterstützung von hier aus innig zu danken. Zu tiefer Dankbarkeit fühle ich mich gegen meinen verehrten Lehrer, Herrn Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Aloys Fischer, verpflichtet, der mich in Vorlesung und Seminar in die pädagogischen und erziehungsgeschicht­ lichen Probleme einführte und vom Beginn der Arbeit an bis zur Druck­ legung mir mit seinem bewährten Rat zur Seite stand. Nicht vergessen möchte ich an dieser Stelle Herrn Geh. Regierungs­ rat Professor Dr. Josef Göttler, dessen Seminar mir viele Anregungen bot. Allen, die mir irgendwelche Hilfe leisteten, statte ich an dieser Stelle meine Dankschuld ab, insbesondere der Staats- und Universitätsbibliothek in München, der Comeniusbücherei in Leipzig, der Staatlichen Bibliothek in Bamberg, dem Auskunftsbüro der deutschen Bibliotheken in Berlin, die mir alle in entgegenkommender Weise bei Beschaffung der Quellen

— VI — und Literatur behilflich waren; dem Verlag R. Oldenbourg-München, der in harmonischer Zusammenarbeit mit mir mit großer Energie für die Drucklegung des umfangreichen Werkes bemüht war; meinem lieben Studienfreund H. Georg Sebald aus Bamberg, der mich bei der Durch­ sicht der Korrekturbogen treulich unterstützte. Hiermit übergebe ich die Schrift der Öffentlichkeit mit dem Wunsche, sie möge ein weiterer Antrieb zu einer recht fruchtbaren Erforschung der Geschichte des einst und heute noch viel umstrittenen Katechismus werden. Bamberg, im März 1935.

Der Verfasser.

Inhalt Seite

Einleitung...................................................................................................... Aufklärung und Katechismus als innere Gegensätze......................... Aufklärung nach Kant: 1—4. Der konfessionelle Kat.: 4. Autono­ mismus und Rationalismus als Gegensatz dazu: 4s. Ausdrücklich ablehnende Stellungnahme Kants zum Kat.: 5—9. Rationalismus als Seele der Aufklärung: 9f. Umgrenzung der Auf­ gabe : llf. Überblick über die geistesgeschichtliche Entwicklung: 13—16. Methodischer Aufbau der Schrift: 16—21. I. Abschnitt. Der Kampf gegen den christlichen Katechismus bis zum Erscheinen des „Emil" 1762 einschließlich. Die geschichtliche Ent­ faltung der Ideen der deutschen Aufklärung gegen den Katechismus . Kap. I. Die geistesgeschichtlichen Grundlagen im deutschen Protestan­ tismus .................................................................................................. 1. Vereinzelte Kampfrufe gegen den protestantischen Katechis­ mus vor Beginn der Periode der populären Aufklärung in Deutschland von ca. 1600—1750 ............................................. Separatistische Auflehnung gegen die symbolischen Katechis­ men der beiden protestantischen Konfessionen seit ca. 1760: 25—28. Berufung auf die Bibel: 28—32. Ohnmacht des Se­ paratismus: 32 ff. Zeugnisse für treues Festhalten am Kat. Luthers: 34 ff. 2. Die ersten in die Periode der populären Aufklärung fallenden Kämpfe um die beiden protestantischen Katechismen auf deut­ schem Boden. Ihr geistiger Hintergrund und ihre Bedeutung a) I. P. Triers Kampf gegen den Luther- und Hdb.Kat. 1747—1760 .............................................................................. Zeitlage um 1730: 36f. Der Rationalismus Wolffs als latente Gefahr für den Kat.: 38. Die natürliche Re­ ligion: 39. Beginnende Einflüsse des Rationalismus auf den Kat. (Jocardi): 40—42. I. P. Trier als Vorkämpfer gegen den Kat.: 42f. Seine Kampfschriften gegen die Symbole: 43—46. Sein Kampf gegen kirchliche Lehrautorität und Kat. und für die Bibel: 46—48. Sittliche Schäden infolge der Katechismen: 49 f. Ablehnung spezifisch protestantischer Dogmen: 60 f. Kampf gegen den Dekalog als Sittengesetz: 51—53. An­ klage gegen die Erlösungslehre (Solasideslehre) im Lu­ therischen und Hdb.Kat.: 53—65, gegen die reformatorische Lehre von Erbsünde: 65 f. Einwendungen gegen die Lehre von der Taufe und vom Abendmahl im 4. und 5. Haupt­ stück des Enchiridions: 56f., gegen das Hauptstück von dem Amte der Schlüssel: 67 f. EÄurteil über den Luther- und Hdb. Kat.: 68f. b) Abwehr der Angriffe Triers durch Theologen verschiedener Geistesrichtung 1759—1762 .................................................

1—21 1—9

23—174 25—77 25—36

36—77 36—59

59—77

- VIII Seite Die Gegenschriften und ihre Verfasser: 60—63; Joh. Friedr. Bahrdt: 60, Sernler: 61 f., Zachariä: 62. Ver­ teidigung der Bibeltreue des Lutherkat.: 63 s., Bibel und die symbolischen Bücher: 65, Verteidigung des Dekalogs: 66sf., Segen des Luther-Kat.: 68. Die Zersetzung des Dogmas als geistiger Hintergrund des Kampfes Triers: 68—70. Trier als Sprecher des schwärmerischen Pietismus: 70—75. Seine Verwandtschaft mit dem Rationalismus: 75 f. Die Gefahr der Ideen Triers für den Kat.: 77. Kap. II. Der Einbruch der außerdeutschen Aufklärungswelle in die religiöse Lehre und den Religionsunterricht besonders durch R.s „Emil" (1762) und ihr Anteil am deutschen Kat.-Kampfe . . . 78—174 1. Der Ausbruch der latenten Feindschaft der Aufklärung gegen den Kat. durch das Erscheinen des „Emil".............................78—87 Der Autonomismus im kirchlichen Separatismus und im Rationalismus der Aufklärung: 78—80. Die latenten Span­ nungen zwischen dem Wolffschen Rationalismus und dem Kat.: 80f. Die natürliche Religion und der deistische „Cat. raisonnä“: 81—84. Erscheinen von R.s „Emil" und seine Aus­ wirkungen auf Deutschland: 84—87. 2. Die Zerstörung der geistigen Grundlagen des Kat. durch den R.schen Individualismus und Skeptizismus.............................87—105 Das „Glaubensbekenntnis" des „Emil": 87. Der rationalistisch-deistische Glaubensbegriff R.s: 88—91. Ausscheidung der übernatürlichen Offenbarung: 91—93. Der entgegen­ stehende katholische Glaubensbegriff: 93—96. Ablehnung der von Gott eingesetzten menschlichen Lehrautorität durch R.: 96—98. Kampf R.s gegen das kirchliche Dogma überhaupt: 98—101. Das individualistische „ Glaubensbekenntnis" des „Emil" als Gegensatz des kirchlichen Symbols: 101—105. 3. Die Zersetzung der Kat.-Lehre durch die deistische Religions­ auffassung und naturalistische Pädagogik R.s.........................105—117 Der pädagogische Charakter des „Glaubensbekenntnisses" innerhalb des „Emil": 105—107. Die Abgrenzung der von R. persönlich angenommenen und für die religiöse Belehrung brauchbaren Dogmen: 107—109. Die natürliche Religion als . „wesentlicher" Gegenstand des RU.s: 109 f. Die Untauglich- ‘ keit der meisten kirchlichen Dogmen für den RU.: 110—112. Die didaktische Bewertung der verschiedenen Dogmen durch R.: 112—117. 4. Die ausdrückliche Verbannung des Kat. aus der religiösen Erziehung im System der „naturgemäßen Pädagogik" . . . 117—155 Verbannung des RU. aus dem kindlichen Alter: 117. Unfähigkeit des Kindes zur Erfassung der abstrakten religiösen Begriffe: 118—120. Der rationalistische Ursprung dieser pä­ dagogischen These: 120f. Verurteilung des Kat.-Unterrichts durch R.: 121, des davon (nach R.) unzertrennlichen Mechanis­ mus : 122 f. Beurteilung der R.schen Aufstellungen: 123—125. Die Methode des RU.s bei Mädchen nach R.: 125f. Neue Verurteilung der kirchlichen Kat.: 126. Der Moralismus R.s: 126f. Ablehnung der Frage-Antwort-Form der Kat.: 128f., der „vorgeschriebenen" Antworten: 129. Schäden dieser Me­ thode : 129,f. Geschichtlicher Rückblick auf die Verhörfrage im

— IX Seite

RU. und im Kat.: 130—132. Kampf R.s gegen das mechanische Auswendiglernen von festliegenden Antworten: 133f. Ge­ schichtliche Würdigung der Kat.-Frage überhaupt: 135—138. Die Ablehnung des Frage-Antwort-Versahrens bei R. eine Folge seiner rationalistisch und naturalistisch orientierten Re­ ligionspädagogik: 138—140. Die im Hintergrund stehenden Gegensätze zwischen den kirchlichen und R.schen Religions­ auffassungen: Autorität und Freiheit: 140, übernatürliche und natürliche Religion: 140f., objektive und persönliche Religion: 141 f. Bon R.s Kritik ausgehende Anstöße zur Überwindung des mechanischen Kat.-Unterrichtes: 142 f. Die Bedeutung der R.schen Kritik am Kat. für den deutschen Kat.-Kampf: 143—146 Voltaires „Cat. de Ph. h.“ als Gegen­ stück zum „Glaubensbekenntnis" des Emil: 146—155. Seine Beziehung zu R.: 146 f. Geschichte der Entstehung: 147 f. Be­ kämpfung auf deutschem Boden: 148—150. Charakterisierung des Büchleins: 150 f. Sein Kampf gegen Bibel und Kirchen­ lehre: 152—155. 5. Die unmittelbaren Auswirkungen der Ideen R.s auf Deutsch­ land in und nach der französischen Revolution.................... 155—174 Der unmittelbare Einfluß der sozialrevolutionären Ideen R.s auf den Kat.: 155f. Vorübergehende Verdrängung des Kat. aus den Schulen auch in den von der Französischen Re­ volution erfaßten deutschen Territorien: 156—163. Der dabei wirksame Radikalismus der französischen Aufklärung: 157. Verbot des RU.s und Kat. im Elsaß: 159—162, im Saar­ departement: 162. Die Rückkehr zum Kat. unter Bonaparte: 163 f. Der durch Bonaparte eingeführte französische Reichs­ katechismus von 1806: 164—172. Seine politische Zielsetzung: 164f. Einfluß der Politik auf seine Entstehung und seinen Inhalt 165—172. Seine Be­ seitigung nach Beendigung der Napoleonischen Herrschaft: 172. Der außerpolitische Einfluß der französischen Aufklärung auf die Entwicklung des deutschen Kat.Kampfes: 172—174. II. Abschnitt. Die Bereinigung und dialektische Entfaltung aller dem Katechismus feindlichen Tendenzen der Vorzeit durch die deutsche Auf­ klärung. Die Eröffnung des großen Kampfes gegen den Katechismus auf deutschem Boden durch I. B. Basedow (1764—1774) .... 177—323 Kap. I. Basedow als Vermittler aller religiös-individualistischen Tendenzen der Vorzeit................................................................. 177—201 Der erstarkende religiöse Individualismus in Deutschland um 1760: 177f. Basedow als Vorkämpfer gegen den Katechismus: 179. Sein Verhältnis zu R.: 179 f. Überwindung des fran­ zösischen Radikalismus in der deutschen Aufklärung: 180f. Ba­ sedow als Vertreter derselben: 182. Übersicht über seine gegen den Kat. gerichtete literarische Tätigkeit: 183—201. Seine hierher gehörigen theol. Schriften: 183—194. Philalethie 1763; 2 neue rationalistische Religionsbücher: Meth. U. I und II: 184f. Widerstände der Orthodoxie gegen Bas.s rationali­ stische Reformpläne am RU.: 186—188. Neue heterodoxe Re­ ligionsbücher Bas.s von 1766 und 1767: 189—194. Die ratio-

- X Seite naiistisch-individualistische Zielsetzung der pädagogischen Schrif­ ten Bas.s, vorab der „Vorstellung" von 1768: 194—197. Die . Auswirkung der Schulreformpläne Bas.s auf seine Stellung zum Katechismus: 198—201. Der Ursprung seiner gegen den Kate­ chismus gerichteten Ideen in der Vergangenheit: 201. Kap. II. Die neue rationalistische „Reformation" im Sinne Basedows und sein „Universalchristentum" als Gefahr für die Katechismus­ lehre...................................................................................................... 202—232 Die Reformbedürftigkeit der Dogmatik der protestantischen Kirche und ihrer Dogmatik im Sinne Basedows: 202—204. Rechtfertigung der neuen Reformation durch Berufung auf die Reformatoren: 204. Kampf gegen den Bekenntniszwang: 205. Angebliche Verfälschung und Gefährdung des Christentums durch die Lehre und den Religionsunterricht der Kirche: 207. Die Pflicht an der Katechismuslehre zu zweifeln: 208—210. Prü­ fung und „Reinigung" der Kirchenlehre von Menschensatzungen mittels Vernunft und Bibel: 210—214. Unkritische Verwendung von Bibelstellen in Katechismen: 214. Forderung von Bibel­ auszügen: 215f. Die von Basedow ausgeschiedenen Kirchen­ lehren: 217—219. Kampf gegen die Verwendung des Dekalogs im RU.: 219—221. Basedows „Universalchristentum" und seine Dogmen: 221—224. Die apologetische Rechtfertigung des­ selben: 225—227. Das christliche Motiv der Toleranz: 227 f. Das dogmenarme Christentum Basedows: 220—231. Die Konsequen­ zen solcher Forderungen für den Katechismus: 232. Kap. III. Die Verneinung des alten Katechismus im Rahmen der Erziehungstheorie und des Schulreformprogramms Basedows 233—278 Die rationalistische begründete Kritik am mechanischen Aus­ wendiglernen des Katechismus: 233—238. Stellung Basedows zur Form der Fragen und Antworten in den Katechismen: 239. Methodische Stellung der rationalistischen Religionsbücher nach Basedow: 240f. Forderung einer „natürlichen Ordnung" der Religionslehren: 242—244. Die natürliche Religion als Grund­ lage des Religionsunterrichts: 244—246. Ihr methodisch-plan­ mäßiger Aufbau: 246—249. Die Basedowsche Forderung von der „elementarischen Ordnung" in ihren Auswirkungen: 149f. Beschränkung des religiösen Stoffes auf die „wesentlichen" Lehren: 250. Forderung der Anschaulichkeit und Freudigkeit der Religion für den Kinderunterricht: 250f. Das EW. als Ideal eines solchen Religionsbuches: 251—253. Veranschaulichung durch Erzählungen: 250. Sexuelle Aufklärung zum Verständnis von Katechismusbegriffen: 265. Die pädagogische Fruchtbarkeit des Eudämonismus: 255 f. Poesie und Lied im Dienste des Religionsbuches: 256 f. Die Unbrauchbarkeit konfessioneller Katechismen unter dem Gesichtspunkt der Gemeinnützigkeit: 257 f. Fehlender stufen­ mäßiger Aufbau nach Alter und Stand: 259 f. Mangelnder Unter­ richt über die bürgerlichen Pflichten: 260—262. Die Unbrauchbarkeit des Katechismus in der religiös neu­ tralen Staatsschule: 263—266. Seine Duldung außerhalb des or­ dentlichen Lehrplans: 266. Apologetische Rechtfertigung der „weltlichen" Schulbibliothek und „untheologischen" Schulverbesse­ rung: 266—268.

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Positive Forderungen Basedows an das Religionsbuch der neuen Schule: 268—278. Die Allgemeinverbindlichkeit und Brauchbarkeit der natür­ lichen Religion: 269—274. „Historische Kenntnis" der kirch­ lichen Bekenntnisse und der nichtchristlichen Religionen: 274—277. Bedeutung dieser Forderungen Basedows für den Katechismus: 277 f. Kap. IV. Katechismusreform und Katechismuskämpfe im katholischen Deutschland im Gefolge der von Basedow ausgehenden allge­ meinen Schulreformbewegung..................................................... 279—323 Rationalistische Gmtftiiffe auf die katholische Kirche: 279. Die katholische Katechismusreform im Zuge der philantropistischen Schulreform durch Felbiger: 280 f. Der Einfluß der Zeit auf d. Schlesischen Katechismus von 1765: 281—284. Einzelne ab­ lehnende Urteile über den Canisiuskatechismus: 285 f. Ver­ wendung der Katechismen von Bossuet und Fleury: 286f. Kampf gegen den letztern auf deutschem Boden: 287—289. Übersetzung des Römischen Katechismus: 289 f. Zwei Katechismusfehden in Kurbayern: 290—302. Der Streit um den „Jnnbegrif" Westenwieders: 290—296. Sein Aufklärungscharakter: 291—293. Widerstände gegen das Büchlein. Seine Unterdrückung: 293—296. Der Kampf um den von H. Braun herausgegebenen Kleinen „Kath. Katechismus" von 1770 und um die Formulierung „Ich glaube an Gott": 296—302. Schulreform in Österreich durch Felbiger unter Marin The­ resia: 302—304. Kampf um das Zustandekommen des österreichischen Ein­ heilskatechismus von 1777: 304—315. Der Schlesische Katechismus in Österreich: 306f. Der „Er­ läuterte Katechismus" von 1773 als Aufklärungskat.: 306f. Autorschaft Felbigers: 307f. Widerstand gegen den Kat.: 308f. Langwierige Verhandlungen zwischen der staatlichen Schulkom­ mission und den österr. Bischöfen: 309f. Die wiederholten Über­ arbeitungen: 311 f. Seine endliche Einführung in der ganzen Monarchie: 313f. Die Frage der Autorschaft: 314f. Vergleich zwischen den „Erläuterten Katechismus" von 1773 und den „Gro­ ßen Kat." von 1777 (Aufl. 1780). Die Einzelausstellungen der Bischöfe und die Verwirklichung ihrer Forderungen: 315—322. Felbiger und Bas.: 323. III. Abschnitt. Die Einzelkämpfe um den Kat. bis 1780, ihre geistigen Grundlagen und ihr Ergebnis. Das große Ringen um das neue Ideal des Kat.......................................................................................................... 327—515 Teil I. Der breite Kampf der Aufklärung gegen die Kat.-Lehre . 327—443 Kap. I. Der Aufklärungsindividualismus und die rationalisti­ sche Bibelerklärung im Kampf gegen die symbolischen Katechismen......................................................................... 327—347 Die Fortschritte des Aufklärungsindividualismus durch Bas.: 327—329. Lage der kath. und reformierten Kirche: 329f. Die „Läuterung" der Lehre auf Grundlage der Ver­ nunft und Bibel durch Bas.: 330—335. Die Bewegung zur „Vereinfachung" der religiösen Lehre seit Bas.: 335. Resewitz: 335—337. I. P. Millers Stellung zu Symbol

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und Bibel: 337 f. C. F. Bahrdts Verurteilung der sym­ bolischen Lehre mit Berufung auf die Bibel: 340f. Ruf nach der Bibel, eine Zeiterscheinung der Aufklärung: 341 f. Verarmung der christlichen Dogmatik: 343. Auswirkung der rationalistischen Lehrrevision auf den RU. und Kat.: 344— 346. Die Auflösung der Lehreinheit im Protest. RU.: 346f. Kap. II. Der Toleranzgedanke als geistige Waffe im Kampfe gegen die konfessionellen Kat................................................ 348—372 Der Toleranzgedanke, das gemeinsame „Dogma" der Aufklärer: 348 f. Rückblick: 349 f. Vereinzelte Auflehnung gegen den religiösen Jndifferentismus (Möser): 350. Trapps Kampf gegen die Polemik im Kat.: 351 f. Re­ ligiöse Unionsbestrebungen: 352. Verachtung der spezifisch christlichen Dogmen: 352—356. Auswirkung auf die Lehrbücher: 356. Rochow als Verfechter eines toleranten RU.s: 358f. „Wesentliche und unwesentliche" Dogmen: 360f. Umdeutung alter Dogmen unter Beibehaltung der Namen: 361 f. Der Toleranzgedanke als Antrieb zur Ent­ fernung des Christlichen aus der Dogmatik: 363. Auf­ lehnung gegen den Mißbrauch des Toleranzgedankens: 363—365. Die Intoleranz der Neuerer: 366—369. Er­ scheinen von Unionskatechismen: 369. Toleranzgedanke bei Katholiken: 369 f. Bekämpfung der Lehre von der „allein­ seligmachenden" Kirche: 371 f. Kap. III. Die Kritik der Aufklärung an der Sittenlehre des alten Kat.................................................................................. 373—419 Aufklärungsantithese Moral gegen Dogma: 373. Der Streit um die Zehngebote: 374—381. Millers Kampf gegen den Dekalog mit biblischen Gründen: 374—376. Freunde und Feinde aus verschiedenen Lagern: 377 f. Der moralische Rationalismus als die erste Ursache dieses Kamp­ fes: 378—381. Natürliche Begründung der Moral: 382f. Angriffe auf das unmoralische Verhalten der Orthodoxen: 384f. Kampf der Aufklärer gegen den protestantischen Fiduzialglauben: 385—387. Kampf der Orthodoxie gegen den Moralismus der Aufklärung: 387—389v Der platte Eudämonismus der Zeit in seiner pädagogi­ schen Anwendung: 389 f. Eudämonistisch orientierte Kin­ derschriften und Katechismen Rochows und Schlosseres: 390—393. Diterichs Religionsbuch „Unterweisung zur Glückseligkeit": 393—399. Moralischer Optimismus als Reaktion gegen die protestantische Lehre von der „radikalen Verderbnis": 400f. Unausgeglichenes Nebeneinander von eudämonistischen und protestantischen Elementen in den neuen Katechismen: 401—403. Kampf um die Beibehal­ tung der religiösen Begründung der Moral (Nösselt u. Mil­ ler): 403—407. Die Lücken in der Sittenlehre der alten Katechismen vom Standpunkt des neuen Zeitgeistes: Mangel des Unterrichts in den politischen Tugenden: 407—410. Die moralischen Kinderschriften der Zeit und ihr Inhalt: 410f. Die Verweltlichung der Moral auf kath. Seite: 412. Zippes „Anleitung": 412f. Das Würzburger Lesebuch von 1772: 414 f. Die Bevorzugung der Moral vor dem Dogma bei den Aufklärern: 415—417. Die Beur-

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teilung der Katechismen unter diesem Gesichtspunkt: 417—420, Kap IV. Der Kampf um die Auswahl der Materien des religiö­ sen Volks- und Jugendunterrichtes..................................... 420—443 Der Kat. in seinem Ursprung eine kurze und kindertümliche Darstellung der christlichen Lehre: 420—423. Der neue rationalistisch-didaktische Gesichtspunkt der Auf­ klärung für die Auswahl der Lehre: 423 f. Die natürliche Religion als „Element" der Religion bei Bas.: 425. Wider­ spruch gegen diese Auffassung bei Schlözer, Schmahling, Schlosser und Miller: 425—429. Die Voranstellung der natürlichen Religion im kindlichen RU.: 429f. Die ratio­ nalistisch gesehene „Vereinfachung" der Religion bei Cramer: 431 f. Ausweisung der christlichen Geheimnis­ lehren aus dem RU. und Kat.: 433. Kampf der Ortho­ doxie gegen diese Strömungen: 434s. Ablehnung der theo­ logischen Formulierungen auch bei kirchlich gesinnten Män­ nern: 435—437. Die Auswahl des speziell bei Kindern brauchbaren Lehrstoffes: 437 f. Kritik des Kat. von Meene durch Miller und Coners unter diesem Gesichts­ punkt und die daran sich knüpfenden Streitigkeiten: 438—443. Teil II. Der Kampf der Aufklärungspädagogik gegen den Katechis­ mus und seine Brauchbarkeit für den „religiösen Unterricht" . 447—515 Kap. I. Die „Berliner Preisaufgabe" vom Jahre 1767 und die von ihr ausgehenden Anstöße zu einem neuen Kat. . . 447—463 Das Religionsbuch unter verschiedenen Titeln an Stelle des Kat.: 447f. Schwankende Auffassung vom Kat.: 448. Der symbolische Charakter nicht mehr ein Wesens­ bestandteil des Kat.: 449. Die „Preisaufgabe" von 1767 als neuer Antrieb zur Reform des Religionsbuches: 449 f. Absicht und rationalistischer Charakter: 451 f. Wortlaut: 452f. Die Preisschrift: „Kurzer Entwurf ..." von Si­ monis: 453 f. Aufbau und Beurteilung durch die Preis­ richter: 454. Der Aufklärungscharakter des „K. Ent­ wurfes": 455—461. Die fast allgemeine Anerkennung durch die Zeitgenossen: 461—463. Kap. II. Die neuen methodischen Anforderungen an den Re­ ligionsunterricht und ihre Auswirkungen auf die Form des Kat...................................................................................... 464—487 Inhaltliche und formale Richtung der Aufklärung nach Heimpel-Michel: 464f. „Klarheit" der Begriffe und „an­ schauende Erkenntnis" als die neuen Forderungen: 466f. Der psychologisch-pädagogische Kampf gegen die Memorier­ methode (Rochow, Campe, Salzmann, Seiler): 468—472. Die Ablehnung der „Frage-Antwort"-Form des Kat. als der Ursache des Mechanismus (Schlosser, Miller, Pfeif­ fer): 472 f. Die Verteidigung dieser Form durch Meene: 474. Die neue Art des Lübecker Kat. (Fragen am Rand): 474f. Die neue Stellung der Frage in der „Sokratischen Methode": 476. Die theoretischen Erörterungen der „Zü­ richer Fragen" über die Methodik des Fragens im RU.: 477—480. Die Ablehnung des „Frage-Antwort"-Ber-

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fahrensim Religionsbuch durch die „Sokratische Methode": 481—485. Die Diskussion über die Aufgabe des Religions­ buches als eines Schülerbuches und Leitfadens für den Leh­ rer : 483f. Die Dialog-Form, die Form der Anrede und IchForm in den neuen Religions- und Moralbüchern für Kinder: 486—487. Kap. III. Die Auseinandersetzungen über die Anordnung der religiösen Lehren und die Stufenfolge der Lehrbücher . 488—615 Die „Elemente der Religion" als Ausgangspunkt: 488. Das zweifache Ordnungsprinzip: innerer Zusammenhang des Stoffes, psychologische Orientierung an den verschie­ denen Anforderungen der einzelnen Altersstufen: 488 f. Di5 (erste) „genealogische" Ordnung. Die Forderungen Tellers, Millers, Cramers (Abhängigkeit von Wolfs): 490—496. Die (zweite) „elementarische" Ordnung: 496—506. Aufbau dieser Ordnung auf das Prinzip der Anschaulichkeit: 497. Auswirkungen auf die religiösen Lehr­ bücher, sprachliche Formulierung, Stufenfolge der Lehr­ bücher: 498. Der Kampf gegen „trockene" Lehrbücher: 499. Aufbau der natürlichen Religion auf eingehende Natur­ kenntnis: 499. Verwendung von profanen und biblischen Erzählungen: 500—502. Beurteilung des Enchiridions un­ ter dem Gesichtspunkt der Anschaulichkeit: 503 f. „Milch" und „starke Speise" im kindlichen RU.: 504. Verwendung der Poesie und Lieder im RU. und Religionsbuch: 502 f. Die Stufen-Theorie und ihre Anwendung auf die Lehr­ bücher: 506. Die Stufen bei den einzelnen Philanthropisten: 507f. Spezialisierung der Religionsbücher mit Rücksicht auf den Stand und Bildungsgrad der Schüler, be­ sonders die Bedürfnisse des protestantischen Landvolkes: 509 f. Ergebnisse des Kampfes gegen die alten Katechismen: 510—515. Rechtfertigung des Abgehens vom Enchiridion durch Miller: 510—512. Einzelne Stimmen zugunsten des Enchiridions: 512—514. Die Lage der reformierten Kirchen und des Hdb. Kat.: 514. Trotzdem amtliche Beibehaltung des Enchiridions: 515.

Verzeichnis der wichtigsten Abkürzungen. Die ausführlichen Titel siehe im Literaturverzeichnis am Schluß. A B. Nördlingen = Allgemeine Bibliothek für das Schul- und Erziehungswesen in Deutschland. 1773—83. (1b) A. Bibl. Lemgo = Auserlesene Bibliothek der neuesten deutschen Literatur. 1771 ff. (1b) A. D. B. = Allgemeine Deutsche Bibliothek. (Hier wurden die in der Aufklärungs­ periode üblichen Abkürzungen zugrunde gelegt.) 1765ff. (1b) A. D. Biogr. = Allgemeine Deutsche Biographie. 1875ff. (2a) Mg. Ev. Luth. K.Z. = Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung. (2b) A(llg.) th(eol.) Bibl. Mitau = Allgemeine Theologische Bibliothek. 1774ff. (1b) „Anfang der Arbeit" = Bas., Anfang der Arbeit am Elementarbuch zur Verbesserung des Schulwesens... 1769. (1a) „Anleitung" Coburg = Schwarz Jdf., Anleitung zur Kenntnis derjenigen Bücher, welche den Kanditaten der Theologie ... in der kath. Kirche wesentlich not­ wendig und nützlich sind. Coburg 1803—06. (1a) Anon. Lex. = Holzmann-Bohatta, Deutsches Anonymen-Lexikon. „Antihobb." = Bas., Neuer Antihobbesius vom Kirchenwahn. 1767. (1a) „Archiv Gießen" = Archiv für die ausübende Erziehungskunst. Gießen 1777 ff. (1b) A. T. = Altes Testament. (1b) B. = Bischof. Bas. = Basedow. „Beyträge" 1778 = Beyträge zu einer Schul- und Erziehungsgeschichte in Baiern. 1778. (1a) „Beyträge" 1789 = Beyträge zur Verbesserung des äußeren Gottesdienstes in der katholischen Kirche. 1789. (1a) Bibl. f. Pr(ed). = Niemeyer, Bibliothek für Prediger. 1797/98. (1a) Br. = Briefe. Cat. de l'h. h. bzw. Cat... = Voltaire, CatSchisme de Phonnete homme. (1a) CH. p. B. = Christlich pädagogische Blätter, Wien. 1914ff. (2b) Concord. B. = Concordienbuch. „Das in Dessau err. Philanthr." = Bas., Das in Dessau errichtete Philanthropinum. 1774. (1a) „Das Nötigste" = Bas., Das Nötigste von der Vorstellung ... 1768. (1a) „D. g. n. Weish." = Bas., Die ganze natürliche Weisheit ... 1768. (1a) „Die Religion" = Die Religion in Geschichte und Gegenwart. (2a) Emil (Sallw.) = Rousseau, Emil. Übersetzung von Sallwürk. Zitiert nach den Seiten der 2 Bde. (1a) Emil — Rousseau, Emil. übers. Sallwürk. Zitiert nach § der 5 Bücher. (1a) EW. = Elementarwerk. EW. (Fritzsch) = Bas., Elementarwerk. Kritische Bearbeitung v. Th. Fritzsch. Zi­ tiert nach den 3 Bden v. F. (1a) Form. Conc. = Formula Concordiae. „FürCosmopoliten" = Bas., Für Cosmopoliten ...1776. (1a) „Gedanken, Vorschläge und Wünsche" = Gedanken, Vorschläge und Wünsche zur Verbesserung ... herausgeg. v.Resewitz. 1786. (1a) „Gemeinn. Betr(acht)." = Gemeinnützige Betrachtung ..., herausgeg. v. Seiler. 1776—78. (1b) Gesch. = Geschichte. (la) „Grundriß" = Bas., Grundriß der Religion ... 1764.

- XVI „Hauptprobe" = Bas., Hauptprobe der Zeiten ... 1767. (la) Hdb. Kat. = Heidelberger Katechismus. Hist. lit. Handb. = Historisch-literarisches Handbuch von Hirsching. 1794ff. (la) Journ. f. Pred. = Journal für Prediger. 1770—88. (1 b) Kat. = Katechismus. Katech. = Katechetisch. K. Entwurf = Simonis, Kurzer Entwurf einer Lehrart ... 1769. (la) K. Entwurf I = Borbericht und Preisaufgabe. K. EntwurfH = Werk von Simonis selbst nebst den ausführlichern Betrachtungen, (la) K. H.Lex. = Kirchliches Handlexikon von Buchberger. 1907, 1912. (2a) Kleines Buch für Eltern und Lehrer = Bas., Kleines B ... 1771. (la) K. Lex. = Kirchliches Lexikon von Wetzer und Welte. 1882ff. (2a) Kl. Kat. = Kleiner Katechismus. „Krit. Samml." = Kritische Sammlungen zur neuesten Gesch----- 1774ff. (Id) Lehrb. = Lehrbuch. Lex. = Lexikon. Lex. Th. K. = Lexikon für Theologie und Kirche (Buchberger). 1930/33. (2a) „Lit. Br." = Briefe die neueste Literatur betreffend. (lb) Mag. Sch. E. = Magazin für Schule und Erziehung. 1767—72. (lb) Meth. B. = Bas., Methodenbuch für ... 1771. (la) Meth. U. I = Bas., Methodischer Unterricht der Jugend ... 1764. (la) Meth. U. II = Bas., Methodischer Unterricht in der überzeugenden... 1764. (la) M. G. P. = Monumenta Germaniae Paedagogica. „N. Erz. Beg." = Die neuesten Erziehungsbegebenheiten ... 1780/81. (lb) „Nord. Aufs." Der nordische Aufseher. 1760ff. (lb) „N. Rel. Beg." = Die neuesten Religionsbegebenheiten ... 1778. (lb) O. A. L.Z. = Oberdeutsche allgemeine Literaturzeitung. (lb) Oe. = Der große Kat., Wien 1780. (la) „O. Vorschlag" = Bas., Öffentlicher Vorschlag zur ... 1767. (la) „Päd. Unterh." = Pädagogische Unterhandlungen, herausgeg. v. Bas. und Campe, (la) Parthey = Parthey, Die Mitarbeiter an ... (2a) Philalethie = Bas., Philalethie. 1764. (la) Pract. Philos. = Bas., Praktische Philosophie. 1777. „Preuß. Rel.Zust." — (Ulrich,) über den Religionszustand . . . (la) R. = Rousseau. RE. = Realencyclopedie f. Protestant. Theologie. 1896—1913. (2a) Reel. = Ausgabe Reclam. Res. = Resewitz. RU. = Religionsunterricht. Sag. Kat. = Kath. Kat. zum Gebrauch der Schlesischen und anderen Schulen Deutsch­ lands. 1775. (la) „Theol. Ber." = Theologische Berichte von ... (lb) Ü. = Übersetzung. UB. = Universitätsbibliothek. „Bermächtniß" = Bas., Vermächtniß für die Gewissen. 1774. (la) „Versuch" = Bas., Versuch einer freymüthigen Dogmatik. 1766. (la) „Versuch f. d. Wahrh." = Bas., Versuch für die Wahrheit des ... 1766. (la) „Verth." Bahrdt = Bahrdt, Gründliche Vertheidigung ... 1759. (la) „Viertels. Nachr." = Bas., Vierteljährige Nachrichten von Bas.s EW. 1771. (lb) „Viertels. Unterh." = Bas., Vierteljährige Unterhandlungen mit M----- 1768. (la) „Vorb. d. Jugend zur Moralität" = Bas., Vorbereitung der Jugend zur ... 1766. (la) „Vorstellung" = Bas., Vorstellung an Menschenfreunde ... 1768. (la) Votum Comm. = Votum Commissionis ...

Züricher Fragen = Fragen an Kinder. Eine Einl___

1776.

(la)

(Einleitung. „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschul­ deten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen sich seines Ver­ standes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Ver­ standes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen4)." So schrieb Immanuel Kant im Jahre 1784, zu einer Zeit, da er bereits seinen Ruhm begründet und angefangen hatte, eine neue Epoche philosophischen Denkens einzuleiten13).42 SDie Frage nach dem Wesen der Aufklärung bewegte gerade um diese Zeit die Geister3) und die Aufklärer selbst waren sich — so sonderbar dies klingen mag — nicht einig, was sie eigentlich wollten. Sie konnten wenigstens nicht sofort die kurze und alle zufriedenstellende Formel finden, als sie, selber noch im Flusse der Ent­ wicklung stehend, darangingen, die Tendenzen des Jahrhunderts begrifflich zu erfassen3). Nachdem Geister verschiedenen Ranges zu Wort gekommen todten4), fand es auch der Philosoph von Königsberg nicht unter seiner Würde, in die Diskussion einzugreifen, und sagte in seiner Definition — wie es scheint — alles, was über die letzte Absicht der Aufklärung zu sagen war und heute noch zu sagen ist, wenn er am Schlüsse seinen Zeitgenossen die Mahnung zurief: „Sapere aude! Habe Muth dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung3)." Was Kant hier aussprach, war seine eigene Geisteshaltung während seines ganzen Lebens. Er wollte in dem Sinne, den er aus der Aufklärung herausgefunden hatte, selber Aufklärer sein. Wir müssen ihm zubilligen, daß er das auch gewesen ist. Auch die moderne Forschung hat darum ringen müssen, für den Charakter jener Geistesströmung die prägnante Formulierung zu finden, und die Definitionen sind wohl nicht weniger mannigfaltig als in der Zeit selbst3). Wie damals so besteht heute noch in der Beurteilung derselben „keine feste Übereinstimmung3)." Ms Ergebnis all dieser Bemühungen kann gelten, was Veit als den Wesenszug der Aufklärung feststellt, daß sie „der rationalen Weltbetrachtung zunächst zum Durchbruch und in der 1) Kant, „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?" (1784) in „Kants gesammelte Schriften" (Ak. Ausg.) VIII, 35. Die Abhandlung erschien zum erstenmal in der „Berlinischen Monatsschrift" (1784). 2) Die Kritik der reinen Vernunft als das gmndlegende Werk des Kritizismus erschien in 1. Auslage 1781. 3) Heimpel-Michel, Die Aufklärung 16s., vgl. O.Willmann, Didaktik als Bildungs­ lehre, 232f. u. Fußn. 4. 4) Vgl. Lex. Th. K. I, 794, Art. „Aufklärung", von L. Baur. 6) Kants ges. Schriften VIII, 35. *) Beit, Die Kirche im Zeitalter des Individualismus I (1931), 244f. S chmitt, Der Kampf um den Katechismus. 1

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Folge zum Siege verhelfen will" und daß ihre Losung heißt: „Los von der klerikalen Tradition'"). Das hat aber schon Kant mit andern Worten in seiner Definition als die treibende Kraft herausgestellt. Jnsoferne ist man auch in der modernen Auffassung nicht wesentlich über Kant hinaus­ gekommen. Damit ist es gerechtfertigt, wenn seine Antwort an die Spitze einer Abhandlung gestellt wird, die sich mit jener Periode deutschen Geistes­ lebens befaßt. Sein Aufklärungsbegriff mag als zu formal erscheinen. Das ist aber gerade sein Vorzug, weil er deshalb geeignet ist, so divergierende Einzeltendenzen, wie sie damals zu Tage traten, in sich aufzunehmen. Als der Philosoph selbst den Begriff der „Aufklärung" in die obigen Worte faßte, hatte sie, besonders wenn man ihre philosophischen Grund­ lagen betrachtet, bereits eine weite Zeitstrecke zurückgelegt^). Viele echte Aufklärer hatten es schon vor ihm versucht, die Ziele ihrer eigenen Be­ wegung zu formulieren, waren aber mehr oder weniger am Akzidentellen und Empirischen haften geblieben, hatten den oder jenen Zug der Auf­ klärung gezeichnet, aber nicht den tiefsten Kern der Bewegung selbst dar­ gestellt. Das veranlaßte H. F. Zöllner 1783 zu der Klage, daß er die Frage nach dem Wesen der Aufklärung „nirgends beantwortet gefunden" habe8). Es ist ein eigenartiges Mißverhältnis, so kann Schwartz mit Recht feststellen, daß diese Periode so begeistert von der großen Mission redet, die Menschheit „aufzuklären" und sich nicht einmal klar ist, was sie damit eigentlich meint8). Das ist eine Versündigung an ihrer eigenen Bestim­ mung, eine Verleugnung des Namens, den sie sich selbst gegeben hatte8). In der Tat war nach Jahrzehnten der Aufklärung eine Besinnung darüber notwendig, was man denn damit eigentlich wollte. Das bestätigt sich schon an CH. Wolfs, der neben Leibniz als der Vater der deutschen Aufklärung gelten darf. Er hatte seiner praktischen Philosophie die Aufgabe gestellt, „vernünftige Gedanken von der Menschen Tun und Lassen" zu geben") und z. B. zu beweisen, wie herrlich Gott alles eingerichtet hat, „damit nur ja der liebe Mensch auf dieser schönen Erde recht ohne Mühen und Anstoß dahinwandern könne")." Seit dieser Zeit erschöpfte sich auch bei manchen Zeitgenossen die ganze Weisheit in einem flachen, am spieß­ bürgerlichen Leben orientierten Utilitarismus"). Oft genug war ihnen der Nutzen für ihr Leben der erste Maßstab für die Wahrheit"). Mit dem Mangel an Tiefe der Gedanken verbindet sich die Tendenz, in die Breite zu wirken und dort das Leben zu reformieren. Sie ist von der Zeit an sichtbar, in welcher der Name in den deutschen moralischen Wochenschriften auftrat"). Aufklärung ist unter diesem Gesichtspunkte „die 7) Vgl. Windelband, Die Gesch. d. neueren Philosophie I (1911), 253ff., 364ff., 447ff. Lex. Th. K. I, 794s., Beit a. a. O. 245s. 8) In P. Schwartz, Der erste Kulturkampf in Preußen (1925), I. ") Vgl. O. Willmann, Didaktik, 234. 10) So der Titel des 1720 erschienenen Werkes von Wolfs, vgl. SchumannSperber, Geschichte des RU.s in der ev. Volksschule, 64. n) Reh, Grundlagen... des Philanthropinismus, 16f. 12) Vgl. Heimpel-Michel, Die Aufklärung, 22; Windelband a. a. O. I, 529. 13) Vgl. Heimpel, a. a. O. 11 ff.

- 3 Volksbildungsbewegung des Rationalismus16)." Damit ist sie bereits im Entstehen über ihre Wortbedeutung hinausgewachsen16). Das, was man mit dem Akte des „Aufklärens" erstrebt und auch erreichen zu können glaubt, ist in der Vorstellung des „Aufklärers" sehr viel, nämlich die „Auf­ klärung" als Zustand der menschlichen Vernunft, mit dem die sittliche Bildung ohne weiteres gegeben ist16). Demzufolge kennzeichnet schon die früheren Vertreter dieser Denkrichtung das unerschütterliche Vertrauen, daß man mit der Aufklärung des Verstandes die damit „notwendig ver­ knüpfte Bildung des Herzens16)" unfehlbar bewirken und das Glück des ganzen Menschengeschlechtes begründen könne. Wenn man die hohen Erwartungen betrachtet, welche die Männer nach Wolfs mit ihrer „Aufklärung" verbinden, und die unzulängliche, ein­ seitige und seichte Kultur des Verstandes danebenstellt, mit der sie ihr Ziel erreichen wollen, dann ist es klar, daß sie sich selbst und auch den andern Menschen zu große Versprechungen machen. Aus dieser Erkenntnis heraus mag Zöllner 1783 die Frage nach dem Sinn der Aufklärung von neuem zur Diskussion gestellt haben. Die Zeit­ genossen scheinen die Tragweite der Frage verstanden zu haben. Das zeigt die lebhafte Auseinandersetzung, die um diese Zeit ihren Höhepunkt er­ reichte16). An ihr beteiligt sich auch Mendelssohn. In seiner Antwort ist die Formulierung des Begriffes der Aufklärung schon klarer und tiefer. Nach ihm ist sie „die Theorie der Kultur, die Kultur aber die zur Tat ge­ wordene Aufklärung16)" und beide zusammen machen die Bildung eines Volkes aus66). Hier finden sich bereits Elemente von der Definition Kants. Die Aufklärung für sich bezieht sich nämlich „auf vernünftige Erkenntnis und Fertigkeit zum vernünftigen Nachdenken über Dinge des menschlichen Lebens nach Maßgebung ihrer Wichtigkeit und ihres Einflusses in die Be­ stimmung des Menschen61)." Eine gewisse Angleichung an das flache Denken der Vorgänger ist dabei immer noch sichtbar. Immerhin aber ist es bemerkenswert, daß die Zeit selber an der Ver­ tiefung des Begriffes und Zieles der Aufklärung arbeitete. Ms Kant 1784 in die Diskussion eingriff, begann „Aufklärung" „ausdrücklicher und be­ wußter als vorher der Name für die Bewegung des 18. Jahrhunderts" zu werden66). Das „Sapere aude!" des Philosophen war nicht nur als Anklage an die Adresse der Zeitgenossen gerichtet, es wollte auch eine deut­ liche Absage an den Geist der Vorzeit sein, der nach Kant zu Unrecht das Leben und Denken der Menschen des 18. Jahrhunderts noch bestimmte. Bei ihm verwischt nicht mehr eine zweckhafte Vernünftigkeit, die über den “) Vgl. a. a. O. 20. ») Vgl. O. Willmann, Didaktik, 232f. le) Vgl. Heimpel-Michel, a. a. O. 14f. 17) „Akademische Reden vom Nutzen der Wissenschaft in Rücksicht auf die Bildung des Herzens" (1769) in: Heimpel-Michel a. a. 0.14f. Vgl. Willmann, Didaktik, 233. 1S) Vgl. Heimpel-Michel, a. a. O. 16. ie) Bei P. Schwartz, a. a. O. 3f. 20) Bei O. Willmann, Didaktik, 232, Fußn. 21) Bei O. Willmann, a. a. O. 232f., Fußn., vgl. C. v. Brockdorff, Die deutsche Aufklärungsphilosophie (1926), 49. 22) Heimpel-Michel, Die Aufklärung, 16f.

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Erscheinungen das Wesenhafte übersieht, den Charakter der neuen Be­ wegung. Hier ist in der Antithese „Denken statt Glauben" der Geist der alten und neuen Zeit klar herausgestellt und die Aufklärungsperiode mit der Aufgabe betraut, die Menschen vom Glauben im alten Sinne vollends zu befreien. Es könnte jetzt, so meint er von seiner Zeit, der Schritt zur geistigen Mündigkeitserklärung der Menschheit gewagt werden. Wenn sie ihn noch nicht getan habe, so fehle es nur an „Entschließung" und Mut dazu, dem Verstände nach sei sie reif dafür, aus der Vormundschaft in die Freiheit des Denkens entlassen zu toerben23). Freilich hatte Kant damit dem beirrendsten Zeitgeist Zutritt gewährt, „dem radikalen Autonomismus Rousseaus"24), welch letzterer ihn erst nach eigenem Geständnis „aus dem dogmatischen Schlummer" geweckt hat23). Wichtig ist hier aber, daß er imstande war, die große Linie nach der Ver­ gangenheit hin aufzuzeigen, in der die Aufklärung wurzelte. Man hört aus allen Wendungen heraus, daß bereits früher um dieses eine große Ideal ohne Aussicht auf Erfolg gekämpft wurde; jetzt sei man nahe am Ziele, es fehle nur noch der Mut. Damit steht Kant über dem flachen Denken seiner Zeitgenossen, die trotz des Pochens auf die Vernunft in ihren An­ forderungen an dieselbe doch oft recht bescheiden waren23). Seine Kon­ zeption hat dadurch eine ganz andere geschichtliche Weite und logische Tiefe. Er deckt wie kein anderer die treibenden Kräfte der bereits abgelaufenen Strecke der Aufklärungsperiode und der kommenden Entwicklung auf, zu der er selbst seinen Teil beitragen will. Wo aber steht der Katechismus in der großen geistigen Revolution, die Kant und die ganze Aufklärung herbeiführen wollen? Wenn man von seiner obigen Begriffsbestimmung ausgeht, dann hat der alte Katechismus aller Konfessionen — Kant wendet sich als Philosoph an die Menschen schlechthin — in der neuen Geistesrichtung überhaupt keinen Platz mehr; denn eine jede Kirchengemeinschaft will mit diesem Buch ihren einzelnen Mitgliedern, vornehmlich aber der Jugend, die christliche Religion nach ihrer Lehre vermitteln und sie zu gläubigen Bekennern erziehen23); im Sinne der Aufklärungsideen aber soll der Mensch als „Mündiger" keinen Satz gleichsam aus zweiter Hand als Wahrheit empfangen, sondern mit eigener Verantwortlichkeit „sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern" bedienen22). Das ist die Konsequenz für den Katechismus, die schon im Aufklärungs­ begriff Kants enthalten ist. Er hat sie selber gezogen, indem er gerade von seiner obigen Definition aus zum Symbolum und Katechismus ausdrück­ lich Stellung nahm. Er hat dabei jene Seite der neuen Bewegung be22> Vgl. Kants gef. Schriften VIII, 35. 24) Vgl. O. Willmann, Geschichte des Idealismus III (1907), 401, vgl. ff. 26) Windelband, a. a. O. I, 529. 2«) Vgl. M. Reu, M. Luthers kl. Kat. 18, 23; P. Canisius, Kl. Kat. in: Buchrucker, Die Normalkatechismen der christlichen Kirchen, 65; Canisius, Kurzer In­ begriff der christlichen Lehre (1826), 1. 27) Kants gef. Schriften VIII, 35.

— 5 — sonders hervorgehoben, von der aus sie mit dem kirchlichen Bekenntnis und dem Katechismus feindlich zusammenstoßen mußte. Deshalb soll er auch in diesem Punkt als Sprecher der Aufklärung im ganzen gehört werden und gewissermaßen den Grundton angeben, der aus so vielen der in fol­ gendem zu Worte kommenden Stimmen gegen den Katechismus heraus­ gingt. Kant sucht die Wurzel der „Unmündigkeit" der Menschen und findet sie in ihrer „Faulheit und Feigheit". Diese machten es andem so leicht, „sich zu deren Vormündem auszuwerfen28)." Das Organ, dessen sich die „Faulheit" der Menschen bedient, um der Mühe des eigenen Denkens überhoben zu sein, ist „ein Buch", das für sie „Verstand hat", ein „Seel­ sorger", der für sie „Gewissen hat28)." Die „Vormünder" des Volkes, darunter auch die „in geistlichen Dingen22)", sind es, denen die Menschen „das verdrießliche Geschäft" ü6erlaffen28). Es ist diesen die Meinung anerzogen, daß der „Schritt zur Mündig­ keit, außer dem, daß er beschwerlich ist", auch sehr „gefährlich" sei; darum falle es jedem einzelnen so schwer, „sich aus der ihm beinahe zur Natur gewordenen Unmündigkeit herauszuarbeiten88)." Nachdem aber dem „Publikum" einmal der Beruf „selbst zu denken" verloren gegangen sei, zwinge es die Vormünder, die ihm das Joch gebracht haben, auch „darunter zu bleiben8*)." Die „mechanischen Werkzeuge" der „Satzungen und For­ meln . . . sind die Fußschellen einer immerwährenden Unmündigkeit8*)." Kant sieht die Ursachen, welche die menschliche „Unmündigkeit" verschulden, nicht nur in der Kirche. Die Einzelfälle, mit denen er exemplifiziert, zeigen das deutlich. Er klagt die verschiedenen „gesitteten" Stände überhaupt an: „Nun höre ich aber von allen Seiten rufen: räsonnirt nicht! Der Offizier sagt: räsonnirt nicht, sondern exercirt! Der Finanzrath: räsonnirt nicht, sondern bezahlt! Der Geistliche: räsonnirt nicht, sondern glaubt82)!" Hier stimmt Kant mit der modernen Auffassung überein, daß die Aufklärung des 18. Jahrhunderts nicht nur als eine Bewegung gegen das überlieferte Dogma zu betrachten ist, sondern als eine große Strömung zur Umgestaltung der ganzen Kultur im Sinne der neuen Zeit88). Da aber die Kultur, die bekämpft wird, von der Kirche getragen und von ihrer Lehre aus beeinflußt wird, kehrt doch die Kritik der Aufklärer immer wieder zum Dogma zurück. Dort treffen sich die meisten, die an den all­ gemeinen und religiösen Zuständen der Zeit zu nörgeln haben. Es ist klar, daß auch bei Kant das „ Sapere aude!" mit allen seinen Aus­ legungen und nichtmißverständlichen Anspielungen besonders die „Vor­ mundschaft" der Geistlichen treffen will. Gegen sie ist der größte Teil seiner Argumente gerichtet. Seine Absichten verrät er deutlich, wo er die Worte niederschreibt: „Ich habe den Hauptpunkt der Aufklärung in Religions­ sachen gesetzt: weil in Ansehung der Künste und Wissenschaften unsere Be--) *») *°) 31) 3i) 33)

Kants ges. Schriften VIII, 35. A. o. O. 38, vgl. 35. A. o. O. 35f. A. fl. O. 36. A. fl. 0.36f. Vgl. Willmann, Didaktik, 233 f.



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Herrscher kein Interesse haben, den Vormund über ihre Unterthanen zu spielen; überdem auch jene Unmündigkeit, so wie die schädlichste, also auch die entehrendste unter allen ist34)." Kant will gerade an den geistlichen „Vormündern" und dem unveränderlichen Symbol die unrechtmäßigen Schranken zeigen, die durch diese beiden für die Vernunft und die Freiheit errichtet worden seien. Und doch scheint er sich, wo er den Katechismus nennt, in einer ge­ wissen Inkonsequenz damit abzufinden, daß dieser nun einmal im Reli­ gionsunterricht gebraucht wird. „Ein Geistlicher", so meint er, ist „ver­ bunden, seinen Katechismusschülern und seiner Gemeine nach dem Sym­ bol der Kirche, der er dient, seinen Vortrag zu thun; denn er ist auf diese Bedingung angenommen worden33)." In Wirklichkeit ist das nur eine belanglose Bejahung der gegebenen Verhältnisse, die in der These vom „Privatgebrauch der Vernunft" ihren Ausdruck findet. Es gibt nach Kant eine „der Aufklärung beförderliche" und deshalb berechtigte „Einschränkung" der Freiheit, dort nämlich, wo „zu manchen Geschäften" des empirischen Lebens im „Interesse des ge­ meinen Wesens ... ein gewisser Mechanismus", eine Passivität der Ver­ nunft notwendig fei36). Dieser Fall sei auch beim Katechismusunterricht gegeben33). Anders verhalte es sich dagegen mit dem „öffentlichen Ge­ brauch" der menschlichen Vernunft. Dieser müsse „jederzeit frei sein36)." Auf die religiösen Verhältnisse angewandt, will diese Forderung besagen, daß der Geistliche „als Gelehrter . . . volle Freiheit" besitzt33), ja sogar dazu berufen ist, „alle seine sorgfältig geprüften und wohlmeinenden Ge­ danken über das Fehlerhafte" in dem Symbol, nach dem er seine Gemeinde unterrichtet, zu veröffentlichen und „Vorschläge wegen besserer Einrichtung des Religions- und Kirchenwesens dem Publicum mitzutheilen*3?)." * Der Aufklärer Kant kann sich zu einer „privaten Einschränkung der Freiheit" durch den Katechismus als einem „Interim" verstehen, weil eine solche Einschränkung ja doch „den Fortschritt der Aufklärung" nicht „sonder­ lich" hindert33). Der „öffentliche Gebrauch" der Freiheit, so spinnt sich der Gedanke weiter, wird ja doch in absehbarer Zeit die Schranke des Katechismus beseitigen. Es wäre aber töricht nicht einzusehen, daß die abstrakte Idee an dem empirischen Leben gewisse Hemmungen findet und daß im Bereiche des „Sapere aude!“ das „Publicum nur langsam zu der Aufklärung" gelangen kann33). Demgemäß wird ein Geistlicher, wenn er „als Geschäftsträger der Kirche" „nach Vorschrift und im Namen eines andern" lehrt, etwa sagen: „unsere Kirche lehrt dieses oder jenes. Das sind die Beweisgründe, bereit sie sich bedient3?)." Er darf so verfahren, auch wenn er selbst die vorzu­ tragenden „Satzungen" nicht mit voller Überzeugung unterschreiben würde, „wenn nur nichts der inneren Religion Widersprechendes" darin ent« halten ist3?). 34) Kants gef. Schriften VIII, 41.

35) 3«) 37) 3e) 3»)

A. a. 0.38. A. o. SD. 37. A. a. SD. 38. A. st. 0.37. A. st. O. 36.

— 7 — Kant findet diesen Zwiespalt zwischen persönlicher Überzeugung und Darstellung der kirchlichen Lehre vor der Gemeinde ganz in der Ordnung, ja er fordert ihn sogar im Dienste der Aufklärung. Man kann auch sonst bei den deutschen Vertretern derselben beobachten, daß zwei Seelen in ihrer Brust wohnen und unversöhnliche Gegensätze zum unhaltbaren Kom­ promiß vereinigt werden. Auf der einen Seite will das Individuum ‘mft vernünftigen Urteilsspruches über Wahrheit und Irrtum allein ent» «Heiden, auf der anderen möchte man trotz aller Verneinung des symbolichen Lehrbegriffes die Kirchengemeinschaft nicht preisgeben. Die echte Aufklärerseele ist allerdings die erste, auch bei Kant. Es ist nach seiner Meinung ein Zustand, unwürdig der neuen Zeit, daß die große Masse der Menschen geistig immer noch auf Kosten anderer Menschen und früherer Zeiten lebt, die an Erkenntnis viel tiefer standen. Die ehedem von einer „Kirchenversammlung" formulierten Dogmen können nach seiner Ansicht nicht auf ewige Zeiten die religiöse Überzeugung der Menschen normieren. Keine verflossene Periode hat das Recht, der folgenden zu verbieten, daß sie ihre Erkenntnisse erweitert und von Irrtümern reinigt. Darum ist es widersinnig und widerrechtlich, die Glaubensbekenntnisse der Vergangen­ heit den nachfolgenden Geschlechtern in die Hand zu geben und diese daraus zu verpflichten. Wollte man den Menschen verwehren „in der Aufklärung weiter zu schreiten", so wäre das ein „Verbrechen wider die menschliche 9tatur40)." „Ein solcher Contract, der auf immer alle weitere Aufklärung vom Menschengeschlechte abzuhalten geschlossen würde, ist schlechterdings null und nichtig; und sollte er auch durch die oberste Gewalt, durch Reichs­ tage und die feierlichsten Friedensschlüsse bestätigt sein4")." Deshalb will er mit seinem „Sapere aude!" das Selbstbewußtsein seiner Zeitgenossen wecken. Zusammenfassend ist also festzustellen: In allen Ausführungen Kants findet sich als einheitlicher Zug die grundsätzliche Ablehnung eines jeden Bekenntnisses. Eine kommende, nicht mehr ferne Zeit wird mit den alten Symbolen und Katechismen aufräumen. Die geistige Mündigkeit wird ihr das Gepräge geben. Bis dahin ist Aufklärung noch nicht Wirklichkeit, sondern mit Einsatz aller Kraft zu lösende Aufgabe. Es ist eine stolze Sprache, die Kant hier führt. Das ist, wie sich im folgenden bestätigt, die Sprache und der Geist der Aufklärung überhaupt. Das Wort „Aufklärung" war damals zum Kampfruf geworden und hatte in den Ohren der Zeitgenossen einen anderen Klang als für uns heutige Menschen. Auch dafür legt Kant Zeugnis ab. Es ist nicht zufällig, daß der Philosoph auf die Frage nach dem Wesen der Aufklärung nicht in einer sachlichen (mlärung die charakteristischen Züge hervorhebt, sondern mit dem ersten Satze seiner Definition als mithandelnder Zeitgenosse in leidenschaftlicher Sprache die Rolle des Anklägers übernimmt. Das aus­ gehende 18. Jahrhundert — so lautet sein Vorwurf und seine Mahnung zugleich — solle endlich Ernst machen mit der Aufklärung. Eine Sendung von so gewaltiger Größe sei ihm zugefallen, wie noch keiner der vorher40) Kants ges. Schriften VIII, 38f. Kant denkt hier offensichtlich an die Refor­ mationszeit, an die Confessio Augustana, Dordrechter Synode und den durch den Westfälischen Frieden garantierten Schutz der Konfessionen und ihrer Lehren.



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gehenden Zeiten. Das Menschengeschlecht solle jetzt die Vollendung seines Menschseins erleben41) und bald bessere Tage auf dieser Erde schauen. Das ist der frohe Glaube, der sich bei Kant und bei den Zeit­ genossen mit der Aufklärung verbindet. Mit Stolz und mit einem ver­ ächtlichen Blick auf die früheren Perioden nennen sie sich daher mit diesem Worte und kehren so gerne zum Naturvorgang zurück, dem die Auf­ klärung den Namen verdankt, zum Kampf zwischen den verdüsternden Wolken und der lichtspendenden und aufheiternden Sonne, als dem Ab­ bild des anderen Kampfes zwischen dem Geist der „finsteren" Jahrhunderte und der „erleuchteten", selbstdenkenden und räsonierenden Zeiten mit den „hellen" Einsichten"). Der Weg zum Glück führt über die Aufklärung. Das ist der uner­ schütterliche Glaube der Menschen jener Tage. Von hier aus versteht man die Zauberkraft des Wortes, der auch Kant sich nicht entziehen konnte. Eine Art Befreiungskampf gilt es zu kämpfen zugunsten der menschlichen Vernunft und Autonomie43). Hier ist die große Losung, die damals die Geister in ihren Bann zog. Da sich aber diesem ungebärdigen Freiheits­ drang immer wieder die Schranken in den Weg stellten, die eine vergangene Zeit aufgerichtet hatte, und da besonders die Kirche immer noch an den über­ kommenen Bindungen des Individuums festhielt, fühlte sich die Aufklä­ rung fort und fort verpflichtet, drängend und mahnend ihre Stimme zu­ gunsten der Freiheit zu erheben. Wenn Kant als Sprecher der Aufklärung gelten darf, dann ist es zunächst einleuchtend, daß die neue Geistesrichtung, wo sie ihre Ideen rein entfaltet, zum Katechismus sich nur feindlich einstellen kann. Wer sich die Mahnung Kants „Wage selbst zu denken!" zum Grundsatz seines Lebens wählt, kann seine religiöse Weltanschauung nicht mehr auf kirchliche Dogmen aufbauen, sondern muß dem Individuum alle Zuständigkeit in religiösen Angelegenheiten zusprechen. Der Katechismus dagegen setzt nicht den „Mut selbst zu denken" voraus (obwohl er die Vernunft nicht aus­ schließt), sondern die Demut, sich gläubig mit dem eigenen Erkennen unter die religiöse Heilswahrheit zu beugen. Diese geistigen Spannungen, die zwischen der gläubigen Vergangen­ heit und dem vernunftstolzen 18. Jahrhundert bestehen, hat — will es scheinen — kein Vertreter der Aufklärung aus der Vielheit der Erschei­ nungen als den charakteristischen Zug der neuen Zeit so klar herausgelöst und dargestellt als Kant. Damit hat aber auch keiner so wie er die kurze Formel gefunden, auf die sich alle einzelnen Bestrebungen jener Zeit zurückführen lassen. Keiner hat zugleich so deutlich den Ort aufgezeigt, wo die neue Geistesrichtung den Katechismus erfaßt. Mit Recht urteilt Willmann über die Masse derer, die auch als Auf­ klärer gehört zu werden verlangten und schließlich als ihre echten Vertreter gelten können, daß sie nur eine „Klärung" dessen erstrebten, „was obenauf 41) Vgl. Heimpel-Michel, Die Aufklärung, 20ff., bes. 22, Fußn. 38; Willmann, Didaktik, 233. «) Vgl. Willmann, Didaktik, 232). 43) Vgl. Heimpel-Michel, a. a. O. 52, vgl. Lex. Th. K. I, 794f.

— 9 liegt""), und „mit betn Scharfblicke für die Oberfläche... eine oft klägliche Unklarheit für das Tieferliegende" tietbonben"). Ihre kleinen Gedanken sind alle im „Sapere aude!“ Kants enthalten. Kant ist als der berufene Sprecher der Aufklärung int vorstehenden so ausführlich zu Wort ge­ kommen, nicht etwa deswegen, weil er an der Eröfhtung des großen Kampfes gegen den Katechismus irgendwelchen Anteil hätte und des­ wegen zeitlich voranzustellen wäre. Das ist schon dadurch ausgeschlossen, daß die vorliegende Bearbeitung etwa mit der Zeit abschließt, aus der die Abhandlung Kants über das Wesen der Aufklärung stammt. Wenn die moderne Forschung von der Aufklärung und ihren geistigen Hintergründen handelt, dann weist sie auf eine Reihe von philosophischen, literarischen und religiösen Strömungen hin, die in verschiedenen Ländern Europas im 17. und teilweise noch im 18. Jahrhundert hervortraten und auch auf das Geistesleben anderer Länder Einfluß gewannen, wegen ihres Ursprungs aber eine besondere örtliche, im Volkstum begründete Note tragen. Daß sie im „Sapere aude!“ Kants sich begegnen und damit der charakeristische Grundzug jener Zeit richtig erkannt ist, stellt z. B. O. Willmann ausdrücklich fest. In Kant — so schreibt er — ist der „die Zeit erfüllende Autonomismus" sichtbar, den der Philosoph schon vorfand, dem er nur „eine spekulative Gestalt" gab48). Gebräuchlicher ist es allerdings, wenn auch manchesmal irreführend48), den Rationalismus als die einheitlich tragende Geistesrichtung der Auf­ klärung anzusehen, weil ihr die „innere Wahrheit gleichbedeutend ... mit Vernunftwahrheit" war4'). Für den Katechismus ist er bedeutungsvoll, insoferne er gegen die übernatürliche Offenbarung Stellung nimmt oder zum mindesten die Vernunft zur Richterin über jene erhebt48). Hier ist auch der theologische Rationalismus, der „den angeblich reinen, aus den Tiefen der menschlichen Vernunft stammenden Religionsglauben" anpreist, be­ sonders zu erwähnen48). Auch der philosophische Empirismus baute sein System der Welterklärung nicht mehr auf die Autorität der Offenbarung und führte im religiösen Bereich zum Rationalismus88). Die Gegner der 44) Willmann, Didaktik, 234. 45) Willmann, Gesch. d. Ideal. III, 402. Vgl. Heimpel-Michel, a. a. O. 52, 6. 4e) Es verwischt sich der philosophisch-erkenntnistheoretische Begriff des Rattona­ lismus (Gegensatz Empinsmus) und des Intellektualismus (Bevorzugung des Denkens vor Fühlen, Wollen und Handeln, vgl. „Die Religion" III, 300f.) mit dem kirchen­ geschichtlichen Begriff Rationalismus, bei dem der Gegensatz zur Ratio „nicht die Erfahrung, sondern die Offenbarung" ist. Vgl. „Die Religion" IV, 1714 (Art. „Ra­ tionalismus" II, v. Hosfmann); vgl. I, 639. Nach dieser Begriffsbestimmung ist es klar, daß sowohl der erkenntnistheoretische Rattonalismus als der erkenntnistheoretische Empinsmus in Gegensatz zur Offenbarung geraten und somit als Rationalismus be­ zeichnet werden können. 47) „Die Religion" I, 643 (Art. „Aufklärung" v. Hosfmann). 48) In diesem kirchengeschichtlich begründeten Sinne sollen die Bezeichnungen „Rationalismus", „Rationalisten" im Laufe der Abhandlung gebraucht werden; s. a. Anm. 2, S. 13. 4#) Veit, Die Kirche im Zeitalter d. Jndiv. I, 245. °°) „Die Religion" I, 639, 636f.

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Offenbarung werden, speziell die im 17. und 18. Jahrhundert von Eng­ land aus Einfluß gewinnenden Literaten und Philosophen, wohl auch unter dem Sammelnamen „Deisten" gefaßt51). Jnsoferne sie „die natürliche Erkenntnis zum Entscheidungsgrund in der Religion" machen, spricht man von den „Naturalisten"51). Ebenso schroff ist die Negation der Offenbarung in dem Namen „Freidenker" enthalten, der übrigens auch äußerlich seine Verwandtschaft mit der Formulierung Kants verrät55). Die Vertreter dieser geistigen Strömungen, so verschieden ihre einzelnen Anschauungen sind, müssen schließlich alle als Rationalisten angesprochen werden, weil die Vernunft doch irgendwie zur entscheidenden Instanz erklärt wird, was zur Ablehnung der Offenbarung oder wenigstens ihrer Entwertung als Erkenntnisquelle führen muß. Jedenfalls können sie alle als Anhänger des „Sapere aude!" Kants gelten, predigen die Selbstgenügsamkeit des denkenden Einzelmenschen und sind Vertreter des individualistischen Geistes der Aufklärung. Damit sind sie grundsätzlich Gegner des Katechismus wie Kant und die Aufklärung überhaupt. Mit jeder Form von Autonomismus und Rationalismus ist eben das Fundament unterwühlt, auf dem allein ein kirchlicher Katechismus ruht: das ist die göttliche Offenbarung und kirchliche Gemeinschaft und Unterwerfung unter eine Lehrautorität. Was Kant also über die Aufklärung sagt, ist aus ihrem echten Geist gesprochen. Wenn dabei der Katechismus eigens erwähnt wird, so beweist das doch immerhin, daß in den Ideen der Aufklärung die Waffen zu einem Kampfe gegen den Katechismus gegeben sind. In seinen Ausführungen sind zugleich, wenn auch nur in rohen Umrissen, so doch logisch nahe bei­ sammen und klar hervortretend, die Probleme aufgezeigt, um die in dem Katechismuskampfe — schon vor 1784 — gestritten wurde und die in der folgenden Abhandlung im einzelnen und zeitlich entfaltet dargestellt werden sollen. Das rechtfertigt die ausführliche Würdigung der Kantischen Abhandlung an dieser Stelle55).

Wenn aber die moderne Forschung ein genaues Bild von jener Periode entwerfen Will, dann darf sie sich nicht begnügen, die großen einheitlichen Linien zu zeigen. Sie muß das konkrete Einzelne und Kleine zuerst sehen, weil es ihr ja zuerst begegnet und weil es wie bei keiner anderen Epoche der Geschichte gerade für das Gesamtbild der Aufklärung so bedeutungs­ voll ist. Für Kant als miterlebenden Zeitgenossen war dieses kleine Tages­ gezänke freilich selbstverständlich und vorausgesetzt, für uns moderne Men61) Veit, o. a. O. 392f., vgl. „Die Religion" I, 1808s. (Art. „Deismus" von Zscharmack), IV, 1714 (Art. „Rationalismus II“ von H. Hoffmann), Joh. Gottl. Faber, Succincta Theologiae antideisticae delineatio, cap. I/II (Tübingen 1754), 6. An der letzten Stelle, die den zeitgenössischen Sprachgebrauch bezeugt, werden als die eine Klasse der Ungläubigen die „Naturalisten" oder „Spinozisten" bezeichnet, die sich Gott als der Welt immanent vorstellen und einen persönlichen Gott leugnen, als die „gemäßigtere" andere Klasse die „Deisten", die „unzählige Abstufungen" haben 05) Loi relative ä l’organisation des cultes. Du 8 avril 1802. Bei A. Daniels, Handbuch für die Kgl. Preuß. Rheinprovinzen verkündigten Gesetze ... aus der Zeit der Fremdherrschaft IV (1836), 292. “•) A. a. 0.293. =°7) A. a. O. 299. 60S) Napoleon hatte im Konkordat von 1801 den Gallikanismus „prinzipiell geopfert", doch in den „Organischen Artikeln" wieder hergestellt. S. Buchberger, K. H.-Lex. I, 1584, in Art. „Gallikanismus" von Alois von Schmid. Vgl. a. I. Schmidlin, Papstgeschichte der neuesten Zeit I (1933), 60 f. 509) Bei der Wiederherstellung des religiösen Kultus nach den Zeiten der Revo­ lution beschränkten sich die meisten Bischöfe darauf, die alten Katechismen in ihren Diözesen wieder einzuführen. S. Vacant-Mangenot, Dictionnaire de Th6ol. Cath. II (1910), 1951, Art. „Catechisme“ von E. Mangenot. 51°) Das ist der im Jahre 1687 erschienene „Catechisme du diocfese de Meaux“. Vgl. Vacant-Mangenot, Dictionnaire II (1910), 1935, Art. „Catechisme“ von E. Mangenot. 511) Vacant-Mangenot, a. a. O. 1952.

— 165 füllen, für die die Zeit noch nicht reif war: er sollte nämlich dazu dienen, die Herrschaft Napoleons zu sichern, und vom religiösen und dogmatischen Standpunkte aus seine unumschränkte Herrschergewalt bestätigen611). Nach weiteren Verzögerungen, die durch Widerstände des Apostolischen Stuhles mitbedingt waren, kam er im Jahre 1806 zustande613) und wurde durch kaiserliche Verordnung vom 4. April für alle Kirchen des Reiches vor­ geschrieben. Dieser letztlich politische Zweck, der hier einem Katechismus gegeben wurde, war eine etwas ungewöhnliche Bestimmung eines solchen Buches. Der Reichskatechismus kann auch diese Zielsetzung in seinem Inhalt nicht verleugnen: sie wird sein Schicksal von seiner Entstehung bis zu seiner Abschaffung. Schon der Titel: „Zum Gebrauche aller Kirchen des französischen Reiches" ließ die staatliche Abstempelung des Katechismus erkennen und gegen die kirchliche Rechtsauffassung jeden Hinweis auf die geographische Gliederung in Diözesen vermissen. Der Minister des Gottesdienstes glaubte in seinem Bericht an den Steifet613) mit einem großen Aufgebot und eigenartigem Nebeneinander von politischen und theologischen Be­ gründungen die vorgesehene Einführung eines einheitlichen Katechismus für das ganze Reich61*) rechtfertigen zu müssen. Ausgehend von der „hohen Weisheit" des Kaisers, dessen Obsorge sich auf alles erstrecke, „was Sir) Der Kat. trägt den Titel: „Catechisme ä l’usage de toutes les eglises de Vempire frangais. A Paris 1806.“ S. H6zard, Histoire (1900), 204ff. Eingesehen und für die Belegstellen wurde verwendet die deutsche Ausgabe: „Katechismus zum Ge­ brauch aller Kirchen des französischen Reiches." Straßburg (1807 lt. handschriftlicher Notiz), 111 S. und Anhang von Gebeten. Vorgedruckt ist die kaiserliche Verordnung über die Einführung, die Empfehlung des Kardinal-Legaten Caprara vom 30. März 1806 und die Verordnung des Bischofs von Straßburg vom „10. Christmonath 1807". Ferner wurde verwendet: „Kat. zum Gebrauche in allen Kirchen des französischen Kaiserreichs, S. 2—14. Staatliche u. bischöfl. Verordnungen." Eigentl. RU. S. 15 bis 184. Amsterdam 1807. 513) S. I. Schuderoff, Journal für Veredelung VI (1807), I. Bd., 241—248:

„Bericht des Ministers des Gottesdienstes an des Kaisers Napoleon Maiestät"; ferner ist der „Bericht" im Urtexte auszugsweise enthalten und eingehend kritisiert in einer anonymen umfangreichen Kampfschrift, die sich gegen den Kat. wendet und den Titel trägt:„La NouvellefigliseGallicane convaincue d’erreurou Refutation du catechisme ä l’usage de toutes les eglises de l’empire frangais“ ... Mai 1810 (o. O.). Diese ent­ hält: I. „Sommaire de l’ouvrage“ III—XLVI. In dieser Inhaltsangabe finden sich die Stellen aus obigem Bericht („Rapport") abgedruckt S. XL—XLV. II. Refutation de l’ouvrage, S. 1—239. III. Exposition sur les droits de la puissance spirituelle, S. 1—28 (neu paginiert). Diese Exposition wurde am 22. August 1765 in Paris von 32 Bischöfen und 38 Äbten (die Namen find unterzeichnet) angenommen und

fußt auf den vier Gallikanischen Artikeln (ebd. am Schluß). Die ganze Schrift enthält in allen Teilen zahlreiche Fußnoten zur Zurückweisung der Irrtümer gegen die Lehre und besonders des Gallikanismus. Soweit sie die Heterodoxie des Reichskat, statuiert, muß sie als ein Zeichen des erstarkenden kirchlichen Gedankens zur Zeit ihrer Ent­ stehung (1810) wenigstens berücksichtigt werden, zumal das Staatskirchentum und der Josefinismus in katholischen deutschen Territorialstaaten um die gleiche Zeit und schon vorher ähnliche Probleme im Kampf um den Kat. auswirft. 514) Die Entwicklung der Gründe für die Einheit der Unterweisung geht über den Rahmen eines amtlichen Berichts hinaus und scheint sich an die Adresse der Bischöfe gewendet zu haben. Eine förmliche Bestätigung dieser Vermutung konnte allerdings nicht gefunden werden.



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den Gang des religiösen Unterrichts zu vervollkommnen vermag", und unter Berufung auf das Staatsgesetz, das bereits die Einheit dieses Unter­ richts festgelegt f)ttbe818), wird ausgesprochen, daß diese gesetzliche Maß­ nahme vom wahren Geiste der Religion diktiert sei und den Wünschen der allgemeinen Konzilien, besonders des Tridentinums, entspreche8"). Wenigstens für die Christen, die einer Nation angehören oder unter ein und derselben Regierung leben, solle „eine einstimmige Unterrichtsweise" durchgeführt werden, um so mehr, als in religiösem Belange eine Änderung der Erkenntnis unmöglich sei, jede Neuerung als eine Entheiligung emp­ funden toetbe517) und „die Menge und Verschiedenheit der Katechismen... immer mit einiger Gefahr für die Grundlage der christlichen Lehre ver­ bunden" fei817). Sogar eine Verteidigung der religiösen Belehrung des Kindes gegen Rousseau findet sich in diesem „Bericht". „Diejenigen, welche denken, es dürfe mit Kindern von Religion und Sittlichkeit nicht gesprochen, und es solle ein reiferes Mter zu diesem Unterrichte abgewartet werden, ver­ kennen die Lebhaftigkeit der ersten Eindrücke und die Kraft der ersten Gewohnheiten8")." Es folgt die Feststellung, die allerdings nur mit Einschränkung gelten kann, daß der neue Katechismus „eigentlich nur ein Exemplar desjenigen von SBoffuet819)" ist und eine Lobrede auf diesen „beredten Stimmführer" der Gallikanischen Kirche, „dessen Gelehrsamkeit, Geist und Talente . . . nie aus dem Andenken der Franzosen verschwinden" werden899). Der Antrag der Einführung des Buches beschließt den Bericht. Eine solche geistige Einstellung des staatlichen Regimes läßt in die ganze Ideenwelt des extremen Gallikanismus89*) schauen, betrachtet das Geistliche als Annex der weltlichen Obrigkeit und macht das erstere den Zwecken der letzteren dienstbar899). Bon hier aus wäre es nicht zu ver­ wundern, wenn das Werk am Schlüsse den wichtigsten kirchlichen Gesichts­ punkt, den der richtigen Darstellung der katholischen Lehre, ganz ver­ nachlässigt hätte. Daß aber trotzdem im ganzen der Reichskatechismus noch als kirchliches Religionsbuch gelten und sich halten konnte, verdankt er dem Vorbild Bossuets, auf dessen Grundlage er hauptsächlich verfaßt wurde, und dem Interesse auch von staatlicher Seite, -offene Konflikte zu vermeiden898). 516) Schuderoff, a. a. 0.241. E16) Schuderoff, a. a. 0.243 f. 617) Schuderoff, a. a. 0.243 f. 518) Schuderoff, a. a. 0.245 f. m) La Nouvelle figiise Gallicane (1810), XVIf.; vgl. Schuderoff, a. a. 0.247. S2°) Schuderoff, a. o. 0.247 f. m) Das Dekret vom 25. Februar 1810 erklärte die Gallikanischen Artikel (Cleri Gallicani de Ecclesiastica potestate Declaratio vom März 1682) zum allgemeinen Reichsgesetz. Vgl. Daniels Handbuch der Gesetze V (1837), 469—72. Die Gegensätze zum Römischen Stuhl waren bereits 1805 offen ausgebrochen und hatten sich fort­ schreitend zugespitzt. S. Buchberger, K. H.-Lex. II, 1079. 522) La Nouvelle figiise Gallicane (1810), Vf., zitiert ein Wort Napoleons an die Gesandten Roms, leider ohne Zeitangabe, man möge das Oberhaupt des Kaiser­ reichs als den Kaiser der Kirche anerkennen. 62s) Vgl. Bacant-Mangenot, Dictionnaire II (1910), 1951.

— 167 — Freilich dokumentiert er sich in den Begleitumständen seiner Ent­ stehung und auch noch in der Gestalt, in der er schließlich veröffentlicht wurde, noch allzu deutlich als ein der Kirche aufgezwungener Staats­ katechismus62®). Das kaiserliche Einführungsdekret vom 4. April 1806 mußte gemäß Ziffer II „einemjeden Exemplar des Katechismus vorgedruckt" toerben625) und hatte den Charakter eines Staatsgesetzes626). In Ausführung dieser Bestimmung mußten die sämtlichen in den Handel kommenden Stücke durch einen staatlichen Beauftragten beglaubigt sein, damit jede Fälschung des approbierten Textes vermieden toerbe62®). Letztere Bestimmung war besonders einschneidend, weil dadurch den Bischöfen als den zuständigen Organen der Kirche in Richtung einer Korrektur etwaiger Fehler die Hände gebunden tonten627). Zu einer Verbesserung und Ergänzung war schließlich noch an ver­ schiedenen Stellen Anlaß gegeben, trotz der ebenfalls mit kluger Berech­ nung vorgedruckten Empfehlung des Kardinal-Legaten Caprara62®), auf die sich auch die kaiserliche Verordnung an der Spitze besonders nach­ drücklich berief629). Diese Approbation konnte wohl damals ihren Zweck erfüllen und die Bischöfe zur Verbreitung des neuen Katechismus ver­ mögen. Aber ihr objektiver Wert erscheint doch recht zweifelhaft, wenn man weiß, daß der Papst Pius VII. durch seinen Staatssekretär Consalvi an den Legaten die Weisung hatte ergehen lassen, sich der Veröffentlichung des kaiserlichen Katechismus zu widersetzen669). Dabei war besonders die Rücksicht auf die Rechte des Episkopats und die Erwägung maßgebend, daß es nicht der weltlichen Gewalt zustehe, den von ihr gewünschten Kate­ chismus zu wählen oder den Bischöfen vorzulegen669), „besonders, wenn dieser sich an den Zeitgeist anpaßt, der ein Geist der Jrreligion, des Un­ glaubens oder wenigstens der Indifferenz ist669)." Caprara hielt den Inhalt des päpstlichen Schreibens geheim und teilte entgegen den emp­ fangenen Weisungen dem Minister der kirchlichen Angelegenheiten mit, „daß er Auftrag habe, den neuen Katechismus zu approbieren"667). Durch 624) La Nouvelle figlise (1810), IV, IX. Dieses Urteil muß sich noch im folgenden rechtfertigen. 625) Vgl. Kat. zum Gebrauch aller Kirchen, Straßburg 1807, Titelblatt: ders., Amsterdam 1807, S. 12 s. 62e) La Nouvelle figliseGallicane(1810), XVIII f., Kat. Ausg. Amsterdam 1807,14. 527) Erst die Schwierigkeiten, die sich bei der Einführung des Kat. da und dort ergaben, veranlaßten den zuständigen Minister des Kultus, den Bischöfen einige Frei­ heit bezüglich der Drucklegung und des Verkaufes zu gewähren und sie zu mahnen, sie möchten nicht mit Zwang, sondern durch Aufklärung die Verbreitung fördern. Vgl. Vacant-Mangenot, Dict. II, 1910, 1953. 528) Siehe die Straßburger Ausgabe von 1807,6. Seite. Die Gedanken schließen sich teilweise an die des Ministers des Gottesdienstes Portalis an, mit dem Caprara insgeheim sympathisierte. Vgl. Vacant-Mangenot, Dictionnaire II, 1952. 6M) Vgl. Straßburger Ausgabe 1807, Titelblatt. 6S0) Vgl. Vacant-Mangenot, Dictionnaire II, 1952, Bef. Brief des Staats­ sekretärs vom 18. Sept. 1805. Vgl. a. I. Schmidlin, Papstgeschichte der neuesten Zeit I (1933), 88. m) Die Mitteilung erfolgte am 13. Februar 1806. Vgl. Vacant-Mangenot, Dictionnaire II (1910), 1962.



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dieses Doppelspiel seines Legaten war der Papst vor eine vollendete Tat­ sache gestellt und erfuhr erst von der Erteilung der kanonischen Approbation632) und dem kaiserlichen Dekret, das die obligatorische Einführung anordnete, als beide Urkunden im Reichsanzeiger veröffentlicht worden waren333). Ein weiterer päpstlicher Protest gelangte nur bis zum Pariser Legaten. Ernstere Sorgen zogen die Aufmerksamkeit Pius VH. von der Angelegenheit des Pariser Katechismus ab, die nunmehr ihren unauf­ haltsamen Gang nahm. Napoleon hatte jedenfalls seine Absicht erreicht33*). Nach der kanoni­ schen Approbation waren der Einführung des neuen Katechismus die Wege geebnet; denn nun konnten sich die Bischöfe entschließen, auch ihrer­ seits die Approbation für ihren Sprengel zu erteilen. Der Erzbischof von Paris glaubte dabei333) noch ausdrücklich betonen zu müssen, daß die reli­ giöse Unterweisung nicht dem Kaiser, sondern dem Episkopat zustehe333), der Bischof von Agen fand einzelne Irrtümer und Unterlassungen, die ihn aber nicht hinderten, den kaiserlichen Willen durchzuführen. Der Erz­ bischof von Bordeaux, der die gleichen Fehler beanstandete, verschob die Annahme des Katechismus bis zur Beseitigung der Mängel. Auch die sonstigen nach dem Erscheinen auftretenden Widerstände wurden über­ wunden333), das große Reich Napoleons hatte um das Jahr 1807 seinen Einheitskate chismus. Auch die betätigten deutschen Bischöfe mußten den kaiserlichen Willen in diesem Punkte durchführen337). In Straßburg, wo sich der Geist der M2) Sie erfolgte am 30. Februar 1806 durch Caprara. S. Bacant-Mangenot, a. a. O. 1952. S. Ausg. Amsterdam 1807, S. 5; Straßburg 1807, 5. S. 633) Bacant-Mangenot, a. a. 0.1952. 634) Napoleon legte großen Wert auf diese Approbation. S. Bacant-Mangenot, Dictionnaire II, 1952. Besonders die belgischen Priester, die von Piemont, Genua, Parma, Piacenza machten davon die Einführung abhängig. Ebd. 536) Der Erzbischof erteilte nach Prüfung auch seinerseits die Approbation: „Wir haben darin die kath. Lehre in ihrer Lauterkeit dargestellt gesehen...". S. Kat. Ausgabe Amsterdam 1807, 8f. 636) Bacant-Mangenot, a. a. O. II, 1953. Ausg. Amsterdam 1807, 7 f. 637) Im Bistum Mainz wurde der Kat. bereits mit Erlaß vom 28. August 1806 eingeführt. S. Thalhofer, Entwicklung, 104, Fußn. 2. Der Kat. scheint nicht nur für einen kleinen Teil Deutschlands in Gebrauch gekommen zu sein, wie Thalhofer (a.a. O.) feststellt, sondern im ganzen von Napoleon eroberten Gebiete, wenn auch teilweise kürzere Zeit, eingeführt worden zu sein. Dahin deuten die deutschen Ausgaben, die nach 1806 erschienen. Kayser, Vollst. Bücherlex. III (1835), 314, führt z. B. eine Aus­ gabe von Münster (ohne Jahresangabe), eine von Leipzig (1807) auf. Ebd. wird auch eine Ausgabe von Amsterdam (1807) verzeichnet unter dem Titel: „Kat. für sämtliche Kirchen u. Schulen des französischen Reichs ..." Ob dieser Kat. identisch ist mit dem in der Staatsbibliothek München vorhandenen „Katechismus zum Gebrauch in allen Kirchen des französischen Kaiserreichs. Amsterdam 1807", konnte nicht festgestellt werden, ebensowenig die Bestimmung dieser Übersetzung. Der Aufbau dieser Aus­ gabe ist ähnlich dem der Straßburger von 1807: Approbation des Kardinal-Legaten Caprara (3—5), Verordnung des Kardinal-Erzbischofs Belloy von Paris vom 12. Aug. 1806 (6—10). „Auszug aus den Akten des Staatssekretärs" (11—14), darunter das kaiserliche Dekret vom 4. April 1806 und die Ausführungsbestimmungen des Ministers Portalis dazu. In diesem Kat. wurde eine direkt authentische französische Ausgabe

- 169 Revolution in seiner ganzen Schärfe ausgewirkt hatte, fand der französische Kaiser in dem Bischof I. S. Fauriene ein nicht minder willfähriges Werk­ zeug seiner Pläne638). Er konnte sich in der Verordnung vom 10. Christ­ monath 1807 auf die Tatsache berufen, daß bereits die Bischöfe des fran­ zösischen Kaiserreichs und des Königreichs Italien das neue Religionsbuch gutgeheißen hatten333). „Wir beeifern uns", so heißt es dann weiter, „den Absichten eines so gottesfürchtigen Fürsten zu entsprechen, denn er suchet nur die Ruhe, das gemeine Beste, die Beständigkeit, die Vortheile und größeren Fortschritte unserer heiligen Religion." Vom ersten Tage der Kastenzeit an „bleiben die vorigen (sc. Katechismen) für immer, ganz und entschieden, untersagt333)." Die Geistlichen werden aufgefordert, die Gläubigen über die Gründe der Neuordnung zu belehren und sie zum Gehorsam gegen den Kaiser zu erziehen343). Wenn auch die ablehnende Haltung des Papstes die Einführung des Katechismus nicht verhindern konnte, so hatte sie doch, in einigen Punkten wenigstens, in denen sich der beanstandete Zeitgeist in dem Entwurf geltend gemacht hatte, indirekt eine Revision zugunsten der kirchlichen Lehre erreicht. Der bereits von Rousseau so grimmig bekämpfte Satz „Extra ecclesiam nulla salus“641) war in dem Entwurf ausgemerzt worden; hier wurde, wie an einigen anderen Stellen, infolge Eingreifens des Kardinals Fesch der Text Bossuets wieder hergestellt343). Freilich blieben noch manche Wünsche unerfüllt, die sich auf die klare Darstellung der kirchlichen Lehre bezogen643), so daß auch die endgültige dem deutschen RU. zugänglich gemacht. Eine Vergleichung dieser Amsterdamer mit der gleichzeitigen Straßburger Ausgabe ergibt die vollständige Übereinstimmung des religiösen Inhalts bis zu den einzelnen Fragen und Antworten und nur eine Abwei­ chung des Textes durch die Verschiedenheit der Übersetzung. 638) Die Verordnung des Kardinals von Paris zeigt im Verhältnis zu der des Straßburger Bischofs einen gewissen Freimut gegenüber dem Kaiser. Vgl. Ausgabe Amsterdam 1807, S. 7 f. 639) Kat. zum Gebrauch aller Kirchen... Straßburg 1807, 3. Seite. 64°) A. a. O. 4. u. 5. Seite. 641) Vgl. Kat., Straßbg. Ausg., 37: die Erklärung, „daß man in ihrem Schooße (sc. der Kirche) leben und sterben muß, um das ewige Leben zu erhalten". Vgl. Ausg. Amst. 62. 642) S. Bacant-Mangenot, a. a. O. II, 1953. 543) La Nouvelle ßglise Gallicane (1810) macht eine Reihe von Ausstellungen am Kat., die an sich berechtigt sind und auch von einzelnen Bischöfen gemacht wurden (ebd. VII, Fußn.), nur ist die Kampfschrift geneigt, dort schon Irrlehren zu sehen, wo Undeutlichkeit und Mißverständlichkeit im Ausdruck gegeben ist. Schon der Umstand, daß die Bischöfe sich schließlich insgesamt zur Einführung des Kat. entschlossen (vgl. auch das positive Urteil des Kard. Belloy nach aufmerksamer Prüfung v. S.), spricht gegen die einseitige Kritik der Kampfschrift, der zufolge der Kat. voll von Irrlehren und Auslassungen sein müßte. Berechtigt ist z. B. die Kritik (ebd. XXIf.) an der Auslassung des 10. Artikels des Symbolums, (der in d. Straßbg. u. Amsterd. Ausgabe fehlt). Dogmatisch verschwommen und unvollständig ist die Frage: „Wem kommt dieser Name (sc. Heiligkeit) ganz besonders zu?" und die Antwort dazu: „Denen, welche einen vollkommenen Glauben haben und ein heiliges Leben führen." (Amst. Ausg., 63 f., Straßb. Ausg., 38); hier spricht La Nouvelle ßglise XXI das Urteil: „Irrig und das System der Protestanten von der Rechtfertigung durch den Glauben begünstigend". In der XIX. Lektion des ersten Teils (Amsterd. Ausg., 69—72,

- 170 — Formulierung noch manchen Anlaß zur Kritik aus den Reihen der kirch­ lich gesinnten Theologen gab544) und auch die leidenschaftliche gehässige Polemik nicht ausblieb^). Je mehr die Politik Napoleons ihre Feind­ seligkeit gegen den Römischen Stuhl enthüllte, desto weniger wurde der Katechismus als ein Geschenk an die Kirche angesehen, als das er, wie die ersten Maßnahmen des Konsuls nach der Revolution in den Jahren des Wiederaufbaues der Religion, noch angesehen werden konnte; desto mehr empfand man es von kirchlicher Seite, daß die ersten Seiten des Kate­ chismus mit den staatlichen Verordnungen und den Huldigungen der Bischöfe doch schließlich eine Unwahrheit waren, die am allerwenigsten in ein Religionsbuch paßten; desto mehr wurde man sogar übermäßig scharfsichtig gegen die Mängel, die auch im Bortrag der religiösen Lehre gegeben waren. Als im Jahre 1810 die große Kampfschrift gegen den Kaiserkatechismus erschien"«), da sprach der anonyme Verfasser wohl die Absicht vieler aus, als er mit einem großen Aufgebot von Gelehrsamkeit den Katechismus wegen seiner Herkunft von der Staatsgewalt als ein unechtes Kind der Kirche"?) und als Ausfluß der Tyrannei"«) bekämpfte, weit über das Ziel hinausgehend, ihn in allen seinen Teilen als Werk der Häresie geißelte und nicht weniger als die Lehren Luthers, Kalvins, Straßb. Ausg., 42—44): „Bon der Hl. Schrift und der Tradition" ist die letztere in 3 Fragen (S. 72 bzw. 43 f.) spärlich abgewandelt und in der einleitenden grundlegen­ den Frage gar nicht berücksichtigt. Vgl. Amst. Ausg., 69, Straßb. 42: Fr.: „Worin sind die Geheimnisse, welche Gott uns geoffenbart, und die ganze christliche Lehre ent­ halten?" Antwort: „Erstens in der Hl. Schrift des Alten und Neuen Testaments". La Nouvelle Eglise XXII nennt das „eine irrige und sogar häretische Lehre", ohne die spätere Behandlung der Tradition zu würdigen. Dabei ist allerdings im französischen Text (s. La Nouvelle Eglise Gail., XXII) und in der Amsterdamer Ausgabe (69) das „erstens" nicht enthalten, das bereits das Bedürfnis nach einer Korrektur sehen läßt. Ähnliche Feststellungen ließen sich an Hand der Ausstellungen der Kampfschrift noch viele machen. Danach ist das Urteil Thalhofers (Entwicklung, 104, Fußn. 2) doch mit einiger Einschränkung auszusprechen, daß der Kaiserkat. „auf durchaus poütiver Grund­ lage abgefaßt" sei, besonders wenn man die präzise Formulierung der Kirchenlehre in Betracht zieht. 644) So reichte die Geistlichkeit von Tournai an den Kardinal-Legaten eine Schrift gegen den Kat. ein. Ebenfalls auf belgischem Gebiet, in Namur, weigerte man sich, den Kat. einzuführen. S. Bacant-Mangenot, a. a. O. II, 1953. Vgl. La Nouvelle Eglise Gallicane (1810), XVIIff. 645) Nach Erscheinen des Kat. erschien ein Pamphlet unter dem Titel: „Le väritable Esprit du catächisme publi6 par Buonaparte“, in dem der Kat. als Werk eines dissidentischen belgischen Priesters verdächtigt wurde. S. Bacant-Mangenot, a. a. O. II, 1953. 546) Es ist die bereits erwähnte Schrift: „La Nouvelle Eglise Gallicane“ 1810. Von Deutschland aus, das damals die Zeit seiner tiefsten politischen Erniedrigung erlebte und ständig von Kriegswirren heimgesucht war, konnte keine Kampfschrift gegen den Kat. aufgefunden werden. 647) La Nouv. Egl. Gail. (1810), Xllf. Hier spricht der Verfasser aus, daß der „Richörismus, d. h. die philosophische Manie, die Kirche zu beherrschen", die Ab­ fassung des Kat. geleitet hat. Dieser Borwurf zieht sich in verschiedener Formulierung durch die ganze Schrift hindurch. Vgl. XV, XVIII u. a. 548) La Nouvelle Eglise Gallicane (1810), XVIIIf.

— 171 — des Jansenius, Bajus, Quesnel darin entbedte649). Das aber blieb immer noch übrig, was bereits der Römische Stuhl von dem Entwurf festgestellt hatte, daß der Katechismus unter dem Einflüsse des Zeitgeistes stand. Es war ein Zugeständnis an denselben, wenn er die Lehren vom Rosen­ kränze, von den Litaneien, von der Abstinenz unterdrückte, die bei Bossuet enthalten finb560). In einem Punkte mußte der dogmatische Teil des Katechismus be­ sonders auf Widerstand stoßen und hier enthüllt er die tiefsten Absichten Bonapartes und die Vermengung von Religion und Politik, die nur nach den Tagen der Revolution unter dem Druck der Staatsgewalt und An­ wendung von politischer ßift551) möglich war: in dem Zusatz zum 4. Gebot des Dekalogs, der den Namen Napoleons in den religiösen Stoff einmengt. Der Plan zu dieser Politisierung des Religionsbuches tauchte zum ersten Male in dem Schreiben des Ministers Portalis an den Kaiser vom 13. Februar 1806 auf. Der erstere schlug hier bei der Lehre von der Unter­ ordnung unter die weltlichen Gewalten an der Stelle der allgemeinen Ausdrücke einen besonderen Unterricht vor, der es auf seine Majestät und ihre Nachfolger absehe^). Die erste Redaktion wollte den Artikel von den speziellen Verpflich­ tungen gegen die Regierung von Frankreich sogar als ein kirchliches Dogma darstellen^). Auch die endgültige Fassung dieser Erweiterung des Kate­ chismus, die vom Kaiser selbst geprüft und sogar noch eigenhändig ge­ ändert wurde, enthüllt immer noch deutlich die Absicht, die Religion den dynastischen Plänen Napoleons dienstbar zu machen^9), und traf von 649) A. a. O. XXXV ff. Im 1. Teil wird das System als ein sakrilegischestyrannisches gebrandmarkt, s. XIVff. In den folgenden Teilen werden die Irrtümer des Kat. gegen das Dogma (XXff.j, gegen die Moral (XXIIIff.), gegen die Gottes­ verehrung (XXVIIff.) herausgestellt. 66°) La Nouvelle figlise Gallicane (1810), XXXf. 6ßl) S. o. S. 167 f. 562) S. Vacant-Mangenot, a. a. O. II, 1952. 663) S. Kat. zum Gebrauch aller Kirchen..., Straßburg 1807, S. 49f. „VII. Unterricht Fortsetzung des nähmlichen (sc. 4.) Gebothes." (Vgl. Kat. Ausg. Amster­ dam 1807, 81 f.) „F.: Was für Pflichten hat der Christ gegen die Fürsten, seine Be­ herrscher; und welche Pflichten liegen insbesondere uns gegen Napoleon, den ersten, unsern Kaiser, ob? A.: Die Christen sind den Fürsten, ihren Beherrschern, und wir sind insbesondere Napoleon, dem ersten, unserm Kaiser, Liebe, Ehrfurcht, Gehorsam. Treue, den Kriegsdienst und alle die Abgaben schuldig, welche zur Erhaltung und Ver­ theidigung des Reiches und seines Thrones angeordnet sind: außerdem sind wir ihm noch eifriges Gebeth für sein Heil, und für die geistliche und zeitliche Wohlfahrt des Staates schuldig." — „F.: Warum sind wir schuldig, alle diese Pflichten gegen unseren Kaiser zu erfüllen? A.: Erstens, weil Gott, der die Staaten errichtet und nach seinem Gutdünken sie austheilet, dadurch, daß er unseren Kaiser mit seinen Gaben sowohl in Friedens- als in Kriegszeiten reichlichst begnadiget, ihn zu unserm Ober­ haupte eingesetzt, und zum Diener seiner Macht, zu seinem Bilde auf Erden aufgestellt hat. Unsern Kaiser ehren und ihm dienen, ist Gott ehren und ihm dienen. Zweytens, weil Jesus Christus, sowohl in seinen Lehren, als durch sein Beyspiel, uns selbst in den Pflichten unterrichtet hat, welche uns gegen unseren Regenten obliegen." Es folgt die Berufung auf den Gehorsam des Heilands gegen das Gebot des Augustus, die Entrichtung der Abgaben durch den Herrn, das Gebot „dem Kaiser zu leisten, was dem Kaiser gebühret". Die nächste Antwort gibt die „besonderen Beweggründe":

— 172 — Anfang an auf den Widerstand der Kirche; sobald die Nachricht von dieser Einschaltung in die Öffentlichkeit kam, wurde sie öffentlich als Eingriff in die Rechte der Kirche erflärt664), was jedoch dank der Nachgiebigkeit Capraras die Übernahme der Einschaltung in den bereits staatlich appro­ bierten und unveränderlichen Text des Katechismus und seiner Über­ setzungen nicht verhindern tonnte663). Dieser Katechismus suchte in seinem Inhalte den Thron Napoleons zu stützen und die Person des Kaisers als den Mann der Vorsehung und sogar seine politischen Pläne im Religiösen zu verankern. Er war allzu­ sehr von den unwandelbaren, überzeitlichen Dogmen und Gesetzen der Religion in die Mederungen der Menschlichkeit niedergestiegen. Er trug zu deutlich die Spuren eines politischen Regimes und hatte sein Schicksal mit diesem verbunden. So mußte er auch mit ihm untergehen. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn sich unmittelbar nach betn Sturze Napoleons die französischen Bischöfe beeilten, „diese dogmatische Diktatur" zu beseitigen666) und den Kaiserkatechismus durch die alten Diözesankatechismen zu ersetzen666). Auch in Deutschland verschwand er mit dem Regiment Napoleons. So verbot eine Bekanntmachung des Generalgouverneurs des Nieder- und Mittelrheins (vom 20. Juni 1814) „den Gebrauch des sogenannten Napoleonschen oder Reichskatechis­ mus666)." Damit hatten die geistigen und politischen Auswirkungen der fran­ zösischen Aufklärung auf die Katechismen und der Kampf um sie in Frankreich und den betreffenden deutschen Gebieten im wesentlichen ihr Ende erreicht. Im Königreich Frankreich nahm man die unterbrochene Tradition wieder aus, ohne daß der Rationalismus wieder im großen Stile zu Worte kommen konnte66'), wie eine literarische Fehde gegen den Kate„Denn ihn (Napoleon) hat Gott der Herr in den schwierigsten Umständen erweckt, die öffentliche Ausübung der hl. Religion unserer Väter herzustellen, und sie zu beschützen. Er hat durch seine tiefe und thätige Weisheit die öffentliche Ruhe und Ordnung wieder hergestellt und erhalten; er ist der Vertheidiger des Staates durch die Kraft seines mächtigen Armes; und durch die heilige Salbung, welche er von den Händen des Papstes des Oberhauptes der allgemeinen Kirche empfangen hat, ist er zum Gesalbten des Herrn geworden". 554) Vacant-Mangenot, a. a. O. I I, 1952. Von dem Verfasser der Schrift La Nouvelle Eglise Gallicane (1810), XXVIf. wird die spezielle Verpflichtung aus das Napoleonische Regime, die in diesem Zusatz ausgesprochen wird, energisch zurück­ gewiesen und die Begründung besonders als „eine lächerliche und sogar sakrilegische Antwort" gebrandmarkt, „weil sie eine Pflicht der Dankbarkeit gegen den Kaiser für Maßnahmen aufstellt, die im wesentlichen der Religion schädlich waren". — Kardinal Belloy glaubt in der Einführungsverordnung diese Einschaltung ausdrücklich recht­ fertigen zu müssen. S. Kat. (1807), Ausg. Amsterdam, 9 f. 566) Hezard, Histoire (1900), 215. Schuderoff, Neues Journal VII (1814), 2. Bd., 126, berichtet, daß die Abschaffung auch durch königliches Dekret erfolgt sei. Nach Vacant-Mangenot II (1910), 1953, spricht der Bischof von Bayonne in dem Hirtenbrief, der die Abschaffung des Kat. kundmacht, sogar die Vermutung aus, daß der Kat. nach der Approbation durch den päpstlichen Legaten noch gefälscht worden sei. In verbesserter Gestalt erhält sich der Kat. in der Diözese Toulouse noch nach 1814 (ebb.). 656) Schuderoff, Neues Journal VII (1814), 2. Bd., 113. 657) Vgl. Hezard, Histoire, 176.

— 173 -chismus überhaupt seit Rousseau nicht mehr festzustellen ist. Anklänge an die Gallikanischen Artikel von 1682 fanden sich da und dort in den er­ neuerten Katechismen"""). Auch eine sorgfältigere Bemühung, die Har­ monie von Glaube und Vernunft, Dogmen und Wissenschaft darzutun, ist als Frucht der Revolution zu betrachten"""). Wenn man am Ende dieser französischen Entwicklung zum Verlause der deutschen Bewegung gegen den Katechismus und zur Erneuerung desselben zurückkehrt und sie neben die französische stellt, so kann nicht nur auf den zwangsläufigen und unmittelbaren Einfluß der ersteren in der Zeit der Revolution und Napoleons hingewiesen werden, der für die eroberten Gebiete von der Politik her gegeben war. Der Ausbruch der Revolution hatte in den protestantischen""") und katholischen""") Staaten eine Zeit der Reaktion zur Folge, von der auch der Religionsunterricht berührt wurde. Als dann in dem Revolutions- und Napoleonischen Kriege ein großer Teil des deutschen Landes zum Tummelplatz des französischen Heeres wurde, war bei allen Konfessionen wenig Zeit, für und gegen einen Kate­ chismus zu streiten. Die von Frankreich diktierte Politik am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts war besonders für die katholische Kirche Deutsch­ lands verhängnisvoll. Ihr versetzte die Säkularisation, die sich als die letzte und durchschlagendste Auswirkung der großen Umwälzung jenseits des Rheins darstellte"""), in der Auflösung der geistlichen Fürstentümer und der Enteignung des kirchlichen Besitzes zunächst einen schweren Schlag. Seine schädlichen Folgen setzten sich bis in das kirchliche Leben und den Religionsunterricht fort und wurden erst in der Neuorganisation der Kirche in den Konkordaten überwunden"""). Doch auch fördernd griff die französische Politik in die religiöse Ent­ wicklung Deutschlands ein. Die Zeit der Befreiungskriege brachte auch wieder die religiöse Besinnung und Erweckung""") und wirkte speziell in der protestantischen Kirche mit zur Rückkehr zum Katechismus Luthers"""). Neben dieser politischen Linie führte aber ein breiter Weg von den treibenden Kräften der französischen zur deutschen Aufklärung und noch spezieller zur Pädagogik und religiösen Belehrung, das ist der von der „naturgemäßen" Pädagogik Rousseaus, zunächst zum deutschen Pro­ testantismus. Die Philanthropisten nahmen die Gedanken Rousseaus """) Hezard, a. a. 0.215. "“) Vgl. Hözard, a. a. 0.222. *60) Vgl. Schwach, Der erste Kulturkampf in Preußen in Kirche und Schule (1925), 232—265, bes. 255 f., 261. °") Vgl. Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft, 49 (1929), 287 ff., 301. Aufsatz von M. Braubach. Vgl. H. Jahrbuch der Görresgesellschaft 49 (1929), 203. 6**3) S. Buchberger, K. H.-Lex. II, 1898, Art. „Säkularisation" von A.M. Schegelmann. "“) Vgl. Th. Harnach Katechetik (1882), 99s.; Reu, Luthers Kl. Kat., 199. Vgl. O. Frenzel, Luthers Kat. und das Zeitalter der Aufklärung, in „Allg. Ev.-Luth. K. Z.", 62. Jg., 588.

— 174 „aktiv" auf686), prägten sie für die deutschen Verhältnisse um, wandten sie auf den Religionsunterricht und den Katechismus an und gaben sie an die katholische Aufklärung weiter. Hier ist der Punkt, wo die Darstellung zu Rousseaus „Emil" und in das Jahr 1762 zurückkehren und den bezeichneten Weg der Ideen der Aufklärung in die nach verschiedenen Richtungen kom­ plizierteren deutschen Verhältnisse hinein688) und das feindliche Zusammen­ treffen mit den alten kirchlichen Katechismen weiter aufzeigen muß. 666) Vgl. Reh, Grundlagen, 9. «««) Dies gilt schon von konfessioneller Verschiedenheit und territorialer Glie­ derung der deutschen Staaten des ausgedehnten 18. Jahrhunderts.

II. Abschnitt. Die Vereinigung und dialektische Entfaltung aller dem Katechismus feindlichen Tendenzen der Vorzeit durch die deutsche Aufklärung. Die Eröffnung des großen Kampfes gegen den Katechismus auf deutschem Boden durch I. B. Basedow (1764 -1774).

Kapitel I.

Basedow als Vermittler aller religiös-individualistischen Tendenzen der Vorzeit. Es hat sich schon bis jetzt gezeigt, daß der Streit speziell um die pro­ testantischen Katechismen bis in die Zeit hinaufreicht, in der sie durch die zuständigen kirchlichen Organe mit symbolischem Charakter ausgestattet und damit im Urteil der Kirche und zugleich der Gläubigen — letzteres solange der Individualismus sich in der Kirche nicht durchsetzte — zur einzig möglichen und richtigen Auslegung der Bibel gestempelt waren. Seitdem ist aber auch der über die Jahrhunderte hinweg zu den Aufklärem hinüberklingende Protest der Separatisten hörbar: .Symbolische Schriften, mit denen man eine Orthodoxie aufrichtet, widersprechen dem Grundsatz der evangelischen Freiheit. Wenn auch die sporadisch auftretende Auflehnung gegen die als un­ protestantisch empfundene Lehrfixierung durch Katechismen bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts in Deutschland keine weiteren Kreise zog, so war doch die Spannung zwischen der kirchlichen Autorität und der indivi­ duellen Freiheit innerhalb der protestantischen Kirchen als der Hintergrund dieser Auflehnung gegeben, solange die Katechismen als Glaubensbücher Geltung hatten. Wieweit in den sechziger fahren des 18. Jahrhunderts der Gedanke der Freiheit von kirchlicher Bindung in Deutschland bereits Macht ge­ wonnen hatte, dafür konnte bisher die kühne Sprache eines Trier mit seinen schweren Anklagen gegen die Kirche und ihren Katechismus und die be­ geisterte Aufnahme des „Emil" Zeugnis geben. Diese war schließlich doch nur möglich, wenn man die herausfordernden Sätze des „Glaubens­ bekenntnisses" und seine antikirchliche Gesinnung freudig bejahte, zum mindesten aber übersehen konnte. Noch im Anfang des Jahrhunderts hätte jedenfalls ein Werk mit solchen Tendenzen keinen Anklang gefunden, auch wenn es seiner Zeit sonst noch soviel Beachtenswertes gesagt hättet. Rein äußerlich spricht sich das Heraufkommen einer neuen Zeit schon darin aus, daß die Angriffe auf die kirchliche Lehre so rasch einander folgten. Im Jahre 1762 ging der von Trier angefachte Streit zu Ende, das gleiche Jahr brachte im „Emil" den Kampf Rousseaus gegen alles Herkommen in der religiösen Erziehung und zugleich auch gegen den Katechismus. Er verkündigte mit Gründen, die bei seinen Zeitgenossen ihren Eindruck nicht verfehlten, die pädagogisch formulierte und weltanschaulich fundierte These, daß die alten Katechismen samt und sonders durch die natürliche x) S. dazu oben Kap. I, Nr. 1. Schmi tt, Der Kampf um den Katechismus.

- 178 Religion ersetzt werden müßten. Das Attribut „christlich" ward ihr zwar noch gelassen, inhaltlich aber war hier nur mehr ein dünner Faden zur christlichen Tradition gegeben, in der Geisteshaltung der Bruch mit ihr gänzlich vollzogen. Es mochte zunächst scheinen, als ob zum mindesten der Katechismus Luthers von dem Brande nicht erfaßt würde, der jenseits des deutschen Sprachgebietes, weit weg von den meisten lutherischen Territorien Deutsch­ lands ausgebrochen war und zu allererst die katholische Kirche berührte. Und doch bedeuteten Rousseaus Forderungen einen Angriff auch auf die protestantischen Konfessionen und Katechismen des deutschen Kultur­ bereiches. Bon kirchlicher Seite blieb man wohl die Antwort nicht schuldig. In berufenen Männern, wie Justus Möser und Formey2),3 kamen die beiden protestantischen Konfessionen Deutschlands zum Wort. Sie ver­ faßten Gegenschriften mit trefflichen Widerlegungen; aber sie konnten nur den geringeren Teil der deutschen Männer von Geist überzeugen. Dem größeren Teil waren die Worte Rousseaus aus dem Herzen gesprochen, wenn sie auch nicht seine extremen Formulierungen im religiösen Belang in Bausch und Bogen in ihre Überzeugung aufnahmen. So bedeutet das Jahr 1762 nicht nur nach der pietistisch-separatistischen Seite ein Ende, sondern nach der rationalistischen einen Anfang neuer, langwieriger geistiger Kämpfe gegen die protestantischen Katechismen5), die — das kann schon jetzt festgestellt werden — in vielen Punkten den Sieg der neuen Ideen brachten und schließlich auch zur vorübergehenden Beseitigung der bis­ herigen Religionsbücher führten. Freilich müssen bei dieser strikten Fixierung des Anfangs der geistigen Bewegung gegen den Katechismus auf ein bestimmtes Jahr oder auch auf wenige Jahre gewisse Vorbehalte gemacht werden, die schon int vorher­ gehenden sichtbar wurden. Es würde dem Wachsen und Reifen gestal­ tender Ideen widersprechen, wollte man ihren Ursprung von da ab datieren, wo sie ins Leben eingreifen, und sie an gewisse Männer knüpfen, die diese Überführung in die Praxis vollzogen. Es hat sich schon gezeigt, daß die schwärmerischen Ideen Triers wie die rationalistisch-deistischen eines Rousseau weit ins 17. Jahrhundert und in ihrer Wurzel noch weiter zurück­ reichen. Hinter dem auf die kurze Zeitspanne von 1759—1762 sich er­ streckenden Kampfe, der bis jetzt ausführlich dargestellt wurde, stehen Jahrhunderte geistiger Arbeit, stehen die Bewegungen des unkirchlichen Pietismus und Rationalismus, „die in der Zertrümmerung des Klerikalis­ mus ein gemeinsames... Ziel verfolgen4)." Die Gefahren, die von jenem kommen tonnten5), waren überwunden, weil die Zeit seines Einflusses Vgl. oben S. 85 f., Fußn. 40, Hadern, Rousseau, 26 f. 3) Speziell der reformierten Konfession gilt ja ein Teil seiner Argumentation gegen den Kat. überhaupt. Vgl. oben S. 132, Fußn. 338. 4) Herzog, RE. XV, 809. 6) Der Pietismus mußte nicht notwendig gegen Kirche und Kat. sich ent­ wickeln. Seine Hauptvertreter, wie Phil. Spener, Jak. und A. H. Francke (vgl. I. M. Reu, Luthers Kl. Kat., 169ff. bzw. 174ff.) und andere Pietisten waren sogar eifrige Förderer des RU. nach dem Kat. Luthers. Vgl. Herzog, RE. XV, 796, 802; vgl. 780f. 2)



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auf das geistige Leben vorüber men:6). Dagegen trug die rationalistische Strömung, der die Zukunft gehörte, alle Keime in sich, die zur Bekämpfung der symbolischen Katechismen sich entwickeln mußten. Es brauchte nur eine gewisse Zeit, bis die Ideen von der Mleinherrschaft der Vernunft auch im Religionsunterricht sich durchsetzen konnten. Dann waren aller­ dings auch die Waffen der Separatisten und Schwärmer gegen die Kate­ chismen recht brauchbar. Diese neue Zeit war mit Rousseaus „Emil" auch für Deutschland gekommen. Der Mann, der den Kampf Rousseaus, zunächst rein äußerlich und zeitlich gesehen, gegen die Katechismen fortsetzt, ist der Vater des Philan­ thropismus, der großen Erziehungsbewegung in Deutschland, der bereits genannte I. B. Basedow. Es ist hier nicht der Ort, die alte Streitfrage prinzipiell zu entscheiden, inwieweit die Gedanken Basedows von Rousseau stammen, auch nicht die andere, ob er mit Rousseau neben der Aufklärung eine selbständige Stellung einnimmt oder in sie einzureihen ist7).8 Auf jeden Fall bauen die Gedanken der Pädagogik dieser Zeit und auch Basedows auf Rousseau auf. Im welt­ anschaulichen Belang ist Basedow so wenig originell als Rousseau; beide übernehmen nach dieser Richtung das religiöse Erbe des großen Kampfes der vorausgehenden Jahrhunderte. Hier ist manche Verwandtschaft von Ideen zwischen beiden durch die gemeinsamen Väter des Gedankens erklärt. Daß aber darüber hinausgehend ein weitreichender Einfluß von Rousseau auf Basedow gegeben ist, wird auch von Männern anerkannt, die sich die extreme und überholte These Jean Pauls nicht zu eigen machen, nach der Basedow nur das Vermittlungsorgan Rousseaus an die Deutschen gewesen sein soll6). Soweit sich verwandte und übernommene Ideen und 6) Herzog, RE. XV, 809. In Preußen konnte der Pietismus seinen Einfluß auf die Volksbildung am längsten ausüben, und zwar durch das im Jahre 1763 erscheinende „Generalschulreglement". Vgl. Schmid, Gesch. V, 3. Abt., 88ff. Allerdings war der Einfluß kein nachhaltiger (a. a. O. 89). 7) Im allgemeinen wird R. an den Anfang der Aufklärungspädagogik gestellt und ihm hier eine ausschlaggebende Stellung auch für das deutsche Erziehungswesen eingeräumt. Besonders stark tritt dies in Rein, Enc., Handbuch (I, 309ff., „Aufklärung und Aufklärungspädagogik" von F. Paulsen), schon äußerlich in der breiten Würdigung der Ideen R.s zutage. Auch F. X. Thalhofer (in Roloff, Lex. I. Art. „Aufklärungs­ pädagogik"), Willmann (Didaktik, 236), H. Hoffmann (in „Religion" 1,637), L. Baur (in Lex. Th. K. I, 796, Art. „Aufklärung"), E. Heimpel-Michel (Die Aufklärung 24, 55, 67) stellen R. in die große Aufklärungsbewegung hinein. Leser (Das pädagogische Problem I) spricht von R. als dem Mann, „der den Geist der Aufklärung in der Tiefe bereits überwunden" hat (571, vgl. 588), bezeichnet die Philanthropisten einerseits als „Ausläufer der Aufklärung" (576; vgl. 571, 585), anderseits ist ihm auch Bas. „der auffälligste Vertreter auch der deutschen Aufklärungspädagogik" (578). Es muß sich noch im weiteren Verlaufe zeigen, daß die Aufklärungstendenzen erst seit R. und Bas. Einfluß auf die Theorie des RU.s und dann auf diesen selber gewinnen und noch weit über die Jahrhundertwende hinaus sich auswirken können bis in die Zeit hinein, da in der deutschen Literatur der seichte Rationalismus schon längst seine Rolle ausgespielt hatte. 8) Die ziemlich breite Diskussion über die Wurzeln besonders der pädagogischen Ideen Bas.s ist ausführlich dargestellt bei W. Weil, „Der Gedanke der National­ erziehung ...", Bensheim 1925, 5 ff., ferner bei Bahn, „Die Frage der Selbständig­ keit der Pädagogik Bas.s II", Progr. Bernburg 1911, 3 ff. In dem Zusammenhang

— 180 — selbständige Weiterbildung bei Basedow im Rahmen des Themas ergeben, wird sich noch Gelegenheit bieten, darauf hinzuweisen. Für die Abweichungen aber darf ein Faktor nicht übersehen werden: die anders gearteten deutschen Verhältnisse. Diese sind auch mit in Be­ rechnung zu stellen, wenn man — wieder innerhalb des Kampfes um den Katechismus — den Erfolg der Feinde des letzteren gerade auf deutschem Boden abschätzen will. Vor allem hatte die neue rationalistische Philosophie in Deutschland nicht mit jenem Radikalismus sich gegen die Kirche gestellt wie jenseits des Rheins. Im Gegenteil kam es dort zu einer fortschreitenden Verschmelzung zwischen der protestantischen Theologie und dem RationalismuZd). Die maßgebenden Philosophen, Leibniz und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Wolfs, ließen die kirchliche Religion neben der natürlichen gelten, der erstere suchte und fand sogar eine weitgehende Harmonie zwischen der christlichen und natürlichen Religion^). Auch der sozialpolitische Hintergrund, auf dem allein die kühnen und teilweise phantastischen Reformpläne Rousseaus, auch des „Emil", erst gedeihen und die gesellschaftsrevolutionären Tendenzen in Übereinstim­ mung mit den letzten Absichten des Verfassers mit solchem Erfolg Wurzel schlagen konnten, war in Deutschland nicht gegeben. Den Glauben, daß das Gute von der Zivilisation getragen werde und sich nur unter ihrer Obhut entfalten könne, vermochte dort auch Rousseaus „Emil" in den Kreisen der Gebildeten nicht zu erschüttern, die sonst seine Botschaft von der Rückkehr zur Natur begeistert aufnahmen^). Die Sympathien des Volkes aber hatte, wenigstens im protestantischen Norddeutschland, vor Rousseau und Basedow eine religiöse Strömung dieser Aufgabe ist das Urteil Th. Zieglers (s. Weil, a.a.O. 6f.) von Interesse, das in­ haltlich gleichlautend sich auch bei Bahn (a. a. 0.10) findet und dem sich auch die folgende Darstellung im Bereich der behandelten Fragen anschließen wird: „Eine tief­ greifende Beeinflussung Bas.s durch R. ist danach nicht zu bestreiten, hierin behält die frühere Auffassung (sc. I. Pauls) gegen Hahn (Bas. und sein Verhältnis zu R., Leip­ zig 1885) wie gegen Pinloche(-Raufchenfels, Gesch. des Philanthropinismus, Leipzig 1896) recht. Überhaupt aber ist diese ganze eigenartige Synthese, wie sie sich in Bas. zwischen R. und der Aufklärung vollzogen hat..., eine viel intensivere und innerli­ chere, die Fäden, die herüber und hinüberlaufen und Angesehen fließen', sind viel zahl reicher und verschlungener, als die Geschichtsschreiber der Pädagogik... zuzugeben pflegen." Auch Pinloche-Rauschenfels (a. a. O. 60) erkennt den Änfluß R.s auf Bas. als indirekt und bedeutend an. Leser (a. a. O. I, 588) stellt fest, daß der Philanthro­ pinismus „außerordentlich stark von R. beeinflußt" ist. — Daß noch andere Männer auf Bas. einwirkten und seine Theologie die Linie der rationalistischen Zeitströmung fortsetzt, wird im weiteren noch festgestellt werden. Soweit es sich um den großen ein­ heitlichen Gedanken der Aufklärung handelt, das Leben und die Menschen von dem kirchlichen Einfluß loszulösen, ist es in der weiteren Darstellung weniger wichtig, wer ihn zuerst gedacht, sondern welche Wege die einzelnen fanden um ihn zu propa­ gieren. R. wie Bas. griffen diesen damals „in der Luft liegenden Gedanken" auf und erwärmten sich für ihn wie manche Zeitgenossen und Vorläufer, aber in der Fähigkeit, die breite Öffentlichkeit für diesen Gedanken zu gewinnen, überragten sie ihre Zeitgenossen. Von Bas. wird diese Seite seines Wirkens noch gewürdigt werden. Vgl. Bahn, a. a. 0.16 f. 9) Vgl. überweg-Moog, Grundriß, III, 349. 10) „Die Religion" I, 646, Art. „Aufklärung" von H. Hoffmann. u) Vgl. Leser, Das pädagogische Problem I, 576.



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für sich"), die des Pietismus eines Spener und Francke. Diese war einem „wahrhaft religiösen Bedürfnisse entsprungen13)“; er war zwar Wegbereiter der Aufklärung, milderte aber wegen seiner positiv religiösen Grundlage „ihren Anprall gegen das Christentum13).“ Auf diesem an sich fremden Boden konnte der „Emil“ seine nach­ haltigste Wirkung ausüben, gerade nach der pädagogischen Seite hin, die zunächst dem Verfasser nicht im Vordergrund des Interesses stand11). Hier wurde vornehmlich das positive Element, das auch darin enthalten war, die große Entdeckung Rousseaus von der Eigenart des kindlichen Wesens, aus dem „Emil“ herausgelesen und konnte in der ruhigen sozialen Entwicklung in den deutschen Territorialstaaten Anstöße geben, die über Pestalozzi hinaus bis weit in das 19. Jahrhundert hineinwirkten13). Durch alle diese Umstände war für die unvermeidliche Auseinander­ setzung zwischen Rationalismus und Kirche, zwischen dem neuen Zeitgeist und der Tradition der natürliche Weg gewiesen: der Weg des Ringens mit geistigen Waffen. Ein solcher Kampf brauchte allerdings längere Zeit als die Methode der Gewalt in der französischen Revolution. Zu einer solchen ruhigen Entwicklung waren in Deutschland noch weitere Voraus­ setzungen gegeben13). Schon vor dem Erscheinen des „Emil“ hatten seit ungefähr 1713 die zahlreichen moralischen Wochenschriften der Erziehung der Jugend ihr Augenmerk gewidmet13), in friedlicher Diskussion die Ideen der Auf­ klärungsphilosophie in Lebensanschauung und Lebensführung weiten Kreisen zugänglich gemacht13) und manche Ideen Lockes bereits verbreitet, die wie ein neues Evangelium aufgenommen wurden, als sie Rousseau mit „der Kühnheit seiner Wendungen“ und „seiner glänzenden Sprache“ wiederum verkündigte13). Aus all diesen Umständen wird verständlich, daß die Gedanken Rousseaus in Deutschland nicht bloß viel befruchtender sich auswirkten, sondern auch infolge des Zustroms der Ideen der englischen und deutschen Aufklärung und des Pietismus33) und infolge der andersls) A. Rehm, Geschichte der Pädagogik im Zeitalter der Aufklärung (Borl. 1930)Bgl.Rolosf, Lex. III, 1317, Art. „Pietismus“ von I. Ernst. Einführung der Konfirma­ tion, Gründung der evangelischen Volksschule, gehen auf den Pietismus Speners bzw. A. H. Franckes zurück (a. a. £).). ls). O. Willmann, Didaktik, 236. 14) Vgl. Leser, Das pädagogische Problem I, 686. “) Vgl. „Die Religion“ IV, 2124, Art. „Rousseau“. “) A. Rehm, Gesch. d. Pädagogik im Zeitalter der Aufklärung ... (Vorlesung, S. S. 1930.) 17) Vgl. M. Stecher, „Die Erziehungsbestrebungen der deutschen moralischen Wochenschriften“ (Diss. 1914), 1.132. Die Zahl dieser Wochenschriften wird von Kawczyeski mit über 600 angegeben; vgl. ebb. 2. 18) Vgl. a. a. 0.132: Stecher führt ihre Grundsätze im einzelnen auf Montaigne, Locke, Fsnelon, Steele und Thomasius zurück. «) Stecher, a. a. 0.136f. so) Im Gegensatz zum Pietismus waren die Erziehungsgrundsätze der moralischen Wochenschriften aus dem Boden der damaligen Aufklärungsphilosophie entstanden; beide Richtungen schlossen aber trotzdem, wie bereits oben hervorgehoben wurde, manche Verwandtschaft in sich. S. Stecher, a. a. 0.134. Im Rahmen des Themas wurde dies in Kap. I sichtbar.



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gearteten Lebensverhältnisse eine besondere theoretische und praktische Aus­ prägung erfuhren. An der Stelle, an der all diese von den verschiedensten Richtungen kommenden geistigen Strömungen in die breite Diskussion der Erziehungs­ theorie und die praktische Gestaltung der Erziehung und des Unterrichts eintreten und nach beiden Hinsichten mit der Tradition des Religions­ unterrichts und Katechismus feindlich zusammentreffen, steht I. B. Basedow. Sein unruhiges Leben hat in vielen Zügen Ähnlichkeit mit dem Rousseaus. Als einen Menschen, der sich von seiner lutherischen Kirche losgesagt hat und in der religiösen Überzeugung heimatlos geworden, auf das Ich sich stellen und suchen muß, zeichnet er sich selbst im Jahre 1780 im Rückblick auf das eigene Leben und erwähnt eigens, daß seine Schriften diese geistige Haltung widerspiegeln und zugleich ein Abbild seiner ringenden und unruhigen Zeit feien21). Er fühlt sich dabei als ein Mann der Vor­ sehung, dem „eine besondere Bestimmung" zugefallen sei, „auf unge­ bahnten Wegen Wahrheit und Glückseligkeit für die Menschen zu suchen21)." Den Wandel seiner religiösen Anschauung kennzeichnet er mit der Fest­ stellung, daß er „in folgender Ordnung und nach und nach gewesen sey: ein Lutheraner; ein atheistischer Zweifler; ein Naturalist; ein Wieder­ bekehrter zum Christenthum; ein paradoxer Christ; ein heterodoxer Christ in zunehmendem Grade; ein innerlicher geplagter Grübler; ein äußerlich geplagter und entweder gehaßter oder verlassener Schriftsteller22)." Wenn man dieses Selbstzeugnis Basedows mit seinen Schriften und den sonstigen Nachrichten aus seinem Leben vergleicht, dann findet man wenig Spuren des traditionellen lutherischen Bekenntnisses, von dem er anfangs spricht, dagegen um so mehr Streit gegen die Orthodoxie, bei dem auch immer in irgendeiner Art das Ressentiment mitschwingt. Entscheidend aber ist an seinem Bekenntnis: Nach der Zeit der Anhängerschaft an die lutherische Kirche ist er nie mehr zu ihr innerlich zurückgekehrt. So ist er auch in allem Wechsel seiner persönlichen Meinung in einem Punkte sich treu geblieben, in der Ablehnung der christlichen Bekenntnisse und ihrer Katechismen22). In seiner Dissertationsschrift, der „wenig originellen"24) „Methodus inusitata“ von 1752 ließ er noch von seinem religiösen Standort aus den Lutherkatechismus22) gelten, lehnte ihn aber in sehr verbindlichen Worten als die Grundlage des ersten Religionsunterrichts bis auf den ersten Artikel und das Hauptstück von den 10 Geboten ab. Reine Bibelsprüche oder besonders eingerichtete Religionsbüchlein müßten erst den Boden bereiten, damit die „dunkleren" Artikel des Christentums verstanden würden22). 21) Friedrich Schlichtegroll, Nekrolog auf das Jahr 1790 (II, 1791), 172 f. 22) Fr. Schlichtegroll, a. a. O. 173. 23) Von der Periode nach 1763 wird die konsequent unkirchliche und bis auf Ein­ zelheiten sich gleichbleibende Gesinnung noch eingehender in der folgenden Darstellung sich ergeben. 24) S. Leser, Das pädagogische Problem I, 586. 25j Vgl. Schmid, Gesch. der Erziehung IV 2 (1898), 49, vgl. 56. 26) Schmid, Gesch. der Erz. IV 2, 44.

183 Jrn Jahre 1763, kurz nach betn Erscheinen des „Emil", trat er in seiner „Philalethie" bewußt2?) in Gegensatz zur kirchlichen Orthodoxie28); er selber bezeichnet das Werk als den Anfang seines Widerspruchs gegen die Kirchenlehren und das Jahr 1763 als das Ende der Periode seiner Schrif­ ten, „die weder die Absicht hatten, noch beschuldigt werden können, wider eigentlich autorisirte Lehrsätze" der lutherischen Kirche „freymüthigzuseyn", nur „zuweilen . . . dem fehlerhaften Herkommen und den ungesetzlichen Gewohnheiten der Kirche" widersprechen23). Bon da ab datiert auch seine schriftstellerische Wirksamkeit vor einer breiteren Öffentlichkeit und zugleich sein unermüdlicher Eifer in der Be­ kämpfung des kirchlichen Katechismus. Das Aufsehen, das die „Phila­ lethie" bei Freund und Feind erregte33), wurde für Basedow auch zum Anlaß, seine einmal ausgesprochene heterodoxe Überzeugung mit vieler Leidenschaft zu rechtfertigen und trieb ihn in den folgenden Jahren in eine immer weitere Gegnerschaft gegen die Konfessionen irrt allgemeinen und gegen die lutherische Rechtgläubigkeit insbesondere hinein. Es ist wohl nicht zufällig, daß sich Basedow gerade nach Rousseaus großem Erfolg in Deutschland mit seiner antikirchlichen Gesinnung hertiommgte31). Die begeisterte Aufnahme, die Rousseaus „Emil" fand, mochte ihm gezeigt haben, daß sich auch mit der offenen Stellungnahme gegen die Kirche schriftstellerische Lorbeeren ernten ließen. Immer von neuem hört man es aus seinen rasch sich folgenden Schriften heraus, daß er sich damals die Sendung zusprach, die Rechte des einzelnen gegen Gewissensknechtung zu verteidigen und die Wahrheit des Christentums zu retten. Diese Spitze zeigte sich besonders deutlich in den Schriften nach 176332). Mit einem unerschütterlichen Glauben an die Werbekraft der neuen Ideen ging er zu Werke um für diese Anhänger zu gewinnen. 27) Die Keime des antikirchlichen Rationalismus hatte er bereits vorher (1743 bis 1746) in der Schule von Reimarus in sich aufgenommen, der als „der weitaus be­ deutendste und determinierteste Kopf der ganzen Wolffschen Schule" bezeichnet werden kann. S. K. Fischer bei K. A. Schmid, Gesch. d. Erz. IV 2, 11; vgl. 30 f., 76. A. Basedow, I. B. Basedow, 33, 35. 28) Vgl. Bas., „Hauptprobe der Zeiten" (1767), 123 f. Nach dieser Stelle erschien die „Philalethie" bereits zur Michaelismesse 1763. Die in vorliegender Abhandlung benutzte Originalauflage trägt das Jahr 1764. 29) Bas., „Hauptprobe", 121 f. Daß Bas. schon früher im eigenen Leben mit der Orthodoxie gebrochen hatte, nur klug genug war, seine antikirchliche Überzeugung nicht zu veröffentlichen und besonders nicht zu propagieren, zeigen bereits Äußerungen in den Schriften von 1753. Vgl. A. Basedow, I. B. Basedow, 64. *°) Vgl. „Krit. Samml." II (1775), 777. 31) Schon vor seiner Tätigkeit in Soroe, 1753—1761, urteilt Bas. in „Haupt­ probe", 116: „Mein Gewissen war damals fast so paradox als jetztund ..." Doch war Bas. damals noch vorsichtig genug, die von ihm bestrittenen Lehren nicht entschei­ dend vorzutragen (a. a. O.). 32) Außer den im folgenden zitierten Schriften kommen u. a. noch folgende Werke in Betracht, die nicht erreicht werden konnten: Theoretisches System der ge­ sunden Vernunft, 1765. Gedanken von der Stärke und Schwäche der natürlichen Religion, Leipzig 1765. Organon erleichterter Untersuchung der Religion, 1765. Betrachtung über die Toleranz, Altona 1766. Vgl. Meusel, Lex. I (1802), 192 f. Bas., „Hauptprobe", 168, 176, 179. A. Basedow, I. B. Basedow. 90, Fußn. I. B.

— 184 Schon die Titel seiner Bücher und die eigenartige Sprache enthüllten die Paradoxie Basedows. Die „Philalethie33)" widmete er „dem denkenden tßublico"34), um ihm seine neuen Gedanken zu eröffnen. Später (1771) bezeichnete er es als einen der Hauptzwecke des Werkes „die Macht der Hierarchie zu bestreiten33)." Hier wurde bereits die Forderung gestellt, daß ein neues Lehrbuch für die Religion verfertigt werde. Damit war in Konsequenz der religiösen Anschauungen Basedows auch das Urteil über die traditionellen Katechismen ausgesprochen33). In Verwirklichung dieser eigenen Forderung lieferte Basedow 1764 zwei neue Religionsbücher. Dem ersten3?), das der natürlichen Religion gewidmet ist, stellte er ein Titelbild voraus, in dem nach echter Art der Aufklärung zwei Kinder von einer Frauengestalt zur aufgehenden Sonne ewiesen werden. Darunter stehen die Worte: „Denket selbst!" Im Titel-

des zweiten Buches33) für die „biblische Religion" werden die Kinder gzurild aufgeschlagenen Bibel geführt mit der Aufforderung: „Leset selbst!"

Bezeichnenderweise ist bei dem letzteren Werke, das Basedow selbst als „in einigen Stücken ... paradox nach dem Urtheile" einer jeden ihm be­ kannten Kirche bezeichnet33), auch noch eine ausführliche „Abhandlung von der Pflicht und Duldung der Paradoxie" vorgedruckt, am Schlüsse findet sich ein Fragekatechismus, der einen Auszug aus den beiden vorigen Büchern darstellt und dasjenige enthält, „was nach gehöriger Erklärung memorirt werden kann43)." Basedow selbst beanspruchte für diesen Auszug sowohl den Namen „eines kleinen Catechismus" als auch den „eines GlaubensBas.s ausgewählte Schriften, herausg. von Hugo Göring (Sammlung Mann), 1880, 514ff. — Die vollständige Verwendung der genannten Schriften ist dadurch in etwa entbehrlich geworden, weil die schon öfters herangezogene „Hauptprobe der Zeiten" von 1767 den „Kern" und die „Quintessenz" der Lehre Bas.s darstellt; so nach dem Entwurf des Briefes des Oberhosmeisters Danneskiolds an den König von Däne­ mark vom Okt. 1767, bei A. Basedow, I. B. Basedow, 77. Vgl. „Hauptprobe", Vorrede, 1. S., „Vermächtniß" (1774), 300. 33) Der Titel war schon „ein Programm" und trug schon in Schriften des eng­ lischen Deisten Morgan 1739/40 und Edelmanns 1735 („Unschuldige Wahrheiten, gesprächsweise abgehandelt zwischen Doxophilo und Philoletho") die Spitze gegen die kirchliche Lehre. S. A. Basedow, I. B. Basedow, 85, Fußn. M) Vollständiger Titel: Basedow, „Philalethie, Neue Aussichten in die Wahr­ heiten und Religion der Vernunft bis in die Gränzen der glaubwürdigen Offenbarung, dem denkenden Publico eröffnet". Altona 1764. 36) „Viertels. Nachrichten", 1. St. (1771) bei Schmid, Gesch. d. Erz. IV 2, 83. 36) S. K. A. Schmid, Gesch. d. Erz. IV 2, 75f. 37) Titel: „Methodischer Unterricht der Jugend in der Religion und Sittenlehre der Vernunft nach dem in der Philalethie angegebenen Plane." Altona 1764. ") Titel: „Methodischer Unterricht in der überzeugenden Erkenntniß der bi­ blischen Religion zur fortgesetzten Ausführung des in der Philalethie angegebenen Planes." Altona 1764. Die beiden Bücher tragen auch am unteren Rande zu Be­ ginn der einzelnen Druckbögen die Bezeichnung „Methodischer Catechismus". 39) Meth. U. I, XLVIII. 40) Meth. U. I (1764), XLIX. Der Titel dieses Fragekat., der nach Meth. U. II beigebunden ist, lautet: „Grundriß der Religion, welche durch Nachdenken und Bibel­ forschen erkannt wird, in Fragen und Antworten, nebst einigen Zusätzen" (Altona 1764).



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bekenntnisses", letzteres für solche Christen, die mit ihm „vollkommen ein­ stimmig" beitlett41). Für das protestantische Deutschland hatte Basedow damit „den ersten Versuch" gemacht, „einen rationalistischen Katechismus zu schreiben", „von dem nur zu hoffen ist, er möge niemals im Unterricht gebraucht worden sein44)." Wenn Basedow in diesen leicht hingeworfenen und im einzelnen bald korrekturbedürftigen Schriften44) nicht die Tiefe und werbende Kraft der Gedanken Rousseaus erreichte, so ersetzte er diesen Mangel durch seine Kenntnis der Lage des deutschen Protestantismus, aus dem er hervor­ gegangen war. Eine gewisse Sicherheit des Urteils über seine eigene Zeit irnrn ihm nicht abgesprochen werben44). So suchte und fand er Wege, um 'einen Ideen in die spezifisch deutschen Verhältnisse Eingang zu ver­ schaffen. Seiner Kritik an der Theorie und Praxis des Religionsunterrichts der Vergangenheit kam sehr zustatten, daß er selber Hand ans Werk legte. Er verfertigte die Religionsbücher, die seine eigenen Forderungen und in vielen Punkten auch die Wünsche der Zeit erfüllten, und zeigte die neuen Methoden, nach denen jene gelehrt werden sollten. Zudem gab der Um­ stand, daß er tatsächlich Mängel im Religionsunterricht seiner Zeit auf­ zeigte, seinen Argumenten viel Überzeugungskraft44). Das förderte seine Sache auch dort, wo er, zeitbefangen und von persönlicher Leidenschaft geblendet, seinen Kampf zu Unrecht führte. Schließlich läßt sich ihm eine ehrliche Überzeugung44) nicht abstreiten, daß die Verwirklichung seiner Ideen eine kommende bessere Zeit heraufführe. Das verlieh ihm einen unüberwindlichen Schaffensmut, mit dem er sich in weiten Kreisen Gehör verschaffte. Manche Zeitgenossen nahmen das Gute aus seinen Gedanken an, „wenn es auch gleich nicht neu war". Es war „genug, daß es doch noch Niemand mit so viel Geräusch und mit so viel Heftigkeit gesagt hatte44)." “) Meth. U. I, XL IX. 42) Joh. Ferd. Beßler, Unterricht... am Philanthropin zu Dessau (1900), 19; vgl. 21. Daß Meth. U. I und 11 den ersten Kat. des Aufklärungschristentums darstellen, wird auch durch den zeitgenössischen Aufklärertheologen, den Abt Resewitz, gelegent­ lich der Rezension in A. D. B. 11 (1765), 27 (vgl. Parthey, Die Mtarbeiter an Friedrich Nicolais A. D. B. nach ihren Namen und Zeichen in zwei Registern geord­ net, Berlin 1842,22; vgl. 34) bestätigt, der ebb. in seiner Rezension folgendes schreibt: „Es hat uns bisher an einer solchen Anweisung, (die die christliche Religion auf der natürlichen aufbaut u.) die der Jugend faßlich genug wäre, gefehlt, und man mutz es daher dem Verfasser Dank wissen, daß er die Bahn gebrochen und den ersten Versuch dazu gemacht hat.« Vgl. Meth. U. I (1764), XLIII. “) Vgl. seine eigenen Geständnisse bezügl. „Philalethie" in „Hauptprobe" (1767), 125f., ebd. 129, bez. Meth. U. I „Hauptprobe", 130 s., bez. Meth. U. II bez. „Vorb. d. Jug. z. Moralität" (1766) im Buche selbst, S. VII. ") A. Basedow, I. B. Basedow, 90 Fußn.; vgl. A. D. B. I 1 (1765), 51. “) Im Meth. U. I, II—LXII (1764, ist „Anstatt der Vorrede die Abhandlung von dem Unterrichte der Kinder in der Religion" vorgedruckt, deren teilweise berech­ tigte Kritik noch zur Sprache kommen wird. 4e) Vgl. gelernter, Deutscher Schulfreund (1791), 61. 47) „N. Erz. Beg." I (1780), 431.



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Man muß Basedow zugestehen, daß er planmäßig vorging, seine Heterodoxie zu verbreiten, die Widerstände zu überwinden und zunächst die „lutherischen Gegenden" an diese neue Sprache zu gewöhnen"). Freilich mußte er sich damit abfinden, daß die Orthodoxie den Fehde­ handschuh, den er ihr hinwarf, aufnahm und in Predigt, Gegenschrift und auch mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln der staatlichen Gewalt sich gegen ihn zur Wehr setzte und die Gegner anfangs stärker an Zahl waren als die Freunde"). „Die ganze Meute orthodoxer Phylaxe und Kläffer", so berichtet die Lebensbeschreibung Basedows mit ehrlicher Entrüstung, fiel nach der ersten Veröffentlichung dieser freien, un­ kirchlichen Meinungen über Basedow 'her, unter ihnen der bekannte I. M. Goetze"). Wie ernst damals die Lage angesehen wurde, die durch Basedows „Privatchristentum" und die neuen Katechismen geschaffen war, zeigt ein Mandat, das der Hamburger Rat unter dem 25. April 1764 gegen ihn erließ, jedoch ohne seinen Namen zu nennen51). Die Verfügung richtete sich gegen die Verwendung der Religionsbücher, die Basedow verfaßt und selbst empfohlen hatte55). Sie rügt anfangs, daß „die Wahrheiten der Lehre der evangelisch-lutherischen Kirche von Leuten, die sich selbst zu derselben bekennen, unter eine vermessene Prüfung genommen, und in öffentlichen gedruckten Schriften theils zweifelhaft, theils gar als irrig ver­ worfen werden55)." Das gebe zur Schwärmerei Anlaß, durch welche „die nach Maaßgabe der Heiligen Schrift und der von unsern gottseligen Vor­ fahren angenommenen Symbolischen Bücher... eingeführte Lehre und... Kirchen-Verfassung untergraben und in Gefahr des allendlichen Umsturzes gesetzet roirb54)." Eltern und Erzieher werden gemahnt vorzusehen, daß nicht derlei Bücher in die Hände der Jugend gelangen. Unter Androhung des Stadtverweises und der Entfernung vom Lehramte wird den Lehr­ personen nachdrücklich eingeschärft, sich zur Unterweisung der Kinder in den Glaubenslehren „keiner andern Methode, als hieselbst ihnen in dem von uns eingeführten Catechismo vorgeschrieben worden, zu gebrauchen54)." 48) Basedow, „Hauptprobe", 129f. 46) Basedow, a. a. 0.127; vgl. A. Basedow, I. B. Basedow, 85ff. 50) „Beyträge zur Lebensgeschichte I. B. Basedows" (Magdeburg 1791) in „O. Ä. L. Z." V 1 (1791), 1077, Rezension von Huart, vgl. Basedow, „Hauptprobe", 132ff.; Schmid, Gesch. d. Erz. IV 2 (1898), 83; A. Basedow, I. B. Basedow, 87ff. und Fußn. 87 f. 61) Der Wortlaut des Mandats ist von Bas. in „Hauptprobe" veröffentlicht unter dem schon öfters verwerteten Kap. „Von des Verfassers Schriften, Absicht und Schick­ sale" und wendet sich gegen die „Philalethie" und den Meth. U. I u. II. =2) Meth. U. I (1764), LIX. 63) „Hauptprobe", 141 f. M) „Hauptprobe", 142 f. Es ist bezeichnend, daß der Rat der Stadt Hamburg mit dieser Vorschrift, die alten Katechismen zu gebrauchen, den Angriff Bas.s auf die kirchliche Lehre beantwortete. Die Behörde sieht in dem Gebrauch des alten Kat. den besten Schutz der überlieferten Lehre. Das ist zugleich der Beweis dafür, daß Bas.s Kamps gegen die Lehre zugleich dem Kat. gilt. Beachte auch die Gleichsetzung von Kat. u. Methode!



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In ähnlicher Weise wurden die Schriften Basedows in Lübeck aus der Stadt gewiesen55). Der Verfasser selbst ward weder von den Geist­ lichen in Mtona noch in der Umgebung wegen seiner heterodoxen Ansichten pra Abendmahl zugelassen55). Mit einem gewissen Schmerz führt er Klage darüber, daß man nach der herkömmlichen Auffassung nur Lutheraner sein könne durch Preisgabe der eigenen Meinung: „Ich bin kein Glied dieser Kirche mehr ... Ich mag eine erbauliche Christengemeinschaft suchen, wo ich sie finbe57)." Doch der Umstand, daß die lutherische Geistlichkeit Basedow zunächst ab­ schüttelte und seiner schriftstellerischen Tätigkeit, auch der Einführung seiner neuen Katechismen in den praktischen Religionsunterricht55), allerlei Hinder­ nisse in den Weg legte, konnte ihn nur veranlassen, die öffentliche Meinung als Schiedsrichterin zwischen sich und der Orthodoxie anzurufen55). In sieben „Polemischen Abhandlungen" rechnete er mit seinen Geg­ nern ab60). Auch das „Mandat" von Hamburg unterzog er nachträglich einer rücksichtslosen Kritik, besonders die folgenden Voraussetzungen, „daß man sich zu einer Lehre bekenne, welche man als zweifelhaft und irrig verwirft . . ., daß die Obrigkeit die Methoden des Unterrichts in der Religion vorschreiben müsse, und daß ein Mensch, der jetzund die Methode eines fremden Catechismus ... für die zuträglichste in seinen PrivatJnformationen hielte, die Stadtverweisung tierbiene61)." Freilich war die neue „Methode" des „methodischen Unterrichts" für die kirchliche Lehre nicht so harmlos, als hier das Wort und die Darstellung Basedows glauben machen möchten; denn zu den Voraussetzungen Basedows gehörte die, daß er kurzerhand mit dem neuen Religionsunterricht eine ganz neue Religionslehre, nämlich den Rationalismus in Reinkultur, einführen wollte und den noch kirchlich gesinnten Kreisen in einer gewissen Naivität zu­ mutete, das ohne Widerstand geschehen zu lassen. Selbst ein Mann vom Geiste des Abtes Resewitz, der manches Gute in dem Religionssystem Basedows sah und den Orthodoxen ihre Haltung gegen den letzteren scharf verwies65), fand es nicht in der Ordnung, daß Basedow in der „Philalethie" einen geordnet fortschreitenden Religions­ unterricht versprach, statt dessen aber in dem „Methodischen Unterricht" „eine zwar deutliche, aber trockene, kritische Beurteilung der christlichen Glaubenslehren" lieferte65), zudem öfters die „gewöhnliche Erklärung der**) „Hauptprobe", 147. 56) „Hauptprobe", 144 f. 57) „Hauptprobe", 146. “) S. „Hauptprobe", 113. **) Der Streit um Bas. zog damals schon weite Kreise, weil auch die bereits erscheinenden Zeitschriften für die Verbreitung der Angelegenheit sorgten. Die „Gött. gel.-Anzeigen" I (1766), 265, neh men dabei für keine Seite Partei; Resewitz in A. D. B. I 1 (1765), 36, 51 (vgl. Partey, 22, 34) tritt für das Recht Bas.s und für freie Meinungsäußerung in religiösen Dingen ein. *>) „Hauptprobe". 134 f. Vgl. „Borb. d. Jug. z. Moralität" (1766), Xf. 61) „Hauptprobe", 144. •2) In A. D. B. I 1 (1765), 36 ff., bes. 51 f. Resewitz spricht sich ausführlich über die Religion der A. D. B., damit über seinen eigenen antikirchlichen Ratio­ nalismus aus in A. D. B. V 1 (1767), llOff.; vgl. Parthey, 22, 34. ”) A. D. B. I 1, 48 f.

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selben in den chrisüichen Kirchen" bestritt63). Derselbe Kritiker verfehlte auch nicht, auf die pädagogisch schädlichen Folgen eines solchen polemischen Tones gegen den christlichen Lehrbegriff hinzuweisen. Auch wenn Basedow in seinen Religionsbüchern „die .. . unterrichtete Jugend überzeugte", so würde doch durch sein Verfahren ein für die Schüler und „für das gemeine Wesen höchst nachtheiliges Mißtrauen gegen die Einsichten und Auf­ richtigkeit ihrer ordentlichen Lehrer" erweckt66), das oftmals in „eine über­ müthige und zügellose Verwerfung" des religiösen Stoffes ausarten müsse66). Was Basedow „gegen die Auslegung und Verfassung der Kirchen und ihrer Lehrer zu erinnern hatte, mußte für sie selbst besonders vorgetragen werden: die Jugend wird dadurch nicht unterrichtet66)." Immerhin darf der Umstand, daß Basedow seinen ersten Versuch eines rein rationalistischen Katechismus für die Jugend zugleich mit stän­ digen Angriffen auf die traditionelle Lehre vermengte, als Symptom dafür gewertet werden, wie sehr infolge der geschichtlichen Entwicklung kirchliche Lehrformulierung und didaktische Vermittlung miteinander ver­ flochten waren66): er meinte, daß ein unter den neuen psychologischen Gesichtspunkten brauchbarer Katechismus nur durch das Opfer eines Teils der traditionellen Lehre, letztlich durch Trennung von der Kirche, erkauft werden konnte, wenn diese nicht biegsam genug war, einen Teil ihrer Lehre preiszugeben. Ein Weiteres zeigt sich noch in der Kritik von Resewitz, daß er zunächst nur aus erzieherischen Gründen, nicht prinzipiell den Angriff Basedows auf die Kirchenlehre bedenklich fonb67), ja das Recht der Paradoxie ihm für den Fall ausdrücklich zusprach, daß der Grund des Christentums nicht angegriffen werde67). Wenn man noch dazu in Rechnung stellt, daß Basedow gerade mit solchen Grundsätzen um diese Zeit auch bei vielen unbedingte Zustimmung fand63), dann wirft das zugleich ein Licht auf die Lage zunächst der lutheri­ schen Kirche. Der Rationalismus war jedenfalls eine Macht geworden, mit der auch die Orthodoxie rechnen mußte63). Die Neuerer hatten eine ansehnliche Anhängerschaft hinter sich, das zeigt die Kühnheit, mit der Basedow seine abweichenden Ideen vertreten konnte. Mit Zensuren und obrigkeitlichen Verordnungen wie ehedem76) ließen sie sich nicht mehr abtun. Basedow war sich dessen am allermeisten bewußt, daß für den Ratio­ nalismus die Zeit zum Losschlagen gekommen und ihm selbst als Vor«4) A. D. B. I 1, 47 f. 6S) A. D. B. I 1, 49; vgl. Theol. Ber. I (1764), 163; ebb. II (1766), 147. •6) Vgl. hierzu die Weisung des Rates von Hamburg, nur nach der Methode des eingeführten Kat. zu unterrichten, oben S. 186. «’) A. D. B. I 1, 36f. •8) Vgl. „Hauptprobe", 127; vgl. N. Erz. Beg. I (1780), 532f. 6e) Vgl. Seb. Friedr. Trescho, „Briefe über die neueste theologische Litteratur" I (Berlin 1764) in A. D. B. 1 2 (1765), 63, wo neben Bas. des „allerneuesten Soeinianismus" beschuldigt werden: Büsching, Semler, Cruegot, Chevalier d'Are u. a. Dabei hat der Verfasser Trescho selbst am Kat. Luthers „viele dunkele, übelverknüpfte, allegorische und für unsere Zeiten sehr unverständliche Ausdrücke" zu kritisieren (im II. Teil der „Briese" in A. D. B. II 1 [1766], 37). 70) S. oben Kap. I des I. Abschn.

— 189 kämpfer desselben eine entscheidende Rolle zugefallen war. Als er selbst in den Jahren 1764 und 1765 seine eigene religiöse Anschauung im wesent­ lichen sich erkämpft hatte, jedenfalls aber seine Stellung gegen die Kirche für das ganze Leben entschieden war"), verlangte er immer deutlicher, als Reformator des Christentums gehört zu toerben72), und setzte seine ganze Persönlichkeit ein und bot seinen ganzen Rationalismus auf, damit er feine Zeitgenossen von der Torheit und Schädlichkeit der traditionellen christlichen Lehrformulierung überzeuge. Er fühlte sich berechtigt und verpflichtet und rechnete sich das zugleich als eine Großtat an, daß er in seinen Schriften offen die Empörung des Einzelgewissens gegen die kirchliche Obrigkeit in Sachen der Glaubenslehre predigte. Besonders deutlich zeigte sich diese Tendenz in einem Brief an feinen Gönner, den Grafen Bernstorff, von 1764. „Mir ist die Pflicht, in der Religion Wahrheit zu bekennen, und wenn man ein Schriftsteller geworden ist, auch ferner zu verteidigen, noch immer eine solche Regel, davon man vermöge der christlichen Einfalt keine Ausnahme machen darf. Denn die fortgesetzte Erfüllung dieser Regel unter dem Leiden oder unter der Gefahr ist das einzige Mittel, wodurch starke Irrtümer, welche autori­ siert sind und sich durch obrigkeitliche Gewalt schützen, wenigstens nach und nach geschwächt und endlich abgeschafft werden können72)." Um das Einzelgewissen von kirchlicher Bevormundung freizumachen, verfaßt er 1765 eine Art Katechismus, der „den Kindern, den Unwissenden, den Zweiflern und Naturalisten ein bishero unbekanntes und sehr leichtes Mittel der Untersuchung der Religionen an die Hand geben" soll72). Am ausdrücklichsten rechtfertigte er sich vor der Welt über seine religiöse Überzeugung in dem „Versuch» einer freymüthigen Dogmatik nach PrivatEinsicht I. B. Basedows72)." Das Werk wurde vom Verfasser selbst 1767 als sein „paradoxestes Buch" bezeichnet72). In der Vorrede glaubte der Verfasser eigens anzeigen zu müssen, daß „das Siegel irgend einer Kirche" fehle72). Er redete diese zwar noch als „ehrwürdige Gesellschaft" an77) und stellt fest, daß „ein einziger Dissentient den höchstmöglichen Grad der Verpflichtung zur Bescheidenheit in Ansehung aller Kirchen" haben müsse, 71) Diese Jahre sind nach seinem eigenen Geständnis die entscheidenden. Siehe „Hauptprobe" (1767), 140. Im „Vermächtniß für die Gewissen" v. 1774, 300, bezeugt er, daß in seinen Schriften seit ungefähr 1767 seine religiöse Ansicht sich nicht wesentlich geändert habe. 7Z) Bgl. oben Kap. I des I. Abschn. 73) Brief an den Grafen Bernstorff vom 23. 7.1764 in: A. Basedow, I. B. Base­ dow, 98. Vgl. Borb. d. Jug. z. Moralität (1766), XVI. 71) Berlin 1766. Das Titelblatt sagt über den Zweck: „In Absicht auf Unter­ suchung und Verbesserung Anfangs nur geübten Nachforschern der Wahrheit besonders mitgetheilt und vor derselben nicht dem Publico bestimmt." Zustimmende Kritik und Druckgeschichte s. A. D. B. XI 2 (1770), 74—77. 76) Bei A. Basedow, I. B. Basedow, 93. 7«) „Versuch" (1766), IV (Vorrede). ”) A. a. D. IV; vgl. VI, VIII. Das Attribut „ehrwürdig", mit dem sich hier Bas. vor der Kirche noch höflich verbeugt, war nicht viel mehr als eine Gmndlage, von der aus er die Gleichberechtigung für seine unkirchliche Meinung erstreiten wollte. Dieses Wort allein schon zeigt, daß er die Kirche in die natürliche Ordnung einreiht und demgemäß mit rein natürlichen Maßstäben mißt.

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„von denen er abweicht"78). Wer aus eben dieser Bescheidenheit ergebe sich auch für den Schriftsteller die Notwendigkeit, mit seinen Meinungen frei herauszutreten, „wenn sie von gewöhnlichen Systemen abweichen88)." Basedow fühlte sich im Gewissen verpflichtet, den großen und wichtigen Unterschied der „gewöhnlichen" Gedanken und der feinigen81) den „geübten Nachforschern der Wahrheit88)" und dann erst „dem Publica" klar vorzu­ legen88). Es erging also mit dem Werk Basedows die Aufforderung des individualistischen Rationalismus zunächst an die führenden Zeitgenossen, in Fragen der religiösen Überzeugung nicht mehr die Entscheidung einer kirchlichen Autorität anzunehmen, sondern selber zu richten, seine eigene Dogmatik und ihren Geist als Grundlage zu nehmen und so die Reinigung der in seinem Sinne verderbten kirchlichen Dogmatik in die Wege zu letten84). Den „ehrwürdigen Gesellschaften" hatte solch individualistischer Geist jedes Recht der Lehrnormierung genommen, auf der allein ein ge­ meinsames Bekenntnis sich entfalten konnte. Wenn Basedow trotzdem noch den Traum von einem erneuerten Christentum sogar mit einem gemeinsamen Bekenntnis träumte88), so mochten die Anhänger desselben eine Menge von Personen sein, die sich über die Lehre Christi ihre eigenen Gedanken machten, eine Kirchengemeinschaft im herkömmlichen Sinne war das nicht mehr. Zudem übersah er dabei, daß schließlich die Masse der Christen wieder nicht frei war, sondern sich unter die Hörigkeit der Autorität der Gelehrten begeben mußte, und setzte voraus, daß die noch übrige Dogmatik wirklich mit der von Christus und den Aposteln gepredigten Lehre übereinstimme und noch den Namen einer christlichen verdiene. Das war allerdings eine Meinung, über die die folgenden Zeiten zu Gericht sitzen muß­ ten, wie er selber glaubte, über die Tradition das Urteil fällen zu können. Doch war seine eigene Zeit für solche Ideen aufgeschlossen88). Wenn er 78) A. a. O. V, vgl. Basedow, Versuch f. d. Wahrheit des Christenthums als der besten Religion (Berlin u. Altona 1766), Vorrede, 12. S. n) Bas., Organon erleichterter Untersuchungen der Religion, Altona 1765, in: „Theol. Berichte" IV (1766), 260. °°) „Versuch", V. 81) A. a. O. IX. 82) A. a. O. Titelblatt. 83) Bereits im Jahre 1767 setzte Bas. voraus, daß die Bibelbeweise der „freymüthigen Dogmatik" bekannt waren, und schenkte sich deswegen in dem „Ö. Vorschlag.." der nach seiner Idee ein vorläufiges Religionshuch auch „für die Jugend" und den „gemeinfamen Haufen" sein sollte, die Anführung der Bibelstellen. S. „O. Vor­ schlag" (1767), Xllf. 8‘) Vgl. „Versuch", XI. Der Rezensent der „freymüthigen Dogmatik" v. Teubern (s. Parthey, 28, 52) sucht Bas. gegen die Urteile der Zeitgenossen zu verteidigen, „Bas. wolle die Menschen zum Abfall von der christlichen Religion verleiten". 8ä) Diesem Ziele diente z. B., wie schon der Titel sagt, das Werk Bas.s „Öffent­ licher Vorschlag zu einer Sacramental-Liturgie und einem Lehrbegriffe der Christen". Berlin und Altona 1767. 86) Vgl. die Stellungnahme der A. D. B. im allgemeinen (A. D. B. V 1,1767, 110ff.) und bes. mit Bezug auf Bas.s Schriften von 1766 a. a. O. V 2, 97ff., wo Resewitz (Parthey, 34; vgl. 22) Bas. und sich selbst gegen Verketzerung verteidigt. A. D. B. XI2 (1770), 80, stimmt von Teubern (Parthey, 52) der Forderung Bas.s zu, daß die Religion „von den Irrthümern mehr gereiniget" werde, „die ihr noch aus dem Wüste des Papsttums ankleben". Vgl. A. D. B. XI 2 (1770), 75f.

- 191 — auch nicht an Originalität der Gedanken über ihr ftanb87), so überragte er doch die meisten durch den Mut, mit dem er den ganzen Aufklä­ rungsgeist gegen die alten Autoritäten der Konfessionen ins Feld zu führen wußte. So wurde Basedow mit seinen Schriften nicht nur ein Sprecher des siegreich vorwärts drängenden Rationalismus, wie einer von den vielen, die sich schon zur neuen Geistesrichtung bekannten, sondern er griff auch gestaltend in die Entwicklung der Dinge ein. Das Geheimnis seines Ein­ flusses lag nicht zuletzt in seiner Fähigkeit, aus der großen Entfremdung vieler Menschen von der Kirche, die sich in den vorausgehenden Jahr­ hunderten im großen vollzogen und in dem eigenen Leben Basedows im kleinen wiederholt hatte, die entscheidenden Folgerungen für das öffent­ liche Leben zu ziehen. Man kann deshalb Basedow an einen Wendepunkt der Zeit stellen, an den er sich selbst gestellt sah, wenn es auch nicht letztlich seine Gedanken waren, die den Umschwung herbeiführten. Dieses Urteil über die entscheidende Bedeutung Basedows für das siegreiche Vordringen des Aufklärungsgeistes wird im Jahre 1775 von einem Zeitgenossen mit folgendem Satze bestätigt: „Herrn Basedows Philalethie habe gleichsam das erste Signal zu der jetzigen Religions-Zänkerey gegeben90)." So ist dann Basedow doch geworden, was seine Absicht war und wozu ihm sein orthodoxer Gegner Danneskiold wegen der mangelnden Originalität seiner Ideen die Eignung absprach: ein „Häresiarch00)"; er ist es geworden durch die Gunst der Verhältnisse, weil er für die Eröffnung des Kampfes gegen die Kirchenlehre den richtigen Zeitpunkt wählte09). Für das ganze Wirken Basedows überhaupt und für seine Stellung zum Katechismus insbesondere sind die Jahre 1767 und 1768 bedeutungs­ voll. Das letztere weist mit der „Vorstellung" und ihren neuen Schul­ plänen, die damals in ganz Deutschland einen begeisterten Widerhall fanben91), in die Zukunft, das erstere bildete mit seinen Schriften den Abschluß der Periode, in der die Reform des Christentums im Vordergrund des Interesses stand. Beide Jahre stellen einen gewissen Höhepunkt dar und zeigen Basedow deutlich in seinem doppelten Wirken als Reformator des Christentums und der Schule; beiden Zielen war sein ganzes Leben gewidmet, nur daß zu gewissen Perioden das eine oder andere mehr her­ vortrat. Von diesem doppelten Standpunkt aus mußte er nach seiner persönlichen Anschauung feindlich auf den Katechismus stoßen und wegen seines Einflusses ihm gefährlich werden. 87) Vgl. „N. Erz. Beg." (1780), 431. Vgl. „Gotting, gel. 91.“ (1764), 270; Willrnann, Didaktik, 262 f. “) Bei A. Basedow, I. B. Basedow, 75 f. 8e) Vgl. I. Rammelt, „I. B. Bas. u. d. Philanthropismus“ in: „Neue Jahrbücher für Pädagogik“. Herausg. I. Jlberg, 26 (1923), 185. *°) Stresow, Ermunterung an die evangelischen Glaubens-Genossen zu ver­ mehrter Aufmerksamkeit auf das göttliche Wort bei dunkler Kirchenzeit. Bützow und Wismar 1775 in: Krit. Samml. II (1775), 777. 81) S. Gräffe, „Grundriß“ (1796), 361 f.; Archiv der Erziehungskunde 1 (1791), 66f.; Baur, Charakteristik der Erziehungsschriftsteller, 18ff.; Schuderoff, Journal I (1802), 161; Schüler, Gesch. (1802), 300.

- 192 — Das Bestreben, die un- und antikirchlichen Christen zu sammeln, wird in den Schriften von 1767 besonders deutlich sichtbar. Als Basedow mit seiner „Paradoxie" manchen Widerhall gefunden hatte, faßte er damals die Tätigkeit der vorausgehenden Jahre des Kampfes in seiner „Haupt­ probe" $ufttnmtene2). Er wollte damit nach seinem eigenen Zeugnis „eine Probe der Zeiten anstellen", wie dieselben sich gegen seine „offenbare Freymüthigkeit verhalten werden®2)", mit anderen Worten, er wollte prü­ fen, ob die selbstherrliche Vemunft sich bereits gegen die kirchliche Autorität so weit durchgesetzt habe, daß man seinen andersgearteten Glauben dulden werde. Dabei hatte er aber bereits damals die stille Hoffnung auf den Sieg der neuen Ideen, zu denen er sich bekannte. Er wußte, daß sie eine geistige Macht darstellten; darum konnte er zur gleichen Zeit die Worte nieder­ schreiben, die wie ein'Signal zur Eröffnung des allgemeinen geistigen Kampfes gegen die Konfessionen klingen: „Ich halte dafür, daß zu unsern Zeiten und in unsern Gegenden Vorbereitung gnug schon gewesen sey, um von offenbar difsidentischen Schriftstellern" die große Verbesserung der Kirchen erhoffen zu lönnen®4). Daß er sich selber unter den Wegbereitern einer freieren und besseren Zeit einen nicht unbedeutenden Platz zusprach, hört man aus seinen Worten, nach denen er mit seinen unkirchlichen An­ sichten „ein zu seiner eigenen Zeit verkannter Vorläufer einer weit später zu hoffenden Reformation" sein will®2). In der Hoffnung auf die Zustim­ mung der Zeitgenossen hatte sich Basedow bei der „Hauptprobe" mcht ge­ täuscht®2). Dabei sah er aber auch die gewaltigen Schwierigkeiten und Gefahren, welche die staatlich geschützte Stellung der protestantischen Landeskirchen der Verwirklichung seines Privatchristentums entgegensetzte. Darum ging von vornherein sein Streben dahin, diese Stellung zunächst durch seine Schriften zu erschüttern. Sein Kampf gegen die Konfessionen hatte auch hier eine viel breitere Front als je in früheren Zeiten. Während Basedow noch 1764 nur „der Pflicht der Duldung der Para­ doxie" das Wort geredet hatte, trat er bereits in der ersten Beilage zur „Hauptprobe" „für die bürgerliche Gleichheit der Dissidenten an allen Orten" ein®7). Das Ziel war für die damaligen Zeitverhältnisse trotz aller Entfremdung des Lebens von der Kirche allzu kühn gestellt. Basedow wollte damit entgegen der Entwicklung der vorhergehenden Jahrhunderte für seine dissidentische Tätigkeit als Schriftsteller einen rechtlichen Boden gewinnen, auf dem man ihn nicht mehr unter Berufung auf das Gesetz ®2) „Hauptprobe der Zeiten in Ansehung der Religion, Wahrheitsliebe und Toleranz", Berlin und Altona 1767, 1. S. d. Vorrede. ®3) „Hauptprobe", 11. ®4) „Hauptprobe", 101. ®8) „Hauptprobe", 184. ••) Vgl. die zustimmende Rezension von Teubems in A. D. B. XI 2 (1770), 77—81. *’) „Neuer Antihobbesius. Recht und Klugheit im Kirchen-Wesen für die bürger­ liche Gleichheit der Dissidenten an allen Orten." Warschau und Krakau 1767. Die Verlagsorte sind fingiert. Vgl. ebd. „Vorrede des Herausgebers", 1. S. Als Schrift dieser Art bezeichnet Bas. außerdem: „Betrachtungen über die Rechtgläubigkeit und die im Staate und in der Kirche nöthige Toleranz", Altona 1766. Vgl. „Hauptprobe", 130; vgl. „Theol. Berichte" V (1767), 90—103.

— 193 angreifen konnte Er stritt dabei für alle Gleichgesinnten. Wenn die Prak­ tische Erfüllung solcher Wünsche auch noch manche Zeit brauchte, so wurden solche Ideen jedenfalls für die Zeitgenossen Basedows ein neuer Antrieb, sich im Namen der Toleranz über jede dogmatische Verschiedenheit in der Lehre hinwegzusetzen^). Der Kampf Basedows, mit dem er zu allererst seine persönliche Position verteidigte, berührte auch von hier aus unmittel­ bar den kirchlichen Katechismus. In der Zeit, in der Basedow unermüdlich darum stritt, seinem un­ kirchlichen Christentum die Daseinsberechtigung theoretisch zu beweisen und eine Stellung innerhalb der damaligen Gesellschaft praktisch zu erkämpfen, ging er auch daran, ihm zugleich eine Organisation zu geben. Mit seinem Kampf für die Revision des Christentums ging die populär-praktische Dar­ stellung des nach seiner eigenen religiösen Anschauung erneuerten „Glau­ bensbekenntnisses" Hand in Hand, damit er so den Weg ins Volk finde. Eine jede Änderung des Glaubenssystems durch zuständige gelehrte Christen, so führt er einmal aus, würde schaden, wenn die beteiligten Christen „keine Hülfsmittel hätten, in Übereinstimmung mit diesem ver­ änderten Gewissen besondre oder gesellschaftliche Erbauung anzustellen... und ihre Jugend unterrichten zu lassen99)." Das war eine Aufforderung, dem Rationalismus den Zugang zum Volke und zur Jugend zu eröffnen. Er selber gab ja das beste Beispiel in der Verfertigung von Lehr- und Ge­ sangbüchern^10°), die seine Meinung darstellten und es dem Leser über­ ließen, ein Mehr oder Weniger, nur nicht die ererbte konfessionelle Lehre anzunehmen. Die zweite Beilage zur „Hauptprobe" wollte ein solcher „öffentlicher Vorschlag zu einer Sacramental-Liturgie und einem Lehr­ begriffe der Christen oder Glaubensbekenntnisse^^)" sein. Me diese prak­ tischen Lehr- und Erbauungsbücher waren in der Lehrdarstellung an sich ein Faustschlag gegen die Dogmatik jeder christlichen Konfession. Basedow konnte es überdies nicht unterlassen, mancherlei gehässige Notizen, Vor­ reden oder Vorbemerkungen einzuschalten. Wles in allem zeigen die Werke Basedows aus dem Jahre 1767 und ihre Vorläufer den Verfasser in der Rolle eines geistigen Führers, der nur ein Ziel kannte, dem traditionellen Kirchentum durch die Vielseitigkeit seiner schriftstellerischen Tätigkeit und die immer neuen Vorschläge seiner erfindungsreichen Phantasie Abbruch zu tun und das gereinigte Christentum »») Vgl. A. D. B. XI 2 (1770), 71 f., 80—86. Vgl. A. D. B. I 1 (1765), 38. »») „Hauptprobe", 180f.; vgl. „Theol. Berichte" II (1765), 40. 10°) Neben den bereits oben erwähnten Religionslehrbüchern dienen der Vermitt­ lung des konfessionslosen Christentums auf dem Wege des Gottesdienstes: „Ein Privatgesangbuch zur gesellschaftlichen und unanstößigen Erbauung, auch für solche Christen, die verschiedenen Glaubens sind." Altona und Berlin 1767. Die Lieder des Elementarwerkes 1774, „Allgemeines christliches Gesangbuch für alle Kirchen und Sekten", Altona und Riga 1781. „Einer philadelphischen Gesellschaft Gesangbuch für Christen und für philosophische Christengenossen", Germanien 1784. Vgl. Meusel, Lex. I (1802), 194ff. m) Der Verfasser gibt sich hier den Namen „Robert Mennotson". Erschienen ist die Schrift Berlin und Altona 1767. Zustimmende Rezension in A. D. B. XI 2 (1770), 86—89, durch von Teubern (Parthey, 52). Schmitt, Der Kamps um den Katechismus.

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- 194 individualistischer Prägung an die Stelle des ersteren zu feiert102). Daß er bei diesem Kampfe mit wohlüberlegtem Plane zu Werke ging, zeigte besonders das Programm zur Reformation des Christentums100), nach dem die allmähliche Verbesserung des Kirchenwesens mit der „Bekehrung" der vornehmen Stände und dem unkirchlichen Schrifttum beginnen und nach 10 Stufen mit der Lossagung aller vom „Köhlerglauben"106) endigen sollte. Die Mündigkeit der Christen solle sich darin äußern, daß die Autori­ täten „nicht mehr im Namen der Kirche über Viele herrschen und ihre Lehrsätze, Methoden und Liturgien, zur einzig gangbaren Münze machen können"100). Dieses Programm einer völligen Revolution in Kirchensachen teilte Basedow zugleich bedeutenden Männern der Zeit mit106). Es ist richtig, daß mit dem Erscheinen der „Vorstellung" in Basedows Leben die große pädagogische Wendung kam. „Das eigentliche Jahr", in welchem eine neue Periode für Erziehung und Lehrmethode beginnt, ist also das Jahr 1768107). Es wurde aber schon aus dem Vorhergehenden ersichtlich, daß in den Schriften, die vor der „Vorstellung" erschienen, be­ sonders in religiösen Fragen die pädagogische Orientierung Basedows nicht ganz fehlte106). Ja, es kann gesagt werden, daß sich bereits in der „ Inusitata Methodus“ Grundlinien seiner pädagogischen Ideen befanden100). So bedeutete für Basedow das Jahr 1768 doch nicht einen Bruch mit seiner Vergangenheit, wie man nach mancher Darstellung glauben möchte100). Wie die pädagogische Orientierung Basedows nicht erst mit der „Vor­ stellung" begann, so hörte auch seine unkirchliche Stellung.im selben Jahre nicht auf. Sie begleitete auch seine pädagogischen Schriften; davon geben manche Bemerkungen dieser Periode Zeugnis110). Inmitten seiner Werbe­ arbeit für sein philanthropisches Unternehmen konnte er es sich nicht ver­ sagen, „seine Meinungen und Grillen über religiöse Gegenstände" vor­ zutragen111). Zwar waren seine Schriften nach 1768, besonders die „zur elementarischen Bibliothek" gehörigen112), vornehmlich pädagogisch orien­ tiert. Dies brachte indes nur eine theoretisch-überkirchliche Haltung und m) Vgl. F. Schlichtegroll, Nekrolog auf das Jahr 1790, 2. H., Art. „I. B. Basedow", 123. loa) „Hauptprobe", Vorrede, 8.—13. Seite. 104) Vgl. Philalethie I, 282, „Hauptprobe" (1767), 12. S. 106) A. a. O. 12. S. 106) A. a. O. 14. S. 10’) Gräffe, „Grundriß" (1796), 361 f. 108) Bas. hatte schon 1752 einen Plan der Schulreformation einschließlich einer Schulbibliothek entworfen. S. A. Basedow, I. B. Basedow, 93, vgl. 58. In ähn­ licher Weise schlägt er bereits einen gemeinchristlichen Unterricht für die Staatsschulen vor. S. „Antihobb." (1767), 58s. Vgl. „N. Erz. Beg." I (1780), 95; Archiv der Er­ ziehungskunde 1 (1791), 66. 10#) A. Basedow, I. B. Basedow, 93f.; vgl. Pinloche, Gesch., 43f. ll°) Vgl. „N. Erz. Beg." I (1780), 100, „Das in Dessau err. Philanthropin." (1774), 38s., Fußn. Gött. gel. Anz. 1768, 648. 1H) Goethe, „Dichtung und Wahrheit" bei H. Göring, I. B. Basedows ausge­ wählte Schriften (1880), CVIII. 112) Dieser Vermerk findet sich teilweise auf den Schriften nach 1768, z. B. „Methodenbuch" (1771), Agathokrator... Altona 1771, s. Meusel, Lex. I (1802), 192. Kleines Buch für Eltern und Lehrer (1771).

- 195 — zwang ihn, seinem Haß gegen die Orthodoxie etwas die Zügel anzulegen und zurückhaltender über kirchliche Lehren zu urteilen113). In der religiösen Anschauung blieb er der alte Gegner der Rechtgläubigkeit113). Es war allerdings nicht recht, daß man ihn wegen seiner pädagogischen Stellung über den Parteien als „Jrreligionisten" und „Naturalisten" ver­ schrien hatte111). Aber ein Christ im Sinne einer Kirche wollte er auch in dieser Periode nicht sein. Um alle falschen Ansichten über ihn nach der einen oder anderen Seite abzuwehren, versprach er ein eigenes über die „elementarische Bibliothek" hinausgehendes Werk, das seine pädagogische Reserve überschreiten und seine persönliche Anschauung als Ergänzung der „nicht entscheidenden" Schulbibliothek darstellen sollte113). Mitten in seinen Schulreformplänen und -arbeiten erschien im Jahre 1774 diese Schrift unter dem Titel „Vermächtniß für die Gewissen113)." Hier enthüllte er seinen Zeitgenossen nochmals in wesentlicher Übereinstimmung mit seinen vorhergehenden Anschauungen11') seine antikirchliche, aber „christliche" Ge­ sinnung und stellte in einem eigenen Abschnitt „Geschichte des Vermächt­ nisses" die Motive dar, die ihn zur Arbeit an der Schule trieben113). Was er hier sagt, bestätigt die Ansicht, daß seine Schulreformpläne die gerad­ linige Fortbildung seiner vorigen Ideen von der Emeuerung des Kirchen­ wesens darstellen. „Mein Herz hing ans Christenthum", so umschreibt er sein religiöses Bekenntnis. „Aber ohne Fundamental-Schulverbesserung, sowohl in der Erziehung als in der natürlichen Religion und den politischen Wissenschaften, muß durch die jetzund gangbaren Bücher und Gespräche nicht nur oas Christenthum, sondern auch die natür­ liche Erkenntniß Gottes (wenn der Glaube einer künftigen Vergeltung mit dazu gerechnet werden muß) ohnfehlbar und nicht langsam zu Grunde gehen113)." Basedow rechnete es sich zur besten Erfüllung der Christen­ pflicht an, daß er das „Elementarwerk" (1774) hergestellt, hier sich nur für die natürliche Religion entschieden, sein eigenes Christentum „durch diese Art von Verschwiegenheit" verborgen gehalten habe und erst im „Ver­ mächtniß" damit hervorgetreten sei113). Er wollte, das bezeugt er hier m) Vgl. „Vermächtniß" (1774), 301. 114) Vgl. Philalethie I (1764), 671 f. Das Nöthigste von der Vorstellung (1768), 30; „Vermächtniß" (1774), 300. A. Basedow, I. B. Basedow, 76 f. Vgl. Beßler, „Unterricht", 14f., „N. Erz. Beg." I (1780), 98 f. „N. Rel. Beg." III (1780), 690. EW. I, 444 Anm. m) Bas. hatte das Werk in Meth. B. I (1771), 261, als Ergänzung des EW. angekündigt. Er habe den Plan, „die theils durch eignes Nachdenken, theils durch' göttliche Gesandten, erfindbaren und mitgetheilten Lehrsätze und Beweisgründe" der von ihm „geglaubten ganzen Religion ebenso elementarisch zu ordnen und zusammen zu setzen". 116) Bernhards aus Nordalbingien (oder Bas.s) „Vermächtniß für die Gewissen". Dessau 1774. 117) „Vermächtniß" (1774), 300f. m) „Vermächtniß", 298ff. lie) „Vermächtniß", 301. Wie Bas. nicht ohne Grund fürchtete (a. a. O. 303), veranlaßte auch dieses Werk verschiedene Streitschriften. Vgl. „N. Erz. Beg." (1780), 100. Die A. D. B. XXVIII (1776), 425f., rezensiert eine solche Gegenschrift: „Eines Anhaltiners Lossagung von dem Vermächtniß für die Gewissen. An den Herrn Prof.

— 196 noch eigens, nicht davor zurückschrecken, in den Kreisen, die seine Schul­ bibliothek kannten und anerkannten, „von neuem als ein Widersprecher gegen viele Kirchenlehren bekannt" zu toerben122). Doch sei das „Vermächt­ nis" geeignet, manche Zweifler für das Christentum zu gewinnen, deswegen habe er sich zur Veröffentlichung desselben entschlossen122). Daß alle päda­ gogischen Bemühungen Basedows nicht im Dienste einer Kirche standen, das konnte das Publikum auch durch seine marktschreierische Art erfahren, mit der er seine früheren Schriften immer wieder als sein im allgemeinen unverändertes Glaubensbekenntnis anpries120). Sein Ruhm als Schul­ reformer tat noch ein übriges, daß man auch dort auf seine früheren Schriften zurückgriff, wo man an seinem „Privatchristentum" vor 1768 noch kein Interesse gefunden hatte121). Schon mit der obigen ganz allgemeinen Charakteristik der Schriften Basedows ist die über das Jahr 1768 hinausreichende, einheitliche antikirch­ liche Tendenz zutage getreten. Seine Vorschläge für Erneuerung des deutschen Schulwesens und seine am Schlüsse kläglich gescheiterten prak­ tischen Versuche am Philanthropin zu Dessau sind gewiß dasjenige, was an seinem Wirken am augenfälligsten in die Erscheinung trat. Sieht man tiefer, dann entdeckt man, daß er mit seinen Schulplänen so ganz im Dienste jener Geisteshaltung stand, die immer wieder als das eigentliche Wesen der Aufklärung sich charakterisiert: des antikirchlichen Individualismus. Auf diesem Mutterboden sind auch Basedows Schulpläne gereift, es mußte nicht erst um das Jahr 1768 eine Wandlung seiner Gesinnung eintreten, damit er sie ausdenken tonnte123). Die „Vorstellung" des Jahres 1768 Basedow zu Dessau," Halle 1775, mit nicht weniger als 258 Seiten in 8°. A. D. B. nimmt Bas. dadurch in Schutz, daß sie den glaubensrichterlichen Standpunkt der Schrift entschieden ablehnt. Vgl. „N. Rel. Beg." III (1780), 690. „Krit. Samml." IV (1777), 526 f. 120) Vgl. „Hauptprobe" (1767), wo ein Verzeichnis der Schriften Bas.s vorge­ druckt ist; ferner das Kapitel: „Von des Verfassers Schriften, Absicht und Schicksale" (a. a. O.112ff.); „O. Vorschlag" (1767), Vorrede XII, XV f. „Bermächtniß" (1774), 299 f. Die pädagogische Zeitschrift „Pädagogische Unterhandlungen", ab 1777 von Bas. und Campe herausgegeben, enthält manche Hinweise auf die religiöse Ansicht Bas.s; siehe a. a. O. 1. St. (1777), 77—87, 8. St. (1778), 691 ff., 710ff., 780ff., 2. Jahra., 3. Qu. (1779), 445 f. 121) In A. D. B. XI 2 (1770), 69—93, sieht sich Geheimrat von Teubern in Dresden (Parthey, 52, 28) veranlaßt, die Beurteilung der Schriften Bas.s aus dem Jahre 1766 und 1767 „wegen ihres wichtigen Jnnhaltes" nachzuholen (a. a. O. 70). Daß die A. D. B. in der Grundhaltung gegen die orthodoxe Lehre für Bas. ein treuer Bundesgenosse war, wurde schon aus den vorhergehenden Ausführungen, besonders den Urteilen von Resewitz, klar. Auch in der folgenden Zeit machte die A. D. B. das Versprechen des Predigers Lappenberg von Lesum (Parthey, 50, 14) wahr, „das Publikum" auf die Pläne Bas.s „immer aufmerksamer" zu machen (A. D. B. XI 1, 1770, 4). Bekannte Pädagogen, wie Feder von Göttingen (A. D. B. XIV, 1771, 115—22, Rez. des „Methodenbuches", 1771, vgl. Parthey, 36, 6), Ehlers in Kiel (A. D. B., XI 1, 59—62, Rez. der Schrift „Das Nöthigste" und „Vierteljährl. Unter­ haltungen" vgl. Parthey, 56, 6) beteiligten sich u. a. an der Verbreitung und zustim­ menden Beurteilung der Gedanken Bas.s. 122) „Bermächtniß", 303f. 123) Vgl. „N. Erz. Beg." I (1780), 95: „Die Begierde, die Religion u. das Erziehungswesen zu reformiren, scheint bey H. Prof. Basedow zu gleicher Zeit

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ist auch, und nicht zuletzt, ein rationalistischer Protest des in der Kirche sich recht- und heimatlos fühlenden Individuums, das sich dagegen auflehnt, daß es sich in seinem subjektiven religiösen Bekenntnis nach dem objek­ tiven, in Dogmen festgelegten Bekenntnis der Kirche geistig ausrichten soll124)* Und wenn man genau hinhört, so entdeckt man in der „Vor­ stellung", daß in der Begeisterung des Kampfes um die religiös neutrale Staatsschule und für das Recht der „Dissentienten" die eigene religiöse Überzeugung Basedows mitschwingt128). Auf diese in der Tiefe religiösen Verwurzelung der Schulpläne Basedows, die ein getreues Spiegelbild der objektiven Zeitverhältnisse ist, muß im Rahmen des Themas besonders hin­ gewiesen werden, wo es sich um das religiöse Lehrbuch handelt. Daß darüber hinaus nicht alle schulischen Forderungen Basedows religiöse Zwecke verfolgten, soll damit nicht bestritten werden. Es soll hier nur ein Punkt berührt werden, der mit dem Grundsatz der religiösen Unparteilichkeit des Pädagogen Basedow gegeben ist: er muß seinem Haß gegen die Konfessionen die Zügel anlegen und duldsamer gegen sie werden. Die Kehrseite davon ist, daß er auch über das System der „Deisten" und „Naturalisten", ja bis zu einem gewissen Grade der „Jrreligionisten" und „Atheisten" die Duldung aussprechen mu§126). Das wirkte sich praktisch dahin aus, daß er den Christen das Bekenntnis der Deisten vorlegte. Er konnte jedenfalls die Wünsche der Gegner des Christen­ tums ganz, die der Konfessionen aber nicht im mindesten erfüllen127). Dazu war eben der Rationalist Basedow fähig, der für das positive Christentum wenig Verständnis hatte. Und wenn er zu wiederholten Malen ver­ sicherte, daß keine Kirche gegen irgendeinen Satz der Schulbibliothek etwas einzuwenden haben sollte128), so war er in seinem individualistischen Denken so befangen, daß er gar nicht fühlte, wie umstürzend seine Idee von der religiös neutralen Staatsschule war. entstanden zu seyn. Doch hat er zuerst Hand an die Religion gelegt, und seine Ge­ danken von Erziehung und Schule nur beyläufig geäussert" (bis 1768). Vgl. Schrnid, Gesch. d. Erz. IV 2, 55 f. 124) Es ist an dieser Stelle besonders zu betonen, daß die religiöse Überzeugung Bas.s, die vor allem in den theologischen Werken vor 1768 und im „Vermächtniß" (1774) dargestellt wird, in der Literatur bisher bei der Würdigung der Bas.schen Schulreform zu wenig Berücksichtigung fand. Ein Nachkomme Bas.s, A. Bas., hat in seinem Werke „I. B. Basedow", erschienen 1924 (S. 90, Fußn.), nachdrücklich darauf hingewiesen, daß die theolog. Werke Bas.s bisher in der Forschung zu kurz kamen. 12ß) Vgl. „Vorstellung" (1768), 34ff., §20ff., „Antihobbesius" (1767), 58f., „Das in Dessau err. Philanthr." (1774), 38 f., Fußn. 126) Vgl. „Vorstellung", 35 f. (§ 22), 59 (§38), „Für Cosmopoliten" (1775), 7, Meth. B. I (1771), 230. 127) Die Duldung eines konfessionellen RU.s am Philanthropin außerhalb des ordentlichen Lehrplans war weniger ein Entgegenkommen gegen die Konfessionen, vielmehr ein von den Eltern der Zöglinge und von den wirtschaftlichen Verhält­ nissen abgenötigter Kompromiß. Vgl. Beßler, Unterricht u. Übung, 39 ff., 91 f. Bahn, Die Frage der Selbständigkeit der Pädagogik Bas.s (1911), 19 f. 128) „Vorstellung" (1768), §56. I. B. Basedows Elementarwerk. Herausgegeben von Th. Fritzsch, I, Einleitung des Herausgebers, X. „Das in Dessau errichtete Philan­ thropin" (1774), 38 f., Fußn., „Vermächtniß" (1774), 301.



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Basedows Bewegung zur Reform der Schule war gewiß Reaktion gegen das, was „veraltet" war, und trug in der Darstellung seiner Theorie oft nicht die Feindschaft gegen die Kirche offen zur Schau. Wer er traf die Kirche, mochte er sich gegen den „Bekenntniszwang" oder gegen den „LateindM" toenben129). Die Schulen, die mit der Kritik jedesmal ge­ meint waren, wurden von der Kirche geleitet. Veraltet war für Basedow besonders der Unterricht, der in diesen Schulen den Kern bildete: der kon­ fessionelle Religionsunterricht und damit der kirchliche Katechismus. Wenn man das Urteil über den Wert oder Unwert neuer Ideen zurück­ stellt und diese lediglich in ihrer Stoßkraft für die Zeitgenossen betrachtet, so kann festgestellt werden, daß Basedow vollständig die Linie der christ­ lichen Tradition verlassen hatte, und zwar offener und kompromißloser als schon viele andere im protestantischen Deutschland vor ihm. Alles, was bisher als christlich und heilig gegolten hatte, war ihm ein Unwert ge­ worden. Dem Stolz auf die Religion der Väter setzte er den auf die mit den eigenen Kräften gewonnene Religion entgegen. Er kannte nur eine Instanz, um über die Wahrheit der Religion zu entscheiden, das „Licht... der SSemunft"130). Bor dieser muß auch die Kirche als jene Institution, die bisher als die einzige Trägerin des Christentums gegolten hatte, ihre Werthaftigkeit beweisen. Ihr bisher ausgeübtes Recht, über Wahrheit der Lehren zu entscheiden, ging im System Basedows wie bei Rousseau auf das Individuum über, ihr Anspruch, zu einem Symbol zu verpflichten, war hier wie dort somit abgetan; wollte sie noch Menschen für ihre Lehre ge­ winnen oder erhalten, dann mußte sie sich wie jeder „Privatchrist" an die richtende Vernunft des Individuums wenden und den Weg der „ttbenebung131)“ wählen, ohne durch Autorität wirken zu wollen, ohne den Zwang staatlicher Gesetze für sich in Anspruch zu nehmen132). Mit solchen schon längst verkündeten Gedanken allein wäre aber Basedow nicht der über seiner Zeit stehende Mann geworden, wenn er nicht zugleich genug Geringschätzung gegenüber allem geschichtlich Ge­ wordenen und genug Kühnheit gehabt hätte, um seine „halb erleuchteten Zeiten133)" gegen Tradition und Kirche in die Schranken zu rufen. Zu einer Reform des Christentums und der Schule im Sinne Basedows brauchte es einen Mann, der das Band mit seiner und jeder Kirche zer­ schnitten hatte und den keine Rücksicht auf Pietät mehr band; denn mit dieser doppelten Reform wollte er in geschichtlich gefestigte Positionen der Kirche einbringen134) und mußte mit ihr den offenen Kampf aufnehmen. m) Vgl. F. Paulsen-Lehmann, Gesch. des gelehrten Unterrichts II (1921), 54, vgl. 48. 130) Wett). U. I, LIX. 131) „Antihobbesius" (1767), 4; „Die ganze natürliche Weisheit" (1768), 172; Pract. Phil. II (1777), 355. 132) In der Vorrede zum EW. (Fritzsch I, XLIX) spricht Bas. von „Gewissens­ zwanggesetzen". 133) Wett). U. I (1764), XXXVIII. 134) Das gilt auch von der Idee Bas.s, die Schule der Oberhoheit des Staates zu unterstellen. Dieser Teil der Bas.schen Schulpläne wird später noch ausführlicher behandelt werden müssen.

— 199 — Wenn Papmeyer den Rationalismus als „eine wesentliche Ursache für die pädagogische Gesinnung der Aufklärungszeit" baiftellt136) und daran das Urteil Schlossers anreiht: „Die Zeit und ihre Bedürfnisse dräng­ ten zu Basedow f)m136)", so dürfen diese Worte ganz gewiß von dem theologischen Rationalismus als dem Antipoden der Kirche verstanden werden, dessen Zeit in Basedow gekommen ist137). Die beiden erwähnten Hauptziele Basedows, die Reformation der Kirche und der Schule, sind in seinem Leben nicht zu trennen; sie stellen die zwei Wege dar, auf denen sich sein Philanthropismus mit der großen geschichtlichen Entwicklung der letzten Jahrhunderte begegnete. Hinter seiner Person standen wie bei Rousseau lebenskräftige Ideen, die in der langen Zeit an Stoßkraft nur gewonnen hatten. Auf diesen beiden Wegen strömten ihm Anhänger zu für den großen Kampf zur Verdrängung des alten Katechismus. Der erste ist gezeichnet durch die Kritik Basedows an der Schule und führt zu Ratke und Comenius, bzw. in der Erziehung überhaupt zu Locke und Rousseau. Die drei erstgenannten Pädagogen waren keine Feinde des Katechismus133), aber sie erkannten, daß die Schulen, die im 16. Jahrhundert ihren Aufgaben gewachsen waren, sich im 17. Jahrhundert bereits überlebt hatten. Weil die Zeitgenossen ihren Reformplänen ge­ trotzt hatten133), war es so weit gekommen, daß mit viel Recht von den Schulen der Mitte des 18. Jahrhunderts das Urteil Geltung hat: ,,Was sie trieben, galt in der Welt draußen nicht mehr; was draußen galt, trieben sie noch lautn140)", was übrigens Basedow in der „Vorstellung" für das Schulwesen seiner Zeit eingehend begründet hat141). Eben weil der berechtigte Ruf nach Reform so viele Jahrzehnte nicht beachtet wurde, darum konnten radikale Männer vom Schlage eines Basedow mit ihrem lauten Schreien so viel Anklang finden und nicht mehr überhört werden. Durch die eigenartige Entwicklung der vorausgehenden Zeit war in vielen Köpfen eine gewisse Jdeenassoziation eingetreten, daß das, was die kirchlich-konfessionelle Periode'nicht geleistet hatte, die Kirche überhaupt nicht zu leisten imstande sei. Die eigenen trüben Erfahrungen Basedows mit den orthodoxen Vertretern der lutherischen Konfession konnten solche Meinungen nur verstärken. Zum „Unglauben an den aus dem 16. Jahrhundert überlieferten Schulbetrieb143)" kam bei ihm der Unglaube an die Reformwilligkeit der Kirche und ihre Eignung in der Frage der Schulerneuerung. In seinem Programm zur Schulreformation 136) Papmeyer, Der Philanthropismus, 20. 13‘) F C. Schlosser, Weltgesch. III, in: Papmeyer, a. a. 0.21. *33) Vgl. I. Rammelt, I. B. Basedow in: Jlberg, „Neue Jahrbücher für Pädagogik", 26 (1923), 185. 133) Locke empfiehlt in „Gedanken über die Erziehung", § 159, einen Kat., der sich enge an die Bibel anschließt. Siehe Czilchert, „Zum RU.", 50, Fußn. 133) Vgl. Archiv der Erziehungskunde 1 (1791), 68ff. Unter den Vorgängern Bas.s, die nicht durchdringen konnten, werden hier neben Locke noch aufgeführt: Geßner, Sulzer, Francke, Steinmetz. 14°) F. Paulsen-Lehmann, Geschichte des gelehrten Unterrichts I (1919), 622. Vgl. Pinloche-Rauschensels, Gesch. des Philanthropinismus, 53. 141) „Vorstellung" (1768), § 13—16. 142) F. Paulsen-Lehmann, a. a. O. II (1921), 47.



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war daher die Kirche radikal und bewußt ausgeschaltet und ihr eigens das Mißtrauen ausgesprochen, daß sie unfähig sei, die Erneuerung herbeizuführen*48). In diesem Programm war kein Anschluß an die geschichtliche Linie der christlich-konfessionellen Schule und ihres Religionsunterrichtes mehr gegeben. Basedow wies diejenigen, denen die Kirche nicht mehr Mutter sein konnte, an den Staat und ihre Kinder in die neutrale Schule beäfelben144) und machte sich zu ihrem Anwalt*48), wenn er auch in der eigenen religiösen Überzeugung sich nicht völlig vom Christentum lossagte. Er bejahte in theoretisch-überparteilicher Haltung die religiöse Zerrissen­ heit der Zeit, die das Ergebnis der großen kulturellen Emanzipation der vorhergehenden Epoche war und aus der noch keiner so bestimmt und radikal wie er die Konsequenzen für das Schulwesen gezogen hatte*48). Das allein warb den neuen Schulplänen einen beträchtlichen Anhang*4?). Wer auch Männer, die noch aufrichtig christlich fühlten und mit dem Rationalismus Basedows nicht das mindeste zu tun hatten, wie I. C. Sabatet148), begrüßten die Schulbestrebungen des letzteren freudig, und katholische Prälaten, wie Wt gelbiget149), erkannten sie an und setzten sie fort, indem sie die neue Pädagogik mit dem christlichen Dogma ver­ söhnten. Freunde und Feinde der Kirche fanden sich auf diesem an sich neutralen Boden der Schule, den Rousseau in Deutschland aufgelockert hatte. Durch die extreme Verneinung des kirchlichen Katechismus hat hier Basedow, wie sein Vorgänger Rousseau — ohne es zu wollen —, zugleich 143) Vgl. Paprneyer, Der Philanthropismus, 22, wo der Philanthropismus tref­ fend als Laienbewegung charakterisiert wird. Vgl. bei Bas. selbst „Hauptprobe" (1767), 71; „Vorstellung" (1768), § 6, 10; Meth. B. I (1771), 404, „Das in Dessau err. Philanthr." (1774), 38 f., Fußn.; Zerenners „Deutscher Schulfreund", 3 (1792), 66, urteilt beim Überblick über das Leben Bas.s: „Dem Worte Priester war er aus wol erklärbaren Gründen, die in seiner früheren Lebensgeschichte lagen, gleichfalls nicht sehr gewogen." 144) „Vorstellung" (1768), §20—22. 146) Vgl. u. a. Meth. B. I (1771), 16ff., Pract. Philos. II (1777), 96, „Die ganze natürliche Weisheit" (1768), 172. 148) Es soll damit Bas. nicht die Originalität des Gedankens von der Schul­ erziehung durch den Staat zugesprochen werden. S. Weil, Der Gedanke der National­ erziehung, 1925, 31. Vgl. dazu auch P. Barth, Gesch. der Erziehung (1920), 470 f., besonders 471, Fußn. 7. 147) Vgl. Pinloche-Rauschenfels, Gesch. des Philanthropinismus, 53. Infolge der Loslösung von dem (kirchlichen) Christentum galt vielen nicht mehr als „gemein"nützig, was in der religiösen Geschlossenheit der vorhergehenden Zeiten, besonders der mittelalterlichen Kultur, noch dafür gelten konnte. 148) Vgl. „Gesammelte Briefe über die Basedowsche Erziehungsmethode" (Offenbach 1775), 8 (2. Brief Lavater an Jselin): „Denn der Glaube (sc. des Elementarwerkes) ist wahrlich in allen Dingen nicht jedermanns." 149) Basedow, Meth. B., I (1771), 29. Der Abt Felbiger, „dessen grosse Ver­ dienste um die Kirche und das Schulwesen allenthalben bekannt sind", würdigt nach Einsichtnahme in die Schulsachen Bas.s diesen „einiges Beyfalls" (a. a. O. 29). Joh. Schryber, Capitular des Fürstl. Stiftes Maria-Einsiedeln, ist voll des Lobes für die Schulpläne Bas.s (a. a. O. 26). — Es wurde absichtlich die erreichbare früheste Auf­ lage (2.) benützt. Die Übereinstimmung mit der 3. Auflage (1773) in Göring, Bas.s Ausgewählte Schriften (1880), konnte bei sämtlichen hier angeführten Zitaten fest­ gestellt werden.



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die Bahn gewiesen zu einer segenbringenden Erneuerung desselben, die auch die Zustimmung der Kirche erlangen sonnte150). Wer Basedow war nicht nur, wie sich schon zeigte, der Schulrefor­ mator, sondern wollte auch das Christentum in seinem Sinne er­ neuern. So ist seine Gedankenwelt auch auf dem religiösen Wege und zwar mit einer noch weiter zurückliegenden Vergangenheit verbunden. Die Linie führt hier über den Aufklärungsrationalismus151) und kirchlichen Separatismus151) zurück bis unmittelbar zu den Reformatoren des 16. Jahrhunderts. Es war Basedow ein geläufiger Gedanke, seinen Plan zur Erneuerung des Christentums jener ersten Reformation an die Seite zu stellen und von dorther sich gewissermaßen das Zeugnis ausstellen zu lassen, daß er berechtigt sei, das damals erst begonnene Werk fortzu­ setzen15^). Was im 17. und 18. Jahrhundert nur wenige Schwärmer ge­ dacht hatten, sollte jetzt nach seiner Idee Wirklichkeit werden. Die Los­ lösung des Protestantismus von der katholischen Kirche war ihm das Vor­ bild, nach dem sich eine zweite „Befreiung" vollziehen sollte, die des Indi­ viduums von der Knechtschaft einer Orthodoxie, die sich ihre Herrschafts­ ansprüche nicht im Geiste eines Luther angemaßt habe. Die Verwandtschaft der Argumente Basedows mit denen Triers und seiner Vorgänger ist hier unverkennbar und ihr Einfluß auf das Schicksal des kirchlichen Katechismus noch viel bedeutungsvoller; denn er fand eine bereits geebnete Bahn und hatte noch viel mehr Bundes­ genossen aus dem Lager des Rationalismus. Er konnte sich durch seine Berufung auf die Reformation des Anhangs all der „Nikodemiten150)" innerhalb der protestantischen Kirchen versichern, die darauf warteten, daß einer „laut" dachte155), was ihre vorläufig geheim gehaltene Ge­ sinnung war155). Da hier in Basedow die Fäden zusammenlaufen, die seit Jahr­ hunderten gegen den Katechismus gesponnen waren, bleibt noch die Auf­ gabe, darauf näher einzugehen, wie sich der Philanthropist die Fort­ setzung der Reformation im 18. Jahrhundert dachte, und wie er unter Mißachtung der lutherischen Kirche den neuen Geist mit dem eines Luther versöhnen wollte. Es zeigt sich dabei zugleich ein gutes Stück der Ideologie der extremen Aufklärer und ihrer Waffen gegen den kirchlichen Katechismus. 16°) Vgl. ©raffe, „Grundriß" (1796), 362. 161) Der Verfasser der von 1778 ab in Gießen erscheinenden „9t. Rel. Beg." nennt zwei Quellen, aus denen die „neueren Reformatoren" (im religiösen Lehr­ begriff) ihre Ideen schöpfen: den Sozinianismus mit seiner Ausscheidung der Geheim­ nislehren des Christentums (a. a. O. I, 1778, 919 ff.) und die Leibnitz-Wolffsche Philosophie mit ihrem Drängen auf deutliche Begriffe (923 ff.). 162) Meth. U. II (1764), XXV. 16S) „Hauptprobe" (1767), 51, 102s. 154) Vgl. „Hauptprobe", 51. 165) „N. Erz. Beg." I (1780), 431, stellen unter der Anhängerschaft Bas.s als eine Gruppe jene dar, die „mit Hrn. Baf. einerley Religionsgesinnungen" hatte und sich freute, „das sog. Athansianische Bekenntniß verdrängt und dagegen den Arianis­ mus und Socinianismus eingeführt zu sehen"; vgl. ebd. 532.

Kapitel

II.

Die neue rationalistische „Reformation" im Sinne Base­ dows und sein „Universalchristentum" als Gefahr für die Katechismuslehre. Den Ideen Basedows, mit denen er sich auf die Reformation beruft und mit ihrem Geiste für seine eigene wirbt, liegt die Auffassung zugrunde, daß die Lehre des Christentums in der nachapostolischen Zeit in ihrer Rein­ heit durch „Menschensatzungen verdorben" würbe1).* 3Wie 4 * Rousseau gilt es auch ihm als erwiesen, daß die katholische Lehrformulierung am weitesten vom Urchristentum sich entfernt hatte und deswegen die Reformation die Annäherung wieder vollziehen mußte. Er unterscheidet genau die relativ, für Kinder unbegreiflichen und die „ihrer Natur nach wegen der Unge­ reimtheit unverständlichen"^) Wahrheiten und zählt gleich Rousseau die Lehre von der Transsubstantiation zu den letzteren^). Die Pflicht, sie zu glauben, gar noch unter Androhung der ewigen Verdammnis, wird in grellen Farben als Gipfel des Unsinns und der Intoleranz ausgemalt6). Die römisch-katholische und griechische Kirche können deshalb ebensowenig wie die Juden Anspruch auf bürgerliche Gleichberechtigung machen, wenn sie „nicht wenigstens einigen ihrer Lehrsätze absagen"6). Daher ist auch das Urteil Basedows nicht verwunderlich: „Ich halte die Protestantischen Kirchen im hohen Grade für besser als die RömischCatholische6)." Anderswo stellt er fest: „Unter denselben [ben Christen) ist bey Zweydrittheilen die öffentliche Lehre gewiß so verdorben, daß in der Religion bey ihnen mehr abergläubische Irrthümer als Wahrheiten von Jugend auf gelernt, geglaubt, ausgeübt und durch verfolgende Gesetze gegen die damit streitigen Personen und Bücher autorisirt und verewigt Werben6)." Daß die nichtprotestantischen Christen, nämlich die römisch-) „£>. Vorschl." (1767), 136. Eine analoge Ausfassung wurde bereits von R. in Emil IV, § 309, ausgesprochen. Vgl. „N. Rel. Beg." III (1780), 685 f. -) Meth. U. I (1764), Xis., in „Abhandlung von dem Unterrichte der Kinder in der Rel.". Vgl. R., Brief an Chr. de Beaumont, 100 f. 3) Meth. U. I (1764), XII, Pract. Phil. II (1777), 351. Vgl. Philalethie I (1764), 403. 4) Antihobbesius (1767), 13, vgl. lOff. 6) „Grundriß" (1764), 136; vgl. „Hauptprobe", 182. Man beachte, daß solche Feststellungen von Bas. in seinem Fragekat. gemacht werden und vorzüglich dem Kat. gelten. Auch die weitere Kritik Bas.s an der Kirchenlehre ist oftmals in den theoreti­ schen Zwischenbemerkungen der praktischen Religionsbücher enthalten. — Die Auf­ fassung R.s (o. S. 85) u. Voltaires (o. S. 154) ist dieselbe. *) „£>. Vorschl." (1767), 137.

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und griechisch-katholischen, mit diesen Aufstellungen gemeint sind, ergibt sich aus den unmittelbar vorhergehenden Worten, die den Segen der Reformation darstellen wollen: „Nur an wenigen Orten, in Vergleichung mit den andern, ist seit Zweihundert Jahren jene (sc. die Wahrheit) merk­ lich verbessert, und dieser (sc. der Werglaube) merklich geschwächt worben6)." Zu verschiedenen Malen erkennt Basedow das Werk der Kirchen­ erneuerung an, das von den Reformatoren geleistet worden sei, aber in seinem Sinne doch nur einen, wenn auch bedeutenden, Anfang darstellt. „Sind wir wahre Protestanten, so müssen wir die Reformation eines Luthers oder Zwinglius, für den beträchtlichsten Anfang einer KirchenVerbesserung halten, deren Fortgang durch keine unprotestantische Grund­ sätze unserer Kirchen und Staaten gehindert werden muß")." Damit ist schon ausgesprochen, was aber auch noch eigens betont wird, daß auch die protestantischen Kirchen in der Lehre noch weiterer „Verbesserung" bedürfen6).8 * 10 Dies gilt zunächst von dem Zustand, auf den die Reformation zu ihrer Zeit, mit ihren Einsichten und Hilfsmitteln die kirchliche Lehre brachte. Die Reformatoren waren „sehr scharfsichtig, aber bey einem weit schwächern Lichte der Zeiten, als das gegenwärtige ist", konnten sie doch Irrtum und Wahrheit nicht ganz unterscheiden und jenen nicht vollständig beseitigen6). Ihre Absichten, völlige Gewissensfreiheit in religiösen Dingen zu gewähren, wurden durch die katholischen Regierungen vereitelt, die ihnen hierin nicht folgten6). Doch sie sind zu entschuldigen, da sie „es fast zum Sprichworte hatten, daß sie der Nachwelt die Fortsetzung der Reformation überlassen mußten16)." Eine neue Reformation ist also nicht nur keine Verneinung der alten des 16. Jahrhunderts, sondern im Gegenteil von der letzteren gefordert. In diesem Sinne schreibt Basedow die Worte nieder: „Es ist ein Grundsatz des Protestantismus, daß eine protestantische Kirche einer weiter gehenden Reformation bedürfen könne, als bisher durch den Aus­ gang aus dem Pabstthume wirklich erfolgt ist11)." Zum Beweise dieses Satzes beruft sich Basedow auf die Natur des Menschen, das Zeugnis der Reformatoren und berühmter Theologen11). Die erste Kirchenerneuerung ’) Meth. U. II (1764), XXII f. 8) Vgl. dazu die Bemerkungen der Rezension von Resewitz in A. D. B. 1,1 (1765) 37f.: „Sollte es aber itzt noch wohl jemand läugnen, daß unsere sonst höchst ver­ ehrungswürdige Reformatoren durch die Hitze des Streits fortgerissen, oder aus Mangel hinlänglicher exegetischer Einsicht manchmal der richtigen Bestimmung eines Lehr­ punktes verfehlt oder um der herrschenden Unwissenheit willen manchen fehlerhaften Kirchengebrauch stehen gelassen haben? Soll man denn auf gut päbstisch fest dabey beharren, wenn es die Zeiten erlauben, es nun besser zu machen? — Die Reforma­ toren würden gewiß große Augen machen, wenn sie ausstünden und manche ihrer Nachfolger über dem Verketzern redlicher Männer beträfen, welche doch ebenso, als sie, an der Reinigung des Glaubens der Christen arbeiten. Würden sie sich durch einen Eifer... geehrt finden, der für ein Jota stritte, das sie aus Noth haben stehen lassen müssen." Aus den ganzen Ausführungen geht hervor, daß solche Ideen schon weiter verbreitet waren. Vgl. Willmann, Gesch. d. Idealismus III, 359f. *) „Hauptprobe", Vorrede, 2 f. 10) A. a. 0.3, vgl. Meth. U. II (1764), XXV. u) „Hauptprobe", 68.



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sei von Wiklef und Huß vorbereitet, und von Luther, Zwingli und Kalvin gar nicht in der Absicht vollführt worden, „daß sie niemals fortgesetzt werden sollte"12). Es ist bei der Berufung auf die Reformatoren deutlich spürbar, daß Basedow bei aller Verneinung eines Teils der Lehre der Reformatoren doch die Hochachtung vor ihnen wahrt und ihren Geist aufruft, um damit die Lehrrevision der Aufklärung durchzuführen. Er spielt ihr Verhalten als Protestanten gegen den Protestantismus seiner Zeit aus, wenn er die einsichtsvollen Christen auffordert, sich durch „die Furcht vor dem sog. Priesterhasse" von der Paradoxie nicht abhalten zu lassen12). Die letztere sei kein Schandmal für den, der sie bekennt. „Luther und Zwingel waren anfangs paradox in der römischen Kirche, Arminius in der refor­ mierten12)." So muß auch der Weg zur neuen Reformation mit Paradoxie beginnen12). Diese Berufung auf den Geist der Reformatoren hat noch eine andere Bedeutung in der Beweisführung Basedows, nämlich die neue Kirchen­ verbesserung jenen schmackhaft zu machen, die vor so kühnen Plänen zurück­ schreckten. Er will dabei die in der Reformation verankerte Pietät gegen die Symbole überwinden und die in seinem Sinne seit 200 Jahren rück­ läufige Entwicklung der kirchlichen Verhältnisse wieder vorwärts treiben; Für Basedow gilt es, den Protestanten seiner Zeit zu zeigen, daß die Kirchenbehörden sich nicht auf die Autorität der Reformatoren berufen durften, wenn sie in Glaubensbüchern die evangelische Lehre formulierten. Basedow hat wie viele seiner Zeitgenossen nicht mehr die selbstver­ ständliche Voraussetzung, daß die Symbole der Schrift unterstellt seien. Mit ihnen dürften die Streitfragen unter den Christen desto weniger ent­ schieden werden, „je offner allen Christen der Zugang zu den Quellen der Untersuchung ist, ich meine zu den in der Bibel aufbehaltenen Aussprüchen der göttlichen Gesandten"12). Somit darf keine kirchliche Autorität und kein symbolisches Buch einem Protestanten die Auslegung der Heiligen Schrift vermitteln oder gar vorschreiben und auf diesem Wege ihm ein von den Reformatoren erkämpftes Recht verkürzen. Es ist klar, daß auch ein Katechismus für einen Mann nicht mehr zu Recht bestehen kann, der die Worte niederschreibt: „Ich bin ein Mit­ glied der protestantischen Kirche, deren Grundgesetz dieses ist, daß keine einzige Kirche, kein einziges symbolisches Buch, kein einziges Glaubens­ bekenntniß, worinnen, anstatt der biblischen Ausdrücke, andere gebraucht, oder aus den prophetischen und apostolischen Aussprüchen Folgerungen gemacht werden, unfehlbar sey, und ein so göttliches Ansehen habe, dem man ohne Übertretung der Christenpflicht in seinen Gedanken und Privat­ gesprächen nicht widersprechen dürfe12)." 12) „Hauptprobe", 184. 13) „Hauptprobe", 83 f. Vgl. von Teubern in Rezension der A.D. B. XI2 (1770), 78: „Die Kraft der kirchlichen Vocation hörte bey Luthern mit dem ersten Augen­ blicke seines Verspruchs gegen die römisch-katholische Kirche auf und wurde durch die menschliche und christliche ersetzt." 14) „Hauptprobe", 81 f. “) „Antihobb." (1767), 35. 1#) Meth. U. II (1764), IV. Das ganze Zitat ist daselbst hervorgehoben.

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Daß Protestantismus in der Auffassung Basedows mit einer Unter­ ordnung unter eine Lehrautorität und einer fixierten Schrifterklärung nach Symbolen nichts zu tun hat, ist aus den unmittelbar folgenden Worten herauszuhören: „Den Protestanten ist die Stimme einer jeden äußerlichen Kirche, ein jedes andre Buch außer der Heiligen Schrift, etwas Mensch­ liches, dessen Wahrheit man mit gutem Gewissen untersuchen, als zweifel­ haft ansehen, und ... wenigstens in seinen Gedanken verwerfen darf", wenn sie nämlich nach persönlicher Ansicht der Vernunft und Bibel widerftreitet17). Aus Treue gegen den echten Geist des Protestantismus be­ kämpft er nach seiner Meinung die Orthodoxie und ihr geschichtlich ge­ wordenes Recht, nach dem sie einen Lehrstuhl errichten will, der über „wahr" und „falsch" bei der Schriftauslegung entscheiden soll, statt dem Gnzelgewissen das Urteil darüber zu überlassen. „Wer uns diese Freyheit rauben ... will, der sucht uns wieder unter ein Joch79) zu zwingen, wovon unsre Vorfahren, und besonders der selige D. Luther, mit unsäglicher Arbeit und Gefahr sich und die spätesten Zeiten ihrer Nachkommen zu befreyen gesucht haben. Ein solcher würde uns Protestanten der aller­ fürchterlichste Ketzer seyn, dessen Unternehmen mit allen für die Wahrheit sich schickenden Waffen müßte bestritten toerben79)." Der Rationalismus fühlt sich in solchen Ausführungen als der echte Erbe des Protestantismus und charakterisiert die Vertreter der noch herr­ schenden fehlerhaften und intoleranten Orthodoxie als unechte Kinder, indem er sie als Ketzer nach der Terminologie des alten Rechts"), als intolerante und „verblendete Glaubensherrscher97)" in einem moderneren Sprachgebrauch geißelt. Ist es schon den Absichten der ersten Reformation zuwider, daß kirchliche Obrigkeiten lehrend und Glauben fordernd vor die Glieder der Kirche hintreten, dann widerspricht es erst recht den neueren und besser „erleuchteten"99) Zeiten. „Die geistlichen Facultäten und geist­ lichen Konsistorien", die nach dem Auftreten der Reformatoren „die fehler­ haften Rechte der alten Hierarchie mit den Landesregierungen" teilten99), sind die Urheber des Gewissenszwanges für viele Tausende rechtschaf­ fener Leute geworden99). Einen Klopstock, Wieland, Lavater fordert Basedow auf, gegen die „Brut" von „Ungeheuern" zu Feld zu ziehen, die da heißt „Glaubenszwang oder Bekenntnißzwang"99). Das pro­ testantische Recht, „ungestraft heimlich zu glauben, was das Gewissen lehrt, aber nicht ungestraft durch Zung und Feder die Meynung zu zeigen, die der Tugend nicht feind ist"99), bedeutet für ihn eine Gewissensfreiheit, die 17) Meth. U. II, IV. M) Vgl. „D. g. not. Weish." (1768), 172. “) Meth. U. II, IV. 20) Vgl. „Hauptprobe", 88: Daß das Elend im Gefolge der Heterodoxie „nach der Meinung gewisser Lutheraner ganz orthodox" sei, ist eine irrige Intoleranz. Solche Menschen machen sich der „Ketzerey in der neuern Bedeutung schuldig". 21) „Vermächtniß" (1774), 288, Fußn. Vgl. E.W. (Fritzsch) I, Vorrede XLIX, ferner I, 388. 22) Vgl. Meth. U. I, XXXVIII, „Vermächtnis' II (1774), VIII. 2a) „Antihobb.", 53 f. 24) „Das in Dessau err. Philanthr." (1774), XXf. 2°) A.a. O. XXI II.



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nur dem Namen nach besteht26). Den Höhepunkt solchen Zwanges sieht Basedow in dem Eid auf die symbolischen Bücher23). Unter der Maske der evangelischen Freiheit konnte es kommen, daß auch im Protestantismus durch die Paradoxie seit 200Jahren viele unglücklich wurden22); denn die Orthodoxie mache ihre Anhänger lieblos. Gäbe es keinen „Priesterhaß22), dann müßte sich nicht Basedow selbst wie ein Märtyrer seiner Überzeugung „nach dem Exempel Jesu und der Apostel" „aller Gefahr des freyen Be­ kenntnisses unterwerfen, in welcke die verblendeten Glaubensherrscher, oder die Rathgeber des Religionszwanges und der Verfolgung" ihn gegen alles Recht Jesu und gegen alle Vernunft stürzen wollten22). Dabei hänge die Besserung des Christentums von der Paradoxie wesentlich ob30). Welches ist aber die tiefere Wurzel dieses Zwangs, die auf dem ein­ zelnen Christen lastet, den die „in grösserer Ungewißheit folgsamern Zeiten" der „Ureltern" nicht gefühlt hatten32)? Von dem rationalistischen Stand­ punkt Basedows aus ist keine andere Antwort möglich als diejenige, die Rousseau schon gegeben hat: alles Übel kommt von der falschen Lehre, die man glauben muß und nicht glauben kann. Für das Glaubensbekenntnis ist einzig das Individuum zuständig; denn „keine Kirche ist unfehlbar32)." Nachdem Basedow einmal festgestellt hat, daß ein jedes Symbolum einer jeden Konfession offene Unwahrheiten enthält, ist es ihm eine Versündigung an der Vernunft, für ein Gemisch von Wahrheit und Lug33) den Glauben zu fordern. Das trifft auch von den besten Kirchen zu32), d. i. von den protestantischen. Im Zwiegespräch, das Basedow in der „Philalethie" den „Zweifler" und den „Christen" führen läßt, kommt diese ablehnende Haltung gegen­ über jeder Kirchenlehre zum Ausdruck. Der letztere lobt den ersteren, daß er ein Mann von „vieler Einsicht und Überlegung" sei, der „die Heilige Schrift selbst zu lesen und zu verstehen fähig und bemüht" sei33). Ein solcher Mann „bedarf keiner Kirchenlehre. Er wird oft nur verwirrt dadurch werden, wenn er die Dogmatiken verschiedener Kirchen lesen wollte, sie mögen einen gelehrten Namen führen, oder sich Catechismen und Kinder­ lehren nennen33)." Nach Rousseaus Vorgang führt Basedow den apriori­ schen Beweis, daß es keine Pflicht sei für einen Zweifler, unter den Kirchen die Wahrheit zu suchen; „da Gott ihn nicht zu der speculativischen Lebens­ art berufen hat, so wird er wegen Menge und Schwierigkeiten der Dog­ matiken oder Catechismen vor seinem Tode mit der Untersuchung nicht zu Ende kommen, da bey einem gewesenen Zweifler das Ansehen der jugend26) Vgl. „Hauptprobe" (1767), 47. „Das in Dessau err. Philanthr.", XXL 27) „Grundriß" (1764), 137. 28) „Hauptprobe", 82, vgl. 84. 2») „Vermächtniß", 288, Fußn. 30) „Grundriß", Vorrede, 6. S. 31) „Vermächtniß" II, VIII, „Schreiben an Johannes Turicensis" (Lavater„ vgl. Meusel, Lex. I, 1802, 192). 32) Philalethie I, 658. 33> „O. Vorschlag" (1767), 138f. 34) „Hauptprobe", 182. 35) Philalethie I, 640.



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lichen Instruction nicht mehr wirken lomt36)." Im Anschluß daran be­ kommt dieser den Rat, die Heilige Schrift, besonders das Neue Testament als die „von Gott gesandte Lehrerinn3')" zu betrachten. Dem christlichen Religionsunterricht aller Kirchen seiner Zeit macht Basedow den gleichen Vorwurf wie den Ungläubigen und Zweiflern, daß sie „unbemüht für Untersuchung und Wahrheit" ihren Weg gehen33). „Sonst würde die Erziehung in Rom, Wittenberg, Heidelberg und Moskow nicht in manchen für höchst wichtig gehaltnen Dingen die heftigsten Wider­ sprüche des Glaubens bey den Christen verschiedner Gegenden ver­ ewigen33)." Anderswo warnt Basedow unter deutlichem Hinweis auf die Unterscheidungslehren der einzelnen Konfessionen davor, „das Christen­ thum für einerley zu halten mit ausgebreiteten Auslegungs­ arten und Folgerungen aus dem Neuen Testamente. Denn auch Irrthümer werden ausgebreitet. Das Christenthum ist also nicht einerley mit der Lehre dieser oder jener von spätern Lehrern oder auf andre Art benahmten Christen, z. E. Catholiken, Lutheraner, Calvinianer33)." Basedow ist stolz darauf, im „Bermächtniß" „ganz etwas Anders" be­ wiesen zu haben, als „die Lehre einer von diesen Gemeinschaften33)." Es ist ein deutlicher Hinweis auf den empfangenen Katechismusunterricht und eine ebenso entschiedene Ablehnung des lutherischen Bekenntnisses, wenn er von sich feststellt, daß er nur allmählich „die in Gottes Namen einge­ prägten jugendlichen Borurtheile ablegen43)" kann. Ja, er bekennt, die „Hauptprobe" deshalb geschrieben zu haben, um zu verkündigen, daß er „eine nicht geringe Zahl protestantischen (sic!) Kirchenlehren für wichtige Misverständnisse des apostolischen Christenthums halte")." In dieser Linie liegt es auch, wenn Basedow unter den „Mißbräuchen der Kirche, welche durch ein Herkommen sehr heilig scheinen", auch den Gebrauch eines von der Obrigkeit bestimmten Katechismus auszählt43). Daß der Katechismus nach hergebrachter Auffassung nicht nur Unterrichts­ buch, sondern auch Lehrnorm sein und die Einheit des Bekenntnisses garantieren soll43), kann Basedow in Konsequenz seines Individualismus nicht begreifen. Er kennt zwar eine „Glaubenspflicht", aber nicht als Gehorsam gegen eine im Namen Gottes sprechende Autorität, sondern als „logikalische Grundregel", mit deren Anwendung ihm „sonst nur wahrscheinliche Er­ kenntnisse" gewiß werden44). Seine „Glaubenspflicht" ist weit entfernt von der sittlichen Forderung gleichen Namens, wie sie die traditionelle 3e) Philalethie I, 640f.; vgl. Emil IV, §342. 37) Philalethie I, 641. M) „Bermächtniß" II, IX. 30) „Bermächtniß", 288. 40) „Bermächtniß", 300. 41) „Hauptprobe", 11. 4Z) „Hauptprobe", 76. 43> S. o. unter Kapitel I. S. 31. Deutlich zeigt sich das auch in dem schon er­ wähnten Mandat von Hamburg gegen Bas. Vgl. „Hauptprobe" (1767), 140sf. 44) Meth. B. I (1771), 286f.; vgl. „Versuch" (1766), 28, Pract. Philos. II (1777), 265. Diese „Glaubenspflicht bildet ein gewisses Gegenstück zum Erfassen Gottes durch das Gefühl" bei R. Vgl. Emil IV, § 250.

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christliche Lehre aus der Schrift begtünbet46). Diese lehnt er ausdrücklich als töricht und unsittlich zugleich ab46). Da er auch die protestantische Lehre vor dem Gerichtshof seiner Vernunft als Entartung eines ursprünglich reinen Christentums erkennt, die von Menschen verschuldet ist, wird eine solche Einstellung verständlich. Aus dem gleichen Grunde predigt er wie Rousseau oftmals das Miß­ trauen gegen die Organe der Kirche und verteidigt das Recht und die Pflicht des Prüfens und des Zweifelns"). Den im kirchlichen Dienste stehenden Geistlichen spricht er offen die Eignung ab, die Erneuerung der christlichen Lehre herbeiführen zu können46), und ruft die Laien46) vor die Front. Er selbst fühlt als „geübterer Christ66)" und „nicht unter einem Consistorio stehender Gelehrter"64) die Aufgabe, die er auch den anderen Menschen in ähnlicher Lage vorhält, durch seinen „Vorschlag" „die Fassung des Lehrbegriffs und der Beweise für das Christenthum zu erleichtern" und durch seine Einsicht „vor den besorglichen Mißdeutungen in Sicher­ heit zu setzen"66). Nicht mehr die kirchlichen Theologen, sondern die Gelehrten haben für ihn die göttliche Sendung, „das Salz der Erden" zu sein66), und „die Erkenntniß der wahren Religion" zu befördern66). Sie können ihren Beruf nicht besser erfüllen als dadurch, daß sie „den in der Jugend genossenen Unterricht in den verständigenJahren sorgfältig" nachprüfen66). Wenn den Männern der Wissenschaft hier eine Art von Lehrautorität gegenüber der Gesamtheit der Christen zugesprochen ist, so wird dem ein­ zelnen, wenn er die Fähigkeit besitzt64), nicht die Arbeit der selbständigen Prüfung für seinen eigenen Bereich abgenommen. Vielmehr ist jeder, der nachdenken kann, verbunden, „die Wahrheit des Universal-Christenthums zu untersuchen, in dem Vorsatze, wenn ihm dadurch ein Licht auf­ gehen sollte, sich dessen neuen Untersuchungen von der Wahrheit, Falschheit oder Ungewißheit der specialen Kirchen-Lehren zu bedienen, so weit die streitigen Sätze sein Vertrauen oder seine Pflichten gegen Gott angehen sollten"66). Wenn er ehrlich sucht, darf er zweifeln und Gott wird ihm ,;sein Zweifeln zum Glauben anrechnen", der Zweifel darf einen solchen nicht beunruhigen66). Völlig verschreibt sich Basedow einem indivi­ dualistischen Eudämonismus, der von Philosophie so weit absteht wie von echter Religiosität, wenn er folgende Weisungen erteilt: „Mso gehört zu 45) Vgl. Marc 16, 16; Joh 3,18. 46) Meth. U. I, XII; Philalethie I, 403, 668. Pract. Philos. II, 351. Vgl. dazu den rationalistischen Glaubensbegriff Bas.s. Philalethie I, 319, 667f., Meth. B. I, 226 f., 261. 445 f. Pract. Philos. II, 265. 47) „O. Borschl.", 105. 48) Vgl. u. a. Philalethie I, 605, „Hauptprobe", 71. 4«) Vgl. u. a. Philalethie I, 606, 641, 644, „O. Vorschl.", IV. 60) „6. Borschl.", 125; vgl. Philalethie I, 658. «) Philalethie I, 659. 62) „O. Vorschl.", 125; vgl. Philalethie I, 658. M) Philalethie I, 291, 289; vgl. 607; vgl. „Hauptprobe", 81. 64) Vgl. Philalethie I, 283. «) Philalethie I, 604; vgl. 658. . Borschl." die Liturgie der lutherischen Kirche bezüglich Taufe und Abendmahl ab (a. a. O. 2—20). Die Zwiegespräche und Wechselgesänge „zwischen Lehrer und Gemeine" zeigen eine natürliche und intellektualische Tendenz und lassen nichts mehr übrig von der lutherischen Dogmatik betreffs dieser Sakramente. 165) Meth. B. 1,181; vgl. EW. (Fritzsch) I, 479 f., „Schlußanmerkung"; Meth. ‘ '"") Meth. B. I, 182 f.; vgl. „Vorstellung", § 68 («Red. 110).

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„nur nach der Worterkenntnis", ohne daß „der Begriff des Stehlens zu der Zeit... in seiner Seele fet)166).“ Der Lehrer und folglich der Katechismus, der nur das siebente Gebot in seiner abstrakten Formulierung dem Schüler als Sittenregel gibt, hat also dabei in vielen Fällen einen fruchtlosen Unterricht erteilt. Um dies zu vermeiden, müssen Lehrbuch wie Lehrer — nach Basedows didaktischem System zuerst das Lehrbuch für den Lehrer — mit der Sittenlehre auch die anschauliche Einkleidung betn Schüler geben und sie entweder durch wahre oder erdichtete Ge­ schichten oder durch Fabeln in den Seelen wirksam machen. Die letzte Art ist im Kinderunterricht nur mit Einschränkung zu tiettoenben157), ob­ gleich Basedow „die Regeln der Sittenlehre und Klugheit lieber durch Fabeln stärken, als durch lange Beweisgründe entkräften wollte158)." „Die kräftigsten Sittenlehren für die Jugend" sind „gesehene Beispiele und solche Erzählungen158)." Da aber unsere eigene Erfahrung „zu ein­ geschränkt" ist und oft zu spät kommt, muß sie auch durch Exempel der Geschichte ergänzt werden188). In Übereinstimmung mit Rousseau stellt Basedow die Geschichte ganz in den Dienst der Moral, sie muß der neuen Sittenlehre die Beispiele für die einzelnen Tugenden und Laster liefern181). Auch „wohlerklärte und wohlverstandene Sprichwörter sind für die Jugend und für den großen Haufen ein vortreffliches Mittel, nötige Weltkenntnis und Sittenlehre beizubringen und unvergeßlich zu machen188)." Damit soll eine Menge rein weltlicher Stoffe an die Stelle treten, an der vorher der durch die heilige Geschichte und durch die göttliche Ver­ kündigung religiös begründete Dekalog im Katechismus stand188). In die Didaktik Basedows fügen sich jene allerdings wegen ihrer Lebensnähe sehr gut ein. Diese anschauliche Darstellung kann auch noch in anderer Art Segen stiften, indem sie die sittliche Urteilskraft der Kinder schult. Den Wunsch, man möchte die Kleinen auch über „verschiedne Casualfragen von dem Vorzüge besserer vor den bloß guten Handlungen" aufklären „oder mehr Übung der Kinder mit der moralischen Wagschaale" einführen, findet Basedow „vortrefflich" und will sich daran „bey Ausgabe eines Hülfsbuches, unter dem Titel .Lehrreiche Ergötzungen für Kinder, die lesen können' vornehmlich erinnern188)." Auch passende Gelegenheiten lassen sich „zum moralischen Vortheile der Kinder anwenden"185). 157) Die Märchen will Bas. allmählich aus dem Jugendunterricht entfernen. Vgl. EW. I (2t. 1785), 480. Dagegen empfiehlt er, einige Teile der besten Romane zu verkürzen. Ebd. Fußn. (A. 1774). 168) Meth. B. I, 184. 159) EW. (Fritzsch) I, 479. 1W) Meth. B. 1 (1771), 178. m) Pinloche, Gesch., 230. Vgl. Meth. B. I, 178ff.; „Viertels. Nachrichten" ll/lll, 68 f. 162) EW. (Fritzsch) I, 450. 163) Schon die Wortzusammenstellungen: „Weltkenntnis und Sittenlehre", „Sittenlehren und Klugheitsregeln" (EW. 1,450) deuten an, daß die Moral Baf.s den Menschen und fein irdisches Wohlergehen in den Mittelpunkt rückt. Vgl. a. EW. I, 480 ff.: „Sehr allgemeine Tugendlehren." 164) „Viertels. Nachrichten" II/III (1771), 94. Meth. B. I, 475 f. 165) Vgl. „Anfang der Arbeit" (1769), 21.

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Um die Worterkenntnis zu überwinden"9), und zugleich aus rein erzieherischen Sftüdfidjtett167), wünscht Basedow unter den Kenntnissen, „die zur praktischen Sittenlehre gehören", das Gebiet der sexuellen Auf­ klärung nachdrücklich fceljcmbelt168). Neben manchen beachtenswerten Anregungen, die Basedow dabei gibt, redet er einer allzu frühen Belehrung das Wort, findet manchen Anhang, aber auch vielen Widerspruch unter seinen 3eitgeitoffeti169). Mit dem alten Brauch, nach dem man das Kind in Unwissenheit über die geschlechtlichen Vorgänge erhalten wollte, be­ kämpft hier Basedow die alten Katechismen, die alle dieses Gebiet mit einer gewissen Zurückhaltung behandeln"9). Sein praktischer Unterricht darüber erklärt mit einer rücksichtslosen Offenheit die physiologischen Borgättge170); dieser Unterricht fehlt von vornherein in jedem kirchlichen Kate­ chismus. Die mit dem Geschlechtlichen zusammenhängenden sittlichen For­ derungen tragen bei Basedow ebenfalls die rationalistische Tendenz, die letzten Begriffe zu verdeutlichen und besonders durch die schlimmen Folgen der bezüglichen Sünden vorbeugend zu txrirfen171). Auch in diese rein natürlich-moralische Ebene konnte kein Katechismus bei Erklärung der ein­ schlägigen Gebote des Dekalogs herabsteigen. Im Moralunterricht der Kinder hat überhaupt nach Basedow der Eudämonismus, der schon bei der sexuellen Aufklärung mitbestimmend ist, einen besonderen Pädagogischen Wert. „Die Sätze: ,Fürchte Gott!' oder »Befördre die allgemeine Vollkommenheit!' sind schlechter166) Vgl. Meth. U. I (1764), Xllf., „Anfang der Arbeit" (1769), 22 ff.; Melh. B. I (1771), 444; Chalotais, „Versuch" (Übers. Schlözer, 1771), XXXIIIff. Bas. kritisiert besonders, daß die Wörter „Ehebruch", „empfangen", „geboren", „Abstam­ mung" gebraucht werden, ohne daß die Kinder sie verstehen können. Die hier in Frage kommenden Stoffe und Begriffe finden sich in sämtlichen christlichen Hauptkatechis­ men, die ja alle das apostolische Glaubensbekenntnis und den Dekalog enthalten. 167) Vgl. EW. (Fritzsch) I, 127 f.; vgl. Meth. B. I, 75f. 168) Pinloche, Gesch., 234 ff. 169) Vgl. EW. (Fritzsch) I, 128 f., Fußn. 47; Chalotais, „Versuch", XXXIIIff., 255 ff. 17°) Vgl. EW. (Fritzsch) I, 128ff.: „Vom Ursprünge des menschlichen Lebens durch den Geschlechtstrieb" I, 202 f.: „Von der Familie und Verwandtschaft". Noch deutlicher als hier ließ sich Bas. über diesen Gegenstand im Vorläufer des EW.s, im Elementarbuch von 1770, aus (vgl. EW., Fritzsch I, XXV, XXIX), gegen das sich hauptsächlich die Kritik wandte. Schlözer konnte ihm deswegen nicht ohne Grund den Vorwurf machen, daß er das große „Bacuum", das durch den Ausfall religiöser Stoffe entstanden sei, bei 10jährigen Kindern „mit der Lehre von dem animalischen Zeu­ gungsgeschäfte" ausfülle und „tapfer auf diejenigen" schimpfe, „die ihm darin nicht recht geben" („Viertels. Nachrichten" II/III, 1771,24; vgl. Chalotais, „Versuch", Übers. Schlözer, XXIVf., 255ff.). An letzterer Stelle sind auch die entsprechenden Be­ lehrungen Bas.s aus seinen Werken zusammengestellt, von denen die Unterweisung eines Knaben über das Wort „Wallach" durch einen Kutscher wohl die abgeschmackteste ist. Auch Brechter (Anmerkungen über das Bas.sche EW., 1772,13 ff., 73 ff., 142 ff.; Kritik der Aufklärung über das Wort „Wallache" 150ff.) geht in mehr fachlicher Weife mit Bas. ins Gericht. Vgl. Thalhofer F. $., „Die sexuelle Pädagogik bei den Philan­ thropen", Kempten 1907. 171) Vgl. EW. I, 531 ff., besonders 533; vgl. Meth. B. I (1771), 79 f. Hier schägt Bas. u. a. vor, mit Knaben von ungefähr 15 Jahren ein „Lazareth" für. Geschlechts­ kranke zu besuchen.

256 dings nicht die wahren Elemente der Sittenlehre... Mein der Satz: '»Suche dein Vergnügen oder deine Glückseligkeit mit aller dir möglichen Sorgfalt, damit du sie wirklich findest!', dieser hat seinen Beweis unmittelbar in der natürlichen und allgemeinen Selbst­ liebe : und sobald er verstanden wird, bedarf er keines Beweises. Man darf ihn nicht einmal lehren; sondern man kann sich gleich anfangs auf seine Wahrheit berufen472)." Weil diese und andere menschliche Motive bei den „alethinischen Kindern" bereits zugkräftig genug sind, braucht die Religion bei ihnen „nur in sehr wichtigen Fällen ... zum Bewegungsgrunde" des sittlichen Verhaltens gemacht zu toerben173). Nach diesen Regeln ist auch „die Sittenlehre" des Elementarwerks eingerichtet. Erdichtete Geschichten in „geschmackloser 2lrt"474), mit einer aufdringlichen Moral, die immer am Schlüsse noch eigens ausgezogen ist und sich schon in der Stilistik ausspricht473), die eine flache Nützlichkeits­ ethik und Weltklugheit in der Belohnung des Guten und den schädlichen Folgen der Kinderfehler predigt, sollen die Kleinen in lustvoller Unter­ haltung zu guten Menschen heranbilden473). Auch die Poesie und den Gesang will Basedow in den Dienst seines angenehmen Religions- und Moralunterrichts stellen. Schon 1767 tritt er mit der Meinung hervor, daß das Lehrbuch des „Universalchristenthums" „in gebundener Schreibart so abgefaßt seyn" müsse, „daß es in Schulen gesungen werden kann477)", und gibt in den zehn Lehrgesängen des „Vorschlages" das Muster dazu473). Auch wünscht er im gleichen Jahr ein gutes Gesangbuch nach dem neuen Lehrbegriff und verspricht sich davon, daß es „in der häuslichen oder kirchlichen Erbauung durch die Abwechselung mit dem Singen die Kraft der Lehren und Erinnerungen" befördere473). Bon der Abfassung in Reimen verspricht sich Basedow auch eine Erleich­ terung des Memorierens473). Dieser Forderung entsprechend sind auch in den religiösen Teil des Elementarwerks eine Reihe von Liedern aufgenommen473), was Basedow noch eigens in folgenden Sätzen begründet: „In Methinien verschafft man m) Meth. B. I, 174. Dies war wohl auch der Grund, warum die Sittenlehre schon so früh gelehrt werden kann. 173) EW. I, 56. 174) So Fritzsch in EW. 1,451, Fußn. 17*) Siehe die Namen der dargestellten Personen: „Monsieur Neidherz", „Junker Selbstfeind", „Miß Sonderbar", „David Naschmann", „Jobst Ungestüm" u. a. EW. I, 452 ff. 17*) Zum angenehmen Moralunterricht sollen auch die „lehrreichsten theatrali­ schen Stücke und Romane" herangezogen werden. Vgl. EW. I, 480, Fußn. 5. 177) „Antihobb.", 36. 175) Vgl. „£>. Vorschl." XIV, „Anfang der Arbeit", 4. S., „An d. Preuß. Akademie d. Wissenschaften". 179) EW. I, 394—422, darunter: „Die ganze natürliche Religionslehre in Ge­ sängen", 414—422; ferner in Reime gefaßte „Lehrenin Erzählungen", 460—476. Die Dichtungen stammen teilweise von Bas. selbst, teils sind es Umdichtungen bekannter Kirchenlieder, teils Strophen von Geliert, Gebhardt, I. Herrmann, Rinkart u. a. So Fritzsch in EW. I, 399, Fußn. In den „Dichtungen" Bas.s finden sich „neben besser Gelungenem... oft geradezu widrige Nüchternheiten und Geschmacklosigkeiten" (vgl. EW. I, 415, Anm., Urteil von H. Lorenz).

— 257 der Jugend aller Stände früh genug die angenehme und nützliche Übung, Religionslieder nach Noten zu fingen. Ich sage Religionslieder; wozu auch alle diejenigen gehören, deren Hauptzweck nicht das Vergnügen ist, sondern die ernsthafte Sittenlehre48#)." Doch Basedow ist nicht nur „Kinderfreund" und will den Kleinen und der Jugend die kurzen „Frühlingsjahre181)" verschönen, er ist auch in seiner Art ein wahrer Freund des Menschen und der Menschheit. Er denkt schon bei seinen Erziehungsplänen als ein rechter Pädagog an die Zukunft des Zöglings und setzt sich das Ziel, „die Kinder zu einem gemeinnützigen, patriotischen und glückseligen Leben tioi8u6ereitenm)." Basedow sieht, wie Rousseau, auch Schäden in der Gesellschaft seines Landes. Gleich ihm setzt er seine Hoffnung auf die Erziehung und glaubt, daß sie fähig sei, die Erneuerung der Menschheit herbeizuführen488). Aber er hat nicht die Absicht, die neue und bessere Menschheit auf den Trümmern der alten sozialen Bindungen erstehen zu lassen, sondern hält die bestehende ständische Gliederung des Volkes für eine brauchbare Basis seiner Pläne. Er will durch Erziehung und Schule die Menschen 6e|fem183), die unter der be­ stehenden Staatsverfassuntz leben, und sie fähig machen, ihren Standesund Volksgenossen „gemeinnütziger" zu werden und damit ihr eigenes Glück und das des Staates zugleich zu begtünben184). Ws Reformator der Schule spricht er nicht mehr wie früher als Er­ neuerer des Christentums nur zu den „Christen", sondern auch zu den „Patrioten" und „Menschenfreunden"488) und schließlich sogar zu den „Kosmopoliten"488) und beansprucht alle diese Anreden auch für sich, ohne sich selbst zu widersprechen, weil er seine eigene Auffassung von diesen Be­ griffen mitbringt. Sein ganzer Plan von 1768 ist selbst das Vorbild des Prinzips der Gemeinnützigkeit und Philanthropie, das er als die Haupt­ sache der Religion predigt484). Mit ihm mißt er von da an nicht nur die Menschen, sondern auch die Schulkenntnisse. 18°) EW. (Fritzsch) I, 399, Fußn. m) „Das in Dessau err. Philanthr." (1774), X; bei Pinloche, Gesch., 74. 182) Meth. B. I (1771), 30; vgl. „Pädag. Unters).", 2. St. (1777), 139f.: „Was heißt das künftige Leben eines Menschen gemeinnützig zu machen suchen anders? als sein Leben auch für jede bürgerliche Verfassung brauchbar machen... Alle diese Begriffe (sc. unschädlich, gemeinnützig und zufrieden...) folgen aus einander so natürlich, liegen so nahe und sind so faßlich". 183) Vgl. Baur, Charakteristik (1790), 27. Bas., „Kleines Buch für Eltern und Lehrer" (1771), 10 f. “*) Vgl. Papmeyer, Der Philantropismus, 46. Die Auffassung Bas.s (und im wesentlichen auch der anderen PHUanthropisten) vom Staate ist die naturrechtliche, etwa Spinozas oder namentlich Lockes, die im Staate „nichts anderes als eine aus den ein­ zelnen Menschen als sozialen Atomen mechanisch zusammengesetzte Summe" sehen(ebd.). 18°) Vgl. EW. (Fritzsch) I, 49. Es zeigt sich diese Erweiterung des Lebenspro­ gramms int Titel der „Vorstellung", die ja „an Menschenfreunde" gerichtet ist. 18e) Vgl. Titel der Schrift: „Für Cosmopoliten, etwas zu lesen, zu denken und zu thun" (1774), ferner Pinloche, Gesch., 95, 98; Loos, Encyclop. Handbuch der Er­ ziehungskunde I (1911), 95. 18’) „Das Nöthigste" (1768), 46: „Ist nicht die Hauptsache der Religion eine auf Gehorsam gegen Gott gegründete Bruderliebe, das ist eine stets wirksame Neigung, auf alle mögliche Art gemeinnützig zu seyn?" Schmitt, Der Kampf um den Katechismus.

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In der Durchführung dieses Prinzips gibt Basedow seine pädagogi­ schen Weisungen mit dem ständigen Blick auf das Leben, in dem der Zög­ ling einmal seinen Platz in der Gesellschaft einnehmen wird. Derselbe Grundsatz ist auch die Voraussetzung seiner Forderung, daß die Schulhoheit in die Hand des Staates übergehen soll. Bon dem einen und dem anderen Standpunkt aus durchkreuzen die alten christlichen Katechismen seine Reformpläne. Seine praktischen Schriften, besonders das „Elementar­ werk", zeigen deutlich, wie weit jene auch hier von seinem Ideal ent­ fernt sind. Jene alten konfessionellen Religionsbücher können dem neuen Zeit­ geist nicht mehr als „gemeinnützig" gelten. Wie die Schulen, in denen sie gelehrt werden, haben sie die Verbindung mit der Natur und mit dem Leben verloren und machen den Menschen nicht „fröhlich in der Kind­ heit ..., zufrieden und nützlich als Mann"199). Sie verkünden eine Religion und Moral, die nicht mehr alle Menschen anerkennen199), und vernach­ lässigen bei den vielen Subtilitäten die wahre moralische Religion199). In der letzten Hinsicht sind sie nicht mehr nützlich in der Kultur des EinzeltoefenS191), in der ersten nicht mehr brauchbar für alle in der Gemeinschaft. Die neue Verurteilung trifft wieder die nämliche kirchliche Dogmatik, die Basedow schon als nicht sinnvoll, nicht verständlich, nicht kindertümlich, nicht methodisch geordnet, nicht freudebringend, als den Schrecken der Kinder, kurz als alles das gekennzeichnet hat, was eine religiöse Lehre, vom Unter­ richtsvorgang aus betrachtet, nicht sein soll. Zu dieser unmittelbaren pädagogischen Verurteilung des Katechismusinhalts kommt noch eine neue hinzu, die mittelbare, wegen der Unbrauchbarkeit desselben für das Leben selbst. Darum trifft es im vollen Ausmaße auf den kirchlichen Katechismus zu, wenn er klagt: „Die im ganzen Leben und in allen Ständen gemein­ nützige Erkenntniß wird in solchen Büchern ordentlicher Weise zu sehr vernachläßigt und zum Schaden des Verstandes und des Willens die un­ nützere Worterkenntniß auf solche Art befördert, welche ohne Un­ lust und Zwangsmittel nicht möglich ist und die Seelen der Menschen im ganzen Leben erniedrigt199)." Was hier vom neuen Religionsbuch gefordert ist, kann der alte Kate­ chismus nicht mehr geben. Die religiöse Lehre muß nicht nur stufenweise mit dem Wter, sondern auch mit betn höheren Stande voranschreiten. Basedow hat die Gemeinnützigkeit nach dieser Richtung in seine „elemen­ tarische Ordnung" aufgenommen und demgemäß es auch nur für möglich gehalten, einen „geordneten Vorrath193)" der „durchgängig gemeinnützigen Erkenntnisse aller gesitteten Stände in seine Encyclopädie zu bringen194)", und deshalb auch das „Elementarwerk" nur für diese Stände bestimmt. 188) m) leo) m) m) 1M) IM)

Vgl. Pinloche, Ge sch., 75. Vgl. „Hauptprobe", 52. Vgl. „Viertels. Nachrichten" II/III (1771), 39, vgl. 35f. Vgl. Pinloche, Gesch., 56. „Das Nöthigste" (1768), 17; vgl. Meth. B. I (1771), 6; Pinloche, Gesch., 166. EW. Titel (nach Fritzsch) I, XXIX. Meth. B. l (1771), 453.

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Folgerichtig muß sich in der „methodischen Schulbibliothek"196) Base­ dows die Mstufung nach unten und nach oben gemäß der Gliederung des 2?olIe§196) und „den Graden des anwachsenden Verstandes196)" fortsetzen. Basedow hat zwar im entstehenden „Elementarwerk" die Absicht, „allen Menschen möglicherweise zu bienen196)." Aber er betont ausdrücklich, „daß die Kinder des gemeinen Haufens nur mittelbar, die Kinder der Bürger und des Adels aber alsobald unmittelbar Nutzen davon haben werden"196). Er stellt sich die Aufgabe nicht zu schwer vor, aus dem für die gesitteten Stände berechneten Werk ein „Elementarbuch für den gemeinen Mann"196) zu verfertigen. „Man kann die Erkenntnisse, welche nur für die feineren Stände gemeinnützig sind, auslasten; ... man kann die Zahl der Kupfer verzehnteln und in Holzschnitte verwandeln191)." In ähnlicher Weise verlangt Basedow eine Absonderung der Kenntnisse, die „nicht eben allen Personen der gesitteten Stände, sondern nur allen Studierenden196) ge­ meinnützig" sind199). Bei den bisherigen Verhältnissen an den höheren Schulen hat man gegen alle Bedürfnisse der Zeit und des künftigen Berufes „eine erstaun­ liche Menge ekelhafter Berbalkenntnis ohne Realität" betrieben200). Unter diesen wird auch als nicht dem Stande eines künftigen Tischlers oder Maurers angemessen der lateinische Katechismus aufgezählt, den man eben mangels einer für diese „gemeinnützigen" Schule und einer „ordent­ lichen Folge von nützlichen Schulbüchern200)" verwenden mußte. Dort, wo Basedow den Entwurf des „vollkommensten Lehrbuchs des Christenthums für die Ungelehrten" auf Grund seines „Vorschlags" dem Publikum vorlegt201), unterscheidet er speziell für den Religionsunterricht drei Ausgaben, die sich konzentrisch erweitern: die kleinste stellt einen „Catechismus für die Jugend" dar. Er besteht aus Lehrgesängen mit Er­ läuterungen und soll wieder für einen ersten und zweiten Unterricht ent­ sprechend dem fortschreitenden Alter die Grundlage bieten202). Eine mittlere Ausgabe enthält das Glaubensbekenntnis der Vorsteher und soll „zugleich eine zusammenhängende Erinnerung aller Heils-Wahrheiten, 196) „Anfang der Arbeit" (1769), 2 f., 3. S. „An d. Kgl. Preuß. Akademie d. Wissenschaften", vgl. „Vorstellung" § 23 (40, 3. Forderg.). 18g) „Anfang der Arbeit" (1769), 5. Die Worte sind mit Bezug aus das Elementar­ buch als den Vorläufer des EW.s gesprochen. 197) „Anfang der Arbeit", 6. 198) Die Jugend der gesitteten Stände wird vor dem 15. Jahre zusammen unter­ richtet. Dann erst beginnt in den Gelehrtenschulen der eigene Unterricht für diejenigen, die dem Studium sich widmen. Vgl. Meth. B. (1773) in: ®bring, I. B. Bas.s Aus­ gewählte Schriften, 223. “*) Meth. B. l (1771), 447. Daß sich die „elementarische Ordnung" auf Grund der Altersstufe und die von der „Gemeinnützigkeit" geforderte einander berühren, kommt in der Zusammenstellung zum Ausdruck, die Bas. gebraucht: „für die gemeine Jugend und das gemeine Volk" („£>. Vorschl.", 125, XIII), „für die Jugend und für den großen Haufen", EW. (Fritzsch) I, 450 u. a. 2°°) „Vorstellung", §23 (Recl., 39); vgl. § 24 (Steel., 42). M1) „O. Vorschl." (1767), IXff. Im Jahre 1764 überließ Bas. die Absonderung der Pflichten der einzelnen Stände aus dem „vollständigen Lehrbuch der Religion" noch dem Lehrer. S. Meth. U. I (1764), LIII. m) „O. Vorschl.", XIV; vgl. XII f.

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sowol in der Kirche, als im Hause" möglich machen203); sie ist zugleich für den „gemeinen Haufen" berechnet333). Eine dritte, die „theureste" Aus­ gabe, ist für die „gesitteten Stände" bestimmt, sie ist zugleich das beste Mittel, „Zweifler, Atheisten, Heiden, Türken, Juden, Naturalisten und Irrgläubige zur Wahrheit zu führen"333). Sie ist in ihren Beweisen am gründlichsten. Was Basedow in dieser stufenmäßigen Gliederung nach Mer und Stand (Bildungsgrad) von einem Religionsbuch fordert, ist zu seiner Zeit bei den christlichen Konfessionen nicht mehr ganz neu336), aber in der Praxis des Religionsunterrichts doch nur in sehr bescheidenen Anfängen durch­ geführt. Erst die eindringliche Verkündigung des Prinzips der „elemen­ taren Ordnung" und „Gemeinnützigkeit" durch Basedows Erziehungs­ theorie konnte der Idee der Wstufung der Religionsbücher zum Durch­ bruch verhelfen, mußte aber auch den Gedanken wenigstens einer Reform der alten Katechismen selbst in die kirchlich gesinnten Kreise hineintragen und auch bei ihnen die Meinung langsam erschüttern, als wären jene unberührbar wie die Heilige Schrift. Die „Gemeinnützigkeit" verlangt Neugliederung des religiösen Stoffes und Absonderung des Unbrauchbaren, aber auch Aufnahme von Ma­ terien33'), die in den Katechismen einen unbedeutenden oder keinen Platz hatten333). Dahin gehört der Unterricht über die bürgerlichen Pflich­ ten333). Der traditionelle Unterricht ist nicht mehr vollständig genug333). „Die Kirchen mögen so rechtgläubig seyn, als sie wollen, so wirken sie dennoch... nicht genug bürgerliche Erleuchtung und Tugend333)." Es sei deswegen nicht verwunderlich, daß der Patriotismus in allen Ständen erstorben sei. Die Staaten müßten sich selbst heilen und könnten das nur durch Um­ gestaltung der Schulen und Bücher einschließlich der auf die Religion 203) „S. Vorschl.", XIV. 2#4) „O. Vorschl.", XIII. 306) ,.O. Vorschl.", XIV; vgl. XIII. 2°6) Der große Kat. Luthers ist für die Pfarrer als Erklärung des Kleinen bestimmt. Der kleine Kat. Luthers trägt in seinem Titel den Zusatz: „für die gemeine Pfarrherr und Prediger", dient aber der Belehrung der Kinder und Erwachsenen durch den Pfarrer und Hausvater. Vgl. Meyer, Hist. Kat., 18 ff. Von dem „allzu breiten und theologischen" Hdb. Kat., der an Umfang das Dreifache des Enchiridions (s. Rein, Enc. Handbuch IV, 798) erreicht, wurde bald den Kindern ein Auszug hergestellt, der später die Bezeichnung „Kleiner Heidelberger Katechismus" erhielt. Die Fragen für „Vorgerücktere" und die für „Unmündige" wurden nochmals voneinander getrennt und die Fragestücke für die Erstkommunikanten ausgeschieden. Vgl. „Die Religion" II, 1693, Art. „Heidelberger Kat." von Bauer; vgl. ebb. III, 656, Art. „Kat." von demselben. Bei den Katholiken nahm die Dreigliederung des Kat. von Canisius zwar auf den Bildungsgrad, doch nicht auf das fortschreitende Alter Rücksicht. Die ersten „systematisch-stufenweise gearbeiteten Katechismen sind von Fr. A. Pouget 1702 ausgearbeitet und ediert worden" (deutsche Übersetzung von I. Th. Bey). S. Thal­ hofer, Entwicklung, 71 f., 72, Fußn. 2, 3. “7) Vgl. „O. Vorschl.", 125. 208) Vgl. „Pädag. Unterh.", 2. St. (1777), 139 f. 209) Vgl. Meth. U. I, UI. ‘ 21°) Meth. B. I (1771), 404; vgl. 394, „Vorstellung", § 10.

- 261 — bezüglichen. Die letzte Feststellung macht Basedow nicht ausdrücklich, sie liegt aber in der Linie seiner Gedanken. Schon 1764 verlangt er im Zusammenhang mit der Reform der Religionsbücher eine eigene Belehrung über die Landesgesetze211). Neben der elementaren Rechtsbelehrung gehört die Pflege des Patriotismus über­ haupt bei ihm „ganz notwendig zum Religionsunterricht"212). Dieser Patriotismus will aber nicht einen besonderen Volkscharakter einprägen213) oder zugleich „den höheren Begriff der Nation über die einzelnen Staaten hinaus" entwickeln212), er erstrebt im wesentlichen ein legales bürgerliches Verhalten als Untertan eines deutschen Territorialstaates212). Wenn Basedow von der Tugend des Patriotismus als Pflicht der Dankbarkeit redet, so tut er es, indem er zugleich an die Vernunft und Selbstliebe appelliert. „Der Staat, durch welchen du Sicherheit genießest, ist dein Vaterland2")." Die Liebe zu ihm besteht „in einer herzlichen Neigung, demjenigen, der uns das Bürgerrecht gegeben", dem wir den ruhigen Besitz der höchsten Güter verdanken, „gemeinnützig zu handeln", alle öffent­ lichen Lasten zu tragen und „die Unruhe und Revolution in demselben zu verhüten212)." Wer die Liebe zum eigenen Land darf nicht zur Verachtung der anderen ausarten. Um nicht falsch verstanden zu werden, erklärt Basedow noch bestimmter, daß Patriotismus nicht beruht „in einer thörichten und streitsüchtigen Parteylichkeit für den Staat, worinnen man gebohren ist217).“ Die Bürger, welche die Schule Basedows erziehen will, sollen Patrioten des „menschlichen Geschlechts und des Vaterlandes" zu­ gleich sein212). Anderswo hat dieses humanitäre Erziehungsideal, das die Brücke bildet zwischen diesem engeren und weiter gefaßten Patriotismus, einer der Philanthropisten für alle und auch für Basedow formuliert, wenn er offen ausspricht, sie alle wollten ihre Zöglinge „nicht bloß zu Menschen, sondern zuerst zu Menschen und alsdann zu Bürgern unserer Welt erziehen212)." In dieser Gedankenrichtung, die freilich sehr zeitbedingt, aber ebenso einflußreich ist, muß von selbst das alte transzendente Erm) Vgl. Philalethie I, 325; vgl. Meth. B. I (1771), 305f. „Das Nöthigste" 39. 21s) Beßler, „Unterricht", 18; vgl. Meth. U. I (1764), 140 f. m) Vgl. Schwach, Pädag. Lex. I, 300, Art. „Aufklärung" v. Kabitz. Die Fest­ stellung gilt mit ganz wenig Ausnahmen von allen Philanthropisten. 2U) Weil, „Der Gedanke der Nationalerziehung", 20 f. Hier ist unter Berück­ sichtigung der verschiedenen Lage Deutschlands und Frankreichs das Verhältnis von Bas. zu la Chalotais gewürdigt. Auch Bas. gebraucht das Wort national, wenn er von den Gelehrten als dem „Nationalsalz" spricht. 2“) EW. (Fritzsch) I, 534 u. Fußn. “•) Meth. B. I (1771), 406; vgl. EW. (Fritzsch) 1,634 ff. „Von den Pflichten gegen das Vaterland", 525 ff. „Bon den Gesetzen zur öffentlichen Sicherheit", 625 ff. 2l7) Meth. B. I, 404 s. m) Vgl. Meth. B. I, 404. In „Pädag. Unterh.", 2. St. (1777), 138 (vgl. 156) stellt S. (wohl Salzmann) für alle Philanthropisten fest: Unser Zweck ist „aus jedem unserer Zöglinge mehr einen Europäer als einen Schwaben, Oesterreicher oder Sachsen zu bilden, oder — welches die Sache noch besser ausdrückt — unser Zweck ist, Menschen zu bilden, deren Leben so unschädlich, so gemeinnützig und zufrieden als möglich sey". Vgl. Papmeyer, Der Philanthropismus, 46 ff. m) „Pädag. Unterh"., 2. St. (1777), 139.



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ziehungsideal zu einem Schema entarten220). Für sie hängt der Mangel an Glück im Leben des einzelnen und zugleich seine soziale Unbrauchbar!eit218) damit zusammen, daß man ihn bisher viel zu wenig zu dem ge­ bildet hat, .was er zu allererst sein sollte: nämlich zum Menschen und Bürger dieser @rbe2.10). Das ist auch der entscheidende Faktor, der seinerzeit zu einem vollen Umsturz des Schulwesens drängt220). In Basedow steht gewissermaßen eine neue Kultur, die sich vom Übernatürlichen abkehrt und draußen im Leben bereits Anerkennung verschafft hat, vor den Toren der Schulen und fordert Einlaß, indem sie unter dem Grundsatz der Gemeinnützigkeit „das Recht der lebendigen Gegenwart" gegen „Autorität und Tradition" aus­ ruft22^). Basedow nimmt nach 1768 das Wort „Katechismus" nicht mehr gern in den Mund und begründet es selber mit leiser Erinnerung an üble Er­ fahrungen : „Denn memorirte Katechismen darf ich nur sanft berühren222)." Trotzdem trifft seine große Klage über die „Disproportion des Studien­ wesens und der zufälligen Einsicht" des Jahrhunderts220) neben der Grammatik mit gleicher Schwere auch den Katechismus; beide sind für ihn die großen Feinde des Menschengeschlechtes222). Das Besteigen von „Olymp und Sinai" ist ein gleich nutzloses Geschäft220), wenn man den neuen „gemeinnützigen" Menschen betrachtet, den er erziehen will. Darum hat das alte Religionsbuch im Programme Basedows an sich keinen Platz mehr. Aber auch das neue, das die Erbschaft antritt, muß sich mit einer viel geringeren Stellung im Lehrplane begnügen. Wie im alten Katechismus, so fehlen auch in der Schule, die er beherrscht22'), sehr viele und „nützliche Kenntnisse"222). „Die spätere Nachwelt", so meint Basedow, „wird sich wundern, daß das 1769fte Jahr... keine methodische Schulbibliothek hatte", welche die „Unvollkommenheit des jugendlichen Unterrichts" hätte überwinden können. So dringt auch unter dem Titel der „Gemeinnützigkeit" der weltliche Lehrstoff nicht nur in das Religionsbuch ein, sondern erlangt durch die Aufnahme der rein weltlichen Fächer ein bedeutendes Übergewicht in der Schule220). Die Kluft zwischen dem neuen Programm und der Tradition wird deutlich sichtbar, wenn man aus dem vierten und fünften Buch des „Elementarwerkes" die wenigen religiösen Körner aussucht und sie der übrigen Schulbibliothek gegen­ überstellt220). 22°) Vgl. Papmeyer, Der Philanthropismus, 53. 221) Vgl. Meth. B. I, 402 ff. „Das Nöthigste" (1768), 14, 30; „Vorstellung", §10.

222) Papmeyer, a. a. 0.53. 223) „Das in Dessau en. Philanthr." (1774), XIII. 224) „Vorstellung", § 23. 226) Vgl. Paulsen-Lehmann, Gesch. des gelehrten Unterrichts II, 54. 226) R. Schumann in: Reh, Grundlagen, 19, Fußn. 227) Dies gilt von den niederen Schulen in noch stärkerem Maße als von den höheren. 225) Vgl. Pinloche, Gesch., 225 ff. 22e) Vgl. „Hausordnung und Studienplan des Philanthropinums in Dessau" bei Pinloche, Gesch., 465 ff. In EW. gelten 2 Bücher von den 9 Büchern der Religion bzw. Moral.

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So führt die pädagogische Theorie Basedows von verschiedenen Seiten aus immer wieder zum gleichen Ergebnis: der entschiedenen Ablehnung des alten Katechismus. Diesen prinzipiellen Standpunkt änderte auch die „Vorstellung" nicht, in der er die neutrale und öffentliche Schule zum Träger der neuen Erziehung machte233) und seine Schulpolitik auf das Prinzip der Gemeinnützigkeit aufbaute. Basedow hätte alle schon er­ wähnten Gründe gegen den Katechismus ins Feld führen können, auch wenn er nicht auf dem Wege der Schulreform den glücklichen Menschen und brauchbaren Bürger hätte heranbilden wollen; weil er dieses Mittel wählte, kam er in neue Konflikte mit dem konfessionellen Katechismus. Die Form, in der er hier den Grundsatz der Gemeinnützigkeit an­ wendet, ist die umfassendste 231). Als Unterrichtsstoffe sind nur solche brauch­ bar, die den von Basedow so oft gerühmten Vorzug haben, „den Grund­ sätzen keiner einzigen christlichen Kirche" zu widersprechen232), ja auch für die Kinder der Juden und Muhammedaner233), der „Zweifler und Na­ turalisten»^^)" und andere nichts Anstößiges enthalten. Der allgemein christliche Standpunkt ist für den Schulpolitiker Basedow durch den allge­ mein menschlichen ersetzt. Das bringt die „moralischen und dennoch unkirch­ lichen Verbesserungen der Erziehung und ) A. a. O. II, 886. Vgl. „Erläuterter Kat.". „1. Gibt es eine natürliche Religion? Es giebt eine natürliche Religion. Was nennet man eine natürliche Religion? So nennet man die Erkenntniß Gottes und der ihm schuldigen Pflichten durch den bloßen Gebrauch der Vernunft bey Betrachtung der Natur, d. i., natürlicher Dinge." Die besonders anstößige erste Frage und Antwort wurde im großen Kat. (1780) fallen gelassen, dagegen findet sich in der „Einleitung" (VII) mit etwas vorsichtigerer Formulierung die Definition: „Die Erkenntniß von Gott und von verschiedenen Pflichten gegen denselben, welche man bloß durch die Vernunft bei aufmerksamer Betrachtung der Natur, oder der erschaffenen Dinge erlangen könnte, heißt man die natürliche Religion." Die Verwandtschaft ist jedoch unverkennbar. Auch die ratio­ nalistisch gefärbte Betonung der Vernunfteinsicht in religiösen Dingen in der Vor­ rede zum „Erläuterten Kat." findet sich nicht mehr in Oe. (1780), die Vorrede ist hier überhaupt weggelassen. — De = Der große Kat. (1780). eo) Merkur v. Ung. 1787, II, 886; vgl. 948f. (Votum Comm.). 81) A. a. O. II, 926 (Erzb. von Kalocsa). ") A. a. O. II, 875 (Gen.-Vik. von Gran); vgl. 916, 922 (SB. v. Neutra».

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geoffenbarten in christlichen Ländern seyn oder bestehen sönne83)." Dann bleibt aber immer noch übrig, daß der Katechismus in der genannten Boranstellung der natürlichen Religion eine im Rationalismus der Zeit liegende Forderung erfüllt, die in Verbindung mit der sonst hervortreten­ den Wertschätzung der Vernunft86) den Vorrang der übernatürlichen Offenbarung bei der christlichen Lehre zu beeinträchtigen geeignet ist. Im nachmaligen österreichischen Einheitskatechismus wurde die Formulie­ rung hier korrigiert88). Besonderen Anstoß erregen auch die eudämonistischen Formu­ lierungen, die in Angleichung an Zeitströmungen an verschiedenen Stellen des Büchleins sich finden. So wird gleich in der „Vorrede" aus der schwäch­ lich-apologetischen Tendenz der Aufklärung heraus als Absicht der neu hinzugefügten „Einleitung" dargestellt, „die Religion von jener ange­ nehmen Seite zu zeigen, von welcher sie sogar ihren Feinden verehrungs­ würdig ist". Dann heißt es zur Begründung weiter: „Auf diese Art wird die Jugend bey Zeiten für sie eingenommen, und dem Vorurtheile vor­ gebogen, als wäre sie wegen jener meistens unrecht verstandenen Lehre von der Verleugnung und Abtödtung eine strenge Stiefmutter, die uns das Vergnügen dieses Lebens entweder ganz zu rauben, oder doch so zu ver­ gällen suchet, daß nur die Wenigsten an ihrer Lehre Geschmack finden tonnen86)." Da habe sich der Verfasser, so lautet die Kritik der Bischöfe, „sogar ein schlechtes Ziel gesteckt. Wenn man die Religion so irdisch an­ genehm darstelle, so gebe man kein Motiv sie anzunehmen". Ein solches sei einzig die Wahrheit8^). Eine derartige Zielsetzung sei dem katholischen Glauben überhaupt und der zarten Jugend besonders verderblich88). Ebenso gefährlich werden von den Bischöfen die unter diesen Ge­ sichtspunkt gestellten Formulierungen „von der Absicht der Offenbarung88)" empfunden. „Die Absicht der Offenbarung", so heißt es da, „ist die Glück­ seligkeit der Menschen durch die Frömmigkeit, in diesem kurzen Leben, und vornehmlich in dem ewig dankenden Leben, dazu man sich im gegen­ wärtigen vorbereitet88)." Dann wird unter den „Anmerkungen" erklärt: „Die Glückseligkeit besteht überhaupt in beständigem Vergnügen und Wohl­ ergehen88)" und aus eine weitere Frage geantwortet, daß „die menschliche Glückseligkeit in diesem Leben insbesondere ... im Frieden und in der Ruhe des Gewissens bestehe88)". Ähnlich erfolgt auch in den nächsten beiden Abschnitten die Darstellung der Lehre von der Offenbarung unter dem ständigen Blick aus die Glückseligkeit und unter starker Betonung des Wohlergehens auf dieser Erde88). Gegen diese Auffassungen protestieren fast alle Bischöfe. „Warum belegt der Autor", so fragt der von Erlau, „die Sätze von der Glückseligkeit nicht durch einen Text der Heiligen Schrift, 88) 84) 86j 86) 87)

S. Wolssgruber, Kardinal Migazzi, 307. Erläuterter Kat. (1773), 2. ff. S. der Borrede. Siehe Fußnote 79 S. 316. Erläuterter Kat. (1773), 2. Seite der Vorrede. Merkur v. Ung. 1787, II, 947 (Erzb. v. Kalocsa, B. v. Erlau). *») A. a. O. 1787, II, 931; vgl. 944 (B. v. Erlau). "•) Erläuterter Kat. (1773), 11. 10) Ebd. 12ff.

— 318 obwohl er es doch in der Vorrede versprochen hat?" Er gibt dazu die Ant­ wort: „Weil nämlich die Heilige Schrift die dieser Lehre entgegengesetzten Aufstellungen enthält", gemäß der Schilderung bei Job (21, 23), nach der die Gottlosen ihr ganzes Erdenleben in Glück zubringen92). Die Ab­ wehr des Eudämonismus durch den letztgenannten Oberhirten ist be­ sonders eindringlich. Der Heiland selber habe nicht mit dem Versprechen irdischen Wohlergehens und ständiger Zufriedenheit zu seiner Nachfolge aufgefordert und den Söhnen des Zebedäus habe er den bitteren Kelch in Aussicht gestellt92). So könne doch vom Meister nicht gesagt werden, er habe die Religion den Menschen nur von der angenehmen Seite ge­ zeigt92). Auch die Apostel hätten das gewiß nicht getan92). Die Defini­ tion „von der Glückseligkeit überhaupt", „schlechterdings also hingeworfen", wie es der Katechismus tut, klingt nach dem Urteil Kardinal Migazzis „epikureisch und mahometanisch92)". Daß in der Lehre von der Offenbarung immer wieder der Mensch und sein Wohlergehen betont wird92), betrachten die Bischöfe mit Recht als besonders verderblich. Das bringe die Gefahr mit sich, „daß alle Dog­ men des Glaubens und die ganze Moral am Maßstab des zeitlichen Vor­ teils gemessen und, wenn sie diesen Vorzug nicht besitzen, ohne Beachtung der kirchlichen Autorität... als irrig und verderblich verworfen werden99)". Es ist wirklich nicht zu leugnen, daß der Verfasser in seiner Glückseligkeits­ lehre manche Kompromisse mit dem Zeitgeist der Aufklärung schließt, der die Hinwendung zum Irdischen vollzieht. Auch seine gute Absicht, den Menschen des 18. Jahrhunderts zu gefallen, kann eine solche Sprache nicht rechtfertigen. Hier wurde ebenfalls in der endgültigen Fixierung der Lehre durch den Reichskatechismus von 1777 den Wünschen der Bischöfe weitgehend Rechnung getragen92). Ein Punkt, der in der Kritik des Katechismus durch die Bischöfe mmer wieder auftaucht, ist die Art der Verwendung der Heiligen 91) Merkur v. Ung. 1787, II, 954; vgl. 938. Ähnlich der B. von Groß-Wardein (o. o. O. 953). "2) Merkur v. Ung. 1787, II, 936, vgl. ff. ") Wolfsgruber, Starb. Migazzi, 303. •4) Erläuterter Kat. 13f. „Bon der Wirkung der Offenbarung." Hier wird u. a. dargestellt, wie die Offenbarung die Leidenschaften in Ordnung bringt, die zeit­ lichen Güter recht gebrauchen lehrt, Leben und Gesundheit erhält, den Frieden des Gewissens bringt, im Glücke uns mäßig macht, im Unglücke tröstet, „redliche und rechtschaffene Mitglieder der menschlichen Gesellschaft in allen Ständen" macht. — Der Oe. (1780), VHIf., enthält bei der Lehre von der Offenbarung nichts mehr von dieser eudämonistischen Tendenz. Dagegen ist ein Teil der im „Erläuterten Kat." (13f.) niedergelegten Gedanken mit deutlich hervortretender übernatürlicher Ein­ stellung verwendet unter dem § VII („Die Lehre Jesu Christi ist göttlich" Oe. LVf.) Der letzte Absatz (Oe.LVI)deckt sich mit dem Schluß des VII. Abschnittes im Erläuter­ ten Kat., 14. Der § X des Oe. (1780), LXI1I „Endzweck und Nutzen der geoffenbarten Religion" nennt auch die zeitliche Glückseligkeit neben der ewigen und hat auch sonst gemäßigt eudämonistische Wendungen, doch ist der Satz vorangestellt: „Der End­ zweck der geoffenbarten Religion ist die Ehre Gottes." Das war die Formulierung, die der Generalvikar von Gran (Merkur v. Ung. 1787, II, 880) vorgeschlagen hatte. 85) Merkur v. Ung. 1787, II, 954f. (B. von Fünfkirchen, Groß-Wardein, Gen.Bik. v. Gran); vgl. Wolfsgruber, Kard. Migazzi, 303.

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Schrift seitens des Autors. Die Ausführungen dazu betreffen die grund­ sätzliche Frage des Verhältnisses der Bibel als der einen Glaubensquelle zum kirchlichen Lehramt als der Glaubensregel. Die diesbezüglichen Sätze in der „Vorrede", die den Charakter des ganzen Katechismus be­ stimmen, können ihren Ursprung in der Aufklärung protestantischen Ge­ präges nicht ganz verleugnen und sind geeignet, das kirchliche Lehramt beiseitezusetzen und einer subjektivistisch-rationalistischen Auffassung der Religion Vorschub zu leisten. Der Autor möchte, wie es dort heißt, in seinem „erläuterten und erwiesenen Katechismus" die Schüler mit den „Quellen" der Beweise bekannt machen und hat zu diesem Zwecke eine eigene „Ein­ leitung" vorausgestellt99). „Um endlich die Schüler zu überzeugen", hört man dann weiter, „daß die angeführten Stellen wirklich in der heil. Schrift stehen, muß man sie selbst ein und andere Schriftstellen aufsuchen fassen99)." Wenn man bedenkt, daß gerade um diese Zeit auch der Ratio­ nalismus seine Anschauungen so gerne mit der Berufung auf die Bibel zu decken sucht, so wird verständlich, daß die Bischöfe diese Bibelmethode des Katechismus bedenklich finden. Der Kardinal von Wien äußert dazu seine Gegenvorstellungen: „Sollen denn die Kinder oder wohl auch Erwachsene aber unverständige Leute die angezeigten Stellen selbst nachschlagen? ... Und warum hat man eben in diesem Jahrhunderte aus dem Quesnel nachstehende Proposition verdammt: Lectio scripturae s. est pro Omni­ bus97)?" „Das ist ein sehr schlechter Rat", so meinen verschiedene un­ garische Bischöfe, daß die Kinder selbst zu Hause die Texte der Heiligen Schrift aufsuchen und prüfen sollen, ob sie wirklich so in der Bibel stehen, wie sie vom Lehrer beim Unterricht zitiert wurden99). Man habe Beweise dafür, daß die unterschiedslose Lektüre der Bibel mehr Schaden als Nutzen stifte. Zudem werde dadurch bei der Jugend „Mißtrauen gegen ihre Lehrer" tet und der Verdacht erregt, als habe man ihr bis jetzt das Wort Gottes vorgelegt99). Eine in einem katholischen Katechismus nicht zulässige Neuerung ist die Verwendung von Bibelübersetzungen andersgläubiger Verfasser. Ver­ schiedene Bischöfe weisen dem Verfasser durch seine Zitationsweise nach, daß er selber solche Übersetzungen gebrauche und zum Lesen derselben auffordere99), und rügen an dieser Stelle, daß er sich auf die Autorität der Protestanten 6etufe100).

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••) Erläuterter Kat. (1773), 3. f. S. d. Vorrede. *7) Wolfsgruber, Kardinal Migazzi, 303. Der in der Kritik erwähnte und in der dogmatischen Konstitution Unigenitus von 1713 von Papst Clemens XI. verwor­ fene 80. Satz Quesnels lautet: Lectio sacrae Scripturae est pro omnibus. S. Denzinger-Bannwarth, Enchiridion Symbolorum (16. u. 17. Stuft. 1928), Nr. 1430; vgl. 1429. — Vgl. auch Merkur v. Ung. 1787, II, 898, 948 (B. v. Groß-Wardein). *8) Merkur v. Ung. 1787, II, 947 (Erzb. von Kalocsa, B. von Erlau, Fünf­ kirchen, Groß-Wardein). »») Merkur v. Ung. 1787, II, 968 (Votum Comm.); vgl. 943, 955 (B. v. Erlau). Vgl. Wolfsgruber, Kard. Migazzi, 303. Der Beweis ist mit den beiden Zitationen Pf. 145,17 (Erläuterter Kat., 16) und Pf. 119,9 (Erläuterter Kat., 62) geführt; der Psalm 145 hat in den katholischen Ausgaben nur 10, der Psalm 119 nur 6 Verse. i°°) Merkur v. Ung. 1787, II, 952 (B. v. Erlau, Groß-Wardein, Generalvikar von Gran).

— 320 Im übrigen finden sich viele Anmerkungen, die sich auf die Kritik der nicht beweiskräftigen Bibelstellen beziehen101). Öfters kehrt die Klage wieder, daß der Verfasser „deutlichere Texte" hätte wählen können, damit es nicht den Anschein habe, als wolle er den Verstand der Ungebildeten und Schwächeren „absichtlich Bertoirren102)". Gerade an diesem Punkte kann im einzelnen nachgewiesen werden, wie die Kritik des Episkopats sich auf die endliche Gestalt des Einheitskatechismus von 1777 ausgewirkt hat. Die beanstandeten Zitate aus der Bibel wurden nämlich, wie sich bei dem Vergleich ergibt, fast samt und sonders bei der Revision durch andere, oft durch die von dem betreffenden Kritiker vor­ geschlagenen, ersetzt, besonders dann, wenn schwere Bedenken erhoben Würben103).

Der Normalkatechismus Bort 1773 hatte gar keine Belegstellen aus der 2. Quelle der Offenbarung, der mündlichen Überlieferung. Das lag in der Richtung der von der protestantischen Aufklärung her einwirkenden Tendenzen und mußte als eine bedauerliche Lücke empfunden werden. Kar­ dinal Migazzi vermerkte das mit folgendem Satze: „Endlich soll man nebst der hl. Schrift zum wenigsten einige Male die Tradition als eine Probe anziehen100)." Im österreichischen Reichskatechismus wurde die­ sem Wunsche voll entsprochen103). Eine Abschwächung der katholischen Lehre — ob eine bewußte oder unbewußte, soll nicht entschieden werden — bedeutete die Darstellung des Primats Petri und des Papstes. Der Text vermied an dieser Stelle die traditionelle Formulierung. Er bezeichnete als „das Oberhaupt der Kirche ... Jesus Christus" und fuhr dann fort: „Christus hat Petrum zum Oberhirten der Kirche bestellt100)." Das sei ein bisher in der katho­ lischen Kirche nicht gebräuchlicher Titel für den heiligen Petrus und seine Nachfolger, so lautet dazu das Urteil107). Der Bischof von Groß-Wardein findet es merkwürdig, daß „gleichsam absichtlich weder hier (S. 30) noch 101) Diese Kritik ist allerdings nicht rationalistisch orientiert wie bei Basedow. 102) A. a. O. II, 958 (Votum Comm.); vgl. 959, 965ff. 103) Für die Lehre, daß Jesus Christus vom Hl. Geist empfangen wurde, hatte der „Erläuterte Kat." (1773), 23, die Stelle Luc. 1,39; die ungarische Kommission schlug als beweiskräftiger Luc. 1,35 vor (Merkur v. Ung. 1787, II, 958). So wurde die Zitation berichtigt. (Oe. 1780, 27 sub n.) — Die in „Erläuterter Kat." 26, sub a und b, als dunkel und irreführend bezeichneten Stellen (Merkur v. Ung. 1787, I I, 959) finden sich nicht mehr bei den entsprechenden Lehren von der Vorhölle in Oe. (1780), 34f. — Daß bei der Lehre von der Anrufung der Heiligen („Erläuterter Kat.", 43) jede Belegstelle fehle, wurde als eine bedauerliche Lücke gerügt (Merkur v. Ung. 1787, II, 966) und aus II. Makk. 15,14 hingewiesen. Die Stelle wurde in Oe. (1780, 78, sub o) aufgenommen. Der Beweis, wie auch durch d. Bischöfe und ihre Kritik d. Kat. seine letzte Gestalt erhielt, könnte hier noch an vielen Stellen durchgeführt werden. 104) Wolfsgruber, Starb. Migazzi, 303; vgl. Merkur v. Ung. 1787, II, 927; vgl. 952 f. (Erzb. v. Kalocsa, B. v. Groß-Wardein, B. v. Erlau, Fünfkirchen). 106) Die Verwirklichung der Forderung zeigt sich in Oe. (1780), 7f., 38, 77, 79, 115, 120, 123, 128, 168, vgl. LXIf. 10«) Erläuterter Kat. (1773), 30. 107j Merkur v. Ung. 1787, II, 961 (Erzb. v. Kalocsa, Bischöfe von Raab, GroßWardein, Erlau, Neutra); vgl. 928, 941.

— 321 anderswo ... das sichtbare Oberhaupt der Kirche erwähnt wird", und bemerkt dazu, das werde den modemen Heterodoxen eine Freude sein, daß sogar von katholischen Katechismusautoren das wesentliche Vorrecht des sichtbaren Oberhauptes Petri aus Verachtung geflissentlich ver­ schwiegen toerbe108). Der Ordinarius von Raab wünscht die Wiederher­ stellung der auf eine lange Tradition sich stützenden Unterscheidung zwi­ schen dem sichtbaren und unsichtbaren Oberhaupte188), die dann auch in der schließlichen Formulierung sich findet"8). Als zweideutig und irreführend, deswegen als „gefährlich" wurde die Erklämng der 6. Bitte des Vaterunsers mit Recht beutteilt111). Wenn bei der vom Katechismus gewählten Formuliemng nicht der Unterschied zwischen der bloß hinreichenden und wirksamen Gnade118), zwischen dem Gerechten und Sünder und wiederum zwischen dem bußfertigen und dem verstockten Sünder angebracht werde, könne die Lehre keines Theologen Beifall finden und laufe auf ein schlimmes Argemis für das Volk hinaus118). Sie bedeute die Leugnung des freien Willens118) und sei geeignet, eine andere Einheit als die vom Verfasser beabsichtigte herzustellen, nämlich die mit den Kalvinisten118). Die Revision war hier besonders nötig und wurde auch im Texte des Katechismus von 1777 vorgenommen111). Die Zensuren, mit denen die verschiedenen Lehrdarstellungen des Normalkatechismus belegt werden, sind sehr mannigfaltig und von ver­ schiedenem Grade. Auch die milder urteilenden Kritiker, wie der Fürst­ bischof von Basel und der Kardinal von Konstanz, finden „bei aller An­ erkennung der Vorzüge" dieses Religionsbuches „eine Reihe von Stellen als minder vollständig oder minder entschieden oder minder richtig, einiges als minder klar oder minder glücklich im Ausdruck und darum gefährlich, hier etwas das beizufügen, dort etwas das auszulassen wäre118)". Neben der schon gewürdigten schwersten Anklage, der Verführung zum Irrtum oder der Gefährdung der christlichen Lehre, kehren die hier genannten Be­ anstandungen bei den meisten der Zensoren wieder. Dem einen ist die Lehre von der Tradition zu „dunkel"118), dem anderen ist der Lehrbegriff I08) Merkur v. Ung. 1787, II, 907f. 10>) A. a. O. I I, 887 f. no) S. De. (1780), 42f.; vgl. Großes Lesebuch für Schüler der deutschen Normalund Hauptschulen in den k. k. Staaten. 1. Th. (Wien 1777), 46f. m) Vgl. Erläuterter Kat. (1773), 53: „Wie verhält sich Gott, wenn wir in Gelegenheit sind, Böses zu thun? Zuweilen giebt er die Gnade, den Versuchungen zu widerstehen; zuweilen entzieht er sie: beydes nach seinem gerechten und unersorschlichen Urtheile." — Im Oe. (1780), 62 ist die Frage und Antwort überhaupt nicht mehr zu finden, während sonst hier der Text große Ähnlichkeit mit dem „Er­ läuterten Kat." aufweist. 112) Das ist die gratia (mere) sufficiens und gratia efficax nach theologischem Sprachgebrauch. Die Unterscheidung weist auf die Schuld des menschlichen freien Willens hin in betn Falle, in dem die Gnade das Heil nicht wirkt. 11S) Merkur v. Ung. 1787, II, 871 (B. v. Fünfkirchen). 114) 8t. a. O. II, 888 (B. von Raab); 957 (B. v. Erlau). n6) A. a. O. III, 966f. (Erzb. v. Kalocsa, B. v. Fünfkirchen). Vgl. auch 912 (B. v. Groß-Wardein). lie) S. Helfert, Die Gründung der österr. Volksschule (1860), 509. 117) Merkur v. Ung. 1787, II, 900 (B. von Groß-Wardein); vgl. 920, 958, 976. Schmitt, Der Kamps um den Katechismus. 21

— 322 — bei der Erklärung von Sakrament und Maß nicht erschöpfend dargeftellt118). Als „überflüssig" bezeichnen andere die Lehre von der natürlichen Religion"8) und von der Einteilung der Bücher der Heiligen Schrift126). Wieder andere entdecken in dem Katechismus bedeutende Lücken. Der Verfasser hätte besser getan, die Lehre von der natürlichen Religion fallen zu lassen und durch die Gebetsformeln für die drei göttlichen Tugen­ den zu ersehen121), die nach päpstlicher Weisung in jedem Katechismus sich finden müßten122). Auch die Wahrheiten, die necessitate medii zu glauben sind, fänden sich unvollständig dargestellt122). Im allgemeinen legen die Bischöfe für ihre Beurteilung den Gesichtspunkt der dogmatischen Präzision zugrunde121) und wenden einen strengen Maßstab an, was ein­ zelne auch ausdrücklich begründen. Es ist sicher, so rechtfertigt sich z. B. der Bischof von Fünfkirchen, daß „alle derartigen (sc. nicht ganz ein­ deutigen) Ausdrücke in einem Katechismus vermieden werden müssen121)". Unter der Rücksicht, daß der Katechismus vor allem der Belehrung der Jugend und des einfachen Volkes bient126), ist alles Unklare, Verworrene, Irrige in einem solchen Buche für die Glaubenslehre besonders gefähr­ lich. So ist es begreiflich, daß die meisten bischöflichen Gutachten den Normalkatechismus bei der ersten Beurteilung in vielen seiner Lehren als zensurwürdig betrachten und seine volle Unterdrückung beantragen126), die anderen ihn erst nach einer eingehenden Überarbeitung für würdig halten, als Normalkatechismus in den Staatsschulen eingeführt zu werden122). Daß die ersten Versuche der Aufklärung, in das Gebiet der religiösen Lehre auf dem Weg über den Staat einzudringen, in einem langwierigen Kampf abgewehrt wurden, ist ein Ruhmesblatt für den Episkopat der großen Monarchie im ausgehenden 18. Jahrhundert, ebenso die andere Tatsache, daß sie sich dabei den Bestrebungen der Kaiserin zur Hebung der Volksschulen nicht verschlossen. m) Wolfsgruber, Starb. Migazzi, 304; vgl. Merkur v. Ung. 1787, II, 870, 915, 962, 974, 955. — Definition vom Ablaß in „Erläuterter Kat." (1773), 110: „Der Ablaß ist die Erlassung zeitlicher Strafen, welche man wegen begangener Sünden zu leiden hat." Vgl. Oe. (1780), 156: „Der A. ist die Nachlassung der zeitlichen Strafen, welche wir nach verziehener Schuld der Sünden im gegenwärtigen Leben, oder nach dem Tode zu leiden hätten." Dem Wunsche des Kardinals wurde genau entsprochen. So auch bei der Definition des Sakramentes in „Erläuterter Kat." (1773), 89; vgl. Oe. (1780), 118 u. Groß. Lesebuch (1777), I, 104. m) Merkur v. Ung. 1787, II, 914. 12°) Merkur v. Ung. 1787, II, 951, 898. m) Merkur v. Ung. 1787, II, 895 (93. v. Groß-Wardein); s. Oe. (1780), 182ff., wo sich Gebete zur Erweckung der drei göttlichen Tugenden finden. m) Merkur v. Ung. 1787, II, 930 (Erzb. v. Kalocsa). m) Merkur v. Ung. 1787, II, 894 (93. von Groß-Wardein). 124) Merkur v. Ung. 1787, II, 868; vgl. 976. — Der didaktische Gesichtspunkt kommt dort zum Durchbruch, wo die Bischöfe den Vorwürfen gegen den bisherigen Religionsunterricht, die nicht gerade in taktvoller Weise in der „Vorrede" erhoben wurden (Erläuterter Kat., 2. S.) aufs schärfste zurückweisen. S. Wolfsgruber, Kard. Migazzi, 306f.; vgl. Merkur v. Ung. 1787, II, 932. 125) Merkur v. Ung. 1787, II, 930. 126) Merkur v. Ung. 1787, II, 923, vgl. 857. 127) So das Konsistorium von Waitzen, wo Migazzi das Bischofsamt versah. S. Merkur v. Ung. 1787, II, 944.

— 323 Der Kaiserin gebührt der Ruhm, daß sie in dem zähen Ringen um den Einheitskatechismus von 1777 von manchen aus der Aufklärung ge­ borenen Plänen ihrer Schulorgane an dem Punkte zurücktrat, wo die Belange der religiösen Lehre dem entgegenstanden. Sie hatte am Schlüsse die Genugtuung, sich am Ziele ihrer Wünsche zu sehen und auch den staat­ lichen Interessen gedient zu haben*29). Die Aufklärer allerdings betrach­ teten die Mitarbeit der Bischöfe nicht als Segen für den Katechismus und hielten mit ihrem Unmut nicht jurüd130). Felbiger aber, der als der Verfasser des „Erläuterten Katechismus" gelten darf, hatte in den mühevollen Arbeiten der Redaktion Gelegen­ heit, das wieder zugunsten der kirchlich-religiösen Belehrung zu ändern, wo er es manchesmal, aus ehrlichen Absichten und ohne seine persönliche kirchliche Gesinnung zu änberrt, in der Rücksicht auf den Zeitgeist an kor­ rekter Formulierung des kirchlichen Dogmas hatte fehlen lassen. Mit über­ schwenglichen Worten pries er das Glück der Monarchie, die als einziger Staat ein einheitliches Religionsbuch tiefifce129). Der ganze Kampf darf als ein Symptom dafür gewertet werden, wie es um 1780 um die katholische Kirche und um die Aufklärung in ihr stand. Diese war schon auf dem Wege und brachte ihre Gefahren. Freilich wenn man am Schlüsse dieses Abschnitts auf den Anfang zurückblickt und dabei die Personen in den Vordergrund stellt, dann ist doch zu betonen, daß der Aufklärungsgeist Felbigers weit absteht von dem Basedows. Jener hört dort auf, Aufklärer zu sein, wo das Dogma in Gefahr kommt; dieser fängt damit an und betrachtet es als seine erste Aufgabe, die ererbte Lehre in seiner und allen Kirchen zu erschüttern. ns«) Der Oe. (1780) behandelt an verschiedenen Stellen sehr nachdrücklich die Pflichten der Untertanen gegen die Obrigkeit, so LVI, LXIII, 89f. Vgl. Felbiger, Die Beschaffenheit (1781), 49 sf. "') S. Helfert, a. a. O. 519. IS0) S. Helfert, a. a. O. 523, Fußn. 1; vgl. Schwarze!, Prakt. RU. (1796), LXXXII.

III. Abschnitt.

Die Einzelkämpfe um den Katechismus bis 1780, ihre geistigen Grundlagen und ihr Ergebnis. Das große Ringen um das neue Ideal des Katechismus.

Teil I.

Der breite Kampf der Aufklärung gegen die Katechlsmuslehre. Kapitel I.

Der Aufklärungsindividuaüsmus und die rationalistische Bibelerklärung im Kampfe gegen die symbolischen Katechismen. Wenn man an dieser Stelle noch weiter auf die Gegner des kirchlichen Katechismus seit ihrem ersten Auftreten bis zu Beginn des 17. Jahr­ hunderts zurückblickt, so sind trotz der Verschiedenheit der Ziele gewisse gemeinsame Ideen festzustellen. Sie haben sich durch Jahrhunderte lebens­ fähig erhalten und sich schließlich in wenigen Jahrzehnten, nicht zuletzt durch die Reformtätigkeit Basedows, Anerkennung erkämpft und sind zur Zeit des Erscheinens des „Elementarwerks" und der Gründung der Philan­ thropine für die alten Katechismen eine Gefahr geworden. Das soll sich durch einen Überblick über die weiteren Einzelkämpfe bestätigen, der diese gemeinsamen Ideen aufsucht und zu einem Gesamtbilde vereinigt, das von dem Umfang und der Heftigkeit des großen Kampfes bis 1780 eine Vorstellung gibt. Insofern einflußreiche Männer oder weitverbreitete Zeitschriften an dem Streite sich beteiligen, zeigen sich zugleich die Erfolge der bisherigen Kämpfe um den Katechismus und wird die Richtung sichtbar, in der die kommenden sich abspielen. Ms ein hervortretender Charakterzug läßt sich bei allen, die zu Worte kamen, die Ablehnung der kirchlichen Autorität feststellen. Aus dem Protestantismus hervorgegangen, finden sie sich in der Kampfstellung gegen die Geistlichkeit zusammen. Auf das Recht der Laien pochend, sprechen sie insgesamt der „Klerisei" in Fragen des religiösen Bekennt­ nisses jedes Bestimmungsrecht ab. Diese Geisteshaltung ist allen ge­ meinsam, gleichviel ob sie ihren Ursprung aus den protestantischen Sekten herleiten oder — wie Rousseau — in der englischen und französischen Aufklärungsphilosophie ihre geistige Heimat haben. Ein Unterschied be­ steht nur insofern, als die einen die kirchliche, die andern jede religiöse Bindung verneinen. Daß der Schritt vom kirchlichen Separatismus zum rationalistischen Individualismus nicht mehr weit ist, zeigt sich auch an einer anderen Stelle: die geistigen Waffen der kirchlichen Separatisten werden gerade im Katechismuskampf von den nachfolgenden Aufklärern eifrig und für ihre Zeit mit Erfolg gebraucht. Dafür legt z. B. Basedow Zeugnis ab. Er übernimmt in seinem Kampfe gegen die Orthodoxie eine Idee der Separatisten, wenn er

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gegen eine belehrende Autorität und den Katechismus mit der Bibel in der Hand revoltiert. Aber seine Auflehnung ist ihm nicht nur eine kirchliche Angelegenheit. Es ist ihm doch eine viel größere Sorge, daß er die menschliche Vernunft und das Gewissen durch die „Glaubens­ meister" und ihre Symbole geknechtet sieht*). So will er seinen Kampf gegen den Katechismus nicht mehr nur um die menschliche Freiheit innerhalb des Protestantismus führen, sondern um die noch viel höheren Rechte des Gewissens und für die Ansprüche der allgemeinen menschlichen Vernunft. Hier begegnen sich Basedow und Rousseau mit der außerdeutschen Aufklärungsphilosophie der älteren und neueren Zeit. Basedow ist Aufklärer auch in seiner Berufung auf die Bibel, weil er durch die „dogmatisch gebundene Religionsgemeinschaft"^), Kirche genannt, die Vernunft entrechtet sieht und sie befreien will. Die deutschen Vorgänger im Kampf gegen die protestantischen Katechismen sind noch nicht als Auf­ klärer anzusehen, weil bei ihnen der Individualismus nicht das spezifisch rationalistische Gepräge zeigt und die Motivierungen innerhalb der rein religiösen Zone bleiben. Basedow ist Rationalist, noch reiner als Rousseau, weil er „das Licht und die Gewißheit der Vernunft in Religionsfragen"*3) 2 noch viel höher stellt als dieser^). Er ist es auch, wie sich schon zeigte, in seiner Erziehungstheorie und Schulreform. Aber er will in seiner Person auch Christ und Protestant bleiben, letzteres in dem Sinne, daß er in seiner Aufklärung das Ideal der geschichtlichen Reformation erst verwirklicht4). Die von England und Frankreich ins Geistesleben Deutschlands ein­ strömende Philosophie und der deutsche protestantische Separatismus sind die beiden Elemente, die die aufklärerischen Reformpläne Basedows tragen und seiner gesamten Wirksamkeit das Gepräge geben, dabei freilich nicht gleich stark sich durchsetzen können. Da die beiden Strömungen — jede für sich — in Rousseau^) bzw. Trier bereits in ihrem religiösen Jndivi4) Neben den schon erwähnten Schriften ist noch anzuführen: „Des Bernhardus Nordalbingius altchristliches Schreiben über die Gaben des Geistes, die Glaubens­ meister, die Ketzerey und Freyheit an Johannes Turicenses vom Jahre 1770“ (An­ hang in: „Gesammelte Briefe über die Basedowische Erziehungsmethode“, Osfenbach a. Main 1775, 51—74). 2) Vgl. Fräßdorf, Die psychologischen Anschauungen I. I. Rousseaus, 162. 3) Meth. U. I, LIX. 4) S. oben unter Kap. II, S. 202 ff.; Meth. U. I, Ulf., XXV; „Haupt­ probe“, 83 f. u. a. 6) Eine gewisse Beziehung zum religiösen Subjektivismus der ersten aufgezeigten Strömung, die über Frau von Warens, Böate de Muralt und Maria Huber zum Pietismus zurückweist, ist auch bei R. gegeben und so kann auch bei ihm schon von einer Verbindung der beiden Strömungen gesprochen werden, aber doch nicht mit solchem Recht wie bei Bas. Vgl. V. Fräßdorf, a. a. 0.164ff. Bei R. ist die Bevor­ zugung des Protestantismus gegenüber der katholischen Kirche festzustellen, wie beim Deismus überhaupt, auf den sein „Glaubensbekenntnis“ hinweist. Vgl. Emil II (Sallw.), 88, Fußn. „Die Religion“ V, 1218s., Art. „Toleranz II" von H. Hoffmann. Aus der letzten Stelle geht hervor, daß die Toleranz aller Vorkämpfer der Aufklärung, auch der englischen einschließlich Lockes, die Schranke, hatte, daß die Katholiken als Staatsfeinde von ihr ausgenommen waren, wovon ja auch bei Bas. noch die Nach­ wirkung festzustellen ist. Vgl. „Antihobb.“ (1767), 13; „Hauptprobe“ (1767), 135 f. M. a. W.: Bas. steht auch ohne R. unter dem unmittelbaren Einflüsse des Deismus,

— 329 dualismus sich als Feinde des Katechismus erwiesen haben, müssen sie diesen konsequent auch in ihrer Verbindung verneinen. Dafür ist ja Base­ dow Zeuge geworden. Die wichtigste Tatsache für die weitere Entwicklung ist aber damit auch schon ausgesprochen. Die Begegnung des Rationalismus mit dem Protestantismus in den Plänen Basedows ist keine zufällige Personal­ union, sondern durch gemeinsame Ideen bedingt, besonders die Idee von der Freiheit der Christen und Menschen von einer von außen kommenden, das Gewissen verpflichtenden Bindung im religiösen Bereiche 6*).** 8*Unter ** Berufung auf die evangelische Freiheit glaubt Basedow den orthodoxen Protestanten sagen zu müssen, daß die evangelischen Grundsätze mit ihren Symbolen und Katechismen nicht mehr befolgt') werden und daß sie selbst erst durch die neue Reformation der Aufklärung wieder Lutheraner werden müßten. Von da aus kann er sich doch wieder zu den Protestanten zählen9) und ihnen zum ermunternden Anreiz sagen, daß sie in ihrem Lehrsystem viel besser seien als die anbeten9), und den Katholiken mahnend zurufen, daß sie zwar auch schon mit der Reformation begonnen10), aber doch in der Reinigung der Lehre noch viel nachzuholen hätten9). Die Berufung auf die Reformation und die evangelische Freiheit war geeignet, den Rationalismus mit dem Protestantismus zu versöhnen, ihm in die Theologie Eingang zu verschaffen und auch bei der kindlichen und Bolksbelehrung die alten Methoden deswegen zu ändern, weil sie un­ protestantisch seien. Diese innere Verwandtschaft zwischen dem reformatorisch-protestantischen und dem Aufklärungsdenken macht es auch begreiflich, warum die neue geistige Bewegung beim Protestantismus viel früher und viel rascher Eingang fand und umgekehrt bei der katholischen Kirche bis zum Jahre 1780 nur ganz vereinzelt der neue Zeitgeist sich eine Stellung in der religiösen Bolksbelehrung und im Katechismus zu erkämpfen sucht. Dagegen klagten in den Spuren Basedows bald auch reformierte Theologen über die „einseitige Theorie des reformirten kirch­ lichen Systems", die „Anhänglichkeit an die Lehrsäze der Kirche", „wo­ durch dem Gewissen Fesseln angelegt werden müssen", und rufen nach der „freien Theologie, die aus den Schriften der ärgsten Kezer den Honig bes. durch Reimarus, R. auch unter dem des Protestantismus; doch ist bei R.s Ideen dieser nicht so bewußt und bedeutend, daß er als ein eigenes Element seiner Aufklä­ rungsreligion bezeichnet werden kann. Mit dieser Einschränkung soll R. als Vertreter der Aufklärungsphilosophie angesprochen werden, die den einen Bestandteil in Bas.s Reformplänen am Christentum und an der Erziehung bildet. 6) Vgl. I. Möhler, Symbolik (Regensburg 1924), 408ff. „Die Religion" III (1929), 799f., Art. „Kirche III" von Hohlwein, spez. Luthers Kirchenbegriff. Vgl. (Thilo). „Fr. Unten." II (1770), 103 f. ’) Vgl. Meth. U. II, Ulf.; „Hauptprobe", 87f., 144f.; Philalethie I, 402; „Vermächtniß", 288, Fußn. 8) Vgl. „Antihobb.", 33; Meth. U. II, Ulf. Im EW. I, XU., Anm. Bas.s; (vgl. „Hauptprobe", 146; „Das in Dessau err. Philanthr.", 37) erklärt er sich als einen außer jeder Kirchengemeinschaft stehenden Christen, wie ihn das „Vermächtniß" zeigt. ») Vgl. „Hauptprobe", 135 f. 1#) Vgl. EW. I, XL f.

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aussauget, ... die den Lutheraner so gut zu gebrauchen weis, als den Vertheidiger der Säze aus der reformirten Kirche", ... „die ungebunden an Katechismus und Symbolen bloß aus demreinen und unverfälschten Worte Gottes Lehren entlehnete, und sich an keines Menschen Ausdrücke kehrte""). Der Schreiber, der diese Kritik und zwar mit Beziehung auf die fran­ zösisch reformierten Theologen verfaßt hat, ist in einer Hinsicht etwas mäßiger als Basedow, er hält noch eine Erneuerung der Kirche auf der Grundlage des Rationalismus für möglich, er geht aber wieder einen Schritt weiter, weil er glaubt, auch die Theologen könnten echte Auf­ klärer werden, ja sie müßten es von Rechts wegen schon sein. Auch an diesem Zeugnis bestätigt sich, was schon an Rousseau und Basedow gezeigt wurde, daß die Aufklärungsgedanken mit dem kirchlichen Katechismus nicht vereinbar sind. Es ist ganz folgerichtig, daß der religiöse Indivi­ dualismus der Aufklärer das „widerrechtlich aufgelegte Joch" der alten Katechismen") allmählich drückend empfindet und die Rufe nach seiner Beseitigung immer dringender werden. In diesem Aufklärungsgeiste lehnt auch der erwähnte Kritiker, und zwar unter ausdrücklicher Berufung auf Basedow, den Heidelberger und auch den Luther-Katechismus ab, jenen allerdings noch schroffer als biefett13). Mit dem Individualismus im religiösen Belang fällt aber nicht nur die kirchliche Autorität und damit prinzipiell der Katechismus, sondern auch das Symbolum und die Überzeugung, daß in diesem das Wesen des Christentums sich ausspricht. Von Glaubensbekenntnissen redet man noch und verfaßt auch solche, sie sind aber Ausdruck der persönlichen religiösen Überzeugung und haben den ausgesprochenen Zweck, vor der Öffentlichkeit gegen die kirchlichen zu protestieren"). Diese aber werden zum Trug und zur Willkür herrschsüchtiger Menschen und dunkler Zeiten gestempelt und beschuldigt, nun schon seit Jahrhunderten unter dem Titel der „Recht­ gläubigkeit" die Menschen in die Irre geführt zu fjabeit16) und es mit dem n) „Pr. Rel. Zust." II (1778), 120 f. Verfasser ist Joh. Heinrich Friedrich Ulrich, der sich in der Vorrede zum 3. Bande (1779), XXIV unterschreibt. Die Widmung zeigt die Geistesrichtung. Sie lautet: „Allen Freunden der Wahrheit, Theologen, Orthodoxen und Heterodoxen, Römisch-Katholischen, Lutheranern und Reformierten, Socinianern und Schwärmern, Predigern und Schulmännern, zunächst allen Preußen gewidmet von dem Herausgeber." Dazu ist handschriftlich in dem benützten Exemplar der Staatsbibliothek München beigefügt: „Verfasser Ulrich, dem neumodischen naturalistischen Prediger zu Berlin." Nach der Namensunterschrift im 3. Bande findet sich ebd. der handschriftliche Vermerk: „Freygeist und Semlerischer Schimpfer, theologischer Markt-Schreyer." A. B. Nördlingen X (1782), 79, sagt von ihm, daß er „durch seine Briefe über den Religionszustand in den Preussischen Staaten rühmlich bekannt" geworden sei, und kritisiert, daß er, wie es auch sonst in der Aufkläiungszeit geschah, einen Briefwechsel fingierte. 12) Vgl. (Lüdke), „Vom falschen Religionseifer" (1767), 58. Bas. „Die g. nat. Weisheit" (1768), 172, Mag. Sch. E. IV (1770), 251. 13) „Pr. Rel. Zust." II (1778), 83—88, 99ff. M) Vgl. „Theol. »er." I (1764), 857 f.; Joh. Friedr. Bahrdt, „Glaubensbekenntniß" 1779. l6) Vgl. den Titel der Schrift Bas.s: „Betrachtung über die wahre Rechtgläubig­ keit und die im Staate und in der Kirche nöthige Toleranz", 1765.

— 331 — gleichen Unrecht immer noch zu tun. Da ist gewiß Grund genug, durch eine neue „Reformation" den Menschen wieder die Wahrheit zu bringen. Die eigenartige Verständnislosigkeit des religiösen Subjektivismus für eine gemeinschaftlich geübte Religion mit einem objektiven Bekenntnis trat schon bei den Sektierern des 17. Jahrhunderts auf und verstärkte sich noch, als man anfing, seine Menschenrechte mit der Berufung auf die allgemeine Menschenvernunft zu verteidigen. Trotzdem mußten alle Neuerer sich dazu verstehen, gewisse Sätze als allgemeinverbindlich für die Menschen zu er­ klären, weil schließlich doch das religiöse Leben erstirbt, wenn kein Anstoß von außen kommt und keine objektive Religion zur Seele spricht. Sie mußten, um den Namen Christi zu verdienen, auch zur religiösen Urkunde des Christentums zurückgreifen und in der göttlichen Offenbarung eine objektive und historische Lehre zugleich annehmen, die dem Menschen an sich und wegen der Ferne der Zeiten dem Subjekte noch weniger greif­ bar ist. Zum Ausgleich zwischen der historischen und objektiven christlichen Lehre und der persönlichen Freiheit greifen die kirchlichen Separatisten die reformatorische These vom Abfall der Zeiten von der ursprünglich reinen Lehre des Evangeliums wieder auf, bilden sie mit viel weniger Ehr­ furcht vor der Tradition weiter und verschonen schließlich sogar das Refor­ mationszeitalter mit dem Vorwurf der Untreue gegen die Bibel und das Urchristentum nicht. Man kann von einer speziell religiösen Anwendung der Geschichtsauffassung sprechen, die im ersten Satze des „Emil" nieder­ gelegt ist16). Vom 17. Jahrhundert an werden die Stimmen immer lauter, die verkünden, daß auch die Offenbarung gut „aus den Händen des Urhebers der Dinge" hervorgegangen, aber unter den Händen der Menschen entartet sei16). Die positive Wendung des Satzes fordert die Rückkehr des Menschen zu sich selbst. Auch diese läßt sich bei allen Gegnern der kirchlichen Lehre feststellen, wenn sie die Überzeugung aussprechen, daß keine menschliche Vermittlung der göttlichen Lehre nötig sei, daß dem ehrlichen Menschen und Christen sich Gott selbst offenbare1^). Die Rationa­ listen fügen nur noch das hinzu, daß dies vornehmlich durch die menschliche Vernunft geschehe. So wird von den Gegnern der kirchlichen Katechismen immer drin­ gender die Forderung gestellt, man möchte sagen, wie ein Dogma pro­ klamiert: ,Die ererbte christliche Dogmatik muß sich der großen „Läuterung" unterziehen? Der neue Christ soll alle Symbole gelehrten Ursprungs oder ungelehrten Gepräges (Katechismen) ablegen16), aus dem Schutte der Zeiten die reine Christuslehre wieder hervorsuchen. In dieser These finden alle Individualisten das Recht, die Symbole als unlautere Quellen christlicher Wahrheit zu betrachten. Sie stellt ihnen die Aufgabe, zu den „teilten" Quellen, zu denen im Menschen selber und zur Heiligen Schrift zurückzukehren. Die Rückkehr zur Vernunft freilich 16) Vgl. Emil I, § 1. ”) Vgl. Philalethie I (1764), 640; Emil IV, z 326, 328, V, § 86. 18) Ein Ansatzpunkt war auch hier von der Reformation aus gegeben in der Selbstbezeugung Gottes bei der Lektüre der Bibel. Vgl. „Die Religion" II, 1237; III, 1771.



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ist bei bett Rationalisten das Primäre und die „Läuterung" der Dogmatik an der Hand der Bibel ist mehr von ihren Erkenntnisgrundsätzen als vom Streben nach der historisch echten Christuslehre eingegeben, wenn auch dieses letzte Argument bei ihnen eine große Rolle spielt. Schon für B. P. ÄatI16) und ebenso für Trier22) war Luther in der Lehre nicht genug bibeltreu gewesen, die nachfolgende Orthodoxie ver­ dient nach ihnen erst recht diesen Vorwurf. Rousseau streitet jeder autori­ tativen Auslegung von vornherein das Recht ab, weil beim Wege durch die Geschichte und unter den Händen der Übersetzer die ursprüngliche Rein­ heit der Bibel verdorben worden fei21). Deswegen habe kein Zeitgenosse mehr, der die Heilige Schrift zur Hand nehme, die Garantie, ihren ursprüng­ lichen Text zu besitzen, es fänden sich in ihr neben manchen „so ganz und gar unnachahmlichen Kennzeichen der Wahrheit viele unglaubliche der Vernunft widerstreitende Dinge"22). Am Schlüsse bleibt bei Rousseau von der Bibel nicht viel mehr übrig als das natürliche Sittengesetz und mensch­ liche Bewunderung, die er für sie noch fühlt. Basedow läßt die Heilige Schrift noch gelten, weil er sie zur Begrün­ dung seines Rationalismus gar wohl gebrauchen kann, wenn er das „apostolische" Christentum gegen den Urprotestantismus ausspielt22). Aber die Basedowsche Bibel hat weder den Umfang noch die Geltung der alten. Die Bibelkritik reicht ihm eine andere, viel kleinere SSibel24). Die neue Exegese gibt ihm das Recht und die Möglichkeit von der hergebrachten symbolischen Auslegung abzuweichen, und beide Umstände rechtfertigen in seinen Augen eine „Läuterung" auch der protestantischen Dogmatik, die von den Reformatoren selber durchgeführt würde, wenn sie zu seinen Zeiten wieder auferstünden22). In Basedow gewinnt der Rationalismus an Gefährlichkeit speziell für die christliche Dogmatik, indem er sich bereits ein christlich-reformatorisches Aussehen gibt und zur Berufung auf die Vernunft die auf die Bibel in seine Begründung des „apostolischen" Christentums mit aufnimmt. Rousseau kann sich angesichts der Offenbarung nicht entscheiden und beharrt deswegen in dem „ehrfurchtsvollen Zweifel", ob er den „Beweisen" zu ihren Gunsten oder den „Einwürfen" gegen sie Recht geben soll22). Basedow dagegen findet in der Preisgabe der orthodox-protestantischen ie) Vgl. oben unter Kap. 1, S. 27, Fußn. 20; S. 72 f. so) Vgl. oben unter Kap. I, S. 75. 21) Vgl. Emil IV, § 332 f. 22) Vgl. „Emil" IV, § 347. 23) „Antihobb.", 35; vgl. Meth. U. II, XXII. 24) Vgl. „Vermächtniß" II, Xf.; Schuderoff, Journ.f. Pred. I (1802). 1. Halbj., 160f. betont besonders für die Periode 1760—90 als Faktoren für die Umgestaltung des RU.s: „Die veränderte Gestalt, welche die vorzüglich auf Religionsbegriffe und Glaubenslehren einfließenden Wissenschaften allmählich erhielten; besonders aber die philosophische, exegetische und zum Teil philosophische Behandlung der Bibel und kirchlichen Dogmatik durch Michaelis (t 1791), Heilmann (f 1764), Teller (f 1804), Töllner (t 1774), Bahrdt (f 1790), Seniler (f 1791)“ und nennt dann als weiteren Faktor die „geräuschmachende" Tätigkeit Bas.s. 25) Vgl. „Hauptprobe", 83 f.; „Antihobb.", 53. 26) Emil IV, § 346; vgl. Br. an Chr. de Beaumont, 98.

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Wortinspiration und seiner These von der „Gottesgeistigkeit" der @d)rift27) die Möglichkeit, das Gesicht der Bibel mit einer „guten Paraphrasis"23) dorthin zu kehren, wohin auch sein Rationalismus schaut, und die ihm anstößigen und unbrauchbaren Stellen auf das Konto der Menschen und Zeitverhältnisse zu setzen22). Basedow gibt damit dem protestantischen Bibelprinzip jene Deutung, die es mit der rationalistischen Philosophie versöhnt. Er will dieser sogar die Auslegung der Bibel anvertrauen, weil die Kirche nach seiner Idee in diesem Punkte das Erbe Christi nicht treu verwaltet hat22). „Das Wort Gottes und die heilige Schrift", so spricht er als „fteigläu* titget"31) Protestant32), kann „ein Licht heißen, welches uns erleuchtet, wenn es uns gleich durch geübte Lehrer muß angenähert und vorgehalten werden"33). Darin liegt zugleich die Aufgabe der neuen Philosophie. Den „geübten Forschern" zeigt er ihren Beruf, die „göttlichen" und „geoffen­ barten" Lehrsätze, die „wesentlichen Hauptsätze" der „christlichen Religion", „durch Auszüge, Anmerkungen und Beweisgründe ... dem ungeübten Leser" aus der Bibel zu erleichtern33). Da nach seiner rationalistischen Auf­ fassung zugleich der „Unterricht in der natürlichen Religion" der Lektüre der Heiligen Schrift vorangehen muß, beweist er ausführlich die „Noth­ wendigkeit des Lehrstandes"^), der alle genannten Aufgaben übernehmen, gegen die kirchliche Orthodoxie eine neue und „wahre Rechtgläubigkeit"3*) und ohne Bindung durch Inspiration ein „System der gesunden Ver­ nunft"33) begründen soll. Daß Basedow mit dieser Stellung zur Bibel zu keinem kirchlich dogma­ tischen System mehr kommen kann, ist schon an sich einleuchtend, auch 27) Vgl. „Versuch" (1766), 23 f. (§ 15); oben S. 215. Den „logigalischen" Satz von Glaubenspflicht wendet Bas. auch zur „Rettung des neuen Testaments" an, wie er ihn auch nach den bereits gemachten Feststellungen zur Sicherung der natürlichen Religion verwendet. S. „Versuch" (1766), 28; vgl. oben S. 207f. 28) Vgl. „Versuch" (1766), 17. Bas. nimmt durch „eine untadelhafte und deut­ lichere Paraphrasis", wie er sie „in dem Auszug der Bibel gegeben" hat, der Haupt­ stelle für die Inspiration (2 Tim. 3, 13—17) ihre Kraft, die Inspiration im traditio­ nellen Sinn zu beweisen (a. a. O. 16 f.). Die ganzen diesbezüglichen Ausführungen Bas.s finden sich in der 2. Abhandlung von der Hl. Schrift (a. a. O. 6—33). 29) Vgl. „Versuch", 25 f. 3°) Vgl. „Philalethie" I (1764), 291, 604 f., 607, 641, 644, und folgenden Absatz. 31) „Hauptprobe" (1767), 51. 32) Vgl. Meth. U. II (1764), XXIII. Bas. setzt sich in seinen Ausführungen über die Inspiration und auch sonst mit protestantischen Autoren auseinander; s. „Versuch", 24, 3, u. a. mit Joh. Lorenz Mosheim, der nicht mehr der strengen Orthodoxie an­ gehörte, aber auch den Wolfianern und den Deisten abgeneigt war und von den Pie­ tisten sich durch seine Weltaufgeschlossenheit unterschied. S. Herzog, RE. XIII (1903), 504, Art. Mosheim von Bonwetsch. 33) „Versuch", 27 f. 34) „Versuch", 27: „Die Nothwendigkeit des Lehrstandes" hat Bas. in der „Be­ trachtung über die wahre Rechtgläubigkeit und Toleranz" (§ 58—65) ausführlich dar­ gestellt. Vgl. dazu die bereits erwähnten oftmaligen Aufforderungen an die Laien, die Untersuchung der religiösen Lehre zu übernehmen. 35) Titel des Buches Bas.s von 1765 (Altona): „Theoretisches System der ge­ sunden Vernunft, ein akademisches Lehrbuch", auf das sich Bas. im „Versuch" (1766), 24, ausdrücklich zur Ablehnung der Inspiration bezieht.

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wenn es nicht bereits im vorausgehenden dargestellt und von ihm selbst ausgesprochen worden weite36). Hier ist einmal die Beobachtung wichtig, daß Basedow über Rousseau hinausgehend als Zugeständnis an den Protestantismus und zugleich als Waffe gegen die „autorisirten Lehrsätze"3"), ferner zur Rechtfertigung seines eigenen Systems, neben der Vernunft auch die Bibel wenigstens sekundär33) gelten läßt als Quelle religiöser Erkenntnis. Er will einen Christen heranbilden, aber wie Trier keinen im Sinne einer Kirche; er will auch mit Rousseau einen Menschen erziehen, der an kein anderes Glau­ bensbekenntnis sich bindet als an dasjenige, das er sich selbst gesucht hat. Für den ersten Zweck ist die Bibel unbedingt nötig, für den zweiten ist sie nach den Ideen Basedows recht wohl brauchbar und kommt besonders nicht in Konflikt mit der natürlichen Berstandesreligion, der sie sogar wert­ volle Dienste leisten kann33). Trotz der Verschiedenheit der Quellen der religiösen Erkenntnis — das ist ein weiteres Ergebnis — kommen alle genannten Männer zum gleichen Schlüsse, den sie mit viel Leidenschaft ihren Zeitgenossen ver­ künden: Die kirchliche Dogmatik ist „mit Menschensatzungen verdorben"66) und kann in der Zukunft so wenig mehr die Religion der Menschen sein als der alte Katechismus ihr Religionsbuch. Trier kommt von der Bibel aus, Rousseau vom Standpunkt der Vernunft aus und Basedow unter Berufung auf die Bibel und Vernunft zum gleichen Ergebnis; verschieden sind sie nur dadurch, daß der eine bei der Ausscheidung der kirchlichen Lehr­ sätze radikaler zu Werke geht als der andere. Am meisten steht Rousseau von der christlichen Dogmatik ab. Was der savoyische Landpfarrer noch von der christlichen Religion übrigbehält, ist der „einfache" Glaube und die „erhabene" Moral des Evangeliums66), das sind die Sätze der natürlichen Religion, die Forderungen des Gesetzes der Liebe, das er nach seiner Theorie schließlich auch ohne Evangelium erfüllen könnte, das er sich aber recht gern von diesem predigen läßt, nach­ dem es ihm bereits sein Gewissen zur Pflicht gemacht hat. Dazu kommen noch einige von Ort und Zeit bedingte „Gebräuche", die er vorgefunden hat und mitmacht, weil er sie für heilsam hält63). Mit einer anderen Religion mag er sich nicht befassen; die kirchlichen Dogmen aber haßt er, weil sie angeblich nicht die Religion begründen, sondern das Gegenteil davon, Haß und Entzweiung unter den Menschen und Völkern, stiften63). Basedow steht mehr in der deutschen, vom Protestantismus her ge­ mäßigten Aufklärung. Er kennt, wie Rousseau, einen Kern religiöser Lehr­ sätze, die allen Menschen pflichtmäßige natürliche Religion. Was er darüber hinausgehend noch von der christlichen Lehre allen im Christentum ge3°) Vgl. „Versuch", IV. 37) Meth. U. II, XXIX f.; vgl. dazu das Titelbild (ebb.) mit der Aufforderung an die Kinder, die Bibel selbst zu lesen. 38) Vgl. „Versuch", 27f. 39) Vgl. 5. und 6. Satz des Universalchristentums oben S. 222. 60) Vgl. „L. Vorschl.", 136. 61) Vgl. Emil IV, § 350; vgl. Br. an Chr. de Beaumont, 69 f., 49. 42) Emil IV, § 348. 43) Vgl. oben unter Kap. II, S. 99 f.; Br. an Chr. de Beaumont, 63 ff.

— 335 — borenen Menschen nach gehöriger Einsicht zum pflichtmäßigen Glaubens­ bekenntnis machen möchte, ist zwar positiv in den sechs Sätzen des Universal­ christentums formuliert, ist aber inhaltlich nur im letzten Satze im Vergleich zu Rousseau eine Annäherung an die christliche Dogmatik, in den übrigen geht er nur formal über diesen hinaus, insofern er die Offenbarung zur Stütze der natürlichen Religion macht. Der sechste Satz seines „gereinigten" Christentums rückt wieder die moralische Religion Rousseaus in den Mittel­ punkt. Damit ist zugleich die geistige Verbindung mit dem protestantischen Separatismus aufgezeigt, dem das sittliche Leben alles, die Lehre aber wenig in der Religion bedeutet. Die konfessionelle Dogmatik aber haßt Basedow, die seiner ehemaligen Kirche wegen vieler trüber Erfahrungen, die er machen mußte, die der katholischen Kirche, weil sie ihm noch viel unsinniger und unbiblischer ist als die protestantische. Aber auch der ge­ meinchristliche Dogmenschatz des Athanasianums ist aus seinem Kate­ chismus und Bekenntnis gestrichen44). Wenn auch mit dem weiteren Vordringen des Rationalismus in der protestantischen Theologie noch eine weitere Versöhnung kommt, so bleibt als Grundrichtung doch bestehen, sich möglichst nahe an die Bibel und ihren Wortlaut zu halten"), und sich aller Folgerungen zu enthalten, aus­ genommen derjenigen, die vor der Vernunft noch bestehen können. Es geht, freilich oft nur zur Hülle des Rationalismus") und ohne nach der Tiefe zu toirfeti47), ein biblischer Zug durch die Zeit der Aufklärung"), der an sich schon geeignet ist, den Katechismus in die Ecke zu stellen, und von dem Basedow nur ein Zeuge ist. Es hat sich schon gezeigt, daß Basedow in seinem religiösen Kampfe bereits in den sechziger Jahren die „Allgemeine Deutsche Bibliothek" zur Seite stand und für freie Meinungsäußerung in religiösen Dingen eintrat. Der Rezensent ReseWitz stellt 1767 die „Religion der Bibliothek" und 44) „Vermächtniß" II, XIII; vgl. „Versuch", 128g, 128 1. 45) Schon Locke hat hier das Vorbild gegeben. Vgl. Czilchert, „Zum RU.", 50, Fußn. Schund, Gesch. der Erz. IV, 2 (1898), 44. „Vermächtniß" II, VI. Das „Ver­ mächtniß" besteht in seinem 2. Teile aus sehr vielen Bibelstellen, die unter die syste­ matische Folge der Lehren eingereiht sind. 46) Gottl. Ludw. Jac. Schmid („Abhandlung über die Frage: Welchen Einfluß die bisher verbreitete neuere Darstellung der vorzüglichsten Lehren des Christen­ tums auf die Religion und Sittlichkeit habe", Tübingen 1811, IV) stellt fest, daß die im öffentlichen Volks-Unterricht verbreitete Bekanntmachung der „neuen Lehren" des Rationalismus seit 30 Jahren erfolgt (also seit ca, 1780), und charakterisiert ihn als einen „schwergläubigen Jndifferentismus, der neben manchen Reinigungen und Verbesserungen wirklich unwesentlicher Gegenstände zugleich das Wesentliche von sich zu werfen" und dem Christentum den Untergang allmählich zu bereiten droht (a. a. 0.1). Hier ist aber besonders wichtig, daß der Verfasser als Ursachen der Neuerung angibt: 1. „eine, wenn auch nicht gerade ausgesprochene, doch stille Ver­ achtung der Hl. Schrift" (a. a.. O. 120 f.); 2. den „Hang, die Ideen einer höheren, wahren oder vermeinten Vernunft durch die Aussprüche der Hl. Schrift geltend zu machen" (a. a. 0.122 f.); 3. „die moralische Interpretation der Bibel" (a. a. 0.123). 47) Vgl. Dix, Geschichte der Schulbibel (Gotha 1892), 14. “) Hier ist eine gewisse Fortsetzung der Bestrebungen der vorausgehenden Pie­ tistischen Zeit, in der der geschichtliche Stoff der Bibel als „biblische Geschichte" seine Stellung im RU. dauernd eroberte. S. Schumann-Sperber, Gesch. des RU.s (1890), 58,; Reu, M. Luthers Kl. Kat., 217.

- 336 — die Maßstäbe dar, mit denen er die neuen religiösen Schriften zu prüfen gedenkt. Ausdrücklich weist er das Ansinnen zurück, einen jeden Schrift­ steller „nach den Glaubensbüchern" seiner Kirche zu beurteilen. Wollte er das tun, dann wäre er „ein unberufener Inquisitor,... ein Böse­ wicht". Dann fährt er fort: Die Kritik muß „nach der Schrift und Ver­ nunft" erfolgen. „Dieß sind die einzigen Probiersteine für den Forscher der Wahrheit49)." Wenn er auch die symbolischen Bücher als Norm der Volksbelehrung noch gelten läftt49), so stellt er doch den neuen heterodoxen Schriften das Zeugnis aus, daß „eine unverstellte Ehrfurcht vor Gottes Wort" aus ihnen spricht49). Die „Bibliothek" aber blieb in ihrer Religion49), wie Resewitz sie charakterisierte, „vernünftig" und „biblisch", aber wurde nie „symbolisch", solange er selbst ihre „Religion" bestimmte"), und auch später nicht; dafür sorgte der Herausgeber Nicolai94). Mit diesen beiden Maßstäben prüfte sie auch die neuen Katechismen und trug durch ihre führende Stellung und ihr 40jähriges Bestehen viel dazu bei, daß der neue Geist zu den Theologen und Verfassern der Religionsbücher und, freilich ganz langsam, auch ins Volk drang94). Speziell Resewitz geht darin mit Basedow einig, daß die Religion viel biblischer werden müsse, wenn er auch nicht das christliche Element in seiner Dogmatik so weit preisgibt wie jener, ja noch das Enchiridion mit geringer Einschränkung „als das simpelste Buch" verteidigt, „das zum Unterricht der Kinder da ist", wenn es „nur wohl erklärt, und kein eigen System eingeflickt" wird"). Er läßt jedoch schon merken, daß er diese An­ erkennung nicht auf die exponierten Katechismen ausgedehnt wissen will. Er betont es noch ausdrücklich, daß man nicht nach dem Herkommen in den Schulen den Knaben durch das Auswendiglernen eines „schlechten, unfaß­ lichen und unpassenden Katechismus" zu einem albernen Katechismus„ Orthodoxen" erziehen darf"). 4e) A. D. B. V 1 (1767), 110 f.; vgl. Parthey, 34, 22. 60) Resewitz war bis 1780 theologischer Rezensent; vgl. Parthey, 22. 61) Vgl. Hettner, Geschichte der deutschen Literatur II (1929), 121 ff. Die A. D. B. ist in der Zeit ihres Bestehens „von unermeßlichem Einfluß" gewesen (a.a. 0.11,121). Sieerschienvon 1765 bis 1805 und umfaßt nicht weniger als 268 Bände (a.a. O. II, 122). Für die Bestrebungen Bas.s sowohl auf dem dogmatischen wie pädagogischen Gebiet zeigte die Zeitschrift großes Verständnis, die Rezensenten spenden ihm viele An­ erkennung. Unter ihnen finden sich, wie sich teilweise schon zeigte, Männer, die zu ihrer Zeit großes Ansehen genossen, neben Resewitz als Rezensent für „Schul­ sachen und Philosophie" Schulrektor Martin Ehlers, Kiel (A. D. 33. XI 1, 1770, 59 ff.; vgl. Parthey, 56, 6), für „Philosophie und Erziehung" I. G. H. Feder, Göt­ tingen . II, 171 ff.) nimmt Rochow unter den Schlagwörtern „Toleranz" (211 ff.), „Religionssystem" (213 ff.), „Symbolische Bücher" 258 ff.) in ähnlichem Sinne zu den oben erörterten Problemen Stellung. Der „Toleranz" speziell setzt er die Gleichberechtigung aller Richtungen entgegen (a. a. 0.211 f.). Auch Luther wird des übermäßigen Religionseifers beschuldigt und feine Lehrform als ungenügend be­ zeichnet (a. a. 0.254 f.). Vgl. (Lüdke), „V. f. Religionseifer", 26. *6) Rochows f. päd. Schr. IV, 41. Brief Rochows an Zedlitz vom 27. Februar 1773. Vgl. a. a. O. 63 ff. den Brief des Orthodoxen Joh. Elias Silberfchlag an Rochow, in dem jener „einige zum Lehrvortrage des Christenthums oder überhaupt der feligmachenden Religion gehörige Fragen" beantwortet, und zwar mit Rücksicht auf die Belehrung der „armen Jugend in den Wahrheiten des Heils" (a. a. O. 63); in diesen spielt der Unterschied zwischen dem „allerwefentlichsten Hauptstück" und „den Nebenwahrheiten", die nicht von der Seligkeit ausschließen, eine große Rolle (a. a. O. 66 f.); hauptsächlich wird gegen Rochows „Vernunftbedenklichkeiten" „die Lehre von der Versöhnung Christi" (a. a. 0.64 ff.) ausführlich verteidigt. Unter den Argumenten Rochows taucht auch der Satz auf: „Die Lehre von der Erlösung macht faule Christen" (a. a. O. IV, 169; 1, 1907, 123; vgl. die Ansichten Triers oben, S. 67). Die Antwort Rochows an Silberfchlag (a. a. O. VI, 71 f. zeigt, daß jener von den Gegenbeweisen nicht zufriedengestellt ist, und wendet sich besonders gegen die „Verdammungen, d. i. die Eingriffe in die deklariertesten Majestätsrechte Gottes" unter Hinweis auf das Heilandswort (a. a. O. 72). Vgl. (Lüdke), „V. f. Religionseifer" (1767), 84.



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Von betn rationalistischen Toleranzgedanken ist auch Rochows Ent­ wurf eines religiösen Lehrbuchs diktiert, der den „theoretischen Teil der Religion" nach „einer hellen und dunklen Seite" fidjtet67) und 10 Wahr­ heiten für die Kinder absondert, welche die „ewigen Grundgesetze des ganzen Religionsbaues im Edueando (Zögling) werden müssten68)". Die dogmatische Toleranz Rochows zeigt sich besonders, wenn er in dem Schrei­ ben über den Entwurf ausführt, „man müsse keine menschliche Unterschei­ dungslehre als göttliche Wahrheit ausgeben, sondern etwa bescheiden sagen: ,So erklärt sich die Bibel über den Satz. Da und da spricht sie deutlich, und dort scheint sie etwas zu sagen, welches durch den Zusammen­ hang entweder mit dem Deutlichen zu vergleichen, oder wenn es gar im Gegensatz wäre, aus logischen Gründen dem Deutlichen nicht an die Seite zu setzen ist'68)." Auch Rochow erkennt dann den Gläubigen selbst als diejenige Instanz an, die ihre Religion nach der Bibel bestimmt. Daher beklagt er sich über den „Despotismus des hierarchischen Systems und das Monopolium mit dem Bibelverstande"; beides sind ihm Dinge, „an deren Dasein kein red­ licher Christ ohne Schauder gedenken kann68)." Er fordert wie Basedow, daß in der Schule ... nichts als natürliche Erkenntnis Gottes und all­ gemeine christliche Tugend gelehret und letztere geübt würde"76). Me genannten Verfechter der Toleranz sehen die Geistesfreiheit be­ droht durch ein Übermaß von Glaubenssätzen, zu denen die Christen nach Menschenwillkür, nicht nach Gottes Willen verpflichtet werden sollen71). Diese Dogmen stiften gerade von dieser Seite nur Unheil, das am einzelnen und nicht zuletzt am Christentum sich auswirkt. Die Rousseausche Forde­ rung, daß man die Äste opfern müsse, um den Baum zu retten, wird von den rationalistischen Theologen und Pädagogen fleißig gebraucht78). Der Gedanke ist dabei folgender: Es wäre vielen Zeitgenossen nicht so schwer gemacht, Christen zu bleiben, wenn sie nicht das „Joch" von allzu vielen Dogmen tragen müßten, hinter denen sich nur Menschenmeinung ver­ birgt78), die den Verstand knebeln76) und freie Menschen in Fesseln schlagen 67) Rochows s. päd. Schr. IV, 109 f.: „Rochow an Nösselt" (16. Sept. 1775). Der Brief ersucht um ein Gutachten zu einem Entwurf eines RU.s von Rochow. Er spricht Nösselt wegen seiner Schriften (bes. „Die Erziehung zur Religion") und wegen seiner „herablassenden Güte" das Vertrauen aus und beklagt sich bitter über Miß­ brauch des Vertrauens durch andere (Silberschlag?, s. a. a. 0.71 ff.). Vgl. auch „Rochow an Nösselt" vom 4. Nov. 1775 (a. a. 0.117 ff.), bes. 121, „Rochow an seine Lehrer", 6. Mai 1776, 143 ff., bes. 145, wo Rochow sein eigenes Glaubensbekenntnis darstellt. ee) A. a. O. IV, 114 („Rochow an Nösselt"). «») „Rochow an Nösselt" (4. Nov. 1775), a. a. O. IV, 120 f. ,0) „Rochow an Zedlitz" (27. Febr. 1773), a. a. O. IV, 41. Vgl. O. Gerlach, Die Idee der Nationalerziehung I (1932), 101. 71) Vgl. Czilchert, „Zum RU.", 32. ’2) Emil IV, § 351; vgl. „Rochow an Nösselt" (4. Nov. 1775), in: Rochows s. päd. Schr. IV 119 f. „N. Rel. Beg." III (1780), 451 (Aus der „Confeßion" Bahrdts 568, 576 (Aus dem „Gutachten" über Bahrdt). 73) Rochow nennt 1776 in „Stoff zum Denken" diese Menschensatzung „die eben jetzt kurshaltende Meinung".- S. Rochows s. päd. Schr. 1,125. 74) Vgl. Trapp, „Versuch" (1780), 460.

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mit dem unrechtmäßigen Anspruch, sie müßten wie Gottes Worte geglaubt werden; allzu hart sei es, daß noch übrigens die Seligkeit daran „gebunden" toäre75). Das ist der Unsegen der Intoleranz des Lehrsystems an sich. Wenn solche dogmatische Borstellungsarten zum „Hauptwerk" der Religion ge­ macht würden, dann entstehe aus dieser Einseitigkeit in den Menschen Intoleranz und „brutaler Bekehrungseifer"76)* Das ist dann der Fluch für den einzelnen und die Gesellschaft zugleich. Im Namen der Gewissensfreiheit und Toleranz schüttelt der Rationa­ lismus die untragbaren Lehren ab und schafft sich ein Christentum, das seicht genug ist, um möglichst viele nicht mehr orthodox denkende Christen der Kirche zu erhalten77). Wenn Rousseau und noch Basedow78) für die Annahme der über die Vernunft hinausgehenden Sätze die vollkommen freie Entscheidung des einzelnen verlangen, so fordert diese Art der Aufklärer, die auch den Namen christlicher Theologen für sich beanspruchen78), die nämliche Frei­ heit bezüglich der unwesentlichen Artikel88). Unter den letzten sind die für sie „unsinnigen" Geheimnisse oftmals mitgemeint, wenn sie auch vorsichtshalber nicht mit diesem Namen genannt toetben81). 7Ö) Sack, „Vertheidigter Glaube der Christen", Vorrede zur letzten Ausgabe von 1773", Abdruck in: „N. Rel. Beg." IV (1781), 835—848. Der reformierte Theologe bezeichnet die Vorrede als seinen „ Schwanengesang" (a. a. O. 846). Er möchte „an der heftigen Gährung, die seit einigen Jahren... auf dem theologischen Schauplatz wahrgenommen wird", „nicht gern" unmittelbar teilnehmen, redet aber bereits die Sprache der Neologen, wenn er schreibt: „Es kann dadurch (sc. durch die Gärung) mancher hinderlicher Schaum weggeworfen und manche schädliche Unreinigkeit für diejenigen, die nach der reinen Wahrheit dürsten, ausgestossen und weggeworfen werden ..." Jrrlehrer könnten „die besten Christen und gewissenhaftesten Vormünder der verwaiseten Vernunft und Wahrheit" sein (838 f.). Derselbe Autor polemisiert gegen jene, „die das wankende System ihrer Väter aus allen Kräften zu stützen ... sich bestreben" (841); auch das apologetische Motiv fehlt nicht, daß der „verstellte Glaube der Christen" den Freigeistern „zur Verführung der Unbehuthsamen" will­ kommen sei (843 f.). An die Orthodoxen richtet er den dringenden Appell: „Ver­ theidigt immerhin euren besonderen kirchlichen Lehrbegriff, so gut und so stark ihr wollet und könnet; nur bindet daran die Seeligkeit nicht. Stosset den, der anders denkt denn ihr, immerhin aus Eurer Kirche aus; nur flösset ihn nicht aus Christi Kirche aus, zu der er ebenso wol u. vielleicht mehr gehören mag als ihr selbst (844 f.)." Diese Worte zeigen die ganze Verflechtung des Toleranzgedankens mit den Aufklärungs­ ideen. Vgl. „Rochow an Nösselt" (1775) in: Rochows s. päd. Schr. IV, 119. 76) Czilchert, „Zum RU.", 32. Aus Salzmann, „Über die wirksamsten Mittel, Kindern Religion beizubringen", Aufl. 1787. 77) Vgl. „N. Rel. Beg." I (1778), 393f.; vgl. (Thilo), „Fr. Unten." I (1769), 38 f. 78) Meth. B. I (1771), 277; vgl. Emil IV, § 357. 79) Vgl. „N. Rel. Beg." I (1778), 919. 80) Vgl. a. a. O. 1,198, 760 f. 81) Ein Verfasser unterscheidet (in: „N. Rel. Beg." I, 392 ff., 754 ff., Abhandlg. „Bon den Streitigkeiten über einzelne Lehren, und die Bestimmung der wesentlichen Religionslehren") die „eigentlichen und wesentlichen Migionslehren in mehr und minder-nothwendige" (754, vgl. 403) und stellt fest, daß man diesen Unterschied wissen muß, „indem viele denselben mißbrauchen und die nothwendigen Religions­ wahrheiten vom zweyten Rang für ganz überflüssig in Absicht des Unterrichts erklären, weil sie nicht zu den Wahrheiten von dem ersten Rang gehören, oder gar durch einen Sprung im Schließen, dieselbigen gänzlich leugnen" (754).



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Für Männer solchen Geistes war der alte Katechismus mit seinem unterschiedslosen Nebeneinander von „wesentlichen" und „unwesentlichen" Dogmen82) und der immer gleichen Verpflichtung zum unbezweifelten Glauben eine lästige Fessel, und sie fanden Wege, sich und die Schüler davon zu befreien. Solange die zuständigen Behörden noch nicht zur „Aus­ musterung" der „nebensächlichen" Punkte88) sich entschlossen hatten, gingen die Religionslehrer selbst dazu über, die „Absonderung" der Wahrheiten vorzunehmen, die ein jeder „nach seinen besonderen Absichten nicht füglich brauchen konnte88)." Die Schriftsteller aber lieferten jenen nach dem Vor­ bilde Basedows genügend Muster von neuen Büchern, in denen die „wesent­ lichen" Lehren enthalten waren. Ihre tolerante Gesinnung sorgte dafür, daß die „unwesentlichen" Lehren nicht das Übergewicht bekamen88). Wollten diese Bücher übrigens vielen Menschen mit so verschiedener Auffassung von Religion gerecht werden, dann durften sie sich nicht allzuweit in die christ­ liche Dogmatik hineinwagen. Denn es hatte schließlich ein jeder Theologe seine eigene Auffassung von den „nothwendigen" Lehren der Religion88). Unter solchen Einwirkungen der Toleranz war der Stoff des Religions­ unterrichts sehr mager und dehnbar geworden8'), je nach der größeren oder geringeren Heterodoxie des Lehrers oder Autors eines Religionsbuches. Es war wirklich keine leichte Arbeit für den letzteren, alle widersprechenden Meinungen unter seinem Religionsgebäude friedlich zu vereinigen; am besten mochte es noch glücken, wenn er möglichst wenig christliche Lehrsätze aufnahm. Ein im wesentlichen orthodoxer Schreiber88) fühlte diese Schwie­ rigkeit besonders deutlich und berief sich in seiner Verlegenheit auf ein angebliches Diktum Friedrichs des Großen: „Man weiß, daß heut zu Tag die Religion Jesu... so sehr gequintessenzirt werde, daß am Ende gar nichts mehr davon übrig bleiben dürfte88)." Zur Entleerung der christlichen Dogmatik kommt noch die der ein* »*) Val. „Die Religion" V (1931), 1219. 83) „R. Rel. Beg." I (1778), Vorrede 3 f., 195 ff., 758. M) A. a. O. I, 757. Der Verfasser gibt als Beispiel eines wesentlichen Satzes, der von der Schrift als ein solcher gelehrt fei, den vom Teufel an und fügt hinzu: „Aber nunmehr (in concreto) da Gott diese Lehre auch, nicht nur geoffenbahrt, sondern zu einem Theil des ganzen Religionsfystems gemacht hat, so ist sie nothwendig, und wir müssen nicht klüger seyn wollen, als Gott und feine Gesandten, noch uns die kindische Mühe geben, sie herauszufchmeissen" (a. a. O. I, 756 f.). e6) Bei Erwähnung der vielen neu erschienenen Religionsbücher wird sich noch Gelegenheit geben, die Entleerung der Katechismen von den Dogmen zu beleuchten. Vgl. u. a. C. D. Küster, „Bibl. Geschichtskatechismus für Kinder von guter Erziehung." Magdeburg 1774 (in Mg. theol. Bibl.Mitau II, 1774, 99 ff.); F. G. Lüdke, Communionbuch, Berlin 1774 (Allg. theol. Bibl. Mitau II 69f.). •*) Vgl. „91. Rel. Beg." I (1778), 392 ff. Der eine Theologe sieht „das für eine wesentliche Lehre" an, „woraus ein anderer nur eine Nebensache machen will" (393, vgl. a. a. 0.904 f.). ”) Vgl. „Die Religion" V (1931), 1219, Art. „Toleranz II" von Heinrich Hoffmann. “) „Versuch eines neuen Catechismus", Berlin 1781, Vorrede,in: „91. Rel. Beg." IV (1781), 739, vgl. 737. Es wird vom Verfasser des „Versuchs" nicht angegeben, bei welcher Gelegenheit das obige Wort gefallen fei. Das Büchlein („Versuch") war für beide protestantische Kirchen bestimmt und ist infoferne auch eine Frucht der Toleranz.



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zelnen Dogmen. Ein Weg, den die Aufklärung findet, um sich die alten Lehrsätze glaubhafter zu machen, ist die Umdeutung^) der vorhandenen alten Begriffe. Auch diese Methode entspricht der Elastizität, die die Toleranz der theologischen Aufklärer im Interesse der persönlichen Glau­ bensfreiheit, man könnte auch sagen, zur Sicherung der eigenen religiösen Position, von der christlichen Lehre fordert. Die bereits erwähnte Klage, daß manche Neuerer ihrer Religion ein Gewand umhängen, das „noch einige Flecken von der ächten Christlichen" enthält9"), ist sehr berechtigt. Die Versöhnung, die zwischen Aufklärung und Christentum im Sinne vieler Aufklärer durchgeführt werden soll, ist recht äußerlich und nicht immer konsequent9*). Das Christentum darf die Formen und Worte geben, die der Rationalismus mit seinem Geiste erfüllt. Das ist teilweise durch die rationalistische Bibelauslegung veranlaßt, aber oft auch durch jene unehrliche Kampfesart bedingt, die Basedow noch theoretisch zu rechtfertigen versucht9^). Auch bei anderen Aufklärern besteht eine gewisse Neigung, nicht mit der ganzen Heterodoxie sofort vor das Volk hinzutreten9") und die „Aufhellung" nur allmählich durchzuführen9"). Für den Kampf gegen den alten Katechismus war dieses Verbergen der letzten Absichten9^) wie die Entleerung der alten Begriffe gleich gefährlich, weil dieser damit in den Händen neuerungssüchtiger Prediger seines An­ sehens bzw. seines dogmatischen Gehaltes beraubt wurde. 89) Bgl.Czilchert, „ZumRU." (1898), 83; „N. Rel. Beg." III (1780), 27,289,431; IV (1781), 788. 90) Journ. f. Pred. VI (1775), 280, s. o. S. 343. 91) Reh (Grundlagen, 27) betont, daß Salzmann, wie Resewitz und die Aufklärer überhaupt, die noch ein Stück Offenbarung annehmen möchten, „eine philosophisch nicht einwandfreie Verbindung heterogener Elemente" vornahmen. Die eigene logische Unklarheit mochte mit dazu beigetragen haben, doch wieder Konzessionen an die kirchliche Lehre zu machen. Vgl. Czilchert, „Zum RU." 82. „N. Rel. Beg." I (1778), 922f. 92) Vgl. Pract. Philos. II (1777), 362. Bas. möchte nach dieser Stelle Fälle anerkennen, wo man seine Religionsmeinung verschweigen, durch zweideutige Worte verbergen oder „das Gegenteil dessen" bekennen darf, was man glaubt. Vgl. dazu „O. Vorschl." (1767), X f. Vgl. auch den Begriff „Sohn Gottes" in „Versuch" (1766), 108. Köppen erwähnt (Journ. f. Pred. VI, 1775—76, 276 f.) bereits Umdeutungen des traditionellen protestantisch-lutherischen Begriffes der Sakramente der Taufe und des Abendmahls. Vgl. auch „N. Rel. Beg." II (1779), 206 f., „Krit. Samml.", Bützow I 2 (1774), 149 f. 93) Vgl. Schöbel, Resewitz, 94. Resewitz beruft sich auf Christus, der die „Vor­ urteile" der Juden schonte. Vgl. „O. Vorschl." (1767), X f. „Rochow an seine Lehrer" (1776), Rochows s. päd. Schr. IV, 145. Vgl. Schund, „Abhandlung" (1811), 126. Der Autor stellt für die Zeit des Streites um den Lehrbegriff fest, daß man zuweilen zur Behutsamkeit geraten habe, weil der „große Haufe sehr an den alten Lehren hänge". Man müsse etwas „besser unvermerkt widerlegen und allmählich berichtigen". Schmid bemerkt dazu: „ein Rath, dessen Gesetzlichkeit wir auf die Waage der Gewissenhaftig­ keit nicht trauten zu bringen" (a. a. 0.126). 94) Vgl. „N. Rel. Beg." III (1870), 567; vgl. 564. (Aus dem „Gutachten" über C. F. Bahrdt); ferner die Schrift: „Kann ein Lehrer mit gutem Gewissen seine Mey­ nungen und Überzeugungen verschweigen?" Halle 1774. Inhaltsangabe und Rezen­ sion in: „Allg. theol. Bibl." I (Mitau 1774), 104 ff. Der Verfasser ist mit dem Re­ zensenten darüber einig, daß es am besten und am leichtesten ist, „betn thätigen Chri­ stentum schädliche" (z. B. das Erbverderben des Menschen) dem „gemeinen Manne" zu verschweigen und ihn „per indirectum“ davon zu entwöhnen (a. a. 0.105 f.).

— 363 Wie weit in der Tat unter der Berufung auf die Toleranz die Willkür in der „Läuterung" der selbst gemeinchristlichen Lehren getrieben wurde, dafür können Männer Zeugnis ablegen, die sich der neuen Zeit aufge­ schlossen hatten und selbst nicht mehr als Orthodoxe anzusprechen sind, aber sich doch die Toleranz anders dachten als jene Rationalisten. über den „Universalitätsschwindel" des „Philanthropinismus" schreibt ein Zeitgenosse energische Worte der Ablehnung, und sogar Kreise, die Basedow nahestanden, sahen sich durch diese Angriffe veranlaßt, den extremen Ruf nach einer einzigen Religion als das „langweiligste, ein­ förmigste, fadeste Werk" zu verwerfen98). Die Universalitätsidee Basedows zur Herstellung einer religiösen Einheit könne nur das bedeuten, daß er es auf eine „Schwächung des Parteygeistes" abgesehen Habens, „dem Einflüsse der politischen und kirchlichen Borurtheile zuvorkommen" und gegenseitiges „Wohlwollen" ausbreiten toolle96). Diese Toleranz­ formel ist freilich recht dehnbar, geradeso wie die für die Praxis der philan­ thropischen Erziehung aufgestellte, die derselbe Autor in dem Satze aus­ spricht: „Man erzieht die Menschen zur Religion ihrer Eltern, wie bisher, und giebt ihrer Anhänglichkeit daran eine solche Temperatur, die sich mit Duldung und Achtung der übrigen verträgt9')." Daß diese „Temperatur" eisig kalt war und in bezug auf den Katechismus es auch blieb und nicht nur die Mäßigung des Parteigeistes in Basedows Toleranz enthalten war, zeigt seine theologische Periode nach 1780, als er vom Philanthropin ge­ schieden todt98). Gegen den Mißbrauch der Toleranzidee zum Deckmantel der eigenen Heterodoxie und zu einer willkürlichen Läuterung der Lehre setzten sich auch die nach Duldung und Reform rufenden Theologen und Pädagogen zur Wehr99). „Es ist wahrheitsliebenden Protestanten", so meint einer aus diesen Reihen, „wohl schwerlich zu verdenken, wenn sie über (sic!) ihren Lehrbegrif, was die Hauptsache betrift, halten, und nicht einen jeden, sollte er auch ein declarirter Socinianer seyn, für ein Mitglied ihrer gottes­ dienstlichen Gesellschaft erkennen toollen100)." Biele waren wohl bereit, wegen der Toleranz ihr kirchliches Bekenntnis nicht mehr bis zum letzten Buchstaben als wesentlich zu betrachten und den Altgläubigen Duldung zu predigen. Aber sie waren doch mit dem bescheidenen Rest von christlicher e6) „Päd. Unterh." II (1778/79), 445; vgl. 446. Fußn.: Aus der Abhandlung „Anmerkungen zu den philanthropischen Gedanken über den Philanthropinismus" (227 ff., 435 ff.). Die „Anmerkungen" waren 1777 in Mannheim erschienen und enthielten einen §4: „Uber den Univerfalitätsfchwindel", an die der Verfasser feine Bemerkungen knüpft (435 ff.) '«) „Päd. Unterh." II 444. •7) „Päd. Unterh." II 448. ") Im Jahre 1784 (Germanien) veröffentlichte Bas. fein „Examen der allernatürlichsten Religion", in dem er eine Mischung von natürlicher und Offenbarungs­ religion als Staatsreligion vorschlägt. Als Erfolg versprach er sich, daß „gewisse Kirchen zum Besten des Staates nach und nach ermüden würden, die natürliche Religion mit einem Anhange unnatürlicher Lehrsätze zu verunstalten und zu ver­ derben". S. A. B. Nördlingen XI 2 (1786), 135. ") Vgl. „N. Rel. Beg." I (1778), 392ff.; vgl. Vorrede, 3f. 10°) „Gemeinn. Betracht." (1776), 658 f.

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Lehre, den so mancher Aufklärer noch übrigließ, auch nicht zufrieden. Sie wollten über den Parteien stehen. So fordert ein Kritker „aufrichtigste Ergebenheit" der einzelnen An­ gehörigen verschiedener Konfessionen zueinander und allgemeine Liebe. „Muß deswegen", so fährt er gegen die maßlosen Neuerer gewendet fort, „eine allgemeine christliche Religion... eingeführt werden... Universalmedieamente taugen so wenig, als Universalmonarchie und eben­ sowenig taugt eine Unitietfalreligtotv01)." Scharf kämpft er deswegen gegen die „Religionsmengerey" und die tägliche Predigt des „sträf­ lichsten JndifferentismusK")." Mit derselben Begründung verwirft ein anderer Rezensent den Reli­ gionsunterricht für Kinder „von verschiedenen Religionsverwandten" und erklärt sich dahin: „Ein allgemeines Lehrbuch für alle Religionspartheyen abfassen, und einen Universalgottesdienst einführen wollen, ... ist Reli­ gionsmengerey und Jndifferentismus, woran die wenigsten Leute Ge­ schmack ftnben102)." Im „Magazin" lobt ein Kritiker eine Schule, weil man in ihr „keine Abkürzungen und Simplificirungen des altlutherischen Lehrbegrifs nach dem neuen latitudinarischen Geschmacke" durchführe^s). Basedows Ausweisung der konfessionellen Sätze aus der Schule wird in der gleichen Zeitschrift als eine „Entnervung des Unterrichts" bezeichnet^4). Auch der sonst gemäßigte Miller verliert seine Ruhe, wenn er beim Blicke auf die hierher gehörigen Streitigkeiten schreibt: „Ueberhaupt aber sey es mir erlaubt, hier mich ein für allemal zu erklären. Die bis zur Affektation getriebene Toleranz, Billigkeit und Nachgiebigkeit gegen die Ratio­ nalisten verleitet eine Menge Lehrer, daß sie bereits den Kindern und der Familie das Brod nehmen, ich will sagen, eine Lehre nach der andern aus der evangelischen Heilsordnung und dem Unterrichte junger und alter Christen weggelassen wissen wollen, die etwa jenen über alles, was wir lehren, vernünftelnden und kritisirenden Herren mißfallen dürfte. Gleich­ wol ist bisher durch alles Aufopfern nichts gewonnen wordenes)." Darum verspricht er auch fernerhin im Religionsunterricht gemäß „dem bisher 101) „Gemeinn. Betracht." (1777), 132. Der Rezensent zeichnet „S" (a. a. O. 132) und ist wohl identisch mit betn Herausgeber Professor Georg Friedrich Seiler, dessen gemäßigter Rationalismus auch aus der ganzen Zeitschrift spricht. Seiler hatte bei der Herausgabe der Zeitschrift zwar mehrere Mitarbeiter, aber er rezensierte doch „einen sehr grossen Theil der Schriften selbst". S. F. C. G. Hirschings Hist.-lit. Handbuch XII1 (1809), 190. Von Seiler urteilt Paul Tschackert in A. D. Biogr. 33, 648: „In seiner Denkweise hat er zwar das orthodoxe kirchliche Lehr­ system abgelehnt, aber als ernster Christ sich vor frivoler Aufklärung gehütet tmb zur Vertheidigung des Christentums die Harmonie von Vernunft und biblischer Religion zu erweisen gesucht; er gehörte zu den »Aufklärern', aber zu den besonnenen, welche noch ,göttliche Offenbarungen' anerkannten." Damit stimmt überein, wenn ihn Zscharnack (in: „Die Religion" V, 1931,396) theologisch unter den „rationalen Super­ naturalismus" einreiht. Die „Gemeinnützige Betrachtung" wird von der gemäßigt orthodoxen Zeitschrift Kösters: „N. Rel. Beg." II (1779), 185, empfohlen. 102) „N. Erz. Beg." (1780), 503. 103) Mag. Sch.E. I (1767), 2. Aufl. 1775, 352. 104) Mag. Sch.E. VI (1772), 70; die Worte sind aus den „Anmerkungen" Schlegels über Bas. zustimmend zitiert. 105) Miller, „Anweisung" (1778), 165 f.

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aus der Schrift vorgelegten Systeme der evangelischen Kirche" die „schon selber denkende Jugend" zur Hoffnung auf Gottes Verheißungen hinsicht­ lich der „Begnadigung um Christi willen", der „göttlichen Kräfte zu Besse­ rung der Seelen" und der „ewigen Seligkeit" zu ermuntern. Doch will auch er die straffe kirchliche Lehrautorität nicht verteidigen, die den Zeit­ genossen mit der evangelischen Freiheit unvereinbar zu sein scheint und seit Jahrhunderten schon den Borwurf der Arroganz und Intoleranz ver­ anlaßt hat. Er appelliert an das Gewissen seiner Schüler und stellt es ihnen frei, eine andere Religionspartei zu wählen, deren Lehren über diese Punkte sie für besser hielten 105). Das Gesicht dieser rationalen Supernaturalisten kehrt sich aber zugleich gegen die Orthodoxen als die strengen Hüter der alten Lehre und der alten Katechismen. Die Zeitschrift Seilers wendet sich nicht nur gegen die Willkür der Neologen, sondern auch gegen den engherzigen Übereifer der rechtgläubigen Kreise. Ein Rezensent beruhigt z. B. die ängstlichen Hyperorthodoxen, sie möchten sich um die „äußerliche Sicherheit der pro­ testantischen Kirchen" wegen der großen „Verschiedenheit der neuem Mey­ nungen in Religionssachen" keine unnötige Sorge machen; es handle sich ja nicht um ein „öffentliches Bekenntniß", die Verbessemng der „Religion und Erkenntniß" aber sei „ein wesentlicher Teil unserer freyen Religions­ übung", Religionskriege um „solcher Lehrsätze willen" seien nicht zu be­ fürchten. „Die toleranten Gesinnungen nehmen überhand 106)." Die lutherische und kalvinistische Lehre von der Verstoßung der Heiden wird auch von solchen Männern unter der Zeitströmung der Duldung revidiert. „Es gehört nicht zur Orthodoxie", so schreibt um dieselbe Zeit ein Schriftsteller, „daß man über Geschöpfe Gottes ein kühn Ver­ dammungs-Urteil spreche; es ist dieß vielmehr ein unbilliger Eingriff in die Rechte @otte§107)." Solche energische Anwälte einer freien religiösen Selbstentscheidung, die zu den nicht mehr orthodox denkenden, aber ernsten und einflußreichen Theologen zählen, sind immerhin ein Zeichen der Lockemng der kirchlichen Einheit im Protestantismus. Wenn die Bekenntnisbücher, darunter der Katechismus, von vielen Theologen als eine unerträgliche Last empfunden, von den anderen als nicht mehr streng verpflichtend betrachtet wurden, war nicht abzusehen, wo beim einzelnen die Abweichung von den Symbolen endete; es war fraglich geworden, ob er schon dort Halt machte, wo Geister wie Seiler und Miller ihm Halt geboten und ein weiteres Preisgeben des Dogmas als willkürliche „Religionsmengerey" brandmarkten. Jedenfalls war auch die ernste religiös-christliche Gesinnung dieser Männer nicht hinrei­ chend, den Katechismus Luthers in allen bevorstehenden Anfechtungen zu verteidigen; auch sie waren bereit, ihn ganz oder teilweise preiszugeben^). 10«) „©entehrn. Betracht." (1776), 567; vgl. Mag. Sch. E. I, (1767), 2. Stuft* 1775, 352. 107) „©entehrn. Betracht." (1776), 734; vgl. 730 ff.: Inhaltsangabe der Broschüre „Schrift- und vernunstmäßige Gedanken von dem Schicksale der Heiden in der Ewig­ keit". Bayreuth 1776, Vers. Sal. Heinr. Haberstumpf, Holzmann-Bohatta, Anou. Lex. II (1903). Vgl. „N. Rel. »eg." I (1778), 869 ff., des. 900. 108) Seiler hatte bereits 1772 seine umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit uns katechetischem Gebiete begonnen. Es erschienen von ihm bis ca. 1780 folgende

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Es blieben schließlich nur noch die Orthodoxen übrig, die an der alten Lehre festhielten und sich schützend vor den Katechismus stellten, um ihn gegen jene „Verbesserer" zu verteidigen, „die mit aller Gewalt an der Religion schneiden und brennen toollten"109)* Aber die Zahl und Macht der rechtgläubigen Theologen war stark geschwunden. Aus ihren eigenen Reihen kam die Klage, „daß sie bey weitem nicht so viel zur Beybehaltung der alten Religion thaten, als die Reformatoren und die ihnen gleich ge­ sinnten Recensenten für die Ausbreitung der neuen gethan haben" ^»), und manche „auch selbst nicht recht mehr wußten, was sie glauben sollten" und „auf beyden Seiten" hinkten""). Eine Waffe hatten die Neologen selbst ihren Gegnern durch ihren Kampf um die Toleranz in die Hand gegeben: daß sie dem „Despotis­ mus der Observanz" „den Despotismus der Neuerungssucht" entgegenftellten110). Sie mußten sich sagen lassen, daß es vielen von ihnen „an einer Tugend, die sie so oft empfehlen, würklich fehlet)". Es^illustriert die ganze mit der Predigt von der Duldung verflochtene Problematik, wenn derselbe Kritiker den Jndifferentismus seiner Gegner scharf und treffend zurückweist. „Bescheidenheit", so schreibt er, „ist aber nicht Nieder­ trächtigkeit, nicht kriechende Schmeicheley, nicht Verrätherey der Wahrheit. Alles dieses verlangt man von den Freunden des bisherigen Protestanti­ schen LehrbegrifZm)." Man möge doch nicht „eine jede ernsthafte und nachdrückliche Vorstellung, worinnen das Falsche, das Unbillige, das Ge­ fährliche einer Meynung mit deutlichen Worten abgeschildert ist, ... für Grobheit und Intoleranz" ausgeben112), und Zurückweisung des Irrtums und Verfolgungsgeist nicht gleichsetzen^2). Werke: „Religion der Unmündigen" 1772, 16. Aufl. 1797, 18. Ausl. 1808 (ins Latei­ nische und in sieben neuere Sprachen übertragen), „Kleiner und historischer Kat.", Bayreuth 1775, 16. Aufl. 1801, 29. Aufl. 1818 (vielfach in Deutschland nachgedruckt). S. A. D. Biogr. 33 (1891), 648. „Kurze Geschichte der geoffenbarten Religion". Erlangen 1772 (bis 1798 8 Auflagen). „Lehrgebäude der evangelischen Glaubens­ und Sittenlehre für die Jugend und den gemeinen Mann." Erlangen 1774 bis 1808, 8 Auflagen. In dem „Kat." Seilers ist der Kat. Luthers, mit zergliedernden Fragen erläutert, nur eines von den sieben Stücken. Bereits 1777 war er „in so vielen Schulen" eingeführt. „Gemeinn. Betracht." (1777), 276. Im Jahre 1777 erschien von Seiler die theoretische Schrift: „Über die Unterweisung der Jugend im Christenthum, be­ sonders beim Gebrauch seiner Lehrbücher." Bayreuth. Bezüglich der obigen biblio­ graphischen Angaben s. Kayser, Bücherlexikon V (1835), 218 ff. — Auch Miller hatte um diese Zeit seine katechetisch-praktische Schriftstellertätigkeit begonnen und bereits u. a. herausgegeben: „Lehrbuch der ganzen christlichen Moral." Leipzig 1774. „Religionsbuch oder Anleitung zu katechetischen Unterredungen über den gemein­ nützigen Inhalt der hl. Schrift", ebd. 1777, 2. Aufl. 1779; Nachdruck Tübingen 1780. S. Hirsching, Hiit.-lit. Handbuch V 2 (1800), 18 f. — Wagenmann (A. D. Biogr. 21, 1885,750) bezeichnet den theologischen Standpunkt Millers als den „einer moderierten, toleranten, theilweise schon stark zum Latitudinarismus und Rationalismus sich nei­ genden Orthodoxie". Die bisherigen Ausführungen über Miller bestätigen diese Charakterisierung. 109) „N. Rel. Beg." II (1779), 173 f.; I (1778), 248 f. no) Schuderoff, Journ. I (1802), 170. 1U) „N. Rel. Beg." III (1780), 224 f. 112) „N. Rel. Beg." III (1780), 225 f. Die Worte richten sich gegen die von Lessing herausgegebenen Fragmente von Reimarus. Hier tritt der Verfasser selbst

— 367 — Es war bereits gegen 1780 so weit gekommen, daß der Name „Ortho­ doxie" bei vielen keinen guten Klang mehr hatte113), wozu ihre Vertreter durch unduldsame „Machtsprüche"114) und zähes Festhalten an „gezwun­ genen Auslegungen" ihren Teil beigetragen I)ätten116). Die Mahnung eines Autors an die Lehrer, sie möchten sich nicht „von dem diktatorischen Ton verschiedener Reformatoren und der ihnen gleichgesinnten Journalisten hintergehen" lassen116), war deshalb wohl am Platz. Die Neologen waren teilweise selber intolerant geworden und kannten die Duldung nur als Forderung, nicht als Pflicht. Wenn einer „nicht schlechter­ dings zu allen Neuerungen in der Religion stille schweigen" wollte und auch „seinen Glauben zu vertheidigen und die entgegenstehende Meynung zu widerlegen" suchte, so wurde ihm dies oft schon als „falscher Religions­ eifer" angerechnet*111). Auch die ruhig urteilenden Altgläubigen wurden kaum mehr geachtet, wenn sie aus ehrlicher Überzeugung erklärten, die große „Läuterung" nicht mitmachen zu können, und ihren Gegnern sagten, es handle sich nicht nur um „bloß gelehrte Zänkereyen und Spitzfindigkeiten,... unerhebliche Klei­ nigkeiten", sondern „um solche Lehren ..., worauf sie die Ruhe ihres Lebens und die Hoffnung zur Seeligkeit gründen", für die sie bis zum Tode eintreten müßten116). Dazu sei noch ein Zeugnis von der Gegenseite aus dem nämlichen Jahre angeführt. Nach Untersuchung des Heidelberger Katechismus schreibt ein Kritiker: „Je mehr ich in die Geschichte der Theo­ logie eindringe, und je bekannter mir die Veranlassungen zu den meisten theologischen Sätzen, welche gänge und gäbe sind, werden, — desto mehr sehe ich ein, ... wie viele Irrthümer noch zu vertreiben sind, ehe reine und unverfälschte Wahrheit allgemein werden wird116)." An diesen Wünschen und Meynungen zeigt sich, wie wenig die alte, auf die Gemein­ schaft gerichtete Gläubigkeit und die neue, vom Ich aus einsetzende und um dasselbe kreisende Religiosität sich vertrugen. Die einen nannten es „Besserung" des Christentums und sagten, das sei auch von der Duldung gefordert, wenn sie alle oder doch die meisten Unterscheidungslehren des Christentums streichen wollten12°); den anderen erschien ein solches Ver­ halten als der Raub der köstlichsten Perlen der christlichen Lehre und jede Partei klagte die andere der Unduldsamkeit an. Dabei trat aber das Über­ gewicht der Neuerer aller Richtungen bereits deutlich hervor161). für tolerantes Verhalten bei Schriftstellerei ein (228 f., 236 f.). Vgl. „Krit. Samml." III (1776), 164 f. 113) „N. Rel. Beg." I, 768; II, 186, 188 f. 114) „Gemeinn. Betracht." (1776), 659. Der Rezensent meint entrüstet: „Solche Vertheidiger wenigstens ... sollte sich die ganze evangelische Kirche ver­ bitten" und lehnt jene ab, die andere „um Meynungen ... verketzern, die jeder ge­ sunde Menschenverstand für unschädlich erkennen muß". Vgl. ebd. 696. »°) „N. Rel. Beg." I (1778), 928; vgl. II (1779), 173 f., III (1780), 224. lle) „N. Rel. Beg." I (1778), 770; vgl. II (1779), 186f. 117) „N. Rel. Beg." IV (1781), 84; vgl. II (1779), 186 f., 188 f. 115) „N. Rel. Beg." I (1778), 765; vgl. „Gemeinn. Betracht." (1776), 696. 119) „Pr. Rel. Zust." II (1778), 83 f. 12°) „N. Rel. Beg." II (1779), 14. 121 j „N. Rel. Beg." II (1779) müssen feststellen, daß die bedeutendsten und einflußreichsten Zeitschriften von den Neuerern herausgegeben werden.

— 368 Wenn diese das Wort Toleranz in den Mund nehmen, dann meinen sie nicht nur eine liebevolle Gesinnung gegen Andersgläubige, sondern sie fordern — je nach dem Grade ihrer Heterodoxie — von dem Orthodoxen eine mehr oder weniger große Preisgabe seiner Dogmatik. Dafür ver­ sprechen sie ihm und allen ihren Zeitgenossen die Rettung des Christentums aus allen seinen Nöten und das Glück des Staates und aller seiner Bür0et122). Toleranz ist das Zauberwort, womit man so große Dinge voll­ bringen will, dem sich im 18. Jahrhundert nur die verbissensten Orthodoxen entziehen können. Diese Toleranz aber wird zugleich die Feindin der christ­ lichen Dogmatik. Man kann kaum eine Abhandlung über die Lehrstreitig­ keiten dieser Zeit lesen, ohne daß nicht zugleich dem Worte „Symbolum" das andere von der „Duldung" entgegengesetzt toitb123). Wenn auch viele Aufklärer die meisten charakteristischen Lehren der christlichen Religion nicht zu Nebensachen stempelten und bis zum Universalchristentum oder bis zur „Friedensschule" Basedows*2*) sich verstiegen, so war doch die Dogmatik der Katechismen aus der Zeit des konfessionellen Streites auch für die gemäßigten unter den Neuerern zu umfangreich, zu hart in ihren Glaubensforderungen an den einzelnen, zu lieblos in Formulierungen ein­ zelner Dogmen und den Verdammungen, die sie über die Ungläubigen aussprach. Der Katechismus war ein veraltetes Stück unter den neuen „Es war kein allgemeines Journal vorhanden, das einen solchen Credit hatte, als die allgemeine Deutsche Bibliothek" (a. a. O. 185 f.). Außerdem gaben die Heterodoxen heraus: „Allgemeine theologische Bibliothek" (zu Mitau 1774—80 erscheinend), Herausgeber für Bd. 1—4 C. F. Bahrdt, für 5—10 I. C. F. Schulz, für 10—14 Joh. Pet. Bamberger und Samuel Mursinna. S. Holzmann-Bohatta, Anon. Lex. I (1902). „Die Lemgoer sog. auserlesene Bibliothek" sollte den Neuerern entgegen­ treten, hing aber „mehr auf der Seite der Heterodoxen als Orthodoxen" (a. a. O. II, 196). „Verschiedene theologische Journale waren ... nicht ganz rein" oder vermieden die strittigen Materien (a. a. 0.187). Auch unter den gelehrten Zeitungen nehmen verschiedene „die Parthey der Religionsverbesserer", andere tragen „auf beyden Schultern und noch andre erwählen das Schweigen" (a. a. 0.188). Bon ihnen sind nur die „Jenaischen" orthodox, von den theologischen Zeitschriften nur die „Kritischen Sammlungen von Nachrichten aus der Gelehrsamkeit" (zu Bützow u. Wismar ab 1774 erscheinend, a. a. O. 186). Diese wenigen Zeitschriften konnten sich gegenüber der Masse und dem überlegenen Ton ihrer Gegner nicht durchsetzen und „brachten bey­ nahe den ganzen Schwarm der Rezensenten gegen sich aus" (a. a. O. 186; vgl. 188, 196, 198, 696 f.). Auch „N. Rel. Beg." (a. a. 0.189 f.) machen sich auf eine solche Behandlung gefaßt. Vgl. „Kritische Sammt." III (1776), 561, wo sich der Verf. gegen A. D. B. u. Mg. theol. Bibl. Mitau und alle Leute wendet, „die an der Neue­ rungssucht krank liegen". 122) „N. Rel. Beg." II (1779), 669 f. 123) Vgl. „N. Rel. Beg." II (1779), 706, wo der Autor von den neueren Schriften „über die symbolischen Bücher und die damit verbundene Lehre von der Toleranz" spricht. Vgl. die Schrift Lüdkes „Vom falschen Religionseifer", die mit der Toleranz die Preisgabe der wesentlichen Lehren verlangt; „Gemeinn. Betracht." (1776), 657 ff.: „Von der Toleranz". Die hier gegebenen Auszüge aus den Schriften über die Toleranz führen in die ganzen damaligen Lehrstreitigkeiten der protestantischen Kirche. —Einen guten Einblick in die Verflechtung der Toleranz mit dem rationalisti­ schen System geben die Gedanken des „Untertänigsten Gutachtens" über C. F. Bahrdt in: „N. Rel. Beg." III (1780), 669 ff.; vgl. 664. 124) Mag. Sch. E. III (1769), 33.

- 369 — Büchern einer andersdenkenden Zeit geworden. Er mußte durch ein duld­ sameres ersetzt werden, wenn er als Religionsbuch geachtet werden sollte128). Unter dem Einflüsse der dogmatischen Toleranz begann bereits vor 1780 jene „starke Verarmung der katechetischen Belehrung an spezifisch christlicher ... Religiosität"128), die einen charakteristischen Zug der Zeit überhaupt darstellt. Einen praktischen Erfolg hatte die Agitation der siebziger Jahre für eine Friedensreligion und dies gerade am Katechismus: daß man bereits Emst machte mit der Annähemng der sich am nächsten stehenden Gruppen der beiden protestantischen Konfessionen und mit der Abfassung und Ein­ führung der Unionskatechismen begann. Im Jahre 1778 veröffentlichte der reformierte Hofprediger Hering seinen „Kurzen Unterricht in der christ­ lichen Lehre, für die Kinder beider evangelischen Theile aufgesetzt"122), der auf dem vom Toleranzgedanken vorbereiteten Boden bald weite Ver­ breitung fand128). Der „Borbericht" weist aus den Zweck hin: „Es ist hiebey alles übergangen, was den noch geringen Unterschied zwischen beyden protestantischen Theilen betrift128)." Die Abendmahlslehre ist des­ wegen sehr verschwommen dargestellt, so daß weder die lutherische noch die reformierte Auffassung hervortritt128). Auch auf katholischer Seite wurde von den bereits erschienenen Zeit­ schriften und Werken die Toleranz als Gesinnung, aber auch zur Ver­ minderung der Lehrgegensätze eifrig gepflegt. Die Autoren versprechen z. B. „keine mit unnöthigen theologischen Spekulationen verwebte" Religion zu Pflegen, sich auf „keine beißenden polemischen Zänkereyen" einzulassen, wodurch „der Geist der Liebe verbannet wird", und un­ wissenden Gegnem „durch Aufklärung wesentlicher Religionsbegriffe m) Diese Forderung der Zeit ist von betn Rechtsgelehrten Joh. Georg Schlosser ausgesprochen, wenn er in seinem „Kat. der christlichen Religion als der zweyte Theil des Kat. der Sittenlehre für das Landvolk" (Leipzig 1776) die Orthodoxen anredet: „Ich mache Sektirer wie ihr, ich weis es, aber das Haupt meiner Sekte soll Christus seyn; ihr macht euch zu Häuptern der Sekten, eure Bücher, eure Katechismen, eure Predigten." (Aus dem Borbericht S. 14). 12‘) O. Frenzel, „Zur katech. Unterweisung" (1920), 9 f. m) Verfasser ist Daniel Heinrich Hering. 1. Ausl, erschien 1778. S. Meusel, Das gelehrte Teutschland III (1797), 237f. Benützt wurde die 2. Ausl, von 1783. Das Buch ist für Kinder von 8 bis 12 Jahren bestimmt« (Vorbericht S. 3.) 12S) Hering, a. a. O.4. Die Unterscheidungslehren sollten für den Konfirmanden­ unterricht aufgespart werden. — Auch der schon erwähnte „Versuch eines neuen Kat." (Berlin 1781) ist für „beyde protestantischen Kirchen bestimmt" („9t. Rel. Beg." IV, 1781, 738). m) Die hierher gehörigen Fragen lauten (Hering, a. a. 0.41): „Was hat also unser Heiland bei dem heiligen Abendmahl zu gebrauchen verordnet? Brodt und Wein. — Wozu hat er das Abendmahl eingesetzt? Zu seinem Gedächtniß. — Zu was für einem Gedächtniß? Zum Gedächtniß seines Leidens und Sterbens. — Wessen sollen wir uns bey dem Brodte erinnern? Seines für uns gekreuzigten und getödteten Leibes. — Und bey dem Weine? Seines für uns vergossenen Bluts. — Wie sollen wir uns aber dessen erinnern? Mit herzlicher Dankbarkeit gegen Jesum Christum... — Und was soll solche Erinnerung in uns erwecken? Einen desto größern Eifer, ihn mit unserm ganzen Leben zu preisen, indem wir thun und halten alles, was er uns gelehret hat." Schmitt, Der Kampf um den Katechismus. 24

— 370 und Religionsgebräuche" nützlich zu toerben130). Auch die Sprechweise der Neuerer hatten manche der katholischen Aufklärer übernommen, um die Intoleranz von sich abzuwehren. Sie polemisierten heftig gegen die „Ketzermacher", die „unter dem schönen Deckmantel des Religionseifers" über die Schriftsteller herfallen und beim geringsten unbegründeten Ver­ dacht auf Ketzerei „ein Zetergeschrey" erheben, „als wenn die ganze Kirche schon einstürzen toollte"131). Auch werden bereits ganz vereinzelte An­ griffe auf das Dogma gemacht und mit der Toleranz begründet. Man fängt auch in der katholischen Kirche an, so kann die „Bibliothek Nicolais mit Genugtuung feststellen, „alle die Ungereimtheiten zu prüfen, womit man in der römischen Kirche die wahre christliche Religion vermengt hat'"33). Der Toleranzgedanke wird dort von einzelnen eifrig propagiert133) und dabei besonders der päpstliche Primat befämpft134). Doch kann vor 1780 nicht von einem die Kirche erschütternden Kampf gegen das Dogma ge­ sprochen werden, der sich wie bei den Protestanten gegen die Grundlagen des Christentums richtete. Wenn auch die „Reformationssucht" vom Pro­ testantismus her sich einschleichen toollte136), so hatten doch die Aufklärungs­ bestrebungen die Katechismuslehre noch nicht erfaßt oder wurden von der kirchlichen Autorität abgewehrt136). Jnsoferne die Toleranz in allen ihren Formen nicht nur eine Forde­ rung innerhalb der Konfessionen, sondern ein Charakterzug der ganzen Zeit war, wurde sie auch zum Maßstab, mit dem die Kritiker der einen Konfession die Dogmatik der Katechismen der anderen prüften und die Verfehlungen dagegen aufzeigten. Es wurden von hier aus manche An­ klagen von beiden Seiten erhoben, die auf einer anderen Ebene die alten konfessionellen Streitigkeiten fortsetzten. Die Dogmatik der Aufklärung — wenn man diesen uneinheitlichen Bestand religiöser Lehr­ sätze bei den Rationalisten dieser Zeit überhaupt so nennen darf — stand inhaltlich auf jeden Fall der protestantischen näher als der katholischen und 130) Journ. f. Freunde der Rel. u. Litt. I (1779), Vorgedruckte „Nachricht an das Publikum". Verfasser ist (Holzmann-Bohatta, Anon. Lex. II, 1903) Hofrat Herwig Joh. Just. — Im „Journal" werden die Probleme der Religionsvereinigung besprochen, allerdings als Illusionen abgelehnt (1,356 ff., 375 ff.; II 2, 1780,2). Die letzte Stelle zeigt, daß das „Journal" das Dogma nicht antasten will. m) Litt, des kath. Deutschlands I (1776), 13 (Vorrede). Herausgeber ist der Benediktinermönch des Klosters Banz, Plazidus Sprenger. S. a. Holzmann-Bo­ hatta, Anon. Lex. III (1905). Vgl. A. D. Biogr. 35 (1893), 304 f. Die Zeitschrift erschien 1775—88. 13a) A. D. B. XVI (1772), 564. m) Vgl. A.D.B.XV 1(1772), 562—65: Rezension der „Briefe über das Mönchs­ wesen von einem catholischen Pfarrer an einen Freund", 1. Bändchen, Zürich 1771. Diese freisinnigen „Briefe" (s. 1. Bändchen) sind von dem kurtrierischen Kanzler Georg Michael La Roche versaßt und führten 1780 zu seinem Sturze. S. Holzmann-Bohatta, Anon. Lex. I (1907); vgl. A. D. Biogr. 17 (1883), 716. 134) Hier sind besonders die Bestrebungen des Febronianismus zu erwähnen; vgl. Bibl. f. Pr. II (1797), 209; Veit, Die Kirche im Zeitalter des Individualismus I, 294 ff. m) Journal f. Freunde der Rel. u. Litt. I (1780), 43; vgl. „N. Rel. Beg." III (1780), 564. 133) „N. Rel. Beg." III (1780), 664 f.

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nahm zudem die erstere zur Grundlage. Daher ist es nicht auffällig, daß der Kampf von Konfession zu Konfession trotz des Strebens nach Frieden doch nach einer Richtung erweitert wurde, nämlich durch die nach der dogmatischen Toleranz strebenden protestantischen Aufklärer. Je mehr sie die konfessionellen Gegensätze zu verwischen strebten, desto entschiedener war, wie schon bei Rousseau und Basedow, ihre Aufmerksamkeit gerade auf die katholische Lehre gerichtet, die sie am allermeisten durch „Menschen­ satzungen" und angemaßte menschliche Autorität entstellt sahen. Mit Be­ dauern und Mitleid mußten sie feststellen, daß das neue „Licht" der Auf­ klärung noch nicht in die katholischen Gegenden vorgedrungen tocnc137), mit Freude registrierten sie alle Anzeichen, daß es doch auch allmählich dort „hell" zu werden beginne433), und halfen durch ihre eigene Kritik mit, daß ihre Bundesgenossen im katholischen Lager nicht umsonst kämpften. Der Widerstand, auf den sie dort stießen, war allerdings kräftiger als in den protestantischen Sirenen139). Im Katechismus speziell erregte alles Anstoß, was polemischen Cha­ rakter hatte,insbesondere die Lehre von der alleinseligmachenden Kirche449), die von der katholischen, aber inhaltlich auch von den protestantischen Kirchen gelehrt wird. Man wünschte, daß diese Lehre ausgeschieden oder wenigstens gemildert würde. Der Vorwurf von protestantischer Seite in diesem Punkte wurde prompt mit der gleichen Anklage von katholischer Seite ertmbert444).

137) Vgl. Journal f. Freunde der Rel. u. Litt. I (1779), 2. 13S) Vgl. A. D. B. XVI (1772), 564. „Litt, des kath. Deutschlands" V(1784), 487 f. 139) Vgl. „N. Rel. Beg." I (1778), 3 f. In dem von dem Exjesuiten Hermann Goldhagen zu Mainz herausgegebenen „Rel. Journal" (1778—94) hatte die kirchliche Lehre einen eifrigen Verteidiger. Auch die am meisten dem Rationalismus zuneigende „Litt, des kath. Deutschlands" ist im Vergleich zum führenden protestantischen Auf­ klärungsjournal, der A. D. B., noch sehr gemäßigt. Vgl. „Litt, des kath. Deutsch­ lands" III (1780), 406f. Der Kampf gegen die katholische Kirche wird wegen des Widerstandes, den sie den Aufklärungsideen entgegensetzt, teilweise recht leidenschaft­ lich geführt, so des. von Nicolai, Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz VII (1786); Anhang: „Eine Untersuchung der Beschuldigungen, die Herr Professor Garven... vorgebracht hat." Die Kämpfe werden hier oft mit konfessio­ nellen Waffen geführt (8 ff., 53 ff., 57 ff). 14°) Im kleinen Kat. des Canisius findet sich diese Lehre inhaltlich unter der Frage: „Welche sind von der Kirche ganz und gar ausgeschlossen?" (s. Buchrucker, „Die Normal­ katechismen", 70 f.). Es werden darunter auch die „Ketzer" aufgezählt, „jene nämlich, welche, ob sie schon getauft sind, dennoch einen Irrtum wider den katholischen Glauben hartnäckig behaupten, welche alle von dem Leib Christi, so die Kirche ist, abgeson­ dert und entäußert, folglich des geistlichen Lebens und Heils beraubt, dem Satan und ewigen Tod, wofern sie sich nicht bessern, unterworfen sind". Das Enchiridion Luthers beschränkt sich auf die positive Darstellung der speziell Lutherischen Lehren, ohne polemisch zu werden (s. M. Reu, Luthers kl. Kat., 129 f.). Dagegen gilt dies nicht vom großen Kat. Luthers. Vgl. Martin Luthers Werke (Weimar 1910), 30,1, 192, Abschluß des Glaubensbekenntnisses. Vgl. a. a. O. 188 f., wo dem Papsttum vorgeworfen wird, daß es das Wort Gottes nicht habe predigen lassen und nur auf die eigenen Werke gebaut habe. Daraus wird gefolgert: „Darumb ist es auch kein Christliche kyrche." — Auf die polemische Haltung des Heidelberger Kat. gegen die kath. Kirche bei seiner 80. Frage wurde bereits hingewiesen. Vgl. a. (Thilo), „Fr. Unten." II (1770), 134f. 141) Journal f. Freunde der Rel. und Litt. I (1779), 123 f.

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Ms ein evangelischer Kritiker von einem katholischen Theologen die bis dahin, wie er meinte, unerhörte Tatsache rühmend hervorhob, daß dieser als erster seiner Zunft die materiellen Irrgläubigen nicht samt und sonders verdamme, konnte der Partner von der anderen Seite auf die früheren Theologen Hinweisen, die bereits in dieser Art tolerant waren, und den Vorwurf zurückgeben mit den Worten: „Wenn aber nun dem also ist, warum wird dann in den lutherischen Katechismen die evangelisch-luthe­ rische Religion die alleinseligmachende Religion genannt? Warum auf die Frage: Kann man in einer jeden Religion selig werden? die dürre, klare Antwort: Nein, weil nur ein Grund zur Selig­ keit ist. vickestur Hohenlohischer Himmelsweg. Ist es Unwissenheit, oder wie soll man's nennen, daß wir Katholische Jesum Christum nicht für den eintzigen Grund unseres Heils halten, sondern unsere guten Werke, die Mutter Gottes, die Bilder der Heiligen? — Das nenne ich mir doch... in christlichen Gesinnungen tolerant, leuthselig""4)! Auch die alten konfessionellen Streitigkeiten mit dem Zweck, die Schranken der konfessionellen Bekenntnisse festzuhalten, ruhten noch nicht ganz, während sich die Aufklärer in der Theorie um die Beseitigung der trennenden Dogmatik mit aller Kraft &emwf)ten142). 142) Vgl. „N. Rel. Beg." I (1778), 11 ff. „A. Bibl. Lemgo" II (1772), 545 ff., Journal für Freunde der Rel. u. Litt. II, 1 (1780), 79 ff. Joh. I. Lenz, „Grundlegung des Christentums darin... die Gründe und Vorzüge der Lutherischen vor der RömifchCatholischen Religion enthalten", 4.A., Braunschweig u. Wolfenbüttel (1779), 133 ff., 1. A. (1764).

Kapitel III.

Die Kritik der Aufklärung an der Sittenlehre des alten Katechismus. Was sich zunächst in den protestantischen Forderungen unter dem Titel „Reinigung" der Dogmatik und „Berichtigung" des Lehrbegriffs*) vollzogen hatte und noch weiter vollzog, war nichts anderes als eine Ent­ leerung des christlichen Lehrsystems und eine Entfernung des übernatürlichen Elementes der göttlichen Offenbarung. Die Begründungen, auf die man sich berief, hatten alle an sich ihre Berechtigung. Das konnte prin­ zipiell die Kirche niemals bestreiten, daß die Religion vor der Vernunft und Bibel bestehen und in ihren Bekennern duldsam sein müsse. Aber das, was viele Aufklärer aus diesen Prinzipien gemacht hatten, war allzu zeit­ bedingt. Die Offenbarung sollte sich einer wandelbaren Modephilosophie unterordnen und die Zwangsjacke sich anlegen lassen, in die sie die Ratio­ nalisten mit vielen schönen Gründen stecken wollten. Das Mindeste, was die frivolen Aufklärer von den allzuvielen christ­ lichen Geheimnislehren zu sagen hatten, war dies, daß sie nichts als „spekulativische Untersuchungen"*) und für das Leben unfruchtbar seien; denn — so lautete das Argument — sie haben Sittenverderbnis und Abfall vom Christentum nicht aufhalten können. Die unruhigen Orthodoxen aber „seyen die wahren Unchristen und ein Schandfleck des menschlichen Ge­ schlechts"^). Es war wohl diese flache, vom Leben her orientierte Vernünf­ tigkeit die primäre und kräftigste Wurzel jener dogmatischen Toleranz, die erst die Argumente der rationalistischen Philosophen und Theologen sich zunutze machte, sich nachträglich ganz gern in ein christliches Gewand hüllte und schließlich allen Ernstes glaubte, nun das reine Christentum gefunden zu haben. Am Lebensideal der Aufklärer gemessen, konnte keine konfessionelle Dogmatik mehr bestehen; denn sie trenne die Menschen, statt sie zu ver­ einigen, und trage mit zum sittlichen Tiefstand der Christen bei, anstatt sie aus dem Laster emporzuziehen. Dagegen baue — so argumentierte man weiter — die Moral die Gemeinschaft auf und bessere den einzelnen Menschen^). Es ist schon aus den angeführten Zeugnissen klar geworden, daß diese neue Moral weder dem Umfange noch dem Geiste nach mit der bisherigen kirchlichen Moraltheologie übereinstimmt, die ihre Orientierung von der *) (Sübfe), „V, f. Religionseifer" (1767), 29; vgl. A. D. B., Anh. I zu XIII— XXIV, (1777), 109 f. 2) „N. Rel. Beg." II (1779), 670; vgl. (gilbte), a. a. O. 56 f., 58. 3) Vgl. „N. Rel. Beg." II (1779), 180 ff.

- 374 übernatürlichen Bestimmung des menschlichen Lebens erhält. Die Auf­ klärung bot daher die ganze ihr eigene Dialektik auf, um an die Stelle der christlichen Prinzipien die ihrigen zu setzen und den moralischen Rationalis­ mus auch in die populäre und kindliche Belehrung einzuführen4).* *Dieser 78 gab wenigstens den Anstoß zu der großen Bewegung gegen die Belehrung nach den Zehngeboten, von der Basedow als einer der ersten und lautesten Sprecher bereits zu Worte kam. Man verlangte nach dem Vor­ gänge Triers und Basedows die vollständige Entfernung des Dekalogs aus dem christlichen Unterricht. Ein Teil forderte als Ersatz dafür eine den Zeitbedürfnissen entsprechende, in der Menschennatur verankerte und des­ wegen auch allgemein anerkannte Ethik. Die näher dem Christentum Stehenden riefen nach der Moral des Neuen Testaments. Die einen und die anderen wollten sich auf die Vernunft und die Bibel zugleich stützen, um ihrer natürlichen Ethik ein biblisches Ansehen zu geben bzw. ihre neutestamentliche Moral auch vernünftig zu begründen4). Auch in diesem Punkte hatten die Sektierer4) und Separatisten bereits Vorarbeit geleistet. Als Trier 1759 seinen Kampf gegen den Dekalo« führte, konnte er sich schon auf gleichgesinnte Theologen berufen^). Nach Basedow (1764) beschäftigte sich dann I. P. Miller mit dieser Frage. Seine Beweisführung ist zwar großenteils biblisch, aber auch, wie sich schon bei seiner Stellung zum Religionsbuch zeigte, bereits von der neuen Exegese und Bibelkritik beeinflußt. Die „Idee eines mit dem Dekalog identischen natürlichen Sittengesetzes" wurde auch von ihm wie von anderen Aufklärern preisgegeben4). Er kämpft zunächst gegen die kirchliche Lehre, nach der der Dekalog als christlicher Sittenkodex von Christus sanktioniert ist. Wenn der Heiland, „so viel das Naturgesetz und besonders die Pflichten gegen andere, auf der zwoten Tafel betrift, gemeiniglich die Worte des Dekalogus" anführte4), so sei dies offenbar unter der Voraussetzung geschehen, „daß er sie nur als Naturgesetze betrachtet" und „eigentlich mosaische Verordnungen so davon absondert, daß er die Kraft der letztem... aufhebet"; zudem erkläre Christus diese Gesetze „nach ihrem wahren Grunde und Zwecke . . . d. i. 4) Vgl. Reh, Grundlagen, 28 f. 6) Vgl. O. Frenzel, „Luthers Kat. u. das Zeitalter der Aufklärung" in: Allg. Ev.-Luth. Kirchenzeitung, 62. Jg. (1929), 584. •) Schon die Socinianer hatten in ihrem Rakauer Kat. (1699) das A. T. weit­ gehend ausgeschaltet. Nach dem Rakauer Kat. bestehen „die göttlichen Gebote" aus dem Dekalog und aus den Geboten, die demselben von Christus und den Aposteln „nach Abschaffung des Ceremonialgesetzes hinzugefügt worden sind". (A. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte III, 794). Der Mensch Jesus hat „als Prophet die vollkommen göttliche Gesetzgebung gebracht, sofern er den Dekalog erklärt und ver­ tieft hat" (a. a. O. 792). Aber diese Erklärung ist zugleich Reformation und Ergän­ zung des göttlichen Gesetzes. Vgl. Ritschl, „Rechtfertigung und Versöhnung" bei Harnack, a. a. 0.792 f. Der Dekalog ist dadurch für das christliche Leben bedeutungs­ los geworden. 7) S. o. S.62f., l.Abschn. 8) Vgl. „Die Religion" II (1928), 1137, Art. „Gesetz": VI „Ethisch" von Titius. 8) Miller, Einleitung in die theologische Moral (1772), 262 f. Müler beruft sich auf Mt. 19, 18; 5, 20, 21, 27, 43 ; 22, 37 u. a.



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nach betn moralisch geistlichen Sinne"1®). „Das Gesetz Mosis" habe unter der neuen, allen Völkern und Zeiten angemessenen Oekonomie „keine ver­ pflichtende Kraft mehr"1®). „Selbst das sogenannte Moralgesetz Mosis" sei „eigentlich für Christen kein Erkenntnisgrund oder keine Richtschnur ihrer Pflichten"1®). Miller hält dafür, „daß die moralische Erkenntnis und Tugend unter den Christen besser befördert werden könne, und auch werde, wenn man die eigentlichen Pflichten, welche alle Menschen und Christen verpflichten, geradezu aus der natürlichen Moral... und aus der christlichen Offen­ barung ... herleite, nicht aber ferner allein und schlechtweg aus Stellen Mosis... wie doch bisher geschehen ist"11). Die Begründung hat viel Ähnlichkeit mit der von Trier gegebenen12). Moses fei „gar nicht Lehrer der Religion und Moral" gewesen, er habe int Dekalog keine „inre und rechtschaffne Heiligkeit geboten", auch keine christlichen Motive gegeben11). Die Bedingtheit des Dekalogs durch Zeit und Verhältnisse wird mit der damaligen Exegese sehr stark unterstrichen: „Ich halte ... selbst den Dekalogus blos für einen kurzen Jnbegrif, gleichsam für einen Denkzeddel auf der Reise durch die Wüste, nach welchem sich jeder Israelit für alltäglichen Uebertretungen solcher Pflichten, wozu dieses unmoralische und ziemlich rohe Volk... so häufige Versuchungen hatte, hüten sollte13)." Die Verbote der groben Verbrechen der zweiten Tafel seien „nicht Christen, sondern nur hartnäckigen und fleischlichen Juden gegeben worden"13). Miller vergißt auch nicht, ausdrücklich die Anwendung auf den Vor­ trag der christlichen Moral int Unterrichte und int Religionsbuche zu machen. „Da ich... aus guten Gründen, schon lange der Meynung gewesen, daß man in unsern Katechismen und andern Lehrbüchern den Christen ihre Pflichten nicht mehr nach den 10 Geboten, sondern aus un­ gleich vollständigern und deutlichern Aussprüchen, besonders des Neuen Testaments beweisen und einschärfen soll, wie D. Luther jetzt gewis selber thun würde, ohne sich von dieser unstreitig kräftigsten Art, wahre Gott­ seligkeit zu befördern, durch das heillose argumentum ab invidia ductum, als wenn dies eine Nachahmung des Rakauischen Katechismus14) seyn würde, abschrecken zu lassen: da ich, sage ich, dieser Meynung bin, so habe ich... einem Einwurfe zuvor kommen wollen, und ich setze noch hinzu: daß Christus, der allein mit Juden, und seine Apostel, die ebenfalls gröstentheils mit Judenbekehrten zu thun hatten, sich mit weiser Herab­ lassung der Gestalt nach ihnen bequemet haben13)." Daraus folgt nicht, daß „nun auch der spätern Kirche im mänlichen Alter, zur Beförderung ihres Wachsthums, keine vollständigere Anweisung von der christlichen Moral aus so vielen vortreflichen und reichhaltigen Stellen der apostolischen Briefe gegeben werden soll"13). 10) Miller, Einleitung (1772), 272 f. “) Miller, a.o. 0.273 f.; vgl. 281. 12) S. o. S. 61 f. 1S) Miller, o. 0. 0.275. 14) Der Rakauer Kot. enthält dos ganze Lehrgebäude des Socinionismus. S. Herzog, RE. XVIII, 469 ff., „Die Religion" V (1931), 659 f. «) Miller, o. o. 0.264.

- 376 — Bon dem angeblichen Verhalten des Heilands und seiner Apostel, besonders des Heidenapostels Paulus, leitet Miller a fortiori die Maxime für die eigene pädagogische Theorie ab. „Unstreitig", so meint er von St. Paulus, „würde er jetzt im Europa ebenfalls seine Lehrform nach den veränderten Umständen quoad formale einrichten. Oder ist etwa die Klug­ heit zwar eine Christen- aber keine Lehrertugend? 1 Kor. 9, 20—23. Bey den Juden war dieser Vortrag nöthig und sehr bequem, weil sie sich des dekalogischen Textes und der dabey gegebenen Ermahnungen leicht er­ innern konnten: aber sind denn nicht unsern Christen die Tugendsprüche des Neuen Testaments eben so geläufigl16)?“ ************** Dann weist Miller, sachlich mit Basedow übereinstimmend, die Ver­ teidiger der bisherigen Form der sittlichen Belehrung zurück, die ihm ent­ gegengehalten: „Wir können die kurzen Worte der 10 Gebote erweitern und entwickeln, wie bisher vermittelst des nexus comprehensionis, similitudinis, oppositionis, relationis mandati vel prohibitionis ad scopum legislatoris, item nexus medii aut impedimenti ad siliern etc. in den Kate­ chismen selbst in der theologischen Moral immer geschehen"16). Dieser Ein­ wand sei deswegen nicht stichhaltig, weil es schwer fällt, das Recht einer solchen „Erweiterungserklärung" aus dem Buch der Psalmen18) zu be­ weisen und weil „diese Koccejanische Methode bey anderen Büchern und Sprüchen der heiligen Schrift" erst recht nicht zu billigen ist18). In dem Kampf gegen den Dekalog lag die Berufung auf das Neue Testament und die Ausspielung desselben gegen das Alte noch viel näher als bei der Ablehnung der Dogmatik. Es ist daher nicht verwunderlich, daß der Satz von der Unbrauchbarkeit des Dekalogs für einen christlichen Sitten­ unterricht gar bald von vielen protestantischen Theologen und Pädagogen verwertet wurde. In ihrer Beweisführung trat einerseits die Gering­ schätzung des Mten16) Testamentes gegenüber dem Neuen, andererseits die der Zeit eigentümliche Emanzipation von der Offenbarung und die Hinwendung zur natürlichen Sittenlehre hervor, die, je nach dem Stand­ punkte, das Gegenstück, die Ergänzung oder Vorbedingung der natürlichen Religion bilden sollte. Ein Zeugnis für diesen Sachverhalt und zugleich ein Beweis für die Stärke der Bewegung gegen den Dekalog86) ist es, wenn ein orthodoxer l*) Miller, a. a. 0.265. 17) Ps. 119, 96. u) Miller, a. a. 0.265. Coccejus (j 1669) war ein frommer, gelehrter und ein­ flußreicher calvinifcher Exeget, der Christus überall im A. T. fand und den Dekalog in den Gnadenbund einfügte (vgl. Herzog, RE. IV, 193, Art. „Coccejus" von E. F. K. MMer). — Miller hat sich in seiner,,Anweisung"(1778) mit einem Hinweis auf seine oben zitierte „Einleitung" (1772) begnügt und dabei seine Einstellung zu den Zehn­ geboten aufrechterhalten. S. „Anweisung". (1778), 116. Die Gedanken Millers wurden durch die noch zu behandelnden Streitigkeiten, die sich an die Namen „Coners", „Meene" u. a. knüpfen, einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. S. Heinrich Meene, Vertheidigung des größern Jeverschen Katechismi in einem Schreiben an Joh. Peter Miller". Jever 1780, 41 ff., 47 s. “) Vgl. neben den bereits angeführten Zeugnissen von Bas. Resewitz, Die Erziehung des Bürgers (1773), 180 f. 20) Über die Bemühungen zur Abschaffung der Zehngebote als Grundlage eines Sittenunterrichts der Kinder konnte 1784 ein Rezensent schreiben: „Wenn diese Dar-

- 377 Theologe 1780 schreiben konnte: „Man redet in unsern Tagen so oft vom Naturgesetz zur Verkleinerung der zehn Gebothe21)." Selbst jene Kreise, die sich nicht der Neologie verschrieben hatten, betrachteten den Unterricht im Anschluß an die Zehngebote als veraltet und unzulänglich22) und traten mit vieler Energie für ihre Beseitigung aus der religiösen Unterweisung ein. „Gott hat uns gesetzt", so spricht ein Prediger im Namen seiner Mit­ brüder, „das Amt zu führen des neuen Testaments, nicht des Buchstabens, der da tobtet, sondern des Geistes, der da lebendig macht, nicht buchstäb­ licher obrigkeitlicher Verordnungen, die nur äußeres Thun und Lassen betreffen, und auf deren Übertretung Strafe gesetzt ist, sondern der Tugend­ lehren, durch deren Kraft der Geist des Herrn das Herz bessert, Leben, Trieb und Thätigkeit in die Seele gießt23)." Ohne das „Licht und die Kraft" der „Lehre Jesu" seien die auf Stein geschriebenen Gesetze „keine Tugendlehren, sondern obrigkeitliche Warnungen vor Missethaten, die in einem weltlichen Staate nicht geduldet werden können; keine Regeln eines Lehrers, der den Zweck hat, das Herz zu bessern, sondern Verordnungen eines Gesetzgebers"23). Hier ist neben der biblischen Orientierung zugleich die natürliche rationalistische Auffassung von der Religions- und Moral­ lehre sichtbar; auch die der Aufklärungsperiode eigentümliche Forderung einer positiven Pflichtenlehre anstatt des negativ formulierten Dekalogs ist bereits ausgesprochen23). Die Vorkämpfer im Streite gegen die Zehngebote sind im allge­ meinen, doch nicht durchgehends, in jenen Reihen zu suchen, die an dem traditionellen dogmatischen Lehrbegriff Kritik übten. Von den Neuerern hatte der „berühmte" Theologe Jerusale m zwar „verschiedenes den neuen Reformatoren zu gefallen geschrieben", aber doch auch zugestanden, daß „Moses für einen Lehrer der Religion und Moral erkläret" werden könne23). Auch Herder, „ein echter Rousseauschüler und Rationalist"23), trat noch für die Beibehaltung des ersten Hauptstückes (der Zehngebote) im Enchiridion ein und bezeichnete den Dekalog, wenn dieser „mit leichten Er­ klärungen und Einleitungen" versehen wird, als „eine schöne Moral für Kinder"2^) und als einen „Schatz von Pflichten und Menschenkenntstellung (sc. Hufnagel, „Über den ersten RU. nach den Zehngeboten"), wie unschicklich und von nachtheiligen Folgen es sey, den ersten RU. der Jugend mit den zehn Geboten anzufangen, dem verjährten Vorurtheil für diefe verkehrte Methode die Augen nicht ösnet: so wissen wir fast kein Mittel mehr, wie sie ihm geöfnet werden sollen" (A. B. Nördlingen XI, 1784, 120.) “) Heinrich Meene, „Vertheidigung" (1780), 52. Der hochbetagte Verfasser ist Konsistorialrat und Superintendent in Jever und gehört noch der strengorthodoxen Richtung an (a. a. 0.11). M) Vgl. A. B. Nördlingen XI (1782), 95. 23) Journ. f. Pred. VIII (1778), 311 f. *4) S. Meyer, Hist. Kommentar (1929), 495; vgl. Salzmann, Über die Erlösung des Menschen vom Elende durch Jesum II (1790), 19 f. I. G. Rosenmüller, Anwei­ sung zum Katechisiren (1793), 25 f. 26) S. Meene, „Vertheidigung" (1870), 51. 2#) R. Kubisch, „Wie lehren wir Religion?" Göttingen 1920 (5. Ausl., bearb. von Tögel), 282. 27) „Ideal einer Schule" (1769), in Kabisch, a. a. 0.282. Vgl. Herder, „Geist der hebräischen Poesie" in: W. F .Hufnagel, „Ueber den ersten RU. nach den Zehngebo-



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nissen" Dieses Urteil geht freilich auf die natürlich-ästhetische Wert­ schätzung Herders für das Alte Testament zurück und ist von anderer Art als die gläubig-kirchliche Auffassung, deren starke Erschütterung in vielen protestantischen Kreisen für die weitere Geltung bzw. für die Beseitigung der Zehngebote besonders wichtig ist. Dagegen stand der im allgemeinen supranaturalistisch gerichtete Leß neben dem Rationalisten I. S. Semler in den Reihen der Gegner des Dekalogs als eines christlichen Sittenkodex und wurde deswegen mit diesem scharf fcetämpft28). Die Orthodoxen zeigten sich auch in der Beibehaltung der Zehngebote für die sittliche Belehrung als die zuverlässigen Hüter der Tradition. Unter ihnen verdient der Superintendent Meene eine be­ sondere Erwähnung, weil er sich mit Rücksicht auf den Katechismus und als Gegner Millers2") ausführlich für die Beibehaltung des Dekalogs ein­ setzt und die Ideen beleuchtet, die der alten Lehrweise und schließlich jeder Verteidigung der Geltung der Zehngebote für die christliche Zeit zugrunde liegen. Zunächst bekämpft er die Behauptung Millers, als ob Moses „kein Lehrer der Religion und Moral gewesen sey". Das sei nicht behutsam und nicht überlegt geredet, da „nach dem Zeugnisse der Schrift" durch Moses „das göttliche Gesetz... gegeben worden"2"). Er hebt dann den Unter­ schied des hauptsächlich für die Juden geltenden Zeremonial- und Polizei­ gesetzes einerseits und des Sittengesetzes in den Zehngeboten anderseits hervor. Bei ihrer Verkündigung sei „auch gewis überhaupt mehr auf die menschliche Natur der Juden, und auf ihre Verbindungen mit Gott und ihrem Nächsten, die alle Menschen mit einander gemein haben, gesehen worden"2"). Meene weiß sich „mit so vielen scharfsinnigen Moralisten" in seinem wohlgegründeten Glauben einig, „daß diese zehn Gebothe das allgemeine, von Gott wiederholte und bestätigte ten" (Erlangen 1784), 37 ff., Fußn. Das ausführliche Zitat, auf das sich Hufnagel beruft, ist ein Beweis dafür, daß Herder die Zehngebote nur relativ gelten läßt, „als Vorbereitung zur sittlichen Bildung, nicht sittliche Bildung selbst" (37). M) S. Meene, a. a. 0.54. Gegen Leß und Semler wandte sich der „erste und andere Anhang" der Schrift eines Anonymus: „Der vertheidigte Kat. Luther!" (Wismar 1778; s. Kayser, Bücherlex. III, 1835, 315), ebenfalls um den Dekalpg zu verteidigen. Dieselbe Tendenz hat die Schrift von Dav. Jonathan Cleß: „Wahre Lehre des hl. Apostels Pauli vom Gesetz" (Tübingen 1777; vgl. Meusel, „Das gel. Teutschland" I, 601, a. a. 0.54), ferner tritt die Schrift „Neuere Versuche zur Ver­ besserung der Religion" von Schuberts» für die Verwendung der Zehngebote bei der religiös-sittlichen Unterweisung ein (a. a. O. 53). — Von Gottfried Leß (t 1797) wurde das A. T. relativ geschätzt als „der einzige Aufbewahrer der natürlichen Religion und ihrer Geschichte in der alten Welt", „als das schicklichste Exempel­ buch" (s. Inhaltsangabe der Schrift von Leß, „Christliche Religionstheorie fürs gemeine Leben, oder Versuch einer praktischen Dogmatik", Stockholm 1779, in: „N. Rel. Beg." III, 11; vgl. Meusel, Lex. VIII, 168. Leuger urteilt (in: „Die Religion" I I I, 1592) über Leß: „Als Theologe kein ausgeprägter Charakter, Supranaturalist, aber zu Konzessionen geneigt." 2#) Vgl. Meene, „Vertheidigung" (1780), 41, 55. Der zugleich bekämpfte Konsistorialrat Coners hatte sich die These Millers von der Unbrauchbarkeit der Zehngebote für Christen zu eigen gemacht (a. a. 0.41). *°) Meene, „Vertheidigung", 48 f.

— 379 — Naturgesetz in sich fassen, welches alle Menschen zu allen Zeiten zum Gehorsam oerbinbet"31). Damit ist das wesentliche Argument der den Dekalog festhaltenden Theologen berührt, das besagt: Die Zehngebote stimmen mit dem natür­ lichen Sittengesetz in den Grundforderungen überein, sie sind nur die positive göttlich-autoritative Interpretation und Promulgation desselben, sie sind deshalb in ihrem Kern von zeitloser Geltung und enthalten univer­ selle menschliche Pflichten, wenn man sie aus der deutlich gekennzeichneten lokal und zeitlich bedingten Einrahmung herausnimmt. Jnsoferne gelten sie auch als christliches Sittengesetz, zumal da sie noch ausdrücklich in der Bergpredigt durch tie Autorität des Heilands bestätigt wurden33). Die Forderungen des natürlichen Sittengesetzes sind die Grundlage für die positive Verkündigung am Sinai, wie diese nicht nur den historisch be­ dingten Anknüpfungspunkt, sondern auch die inhaltliche Grundlage der sittlichen Verkündigung durch Christus und die Apostel im Neuen Testament darstellt33). Es läßt sich also — das ist die Folgerung hieraus — zwischen „Gesetz" als dem Kern des Alten Testaments und dem „Evangelium" keine Scheide­ mauer aufrichten, beim Zeremonialgesetz nicht, das nach göttlichem Heils­ plane als Vorbereitung in inniger Beziehung zur „Erfüllung" durch das Christentum steht, erst recht nicht beim Moralgesetz des Dekalogs, der seinem wesentlichen Inhalte nach durch den Heiland übernommen wurde. Diese kirchlich - traditionelle Auffassung von der engen Zusammen­ gehörigkeit des Wien und Neuen Bundes, die auch dem Katechismus seit seinem Entstehen zugrunde liegt, rechtfertigt Meene und wendet sie zu­ gleich auf die Katechese an, wenn er schreibt: „Da Jesus und seine Apostel sich so oft auf dieses Sittengetz (sc. des Dekalogs) berufen, welches sie auch mit keinen neuen Gebothen, wie die Socinianer behaupten, eigentlich vermehret; sondern nur erläutert, von den falschen Auslegungen der Pharisäer und Schriftgelehrten gereiniget, und mit neuen und stärkern Bewegungsgründen bestärket haben, wie längst erwiesen worden: so bleibt es wohl immer unerlaubt, in den Katechetischen Lehrbüchern der heiligen zehn Gebothe beynahe gar zu vergessen, und nicht wenigstens bey einer jeden Hauptpflicht auf dieselben zurückzuweisen. Das heißet auch das Wort Pauli vergessen: Röm. 3, 31. Wie? heben wir denn das Gesetz auf durch den Glauben? das sey ferne! Sondern wir richten das Ge­ setz auf33).« 31) A. a. D. 52; vgl. „Die Religion" I I I, 1767 (hier Stellung Luthers). 32) Mt. 5, 7. Das hier gebrauchte nirigovv (= „zur Erfüllung bringen", „ver­ vollkommnen", „vollenden") hat „die Erkenntnis der ethischen Bedeutung und Trag­ weite der einzelnen Gebote zur Voraussetzung", damit das Gesetz „nach der ganzen Tiefe seines ethischen Gehalts" verwirklicht werden kann. Strack-Billerbeck, Kom­ mentar zum N. Testament I (1922), 241; vgl. K. Rösch, „Das Neue Testament" 1921, 12, Fußn. zu Mt. 5, 17. Vgl. „Die Religion" II (1928), 1136 ff., Art. „Gesetz" von Kallweit und Titius; Buchberger, Kirchl. Handlex. I (1904), 1606, Art. „Gebote" von I. Doller. 33) Meene, „Vertheidigung", 62 f. Unter besonderer Bezugnahme auf den Kat. Luthers verteidigt noch den Dekalog Magnus Friedrich Roos, Betrachtungen über die sechs Hauptstücke des Cat., Tübingen 1776. S. Stet. Sammt. III (1776), 575.



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Auch die pädagogisch-didaktischen Bedenklichkeiten sucht der gleiche Autor zu zerstreuen, wenn er gegen die Neuerer sich mit den Worten wendet: „Nach meinen Einsichten und Erfahrungen können auch die Ein­ fältigen, und die ordentlichen Christen von den Tugenden und den ihnen entgegengesetzten Lastern aus den beyden Gesetzestafeln mit Zuziehung einiger anderer Schriftstellen aus dem Alten und Neuen Testamente viel fruchtbarer und mit mehrerem Nutzen unterrichtet werden, als durch einen philosophischen oder genau zusammenhängenden Bortrag, wo­ bey der Decalogus gar vergessen toirb"33). Wenn die strengen theologischen Rationalisten auch bei dem Kampfe gegen den Dekalog die Lehre des Neuen Testaments so stark als Waffe gebrauchen wollen, so ist es ihnen weniger um die reine Bibellehre zu tun als um eine freie Bahn für ihre bereits sehr stark von der Offenbarung befreite Sittenlehre. Die heilsgeschichtliche Einheit des Men und Neuen Bundes mit dem Mittelpunkte Christus34) und die Messiasidee ist bei ihnen verblaßt oder ganz verschwunden. Meene hat den entscheidenden Punkt richtig gesehen, wenn er aus den Schriften des einen seiner Gegner die eine Neuerung hervorhebt, daß dieser nämlich „aus unserem Erlöser eigentlich nur den vollkommensten Lehrer und besonders der Moral machen will"33). Wenn einmal der alles tragende und geschichtlich sich entfaltende Heilsgedanke aus der Bibel herausgenommen ist, dann haben freilich die Neologen leichteres Spiel, ihre neuen Moralsysteme in ihren „christlichen" Moralbüchern unterzubringen und ihre vielen moralischen Regeln auch als Forderungen des Christentums anzupreisen. Von diesem Aspekte aus wird es auch verständlich, wenn die Frage, ob die Zehngebote ein christliches Moralgesetz darstellen, in der Aufklärung und darüber hinaus so vielfach und so endlos diskutiert wird. Auch hier trifft die Feststellung Meenes zu, daß „der Satz von der Ungueltigkeit der zehn Gebothe in den Tagen des Neuen Bundes" in der Idee eines kirchlich gesinnten Mannes „viel unschuldiger und nicht so gefährlich seyn" möchte, daß er aber per accidens wegen der Verflechtung des Dekalogs und des Alten Bundes überhaupt mit dem Dogma von der Erlösung bedeutungsvoll wird. Unter den Händen der Neuerer ist dieser Satz vielfach Mittel zum Zwecke, nämlich „Grundlehren des Christenthums zu bestreiten"33). Die supranaturalistisch denkenden Theologen, die ihn vertreten, sind für die Beweisführung der Neologen willkommene Bundesgenossen33). Nach dieser Hinsicht muß das Streben nach Entfernung der Zehn­ gebote vorzüglich als ein Symptom des Rationalismus als des Antipoden der Offenbarungsreligion und -moral gewertet werden. Wenn die Tendenzen der neuen Philosophie nicht bei allen Gegnern des Dekalogs deutlich hervortreten, dann liegt der Grund darin, daß sich das theologische Problem der Stellung des Alten Testaments in der christlichen Heils­ ökonomie noch in die rationalistische Beweisführung einmischt und bei den rationalen Supranaturalisten sogar das Übergewicht erhält. Stärker zeigt sich das Streben nach Ausschaltung der Offenbarung in 34) Vgl. Augusti, „Versuch" (1824), 198. 35) Vgl. Meene, „Vertheidigung", 45 f.

— 381 — dem sittlichen Unterrichte dort, wo der moralische Rationalismus seine Ziele positiv formuliert. Diese können aber nicht klarer ausgesprochen werden, als in der diesseits gerichteten Philanthropistischen Pädagogik, die den Erziehungszweck dahin bestimmt, „Menschen zu bilden, deren Leben so unschädlich, so gemeinnützig und so zufrieden als möglich sey"33). Der Weg zu diesem Ziele ist eine von der Kirchenlehre und sogar von aller Religion losgelöste und inhaltlich säkularisierte Moral, die eine Revolution der überlieferten religiösen Ethik darstellt. Damit fällt die scholastische Voraussetzung, daß der Dekalog „das logisch durchgeführte Kompendium des Naturgesetzes" fei37). Auch für die moralische Belehrung wird die relevatio naturalis als die einzige, primäre oder wenigstens gleich­ berechtigte Quelle anerkannt, aus der die sittlichen Normen geschöpft werden33). Es ist nicht zufällig, daß die Prediger einer neuen Sittenlehre der flachfröhlichen Weltseligkeit aus den Kreisen der Heterodoxen hervorgehen und die Kämpfenden auch hier sich nach ihrer Stellung zur Heiligen Schrift und zur Kirchenlehre gruppieren. Die Orientierung ihrer neuen Moral an den natürlichen Bedürfnissen und Wünschen der neuen Zeit und Men­ schen ist derart auf die Spitze getrieben, daß sich keine Dogmatik mehr damit verträgt, die eine noch übernatürliche Offenbarung anerkennt. Je mehr die christliche Lehre bei den einzelnen Rationalisten „auf ein blutarmes Gerippe von Verstandesbegriffen" reduziert wurde, desto weniger war sie geeignet, „die Basis der Moral abzugeben"33), desto mehr war der Gedanke fernliegend, daß jede moralische Forderung eine Kund­ gebung des göttlichen Willens, ein Bestandteil des übernatürlichen Glau­ bens sei, daß der christliche Gehorsam gegen das geoffenbarte Sittengesetz und die Unterwerfung unter die geoffenbarte Wahrheit nicht wesentlich voneinander verschieden seien und zusammen den einen Dienst Gottes ver­ körperten. Mit der Preisgabe der kirchlichen Dogmatik war die Ver­ neinung der kirchlichen Moral von selbst gegeben33); denn int Lehrsystem find beide innig miteinander verflochten. Die Dogmen von der Erbsünde, Erlösung, vom freien Willen und der Notwendigkeit der Gnade greifen tief in die Moral ein. Die neuen Auffassungen der Aufklärer über diese Glaubenssätze mußten sich auch im 18. Jahrhundert ähnlich wie in der Reformation bis zur neuen Sittenlehre auswirken. Wenn gerade die Aufklärungszeit oft nicht mehr vom Katechismus redete, sondern schon auf dem ersten Blatt der kindlichen Lehrbücher die 3“) „Päd. Unterh." 1(1777), 138; vgl. Stecher, Die moralischen Wochenschriften (1914), 137. Die ganzen hier einschl. Zusammenhänge zeigt das „System d. reinen Philosophie oder Glückseligkeitslehre des Christentums" (Züllichau 1786,1 1778) von Gotth. Samuel Steinbart. Der Autor will mit dem Buche „aus allen Jrrgängen des Kirchensystems" herausführen, „ohne erst nach Arabiens Wüsten zu reisen und Hör und Sinai zu beklettern". (In: Willmann, Gesch. d. Idealismus III, 360; vgl. 358ff.) 37) Vgl. Reh, Grundlagen, 24. “) Vgl. Frenzel, Zur katech. Unterweisung (1920), 56. 3e) Emil Quast, „Morallehre u. Moralunterricht im Ausg. d. 18. Jahrh." (Diss. -Erlangen 1921), 177. *°) Vgl. Hettner, Gesch. der deutschen Sit. II (1929), 151.

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„Glaubens- und Sittenlehre" einander gegenüberstellte44), so war das mehr als nur eine neue Mode in der Titelangabe des Buches. Es verbirgt sich dahinter ein neuer Geist, der damit den Unterschied von Dogma und Moral ausspricht, diese aus jenem herauslöst und selbständig macht und nicht selten auch in der Gegenüberstellung der Worte einen bewußten Gegensatz ausdrücken will. Die „Loslösung der Ethik von der Theologie bildet... im Zeitalter der Aufklärung ein wichtiges Problem, so in den Moralischen Wochen­ schriften', bei Thomasius43) und (wie sich schon zeigte,) bei Basedow"43). Dieser unterstreicht in seinem Kampfe gegen die Orthodoxie und in der Formulierung seines Universalchristentums die Ethik ebenso stark, als er die Dogmatik unterschätzt. Nach ihm soll die Tugend mit „einsichtsvollen Beweggründen" gestärkt und das Christentum dadurch „wirksamer und praktischer" gemacht Werben43). Die Moral ist nicht mehr am Dogma und auch nicht mehr an der Religion orientiert, sondern die beiden letzten sind in den Dienst der ersten getreten44). Ein solches „moralisches Glaubens­ bekenntnis"43) und Christentum empfängt seinen Inhalt von dem Lebens­ ideal und den Lebensbedürfnissen der Zeit; in dieser Wirklichkeit soll es das leisten, was die religiöse Moral angeblich nicht mehr leisten kann: die Freiheit des Menschen respektieren, die Vernunftforderungen erfüllen, die Menschen bessern, die Sünder aufrichten und trösten43) und die kon­ fessionell gespaltene Christenheit zu einer neuen Einheit zusammenfassen und so vielen Dissidenten das Menschenrecht und Christenrecht der bürger­ lichen Gleichheit wieder geben47). Schließlich ist für Basedow diese dogmen­ freie Moral als Theorie nicht mehr weit von der Religion, wie er sie auf­ faßt, entfernt und als Praxis mit ihr selber identisch, das Christentum ist in sittlich gutes Handeln aufgelöst und wird mit diesem einzigen Maß gemessen43). Basedow gebraucht zwar oft das Wort vom echten „apostolischen" Christentum, das er mit dieser Moral wiederzufinden glaubt, die christliche 41) Vgl. Seiler Gg. Fr., „Lehrgebäude der christl. Glaubens- u. Sittenlehre", Erlangen 1774. G. C. Rautenberg, „Die chrislliche Glaubens- u. Sittenlehre" (1767); vgl. Bibl. f. Pred. II, 273 ff.; vgl. (Thilo), „Fr. Unten." II (1770), 148. 4S) Reh, Grundlagen, 25. Reh verfolgt die in Frankreich und England groß­ gezogenen Lehren des moralischen Rationalismus in feinen Vertretern: Erasmus, Baco, Cherbury, Descartes, Reimarus und Lessing. Im Rahmen dieser Arbeit konnte die Hinwendung zur Moral bei Rousseau einerseits und bei Trier und den Sozinianern anderseits festgestellt werden. Auch der Pietismus schloß bereits eine Entwertung des Dogmas in sich, an die der Rationalismus seine Ideen anschließen konnte. Vgl. Jodl, Gesch. d. Ethik I (1930), 514 ff. 43) „0. Borschl." (1767), 139; vgl. 124. 44) Vgl. Czilchert, „Zum RU.", 79 ff. 4°) „Für Cosmopoliten" (1775), 7. 4e) „Antihobb." (1767), 35; s. o. S. 55, 63 f., 226 f. 47) Vgl. „Antihobb.", 44. “) Vgl. Meth. B. I (1771), 226__ Definition der Religion als „eines thätigen Glaubens an Gott, den allgemeinen Vater der Menschen, den Erhalter ihrer Seelen nach dem Tode des Leibes und den gerechten Vergelter des Guten und des Bösen", wobei der Nachdruck aus dem natürlichen Tun liegt, das aus betn Verstandes­ glauben an den Vergelter ein neues wichtiges Motiv erhält.

- 383 — Sittenlehre ist jedoch inhaltlich nur lückenhaft, dem Geiste und der Mo­ tivierung nach überhaupt nicht mebr damit erfaßt. Christus als „der größte unter allen göttlichen Gesandten"") und die Apostel als Boten der Offen­ barung dürfen nur das fordern und bestätigen, was vorher schon die Ver­ standes- und Bedürfnismoral fixiert hat"). Basedow verwirft das kirchliche Dogma von der Erlösung mit allen seinen Voraussetzungen und Folgerungen81); es kann nicht mehr bedeuten, als ein natürliches Motiv in seiner „christlichen" Sittenlehre, wenn er den Heiland noch als das vollkommene „Muster der Tugend" für die Menschen barftellt62). Dort, wo Basedow den Glauben an einen richtenden Gott und damit die Notwendigkeit der Religion für die moralische Erziehung den„Jrreligionisten" zu beweisen fut68), ist das für ihn eine wertvolle Ergänzung seiner natürlichen „practischen Philo­ sophie"8^). Diese sucht er, wie schon seine natürliche Religion, zunächst mit den bloß menschlichen Kräften und Bedürfnissen zu begründen. Er fordert sie auch in der kindlichen Belehrung als die Basis einer jeden Offenbarungs­ moral und -dogmatik88) und tritt damit auch für die Selbständigkeit und Notwendigkeit der natürlichen Moral ein66). Als Prediger eines natürlichen und eudämonistischen Moralunterrichts hatte Basedow viele Gesinnungsgenossen") und Schüler86), die allerdings nicht alle so offen mit ihrer neuen Ethik hervortraten wie Basedow. Bereits 1759 konnte Lessing als Außenstehender die mehr und mehr in Mode kommende schleichende Heterodoxie der Zeitgenossen mit folgender Cha­ rakteristik ironisch beleuchten, die auch auf die moralische Religion Basedows zutrifft: „Wer wissen sie denn nicht, daß itzt ein guter Christ ganz etwas anders zu seyn anfängt, als er noch vor dreyßig, fünfzig Jahren war? Die ") Philalethie I (1764), 608. M) Vgl. „Nord. Aufs." I (1759), 665 ff., 51. Stück, zu dem Bas. die Materie stellte, die von Cramer verarbeitet wurde (s. Inhaltsangabe am Schluß des 3. Bds.). 61) In der Ablehnung des Dogmas von der Erbsünde, der Trinität, stellver­ tretenden Genugtuung, Vergebung der Sünden infolge der Erlösungsverdienste, der Mitteilung der Gnade, stimmen Bahrdt, Campe und Salzmann mit Bas. überein. S. Czilchert, „Zum RU", 22ff. Der Zweck der Sendung Christi ist „Verbreitung der Aufklärung" (Salzmann, s. a. a. 0.28), Lehre und natürliche Besserung (Campe, s. a. a. 0.27). 62) Philalethie I (1764), 608, 6. Satz des Universalchristentums. 63) Meth. B. I (1771), 230 f. “) Pract. Philosophie II (1777), 342; vgl. Czilchert, „Zum RU.", 131. **) Philalethie I (1764), 324. °") Vgl. „Gemeinn. Betracht.« (1778), 293. ”) Vgl. Hettner, Geschichte der deutschen Literatur II, 151. Hettner zählt für das Zeitalter Friedrichs des Großen drei Richtungen von Moralisten auf, die den Bruch mit dem alten Glauben auf dem Gebiete der Sittenlehre vollziehen; von ihnen strebt die dritte „die Einführung dieser natürlichen Sittenlehre in die allgemeine Volks­ belehrung, die Übertragung derselben auf die bestehenden Sitten und Zustände" an (a. a. 0.151). Sie ist die durchgreifendste (a. a. O. 157). “) Vgl. Czilchert, „Zum RU.", 19ff., 30ff. Die Philanthropisten (neben Bas. Bahrdt, Campe, Salzmann) stimmen u. a. überein: „in der Voraussetzung der ange­ borenen Güte der Menschen,... in der Auffassung der Religion als Mittel zur Tugend und Glückseligkeit,... in der Betonung des ethischen Moments gegenüber dem dog­ matischen".

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Orthodoxie ist ein Gespötts geworden; man begnügt sich mit einer lieblichen Quintessenz, die man aus dem Christenthums gezogen hat, und weichet allem Verdachte der Freydenkerey aus, wenn man von der Religion über­ haupt nur fein enthusiastisch zu schwatzen toet§59)." Derselbe Kritiker ver­ tritt allerdings auch die Scheidung der Moral von der Religion, wenn er gegen die „neumodische Rechtgläubigkeit" Cramers") den Satz verteidigt: „Die Religion hat weit höhere Absichten als nur den rechtschafnen Mann zu bilden. Sie setzt ihn tiorouS61)." Die Loslösung der Moral von der Religion bzw. die Umwertung der letzteren in natürliche Tugend geht nicht ohne heftige Kämpfe vor sich, die sich gegen die Bekenner der Orthodoxie und ihre Lehre zugleich richten. Dabei wird die Moral als Praxis des Lebens gegen die subtile „Theorie" der Dogmatik ausgespielt") und zur Richterin über diese erhoben. Der Didaktizismus der Zeit und das Vertrauen auf die „angeborene Güte" der menschlichen Natur") macht dabei die stillschweigende Voraussetzung, daß im Volke auch wirklich die Sittlichkeit herrschend werde, wenn man sie nur erst lehre. Das habe man vor lauter Mystik und Dogmatik bis jetzt nur allzusehr vergessen"). Zwischen der Religion im alten Sinne und der sittlichen Haltung der Rechtgläubigen wird der Widerspruch gefunden, den schon Basedow ent­ deckte. Viele Christen sind sittenlos, trotz ihrer Rechtgläubigkeit, ja gerade wegen derselben. Die Orthodoxie, so lautet die Anklage von der Gegen­ seite, ist der Mantel für viele Schlechtigkeit. „Dazu schickt sich nichts besser, als die vermeinte Rechtgläubigkeit, die gar leicht eine ganze Welt von Lastern zudeckt")." „Dis könnte nicht seyn, wenn nicht der Eifer für die vermeinte Reinigkeit der Lehre bei ihnen (sc. den Orthodoxen) alles, die Tugend aber kein Verdienst hätte")." „Nicht selten", so urteilt ein anderer Schriftsteller, sind „ganz orthodoxe Vornehme", „aller ihrer Rechtgläubig6») „Lit. Br." III (1759), 65; VI (1760), 321; vgl. Herzog, RE. IV, 316. Die oben zitierten Angriffe haben die Auffassungen Cramers über Moral und Religion zur Vorausfetzung und sind primär an diesen gerichtet. *°) Vgl. Hettner, a. a. O. II, 347. 6tarnet hatte den Satz aufgestellt und im 11. Stück („Nord. Aufs." 1,133—144) zu beweisen gesucht: „Ein Mann ohne Religion kann kein rechtschaffener Mann seyn". (Vgl. „Lit. Br." III, 1759, 66, VI, 1760, 321.) Er hatte zu diesem Zweck in einem fingierten „Polydor" einen sonst tugendhaften, aber über die Religion spottenden Menschen gezeichnet und von ihm behauptet, daß er wegen feines Religionsfpottes trotz feiner angeblichen sonstigen Tugend nicht mehr als rechtschaffen gelten kann, allerdings dann hinzugefügt: „Und wer weiß, ob die äußerlichen Handlungen, die ihm einen beneidenswürdigen Ruf zuwege bringen, nicht Wirkungendes Catechismus sind, den er, ohne es jetzt zu wissen und zu glauben, noch nicht ganz vergessen hat?" •!) „Lit. Br." III (1759), 72 f. Bezüglich der ablehnenden Stellung Lessings zur traditionellen christlichen Moral s. auch F. Jodl, Gesch. der Ethik I, 520 f. 92) (Lüdke), „Vom f. Religionseifer" (1767), 57)., 141 f. •3) Czilchert, „Zum RU.", 22. 64) Vgl. Czilchert, „Zum RU.", 30 ff.; vgl. (Lüdke) „B. s. Religionseifer", 16f. L. Leiste, Der Humanitätsgedanke in der Popularphilosophie der deutschen Auf­ klärung (Halle 1932), 36 s. *6) (Lüdke), „Vom f. Religionseiser", 56; vgl. 141. ««) (Lüdke), a. a. 0.58.

— 385 — feit ohnerachtet ausschweifend und lasterhaft. — Sie toben, wenn sie etwa eine neue Meinung hören, — ehren ihren Katechismus als güldene Aepfel in silbernen Schaalen, — machen sich aber kein Gewissen, sich weidlich zu berauschen, Unzucht zu treiben, mit ihren Ehegatten uneinig zu leben67)." Die Tatsache dieser Disharmonie zwischen kirchlicher Rechtgläubigkeit und sittlicher Lebensführung wird nach der Meinung der Heterodoxen nicht nur durch die Zurückstellung der Moral gegenüber der subtilen Dogmatik bedingt66); die kirchliche Lehre wirke nach dieser Ansicht auch positiv mit zum sittlichen Niedergang der Christenheit. Das geschehe nicht nur durch die Intoleranz im Gefolge der dogmatischen Satzungen und nicht allein durch den „Glauben" im allgemeinen, sondern auch in den protestantischen Kirchen durch den Fiduzialglauben insbesondere66). Schon Basedow meint, ähnlich wie vor ihm Trier: Wenn viele Zweifler und Naturalisten „Alles Uebrige von ihrer ehemalichen Re­ ligion verwerfen", behalten sie doch „diese einzige übelverstandne Ortho­ doxie, daß, wenn auch ein künftiges Leben wäre, die Seligkeit dennoch keineswegs durch gute Werke verlangt würde"76). Das seien die Folgen davon, daß man ihre Notwendigkeit „weg-dogmatisirt" habe76). Dieselbe Klage führt Spalding schon 1772. Er streitet gegen die Verwendung des Satzes im religiösen Volksunterricht: „daß wir allein durch den Glauben gerecht werden", und weist zur Begründung auf den „Misverstand und Misbrauch" hin, die bei diesem Satze gegeben feien71). Auch Rochow eifert gegen den Fiduzialglauben. So schreibt er: „Wer aber anstatt der verhaßten Pflicht, Christo zu glauben und mit gehorsamen und lebendigem Vertrauen seinen Rat und Beispiel fleißig zu folgen, den weit bequemern und beliebtem Glauben an Christum, die allgemeine, menschliche Ohnmacht Gutes zu tun ... und am häufigsten von Kraft des Blutes Christi predigt, nach welcher es die ganze Welt reinigen, ja gar aus der Hölle befreien kann,... wer da predigt, daß man, anstatt zu tun, beten müsse, daß die guten Werke mehr Menschen als die Laster verdürben...: solch ein Prediger... ist der Beichtvater der Menge... Aber bei einer so bequem gemachten Religion geht von neuem die Ab­ sicht Gottes und die herrliche Stiftung seines hochgelobten Sohnes für die Veredelung der menschlichen Seelen... verloren76)." Auch Luthers Re­ formation sei unzulänglich, nur „Jesus war ein Reformator im höchsten •7) „Pr. Rel. Zust." I (1778), 262 s. Die Beurteilung bezieht sich auf Berlin. “) Vgl. „Wochenblatt für rechtschaffene Eltern", Nürnberg, in: Mag. Sch. E. VI (1772), 418f.; Rochow, „Vergleichung der alten und neuen Lehrart" (1778), in: Rochows s. päd. Schriften I, 89 f., „Rochow an Nöfselt", a. a. O. IV, 113. ••) Vgl. Rochow, „Stoff zum Denken" (1775), a. a. O. I, 122. 70) „Für Kosmopoliten" 1775), 9. 71) „ Über die Nutzbarkeit des Predigtamtes und deren Beförderung", Berlin 1772, in: A. Bibl. Lemgo II, 1772, 199. Ebenso will Spalding die lutherische Lehre vom natürlichen Verderben ausgeschieden wissen; vgl.(Thilo), „Fr. Unterr." 1(1769), 34. 72) Rochow, „Stoff zum Denken" (1775), in: Rochows s. päd. Schriften 1,122; vgl. Rochow, „Vergleichung d. alten u. neuen Lehrart bei Unterweifg. d. Jugend" (1778), a. a. O.90. Schmitt, Der Kamps um den Katechismus.

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©trat73)" ... „Die Faulheit aber hat Luther vergöttert, damit sie ohne nachzudenken, bloß nachbeten könnte73)." Rochow betont hier das sittliche Tun aus eigener Kraft. In diese natürliche Ethik paßt dann auch die Auffassung von Christus dem Erlöser, die in den Worten ausgesprochen ist, daß er (Christus) „un s u. a. d ad u r ch mit Gott versöhnte, daß er durch Mitteilung besserer Erkenntnis die Feindschaft wegnahm, in welcher die unwissenden Menschen unter Juden und Heiden (das Volk) mit Gott lebten, weil sie ihn nicht genug kannten"73). So kommt auch Rochow von der lutherischen Lehre, die das sittliche Unvermögen des Menschen predigt, ins gerade Gegenteil und proklamiert die andere von der hohen natürlich-sittlichen Fähigkeit, die man durch Belehrung nur zu entwickeln braucht. Die Verachtung der Dogmatik und der Katechismen ist die logische Folge. Diese beschäftigten sich mit dem Dunklen in der Bibel, während doch viele deutliche Morallehren darin enthalten seien73). Wenn man sich bei kirchlichen Geheimnissen die Fragen: „Wie geschieht das? Wie geht das zu73)?" nicht recht beantworten könne, so möge man die Kinder auf die Zeitbedingtheit der Tatsachen aufmerksam machen und sagen, daß das Dunkle „eben daher auch in die üblichen Lehr­ bücher unvermerkt geflossen sei", daß aber nach „Gottes gnädiger Für­ sorge" „alles das, wonach wir uns in unserm Tun und Lebenswandel zu richten haben, in den Schriften der Evangelisten und Apostel am deut­ lichsten verfaßt oder doch leicht zu verstehen sei". Damit habe der Lehrer seine Pflicht „gewissenhaft und treu getan und dieses ohne den westfälischen Frieden etc. zu beeinträchtigen"77). Ms ein echter Aufklärer reiht hier Rochow die Gedanken aneinander, daß die klare und wesentliche biblische und daher christliche Lehre in der Moral des Neuen Testaments zu suchen sei, daß die kirchliche als unent­ wirrbare Menschensatzung ihren Unwert auch dadurch beweise, daß sie dem sittlichen Leben nichts zu geben habe. Das ist für die Gedanken der Auf­ klärung zugleich das neue Argument für den Unwert oder die Neben­ sächlichkeit der kirchlichen Dogmen. Statt sich um solche Nebensachen zu kümmern, sollte den echten Predigern „die Beförderung eines teilten Christenthums und einer ausgebreiteten Gottseligkeit... doch billig am Herzen liegen"73). Die Eiferer sollten „die wirklichen Ketzereyen der Christen in der Lebensart von solchen sog. Ketzereyen in der Betrachtung" unterscheiden73), „wobey Glaube und Moralität in gar keiner Gefahr sind"73). Nicht an Nebensachen sollten sie ihre Kräfte verschwenden, aber die „wesentlichen Grundwahrheiten selbst aus unumstöslichen Gründen"

’3) Rochow, „Stoff zum Denken" (1775), in: Rochows s. päd. Schriften l, 123; vgl. a. „Vergleichs. d. neuen und alten Lehrart" (1778), a. a. £>., I, 90. 74) Rochow, „Vom Nationalcharakter durch Volksschulen" (1779), a. a. O. I, 340. ’6) Rochow, o.o. O. I, 341 ff.; vgl. „Versuch e. Schulbuches" (1772), 7. Kap. „Eine Tugendlehre nach der Bibel", a. a. 0.1,37 ff. ’6) Rochow, a. o. O. I, 341. 77) Rochow, a. a. O. I, 342 f. 78) (Stofe), „V. f. Religionseifer" (1767), 48. 7») (Stole), a. a. 0.14.

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Verteidigen*"), das „thätige Christenthum, welches die Menschen bessern und heiligen soll, aufs schärfste treiben"*"). Während in diesen Gedanken die Moral schon stark als der Kern der christlichen Religion betrachtet wird, ist bei einem Gesinnungsgenossen bereits die völlige Gleichheit der beiden hergestellt, wenn er gegen die areligiöse Erziehung mit folgenden Worten eifert: „Wer irgend seine Ueberlegungen beisammen hat, wird das Christen­ thum ganz gewiß für die beste Moral, besonders in Absicht der Unterweisung für Kinder ansehen*^)". Mit diesen Grundsätzen sollte die „Ausmusterung" der nicht genehmen Lehren vollzogen werden. Dabei zählten „die meisten sogenannten charak­ teristischen Lehren der christlichen Religion" zu den Nebensachen. Sie „bestünden in unnützen Speculationen, die keinen Einfluß auf das thätige Christenthum hätten", die man auf sich beruhen lassen könne**). Daß es sich hier nicht mehr nur um Einzelstimmen, sondern um eine große Bewegung handelt, wird aus den Klagen der Orthodoxie klar. Der Theologe Jacobi widmet diesen Bestrebungen zur Verdrängung der Dog­ matik mit Hilfe der Moral ein eigenes Werk**) und führt die Neuerungen auf die Ideen Semlers und Tellers**) zurück. Der Kritiker beschreibt die moralische Religionstheorie der beiden Neologen und stellt das mit der kirchlich-lutherischen Lehre Unvereinbare heraus. Die Moral sei bei ihnen das Wesentliche in der Religion**). „Selbige müsse aber keineswegs auf die bisher eigenthümlichen Lehren des Christenthums gegründet, und aus selbigen keine Bewegungsgründe genommen werden**)". Man brauche in der Sittenlehre die Strafgerechtigkeit Gottes nicht zu erwähnen, sondern solle „bloß bey den natürlichen Folgen der Tugend sich aufhalten. Damit dieses Lehrgebäude nach und nach beym größern Haufen verbreitet werde, so soll man aufhören, die bisherigen Lehren des Christenthums in den Predigten und Katechismen vorzutragen, damit sie nach und nach ver­ gessen werden ... Anstatt der Geheimnisse solle man zu Zeiten die schönen moralischen Sätze der Heyden anführen ..., so werde man unbemerkt auch den größern Haufen überzeugen, wie gleichgiltig es sey, was man glaube, und daß unsre Seligkeit sich nicht auf diesen oder jenen Glauben, sondern ganz allein auf die Tugenden sich gründe**)." Wenn auch in dieser Darstellung etwas vom rechtgläubigen Ressenti­ ment mitspricht, so ist doch die Theorie Semlers vom grundlegenden Unter­ schied zwischen der „öffentlichen", das Gewissen nicht berührenden Religion mit ihren symbolischen Büchern und der sich „ethisch auswirkenden privaten" Religion im wesentlichen richtig wiedergegeben**). Die Neologen kleineren 80) (ßübte), a. o. 0.28; vgl. Resewitz, „Die Erziehung des Bürgers" (1773), 181 f. 81) „Pr. Rel. Zust." I (1778), 268. 82) „N. Rel. Beg." 11(1779), 670 f.; vgl. (Thilo), „Fr. Unten." I (1769), 39, 45. 83j Jakobi, „Nähere Entdeckung eines neuen Lehrgebäudes der Religion." Zelle 1773. Inhaltsangabe und zustimmende Kritik in: „N. Rel. Beg." II (1779), 180 ff. 84) Will). Abraham Teller (f 1804) hatte bis 1773 herausgegeben: ein „Lehrbuch des christlichen Glaubens" (1764) und das „Wörterbuch zum N. Testament" (1772). Er war „ein Hauptvertreter der entschiedenen Neologie" („Die Religion" V, 1931, 1039, Art. „W. A. Teller" von H. Hoffmann). 86) Jacobi, „9täl)ete Entdeckung" in: „N. Rel. Beg." II (1779), 182 f. 88) Vgl. „Die Religion" V (1931), 428, Art. „I. Sal. Seniler" von Zscharnack

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Formats haben jedenfalls eine immer brauchbare Waffe gegen die kirch­ liche Dogmatik an dem exegetischen Prinzip Semlers: „Jede Religions­ lehre muß auf Besserung des Menschen fielen87)." Überall, so meint ein Orthodoxer nicht mit Unrecht, finden die Neuerer in der Heiligen Schrift nichts als Moral und Tugend; da sei freilich „ein breiter Weg" geöffnet, „der wesentlichen Lehren los zu werden, wenigstens einen scheinbaren Anlaß zu unendlicher Zänkerey zu entdecken, und dadurch das ächte Christenthum zweifelhaft zu machen88)." Derselbe Kritiker setzt sich gegen­ über diesem moralisch-natürlichen Christentum zur Wehr, indem er zeigt, „daß Religion etwas mehr als bloße Rechtschaffenheit oder Tugend sey,... daß alle die Religionslehren, welche einige aus dem Unterricht des ge­ meinen Haufens blos weggelassen wissen wollen, andre aber für falsch erklären, wahr seyen und in den Religionsunterricht gehörten88)." Aus diesen Anklagen und Widerklagen hört man heraus, wie die Auf­ klärung die Hinwendung zum Natürlichen und Naheliegenden bereits in weitem Maße vollzogen hat. Ein Kritiker hat recht, wenn er die Ansicht, daß „die Moral das Wesentliche in der Religion sei", mit den Worten charakterisiert: „Das sieht fast einer naturalisirten christlichen Religion gleich88)." Aus den Ämtern Christi wird besonders das der Erlösung heraus­ genommen und es bleibt schließlich nur das eines aus natürlichen Gründen verehrten Morallehrers übrig81). So wird auch die Vorstellung einer Stell­ vertretung des Heilands, die sich im Protestantismus mit dem Dienst am Worte in den vorausgehenden Zeiten in etwa noch verband, von den Neologen aufgegeben und die Tätigkeit des Predigtamts in der voll­ ständigen natürlich-didaktischen Vermittlung der sittlichen Normen ge­ sehen, in denen man das Christentum zu erkennen vermeinte88). Die neue Auffassung von der Aufgabe des Predigers ist auch grundlegend für die religiöse Volksbelehrung und zeigt sich deutlich in den Stimmen, die gegen diesen Moralismus auftreten. Die Menschen sollen nicht nur das Gute tun aus eigener Kraft, wie es die neuen Reformatoren proklamieren, fonbem sich die Erlösungsgnade zunutze machen. Die Prediger aber sollen 87) „N. Rel. Beg." 1(1778), 195; vgl. 184 ff. Jnh.-Ang. zu Semlers „Abhandlung von der freymüthigen Untersuchung des Canon" (1771—1776); vgl. Hettner, Gesch. d. deutschen Sit. II, 177 f. — Bereits im Jahre 1768 muß I. Ch. Koecher (Catechet. Gefch. III, 308 ff.) gegen einen französischen Kat. der natürlichen Rel. kämpfen, der im englischen Original schon 1686 erschien und durch eine deutsche Zeitschrift 1734 auch den deutschen Theologen zugänglich wurde. In diesem Kat. wurde der Satz verteidigt: „Alle Lehren, die keinen Real-Einfluß in die Praxim hätten, soll man als unnütz und untüchtig fahren lassen" (a. a. 0.309). 88) Dan. Joach. Koppen, „Der Hauptzweck des Predigtamtes" (1778) in: „N. Rel. Beg." II (1779), 208, vgl. 194 f. 88) Köppen, a.a. O., Jnhaltsang. in: „N.Rel. Beg." II (1779), 195; vgl. (Thilo), „Fr. Unten.“ (1770), 98 f. °°) Mag. Sch. E. VI (1771), 419. 8l) Vgl. auch Rochow, „Vom Nationalcharakter" (1779), in Rochows f. päd. Schr. I, 340, F. Jodl, Gefch. der Ethik I (1930), 515. 8Z) Die neologische Auffassung vom Amt des Predigers ist niedergelegt in der Schrift Spalding: „Übet die Nutzbarkeit des Predigtamts und deren Beförderung", Berlin 1772; s. A. Bibl. Lemgo II, 1772, 191 ff.; „N. Rel. Beg." I (1778), 766 f. Die orthodoxe Auffassung findet sich in den Schriften von Köppen „Der Hauptzweck

- 389 — die Menschen „bitten, daß sie sich versöhnen lassen mit ©ott"93). Diese Bestimmung des Amtes werde von „sehr vielen" vergessen. Sie schränkten „das Amt... darauf ein, daß sie blos durch die Sittenlehre der Vernunft und ein socratisches Christenthum lasterhafte Menschen zu Liebhabern der Tugend machen wollen93)." Sie glaubten schon die christliche Lehre gegeben zu haben, wenn sie diejenigen Teile daraus dargestellt hätten, die den Menschen zum nützlichen Glied der Gesellschaft und zum Menschenfreund machten. Das sei ein sehr lückenhaftes Christentum; denn „das Amt der Versöhnung, das Gott aufgerichtet hat, ist von weiterm Umfange, als die Sittenlehre der Vernunft94)." Das war das große Dogma der Neuerer, das sie aller kirchlichen Dog­ matik entgegenstellten: Die Religion hat nur als moralische eine Be­ rechtigung. Zur Begründung des Moralismus stellt Basedow schon 1758 den Satz auf, daß ohne die sittlichen Normen keine „allgemeine Ruhe und Glückseligkeit" möglich fei96). Mit der Loslösung von der Offenba­ rung vollzieht die Aufklärung zunächst die Wendung zum Moralprinzip der Glückseligkeit. Wie schon die Basedowsche Auffassung zeigt96), ist dabei vorzüglich an das eigene irdische Wohlergehen gedacht, das aber das der anderen, die „Gemeinnützigkeit", mit einschließt96). Die echte Religion im Sinne der Aufklärung hat die natürliche Tugend im Gefolge oder ist mit ihr vollständig eins; wo aber moralische Religion zu finden ist, da muß der Mensch glücklich sein. Aber auch umgekehrt: wo die Ruhe des Gemüts und der Trost sich nicht mit der Religion und Moral verbindet, da fehlt das Kennzeichen der Echtheit. Darum fordert Lüdke von einer wesentlichen Religionslehre, „daß aufrichtige Recht­ schaffenheit des Herzens und standhafte Tugend im Leben, eine gegründete dauerhafte Gemüthsruhe, und eine zuverläßige Hoffnung der Glückseeligkeit auf die Zukunft, ohne dieselbe gar nicht recht möglich seyn müsse97)." des Predigeramts", Leipzig 1778; Chr. Wilh. Dernier, „Unsere Gedanken von der Nutzbarkeit des Predigeramtes", Leipzig und Schleiz 1778. „N.Rel. Beg."I (1778), 769, vgl. II (1779), 194 f. Was die Aufklärung hier vollzieht, liegt wie manche ihrer Ideen in der Fortsetzung der Linie, welche die Reformation schon durch die Abschaffung eines besonderen und durch die Verkündigung des allgemeinen Priestertums einge­ schlagen hatte. Es wird die Idee vom Priestertum überhaupt fallen gelassen. ”) „N. Rel. Beg." III (1780), 279 f. Aus der orthodoxen Schrift: „Ein Wort an diejenigen, so sich der Gottesgelahrtheit zu ergeben und dem geistlichen Stande zu widmen gesonnen sind", Görlitz 1778 (a. a. D. 276 f.). Die Schrift wird vom Rezensenten zustimmend beurteilt. •4) A. a. D. III, 281. •6) „Nord. Aufs." I (1760), 393, 360ff. „Von Bas.s practischer Philosophie". Meth. B. I (1771), 174; A. D. B. XI 2 (1770), 91 f.; „Sit. Br." VI (1760), 289ff. ,s) „Die Religion" I, 640 f. Quast, „Morallehre und Moralunterricht" (Diss. Erlangen 1922,210), unterscheidet „im wesentlichen" drei Formen von Moralsystemen: den „rationalistischen Eudämonismus mit Einschluß des Perfektionismus", den „Kanttschen Purismus" und die Mischform, die „hauptsächlich christlich-religiösen Einschlag" zeigt. Der Kantische Purismus gehört der Periode vor 1780 noch nicht an. In den obigen Ausführungen gilt es festzustellen, daß die Loslösung von der Offen­ barung von dem rationalistischen Eudämonismus vollzogen wurde. Nach dieser Rich­ tung setzt der Purismus die Tendenz seines Gegners fort. •7) „Gemeinn. Betracht." (1776), 690: Inhaltsangabe aus dem Buch Lüdkes: „Über Toleranz und Gewissensfreyheit", Berlin 1778; vgl. a. a. D. 662. Vgl. Koppe,



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Mit deutlicher Wendung gegen die Kirche verkünden „die neuen Tugend­ lehrer und Religionsverbesserer" immer wieder das Lob ihrer Religion, die „auf die Praxim (sic!) einen notwendigen Einfluß" Habens, das heißt „die Richtigkeit der Gesinnungen" wirke und „einen Grund zur Beruhi­ gung" gebe""). Der Eudämonismus ist so wenig ein einheitliches Gebilde wie die Heterodoxie, mit der er sich oft verbindet. Wer eines ist allen seinen Strei­ tern gemeinsamen, die Überzeugung nämlich, daß sie mit ihrer neuen Moral auch dort Tugend, Glück und Wohlfahrt wieder heimisch machen könnten, wo sie geschwunden waren, und das einzige Mittel besäßen, um die gesunkene Menschheit und Christenheit vor gänzlichem Verfall zu retten. Hier ist die Stelle, an der die neue Ethik in die Pädagogik, vorab in die Theorie und Praxis des Religionsunterrichts, eintritt100). Die Philanthropisten vergessen alle nicht, in ihrer Theorie und praktischen Tätigkeit die Lehre von der Glückseligkeit durch die Tugend zu verkündigen, und deuten demgemäß auch die christlichen Sittenregeln in diesem Sinne101). Der edle Rochow hält den Kindern „das Glück der Tugendhaften schon hier auf Erden"10") vor und zeigt ihnen die Recht­ schaffenheit in jungen und in alten Tagen, die „Tugend" überhaupt, als den „sicheren Weg zur Glückseligkeit10")." Er will die Kinder „christlich denken, urteilen und reden" lehren, indem er Christus als den großen, liebenden Wohltäter schildert, der sein Volk „fleißig" und „glücklich" bei guten Werken sehen will10"), der „solche Anstalten hinterließ, wodurch das für alle Menschen so wohltätige Christentum unaufhörlich gegen seine Feinde gesichert und mit allen seinen seligen Folgen verewigt wird10")." Das christliche Liebesgebot, „die Hauptsumme oder das Größte und Wich­ tigste" aus den Lehren Christi10"), will Rochow in folgender Fassung den Kindern näher bringen: „Willst du glücklich sein", spricht er (sc. Christus), „so verehre Gott über alles als deinen größten Wohltäter, höchsten Herrn „Die Tugend der Menschen, der Hauptzweck aller göttlichen Religion" in: „Krit. Samml." III (1776), 735. »«) „Gemein». Betracht." (1776), 690; vgl. „Journ. s. Pred." VI (1776), 260, 287, 291. •*) Gg. Julius Coners, „Bey Einführung eines Handbuches zur Wiederholung der christlichen Glaubens- und Sittenlehre mit Katechumenen an seine nächsten Amts­ brüder und nachdenkenden Zuhörer geschrieben". Halle 1778. Inhaltsangabe in: „N. Rel. Beg." IV (1781), 529; vgl. 533 f. 10°) Vgl. Resewitz, „Die Erziehung des Bürgers" (1773), 66. Resewitz macht die unmittelbare didaktische Anwendung des Eudämonismus, wenn er die Anweisung gibt, daß die Lehrer bei ihrem ganzen Unterrichte die Vorteile des zu Lernenden zeigen sollen, und dann fortfährt: „Besonders muß die Jugend den Nutzen und die Vortheile des moralischen Unterrichtes verstehen; und es fühlen, daß das, was sie thun sollen, ihren Empfindungen, ihrem Gewissen und ihrem eigenen Vortheile gemäß sey". 101) Vgl. Czilchert, „Zum RU.", 76. 102) Rochow, „Der Kinderfreund" (1776), in: „Rochows s. päd. Schr." I, 172. Schluß des Lesestückes Nr. 58. Auch sonst vergißt Rochow nicht, wie der „Kindersreund" im ganzen zeigt, auf die guten Folgen der Tugend und auf die schädlichen des Lasters, besonders am Schlüsse der einzelnen Lesestücke hinzuweisen. 103) Rochow, „Vom Nationalcharakter durch Volksschulen" (1779), a. a. O. I, 340 f. und Fußn.

- 391 und besten Vater mit kindlichem, willigem Gehorsam und liebe deine Mit­ menschen so, daß du ihnen ebensowohl Gutes gönnest als dir selbst, d. i., ihnen zu nützen suchst, wo du iannft433)." Wenn man an den Einfluß Rochows bei seinen Zeitgenossen und an die Verbreitung seiner Schriften und besonders des „Kinderfreundes" benlt434), so kann man auch ermessen, was für eine Macht die neue Ethik bei den Zeitgenossen bereits war und durch diese Wirksamkeit noch weiter werden mußte. Schon vorher (1772) veröffentlichte Rochow seinen „Versuch eines Schulbuches", das in seinem religiösen und moralischen Teil nach der eudämonistischen Theorie des Verfassers eingerichtet ist106) und „nur die Vernunft zum Erkenntnisgrund, auch in der Sittenlehre und Theologie" annimmt433). Ebenfalls die eudämonistischen Tendenzen, zugleich aber in noch reinerer Ausprägung die natürliche Orientierung zeigt der von dem fein­ gebildeten Rechtsgelehrten HofratJoh. Gg. Schlosser433) verfaßte „Kate­ chismus der Sittenlehre für das Landvolk" vom Jahre 1771437). Daß der Autor den Geschmack der Aufklärer mit dem Buche trifft, dafür gibt das fast allgemeine Lob Zeugnis, das sie ihm spenden, vorab die „Bibliothek" Nicolais durch ihren Rezensenten Säble438). Nach seinem Urteile ist der Katechismus „eine wohlgerathene, gemeinnützige Schrift"438), er macht darum ihre Ideen in einer ausführlichen Inhaltsangabe der Allgemeinheit zugänglich438). Mit diesem „Katechismus" ist Schlosser auf dem Gebiete der moralischen Volksbildung „mit Erfolg bahnbrechend vorangegangen"; das Werk „verbreitete sich schnell in vielen rechtmäßigen und unrecht­ mäßigen Ausgaben bald mit, bald ohne Namen des Verfassers"433). Es 40.; s. „Der Landprediger" IV, 451; vgl. 456. 46) „Der Landprediger" IV, 451; Meinung des Rezensenten. ") (Thilo), „Fr. Unten." II (1770), 89 ff.; vgl. 135. “) (Thilo), „Fr. Unten." II (1770), 135 f.; vgl. a. ff. Solche Einteilungen sind: „zeitlicher, geistlicher und ewiger Tod", königliches Amt und Mittlerschaft Christi; vgl. a. „Mag. Sch. E." IV (1770), 84. 4«> „Nord. Aufs." I (1760), 647 f. 6») „Nord. Aufs." I, 651 f., II (1762), 364; vgl. Lessings Polemik dagegen in: „Lit. Br." III, 57 ff.; VI, 347ff. ») „Lit. Br." III (1769), 59.

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ihres übernatürlichen Ursprungs als zu ferneliegend, zu beladen mit ein­ zelnen Begriffen und deswegen für die Vernunft zu wenig durchsichtig betrachtet. Die Frage nach der Klarheit ist hier wesentlich vom Inhalt her bestimmt. Durch die „anatomische Äuseinanderlegung"83) der Dogmen glaubt man der kindlichen Vernunft einen Teil geben zu können, der sicher — so meint man — für sie noch traybar ist, während der ganze Lehrbegriff eine zu schwere Last bedeutet und ihr dunkel bleibt und dem echten Auf­ klärer selber nichts anderes ist als „finstere In diesen Gedanken bewegt sich z. B. Resewitz mit der Behaup­ tung, der kirchliche Religionsunterricht sei nicht mäßig genug, wie Christus das Beispiel gegeben habe. Man wolle auf einmal alles geßett84). „Und wir wollen Kinder, die kaum ihren Verstand über das Sinnliche zu heben wissen, mit Lehrsätzen überladen, welche oft der Gelehrte erst mühsam bestimmet hat, um sie selbst richtig faßen zu können88)." Einen be­ rechtigten Kern enthält die anschließende Kritik. Man „trägt sie nicht in der Sprache vor, worinn die Menschen ihre übrigen Angelegenheiten denken und sprechen, sondern in der Mischung von Schul- und so genannter biblischer Sprache, welche nicht nur unrichtig und undeutlich gefaßt wird, sondern auch die Religion, mehr als man glaubt, dem Gesichtskreis des gemeinen Lebens entrückt"88). Wenn aber dann die Aufklärer selbst bei ihrem Streben, auch in der Religion nahe „am gemeinen Leben" zu bleiben und in der Lehrfixierung kindertümlich zu werden, der Heterodoxie verfallen und, statt diese restlos zu bekennen, sich selber in Kompromissen und zweideutigen Ausdrücken bewegen müssen, dann ist der Augenblick gekommen, wo auch die Gegen­ seite ihnen den Vorwurf der Dunkelheit zurückgibt und ihnen vorhält: „Man möchte sich wundem, warum Männer, welche die Welt aufklären wollen, die allgemeinen, unbestimmten und dunklem Ausdrücke: Christen, christliche Lehre, Christenthum so herzlich lieb haben, und so gern für be­ stimmtere Namen unterschieben88)." Auch von manchem Katechismus dieser Zeit muß man zugeben, daß die Sfritil zutrifft"). Doch die AufklärungsPeriode kennt die Aufgabe, für Kinder die religiöse Lehre faßlich darzustellen, nicht nur in der Diskussion der Theo­ logen, die schließlich in ein fruchtloses Gezänke ausartete. Sie wirft durch ihre Pädagogen wirklich das Problem der Kindertümlichkeit des religiösen Lehrstoffes auf und gibt mit der „elementarischen Ordnung" Base­ dows wenigstens Anstöße auch zu einer sachlichen Erörterung. Daß die 5a) Reu, M. Luthers Kl. Kat., 179. S3) Mascha, Vorschläge zu e.Schulverbesserung (1780), in: A.$. SB., XLII (1780), 600. ") Cramer beruft sich für seinen Rat, von den Geheimnislehren in der Kindheit zu „schweigen", auf den Vortrag Pauli auf dem Areopag zu Athen. S. „Nord. Aufs." I (1760), 649 f. 66) Resewitz, „Die Erziehung" (1773), 167, 179, 127 f. 6e) Köppen Dan. Joachim, „Der Hauptzweck des Predigtamtes" in: „N. Rel. Beg." II (1779), 207; vgl. „Krit. Samml." III (1776), 164 f. 67) Vgl. o. ©. 402 f..



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beiden Richtungen nicht immer getrennt nebeneinander laufen, dafür ist schon Basedow selber Zeuge geworden. Im Philanthropismus und in der sokratischen Methode vollzieht die Didaktik ihre Befreiung von der mathematisch-syllogistischen Methode Wolffs, indem sie seine „trockene Verständigkeit"88) abstreift, ohne indes seine Forderung aus gründlichen Vernunftbeweis und innere Verknüpfung der Wahrheit preiszugeben88). Die neue Methode sucht die Klarheit nicht wie die Schule jenes Philosophen durch Analyse der Begriffe des Kate­ chismus^), sondern auf dem entgegengesetzten Wege, nämlich von der Anschauung zum Denken. Der Übergang ist deutlich in folgender Forderung hervorgehoben: „Ich verlange von einem allen Absichten Genüge leistenden Religionsunterricht, außer einer guten Wahl der Lehren und ihrer Beweise, einer einleuchten­ den Faßlichkeit, praktischen Richtung und Belebung des Vortrages etc. auch eine recht natürliche, den Entwicklungsgesezen des menschlichen Verstandes angemessene Ordnung in der Folge und Stellung nicht nur ganzer Abschnitte und Kapitel, sondern auch der einzelnen Begriffe und Säze88)." Damit wird nicht mehr bezüglich der Ordnung nur ein Parallellaufen des abstrakten Lehrstoffes mit den steigenden Verstandeskräften des Men­ schen gefordert, wie bei den einfachen Religionsbegriffen der rationalisti­ schen Theologie, sondern auf den qualitativ ganz anderen Weg der geistigen Aneignung der religiösen Lehre für die Kinder hingewiesen, der vom An­ schauen zum Begriff fortschreitet, mit anderen Worten, die induktive Methode in die katechetische Theorie eingeführt, die als die besondere Er­ rungenschaft der Ausklärungspädagogik bezeichnet werden tonn81). Klarer noch als in den genannten Worten zeigt sich dieser Fortschritt über Wolfs hinaus in der anschließenden Gegenüberstellung des nämlichen Autors. Er fordert hier eine „analytische Ordnung, die nicht, wie ge­ wöhnlich geschiehet, von den abstrakten generischem Ideen auf die specisischern und individuellern, sondem umgekehrt von diesen zu jenen fortschreitet; die jede folgende Stükke des Unterrichts durch die vorher­ gehenden hinlänglich zubereitet; welche die biblische Geschichte überall am rechten Orte unterlegt; welche, mit einem Wort, die Äckentnis der wich­ tigsten Religionswahrheiten von den ersten Empfindungen, von den jedes­ mal zu nächst liegenden einleuchtendsten Vorstellungen an, in der natür­ lichsten Stufenfolge, zur erforderlichen Deutlichkeit, Ueberzeugung und Vollständigkeit hinaufführt"62). Die Zeit, aus der diese Worte stammen, ist die große Periode im Leben Basedows nach dem Erscheinen der „Vorstellung", in der die Forde“) Windelband, Die Gesch. der neueren Philosophie 1,529; vgl. SchumannSperber, Gesch. des RU.s (1890), 64 f. Wolfs und seine Schule leitete auch hier, wie in der Dogmatik von der Orthodoxie zum Rationalismus, so in der Didaktik von der alten zur neuen Methode über. Vgl. „Die Religion" IV (1930), 1715, Art. „Wolfs".; vgl. M. Reu, M. Luthers Kl. Kat., 179 ff. **) Vgl. Schumann-Sperber, Gesch. des RU.s, 64; M. Reu, M. Luthers Kl. Kat., 179; Th. Harnack, Katechetik I (1882), 97. oo) (Thilo), „Fr. Untere." II (1770), 149 (Meinung des „Neophilus"). 81) H. Schwach, Päd. Lex. I (1928), 301, Art. „Aufklärung" von Kabitz. 88) (Thilo), „Fr. Unten." II (1770), 149 f. Schmitt, Der Kamps um ben Katechismus.

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rung der Sachkenntnis vor der Worterkenntnis oder der Grundsatz der „elementarischen ßrbnung"63) so eindringlich verkündigt ist; nur die An­ wendung auf den kirchlichen Religionsunterricht ist originell bei Thilo. Schon die Zusammenstellung der Worte in Basedows Forderung drückt aus, daß hier zwei Fragen eng verbunden sind, die nach dem Ausgangs­ punkt des Unterrichts und die zweite nach der Stufenfolge der Lehren mit Rücksicht auf die voranschreitende Entwicklung der kindlichen Kräfte33). Die Frage nach den „Elementen" der Religion ist dabei nicht mehr nur theolo­ gisch-rationalistisch wie bei der bereits behandelten „Simplifizierung", son­ dern primär und grundsätzlich psychologisch gelöst. Das wirkt sich auf die religiösen Lehrbücher, die Materien zur Stützung der reli­ giösen Erkenntnis, auf die sprachliche Formulierung der Wahr­ heiten und auf die Stufenfolge derselben und der Bücher aus. Obwohl für Rousseau das Problem der kindertümlichen Religion über­ haupt nicht besteht, weil er diese als die ureigenste Angelegenheit des reifen Menschen betrachtet, gehen doch von den allgemeinen Theorien seiner naturgemäßen Pädagogik viele Anregungen aus, die auch den Kate­ chismus betreffen. Am nachhaltigsten ist in der pädagogischen Zone die Wirkung seiner Forderung zu spüren, daß in der Erziehung und Bildung nichts verfrüht werden soll65). Sie liegt ja auch seiner Kritik des Kate­ chismusunterrichts zugrunde, die sich im vierten Buche seines „Emil" findet66). Die Frage, ob Kinder eine religiöse Unterweisung erhalten können, wird nach Rousseau auf deutschem Boden bejaht67), hie und da noch mit einer gewissen Zurückhaltung66). Zugleich mit der Entscheidung für eine religiöse Unterweisung der Kinder sehen sich aber die deutschen Pädagogen nach Rousseau vor die Aufgabe gestellt, den Stoff an die Fähigkeiten der Kinder anzupassen. Darum verkündigen sie auch diese Forderung in ihrer Theorie mit vielem Nachdruck. Den Ansichten Rousseaus am nächsten steht in diesem Punkte neben Basedow I. H. Campe, wie er überhaupt in seiner Pädagogik viele Gedanken Rousseaus kritisch sichtend übernimmt66). „Wenn eine allgemeine längst verjährte Observanz", so äußert er sich in diesem Punkte, „in dem Reiche der Wahrheiten... einen gültigen Entscheidungsgrund abgeben könnte: so bedürfte es dieser Frage nicht", wann nämlich der Religions­ unterricht bei den Kindern beginnen müsse70). „Denn so wäre es längst 63) Bas., „Vorstellung" (1768), § 58, 55, 56; „Vorschlag und Nachricht" (1770), 30; vgl. Campe, „ Sammlung" I (1778), 191. *4) Vgl. „Gedanken, Vorschläge und Wünsche" I, 1 (1778), 47, 55. «6) Vgl. „Emil" IV, § 163 ff., oben S. 117 ff. "«) „Emil" IV, § 171, s. oben S. 121 f. ®7) Vgl. „Mag. Sch. E." IV (1770), 189 f.; Schmahling, „Die Ruhe auf dem Lande" (1767), 94, 98. ®8) So bei den Philanthropisten; s. Czilchert, „Zum RU.", 76. “) Vgl. Pinloche-Rauschenfels, Gesch., 384 f., 387 f., 391; vgl. Allg. Rev. XII—XV (1789/92), wo R.s Emil in deutsch. Übersetzung der breiten deutschen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. ,0) Campe, „Sammlung einiger Erziehungsfchriften" I (1778), 181 f. Wie Bas. wendet sich Campe gegen das Gebet von unmündigen Kindern nach Formeln (a. a. O. 215 ff.).



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entschieden, daß der erste Religionsunterricht, wo möglich, schon in der Wiege gegeben" werden müsse, wenigstens aber zu Beginn ihrer Fähig­ keit zu reden und zu memorieren70). Um der Sache willen verlangt er dann, daß die Untersuchung über das Problem nicht allein „aus theologischen Gründen" als abgeschlossen zu gelten habe, sondern von neuem zur Diskussion gestellt und entschieden werde70). Man befände sich dabei allerdings in einer schwierigen Lage, wenn man 'zwischen der „bisherigen Observanz" und der Meinung des „Geschichtsschreibers" des Jahres 2440 zu wählen hätte, der verlange, daß man „die Kinder erst völlig zu Verstände kommen lassen" müsse71). Da sei die Frage erlaubt, „ob es ..., wie in allen Dingen, so auch hier, zwischen den beyden Extremen nicht einen gewissen geraden Mittelweg gebe, der vielleicht unter allen der richtigste seyn dürfte"71). Von diesen Erwägungen aus kommt der Verfasser, ähnlich wie Basedow, zu dem Schluß, baß durch Erziehung und Art des Unterrichts eine eben kindertümliche Belehrung in der Religion möglich fei72). Bis zum Alter von etwa 6—8 Jahren dürfe sich diese überhaupt nur auf die allernotwendigsten Wahrheiten beschränken72). Sie muß sich an „merk­ würdige, in die Sinne fallende Veranlassungen" anschließen und braucht nicht in ihren Beweisen „mit mathematischer Strenge bis zur wirklichen Evidenz fortgeführt" zu werden72). Dringend warnt er aber davor, dem Kinde eine religiöse „Wort­ erkenntniß" zu geben, der keine „anschauende Erkenntniß" vorangehe und keine „wirkliche Ueberzeugung" zugrunde liege72). Das führt ihn zum Kampfe gegen „trockne systematische Schulkompendien"70) und zum Ver­ zicht auf jedes Lehrbuch im ersten kindlichen Religionsunterricht77). Gottes Dasein und seine Eigenschaften sollen nicht „aus todten Büchern und in dumpfigen Schulstuben gegeben, sondern mitten im Schoße der schönen Natur aus der Natur selbst geschöpft" werden, um „warme", „bleibende Gefühle in den Gemüthem junger Kinder" zu erwirken77). Campe kommt also von der Erörterung des Problems, ob Religions­ unterricht für Kinder möglich sei, zur kindertümlichen Religion und sieht sie als eine erst werdende, die sich an die sinnliche Vorstellungswelt der Kinder anlehnen und mit den Jahren reifen muß. Auch um die Kinder aus das Dasein Gottes zu führen — Campe zählt den ersten Satz der natür­ lichen Religion wie seine Zeitgenossen zu den Elementen der Religion — brauche man eine „große Summe von wirklichen Naturerkenntnissen", um 71) Campe, a. a. O. I, 187 f.; vgl. Rochow, „Versuch eines Schulbuches" in: Rochows s. päd. Schr. I, 7. Auch hier ist eine bedingte Notwendigkeit eines bereits im kindlichen Alter zu erteilenden RU.s „nach der jetzigen Einrichtung der Welt" ausge­ sprochen. ”) Vgl. Salzmann, „über die wirksamsten Mittel" (2. Stuft. 1789), 33. 7S) Campe, a. a. O. I, 219. ,4) Campe, a. a. O. I, 221. ’5) Campe, a. a. O. I, 204; vgl. 221. ™) Campe, a. a. O. I, 249; vgl. Salzmann, a. a. O. 60; vgl. A. B. Nördlingen IX, 376. Bei Salzmann tritt das Schulbuch im ganzen Unterricht zurück. S. Pinloche, Gesch., 352. ”) Campe, a. a. O. I, 249.

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„einen solchen Beweis für den schwachen Verstand des Kindes nur einiger­ maßen anschaulich zu machen"78). Wer glaube, jenen im „Vorbeygehen" führen zu können, sei sehr im Irrtum78). Der richtige Grundsatz, nach dem der Lehrer vom Anschauen zum Denken, von der Sach- zur Worterkenntnis79) voranschreitet, ist in diesen Forderungen eingeschlossen und schiebt für den ersten Unterricht jedes Buch als Grundlage beiseite. Campe kann deshalb nicht umhin, zu gestehen, daß er „diese schulmäßige Art, die Religion zu lehren, bey Kindern (ein anders ist es bey Jünglingen) als zweckwidrig und schädlich schlechterdings verwerfen tnufj"80). Darum kann er sich auch über die so stark einsetzende, an sich zu begrüßende Produktion der „systematischen" religiösen Lehr­ bücher nicht freuen81). Die „verdienstvollen Männer" täten besser daran, wenn sie „Anweisungen für Eltern und Lehrer schrieben und durch Bey­ spiele zeigten, wie man ohne Buch die ersten Religionsbegriffe in den jungen Seelen der Kinder durch vertrauliche Gespräche bey schicklichen Veranlassungen entwickeln sollte"81). Als weitere Quelle der „anschaulichen Erkenntnis" im ersten Reli­ gionsunterricht will Campe die Erzählung benützt wissen, die „auf das bloße Wort dessen, von dem sie erzählt wird, geglaubt zu werden ver­ dient"88). Zu beweisen gebe es in diesem Alter nichts88). Der Ausgangs­ punkt ist jedesmal dasjenige, was dem Kinde am allernächsten liegt, was sein Interesse erregt und ihm nützen kann88). Dabei zeigt sich die schon bei Basedow gemachte Beobachtung, daß rein weltliche Stoffe, wie Leib und Seele, unter dem Gesichtspunkt der Anschaulichkeit mit hereingenommen werden88). Außerdem muß dem kindlichen Herzen die Liebe zu den Eltern, Geschwistern und Lehrern und den Menschen überhaupt eingepflanzt werden, damit es überhaupt fähig sei, „den unendlichen und unsichtbaren Mlvater" zu lieben84). Wie schon an den Hinweisen ersichtlich ist, stimmt Salzmann im wesentlichen mit Campe überein. Bei beiden fehlt in den Erörterungen über den allerersten Unterricht nach der „gleichsam nur erzählenden und historischen Methode"88) jeder spezifisch christliche Einschlag. Auch die Bibel wird von ihnen ausgeschaltet88). Das hat schon den Widerspruch der Zeit­ genossen hervorgerufen. „Ein trockenes Lehrbuch", so meint der Kritiker 78) Campe, „Sammlung"!, 203f.; vgl.Salzmann, a.a. O. (1780), in: A. B.Nördlingen IX, 375; Pinloche, Gesch., 352. 79) Der Einfluß R.s und Bas.s ist hier unverkennbar. Vgl. dazu „Emil" V, § 84; oben S. 132; Meth. B. (1771), 257 f. „Vorschlag u. Nachricht" (1770), 26; vgl. Pinloche, Gesch., 384., oben S. 246, 251 f. 80) Campe, „Sammlung" I (1778), 226; vgl. A. B. Nördlingen VII, 388. 81) Campe, „Sammlung" I (1778), 228 f. 88) Campe, a.a. O. l, 210 f.; vgl. A. B. Nördlingen VII (1779), 385; vgl. Salzmann, a. a. 0.7; Jnhaltsang. d. 1. Ausl. (1780) in: A. B. Nördlingen IX, 376; Schian, Die Sokratik, 163. 83) In: A. B. Nördlingen VII, 390. 84) Campe, „Sammlung" I (1778), 192 ff.; vgl. 201. 86) A. B. Nördlingen VII (1779), 386. 8«) Vgl. A. B. Nördlingen IX, 376.

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Campes, „ist freylich nicht für die Äntber87)." Aber „könnte man denn biblische Geschichte nicht eben so angenehm für den Religionsunterricht vor­ tragen?"87) Der Rezensent Salzmanns aber wendet sich gegen dessen Ein­ wendungen in diesem Punkte. Sie seien „wirklich zu gesucht und spitz­ findig" und bewiesen „im Grunde nichts weiter, als daß die biblische Ge­ schichte nicht allein der Grund des ersten moralischen Unterrichts bey Kindern seyn müsse"88). Mit diesen Worten ist auch die Gesinnung der Zeitgenossen ausge­ sprochen. Obwohl sie die Bibel nicht ablehnen, so weisen sie doch auch den anschaulichen weltlichen Stoffen wie den Erzählungen und Fabeln im elementaren Religionsunterricht einen Platz an, den der Katechismus räumen muß88). Auch der Aufbau der Religionsbücher im engeren Sinne wird von dem Gesetz der „anschauenden Erkenntnis" betroffen: es entsteht eine zweite Gruppe von religiös-didaktischen Büchern, die der „historisch-biblischen Ord­ nung"88) folgen. Diese hat, wie Miller hervorhebt, „nur das Unbequeme, daß die Materien nicht an einem Orte vollständig abgehandelt werden können"88), zeigt dagegen „die allmähliche Entwickelung der einzigen wahren Heilsordnung von ihrer ersten paradisischen Bekanntmachung an"88). Die biblische Geschichte, die sich bereits in der vorausgehenden Pietistischen Periode eine Stelle in der Schule neben dem Katechismus erobert hat"), verdrängt im kindlichen Religionsunterricht nach diesem von Miller dargestellten Plane wenigstens zeitweise den Katechismus. Auch ihre religiös-moralische Zielsetzung hat sich verändert oder erweitert. Man will „die Geschichte der menschlichen Gesinnungen, Neigungen und ihrer Ausbrüche, besonders an dem so frühe überhandnehmenden Un- und Aber­ glauben" beweisen88), ferner in „moralischer Anwendung"88) „Exempel" für das Leben bekommen88) und nach der didaktischen Seite die anschau­ lichen Elemente für das spätere „Lehrgebäude der christlichen Glaubens­ und Sittenlehre"") mit den Kindern sammeln. 87) A. B. Nördlingen VII (1779), 388 f.; vgl. 374 f.; Rez. „CH.". **) A. B. Nördlingen IX (178l), 376, Rez. „N"; vgl. Salzmann, a. a. O. 5ff. **) Vgl. Salzmann, a. a. 0.49 ff.; A. B. Nördlingen IX, 376 f. Salzmann ent­ wickelt eine eigene Theorie über die Kindererzählungen für den ersten RU.; vgl. Miller, „Anweisung", 233. *°) Miller, „Anweisung" (1778), 158. Miller zählt zu dieser Gruppe G.F. Seiler, „Kurze Religionsgeschichte"; Zachariä, „Christliche Religionsgeschichten und Lehren zum Unterricht vernünftig zu erziehender Kinder". Göttingen 1774; ferner die Werke von Troschel und Alberti (a. a. 0.158 f.). 81) Schumann-Sperber, Gesch, des RU.s, 58. *2) Miller, „Anweisung" (1778), 146: Für das A. T. gilt die Einschränkung, daß man es mit Vorsicht gebrauchen soll. 83) Miller, „Anweisung" (1778), 233, 142 f., 129; Zippe (kath.), Anleitung in die Sittenlehre (1778), XXVI. *4) So lautet der Titel des 1774 erschienenen Buches von G. F. Seiler. Vgl. Miller, „Anweisung" (1778), 111. Auch Miller hat fein „Christliches Religionsbuch" (1777) nach obigen Grundsätzen aufgebaut. Der erste Teil enthält „die allgemeinen Begriffe der natürlichen und geoffenbarten Religion", der zweite die Hl. Schrift selber, der dritte das „Lehrgebäude der christlichen Glaubens- und Sittenlehre". S- „Gemeinn. Betracht." (1778), 55 ff. Rezension und Inhaltsangabe.

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Trotz der noch heilsgeschichtlichen Orientierung, die aus obigen Worten Millers spricht, steht schon bei ihm nicht so sehr der biblische Stoff an sich, als wegen seines Charakters als eines geschichtlichen Anschauungsstoffes und wegen seiner Ergiebigkeit für die allmähliche Begriffs- und Systembildung innerhalb der religiösen Lehre und der Entwicklung vom kindlichen zum reifen Mer im Mittelpunkt des didaktischen Interesses. Das ist noch mehr bei den Pädagogen der Fall, die sich weiter von der Kirchenlehre ent­ fernen. Bei ihnen ist dann der biblisch-historische Stoff nur mehr Mittel zum $tt>ecf95) und steht in der „gleichsam nur erzählenden und historischen Methode"99) als Glied der weiteren „elementarischen Ordnung" wegen seiner Anschaulichkeit im engeren Lehrprozeß zur Begriffsbildung an erster Stelle und ist in den Lehrstufen mehr in die Kindesjahre tierlegt97). Die biblischen Geschichten werden — was die Begriffsbildung anlangt — dem Stoff der kirchlichen Religionsbücher und dem abstrakten Kate­ chismusunterricht entgegengesetzt, der zur Bildung eines „anschauenden Begriffes"99) nicht mehr als brauchbar anerkannt wird. Einer der Herausgeber des „Magazins für Schulen" schlägt bereits als Ersatz für den Katechismusunterricht bei der ersten Unterweisung eine Methode vor, die mit Historien anfängt. Er wendet diese Methode da ausführlicher an, „wo das Kind deutliche Begriffe bekommen soll"99). Der „mittelmäsig gute Gebrauch" von Hübners biblischen Historien könne „in den ersten sieben Jahren der Kindheit" für die Herzensbildung noch immer bessere Dienste leisten als der „beste Gebrauch vom Katechismus"99). Er rechtfertigt dieses Urteil noch besonders mit den Worten: „Was soll ein Kind unter sieben Jahren mit abstrakten Glaubenswahrheiten machen? Und wie soll es Begriffe davon bekommen? Gewis, dieses kann ohne die Geschichte des Volkes Gottes und des Evangeliums, woraus sich jene Glau­ benslehren erst entwickelt haben, nicht geschehen"9)." Derselbe Rezensent ergänzt sein Bekenntnis zu einer anschaulichen Lehrweise mit einem Seitenblick auf die verkehrte Praxis: „Die Wahrheit zwingt uns das laute Bekenntnis ab, daß wir Deutsche, mit unserem Kate­ chismus in der Unterweisung der Kleinen noch nicht so umzugehen wissen, *6) Der biblische Zusammenhang wird dann in einzelne Teile aufgelöst, der Stoff tritt als eine Sammlung von Musterbeispielen auf. Hier muß I. F. Fedderfen erwähnt werden, bes. mit folgenden Werken: „Das Leben Jesu für Kinder", Halle 1775 (f. a. A. B. Nördlingen IX, 376); bet) , „Lehrreiche Erzählungen für Kinder aus der biblischen Geschichte", ebd. 1776; vgl. Meusel, Lex. III (1804), 290f. »•) A. B. Nördlingen VII (1779), 386; vgl. Resewitz, „Die Erziehung" (1773), 114; Seiler, Kl. und Hist. Kat. (1777); Nösselt, Ueber die Erziehung ... zur Re­ ligion (1775), 87; Miller, „Anweisung", 122 f. ®7) Bei Salzmann (A. B. NördlingenIX, 1781,378) u. Miller („Anweisung", 1778, 158) steht die bibl. Geschichte an zweiter Stelle; Campe (A. B. Nördlingen VII, 1779, 379) will sie „nicht zu lang vorenthalten"; Resewitz (s. A. B. Nördlingen 1,1773,331) beginnt damit den RU., ebenso G. F. Seiler (s. Schumann, Gesch., 67). 8S) Mag. Sch. E. II (1768), 252. ••) Mag. Sch. E. II (1768), 252. Vers. nach @.254 wohl Schöpperlin. Die „biblischen Historien" erschienen 1714 und galten als ein Werk der Pietistischen Zeit damals als Oeialtct. S. a. Schumann-Sperber, Gesch. d. RU., 58 f. 10°) Mag. Sch. E. I I, 253.



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daß diese auch nur einigen Schein von reellem Nuzen daraus ziehen können. Und gewis, Luthers Absicht war ganz eine andere als ihn für das Gedächtnis oder auch für die Fassung der allerersten Anfänger zu schreiben101)." Daß der alte religiöse Lehrstoff mit seinen Dogmen dem Grundsätze der Anschaulichkeit starke Hindernisse entgegenstellt, hat man bereits damals erkannt. Besondere Schwierigkeiten sieht dabei Rochow in der Vermittlung der religiösen Lehre an Landkinder; denn „so ganz leer von allem Menschenverstände darf doch der Kopf nicht sein, dem man den dogmatischen Teil der Religion, und doch ist ein solcher Teil in allen Kate­ chismen enthalten, lehren toill102)." Er wagt aber doch trotz schwerer Be­ denken selbst den Versuch, „die abstraktesten Lehrbegriffe durch sinnliche Gleichnisse und Behandlung in die Gemüther der Jugend" zu bringen102). In seinem „Schulbuch" Lerwendet er zur Veranschaulichung auch biblische Stoffe, die kirchlichen Dogmen schließt er digens für seine methodische Ver­ arbeitung cm§102). Dem genannten Grundsatz entspringt auch seine Ab­ sicht, der zufolge er nicht „ein Wortregister" der Tugenden als „christliche Moral" geben toitt102). Teilweise sehr drastisch und unter dem ausdrücklichen Hinweis auf das Enchiridion fordert Trapp die Anschaulichkeit als Grundbedingung allen Verstehens im kindlichen Religionsunterricht. Er greift zum Beweise des Gegenteils aus dem vierten Hauptstück die Frage und die zugehörige Antwort heraus: „Wie kann Wasser solche große Dinge tun? Wasser thuts freilich nicht, sondern das Wort Gottes, so mit und bei dem Wasser ist, und der Glaube, so solchem Worte Gottes int Wasser trauet. Denn ohne Gottes Wort ist das Wasser schlecht Wasser und keine Taufe; aber mit dem Worte Gottes ist es eine Taufe, das ist gnadenreich Wasser des Lebens und ein Bad der neuen Geburt im Heiligen (Seifte103)." Diese Sätze geben ja dem „wohlunterrichteten Christen" manches „zu denken und zu empfinden" auf, so meint Trapp, wohl in Anspielung auf seine eigenen nicht orthodoxen „Gedanken" und „Empfindungen". Wer was soll „das arme Kind,... das nichts als Vater, Mutter, Haus, Hausgeräth, Gänse, Kühe, Schweine, kurz nichts als körperliche und sinn­ liche Gegenstände kennt", unter den Wörtern verstehen „große Dinge, Wort Gottes, mit und bei, Glaube, gnadenreich Wasser des Lebens, Bad der Wiedergeburt im Heiligen Geist?"103) Das für alle äußeren Eindrücke empfängliche und zerstreute Kind kann nur mit Widerwillen „dergleichen Sätze des Katechismus" auswendig lernen und wird aus dem angeführten Satze höchstens das Wort „Wassel verstehen. Das ganze vierte und fünfte Hauptstück enthält für das Kind nicht minder schwierige Begriffe. Deshalb werden diese Teile nur mit „Grauen" gelernt und am ehesten wieder ver101) Mag. Sch. E. I (1767), 402. Rez. u. Inhaltsangabe der Schrift: „Der Grund der Gesellschaft", Ulm 1765. Der Verfasser schlägt für die Belehrung der Mädchen die „historische" Methode vor, die sich aber nur an die Evangelien und Apostel­ geschichte anschließt. — Vgl. a. „Archiv Gießen" II (1777), 217. 102) Rochow, „Versuch eines Schulbuches" (1772) in: Rochows s. Päd. Schr. 1,7 („Vorrede"); vgl. S. 37 ff.: „Eine Tugendlehre nach der Bibel", S. 43ff.: „Von Gesellschaft und der Obrigkeit etc.". 103) E. Chr. Trapps Versuch einer Pädagogik (1780), 48 ff.

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gessen. Der erste Artikel des Kleinen Katechismus hingegen und das zehnte Gebot werden von Kindern „am besten behalten, weil darin größtentheils Dinge vorkommen, die ihnen bekannt ftno"103). Die Anhänger der Sokratik, auch außerhalb des Philanthropistenkreises, treten schon früh und nachdrücklich für den Grundsatz der Anschaulichkeit ein und fördern die Umwälzung des didaktischen Denkens mit ihrem gemeinsamen Grundsatz, daß in der Anordnung des Stoffes „Nahe­ liegendes, Sinnliches" dem „Geistigen", „Abstrakten" vorangehen müsse104). Der Unterricht soll, wie dies ein Autor ausdrückt, in einem Alter unter sieben Jahren „aus der Aktivitäts-Sphäre des Kindes geschöpft" sein100). Die religiösen Lehren werden demgemäß von Miller nach dem Gesetz der Veranschaulichung in solche geschieden, „die man auch schon den Anfängern sinlich vorstellen kann", und in solche, „deren Hauptobjekte sich schlechterdings nicht in Geschichte oder Naturscenen vorstellen lassen"100). Zu den ersten gehören „die augenscheinlichen Spuren der Güte, Macht und Weisheit Gottes" in der Natur und im Menschenleben oder die Ausgangs­ punkte der natürlichen Religion. Die letzten müssen „lieber noch zurück­ gesetzt werden"100). Diese Unterscheidung findet sich im Anklang an ein Apostelwort in der damals viel gebrauchten Forderung ausgesprochen, daß man Kindern auch in der Religion „Milch", nicht „starke Speise" darreiche101). „Die Schrift", so schreibt Salzmann, „unterscheidet Milch von starker Speise und bestimmt die letztere für die geübtem Christen zum Nahrungsmittel. Wann wir aber die abstrakten Ideen, sogar die Geheimnisse, die fast in allen Lehrbüchern der Religion für Kinder stehen, zur Milch rechnen wollen, was soll denn die starke Speise seyn? Ich besorge sehr, die Kinder werden durch den Genuß dieser ihrem schwachen Verstände ganz unverdaulichen Ideen so viel leiden, daß sie gegen die ganze Religion einen Ekel be­ kommen100)." Aus diesem Grunde verlangt man auch von den Verfassern der religiösen Lehrbücher eine „philosophische Scheidungskunst"100) und die Verbannung der „trocknen Dogmatik"100'). Auf den Religionsunterricht speziell hat die Meinung einen besonderen Einfluß, die von Salzmann110) und Schlosser111) entschieden, in dem 104) Vgl. Schien, Die Sokratik, 80. 106) Mag. Sch. E. II (1768), 254. 10°) Miller, „Anweisung" (1778), 122 f. Vgl. „Archiv Gießen« III (1778), 40, Fußn. 107) „Gedanken, Vorschläge und Wünsche" I, 1 St. (1778), 47; vgl. Salzmann, „Ueber die wirksamsten Mittel" (2. Ausl. 1789), 7f.; A. B. Nördlingen VIII (1780), 477; Bas., „Ansang der Arbeit« (1769), 17; „Pr. Rel. Zust.« II (1778), 84 f. 108) Salzmann, „Ueber die wirksamsten Mittel" (1789), 7 f. Vgl. Jnh.-Ang. d. 1. A. in: A. B. Nördlingen IX (1781), 375. 10°) „Gedanken, Vorschläge u. Wünsche" I, 1 (1778), 47; vgl. „Archiv Gießen" II (1777), 217 f. 100*) A. B. Nördlingen IX, 376. no) Vgl „Ueber die wirksamsten Mittel" (1780) in: A. B. Nördlingen IX (1781), 374; vgl. a. Campe, „Sammlung" I (1779), 226. 114) Vgl. (Schlosser), „Kat. der Sittenlehre" (1771), 46; ders., „Kat. d. christl. Religion" (1776), 20.

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Moralismus der theologischen ütufflänmg"2) aber wenigstens implicite vertreten wird, daß Religion im wesentlichen moralische „Gesinnung""") sei. Durch diese Ansicht wird das religiöse Lehrbuch im strengen Sinne weitgehend ausgeschaltet""). Hier ist für die Erfassung dieser Religion ein eigener Zugriff des kindlichen Verstandes nicht so sehr nötig und kann schon das gelebte und erzählte Beispiel ohne Umweg über die Begriffs­ bildung in seinem erzieherischen Einfluß auf den Schüler Moral und Religion tiermitteln"4). Doch sind die Vertreter dieser Richtung nicht sehr zahlreich""). Im allgemeinen hält man daran fest, daß die sinnliche Anschauung der erste Schritt zur nachfolgenden Begriffsbildung ist. Diese Praxis kennt auch Salzmann auf der dritten „Stufe" nach seiner Theorie""). Er begründet sie sogar recht deutlich, indem er den schrittweisen Weg zur Be­ griffsbildung aufzeigt, zu der die von Gott geschaffene Natur den Weg weise. Diese fordere ja, daß das Kind „erst durch die Empfindung sich einen Borrath von Begriffen sammelen soll, um in der Folge durch Nach­ denken und Überlegung abstrakte Ideen daraus zu bilden""'). Dann möge doch der Lehrer nicht „durch Mittheilung abstrakter Ideen" gegen die Natur sündigen und ihm „von dem Geheimnisse in Gott vorsagen""'). Neben den Erzählungen wird auch nach dem Vorbilde Basedows und unter Einwirkung der Sokratik"") die „Poesie" dem Religionsunterricht dienstbar gemacht. Zur Veranschaulichung des Unterrichtsgegenstandes und zugleich zur Unterstützung des Gedächtnisses werden kleine Verse in die neuen Lehrbücher aufgenommen"") und „fast allgemein" zur Unter­ weisung empfohlen44"). Nösselt tritt sehr entschieden für diese Verwendung der „Poesie" und „Lieder" ein420). Auch Abbildungen, besonders biblischer Szenen, werden bereits in die „Elementarwerke" der Zeit übernommen. 14t) Vgl. „N. Rel. Beg." II (1779), 182 f. 118) Vgl. Pinloche, Gesch., 352. Salzmann konnte sich schon 1780nicht zusammen­ denken: „Kinder von 6—8 Jahren und Religionsbücher, z. E. Katechismen". S. s. Schrift „Ueber die wirksamsten Mittel" (Ausg. 1809, in: Salzmanns ausgew. päd. Schriften, Sammt. Mann I, 173 Fußn.). 414) Vgl. Göttler, Gesch. d. Pädagogik, 131. Hier wird auf die moralische Kinder­ erzählung hingewiesen, das sog. moralpädagogische „Anschauungsbild". 116) Vgl. R. Kabisch, „Wie lehren wir Religion?" (1920), 283 f. m) Vgl. A. B. Nördlingen IX (1781), 380. Aus d. 1. Ausl. (1780) der Schrift „Ueber die wirksamsten Mittel". m) „Ueber die wirksamsten Mttel" (2. A. 1789), 7 f.; vgl. A. B. Nördlingen IX (1781), 380. m) Vgl. Schian, Die Sokratik, 147: Die Verse werden im dargestellten Sinn besonders von Miller empfohlen. m) S. „Kl. und historischer Kat." (1777) (Inhaltsangabe in „Gemeinnützige Betrachtung", 1777, 276; vgl. ebd. 1776,248; Inhaltsangabe aus der Ausl. v. 1775). Im ersten Stück sind „für ganz kleine Kinder" die Hauptwahrheiten der Glaubens- u. Sittenlehre „in kurzen Reimen leicht und erbaulich ausgedrückt" (a. a. 0.248). Dieser erste Teil ist (nach der eingesehenen Ausgabe Bayreuth 1802, S. VII) überschrieben: „Die Religion in Gedenksprüchen." 120) Nösselt, Ueber die Erziehung der Kinder zur Religion (1775), 90ff.; vgl. „Gemeinn. Betracht." (1776), 247.

- 506 — Für die vom Jahre 1780 ab erscheinende „Bilderakademie für die Jugend" des Pfarrers Stoy hat Seiler diese Art der Veranschaulichung dadurch ausdrücklich anerkannt, daß er 1779 ein „Zeugnis von der Nutzbarkeit des Werkes" schrieb, das dann demselben vorgedruckt wurde und mit ihm in die Öffentlichkeit Wcmbeite121). Demselben Zweck diente in anderer Weise die rein äußere Hervorhebung des Wesentlichen durch den Druck, wie sie Lenz, Diterich und Seiler in ihren erwähnten Werken und Cramer im Lübecker Katechismus durchgeführt haben. In allen bisherigen Äußerungen der Aufklärungspädagogen wurde mehr das stoffliche „Element" betrachtet, das in der „elementarischen Ord­ nung" enthalten ist und als Gesetz der Anschaulichkeit des Unterrichts dem Lehrer auferlegt wird und auch das Lehrbuch trifft. Der Lehrer muß aber in der religiösen Belehrung nicht nur im allge­ meinen zu seinen Schülern herabsteigen, sondern zugleich sich den jeweiligen und wachsenden Fähigkeiten derselben anpassen. So verlangt es die „Ordnung", der zweite Bestandteil des Basedowschen Prinzips. Die Erkenntnis in Vorstellungen ist die dem Kinde eigentümliche, doch gibt sie eine zwar wahre, aber die Bedeutung der Worte nicht ganz erschöpfende Erkenntnis122). Das muß schon Basedow zugeben, als er, über Rousseau hinausgehend, die Möglichkeit des Religionsunterrichts für Kinder verteibigt122). Die noch unzulänglichen und mit dem Sinnlichen verhafteten und unvollständigen religiösen Begriffe der Kinder müssen mit den fort­ schreitenden Jahren gewissermaßen aufgefüllt und zu einem religiösen System ausgebaut werden. So kommt es, daß der Unterricht sich mehr­ mals mit den nämlichen religiösen Materien befassen muß, bis sie ganz zum geistigen und persönlichen Besitz des Schülers werden. Diese damals allgemein anerkannte Stufentheorie wirkt unmittelbar auf die Kritik und Theorie der Katechismen, insofern diese die Leitfäden für Lehrer und Schüler sein sollen128), und gilt für die Verfasser derselben im gleichen Grade wie für den Lehrer im Unterricht. „Wie unverständig", so äußert sich Campe darüber, „es ... gehandelt seyn würde, wenn man aus einem und eben demselben Catechismus oder Lehrbuche der Religion, alle und jede Kinder, ohne auf den Unterschied ihres Alters und ihrer Fähigkeiten Rücksicht zu nehmen, unterrichten wollte, ergibt sich von selbst. Und geschieht es nicht demohngeachtet?12*)" Derselbe Autor weist auch auf die beiden Gesichtspunkte der Stufen­ gliederung hin, von denen der eine rein am Schüler, der andere auch am Stoff orientiert ist: Die Bücher sollen den „ganzen vollständigen Religions­ unterricht in so vielen Stufen" enthalten, „als sich in der fortschreitenden sittlichen Ausbildung der Kinder, so wohl in Ansehung ihrer zunehmenden m) M. Krebs, „Elementarwerke aus der Zeit des Philanthropinismus" (1929). Diss. Königsberg, 33, vgl. 17 u. Fußn. D. „Bilderakademie" erschien erstmals 1780—84. m) Bas., Meth. B. I (1771), 261 f., „3. Rath"; vgl. ©bring, „Bas.s ausgewählte Schriften" (1880), 137. Vgl. Campe, „Sammlung", in: A. B. Nördlingen VII (1779), 387. m) „Archiv Gießen" II (1777), 216 f. m) Campe, „ Sammlung" I (1778), 225; vgl. Nösselt, „Ueber die Erziehung zur Religion" (1775), 74ff.; „Krit. Samml." IV (1777), 65; „Gem. Betr." (1776), 247.

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Fähigkeiten, als auch ihrer anderweitigen schon erworbenen Kenntnisse, merkliche Absätze geigen"126). Die Grundsätze „Vom Bekannten zum Unbekannten" und „Vom Leichteren zum Schwereren" treffen sich hier mit dem anderen der Anschau­ lichkeit des kindlichen Unterrichtes; sie alle sollen, wie in den übrigen Schulfächern, so auch in der Religion den heranwachsenden Menschen schritt­ weise erst zum vollen Verstehen führen, nachdem ihm die Anschauung schon einen elementaren, aber unfertigen Begriff gegeben hat126). Zur selben Zeit wie Campe stellt die Zeitschrift von Resewitz ihre Betrachtungen über „die Lehrmethode" an und kommt zum gleichen Ergebnis. Es ist „das Amt der Methode", so heißt es dort, „die Folgen der Disciplinen und Lectionen theils so zu ordnen, daß eine zur andern vorbereite und von der Grundlage aus nur von Stufe zu Stufe weiter geschritten werde; theils auch die Disciplinen so auf einander folgen zu lassen, wie es der natürlichen Entwickelung des menschlichen Geistes vom Sinnlichen zum Abstrakten, vom Anschauen zum Vergleichen und Ueberlegen gemäs ist"127). Dazu sei es aber nicht nur nötig, daß der Lehrer selbst die natürliche Ordnung kenne und mit seinem besseren Wissen im gegebenen Falle die falsche Ordnung der „verdorbenen" Lehrbücher umstoße126). Man müsse auch neue Lehrbücher schaffen, die eine richtige „Anordnung" der Materien auch dem Schüler sichtbar vor Augen legten. „Der flüchtige Geist der Jugend" braucht eine „sichtbare Ordnung der Materien" in der Form eines Lehrbuches „zur Stütze seines Verstandes und seines Gedächtnisses"126). Diesen Aufstellungen folgt eine laute Klage über den „Mangel guter Lehrbücher" und ein dringender Appell, solche trotz der entgegenstehen­ den Schwierigkeiten zu verfertigen126). Dieser Gedanke einer stufenmäßigen Verteilung des Lehrstoffes wird in dieser Zeit auch durch die neuen Schulordnungen166) nahegelegt. Die alten Katechismen können nicht mehr in der nach Klassen abgeteilten Schule gebraucht werden166). So besteht bei Theoretikern und Praktikern, bei Protestanten und Katholiken eine umfassende Einmütigkeit, daß die religiösen Lehrbücher dem Lebensalter angepaßt werden müßten. Nicht so einheitlich ist die m) Campe, „Sammlung" I (1778), 224. l2e) Vgl. „Allgemeine Instruction für die öffentlichen Lehrer der Trivial-Realund Mittelschulen in den Ärrmainzischen Landen (9. Okt. 1773)" in: „Sammlung Mer Schriften der verbesserten öffentlichen Schulen in den Kurmainzischen Landen" (Stockholm 1776), 314. 127) „Beobachtungen und Anmerkungen, die Lehrmethode betreffend", in: „Gedanken, Vorschläge und Wünsche" I, 1 (1778), 55; vgl. A. B. Nördlingen VII (1779), 45 f.; Nösselt, „Ueber die Erziehung" (1775), 77 ff. 128) Vgl. a. a. O. 1,1,66 (aus „Beobachtungen..."). 12e) A. a. 0.1,1,66 f. im) Die Zeitschrift von Resewitz erkennt z. B. an, daß der „Entwurf zur Einrich­ tung der Schulen und Gymnasien in den K. K. Landen" gut ist, da er „den jugend­ lichen Unterricht von den ersten Elementen an bis zur academischen Zeit Stufe vor Stufe auseinandersetzt". S. „Gedanken, Wünsche und Vorschläge"!, 1 (1778),69f.; vgl. Math. Jgn. Heß, „Gedanken über die Einrichtung des Schulwesens", HMe 1779, III.

- 508 — Auffassung von der Einteilung der Perioden und die Zuordnung des jeweiligen Stoffes. Die Philanthropisten zeigen in der genauen Fixierung der einzelnen Stufen ein gewisses @d)tt>cmlett131). Bei Salzmann erfährt man, daß die vier „Grade" bis zum 14. Lebensjahr geführt werden follett132). Im zweiten Grade beginnt die moralische Auswertung der biblischen Ge­ schichte133), im dritten wird der Religionsunterricht nach der sokratischen Methode erteilt134) und erst im vierten sollen die Kinder „mit den Vor­ stellungsarten ihrer Kirche von den Geheimnissen des Christenthums" be­ kannt gemacht werden132). Ebenso bestimmt erklärt Miller, daß wegen der verschiedenen Fähig­ keiten, des Umgangs und der Stufen der Erkenntnis „wenigstens dreyerlei Lehrbücher" notwendig sind, „die zwar einzeln gebraucht werden können, sich aber dennoch auf einander beziehen müssen, daß die erste Abtheilung auf die andere und diese auf die dritte vorbereitete"133). Die Stufen umfassen das 6.—9., 9.—12. und 12.—15. Jahr. In der mittleren Stufe steht der biblische Unterricht mit der heiligen Geschichte und den Haupt­ sprüchen, die beide der Sokratik der dritten Periode den Boden bereiten 131) Czilchert, „Zum RU.", 47. 132) „Ueber die wirksamsten Mittel" (1780), in: A. B. Nördlingen IX (1789), 382 f; vgl. Czilchert, „Zum RU.", 62, 65, 48, Fußn. 1. — Die „Grade" bei Salzmann ver­ teilen sich auf das Alter der „kleinen Kinder", auf die Zeit vom 8.—10., 10.—12.r 12.—14. Lebensjahr. S. auch Bahlcke, Die Stellung (1900), 26 f. 133) „Ueber die wirksamsten Mittel" (1780) in: Ä. B. Nördlingen IX, 377 ff. 134) A. a. O., 380; Pinloche, „Gesch.", 349. 135) Miller, „Anweisung" (1778), 132 f. Nach dieser Theorie ist auch Millers „Christliches Religionsbuch" eingerichtet. Die Theorie ist bei Miller für die Bücher der Gymnasien weiter ausgebaut (a. a. 0.147 ff.). Eine stufenmäßige und bis ins einzelne theoretisch begründete Gliederung weisen auch die schon genannten Reli­ gionsbücher Seilers auf. Sie zeigen einen ähnlichen biblischen Unter- und systema­ tischen Oberbau wie die betreffenden Werke Millers. Ferner ist auch das von Schütz und Semler herausgegebene EW. im RU. dreistufig gearbeitet. S. „Archiv Gießen" VI (1779), 345 f.; Niemeyer-Wagnitz, „Bibl. f. Prediger" II (1797). 317; Krebs, „Elementarwerke" (1929), 44 f. Der Lübecker Kat. (1774) ist von vornherein zwei­ stufig. Die Werke: Diterich, „Unterweisung" (1776), Rautenberg, „Die christliche Glaubens- u. Sittenlehre" (1767, a. a. O. II, 320; Meusel, Lex. XI, 1811, 63) u. a. wurden durch nachträgliche Auszüge zweistufig. Auch das „Elementarbuch für Kinder in deutschen Schulen", Blankenburg (1777) von F. E. Boysen, das wegen seines größtenteils religiösen Inhalts hier aufgeführt werden darf und die christliche Religion nach der Lehre Luthers ausführt, ist mehrstufig auf der Grundlage der Hl. Schrift aufgebaut. S. Krebs, „Elementarwerke", 56 ff. — Der Vorschlag der „Berliner Preisaufgabe" (1767), die Stoffe für die jüngeren Kinder in der Bearbeitung des Religionsbuches durch eigene Zeichen kenntlich zu machen, ist von Simonis („Entwurf") nicht beachtet worden; es konnte auch für die Periode vor 1780 nur ein Kat. gefun­ den werden, der auf diese Art dem Grundsatz der Stufenmäßigkeit Rechnung trägt: „Der große Katechismus", d. i. der auf Veranlassung der Kaiserin Maria Theresia abgefaßte von 1777. S. Oe (1780); vgl. o. S. 313 f., bes. Fußn. 61. In diesem österr. Reichskatechismus sind die Fragen für die untere u. mittlere Stufe durch drei bzw. zwei Sterne kenntlich gemacht, so daß ein dreistufiger Katechismus vor­ liegt. (S. a. Thalhofer, Entwicklung, 84). Das System der übereinstimmenden Katechismen stellt den weiteren Ausbau des Prinzips der Stufenmäßigkeit dar. S. o. S. 312 f.

— 509 sollen135). Auch einzelne katholische Aufklärer beteiligen sich bereits an der Debatte über diesen Punkt135). Einen weiteren Antrieb bekommt die Gliederung der Religionsbücher durch die Notwendigkeiten des Lebens, denen sich ja diese Periode so weit aufgeschlossen hat. Die Rücksicht auf den Schüler fordert die Einbeziehung der ständischen Gliederung der deutschen Territorialstaaten in diese didak­ tische Theorie und Praxis. Resewitz hat sich hier zum Anwalt der Zeit­ bedürfnisse gemacht. In seiner Schrift von „der Erziehung des Bürgers" stellt er im Rahmen des von ihm vorgeschlagenen Schulsystems auch seine Forderungen für die Herstellung von Religionsbüchern, welche den Bedürfnissen und dem Bildungsgrad der Kinder der verschiedenen Stände Rechnung tragen sollen. Er beklagt es als Fehler des bisherigen Unterrichts, daß man es unterlassen habe, „eine weise Wahl unter den Religionslehren nach der Fassung jedes Alters und den Bedürfnissen jedes Standes" zu treffen137). Dabei legt er den Entwurf eines enzyklopädischen Buches für die Bedürfnisse eines jeden Standes vor, in dem der Religionsunterricht jeweils einen Teil bildet. Er gruppiert die Stoffe nach dem Alter der zu Belehrenden: Kinder bis zum 10. Jahre, bis zum 14. Jahre und Erwach­ sene133). Der biblische Stoff beginnt schon bei der ersten und beherrscht die ganze zweite Stufe133), in der dritten tritt die rationalistisch-apologe­ tische Tendenz hervor133). Das Lehrbuch für Landleute soll in nur zwei Stufen die „simpelsten" Stoffe der Bibel lebensnah und in kindlicher Sprache enthalten133). „Die übrigen Religionslehren ... werden dem Unterrichte des Kirchenlehrers vorbehalten153)." Der Katechismus ist also in dieser Theorie wie bei den Philanthropisten überhaupt 141) aus betn ordentlichen Unterrichte hinausgewiesen. Für die Herstellung solcher Bücher, die dem aufgezeigten Ideale möglichst nahe kämen, müsse durch Preisausschreiben gesorgt werden153). In den Bestrebungen der Zeit zur Reformation der Schule und des Katechismus zugleich spielt überhaupt besonders das Landvolk eine bedeutende Rolle153). Die Klagen über die Schulnot treffen auch hier wie von selbst auf den Katechismus. In der „Einleitung" zu seinem „Ver­ such eines Schulbuches" macht sich Rochow zum Anwalt des bedrängten Landvolkes, unter dem er selber lebt. Er schreibt darüber folgendes: 13°) Heß M. Jgn., „Gedanken über die Einrichtung des Schulwesens", Halle 1778, 61 ff., 81 ff. Der Verfasser entwirft hier in feinen Reformvorschlägen für die einzelnen Klassen des Gymnasiums unter genauer Angabe des Lebensalters eine Stoffverteilung auch des religiösen Unterrichts. Vgl. ferner Zippe, „Anleitung in die Sittenlehre" (1778), XIX, 61 f. 137) Resewitz, „Die Erziehung" (1773), 168; vgl.A. B.Nördlingen I (1773), 305 f., -331 313 '338) In A. B. Nördlingen 1, 331 ff. 139) Resewitz, „Die Erziehung" (1773), 58 ff.; vgl. A. B. Nördlingen I, 314 f. 14°) Resewitz, o. a. O. 60. 141) Vgl. Czilchert, „Zum RU.", 76. 142) Resewitz, „Die Erziehung", 64; vgl. A. B. Nördlingen I (1773), 316. 143) Die Erörterungen über die Landschulen nehmen schon in der „Erziehung" von Resewitz einen breiten Raum ein. Vgl. auch A. B. Nördlingen 1 (1773) I, 305; Pinloche, Gefch., 438.



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„Außer dem Katechismus und der Heilsordnung fand ich kein Schulbuch für den Landmann und außer dem Inhalte dieser Bücher keine Wissenschaft, oie man dessen Kindern leljrte"144). Ihre Seelen seien ebenso bildungs­ fähig wie die der Kinder anderer Stände, aber bei der herrschenden Lehr­ art müßten sie verkümmern; sie könnten nicht „verständige Menschen oder gar Christen" werden. „Sie verstehen, wie es die Erfahrung lehrt, nicht die Worte des Katechismus und sollen doch den Sinn fassen und durch ihr ganzes Leben tätig werden lassen444)." Die Klage Rochows wird gleichzeitig auch von anderen gefühlt444) und findet ihren Niederschlag in den Katechismen und Moralbüchern für das Landvolk und seine besonderen Bedürfnisse444). Die neuen Werke sowohl wie der ganze Kampf gegen den Katechismus wollen hier nicht nur als eine methodische Errungenschaft der neuen Zeit, sondern als ein Glied der „Aufklärung" verstanden werden, insofern sie als „die Bolksbildungsbewegung des Rationalismus" durch „sittlich-geistige Bildung" an dem noch nicht „aufgeklärten Teil" der Menschheit eine „Erziehungs­ arbeit" leisten447) und das ganze Geschlecht zu einer höheren Stufe der Entwicklung führen wollen447). Die Entwicklung des Kampfes um die didaktische Brauchbarkeit des alten Katechismus ergibt für die protestantischen Konfessionen folgendes Bild: Die einflußreichen Männer, die in der großen pädagogischen Be­ wegung stehen, haben sich gegen ihn entschieden. In der evangelisch-lutherischen Kirche stellen die noch kirchlich gesinnten Theologen bereits in dieser Periode Erwägungen darüber an, wie sie den Geist des Luthertums und die neuen pädagogischen Forde­ rungen miteinander vereinigen könnten. Sie kommen dabei zu der Lösung, daß man ohne den Luther-Katechiömus noch viel besser Lutheraner heranbilden könne als mit demselben. Der Reformator selber würde sich den neuen Zeitverhältnissen anpassen und auf sein „Enchiridion" ver­ zichten, das er nach dem eigenen Zeugnis nicht als Lehrbuch für die Jugend geschrieben habe444). Ein entschiedener Sprecher der mehr pädagogisch orientierten Autoren kommt in Miller am Ende dieser Periode zu Wort. Er stellt zwei Fragen und beantwortet sie denen, die so zäh am alten Katechismus fest­ halten, ob es nämlich erlaubt und ob es notwendig sei, von ihm im Unterricht abzuweichen. Beim ersten Punkt entscheidet er sich dafür,daß man die „evangelische Heilsordnung in einer andern Form" vortragen dürfe, „als D. Luther 144) Rochow, „Versuch" (1772), in: „Rochows s. päd. Schr." I, 3 f.

146) So von I. G. Schlosser, dessen „Kat. für das Landvolk" im „Versuch" Rochows (Rochow, a. a. O. I, 6) erwähnt wird.

14a) Vgl. dazu die Werke Schlossers und ihre oftmaligen Auflagen, ferner die weite Verbreitung und das oftmalige Neuerscheinen des „Kinderfreundes". Hierher gehört ferner: „Pract. Kat. zur christl. Sittenlehre für das Landvolk. Nebst morali­ schen Regeln zur feineren Bildung der Seelen." Leipzig 1772. 147) Heimpel-Michel, Die Aufklärung, 18 ff., bes. 20. 145) Vgl. „Mag. Sch. E." II (1768), 248.

- 511 — gethan habe"149); denn der Lehrer sei gebunden, die beste Art des Vortrages zu wählen, der Luther-Katechismus seidazu ein Hindernis; die Heilige Schrift kenne für die Heilswahrheit nicht nur eine Art der Einkleidung und des Vortrags und Luther selbst habe nicht die Absicht gehabt, „ein allgemeines und beständiges Normalbuch aus seinem Katechismus zu machen" 149). Er habe nur die dringenden Bedürfnisse seiner Zeit vor Augen gehabt"9). Von hier aus ergibt sich die Entscheidung über den zweiten Punkt von selber: es ist sogar nötig, „daß man besonders Kinder, die in unsern Zeiten in die Welt kommen oder wenigstens allerley Bücher lesen werden, nach einem andern, als nach Luthers kleinem Lehrbuche unterweise"; denn darin seien „manche jetzt besonders ganz unentbehrliche Lehren" nicht entf)alten160), es fehlten die Schriftbeweise in den ersten drei Haupt­ stücken gänzlich; die Auswahl der Lehrstücke sei zu sehr von der Tradition abhängig151); die Ordnung der Hauptstücke leite „nicht zum eignen Nach­ denken" an; die meisten Antworten und Erklärungen seien sowohl in ein­ zelnen Ausdrücken noch dunkel und böten dem Unterricht fast unübersteigbare Hindernisse151). Das zusammenfassende Urteil lautet also: ,Das Enchiridion ist ver­ altet'; oder anders gewendet: „In der That ist noch kein den Anforderungen jener neuerem Methodisten völlig Genüge leistendes Religionslehrbuch für Schulen der Evangelisch-lutherischen Kirche, und am wenigsten für die niedrigste und gemeinste Klasse derselben vorhanden339)." Trotzdem kommt dann bei Miller der für die Zeit typische Kompromiß: „Weil jedoch die Einführung neuer Katechismen in den Schulen sehr viele Schwierigkeiten und Bedenklichkeiten hat: so bin ich immer der Meynung gewesen, daß es am besten sey, Luthers kleinen Katechismus ferner so beyzubehalten, daß man nur damit ausgesuchte Sprüche und für allen Dingen die schicklichsten biblischen Geschichten tiertiinbe163)." Das bezeichnet ungefähr den Punkt, bis zu dem die noch innerhalb der Kirche stehende Theorie der Aufklärungspädagogik um das Jahr 1780 vorgedrungen ist. Die neueren Lehrbücher entsprechen diesen Fordemngen und werden, wie schon die vielen Auflagen der Bücher G. F. Seilers und Diterichs und der Katechismen Schlossers zeigen, auch praktisch von den Religionslehrem viel gebraucht, aber als Hilfsbücher zur Ergänzung des Katechismusunterrichts nach dem Enchiridion"3). Dieses gilt immer noch 148) Miller, „Anweisung" (1778), 113 f. Zum letzten Argument wird Veit v. Seckendorf, Hist. Luther!, wie folgt zitiert: „observari... debet, Lutherum enchiri­ dion illud, quod vocat, non nisi speciminis loco et pro statu et conditione illius temporis atque hominum edidisse“. 16°) Miller, a. a. 0.114. Zu den fehlenden Lehren zählt Miller die natürliche Religion, die Lehre von der Wahrheit und Göttlichkeit der christlichen Religion, vom Inhalt und Ursprung der Bibel, von der Mefsianität Jesu, der Sünde, Buße, der wahren Beschaffenheit des Glaubens und der Tugend. 161) Miller, a. a. 0.114 f. 16a) Mag. Sch. E. IV (1770), 85. 163) Miller, „Anweisung" (1768), 116. Diese Zusammenfassung der Ansichten Mllers bestätigt das Urteil von Sachsse („Die Lehre von der kirchlichen Erziehung", 292) über Miller: „Er hat vieles von Bas. gelernt", bezeichnet aber auch deutlich seinen Abstand von dem Philanthropisten. 16‘) Vgl. „Pr. Rel. Zust.« I (1778), 421 ff.

- 512 als amtlich eingeführtes Buch, „die Aufklärung hatte in der Praxis der Volksschule nicht den raschen Gang wie die wissenschaftliche 2^eorie166)." Das hindert freilich nicht, daß es von einem anders denkenden Lehrer mehr oder weniger in der Praxis des Unterrichts beiseitegeschoben toirb166). Das größte der von Miller angedeuteten Hindernisse für den Fort­ schritt im Sinn der Aufklärung bildet immer noch die Zurückhaltung der zuständigen amtlichen kirchlichen ©teilen167) und hauptsächlich der Wider­ stand des Volkes, das sich zugleich als den treuesten Hüter des Enchiridions und der Tradition erweist. Es ist z. B. aus dem Jahre 1775 von dem Gebiet von Kirchheimbolanden berichtet, daß es wegen der Ausscheidung des Luther-Katechismus aus dem Leseunterricht166) und wegen textlicher Veränderung an den herkömmlichen Hauptstücken166) zu einem großen Volksaufstand kam166), obwohl im Promemoria des neuen Lehrbuches ausdrücklich die Worte standen: „Die symbolische Catechismen, diese ehr­ würdige Denkmähler von dem Eifer unserer Reformatoren, bleiben wie vorhin in den Schulen in ihrem Werth und Gebrauch166)." Im Verlauf der diesbezüglichen Streitigkeiten mußte sich das Reichskammer­ gericht mit der Angelegenheit befassen, das zugunsten des Volkswillens entschied166). Solche Vorfälle bieten allerdings dann der Gegenpartei auch berech­ tigten Anlaß, die alte Klage „vom Borurtheil des Alterthums" anzu­ stimmen, „welches... nirgends mehr als in der Religion so erstaunliche Gewalt über die menschlichen Gemüther hat"161). Von seiten der lutheri­ schen Theologen wird aber die Verteidigung des Enchiridions immer schwächer166). Nur wenige Stimmen lassen sich vernehmen, die in der großen Auf­ klärungsdebatte über den Katechismus gegen alle Angriffe das Enchiridion 165) Vgl. Schian, Die Sokratik, 210. 166) Vgl. „Pr. Rel. Zust." I (1778), 200, 203. Die von Teller verfaßte und von Zedlitz für die Kurmark vorgeschriebene „Instruktion" von 1773 legt das Enchiridion überhaupt nicht mehr zugrunde. S. Ferd. Vollmer, „Die preuß. Volksschulpädagogik unter Friedrich d. Großen" (1898), 153. 167) Vgl. „Mag. Sch. E." IV (1770), 86. Der Autor bezeichnet hier als Haupt­ hindernis die „kirchlichen Verfassungen". Vgl. „Fragen an Kinder" (1776), VIII. 1M) Vgl. „N. Rel. Beg." I (1778), 13 f., „Streitigkeitenim Nassau-Weilburgischen über ein A-B-C-Buch" (11—42). Erwähnt ist besonders als anstoßerregend die Umstellung der Anfangsworte des Vaterunsers, so daß die reformierte Fassung des Textes gebraucht werden mußte. 1M) Vgl. „N. Rel. Beg." I (1778), lös., 24f. 16°) Vgl. a. a. O. I (1778), 26. m) (Lüdke), „Vom f. Religionseifer" (1767), 37; vgl. „Fr. Unten." II (1770), 45; „Mag. Sch. E." IV (1770), 85 f. 162) Neben den Schriften von Meene und Ritter und den bereits benützten Zeit­ schriften konnte nach dieser Richtung nur noch eine Schrift festgestellt werden, die expresse und ohne Einschränkung das Enchiridion verteidigt: „Der vertheidigte Kat. Luthers". Wismar 1778. Diese Schrift konnte nicht erreicht werden. Ein Anhänger der alten Katechismen ist auch I. E. Schuberth (in seiner Schrift: „Prüfung der neue­ ren Versuche zur Verbesserung der Religion". Hamburg 1773—74), der die Ver­ besserung derselben als überflüssig betrachtet. S.A.D.B. Anh.lzumXIII.—XXIV. Bd. (1777), 129.

513 ohne jede Einschränkung in Schutz nehmen und es noch den Bedürfnissen der neuen Zeit angemessen finden. Neben dem bereits gewürdigten H. Meene ist hier noch der Naumburger Domprediger Sitter163) zu nennen, der im Jahre 1784 den Katechismus Luthers neu herausgab und in Vor­ rede und Anmerkungen mit überschwenglichen Worten das Lob des „goldnen Büchleins" neu verkündigt"«). Er kann es nicht verstehen, wie man das durch kirchliche und weltliche Obrigkeit autorisierte Bekenntnisbucf)188) hinter private Religionsbücher zurückstellen könne. Er weist auf den Nutzen hin, den es „zum Heil so vieler Millionen und Myriaden Mil­ lionen von Seelen" in 250 Jahren gestiftet hat, und schaut im Geiste „vor dem Throne des Lammes... die Heerschaaren" der Gerechten, „die auf den verklärten Luther hinweisen und frohlockend vor Gott... be­ kennen: Siehe, Ewiger, dieses deines theuren Werkzeugs kleiner Catechismus ist das Buch, das uns das Licht aufgesteckt, in welchem wir deine Herrlichkeit schauen""8). Luthers Katechismus ist für ihn „ein wahres Meisterstück der Catechetik"187), er hat eine „gute und richtige Ordnung der Eintheilung in seinem Inhalte"188), enthält im ersten Hauptstück die ganze Moral, das vollständigste Pflicht- und Tugendgesetz aller Menschen", den Dekalog188), lehrt im zweiten „den dreyeinigen Gott nach seinen Personen näher lernten"170), gibt im dritten und den folgenden die Gnadenmittel an die Hand171): kurz er ist nach Inhalt und Aufbau allen Anfechtern zum Trotz das Religionsbuch, das gerade jene Zeit braucht. Aus allen Worten hört man aber heraus, daß es sich um eine Ver­ teidigungsrede handelt und daß die vorangehenden Angriffe schwer gewesen sein müssen. Das kommt auch in dem „Vorbericht" zum Ausdruck, wenn der Verfasser dort zum Anfang die bedenklichen Fragen niederschreibt, die seit nun länger als vierzig Jahren über dieses vortreffliche Buch an ihn "teilt wurden: „Ueber den kleinen Catechismus D. Luthers geben Sie re Anweisungen des Christenthums? Ueber dieses kleine Buch, das in allen Dorfschulen den gemeinsten Kindern gelehret wird? Und darüber tragen Sie so feiner... Eltern Jugend, Jugend von Stand und Adel ihren Unterricht für? Warum thun Sie das nicht lieber über eines von den vielen neuem artigen Lehrbüchern, die wir jetzo in Menge haben, und die mehr nach dem jetzigen Geschmack unserer Zeiten sind178)?"

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ie3) Meusel, Lex. XI (1811), 343. "«) Joh. Christian Ritter, „Der lebende Luther in seinen kleinen Katechismen; nebst Beyträgen über den kleinern Catechismus D. Martin Luther's zur Vorbereitung auf das hl. Abendmahl für Jugend von Stande u. guter Erziehung". Wittenberg 1784. i«5) Der Hinweis auf die Bestätigung der Bekenntnisbücher durch den Westphälischen Frieden ist S. IV u. S. 68 ausgesprochen. 16e) Ritter, a. a. O. IVf. (Vorrede). l«7) A. a. 0.67. 188) A. a. 0.68. le») A. a. 0.69; vgl. ff. 17#) A. a. 0.127 f.; vgl. 91 f. Hier wird bewiesen, daß die Trinitätslehre „zur thätigen Tugendübung" nützlich ist. 171) A. a. 0.128 ff. 172) A. a. O. If. Schmitt, Der Kampf um den Katechismus. 33

- 514 — Das aus diesen Fragen sprechende Urteil über den Katechismus Luthers und die dahinter stehende Gesinnung zeigen deutlich, daß der Geist der Aufklärung schon weite Kreise besonders der jüngeren Prediger erfaßt hat. Es ist schließlich auch als Zeichen der Zeit zu beurteilen, daß die ent­ schiedenen Verteidiger des Enchiridions auch dem Lebensalter nach einer Zeit angehören, in der die Orthodoxie noch mächtiger todt178). Die Bewegung gegen den Heidelberger Katechismus tritt wenig­ stens nicht so stark hervor. Uber ihre Auswirkung fließen die Quellen spär­ licher. Daß die neue Theorie auch bei den Reformierten schon weiten Anklang gefunden hat, dafür sprechen verschiedene Anzeichen174). Der Prediger Ulrich betont, allerdings zugleich mit der Absicht, seine Heterodoxie zu rechtfertigen, die Zeitbedingtheit des Buches mit den Worten: „Der gute Kaspar Olevianus und Zacharias Ursinus konnten unmöglich alle Borurtheile in diesem Katechismus auf einmal über den Haufen werfen176)." Man sollte also den Heidelberger Katechismus „nicht allen und jeden Christen gerade zu als Fundament oder wenigstens als Modell ihrer Religionskenntnisse in die Hände gefcett"174). Nach einer ins einzelne gehenden Kritik, bei welcher der Autor besonders die „unverständlichen und unverdaulichen Ausdrücke"175) hervorhebt, kommt er daher zur Auf­ forderung: „Werfet also, Vorsteher der reformirten Kirchenanstalten in den Preußischen Staaten — werfet diesen Katechismus auf die (Bette174)!" Dieser Aufforderung leisteten zwar die Vorsteher der reformirten Kirche keine Folge. Mer es gab auch bereits hier neue Lehrbücher, die deutlich den Aufklärungseinfluß zeigten und auch praktisch verwendet wurden177). In Hessen durfte sogar mit landesherrlicher Genehmigung auf Antrag des Kasseler Konsistoriums vom Jahre 1777 „ein kurzes Lehr­ buch" neben dem Heidelberger Katechismus gebraucht werden, dessen Wahl dem einzelnen Prediger überlassen blieb. In der betreffenden Verord­ nung wurde allerdings betont, „daß der Heydelbergische Katechismus als ein in der Reformirten Kirche überall angenommenes und Symbolisches Buch keineswegs abgeschafft, sondern überall beybehalten werde"178). Von der gewährten Erlaubnis wurde jedoch in den meisten Bezirken unter dem Drucke der Gemeinden kein Gebrauch gemacht. Viele Prediger wären allerdings dafür empfänglicher gewesen, da aus ihren Reihen die Neue­ rungswünsche kamen178). Eine Kritik aus dem Jahre 1781 formuliert die Klagen über den Heidelberger Katechismus mehr didaktisch. Der ungenannte Verfasser 173) Bezüglich Meenes vgl. A.D.B.XI.VII (1781), 66 f., 69 f. Hier stellt Lüdke (vgl. Parthey, 36) halb mitleidig fest, daß der 70 jährige Meene eben zu alt ist. — Ritter (a. a. O. V f.) schreibt, daß er 1784 bereits 50 Jahre nach dem Kat. Luthers unter­ richtet habe. Seine Verteidigungsschrift ist sein letztes Werk. S. Meusel, Lex. XI (1811), 344. Er war damals 72 Jahre alt (a. a. 0.343). 174) „Fragen an Kinder", XIIIf., XIX. 176) „Pr. Rel. Zust" II, 84 f. 17‘) „Pr. Rel. Zust." II, 86 f. 177) In Hessen wurde besonders in gehobenen Schulen der „Entwurf zum Unter­ richt im Christenthum" (1778) von Joh. Jac. Pfeiffer gebraucht, ein Buch, das deutlich den Aufklärungscharakter zeigt. S. W. Maurer, Aufklärung, Idealismus u. Restauration (1930), 85 f. m) In: Maurer, a« a. 0.85.

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betrachtet denselben, nach dem Urteil des Rezensenten „ganz richtig", als eine Bekenntnisschrift von nur zeitbedingtem Wert. „Mer als Leitfaden oder Handbuch bey dem ersten Unterricht der Religion", so heißt es dann weiter, „ist er nicht faßlich genug und auch unvollständig"8)." Stimmen aus allen protestantischen Ländern, von Geistlichen und Laien, von Theoretikern und Praktikern haben damit über die alten pro­ testantischen Katechismen das Urteil gesprochen: .Sie sind veraltet und entsprechen nicht mehr den Bedürfnissen einer neuen Zeit.' Dieses Urteil hat allerdings einen anderen Sinn je nach der geistigen Verfassung dessen, der es ausspricht. In der Praxis hat man in der evangelisch-lutherischen Kirche den Kate­ chismus Luthers wohl zurückgestellt, auch da und dort den Zeitsorderungen etwas angeglichen"8), doch noch nicht aus dem Unterricht von Amts wegen zu entfernen getoagt181). In Preußen speziell, wo die Aufklärung am meisten sich entfalten konnte, wird aus der Zeit um 1780 berichtet, daß der König selbst den Versuch, einen neuen Katechismus einzuführen, mit der Ordre abgewiesen habe: „Man solle beim Katechismus Lutheri bleiben"8)." m) „Versuch eines faßlichern und vollständigern RU.s nach den Grundsätzen und der Lehrfolge des Heidelbergischen Kat." Berlin 1781,in: A.D. 58.XLVII 1(1781), 81f. 18°) Vgl. Maurer Wilh., Aufklärung, Idealismus und Restauration (Gießen 1930), 86 f. u. Fußn. Hier ist eine Neuausgabe eines Kat. gemeint, der im Jahre 1780 für die luther. Landesteile Oberhessens eingeführt wurde und etwas Aufklärungsgepräge zeigt. 1S1) O. Frenzel, „Luthers Kat. u. das Zeitalter der Aufklärung" in: Allg. Ev.Luth. Kirchenzeitung, 62. Jg. (1929), 561 f. — Salzmann kann 1809 bei der Neu­ ausgabe seiner Schrift über den RU. mit einer gewissen Genugtuung feststellen, daß zur Zeit der Erstausgabe (1780) der RU. gewöhnlich „in der Erklärung des Kat. oder der 10 Gebote und der Dogmen bestand, die die Kirche... festgesetzt hatte" (Salz­ manns ausgew. Päd. Schriften, Sammlung Mann, 1,149, Anm.). «*) „N. Rel. Beg." IV (1781), 740.

Literaturverzeichnis. 1. Quellenschriften. Die in der Bearbeitung benützten Abkürzungen sind jeweils am Schlüsse in Klammern vermerkt. Die Verfasser der anonymen Schriften sind nach HolzmannBohatta, Deutsches Anonymen-Lexikon festgestellt und in Klammern beigefügt. a) Bücher und Broschüren. Ban Alpen Heinrich Simon, Öffentliche Katechisationen nebst Predigt-Entwürfen über den Heidelbergischen Katechismus nach den Bedürfnissen unserer Zeit. Frankfurth a. M., 1.—3. Theil, 1796—1800. Augusti Joh. Christian, Versuch einer historisch-kritischen Einleitung in die beyden Haupt-Katechismen der Evangelischen Kirche. Elberfeld 1824. (— Augusti, Vers.) Auszug des Römischen Katechismus, welcher auf Befehl S. Hochw. Eminenz d. H. H. Christoph Kardinals von Migazzi zum allgemeinen Gebrauch der Jugend von Johann Friedr. Goll bearbeitet wurde. Men 1764. Bahrdt Carl Friedr., Glaubensbekenntniß, veranlaßt durch ein Kaiserl. Hofrathsconclusum. 1779. („Glaubensbekenntniß".) Bahrdt Joh. Friedr., Gründliche Vertheidigung der Evangelischen Kirche gegen eines Ungenannten Pium Desiderium. Leipzig 1759. („Verth.") Basedow Joh. Bernh., Philalethie, Neue Aussichten in die Wahrheiten und Re­ ligion der Vernunft bis in die Gränzen der glaubwürdigen Offenbarung, dem denkenden Publico eröffnet. (2 Bde.) Altona 1764. (= Philalethie.) —, Grundriß der Religion, welche durch Nachdenken und Bibelforschen erkannt wird, in Fragen und Antworten nebst einigen Zusätzen. Altona 1764. (= „Grund­ riß".) —, Methodischer Unterricht der Jugend in der Religion und Sittenlehre der Ver­ nunft nach dem in der Philalethie angegebenen Plane. Altona 1764. (Meth. U. I.) —, Methodischer Unterricht in der überzeugenden Erkenntniß der biblischen Religion zur fortgesetzten Ausführung des in der Philalethie angegebenen Plans. Altona 1764. (= Meth. U. II.) —, Versuch einer freymüthigen Dogmatik nach Privateinsicht. In Absicht auf Unter­ suchung und Verbesserung. Anfangs nur geübten Nachforschern der Wahrheit besonders mitgeteilt und vor derselben nicht dem Publico bestimmt. Berlin 1766. (= „Versuch".) —, Versuch für die Wahrheit des Christenthums als der besten Religion. Berlin und Altona 1766. —, Vorbereitung der Jugend zur Moralität und natürlichen Religion. Berlin und Altona 1766. (— „Vorb. d. Jug. z. Moralität".) —, Hauptprobe der Zeiten, in Ansehung der Religion, Wahrheitsliebe und Toleranz. Mit zweyen Beylagen I. Neuer Antihobbesius vom Kirchenwahn. II. Öffent­ licher Vorschlag zur Sacramental-Liturgie und zu Lehrgesängen. Berlin und Altona 1767. (= „Hauptprobe"; „Antihobb."; „O. Vorschlag".) —, Vorstellung an Menschenfreunde unb vermögende Männer über Schulen, Stu­ dien und ihren Einfluß in die öffentliche Wohlfahrt. (1768, Reclam Ausg.) (= „Vorstellung".) —, Das Nöthigste von der Vorstellung an Menschenfreunde und vermögende Männer. Altona 1768. (-- „Das Nöthigste".)

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Wilh. Albr. Teller. Merkur v. Ungarn oder Literaturzeitung für das Königreich Ungarn und dessen Kronländer. 3 Bde. Pest 1786 und 1787. Neue Berlinische Monatsschrift. 1.—13. Jahrg. Berlin und Stettin 1799—1811. Hg. Biester. Geistliche Monatsschrift mit besonderer Rücksicht auf die Konstanzer Diözese. 1. und 2. Jahrg. Mersburg 1802—1803. Mainzer Monatsschrift v. geistlichen Sachen. 1.—4. Jahrg. 1785—1788. Mainz und

Frankfurt a. M.

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Die neuesten Religionsbegebenheiten mit unpartheyischen Anmerkungen auf das Jahr 1778—1781 (I—IV). Gießen. Hg. H. Mart. Gotth. Köster. (= „N. Rel. Beg.") Religions-Journal, oder Auszüge aus den besten, alten und neuen Schriftstellern und Vertheidigern der Christ-katholischen Religion mit Anmerkungen. 1.—16. Bd. Maynz 1776—1791. Allgemeine Revision des gesamten Schul- und Erziehungswesens. 16 Bde. Braun­ schweig 1785—1791. Hg. Heinr. Campe. (= Allg. Rev.) Kritische Sammlungen zur neuesten Geschichte der Gelehrsamkeit. Bützow und Wis­ mar 1774ff. (= „Krit. Samml.".) Der Deutsche Schulfreund: ein nützliches Hand- und Lesebuch für Lehrer in Bürger­ und Landschulen. 1.—24. Bdchen. 1791s. Hg. H. G. Zerenner. Pädagogische Unterhandlungen. Herausgegeben von I. B. Basedow und I. H. Campe. 1777.

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Wöhrmütter Abt Bonifaz, 0. 8. B. München, Literarische Sturmzeichen der Säku­ larisation in Studien und Mitteilungen zur Geschickte des Benediktinerordens und seiner Zweige. Herausg. v. d. Benediktinerakaoemie. Der ganzen Reihe 45. Bd. München 1921. Wolfsgruber Cölestin, Christoph Anton Kardinal Migazzi. Saulgau 1890. Ziegler Theobald, Die geistigen und sozialen Strömungen Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert. 1921. b) Periodische Schriften. Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung. 62. Jahrg. Leipzig. 1929. Der Katholik. Zeitschrift f. katholische Wissenschaft und Kirchliches Leben. 58. Jahrg. 1878. Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft. 49. Bd. 1929. Neue Jahrbücher für Pädagogik. Hg- Jlberg. 26. Bd. 1923. Theologische Studien und Kritiken. 92. Jahrg. 1919. Gotha 1920. Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts. 1. Jahrg. 1911. Weitere benützte Schriften, besonders Katechismen, sind aus den Belegstellen ersichtlich. Den Ausführungen des Borworts liegen Aussätze zugrunde aus folgenden Zeit­ schriften: „Christlich-Pädagogische Blätter", Wien 1914, 1915, 1916, 1925, 1926, 1927. Die Christliche Welt, Gotha, 44. Jahrg. 1930. „Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung" 1929. (Hier eine Reihe von einschlägigen Aufsätzen.) „Katechetische Blätter", München 1901, 1904, 1915, 1924, 1931, 1934. „Monatsblätter für den Evangelischen Religionsunterricht" 1929. „Preußische Lehrerzeitung" 1929. „Protestantenblatt" 1924, 1928, 1929, 1930, 1931. „Reformierte Kirchenzeitung" 1929, 1930.

Anmerkung. Am Tag des Abschlusses der letzten Druckarbeiten erhielt ich Kenntnis von einer einschlägigen Bearbeitung der Rottenburgischen Katechismen seit der Auf­ klärungszeit durch H. Herrn Subregens Franz W eb er in Rottenburg. Da diese Arbeit noch nicht abgeschlossen ist und die Veröffentlichung meines Werkes drängt, kann sie nicht mehr berücksichtigt werden.

Der Verfasser.

Schmitt, Der Kampf um den Katechismus.

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Namenregister. hinter der Seitenzahl — Anm. Abb 143t Abraham 4013t Adam 288 u. 3t, 4013t Adam Friederich 4143t Aepinus 4683t Agen 168 Albert 3393t Alberti 3453t, 4293t, 4763t, 49231, 5013t d'Alembert 148 van Alpen> 33A Altona 187 Amsterdam 25, 82, 1693t Anwander 82A,87A,98A 1013t, 1033t Arath 1593t Arminius 204 Arndt 72A Arnold 32 A, 43 A, 72 u. A Athen 4963t Atzberger 1043t Augsburg 36 A, 70, 1053t, 298 Augusti 33 A, 3803t Augustus 56 A, 1713t, 299, 300f. Le Bachelet 1373t Backmeister 34 Baco 3823t Baeumker 8531, 8831, 1263t, 1443t Bahlcke 2393t, 24631s., 2493t, 2663t, 2693t, • 2763t, 3623t, 4683t, 4713t, 4773t, 5083t Bahn 1793t, 1803t, 1973t Bahrdt 45, 47 As., 50, 50Aff., 543t, 5631ff., 60 u. A—64 u. 31, 66 u. Aff., 70 u 3t, 74, 76 3t, 77 3t, 2123t, 3303t, 3323t, 339 u. 31—341 u. 3t, 343, 350, 352

u. A, 355 u. A, 3593t, 3623t, 3683t, 3833t, 4163t, 429, 4333t, 4353t, 477 u. 31 Bajus 171, 288 Bamberg 298, 3003t Bamberger 3683t Banz 3703t Barth 853t f., 903t ff., 1073t, 1443t, 1553t bis 2003t, 2283t, 2633t ff., 2713t Basedow 3t. 1833t—1863t, 1893t, 1913t, 1943t f., 1973t, 3443t Basedow I. B. 14 ff., 803t, 83, 84, 117, 1453t, 1543t, 177 ff., 2793t—287,292,303 ff., 320—392, 4033t, 409 bis 413, 416, 4223t bis 431, 434, 4353t, 447—455, 457 u. A bis 460, 463 u. 3t, 465—67, 472, 476, 478, 481—500 u. 3t, 5043t ff., 5113t Bafel 321 Bauer 2603t, 2773t Baumgarten 2123t Baur 131, 103t, 37 A, 1183t, 1793t, 1913t, 2573t, 3393t, 3993t, 4103t, 4243t Bayern 285, 2863t, 290 f., 2943t, 296—302, 4143t Bayonne 1723t Bayreuth 345 A Belloy 1683t f., 1723t Berchtholdt 3093t Berlin 20,40, 4431, 2123t, 284, 308, 3303t, 3533t, 3853t, 393, 451, 494 Bernburg 1703t Bernhard 1953t Graf Bernstorff 189 u. A

Bertheau 4033t Besanyon 1693t Beßler 1853t, 1953t, 1973t 23131, 2343t, 2383t, 2523t f., 2613t, 2663t, 2693t, 4303t Beuchot 148 u. 31, 1513t Beuron 4133t Bey 26031 Böckh 3563t Bonwetsch 3333t Bordeaux 168 Boreel 25 u. 31 Bossuet 9431, 97 A, 1413t, 1563t, 164, 166, 169, 171, 211, 286 u. A ff. Boyfen 6083t Brastberger 3433t f. Braubach 1733t Braun H. 287 u. A, 2893t, 290, 2913t, 2943t—302 u. 3t, 4133t Braun I. 94A Brechter 2553t, 3573t Brendel 159 ' Brenz 2203t Breslau 2833t Brockdorsf 33t Brömel 4853t Brüggemann 123t Brünn 4303t Brünning 2383t, 4803t Brunner 3083t Buchberger 1043t, 1083t, 1183t, 1553t, 1573t ff., 16431, 1663t, 1733t, 3793t Bücher 2903t, 2943t Buchrucker 43t, 33A, 5031, 563t, 593t, 21731,22031, 2943t, 3073t, 3563t, 3713t, 4003t ff., 4553t Buchwitz 46131, 4923t Budde 1573t f. Buddeus 2123t



Dünger 271, 291, 321, 3491, 7291, 77A, 4409t, 4439t, 4679t Buisson 11691 Bürget 1319t, 1349t f., 1439t Büsching 1889t, 2129t f. Butter 1679t Büttner 13891 Bützow 1919t, 3539t, 36291 Caloyer 151 u. 9t, 154 Calvin 739t, 9791,1319t f., 13791, 170, 204, 2189t, 28591, 288 Canisius 49t, 20, 939t f., 11691, 1379t, 1569t, 1619t, 2209t, 2609t, 282 f., 285 u. A f., 291, 296, 2989t, 302, 304, 307, 309, 3719t, 4009t, 42191, 422 u. A Cannabich 3399t Caprara 1659t, 167u.Af., 172 Herbert von Cherbury 160, 1619t, 228, 2719t, 38291 Chiemsee 295 Chodowiecki 2529t Clemens XI. 3199t Clemens XIII. 2899t Cleß 3789t Coccejus 3769t Coerbach 25, 329t, 799t Göttin 2139t Comenius 199 Coners 3769t, 37891, 3909t, 4239t, 440 u. A bis 443 u. 9t, 474 u. 91 Consalvi 167 Gramer 3839t f., 403, 4299t, 431 u. A f., 441, 455, 474, 491, 496, 4969t, 506 Cruegot 1889t Csanad 311 Cudworth 1679t Czilchert 1999t, 2339t f., 2379t, 2399t, 2469t f., 2699t, 3369t, 3409t, 35291, 3569t, 3699t f., 3629t, 3829t ff., 3909t, 4019t, 4169t, 4309t, 4719t, 4779t, 4989t, 5089t f.

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Damms 27 u. 9t, 29 u. A Daniel 9t. v. 1599t, 1649t 1669t Danneskiold 1849t, 191 David 26 Deinhardt 41491 Demokritos 269t Denzinger-Bannwarth 959t, 3199t Descartes 118 u. 91, 3829t Dessau 1859t, 196, 1979t, 2009t, 2059t f., 2279t, 2299t, 2329t, 2379t, 2579t, 2629t f., 2669t bis 2699t, 2749t Dibelius 7291 Diebolt 4129t ff. Diekamp 939t, 979t, 1099t Dilthey 1391, 3891, 799t, 849t, 969t f., 1159t Dippel 26 u. 9t, 27, 329t, 7291, 79 Diterich 393—3969t, 399 u. 9t, 402 u. 9t, 4069t, 41391, 4419t, 4439t, 4759t, 486 u. 9t, 4929t, 506, 5089t Dix 3359t Doctor 8591 Döderlein 3539t Doller 3799t Döring 4049t Dörpfeld 4229t Dordrecht 791, 20, 269t, 3091 ff., 449t, 64, 1049t Doxophilus 1849t Dresden 1969t, 2629t, 4729t f. Eberhard 3389t Eck 429t Edelmann 1849t Eggersdorfer 2909t Ehlers 1219t, 1969t, 3369t, 3529t Eichstätt 298 Eisenach 42, 43A Elipandus 289 Emden 319t Emmerich 269t Epikur 394 Epinay 1159t f., 1279t Erasmus 1159t, 3829t Erlau 3169t f., 3199t ff.

Ernesti 439t, 459t, 4891, 629t, 699t, 729t, 2129t Emst 1819t Esens 4419t (Suden 119t Etiennes 158 Faber 1091, 1489t f., 1559t Fabricius 4299t Fanir 4429t Fauriene 169 Feddersen 5029t Feder 1969t, 3369t Felbiger 1629t, 200 u. 91, 280u.9tff., 35791,4769t Felix 289 Fenelon 1819t Fesch 169 Firmian 303 Fischer Aloys 989t, 103 As., 1069t—1099t, 1209t, 1319t, 1839t, 4219t Fischer Rud. 1389t Fleury 1229t, 1569t, 286 u. 9t—289, 304 Formey 829t, 8591, 178 Förtsch 4291 Foster 76 u. A Francke 359t, 439t, 1789t, 181 u. 91, 1999t, 44291 Frank 3459t, 4049t Frankfurt a. M. 3939t Fräßdorf 979t, 10391, 1089t, 3289t Freising 2879t,295f.,298f. Frenze! 1191, 19 A, 359t, 3891, 429t, 44A, 609t f., 76 u. 91, 12391, 1319t, 1389t, 1739t, 2669t, 36991, 3749t, 3819t, 4089t, 4189t, 4309t, 4669t ff., 4869t, 5159t Fresenius 42 A Friedlieb 26 Friedrich d. Gr. 1489t, 357, 361, 3839t, 4169t, 5129t Fritzsch 1979t f., 2059t, 2279t, 2299t, 2319t f., 2349t, 2379t, 2391 bis 243A, 2461—2481, 2501—2651, 2691, 2731, 2751, 2811, 3511

-

Fulda 2879t Fünfkirchen 316, bis 322

3189t

Abbe ©atme 1409t Garben 3719t Gaß 1599t Gebhardt 2569t Geismar 3409t ©eitert 2569t, 308 Genf 82 A, 85, 111, 1329t, 1379t, 2199t Genua 1689t Gentitis 739t Genzken 559t Gertach 3599t, 4089t,4109t Gesenius 4729t, 473 Geßner 1999t, 3569t Gichtt 729t Gilow 2529t Girard 1379t Glatz 2819t Glücksbrunn 439t Goethe 1949t, 3919t Goetze 186, 2129t Goldhagen 3719t Goliath 26 Gott 2899t Göring 1849t, 1949t,2009t, 2599t, 267 9t, 4259t, 506 9t Görresgef. 1739t Gößgen 2699t Gotha 1489t Göttingen 1969t, 3369t Göttler 149t, 1349t, 1389t, 1449t, 1499t, 4189t, 4429t, 4769t, 5059t Gräffe 1919t, 1949t, 2019t, 2809t, 283 u. 9t, 4499t f., 4619t Gran 3169t, 3189t f. Groß-Wardein 3189t bis 3229t Gückel 2879t, 2919t, 2949t, 2979t, 3009t Guemenee 1599t Gulielminetti 2809t f. Gutberlet 1009t Haag 869t Haberstumpf 3659t Hadamar 2829t Hadorn 8091, 849t ff., 919t, 979t, 1109t f., 1409t, 1789t

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Hähn 442 u. 9t, 4769t Hahn 1809t, 4709t Halle 26, 2169t, 4309t Hamburg 26 u. 9t, 186 u. A ff., 2079t, 3449t f. Hannover 4399t Haradiz 2999t Harnack 9t. 309t, 359t, 1029t, 3749t Harnack Th. 369t f., 7691, 1739t, 4979t Hafe 1499t Hecker 281, 4429t, 4769t Heidelberg 25, 13791, 207, 330, 346, 354, 356, 367, 3719t, 4029t, 4229t, 449,478 u. 9t, 514,5159t Heigel 2909t Heilmann 3329t Heimpel-Michel 19t—99t, 149t, 919t, 1029t f., 14391 ff., 1799t, 464 u. Aff., 4759tf., 5109t Helfert 2799t, 2839t, 303 9t—3159t, 3219t, 3239t, 4149t Helvetius 919t Henggart 4779t Henke 3399t Heppe 2691, 3389t, 3469t Herder 3399t, 377 u. A f. Hering 369 u. A Hermes 3539t Herrmann 2569t Herwig 3709t Herz an 308 u. A Herzog 209t, 289t—329t, 359t—3991,729t, 94 9tf., 1329t, 1789t, 1799t, 2189t, 3339t, 3419t, 3449t, 3759t f., 3849t, 4039t f., 4179t, 4789t Heß 2799t, 5079t, 5099t Hettner 61A, 659t, 75 A, 3369t, 3419t, 3449t, 3509t, 3819t, 3839t f., 3889t, 39191s., 41191, 4149t, 4319t Heumann 52 u. A Hezard 1309t, 1599t, 1659t, 1729t f., 2859t f. Hirfching 4291 ff., 599t f., 709t—749t, 769t, 9091, 3649t, 3669t, 3929t Hoffmann 9Aff., 38A,

799t, 839t, 919t, 1569t, 1799t f., 3289t, 3429t, 3619t, 3879t, 4609t Hohburg 26 u. 9t, 28, 329t Hohlwein 2099t, 3299t Holbach 919t, 157, 160 Holzmann-Bohatta 3669t, 3689t, 3709t Hontheim 2799t Hör 3819t Huart 1869t Huber 3289t Hübner 4689t, 502 Hufnagel 3779t f. Hume 2139t Huß 204 Huthmann 27 Hutchefon 4139t Hutter 4291 v. Jckstadt 4159t Jlberg 1919t, 1999t Ingolstadt 2949t, 298, 4139t Jrminger 4779t Jronside 431 Jselin 2009t, 4269t, 469 u. A Jabes 47 Jacobi 3419t, 387 u. A Jacques 105, 1479t Falsch 219t Jani 440, 442 u. A Janfenius 171, 288 Jean Paul 179, 1809t Jena 34 u. A Jericho 152 Jerusalem 377, 460 u. A Jever 3779t, 443 Job 318 Jocardi 40 u. A f. Jodl 3829t, 3849t, 3889t, 4029t Jonas 3579t Jofue 152 Jülich 3459t Jules 1509t Joseph II. 2799t, 302, 3089t Kabisch 3779t, 5059t Kabitz 2619t, 4979t Kaemmel 3579t Kahl 2829t f. Kallweit 3799t

-

Kalocsa 3159t ff., 3199t bis 3229t Kant 1 u. A ff., 49t—7 u. 9t, 10,12 u. 9t f., 18,21, 3899t, 392 Karl 27, 29, 329t, 72, 218, Soffel 514 Katschner 2859t Kau 4269t Kawerau 3419t Kawczyefki 1819t Kayfer 1479t, 1509t, 1689t, 2869t, 366A, 3789t, 4479t Kehrbach 2869t Kehrwald 879t, 899t f., 1069t, 11591, 1439t f. Kiefer 4719t Kiefl 2991 Kiel 1969t Kirn 9491 f. Steierl 297 f. Kleppe 1619t Klopstock 205 Knipstroh 57 Knittel 4189t, 4389t, 4809t Köderte 4109t ff., 4299t, 4859t ff. Koecher 269t, 28 A, 32 A, 369t, 449t, 46A, 8291 f., 147 9t ff., 3889t, 4299t Köln 27 A Konstanz 321 Koppe 3899t Köppen 3429t, 3629t, 3889t, 4039t, 4969t Körner 2169t Köster 3399t, 3579t, 3649t Köstlin 2189t Krakau 1929t Krakevitz 3459t Krebs 3579t, 4269t, 4709t, 5069t, 5089t Krus 949t Kulmbach 34 u. A Stifter 3619t Lachenmann 1589t Lang 309t—339t, 1329t, 2869t, 3569t, 4499t, 4619t Lange 949t Langemack 25 u. A ff., 319t—349t, 36

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Lappenberg 1969t, 4299t Lauchert 4129t Laugner 3409t Lavater 200 u. 9t, 205 f., 3409t, 4179t, 426 u. A Lechleitner 4139t Lehmann 19891 Leibniz 2,180, 2019t, 464, 4769t Leipzig 349t, 2169t, 3419t, 4119t Leiste 3489t, 3849t Lemgo 343 A, 372A, 385 A, 3889t, 3939t Lenz 372A, 47191,473 As., 4929t, 4949t, 506 Leopold Prinz v. Braunfchweig 460 u. A Leser 1439t, 1579t, 1799t bis 1829t Leß 378 u. 9t, 4369t Lessing 9891, 3399t, 3669t, 3829t ff., 431 f., 455, 4959t Lesum 1969t Leuger 3789t Leyding 4869t Litt 4229t Littre 1509t, 1529t Loke 118 u. 9t, 1409t, 1449t f., 181 u. 9t, 199 u. 91, 2579t, 3289t, 3359t, 3419t, 4139t, 4659t Löper 4149t Löscher 389t Loos 2579t Lorenz 2569t, 4219t Lori 2949t Ludovici 26 u. A Lübeck 26, 187, 403 u. 9t, 4299t, 4319t, 4439t, 474 u. 91, 506, 5089t Lüdke 3309t, 3429t, 349 As., 3539tff., 3589t, 3619t, 3689t, 3739t, 3849t, 3869t f., 389 u. 91, 391 u. 9t, 3949t, 3979t f., 416 f., 4199t, 4299t, 432 u. 9t, 4359t, 441 As., 4479t, 489 u. 9t, 5129t, 51491 Lüneburg 26 Lurz 2949t Lüssow 4509t

Luther 4A, 11 u. 9t, 199t f., 26 f., 289t, 30, 32—37, 40—42, 44 u. 9t, 46 f., 49, 51 u. 91, 53 u. 9t, 55 As., 58—68, 75, 78f., 94, 130 u. As., 135 bis 138, 1439t, 170, 173 u. A, 178 u. 91, 182, 1889t, 201, 203 ff., 214, 2179t f., 260,266,2689t, 283, 288, 294 u. 9t, 299, 301 u.A f., 308, 329 u. A f., 332, 3359t, 345 ff., 351 f., 3549t f., 358 u. 9t, 365 f., 37191,37491s., 3789t f., 385 f., 3929t, 401 u. A ff., 408 u. 9t, 4159t, 4189t, 421 u. As., 425, 429A, 4319t, 436, 4399t, 4439t, 449,4559t, 462, 4689t, 4729t, 474, 4779t, 4799t, 4829t f., 4929t ff., 4969t f., 503, 5089t, 510—515 u. A Magny 97 A Mähren 4309t Mainz 1389t, 1689t, 2849t, 2879t, 3719t Mangenot 1379t, 1649t Mann 1849t Maria-Einsiedeln 2009t, Maria Theresia 303 u. A ff., 309, 313, 3159t, 4149t, 5089t Markus 2179t Martini 4859t Mafcho 471 f., 4949t ff. Matthäus 152 Maurer 3529t, 5149t f. Max Joseph III. 290 Mayr Peter 3529t Meaux 1569t, 1649t, 2879t Meene 37691—380 u. 9t, 439 u. As., 443 u. 9t, 4739t f., 5129t ff. Meiningen 71 Meifner 259t Mendelssohn 3 Mennotfon 1939t Merkte 2979t Merkur v. Ung. 3119t, 3159t—3229t Mefenguy 4149t

— 534 Mettrie 4562t Meusel 282t, 432t, 722t, 1832t, 1932t f., 2062t, 3462t, 35621, 3692t, 3782t, 3942t f., 4392t, 4422t, 4602t, 6022t, 5082t, 6132t f. Meyer 11A,27A, 29 u. 2t, 402t, 422t, 462t, 502t, 532t, 662t, 69 u. 2t, 1302t, 1352t ff., 2602t, 301 u.A s., 37721,4212t Michaelis 2122t, 3322t, 4902t Michaud 842t, 1472t Migazzi 289, 3002t, 3032t bis 306 u. 2t, 311, 313, u. 2t, 315 u. A—320 u. 2t, 3222t Witter 772t, 2122t, 33721s. 347 u. 2t, 364 u. 2t, 365 f., 374 u. 2t ff., 378 u. 21, 406—40821, 410, 4132t, 4162t f., 419, 428 u. 2t, 4352t, 438 u. 2t ff., 442s.,449 A,461A,468A, 472—474 u. 2t, 4812t, 4832t—486 u. 2t, 4882t, 4902t, 4922t—494 u. 2t, 501 u. 21—5052t, 508 u. 2t, 510—512 Wirbt 29 u. As., 35As., 72 A Möhler 292t f., 3292t Mohnike 3452t Möller 4032t, 4862t Montaigne 1442t, 1812t Morus 48 Moser 3912t Möser 852t, 178, 350 u. As. Moses 51s., 152, 2162t, 268, 375, 377 f. Mosheim 1382t, 2122t, 3332t, 3372t f., 4392t, 4602t, 4722t Moskow 207 Moufang 1372t f. Müller I. I. 2182t, 3762t München 1432t, 297, 299 Muralt 3282t Wurfina 3682t Nahas 47 Napoleon Buonaparte 163

bis 1662t, 168 u. 21,170 bis 173 Namur 17021 Neapel 4142t Neidhart 4862t Nestorius 289 Neufinger 299—302 Neufohl 3092t Neutra 3162t, 3202t Nicäa 37 Nicolai 17, 20, 1852t, 284, 336, 3502t, 353, 370 f., 391, 3942t, 4102t, 4942t Nicolay 285 Nicole 4142t Niemeyer 2122t, 3462t Niemeyer-Wagnitz 5082t Noldin 942t Nöffelt 2162t, 3392t, 359 As., 3852t, 3932t, 403 2t—406 u. 2t, 4102t, 43221, 438 u. 2t, 483 u. As., 5022t, 505 u. A bis 5072t

Pestalozzi 181 Petrus 56 Pfaff 1552t Pfeiffer 4732t, 5142t Piacenza 1682t Piderit 3392t, 3622t Piemont 1682t Pinloche (-Rauschenfels) 1802t, 19421, 19921 f., 2152t, 2312t, 2332t, 242 As., 2542t—2582t, 2622t, 2802t, 30421, 356 A f., 4262t, 4682t f., 4812t, 4982t ff., 6052t, 6082t f. Piper 4002t Pius VII. 167 f. Platon 4782t Pohlifch 3572t Pope 4132t Portatts 16821, 171 Pouget 2602t Prag 4122t Prätorius 26

Dernier 3452t, 3892t Dfsenbach 2002t Dlevianus 20, 514 Oppenheim 2621 Dttinger 422t

Quast 3812t, 39121s., 4002t, 4282t, 4662t, 4842t Querard 1472t, 14921 Quefnel 171, 288

Pannich 342t Papmeyer 199 u. 21 f., 2572t, 2612t f., 3392t Parhamer 304f. Parma 1682t Paris 85 u. 2t, 9521, 97, 111, 146, 168 u. A f. Parthey 1852t, 1872t, 1902t, 1932t, 1962t, 2762t, 3362t f., 3502t, 3532t, 3912t, 3942t, 3992t, 4172t, 42521, 4912t, 5142t Paffau 298, 303 f., 306, 310, 314 Pauli 4302t Paulfen 11721, 1222t, 1402t, 1442t, 1792t, 1982t, 2802t Paulfen-Lehmann 1992t, 2622t Paulus 53, 56,1022t, 376, 3782t f., 4962t Perger 303, 3052t

Raab 112t, 316, 3202t f., 412, 4202t f. Rammelt 1912t, 1992t Ratte 199 Rautenberg 3822t, 5082t Reckahn 358 Reh 22t, 1662t, 1742t, 2622t, 3622t, 3742t, 381 A f., 4662t f. Nehm 1812t Reimarus 82,1832t, 3292t, 3662t, 3822t Rein 1172t, 1222t, 1402t, 1442t, 1792t, 26021, 42021 Reinhold 1592t Reinlein 4172t, 4192t Rene 1562t Resewitz 1852t, 187 «.21 f., 1902t, 1962t, 2032t, 2482t, 27621, 335 ff., 3392t, 350, 3622t, 3762t, 3872t, 3902t, 409 u. 2t, 4112t, 4252t, 4712t,

-

477 u. A, 48391, 496 u. A, 6029t, 607 u. 9t, 509 u. A Reu 49t, 119t, 359t f., 409t, 589t, 619t, 709t, 1309t f., 1359t f., 1439t, 1739t, 1789t, 3359t, 3549t, 3719t, 4229t f., 4729t, 4779t, 4799t, 4829t f., 4949t, 4969t f. Reusch 439 Rinkart 2569t Riga 2129t Ritscht 359t, 3749t Ritter 5129t ff. Robespierre 168 Robinson Crusoe 25, 4119t la Roche 3709t Röchling 4869t Rochow 280 f., 2859t, 357 u. 9t—3609t, 3629t, 385 bis 3889t, 390—393,410 u. 9t, 432 u. 9t, 4649t f., 468 u. As., 4769t, 4849t, 4869t, 49991, 503 u. 9t, 509 s. Rogge 329t Rohan 1599t Roloff 859t, 889t, 909t, 939t f. 1269t, 1349t ff., 1439t f., 1799t, 1819t, 2829t, 2859t, 2909t, 3399t, 3919t, 4019t, 4659t Roos 3799t Rom 207, 2899t, 308 Rösch 2979t, 379A Rosenkranz 129t, 149t RosenmMer 3779t, 4179t Rousseau 129t, 1^-20, 78, 80, 829t—158, 160, 166, 169, 173 f., 177 bis 183, 185, 198 ff., 202,206,208—213,217, 219, 225, 228, 231, 233, 235, 239, 244, 247, 254, 257, 2639t, 266 f., 269 bis 272, 287, 292, 327 bis 330, 332, 334 f., 3379t, 3489t ff., 353, 355, 3579t, 359 f., 371, 377, 3829t, 392, 404 f., 419, 423, 425, 427 f., 447 f., 455 f., 459, 466,

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-

472, 4769t, 478, 4819t, 498, 5009t, 506 Rudler 162 fftutf 3039t f. Rumpter 2839t Sachsen 3939t Sachsse 339t, 399t, 769t, 5119t Sack 3609t Sägmütter 2979t Sakmann 80 9t,84 A—87 91, 9091, 939t, 1059t ff., 11591—11991, 1219t, 1239t, 1259t—1299t, 1319t, 1339t, 1389t, 1409t f., 1449t Satlwürk 849t ff., 899t f., 939t, 959t, 10191,1039t, 1069t, 1099t, 1189t, 1219t, 1239t, 1409t, 1549t f., 3289t Salzburg 298, 3009t Satzmann 2619t, 3399t, 3609t, 3629t, 3779t, 3839t, 410,4119t, 4659t, 469 u. 9t ff., 4759t f., 4819t, 4839t ff., 487,499 9t—5029t, 504 u. As., 508 u. 9t, 5159t Saunn 308 Savoyen 3509t Scatkius 25 u. A Seckendorf 5119t Seggau 3149t Seidenberger 1369t Seiler 3649t ff., 3829t, 417, 4339t, 471 u. 9t. 4859t, 4919t, 493 u. 9t f., 5019t f., 506, 5089t, 511 ©erntet 3291, 449t, 469t ff., 5791 f., 61 u. A bis 689t, 71 u. A f., 75 u. 9t, 77 u. As., 80, 1889t, 3329t, 3389t bis 341 u. A, 3439t f., 378 u. A, 387 u. A f., 393A, 416, 4269t, 4349t f., 4419t, 4909t, 5089t Sepp 1579t Servetus 73 u. A Shastesbury 1571, 4131 Siegen 2821 ©Überschlag 3581 Sitchmüller 341

Simonis 450 u. 1, 453, 455—4631, 4751, 488 lf., 5081 Sinai 273, 379, 3811 Sintenis 3391, 3571 Skibniewfki 2891 Sleumer 2881 f. Sokrates 2401, 394, 476 u. 1, 4781 f. Sophronius 4351 Soroe 1831, 2191 Spatding 761, 3421, 385 u. 1,3881,4341,4411 Spener 35 u. 1, 40, 431, 451, 48, 70, 72 u. 1, 1781, 181 u. 1, 474 Spinoza 2571, 394 Spirkner 2901 ©Pranger 4231 Sprenget 2831, 3001 f. Sprenger 2811, 3701 Sutor 4131, 4871 Schade 431, 721 Schall 4111 Schametius 261 Schalt 2831, 2861 Schegelmann 1731 Schian 411, 2351 f., 238 1 ff., 2421, 2461, 249 bis 2521, 2691, 4611, 4671s., 4761 f., 4791 bis 4831, 4851, 4921, 5001, 5041 f., 5121 Schill 1001 Schlegel 3571, 3641, 4261 Schleiermacher 291 Schlesien 2811s., 285, 291, 303, 307 Schleswig 402 u. 1 Schlichtegroll 1821,1941 Schlosser 861, 971, 199 U. 1, 281, 2851, 3691, 391 u. 1 ff., 399, 401 u. 1 f., 404 u. 1 f., 407, 427 f., 436 u. 1 f., 447, 462 u. 1, 465, 471 u. 1 f., 4751, 4841, 491 !f.,504u. 1,5101,511 Schlözer 1561, 2291, 2351, 2411, 2551, 2851 f., 3541, 3571, 4031, 4091, 426 u. 1, 4811

-

Schmahling 426, 427A, 472 u. A, 492A, 498A Schmid A. v. 1642t Schmid E. 3452t Schmid G. L. I. 3352t, 3482t, 3622t Schmid I. SB. 452t, 2832t, 3392t, 4492t Schmid K. 2t. 1372t, 1792t, 1822t ff., 1862t, 1972t, 2802t f., 4142t Schmidlin 1642t, 1672t Schmidt Friede. 4142t Schmidt Mich. 1382t, 281 As., 3072t Schnurrer 1472t ff., 151 21 ff. Schöbet 3362t f., 3622t Scholz 3142t Schönberg 285A Schöpperlein 356A, 46121, 5022t Schryber 2002t Schuberth 3782t, 4722t f., 5122t Schuderoff 1652t f., 1722t 19121, 3322t, 3662t, 47621 Schüler 402t, 422t, 442t, 462t f., 5221, 562t, 5821, 602t, 72 u. 2t, 76 u. 2t, 1912t, 346 u. 2t, 394 A f., 4492t f., 4532t Schüller 1622t, 2802t, Schulz 652t, 3682t Schutze 4292t Schumann (-Sperber) 2A, 552t, 912t, 1222t, 13121, 1342t, 1432t, 2622t, 3352t, 4422t, 4672t, 473 As., 4972t, 5012tf. Schütz 4262t, 5082t Schwach H. 1362t, 2612t, 2802tf., 4972t Schwach P. 2 u. As., 1732t, 3932t ff., 3982t Schwarz Ildefons 1321 Schwärzet 28021, 3052t, 30721, 3232t Stade 34 Stamm 160 Starcke 354 u. A Stattler 4872t Stecher 1812t, 3812t

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Steele 1812t Steigenberger 2872t, 292 U. 21—296 u. 2t, 2982t Steinacher 2872t f. Steinbart 3392t, 3812t Steinberger 2872t Steinmetz 1992t Stephan 3821 Stoy 506 Strack-Billerbeck 3792t Straßburg 159 u. 2t ff., 1652t, 1672t—1712t Straßburger 1152t, 28721 Strauch 281 Strecker 3821 f. Stresow 1912t Strieder 33921, 3572t Sturm 3382t Stuttgart 4521 Talleyrand 157, 1582t Teller 2122t, 3322t, 337 As., 3412t, 387 u. 2t, 4152t, 4412t, 4902t f., 5122t Teubern 190, 1922t f., 1962t, 204A, 3502t Thalhofer 202t, 1222t, 1352t, 1382t, 1442t, 1612t, 1682t, 1702t, 1792t, 2552t, 2602t, 2812t f., 2862t f., 2972t, 3042t, 307 u. 2t, 31321s., 3912t, 4202t ff., 4482t, 4652t, 5082t Thilo 32921, 3432t f., 355 2t f., 3602t, 3712t, 3822t, 3852t, 3872t f., 4062t, 4082t, 410 u. 2t, 4152t, 41821s., 4222t, 4242t f., 4292t, 4322t ff., 4372t, 4432t, 4492t, 4652t bis 4682t, 47221, 4892t ff., 4942t f., 4972t, 498 Tholuck-Hölfcher 7221 Thomas v. 2tquin 299, 3392t Thomafius 1812t, 341 u. A f., 382 Tindal 1572t, 2132t Titius 3742t, 3792t Söget 3772t Toland 1572t Töllner 3322t, 435 u. 21 Torgau 3572t

Toulouse 1722t Tournai 1702t Toussaint 159 Trapp 1212t, 351 u. A f., 3592t, 4042t, 408 u. 2t, 4292t, 4732t, 4852t, 603 u. 21 Trefcho 1882t Trient 95 A Trier 16 f., 36 u. 2t, 42 u. Aff., 48 u. Aff., 52 bis 61, 65—79, 84, 103, 1452t, 1582t, 162 u. 2tf., 177 f., 201, 219, 2312t, 2802t, 328, 332, 334, 344,349,358 u. 2t, 374f., 3822t, 385 Troeltsch 1121, 362t Trofchel 42921, 4602t, 475 2t, 4862t, 5012t Tschackert 362t, 612t,3642t Tübingen 102t, 342t, 1482t Turicenfis-Lavater 2062t, 26421 Tusfanus 1592t Überweg (-Moog) 112t, 38A, 792t—862t, 1102t, 1562t, 1612t,180 2t,3492t Uckeley 4602t Ulmet 1362t Ulrich 3302t, 356 u. 2t, 416 Ursinus 20, 514 Vacant-Mangenot 1372t, 1642t, 1662t—1722t Beit 1 u. 2t, 921 f., 132t, 1821, 252t f., 32A, 38A, 452t, 792t, 812t ff., 972t, 2792t, 3022t f., 3702t Vezprim 311 Volkmar 1492t Bolkmer 2822t ff. Vollmer 4152t, 5122t Voltaire 147 u. 2t—1572t, 2022t, 2132t, 2172t f., 2282t, 3492t Voß 4502t f. Wagenmann 1372t, 3662t Wagnitz 3462t Wachen 311, 3222t Walch 2122t Waldenser 1472t, 4292t Walther 40, 476A

-

Walz 1009t, 1089t Marens 1409t, 3289t Weber 4119t Weit 1799t f., 2009t Weisenböhler 3459t Weiß 27991 Weiße 410, 41191 Westenrieder 290 u. 9t, 292, 294—297 Westphat 3389t Wetzer und Welte 2189t, 2799t Wiedemann 2809t Wieland 205 Wien 2879t, 289, 3009t, 303—309, 31291—315, 319 Wiener-Neustadt 304, 306 Wiklef 204, 289 WillmannlA—5A, 8Af., 1291—169t, 37A, 8691, 909t, 1059t, 1799t, 1819t, 1919t, 2039t, 38191, 3999t, 401A,

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4089t, 4239t Wimmers 4709t f. Windelband 29t, 49t, 139t, 359t, 379t f., 1569t, 4069t, 4949t, 4979t Winter 749t Wismar 4689t Wittenberg 46, 207, 4229t Wöhrmüller 2909t Wolfenbüttel 989t, 4189t Wolfs 2u.9t f., 38 u. A f., 70, 75, 80, 1319t, 180, 1839t, 4069t, 4139t, 419, 4609t, 494, 497 u. A Wolfram 2959t ff., 2999t Wolfsgruber303A—308A, 3159t, 3179t—3209t, 3229t Wolke 2529t Wöllner 3959t Würzburg 1389t, 2869t, 288 u. 9t, 2949t, 3009t, 3079t, 414 u. 9t f. Wurzer 4139t

Wyttenbach 163 u. 91 Doung 4139t Zachariä 45 u. 91—4791, 519t, 559t f., 62 u. 91 bis 68 u. 9t, 76 f., 84, 3399t, 343 u. 91, 5019t Zedlitz 358 u. 91 f., 4159t, 5129t Zeno 394 Zerenner 1859t, 2009t Ziegler 1569t, 1809t, 2809t, 4149t Zinzendorf 27 u. 91 f., 3691 Zippe 2799t, 4109t, 412 u. A f., 5019t, 5099t Zöllner 2 ff. Zoroaster 152 Zfcharmack 109t, 83A, 2129t, 3649t, 3879t, 4049t Zürich 1349t, 4779t, 480ff. Zwingli 203 f., 2189t

Sachregister. Abendmahl 4491 f., 47, 60, 66 f., 60, 67, 217, 263 A, 354, 362 A, 369 u. A, 455, 461A Aberglaube 110,118,160,202 f., 237,413 Abhängigkeit der kath. von der Prot. Stufst. 319 f. Ablaß 279 A, 308, 322 Ablehnung der Lehrautorität 48 f., 69, 78, 96 f., 145, 160, 190, 204 f., 209, 217, 329, 331, 359 Ablehnung des RU. für Kinder 117, 119 ff., 123s. Ablehnung der theol. Terminologie 50 f., 25091, 285, 287, 289, 427, 432, 435 f., 439, 494 ff. Abstrakte Lehren („Trockene" Kat.) 118s., 121 ff., 129, 132 u. A, 139, 141 ff., 241, 426, 497, 499—505, 507, 514 Alleinseligmachend 100 u. A, 169 u. A, 350, 371 u. A, 372 Angriffe auf das Christentum 151, 153 Anschaulichkeit des RU. 118f., 121 f., 126, 1369t, 141, 234 u. A, 2519t—254,427, 497, 499—505 Anstandsregeln 411,413 9t, 415 9t, 418u.A Anthropomorphismus 119 Antitrinitarier 449t Apologetische Tendenz der Aufkl. 82, 225 ff., 243, 248, 260, 317, 350, 355, 359 f., 368, 429, 438, 455 ff., 471, 490, 492 f., 509 f. Apostolikum 54 u. 9t, 116, 1699t, 235, 454, 493 „Apostolisches Christentum" 75 Approbation 305 ff., 309, 311—314 Arianer 44 A, 2019t Arminianer 32 u. A, 4259t Athanasianum 2019t, 219, 226, 426 Atheismus 909t, 157, 160 Aufklärung (Begriff) f. auch Rationa­ lismus, Deismus, Naturalismus, Auto­ nomismus ! 1-4, 7 f., 11 f., 79, 81, 83, 156, 280 Inkonsequenz der 91. 6f., 16, 21, 39, 80 f., 88, 100, 126, 1409t, 351—355, 362 u. A, 401 ff., 482, 496, 511 Englische 91. 327 f., 413 u. 91

Französische A. 156, 160, 172 f., 327 f., 413 u. A Französische und deutsche A. 179 u. A f. Aufkl. in der kath. Kirche 279, 322 f., 370 f., 412—4159t Aufkl., „Biblischer Zug" 18, 44, 48, 1999t, 319, 331 f., 335 f., 340, 354, 374 Aufkl. (populäre) 10 f., 25, 82 f. Aufkl. (Optimismus) 3, 7f., 93, 227, 342 384 399 Aufkl/ (geistesgeschichtliche Grundlagen) 9, 15 ff., 26, 28 f., 82, 90 u. A f., 97, 101, 115, 145—148, 150, 155, 160 f., 174,177 ff., 181 u. 91,2019t, 327—332, 335 f., 341 As. Aufklärungspädagogik 14 f., 19, 86 f., 116, 144 ff., 1799t, 194—197, 199, 241, 328, 489, 497, 511 Aufklärungsphilosophie 79 f., 146, 181, 414, 464, 497 Aufklärungsphilosophie und Dogma 3891 f., 70, 2019t, 497 Aufklärungszeitfchriften 17, 19 f., 2819t, 3679t f. —, Charakterisierung 3569t, 367 As. 9t. B. Nördlingen 3569t A. D. B. 17, 20, 1969t, 308, 335, 336 u. 91, 370, 494 u. A 9t. th. Bibl. Mitau 494 u. A „Gemeinn. Betracht." 3649t „Journal f. Prediger" 3459t f. Lit. Briefe 3509t Litt, des kath. Deutschlands 371A Mag. Sch. E. 3569t „N. Erz. Beg." 3579t „N. Rel. Beg." (orthodox) 339 u. A Auswahl der Lehren für den RU. 420 bis 424, 440 f., 453 f., 456, 459 Auswendiglernen beim RU. (allgemein) 236, 238 u. A, 240, 247 A, 2529t f. 256, 262, 467, 469 f, 479, 4809t Auswendiglernen des Kat. (mechanisch) 26, 42 u. A, 46, 55, 62, 67, 121 f., 124 f., 128 f., 133 f., 138 u. 9t, 143, 146,158,184, 235 f., 239, 252 f., 285 f., 305, 3089t, 336, 415, 453, 466-^79' 491, 503

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539

Autonomismus 4, 8 ff., 13 f., 47, 79 f., 89 f., 92 ff., 97 f., 101, 105, 107, 114 f., 118,120,124 f., 128,142,144 A, 192, 465, 490 Autoritätsglaube 132, 145, 247 f., 491 Befreiungskriege 173 Beichte (kath.) 401A Beichte (Prot.) 45 A, 57,60,68,75,217,222 Beispiel 405 Bekenntnis (Begriff: Lehre, Tat, kirchl. Gemeinschaft) 102 f. Bekenntnis (kirchl. Lehre) 4 f. Bekenntnis (Rel. Gemeinschaft) 7, 73 Bekenntnisse als „Sekten" 103,110 u. A, 161—164, 213 u. A, 228, 237, 349 f., 369 A „Bekenntniszwang" 198, 202, 205 f., 211, 217, 227 ff., 241, 263A f., 273, 328 u. A f., 340, 341A, 349 A, 355, 416 Bevorzugung des Protestantismus vor der kath. Kirche 85 A, 154 u. A, 202 f., 211, 217A, 328Af., 426A Beweisende Bibelstellen im Kat. 312, 313A, 318 f., 452 Bibelauszug 216 u. A, 333 u. A, 337, 422 Bibel gegen Kat. und symbol. Bücher 25, 27, 28 u. A, 29, 31, 48 u. Af, 56, 58, 63, 204, 206, 211, 213—217, 223, 335, 337, 342, 365, 495 Bibel gegen Theologie („Menschen­ meinungen") 48 ff., 53, 73 „Göttlichkeit" der Bibel 95, 214, 492 u.A Bibelkritik 77, 152 u. A, 214 f., 222, 332 u. A f., 335 u. A, 337 Bibellesen 218, 319 Bibelprinzip des Protestantismus 29 u. A ff., 46 u. A, 65,69,104,205,216f. 333 Nicht beweiskräftige Bibelstellen im Kat. 214 f., 216A, 320 Bibelübersetzung Bahrdts 341 Bibelübersetzung Luthers 452 Biblische Geschichte im kath. RU. 284 Bibl. Geschichte im Prot. RU. 335 A, 427, 501, 602 A Bibl. Geschichten zur Veranschaulichung im RU. 484, 497, 501 ff., 508, 511 Bilder im RU. 251A f., 253, 259, 505 f. Biographien im Moralunterricht 254 Brownisten 25 Buße 62 f., 458 A

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Catechismus s. Kat. Christus als Morallehrer 380, 383 u. A, 386, 388, 396 A, 431, 441 Christus als Muster der „Tugend" 222, 383 „Clerisey" („Klerisei") 49, 51, 73, 78 Confessio Augustana 26, 31A, 60,104A, 340 Confession s. Bekenntnis (Rel.-Gem.) Crypto-Calvinismus 33 u. A, 70 Deismus 10 u. A, 17 f., 74, 81, 83, 85, 90, 93, 103, 140 A, 149, 155 A, 158, 197, 328 A f., 348, 423 Dekalog 47, 51, 66 f., 116, 235, 273, 454, 481, 493, 500 Dekalog im Kat. 220A, 376A f. Dekalog, Ablehnung als Sittengesetz 51 f., 58, 66, 218 ff., 374—377, 455, 513 Dekalog-Unzulänglichkeit 220 Dekalog-Verteidigung als Sittengesetz 377—380, 393 u. A Dialogform 150, 252, 482, 485 u. A Dialogform des Kat. 115A, 133, 239, 476A Diesseits-Religion 92 f., 127, 292, 317f., 396 f., 455 Dissident („Privatchristentum") 192u.A, 195 ff., 209 f., 227, 229, 265 u. A, 343, 355 382 Dogma (kath. Begriff) 104, 142, 154A Dogma (prot. Begriff) 30 u. A, 78, 80, 102 Dogma (Ablehnung) 7 f, 13 f., 28, 43, 49, 51, 54, 88, 91, 96 f., 108, 110 f., 124 f., 141, 150, 153, 162, 193, 211, 234, 240, 244, 258, 335 f. Dogma als „Menschenmeinung" 97ff., 129, 140, 153, 202 u. A, 207 f., 210, 212—215, 221,223, 226—229, 330— 334, 337, 340 ff., 351, 355, 359 f., 370 f., 386, 416, 432, 489 Dogmatische Korrektheit 321 ff. „Dogmatischer Ton" im RU. 114A, 117A Dogmen (moralisch fruchtbare) 111 f., 126 Dogmen (spekulative) 111 f., 126 „Dogmen" der natürl. Religion 109 u. Af. Dordrechter Synode 20, 26A, 30Aff., 64, 104A Dreieinigkeit 118 f., 154, 214 f., 218 f., 236 A, 292, 352, 354, 383 A, 417, 432,



540

433A, 436, 438, 458A, 495, 513 u. A „Dritter Brauch" des Gesetzes 53 u. A Eid auf symbol. Bücher 48 f., 65, 206, 217, 443 „Elementarische Ordnung" 242 u. A, 243—248, 498 „Elemente" der Rel. 234, 241 f., 424, 426, 434 f., 488, 498 f. Empirismus 9 u. A, 465 A, 466 Enzyklopädisten (franz. Aufkl.) 18 Erbsünde 44 A, 50, 56, 116, 219, 288, 293, 341A, 354, 381, 383 A, 385 A, 386, 400 f.. 433A, 4569t, 495 Erbsünde (kath.-prot.) 401A Erbsünde (Prot.) 401 u. A f., 404 f. Erlösungsbegriff der Aufkl. 386, 388, 396, 401 Erlösungslehre (Prot.) 27, 41, 50, 63 f., 116, 358 A, 383 u. 91, 385, 388, 401, 417, 427, 438, 441, 45891, 492, 495 Erlösungslehre (ref.) 54 f., 59, 152, 381, 402, 431A Erzählungen im RU. 253 f., 486 u. A, 500 f., 603, 505 Eudämonismus 128, 208 f., 230 u. A f., 241, 255 ff., 263, 279, 282, 291 f., 294, 317 ff., 381 u. A, 383, 389—399, 402 ff., 410, 412, 4139t, 419, 442, 451—454, 458 Eudämonismus als methodisches Prin­ zip 390—392, 395, 398, 404—407, 411 ff., 454, 456, 459, 4659t Evangelische Freiheit 30 s., 37, 48, 65, 7Q

90^

Q9Q

EW.'als Rel.-Buch 242 A f. Exegese 51, 57, 214 f., 333, 456 Fabeln zum Moralunterricht 4109t, 487, 501 Fanatismus 111,125 f., 129, 140 f., 153, 160 f., 348 Febronianismus 2799t, 3709t Fegfeuer 292 f. Fiduzialglaube 94, 217, 302, 385, 397 u. 9t, 503 Formula Concordiae 26, 31, 43 u. A f., 46, 48 f., 1049t, 345 Französische Revolution 155 u. 9t, 157 Freier Wille 321 u. 9t, 381 Freidenker („Starke Geister") 10 u. 9t, 1039t, 149, 159, 292 Freimaurer 4129t Fragmente von Reimarus 366A f. „FrageundAntwort" im Kat. und RU.

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Belehrungsfrage 132 f., 136 u. A ff., 472, 481 f., 484 Bekenntnisfrage 130 f., 480 Prüfungsfrage 239 Berhörfrage 130, 133, 1369t, 137, 239, 472 f., 480 Zergliedernde Frage 136 u. 91, 143, 467, 474 u. 91 Katechismusfrage am Rand 474,475 u.A „Frage-Antwort-Form" im Kat. 310f., 452, 472 „Frage-Antwort-Form" im Kat. (Ab­ lehnung) 128 ff., 150, 239, 467, 469, 472 f., 47691 „Frage-Antwort-Form" im Kat. (Ver­ teidigung) 473 ff. Frage-Antwort-Verfahren (gesch. Ur­ sprung) 130, 1369t, 143 Katechismusfrage unter dem Text 282 Kat., Thetische Form 128, 133 u. 91 f., 139, 240, 291, 310, 453, 474 u. A f., 4869t Frage-Theorie der Sokratik 477—482 Gallikanismus 1659t, 166 u. A, 173 Gebetsformel 127 u. 91, 235 u. A Gedichte und Lieder im RU. 256 u. A, 259, 273 u. A, 338 u. 9t, 4109t, 484, 505 Gefühl als Zeuge der Wahrheit 89 u. Af., 94 Gegner Bas.s 356Af. Geheimnislehren 110 f., 116, 120, 124 u. A, 2019t, 215, 234, 237, 244, 249, 505, 508 Hl. Geist 54, 153, 219, 3529t, 401, 4029t „Gemeinnützigkeit" 262 f., 266, 269 f., 272, 404 f., 408, 424, 426 Gemeinschaft der Heiligen 293 Gesangbücher-Erneuerung 338 u. A Gesetz und Evangelium 44A Gesundheitsregeln 411, 4159t, 418 Gewissen 114 f., 154 Gewissensfreiheit 203, 205, 228 f., 264 f., 340 f., 352, 353 u. A, 359 f., 362 Glauben (christlicher Begriff) 93 f., 96, 120, 458 Glauben (rationalistischer Begr.) 233 u. 91, 243 f., 246, 3979t, 459 f., 482 Glaubensbegriff R.s 87 A, 88 ff , 94 ff., 101, 107, 109, 120, 125 Glauben als sittlicher Akt 94 f., 101, 140 Glaubenspflicht 94 f., 101, 140, 207 f., 361



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Heilsnotwendigkeit des Glaubens 95, 99, 202, 358, 360 u. A, 367, 421 u. A, 422 „Glaubeuspflicht" Bas.s 207 ff., 244, 270, 333 A „Blinder" Glaube 82, 124, 141, 194, 243, 276, 358, 492 Glauben im Kat. 47, 67 Glaubensgehorsam 93—96 Glaube und Leben 141 u. A Gnade 55, 293, 381, 383 A, 396, 400 f, 427, 458 A Hinreichende Gnade 321 u. A Wirksame Gnade 321 u. A Gottheit Christi 71, 152 f., 218, 352 u. A, 431A, 441, 456 A, 458 A Göttliche Tugenden 322 Gute Werke 27, 44, 47, 55 f., 59, 67, 214, 221A, 372, 385, 390 Güte der menschlichen Natur 109A, 117, 384, 400 f. Hauptgebot 52 Hauptstück von der Beichte (luth.) 57 f. Heilsordnungen 41, 354 u. A Heiligenverehrung 372 Herrnhuther 27 u. A f., 62 Heterodoxie im RU. 344 f., 361, 440 Heterodoxie (Paradoxie) 182 f. u. A, 184, 186—195, 204, 205A, 206, 21291, 216, 224 u. A, 228 f., 239, 321, 339, 340A, 349, 352 f., 358, 363, 368, 4909t, 503 Hierarchie 153, 155, 184, 205 „Historische Kenntnis" aller Rel. 268, 274 Hölle 55, 92 u. A f., 101, 160, 202, 218, 219 u. A, 293, 34191, 412,45691,4619t Höllenfahrt Christi 449t, 218 Humanismus 13, 79, 91, 3569t f. Humanitäts-Rel. 150 f. Huthmannsche Schule 27 Hypostatische Union 153, 218, 23691, 354, 436, 4589t, 495 Ideal des Rel. Buches bei Bas. 250 f. Jndifferentismus 26, 109 ff., 167, 229, 263, 274, 316, 348, 350 f., 355, 35691, 366, 411 Individualismus (religiös) 1, 7 f., 10, 13, 16, 18, 29, 32, 74 f., 77—80, 84, 90 st, 97, 99, 101, 103, 104 u. 9t, 105 st, 108,111,140,177, 182, 189 ff., 198, 225 st, 327—331, 340, 348, 352, 359, 365, 423 ff., 449, 482 Individualismus (pädag. Auswirkung) 106—110, 112—117, 120, 128, 140,

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144, 177, 183, 187, 189, 196 ff., 209, 221, 229, 244, 248, 264 f., 270 u. A, 274 ff., 328, 344, 350, 459 st, 465, 471, 491, 498 Induktive Methode 132, 2529t, 497 Jnspirationsbegriff (rationalistisch) 215 u. 91 ff., 2199t, 224, 333 u. 9t, 337 A, 3419t, 459, 496 Intellektualismus 99t, 87 A, 460 st, 472 Intoleranz 98 st, 111, 116, 129, 153 st, 202, 2059t, 206, 228 u. 9t, 237, 334, 352, 358, 369, 385, 416, 442 Intoleranz der Aufkl. 366 f. Intoleranz (dogmatisch) 3499t Irrationalismus R.s 89 u. A st, 94, 115, 118 Jakobusbrief 65 Jansenismus 62, 2829t, 41391s. Jansenistische Kat. 4149t Jesuitenschulen 1569t, 285 st, 290 Katechismus (Religionsbuch) Katechismus-Begriff 4 f., 7, 63 ff., 130st, 138 u. 9t, 149 st, 165, 277, 338, 447 u. Ast Kat.-Begriff (rationalistisch) 275, 421 u. A st, 474 Kat. als Handbuch für Lehrer 4019t, 467, 474 st, 481, 483, 484 u. 9t, 500, 511 f. Kat. als Lernbuch für Kinder 484, 485 u. 91, 507 Kat. als Lesebuch 237, 266 Kat.-Ablehnung 105, 121, 125 st, 209, 211,242 st, 276 ff., 334,351,368 st, 452 Kat.-Ablehnung (pädag.) 245 f., 249 st, 258, 466 Kat.-Ablehnung als Schulbuch 267 f. Kat.-Ablehnung für kl. Kinder 5059t Abschaffung des Kat. 156—163, 169 Bedürfnis nach einem neuen Kat. 462, 466, 482 st, 490, 493 st, 507—510, 515 Antworten des Kat. („fertige", „gedruck­ te", „vorgeschriebene") 472 f., 475 f., 479 f., 482 Lücken im Kat. 244 ff., 249 st, 260, 320 u. 91, 322, 409, 481, 511, 515 Ordnung im Kat. 3079t f., 452 st, 457, 459, 466, 478, 480, 488 u. A, 493, 495, 497, 506 st, 613 Abgehen von der Ordnung im Kat. 40 st, 291 „Genealogische Ordnung" 491 „Historisch-biblische Ordnung" im Kat. 501 f.



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Kat. als symbolisches Buch 19 f., 49, 68 ff., 123, 130, 177, 207, 226, 238 u. A, 402, 449, 482 s. Kat. als Unterrichtsbuch 19, 123, 130 f., 207, 409, 422 u. A, 449 Kat. als Volksbuch 35 s., 42 A, 131, 422 u. A Kat.-Jdeal der Aufkl. 451 ff. Kat.-Reforrn (kath.) 280, 304, 305 u. A, 306 f., 310—313 Kat.-Reform (Prot.) 345, 449 ff. Sprachliche Formulierung im Kat. 289, 293 f., 298 u. A, 299 ff., 315, 433, 470 A, 473, 486 u. A, 496 Sprachverbefserung im Kat. 290, 297 u. A, 298 ff. Kat. in der Staatsschule 285, 507 f. Kat.-Unterricht 28, 55, 121 ff., 409, 488, 502 f. Überladung der Kat. mit Stoff 474 Form und Sprache des Kat. bei Baf. 250, 473 Äußere Form des Kat. 506, 608A Einzelne Kat.: Cat. manuscriptus (Damius) 27 Catöchisme raisonn£ 82 u. A f. Catechismus Romanus 282, 289 f., 307 Cat. de l'h/h. (Voltaire) 147 u. A Kat. von Bossuet 156A, 164 u. A, 166, 169, 17 h 211, 286 u. A, 287 u. A Canifius-Kat. 20, 161A, 260A, 282 f., 285 f., 289, 291, 294, 296, 302, 304, 307, 309, 371A, 401A, 421A, 422 u. A Dresdener Kat. 252 A, 47291 f. Katechismus (Erforschung feiner Ge­ schichte) 11, 21, 25 Erläuterter Kat. (Normalkatech.) 306 u. A, 307—315, 322 f. Exponierte Kat. 42 u. A Frage-Kat. Baf.s 239 Historischer Kat. v. Fleury 156 A, 286 u. A—289, 304 Kat. v. Gesenius 472 f. Hdb. Kat. 20, 25 f., 28, 30A, 32f., 64 u. A, 260 A, 402 A, 478 Hdb. Kat. 80. Frage 356, 371A Hdb. Kat. als Bekenntnisbuch 30A, 32 f., 449 514 Hdb. Kat. Ablehnung 49, 51, 68, 330, 354, 514 f. Hdb. Kat. Bekämpfung durch die Kath. 33 u. A Kat. v. Karl 27 u. A, 32 A Kat. Luthers 20, 26 ff., 32, 182, 260A, 371A, 443 A

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Kat. Luth. als Bekenntnisbuch 30A, 31, 402, 449, 512 Kat. Luth. (Bekämpfung durch die Re­ formierten) 33, 510 f., 613 f. Kat. Luth. (Bekämpfung durch die Ka­ tholiken) 33 Kl. Kat. Luth. (Enchiridion) 30A, 40, 42, 63, 68, 336, 346, 371A, 402 u. A, 403, 421, 422 u. A, 452, 471, 603 Kat. Luth. (Ablehnung) 46, 49, 51, 58, 63, 183, 188 A, 207, 330, 338 A, 345, 365, 416 A, 452, 489, 493, 503 f. Kat. Luth. (Erlaubtheit der Abschaffung) 510 f. Lücken in L. Kat. 511 u. A Kat. Luth. (kath. Widerlegungsschriften) 33 A f. Kat. Luth. mit calvinischem Einschlag 33 f. u. Ä Kat. Luth. und Orthodoxie-34 ff., 42, 48, 69 f., 186 f. Kat. Luth. (Verteidigung) 45, 60, 62, 65, 68 f., 366, 512 f. Oe. Kat., M. Theresias Mitarbeit, 303, 307, 309, 312—315, 322 f. Rakauer Kat. 3749t, 375 u. A Reichskat. 164,165 u. 91,166,168, 305 f., 309 Saganscher (= Schlesischer) Kat. 281, 282 u. A f., 283 ff., 291, 305, 306 u. 91, 307, 312 u. A Sag. Kat.-Bekämpfung 282 A, 305 Kat. v. Schleswig-Holstein 402 u. A Kat. und Bibel 30 f., 46 f., 63 f., 223, 338, 417, 422 Kat. als Buch 130, 135 u. A, 1379t Kat. als Lehre 130, 137 Kat. und Pietismus 35 u. A, 36 Religionsbücher für die Kinder verschie­ dener Stände 609, 510 u. 91 „Kath. Artikel" 160 f. Kennzeichen der „wahren" Rel. der Aufkl. 229 f. „Ketzerei" im Sinne der Aufkl. 205 u. 91, 386 „Kinderfreund" Rochows 410 Kindertaufe 218 u. A Kinder- und Volkstümlichkeit des relig. Lehrstoffes 430 ff., 437 f., 496, 499 Kirche, griechische 154 Klarheit 467, 475 u. 9t, 478 f., 484, 489, 491, 493 ff., 497, 511 „Klugheitslehre" 409, 411, 418 u. A Konfession s. Bekenntnis!

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Konfessioneller RU. 197 A, 198, 22391, 266, 268, 277 Korrekte Lehrdarstellung 288 Kosmopolitismus 261 f. Kürzung der Dogmatik („Simplifizierung") 352 f., 355, 358, 359 f, 361 u. A, 362—364, 366, 368 u. A f., 373, 387,424 ff., 428,430-^33,437 A, 454, 465, 480, 488, 498 Laien im Kat.-Kampf 46—49, 200 u. A, 208, 232, 264, 327, 333 u. A, 346 „Laienbibel" 47, 48 u. A, 63, 214, 421, 422 Latitudinarismus 366 A Lehramt (kirchl.) 30, 96, 104, 319 Lehrbegriff (Luth.) 65, 189, 425 Lehre (Reinerhaltung) 294, 296 ff., 302, 309 f, 315__322 „Reinigung" des Lehrbegriffs 190 u. A, 193 f., 203A, 204, 207 f., 210 f., 212A, 213, 217 u. A—221, 226, 229 f., 233, 280, 338 u. A f., 343, 346, 352—356, 360 u. A, 367, 373, 398 f., 416, 423 f., 432, 433 u. A, 436, 455, 465, 488 Freies Lehrgespräch beim RU. 472 Lehrverwirrung in den Prot. Kirchen 403, 433 A Mädchenerziehung bei R. 125 ff., 132, 133 u. A Marienverehrung 153, 292, 372 Märchen im Moral-Unterr. 254A Materialismus 108 ff., 156 f., 163, 220 Menge der Religionsbücher 500 Mennoniten 26, 71 Meßopfer 33 A, 293, 308 „Methodische Kat." 242 Millers Rel.-Bücher 36691 Moral gegen Dogma im RU. 230, 241A, 258,284,354,382,387,408,416 f., 441 Moral als Kern des Christentums 387 bis 390, 408, 453 f. Moral in Rel.-Büchern 231, 31191, 411, 415 f., 418 f., 455 Moral (religiöse Grundlegung) 404 f., 407, 418 Moralische Kinderschriften 410 u. 9l f., 485 u. A ff., 605 Moralisches Lesebuch 4109t, 414 u. A Moralischer Rationalismus 230 f., 266, 286, 374, 376, 380 f., 3829t, 403, 406, 414, 419, 442 Moralische Wochenschriften 181 u. 91 Moralismus der Aufkl. 41, 76, 80, 111,



114, 115 u. 9t, 126 f., 154, 1569t f., 230, 279, 292, 335, 373, 382, 388, 405, 4069t, 410 f., 417 f., 441, 454, 505 Moralkatechismus 115 u. A, 158, 391 ff., 4159t Moralunterricht 158,162,286,410,414f., 501 Moralunterricht als Grundlage des RU. 39j Mystik 496 Mystik (schwärmerische)26u. 9t,29,72u. A Naturalismus 10 u. 9t, 38, 71, 101, 1409t, 316, 4259t, 426 Naturalismus (pädagogischer) 14 f., 86f, 105 f., 117 ff., 173,181, 401, 448, 488, 498 Natürl. Moral 374, 381, 413, 492 Natürl. Ordnung 41, 89, 151 u. 91 Natürl. Religion 38, 41, 76 u. 9t, 82 f., 89, 91 f., 100, 103, 108, 109 u. 9t, 125, 154, 158, 195, 222, 2309t, 291, 316 u. 9t, 322, 342, 5119t Natürl. Religion (Ablehnung) 427, 4309t Natürl. Rel. (allein genügend) 89, 113, 163, 177 f., 272 Natürl. Rel. (allein unzulänglich) 1129t, 222, 243 u. 91, 270, 272, 316 f., 43091, 458 Natürl. Rel. (Allgemeinverbindlichkeit) 109 f., 112, 114, 271 u. A f., 414 Natürl. Rel. als Grundlage des RU. 243 ff., 249, 271, 286, 317, 333 f., 403, 424—430 u. 9t, 457 f., 482, 491, 499f. Natürl. Rel. im Kat. 492 u. A Method. Aufbau der natürl. Rel. 243— 246 Rel. Buch der natürl. Rel. 250f. Natürl. Rel. als Staatsrel. 110,272,349 Natürl. Rel. in der Staatsfchule 269Abis 272 359 Natürl. Sittengesetz 374, 377 ff. Neologie 18 f., 21291, 343, 345 91s., 362 f., 355, 365 f., 387 u. A, 394, 403, 416, 419, 423 f., 4249t f., 465 Neologie in der ref. Kirche 3609t Normalschule 305 Notwendigkeit des Glaubens 119 f. Offenbarung 270, 272, 276, 292, 318 u. 9t, 460 Öffentliche Wohlfahrt 264 Orthodoxie 18 f., 31, 41, 74, 182, 188, 224, 327 f., 332, 353, 365 f., 384,4249t f., 434

— 544 Orthodoxie und Intoleranz 358, 360 u. A, 367 u.A „Papismus" 27, 32A, 66, 76A Papsttum 31 f. Parität 197, 264 ff., 271 Praeambula fidei 94 Philanthropismus 14 ff., 173 f., 179 ff., 196, 198 f., 290, 303 f., 327, 363, 479, 497 Pietismus 28 s., 35, 71, 131A, 1789t f., 181, 328 A, 382 A, 401 Pietismus (schwärmerischer) 12 f., 16, 27, 29, 43 A, 69, 71, 72 u. A, 84 Polemik im Kat. 284, 351 f., 369 f., 371 u. 91, 438 Politische Einflüsse auf die Gestaltung des Kat. 172 Positive Formulierung der Sittenlehre 377 Prädestination (im Hdb. Kat.) 59, 218, 354, 4589t Priesterweihe 2979t, 308 Primat des Papstes 320 f., 370 Privatgebrauch von Kat. 3949t Psychologismus 142 Purismus 3899t, 3949t, 4139t Quäker 71 Rationalismus 3, 7, 9 ff., 13 Rationalismus (Erkenntnistheoretischer Begriff) 99t Rationalismus (Theologisch-religiöskirchengeschichtlich) 9 u. 9t, 13—18, 36 ff., 62, 77, 79 A, 81, 90, 97, 150, 155, 179 f., 188, 193, 198 f., 211, 232 f., 303 f., 317, 328, 331 f., 350 f., 373, 380, 419 f., 423, 443, 448, 451 f., 457, 463 fs., 488 f., 497 Rationalismus (philosophischer) 13, 81, 118 Rationalismus R.s 88, 129 Rationalismus Wolffs 38 f., 79 f., 1319t Rationalistische Didaktik 120, 124 f., 131 f., 134, 138 f., 141 f., 193, 198, 233, 236 ff., 240, 242 u. A ff., 246— 250, 254, 277 A f., 292, 390 u. A f., 424, 428 ff., 448, 452—460, 46591, 475—482, 484, 487 ff., 491, 494, 497, 502, 510 Rationalistische und rationalistisch beein­ flußte Kat. 184 f., 193, 209, 2129t, 250, 273 f., 290 ff., 307 ff., 315, 3459t, 361 u. 9t, 393—400, 4019t, 404, 407 u. A, 4139t, 4259t, 4289t f., 4319t,

441 u. 9t, 450 u. 91 ff., 45891, 461 u. 9t, 477 ff., 484 u. 91 ff., 4929t, 493 u. 9t, 501, 50891, 511, 514, 5159t Rationalist. Kat. (Einführung) 402 f. Rationalist. Psychologie 455 f. Rationale Supranaturalisten 363 ff., 377 f., 380, 3939t, 403 f., 406 ff., 416 ff., 428, 435 u. 9t, 437 f., 440, 483, 510 f. Räsonieren im RU. 248 f., 405, 427, 436, 461 u. 91, 490, 4919t Robinson 4109t f., 4879t Romane im Moral-Unterr. 2549t, 2569t Reformierte Kirche 25 f., 329 f., 367, 478 Rel. Buch f. Kat.! R. und Bibel 95 u. A f., 427, 508 f. „Rel." und „Theologie" 231, 233 f., 416, 425, 435 ff., 439, 441 f., 452 ff., 456 f., 462, 469, 4839t Rel. Buch als Lesebuch 240, 310 f. Rel. Buch als Lernbuch 240 Rel. Buch als Leitfaden des Lehrers 240 Rel. Bücher für einzelne Stände 258, 259 u. A RU. (frühzeitiger) 406, 4279t f. RU. für Kinder 166, 233 f., 247 u. 91, 4279t, 4569t Mängel im RU. 67 f., 185, 234—238, 243, 249, 409, 432, 451, 457, 470 f., 495, 506 f. Lustvoller RU. 242, 251 ff., 256 ff., 432, 469 Rationalistische Reform des RU. 432 ff. Reform des RU. 435 ff., 449 f. Rechtfertigung 47, 217 Rechtgläubigkeit und Moral 373, 384 f.. „Reformation" der Aufkl. 49, 190—194, 1969t, 198 f., 201—205, 211, 2129t, 214, 216 f., 221, 224 f., 280, 328 f., 331, 465, 493 Reformation und Auskl. 12 f., 29—32, 37, 75, 82, 91, 156, 201, 203 u. 9t, 328 f., 331 f., 342, 385, 503 „Religionsjournal" 37191 Remonstranten 4691 Renaissance und Aufkl. 12, 79 „Sacherkenntnis" 234 it. 91, 242, 252, 287, 467, 4909t, 498, 500 Sagansche Methode 281, 303 Sakramente (Prot.) 47, 51, 57, 72, 75, 2199t, 235 Sakramente (kath.) 153, 293, 322 Säkularisation 172 u. 91 G. F. Seilers Rel. Bücher 365As., 417

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545

Semlers Inkonsequenz 6] f. Separatismus (kirchlicher) und Sekten 16 f., 25 f., 28 f., 31 f., 37 f., 43 A, 49, 57,65,69,73,79 u. A, 177,201, 234 f., 327, 335, 349 Sexuelle Aufkl. 255 u A Sittengesetz (neutestamentlich) 52, 375 f. Skeptizismus R.s 96, 98, 104, 147, 151, 350, 427 f. Skeptizismus Bs.s 208 ff., 244, 275 f. Sokratik als Gefahr für den Kat. 478 Sokratische Methode 134 A, 2399t f., 476 f., 480, 483, 485, 497, 605, 508 Solasides-Lehre 50, 54 ff., 67, 75, 9591, 169 Sozinianer 71 u. 91, 74, 188 A, 2019t, 219, 223 A, 363, 374 A, 379, 382 A, 4259t, 432, 436 f., 471 Spinozismus 10A, 25 Sprichwörter irrt Moralunterr. 254 „Subtilitäten" (Glaubenslehren) 213 u. A, 225, 229, 258, 353 f., 369, 373, 384 f., 387, 415 ff., 436, 438 Sündenvergebung 54 Symbole, symbolische Schriften bei den Prot. 6, 25 ff., 29A, 30, 35, 37, 42 f., 46, 48 u A, 60, 65, 73, 7491, 78 f., 102, 104, 177, 186, 204, 213, 224, 328 u. A—331, 336 f., 342, 343 A, 344 f., 348 f., 365, 402, 43391 System der übereinstimmenden Kat. 312, 508 A Schläge beim RU. („einbläuen") 236 f., 239, 470 f. Scholastik 50, 464, 494 Abneigung gegen die Scholastik 289, 413 u. A f., 432, 436 f. „Nicht entscheidende S ch ulbibliothek" 195, 197 Schule als Staatsanstalt 1669t, 1989t, 2009t, 258, 2639t f., 284, 290, 303 f., 310, 424 Schulkommission 303—312, 315 f. Schulreform 191, 195, 1969t, 198—201, 280, 302 f., 35691, 468, 472 Schulreform Felbigers 280—283 Staatsbürgerlicher Unterricht (National­ erziehung) 158, 161 ff., 171, 260 f., 282 u. 9t, 284, 305, 409 f., 414 Staatskirchentum 164, 209, 217, 2799t, 349 Religiös-neutrale Staatsschule 197 u. 9t, 200, 263, 267, 270, 276 f. Staatliche Mitwirkung bei Verfertigung



des Kat. 167, 170 f., 304 ff., 312 f., 315 „Starke Geister" (s. Freidenker!) 109t, 1039t Stufenfolge der Lehren und Rel. Bücher 248 f., 268 ff., 282, 284, 287, 312, 4179t, 453, 478, 481 f., 483, 491, 506 b.'s 508 u. A Tabellar-Methode 4769t Taufe (prot.) 47, 50, 56 f., 60, 217 u 9t, 2229t, 2539t, 3629t, 427, 455, 4619t, 603 Neues Testament gegen 9t. T. 52 u. 9t, 376 f. Teufel 2219t, 3619t „Theismus" R.s 91, 106, 160 Thetische Form des Kat. s. unter Kat.! Toleranz 73 f., 82 f., 103, 151, 15691, 202, 211, 231, 284, 356, 419 Toleranz (dogmatisch) 100 u. 9t, 193, 229, 348, 350, 352 f., 355, 359, 363, 3699t Toleranz (bürgerlich) 100 u. A Toleranz als Gesinnung 348, 350, 352, 411 Tridentinum 166 Umdeutung alter Dogmen 218 f., 2229t, 273 u. 9t, 2779t, 362 u. 9t, 393—397, 400, 4259t, 432, 434, 454 f., 459, 495f. Unehrlichkeit der Neologen 362 u. 9t, 383 f., 401, 4339t, 442, 496 Unfehlbarkeit 47, 2179t Unglaube 167, 234, 237 f. Unglaube infolge des RU. 129, 141, 234, 267, 416 „Unkirchliche Schulverbesserung" 195, 263—268 Unlust beim RU. 235—239, 241, 252 u. 9t, 466 f., 469 ff., 504 Unionsbestrebungen 35, 279, 352 u. A Unions-Kat. 3619t, 369 u. 9t „Univerfalchristentum" 73 f., 208,221 ff., 230,244,272,335,368,382, 424 f., 488 Universalreligion 103, 109 f., 114, 150 bis 154, 228, 272, 352, 363 f., 4269t, 428 Unklarheit der Aufkl. 400—403, 496 u. A Unterr. in den Landesgesetzen 409 Unterrichtsverfahren, lebendiges, statt gedruckter „Fragen" 133 f., 479, 481 u. A Unterscheidungslehren 111, 113, 116, 207, 223, 228, 230 f., 266, 284, 349,

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352, 356, 359, 364, 369 A, 39091, 442, 452. Utilitarismus 2f., 1569t, 230 f., 267 f., 263, 368, 389, 407, 413, 419, 492 Überlieferung (mündliche) 1709t, 320 Übernatürliche Offenbarung (vgl. Ver­ nunft und Offenbarung!) 38 f., 89, 919t, 92, 424 Ubernatürl. Offenbarung — Ablehnung 91, 93, 108, 420 Vaterunser 47, 56, 235, 273, 321, 454 493, 5129t Verbot des RU. 162 Verfall des Christentums 49 Berfrühung des RU. 235 u. 9t, 237 u. A f., 274 f., 498 f. „Verketzerung" 2039t, 295, 297, 300f., 349, 355, 367 u. 9t, 370, 415 Vernunft und Offenbarung 38 f. Verstoßung der Ungläubigen 218 u. 9t, 365 u. A Verweltlichung der Kultur 2 f., 5 f., 13 f., 80, 83, 86 f., 123, 143, 156 f., 164, 178, 1809t, 192, 200, 262, 409 Verweltlichung der Moral 380 f., 383 f., 387—393, 399 f., 403 u. A, 408-413 u. 9t, 41591, 418 u. 9t, 419

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Verweltlichung des Rel.-Buches 260 f., 254 u. 91, 262 Vollständigkeit der christl. Lehre 420 „Vorerkenntnisse" der natürl. Rel. 246, 499 f., 504 Weltliche „Elemente" im RU. 424, 499 f. Weltliche Schule ohne RU. 162 Wesensverwandlung 154, 202, 217 „Wesentliche", „unwesentliche" Lehren der christl. Rel. 73, 114, 349 u. 91, 352 bis 355, 3589t, 360 u. 91 f., 386, 388, 401, 416, 441, 454, 491 f. Westfälischer Friede 386 Widerstände gegen die Abschaffung des Kat. 163, 346 Widerstände gegen die Einführung des franz. Reichskat. v. 1806 169 f., 172 Wiedertäufer 4491, 69, 71 „Worterkenntnis" 233—236 u. A, 241 u. A, 252, 254 f., 258 f., 270A, 287, 436, 467, 471 u. A, 498 ff., 603 Wunder 153, 456 Af.—459 „Zeremonien" 253, 273 Zersplitterung der relig. Meinungen 224, 423, 433, 465 Zivilkonstitution 158 f. „Züricher Fragen" 1349t,43091, 477Aff., 482

RELIGIONSPHILOSOPHIE KATHOLISCHER

THEOLOGIE

Von

P. Erich Przywara l04 Seiten. 5R. 4.50

Mit einer erstaunlichen Gelehrsamkeit und einem seltenen Weitblick hat auf diesen 104 Seiten k. Erich Przywara die Grundfragen des Gesamtgebietes der katholischen Religionsphilosophie bearbeitet. Die Überschau gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil liefert die Einführung in die allgemeine Problematik der Religionsphilosophie überhaupt. Der zweite Teil gibt von den im ersten gewonnenen all­ gemeinen Gmndlagen aus die katholische Religionsphilosophie, der dritte die Zusammenfassung der wichtigsten geschichtlichen Richtun­ gen katholischer Religionsbegründung. (Kölnische Volkszeitung.) Wir möchten das Buch denjenigen sehr empfehlen, die sich philo­ sophisch tiefer in unsere heilige Glaubenswahrheit versenken wollen, wie auch denen, die sich in fachmännischer Weise mit moderner Religionsphilosophie auseinanderzusetzen haben. (Chrysologus.) Zweifellos haben die Herausgeber in P. zwecks Bearbeitung dieser Materie einen hervorragend geeigneten Wissenschaftler gefunden. (Archiv für die gesamte Psychologie.)