Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG und die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB [1 ed.] 9783428529902, 9783428129904

Nach Einführung der Gewinnabschöpfung in § 10 UWG und der Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB in den Jahren 2004 bzw

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German Pages 292 Year 2009

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Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG und die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB [1 ed.]
 9783428529902, 9783428129904

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 219

Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG und die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB Von Stefan Sieme

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

STEFAN SIEME

Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG und die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 219

Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG und die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

Von Stefan Sieme

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Sommersemester 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-12990-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Wer ein Gesetz gibt, muss auch darüber wachen. (aus: Leonhard Winkler, Deutsches Recht im Spiegel deutscher Sprichwörter, 1927)

Seit Juli 2004 existiert ein wettbewerbsrechtlicher Gewinnabschöpfungsanspruch, der von bestimmten Verbänden, Einrichtungen und Kammern geltend gemacht werden kann. Knapp ein Jahr später ergänzte der Gesetzgeber im allgemeinen Kartellrecht die behördliche Vorteilsabschöpfung um eine ähnlich gelagerte Verbandsbefugnis. Aktuell erwägt das Bundesjustizministerium, § 10 UWG als Vorbild für eine spezielle Gewinnabschöpfungsnorm im Datenschutzrecht heranzuziehen. Bevor die geltenden Regelungen jedoch auf andere Rechtsgebiete übertragen werden, sollten die Ausgangsnormen näher untersucht werden. Wird eine Norm, die in der Praxis auf erhebliche Umsetzungsprobleme stößt, unbesehen auf andere Rechtsgebiete übertragen, könnte dem Gesetzgeber vorgeworfen werden, lediglich eine symbolische Gesetzgebung zu verfolgen. Den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet die Bestimmung der Reichweite des geltenden § 10 UWG. Im Rahmen der Auslegung wird insbesondere der Wille des Gesetzgebers ausführlich gewürdigt und zu den zahlreichen Anmerkungen in der Fachliteratur Stellung genommen. Vier Jahre nach der Einführung des § 10 UWG können erste Erfahrungen aus der Praxis einbezogen werden. Diese Ergebnisse werden mit der geltenden Rechtslage im allgemeinen Kartellrecht verglichen, bei der einige Besonderheiten zu beachten sind. Einen weiteren Schwerpunkt und zugleich den Abschluss der Arbeit bildet ein ausführlicher Vorschlag, der die Schwachstellen der Regelungen beheben und zu einer effektiveren Durchsetzung der Abschöpfungsansprüche führen soll. Daher eignet sich das Werk sowohl für den Praktiker als auch für das wissenschaftliche Fachpublikum bei der Anwendung und Auslegung der geltenden § 10 UWG, §§ 34, 34a GWB. Nicht zuletzt ist der Gesetzgeber zur Korrektur der Schwachstellen und zur Weiterentwicklung aufgerufen, um die Durchsetzung des materiellen Wettbewerbs- und Kartellrechts tatsächlich zu verbessern. Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Sommersemester 2008 als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung wurden bis Februar 2008 berücksichtigt.

8

Vorwort

Mein Dank gilt zunächst Herrn Prof. Dr. Thomas Hoeren für die schnelle Erstellung des Erstgutachtens sowie Herrn Prof. Dr. Martin Schulze Schwienhorst, der ebenso zügig das Zweitgutachten erstellt hat. Der Kanzlei Baumeister Rechtsanwälte in Münster danke ich für die Gewährung eines großzügigen Druckkostenzuschusses. Ganz besonders bedanke ich mich bei meinen Eltern, die mich während der Promotion in jeder Hinsicht unterstützt haben. Ihnen widme ich diese Arbeit. Münster, im September 2008

Stefan Sieme

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

1. Teil Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

29

A. Ziel der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Durchsetzungsdefizit bei der Rechtslage ohne § 10 UWG . . . . . . . . . . . . . 1. Gewährleistungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schadensersatzansprüche nach den §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 BGB und Widerruf nach § 355 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Var. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) §§ 134, 138 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anfechtung nach den §§ 119, 123 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG . . . . 5. Schadensersatzanspruch nach § 9 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dreifache Schadensberechnungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Enforcement-Richtlinie 2004/48/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Deliktsrechtliche Ansprüche im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Spezielle Vorschriften bei der Begehung von Straftaten . . . . . . . . . . . . . a) § 16 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 263 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) §§ 73, 73d StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 73 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 73d StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) § 8 WiStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unzureichende Anwendung der vorhandenen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . III. Existenz von Gewinnen aus unlauteren Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gewinn als Entscheidungskriterium des Zuwiderhandelnden . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 32 32 33 33 33 34 34 35 36 36 37 37 37 38 38 39 40 40 42 44 45

B. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Beleihung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 45

29 30 30

10

Inhaltsverzeichnis II. III. IV. V.

Strafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auftrag, Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bereicherungsrechtlicher Herausgabeanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewinnherausgabe im bisherigen Schadensersatzrecht . . . . . . . . . . . c) Empfänger als Abgrenzungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausgleichsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bedeutung des Präventionszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nur Reflex und erwünschte Nebenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gleichberechtigte Kernaufgabe neben der Ausgleichsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Anspruch eigener Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 47 49 50 51 51 51 52 53 54 55 55

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die zur Geltendmachung Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) (Materielle) Anspruchsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sachbefugnis/Sachlegitimation und Aktivlegitimation . . . . . . . . . . . d) Verfügungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Klagebefugnis/-berechtigung und Prozessführungsbefugnis . . . . . . . f) Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsfähiger Verband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört . . . d) Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Fähigkeit, die satzungsmäßigen Aufgaben wahrzunehmen . . . . . . . . f) Zuwiderhandlung berührt die Interessen ihrer Mitglieder . . . . . . . . 3. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eintragungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 2 S. 1 UKlaG . . . . . . . b) Nachweis der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Berührung von Verbraucherbelangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 58 58 59 60 61 61 62 63 63 63 63

56 57 57

64 64 65 66 66 66 67 67 68 68

Inhaltsverzeichnis

11

5. Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sachlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zum Zeitpunkt der Klageerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gewinnabschöpfungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wer zuwiderhandelt und den Gewinn erzielt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zurechnungsnormen und Anspruchsgrundlagen für das Verhalten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 8 Abs. 2 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 31 BGB analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Handeln der verfassungsmäßig berufenen Vertreter . . . . . . . . . . bb) Lehre vom Organisationsmangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 831 BGB analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verschuldensbezug im unmittelbaren Anwendungsbereich . . . . bb) Übertragung auf § 10 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) § 830 Abs. 2 BGB analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) § 278 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Hinweispflicht des Schuldners bei Mehrfachverfolgung . . . . . . . . . . III. Gläubigermehrheit, § 10 Abs. 3 UWG i.V. m. den §§ 428 bis 430 BGB . . 1. Regelungsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 428 BGB entsprechend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 429 BGB entsprechend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abs. 3 S. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 422 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Leistung an Erfüllungs statt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Hinterlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 423 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 425 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schuldnerverzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68 69 69 69 70 70 70 70 71 71 71 72 72 72 73 73 74 74 75 75 76 77 77 78 78 79 79 80 80 81 81 81 81 81 82 82 83 83 83

12

Inhaltsverzeichnis (3) Verschulden eines Gesamtgläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Unmöglichkeit der Leistung in der Person des Schuldners (5) Verjährung inkl. Neubeginn und (Ablauf-)Hemmung . . . . . (6) Rechtskräftiges Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Befreiende Schuldübernahme durch einen Dritten . . . . . . . . (9) Schuldbeitritt eines Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (10) Erfüllungsübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (11) Novation (Schuldersetzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (12) Verpfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (13) Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (14) Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (15) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Abs. 3 S. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. § 430 BGB entsprechend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Missbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grund für die Einführung des § 8 Abs. 4 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rückgriff auf § 242 BGB oder Analogie zu § 8 Abs. 4 UWG . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83 84 84 84 84 85 85 86 86 86 86 87 87 87 88 89 90 90 91 92

D. Vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 I. Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 II. Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Bezugspunkt: Zuwiderhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Elemente des Vorsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 a) Allgemein: kognitives und voluntatives Element . . . . . . . . . . . . . . . . 96 b) Bewusstsein der Unlauterkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3. Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Beweislast allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 b) Kein Anscheinsbeweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Indizienbeweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 d) Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 e) Kein Verlass auf Angaben des Vorlieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 f) Eingeholter Rechtsrat mit Restrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zu Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirtschaftliche oder alle Abnehmerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wortlaut und Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweck unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte . . . . . . . .

103 103 104 104 104

Inhaltsverzeichnis 2. Bestimmung der wirtschaftlichen Interessen nach dem Zweck, ein Durchsetzungsdefizit zu beseitigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schadensbezug stimmt mit den weiteren Vorstellungen des Gesetzgebers überein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Berücksichtigung der Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gegenleistung bleibt außer Betracht bei fehlendem Interesse des Abnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vertrag als Schaden und soziale Zweckverfehlung . . . . . . . (2) Vermögensunabhängige Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit nicht schadensbegründend . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Folgeaufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Ersetzung der schadensbezogenen durch eine bereicherungsrechtliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine weitere Einschränkung durch ein Unmittelbarkeitserfordernis wie in § 812 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ersetzung von „auf Kosten“ durch „zu Lasten“ ohne Einfluss auf das gefundene Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Keine wettbewerbsspezifische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bedeutung auf Rechtsfolgenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vielzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Parallele zu § 305 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Parallele zu § 16 Abs. 1 UWG oder § 264a Abs. 1 StGB . . . . . . . . . . 4. Parallele zu § 283a S. 2 Nr. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Wettbewerbsspezifisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung zum Mitbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weitere Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bezieher von Waren oder Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unmittelbarer Vertragspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Auf einer nachgelagerten Marktstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Nachweismöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Hierdurch einen Gewinn erzielt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gewinn erzielt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umsatzerlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mittelbare Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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105 106 106 107 107 109 111 112 113 113 114 115 115 116 117 117 118 119 119 120 120 120 121 121 122 122 123 123 124 125 125 125 125 126

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Inhaltsverzeichnis c) Imagegewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtmäßiges Alternativverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unlauteres Element innerhalb einer Zuwiderhandlung . . . . . . . . . . . 2. Ausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistungen des Zuwiderhandelnden nach § 10 Abs. 2 S. 1 UWG . . aa) Leistungen an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vertragsstrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Prozesskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Kosten aus einer Abmahnung oder einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Leistungen an den Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Herstellungs- und Betriebskosten der erbrachten Leistungen . . . . . . c) Gemeinkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Keine Beachtung des Wegfalls einer Bereicherung wie in § 818 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gesamtverlust trotz eines Stückgewinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Hierdurch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kausalität zwischen Zuwiderhandlung und Gewinnerzielung . . . . . . . . 2. Bedeutung für „zu Lasten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nachweisanforderungen und -möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vermutung nach dem Rechtsgedanken des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB . . 2. Speziell für die Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anscheinsbeweis für die Frage, ob überhaupt ein Gewinn kausal auf die Zuwiderhandlung zurückzuführen ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sachverständigengutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beweislastumkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Speziell für den Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kein Anscheinsbeweis für die Höhe des Gewinns . . . . . . . . . . . . . . . b) Sekundäre Behauptungslast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vortrag ins Blaue hinein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Analogie zu § 287 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Analogie zu § 287 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anhaltspunkte für die Schätzungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

126 127 127 128 129 129 130 130 130 131 131 132 133 135 135 135 135 136 136 137 137 138 138 139 139 140 140 141 141 142 142 144 144 145

G. Aufgaben der zuständigen Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 I. Zuständige Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 II. Auskunftsanspruch der zuständigen Stelle und Meldepflicht der Gläubiger 147

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III. Rückerstattung nach § 10 Abs. 2 S. 2 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufwendungserstattung nach § 10 Abs. 4 S. 2 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erforderliche Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Für die Geltendmachung erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kosten des Rechtsstreits und der Zwangsvollstreckung . . . . . . . (1) Prozesskosten nach § 91 ZPO bei vollem Obsiegen . . . . . . (2) Kosten der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Prozesskosten bei vollem Unterliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Teilerfolg in der Hauptsache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Aufwendungen, die nicht von der Kostenentscheidung erfasst werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Parallele zur Erstattungsfähigkeit von Abmahnkosten . . . . . (a) Privatgutachten und Testkäufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtsanwaltskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Personal- und Sachkosten des Berechtigten . . . . . . . . . . (2) Aufwendungen für die Einschaltung eines Prozesskostenfinanzierers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Soweit der Berechtigte vom Schuldner keinen Ausgleich erlangen kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufwendungserstattungsanspruch des Gläubigers gegen den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Prozessualer Kostenerstattungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Materiellrechtliche Erstattungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anforderungen an die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkt auf die Höhe des abgeführten Gewinns . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anteilig entsprechend § 10 Abs. 3 UWG i.V. m. § 430 BGB . . . . . b) Nachträglicher Erstattungsanspruch des Schuldners übersteigt den vorhandenen Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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H. Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Prozessuale Folgen der Gläubigermehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auskunftsanspruch und Klagearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen des unselbstständigen Auskunftsanspruchs . . . . . . aa) Bestehender Hauptanspruch auf eine Leistung . . . . . . . . . . . . . . bb) Informationsmöglichkeiten ausgeschöpft und schuldlos im Ungewissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umfang und Grenzen des Auskunftsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . .

152 152 153 153 153 155 155 156 156 156 157 158 158 158 160 161 161 162 162 162 163 164 164

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Inhaltsverzeichnis aa) Konkrete Verletzungshandlung und im Kern gleichartige Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Möglichkeit der Auskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verhältnismäßigkeit der Auskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anrechenbare Leistungen nach § 10 Abs. 2 S. 1 UWG . . . (2) Maßstäbe beim Schadensersatzanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Übertragung der Maßstäbe auf die Gewinnabschöpfung . . c) Durchsetzung des Auskunftsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechnungslegungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Wirtschaftsprüfervorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Leistungs- und Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Feststellungsklage, insbesondere das Feststellungsinteresse . . . . . . . III. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verjährungsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 11 Abs. 4 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) §§ 195, 199 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Systematische Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zweck unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte . . . . 3. Entstehung des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einzelhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fortgesetzte Handlung, rechtliche Einheit und Dauerhandlung (1) 1. Ansicht: Differenzierung zwischen Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) 2. Ansicht: Gleichbehandlung von Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Bedeutung für § 10 UWG und Stellungnahme . . . . . . . . . . . b) Vorsatz und Gewinnerzielung zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verhältnis zu Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geld- und Freiheitsstrafen sowie Bußgelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

165 166 166 166 167 169 169 170 171 172 172 173 174 174 175 175 175 176 176 176 177 177 177 178 178 179 179 181 182 182 183 183

I. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

Inhaltsverzeichnis

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2. Teil Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB A. Ziel der Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Durchsetzungsdefizit bei der Rechtslage ohne die §§ 34, 34a GWB . . . . 1. Staatliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Behördliche Verfügungen nach den §§ 32, 32a GWB . . . . . . . . . . . b) Bußgeldverfahren der Europäischen Kommission . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zehn Prozent des Gesamtumsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Berücksichtigung des Gewinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bußgeldverfahren der deutschen Kartellbehörden . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorsatz und Fahrlässigkeit nach § 81 Abs. 1 und 2 GWB . . . . bb) Vorteilsabschöpfung nach § 81 Abs. 5 S. 1 GWB i.V. m. § 17 Abs. 4 OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Reine Ahndungsgeldbuße nach § 81 Abs. 5 S. 2 GWB . . . . . . dd) § 81 Abs. 4 S. 2 GWB: Zehn Prozent des Umsatzes . . . . . . . . . d) Verfall, §§ 73, 73d StGB und § 29a OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zivilrechtliche Folgen von Verstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 33 Abs. 1 GWB b) Schadensersatzanspruch nach § 33 Abs. 3 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendungsbereich der §§ 9, 10 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nichtigkeit und sonstige Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Faktische Geltendmachung/Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Existenz von Vorteilen aus Kartellrechtsverstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsnatur, Beteiligte und schuldhafter Verstoß zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern oder Anbietern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur der §§ 34, 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aktiv- und Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aktivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kartellbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewerbeverbände nach § 33 Abs. 2 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine Berechtigung von qualifizierten Einrichtungen . . . . . . . . . . . . d) Gesamtgläubigerschaft bei § 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unternehmen als Adressat des § 34 Abs. 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . . b) Schuldner nach § 34a Abs. 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

187 187 188 188 188 188 189 189 190 190 190 190 191 192 192 193 193 193 195 195 196 197 199 199 200 200 201 201 201 202 203 203 204 204 204

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Inhaltsverzeichnis III. Empfänger des abgeführten Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 34 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verstoß und Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verstoß im Sinne des § 34 Abs. 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nachweisanforderungen und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ermittlung der Behörde von Amts wegen und Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Darlegungs- und Beweislast der Gewerbeverbände . . . . . . . . . . b) Nachweismöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Private . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bindungswirkung gem. § 34a Abs. 5 i.V. m. § 33 Abs. 4 GWB 2. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 34 Abs. 1 GWB: Vorsatz oder Fahrlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 34a Abs. 1 GWB: Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern oder Anbietern, § 34a Abs. 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zu Lasten einer Vielzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abnehmer oder Anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

205 205 205 205 205 207

C. Wirtschaftlicher Vorteil als Abschöpfungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wirtschaftlicher Vorteil im Sinne der §§ 34, 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gewinn und Verbesserung der Marktposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mittelbare Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtmäßiges Alternativverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kartellrechtswidriges Element innerhalb eines Verstoßes . . . . . . . . . aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausdrücklich genannte Abzugsposten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bei der Abschöpfung durch die Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

215 215 216 216 216 216 217 218 218 218 218 218 219 221 221 221

207 207 208 208 208 209 210 210 211 211 211 212 212 212 213

Inhaltsverzeichnis (1) Schadensersatzleistungen gem. § 34 Abs. 2 S. 1, 1. Var. GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verhängung der Geldbuße oder Anordnung des Verfalls gem. § 34 Abs. 2 S. 1, 2. Var. GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Leistungen im Sinne des § 34a Abs. 2 S. 1 GWB bei der Abschöpfung durch die Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vertragsstrafen, Vergleich, Prozesskosten, Abmahnung . . . (2) Leistungen an den Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nettoprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nachträglicher Wegfall des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Nachweismöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anscheinsbeweis für die Frage, ob überhaupt ein Vorteil kausal auf den Verstoß zurückzuführen ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Höhe des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Normierung in § 34 Abs. 4 S. 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bei § 34a GWB analog § 287 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 ZPO . . . . . . . . . c) Bleibende Schwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rückerstattungen nach den §§ 34 Abs. 2 S. 2, 34a Abs. 2 S. 2 GWB . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Weitere Besonderheiten, insbesondere Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfolgung durch die Gewerbeverbände nach § 34a GWB . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessuale Folgen der Gläubigermehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verjährungsunterbrechung gem. § 34a Abs. 5 i.V. m. § 33 Abs. 5 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Streitwertanpassung gem. § 89a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechte und Pflichten des Bundeskartellamtes nach § 34a Abs. 4 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auskunftsanspruch des Bundeskartellamtes gem. § 34a Abs. 4 S. 1 GWB und Meldepflicht der Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufwendungserstattung nach § 34a Abs. 4 S. 2 und 3 GWB . . . . . II. Abschöpfung durch das Bundeskartellamt nach § 34 GWB . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsweg und Streitwertbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitliche Begrenzung nach § 34 Abs. 5 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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221 221 222 222 223 224 224 224 225 225 225 226 226 226 227 227 227 228 228 229 229 230 230 231 231 231 232 232 233 233 234 235 235 236

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Inhaltsverzeichnis a) Innerhalb von fünf Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Für einen Zeitraum von fünf Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Härtefälle nach § 34 Abs. 3 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abschöpfungs- und Zahlungsanordnung, § 34 Abs. 1 GWB . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

236 237 237 238 238

E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

3. Teil Verbesserungsvorschläge

242

A. Diskutierte Lösungsvorschläge anderer Art als durch eine Vorteilsabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abschöpfungsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unabhängig vom Schaden der Abnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verschuldensunabhängig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weitere Argumente im Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Argumente im Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zugriffsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bruttoabschöpfung wie in § 73 Abs. 1 S. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftlicher Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Herausgabe des Aufwendungsbetrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beweislastumkehr beim Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kausalitätsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Aktivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Argumente unabhängig vom Rechtsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vor- und Nachteile einer Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Neutrale Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vor- und Nachteile eines Verbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Gewinnempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verteilung an die Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbleib beim Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

245 245 246 246 247 247 248 250 250 251 251 252 253 253 254 254 254 254 255 255 257 257 257 259 260 260 260

Inhaltsverzeichnis 3. Fonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abführung an den Bundeshaushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Anreize und Finanzierung der Geltendmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Auskunftsanspruch und Schätzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21 261 261 262 263 263

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280

Abkürzungsverzeichnis ABl. Abs. a. E. a. F. AG AGB AGBG allg. Anh. Art. Aufl. AZ BAG BB BDI BFH BGB BGBl. BGH BGHZ BKartA BR-DS BT BT-DS BVerfG BVerfGE bzw. DB ders. d. h. dies. DIHK DJT DStRE DSW

Amtsblatt Absatz am Ende alte Fassung Aktiengesellschaft; Arbeitsgemeinschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen allgemein Anhang Artikel Auflage Aktenzeichen Bundesarbeitsgericht Der Betriebs-Berater Bundesverband der Deutschen Industrie Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundeskartellamt Bundesrats-Drucksache Bundestag Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Der Betrieb derselbe das heißt dieselbe, dieselben Deutscher Industrie- und Handelskammertag Deutscher Juristentag Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst Deutscher Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität

Abkürzungsverzeichnis EFZG EG EGKS EGV Einf. Einl. EnWG EnWG-E EStG EU EuGH EuR e.V. f. FG FIW FK Fn. FS GA GbR GebrMG gem. GeschmMG GG ggf. GK Grdz. GRUR GRUR-RR GVG GVMuG GWB HalblSchG HGrG hib Hrsg.

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Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfalle (Entgeltfortzahlungsgesetz) Europäische Gemeinschaft Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführung Einleitung Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz) Energiewirtschaftsgesetz-Regierungsentwurf Einkommensteuergesetz Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europarecht eingetragener Verein folgende Finanzgericht Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht Fußnote Festschrift Goltdammer’s Archiv für Strafrecht Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gebrauchsmustergesetz gemäß Gesetz über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (Geschmacksmustergesetz) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Großkommentar zum UWG Grundzüge Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, RechtsprechungsReport Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz zur Regelung von Verbands-, Muster- und Gruppenklagen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gesetz über den Schutz der Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz) heute im Bundestag Herausgeber

24 Hs. HWiStR IFG IHKG i.V. m. JR JZ Kap. KfH KG KK KOM KSchG LG LHO NW lit. LVerf NW MarkenG MüKo m. w. N. NJW NJW-RR NK Nr. Nrn. NStZ NStZ-RR OHG OLG OrgK OWiG PAngV PatG RabelsZ RBerG Ref. RG RGBl. RGRK

Abkürzungsverzeichnis Halbsatz Handwörterbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern in Verbindung mit Juristische Rundschau Juristen-Zeitung Kapitel Kammer für Handelssachen Kammergericht; Kommanditgesellschaft Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Kommission Kündigungsschutzgesetz Landgericht Landeshaushaltsordnung Nordrhein-Westfalen litera Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz) Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nomos Kommentar Nummer Nummern Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Strafrecht Rechtsprechungs-Report Strafrecht Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Preisangabenverordnung Patentgesetz Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rechtsberatungsgesetz Referat Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgerichtsräte-Kommentar

Abkürzungsverzeichnis RL Rn. S. SortSchG St. StGB StPO StV TKG TKG-E TRIPs Tz. TzBfG UKlaG UrhG US UWG Var. VCI VersR vgl. VO Vor. Vorb. Vor-GmbH VuR VVG VwVfG vzbv VZHH WiStG wistra WRP WuW WuW/E WZG ZAW z. B.

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Richtlinie Randnummer Seite; Satz Sortenschutzgesetz Sankt Strafgesetzbuch Strafprozeßordnung Strafverteidiger Telekommunikationsgesetz Telekommunikationsgesetz-Regierungsentwurf Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums Textziffer Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeitund Befristungsgesetz) Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz) Gesetz über Urheberrecht und verwandte. Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) United States Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Variante Verband der Chemischen Industrie Versicherungsrecht vergleiche Verordnung Voraussetzung Vorbemerkung Vorgesellschaft mit beschränkter Haftung Verbraucher und Recht Gesetz über den Versicherungsvertrag Verwaltungsverfahrensgesetz Verbraucherzentrale Bundesverband Verbraucherzentrale Hamburg Wirtschaftsstrafgesetz Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschaft und Wettbewerb Wirtschaft und Wettbewerb – Entscheidungssammlung zum Kartellrecht Warenzeichengesetz Zentralausschuss der Werbewirtschaft zum Beispiel

26 ZEuP ZHR ZIP zit. ZPO ZRP ZVP ZWeR ZZP

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für europäisches Privatrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Verbraucherpolitik Zeitschrift für Wettbewerbsrecht Zeitschrift für Zivilprozess

Einleitung Am 08. Juli 2004 trat die Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)1 in Kraft. Mit der Einführung eines Gewinnabschöpfungsanspruchs in § 10 UWG wurde ein neues Instrument geschaffen, das ohne Vorbild im deutschen Recht ist. In Anlehnung an diese lauterkeitsrechtliche Regelung folgte am 01. Juli 2005 der Vorteilsabschöpfungsanspruch in § 34a des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)2. Daneben besteht für die Kartellbehörden die Möglichkeit, einen Vorteil nach § 34 GWB abzuschöpfen. Diese Neuregelung löste die bis zum 30. Juni 2005 geltende Mehrerlösabschöpfung ab. Gegenstand dieser Untersuchung sind die drei Abschöpfungsmöglichkeiten nach § 10 UWG und den §§ 34, 34a GWB. Sie betreffen die Folge von Verstößen gegen das Wettbewerbs- und allgemeine Kartellrecht. Das Ziel der Arbeit ist es, die Neuregelungen zu bewerten und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Den Schwerpunkt bildet die ausführliche Behandlung des § 10 UWG im ersten Teil dieser Arbeit. Auch nach fast vier Jahren seit Inkrafttreten ist die Reichweite der einzelnen Merkmale ungeklärt. Im zweiten Teil werden die kartellrechtlichen Besonderheiten der Vorteilsabschöpfung untersucht. Dabei ist zwischen den Kartellbehörden und Gewerbeverbänden zu differenzieren. Die Ausführungen zur Verbandsbefugnis nach § 34a GWB können sich auf die Unterschiede zu § 10 UWG beschränken. Im dritten Teil werden auf der Grundlage der Ergebnisse zur geltenden Rechtslage Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Nicht vertieft werden die Fragen, wann eine Handlung unlauter oder kartellrechtswidrig ist. Verfassungsrechtliche Fragen3 werden ebenso ausgeklammert wie ein Rechtsvergleich4 und die Harmonisierung im europäischen Raum5. Zu1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 03. Juli 2004, BGBl. 2004 I S. 1414, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2006, BGBl. 2006 I S. 3367. 2 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 2005, BGBl. 2005 I S. 2114, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. März 2007, BGBl. 2007 I S. 358. 3 Zum UWG: OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (72) = WRP 2007, 350 (352); Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 88 f.; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 162 f.; Halfmeier, Popularklagen, S. 125 f.; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 59 f.; Schaumburg, Verbandsklage, S. 99 f.; zum GWB: Büdenbender, BB 1978, 1073 (1080 f.); Lerche, Verfassungsfragen, S. 33–48; Meessen, WuW 2004, 733. 4 Zum UWG: Schaumburg, Verbandsklage, S. 109–111. 5 Zum UWG: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 44 f.

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Einleitung

nächst ist das materielle Recht6 anzugleichen,7 bevor es zur Harmonisierung der Durchsetzungsmöglichkeiten kommen kann. Vor einer Harmonisierung der Durchsetzung ist es zudem ratsam, erst eine nationale Abschöpfungsregelung einzuführen, ihre Schwachstellen zu erkennen und zu verbessern. Eine effektive nationale Regelung kann dann als Vorbild für eine europäische Abschöpfungsregelung dienen.8 Daher ist eine Rechtsvielfalt zwischen den Mitgliedsstaaten durchaus zu begrüßen, die langfristig durch eine Rechtseinheit abgelöst werden könnte.9 Die vorliegende Arbeit widmet sich der ersten Stufe, die deutschen Regelungen zu erfassen und ihre Schwachstellen zu beheben. Auch nicht Gegenstand dieser Arbeit sind die sektorspezifischen Vorteilsabschöpfungen im TKG10 und EnWG11. Die Bundesnetzagentur kann seit dem 26.06.2004 die wirtschaftlichen Vorteile gem. § 43 TKG abschöpfen. Am 13.07. 2005 trat die Vorteilsabschöpfungsregelung in § 33 EnWG in Kraft und übernimmt unter Anpassung die neu gefasste Vorschrift des § 34 GWB.12 Eine vorgeschlagene Abschöpfung durch Verbände und Einrichtungen gem. § 34 EnWGE13 wurde nach Anrufung des Vermittlungsausschusses ersatzlos gestrichen.14

6 Zum UWG: die am 11. Mai 2005 verabschiedete Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EG 2005, Nr. L 149 S. 22. 7 Zum UWG: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 196. 8 Zum GWB: Basedow, ZWeR 2006, 294 (298); zum UWG dagegen: Micklitz, Schadensersatzanspruch, S. 383 (413). 9 Zum UWG: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 203–209. 10 Telekommunikationsgesetz (TKG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juni 2004, BGBl. 2004 I S. 1190, zuletzt geändert am 18.02.2007, BGBl. 2007 I S. 106. 11 Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz – EnWG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 07. Juli 2005, BGBl. 2005 I S. 1970, 3621, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. März 2007, BGBl. 2007 I S. 358. 12 BR-DS 613/04, S. 120. 13 Siehe: BT-DS 15/3917, S. 21, 64 f. 14 BT-DS 15/3917, S. 88 = BR-DS 613/1/04, S. 29.

1. Teil

Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG A. Ziel der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG Der Gesetzgeber will mit der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG verhindern, dass dem Zuwiderhandelnden ein aus dem Wettbewerbsverstoß erzielter Gewinn verbleibt.1 Unlauterer Wettbewerb darf sich nicht lohnen.2 Zugleich soll die Durchsetzung des Lauterkeitsrechts verbessert werden.3 Denn die fehlende Durchsetzung bedeutet sachlich einen Verzicht auf das materielle Recht.4 Wird das materielle Recht durchgesetzt, erhält der Normadressat zusätzlich einen Anreiz, sein Verhalten nach dem materiellen Recht auszurichten.5 § 10 UWG bezweckt deswegen auch eine generalpräventive Wirkung im Sinne einer wirksamen Abschreckung von Zuwiderhandlungen.6 Der Gesetzgeber beschränkt den Anwendungsbereich allerdings auf Wettbewerbsverstöße zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern, weil er Streuschäden zum Anlass für die Einführung des § 10 UWG nimmt.7 Die weitere geplante Voraussetzung, dass der Streuschaden im Einzelfall nur eine geringe Schadenshöhe verursachen darf,8 hat keinen Eingang in § 10 Abs. 1 UWG gefunden,9 sodass alle Zuwiderhandlungen unabhängig von der Schadenshöhe der einzelnen Abnehmer erfasst werden.10 Der Grund für das Durchsetzungsdefizit bei Streuschäden besteht darin, dass der betroffene Abnehmer regelmäßig von der Verfolgung absieht, wenn der 1

BT-DS 15/1487, S. 24. BT-DS 15/1487, S. 43; Halfmeier, Popularklagen, S. 120. 3 BT-DS 15/1487, S. 23. 4 von Moltke, Rechtsschutz, S. 28. 5 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 33; von Moltke, Rechtsschutz, S 29. 6 BT-DS 15/1487, S. 24; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1327, 1338. 7 BT-DS 15/1487, S. 23; allgemein dazu auch: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 8 f. 8 BT-DS 15/1487, S. 23. 9 Anders noch der Gesetzesvorschlag von Keßler/Micklitz, Harmonisierung, S. 158 und Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 125. 10 Kritisch daher: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 8, 140; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 31. 2

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Schaden im Bagatellbereich bleibt.11 Es sollen gerade die Fallkonstellationen erfasst werden, in denen die geschädigten Abnehmer ihre Ansprüche nicht geltend machen.12 Deshalb ist das Ziel, dass sich unlauterer Wettbewerb nicht lohnen darf, erreicht, wenn der Gewinn durch Zahlungen beseitigt wird, die ihren Grund in der Zuwiderhandlung haben. Weil der Gewinn an den Bundeshaushalt abgeführt wird, dient § 10 UWG nicht dem individuellen Interessenausgleich zwischen dem Schuldner und dem geschädigten Betroffenen.13 Die Annahme des Gesetzgebers, dass es ein Bedürfnis für den Gewinnabschöpfungsanspruch gibt, hängt von der Rechtslage ab, wie sie sich ohne einen solchen Abschöpfungsanspruch darstellt (dazu unter I.).14 Zur Klärung einer Lücke, die sich aus der fehlenden Anwendung vorhandener Ansprüche ergibt, sind diese Ansprüche zunächst zu erfassen. Das Ergebnis kann für die Ausfüllung der Tatbestandsmerkmale „zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern“ Bedeutung erhalten. Wenn die Rechtsordnung Ansprüche enthält, die geeignet sind, unlauteren Wettbewerb finanziell unattraktiv zu gestalten,15 kann ein Defizit noch darin bestehen, dass die Gläubiger sie nicht anwenden können oder wollen (dazu unter II.). Eine Abschöpfung setzt ferner voraus, dass Wettbewerbsverstöße in der Praxis zu nennenswerten Gewinnen führen (dazu unter III.). Und schließlich wirkt die Abschöpfung nur abschreckend, wenn der Zuwiderhandelnde den Gewinn als ein maßgebliches Entscheidungskriterium für den Verstoß ansieht (dazu unter IV.).

I. Durchsetzungsdefizit bei der Rechtslage ohne § 10 UWG 1. Gewährleistungsrechte Gewährleistungsrechte in Form von Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz regelt das BGB getrennt nach Art des zustande gekommenen Vertrags. Am häufigsten zielen unlautere Handlungen auf den Absatz von Waren durch Kaufverträge. Nach der alten Regelung der §§ 459, 462, 463 BGB a. F. griff die Gewährleistung im Kaufrecht nicht ein, wenn die Werbung von 11

BT-DS 15/1487, S. 23. BT-DS 15/1487, S. 23 f. 13 BT-DS 15/1487, S. 24. 14 Änderungen seit der Einführung des § 10 UWG werden berücksichtigt, um den Bedarf für die Aufrechterhaltung des Gewinnabschöpfungsanspruchs zu prüfen. 15 Kritisch: Boesche, Statement, S. 25 (25, 27); Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 23, 134; Boesche/Scholze, Jura 2004, 685 (687 Fn. 13); Funke, Deutscher Bundestag – Plenarprotokoll 15. Wahlperiode, 63. Sitzung vom 25. September 2003, S. 5367. 12

A. Ziel der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG

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einem anderen als dem Vertragspartner ausging, sie sich nicht auf Eigenschaften der Sache bezog oder mit anderen unlauteren Mitteln als der Irreführung begangen wurde.16 Nach der Schuldrechtsmodernisierung von 2002 ist das Gewährleistungsrecht gem. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB nunmehr anzuwenden, wenn der Käufer Eigenschaften nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann. Eine Eigenschaft ist dabei jedes Merkmal, das der Kaufsache auf eine gewisse Dauer anhaftet und für den Wert, ihren vertraglich vorausgesetzten Gebrauch oder aus sonstigen Gründen für den Käufer erheblich ist.17 Deshalb sind irreführende Preisangaben vom kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht weiterhin nicht erfasst.18 Folgendes Beispiel aus der Fallgruppe der Vorspiegelung einer besonderen Beschaffenheit durch Werbung soll die Rechtslage beim Kauf verdeutlichen: Ein Produkt wird als Träger einer besonderen Beschaffenheit (z. B. Scotch Whisky)19 durch öffentliche Werbung des Herstellers angepriesen. Der verlangte Preis (16 Euro) entspricht dem Wert des tatsächlich verkauften Produkts, liegt aber unter dem Wert eines Produkts, das die besondere Beschaffenheit hätte (20 Euro). Die Sache ist gem. § 434 Abs. 1 S. 1, 3 BGB mangelhaft, weil die besondere Beschaffenheit nicht vorhanden ist. Der Käufer kann gem. den §§ 437 Nr. 1, 439 BGB Nacherfüllung verlangen, gem. den §§ 437 Nr. 2, Var. 1, 440 BGB vom Kaufvertrag zurücktreten oder gem. den §§ 437 Nr. 2, Var. 2, 441 BGB Minderung des Kaufpreises in Höhe von 3,20 Euro verlangen. Der geminderte Kaufpreis beträgt 12,80 Euro, weil der Käufer ein Geschäft abgeschlossen hat, bei dem der Kaufpreis fünfundzwanzig Prozent unter dem erwarteten Wert des Kaufgegenstandes liegt. Einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 437 Nr. 3, 440, 280 BGB hat der Käufer dagegen mangels Schaden nicht.20 Für den Kaufpreis in Höhe von 16 Euro hat er eine Gegenleistung im Wert von ebenfalls 16 Euro erhalten. 2. Schadensersatzansprüche nach den §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 BGB und Widerruf nach § 355 BGB Schon das Verschulden bei Vertragsverhandlungen und die Verletzung nichtleistungsbezogener Pflichten können zu einem Schadensersatzanspruch nach den §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 280 BGB führen. 16

BT-DS 8/2145, S. 16; BT-DS 9/1707, S. 21. Palandt-Weidenkaff, BGB, § 434 Rn. 9 f. 18 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 6 Fn. 38; Palandt-Weidenkaff, BGB, § 434 Rn. 11; im Ergebnis auch: Bernreuther, WRP 2002, 368 (375, 387). 19 Angelehnt an ein Beispiel von: Krieger, BB 1978, 625 (627). 20 Anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 124. 17

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Dem Verbraucher steht ein Widerrufsrecht gem. § 355 Abs. 1 S. 1 BGB zu, wenn er ein Haustürgeschäft (§ 312 BGB) vornimmt oder einen Fernabsatzvertrag (§ 312d BGB), Teilzeit-Wohnrechtevertrag (§ 485 BGB), Verbraucherdarlehensvertrag (§ 495 BGB) oder einen Fernunterrichtsvertrag (§ 4 Fernunterrichtsschutzgesetz) abschließt. Ein Widerrufsrecht kann vor allem in den Fällen unlauterer Direktwerbung bei Haustürgeschäften bestehen, etwa durch unerbetene Hausbesuche, Telefonanrufe und unerbetenes Ansprechen in der Öffentlichkeit.21 3. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Var. BGB Der Vertragspartner des Zuwiderhandelnden kann seine Leistung nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Var. BGB zurückverlangen, wenn der Vertrag wegen der unlauteren Handlung nichtig ist oder angefochten wird. a) §§ 134, 138 BGB Eine Zuwiderhandlung gegen Vorschriften des UWG führt nicht zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach den §§ 134, 138 BGB, weil diese Vorschriften auf die Sittenwidrigkeit des Inhalts des Geschäfts abstellen, während der Lauterkeitsschutz die Art und Weise ihres Zustandekommens betrifft.22 Bedenklich wäre eine solche zwingende Nichtigkeitsfolge auch für den Fall, dass das Opfer unlauteren Wettbewerbs einen vorteilhaften Vertrag abgeschlossen hat.23 Eine nur mittelbare Beziehung zwischen § 134 BGB und dem UWG besteht, wenn ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot sowohl zur Nichtigkeit nach § 134 BGB als auch zur Unlauterkeit führt, wie etwa der Verstoß gegen das Rechtsberatungsmissbrauchsgesetz.24 Nach § 138 Abs. 2 BGB sind Geschäfte insbesondere nichtig, wenn sie ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung aufweisen und unter den dort genannten besonderen Umständen zustande gekommen sind. Bei unlauterem Wettbewerb werden jedoch in den seltensten Fällen eine Zwangslage, die Unerfahrenheit, der Mangel an Urteilsvermögen oder eine erhebliche Willensschwäche ausgenutzt.25

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Köhler, GRUR 2003, 265 (269). BT-DS 8/2145, S. 16; BT-DS 9/1707, S. 21; Sack, GRUR 2004, 625 (626). 23 Sack, WRP 1974, 445 (446). 24 BGHZ 37, 258 (262); Sack, WRP 1974, 445 (447). 25 Sack, WRP 1974, 445 (448); deshalb schlägt er die analoge Anwendbarkeit vor, wenn der Grund für die Unfreiwilligkeit vom Wucherer ausgeht. 22

A. Ziel der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG

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b) Anfechtung nach den §§ 119, 123 BGB Eine Anfechtung nach § 123 BGB ist nur möglich, wenn der Werbende arglistig täuscht oder widerrechtlich droht. Der Inhalts- oder Erklärungsirrtum berechtigt zur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB. Eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB setzt einen Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft voraus. Diese Irrtümer werden in den seltensten Fällen vorliegen, weil der Erklärende in der Regel das gesagt hat, was er ausdrücken wollte, dabei aber über verkehrsunwesentliche Eigenschaften oder sonstige Umstände, wie dem Wert der Sache, irrte.26 Das Anfechtungsrecht kann nicht analog §§ 119, 123 BGB auf alle Willenserklärungen, die nicht vom freien Willen des Erklärenden getragen sind, erweitert werden.27 Der Gesetzgeber hat im Interesse der Rechtssicherheit das Lösungsrecht von einer Willenserklärung und damit vom Grundsatz, dass eine Erklärung bindend ist, auf die in den §§ 119, 120, 123 BGB genannten Gründe beschränkt.28 4. Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG Der unlauter Handelnde kann gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG29 auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Das Klagerecht steht Mitbewerbern und den in § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 genannten Verbänden, Einrichtungen und Kammern zu. Das Ziel der Beseitigung und Unterlassung ist es, die Unlauterkeit für die Zukunft zu beenden oder zu verhindern.30 Hiervon werden jedoch die in der Vergangenheit erwirtschafteten Gewinne nicht betroffen. 5. Schadensersatzanspruch nach § 9 UWG Einen Schadensersatzanspruch nach § 9 S. 1 UWG hat der unmittelbar verletzte Mitbewerber, der gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG als Unternehmer in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zu einem anderen Unternehmer steht.

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Micklitz, Schadensersatzanspruch, S. 383 (407). Anders: Sack, WRP 1974, 445 (450); GRUR 2004, 625 (630 f.). 28 Palandt-Heinrichs/Ellenberger, BGB, § 119 Rn. 1, § 123 Rn. 1. 29 Wie schon nach der Vorgängervorschrift § 13 Abs. 1, 2 UWG a. F. (UWG vom 07. Juni 1909, RGBl. 1909, S. 499; zuletzt geändert am 23. Juli 2002). 30 Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 24; von Moltke, Rechtsschutz, S. 123. 27

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

a) Dreifache Schadensberechnungsmethoden Der Schaden des Unternehmers kann im Sinne der dreifachen Ausgleichsberechnung nach dem entgangenen Gewinn des verletzten Unternehmers gem. § 252 BGB, durch Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr oder Herausgabe des Verletzergewinns ermittelt werden. Bei der Herausgabe des Verletzergewinns wird unterstellt, dass der Verletzte ohne die unlautere Handlung den gleichen Gewinn wie der Verletzer erzielt hätte. Der Gewinn des Verletzten ist somit im Gegensatz zu § 10 Abs. 2 UWG nicht durch Schadensersatzleistungen des Verletzers an Abnehmer gekürzt. b) Enforcement-Richtlinie 2004/48/EG Die Enforcement-Richtlinie 31 ist dagegen nicht auf den Schadensersatzanspruch der Mitbewerber gem. § 9 UWG anzuwenden.32 Die Richtlinie dient nach Art. 1 nur der Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums einschließlich der gewerblichen Schutzrechte. Wie Erwägungsgrund 13 S. 2 der Richtlinie verdeutlicht, sind davon Handlungen abzugrenzen, die den unlauteren Wettbewerb einschließlich der Produktpiraterie oder vergleichbare Tätigkeiten betreffen. Dem steht das Urteil des EuGH33 zum TRIPs-Übereinkommen34 nicht entgegen.35 Danach könne ein nach nationalem Wettbewerbsrecht gegebenes Klagerecht, das auf den Schutz eines gewerblichen Modells vor Nachahmung gerichtet sei, als Recht des geistigen Eigentums im Sinne von Art. 50 Abs. 1 des TRIPs-Übereinkommens angesehen werden.36 Die Anwendung auf weitere Vorschriften wie dem Wettbewerbsrecht steht jedem Mitgliedsstaat nach Erwägungsgrund 13 S. 2 der Richtlinie frei, sodass die Richtlinie den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz umfassen kann, aber nicht muss. Die Kommission zählt daher Regelungen im Wettbewerbsrecht nicht zu den Mindestrechten des geistigen Eigentums im Sinne dieser Richtlinie.37 Und der deutsche Gesetzgeber, der die Richtlinie in nationales Recht umsetzen muss, sieht ebenfalls nur Ansprüche aus dem Patent-, Gebrauchsmuster-, Marken-, Halbleiterschutz-, 31 Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04. 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. EU 2004, Nr. L 195/19. 32 Schaub, GRUR 2005, 918 (921 Fn. 49). 33 EuGH, WRP 2001, 124 (129) [„Parfums Christian Dior SA“]. 34 Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPs), BGBl. 1994 II, S. 1730. 35 Anders: Beyerlein, WRP 2005, 1354 (1357 f.). 36 EuGH, WRP 2001, 124 (129) [„Parfums Christian Dior SA“]. 37 Erklärung der Kommission zu Art. 2 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (2005/295/EG), ABl. EU 2005, Nr. L 94/37.

A. Ziel der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG

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Urheberrechts-, Geschmacksmuster- und Sortenschutzgesetz als betroffen an.38 Die Enforcement-Richtlinie erfasst nur Ausschließlichkeitsrechte, während § 4 Nr. 9 UWG lediglich eine Marktverhaltensregel darstellen soll.39 Aber selbst wenn die Richtlinie auf den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz nach § 4 Nr. 9 UWG anwendbar ist,40 begründet sie keinen Änderungsbedarf des Schadensersatzanspruchs gem. § 9 UWG. Denn nach Art. 13 Abs. 1 a) der Richtlinie 2004/48/EG ist nur sicherzustellen, dass bei der Festsetzung des Schadensersatzes alle in Frage kommenden Aspekte einschließlich der zu Unrecht erzielten Gewinne des Verletzers berücksichtigt werden. Den so berechneten Schadensersatz muss nach der Richtlinie der Rechtsinhaber zum Ausgleich seines tatsächlich erlittenen Schadens erhalten. Die Maßstäbe des Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG sind somit durch die drei Berechnungsmethoden bei Verletzung von Ausschließlichkeitsrechten bereits im deutschen Recht verankert.41 6. Deliktsrechtliche Ansprüche im BGB Der Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB setzt einen Verstoß gegen Normen voraus, die den Schutz der individuell Betroffenen bezwecken. Die strafrechtlichen Vorschriften des StGB und der §§ 16 bis 19 UWG sind solche Schutzgesetze.42 Allerdings ist nach dem Willen des Gesetzgebers43 und der überwiegenden Ansicht44 die Generalklausel des § 3 UWG auch nach der letzten UWG-Reform kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Insoweit sind die zivilrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen das UWG hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen und Klagebefugnis abschließend geregelt. Andernfalls würden über die Anwendung des § 823 Abs. 2 BGB die beschränkte Klagebefugnis nach § 9 UWG (§ 13 Abs. 2 UWG a. F.) sowie die kürzeren Verjährungsregeln nach § 11 UWG (§ 21 UWG a. F.) bei rein wettbewerbsrechtlichen Verstößen unterlaufen. Diesen Sondervorschriften bliebe kein eigener Anwen-

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BT-DS 16/5048, S. 1. BGH, GRUR 2005, 349 (352) [„Klemmbausteine III“]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 4 Rn. 9.4. 40 Befürwortend: Beyerlein, WRP 2005, 1354; zumindest die Anwendung in Erwägung ziehend: Eisenkolb, GRUR 2007, 387 (390); Seichter, WRP 2006, 391 (392). 41 BT-DS 16/5048, S. 33; Loschelder, NJW 2007, 1503 (1504); Lorenz-Wagner, Karlsruher Forum, S. 113, 133. 42 BT-DS 15/1487, S. 22; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, § 16 Rn. 51, -Köhler, § 17 Rn. 53 und § 19 Rn. 18. 43 BT-DS 15/1487, S. 22. 44 RG, GRUR 1940, 375 (378); BGH, NJW 1974, 1503 (1505); NJW 1983, 2493 (2494); Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, Einl. Rn. 7.5; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 11. 39

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

dungsbereich. Die Gegenansicht45 schlägt vor, die Verjährungsvorschrift des § 11 UWG lediglich auf Schadensersatzansprüche von Mitbewerbern anzuwenden, während für die Ansprüche anderer Personen die längeren Verjährungsfristen des BGB gelten sollen. Jedoch überzeugt es nicht, dass das UWG als Sonderprivatrecht gerade nur für Schadensersatzansprüche der Mitbewerber strengere Vorschriften als für alle anderen Ersatzberechtigten schafft. Im Übrigen kann der einzelne Verbraucher, der nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten nach § 8 Abs. 3 UWG gehört, deliktsrechtliche Ansprüche nach den §§ 823, 824, 826 BGB geltend machen.46 Ein Anspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB setzt die Verletzung eines der aufgeführten ausschließlichen Rechte oder Güter voraus. Geschützt sind nicht nur die unmittelbaren Abnehmer von Waren, sondern auch Dritte, etwa die Handelspartner der nächsten Verkaufsstufe. Betrifft der Wettbewerbsverstoß nur reine Vermögensinteressen des Abnehmers, scheidet § 823 Abs. 1 BGB aus. Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB greift wegen der Anspruchskonkurrenz erst ein, wenn das speziellere Wettbewerbsrecht Lücken aufweist, insbesondere wenn zwischen den Beteiligten kein Wettbewerbsverhältnis besteht. Weil die Ansprüche nach den §§ 824, 826 BGB mit einer Kreditgefährdung oder einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung engere Voraussetzungen fordern, stehen sie selbstständig neben den wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen.47 7. Spezielle Vorschriften bei der Begehung von Straftaten Schon nach dem Willen des Gesetzgebers liegt der Schwerpunkt der Wettbewerbsregeln im Delikts- und nicht im Strafrecht.48 Dennoch werden aus Gründen der Spezial- und Generalprävention die allgemeinen Straftatbestände des StGB um Sanktionen im UWG für besonders gefährliche Verhaltensweisen ergänzt. a) § 16 UWG § 16 UWG49 stellt in Absatz 1 die irreführende Werbung mit unwahren Angaben in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis bestimmt sind, unter Strafe. Absatz 2 erfasst die progressive 45 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 171–178, 183; Sack, WRP 1974, 445 (457 f.). 46 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, Einl. Rn. 7.3; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1319 f. 47 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, Einl. Rn. 7.6, 7.7. 48 BT-DS 15/1487, S. 26. 49 Entspricht den §§ 4, 6c UWG a. F.

A. Ziel der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG

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Kundenwerbung im Sinne eines Schneeball- oder Pyramidensystems. Beim Schneeballsystem schließt der Veranstalter die Verträge sowohl mit den Erstkunden als auch mit allen weiteren geworbenen Kunden. Beim Pyramidensystem schließt der Veranstalter nur mit den Erstkunden Verträge ab, die ihrerseits mit den von ihnen geworbenen Kunden gleichartige Vereinbarungen treffen.50 b) § 263 StGB Während § 16 UWG keinen Vermögensschaden voraussetzt,51 scheidet ein Betrug gem. § 263 Abs. 1 StGB aus, wenn die Ware oder Dienstleistung ihren Preis wert ist und für den Getäuschten persönlich oder sonst sinnvoll verwendbar ist. c) §§ 73, 73d StGB aa) § 73 StGB Hat ein Tatbeteiligter für eine rechtswidrige, nicht notwendig auch schuldhaft begangene Tat oder aus ihr etwas erlangt, ordnet das Strafgericht dessen Verfall gem. § 73 Abs. 1 S. 1 StGB an, womit das Eigentum nach § 73e StGB auf den Staat übergeht. Erfasst wird seit dem 07.03.1992 nach dem Bruttoprinzip die Gesamtheit des Erlangten ohne Abzug der eigenen Aufwendungen und Kosten des Täters.52 Über § 73 Abs. 3 StGB haftet ein Unternehmen für seine Mitarbeiter auf Gewinnherausgabe.53 Bei Bagatell- und Streuschäden praktisch bedeutsam54 ist der Ausschluss des Verfalls gem. § 73 Abs. 1 S. 2 StGB, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, wie etwa Herausgabe-, Bereicherungs- und Ersatzansprüche des Betrugsopfers.55 In der Praxis schließt die bloße Existenz eines Ausgleichsanspruchs die Verfallsanordnung aus,56 selbst wenn mit der tatsächlichen Erfüllung und Geltendmachung der Ansprüche nicht zu rechnen ist.57 50 Fezer-Rengier, UWG, § 16 Rn. 121; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Dreyer, UWG, § 16 Rn. 40. 51 BT-DS 15/1487, S. 26; Fezer-Rengier, UWG, § 16 Rn. 30, 32, 118; Hefermehl/ Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, § 16 Rn. 4. 52 BT-DS 12/1134, S. 12; Schönke/Schröder-Eser, StGB, Vorb. § 73 Rn. 2a. 53 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 124. 54 Albrecht, Gewinnabschöpfung, S. 25 (39). 55 Schönke/Schröder-Eser, StGB, § 73 Rn. 25 f. 56 BGH, Beschluss vom 10.09.1991, AZ: 2 StR 364/91, zitiert nach Detter, NStZ 1992, 169 (174); BGH, wistra 2002, 57 (58); Albrecht, Gewinnabschöpfung, S. 25 (38); Dessecker/Smettan, Gewinnabschöpfung, S. 539 (571); Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 15, § 34a Rn. 16; Lange/Bunte-Raum, Kartellrecht, § 81 Rn. 143. 57 Anders: Berg, Beweiserleichterungen, S. 235; Schönke/Schröder-Eser, StGB, § 27.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Seit 2007 sieht deshalb § 111i StPO einen Auffangerwerb für den Staat vor, soweit die Verletzten ihre Ansprüche nicht innerhalb von drei Jahren durchsetzen. Dafür muss das Strafgericht gem. § 111i Abs. 2 S. 1 StPO im Urteil feststellen, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt wurde, weil Ansprüche eines Verletzten entgegenstehen. Insoweit steht die Feststellung im Ermessen des Gerichts. bb) § 73d StGB § 73d StGB ermöglicht den Verfall von anderen Gegenständen, wenn die Umstände die Annahme rechtfertigen, dass sie für eine andere rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt worden sind. Die Anknüpfungstat muss ausdrücklich auf § 73d StGB verweisen, was für das Wettbewerbsrecht nur bei gewerbsmäßiger Tatbegehung oder als Mitglied einer Bande, etwa der Geldwäsche nach den §§ 150 Abs. 1, 261 Abs. 7 S. 3 StGB, des Betrugs gem. § 263 Abs. 7 StGB, der Urkundenfälschung gem. § 282 Abs. 1 StGB oder der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels gem. § 286 StGB, Bedeutung hat. Der Tatrichter muss aufgrund erschöpfender Beweiserhebung die uneingeschränkte Überzeugung von der deliktischen Herkunft der Gegenstände gewonnen haben, ohne diese Taten im Einzelnen festzustellen.58 d) § 8 WiStG Im Anwendungsbereich des Wirtschaftsstrafgesetzes59 ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem zulässigen und dem erzielten Preis (Mehrerlös) gem. § 8 Abs. 1 S. 1 WiStG an das Land abzuführen. Damit ist die Erlösdifferenz als Differenz zwischen dem Produkt aus abgesetzter Menge und erzieltem Preis pro Einheit abzüglich des Produktes aus abgesetzter Menge und zulässigem Preis gemeint.60 Nach § 8 Abs. 1 S. 1, 2. Hs. WiStG steht der Wegfall des Mehrerlöses nur entgegen, wenn ihn der Täter aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung an den ursprünglichen Geldgeber zurückerstattet hat. Die Anordnung setzt eine rechtswidrige, nicht notwendig schuldhafte (§ 8 Abs. 1 S. 2 WiStG) Tat nach den §§ 1 bis 6 WiStG voraus: Sie betreffen Verstöße gegen Sicherstellungsvorschriften, vor allem gem. § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 WiStG die Vorschriften nach § 26 Verkehrs-, § 22 Ernährungs- und § 28 Wassersicherstellungsgesetz, Verstöße gegen Preisregelungen gem. § 3 Abs. 1 WiStG und Mietpreisüberhöhungen gem. § 5 WiStG. 58 BGH, NStZ-RR 2002, 367; NStZ-RR 1998, 297; NStZ 1995, 125; verfassungsgemäß: BVerfG, NJW 2004, 2073. 59 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG), in der Fassung vom 03.06.1975, BGBl. I, S. 1313, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.12.2001, BGBl. I, S. 3574. 60 Drathjer, Abschöpfung, S. 105; Zippel, Mehrerlös, S. 16.

A. Ziel der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG

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8. Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG61 Seit 2002 erlaubt Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG die gerichtliche Einziehung fremder und zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen von Verbrauchern durch Verbraucherzentralen und anderen Verbraucherverbänden, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Die Einschränkung, dass es im Interesse des Verbraucherschutzes erforderlich ist, soll eine reine Inkassotätigkeit der Verbraucherverbände ausschließen.62 Umstände, die geeignet sind, den einzelnen Verbraucher von einer Individualklage abzuhalten, können in der geringen Anspruchshöhe liegen,63 aber auch in unverhältnismäßig hohen Prozesskosten, etwa aufgrund unsicherer Rechtsfragen oder erheblichen praktischen Durchsetzungsproblemen mangels ausreichender Beweismittel.64 Nach einer Ansicht ermöglicht Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG die Geltendmachung fremder Ansprüche durch einen Verband ohne vorherige Ermächtigung durch die Geschädigten bei Ansprüchen bis zu einer individuellen Schadenshöhe von 150 Euro.65 Diese weite Auslegung ist abzulehnen. Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG enthält keine gesetzliche Prozessstandschaft zugunsten der Verbraucherverbände, die lediglich durch das Merkmal der Erforderlichkeit eingeschränkt wird.66 Ein Verbraucherverband kann daher nicht bis zum individuellen Schadensbetrag von 150 Euro ohne Abtretung Feststellungsklage erheben und gerichtliche Vergleiche mit der Abführung an einen Fonds schließen.67 Erst recht ist eine unmittelbare Leistungsklage zugunsten des Fonds bis zu einer Höhe von fünfzehn Euro nicht möglich.68 Darüber hinaus sind die Wertgrenzen dem Vorwurf der Willkür ausgesetzt,69 weil ihnen Vereinfachungen zugrunde liegen.70 Zudem fehlt eine 61 Rechtsberatungsgesetz vom 13.12.1935, RGBl. I, S. 1478, BGBl. III/FNA 303– 12, zuletzt geändert am 21.06.2002, BGBl. I, S. 2010. 62 BT-DS 14/7052, S. 210; Schaumburg, Verbandsklage, S. 209; kritisch dagegen: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1352, 1359 f., 1364; Micklitz/Beuchler, NJW 2004, 1502 mit Verweis auf OLG Düsseldorf, WM 2004, 319 (320); keine zu hohen Anforderungen stellen: BGH, ZIP 2006, 2359 (2360, 2362 f.); Beining, VuR 2007, 176 (179); ihre Streichung geplant nach: BT-DS 16/3655, S. 8, 62; BR-DS 623/06, S. 199. 63 BT-DS 14/6040, S. 277. 64 BGH, ZIP 2006, 2359 (2362 f.). 65 Burckhardt, class action, S. 128, 171. 66 BGH, ZIP 2006, 2359 (2361 f.); so auch: Halfmeier, Popularklagen, S. 8; Kaufmann, Rechtsschutz, S. 19 Fn. 477; anders dagegen: Burckhardt, class action, S. 182 f., 202. 67 Anders: Burckhardt, class action, S. 196 f., 203. 68 Anders: Burckhardt, class action, S. 197, 203. 69 So selbst: Burckhardt, class action, S. 122, 196. 70 Dazu vertiefend: Burckhardt, class action, S. 124 Fn. 680; Dimde, Rechtsschutzzugang, S. 117.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

gesetzliche Spezialregelung hinsichtlich der Überführung in den Verbraucherfonds.71 Alle Bedenken können nicht lediglich aufgrund einer ökonomischen Notwendigkeit zurückstehen.72 9. Zwischenergebnis Die zivilrechtlichen Ansprüche und die Strafvorschriften wurden gerade in den letzten Jahren ausgeweitet, dennoch werden nicht alle Wettbewerbsverstöße ausreichend verhindert und sanktioniert. Verbessert wurde vor allem das Gewährleistungsrecht, welches nun auch die Werbeaussagen des Verkäufers, Herstellers oder Gehilfen nach § 434 Abs. 1 S. 3 BGB und Fehlmengen nach § 434 Abs. 3 BGB erfasst. Für Verschulden bei einer Vertragsanbahnung und für die Verletzung nichtleistungsbezogener Verhaltenspflichten ist der allgemeine Schadensersatzanspruch gem. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 BGB nun ausdrücklich geregelt. Und dem Verbraucher steht in vielen Fällen ein Widerrufsrecht gem. § 355 BGB zu. Im Strafrecht ist durch § 111i StPO das praktisch bedeutsame Hindernis nach § 73 Abs. 1 S. 2 StGB beseitigt worden, indem der Verfall drei Jahre nach der Verurteilung angeordnet werden kann, soweit die Geschädigten ihre Ansprüche nicht geltend gemacht haben. Allerdings bleibt das Strafrecht seiner Funktion nach auf die schwersten Verstöße beschränkt. Auch das Zivilrecht enthält keine umfassenden Normen zur Verhinderung lukrativer Wettbewerbsverstöße. Das UWG gibt dem einzelnen Abnehmer keine Möglichkeit, individuell auf Schadensersatz oder Unterlassung zu klagen. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach § 8 UWG wirken nur für die Gegenwart und Zukunft. Im Deliktsrecht erfasst § 823 Abs. 1 BGB keinen reinen Vermögensschaden, und die Generalklausel des § 3 UWG ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Die Art und Weise des Zustandekommens eines Geschäfts ist von den §§ 134, 138 Abs. 1 BGB nicht erfasst, und selten kommen die Geschäfte unter den in § 138 Abs. 2 BGB genannten besonderen Umständen zustande oder weisen kein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung auf. Das Anfechtungsrecht besteht nach § 119 Abs. 1 BGB nur beim Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften.

II. Unzureichende Anwendung der vorhandenen Vorschriften Soweit die vorhandenen Vorschriften in der Praxis nicht angewendet werden, vergrößert sich das Durchsetzungsdefizit. Eine Untersuchung aus dem Jahr 71 72

So selbst: Burckhardt, class action, S. 189, 195 f. Anders: Burckhardt, class action, S. 196, 201 f.

A. Ziel der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG

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1977 über 3.385 Fälle bestätigt das faktische Defizit.73 Die Anwendung vorhandener Ansprüche bereitet den Berechtigten aus den folgenden Gründen praktische Schwierigkeiten: Zuwiderhandelnde haben keine Ersatzansprüche zu befürchten, wenn die Abnehmer die Unlauterkeit, z. B. die geringfügige Mengenunterschreitung der gekauften Ware, nicht bemerken oder ihre Rechte nicht kennen.74 Schadensersatzansprüche von Mitbewerbern scheitern oft daran, den Anteil am Verletzergewinn gem. § 9 UWG bei der Vielzahl der Konkurrenten nachzuweisen.75 Auch der Nachweis der subjektiven Voraussetzungen der §§ 824, 826, 123, 134, 138 BGB ist nur schwer zu führen.76 Der Hinweis, dass schon nach der alten Regelung des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB kein Handlungsbedarf für einen zivilrechtlichen Gewinnabschöpfungsanspruch bestanden habe,77 vermag nicht zu überzeugen, weil gegen Verstöße im Wettbewerbsrecht in der Regel zivilrechtlich vorgegangen wird.78 Selbst für die wenigen strafrechtlichen Verfolgungen ändert der neu eingeführte § 111i StPO nichts an der Bedeutungslosigkeit des Verfalls, weil § 111i StPO prozessual kompliziert ist und von Praktikern als undurchführbar bezeichnet wird.79 Gerade bei vielen Geschädigten kann der Verurteilte das Strafverfahren auf einfachste Weise blockieren.80 Der staatliche Auffangerwerb nach § 111i StPO kann daher als ein theoretisches juristisches Gedankenspiel bezeichnet werden.81 Besonders deutlich wird das Defizit bei Streuschäden, die der Gesetzgeber zum Anlass für die Gewinnabschöpfung genommen hat. Der Grund liegt in dem hohen Kostenrisiko, das den Anspruchsinhaber abschreckt.82 Bei einer 73

von Falckenstein, Schäden der Verbraucher, S. 119. Drathjer, Abschöpfung, S. 25 [zum OWiG]; Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 13 [zum Strafrecht]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 4; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 46, 48, 51; Pokrant, FS Ullmann, S. 813; allgemein bereits: Spindler, class action, S. 369; Stein, ZVP 1979, 28 (36 f.); Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 13 [zum Verfall]. 75 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 7; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 39. 76 Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 67; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1321. 77 Sack, BB 2003, 1073 (1081); Wimmer-Leonhardt, GRUR 2004, 12 (19 f.). 78 Fezer-Rengier, UWG, § 16 Rn. 13. 79 Bohn/Boxleitner, NStZ 2007, 552 (553 f.). 80 Bohn/Boxleitner, NStZ 2007, 552 (554). 81 Bohn/Boxleitner, NStZ 2007, 552 (554 Fn. 32, 555). 82 BT-DS 15/1487, S. 23; Burckhardt, class action, S. 124 Fn. 681; Dimde, Rechtsschutzzugang, S. 120 f.; Drathjer, Abschöpfung, S. 25 [zum OWiG]; Halfmeier, Popularklagen, S. 120; Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 84, 160 [zum GWB]; Micheli, GRUR 1979, 8 (9); Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 11; von Moltke, Rechtsschutz, S. 30 f. [zum Verbraucherrecht]; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 22 f.; Spindler, class action, S. 369 (373); Stein, ZVP 1979, 28 (36 f.). 74

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Meinungsumfrage83 wurde die Frage gestellt, was der Mindestbetrag wäre, der den Bürger veranlassen würde, die Sache vor Gericht zu bringen, wenn er ein Problem mit einem Produkt oder einer Dienstleistung hätte, die er im Inland gekauft habe.84 Nur elf Prozent gaben an, für unter 100 Euro vor Gericht zu ziehen. Sieben Prozent gaben 100 Euro an, elf Prozent 200 Euro, achtzehn Prozent 500 Euro und ebenfalls achtzehn Prozent sogar 1.000 Euro. Weitere sechzehn Prozent würden niemals vor Gericht ziehen, egal für welchen Betrag. Nach den Gründen gefragt gaben innerhalb der Gruppe, die ab 100 Euro oder aufwärts klagen würden, dreiundsiebzig Prozent an, eine Klage sei zu teuer im Verhältnis zum Wert des Produktes oder der Dienstleistung. Aus Unternehmersicht werden Streuschäden insbesondere durch den zunehmenden Preisdruck, geringe Gewinnmargen und zunehmende Anonymisierung der Kundenbeziehungen begünstigt.85 Der Ansatz, den Verbänden und Kammern einen Anspruch einzuräumen, behebt die weiteren Hindernisse individueller Kläger. Der Einzelne ist prozessscheu, weil er oftmals wenig Erfahrung im Spezialgebiet hat und einem Unternehmer gegenübersteht, der sich als Vielfachprozessierer auf sein spezialisiertes Wissen und auf erfahrene und in enger Geschäftsbeziehung stehende rechtliche Vertreter verlassen kann.86 Der Unternehmer hat dagegen ein gesteigertes, generelles Interesse, weil sich sein Interesse am Ausgang des Einzelfalls durch die Fülle gleichgelagerter Fälle potenziert.87 Die unangenehmen Folgen eines Gerichtsverfahrens und die damit verbundenen Kosten werden in den meisten Fällen wesentlich geringer ausfallen als der Gewinn.88

III. Existenz von Gewinnen aus unlauteren Handlungen Eine Abschöpfung setzt voraus, dass Wettbewerbsverstöße in der Praxis zu nennenswerten Gewinnen führen. Die wirtschaftliche Bedeutung der unlauter erzielten Gewinne lässt sich nur schwer schätzen. Allein die Unterfüllungen bei Fertigpackungen von Lebensmitteln führen nach einer Ansicht jährlich zu ungerechtfertigten Unternehmensgewinnen in mindestens dreistelliger Millionenhöhe 83 Aus dem Jahr 2003 innerhalb der EU unter 16.123 Personen ab einem Alter von fünfzehn Jahren. 84 Europäische Kommission, Spezialbarometer, Die Bürger der Europäischen Union und der Zugang zur Justiz, Fallstudie September 2003, S. 28, zuletzt abgerufen am 19.12.2007 unter: http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_195_de.pdf. 85 Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 8 f. 86 Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 17; von Moltke, Rechtsschutz, S. 30. 87 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 34, 224; von Moltke, Rechtsschutz, S. 31. 88 Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 53; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 11.

A. Ziel der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG

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zu Lasten der Konsumenten.89 Ein gutes Beispiel für hohe Gewinne aus unlauterem Verhalten, das nur geringe Schäden bei einer Vielzahl von Verbrauchern anrichtet, ist das laufende Auskunftsverfahren der Verbraucherzentrale Hamburg gegen einen Mobilfunkanbieter vor dem Landgericht München.90 Durch unerlaubte Aufrundungen beim Umrechnen der Minutenpreise von DM in Euro summierten sich die Unrechtsgewinne auf einen geschätzten zweistelligen Millionenbetrag.91 Teilweise wird auf Abschöpfungszahlen in den USA zurückgegriffen,92 obwohl dieser Vergleich erhebliche Unsicherheiten aufweist. Die ausgewerteten Daten basieren auf einer Umsatzabschöpfung ohne Abzug der Ausgaben. Inwieweit diese Umsätze einen Nettogewinn wie in § 10 UWG erfassen, ist vollkommen ungewiss. Es kann lediglich eine Vermutung aufgestellt werden, dass die ausgewerteten Daten nur besonders schwerwiegende Lauterkeitsverstöße erfassen, die unter Missachtung der rechtlichen Anforderungen auf eine kurzfristige Gewinnmaximierung angelegt sind.93 Einen gewissen Anhaltspunkt dafür, ob Gewinne erzielt werden, können auch die Größenordnungen der Schäden auf der Abnehmerseite bieten. Der Schaden, der Verbrauchern aufgrund von Wettbewerbsverstößen in Deutschland entsteht, wurde in einer Untersuchung aus dem Jahr 1977 vorsichtig auf 1 bis 1,5 Milliarden DM (ca. 767 Millionen Euro) geschätzt.94 Als Beispiel aus dem Bereich der Füllmengenunterschreitung wird eine Hochrechnung der Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen aus 2002 angeführt, wonach sich bei Nahrungsmitteln für die Verbraucher jährlich ungerechtfertigte Vermögensverluste von über 50 Millionen Euro und bei Getränken von fast 20 Millionen Euro ergeben.95 Nach Schätzungen von Verbraucherschutzorganisationen bezahlen Verbraucher in Deutschland insgesamt bis zu einer Milliarde Euro zu viel, weil ein systematischer Missbrauch durch unterfüllte Verpackungen seitens der Anbieter vorliege.96 Allein auf den Lebensmittelbereich sollen jährlich ca. 750 Millionen Euro Gesamtschaden entfallen.97 89 vzbv, Jahresbericht 2006/2007 – Die Stimme der Verbraucher, S. 49, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.vzbv.de/mediapics/jahresbericht_2006_07 _vzbv.pdf. 90 Landgericht München I, AZ: 33 O 17282/07. 91 VZHH, Millionenklage gegen O2, unter der Rubrik „Telefon + Internet“ zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.vzhh.de. 92 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 9–15 m. w. N. 93 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 12. 94 von Falckenstein, Schäden der Verbraucher, S. 124. 95 Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 10 mit Verweis auf das Faltblatt der Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen, Verbraucherschutz durch Fertigpackungskontrollen, AG ME – FB 4, 7/2002. 96 Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1312 mit Verweis auf eine Mitteilung des vzbv, Presseerklärung vom 27.11.2002.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Die Existenz von Gewinnen, die aus Zuwiderhandlungen gegen das Lauterkeitsrecht erzielt werden, ist daher im Ergebnis zu bejahen.

IV. Gewinn als Entscheidungskriterium des Zuwiderhandelnden Das Ziel der Prävention und Abschreckung wird nur erreicht, wenn der Zuwiderhandelnde den Gewinn als ein maßgebliches Entscheidungskriterium für den Verstoß ansieht. Es ist zuzugeben, dass das menschliche Handeln das Ergebnis der Einwirkung unterschiedlichster Beweggründe sein kann.98 Aber gerade im Bereich der Wirtschaft ist die individuelle Kosten-Nutzen-Abwägung ein wesentlicher Beweggrund, weil die Menschen angesichts der knappen Ressourcen nach Eigentum streben.99 Das Streben nach materiellen Werten kann als Leitmotiv für das wirtschaftliche Handeln der Unternehmen und Triebfeder der Wettbewerbs- und Marktwirtschaft unterstellt werden.100 Die Gewinnerzielung ist der primäre Antrieb unternehmerischen Handelns. Die Einhaltung des Gesetzes wird durch die Sanktionshöhe und das Sanktionsrisiko, also die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts, beeinflusst.101 In das Sanktionskalkül des Unternehmers geht ein, ob sich die Handlung trotz der Sanktionshöhe wirtschaftlich aufgrund der Vorteile lohnt.102 Die Abschreckung setzt also nicht die Zufügung eines zusätzlichen Übels im Sinne einer Strafe oder eines Bußgeldes voraus.103 In diesem Falle ist die Abschreckungswirkung lediglich noch größer. Ein geeigneter Ansatz für die Abschreckung von Wettbewerbsverstößen ist bereits die Gewinnabschöpfung.104 97 Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1312 mit Verweis auf eine Mitteilung des vzbv, Presseerklärung vom 27.11.2002. 98 Kaiser, FS Tröndle, S. 685 (689) [zum Betäubungsmittelstrafrecht]. 99 Kaiser, FS Tröndle, S. 685 (689 f.) [zum Betäubungsmittelstrafrecht]; von Moltke, Rechtsschutz, S. 116. 100 BT-DS 12/989, S. 1 [zur Organisierten Kriminalität]; Bundeskartellamt, Private Kartellrechtsdurchsetzung – Stand, Probleme, Perspektiven; Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 26. September 2005, S. II, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/ Diskussionsbeitraege/05_Proftag.pdf [zum GWB]; Dessecker, Gewinnabschöpfung, S. 89 [zu gewinnorientierten Straftaten]; Drathjer, Abschöpfung, S. 22; Dreier, Kompensation, S. 133 [zur Prävention von Schadensersatzansprüchen]; Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 11; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 5; Krey/Dierlamm, JR 1992, 353 [zur Organisierten Kriminalität]; Linder, Privatklage, S. 46; Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 53. 101 von Moltke, Rechtsschutz, S. 121. 102 Dreier, Kompensation, S. 404; von Moltke, Rechtsschutz, S. 122. 103 Anders: Lorenz-Ebert, Karlsruher Forum, S. 172; Weßlau, StV 1991, 226 (231) [zur strafrechtlichen Gewinnabschöpfung]. 104 Zum GWB: Basedow, Zivilverfahren, S. 353 (361).

B. Rechtsnatur

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V. Zusammenfassung Die Einführung einer Regelung mit dem Ziel, die Rendite aus Zuwiderhandlungen abzuschöpfen, ist berechtigt. Es gibt ein Durchsetzungsdefizit, weil nach der Rechtslage ohne § 10 UWG nicht alle Gewinne beseitigt werden. Das Defizit beruht auf fehlenden Vorschriften sowie ihrer mangelnden Anwendung. Das Strafrecht bleibt seiner Funktion nach auf die schwersten Verstöße beschränkt. Im Zivilrecht gewährt das UWG dem einzelnen Abnehmer keine Möglichkeit, individuell auf Schadensersatz oder Unterlassung zu klagen. Zudem wirken sie nur für die Gegenwart und Zukunft. Im Deliktsrecht erfasst § 823 Abs. 1 BGB keinen reinen Vermögensschaden, und die Generalklausel des § 3 UWG ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Das Anfechtungsrecht besteht nach § 119 Abs. 1 BGB nur beim Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften. Die praktische Anwendung der vorhandenen Vorschriften weist ebenfalls erhebliche Defizite auf. Zuwiderhandelnde haben zunächst keine Ersatzansprüche zu befürchten, wenn die Abnehmer die Unlauterkeit nicht bemerken oder ihre Rechte nicht kennen. Schadensersatzansprüche von Mitbewerbern scheitern oft am Nachweis des Verletzergewinns. Praktisch ist auch der Nachweis der subjektiven Voraussetzungen der §§ 824, 826, 123, 134, 138 BGB nur schwer zu führen. Die Anordnung des Verfalls wird durch § 73 Abs. 1 S. 2 StGB stark eingeschränkt, was sich auch in Zukunft trotz der neuen Regelung des § 111i StPO nicht ändern wird. Besonders deutlich wird das Defizit bei Streuschäden, die zu beträchtlichen Gewinnen führen. Weil die Gewinnerzielung ein maßgebliches Entscheidungskriterium für den Verstoß darstellt, ist die Abschöpfung ein geeigneter Ansatz für die Abschreckung von Wettbewerbsverstößen.

B. Rechtsnatur Ob sich der Gewinnabschöpfungsanspruch seiner Rechtsnatur nach in das Anspruchssystem des deutschen Rechts einfügt, wird durch einen Vergleich mit den Merkmalen der bekannten Anspruchskategorien überprüft.

I. Beleihung Die Gläubiger des § 10 Abs. 1 UWG sind nicht als Beliehene des Staates einzustufen. Der abgeschöpfte Gewinn ist zwar an den Bundeshaushalt abzuführen. Aber Beliehene sind private Stellen, denen hoheitliche Befugnisse durch oder aufgrund eines Gesetzes übertragen werden.105 Sie sind der Verwaltung 105

Stelkens/Bonk/Sachs-P.-Stelkens/Schmitz, VwVfG, § 1 Rn. 231.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

angegliedert und haben persönlich die Amtspflichten anhand der einschlägigen Gesetze auszuführen.106 § 10 UWG verpflichtet dagegen nicht zur Abschöpfung, sondern berechtigt lediglich. Selbst wenn das öffentliche Interesse eine Abschöpfung des Gewinns erfordert, unterliegen die Gläubiger nicht einmal einer pflichtgemäßen Ermessensausübung oder gar einer Ermessensreduzierung auf Null.107 Zudem werden die Gläubiger des § 10 UWG nicht mit öffentlichrechtlichen Befugnissen ausgestattet, um Hoheitsaufgaben wahrzunehmen.

II. Strafe § 10 UWG könnte als Strafe dem Strafrecht zuzuordnen sein. Der Referentenentwurf vom 23.01.2003 sprach ausdrücklich vom Strafcharakter der Gewinnabschöpfung.108 Diese Wortwahl war jedoch irreführend und ist zugunsten der Abschreckung und Sanktionierung aufgegeben worden.109 Zur Bestimmung des Rechtscharakters ist die Abschreckungsfunktion ungeeignet.110 Es entspricht dem Ziel aller Rechtsgebiete, eine mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen.111 Eine Abschreckungsfunktion in dem Sinne, dass der Täter von der Wiederholung seiner Tat Abstand nimmt, ist jeder Regelung inhärent, welche auf die Rückführung rechtswidrig erlangter Vermögensvorteile abzielt, unabhängig davon, ob die Rückführung auf einer strafoder ordnungswidrigkeitenrechtlichen Maßnahme beruht oder durch zivilrechtliche Ausgleichsansprüche veranlasst ist.112 Entscheidend ist, dass sich eine Strafe nicht darin erschöpft, dem Täter die durch die Tat erworbenen Vorteile zu entziehen, sondern auf die Zufügung weiterer Nachteile gerichtet ist.113 Die Abschöpfung des Vorteils soll den Handelnden erst empfänglich machen für eine Strafe.114 Es lässt sich auch nicht mit einer Parallele zum erweiterten Verfall nach § 73d StGB argumentieren. Weil schon der erweiterte Verfall keine Strafe dar106

Stelkens/Bonk/Sachs-P.-Stelkens/Schmitz, VwVfG, § 1 Rn. 231. Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 91; Säcker, Verbandsklage, S. 78; Wimmer-Leonhardt, GRUR 2004, 12 (16); zum Unterlassungsanspruch Marotzke, ZZP 98 (1985), 160 (169 f.). 108 Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, abgedruckt in GRUR 2003, 298 (310). 109 BT-DS 15/1487, S. 24; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 12. 110 Drathjer, Abschöpfung, S. 42 [zu § 8 WiStG]; ähnlich: Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 38, 73 [zu § 43 TKG]. 111 BVerfG, NJW 2004, 2073 (2075) [zu § 73d StGB]. 112 Drathjer, Abschöpfung, S. 41. 113 Oppermann/Müller, WRP 2005, 280 (283). 114 Zu § 17 Abs. 4 OWiG: Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 12; Rebmann/Roth/ Herrmann, OWiG, § 17 Rn. 46. 107

B. Rechtsnatur

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stellt, kann hieraus erst recht kein Strafcharakter des § 10 UWG hergeleitet werden. § 73d StGB tritt als selbstständige, nicht vergeltende Maßnahme eigener Art mit kondiktionsähnlichem Charakter neben die Strafe.115 Der verschuldensunabhängige, erweiterte Verfall beseitigt im Rahmen der öffentlichen Gefahrenabwehr lediglich die korrekturbedürftige Störung der Vermögenszuordnung.116 Dies war jedenfalls für das Nettoprinzip unstreitig117 und wird seit der Geltung des Bruttoprinzips nur insoweit in Frage gestellt, als der über den Nettovorteil hinausgehende Teil abgeschöpft wird.118 Weil § 10 UWG nur den Nettovorteil erfasst, kann diese Meinungsverschiedenheit offen bleiben. § 10 UWG stellt jedenfalls keine Strafe dar.

III. Auftrag, Geschäftsführung ohne Auftrag Für die Übereinstimmungen mit einem Auftrag gem. § 662 BGB und einer Geschäftsführung ohne Auftrag gem. § 677 BGB ist zwischen drei Personenbeziehungen innerhalb des § 10 UWG zu differenzieren. Im Verhältnis zwischen den Gläubigern und dem unlauter handelnden Schuldner kann eine Ähnlichkeit zum Auftrag in der Herausgabepflicht des Beauftragten nach den §§ 662, 667 BGB gesehen werden, die an die Folge der Gewinnherausgabe erinnert. Voraussetzung ist ein Auftrag im Sinne des § 662 BGB, der nur vorliegt, wenn der Beauftragte sich gegenüber dem Auftraggeber vertraglich verpflichtet, für diesen unentgeltlich ein Geschäft zu besorgen.119 Der unlauter Handelnde hat sich aber in keiner Weise einem nach § 10 Abs. 1 UWG Klagebefugten gegenüber zu seiner Zuwiderhandlung verpflichtet. Ohne diese Verpflichtung kommt eine echte Geschäftsführung ohne Auftrag oder eine angemaßte Eigengeschäftsführung in Betracht, die gem. §§ 677, 681 S. 2, 667 BGB oder §§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 BGB zur Herausgabe des Erlangten verpflichten. Beide Tatbestände erfordern, dass der Herausgabepflichtige ein fremdes Geschäft führt. Der unlauter Handelnde führt dagegen kein fremdes Geschäft der Klagebefugten, sondern lehnt sich gegen die Rechtsordnung auf.120

115 BVerfG, NJW 2004, 2073 (2074 f.); BT-DS 11/6623, S. 4 f., 8; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 12. 116 BVerfG, NJW 2004, 2073 (2075). 117 Etwa: Albrecht, Gewinnabschöpfung, S. 25 (34, 37, 49); Drathjer, Abschöpfung, S. 34; Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 17, 37; Weßlau, StV 1991, 226 (231). 118 Weiterhin für einen kondiktionsähnlichen Charakter: BVerfG, NJW 2004, 2073 (2076); dagegen etwa: Drathjer, Abschöpfung, S. 37 f., 51; Schönke/Schröder-Eser, StGB, Vorb. § 73 Rn. 19. 119 Palandt-Sprau, BGB, Einf. § 662 Rn. 1. 120 Pokrant, FS Ullmann, S. 813 (817).

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Im zweiten Verhältnis werden die Beziehungen zwischen dem unlauter Handelnden und Dritten untersucht. Als Dritte kommen vor allem Abnehmer, Konkurrenten und der Bund in Betracht. Die Gewinnabschöpfung findet in dem Sonderfall der Nachahmungsfälle im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG insoweit eine Parallele zur angemaßten Eigengeschäftsführung gem. § 687 Abs. 2 BGB, als der unlauter Handelnde hier ein fremdes Geschäft des Konkurrenten führt.121 In diesem Fall scheitert die Zuordnung des § 10 UWG zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag daran, dass der abgeschöpfte Gewinn nicht an den Konkurrenten als dem Geschäftsherrn herauszugeben ist. In allen anderen Fällen fehlt es bereits an einem fremden Geschäft. Im dritten Verhältnis zwischen den Gläubigern und dem Bund bestehen die größten Ähnlichkeiten zum Auftragsrecht. So besorgen die Gläubiger unentgeltlich ein Geschäft des Bundes. Sie unterliegen einer Rechenschaftspflicht wie in § 666 BGB und müssen den geltend gemachten Gewinn, ähnlich wie in § 667 BGB, an den Bund abführen, wobei ihnen nur die erforderlichen Aufwendungen entsprechend § 670 BGB ersetzt werden. Der Einordnung als Auftrag steht jedoch entgegen, dass die Gläubiger weder vertraglich noch gesetzlich verpflichtet sind, den Gewinnabschöpfungsanspruch geltend zu machen. § 10 UWG stellt lediglich eine Anspruchsgrundlage dar.122 Andererseits könnten sie ein fremdes Geschäft führen, indem die Geltendmachung der Gewinnabschöpfung zumindest auch ein Geschäft des begünstigten Bundes darstellen könnte.123 Eine Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne von § 677 BGB setzt weiter voraus, dass jemand das Geschäft für einen anderen führt, ohne von ihm beauftragt oder sonst dazu berechtigt zu sein.124 In § 10 Abs. 1 UWG dürfte jedoch eine Berechtigung der Gläubiger zur Geschäftsbesorgung nach § 677 BGB zu sehen sein. Im Falle solcher Legitimationen sind die §§ 677 f. BGB zugunsten der speziellen Regelungen ausgeschlossen.125 Wer dies ablehnen und dennoch eine Geschäftsführung ohne Auftrag bejahen will, muss die gesetzliche Regelung des § 10 UWG so deuten, dass sie den mutmaßlichen Willen des Bundes als den Geschäftsherrn gem. § 683 S. 1 BGB indiziert.126 Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass die Gläubiger des § 10 Abs. 1 UWG entgegen § 10 Abs. 4 S. 3 UWG einen unbeschränkten Aufwendungserstattungsanspruch gem. den §§ 683 S. 1, 670 BGB haben. Denn der Gesetzgeber hat sich bei Kenntnis dieser Sachlage bewusst für die Beschränkung der Erstattungspflicht auf die Höhe des abgeführten Gewinns entschieden,127 sodass 121 122 123 124 125 126 127

Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 10. Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 92. So: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 92. Palandt-Sprau, BGB, Einf. § 677 Rn. 1. MüKo-Seiler, BGB, § 677 Rn. 43. Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 93. BT-DS 15/2795, S. 9, 21 f.

B. Rechtsnatur

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§ 10 Abs. 4 S. 3 UWG insoweit eine abschließende Sonderregelung darstellen würde. Wer dieser Ansicht folgt und eine Geschäftsführung ohne Auftrag bejaht, könnte nur den kleinen Teilbereich im dritten Personenverhältnis zwischen den Gläubigern und dem Bund erklären. Dieses Personenverhältnis kann dagegen die Abführungspflicht des unlauter Handelnden als das prägende Element des Abschöpfungsanspruchs nicht erklären. So mag dahinstehen, ob der Gewinnabschöpfungsanspruch in Teilbereichen Elemente der Geschäftsführung ohne Auftrag enthält.128 Seine Rechtsnatur teilt er jedenfalls nicht.

IV. Bereicherungsrechtlicher Herausgabeanspruch § 10 UWG könnte ein bereicherungsrechtlicher Herausgabeanspruch sein. Die Folge der Gewinnherausgabe hat Ähnlichkeit mit der Pflicht zur Herausgabe des Erlangten im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Und § 10 Abs. 2 UWG sieht eine Anrechnung von bereits erbrachten Leistungen vor, die an den Einwand der Entreicherung bei § 818 Abs. 3 BGB erinnert. Andererseits zeigen sich wesentliche Unterschiede zu bereicherungsrechtlichen Tatbeständen sowie der Einrede der Entreicherung. So sind die Tatbestände der Bereicherungsansprüche verschuldensunabhängig. Das Bereicherungsrecht berücksichtigt Verschuldensgesichtspunkte gem. den §§ 818 Abs. 4, 819, 820 BGB nur auf der Rechtsfolgenseite, indem der Wegfall der Bereicherung für unbeachtlich erklärt wird. Wo es im Bereicherungsrecht also auf die Kenntnis des Schuldners ankommt, bleibt der nachträgliche Wegfall auf Seiten des Bereicherten unberücksichtigt. Im Gegensatz dazu setzt § 10 Abs. 1 UWG tatbestandlich Vorsatz voraus. Und § 10 Abs. 2 UWG erklärt die dort aufgeführten nachträglichen Leistungen (trotz vorsätzlicher Handlung) für anrechenbar. Darüber hinaus besteht bei § 10 UWG keine bereicherungsrechtliche Verbindung zwischen dem abzuschöpfenden Gewinn und dem Nachteil aufseiten der Abnehmer. Anders als beim Bereicherungsrecht ist der Gewinn gerade nicht das Äquivalent des wirtschaftlichen Nachteils der geschädigten Abnehmer und Mitbewerber. Gegen die Einordnung ins Bereicherungsrecht spricht aber vor allem dessen Funktion. Auch wenn es keinen einheitlichen Tatbestand der ungerechtfertigten Bereicherung gibt, verfolgen alle Bereicherungsansprüche das Ziel, einen gerechten und billigen Ausgleich unter besonderer Berücksichtigung von Treu und Glauben zu schaffen.129 Die Funktion des Bereicherungsrechts besteht darin, 128 129

Dafür: Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 56. Palandt-Sprau, BGB, Einf. § 812 Rn. 1/2.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Gegenstände oder Werte, die sich nach dem Recht der Güterbewegung und Güterzuordnung zu Unrecht im Vermögen des Bereicherungsschuldners befinden, abzuschöpfen, d. h. dem Bereicherungsgläubiger als demjenigen, dem die betreffenden Gegenstände oder Werte nach dem Gesamturteil der Rechtsordnung gebühren, einen entsprechenden Herausgabe- oder Wertersatzanspruch zu geben.130 So hat etwa der Schuldner bei der Eingriffskondiktion gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Var. BGB nur dann etwas in sonstiger Weise auf Kosten eines anderen erlangt, wenn der Gläubiger aufgrund der materiellen Ausgestaltung seiner Rechtsgüter die Möglichkeit gehabt hätte, dem Schuldner den Eingriff und damit den Vermögenserwerb entgeltlich zu gestatten.131 Der Anspruch auf Ausgleich der rechtsgrundlosen Vermögensmehrung steht immer nur dem Benachteiligten zu und – mit Ausnahme von zwei Fällen – nur unmittelbar gegenüber dem Bereicherten.132 Die beiden Ausnahmen in den §§ 816 Abs. 1 S. 2, 822 BGB betreffen unentgeltliche Verfügungen, bei denen die Bereicherungshaftung auf einen Dritten erstreckt wird. Die Funktion einer solchen Rückführung von Gütern oder Werten kann die Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG nicht erfüllen. Die geschädigten Abnehmer und Mitbewerber erhalten keinen Herausgabe- oder Wertersatzanspruch. Sowohl den Aktivlegitimierten als auch dem Bund fehlt eine eigene Rechtsposition an den Gütern, die der Schuldner erlangt hat.133 Denn die klagebefugten Verbände und Kammern hätten den Wettbewerbsverstoß nicht erlauben können. Daran zeigt sich, dass der Schuldner nicht etwa wie bei der Eingriffskondiktion etwas auf Kosten dieser Gläubiger erlangt hat. Folgerichtig setzt § 10 Abs. 1 UWG im Gegensatz zu § 812 Abs. 1 S. 1 BGB keine einzelfallbezogene Ermittlung individueller Vermögensnachteile voraus, sondern nur eine Gewinnerzielung zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern.

V. Deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch Der Gewinnabschöpfungsanspruch könnte seiner Rechtsnatur nach ein Schadensersatzanspruch aus dem Deliktsrecht sein. Das Deliktsrecht ist das Recht der unerlaubten Handlungen im Sinne der §§ 823 f. BGB und spezieller Gesetze.

130

MüKo-Lieb, BGB, § 812 Rn. 1. MüKo-Lieb, BGB, § 812 Rn. 250. 132 Palandt-Sprau, BGB, Einf. § 812 Rn. 9. 133 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 82; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1333; Säcker, Verbandsklage, S. 76 [zum Verband]. 131

B. Rechtsnatur

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1. Tatbestand Das Deliktsrecht hat auf der Tatbestandsebene vier Merkmale:134 (1) Es setzt zunächst die Verletzung einer allgemeinen, unabhängig von vertraglichen Beziehungen gegenüber jedermann bestehenden Pflicht voraus. (2) Es muss ein adäquater und vom Schutzzweck der Norm gedeckter Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des in Anspruch Genommenen und der Beeinträchtigung bestehen. (3) Die Verletzung muss objektiv widerrechtlich sein. (4) Schließlich ist für die Mehrzahl der Tatbestände ein Verschulden erforderlich, jedoch nicht schlechthin wesentlich, wie die – nicht analogiefähigen135 – Ausnahmen in den §§ 833 S. 1, 829 BGB und der Gefährdungshaftung in Sondergesetzen wie dem Straßenverkehrs- und dem Produkthaftungsgesetz136 zeigen. Den ersten drei Merkmalen einer unerlaubten Handlung entspricht bei § 10 UWG die Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG, die entsprechend dem vierten Merkmal vorsätzlich erfolgen muss. Auf Tatbestandsebene besteht daher eine Parallele des Gewinnabschöpfungsanspruchs zu deliktsrechtlichen Ansprüchen. 2. Rechtsfolge Die Rechtsfolge des Schadensersatzanspruchs kann durch die beiden Merkmale gekennzeichnet sein, was und an wen zu leisten ist. a) Schaden Schadensersatz ist auf den Ersatz eines Schadens gerichtet. Ein Schaden ist jede materielle und immaterielle Einbuße. Im Deliktsrecht wird das negative Interesse ersetzt, indem der Verletzte entsprechend der Differenzhypothese so gestellt wird, wie er ohne die unerlaubte Handlung stehen würde.137 Dabei spielt es keine Rolle, ob noch Vorteile beim Schädiger vorhanden sind, weil nicht eine Bereicherung abgeschöpft wird, sondern der Schädiger aus seinem ganzen Vermögen haftet.138 134

Palandt-Sprau, BGB, Einf. § 823 Rn. 2 f. Palandt-Heinrichs, BGB, § 276 Rn. 24. 136 Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Produkthaftungsgesetz), in der Fassung vom 15.12.1989 (BGBl. 1989 I, S. 2198), zuletzt geändert am 19.07.2002 (BGBl. 2002 I, S. 2674, 2679). 137 Palandt-Sprau, BGB, Einf. § 823 Rn. 17, -Heinrichs, Vorb. § 249 Rn. 8, 14. 138 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 88. 135

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Auf einen Schadensbezug deutet bereits in schwacher Form die Entstehungsgeschichte des heutigen § 10 UWG hin, weil die Gewinnabschöpfung ihren Ursprung in der politischen Diskussion in den 80er Jahren um die Einführung eines kollektiven Schadensersatzanspruchs hat. Der Referentenentwurf vom 23.01.2003 setzte auf Tatbestandsseite in § 9 Abs. 1 ausdrücklich voraus, dass der Zuwiderhandelnde einer Vielzahl von Abnehmern einen Schaden zufügen musste.139 Die geltende Fassung des § 10 UWG enthält diesen Begriff nicht mehr ausdrücklich. Die Änderung des Wortlauts alleine spricht jedoch nicht gegen die Einordnung als Schadensersatzanspruch,140 zumal nach der hier vertretenen Lösung das Merkmal „zu Lasten“ so auszulegen ist, dass die Vielzahl von Abnehmern eigene Ersatzansprüche besitzen müssen.141 Entscheidend ist vielmehr, dass die Merkmale „zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern“ nur eine Bedingung der Gewinnabschöpfung darstellen, die die Folge der Gewinnabschöpfung unberührt lässt. § 10 UWG ersetzt keinen Schaden, also keine Einbuße beim Verletzten, sondern geht auf die Herausgabe des Gewinns, den der Verletzer erzielt hat. b) Gewinnherausgabe im bisherigen Schadensersatzrecht Allein die Folge, dass Herausgabe des Gewinns und nicht Ersatz des Schadens geschuldet wird, ist kein Ausschlusskriterium für die dogmatische Einordnung. So sieht § 33 Abs. 3 S. 3 GWB vor, dass bei der Entscheidung über den Umfang des Schadens im Kartellrecht insbesondere der anteilige Gewinn, den das Unternehmen durch den Verstoß erlangt hat, berücksichtigt werden kann. Und die Herausgabe des Verletzergewinns ist als eine der dreifachen Berechnungsmethoden im Rahmen von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung von Immaterialgüterrechten anerkannt.142 Ebenso sieht Art. 13 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie 2004/48/EG (EnforcementRichtlinie)143 vor, dass die Mitgliedstaaten bei der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums sicherzustellen haben, dass bei der Festsetzung des Schadensersatzes alle in Frage kommenden Aspekte einschließlich der zu Unrecht erzielten Gewinne des Verletzers berücksichtigt werden. Der Schadensersatz ist nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG dem Rechtsinhaber zum Aus139 Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, abgedruckt in GRUR 2003, 298 (299). 140 Anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 85. 141 Näher dazu: 1. Teil E. I. 2. 142 Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 150; Dreier, Kompensation, S. 274; PalandtSprau, BGB, § 687 Rn. 7. 143 Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04. 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. EU 2004, Nr. L 195/19 (23).

B. Rechtsnatur

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gleich des erlittenen Schadens zu leisten. Die Gewinnherausgabe kann nur ein Faktor für die Bemessung der Schadenshöhe sein und ist nicht mit einem Schadensersatzanspruch gleichzusetzen, wie die Gesetzesbegründung zur Umsetzung der Enforcement-Richtlinie in das nationale deutsche Recht klarstellt.144 In ähnlicher Weise dürfen die Mitgliedstaaten gem. Art. 45 Abs. 2 S. 2 des TRIPs-Übereinkommens145 bei Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums die Gerichte ermächtigen, die Herausgabe der Gewinne auch bei schuldloser Vornahme einer Verletzungshandlung anzuordnen. Gem. Art. 45 Abs. 1 TRIPsÜbereinkommen ist der Schadensersatz zum Ausgleich des tatsächlich erlittenen Schadens an den Inhaber des Rechts des geistigen Eigentums zu zahlen. Aus dem systematischen Zusammenhang des Art. 45 Abs. 2 S. 2 zu Art. 45 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 des TRIPs-Übereinkommens ergibt sich, dass der Gewinn nur an den Inhaber zum Ausgleich seines erlittenen Schadens herauszugeben ist. c) Empfänger als Abgrenzungskriterium Alle genannten Schadensersatzansprüche, die auf der Rechtsfolgenseite die Herausgabe des Verletzergewinns vorsehen, haben die Gemeinsamkeit, dass Empfänger des Gewinns genau die Person ist, die den Schaden erlitten hat. Diese Berechnungsmethoden setzen jeweils einen eigenen Schaden des Anspruchsinhabers voraus und erleichtern erst im zweiten Schritt die konkrete Berechnung des eingetretenen Schadens. Gleiches gilt auch für die vom deutschen Gesetzgeber bislang nicht wahrgenommene Möglichkeit nach Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG, die Herausgabe der Gewinne auch für den Fall vorzusehen, dass der Verletzer schuldlos gehandelt hat. Aus dem systematischen Zusammenhang zu Art. 13 Abs. 1 und dem Erwägungsgrund 26 der Richtlinie 2004/48/EG ergibt sich, dass diese Gewinnherausgabe ebenfalls zum Ausgleich des tatsächlich erlittenen Schadens an den Geschädigten zu erfolgen hat.146 Anspruchsinhaber des § 10 Abs. 1 UWG sind dagegen die gem. § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 UWG zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten. Diese Berechtigten erleiden keinen eigenen Schaden, weil die Einbußen bei den Abnehmern und Mitbewerbern des unlauter Handelnden eintreten. Entscheidend ist daher, ob ein Schadensersatzanspruch die Identität von Geschädigtem und Empfänger des Ersatzbetrags fordert. Das hängt von seiner Funktion ab.

144

BT-DS 15/5048, S. 61; Lorenz-Ahrens, Karlsruher Forum, S. 144. Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPs), BGBl. 1994 II, S. 1730 (1742). 146 Schaub, GRUR 2005, 918 (920). 145

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

aa) Ausgleichsfunktion In der Folge einer unerlaubten Handlung wird die Hauptfunktion des Deliktsrechts deutlich, die wie im gesamten Schadensrecht im Ausgleich von rechtswidrig erlittenen Schäden besteht.147 Gegenstand des Deliktsrechts sind Verpflichtungen zum Schadensausgleich auf außervertraglicher Grundlage.148 Schadensersatz hat seinem Wesen nach eine kompensatorische Funktion.149 Das gilt auch für die Herausgabepflicht nach § 852 S. 1 BGB. Hierbei handelt es sich dogmatisch um den ursprünglichen deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruch und nicht um einen daneben bestehenden Bereicherungsanspruch.150 Sein Umfang ist lediglich beschränkt, weil nach Eintritt der deliktsrechtlichen Verjährung nur noch die dem Schädiger verbliebene Bereicherung herauszugeben ist.151 Kennzeichen des § 852 S. 1 BGB bleibt jedoch weiterhin der Ausgleichsgedanke zwischen Verletzer und Verletztem. Diese Funktion erfüllt § 10 UWG nicht. Er stellt keinen Ausgleich zwischen Verletzer und Verletztem her,152 weil der Gewinn an den Bundeshaushalt abgeführt wird. Um die deliktsrechtliche Ausgleichsfunktion bejahen zu können, könnte der fehlende eigene Schaden der zur Geltendmachung der Gewinnabschöpfung Berechtigten dadurch überwunden werden, dass die Schadensersatzansprüche der Abnehmer oder Mitbewerber auf die nach § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 UWG Berechtigten durch Abtretung oder gesetzlichen Forderungsübergang übergehen oder die Berechtigten nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation oder als Prozessstandschafter vorgehen. Keine dieser Möglichkeiten trifft nach der geltenden Gesetzesfassung zu: Einen Forderungsübergang von Ansprüchen der Abnehmer oder Mitbewerber sieht § 10 UWG nicht vor. Eine Drittschadensliquidation setzt voraus, dass der Schaden, der typischerweise beim Ersatzberechtigten eintritt, durch ein Rechtsverhältnis auf einen Dritten verlagert wird, der seinerseits keine gleichwertigen Ersatzansprüche gegen den Schädiger besitzt.153 Die nach § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 UWG Berechtigten sind jedoch nicht 147 MüKo-Wagner, BGB, Vorb. § 823 Rn. 32; Palandt-Sprau, BGB, Einf. § 823 Rn. 1, -Heinrichs, Vorb. § 249 Rn. 4. 148 MüKo-Wagner, BGB, Vorb. § 823 Rn. 1. 149 Bungert, ZIP 1992, 1707 (1718); Ebert, Pönale Elemente, S. 411; Jansen, JZ 2005, 160 (162); Löwe, Prävention, S. 110. 150 BT-DS 14/6040, S. 270; BGHZ 71, 86 (98 f.). 151 BAG, NJW 2002, 1066 (1068); MüKo-Wagner, BGB, § 852 Rn. 2; PalandtSprau, BGB, § 852 Rn. 2. 152 Im Ergebnis auch: Boesche, Statement, S. 25 (26); Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1330; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 56; Oppermann/ Müller, WRP 2005, 280 (284); Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 55; Pokrant, FS Ullmann, S. 813 (816); Säcker, Verbandsklage, S. 75. 153 Palandt-Heinrichs, BGB, Vorb. § 249 Rn. 112.

B. Rechtsnatur

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typischerweise die Geschädigten eines unlauteren Wettbewerbs. Außerdem haben die geschädigten Abnehmer und Mitbewerber oft eigene Ansprüche im Sinne von § 10 Abs. 2 UWG, von deren Geltendmachung sie aus anderen Gründen absehen, sodass die Abnehmer und Mitbewerber als Dritte nicht rechtlos gestellt sind. Eine Prozessstandschaft scheidet sowohl hinsichtlich der Geschädigten als auch des Bundes aus, weil die Prozessstandschaft die Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen voraussetzt,154 während die Berechtigten nach § 10 UWG einen eigenen Anspruch geltend machen,155 der nur inhaltlich eine Abführungspflicht an den Bundeshaushalt auferlegt. Zudem könnte die Geltendmachung eines Anspruchs des Bundes nicht die ausgleichende Funktion des Deliktsrechts herbeiführen, weil der Bund kein Geschädigter des unlauteren Wettbewerbs ist. bb) Bedeutung des Präventionszwecks Die fehlende Ausgleichsfunktion ist für die Einordnung als Schadensersatzanspruch nur dann unerheblich, wenn sie durch einen anderen Zweck der Schadensersatzregeln überlagert wird, der für sich gesehen die Folge der Gewinnherausgabe an einen nicht geschädigten Dritten rechtfertigt. Als ein solcher kommt der Präventionszweck in Betracht. § 10 UWG dient der zivilrechtlichen Generalprävention von schwerwiegenden Wettbewerbsverstößen.156 Die Prävention im Sinne einer künftigen Schadensvermeidung findet sich auch bei der Funktion der Normen der unerlaubten Handlungen wieder. Umstritten ist dort allerdings, welche Bedeutung der Prävention zukommt. (1) Nur Reflex und erwünschte Nebenfolge Eine Ansicht sieht das Wesen des Schadensersatzes im Ausgleich erlittener Schäden, sodass die Prävention nur ein erwünschtes Nebenprodukt sei.157 Der 154

Zöller-Vollkommer, ZPO, Vorb. § 50 Rn. 20. Burckhardt, class action, S. 38; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 91; Säcker, Verbandsklage, S. 77. 156 BT-DS 15/1487, S. 24. 157 Canaris, FS Deutsch, S. 85 (105); Ebert, Pönale Elemente, S. 411; Esser/ Schmidt, Schuldrecht, § 30 II, S. 169 f.; Fritz, Punitive damages, S. 149 f.; DJT-Gounalakis, Stuttgart 2006, S. L 105 f.; Lange/Schiemann, Schadensersatz, Einl. III 2, S. 9 f.; MüKo-Wagner, BGB, Vorb. § 823 Rn. 34; Soergel-Mertens, BGB, Vorb. § 249 Rn. 25 f.; Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 (838, 844 f.); Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundeskartellamts zum Grünbuch „Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“ der EUKommission, S. 1, 3, zuletzt abgerufen am 08.11.2007 unter: http://ec.europa.eu/ comm/competition/antitrust/actionsdamages/sp_de.pdf. 155

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Schadensersatz diene zumindest in den kontinental-europäischen Zivilrechtssystemen ausschließlich dem Ausgleich erlittener Schäden.158 Die Präventionsfunktion sei nicht dazu in der Lage, Schadensersatzpflichten ohne einen auszugleichenden Schaden zu begründen.159 Das lasse sich mit der Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärzwecken erklären: Schadensersatz verfolge primär einen Schadensausgleich.160 Ein Primärzweck sei die notwendige und hinreichende Bedingung für die Rechtsfolge. Der Präventionszweck vermöge die Folge des Schadensersatzes dagegen nicht zu tragen, weil die bloße Gefährdung eines Rechts ohne Schadenseintritt keine Ersatzpflicht auslöse.161 (2) Gleichberechtigte Kernaufgabe neben der Ausgleichsfunktion Die Gegenansicht sieht die Verhaltenssteuerung im Präventionsinteresse neben der Ausgleichsfunktion als eine gleichberechtigte Kernaufgabe des Schadensersatzes an.162 So hat der Bundesgerichtshof zur Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen betont, dass der Schadensersatz einen echten Hemmungseffekt bewirken soll.163 Teilweise wird darauf abgestellt, dass die Prävention bei der Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers nach § 611a Abs. 2 BGB, die nach der Vorgabe des europäischen Rechts ausdrücklich abschreckende Wirkung haben müsse, bedeutsam werde.164 Teilweise wird die Abhängigkeit vom Verschulden als Gegenargument herangezogen.165 Hätte der Gesetzgeber bei der 158 Stellungnahme des VCI zum Grünbuch „Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“ der EU-Kommission vom 22.03.2006, S. 9, zuletzt abgerufen am 08.11.2007 unter: http://ec.europa.eu/comm/competition/antitrust/actions damages/sp_de.pdf. 159 Soergel-Mertens, BGB, Vorb. § 249 Rn. 28. 160 Dreier, Kompensation, S. 147, 609. 161 Dreier, Kompensation, S. 147, 609. 162 Lehmann, Bürgerliches Recht, S. 141, 170 f.; Lorenz-Wagner, Karlsruher Forum, S. 178 f.; Prinz, NJW 1996, 953 (956); Staudinger, NJW 2006, 2433 (2434); Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 109, A 132 f (2., 12. These); zum kartellrechtlichen Schadensersatzanspruch: Bulst, Schadensersatzansprüche, S. 128, 307 f. mit Hinweis auf: BR-DS 441/04, S. 59 [zum Kartellrecht]; Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 244; Kaufmann, Rechtsschutz, S. 74; Monopolkommission, 41. Sondergutachten, S. 42 (Nr. 78), 43 (Nr. 81); Stellungnahme der Gesellschaft für Recht und Ökonomik e.V. (Prof. Wagner) zum Grünbuch „Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“ der EU-Kommission, S. 5, abgerufen am 08.11.2007 unter: http:// ec.europa.eu/comm/competition/antitrust/actionsdamages/sp_de.pdf; kritisch zur Tauglichkeit des Gewinnkriteriums als Bemessungsfaktor der Prävention: Canaris, FS Deutsch, S. 85 (107 f.); Prinz, NJW 1996, 953 (957). 163 BGHZ 128, 1 (16). 164 EuGH, NJW 1984, 2021 (2022); Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 87. 165 Sailer, Prävention, S. 153.

B. Rechtsnatur

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Ausgestaltung des Haftungsrechts allein die Idee der Schadenskompensation vor Augen gehabt, wäre ein Vorsorgesystem oder eine Sozialversicherung diesem Zweck erheblich mehr entgegengekommen.166 (3) Stellungnahme Keine der genannten Argumente lassen den Rückschluss vom Präventionszweck auf die Folge der Gewinnherausgabe an einen nicht geschädigten Dritten zu. Selbst in den Fällen der Persönlichkeitsrechtsverletzung und des § 611a Abs. 2 BGB sind die Empfänger der Leistung stets die Inhaber eines Anspruchs. Der Präventionszweck ist in allen Fällen jedenfalls insoweit vom Ausgleichsgedanken abhängig, als zumindest der Empfänger zugleich der Inhaber des Ersatzanspruchs sein muss. Aus der geltenden Praxis lässt sich nicht die Folge ableiten, dass die Prävention als eigenständiges Ziel des Schadensersatzes eine Gewinnherausgabe an einen nicht geschädigten Dritten ermöglicht. Eine weitergehende Stellungnahme ist entbehrlich. Der Gewinnabschöpfungsanspruch gem. § 10 UWG ist seiner Rechtsnatur nach jedenfalls kein deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch.

VI. Anspruch eigener Art Der Gewinnabschöpfungsanspruch weist gegenüber den bisherigen Ansprüchen deutliche Unterschiede auf. Er hat zwar die wesentlichen Tatbestandsvoraussetzungen eines deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruchs, bezweckt aber nicht den individuellen Schadensausgleich zwischen dem Geschädigten und Schädiger. In der Herausgabe des Gewinns bestehen gewisse Parallelen zur Folge der bereicherungsrechtlichen Herausgabeansprüche. Jedoch setzt § 10 Abs. 1 UWG im Tatbestand zusätzlich ein Verschulden voraus und kann gerade die Funktion der Güterrückführung an den Bereicherungsgläubiger nicht erfüllen. Die Auskunftspflicht sowie der Aufwendungsersatzanspruch der Gläubiger gegenüber der zuständigen Stelle des Bundes erinnern an die Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Jedoch kann mit dem Verhältnis zwischen den Gläubigern und dem Bund nicht die Gewinnabführung aufseiten des unlauter Handelnden begründet werden, sodass § 10 UWG nicht die Rechtsnatur der Geschäftsführung ohne Auftrag teilt. Im Gegensatz zur öffentlich-rechtlichen Beleihung und dem erweiterten Verfall regelt er einen zivilrechtlichen Anspruch ohne Übertragung von Hoheitsrechten oder der Pflicht zum Tätigwerden. Dem Gesetzgeber steht es frei, neuartige Ansprüche einzuführen. Mit dem Gewinnabschöpfungsanspruch in § 10 Abs. 1 UWG hat er einen Anspruch eige166

Sailer, Prävention, S. 153; dazu auch: DJT-Möller, Stuttgart 2006, S. L 168.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

ner Art, einen Anspruch sui generis, geschaffen.167 Sein besonderes Merkmal ist die Geltendmachung im öffentlichen Interesse zur Abschreckung und Sanktionierung unlauteren Handelns.168 Teilweise wird wegen der Besonderheit, dass mittels der Verbandsklage keine eigenen Individualinteressen geltend gemacht würden, ein unmittelbarer Rückgriff auf Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts verneint.169 Das klassische, dem § 194 Abs. 1 BGB zugrunde liegende Anspruchsdenken sei von einer privaten Individualisierung geprägt. Auf einen Verbandsanspruch könnten die allgemeinen Grundsätze des BGB allenfalls analog angewendet werden.170 Die Unterscheidung zwischen Ansprüchen, die dem Gläubiger aus individuellen Interessen zugesprochen werden, und solchen, die einem Verband zumindest auch aus übergeordneten Interessen zugesprochen werden, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Der Verbandsanspruch erfüllt alle Voraussetzungen, die für einen Anspruch im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB erforderlich sind. Soweit das Wettbewerbsrecht Regelungslücken enthält, ist zu prüfen, ob die Spezialvorschriften den Sachverhalt abschließend regeln. Andernfalls ist ein unmittelbarer Rückgriff ohne Analogie auf das allgemeine Zivilrecht möglich.

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit I. Die zur Geltendmachung Berechtigten 1. Regelungsgehalt Nach § 10 Abs. 1 UWG kann der Zuwiderhandelnde von den gem. § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 UWG zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten in Anspruch genommen werden. § 10 Abs. 3 und 4 UWG sprechen von den Gläubigern des Anspruchs. Die Gesetzesbegründung nennt die gem. Abs. 1 zur Geltendmachung Berechtigten aktivlegitimiert.171 Der genaue Regelungsgehalt des § 10 UWG ist jedoch umstritten. In der Literatur wird einerseits von einem eigenen materiellrechtlichen Gewinnab167 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 88; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 94; Halfmeier, Popularklagen, S. 125; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 10; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 5; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 90; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 57; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 56; Pokrant, FS Ullmann, S. 813 (817); Säcker, Verbandsklage, S. 77; Schaub, GRUR 2005, 918 (921 f.); Schaumburg, Verbandsklage, S. 112; Wimmer-Leonhardt, GRUR 2004, 12 (16). 168 BT-DS 15/1487, S. 24; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 66, 72, 94. 169 Schaumburg, Verbandsklage, S. 45, 112. 170 Schaumburg, Verbandsklage, S. 45. 171 BT-DS 15/1487, S. 24.

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit

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schöpfungsanspruch gesprochen.172 Andererseits wird festgestellt, dass den Gläubigern nur eine sehr formale Stellung eingeräumt werde, weil sie nur ein formales Forderungsrecht ohne korrespondierende materielle Berechtigung hätten.173 Es handele sich um eine Klage im öffentlichen Interesse, bei der die Gläubiger weder materielle Anspruchsinhaber noch gesetzliche Prozessstandschafter seien.174 Das Recht auf eine Leistung an einen Dritten sei dem unechten Vertrag zugunsten Dritter gem. § 328 Abs. 2 BGB vergleichbar.175 Der Verweis auf § 8 Abs. 3 UWG klärt den Regelungsgehalt nicht. Innerhalb des § 8 Abs. 3 UWG wird diskutiert, welche Bedeutung die Formulierung hat, dass die Ansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG diesen Berechtigten zustehen.176 Neben der rein prozessualen177 und der rein materiellen 178 Deutung wird die Ansicht der Doppelnatur der Klageberechtigung179 vertreten, wonach sowohl die sachliche Anspruchsberechtigung als auch die Prozessführungsbefugnis geregelt werden. § 10 Abs. 1 UWG verweist dagegen nur auf die in § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 UWG bezeichneten Berechtigten, nicht aber auf die Einleitung „die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu“, die den Umfang der Berechtigung beschreibt. a) Gläubiger Ausgehend vom Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 3 und 4 UWG sind die Berechtigten Gläubiger des Abschöpfungsanspruchs. Der Begriff des Gläubigers ist nicht legaldefiniert. Daher sind Begriffe wie Gläubiger und Schuldner anhand ihrer bisherigen Verwendung in der Rechtsordnung zu bestimmen. Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger nach § 241 Abs. 1 BGB berechtigt, vom Schuldner eine Leistung zu fordern. Gläubiger im Rahmen eines Schuldverhältnisses ist der Inhaber einer Forderung.180 Zum Beispiel erhält der 172

Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 153. Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 26 Rn. 19; Schaumburg, Verbandsklage, S. 122. 174 MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 94. 175 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 15. 176 Dazu auch: Schaumburg, Verbandsklage, S. 34 f. 177 Hadding, JZ 1970, 305 (310); Marotzke, ZZP 98 (1985), 160 (188); Thiere, Interessen, S. 287, 289. 178 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.11 f.; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 322–324 [bis auf die Rechtsfähigkeit des Verbandes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, die Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage sei]; vgl. auch: Greger, ZZP 113 (2000), 399 (404). 179 BGH, WRP 2005, 1007 (1007 f.) = GRUR 2005, 689 (690); Fezer-Büscher, UWG, § 8 Rn. 195, 216 f.; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Bergmann, UWG, § 8 Rn. 261; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1321 f. 180 Köbler, Wörterbuch, S. 185. 173

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Dritte beim echten Vertrag zugunsten Dritter gem. § 328 Abs. 1 BGB ein unmittelbares Forderungsrecht, weshalb er Gläubiger der Forderung wird,181 obwohl er keine Partei des schuldrechtlichen Vertrags im Deckungsverhältnis ist. Gläubiger ist auch der Inhaber einer dinglichen Forderung. So kann etwa der Eigentümer als Gläubiger vom Besitzer als Schuldner gem. § 985 BGB die Herausgabe der Sache verlangen.182 Trotz des Wortlauts räumt eine Ansicht den Berechtigten lediglich eine prozessuale Klagemöglichkeit ein.183 Den Verbänden werde keine Befugnis zu autonomer Gestaltung zugewiesen, weil ein Verzicht oder Vergleich aller Verbände und Kammern keine Erlaubnis der unerlaubten Handlung bedeute.184 Gegen diese Herleitung ist einzuwenden, dass bereits im Zweipersonenverhältnis der Verzicht auf einen individuellen Anspruch nicht ohne Weiteres zur Erlaubnis der Handlung führt. Die Prämisse, dass es bei Verbandsklagen jedenfalls auch um Kollektiv- oder Allgemeininteressen geht, steht der Einstufung als Gläubiger nicht entgegen. Die Verbände erhalten die Berechtigung zur Geltendmachung, weil die Aufgreifinitiative nicht allein dem Belieben der individuell Betroffenen überlassen bleiben soll.185 Ein Gläubiger ist also nach dem Verständnis der Rechtsordnung der Inhaber einer Forderung. Der Gesetzgeber legt diesen Gläubigerbegriff auch dem § 10 UWG zugrunde, weil anderslautende Hinweise des Gesetzgebers fehlen, die es ansonsten bedurft hätte. Der gem. § 10 Abs. 1 UWG zur Geltendmachung Berechtigte besitzt daher einen eigenen Anspruch auf Abführung des Gewinns. b) (Materielle) Anspruchsberechtigung Mit materieller Anspruchsberechtigung ist nichts anderes gemeint als die Gläubigereigenschaft. Das Adjektiv materiell bedeutet inhaltlich186 und dient der Abgrenzung zum Adjektiv formell, eine Umschreibung für die Form betreffend.187 Da eine Anspruchsberechtigung immer das materielle Recht betrifft, ist das Adjektiv materiell überflüssig.

181

Staudinger-Jagmann, BGB, § 328 Rn. 26. Palandt-Bassenge, BGB, § 985 Rn. 2. 183 Halfmeier, Popularklagen, S. 266 f., 270, 275, 293. 184 Thiere, Interessen, S. 287. 185 Zum Unterlassungsanspruch: Dreier, Kompensation, S. 490; von Moltke, Rechtsschutz, S. 64. 186 Köbler, Wörterbuch, S. 271. 187 Köbler, Wörterbuch, S. 150. 182

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit

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Ungenau und missverständlich ist daher die Aussage, die Gläubiger des § 10 Abs. 1 UWG seien keine materiellen Anspruchsinhaber.188 Sofern diese Ansicht so zu verstehen ist, dass es nur einen einzigen Anspruch auf Gewinnabschöpfung gebe, der prozessual nur einen einzigen Streitgegenstand bilde,189 ist sie abzulehnen.190 Es wäre ein Bruch mit dem allgemeinen Verständnis des Gläubigerbegriffs, den § 10 Abs. 3 und Abs. 4 S. 1 UWG verwenden. Zudem wäre der Verweis des § 10 Abs. 3 UWG auf die Regeln der Gesamtgläubigerschaft nicht zu erklären. Unbeachtlich ist die Besonderheit, dass der Gewinn an den Bundeshaushalt abzuführen ist, der Anspruch also inhaltlich insoweit beschränkt ist, als nicht die Berechtigten die Leistung an sich verlangen können. Eine ähnliche Situation besteht beim unechten (ermächtigenden) Vertrag zugunsten Dritter.191 Dort ist nur der Versprechensempfänger, also der Vertragspartner, Gläubiger, weil nur er die Leistung an den Dritten verlangen kann.192 Bei Verträgen zugunsten Dritter wie auch bei der Gewinnabschöpfung ist die Anspruchsberechtigung also unabhängig vom Anspruchsinhalt zu beurteilen. c) Sachbefugnis/Sachlegitimation und Aktivlegitimation Die Sachbefugnis (= Sachlegitimation) ist Teil der Sachbegründung einer Klage und betrifft die Frage, wem das geltend gemachte Recht zusteht.193 Fehlt sie, muss das Gericht sachlich mit einer Rechtskraftwirkung in der Sache selbst abweisen.194 Die Aktivlegitimation entspricht der Sachbefugnis und betrifft ausschließlich die Berechtigung nach materiellem Recht.195 d) Verfügungsbefugnis Die Verfügungsbefugnis ist das Recht zu entscheiden, den Anspruch geltend zu machen oder auf ihn zu verzichten. Dagegen betrifft die Verfügungsbefugnis nicht die Frage, ob der Anspruch auf andere Personen übertragen werden darf. 188

MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 94. Halfmeier, Popularklagen, S. 128, 387; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 90, 94, 180; den Begriff des Streitgegenstandes ausdehnend: Säcker, Verbandsklage, S. 89. 190 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 209 f.; Hefermehl/Köhler/BornkammKöhler, UWG, § 10 Rn. 18. 191 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 21; Schaumburg, Verbandsklage, S. 122. 192 Staudinger-Jagmann, BGB, Vorb. zu §§ 328 f. Rn. 3. 193 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, ZPO, Grdz. § 50 Rn. 23, Grdz. § 253 Rn. 24; Köbler, Wörterbuch, S. 358. 194 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, ZPO, Grdz. § 50 Rn. 23. 195 Vgl. Köbler, Wörterbuch, S. 11. 189

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Von der Verfügungsbefugnis zu unterscheiden ist auch das – allgemein nicht existierende – Recht eines Gesamtgläubigers, mit Wirkung für die anderen Gesamtgläubiger auf sämtliche Ansprüche zu verzichten. Ein Anspruch besteht immer nur relativ, weil er das Verhältnis zwischen dem Gläubiger und Schuldner betrifft. Da alle nach § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 UWG Berechtigten als Gläubiger des Abschöpfungsanspruchs genannt werden, existieren bei § 10 Abs. 1 UWG dementsprechend viele Ansprüche gegen den Schuldner. Über jeden dieser einzelnen Ansprüche kann der Gläubiger wegen der Relativität des Anspruchs nur in seinem Verhältnis zum Schuldner verfügen. Deshalb steht jedem Gläubiger das Verfügungsrecht über seinen Anspruch zu.196 e) Klagebefugnis/-berechtigung und Prozessführungsbefugnis Die Klagebefugnis (= Klageberechtigung) ist als Zulässigkeitsvoraussetzung die behauptete Berechtigung des Klägers zur Klage.197 Sie ergibt sich im Zivilprozess regelmäßig aus der Prozessführungsbefugnis.198 Diese ist eine in jeder Lage des Prozesses von Amts wegen zu beachtende Prozessvoraussetzung.199 Es geht dabei um das Recht, über den behaupteten Anspruch einen Prozess als die richtige Partei im eigenen Namen zu führen.200 Oft spricht man statt vom Prozessführungsrecht auch von Sachbefugnis, Aktivlegitimation oder Klagebefugnis.201 Sie steht in der Regel dem Träger des streitigen Rechts zu und entspricht im materiellen Recht der Verfügungsbefugnis.202 Das trifft auf die Berechtigten des § 10 Abs. 1 UWG zu. Die Frage der Prozessführungsbefugnis stellt sich nur, wenn Parteistellung und Aktivlegitimation auseinanderfallen und der Kläger nicht in fremdem Namen als Bevollmächtigter klagt.203 Bei § 10 UWG fallen Parteistellung und Aktivlegitimation der Gläubiger nicht auseinander, sodass sich die Frage der Prozessführungsbefugnis nicht gesondert stellt. Ob § 10 Abs. 1 i.V. m. § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 UWG also neben der Aktivlegitimation zugleich auch die Klage- und Prozessführungsbefugnis regelt, ist nicht aufgrund einer zwingenden Argumentation vorgegeben. Weil es kein Bedürfnis gibt, § 10 Abs. 1 UWG als Regelung der Prozessführungsbefugnis auf-

196

Anders: Halfmeier, Popularklagen, S. 131. Köbler, Wörterbuch, S. 236. 198 Köbler, Wörterbuch, S. 236. 199 BGHZ 161, 161 (165). 200 BGHZ 161, 161 (165); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, ZPO, Grdz. § 50 Rn. 22. 201 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, ZPO, Grdz. § 50 Rn. 22. 202 Köbler, Wörterbuch, S. 325. 203 Indirekt: NK-Kayser, ZPO, § 51 Rn. 10. 197

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit

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zufassen, ist hiervon auch nicht auszugehen. Der Vorteil, den eine solche Theorie der Doppelnatur bewirken würde, besteht darin, dass eine Klage als unzulässig statt unbegründet abgewiesen werden könnte. Für die Zulässigkeitsvoraussetzungen gelten die Grundsätze des Freibeweises, und sie sind in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen.204 f) Prozessstandschaft Eine Prozessstandschaft ist die Befugnis, im eigenen Namen einen Prozess über ein fremdes Recht zu führen.205 Da die Gläubiger des Gewinnabschöpfungsanspruchs ein eigenes Recht im eigenen Namen geltend machen, liegt kein Fall der Prozessstandschaft vor.206 g) Zusammenfassung Die gem. § 10 Abs. 1 UWG zur Geltendmachung Berechtigten sind Gläubiger, (materiell) anspruchsberechtigt, sachbefugt, aktivlegitimiert, verfügungs-, klage-, prozess- und prozessführungsbefugt. Sie sind keine Prozessstandschafter. § 10 Abs. 1 i.V. m. § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 UWG regelt die Anspruchsberechtigung und nicht die Klage- und Prozessführungsbefugnis. 2. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG Anspruchsberechtigt sind nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen. Die Verbandslegitimation beruht auf dem Gedanken, dass die Bekämpfung unlauterer Wettbewerbshandlungen zugleich auch im öffentlichen Interesse liegt.207 Das Vorliegen der strengen Voraussetzungen an einen Verband soll einen Missbrauch der Anspruchsberechtigung verhindern, indem es die Berechtigung auf die kollektive Wahrnehmung von Mitgliederinteressen beschränkt.208 a) Rechtsfähiger Verband Der Verband muss gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG rechtsfähig sein. Gegen das Erfordernis einer körperschaftlichen Struktur als Kennzeichen eines Verbandes 204 205 206 207 208

Zu § 8 Abs. 3 UWG: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.9. Köbler, Wörterbuch, S. 326. Im Ergebnis auch: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 94. BGH, GRUR 1975, 75 (76); Fezer-Büscher, UWG, § 8 Rn. 192. BT-DS 12/7345, S. 12; BGH, GRUR 1995, 604 (605); GRUR 1997, 933 (934).

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG209 spricht das allgemeine Begriffsverständnis, wonach es auch Personenverbände gibt.210 Daher sind auch Personengesellschaften wie die GbR, OHG und KG als Verbände im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anzuerkennen. Für den Wettbewerbsprozess ist die konstitutive Eintragung ins Vereinsregister maßgeblich.211 b) Zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen Der Zweck des Verbands, gewerbliche oder selbstständige berufliche Interessen zu fördern, ist anhand der Satzung und der tatsächlichen Betätigung zu ermitteln.212 Zwei Besonderheiten in finanzieller Hinsicht sind zu beachten: Der Verband darf nicht ausschließlich oder überwiegend Gebühreninteressen verfolgen, weil ihm sonst die Rechtsfähigkeit gem. § 43 Abs. 2 BGB entzogen werden kann. Dagegen sind vereinzelte Missbräuche nach § 8 Abs. 4 UWG oder § 242 BGB zu behandeln.213 Und zweitens ist es unschädlich, dass sich der Verband eine Prozesskostendeckungszusage geben lässt,214 solange die Grenze der Fremdbestimmung nicht erreicht wird.215 Der bedeutendste Wettbewerbsverein ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, der 1995 eine bundesweite und sachlich uneingeschränkte Prozessführungsbefugnis bestätigt wurde.216 Die gleiche uneingeschränkte Prozessführungsbefugnis wurde 1995 ihrem Schwesterverband, dem Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW), zugestanden.217 c) Soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört Dem Verband muss eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehören, die ihrerseits die weiteren in § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG genannten Voraussetzungen

209 Piper/Ohly-Piper, UWG, § 8 Rn. 115; Schaumburg, Verbandsklage, S. 132 f.; wohl auch: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Bergmann, UWG, § 8 Rn. 270; Lehmler, UWG, § 8 Rn. 80; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 367; anders dagegen: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.31. 210 Zu den verschiedenen Verbandstypen: BGH, NJW 2005, 2061 (2066). 211 BGH, GRUR 1983, 130 (131); MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 368. 212 BGH, GRUR 2005, 689 (690) = WRP 2005, 1007 (1008). 213 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.34. 214 MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 375. 215 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.34 und 4.22. 216 BGH, GRUR 1995, 122; Fezer-Büscher, UWG, § 8 Rn. 200. 217 BGH, GRUR 1995, 358 (359); MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 361 und 401.

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit

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erfüllen müssen. Welche Zahl erheblich ist, lässt sich nicht generell218 und nicht allein anhand einer prozentualen Angabe festlegen.219 Zur Vermeidung missbräuchlichen Vorgehens reicht es aus, dass Unternehmen der Mitbewerber nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht repräsentativ vertreten sind.220 d) Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt Dem Verband muss gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehören, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Teilweise wird eine Analogie für den Nachfragewettbewerb befürwortet, weil die zentralen Begriffe der Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, der Marktteilnehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG und des Mitbewerbers nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ausdrücklich auch die Nachfrage erfassen.221 Eine Analogie scheidet jedoch aus, weil diese Regelungslücke nicht als planwidrig unterstellt werden kann.222 Und speziell bei § 10 UWG besteht kein Bedürfnis, weil eine Gewinnerzielung zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern immer voraussetzt, dass der Absatzwettbewerb betroffen ist. Mit gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt ist gemeint, dass die Unternehmen auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt um Kunden konkurrieren.223 Die Unternehmen müssen sich als Mitbewerber gegenüberstehen.224 Somit sind Verbände, deren Mitglieder von einem Verstoß nicht in ihrer Eigenschaft als Mitbewerber, sondern nur als sonstige Marktteilnehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG betroffen sind, nicht klagebefugt.225 Diese Beschränkung ist gerade bei § 10 UWG verfehlt, weil der Gewinn zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern erzielt werden muss. Verbände, denen lediglich Unternehmen angehören, die zum Kreis dieser benachteiligten Abnehmer zäh218

BGH, GRUR 1998, 489 (491); MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 397. Fezer-Büscher, UWG, § 8 Rn. 205; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.42; Schaumburg, Verbandsklage, S. 139; Welzel, GRUR 2003, 762 (763). 220 Fezer-Büscher, UWG, § 8 Rn. 205; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.42; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 398; Schaumburg, Verbandsklage, S. 139. 221 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.37; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 382, 391. 222 BT-DS 15/1478, S. 22; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Bergmann, UWG, § 8 Rn. 287; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 8 Rn. 127. 223 BGH, GRUR 1997, 927 (928); GRUR 2000, 1084 (1085); MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 381. 224 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.35, 3.38. 225 Köhler, WRP 2007, 602 (603). 219

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

len, haben ein Interesse an der Durchsetzung der Vorteilsabschöpfung, sind aber nicht anspruchsberechtigt.226 e) Fähigkeit, die satzungsmäßigen Aufgaben wahrzunehmen Der Verband muss gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG insbesondere nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sein, seine satzungsmäßigen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen.227 Die finanzielle Ausstattung muss den Verband in die Lage versetzen, seine aus der Existenz sowie Grundausstattung und -betätigung entstehenden Fixkosten abzudecken.228 f) Zuwiderhandlung berührt die Interessen ihrer Mitglieder Die Zuwiderhandlung muss gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG die Interessen der Verbandsmitglieder berühren. Hierzu müssen die Mitglieder, die auf demselben Markt tätig sind wie der Zuwiderhandelnde, aufgrund der Zuwiderhandlung zumindest tatbestandlich einen eigenen Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG haben.229 Einer Interessenberührung steht weder entgegen, dass dieser Anspruch möglicherweise nicht durchsetzbar ist, noch dass die Mitgliedsunternehmen gem. § 10 Abs. 1 UWG selbst keinen Gewinnabschöpfungsanspruch geltend machen können. 3. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG Nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG anspruchsberechtigt sind qualifizierte Einrichtungen, die in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG oder in das Verzeichnis der Kommission der Europäischen Gemeinschaften230 eingetragen sind.

226 Köhler, FS Schmidt, S. 509 (513); Köhler, Statement, S. 45 (46); kritisch auch: Dreher, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 86. 227 BGH, GRUR 1990, 282 (284); Fezer-Büscher, UWG, § 8 Rn. 211. 228 BGH, GRUR 1990, 282 (285); Fezer-Büscher, UWG, § 8 Rn. 210; Hefermehl/ Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.48; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 413. 229 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.51; Köhler, WRP 2007, 602 (603); Piper/Ohly-Piper, UWG, § 8 Rn. 133. 230 Verzeichnis der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 4 der Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. EG Nr. L 166 S. 51).

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a) Eintragungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 2 S. 1 UKlaG In die nationale Liste qualifizierter Einrichtungen werden nur rechtsfähige Verbände eingetragen, die Anforderungen nach § 4 Abs. 2 S. 1 UKlaG erfüllen. Es darf sich nicht um einen Mischverband handeln, der neben Verbraucherinteressen satzungsgemäß oder tatsächlich gleichrangig gewerbliche Interessen vertritt, weil insoweit die Gefahr einer Interessenkollision besteht.231 Von den Verbraucherzentralen und anderen Verbraucherverbänden, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, werden die Eintragungsvoraussetzungen gem. § 4 Abs. 2 S. 2 UKlaG unwiderleglich232 vermutet. Die Eintragung erfolgt auf Antrag durch einen Verwaltungsakt des Bundesamtes für Justiz, § 4 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 UKlaG. Dieser Bescheid wirkt konstitutiv.233 In das gem. Art. 4 Abs. 3 S. 1 der RL 98/27/EG erstellte Verzeichnis der Europäischen Kommission werden die in Art. 4 Abs. 2 bezeichneten qualifizierten Einrichtungen mit ihren Zwecken eingetragen. Eine qualifizierte Einrichtung ist gem. Art. 3 der RL 98/27/EG jede Stelle oder Organisation, die nach dem Recht ihres Mitgliedstaates ordnungsgemäß errichtet wurde und ein berechtigtes Interesse daran hat, die Einhaltung der zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher erlassenen, im Anhang der Richtlinie aufgeführten neun Richtlinien sicherzustellen. b) Nachweis der Eintragung Für die Anspruchsberechtigung im Wettbewerbsprozess reicht der Nachweis über die Eintragung aus. Bestehen begründete Zweifel über die sachlichen Eintragungsvoraussetzungen, kann das Gericht das Bundesverwaltungsgericht gem. § 4 Abs. 4 UKlaG zur Überprüfung auffordern und die Verhandlung aussetzen. Der Nachweis über die Eintragung in das Verzeichnis der Kommission erfolgt durch Vorlage des Verzeichnisses, das nach Art. 4 Abs. 3 S. 2 der Richtlinie 98/ 27/EG im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wird. Dieses Verzeichnis akzeptieren die Gerichte gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 der Richtlinie als Nachweis der Berechtigung zur Klageerhebung. Den Gerichten bleibt nach Art. 4 Abs. 1 S. 2 der Richtlinie lediglich das Prüfungsrecht, ob der Zweck der qualifizierten Einrichtung deren Klageerhebung im Einzelfall rechtfertigt.

231 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.56; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 428. 232 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.59; Staudinger-Schlosser, BGB, § 4 UKlaG Rn. 2. 233 Staudinger-Schlosser, BGB, § 4 UKlaG Rn. 1, 10.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

c) Berührung von Verbraucherbelangen Ein Verbraucherverband ist zur Geltendmachung des Anspruchs nur berechtigt, wenn die Zuwiderhandlung Verbraucherbelange berührt.234 Zwar ist die Voraussetzung des § 13 Abs. 2 Nr. 3 S. 2 UWG a. F., dass wesentliche Belange der Verbraucher berührt werden müssen, gestrichen worden. Damit sollte die Klagebefugnis der Verbraucherverbände jedoch nicht erweitert werden.235 Sie wird vielmehr für entbehrlich gehalten, weil nach § 3 UWG Bagatellverstöße bereits ausgeschlossen sind236 und eventuelle Missbräuche durch § 8 Abs. 4 UWG vermieden werden.237 Die Bedenken, dass Verbraucherverbände nunmehr auch Verstöße verfolgen, die lediglich Mitbewerberinteressen betreffen,238 sind jedenfalls für § 10 UWG unbegründet, weil das Handeln zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern eine wirtschaftliche Schlechterstellung der Marktteilnehmer auf einer nachgelagerten Marktstufe erfordert. 4. § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG Die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern sind gem. § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG anspruchsberechtigt. Sonstige öffentlich-rechtlich verfasste Berufskammern sind nur unter den Voraussetzungen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG berechtigt.239 Der Wettbewerbsverstoß muss den Aufgabenbereich der Kammern, der weit auszulegen ist, berühren.240 Er ergibt sich aus § 1 IHKG241 und § 91 Handwerksordnung. 5. Beschränkungen Die Besonderheiten des Abschöpfungsanspruchs führen zu folgenden Beschränkungen, die für alle Berechtigten gelten.

234 KG, GRUR-RR 2005, 359; Lettl, GRUR 2004, 449 (460); Piper/Ohly-Piper, UWG, § 8 Rn. 140. 235 Piper/Ohly-Piper, UWG, § 8 Rn. 140. 236 BT-DS 15/1487, S. 23; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Bergmann, UWG, § 8 Rn. 299; dazu auch: Engels/Salomon, WRP 2004, 32 (34); Heermann, GRUR 2004, 94 (95). 237 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Bergmann, UWG, § 8 Rn. 299; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.52. 238 Piper/Ohly-Piper, UWG, § 8 Rn. 140. 239 BT-DS 15/1487, S. 23; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 444. 240 Fezer-Büscher, UWG, § 8 Rn. 227; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 442. 241 Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG), in der Fassung vom 18.12.1956, BGBl. 1956 I, S. 920.

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a) Prozessstandschaft Eine Prozessstandschaft, bei der ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend gemacht wird, ist bei § 10 Abs. 1 UWG ausgeschlossen, um die Entscheidung des Gesetzgebers zur abschließenden Regelung der Klagebefugnis242 nicht zu umgehen.243 b) Sachlich Für den Anspruch aus § 8 Abs. 1 UWG wird teilweise eine über den Wortlaut hinausgehende Einschränkung vorgenommen: Der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG sei in den Fällen ausgeschlossen, in denen der Wettbewerbsverstoß ausschließlich Interessen eines bestimmten Mitbewerbers berührt.244 Dann müsse es dem Mitbewerber überlassen bleiben, ob gegen den Verletzer vorgegangen werden soll,245 so etwa bei der Herabsetzung nach § 4 Nr. 7 UWG und der Anschwärzung gem. § 4 Nr. 8 UWG.246 Dieser Ansicht ist bei § 10 Abs. 1 UWG nicht zu folgen. Im Gegensatz zum Unterlassungsanspruch ist der betroffene Mitbewerber nicht zur Gewinnabschöpfung berechtigt, sodass ihm ein Vorgehen nicht überlassen bleiben kann. Aber im Ergebnis ist mit dem Merkmal zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern sichergestellt, dass nicht ausschließlich das Interesse eines einzelnen Mitbewerbers berührt ist. c) Zeitlich Die Voraussetzungen für die Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 UWG müssen unstreitig bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz247 bestehen bleiben.

242

BT-DS 15/1487, S. 22. Zu § 8 Abs. 3 UWG: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.23; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 UWG Rn. 331. 244 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.5; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 Rn. 348. 245 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.5; vgl. BGH, GRUR 1998, 415 (416). 246 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.6. 247 Zu § 8 Abs. 1 UWG: BGH, GRUR 1998, 170; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Bergmann, UWG, § 8 Rn. 270; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.7; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 Rn. 366. 243

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

aa) Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch Ob sie schon im Zeitpunkt der Zuwiderhandlung248 oder erst bei der Klageerhebung249 gegeben sein müssen, wird für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG unterschiedlich beurteilt. (1) Zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung Nach einer Ansicht richte sich die Verbandsberechtigung nach der für Mitbewerber.250 Die Anspruchsberechtigung eines Mitbewerbers nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG setzt unstreitig voraus, dass dieser seine unternehmerische Tätigkeit schon im Zeitpunkt der Verletzungshandlung aufgenommen hat.251 Deshalb müsse der Verband bereits zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung rechtsfähig sein.252 (2) Zum Zeitpunkt der Klageerhebung Die Gegenansicht fordert die Berechtigungsvoraussetzungen für § 8 Abs. 1 UWG erst im Zeitpunkt der Klageerhebung.253 (3) Stellungnahme Weder Wortlaut noch Zweck des § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 UWG setzen eine Existenz der Berechtigten im Zeitpunkt der Verletzungshandlung voraus. Insbesondere müssen die Verbände nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erst im Zeitpunkt der Klageerhebung rechtsfähig sein und eine erhebliche Anzahl von Unternehmen als Mitglieder aufweisen. Auch das Merkmal, dass die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt, muss erst zur Klageerhebung vorliegen. Das setzt jedoch voraus, dass die Verbandsmitglieder Mitbewerber sind und demzufolge in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zum Verletzer stehen. Hierzu müssen sie einen eigenen 248 Zu § 8 Abs. 1 UWG: OLG Hamm, GRUR 1991, 692 (693), das die Theorie der Doppelnatur der Klageberechtigung vertritt; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.7, der eine rein materielle Deutung vertritt; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 8 Rn. 136. 249 Zu § 8 Abs. 1 UWG: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Bergmann, UWG, § 8 Rn. 270, 262. 250 OLG Hamm, GRUR 1991, 692 (693). 251 BGH, GRUR 1995, 697 (699) [„Funnypaper“]; Hefermehl/Köhler/BornkammKöhler, UWG, § 8 Rn. 3.7, 3.29. 252 MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 Rn. 366. 253 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Bergmann, UWG, § 8 Rn. 262.

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Unterlassungsanspruch haben. Erst an dieser Stelle ist der Vergleich mit der Rechtslage bei den Mitbewerbern angebracht und zu fordern, dass das Verbandsmitglied im Zeitpunkt der Verletzungshandlung Mitbewerber war. Dem Verband muss also im Zeitpunkt der Klageerhebung eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehören, die im Zeitpunkt der Verletzungshandlung Mitbewerber waren. bb) Gewinnabschöpfungsanspruch Beim Gewinnabschöpfungsanspruch regelt § 10 Abs. 1 i.V. m. § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 UWG die Aktivlegitimation. Die Argumentation, dass der Vergleich mit den Mitbewerbern zur zeitlichen Vorverlagerung führen müsse, greift hier nicht, weil die Mitbewerber den Abschöpfungsanspruch nicht geltend machen können. Daher müssen die Berechtigungsvoraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 UWG ebenfalls erst im Zeitpunkt der Klageerhebung erfüllt sein. Wie beim Unterlassungsanspruch ist die Interessenberührung jedoch nur gegeben, wenn die Verbandsmitglieder zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung Mitbewerber des Zuwiderhandelnden waren.

II. Schuldner Passivlegitimiert ist, wer nach materiellem Recht den geltend gemachten Anspruch befriedigen muss. 1. Wer zuwiderhandelt und den Gewinn erzielt Als Schuldner bestimmt § 10 Abs. 1 UWG denjenigen, der dem § 3 vorsätzlich zuwiderhandelt und hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt. Statt dem Ziel, zugunsten des eigenen Unternehmens zu handeln, reicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG die Absicht, zugunsten eines fremden Unternehmens seinen Absatz oder Bezug zu fördern. Dieses erfüllen auch gesetzliche Vertreter, Mitarbeiter und Beauftragte, die bei Tätigkeiten innerhalb ihres Aufgabenbereichs in der Regel in Wettbewerbsabsicht handeln.254 Jedoch erzielen Mitarbeiter oder Vertreter keinen eigenen Gewinn zu Lasten der Abnehmer, sondern einen Gewinn für ihr Unternehmen. Deshalb kommen sie als Schuldner des § 10 UWG nicht in Betracht.255

254 255

Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 2 Rn. 34. Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 114, 117.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

2. Zurechnungsnormen und Anspruchsgrundlagen für das Verhalten Dritter Auf der alleinigen Grundlage des § 10 Abs. 1 UWG scheidet eine Inanspruchnahme von Unternehmen, für die ihre gesetzlichen Vertreter oder Mitarbeiter handeln, aus. Streuschäden werden jedoch von großen Unternehmen oft unter Einschaltung weiterer Personen begangen. a) § 8 Abs. 2 UWG § 8 Abs. 2 UWG, der einen zusätzlichen Anspruch begründet,256 gilt vom Wortlaut her nicht für den Gewinnabschöpfungsanspruch. Eine analoge Anwendung scheidet mangels planwidriger Lücke aus.257 Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich explizit auf die Ansprüche nach § 8 Abs. 1 UWG beschränkt und im Übrigen auf die allgemeinen Bestimmungen, insbesondere die §§ 31, 831 BGB, verwiesen.258 b) § 31 BGB analog § 31 BGB rechnet dem rechtsfähigen Verein das Handeln seiner Organe und verfassungsmäßig berufenen Vertreter als eigenes Handeln zu. Eine direkte Anwendung des § 31 (i.V. m. § 89 Abs. 1) BGB auf den Gewinnabschöpfungsanspruch scheitert im sachlichen Anwendungsbereich daran, dass diese haftungszuweisende Norm unmittelbar nur für Handlungen gilt, die zum Schadensersatz verpflichten, und der Gewinnabschöpfungsanspruch ein Anspruch eigener Art ist.259 Jedoch ist anerkannt, dass § 31 BGB allgemeiner Ausdruck der Organtheorie ist, wonach das Handeln der verfassungsmäßig berufenen Vertreter dem jeweiligen Organ als eigenes Handeln zugerechnet wird.260 Für die Tätigkeit der juristischen Person ist auf das Handeln und insbesondere auf die Wettbewerbsförderungsabsicht ihrer Organe abzustellen.261 Die analoge Anwendung des § 31 BGB ist daher in Übereinstimmung mit dem Willen des Gesetzgebers möglich.262 Wenn das Gesetz schon eine Zurechnung im Haftungsrecht vorsieht, ist es angebracht, für die mildere Rechtsfolge der Neutralisierung eines unlauter erzielten Gewinns ebenfalls eine Zurechnung zuzulassen.

256 257 258 259 260 261 262

Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 2.32. Im Ergebnis auch: Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 79. BT-DS 15/1487, S. 22; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 2.36. Anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 111. Palandt-Heinrichs, BGB, § 31 Rn. 1. Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 2 Rn. 5. BT-DS 15/1487, S. 22.

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Vorsätzliches Handeln der Organe führt also analog § 31 (i.V. m. § 89 Abs. 1) BGB zur Sanktion der Gewinnabschöpfung für die juristische Person.263 aa) Handeln der verfassungsmäßig berufenen Vertreter Über den Wortlaut hinaus ist als verfassungsmäßig berufener Vertreter anzusehen, wem durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, sodass er die juristische Person auf diese Weise repräsentiert.264 Beispiele sind Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte und leitende Angestellte. Die Argumente, die für die Ausweitung des verfassungsmäßig berufenen Vertreters im direkten Anwendungsbereich der Schadensersatzansprüche genannt werden,265 gelten genauso für den Gewinnabschöpfungsanspruch. Solche Repräsentanten ermöglichen erst, dass Gesellschaften Befugnisse delegieren und damit ihre Handlungsfähigkeit steigern können.266 Diese Freiheit darf nicht dazu führen, dass sie sich von der Sanktion der Gewinnabschöpfung freizeichnen können.267 Deshalb ist ein Mitarbeiter, der die Entscheidung über das Ob und Wie einer (unlauteren) Werbung trifft, ein verfassungsmäßig berufener Vertreter.268 bb) Lehre vom Organisationsmangel Bei § 10 UWG ist dagegen umstritten, ob auch die im Deliktsrecht anerkannte Lehre vom Organisationsmangel anwendbar ist,269 wonach die juristische Person verpflichtet ist, für alle wichtigen Aufgabengebiete einen verfassungsmäßigen Vertreter zu bestellen, der die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft.270 Entspricht die Organisation nicht diesen Anforderungen, wird die juristische Person im Schadensersatzrecht so behandelt, als wäre der tatsächlich eingesetzte Verrichtungsgehilfe ein verfassungsmäßiger Vertreter.271 Es wird

263

Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 52. BGHZ 49, 19 (21); BGH, NJW 1998, 1854 (1856); Palandt-Heinrichs, BGB, § 31 Rn. 6. 265 MüKo-Reuter, BGB, § 31 Rn. 5. 266 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 53 f. 267 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 53 f.; Pokrant, FS Ullmann, S. 813 (822). 268 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 53. 269 Dafür: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 226; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 115 f.; dagegen: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 53; offengelassen von: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 114. 270 Palandt-Heinrichs/Ellenberger, BGB, § 31 Rn. 7. 271 BGH, NJW 1980, 2810 (2811); Palandt-Heinrichs/Ellenberger, BGB, § 31 Rn. 7. 264

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

also fingiert, dass auch ein verfassungsmäßig berufener Vertreter in der Position des betreffenden Angestellten den Schaden verursacht hätte.272 Die Übertragung der Lehre vom Organisationsmangel bei § 31 BGB auf die Gewinnabschöpfung ist mit den gleichen Argumenten zu bejahen wie die Ausweitung der Repräsentantenhaftung auf nicht satzungsgemäß berufene Vertreter: Es kann nicht im Belieben der juristischen Person liegen, ob sie für alle bedeutenden Funktionen einen Vertreter bestellt oder einer Haftung durch Nichtbestellung entgehen kann. Die Gegenansicht, die sich auf den Wortlaut beruft, ist inkonsequent, weil sie die verfassungsmäßig berufenen Vertreter über den Wortlaut hinaus auch auf sonstige Repräsentanten ausdehnt.273 cc) Zusammenfassung § 31 BGB ist mit seinem gesamten unmittelbaren und erweiterten Regelungsgehalt also analog auf den Gewinnabschöpfungsanspruch anzuwenden.274 Juristische Personen, die OHG, KG, GbR, Vor-GmbH, der nichtrechtsfähige Verein und die Wohnungseigentümergemeinschaft müssen für das Verhalten ihrer Organe und sonstigen Repräsentanten, ggf. in Verbindung mit der Lehre vom Organisationsmangel, einstehen. c) § 831 BGB analog Auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche zum Schutz der Individualinteressen, die wie § 9 UWG Sonderdeliktsrecht darstellen,275 sind ergänzend die Normen des allgemeinen Deliktsrechts §§ 827 bis 831 und § 840 BGB anwendbar.276 Bei § 10 Abs. 1 UWG scheitert eine direkte Anwendung des § 831 BGB daran, dass die Vorschrift nur für deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche gilt und die Gewinnabschöpfung ein Anspruch eigener Art ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers gilt § 831 BGB aber entsprechend für § 10 UWG.277 Bei der Übertragung auf § 10 Abs. 1 UWG bleibt der Geschäftsherr Bezugsperson zur Klärung einer Mitbewerbereigenschaft im Sinne von § 3 UWG, sodass der Verrichtungsgehilfe in keiner Wettbewerberbeziehung zu den benachteiligten Mitbewerbern stehen muss. Den nach § 10 Abs. 1 UWG abzuschöpfen272

RGRK-Steffen, BGB, § 31 Rn. 5. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 53. 274 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 16; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 116. 275 BGH, GRUR 1982, 495 (497); GRUR 2002, 618 = WRP 2002, 532 (533); Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, Einl. Rn. 7.2. 276 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, Einl. Rn. 7.2, § 9 Rn. 1.3, 1.5. 277 BT-DS 15/1487, S. 22. 273

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit

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den Gewinn muss der Geschäftsherr erzielen, andernfalls würde eine Zurechnung analog § 831 BGB ins Leere laufen. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, wie sich das Vorsatzmerkmal des § 10 Abs. 1 UWG bei Handlungen von Verrichtungsgehilfen auswirkt. aa) Verschuldensbezug im unmittelbaren Anwendungsbereich Nach § 831 Abs. 1 S. 1 BGB muss der Verrichtungsgehilfe nur widerrechtlich, nicht aber schuldhaft handeln. § 831 Abs. 1 BGB ist daher keine echte Zurechnungsnorm. Die Haftung des Geschäftsherrn stützt sich auf die Vermutung seines eigenen Verschuldens bei der Auswahl, Überwachung und Leitung des Verrichtungsgehilfen. Das vermutete Verschulden des Geschäftsherrn erfasst bei § 831 Abs. 1 BGB auch jede Form von Fahrlässigkeit. Es wird also auch dann vermutet, wenn der Geschäftsherr den Entlastungsbeweis wegen fahrlässigen Verschuldens oder nur mangels ausreichender Beweise nicht erfolgreich führen kann. Nur dort, wo die Widerrechtlichkeit erst durch die Kenntnis der Tatumstände, die die Handlung zu einer sittenwidrigen machen, begründet wird, muss diese Kenntnis bei dem Verrichtungsgehilfen vorhanden sein.278 bb) Übertragung auf § 10 UWG Die Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG setzt tatbestandlich kein subjektives Merkmal mehr voraus. Die Feststellung der Unlauterkeit kann nicht von der Kenntnis der objektiven, die Unlauterkeit begründenden Umstände abhängen.279 Es bleibt daher für § 10 UWG im Ausgangspunkt bei der Voraussetzung, dass dem Geschäftsherrn ein Verschulden angelastet wird. Weil die Gewinnabschöpfung nur bei vorsätzlichem Zuwiderhandeln vorgesehen ist, muss der Geschäftsherr als Schuldner des Abschöpfungsanspruchs vorsätzlich handeln.280 Ihm muss analog § 831 Abs. 1 BGB ein vorsätzliches Auswahl-, Überwachungs- oder Organisationsverschulden zur Last fallen. Es reicht nicht aus, dass der Betriebsinhaber Kenntnis von der Zuwiderhandlung hätte haben müssen.281

278

BGH, NJW 1956, 1715. BGH, WRP 2007, 951 (954, Rn. 21) [„Außendienstmitarbeiter“]; Hefermehl/ Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 3 Rn. 41. 280 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 230; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 51; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 113; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 116; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 10 Rn. 17; Pokrant, FS Ullmann, S. 813 (821 f.). 281 Anders: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 116 f.: widersprüchlich, weil er ausdrücklich Vorsatz des Geschäftsherrn fordert. 279

76

1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Eine ähnliche Feststellung gibt es im Gebrauchsmusterrecht: Für den Fall, dass das Gebrauchsmusterrecht eine Schadensersatzpflicht nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit vorsieht, kommt eine Haftung des Geschäftsherrn gem. § 831 BGB höchstens dann in Betracht, wenn der Geschäftsherr wissentlich oder grob fahrlässig dem Gebrauchsmusterrecht zuwidergehandelt hat oder wenn er für eine derartige Verletzung von Verrichtungsgehilfen zu haften hätte.282 Weil dem Geschäftsherrn also bei der Gewinnabschöpfung bereits Vorsatz zur Last fallen muss, stellt sich die Frage, ob der Verrichtungsgehilfe zusätzlich schuldhaft handeln muss. Dafür spricht der Wortlaut, weil sich der Vorsatz in § 10 Abs. 1 UWG auf die Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG bezieht und der Verrichtungsgehilfe die Zuwiderhandlung begeht. Andererseits erfordern weder Wortlaut noch Zweck der Gewinnabschöpfung eine durchgehende Vorsatzform vom Geschäftsherrn bis zum Verrichtungsgehilfen.283 Der Zweck des Vorsatzmerkmals in § 10 Abs. 1 UWG ist bereits erfüllt, wenn der weisungsberechtigte Geschäftsherr abgeschreckt wird, da er die Geschäftspolitik bestimmt. Die besonders gefährliche Zuwiderhandlung ist auch dann zu bejahen, wenn der Verrichtungsgehilfe schuldlos oder fahrlässig gegen § 3 UWG verstößt. Weil § 10 UWG keine Strafe oder strafähnliche Sanktionswirkung enthält, greift auch nicht der Grundsatz ein, dass keine Strafe ohne Verschulden verhängt werden darf.284 Es lässt sich also zusammenfassen, dass bei Übertragung des Vorsatzmerkmals auf § 831 BGB der Geschäftsherr vorsätzlich seine Auswahl-, Organisations- oder Überwachungspflicht verletzt haben muss oder ihm die Exkulpation hinsichtlich der vorsätzlichen Pflichtverletzung nicht gelingen darf, während der Verrichtungsgehilfe auch schuldlos handeln darf. In diesem Sinne muss der Unternehmer analog § 831 BGB für das Verhalten seiner Verrichtungsgehilfen haften.285 d) § 830 Abs. 2 BGB analog Kann das Verhalten des Handelnden dem Gewinnempfänger nicht analog den §§ 31, 831 BGB zugerechnet werden, haftet der Unternehmer als Geschäftsführer auf außervertraglicher Grundlage nur, wenn er Teilnehmer im Sinne des § 830 Abs. 2 BGB ist.286 Das gilt für Handlungen des Handelsvertreters genauso wie für die Zurechnung des Herstellerverhaltens zum Händler.287 282

RGZ 70, 74 (77). MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 113. 284 Anders: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 113. 285 Ungenau: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 16. 286 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 230; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 16. 287 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 16. 283

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit

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e) § 278 BGB Erfolgt der Wettbewerbsverstoß bei der Erfüllung eines Schuldverhältnisses mit dem Abnehmer, ist dem Schuldner das Verschulden eines Erfüllungsgehilfen gem. § 278 BGB wie eigenes zuzurechnen.288 Für die Anwendbarkeit spricht sowohl der Wortlaut als auch der Wille des Gesetzgebers. Laut Gesetzesbegründung finden die allgemeinen Bestimmungen Anwendung, wozu nur insbesondere die §§ 31, 831 BGB gehören.289 § 278 BGB setzt nicht voraus, dass der Verletzer den Verstoß in Erfüllung einer Verbindlichkeit begehen muss, die gerade gegenüber den nach § 10 UWG Klagebefugten besteht.290 Dieses Merkmal schließt nur Fälle aus, in denen der Schuldner bei Gelegenheit einer Vertragserfüllung handelt.291 Strafbares oder vorsätzliches Handeln schließt den sachlichen Zusammenhang mit der Vertragserfüllung nicht aus.292 § 278 BGB ist also bei schuldhaftem Verhalten eines Erfüllungsgehilfen auf § 10 UWG anzuwenden. f) Hinweispflicht des Schuldners bei Mehrfachverfolgung Teilweise wird vom Schuldner gefordert, dass er seine Gläubiger über eine etwaige Mehrfachverfolgung aufklärt.293 Nach ständiger Rechtsprechung haben Abgemahnte, die auf Unterlassung einer wettbewerbswidrigen Handlung in Anspruch genommen werden, bei einer weiteren Abmahnung aus dem Gebot von Treu und Glauben die Pflicht, den Dritten über eine bereits abgegebene Unterwerfungserklärung in Kenntnis zu setzen.294 Denn andernfalls besteht für den Gläubiger die erhebliche, auf das ursprüngliche wettbewerbswidrige Verhalten des Schuldners zurückzuführende Gefahr eines überflüssigen und aussichtslosen Prozesses.295 Die Anerkennung dieser Auskunftspflicht auch bei der Gewinnabschöpfung setzt ein vergleichbares Risiko seitens der Gläubiger voraus. Es entfällt, wenn sie sich beim Bundesamt für Justiz über anderweitige geltend gemachte Abschöpfungsansprüche informieren können. Nach der hier vertretenen Ansicht müssen die Gläubiger bereits jede außergerichtliche Geltendmachung eines Ab288 289 290 291 292 293 294 295

Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 225. BT-DS 15/1487, S. 22. Anders: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 117. Palandt-Heinrichs, BGB, § 278 Rn. 20. Palandt-Heinrichs, BGB, § 278 Rn. 20. MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 185; Mönch, ZIP 2004, 2032 (2035). BGH, GRUR 1987, 54 (55); Mönch, ZIP 2004, 2032 (2035). BGH, GRUR 1987, 54 (55).

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

schöpfungsanspruchs von sich aus melden. Ihnen steht nach der hier vertretenen Ansicht auch ein Auskunftsanspruch gegenüber dem Bundesamt als Hilfsanspruch zu § 10 Abs. 4 S. 2 UWG zu.296 Deshalb ist eine Hinweispflicht des Schuldners über Mehrfachverfolgungen konsequenterweise abzulehnen. In der Praxis scheitert dieser Weg allerdings noch daran, dass die Gläubiger ihre Geltendmachungen nicht in vollem Umfang anmelden. Deshalb kann ein Gläubiger über diesen Weg zurzeit noch nicht mit hinreichender Sicherheit Auskunft über etwaige Mehrfachverfolgungen erhalten. Somit ist eine Hinweispflicht des Schuldners wie beim Unterlassungsbegehren zurzeit noch zu bejahen. Eine Bedeutung erlangt diese Hinweispflicht allerdings erst, wenn es zu einem Abschöpfungsverfahren kommt, dem kein Unterlassungsverfahren des Gläubigers vorausgeht. Denn im Unterlassungsverfahren besteht unstreitig eine Hinweispflicht des Schuldners über bereits abgegebene Unterlassungserklärungen.

III. Gläubigermehrheit, § 10 Abs. 3 UWG i.V. m. den §§ 428 bis 430 BGB § 10 Abs. 3 UWG erklärt die Regeln für die Gesamtgläubiger gem. §§ 428 bis 430 BGB für entsprechend anwendbar. Im Folgenden werden die Auswirkungen der entsprechenden Anwendung auf den Gewinnabschöpfungsanspruch untersucht. 1. Regelungsbedürfnis Die Besonderheit, dass der Gewinn von vielen Berechtigten zugunsten des Bundeshaushalts abgeschöpft werden darf, erfordert eine Regelung für den Fall der mehrfachen Geltendmachung der Gewinnherausgabe. Dass eine mehrfache Inanspruchnahme des Schuldners praktisch nicht vorkommen wird, weil die Berechtigten kein finanzielles Eigeninteresse an der Gewinnabschöpfung hätten,297 widerlegt die Praxis. Nach Auskunft des DSW gab es bereits ein paralleles Vorgehen gegen denselben Zuwiderhandelnden.298 Die Einschätzung, dass sich die Verbände und Einrichtungen vor der Geltendmachung absprechen werden,299 ist bei der Vielzahl der Berechtigten nicht sichergestellt, solange kein geschlosse296

Näher dazu: 1. Teil G. II. Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 69; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 246; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 18; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 10 Rn. 15. 298 Mündliche Auskunft des DSW vom 18. Januar 2008. 299 BT-DS 15/1487, S. 24; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 18. 297

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nes koordiniertes Netzwerk zwischen allen Berechtigten besteht.300 Eine Abstimmung unter den Verbraucherzentralen ist über eine verbandsinterne Datenbank möglich.301 Sie erfasst allerdings nicht das Vorgehen der Gewerbeverbände. Motive für ein gewolltes Parallelverhalten können sein, dass ein Gläubiger einem anderen keine sorgfältige Prozessführung zutraut, eine andere Prozesstaktik hat302 oder durch die eigene Geltendmachung in der Öffentlichkeit bekannter werden will. 2. § 428 BGB entsprechend Die gesetzliche Definition der Gesamtgläubiger in § 428 S. 1 BGB passt zu den Gläubigern des Gewinnabschöpfungsanspruchs, weil mehrere Berechtigte die ganze Leistung fordern dürfen, während der Schuldner sie nur einmal bewirken muss. Die Folge des § 428 S. 1 BGB, dass der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten kann, passt dagegen nicht.303 Der Schuldner hat den Gewinn ohne Wahlmöglichkeit ausschließlich an den Bundeshaushalt abzuführen. Die Gläubiger selbst sind nicht zur Annahme des Gewinns berechtigt. Leistet der Schuldner an den Bundeshaushalt, müssen alle Gläubiger ihre anhängigen Klagen für erledigt erklären, um einer negativen Kostenfolge zu entgehen.304 Der Schuldner hat daher keine Wahl, welche Gläubigerforderung er erfüllt.305 § 428 S. 2 BGB hat für § 10 Abs. 1 UWG nur den Regelungsgehalt, dass jeder Gläubiger den ganzen Gewinn selbstständig auch dann noch einfordern kann, wenn ein anderer Gläubiger bereits Klage erhoben hat.306 3. § 429 BGB entsprechend Wie sich eine Veränderung im Verhältnis des Schuldners zu einem Gläubiger auf sein Verhältnis zu anderen Gläubigern auswirkt, regelt § 429 BGB entsprechend.

300

MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 181; Sack, WRP 2003, 549 (556). Mündliche Auskunft des vzbv vom 14. Januar 2008. 302 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 201. 303 Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 118; vgl. auch Piper/Ohly-Piper, UWG, § 10 Rn. 15. 304 MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 184. 305 Anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 207 f.; Mönch, ZIP 2004, 2032 (2036); wohl auch: Halfmeier, Popularklagen, S. 127. 306 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 18. 301

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

a) Abs. 1 Gem. § 429 Abs. 1 BGB wirkt der Verzug eines Gesamtgläubigers auch gegen die übrigen Gläubiger. Ein Annahmeverzug der Gläubiger scheidet bei § 10 Abs. 1 UWG aus, weil sie den Gewinn als die Leistung im Sinne von § 293 BGB nicht annehmen dürfen. Wenn der Bund – aus welchen Gründen auch immer – die Zahlungsannahme verweigert, scheitert ein Verzug zunächst am Wortlaut des § 293 BGB. Allerdings ist § 293 BGB über seinen Wortlaut hinaus anwendbar, wenn vertraglich ein nicht forderungsberechtigter Dritter benannt wird, dem gegenüber das Angebot gemacht werden muss.307 Wird etwa die Auslieferung einer Ware an einen Dritten vereinbart und lehnt dieser eine Annahme ab, tritt Annahmeverzug ein.308 Ob die Annahmezuständigkeit auf einer vertraglichen oder gesetzlichen Regelung beruht, rechtfertigt keine unterschiedliche Behandlung. Deshalb sind die Regeln des Gläubigerverzugs auf die Annahmeverweigerung des Bundes entsprechend anwendbar. Mit der Verweigerung des Bundes tritt Annahmeverzug ein. Dieser Verzug wirkt wegen der gesetzlichen Annahmezuständigkeit, die der Bund für die Ansprüche aller Gläubiger hat, unmittelbar gegenüber allen Gesamtgläubigern ein, ohne dass es eines Rückgriffs auf § 429 Abs. 1 BGB bedarf. § 429 Abs. 1 BGB verfolgt ja nur das Ziel, den Schuldner zu bevorzugen. Er soll sich den Gläubiger, an den er leisten will, aussuchen können.309 Dieses Wahlrecht hat ein Zuwiderhandelnder bei § 10 Abs. 1 UWG nicht.310 § 429 Abs. 1 BGB analog hat daher keinen Anwendungsbereich. b) Abs. 2 Entgegen § 429 Abs. 2 BGB erlöschen die Rechte der übrigen Gläubiger nicht, wenn sich Forderung und Schuld in der Person eines Gesamtgläubigers vereinigen, weil § 10 Abs. 1 UWG nicht die Befriedigung eigener finanzieller Interessen der Gläubiger bezweckt.311 Vom Zweck des § 429 Abs. 2 BGB wäre auf eine Vereinigung des Schuldners mit dem begünstigten Bundeshaushalt abzustellen. Der Bundeshaushalt ist wiederum keine Person, mit der sich eine andere Person vereinen kann. Er ist der Haushalt der Bundesrepublik Deutschland, die sich als Staat, also als Gebietskörperschaft,312 mit keiner anderen 307 308 309 310 311 312

Staudinger-Löwisch, BGB, § 293 Rn. 4. Staudinger-Löwisch, BGB, § 293 Rn. 4. MüKo-Bydlinski, BGB, § 429 Rn. 2. MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 184. Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 18. Stern, Staatsrecht I, S. 235.

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erson – ausgenommen einem anderen Staat – vereinigen kann. Also hat § 429 Abs. 2 BGB auch in analoger Anwendung unter Berücksichtigung der Besonderheiten keinen Regelungsgehalt für den Gewinnabschöpfungsanspruch.313 c) Abs. 3 S. 1 Der entsprechend anzuwendende § 429 Abs. 3 S. 1 BGB erklärt seinerseits die Regelungen zur Gesamtschuld nach den §§ 422, 423 und 425 BGB für entsprechend anwendbar. aa) § 422 BGB (1) Erfüllung Die Erfüllung durch den Schuldner wirkt entsprechend § 422 Abs. 1 S. 1 BGB für die anderen Gläubiger. Mit der Leistung an den Bundeshaushalt erlöschen die Ansprüche aller Gläubiger.314 (2) Aufrechnung Damit die Wirkungen einer Aufrechnung gegenüber den Gesamtgläubigern beurteilt werden kann, muss überhaupt eine Aufrechnung möglich sein. Der Zweck des § 10 UWG, dem Bundeshaushalt den Gewinn zuzuführen, würde unterlaufen, wenn Gläubiger mit eigenen Forderungen gegen den Schuldner oder Schuldner mit eigenen Forderungen gegen einen Gesamtgläubiger aufrechnen könnten. Solche Aufrechnungen sind daher nicht möglich. Deshalb haben die §§ 422 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB für § 10 Abs. 1 UWG keinen Regelungsgehalt.315 (3) Leistung an Erfüllungs statt Bei der Annahme an Erfüllungs statt erlischt das Schuldverhältnis gem. § 364 Abs. 1 BGB, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt. Bei § 10 UWG nimmt der Bund die Leistung an, sodass höchstens ihm das Recht zu einer Annahme an Erfüllungs statt zustehen kann. Die Entscheidung, ob der Gewinn beim Schuldner verbleibt oder wie viel abgeschöpft werden soll, liegt jedoch alleine bei den Gläubigern des § 10 Abs. 1 313

MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 184; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 10 Rn. 15. Mönch, ZIP 2004, 2032 (2034). 315 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 18; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 184; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 10 Rn. 15. 314

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

UWG. Im Ergebnis ist dem Bund auch die Entscheidung, wie der Schuldner erfüllt, nicht zuzugestehen. Der Bund als Träger des Bundeshaushalts darf keine Leistung entsprechend § 364 Abs. 1 BGB an Erfüllungs statt annehmen. (4) Hinterlegung Eine Hinterlegung des abzuführenden Geldes kommt nur in Betracht, wenn sich der Gläubiger gem. § 372 S. 1 BGB in Annahmeverzug befindet oder der Schuldner aus anderen in der Person des Gläubigers liegenden Gründen oder infolge der Ungewissheit über seine Person gem. § 372 S. 2 BGB nicht erfüllen kann. Diese Ungewissheit besteht bei § 10 UWG nicht, weil mit der Person des Gläubigers im Sinne von § 372 S. 2 BGB der Bundeshaushalt gemeint ist. Weil die Gläubiger des § 10 Abs. 1 UWG keine Leistung erhalten, ist ihr Annahmeverzug ausgeschlossen. Für den Fall, dass der Bund sich weigert, die Zahlung entgegenzunehmen, kommt allerdings eine Hinterlegung mit den Wirkungen entsprechend den §§ 378, 379 BGB in Betracht. Insoweit gilt entsprechend § 422 Abs. 1 S. 2 BGB, dass diese Hinterlegung für alle Gläubiger wirkt. bb) § 423 BGB Ähnliche Einwände bestehen gegen die entsprechende Anwendung des § 423 BGB.316 Im allgemeinen Zivilrecht wirkt gem. §§ 429 Abs. 3 S. 1, 423 BGB ein zwischen einem Gesamtgläubiger und dem Schuldner vereinbarter Erlass auch für die übrigen Gesamtgläubiger. Der Erlassvertrag eines Gesamtgläubigers mit dem Schuldner entfaltet allerdings nur dann Gesamtwirkung, wenn der erlassende Gläubiger eine so weitreichende Verfügungsbefugnis hat.317 Sie ergibt sich nicht aus der Verweisung des § 429 Abs. 3 S. 1 BGB auf § 423 BGB, vielmehr setzt sie eine Befugnis als bestehend voraus.318 Eine so weitgehende Befugnis des einzelnen Gläubigers enthält § 10 UWG nicht, weil der gesamte Gewinn auch im öffentlichen Interesse abgeschöpft wird, damit sich unlauterer Wettbewerb nicht lohnt. Dieses Ziel wird nur erreicht, wenn die Gläubiger unabhängig voneinander gegen den Schuldner vorgehen können. Ein Erlass wirkt daher nicht analog den §§ 429 Abs. 3 S. 1, 423 BGB für die übrigen Gläubiger.319 Andererseits spricht nichts dagegen, wenn jeder Gesamtgläubiger des § 10 UWG einen Erlassvertrag abschließen kann, der nur ihn betrifft. Es benachtei316 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 18; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 184; vgl. Piper/Ohly-Piper, UWG, § 10 Rn. 15. 317 BGHZ 40, 108 (112 f.); Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 18. 318 Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 18. 319 Im Ergebnis auch: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 208; generell so: Halfmeier, Popularklagen, S. 245, 326; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1252.

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ligt weder andere Gesamtgläubiger noch den begünstigten Bundeshaushalt, wenn der Gläubiger mit Wirkung zwischen ihm und dem Schuldner auf den Anspruch verzichtet, zumal es jedem Gläubiger freisteht, den Anspruch überhaupt geltend zu machen oder eine Klage zurückzunehmen.320 In diesem Fall wird im allgemeinen Zivilrecht gem. §§ 429 Abs. 3 S. 1, 423 BGB von einer beschränkten Gesamtwirkung des Erlasses ausgegangen. Dabei handelt der Erlassende durch den Erlass der Schuld insoweit mit Wirkung für die anderen Gläubiger, als er sich zum endgültigen Verzicht auf den ihm im Innenverhältnis gebührenden Anteil verpflichtet.321 Da den Gläubigern des § 10 Abs. 1 UWG kein eigener Anteil am Gewinn gebührt, haben die §§ 429 Abs. 3 S. 1, 423 BGB auch in analoger Anwendung keinen Regelungsgehalt. cc) § 425 BGB Entsprechend § 425 BGB ist klargestellt, dass andere Tatsachen nur für und gegen den Gesamtgläubiger, in dessen Person sie eintreten, wirken. Welche Tatsachen bei § 10 Abs. 1 UWG eintreten können, ist anhand der Besonderheiten dieses Anspruchs zu untersuchen.322 (1) Kündigung Eine Kündigung und sonstige Gestaltungsrechte wie dem Rücktritt, der Minderung oder Anfechtung scheiden im Rahmen der Gewinnabschöpfung aus. (2) Schuldnerverzug Analog den §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 Abs. 2 BGB kann jeder Gesamtgläubiger den Verzug des Schuldners nur mit Einzelwirkung gegenüber sich selbst herbeiführen. Der Schuldner des Abschöpfungsanspruchs kann in Verzug im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB geraten, sodass die Einzelwirkung gilt. (3) Verschulden eines Gesamtgläubigers Analog § 425 Abs. 2 BGB hat jeder Gesamtgläubiger nur sein eigenes Verschulden zu vertreten. Umgekehrt wird der Schuldner sein schuldhaftes Verhal320 Dazu auch: Schaumburg, Verbandsklage, S. 196–199; Halfmeier, Popularklagen, S. 329. 321 Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 20. 322 Die Beispiele orientieren sich an: Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 23–56. Dabei werden unter (1) bis (6) zuerst die in § 425 Abs. 2 BGB genannten Beispiele untersucht, bevor auf die Generalklausel des Abs. 1 zurückgegriffen wird.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

ten regelmäßig gegenüber allen Gesamtgläubigern zu vertreten haben.323 Entsprechendes gilt auch bei § 10 Abs. 1 UWG. (4) Unmöglichkeit der Leistung in der Person des Schuldners Wird dem Schuldner seine Leistung unmöglich, ist er gem. § 275 Abs. 1 BGB allen Gläubigern gegenüber von der Leistungspflicht befreit. Insoweit läuft die Regelung in § 425 Abs. 2 BGB bereits im allgemeinen Zivilrecht leer. (5) Verjährung inkl. Neubeginn und (Ablauf-)Hemmung Die Verjährung, ihr Neubeginn und ihre (Ablauf-)Hemmung haben Einzelwirkung. Der Gläubiger kann eine Stundung für eine fällige Schuld nur mit Wirkung für sich selbst gewähren,324 was ebenso für § 10 Abs. 1 UWG gilt. (6) Rechtskräftiges Urteil Ein rechtskräftiges Urteil wirkt nur zwischen den Prozessparteien. Diese Einzelwirkung gilt auch beim Gewinnabschöpfungsanspruch.325 (7) Vergleich Ein Vergleich zwischen einem Gesamtgläubiger und dem Schuldner hat nach den §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 Abs. 1 BGB Einzelwirkung. Bei § 10 Abs. 1 UWG scheidet ein Vergleich mit Wirkung für die übrigen Gläubiger aus, weil die einzelnen Gläubiger keine Verfügungsbefugnis über sämtliche Ansprüche haben und nicht mit Wirkung für die übrigen Gläubiger auf einen Forderungsteil verzichten können.326 Der Schuldner kann lediglich mit einem einzelnen Gläubiger einen Vergleich schließen, um etwa die qualifizierte Einrichtung von der Geltendmachung des Gewinnabschöpfungsanspruchs abzuhalten. Ein solcher Vergleich hindert jedoch nicht die anderen Berechtigten, den Abschöpfungsanspruch geltend zu machen. Ein Vergleich entfaltet daher nach § 10 Abs. 3 UWG i.V. m. den §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 Abs. 1 BGB nur Einzelwirkung zwischen dem Schuldner und dem vertragsschließenden Gesamtgläubiger.

323

Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 47. Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 52. 325 Halfmeier, Popularklagen, S. 127. 326 MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 183; im Ergebnis auch: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 208; Halfmeier, Popularklagen, S. 332; dagegen offen gelassen von: Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 58. 324

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit

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(8) Befreiende Schuldübernahme durch einen Dritten Eine befreiende Schuldübernahme durch einen Dritten, die in den §§ 414 f. BGB geregelt ist und die unter eine Tatsache im Sinne von § 425 Abs. 1 BGB fällt,327 führt einen Schuldnerwechsel herbei, ohne den Inhalt der Forderung zu ändern. Sie setzt die Verfügungsbefugnis des Gläubigers voraus. Schon im allgemeinen Zivilrecht fehlt sie einem Gesamtgläubiger im Verhältnis zu den anderen regelmäßig.328 Die befreiende Schuldübernahme kann in diesem Fall nur gegenüber dem einzelnen Gesamtgläubiger gelten. Die übrigen Gläubiger behalten den ursprünglichen Schuldner. Bei § 10 Abs. 1 UWG fehlt den Gläubigern die Verfügungsbefugnis im Verhältnis zu den anderen Gesamtgläubigern. Ausgeschlossen wäre die Schuldübernahme bei einer höchstpersönlichen Schuld. Da es sich bei § 10 UWG nicht um eine Strafe oder eine Regelung mit strafähnlicher Wirkung handelt, spielt die Höchstpersönlichkeit und Unübertragbarkeit von Strafe329 keine Rolle. Der begünstigte Bundeshaushalt erleidet keinen Verlust, weil ihm bis zur Erfüllung durch den Dritten noch die Abschöpfungsansprüche aller übrigen Gläubiger gegen den ursprünglichen Schuldner zur Verfügung stehen. Auch die abschreckende Wirkung des § 10 UWG wird erreicht, weil jeder Zuwiderhandelnde zunächst zur Abführung seines Gewinns verpflichtet ist und mit der tatsächlichen Geltendmachung des Anspruchs rechnen muss. Zudem sprechen die praktischen Umgehungsmöglichkeiten gegen eine Höchstpersönlichkeit der Abführungspflicht.330 Es wäre reiner Formalismus, die Zahlung eines Dritten zurückzuweisen. Denn der Dritte hätte es in der Hand, dem Verletzer direkt den Geldbetrag zu erstatten, ohne dass die internen Zahlungswege überprüft werden können. Das Interesse an der Abschöpfung des Gewinns und der Abschreckung steht somit einer befreienden Schuldübernahme nicht entgegen. Analog den §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 Abs. 1 BGB hat die Schuldübernahme durch einen Dritten bis zur Erfüllung nur Einzelwirkung. (9) Schuldbeitritt eines Dritten Der gesetzlich nicht geregelte Schuldbeitritt eines Dritten hat ebenfalls nur Einzelwirkung.331 Da er den anderen Gläubigern keinen Nachteil und dem Bun327 328 329 330

Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 26. Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 26. BGHSt 37, 226 (229); Hillenkamp, FS Lackner, S. 455 f. Zur Straflosigkeit, wenn ein Dritter die Geldstrafe bezahlt: BGHSt 37, 226

(231). 331

Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 29.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

deshaushalt sogar einen Vorteil bereitet, weil eine weitere Person für die Gewinnabschöpfung in Anspruch genommen werden kann, ist sie bei § 10 Abs. 1 UWG möglich und entfaltet analog den §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 Abs. 1 BGB Einzelwirkung. (10) Erfüllungsübernahme Gleiches gilt für die Erfüllungsübernahme als typischen Fall des unechten Vertrags zugunsten Dritter. Da keinem Beteiligten ein Nachteil entsteht, ist er bei § 10 Abs. 1 UWG anwendbar und hat analog den §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 Abs. 1 BGB Einzelwirkung. (11) Novation (Schuldersetzung) Eine Novation ist eine Schuldersetzung und hat nach den §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 Abs. 1 BGB Einzelwirkung.332 Da den Gläubigern des § 10 Abs. 1 UWG die Entscheidungsbefugnis zusteht über die Frage, ob und wie viel Gewinn sie abschöpfen möchten, spricht nichts dagegen, ihnen auch eine Schuldersetzung zu erlauben. Die Novation hat gem. § 10 Abs. 3 UWG entsprechend den §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 Abs. 1 BGB keine Gesamtwirkung. (12) Verpfändung Eine Verpfändung durch Rechtsgeschäft mit einem Gesamtgläubiger hat gem. §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 Abs. 1 BGB Einzelwirkung.333 Die Gläubiger des § 10 Abs. 1 UWG sind jedoch Inhaber eines höchstpersönlichen Rechts, das gem. § 399, 1. Var. BGB nicht übertragbar334 und daher nach § 1274 Abs. 2 BGB nicht verpfändbar ist. (13) Zwangsvollstreckung Eine Zwangsvollstreckung durch die Gläubiger scheitert nicht an der Tatsache, dass Empfänger des Abschöpfungsanspruchs der Bundeshaushalt ist. Die zur Geltendmachung Berechtigten sind – ähnlich wie auch die forderungsberechtigte Partei eines unechten Vertrags zugunsten Dritter – Gläubiger des § 10 Abs. 1 UWG. Anordnungen in der Zwangsvollstreckung, etwa ein Verfügungsverbot gem. § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO, haben daher nur Einzelwirkung gegenüber dem Gesamtgläubiger, der Vollstreckungsschuldner ist.335 332 333 334 335

Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 30. Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 53. Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 17, § 8 Rn. 3.18, 3.21. Staudinger-Noack, BGB, § 429 Rn. 56.

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit

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(14) Verwirkung Eine Verwirkung als Unterfall des Missbrauchs wegen widersprüchlichen Verhaltens gem. § 242 BGB scheidet im Wettbewerbsrecht aus, wenn neben individuellen Interessen des Gläubigers auch Interessen der Allgemeinheit oder der Marktgegenseite, insbesondere der Verbraucher, betroffen sind.336 Bei § 10 Abs. 1 UWG schließt dessen überindividueller Zweck wie bei Ansprüchen aus dem Unterlassungsklagegesetz337 eine Verwirkung vollständig aus.338 (15) Zusammenfassung Der Verweis des § 10 Abs. 3 UWG auf die entsprechende Anwendung der §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 BGB hat für den Schuldnerverzug, das Verschulden eines Gesamtgläubigers, die Verjährung, das rechtskräftige Urteil, den Vergleich, die befreiende Schuldübernahme durch Dritte, den Schuldbeitritt eines Dritten, die Erfüllungsübernahme, Novation und Anordnungen in der Zwangsvollstreckung einen Regelungsgehalt und ordnet jeweils die Einzelwirkung dieser Tatsachen an. Keinen Anwendungsbereich hat der Verweis für die Kündigung und sonstigen Gestaltungsrechte, die Unmöglichkeit, Verpfändung und Verwirkung. d) Abs. 3 S. 2 § 429 Abs. 3 S. 2 BGB hat keinen Anwendungsbereich, weil die Gesamtgläubiger des § 10 Abs. 1 UWG den Abschöpfungsanspruch nicht abtreten können.339 Eine Abtretung an Dritte oder eine Ermächtigung zur Geltendmachung würde die Beschränkung der Anspruchsberechtigung aushöhlen.340 Es handelt sich wie bei § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 UWG um höchstpersönliche Ansprüche, bei denen nach § 399 1. Var. BGB die Abtretung an Dritte ausgeschlossen ist.341 Die Analogie zu § 3 Abs. 1 S. 2 UKlaG dürfte bereits an der planwidrigen Regelungslücke scheitern, weil der Gesetzgeber die Klagebefugnis ausdrücklich abschließend geregelt hat.342 Jedenfalls können die nach § 8 Abs. 3 Nrn. 2 bis 336 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 2.33, MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 306; Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 92a. 337 BGH, NJW 1995, 1488 (1488 f.). 338 MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 307. 339 Halfmeier, Popularklagen, S. 129; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 184. 340 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 17; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 117 f.; im Ergebnis auch: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 95. 341 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.18, 3.21, § 10 Rn. 17; MüKo-Ottofülling, UWG, § 8 Rn. 334, -Micklitz, § 10 Rn. 95. 342 BT-DS 15/1487, S. 22.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

4 UWG Berechtigten einen eigenen Anspruch geltend machen, sodass für eine Abtretung ein sachliches Bedürfnis fehlt. Ist der eigene Anspruch eines Gläubigers einredebehaftet, darf dieses Durchsetzungshindernis, das der Gesetzgeber dem Schuldner zugesteht, nicht durch die Abtretung eines anderen Anspruchs umgangen werden.343 Und § 3 Abs. 1 S. 2 UKlaG ist eine politisch umstrittene Vorschrift, deren Anwendungsbereich nicht ausgedehnt werden sollte.344 4. § 430 BGB entsprechend Entsprechend § 430 BGB sind die Gesamtgläubiger im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Weil der Bundeshaushalt den Gewinn unmittelbar erhält, haben die Gläubiger untereinander zunächst nichts zu verteilen.345 Leistungsempfänger sind die Gläubiger nur hinsichtlich ihrer Aufwendungen für die Geltendmachung des Abschöpfungsanspruchs. Ersetzt der Schuldner diese Aufwendungen nicht in voller Höhe, so sind die Ansprüche im Verhältnis der Gläubiger untereinander zu gleichen Anteilen zu erfüllen.346 Gleiches gilt für den Fall, dass die Aufwendungen gem. § 10 Abs. 4 S. 2 UWG aus dem Bundeshaushalt erstattet werden.347 Was dabei zu gleichen Anteilen genau bedeutet, lässt sich nicht unmittelbar erschließen,348 weil die Aufwendungen bei den Gläubigern ganz unterschiedlich hoch ausfallen können. Einerseits könnten die Gläubiger einen einheitlichen Betrag pro Kopf erhalten, sodass bei zwei Gläubigern der zu verteilende Betrag halbiert wird. Andererseits könnte die vorhandene Summe prozentual im Verhältnis zur konkreten Aufwendungshöhe verteilt werden, sodass der Gläubiger mit der höchsten Aufwendung auch den höchsten Erstattungsbetrag erhält, aber keiner seine gesamten Aufwendungen ersetzt bekommt. Gegen einen Pauschalbetrag pro Kopf spricht folgendes fiktives Beispiel: Von zwei Gläubigern wird ein Gewinnabschöpfungsanspruch in Höhe von 3.000 Euro erfolgreich durchgesetzt. Gläubiger eins hat 1.500 Euro aufgewandt, Gläubiger zwei dagegen 4.500 Euro. Fest steht, dass Gläubiger eins alleine lediglich 500 Euro an Gewinn erfolgreich abgeschöpft hätte, weil er das Verfahren nach343

Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.19, 3.21, § 10 Rn. 17. Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.21. 345 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 18; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 184; deshalb verneinen einen Anwendungsbereich: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 197; Halfmeier, Popularklagen, S. 127. 346 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 18; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 184; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 118; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 10 Rn. 15. 347 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 18; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 184; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 10 Rn. 15. 348 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 246. 344

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit

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lässig geführt hat. Wenn der Schuldner die Aufwendungen nicht ersetzen kann, steht der abgeschöpfte Gewinn gem. § 10 Abs. 4 S. 3 UWG zur Erstattung zur Verfügung. Allen Gläubigern steht dabei der gesamte abgeführte Gewinn zur Verfügung, weil die Erstattung der Aufwendungen nicht auf den Teilgewinn begrenzt ist, der vom jeweiligen Gläubiger erfolgreich geltend gemacht wurde. Nach der Verteilung zu gleichen Anteilen pro Kopf würde Gläubiger eins die Hälfte von 3.000 Euro erhalten, also seine gesamten Aufwendungen in Höhe von 1.500 Euro. Das sind 1.000 Euro mehr, als er von dem Bundeshaushalt bekommen hätte, wenn er alleine den Gewinn in Höhe von nur 500 Euro abgeschöpft hätte. Dann würde der Grundgedanke des § 430 BGB, die Nachteile einer Gläubigermehrheit auf die einzelnen Gläubiger zu verteilen, ins Gegenteil verkehrt. Um den Gläubiger mit den höheren Aufwendungen nicht zu benachteiligen, ist die Verteilung prozentual im Verhältnis zu den erstattungsfähigen Aufwendungen vorzugswürdig. Im Ausgangsbeispiel hat Gläubiger eins mit 1.500 Euro fünfundzwanzig Prozent aufgewendet, Gläubiger zwei mit 3.500 Euro fünfundsiebzig Prozent. Entsprechend erhält Gläubiger eins 750 Euro und Gläubiger zwei 2.250 Euro. 5. Zusammenfassung Der Verweis von § 10 Abs. 3 UWG auf die entsprechende Geltung der §§ 428 bis 430 BGB hat folgende Bedeutung: Keinen Anwendungsbereich haben die §§ 429 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 i.V. m. den §§ 422 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB. Gleiches gilt für § 429 Abs. 3 S. 2 BGB, weil die Gesamtgläubiger den Abschöpfungsanspruch nicht abtreten können. Und ein Erlass wirkt nicht analog §§ 429 Abs. 3 S. 1 i.V. m. § 423 BGB für die übrigen Gläubiger. Dagegen wirkt die Erfüllung entsprechend § 429 Abs. 3 S. 1 i.V. m. § 422 Abs. 1 S. 1 BGB gegenüber allen Gläubigern. Für den Fall, dass der Bund sich weigert, die Zahlung entgegenzunehmen, wirkt diese Hinterlegung entsprechend § 429 Abs. 3 S. 1 i.V. m. § 422 Abs. 1 S. 2 BGB für alle Gläubiger. Der Verweis des § 10 Abs. 3 UWG auf die entsprechende Anwendung der §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 BGB hat für den Schuldnerverzug, das Verschulden eines Gesamtgläubigers, die Verjährung, das rechtskräftige Urteil, den Vergleich, die befreiende Schuldübernahme durch Dritte, den Schuldbeitritt eines Dritten, die Erfüllungsübernahme, Novation und Anordnungen in der Zwangsvollstreckung einen Regelungsgehalt und ordnet jeweils die Einzelwirkung dieser Tatsachen an. Keinen Anwendungsbereich hat der Verweis für die Kündigung und sonstigen Gestaltungsrechte, die Unmöglichkeit, Verpfändung und Verwirkung.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Entsprechend § 430 BGB sind die Gesamtgläubiger hinsichtlich ihrer Aufwendungsersatzansprüche im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt. Die Verteilung hat prozentual im Verhältnis zur konkreten Aufwendungshöhe zu erfolgen.

IV. Missbrauch § 10 UWG sieht keine speziellen Regelungen gegen den Missbrauch der Gewinnabschöpfung vor. Ein ausdrücklicher Verweis auf § 8 Abs. 4 UWG, der unmittelbar nur für den Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gilt, fehlt sowohl in § 10 UWG als auch in der Gesetzesbegründung.349 1. Grund für die Einführung des § 8 Abs. 4 UWG § 8 Abs. 4 UWG soll die Entstehung missbräuchlicher Abmahnvereine verhindern und fungiert daneben als Korrektiv gegenüber der weit gefassten Anspruchsberechtigung.350 Entsprechend seinem Zweck erklärt § 8 Abs. 4, 2. Hs. UWG die Geltendmachung ausdrücklich für missbräuchlich, wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Verletzer einen Aufwendungs- und Kostenerstattungsanspruch zu erhalten. Einen solchen Erstattungsanspruch gewährt § 12 Abs. 1 S. 2 UWG für die vorprozessuale Abmahntätigkeit. Vor dem Hintergrund, dass auch zu Unrecht Abgemahnte häufig die geforderte Unterlassungserklärung außerprozessual abgeben werden, um Zeit und Kosten zu sparen,351 birgt der Anspruch auf Unterlassen ein erhebliches Missbrauchsrisiko. Dagegen ist die Wahrscheinlichkeit, den Schuldner nach § 10 UWG außerprozessual zu Unrecht erfolgreich in Anspruch zu nehmen, äußerst gering, weil der Schuldner einen Gewinn nicht ohne detaillierten Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen zahlen wird. Außerdem existieren für die Gewinnabschöpfung keine Erstattungsvorschriften für die außerprozessualen Aufwendungen. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG greift nicht ein, weil eine Abmahnung inhaltlich auf ein künftiges Unterlassen gerichtet ist. Sie ist keine Voraussetzung für die Abschöpfung des in der Vergangenheit erzielten Gewinns. Statt einer Missbrauchsgefahr ist wohl vielmehr die gegenteilige Befürchtung begründet, die Berechtigten würden von ihrem Anspruch nach § 10 Abs. 1 UWG keinen Gebrauch machen.352

349

BT-DS 15/1487, S. 23 f. BGH, GRUR 2000, 1089 (1090); MüKo-Fritzsche, UWG, § 8 Rn. 447. 351 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Bergmann, UWG, § 8 Rn. 306. 352 BT-DS 15/1487, S. 35; Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 (562); siehe auch: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 176. 350

C. Gläubiger und Schuldner, einschließlich Gläubigermehrheit

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2. Rückgriff auf § 242 BGB oder Analogie zu § 8 Abs. 4 UWG Daraus folgt jedoch nicht, dass missbräuchliche Verhaltensweisen, sollten sie dennoch einmal vorkommen, bei § 10 UWG zulässig sind.353 Teilweise wird § 8 Abs. 4 UWG analog auf den Gewinnabschöpfungsanspruch angewendet.354 Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage voraus. Sie fehlt, wenn die Fälle des § 8 Abs. 4 UWG mit dem in § 242 BGB kodifizierten Gebot von Treu und Glauben gelöst werden können. § 8 Abs. 4 UWG setzt überwiegend sachfremde Ziele des Anspruchsstellers voraus, die als Triebfeder und beherrschendes Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen.355 Beispiele für eine missbräuchliche Geltendmachung sind (1) das vorrangige Ziel, den Verletzer mit Kosten und Risiken zu binden, wie bei der Spaltung einer Klage und Mehrfachklagen ohne vernünftigen Grund, (2) sukzessive gegen den Verletzer vorzugehen, um ihn im Wettbewerb zu behindern, und (3) den Verletzer diskriminierend auszuwählen, indem etwa ein Verband nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgeht, sondern deren Verstöße planmäßig duldet.356 Diese Beispiele können bei der Gewinnabschöpfung unter § 242 BGB als unzulässige Rechtsausübung in Form des Verbots des Rechtsmissbrauchs gefasst werden. Innerhalb des § 242 BGB haben sich typische Fallgruppen in der Rechtsprechung herausgebildet,357 wobei wie in § 8 Abs. 4 UWG die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.358 Selbst bei Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen ist für sonstige, nicht von § 8 Abs. 4 UWG erfasste Fälle ein Rückgriff auf § 242 BGB ohne Weiteres möglich, weil § 8 Abs. 4 UWG keine abschließende Regelung mit Sperrwirkung enthält.359 Es gibt auch keinen wesentlichen Unterschied in der Rechtsfolge der beiden Regelungen. § 242 BGB begrenzt den Anspruch inhaltlich und begründet eine materiellrechtliche Einwendung.360 Die Einordnung des § 8 Abs. 4 UWG ist 353 Ein fehlendes Bedürfnis für eine entsprechende Anwendbarkeit sieht dagegen: Halfmeier, Popularklagen, S. 131. 354 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 212; Hefermehl/Köhler/BornkammKöhler, UWG, § 10 Rn. 19; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 176; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 10 Rn. 21. 355 BGH, GRUR 2000, 1089 (1090); Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 4.10. 356 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 4.13–4.21. 357 Nachweise bei: Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 42 f. 358 Zu § 8 Abs. 4 UWG: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 4.11; zu § 242 BGB: Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 38. 359 Fezer-Büscher, UWG, § 8 Rn. 229; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 4.6. 360 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 4.4; zur Geltendmachung eines Rechts aus sachfremden Zwecken im Bürgerlichen Recht: Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 41.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

umstritten: Nach einer Auffassung sei § 8 Abs. 4 UWG ein speziell geregelter Fall der unzulässigen Rechtsausübung, so dass eine missbräuchlich erhobene Klage als unbegründet abzuweisen sei.361 Nach anderer Auffassung betreffe § 8 Abs. 4 UWG die Klagebefugnis,362 wobei das Gericht aus Gründen der Prozessökonomie von der Prüfung des Missbrauchs absehen könne, wenn feststehe, dass die Klage unbegründet ist.363 Der Unterschied der zweiten Ansicht wird im Revisionsverfahren bedeutsam, weil nur nach der zuletzt genannten Auffassung eine Beweiserhebung über die Klagebefugnis von Amts wegen im Wege des Freibeweises möglich ist.364 Dieser Unterschied der zweiten Ansicht ist nicht so bedeutsam, dass er eine Regelungslücke als Voraussetzung für eine Analogie begründen könnte. Dogmatisch gebührt dem Rückgriff auf die Generalklausel des § 242 BGB der Vorzug vor einer Analogie, weil insoweit eine Regelungslücke als Voraussetzung der Analogie fehlt. Inhaltlich lassen sich die unter § 8 Abs. 4 UWG fallenden Beispiele über § 242 BGB unter Erweiterung der bisherigen Fallgruppen lösen.

V. Zusammenfassung Die zur Geltendmachung Berechtigten sind Gläubiger, (materiell) anspruchsberechtigt, sachbefugt, aktivlegitimiert, verfügungs-, klage-, prozess- und prozessführungsbefugt. Sie sind keine Prozessstandschafter. § 10 Abs. 1 i.V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG regelt die Anspruchsberechtigung und nicht die Klageund Prozessführungsbefugnis. Eine Prozessstandschaft durch Dritte ist ausgeschlossen. Der Gewerbeverband muss Mitglieder haben, die dem Zuwiderhandelnden als Mitbewerber und nicht nur als sonstige Marktteilnehmer gegenüberstehen. Verbandsmitglieder, zu deren Lasten der Gewinn gerade erzielt worden ist, reichen nicht aus, obwohl diese ein erhebliches Interesse an der Abschöpfung haben. Dem Verband muss erst im Zeitpunkt der Klageerhebung eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehören, die ihrerseits schon im Zeitpunkt der Verletzungshandlung Mitbewerber waren. Schuldner ist, wer zuwiderhandelt und den Gewinn erzielt. § 31 BGB ist mit seinem unmittelbaren und auf Repräsentanten erweiterten Regelungsgehalt, einschließlich der Lehre vom Organisationsmangel, analog anwendbar. 361 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 4.4; Köhler, FS Schricker, 725 (726 f.). 362 BT-DS 10/5771, S. 22; vgl. BGH, GRUR 1996, 804 (806); Fezer-Büscher, UWG, § 8 Rn. 230. 363 BGH, GRUR 1999, 509 (510). 364 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 4.4, 4.25.

D. Vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG

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Der Geschäftsherr haftet analog § 831 BGB für das Verhalten seiner Verrichtungsgehilfen, wenn der Geschäftsherr vorsätzlich seine Auswahl-, Organisations- oder Überwachungspflicht verletzt, während der Verrichtungsgehilfe auch schuldlos dem § 3 UWG zuwiderhandeln darf. Die §§ 278, 830 Abs. 2 BGB sind bei § 10 UWG anwendbar. Die Hinweispflicht des Schuldners über Mehrfachverfolgungen endet, sobald die Gläubiger ihre Praxis anpassen und die Geltendmachungen dem Bundesamt für Justiz von sich aus vollständig melden. Keinen Anwendungsbereich haben §§ 429 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 i.V. m. den §§ 422 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB. Gleiches gilt für § 429 Abs. 3 S. 2 BGB, weil die Gesamtgläubiger den Abschöpfungsanspruch nicht abtreten können. Und ein Erlass wirkt nicht analog §§ 429 Abs. 3 S. 1 i.V. m. § 423 BGB für die übrigen Gläubiger. Dagegen wirkt die Erfüllung entsprechend § 429 Abs. 3 S. 1 i.V. m. § 422 Abs. 1 S. 1 BGB gegenüber allen Gläubigern. Für den Fall, dass der Bund sich weigert, die Zahlung entgegenzunehmen, wirkt diese Hinterlegung entsprechend § 429 Abs. 3 S. 1 i.V. m. § 422 Abs. 1 S. 2 BGB für alle Gläubiger. Der Verweis des § 10 Abs. 3 UWG auf die entsprechende Anwendung der §§ 429 Abs. 3 S. 1, 425 BGB hat für den Schuldnerverzug, das Verschulden eines Gesamtgläubigers, die Verjährung, das rechtskräftige Urteil, den Vergleich, die befreiende Schuldübernahme durch Dritte, den Schuldbeitritt eines Dritten, die Erfüllungsübernahme, Novation und Anordnungen in der Zwangsvollstreckung einen Regelungsgehalt und ordnet jeweils die Einzelwirkung dieser Tatsachen an. Keinen Anwendungsbereich hat der Verweis für die Kündigung und sonstigen Gestaltungsrechte, die Unmöglichkeit, Verpfändung und Verwirkung. Entsprechend § 430 BGB sind die Gesamtgläubiger hinsichtlich ihrer Aufwendungsersatzansprüche im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt. Die Verteilung erfolgt prozentual im Verhältnis zur konkreten Aufwendungshöhe. Eine missbräuchliche Geltendmachung fällt als unzulässige Rechtsausübung unter § 242 BGB.

D. Vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG I. Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG § 10 Abs. 1 UWG setzt eine Zuwiderhandlung des Schuldners gegen § 3 UWG voraus. Weil die Streuschäden des § 10 UWG Breitenwirkung entfalten, sind solche Verstöße nicht nur unerheblich im Sinne des § 3 UWG, selbst wenn

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

die Auswirkung beim einzelnen Abnehmer für sich gesehen unerheblich ist.365 Jedoch beruht nicht jeder Streuschaden auf einer unlauteren Handlung im Sinne des § 3 UWG. Häufig vorkommende Fallgruppen der Streuschäden sind die Einziehung geringer Beträge ohne Rechtsgrund, Vertragsschlüsse aufgrund irreführender Werbung, gefälschte Produkte sowie Mogelpackungen.366 Die Verschleierung des Werbecharakters kann gem. § 4 Nr. 3 UWG in den Fällen des Adressbuchschwindels bedeutsam werden. Diese Art der unlauteren Gewinnerzielung liegt den Sachverhalten dreier Urteile der Landgerichte Bremen, Bonn und Frankfurt a. M. zu § 10 UWG zugrunde.367 Der Verkauf gefälschter Produkte ist ein denkbarer Fall des ergänzenden Leistungsschutzes gem. § 4 Nr. 9 UWG. Wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, handelt nach § 4 Nr. 11 UWG unlauter. Hierunter kann die Verletzung verbraucherschützender Gesetze fallen, sofern sie keine abschließende Regelung enthalten.368 Daher können etwa die Verwendung unwirksamer AGB369 und das Vermarkten nicht verkehrsfähiger Produkte, wie verunreinigte Lebensmittel, unlauter sein.370 In zwei Verfahren zu § 10 UWG vor dem Landgericht Frankfurt a. M. wird ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1, Abs. 6 S. 2 PAngV371 gerügt und über die §§ 3, 4 Nr. 11 UWG geltend gemacht.372 Es geht um Internetseiten, die einen Zugang zu einem „Gedichte-Archiv“ und zur „Namens- und Ahnenforschung“ anbieten. Die Hinweise auf die Preise für einen dreimonatigen Zugang in Höhe von 365 BT-DS 15/1487, S. 17; Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 137; Heermann, GRUR 2004, 94 (95, 99); Pokrant, FS Ullmann, S. 813 (814); zur Einziehung geringer Beträge ohne Rechtsgrund: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 87. 366 BT-DS 15/1487, S. 23; ausführlich: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 21–40; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 98–104; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 69–89. 367 LG Bremen, Anerkenntnis-Teilurteil vom 13. April 2005, AZ: 12 O 47/05 (bisher unveröffentlicht); LG Bonn, Teil-Versäumnisurteil vom 03. Mai 2005 (bisher unveröffentlicht); LG Frankfurt a. M., Teil-Versäumnisurteil vom 10. Juni 2005, AZ: 3-11 O 19/05 (bisher unveröffentlicht). 368 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 4 Rn. 11.7, 11.17; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 79. 369 Halfmeier, Popularklagen, S. 296; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 4 Rn. 11.17; Schaumburg, Verbandsklage, S. 126 f. 370 Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 80 f. 371 Preisangabenverordnung (PAngV), in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Oktober 2002, BGBl. 2002 I, S. 4197, zuletzt geändert durch Gesetz vom 07. Juli 2004, BGBl. 2004 I, S. 1414. 372 LG Frankfurt, Teilversäumnis- und Teilurteile vom 05. September 2007, AZ: 308 O 35/07 und 3-08 O 36/07 (bisher unveröffentlicht).

D. Vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG

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39,95 Euro zum „Gedichte-Archiv“ und für einen zwölfmonatigen Zugang in Höhe von 60 Euro zur „Namens- und Ahnenforschung“ erfolgte jeweils nur durch ein Sternchen. In einem noch nicht abgeschlossenen Verfahren vor dem Landgericht München wird der Gewinn aus dem rechtkräftig festgestellten Verstoß gegen die Euro-Umrechnungsvorschrift des Art. 5 der VO (EG) 1103/97373 geltend gemacht. Der beklagte Mobilfunkanbieter hat bei der Umstellung der Währung von DM auf Euro die Minutenpreise für das Telefonieren gerundet, obwohl er nur zur Rundung des Rechnungsendbetrags berechtigt gewesen ist.374 Die kartellrechtlichen Vorschriften sehen dagegen abschließende Sanktionsregelungen insbesondere auch hinsichtlich der Vorteilsabschöpfung vor.375 Mogelpackungen, Täuschungen über allgemeine Produkteigenschaften und irreführende Werbung mit dem Verweis auf Mehrwertdienstnummern sind mögliche Beispiele für eine irreführende Werbung gem. § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Unerwünschte Telefon-, Fax-, E-Mail- und SMS-Werbungen können eine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 UWG darstellen. Allerdings beschränkt das Tatbestandsmerkmal „zu Lasten“ besonders diese Fallgruppe.376 Die Einziehung geringer Beträge ohne Rechtsgrund kann nach § 3 UWG unlauter sein. Das Bundesministerium der Justiz hat einen Referentenentwurf vom 27.07. 2007 vorgelegt, in dem die Wörter „Wer dem § 3 vorsätzlich zuwiderhandelt“ durch die Wörter „Wer vorsätzlich eine nach § 3 unzulässige Wettbewerbshandlung vornimmt“ ersetzt werden sollen.377 Das ist eine rein formale Anpassung des § 10 Abs. 1 UWG an die geplante Änderung des Wortlauts in § 3 UWG, der um einen neuen Abs. 2 ergänzt werden soll, ohne die Abschöpfungsregelung inhaltlich zu ändern.378

373 Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates vom 17. Juni 1997 über bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des Euro, ABl. EG vom 19.06. 1997, Nr. L 162, S. 1. 374 Landgericht München I, AZ: 33 O 17282/07; siehe auch unter der Rubrik „Telefon + Internet“ und „Aktuelles“ die Meldung vom 26.10.2007, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: www.vzhh.de. 375 BGHZ 166, 154 = BGH, GRUR 2006, 773 (774) [„Probeabonnement“]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 4 Rn. 11.12; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 78–79; siehe auch: 2. Teil A. I. 2. c). 376 Anders: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 106. 377 Referentenentwurf vom 27.07.2007, S. 6, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.vzbv.de/mediapics/referentenentwurf_aenderung_uwg_27_07_07.pdf. 378 Referentenentwurf vom 27.07.2007, S. 3, 38 f., 51.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

II. Vorsatz 1. Bezugspunkt: Zuwiderhandlung § 10 Abs. 1 UWG setzt im subjektiven Tatbestand Vorsatz hinsichtlich der Zuwiderhandlung voraus. Der Vorsatz muss sich nicht auf die weiteren Merkmale des § 10 Abs. 1 UWG beziehen: Die Voraussetzung, hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn zu erzielen, ist nur eine objektive Bedingung der Gewinnabschöpfung.379 2. Elemente des Vorsatzes a) Allgemein: kognitives und voluntatives Element Der Vorsatz wird wie im allgemeinen Zivilrecht (§ 276 BGB) und in § 9 UWG bestimmt und setzt sich aus einem kognitiven und einem voluntativen Element zusammen.380 Bei § 10 Abs. 1 UWG sind das Wissen und der Wille erforderlich, dem § 3 UWG zuwiderzuhandeln. Für das kognitive Element reicht es aus, dass der Handelnde den Erfolg zumindest für möglich hält.381 Selbst Angaben ins Blaue hinein genügen, wenn der Handelnde abstrakt mit der Möglichkeit rechnet und sich lediglich der Kenntnis der Tatumstände bewusst verschließt.382 b) Bewusstsein der Unlauterkeit Der Vorsatz muss sich auch auf die Rechtswidrigkeit beziehen383 und bei § 3 UWG das Bewusstsein der Unlauterkeit einschließen.384 Dabei kommt es nicht 379 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 110; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 89; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 47; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 6; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 107. 380 Beuchler, WRP 2006, 1288 (1289); Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 41; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 105; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 89; Schaumburg, Verbandsklage, S. 113. 381 BGH, NJW 1988, 2794 (2797) [zu § 27 StGB]; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 9 Rn. 20; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 105. 382 BGH, GRUR 1995, 693 (695) [zu § 826 BGB]; BGH, GRUR 2002, 795 (798) [zu § 1 UWG a. F.]; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 9 Rn. 21. 383 BGHZ 118, 201 (208) [zu § 823 Abs. 1 BGB]; Beuchler, WRP 2006, 1288 (1289); Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 160; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 90. 384 Vgl. zu § 9 UWG: BT-DS 15/1487, S. 23; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 9 Rn. 23; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 1.17; zu § 10: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 111; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 91; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 105, § 9 Rn. 21.

D. Vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG

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auf eine exakte Rechtskenntnis an, vielmehr wird auf die Parallelwertung in der Laiensphäre abgestellt.385 Die bloße Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich die Unlauterkeit ergibt, reicht nicht aus.386 Bedingt vorsätzlich handelt jedoch, wer sein wettbewerbswidriges Verhalten fortsetzt, obgleich er sich aufgrund der ihm bekannten Tatsachen nicht der Einsicht verschließen kann, dass dieses unlauter ist.387 Wer bei vorhandenen Zweifeln auf zuverlässigen Rechtsrat bewusst verzichtet, handelt vorsätzlich.388 3. Nachweis a) Beweislast allgemein Der Nachweis des Vorsatzes ist ein wesentliches Problem des § 10 Abs. 1 UWG.389 Schwierig wird der Nachweis deshalb, weil die Gläubiger die Darlegungs- und Beweislast für diese innere Tatsache tragen und der Schuldner in den meisten Fällen den Vorsatz bestreitet.390 Beispielsweise scheiterte eine Abschöpfungsklage vor dem Landgericht Berlin am fehlenden Nachweis des Vorsatzes.391 Das beklagte Unternehmen unterhielt als Klingeltonanbieter eine Internetseite. Der Kläger warf dem Unternehmen vor, irreführend geworben zu haben, indem der Eindruck einer einmaligen Bestellung vermittelt worden sei, obwohl es sich in Wirklichkeit um ein Abonnement gehandelt habe. Nach Ansicht des Landgerichts Berlin sei es möglich, dass der Klingeltonanbieter angesichts seiner Hinweise und des mehrstufigen Bestellvorgangs vom Ausschluss einer irreführenden Gestaltung ausgegangen sei. Die Unlauterkeit sei nicht evident gewesen, weil Raum für unterschiedliche Beurteilungen bliebe.392 385 BGHZ 133, 246 (250) [zu §§ 819, 138 BGB]; BGHZ 160, 149 (156) [zu § 826 BGB]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 6; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 90. 386 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 1.17. 387 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (72) = WRP 2007, 350 (352) [zu § 10 UWG]. 388 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 94; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 9 Rn. 26, § 10 Rn. 44. 389 von Braunmühl, Aktueller Bericht, S. 15 (15 f.); MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 106. 390 Siehe z. B. die Sachverhalte von: LG Berlin, Urteil vom 25. September 2007, AZ: 16 O 115/06 (bisher unveröffentlicht); LG Bonn, Urteil vom 12. Mai 2005, AZ: 12 O 33/05 (= GRUR-RR 2006, 111, aber insoweit nicht ausdrücklich abgedruckt); LG Frankfurt, Teilversäumnis- und Teilurteile vom 05. September 2007, AZ: 3-08 O 35/07 und 3-08 O 36/07 (bisher unveröffentlicht); LG Halle, Urteil vom 11. September 2007, AZ: 12 O 165/06 (bisher unveröffentlicht). 391 LG Berlin, Urteil vom 25. September 2007, AZ: 16 O 115/06 (bisher unveröffentlicht). 392 LG Berlin, Urteil vom 25. September 2007, AZ: 16 O 115/06 (bisher unveröffentlicht).

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Dieser Fall verdeutlicht die Schwierigkeit, den Richter von einer so hohen Wahrscheinlichkeit zu überzeugen, dass ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch nicht mehr an der Wahrheit zweifelt.393 Keinesfalls darf das Vorsatzerfordernis praktisch unterlaufen und einfach als Regelfall unterstellt werden.394 Zu weit geht daher die Ansicht, das Bewusstsein des Handelns auf dem Markt indiziere eine Zielgerichtetheit und damit die Kenntnis.395 Unklar ist auch die Forderung einer Ansicht, dass kein allzu hoher Maßstab an den Nachweis gesetzt werden dürfe, weil vorsätzliches Fehlverhalten im Wettbewerb alles andere als selten und es nicht Aufgabe der Rechtsprechung sei, sich schützend vor den vorsätzlich Zuwiderhandelnden zu stellen.396 Diese Feststellung wirft eher die Frage auf, ob das Vorsatzerfordernis als Einschränkung der Abschöpfung angebracht ist. b) Kein Anscheinsbeweis Der Anscheinsbeweis („prima facie“) kann nicht herangezogen werden, da die subjektiven Vorgänge keiner durch Lebenserfahrung gesicherten Typizität unterliegen.397 Bedenklich ist daher die Ansicht, die einen Vortrag des Verletzers, er habe in völliger Ignoranz hinsichtlich aller rechtlichen Konsequenzen gehandelt, im Regelfall als nicht glaubhaft einstuft.398 Bei dieser Pauschalisierung handelt es sich dogmatisch nicht um eine Ausnahme vom Vorsatzerfordernis.399 Denn es werden lediglich die praktischen Anforderungen an den Nachweis reduziert. Dennoch muss der Vorsatz eine Frage des Einzelfalls bleiben. Das verdeutlicht auch eine Abschöpfungsklage vor dem Landgericht Bonn, in der der Beklagte ein unzutreffendes Testurteil in einer Werbung wiedergegeben hat.400 Nach Ansicht des Landgerichts Bonn gebe es keinen Erfahrungssatz, dass die unzutreffende Wiedergabe von Testurteilen vorsätzlich erfolge, weil es eine banale Erkenntnis sei, dass trotz Korrekturlesens Übertragungsfehler nicht ausgeschlossen werden könnten.

393

Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 269. Anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 112. 395 Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 90. 396 LG Bonn, GRUR-RR 2006, 111. 397 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 272; BGH, NJW-RR 1997, 1112 (1113) [zu § 61 VVG]; Kemper, Beweisprobleme, S. 137; van Raay, VuR 2007, 47 (49). 398 Anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 112; auch Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 102 Fn. 497 und Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 91 sehen einen geringen Anwendungsbereich bei offensichtlichen und erheblichen Verstößen. Gärtner ist jedoch in sich widersprüchlich, S. 93. 399 Anders: Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 93. 400 LG Bonn, GRUR-RR 2006, 111. 394

D. Vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG

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c) Indizienbeweis Innere Tatsachen wie der Vorsatz lassen sich mit Hilfe von Indizien nachweisen.401 Die Indizien müssen im Einzelfall ausreichen, den Richter vom Vorliegen der Haupttatsache zu überzeugen. Beispielsweise lag dem Landgericht Bonn ein Sachverhalt zugrunde, in dem mehrere Indizien gegen einen vorsätzlichen und für einen lediglich fahrlässigen Übertragungsfehler sprachen: Die falsche Note „sehr gut“ statt der richtigen Note „befriedigend“ betraf lediglich ein untergeordnetes Zwischenurteil und nicht das korrekt wiedergegebene Endurteil einer Matratze. Und ein zweiter Übertragungsfehler hinsichtlich einer anderen Matratze ging zu Lasten des Beklagten, weil die Werbung statt des richtigen Zwischenergebnisses „gut“ nur ein „befriedigend“ enthielt. Außerdem entstand der Fehler nachvollziehbar, weil die fehlerhaften Bewertungen mit den im Original unmittelbar daneben befindlichen Bewertungen einer anderen Matratze übereinstimmten. Im Fall einer Internetwerbung mit Sofortkrediten sprach nach Ansicht des Landgerichts Halle gegen eine vorsätzliche Zuwiderhandlung im Sinne des § 10 Abs. 1 UWG, dass der Beklagte als Reaktion auf eine Abmahnung an einer einvernehmlichen Lösung interessiert gewesen sei und vom Kläger konstruktive Kritik zur Optimierung seines Internetauftrittes erbeten habe.402 d) Abmahnung Es ist umstritten, ob es ein hinreichendes Indiz für den Vorsatz darstellt, wenn ein Zuwiderhandelnder sein Verhalten nach einer Abmahnung fortsetzt. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat einen solchen generellen Schluss offen gelassen.403 Im konkreten Fall maß es einer hinreichend bestimmten Abmahnung jedenfalls eine Bedeutung für den Vorsatznachweis zu.404 Spätestens mit dem konkreten Hinweis auf zwei Tatsachen, die das Handeln als unlauter qualifizierten, müsse sich der Empfänger vorhalten lassen, vor den die Unlauterkeit begründenden Tatsachen die Augen verschlossen zu haben.405 Daher könne ab diesem Zeitpunkt die Kenntnis des Abgemahnten von den die Unlauterkeit begründenden Tatsachen angenommen werden.406

401

Kemper, Beweisprobleme, S. 137; van Raay, VuR 2007, 47 (51). LG Halle, Urteil vom 11. September 2007, AZ: 12 O 165/06 (bisher unveröffentlicht). 403 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (73) = WRP 2007, 350 (353); zustimmend: van Raay, VuR 2007, 47 (52). 404 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (73) = WRP 2007, 350 (353). 405 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (73) = WRP 2007, 350 (353). 406 MüKo-Fritzsche, UWG, § 9 Rn. 33; van Raay, VuR 2007, 47 (52). 402

100

1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Das Landgericht Heilbronn als Vorinstanz lehnte dagegen einen Schluss von der Abmahnung auf Vorsatz ab, weil dieser nicht zwingend sei.407 Die Abmahnung sei nach Ansicht des Landgerichts nicht hinreichend konkret gewesen, und der Beklagte habe sich anwaltlich gegen die Abmahnung gewehrt.408 Teilweise wird es als unüberwindbare Voraussetzung an den Nachweis des Vorsatzes angesehen, wenn das Landgericht einen zwingenden Schluss fordert.409 Genau diese Differenz zwischen den Anforderungen, die einerseits das Landgericht Heilbronn und andererseits das Oberlandesgericht Stuttgart an die richterliche Überzeugung stellen, verdeutlicht den Wertungsspielraum, den das zu entscheidende Gericht bei der Gewinnung der eigenen Überzeugung vom Vorsatz hat. Abzulehnen ist das Argument, dass allein die Tatsache, dass sich der Beklagte gegen eine Abmahnung anwaltlich wehrt, zur Verneinung des Vorsatzes führt. Richtig an der Entscheidung des Landgerichts Heilbronn dürfte dagegen sein, dass der Vorsatz nicht in jedem Falle ohne Weiteres aus einer Abmahnung gefolgert werden kann. Insofern ist die Ansicht, die regelmäßig von einer Abmahnung auf den Vorsatz schließt,410 zu allgemein gefasst. Maßgeblich wird insbesondere auch sein, von wem sie stammt und ob der Vorwurf inhaltlich nachvollziehbar geschildert wird. Gerade beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) als einer seriösen Organisation mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts411 muss jedoch eine Abmahnung als Indiz für bedingten Vorsatz ausreichen,412 wenn die inhaltlichen Ausführungen des Abmahnenden ausreichend sind.413 Das Landgericht Frankfurt hat für den Vorsatz ebenfalls auf eine Abmahnung abgestellt.414 Der DSW als Kläger ist eine seriöse Organisation mit jahrelanger Erfahrung, sodass seine Abmahnungen als Indiz anzuerkennen sind, wenn sie inhaltlich hinreichend ausformuliert sind.

407 LG Heilbronn, VuR 2007, 73; dazu die kritischen Anmerkungen von: Beuchler, WRP 2006, 1288 (1291); Hsiao, FS Säcker, S. 239 (241 f.); van Raay, VuR 2007, 47. 408 LG Heilbronn, VuR 2007, 73 (74); dazu auch: Beuchler, WRP 2006, 1288 (1291). 409 van Raay, VuR 2007, 47 (52). 410 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 9 Rn. 30; Hefermehl/ Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 6; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 105; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 90. 411 Der vzbv hat im Jahr 2006 in mehr als 1.000 Klageverfahren Verbraucherrechte zivilrechtlich durchgesetzt: vzbv, Jahresbericht 2006/2007 – Die Stimme der Verbraucher, S. 68, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.vzbv.de/mediapics/jah resbericht_2006_07_vzbv.pdf. 412 Beuchler, WRP 2006, 1288 (1292). 413 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (73) = WRP 2007, 350 (353). 414 LG Frankfurt, Teilversäumnis- und Teilurteile vom 05. September 2007, AZ: 308 O 35/07 und 3-08 O 36/07 (bisher unveröffentlicht).

D. Vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG

101

Nach Ansicht des Landgerichts Berlin reichen dagegen Vorabmahnungen, die sich auf einen identischen Rechtsverstoß beziehen, nicht für den Vorsatznachweis aus.415 Vorabmahnungen zu anderen Sachverhalten könnten allenfalls dazu führen, dass der Abgemahnte damit rechnen müsse, dass seine Wettbewerbshandlungen von anderen rechtlich abweichend beurteilt und für unzulässig gehalten würden, was regelmäßig nur den Vorwurf der Fahrlässigkeit begründe.416 Diese Anforderungen sind zu streng, weil Abmahnungen des vzbv bei gleich gelagerten Sachverhalten und Rechtsfragen ein hinreichendes Indiz für den Vorsatznachweis darstellen. Wenn der Beklagte trotz der Abmahnung etwa auf einen qualifizierten Rechtsrat vertraut hat, kann er bei Glaubhaftigkeit damit den Schluss von der Abmahnung auf den Vorsatz verhindern. Bei schwierigen Tat- und Rechtsfragen ist dem Abgemahnten eine angemessene Prüfungsfrist ab Zugang der Abmahnung zuzubilligen.417 Der Zeitpunkt der Abmahnung als nachweisbarer Vorsatzbeginn ist unbefriedigend, weil der Zuwiderhandelnde sämtliche Gewinne, die vor der Abmahnung erzielt worden sind, behalten kann.418 e) Kein Verlass auf Angaben des Vorlieferanten Zu Recht sieht das Oberlandesgericht Stuttgart einen weiteren Anhaltspunkt für den Vorsatz darin, dass sich der Handelnde ungeprüft auf die Angaben eines Vorlieferanten verlassen hat. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart kann sich derjenige, der sich die Vorzüge arbeitsteiligen Wirtschaftens zunutze mache, gegenüber seinem Vertragspartner nicht auf eine daraus resultierende Unkenntnis berufen.419 Es sei Aufgabe des Handelnden zu prüfen, ob die Angaben zuträfen, die er in eine Werbung aufnehmen wolle. Bei großen Unternehmen, die viele wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten austragen würden, könne ohne Weiteres die Kenntnis von dieser Prüfungspflicht angenommen werden. Der Handelnde übernehme bewusst das Risiko fehlerhafter Angaben, wenn er bei Kenntnis der Prüfungspflicht eine Prüfung unterlasse, und nehme solche Fehler billigend in Kauf. Er sehe dann vorsätzlich von seiner Prüfungspflicht

415 LG Berlin, Urteil vom 25. September 2007, AZ: 16 O 115/06 (bisher unveröffentlicht). 416 LG Berlin, Urteil vom 25. September 2007, AZ: 16 O 115/06 (bisher unveröffentlicht). 417 Vgl. zu § 9 UWG: BGH, GRUR 1974, 735 (737) [hielt im konkreten Fall drei Monate für angemessen]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 1.21. 418 Ähnlich: van Raay, VuR 2007, 47 (52). 419 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (72) = WRP 2007, 350 (352).

102

1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

ab.420 Deshalb habe der Zuwiderhandelnde im vom Oberlandesgericht Stuttgart zu entscheidenden Fall die Werbung in Kenntnis der – die Unlauterkeit begründenden – Tatsachen gestartet. Dagegen hat das Landgericht Heilbronn als Vorinstanz noch betont, dass die Unterstellung, Fehlinformationen ungeprüft in die eigene Werbung übernommen zu haben, keineswegs zwingend zu dem Schluss führe, die Wettbewerbswidrigkeit sei billigend in Kauf genommen worden.421 f) Eingeholter Rechtsrat mit Restrisiko Wenn der Zuwiderhandelnde vorab Rechtsrat eingeholt hat, sein Verhalten aber nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit als lauter eingestuft worden ist, stellt sich die Frage, ab welchem Restrisiko noch auf das voluntative Vorsatzelement geschlossen werden kann. Es geht also um die Grenze, ab welcher von der objektiv feststehenden Kenntnis eines Restrisikos auf den Willen des Handelnden geschlossen werden kann, sich unlauter zu verhalten. Teilweise wird der Vorsatz abgelehnt, wenn die Beratung auf ein Restrisiko von weniger als zehn Prozent hinweist, selbst wenn ein Gericht später das Verhalten dem Restrisiko entsprechend als unlauter einstuft.422 Andere sprechen sich bei jedem Restrisiko für bedingten Vorsatz aus.423 Entscheidend dürfte die Trennung von Wissens- und Willenselement sein: Zwar wird dem Handelnden die gegenteilige rechtliche Beurteilung immer entfernter und somit abstrakter erscheinen, je geringer das Restrisiko eingestuft wird. Aber auch bei einem geringen Restrisiko wird der Handelnde konkret mit der Möglichkeit rechnen, dass sein Verhalten als unlauter eingestuft werden könnte. Dagegen wird er hinsichtlich des Willenselementes eher auf das Ausbleiben der gegenteiligen unlauteren Einstufung vertrauen und somit höchstens bewusst fahrlässig, aber nicht mehr bedingt vorsätzlich handeln. Ab wann das Restrisiko vernachlässigbar ist, ist eine Wertungsfrage, die nicht exakt entschieden werden kann. Als grobe Orientierungshilfe dürfte die Grenze, ab der ein Restrisiko vernachlässigbar ist, zwischen zehn und fünfzig Prozent liegen.424

420 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (72) = WRP 2007, 350 (353); Hefermehl/Köhler/ Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 6. 421 LG Heilbronn, VuR 2007, 73 (74). 422 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 9 Rn. 29. 423 Sosnitza, GRUR 2003, 739 (745). 424 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 9 Rn. 29, 35, der bei einem Restrisiko von zehn Prozent bereits das kognitive Element verneint.

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern

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III. Zusammenfassung Häufig vorkommende Fallgruppen der Streuschäden sind die Einziehung geringer Beträge ohne Rechtsgrund, Vertragsschlüsse aufgrund irreführender Werbung, gefälschte Produkte sowie Mogelpackungen. Drei Fälle bisheriger Abschöpfungsklagen betrafen die Fallgruppe des Adressbuchschwindels als Verstoß gegen die §§ 3, 4 Nr. 3 UWG. In zwei Verfahren wurde der Rechtsbruchtatbestand nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG herangezogen wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1, Abs. 6 S. 2 PAngV. In einem noch anhängigen Verfahren werden die §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. m. Art. 5 der VO (EG) 1103/97425 gerügt. Ein Rückgriff auf kartellrechtliche Vorschriften ist dagegen ausgeschlossen. Ein wesentliches Problem in der Praxis ist der Nachweis des Vorsatzes. Der Vorsatz schließt das Bewusstsein der Unlauterkeit ein. In mindestens vier Fällen scheiterten bisher die Abschöpfungsklagen vor Landgerichten am Vorsatznachweis. Ein Anscheinsbeweis scheidet aus. Und der Rückschluss von Indizien auf den Vorsatz wird unterschiedlich streng gehandhabt. Bei inhaltlich hinreichenden Ausführungen kann auf die Abmahnung eines erfahrenen Verbandes abgestellt werden. Gleiches gilt für Vorabmahnungen zu anderen Sachverhalten, die aber die gleichen Rechtsfragen betreffen. Und wer sich in Kenntnis seiner Prüfungspflicht auf die Angaben eines Vorlieferanten verlässt, übernimmt bewusst das Risiko fehlerhafter Angaben und nimmt solche Fehler billigend in Kauf. Nicht exakt festlegen lässt sich bei einem vorab eingeholten Rechtsrat die Grenze, ab welcher von der Kenntnis eines Restrisikos auf den Willen des Handelnden geschlossen werden kann, sich unlauter zu verhalten. Sie dürfte zwischen zehn und fünfzig Prozent liegen.

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern I. Zu Lasten Bei der Bedeutung des Tatbestandsmerkmals „zu Lasten“ gehen die Meinungen weit auseinander: Während teilweise eine wirtschaftliche Schlechterstellung der unmittelbaren Vertragspartner gefordert wird,426 soll nach anderer Ansicht jede Beeinträchtigung von Abnehmerinteressen ausreichen und mit diesem

425 Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates vom 17. Juni 1997 über bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des Euro, ABl. EG vom 19.06. 1997, Nr. L 162, S. 1. 426 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 9 f.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Merkmal lediglich die Beeinträchtigung von Mitbewerberinteressen ausgeschlossen werden.427 1. Wirtschaftliche oder alle Abnehmerinteressen Zunächst wird anhand der bekannten Auslegungsregeln428 ermittelt, ob andere als wirtschaftliche Interessen betroffen sein dürfen. a) Wortlaut und Systematik Der Wortlaut und die systematische Stellung lassen offen, wie der Nachteil, den das Merkmal „zu Lasten“ voraussetzt, bestimmt werden muss. In anderen zivilrechtlichen Normen wird „zu Lasten“ teilweise vermögensbezogen (etwa in § 676 f. BGB, § 122 Abs. 1 HGB) und teilweise davon unabhängig (etwa in den §§ 305c Abs. 2, 309 Nr. 9c BGB) verwendet. Und der vermögensbezogene Gewinnbegriff in § 10 UWG spricht eher für einen Vermögensbezug auch bei dem Merkmal „zu Lasten“, gibt aber eine solche Auslegung nicht zwingend vor. b) Zweck unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte Somit ist der Zweck des Gesetzes zu ermitteln. Nimmt der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich zur aufgeworfenen Frage Stellung, ist dieser Wille des historischen Gesetzgebers nicht bindend. Als ein wesentliches Kriterium verdeutlicht er aber den Gesetzeszweck. Nach der Gesetzesbegründung der Bundesregierung, die sich noch auf die ursprüngliche Fassung „auf Kosten“ in § 10 Abs. 1 UWG bezieht, soll dieses Merkmal einen Vermögensnachteil beim Abnehmer voraussetzen, wozu jede wirtschaftliche Schlechterstellung genüge.429 Dieser wirtschaftliche Bezug ist mit der Ersetzung der Wörter „auf Kosten“ durch „zu Lasten“ nicht aufgegeben worden. Die Ersetzung geht auf die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zurück, der es ausdrücklich weiterhin für erforderlich hält, dass eine wirtschaftliche Schlechterstellung eingetreten sein muss.430 Die Gegenansicht sieht das Merkmal „zu Lasten“ ganz losgelöst von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Ausdruck eines reinen Funktionszusammenhangs zwischen Gewinn und Beeinträchtigung der Abnehmerinteressen

427 428 429 430

MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 127, 130. Hierzu: Palandt-Heinrichs, BGB, Einl. Rn. 40–53. BT-DS 15/1498, S. 24. BT-DS 15/2795, S. 21.

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern

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an:431 Primär sei wichtig, ob ein Gewinn erzielt worden sei. Ihn vom Vermögensnachteil der Abnehmer abhängig zu machen, sei schlicht inkonsequent.432 Dieser Ansatz enthält zwar auch eine denkbare Konzeption für eine Gewinnabschöpfung, aber eben nicht in Übereinstimmung mit der derzeitigen Gesetzesfassung.433 2. Bestimmung der wirtschaftlichen Interessen nach dem Zweck, ein Durchsetzungsdefizit zu beseitigen Die wirtschaftliche Schlechterstellung könnte voraussetzen, dass die Abnehmer einen Schadensersatzanspruch nach dem allgemeinen Zivilrecht haben. Dann wäre der Begriff „zu Lasten“ nach dem allgemeinen Schadensersatzrecht zu beurteilen. Einen ersten Anhaltspunkt hierfür kann die Fassung des Referentenentwurfs vom 23. Januar 2003434 geben. Dieser Entwurf sah auf der Tatbestandsseite noch ausdrücklich vor, dass durch den Verstoß gegen § 3 UWG systematisch einer Vielzahl von Abnehmern ein Schaden zugefügt werden musste. Die Fassung des anschließend vorgelegten Regierungsentwurfs vom 22. August 2003 enthält zwar wesentliche Änderungen, indem unter anderem die Schadenszufügung nicht mehr ausdrücklich im Wortlaut des Gesetzes genannt wird. Dennoch ist hiermit keine inhaltliche Loslösung vom Tatbestandserfordernis eines Schadens verbunden,435 so wie es teilweise als selbstverständlich dargestellt wird.436 In der Begründung zum Regierungsentwurf wird der Zweck des § 10 UWG weiterhin in der Schließung der Durchsetzungsdefizite bei den Streuschäden gesehen. Hierunter versteht der Gesetzgeber eine Fallkonstellation, in der eine Vielzahl von Abnehmern geschädigt wird, die Schadenshöhe im Einzelnen jedoch gering ist.437 Auch im Weiteren bleibt der Schadensbegriff aus Sicht des Gesetzgebers der maßgebliche Beweggrund für die Einführung des § 10 UWG. Der Betroffene sehe von der Verfolgung ab, weil der Aufwand und die Kosten in keinem Verhältnis zu seinem Schaden stehen und den Mitbewerbern nicht zwangsläufig ein Schadensersatzanspruch zustehen würde.438 431 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 148–152; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 123, 127, 131; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 104–106. 432 MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 120; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 105. 433 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 10. 434 Abgedruckt in: GRUR 2003, 298 (299). 435 Vgl. auch: Mönch, ZIP 2003, 2032 (2033); Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 29; keine inhaltliche Änderung erkennt auch: Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 6 Fn. 26, ohne aber Konsequenzen daraus zu ziehen. 436 Alexander, WRP 2004, 407 (418); zurückhaltender dagegen Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 153, der es als „jedenfalls verwunderlich“ beschreibt. 437 BT-DS 15/1487, S. 23. 438 BT-DS 15/1487, S. 23.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Der Abnehmer muss über einen Schadensersatzanspruch den Ausgleich eines individuellen Schadens verlangen können. Ein solcher Ersatzanspruch muss zu irgendeinem Zeitpunkt bestanden haben. Es kommt nicht darauf an, ob er untergegangen oder verjährt ist. Mit diesen Erläuterungen im Regierungsentwurf ist eine weitergehende Ansicht, dass auch Anfechtungs- und Widerrufsrechte der Abnehmer ausreichen,439 nicht zu vereinbaren. Die Widerrufs- und Anfechtungsrechte sollen die Willensfreiheit vor Überrumpelung schützen. Nicht ausreichend ist auch ein Gewährleistungsrecht, der Anspruch auf Nacherfüllung und das Recht auf Rücktritt oder Minderung.440 In diesen Fällen entstehen keine Streuschäden, sondern allenfalls Minderungsansprüche mit Streuwirkung. Als Zwischenergebnis ist also festzuhalten, dass der geschädigte Abnehmer nach den allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen einen Schadensersatzanspruch haben muss,441 wobei es nicht darauf ankommt, ob dieser Anspruch bereits untergegangen oder noch durchsetzbar ist. a) Schadensbezug stimmt mit den weiteren Vorstellungen des Gesetzgebers überein Um das Zwischenergebnis zu bestätigen, werden die Voraussetzungen der zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche auf Übereinstimmung mit den weiteren Ausführungen des Gesetzgebers überprüft. aa) Berücksichtigung der Gegenleistung Der Gesetzgeber möchte das Merkmal „auf Kosten“ im Regierungsentwurf von der Gegenleistung abhängig machen.442 Dem entspricht auch die Bestimmung eines Vermögensschadens im allgemeinen Zivilrecht. Das Zivilrecht gewährt dem Abnehmer Schadensersatzansprüche gem. §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 824, 826 BGB, aus Gewährleistungsrecht und aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen gem. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB.443 Ausgangspunkt für die 439 LG Frankfurt, Teilversäumnis- und Teilurteile vom 05. September 2007, AZ: 3-08 O 35/07 und 3-08 O 36/07 (bisher unveröffentlicht); Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 10. 440 Anders: LG Frankfurt, Teilversäumnis- und Teilurteile vom 05. September 2007, AZ: 3-08 O 35/07 und 3-08 O 36/07 (bisher unveröffentlicht); Hefermehl/Köhler/ Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 10; Pokrant, FS Ullmann, S. 813 (815); Schaumburg, Verbandsklage, S. 118. 441 Für eine Parallele zum Schadensersatzrecht auch: Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 14; Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 111. 442 BT-DS 15/1487, S. 24. 443 Dazu: 1. Teil A. I. 1., 2., 6.

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern

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rechtliche Beurteilung eines Vermögensschadens ist die Differenzhypothese: Der Schaden liegt in der Differenz zwischen zwei Güterlagen, nämlich der tatsächlichen, durch das Schadensereignis geschaffenen und der unter Ausschaltung dieses Ereignisses gedachten.444 Die Meinung, nach der es schon im Ausgangspunkt nicht auf eine wirtschaftliche Schlechterstellung ankomme, hat Bedenken gegen eine Anrechnung der Gegenleistung.445 Die Berücksichtigung einer Gegenleistung liefe auf eine inakzeptable Preiskontrolle der Gerichte hinaus, weil es für die zu prüfende Angemessenheit eines Preises keine zuverlässigen Maßstäbe gebe.446 Dem ist entgegenzuhalten, dass solche Schwierigkeiten kein ausschließliches Merkmal des Gewinnabschöpfungsanspruchs darstellen.447 Vielmehr ist z. B. auch im Rahmen einer individuellen Schadensersatzklage der Vermögensschaden zu bestimmen oder bei einem Minderungsbegehren eines einzelnen Käufers der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand sowie der wirkliche Wert gem. § 441 Abs. 3 S. 1 BGB zu ermitteln. bb) Gegenleistung bleibt außer Betracht bei fehlendem Interesse des Abnehmers Der Gesetzgeber möchte die Gegenleistung allerdings außer Betracht lassen, wenn die Abnehmer hieran kein Interesse haben.448 Das kann auf den Willen des Gesetzgebers schließen, die Fallgruppen des Vertragsschlusses als Schaden im allgemeinen Zivilrecht und der sozialen Zweckverfehlung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 263 Abs. 1 StGB auch für § 10 Abs. 1 UWG übernehmen zu wollen.449 (1) Vertrag als Schaden und soziale Zweckverfehlung Nach den Regeln des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen kann trotz objektiver Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung in einem Vertragsschluss selbst ein Schaden liegen. So ist von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung bei Anlagenmodellen entschieden worden, dass die Gegenleistung unberücksichtigt bleibt, wenn es sich bei ihr um ein von dem im Prospekt 444

Palandt-Heinrichs, BGB, Vorb. § 249 Rn. 9. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 60; MüKoMicklitz, UWG, § 10 Rn. 131 f. 446 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 181; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 62; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 132. 447 Ähnlich: BT-DS 15/1487, S. 43. 448 BT-DS 15/1487, S. 24. 449 Für eine Übernahme der Grundsätze des allgemeinen Schadensrechts auch: Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 14. 445

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

beschriebenen Anlagenmodell grundlegend verschiedenes, mit ihm in keiner Weise austauschbares Investitionsmodell handelt.450 In einer anderen Entscheidung wird ein Vermögensschaden trotz objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dann bejaht, wenn die Leistung für die Zwecke des Käufers nicht voll brauchbar ist und er den Vertrag ohne das haftungsbegründende Verhalten nicht abgeschlossen hätte.451 Die Bejahung eines Vermögensschadens setzt dann allerdings voraus, dass die Leistung nicht nur aus rein subjektiver willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern dass auch die Verkehrsanschauung den Vertragsschluss als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht.452 Nach einer weiteren Entscheidung ist die Verfehlung der objektiv nachvollziehbaren Verwendungsabsicht, eine Eigentumswohnung ausschließlich als jederzeit wiederverkäufliche Vermögensanlage anzuschaffen, trotz objektiver Ausgeglichenheit der Leistung und Gegenleistung ein schadensbegründender Umstand.453 Dazu passt inhaltlich auch die Lehre vom individuellen Schadenseinschlag im Rahmen der Betrugsprüfung nach § 263 Abs. 1 StGB, die über § 823 Abs. 2 BGB für den zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch bedeutsam wird. Der Vermögensschaden als Voraussetzung des § 263 Abs. 1 StGB wird zunächst nach objektiv-wirtschaftlichen Maßstäben erörtert. Sind Leistung und Gegenleistung einander gleichwertig, wird in drei engen Ausnahmefällen dennoch ein Schaden bejaht:454 Wenn der Erwerber (1) die angebotene Leistung nach Auffassung eines sachlichen Beurteilers nicht oder nicht in vollem Umfang zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck oder in anderer zumutbarer Weise verwenden kann, (2) durch die eingegangene Verpflichtung zu vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt wird oder (3) infolge der Verpflichtung nicht mehr über die Mittel verfügen kann, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Verbindlichkeiten oder sonst für eine seinen persönlichen Verhältnissen angemessene Wirtschaftsoder Lebensführung unerlässlich sind. In diesen Fällen ist ein Vermögensschaden trotz objektiv ausgeglichener Gegenleistung gegeben. Voraussetzung bleibt nach den zitierten Entscheidungen jedoch immer ein Vermögensschaden.455 Da der Gesetzgeber des § 10 Abs. 1 UWG im Merkmal „auf Kosten“ einerseits einen Vermögensnachteil fordert 450

BGHZ 115, 213 (221). BGH, NJW 1998, 302 (304). 452 BGH, NJW 1998, 302 (304). 453 BGH, NJW 1998, 898 (899). 454 BGHSt 16, 321 (326, 328); Rengier, Strafrecht, § 13 Rn. 77. 455 BGH, NJW 1998, 302 (303) und 898 (899); BGHZ 115, 213 (221 f.); OLG Celle, NJW-RR 2006, 1283 (1284). 451

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern

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und andererseits die Gegenleistung außer Betracht lässt, wenn der Abnehmer hieran kein Interesse hat,456 sind diese Vorstellungen erfüllt, wenn der hier vertretenen These gefolgt wird, dass „zu Lasten“ in § 10 Abs. 1 UWG die Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs der Abnehmer enthält. (2) Vermögensunabhängige Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit nicht schadensbegründend Laut der Gesetzesbegründung soll die Gegenleistung außer Betracht bleiben, wenn die Abnehmer hieran kein Interesse haben.457 Dies könnte auch so zu verstehen sein, dass die Gegenleistung in jedem Falle außer Betracht zu bleiben habe, wenn die Abnehmer – aus welchen Gründen auch immer – kein Interesse an ihr haben.458 Das würde mit den vereinzelt vertretenen Meinungen übereinstimmen, die es sowohl im Zivilrecht für die Anerkennung eines Vertragsschlusses als Schaden459 als auch im Strafrecht für die Bejahung eines Betrugs460 ausreichen lassen, dass überhaupt in die persönliche Entscheidungsfreiheit eingegriffen wird. Diese Ansicht im Zivilrecht beruft sich dabei auf zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die einen solchen Schluss jedoch nicht zwingend enthalten. Die erste Entscheidung461 wendet ausdrücklich die Kernaussage der engeren Rechtsprechung462 an, wonach ein Vermögensschaden erfüllt sein kann, wenn die Leistung für die Zwecke des Anlegers nicht voll brauchbar ist. Auf diese Entscheidung beruft sich auch das Oberlandesgericht Stuttgart463 mit der pauschalen Feststellung, dass es im Rahmen des § 10 UWG eines Schadens der Kunden im Sinne von § 249 BGB nicht bedürfe.464 Dann könnte jede Beeinträchtigung als wirtschaftliche Schlechterstellung umgedeutet werden.465 Im konkreten Fall ging es um die irreführende Werbung mit einem veralteten Testurteil der Stiftung Warentest, ohne auf neuere Testurteile mit veränderten Prüfkriterien hinzuweisen. Hier hätte richtigerweise geprüft werden müssen, ob 456

BT-DS 15/1487, S. 24. BT-DS 15/1487, S. 24. 458 So wohl: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 126 f. 459 Palandt-Grüneberg, BGB, § 311 Rn. 13, 55; Staudinger-Löwisch, BGB, § 311 Rn. 143. 460 Geerds, Jura 1994, 309 (319 f.); Otto, Strafrecht, § 38 Rn. 8, § 51 Rn. 53 f.; Ranft, Jura 1992, 66 (74 f.). 461 BGHZ 162, 306 (310) = BGH, NJW 2005, 1579 (1580). 462 BGH, NJW 1998, 302. 463 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (73) = WRP 2007, 350 (353) mit Hinweis auf BGHZ 162, 306. 464 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (73) = WRP 2007, 350 (353). 465 So befürwortend: van Raay, VuR 2007, 47 (53). 457

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

die verkauften Matratzen ihr Geld tatsächlich wert waren. Wenn ja, hätte es einen Schaden nur bejahen dürfen, wenn bei einer Vielzahl von Abnehmern einer der oben genannten Sonderfälle für die Nichtberücksichtigung der Gegenleistung vorgelegen hätte. Ähnlich schwach ist der Verweis auf die zweite Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Dort heißt es zwar, dass ein Schaden nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage sei, sondern jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung.466 Diese Aussage bezieht sich jedoch nur auf die von der Vorinstanz missverstandene Beschränkung der Folge beim Schadensersatz. Die Entscheidung stellt klar, dass ein Schaden nicht nur die Ersetzung einer Kursdifferenz, sondern auch Geldersatz für den Kaufpreis gegen Rückübertragung der Aktien erfassen könne. Der Entscheidung kann nicht unterstellt werden, dass sie sich mit dieser Aussage vom Begriff des Schadens als Tatbestandsvoraussetzung distanzieren will. Andernfalls hätte es weiterer Hinweise (wie „anderer Ansicht . . .“ oder „unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung . . .“) bedurft. Denn im konkreten Fall kann auch nach den Maßstäben der bisherigen Rechtsprechung467 ein Vermögensschaden bejaht werden, weil die Aktien durch die inhaltlich falschen Ad-hoc-Mitteilungen für den objektiv nachvollziehbaren Zweck einer Geldanlage des Aktionärs nicht voll brauchbar sind. Im Strafrecht wird teilweise die Ansicht vertreten, dass in den Fällen der sozialen Zweckverfehlung der Betrugstatbestand unabhängig von der objektiven Werthaltigkeit der Gegenleistung erfüllt sei.468 Sie ist jedoch abzulehnen, weil sie den Betrug zu einem Delikt zum Schutz der bloßen Dispositionsfreiheit umdeuten würde. Anerkannt ist die soziale Zweckverfehlung nur bei unentgeltlicher Vermögenshingabe.469 Denn in den Spenden-, Bettel- oder Schenkungsfällen wird die Vermögenshingabe nach den Vorstellungen des Gebenden durch Erreichen eines bestimmten nicht vermögensrechtlichen Zweckes ausgeglichen.470 Wird dieser soziale Zweck, zu dem nicht jeder Motivirrtum zählt, verfehlt, liegt ein Vermögensschaden vor. Nach der hier vertretenen These wird die Auslegung des Begriffs „zu Lasten“ durch die zivil- und strafrechtlichen Schadensbestimmungen beeinflusst. Wenn sich die Entwicklung auf diesen Gebieten in Zukunft ändern wird und die Abnehmer einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch – etwa über § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 263 Abs. 1 StGB – auch im Falle der reinen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit erhalten, wird dies Folgen für eine im gleichen Sinne 466 467 468 469 470

BGH, NJW 2005, 2450 (2451). BGH, NJW 1998, 302 (304). Geerds, Jura 1994, 309 (319 f.); Ranft, Jura 1992, 66 (74 f.). Rengier, Strafrecht, § 13 Rn. 65. BGH, NJW 1995, 539.

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern

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erweiternde Auslegung des Begriffs „zu Lasten“ in § 10 Abs. 1 UWG haben. Solange aber diese Erweiterung nicht anerkannt wird, bleibt sie auch bei § 10 UWG unberücksichtigt. Andernfalls hätte es ausdrücklicher Hinweise im Gesetzeswortlaut oder jedenfalls in der Gesetzesbegründung bedurft. Der Gesetzgeber will zwar beim Vergleich der wirtschaftlichen Lage vorher und nachher die Gegenleistung dann nicht berücksichtigen, wenn der Abnehmer hieran kein Interesse hat, mithin eine aufgedrängte Bereicherung vorliegt.471 Diese aufgedrängte Bereicherung kann aber nicht von der völligen Willkür subjektiver Empfindungen abhängen, sondern muss im oben genannten Sinne472 nach objektiven Kriterien nachvollziehbar erscheinen. Daher ist es einerseits zu eng, als Erfordernis für die Nichtbeachtung der Gegenleistung zu verlangen, dass die Ware für den Abnehmer völlig wertlos ist.473 Andererseits geht die Schlussfolgerung zu weit, dass eine wirtschaftliche Schlechterstellung in § 10 Abs. 1 UWG immer dann zu bejahen sei, wenn der Kunde die gekaufte Ware im Grunde gar nicht haben wolle.474 Es hängt nicht von der reinen Willkür des Abnehmers ab, ob die Gegenleistung berücksichtigt werden kann. cc) Folgeaufwendungen Der Gesetzgeber des § 10 UWG bejaht einen Vermögensnachteil auch dann, wenn der Abnehmer einen sonstigen Nachteil erlitten hat, wie z. B. Aufwendungen, die ohne die unlautere Handlung nicht angefallen wären.475 Das passt zu Schadensersatzansprüchen, die solche Aufwendungen ebenfalls erfassen. Dennoch wird innerhalb der Ansichten, die eine Gegenleistung für anrechnungsfähig halten, teilweise behauptet, dass sonstige unnütze Aufwendungen nicht genügten.476 Eine Ansicht lässt reine Begleitschäden wie vergebliche Anfahrtskosten bei nicht ausreichend vorrätigen Lockangeboten nicht ausreichen, weil der Abnehmer ein Interesse am Erwerb des Gegenstandes habe und die Begleitkosten hierfür in Kauf nehme.477 Dabei wird außer Acht gelassen, dass der Abnehmer die Begleitkosten nur für den Fall in Kauf nimmt, dass er auch die beworbene Ware erhält. Im Falle des nicht vorrätigen Lockangebots erhält

471

BT-DS 15/1487, S. 24; ebenso: Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 14. BGH, NJW 1998, 302 (303) und 898 (899); BGHZ 115, 213 (221 f.); OLG Celle, NJW-RR 2006, 1283 (1284); Rengier, Strafrecht, § 13 Rn. 77 f. 473 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 10. 474 Anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 126 f.; Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 61. 475 BT-DS 15/1487, S. 24. 476 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 128; Hefermehl/Köhler/BornkammKöhler, UWG, § 10 Rn. 10. 477 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 128. 472

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

der Abnehmer aber gerade nicht die gewünschte Ware und erleidet sehr wohl einen Schaden. Anders sieht es dagegen in dem Fall aus, in dem mit einem in Wirklichkeit nicht vorhandenen Preisnachlass geworben wird und der Abnehmer das Produkt erwirbt.478 Hier ist ein wirtschaftlicher Nachteil in Form von Begleitkosten wiederum nicht von vornherein ausgeschlossen.479 Jedoch lässt sich ein Schaden in Form von unnützen Aufwendungen nur dann bejahen, wenn die Ware ohne die unlautere Werbung bei einem anderen Verkäufer erworben worden wäre und hierfür keine oder nicht so hohe Aufwendungen wie Anfahrtskosten angefallen wären. Die Ersatzfähigkeit von Folgeaufwendungen im allgemeinen Zivilrecht bestätigt also die These, dass der Gesetzgeber für die wirtschaftliche Schlechterstellung einen Schaden im Sinne des allgemeinen Zivilrechts fordert. b) Keine Ersetzung der schadensbezogenen durch eine bereicherungsrechtliche Auslegung Es wäre ein denkbarer Ansatz, „auf Kosten“ wegen der gleichen Wortwahl wie im Bereicherungsrecht gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB unabhängig vom Schadensbegriff zu bestimmen. Nach dem Regierungsentwurf soll das Merkmal „auf Kosten“ klarstellen, dass der Tatbestand nur dann greift, wenn der Gewinnerzielung unmittelbar ein Vermögensnachteil der Abnehmer gegenübersteht.480 In ähnlicher Weise wird das Merkmal „auf dessen Kosten“ nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB beschrieben und gefordert, dass dem Vermögensvorteil des Bereicherten unmittelbar ein Vermögensnachteil des Entreicherten gegenüberstehen muss.481 Im Bereicherungsrecht genügt jede wirtschaftliche Schlechterstellung durch eine den Vermögensstand berührende Beeinträchtigung.482 Entscheidend gegen eine rein bereicherungsrechtliche Interpretation spricht allerdings, dass dort keine Vorteilsanrechnung stattfindet. Eine Gegenleistung kann erst auf der Rechtsfolgenseite gem. § 818 Abs. 3 BGB berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber des § 10 UWG will Gegenleistung aber bereits bei der Bestimmung des Vermögensnachteils und damit bei der wirtschaftlichen Schlechterstellung berücksichtigen.483

478 479 480 481 482 483

Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 123, 128. Anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 128. BT-DS 15/1487, S. 24. Palandt-Sprau, BGB, § 812 Rn. 31. Palandt-Sprau, BGB, § 812 Rn. 32. BT-DS 15/1487, S. 24.

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern

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c) Keine weitere Einschränkung durch ein Unmittelbarkeitserfordernis wie in § 812 Abs. 1 S. 1 BGB Die schadensbezogene Auslegung könnte wegen der genannten Gesetzesbegründung484 durch eine bereicherungsrechtliche Unmittelbarkeit eingeschränkt sein.485 Im Rahmen der ungerechtfertigten Bereicherung liegt eine unmittelbare Vermögensverschiebung nur vor, wenn der Verlust des Bereicherungsgläubigers und der Erwerb des Bereicherungsschuldners auf demselben Vorgang beruhen.486 Das hieße für § 10 UWG, nur solche Aufwendungen zu berücksichtigen, die zu einer Vermögensmehrung beim Verletzer geführt haben.487 Diese Einschränkung ist abzulehnen, weil dann Folgeaufwendungen wie z. B. Wegekosten als wirtschaftliche Schlechterstellung unberücksichtigt blieben, obwohl sie in Übereinstimmung mit dem Willen des Gesetzgebers488 berücksichtigt werden können. Soweit Teile der Gegenansicht489 zu dem Ergebnis kommen, dass der Gewinn auf Rechtsfolgenseite entgegen dem Bereicherungsrecht nicht dem Schaden – genauer gesagt dem Minderungsbetrag – auf Tatbestandsseite entsprechen oder gar dessen wirtschaftliche Kehrseite darstellen müsse,490 sind sie außerdem inkonsequent. Deshalb ist keine bereicherungsrechtliche Unmittelbarkeit erforderlich. d) Ersetzung von „auf Kosten“ durch „zu Lasten“ ohne Einfluss auf das gefundene Ergebnis Die bisherigen Argumente für eine schadensbezogene Auslegung beziehen sich teilweise auf die Erläuterungen des Regierungsentwurfs zum Merkmal „auf Kosten“. Sie gelten aber uneingeschränkt auch für das Merkmal „zu Lasten“, weil der Gesetzgeber nach der Begründung des Rechtsausschusses ausdrücklich

484

BT-DS 15/1487, S. 24. So: LG Frankfurt, Teilversäumnis- und Teilurteile vom 05. September 2007, AZ: 3-08 O 35/07 und 3-08 O 36/07 (bisher unveröffentlicht); Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 75; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 9 f.; wohl auch: Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 141; Schaumburg, Verbandsklage, S. 118. 486 Palandt-Sprau, BGB, § 812 Rn. 35. 487 Schaumburg, Verbandsklage, S. 118; Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 114. 488 BT-DS 15/1487, S. 24. 489 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 77; Schaumburg, Verbandsklage, S. 118; anders dagegen: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 10. 490 Im Ergebnis auch: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 135; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 184, 221, 223; Mönch, ZIP 2004, 2032 (2034); MüKoMicklitz, UWG, § 10 Rn. 128; Pokrant, FS Ullmann, S. 813 (816). 485

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

an den Ausführungen des Regierungsentwurfs festhält.491 Die Ersetzung stellt ohne inhaltliche Änderung lediglich klar, dass der Gewinnabschöpfungsanspruch keiner Ermittlung einzelfallbezogener Nachteile bedarf.492 Eine wirtschaftliche Schlechterstellung bleibt weiterhin ausdrücklich Voraussetzung des § 10 UWG.493 e) Keine wettbewerbsspezifische Auslegung Die gleichen Argumente sprechen gegen die Ansicht, die „auf Kosten“ wettbewerbsspezifisch interpretieren will und sich ebenfalls auf das Bereicherungsrecht beruft.494 Diese Ansicht fordert eine Verletzung wirtschaftlicher Interessen, bestimmt diese aber unabhängig von jeglichem Vermögensbezug. Bereits „auf Kosten“ – und erst recht „zu Lasten“ – erfasse jeden Eingriff in den wettbewerbsrechtlich geschützten Interessenkreis der Abnehmer. Weil die Abnehmer in ihrer auf dem Markt im Wettbewerb zugewiesenen Funktion beeinträchtigt würden, seien auch Vertragsschlüsse aufgrund unlauterer, nicht vermögensbelastender Werbemaßnahmen ausreichend.495 Gegen einen Schadensbezug kann darüber hinaus nicht angeführt werden, dass einer wettbewerbsspezifischen Auslegung spiegelbildlich die Wertung der §§ 34 f. GWB entspreche, bei denen der Vorteil neben dem Gewinn auch sonstige wirtschaftliche Vorteile, wie z. B. eine verbesserte Marktposition, beinhalte.496 Der verbesserten Marktposition auf Rechtsfolgenseite entspreche es, bei § 10 UWG auf Abnehmerseite Beeinträchtigungen ihrer Position als Entscheidungsträger des Konsumverhaltens als wirtschaftliche Schlechterstellung anzuerkennen.497 Diese Argumentation ist abzulehnen, weil es sich um zwei unterschiedliche Merkmale handelt: einerseits die Tatbestandsvoraussetzung „zu Lasten“ in § 10 Abs. 1 UWG und andererseits die Rechtsfolge in den §§ 34 f. GWB, einen wirtschaftlichen Vorteil herauszugeben. Die Parallele wäre eher nachzuvollziehen, wenn sie sich auf einen identischen Wortlaut eines Tatbestandsmerkmals beziehen würde.

491

BT-DS 15/2795, S. 21. BT-DS 15/2795, S. 21. 493 BT-DS 15/2795, S. 21. 494 Alexander, WRP 2004, 407 (418); Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 177; ansatzweise auch bei Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 130 Fn. 632; so lässt sich auch OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (73) = WRP 2007, 350 (353) deuten; zustimmend: van Raay, VuR 2007, 47 (53). 495 Alexander, WRP 2004, 407 (418). 496 Anders: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 178. 497 Anders: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 178. 492

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern

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3. Bedeutung auf Rechtsfolgenseite Das Merkmal „zu Lasten“ begrenzt also auf Tatbestandsseite den Gewinnabschöpfungsanspruch, indem es eine wirtschaftliche Schlechterstellung bei einer Vielzahl von Abnehmern voraussetzt. Weil der Anspruch nach den Erwägungen des Rechtsausschusses keine Ermittlung von einzelfallbezogenen Nachteilen voraussetzt,498 muss die Folge des § 10 Abs. 1 UWG zwingend unabhängig von der exakten Höhe der einzelfallbezogenen Nachteile der Abnehmer ermittelt werden.499 Es kann nicht auf einen anderweitigen Zusammenhang zwischen Gewinn und wirtschaftlicher Schlechterstellung der Vielzahl von Abnehmern ankommen.500 Folgerichtig kann in Fällen des belästigenden Direktmarketings, wie E-Mailoder Faxwerbung, nicht nur der Gewinn abgeschöpft werden, der durch die Vertragsschlüsse mit Abnehmern entsteht, denen die Werbung unerwünscht ist.501 Auf Folgenseite können vielmehr auch Gewinne aus Verträgen mit Abnehmern, denen die unlautere Handlung nicht schadet, sondern im Ergebnis nutzt, abgeschöpft werden. Zivilrechtlich gebühren dem Anbieter auch diese Gewinne nicht,502 weil jeder vorsätzlich getäuschte Abnehmer seine Willenserklärung gem. § 123 Abs. 1 BGB unabhängig von einem Schaden anfechten und seine Leistung vom Anbieter zurückfordern kann, wenn die Zuwiderhandlung für seinen Vertragsschluss ursächlich ist. Unerheblich ist auch, wie hoch ein Minderungsbetrag des individuell geschädigten Abnehmers ausfallen würde.503 Wenn auf Tatbestandsseite die objektive Bedingung erfüllt ist, dass eine Zuwiderhandlung zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern erfolgt ist, werden auf Rechtsfolgenseite alle Gewinne abgeschöpft, die durch die Zuwiderhandlung erzielt worden sind. Eine Begrenzung auf die Fälle der nachgewiesenen Schlechterstellungen scheidet aus. 4. Ergebnis „Zu Lasten“ bestimmt sich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Es wird nicht wettbewerbsspezifisch in dem Sinne interpretiert, dass jeder Eingriff in 498 BT-DS 15/2795, S. 21; die vorausgehenden Erläuterungen des Gesetzgebers in BT-DS 15/1487, S. 34, 43 lassen dagegen noch beide Deutungsmöglichkeiten offen. 499 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 187; so schon: vzbv, „UWG-Reform: Gesetz gebrochen, Geld behalten“, Stellungnahme vom 24.09.2003, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: www.werbung-schenken.de/nachrichten.nsf/meldung/1027125.htm. 500 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 132; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 78. 501 Anders: Leistner/Pothmann, WRP 2003, 815 (829). 502 So aber das Argument von: Leistner/Pothmann, WRP 2003, 815 (829). 503 Für eine Begrenzung auf den Minderungsbetrag dagegen: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 149; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 10.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

den wettbewerbsrechtlich geschützten Interessenkreis der Abnehmer ausreicht. Die wirtschaftliche Schlechterstellung setzt vielmehr voraus, dass die Abnehmer individuelle Schadensersatzansprüche haben, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese Ansprüche bereits untergegangen oder noch durchsetzbar sind. Eine Gegenleistung ist bei der Bestimmung eines Vermögensschadens zu berücksichtigen. Nach den Regeln des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen kann ein Schaden trotz objektiver Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung in dem Vertragsschluss selbst liegen. Das ist der Fall, wenn es sich um eine von der angepriesenen grundlegend verschiedene und nicht austauschbare Gegenleistung handelt, oder wenn sie für die Zwecke des Käufers auch nach der Verkehrsanschauung nicht voll brauchbar ist. Über § 823 Abs. 2 BGB findet die Lehre vom individuellen Schadenseinschlag beim Betrug nach § 263 Abs. 1 StGB Anwendung. Ein Vermögensnachteil liegt auch dann vor, wenn der Abnehmer einen sonstigen Nachteil erleidet, wenn er z. B. Aufwendungen tätigt, die ohne die unlautere Handlung nicht angefallen wären. Dagegen gibt es keinen bereicherungsrechtlichen Bezug in dem Sinne, dass der Verlust des Bereicherungsgläubigers und der Erwerb des Bereicherungsschuldners auf demselben Vorgang beruhen oder die Gewinne auf Rechtsfolgenseite den Schäden auf Tatbestandsseite entsprechen müssen. Auf Tatbestandsseite stellt „zu Lasten“ eine objektive Bedingung auf, die erfüllt sein muss, um die Folge der Gewinnabschöpfung auszulösen. Auf Rechtsfolgenseite werden dagegen unabhängig von einer wirtschaftlichen Schlechterstellung der Abnehmer im Einzelfall alle Gewinne abgeschöpft, die durch die Zuwiderhandlung erzielt worden sind.

II. Vielzahl Die Vielzahl der Abnehmer muss nicht durch ein und dieselbe natürliche Handlung benachteiligt werden. Vielmehr reicht aus, dass es um im Wesentlichen gleich gelagerte Verhaltensweisen des Verletzers geht.504 Trotz der Schwierigkeit, die eine zahlenmäßige Festlegung einer Vielzahl mit sich bringt,505 hat eine exakte Bestimmung der Untergrenze den Vorteil, dass

504 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 195; Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 13; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 134; Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 35. 505 Gegen eine generelle Festlegung: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 69; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 12; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 134; Schaumburg, Verbandsklage, S. 117.

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern

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lediglich diese Untergrenze zur Anwendbarkeit des Abschöpfungsanspruchs nachzuweisen ist.506 1. Wortlaut Vom Wortlaut her sind drei Abnehmer als untere Grenze einer Vielzahl anzusehen. Eine Vielzahl steht in einem Steigerungsverhältnis zu Begriffen der Einzahl und Mehrzahl: einer – mehrere – viele. Dabei schließen sich Einzahl und Vielzahl aus, während Mehrzahl und Vielzahl eine Schnittmenge besitzen: Zwei Abnehmer können ebenfalls noch keine Vielzahl, sondern nur die Untergrenze der Mehrzahl darstellen. Ob die Systematik oder der Zweck der Gewinnabschöpfung unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte mehr als drei Abnehmer erfordern, ist durch weitere Auslegung zu ermitteln. 2. Parallele zu § 305 Abs. 1 S. 1 BGB In systematischer Hinsicht bietet sich eine Parallele zu § 305 Abs. 1 S. 1 BGB an. Gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen. Die Einführung besonderer Bestimmungen im AGB-Recht wird an mehreren Stellen mit der Massenproduktion, dem Massenkonsum, Massenverkehr und den Massengeschäften des täglichen Lebens begründet.507 Speziell das Merkmal der Vielzahl in § 305 Abs. 1 S. 1 BGB (§ 1 Abs. 1 AGBG a. F.) soll nach der Gesetzesbegründung auch zahlenmäßig vorher bestimmte Massenverträge erfassen und sei daher dem Begriff der unbestimmten Zahl vorzuziehen.508 Der Massenbezug findet sich bei § 10 Abs. 1 UWG wieder. Mit dem Merkmal einer Vielzahl möchte der Gesetzgeber die Gewinnabschöpfung auf besonders gefährliche Handlungen begrenzen, nämlich solche mit Breitenwirkung, die tendenziell eine größere Anzahl von Abnehmern betreffen können.509 Hieran schließt sich die zweite Parallele an: Das AGB-Recht stellt für Individualvereinbarungen einen Vorrang in § 305b BGB (§ 4 AGBG a. F.) klar. In ähnlicher Weise sollen individuelle Wettbewerbsverstöße, etwa die Irreführung anlässlich eines einzelnen Verkaufsgesprächs, von § 10 Abs. 1 UWG ausgenommen werden.510

506 Deswegen praktisch bedeutsam, entgegen: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 109. 507 BT-DS 7/3200, S. 8; 7/3919, S. 9, 10, 13. 508 BT-DS 7/3200, S. 9; 7/3919, S. 16. 509 BT-DS 15/1487, S. 24. 510 BT-DS 15/1487, S. 24.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Die Rechtsprechung legt in Übereinstimmung mit der Literatur die Vielzahl in § 305 Abs. 1 S. 1 BGB so aus, dass die dreimalige Verwendung der Vertragsbedingung bereits ausreicht.511 Ähnlich, jedoch negativ formulieren noch ältere Urteile, dass die untere Grenze jedenfalls nicht unter drei beabsichtigte Verwendungen anzusetzen sei512 oder dass zwei beabsichtigte Verwendungen nicht ausreichten513. Der identische Wortlaut und die weiteren Parallelen sprechen für eine Mindestanzahl von drei Abnehmern auch bei § 10 Abs. 1 UWG.514 3. Parallele zu § 16 Abs. 1 UWG oder § 264a Abs. 1 StGB Die Vielzahl in § 10 Abs. 1 UWG könnte dagegen genauso wie der größere Kreis von Personen in § 16 Abs. 1 UWG oder in § 264a Abs. 1 StGB zu bestimmen sein. Der größere Kreis im Sinne von § 16 Abs. 1 UWG wird nicht einheitlich beurteilt.515 Der Gesetzgeber stellt in der Begründung zu § 10 UWG ausdrücklich einen Bezug zu § 16 UWG her, weil in beiden Fällen tatbestandlich an einen größeren Personenkreis als Voraussetzung für eine zusätzliche Sanktion angeknüpft werde.516 Umgekehrt findet sich der Begriff der Vielzahl von Abnehmern auch in der Begründung zu § 16 UWG: Die besondere Gefährlichkeit der Werbung und damit die Strafwürdigkeit ergebe sich insbesondere daraus, dass eine Vielzahl von Abnehmern betroffen sei.517 Allein die Bezugnahme in der Begründung ist aber keine inhaltliche Gleichsetzung unterschiedlicher Gesetzesbegriffe. Entscheidend gegen die identische Auslegung spricht gerade der Gesetzeswortlaut: Es hätte näher gelegen, „einen größeren Kreis von Personen“ auch in § 10 UWG zu verwenden, wenn ein identischer Inhalt gewollt wäre. Deswegen ist eine Parallele zu § 16 Abs. 1 UWG für die Untergrenze des § 10 Abs. 1 UWG abzulehnen.

511 BGH, NJW 2002, 138 (139); NJW 2004, 1454; MüKo-Basedow, BGB, § 305 Rn. 17; Palandt-Heinrichs, BGB, § 305 Rn. 9. 512 BGH, NJW 1998, 2286 (2287). 513 BGH, NJW-RR 1991, 342. 514 Im Ergebnis auch: Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 140; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 196; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 12; Mönch, ZIP 2004, 2032; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 109. 515 Für eine nach Zahl und Persönlichkeit im Voraus unbestimmte und unbegrenzte Menge: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, § 16 Rn. 14; ohne konkrete Zahlenangaben: Fezer-Rengier, UWG, § 16 Rn. 87; MüKo-Brammsen, UWG, § 16 Rn. 36; ablehnend bei sieben Personen: OLG Frankfurt, GA 1977, 153. 516 BT-DS 15/1487, S. 24. 517 BT-DS 15/1487, S. 26.

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern

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Aus diesem Grunde ist auch eine Parallele zum größeren Kreis von Personen beim Kapitalanlagebetrug gem. § 264a Abs. 1 StGB518 abzulehnen. 4. Parallele zu § 283a S. 2 Nr. 2 StGB Die Ansicht, die das Merkmal in Anlehnung an den besonders schweren Fall des Bankrotts gem. § 283a S. 2 Nr. 2 StGB auslegt, wo der Täter viele Personen in eine Gefahr bringen muss, bejaht eine Vielzahl jedenfalls bei 50 Abnehmern.519 Für die Suche nach einer Untergrenze ist diese Angabe wenig hilfreich, zumal bei § 283a StGB teilweise eine eher willkürlich festgelegte Mindestanzahl von zehn Personen genannt wird.520 Gegen die Übertragung auf die Gewinnabschöpfung spricht jedenfalls, dass die Argumentationskette beim Vergleich von § 283a S. 2 Nr. 2 StGB mit § 10 Abs. 1 UWG noch schwächer ist als beim Vergleich mit § 16 Abs. 1 UWG, da es sich nicht nur um unterschiedliche Formulierungen im Gesetzestext und in der Gesetzesbegründung, sondern zusätzlich um unterschiedliche Gesetze handelt. 5. Wettbewerbsspezifisch Gegen diese Parallele wird eingewendet, dass das Merkmal wettbewerbsspezifisch auszulegen sei.521 Drei Abnehmer seien zu wenig. Nach dieser Ansicht erfordere das Merkmal der Wettbewerbshandlung ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs, wozu der Schädiger in Konkurrenz zu Mitbewerbern treten müsse. Das wiederum erfordere eine Marktpräsenz, die nicht schon bei drei bis fünf Beeinträchtigungen angenommen werden könne. Dem ist entgegenzuhalten, dass sie eine ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung aufstellt. Das Merkmal der Wettbewerbshandlung an sich ist bei der Voraussetzung des vorsätzlichen Verstoßes gegen § 3 UWG zu prüfen. Es ist kein Widerspruch, eine Wettbewerbshandlung beim Verstoß gegen § 3 UWG zu bejahen, und das Merkmal zu Lasten einer Vielzahl bereits bei drei geschädigten Abnehmern anzuerkennen. Die einschränkende Ansicht liefert auch keine genaue Begründung für die von ihr vorgeschlagene Mindestanzahl von fünfzehn bis dreißig Beeinträchti-

518 Zur eigenständigen, von § 16 UWG unabhängigen Begriffsbestimmung siehe: BT-DS 10/318, S. 23; zehn Personen für ausreichend hält: Worms, wistra 1987, 271 (274). 519 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 70. 520 Schönke/Schöder-Stree/Heine, StGB, § 283a Rn. 5; Tröndle/Fischer, StGB, § 283a Rn. 3 m. w. N. 521 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 140; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 145; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 135; Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 35.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

gungen.522 Diese Angabe ist vielmehr aus der Luft gegriffen. Man könnte mit der gleichen Argumentation fünfzig, fünfundsiebzig oder eine beliebige andere Zahl nennen.523 Zudem widerspricht sich diese Ansicht, wenn sie aus der spezifischen Eigenart einer Verletzungshandlung, die typischerweise nicht nur einen einzelnen Verbraucher beeinträchtigt, eine Vermutung für die Beeinträchtigung einer Vielzahl von Abnehmern aufstellt.524 Das Gegenteil eines einzelnen Verbrauchers sind nicht fünfzehn bis dreißig. 6. Zusammenfassung Da sich keine zwingenden Parallelen zu § 16 Abs. 1 UWG, § 264a Abs. 1 StGB und § 283a S. 2 Nr. 2 StGB ergeben, setzt die Vielzahl in § 10 Abs. 1 UWG wie in § 305 Abs. 1 S. 1 BGB mindestens drei Personen voraus.

III. Abnehmer 1. Abgrenzung zum Mitbewerber Der Begriff des Abnehmers ist im UWG nicht definiert. Laut der Gesetzesbegründung zu § 10 UWG fallen hierunter nicht nur die Verbraucher, sondern alle Marktteilnehmer.525 Marktteilnehmer sind nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG neben Mitbewerber und Verbraucher alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind. Offen bleibt jedoch, ob hierdurch auch Mitbewerber erfasst werden sollen. Der Gesetzgeber will wohl nur klarstellen, dass neben Verbraucher auch alle Anbieter und Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen unter den Abnehmerbegriff fallen sollen. Vielmehr spricht für eine Abgrenzung zum Mitbewerberbegriff, dass an anderer Stelle der Gesetzesbegründung ausdrücklich zwischen Abnehmer und Mitbewerber unterschieden wird.526 Und in der Begründung zur § 10 Abs. 2 UWG hebt der Gesetzgeber hervor, dass „individuelle Schadensersatzansprüche der Abnehmer, aber auch der Mitbewerber, vorrangig zu befriedigen“ seien.527 Mit 522 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 145; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 135; Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 36; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1326. 523 Die Beliebigkeit fällt auch bei Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch auf: So werden auf S. 141 mindestens fünfzig Abnehmer gefordert, während auf S. 148 in Fn. 704 nur noch dreißig Abnehmer genannt sind. 524 So aber: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 136. 525 BT-DS 15/1487, S. 24. 526 Im Zusammenhang mit dem Ausschluss von Fahrlässigkeit: BT-DS 15/1487, S. 24. 527 BT-DS 15/1487, S. 24.

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern

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der Wortwahl „aber“ stellt der Gesetzgeber klar, dass er mit Abnehmer keine Mitbewerber meint. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass alle Marktteilnehmer einschließlich der Mitbewerber erfasst werden sollen, hätte er diesen legaldefinierten Begriff in § 10 UWG übernehmen müssen. Der Begriff des Abnehmers schließt also Mitbewerber des Zuwiderhandelnden aus.528 Zu beachten ist die seltene Konstellation, dass Mitbewerber die Waren selbst beziehen und dann zu Abnehmer werden können.529 In diesem Fall sind sie nicht in ihrer Funktion als Mitbewerber auf dem Markt tätig, sondern als Abnehmer der konkreten Waren oder Dienstleistungen im Sinne von § 10 UWG. 2. Weitere Einschränkungen Es ist umstritten, inwieweit die Gewinnabschöpfung durch den Begriff des Abnehmers darüber hinaus eingeschränkt wird. Es kommen Beschränkungen auf Vertragspartner einer Leistungsbeziehung, auf unmittelbare Vertragspartner oder auf Personen, die auf nachgelagerten Marktstufen tätig sind, in Betracht. a) Bezieher von Waren oder Dienstleistungen Nach einer Ansicht muss es sich um einen Bezieher von Waren oder Dienstleistungen des Verletzers handeln.530 In den Fällen, in denen der Zuwiderhandelnde eine Leistung erbringt, stellt die Begrenzung auf den Leistungsbezieher eine Auslegungsmöglichkeit dar, die zumindest nachvollziehbar ist. Aber in den Fällen der rechtsgrundlosen Einziehung von Beträgen fehlt eine Leistung und somit ihr Bezug. Bei der grundlosen Einziehung von Beträgen hat der Einziehende eine Leistung, die den Grund für das Behaltendürfen des Geldbetrages darstellen würde, nicht erbracht. In diesen Fällen kann ein Abnehmer nur dadurch ermittelt werden, dass auf den hypothetischen Leistungsempfänger abgestellt wird. Der Gesetzgeber sieht gerade diese Fallgruppe als ein Musterbeispiel für Streuschäden des § 10 UWG an.531 Daher kann der Abnehmerbegriff nicht auf den Bezieher einer Ware oder Dienstleistung beschränkt werden.

528 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 71; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 8; Pokrant, FS Ullmann, S. 813 (816); Alexander, WRP 2004, 407 (418); sogar als unstreitig dargestellt von: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 136 und Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 142. 529 MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 139. 530 Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 12. 531 BT-DS 15/1487, S. 23.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

b) Unmittelbarer Vertragspartner Ähnlich einschränkend sieht eine Ansicht als Abnehmer nur einen unmittelbaren Vertragspartner des Verletzers an.532 Der Abschöpfungsanspruch könne nur in Bezug auf die Vertragsverhältnisse der jeweiligen Marktebene, etwa zwischen Hersteller und Händler oder Händler und Verbraucher, geltend gemacht werden.533 Das Argument, es solle nur das Marktversagen korrigiert werden, das darin liege, dass Abnehmer die ihnen zustehenden Ansprüche und Rechte nicht geltend machen,534 kann keine Beschränkung auf den unmittelbaren Vertragspartner begründen. Ein Schadensersatzanspruch des vertraglich verpflichteten Abnehmers ist auch gegen eine andere Person als seinen Vertragspartner denkbar. So kann der Geschädigte im Falle einer Mogelpackung gegen den Hersteller nach § 826 BGB vorgehen, wenn der Hersteller vorsätzlich eine zu geringe Menge angegeben hat. Im Gegenteil würde es dem Zweck des § 10 UWG zuwiderlaufen, wenn in Fällen ohne Vertragsbeziehung wie der Einziehung geringer Beträge ohne Rechtsgrund ein Durchsetzungsdefizit bestehen bliebe.535 Ein Argument für die Beschränkung auf unmittelbare Vertragspartner könnte sein, den Abnehmerbegriff wie in der Rücktrittsvorschrift des § 13a UWG a. F. aufzufassen.536 Nach dieser Vorschrift erhielt ein Abnehmer, der durch eine unwahre oder irreführende Werbeangabe zur Abnahme bestimmt worden ist, das Recht, von dem Vertrag zurückzutreten. Der Begriff des Abnehmers wurde als der eines Vertragspartners verstanden. Dies war zwingend, weil § 13a UWG a. F. ein Recht zum Rücktritt von einem Vertrag gab und nur ein Vertragspartner von einem Vertrag zurücktreten konnte. Für die Auslegung des Begriffs in § 10 Abs. 1 UWG ist diese Parallele daher nicht weiterführend. Im Ergebnis bleibt es dabei, dass Abnehmer nicht unmittelbare Vertragspartner des Verletzers sein müssen.537 c) Auf einer nachgelagerten Marktstufe Ein Abnehmer nimmt Waren oder Dienstleistungen ab, was zwingend voraussetzt, dass er auf einer Marktstufe steht, die dem Zuwiderhandelnden nachgelagert ist.538 532

Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 9, 11. Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 11. 534 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 10. 535 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 142. 536 Vgl. Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 193; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 142. 537 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 137 f.; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 194; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 71. 538 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 71; Pokrant, FS Ullmann, S. 813 (816); unklar dagegen, ob er mit vertikalem Verhältnis auch vorgelagerte Marktstufen erfassen will: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 194. 533

E. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern

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Andererseits muss es nicht die unmittelbar nachgelagerte Marktstufe sein.539 Diese Einschränkung wird bei der Ansicht, die für das Merkmal „zu Lasten“ jede Beeinträchtigung von Abnehmerinteressen ausreichen lässt, erforderlich, damit der Abnehmerbegriff nicht leer läuft.540 Sie ist aus den oben genannten Gründen abzulehnen.541 3. Zusammenfassung Ein Abnehmer ist ein Marktbeteiligter, der auf einer dem Zuwiderhandelnden nachgelagerten Marktstufe steht. Das Merkmal des Abnehmers in § 10 Abs. 1 UWG dient dazu, den Personenkreis vom Mitbewerberkreis abzugrenzen. Der Abnehmerbegriff ist dagegen nicht auf den tatsächlichen Bezieher einer Ware oder Dienstleistung oder den unmittelbaren Vertragspartner des Verletzers beschränkt.

IV. Nachweismöglichkeiten Der Kläger muss die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 UWG nachweisen, also auch, dass es bei einer Vielzahl von Abnehmern tatsächlich zu einer wirtschaftlichen Schlechterstellung gekommen ist.542 Nach der hier vertretenen Auffassung reicht die Schlechterstellung von drei Abnehmern aus. Diese geringe Anzahl etwa durch Zeugenvernehmung nachzuweisen, dürfte in der Praxis kaum Schwierigkeiten bereiten.543 Hier kann auch der Anscheinsbeweis eingreifen, dass eine Werbeangabe544 oder Täuschung oder Drohung im Sinne von § 123 BGB545 für den Kaufentschluss ursächlich ist. Der Anscheinsbeweis setzt voraus, dass sich ein für die zu beweisende Tatsache nach der Lebenserfahrung typischer Geschehensablauf ergibt.546 Dann kann von einer feststehenden Ursache auf einen bestimmten Erfolg oder umgekehrt geschlossen werden.547 Die folgenden Erleichterungen erlangen somit erst dann eine Bedeutung, wenn dieser Nachweis nicht gelingt.

539

Anders: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 108. Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 108. 541 Siehe: 1. Teil E. I. 2. 542 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 72. 543 Im Ergebnis anders: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 197; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 72. 544 OLG Nürnberg, GRUR 1990, 141 (142). 545 BGH, NJW 1995, 2361 (2362). 546 Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, § 286 Rn. 13. 547 Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, § 286 Rn. 13. 540

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

In Betracht kommt ein Sachverständigengutachten, das feststellt, dass durch die Art der unlauteren Handlung und nach der Lebenserfahrung typischerweise eine Vielzahl von Abnehmern wirtschaftlich schlechter gestellt ist.548 Testkäufe und Stichprobenziehungen können lediglich die wirtschaftliche Schlechterstellung nachweisen.549 Für die Beziehung zwischen der unlauteren Handlung und der Schlechterstellung kommt der Anscheinsbeweis in Betracht.550 Besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Vielzahl von Abnehmern in ihrem Konsumverhalten ohne die Zuwiderhandlung anders entschieden hätte, liegt es beim Unternehmer, seine Behauptung einer mangelnden Benachteiligung auf Abnehmerseite darzulegen.551 Speziell für das Merkmal einer Vielzahl bietet sich folgende Vermutung an, wobei es dem unlauter Handelnden in jedem Fall unbenommen bleibt, solche Vermutungen zu widerlegen:552 Solange die Schäden nicht über den Bagatellbereich hinausgingen, lohnt sich das wettbewerbswidrige Verhalten für das Unternehmen erst, wenn es einen größeren Personenkreis betrifft.553 Und Mogelpackungen richten sich nach der Art der Wettbewerbshandlung nicht nur gegen Einzelne.554

V. Zusammenfassung „Zu Lasten“ bestimmt sich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Die Abnehmer müssen individuelle Schadensersatzansprüche besitzen, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese Ansprüche untergegangen oder noch durchsetzbar sind. Eine Gegenleistung ist bei der Bestimmung eines Vermögensschadens zu berücksichtigen. Nach den Regeln des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen kann ein Schaden trotz objektiver Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung in dem Vertragsschluss selbst liegen. Das ist der Fall, wenn es sich um eine von der angepriesenen grundlegend verschiedene und nicht austauschbare Gegenleistung handelt, oder wenn sie für die Zwecke des Käufers auch nach der Verkehrsanschauung nicht voll brauchbar ist. Über § 823 Abs. 2 BGB fin548 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 274; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 74; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 136. 549 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 273. 550 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 273. 551 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 273. 552 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 74. 553 MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 136. 554 Wohl auch: Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 145, 155; weitergehend und zu pauschal dagegen: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 74.

F. Hierdurch einen Gewinn erzielt

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det die Lehre vom individuellen Schadenseinschlag beim Betrug nach § 263 Abs. 1 StGB Anwendung. Ein Vermögensnachteil liegt auch dann vor, wenn der Abnehmer einen sonstigen Nachteil erleidet, indem er z. B. Aufwendungen tätigt, die ohne die unlautere Handlung nicht angefallen wären. Auf Tatbestandsseite stellt „zu Lasten“ eine objektive Bedingung auf, die erfüllt sein muss, um die Folge der Gewinnabschöpfung auszulösen. Auf Rechtsfolgenseite werden dagegen unabhängig von einer wirtschaftlichen Schlechterstellung der Abnehmer im Einzelfall alle Gewinne abgeschöpft, die durch die Zuwiderhandlung erzielt worden sind. Eine Vielzahl in § 10 Abs. 1 UWG setzt wie in § 305 Abs. 1 S. 1 BGB mindestens drei Personen voraus. Ein Abnehmer ist ein Marktbeteiligter, der auf einer dem Zuwiderhandelnden nachgelagerten Marktstufe steht. Das Merkmal des Abnehmers in § 10 Abs. 1 UWG dient dazu, den Personenkreis vom Mitbewerberkreis abzugrenzen. Es muss dagegen nicht der tatsächliche Bezieher einer Ware oder Dienstleistung oder der unmittelbare Vertragspartner des Verletzers sein. Der Nachweis einer wirtschaftlichen Schlechterstellung von mindestens drei Abnehmern dürfte kaum Schwierigkeiten bereiten.

F. Hierdurch einen Gewinn erzielt I. Gewinn erzielt Ein Gewinn ist der Überschuss der Einnahmen über die seiner Erzielung zugrunde liegenden Ausgaben.555 1. Einnahmen a) Umsatzerlöse Ausgangspunkt für die Berechnung des Gewinns sind die Umsatzerlöse,556 also die Einnahmen des Zuwiderhandelnden. Dabei kommt es nur auf die aktuellen Umsatzerlöse an,557 wie das folgende Beispiel verdeutlicht: Wenn die Um555 Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 10; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 91; betriebswirtschaftlich gesehen: Lehmann, BB 1988, 1680 (1683); mit Bezugnahme auf § 4 EStG und § 721 BGB: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 198; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 51. 556 BT-DS 15/1487, S. 24. 557 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 238.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

satzerlöse aus Kaufverträgen stammen und alle Kaufverträge rückabgewickelt wurden, muss begrifflich bereits ein Umsatzerlös als Ausgangspunkt der Gewinnberechnung ausscheiden. Die Rückabwicklungen werden nicht erst bei § 10 Abs. 2 S. 1 UWG angerechnet.558 Daher sind von den ursprünglichen Einnahmen alle Leistungen abzuziehen, die die Vertragspartner nach Rücktritt vom Vertrag oder Minderung des Preises tatsächlich erstattet bekommen haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Wegfall der Einnahmen gerade wegen der Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG ermöglicht wird. Es besteht auch nur ein scheinbarer Vorteil, wenn solche Minderungen und Rücktritte hier unberücksichtigt bleiben und stattdessen als anrechenbare Leistung nach § 10 Abs. 2 S. 1 UWG angesehen werden. Dann hat der Zuwiderhandelnde einen Ausgleichsanspruch gem. § 10 Abs. 2 S. 2 UWG für den Fall, dass die Einnahmen zeitlich nach einer erfolgreichen Gewinnabschöpfung wegfallen. Nach der hier vertretenen Berechnungsweise hat der Schuldner im Ergebnis ebenfalls einen Anspruch gegen den begünstigten Bund, weil insoweit gem. § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Var. BGB das gesetzliche Schuldverhältnis aus § 10 Abs. 1 UWG als Rechtsgrund für die Gewinnabführung nachträglich wegfällt. b) Mittelbare Einnahmen Mittelbare Einnahmen sind durch einen weiteren Kausalverlauf zugeflossen und beruhen nicht auf dem Vorwurf der unlauteren Handlung. Der Zweck, nur die Gewinne gerade aus der Zuwiderhandlung zu entziehen, spricht gegen eine Berücksichtigung. Wenn der abschöpfbare Gewinn etwa zum Kauf eines Lottoscheins eingesetzt wird und dann zu einem höheren Gewinn führt, kann der Lottogewinn nicht abgeschöpft werden.559 Unmittelbare Einnahmen sind dagegen noch solche aus zwingenden Folgegeschäften, weil sie auf der vorwerfbaren Zuwiderhandlung beruhen.560 c) Imagegewinn Ein allgemeiner Imagegewinn und die Verbesserung der Marktposition werden nicht auf der Einnahmenseite berücksichtigt. Dafür spricht die Gesetzesbegründung, wonach für den Gewinn gem. § 10 Abs. 1 UWG an die Umsatzerlöse anzuknüpfen ist.561 Insoweit besteht eine Parallele zur Berechnungsmethode des 558 Im Ergebnis anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 176; Hefermehl/ Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 13; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 171; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 110. 559 Im Ergebnis auch: Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 124, 69. 560 Zu §§ 4 Nr. 9, 9 UWG: BGH, NJW 2007, 1524 (1525, 1527) [„Steckverbindergehäuse“]; Loschelder, NJW 2007, 1503 (1504). 561 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 168.

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Verletzergewinns.562 Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils in den §§ 34, 34a GWB. d) Rechtmäßiges Alternativverhalten Es ist umstritten, ob ein rechtmäßiges Alternativverhalten bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen ist.563 In vielen Fällen kommt es auf diese Meinungsverschiedenheit nicht an, weil auf lautere Weise gar kein Gewinn erzielt worden wäre, beispielsweise bei der Einziehung geringer Beträge ohne Grund und in den Fällen der 0190-Mehrwertdienstnummern, die ohne Gegenleistung nur weitere Kosten auslösen.564 Aber gerade in den Fällen der unlauteren Werbung sind unterschiedliche Ergebnisse der genannten Ansichten denkbar. Der Zweck des § 10 UWG spricht für die Unbeachtlichkeit des hypothetischen lauteren Alternativverhaltens.565 Verhindert werden soll unlauterer Wettbewerb und somit die Zuwiderhandlung als solche. Anders sieht es dagegen im Schadensersatzrecht aus. Dort ist das rechtmäßige Alternativverhalten beachtlich,566 weil die Schadensersatznormen nicht eine Handlung an sich verbieten, sondern einen Schaden ausgleichen sollen. Wäre der Schaden auch entstanden, wenn der Schädiger sich rechtmäßig verhalten hätte, ist der Schutzzweck der Haftungsnorm nicht erreicht.567 Es ist daher zusammenzufassen, dass die Gewinnhöhe unabhängig von einem rechtmäßigen Alternativverhalten zu ermitteln ist. e) Unlauteres Element innerhalb einer Zuwiderhandlung Vom (hier abgelehnten) Hinzudenken eines lauteren Verhaltens zu unterscheiden ist der Fall, dass eine einheitliche Handlung nur zu einem Teil unlauter ist und zum anderen Teil lautere Elemente enthält. Beispielsweise lässt sich der 562

Zur Berechnungsart des Verletzergewinns: Lehmann, BB 1988, 1680 (1684). Dafür: Nordemann, Wettbewerbsrecht, Rn. 1903; Sack, WRP 2003, 549 (554); dagegen: von Braunmühl, Aktueller Bericht, S. 15 (18); Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 207; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 125; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 85–88; Mönch, ZIP 2004, 2032; MüKoMicklitz, UWG, § 10 Rn. 145; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 97; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 52. 564 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 152; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 218. 565 Im Ergebnis ebenso: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 207; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 86. 566 Palandt-Heinrichs, BGB, Vorb. § 249 Rn. 105; speziell für das UWG: BGH, GRUR 1964, 392 (396); kritisch dagegen für das UWG: Harte-Bavendamm/HenningBodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 81, § 9 Rn. 76. 567 Vgl. BGH, NJW 2000, 661 (663). 563

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Verkauf einer Mogelpackung in ein rechtmäßiges und ein unrechtmäßiges Element aufspalten.568 Bei einer Mogelpackung, die 100 Gramm Inhalt verspricht, aber nur 90 Gramm enthält, ist die zu beurteilende Handlung der Verkauf der Mogelpackung. Unlauter ist aber nur die Anpreisung von zehn Gramm mehr Inhalt und die Übergabe von zehn Gramm weniger als angepriesen, also die Differenz von zehn Gramm. Das Ziel der Gewinnabschöpfung erfordert nicht, den gesamten Gewinn aus dem Verkauf einer Mogelpackung zu entziehen. Selbst die Abschreckungswirkung wird nicht zunichtegemacht, sondern nur verringert, wenn es zu einer Art geltungserhaltenden Reduktion kommt.569 Im Fall der Mogelpackung ergibt sich also folgende Berechnungsgrundlage: Der Verkauf der Mogelpackung ist als einheitliche Handlung kausal für die gesamten Einnahmen aus dem Verkauf dieser Waren. Ob der Zuwiderhandelnde diese Einnahmen aus einem anderen, lauteren Alternativverhalten ebenfalls hätte erzielen können, ist unbeachtlich. Abgeschöpft werden kann trotzdem nur der Gewinn, der sich aus den ersparten Aufwendungen für die fehlenden zehn Gramm ergibt. Es ist daher zusammenzufassen, dass der Schutzzweck des § 10 Abs. 1 UWG es zulässt, nur den Gewinn abzuschöpfen, der auf dem unlauteren Teil einer Handlung beruht. Im Ergebnis entspricht dies auch der Berücksichtigung eines „legalen Sockelbetrags“ im Rahmen des wirtschaftlichen Vorteils gem. §§ 34, 34a GWB und § 17 Abs. 4 S. 1 OWiG.570 2. Ausgaben Eine exakte Differenzierung zwischen Ausgaben, die zur Ermittlung des Gewinns im Sinne von § 10 Abs. 1 UWG zu berücksichtigen sind, und abzugsfähigen Leistungen im Sinne von § 10 Abs. 2 UWG ist aus Beweislastgründen nicht erforderlich, da es in der Praxis Sache des Beklagten ist, sie vorzutragen. Für die Leistungen nach § 10 Abs. 2 UWG ergibt sich diese Beweislast schon aus der allgemeinen Regel, dass jede Partei die ihr günstigen Tatsachen vorzutragen hat.571 Für die Ausgaben zur Gewinnberechnung ergibt sich dieses jedenfalls aus einer Gesamtschau mit dem Auskunftsbegehren des Klägers.572 Der 568 Anders: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 87; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 143. 569 Anders: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 208; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 125; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 88; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 141. 570 Im Einzelnen dazu siehe: 2. Teil C. I. 1. c). 571 Im Ergebnis ebenso: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 169. 572 Nach Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 128 trägt der Verletzer schon nach allgemeinen Prinzipien die Darlegungs- und Beweislast; zur sekundären Beweis-

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Kläger kann im Wege des Auskunftsanspruchs vom Beklagten die Mitteilung der Einnahmen und Ausgaben verlangen. Verschweigt der Beklagte Ausgaben, geht dies zu seinen Lasten, indem der Gewinn entsprechend höher angesetzt und abgeschöpft wird. a) Leistungen des Zuwiderhandelnden nach § 10 Abs. 2 S. 1 UWG Ausdrücklich geregelt ist in § 10 Abs. 2 S. 1 UWG, dass auf den Gewinn Leistungen anzurechnen sind, die der Schuldner aufgrund der Zuwiderhandlung an Dritte oder den Staat erbracht hat. Anzurechnen sind nur die tatsächlich erbrachten Leistungen. Unerheblich ist, ob solche Leistungen in Zukunft zu erwarten sind, selbst wenn der Zuwiderhandelnde bereits auf Zahlung verklagt ist.573 Freiwillige Zahlungen ohne rechtliche Verpflichtung werden nicht berücksichtigt.574 aa) Leistungen an Dritte Unter Leistungen an Dritte fallen zunächst alle Schadensersatzansprüche der Abnehmer und Mitbewerber. Nach der Gesetzesbegründung soll damit der Vorrang der individuellen Schadensersatzansprüche der Abnehmer und Mitbewerber klargestellt werden.575 Soweit der Gewinn durch Ersatzleistungen an die Abnehmer oder Schadensersatzleistungen gem. § 9 UWG reduziert worden ist, ist keine zu schließende Schutzlücke mehr vorhanden.576 Der Gesetzeswortlaut erfasst darüber hinaus alle weiteren Leistungen aufgrund der Zuwiderhandlung. In Betracht kommen Bereicherungsansprüche der Mitbewerber, Vertragsstrafeansprüche von Mitbewerbern oder Verbänden, Nacherfüllungs-, Rückgewähr-, Minderungs- und Bereicherungsansprüche von Abnehmern,577 soweit sie nicht bereits den Umsatzerlös als Einnahme betreffen. Jedoch darf eine Anrechnung von Leistungen nicht zur Umgehung des Regelungszwecks von § 10 UWG führen. Daher sind folgende Besonderheiten zu beachten:

last des Beklagten siehe unten: 1. Teil F. III. 3. b); zum Auskunftsanspruch siehe unten: 1. Teil H. II. 1. 573 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 13. 574 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 13. 575 BT-DS 15/1487, S. 24. 576 BT-DS 15/1487, S. 24; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 122; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 110. 577 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 190, 194; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 13; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 110.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

(1) Vertragsstrafen Nicht abzugsfähig sind Vertragsstrafen, die nur aus dem Grunde vereinbart werden, einen Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG auszuschließen und statt der Abführung an den Bundeshaushalt den Betrag dem nahestehenden Vertragspartner zukommen zu lassen.578 (2) Vergleich Nicht abzugsfähig sind Zahlungen des Schuldners, die er in Erfüllung eines Vergleichs direkt an einen Gesamtgläubiger leistet. § 10 Abs. 1 UWG gibt den Gläubigern keinen Anspruch auf Zahlung an sie selbst, gerade um zu verhindern, dass sie aus eigenen finanziellen Interessen aktiv werden. Der Leistungsempfänger der Gewinnabschöpfung ist bewusst so ausgewählt, dass eine Bereicherung der Gläubiger verhindert werden soll. Würde die Abzugsfähigkeit bejaht, wäre die Gefahr eines „Ablasshandels“579 geschaffen, bei dem die Berechtigten dem Schuldner außergerichtliche Vergleichsvorschläge unterbreiten, eine Summe unter Umgehung der Staatskasse an sie (die Berechtigten) zu zahlen, und sie ihrerseits auf eine Geltendmachung des Abschöpfungsanspruchs verzichten. Aus diesem Grund müssen Vergleichszahlungen an die Gläubiger aus dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 S. 1 UWG ausgenommen werden. (3) Prozesskosten In Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung sind Kosten der aufgrund der Zuwiderhandlung geführten Streitigkeiten nicht abzugsfähig. Denn sonst hätte der Zuwiderhandelnde einen Anreiz, sich auf kostenträchtige Prozesse einzulassen.580 Das Argument der Gegenansicht, andernfalls würde das Gesetz die Klärung der Wettbewerbswidrigkeit zu Lasten des angeblich Zuwiderhandelnden erschweren,581 überzeugt nicht. Es liegt allenfalls eine Nichtgewährung eines Vorteils (Abzugsfähigkeit) vor, indem es bei der Kostenregelung des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO verbleibt. Und ob ein Wettbewerber Prozesse zu dem Zweck führt, die 578

Für eine generelle Unberücksichtigung daher: Mönch, ZIP 2004, 2032 (2033). Engels/Salomon, WRP 2004, 32 (43); Trube, JurPC Web-Dok. 228/2004, Abs. 91, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: www.jurpc.de/aufsatz/20040228.htm#uV3; vgl. auch Lehmler, UWG, § 10 Rn. 4; kritisch dagegen: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 183; Mönch, ZIP 2004, 2032 (2035); zum GWB: Köhler, FS Schmidt, S. 509 (518). 580 BT-DS 15/1487, S. 24; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 111; Gloy/ Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 16; Harte-Bavendamm/Henning-BodewigGoldmann, UWG, § 10 Rn. 101; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 7; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 150; im Ergebnis auch: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 100. 581 Sack, WRP 2003, 549 (554). 579

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Rechtmäßigkeit seines Verhaltens bestätigt zu bekommen und nicht, um abzugsfähige Kosten zu verursachen,582 kann nicht generell bestritten werden. Aber unstreitig erhöht sich bei fehlendem Kostenrisiko die Gefahr unnötiger Prozesse. Daher ist es eine angemessene Entscheidung, die Verfolgungskosten nicht als abzugsfähige Leistungen im Sinne des § 10 Abs. 2 UWG anzusehen. (4) Kosten aus einer Abmahnung oder einstweiligen Verfügung Dagegen sind die Kosten aus einer Abmahnung oder einstweiligen Verfügung als abzugsfähige Leistungen im Sinne des § 10 Abs. 2 UWG anzuerkennen.583 Weil im Unterlassungsverfahren keine Anrechnungsmöglichkeit wie bei § 10 Abs. 2 UWG existiert, provoziert sie keine unnötigen Auseinandersetzungen zum missbräuchlichen Zweck der Gewinnreduzierung.584 Diese Kosten lassen sich als Reaktion auf die Zuwiderhandlung nicht mehr vermeiden. bb) Leistungen an den Staat Auch Leistungen an den Staat mindern den Gewinn gem. § 10 Abs. 2 S. 1 UWG. So wird etwa die Mehrwertsteuer darunter zu fassen sein,585 aber auch alle anderen Abgaben, die im Zusammenhang mit der Erbringung der Leistung stehen.586 Soweit der Vorteil gem. §§ 34, 34a GWB abgeschöpft wird, ist diese Leistung ebenfalls anzurechnen.587 Entsprechend der Gesetzesbegründung kann der Gewinn auch durch Zahlungen aufgrund staatlicher Sanktionen wie z. B. Geldstrafen ausgeglichen werden.588 Die Anrechenbarkeit von Geldstrafen und Geldbußen ist nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf ihren Abschöpfungsanteil beschränkt.589 Die anrechenbaren Leistungen müssen nicht dem Ausgleich von Individualschäden dienen oder primären Sanktionscharakter haben, sodass der Verfall eine Leistung im Sinne von § 10 Abs. 2 UWG ist.590 582

Sack, WRP 2003, 549 (554); Schaumburg, Verbandsklage, S. 125. Im Ergebnis auch: Sack, WRP 2003, 549 (554). 584 Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 16; anders dagegen: Hefermehl/ Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 7. 585 Schaumburg, Verbandsklage, S. 124. 586 Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 17. 587 Bei § 34a GWB nicht direkt, sondern nur analog dagegen: Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 124, Fn. 213. 588 BT-DS 15/1487, S. 24, 43. 589 BT-DS 15/1487, S. 24, 43; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 111; anders dagegen: Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 114 f. 590 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 124; anders dagegen: Alexander, WRP 2004, 407 (419); Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 243. 583

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Gem. § 890 Abs. 1 ZPO verhängte Ordnungsgelder sind nicht nur auf den Gewinnanteil anrechenbar, den der Zuwiderhandelnde zeitlich nach der Verurteilung zur Unterlassung und Androhung eines Ordnungsgelds erzielt hat.591 Ob der Präventionszweck des Ordnungsgeldes seine Wirkung verliert, ist im Rahmen des Abschöpfungsverfahrens nicht zu prüfen. Hier ist alleine entscheidend, ob die Zuwiderhandlung einen noch vorhandenen Gewinn verursacht hat, sodass sich unlauterer Wettbewerb gelohnt hat. Jedes Ordnungsgeld, das aufgrund der Zuwiderhandlung ergangen ist, ist anrechnungsfähig. b) Herstellungs- und Betriebskosten der erbrachten Leistungen Entsprechend der Gesetzesbegründung592 sollen Herstellungskosten der erbrachten Leistungen sowie eventuell angefallene Betriebskosten vom Umsatzerlös abzuziehen sein.593 Abzuziehen sind daher die variablen, d. h. vom Beschäftigungsgrad abhängigen Kosten für die Herstellung und den Vertrieb der verletzenden Gegenstände,594 wie Materialkosten und auf die fragliche Produktion entfallenden Energie- und Lohnkosten.595 Bei Dienstleistungen sind nur die anteiligen Lohnkosten oder andere variable Kosten abzugsfähig. Bei Groß- und Einzelhandelsbetrieben sind der Einstandspreis und die anteiligen Lohnkosten des Verkaufspersonals abzugsfähig.596 Richtig ist daher die Folgerung, dass alle Kosten abzuziehen sind, die die Werbeaktion verursacht hat.597 Dazu zählen auch die Kosten für ihre Einstellung und Beseitigung, Abmahngebühren und Gerichts- und Anwaltskosten einstweiliger Verfügungen, die durch die betreffende Werbung verursacht worden sind.598 Eine Einschränkung bei den Kosten zur Durchführung der Werbeaktion und bei den Entwicklungskosten kann nicht mit dem Normzweck und dem Abschreckungscharakter begründet werden.599 Eine Anrechnung ist vielmehr gebo591

Anders: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 241. BT-DS 15/1487, S. 24. 593 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 204; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 96; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 7; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 148. 594 Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 10, 17; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 99. 595 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 99; MüKoMicklitz, UWG, § 10 Rn. 149; zu den §§ 4 Nr. 9, 9 UWG: BGH, NJW 2007, 1524 (1526) [„Steckverbindergehäuse“]. 596 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 99; MüKoMicklitz, UWG, § 10 Rn. 149. 597 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 110; Sack, WRP 2003, 549 (554). 598 Sack, WRP 2003, 549 (554). 599 Anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 166, 175 f. 592

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ten, weil der Präventionszweck bereits erfüllt ist, wenn die Zuwiderhandlung wirtschaftlich erfolglos geblieben ist. Eine Einschränkung der Abzugsfähigkeit auf Kosten der Werbeaktion an sich, wie auf Kosten einer Beratung im Vorfeld,600 lässt sich nicht mit einem Vergleich mit der Kostentragungspflicht bei einer allgemeinen Auskunftsklage begründen. Dieser Vergleich lässt die besondere Regelung des § 10 Abs. 2 UWG außer Acht, nach der die geschuldete Gewinnabführung gerade der Höhe nach beschränkt wird. Es kommt nicht darauf an, ob die Ausgaben notwendig waren,601 sondern bis zur Grenze des Missbrauchs allein darauf, dass sie in Bezug auf die unlautere Handlung getätigt wurden. Ohne Bedeutung ist, ob der unlauter Handelnde seinerseits im Innenverhältnis einen Schadensersatzanspruch gegen eine Marketingagentur oder ein ausführendes Callcenter hat.602 Wenn der Zuwiderhandelnde auf Gewinnabschöpfung erfolgreich in Anspruch genommen wird und ihm die Kosten für die Werbeaktion gewinnmindernd angerechnet werden, hat er in Höhe dieser Ausgaben keinen Schaden, den er von einem Dritten, also der Marketingagentur oder dem ausführenden Callcenter, zurückverlangen könnte. Wenn das Callcenter selbst vorsätzlich wettbewerbswidrig handelt und einen Gewinn dadurch erzielt, kann gegen das Callcenter gem. § 10 UWG vorgegangen werden und dessen Gewinn abgeschöpft werden. Ein Imageschaden, der dem Werbenden entsteht, wenn die Unlauterkeit seiner Werbung in der Öffentlichkeit bekannt wird, ist als unternehmerisches Risiko603 nicht abzuziehen.604 Dazu passt, dass umgekehrt auf der Einnahmenseite ein allgemeiner Imagegewinn ebenfalls nicht berücksichtigt wird.605 c) Gemeinkosten Gemeinkosten und sonstige betriebliche Aufwendungen, die auch ohne das wettbewerbswidrige Verhalten angefallen wären, sind nicht abzugsfähig.606 Sol600 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 176; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 100. 601 Anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 176 f. 602 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 205. 603 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 102. 604 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 177; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 101; anders dagegen: Sack, WRP 2003, 549 (554). 605 Siehe oben: 1. Teil F. I. 1. c). 606 BT-DS 15/1487, S. 24; Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 172 f.; Fezervon Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 204; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 96, 99; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 7; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 148; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 100.

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che Kosten, die von der Beschäftigung unabhängig sind, wie z. B. Mieten und zeitabhängige Abschreibungen für Anlagevermögen, bleiben für die Gewinnberechnung außer Betracht.607 Dies entspricht der neueren Rechtsprechung im gewerblichen Rechtsschutz, wo beim Verletzergewinn nach langjähriger Praxis der Vollkostenmethode, die eine uneingeschränkte Abzugsfähigkeit sämtlicher Gemeinkosten vorsah, seit dem Urteil vom 02. November 2000608 die Teilkostenmethode angewendet wird.609 Insoweit kann für die Berechnung des Gewinns auf die Praxis der Abschöpfung des Verletzergewinns im gewerblichen Rechtsschutz zurückgegriffen werden.610 Daher reicht es zur Bejahung eines Gewinns aus, dass unabhängig von einem Stückgewinn bereits ein Kostendeckungsbeitrag erzielt wird.611 Abzugsfähig sind auch – anteilig bezogen auf ihre Lebensdauer – die Kosten für Maschinen und Räumlichkeiten, die nur für die Produktion und den Vertrieb der betroffenen Produkte verwendet worden sind.612 Gegen die Differenzierung zwischen Gemeinkosten und anrechenbare Einzelkosten kann eingewendet werden, dass diese Unterscheidung im Einzelfall schwer zu treffen und von Zufälligkeiten abhängig sei.613 Andererseits sind diese Schwierigkeiten überwindbar, weil bei der Einordnung der Kosten eine gewisse Typisierung unerlässlich ist, die den Geboten der Praktikabilität gerecht wird, und die Höhe häufig geschätzt werden muss.614 Eine andere Ansicht sieht die rigorose Verwerfung dieser Kosten bei § 10 UWG wie auch beim Verletzergewinn wegen des Gesetzeswortlauts und der Interessenlage kritisch.615 Es werde übersehen, dass ein Kaufmann selten Investitionen ohne Gewinnerzielungsabsicht tätige.616 Das betrifft jedoch die hier abgelehnte Frage, ob ein rechtmäßiges Alternativverhalten berücksichtigt werden kann. § 10 UWG soll einen Gewinn unabhängig von hypothetischen Überlegungen abschöpfen.

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Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 99. BGHZ 145, 366 = BGH, GRUR 2001, 329. 609 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 204; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 148. 610 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 99; genauer dazu auch: Lehmann, BB 1988, 1680 (1685). 611 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 7, § 9 Rn. 1.45 mit Verweis auf BGH, GRUR 2001, 329 (331). 612 Zu den §§ 4 Nr. 9, 9 UWG: BGH, NJW 2007, 1524 (1526) [„Steckverbindergehäuse“]. 613 Allgemein zu den Aufteilungsschwierigkeiten: Lehmann, BB 1988, 1680 (1684); Tilmann, GRUR 2003, 647. 614 Zu den §§ 4 Nr. 9, 9 UWG: BGH, NJW 2007, 1524 (1526) [„Steckverbindergehäuse“]. 615 Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 10 und § 23 Rn. 71. 616 Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 23 Rn. 71. 608

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d) Keine Beachtung des Wegfalls einer Bereicherung wie in § 818 Abs. 3 BGB Der Zuwiderhandelnde kann sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung im Sinne von § 818 Abs. 3 BGB berufen, da der Abschöpfungsanspruch kein Bereicherungsanspruch nach den §§ 812 f. BGB ist und unabhängig davon eine Berufung auf § 818 Abs. 3 BGB schon wegen Bösgläubigkeit nach § 819 Abs. 1 i.V. m. § 818 Abs. 4 BGB ausscheiden würde.617 e) Gesamtverlust trotz eines Stückgewinns Wenn der Verletzer mit jedem verkauften Produkt einen Gewinn erzielt hat, insgesamt aber etwa wegen einer nicht verkäuflichen Überproduktion mehr Ausgaben als Einnahmen getätigt hat, ist der Stückgewinn für § 10 UWG maßgeblich.618 Laut der Gesetzesbegründung sind ausdrücklich nur die Herstellungskosten der erbrachten Leistungen abzuziehen.619 Erbracht ist eine Leistung aber erst, wenn der Empfänger sie erhalten hat. Liegen unverkäufliche Waren aus einer Überproduktion noch auf Lager, so sind ihre Herstellungskosten keine Kosten der erbrachten Leistungen. Das Ergebnis stimmt auch mit der Berechnungsweise des Verletzergewinns im gewerblichen Rechtsschutz überein, wonach Kosten für nicht mehr veräußerbare Produkte – etwa in Folge einer Unterlassungsverpflichtung – nicht anrechenbar sind.620

II. Hierdurch Das Merkmal „hierdurch“ stellt eine Verbindung zwischen dem vorsätzlichen Verstoß gegen § 3 UWG sowie der Gewinnerzielung zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern her. 1. Kausalität zwischen Zuwiderhandlung und Gewinnerzielung Zunächst wird die Bedeutung für die Gewinnerzielung untersucht. Bei der Auslegung des Wortes „hierdurch“ bildet der Wortlaut den Ausgangspunkt und zugleich die Grenze der Auslegung. Der Wortbestandteil „hier“ bezieht sich auf die im ersten Teilsatz des § 10 Abs. 1 UWG genannte Zuwiderhandlung. „Hierdurch“ verkürzt also den Ausdruck „durch die vorsätzliche Zuwiderhand-

617

Sack, WRP 2003, 549 (554). Für die Herausgabe der Umsatzerlöse als Deckungsbeitrag zu den Fixkosten dagegen: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 178 f. 619 BT-DS 15/1498, S. 24. 620 Zu den §§ 4 Nr. 9, 9 UWG: BGH, NJW 2007, 1524 (1526) [„Steckverbindergehäuse“]. 618

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

lung (gegen § 3 UWG)“. „Durch“ ist das Bindeglied zwischen Zuwiderhandlung und Gewinn. Diese Verbindung kann bei zivilrechtlichen Ansprüchen Zurechnungszusammenhang genannt werden. Jeder Zurechnungszusammenhang setzt inhaltlich als Mindestvoraussetzung eine Kausalität im Sinne der Conditiosine-qua-non-Formel voraus.621 Es darf die vorsätzliche Zuwiderhandlung nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Form entfiele.622 Die Gegenansicht, die einen konditionellen Zusammenhang ausreichen lässt,623 stellt hingegen nicht auf die unlautere Handlung, sondern auf den gesamten Vertrieb der Ware oder Dienstleistung ab, die z. B. unlauter beworben wird. Sie vergleicht die tatsächliche Situation mit derjenigen, in der der gesamte Absatz des Produkts oder der Dienstleistung hinweggedacht wird. Damit überschreitet sie die Wortlautgrenze. Die unlautere Handlung im Sinne von § 3 UWG muss vielmehr ursächlich für die Gewinnerzielung sein.624 2. Bedeutung für „zu Lasten“ Die Anforderungen an das Merkmal „zu Lasten“ sind bereits oben dargestellt worden.625 Danach muss eine Vielzahl von Abnehmern nach den allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen individuelle Schadensersatzansprüche haben. Bereits das Merkmal „zu Lasten“ setzt voraus, dass für den Schadensersatzanspruch die allgemeinen Kausalitäts- und Zurechnungsregeln der jeweiligen Anspruchsgrundlage gelten. „Hierdurch“ stellt für das Merkmal „zu Lasten“ lediglich klar, dass die Zuwiderhandlung der Bezugspunkt für den Schadensersatzanspruch ist. Darüber hinaus erfahren die Merkmale „zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern“ keine weitere Einschränkung.

III. Nachweisanforderungen und -möglichkeiten Es ist zu untersuchen, inwieweit die Forderung, für die Gewinnerzielung und Kausalität Beweiserleichterungen626 bis hin zur Beweislastumkehr zuzulassen,627 erfüllt werden kann. 621 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 123 kommt zum gleichen Ergebnis, ohne die Beziehung einen Zurechnungszusammenhang zu nennen. 622 So ausdrücklich: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 207. 623 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 92. 624 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 143; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, S. 496; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 201, 206; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 121 f.; Mönch, ZIP 2004, 2032; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 141; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 97; Nordemann, Wettbewerbsrecht, Rn. 1903; Sack, WRP 2003, 549 (554); Schaumburg, Verbandsklage, S. 121. 625 Siehe oben: 1. Teil E. II.

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1. Vermutung nach dem Rechtsgedanken des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB Nach einer Ansicht soll die Kausalität des Wettbewerbsverstoßes entsprechend dem Gedanken des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB für die Summe aller Vertragsabschlüsse vermutet werden können.628 Die Herleitung dieser Vermutungsregel stößt jedoch auf Bedenken. Vom Wortlaut her stellt § 434 Abs. 1 S. 3 a. E. BGB zunächst nur die Vermutung auf, dass bestimmte öffentliche Äußerungen des Verkäufers oder Herstellers die Käufer in ihrer Kaufentscheidung beeinflussen können. Die Vermutung hilft für die Kausalitätsfragen im Rahmen des § 10 UWG nicht weiter. Die Beeinflussbarkeit der Kaufentscheidung, die bei § 434 Abs. 1 S. 3 BGB vermutet wird, betrifft nur das Merkmal der Zuwiderhandlung. Denn § 3 UWG setzt eine unlautere Wettbewerbshandlung voraus, die geeignet sein muss, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen und somit die Kaufentscheidung der Abnehmer zu beeinflussen. § 434 Abs. 1 BGB enthält dagegen keine Vermutungsregel dergestalt, dass die öffentliche Äußerung für die Kaufentscheidung aller Käufer ursächlich gewesen ist. Des Weiteren gibt diese öffentliche Äußerung auch im Kaufrecht nur eine Beschaffenheit an, die der Käufer nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB erwarten kann. Selbst die Folge, dass eine Beschaffenheit vermutet wird, steht in dem Rangverhältnis der einzelnen Sätze auf der letzten Prüfungsstufe. Maßgeblich für die Sachmangelfreiheit ist zunächst gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB die vereinbarte Beschaffenheit. Ohne eine Vereinbarung ist die Sache gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Und erst wenn auch diese Voraussetzung nicht vorliegt, greift § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 i.V. m. S. 3 BGB. Deshalb kann aus § 434 Abs. 1 S. 3 BGB erst recht nicht die Vermutung für § 10 Abs. 1 UWG hergeleitet werden, dass alle getätigten Vertragsabschlüsse tatsächlich kausal auf der unlauteren Werbung beruhen. 2. Speziell für die Kausalität Die Gläubiger des § 10 Abs. 1 UWG müssen darlegen und beweisen, dass die Zuwiderhandlung des Schuldners für den Gewinn kausal ist. 626

MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 140. Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 302. 628 Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 42 f.; zustimmend: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 145, 147. 627

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

a) Zeugen Um nachzuweisen, dass eine Zuwiderhandlung ursächlich für den Gewinn ist, können die Abnehmer als Zeugen vernommen werden. Jeder Zeuge kann nur über seine eigenen Beweggründe für die Abnahme einer Ware oder Dienstleistung vernommen werden. Um z. B. sämtliche Gewinne aus der unlauteren Werbung abzuschöpfen, müssen alle Abnehmer des Produkts als Zeugen vernommen werden. Das ist praktisch nicht durchführbar, weil schon gar nicht alle Zeugen ermittelt werden können, und bei großen Werbungen unverhältnismäßig. Es würde in besonderem Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers stehen, der beim Merkmal „zu Lasten“ genannt wird: Die Gewinnabschöpfung setzt nicht die Ermittlung einzelfallbezogener Nachteile voraus.629 Die Schwierigkeiten müssen überwunden werden, um zu verhindern, dass § 10 UWG für diese Fallgruppe der Streuschäden630 keinerlei praktische Bedeutung erlangt.631 b) Anscheinsbeweis für die Frage, ob überhaupt ein Gewinn kausal auf die Zuwiderhandlung zurückzuführen ist Für die Frage, ob überhaupt ein Gewinn erzielt worden ist, kommt der Anscheinsbeweis in Betracht.632 Er erlaubt aufgrund von Erfahrungssätzen einen Rückschluss von der Zuwiderhandlung auf einen Gewinn. Einer Wettbewerbsmaßnahme geht in der Regel eine fundierte Kosten-Nutzen-Analyse voraus, sodass der Investor von Einnahmen mindestens in der Größenordnung der Ausgaben überzeugt ist.633 Eine Werbung verursacht zunächst einmal Kosten, die ein wirtschaftlich denkender Unternehmer nur dann ausgibt, wenn er einen entsprechenden Gewinn erwartet.634 Dagegen spricht nicht das Sprichwort, dass die Hälfte der Werbung aus dem Fenster geworfen wird, man wisse nur nicht, welche Hälfte. Das Sprichwort soll verdeutlichen, dass man den gleichen Erfolg mit einem geringeren finanziellen Aufwand hätte erreichen können. Diese von vornherein feststehende, aber nicht eingrenzbare Fehlinvestition wird bei der gesamten Werbemaßnahme einkalkuliert und nur dann akzeptiert, wenn die Einnahmen aus der Werbung die Gesamtausgaben einschließlich der Fehlinvestition abdecken. 629

Siehe oben: 1. Teil E. I. 3. BT-DS 15/1487, S. 23. 631 So die Befürchtung von: Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, S. 497. 632 Bartholy, Mehrerlösabschöpfung, S. 129 [zum Schadensersatzanspruch]; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 125 f., 128; noch weitergehend auch für die Gewinnhöhe: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 296. 633 von Braunmühl, Aktueller Bericht, S. 15 (18); Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 296; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 126. 634 MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 151. 630

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Der Beklagte kann die auf den Anscheinsbeweis begründete richterliche Überzeugung erschüttern, indem er Tatsachen darlegt, die die ernsthafte, nicht rein hypothetische Möglichkeit eines ungewöhnlichen Verlaufs ergeben.635 Dem Beklagten steht es frei, darzulegen, dass die Werbungskosten tatsächlich über den erwarteten Einnahmen liegen oder die Werbung für das konkret beworbene Produkt von Anfang an nicht kostenneutral geplant war. Er kann versuchen, den Zweck der Werbung mit anderen Zielen zu begründen, z. B. das zu versteuernde Einkommen drücken zu wollen oder sich nur einen allgemeinen Imagegewinn oder eine größere Bekanntheit erhofft zu haben, was zu einem größeren Absatz der übrigen, nicht unlauter beworbenen Produkte führen soll. c) Sachverständigengutachten Als weitere Nachweismöglichkeit bietet sich ein Sachverständigengutachten an. Es kann jedenfalls nach Indizwirkung der Verursacherkosten und Marktlage die der Gewinnschätzung zugrunde liegenden Tatsachen ermitteln.636 d) Beweislastumkehr Der Anwendungsbereich einer Beweislastumkehr ist auf absolute Ausnahmefälle beschränkt.637 Die Beweislastumkehr ist nur dort zu gewähren, wo die Normalverteilung zu offensichtlich ungerechten oder sozial unerträglichen Ergebnissen führt, während bloße Billigkeits- oder Bequemlichkeitserwägungen im Einzelfall nicht ausreichen.638 Beweiserleichterungen oder sogar eine Beweislastumkehr können sich z. B. aus einer Vereitelung ergeben, wenn eine Partei dem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft unmöglich macht oder erschwert, indem sie Beweismittel vernichtet oder ihre Benutzung in anderer Weise verhindert.639 Zwischen dem Kläger und dem Beklagten des § 10 UWG fehlt ein Rechtsverhältnis mit der Pflicht zur Befundsicherung, jedoch unterliegt ein Unternehmen fiskalischen Bilanzierungspflichten oder es dokumentiert im Rahmen seines internen Controllings freiwillig die Wirkungen einer Werbemaßnahme.640 635 BGHZ 160, 308 (313); BGH, NJW 1991, 230 (231); Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 296, 304. 636 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 315; dazu auch: Alexander, WRP 2004, 407 (418). 637 Für § 10 UWG hält sie für vertretbar: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 297, 307; dagegen ohne eine gesetzliche Regelung allgemein ablehnend: Kemper, Beweisprobleme, S. 318. 638 BGH, VersR 1997, 878 (879); Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 297. 639 BGH, NJW 1986, 59 (60 f.). 640 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 316.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Im Falle von Dokumentationspflichtverletzungen zu einem Zeitpunkt, in dem der Pflichtige noch nicht voraussehen konnte, dass das zu Dokumentierende in einem Gerichtsverfahren zu klären sein wird, können sich Beweiserleichterungen ergeben.641 3. Speziell für den Gewinn Der Gewinn ist als Tatbestandsvoraussetzung vom Anspruchsberechtigten darzulegen und zu beweisen. Wie beim Verletzergewinn trägt auch bei § 10 UWG der Beklagte die Beweislast dafür, dass Gemeinkostenanteile oder sonstige betriebliche Aufwendungen im unmittelbaren Zusammenhang zum Wettbewerbsverstoß stehen und damit abzugsfähig sind.642 Mit Blick auf den Zweck der Regelung werden auch für die Frage, in welcher Höhe der Gewinn abgeschöpft werden kann, Beweiserleichterungen vorgeschlagen.643 a) Kein Anscheinsbeweis für die Höhe des Gewinns Nicht anwendbar ist der Anscheinsbeweis auf die Frage, in welcher Höhe ein Gewinn kausal auf einer unlauteren Handlung beruht.644 Die Faktoren, die die Höhe des Gewinns beeinflussen, sind zu vielseitig, als dass Erfahrungssätze hier einen allgemeinen Rückschluss zulassen. Abzulehnen ist daher die Forderung, hinsichtlich der Gewinnhöhe eine Art „Regelgewinn“ zu vermuten.645 Andererseits kann bei bestimmten Arten einer Zuwiderhandlung ein kausal auf der Zuwiderhandlung beruhender Gewinn nahe liegen, wie etwa bei Füllmengenunterschreitungen.646 Der Beklagte ist dann darlegungspflichtig, dass sein Gewinn auf anderen Faktoren wie etwa saisonalen oder konjunkturellen Besonderheiten beruht.647 Steht dagegen ein produktbezogener Umsatz oder sogar eine Umsatzsteigerung zeitlich nach einer Werbung fest, gibt es keinen Erfahrungssatz, dass diese Umsatzsteigerung auf eine Werbung zurückzuführen ist.648

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BGH, NJW 1986, 59 (61). Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 204. 643 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 199, 295–297. 644 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 133. 645 So die Forderung von: Peter, Verbraucherschutz: Recht harmlos? – Verbandsklage auf dem Prüfstand, Tagung des vzbv am 08. Mai 2006 in Berlin, S. 11 (13), zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.vzbv.de/mediapics/verbandsklage_ gesamtdokumentation_reden_05_2006.pdf. 646 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 305. 647 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 209. 648 Sack, WRP 2003, 549 (554). 642

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Zu weit geht die Gegenansicht, dass allgemein eine Umsatzsteigerung in sachlichem Zusammenhang mit dem Produkt die Kausalität indiziere.649 Sie stützt sich auf zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur dreifachen Schadensberechnung.650 In dem ersten Urteil wird die Vermutung der Kausalität mit dem Ausschließlichkeitsrecht des Verletzten begründet,651 das hier nicht einschlägig ist. In dem zweiten Urteil betrifft die Vermutung eines kausalen Schadens den Fall einer Nachahmung.652 Mit der Nachahmung ist wiederum ein besonderer Bezugspunkt zum Verletzten vorhanden. Er ist nicht für alle Wettbewerbsverstöße verallgemeinerungsfähig. b) Sekundäre Behauptungslast Eine sekundäre Behauptungslast kann nur angenommen werden, wenn eine darlegungspflichtige Partei außerhalb des Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind.653 Bei § 10 UWG ist eine sekundäre Behauptungslast keine Hilfe. Es kann nicht ausreichen, dass der Kläger den Gesetzeswortlaut wiederholt und pauschal eine Gewinnerzielung behauptet.654 Sie muss sich auf eine ausreichende Tatsachengrundlage stützen. Für die Ermittlung dieser Tatsachen wird der Kläger eine Auskunftsklage erheben müssen, weil er in den seltensten Fällen aufgrund eigener Anhaltspunkte eine Behauptung zur Gewinnhöhe begründen kann. Fehlen Angaben aus der Auskunftsklage, geht dies zu Lasten des Gegners, sodass eine sekundäre Behauptungslast keine eigenständige Bedeutung erlangt. Sie könnte zudem nur die Tatsachen betreffen, die der Gegner kennt. Beispielsweise ist die Kausalität zwischen der Gewinnhöhe und einer Werbeaussage auch der Kenntnis des Zuwiderhandelnden entzogen. c) Vortrag ins Blaue hinein Teilweise wird gerade im Wettbewerbsrecht der Vortrag ins Blaue hinein als Erfolg versprechende Prozesstaktik vorgeschlagen.655 So sollen Tatsachenbe649 Anders: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 209, 305; noch weitergehend sogar: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 155, 162. 650 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 210, 308 mit inhaltlicher Bezugnahme auf Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 23 Rn. 70. 651 BGHZ 57, 116 (118); aus diesem Grunde gegen eine Übertragbarkeit auf das Wettbewerbsrecht bereits: Bartholy, Mehrerlösabschöpfung, S. 27. 652 BGH, GRUR 1993, 55 (57). 653 BGH, NJW 1990, 3151 (3151 f.). 654 Unklar: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 199, 295. 655 Kemper, Beweisprobleme, S. 319 f., 325 [zur Irreführung nach § 3 UWG a. F.].

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

hauptungen aufgestellt werden dürfen, die eine Partei nicht positiv kenne, sondern nur vermute, indem sie sich dabei aber auf bestimmte Anhaltspunkte stütze.656 Der Vortrag ins Blaue hinein könne vor allem mit dem Beweismittel der Parteivernehmung verknüpft werden.657 Ob jedoch ein gegen § 3 UWG Zuwiderhandelnde einen Gewinn gem. § 10 Abs. 1 UWG in einer konkreten Größenordnung erlangt hat, wird der Kläger ohne Einblicke in die Geschäftszahlen des Zuwiderhandelnden nicht einmal auf gewisse Anhaltspunkte stützen können. Daher wäre ein solcher Vortrag eher willkürlich und würde einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen. Eine Beweiserleichterung im Rahmen des § 10 UWG liefert ein solcher Vortrag ins Blaue hinein jedenfalls nicht. 4. Schätzung Unmittelbar ist weder § 287 Abs. 1 noch Abs. 2 ZPO anwendbar.658 § 287 Abs. 1 UWG gilt nur für Schadensersatzansprüche, während § 10 Abs. 1 UWG ein Anspruch eigener Art ist. Zudem setzt § 10 Abs. 1 UWG bereits auf Tatbestandsseite den Gewinn voraus, während nach § 287 Abs. 2 ZPO lediglich auf der Folgenseite die Schadenshöhe geschätzt werden kann.659 Hinsichtlich der anspruchsbegründenden Kausalität zwischen der Handlung und Gewinnerzielung muss das Gericht gem. § 286 Abs. 1 ZPO voll überzeugt werden, was einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit erfordert, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.660 a) Analogie zu § 287 Abs. 2 ZPO § 287 Abs. 2 ZPO könnte analog anwendbar sein. In der Gesetzesbegründung zu § 10 Abs. 1 UWG heißt es ausdrücklich, dass die Vorschrift des § 287 ZPO gelten soll, wenn die Höhe des Gewinns streitig ist.661 Eine vergleichbare Interessenlage ist zu bejahen, weil der Schwerpunkt des Gewinnmerkmals auf der Rechtsfolgenseite liegt. Der Gewinn als Folge ist lediglich mit dem Gewinn als Tatbestandsmerkmal untrennbar verbunden.662 Der materiellrechtliche Schwerpunkt auf der Tatbestandsseite liegt dagegen beim vorsätzlichen Verstoß.663 Der 656 Kemper, Beweisprobleme, S. 319 f. mit Hinweis auf BGH, NJW 1968, 1233 (1234) und NJW-RR 1987, 335. 657 Kemper, Beweisprobleme, S. 321 [zur Irreführung nach § 3 UWG a. F.]. 658 Ungenau daher: OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (73) = WRP 2007, 350 (353). 659 Zöller-Greger, ZPO, § 287 Rn. 3. 660 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 300; vgl. allgemein: BGHZ 53, 245 (256). 661 BT-DS 15/1487, S. 24. 662 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 277, 301. 663 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 277.

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Gewinn als Tatbestandsmerkmal soll keine zusätzlichen Beweisschwierigkeiten begründen. Die Tatsache, dass in § 10 UWG im Gegensatz zu § 34 Abs. 4 S. 1 GWB die Möglichkeit zur Schätzung nicht normiert ist,664 lässt keinen Umkehrschluss auf deren Unzulässigkeit zu.665 Im Kartellverwaltungsverfahren gilt der Gesetzesvorbehalt des öffentlichen Rechts, wonach die Kartellbehörde als staatliche Stelle für belastende Maßnahmen einer ausdrücklichen Ermächtigung bedarf. Dagegen machen in § 10 UWG die privatrechtlichen Kläger einen zivilrechtlichen Anspruch geltend.666 Das Gericht kann die Kausalität zwischen Zuwiderhandlung und Gewinn also nach § 287 ZPO schätzen.667 Im Hinblick auf die natürlichen Beweisschwierigkeiten im Wettbewerbsrecht668 sinken die Voraussetzungen an die gerichtliche Schadensschätzung,669 insbesondere dass die völlige Aufklärung der Schadenshöhe im Vergleich zur Bedeutung der Forderung unverhältnismäßig schwierig sein muss.670 Bei einer umfangreichen Werbung kann etwa der Gewinnanteil, der auf der unwahren Aussage beruht, anhand der Umstände des Einzelfalls geschätzt werden.671 Die Schätzung gem. § 287 ZPO ist gerade wegen der oft nicht nachvollziehbaren Werbewirkung erforderlich,672 weil auch vorangegangene und parallele Werbeaktionen und das Image von unlauter Handelnden und Konkurrenten, unabhängige Medieneinflüsse, Umwelteinflüsse und das Verhalten zwischengeschalteter Händler eine Rolle spielen können. Selbst die Betriebswirtschaftslehre kann kein Verfahren zur exakten Zuordnung der einzelnen Kosten zu den Erträgen eines Unternehmens liefern.673

664

Kritisch daher: Köhler, Statement, S. 45 (46); Mönch, ZIP 2004, 2032 (2033). Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 309; anders dagegen: Schaumburg, Verbandsklage, S. 121. 666 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 309. 667 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (73) = WRP 2007, 350 (353); Alexander, WRP 2004, 407 (418); Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 211, 219, 309; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 151; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 113, 126 f. 668 Zum Verletzergewinn im Gewerblichen Rechtsschutz: BGH, GRUR 1993, 55. 669 Im Ergebnis auch: Alexander, WRP 2004, 407 (418); Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 212, 311, 313 f. 670 Dazu: Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, § 287 Rn. 8. 671 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 7. 672 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 211; ähnlich: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 92; zu den Wirkungen: Engels/Salomon, WRP 2004, 32 (43); Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 83; Nordemann, Wettbewerbsrecht, Rn. 1903; Oppermann/Müller, WRP 2005, 280 (285); Sack, WRP 2003, 549 (553). 673 Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, S. 497. 665

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

§ 287 Abs. 2 ZPO ist daher analog auf die Frage der Gewinnhöhe als Tatbestands- und Rechtsfolgenmerkmal anwendbar.674 b) Keine Analogie zu § 287 Abs. 1 ZPO Eine Analogie zu § 287 Abs. 1 ZPO zur Frage, ob überhaupt ein Gewinn entstanden ist, scheidet dagegen aus.675 Es fehlt bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich in der Gesetzesbegründung mit der Schätzung des Gewinns entsprechend § 287 ZPO auseinandergesetzt und nur für die Höhe des Gewinns auf § 287 ZPO verwiesen.676 Dieses Ergebnis lässt nicht außer Acht, dass sich der Verweis des Gesetzgebers nur allgemein auf § 287 ZPO und nicht speziell auf § 287 Abs. 2 ZPO bezieht. Denn der Verweis auf § 287 Abs. 2 ZPO beinhaltet einen indirekten Verweis auf Teilregelungen des § 287 Abs. 1 ZPO, weil § 287 Abs. 2 ZPO seinerseits die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 für entsprechend anwendbar erklärt. c) Anhaltspunkte für die Schätzungsmöglichkeit Das Gericht kann bei seiner Schätzung nur Gewinne berücksichtigen, die kausal auf der Zuwiderhandlung beruhen. Folge der Kausalität ist, dass bei der Schätzung nur die Gewinne aus einer unlauteren Werbung abgeschöpft werden können, die in räumlicher Reichweite der Werbung erzielt werden. Das Ende des Zeitpunkts, bis zu dem eine Werbung noch für einen Gewinn ursächlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, bis wann aller Wahrscheinlichkeit nach damit zu rechnen ist, dass die unlautere Werbeaktion noch Einfluss auf die Umsätze des Zuwiderhandelnden hat.677 Aufklärende Berichterstattungen oder Richtigstellungen durch den Zuwiderhandelnden können den abzuschöpfenden Gewinn zeitlich begrenzen.678 Nach einer Ansicht könne das Gericht zur Schätzung des Gewinns auf die Verursacherkosten zurückgreifen. Eine Werbung verursache zunächst einmal 674 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 104; MüKoMicklitz, UWG, § 10 Rn. 151; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 113. Im Ergebnis ebenfalls, wobei unklar ist, ob unmittelbar oder analog anwendbar: OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (73) = WRP 2007, 350 (353); BT-DS 15/1487, S. 24; Fezervon Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 203; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 7. 675 Missverständlich daher: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 186; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 302. 676 Anders: Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 135: Allerdings will er statt § 287 Abs. 1 ZPO den Abs. 2 auch zur Frage, ob ein Gewinn erzielt wurde, anwenden, weil er sachgerechte Tatbestandseinschränkungen enthalte. 677 MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 147. 678 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 95.

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Kosten, die ein wirtschaftlich denkender Unternehmer nur dann ausgebe, wenn er einen entsprechenden Gewinn erwarte, sodass die Verursacherkosten einen Mindestgewinn indizierten.679 Dem ist entgegenzuhalten, dass von den Einnahmen die Kosten abzuziehen sind, sodass offen bleibt, ob überhaupt eine über den Verursacherkosten liegende Einnahme erzielt wird. Die Schätzung einer Gewinnhöhe kann sich nicht auf die Verursacherkosten stützen. Die Vorgehensweise nach § 287 ZPO stellt kein gewichtiges Hindernis bei der Durchsetzung des Gewinnabschöpfungsanspruchs dar.680 Die Regelung bleibt dennoch brisant, weil gerade vor dem Hintergrund dieser Unbestimmtheit das Gericht vielfach auch nach einer Beweisaufnahme auf Schätzungen angewiesen sein wird, deren Grundlage vielfach eher unsicher sein wird.681 Der Ermessensspielraum der Gerichte bei der Bewertung und Gewichtung tatsächlicher Anhaltspunkte für einen Gewinn führt zu großer Unsicherheit sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite.682

IV. Zusammenfassung Die unlautere Handlung muss ursächlich für die Gewinnerzielung sein. Ausgangspunkt für die Berechnung des Gewinns sind die aktuellen Umsatzerlöse. Mittelbare Einnahmen, die Verbesserung der Marktposition und rechtmäßiges Alternativverhalten bleiben unberücksichtigt. Innerhalb einer einheitlichen Handlung ist jedoch nur der unlautere Anteil maßgeblich. Abzugsfähig sind alle zivilrechtlichen Ansprüche außer missbräuchlich vereinbarte Vertragsstrafen, Vergleichszahlungen an die Gläubiger, Kosten der aufgrund der Zuwiderhandlung geführten Streitigkeiten und Kosten zur Abwehr einer Abmahnung oder einstweiligen Verfügung. Zahlungen aufgrund staatlicher Sanktionen wie Geldstrafen und Geldbußen sind nicht auf ihren Abschöpfungsanteil beschränkt. Abzuziehen sind ferner die variablen Kosten für die Herstellung und den Vertrieb der verletzenden Gegenstände, also auch alle Kosten einer Werbeaktion, nicht dagegen ein Imageschaden. Gemeinkosten, Kosten für eine Überproduktion und der sonstige Wegfall der Einnahmen bleiben unberücksichtigt. Der Anscheinsbeweis gilt für die Frage, ob überhaupt ein Gewinn erzielt worden ist. Bei bestimmten Arten einer Zuwiderhandlung kann ein kausal auf der 679 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 138; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 151. 680 Alexander, WRP 2004, 407 (418); Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 212; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 92. 681 Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 143; Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 15. 682 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 105; Mönch, ZIP 2004, 2032 (2033).

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Zuwiderhandlung beruhender Gewinn nahe liegen, wie etwa bei Füllmengenunterschreitungen. Allgemein indizieren Umsatzsteigerungen dagegen keine Kausalität. Eine Beweislastumkehr kommt nur in den bekannten Ausnahmefällen einer Vereitelung in Betracht. Und aus § 434 Abs. 1 S. 3 BGB kann nicht die Vermutung hergeleitet werden, dass alle getätigten Vertragsabschlüsse tatsächlich kausal auf einer unlauteren Werbung beruhen. Wenn feststeht, dass ein Gewinn erzielt wurde, ist § 287 Abs. 2 ZPO analog auf die Frage der Gewinnhöhe einschließlich der Kausalität anwendbar. Dabei sind die Verursacherkosten kein Anhaltspunkt.

G. Aufgaben der zuständigen Stelle I. Zuständige Stelle Seit dem 01. Januar 2007 ist das neu gegründete Bundesamt für Justiz gem. § 10 Abs. 5 UWG die zuständige Stelle im Sinne der Absätze 2 und 4. Bis zum 31.12.2006 war das Bundesverwaltungsamt zuständig. Es wurde ursprünglich als geeignete Behörde angesehen, weil es die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 Abs. 1 S. 1 UKlaG geführt und der Gesetzgeber erwartet hat, dass gerade diese Einrichtungen von der Klagemöglichkeit Gebrauch machen werden.683 Mit Änderung der Zuständigkeit in § 4 UKlaG ist folgerichtig auch die Zuständigkeit für § 10 UWG auf das Bundesamt für Justiz übertragen worden. Von der Ermächtigung gem. § 10 Abs. 5 S. 2 UWG a. F., durch Verordnung die Aufgaben einer anderen Bundesbehörde oder sonstigen Stelle des Bundes zu übertragen, etwa dem Bundeskartellamt,684 hat die Bundesregierung keinen Gebrauch gemacht. Nicht ausdrücklich geregelt ist, auf welches Konto des Bundes der Schuldner seinen Gewinn zahlen soll. Rein praktisch ist der Bund als juristische Person, die hinter dem Bundeshaushalt steht, auf seine Behörden zur Abwicklung der Zahlungseingänge angewiesen. Weil § 10 Abs. 5 UWG ausdrücklich eine zuständige Stelle für die sonstigen Abwicklungen nach § 10 Abs. 2 bis 4 UWG bestimmt, ist diese auch für den Empfang des Gewinns zuständig. In der Praxis wird der Leistungsantrag z. B. als Zahlung „an das Bundesverwaltungsamt, Ref. II B 5“685 oder „an den Bundeshaushalt, zu Händen des Bundesamtes für Justiz“686 formuliert. 683

Vgl. BT-DS 15/2795, S. 22. MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 195. 685 So der Zahlungsantrag im Fall des LG Berlin, Urteil vom 25. September 2007, AZ: 16 O 115/06 (bisher unveröffentlicht). 686 Laut Schreiben des Bundesamtes für Justiz vom 24. Januar 2008 als Antwort auf die Anfrage des Verfassers. 684

G. Aufgaben der zuständigen Stelle

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II. Auskunftsanspruch der zuständigen Stelle und Meldepflicht der Gläubiger Gem. § 10 Abs. 4 S. 1 UWG haben die Gläubiger der zuständigen Stelle des Bundes über die Geltendmachung ihrer Abschöpfungsansprüche Auskunft zu erteilen. Damit will der Gesetzgeber die Abwicklung zwischen der zuständigen Stelle und den Gläubigern erleichtern.687 Eine Erleichterung allein zugunsten des Bundesamtes kann allerdings nicht gemeint sein. Denn das Bundesamt ist nicht berechtigt, eine Abschöpfung selbst vorzunehmen oder die Gläubiger zu einer Verfolgung anzuhalten. Den Interessen des Bundesamtes wäre genüge getan, wenn es die Zahlung am Ende der Geltendmachung entgegennimmt, ohne vorher informiert zu werden. Eine Erleichterung aufseiten des Bundesamtes kann auch nicht damit begründet werden, dass aus den abgeführten Gewinnen möglicherweise Aufwendungsersatzansprüche gem. § 10 Abs. 4 S. 2 und 3 UWG zu befriedigen sind.688 Denn für eine Erstattung muss der Gläubiger die Anspruchsvoraussetzungen des § 10 Abs. 4 S. 2 UWG von sich aus vortragen und nachweisen, ohne dass die Auskunftspflicht nach § 10 Abs. 4 S. 1 UWG betroffen ist. Die Auskunftspflicht erhält erst dann eine eigenständige Bedeutung, wenn die Gläubiger bereits die außergerichtliche Geltendmachung von sich aus, also ohne eine konkrete Anfrage des Bundesamtes, melden müssen. In Übereinstimmung mit dem Wortlaut erfasst die Geltendmachung den gesamten Vorgang von der ersten Feststellung an, den Anspruch geltend zu machen.689 Diese Auslegung hat den Vorteil, dass die Gläubiger ihrerseits von der zuständigen Stelle Auskunft über anderweitige Abschöpfungsverfahren erhalten können. Ein solcher Auskunftsanspruch ist ihnen als Hilfsanspruch zu ihrem Aufwendungserstattungsanspruch nach § 10 Abs. 4 S. 2 UWG einzuräumen, weil sie mit diesen Informationen die Notwendigkeit einer Verfolgung und damit die Erforderlichkeit ihrer Aufwendungen einschätzen können. Wer diesen Hilfsanspruch zu § 10 Abs. 4 S. 2 UWG ablehnt, kann mit einem Rückgriff auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG)690 zum gleichen Ergebnis kommen. Nach § 1 Abs. 1 IFG hat jeder gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Entgegennahme 687 BT-DS 15/1487, S. 25; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 128. 688 Dazu: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 22. 689 Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 145; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 22; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 130; im Ergebnis wohl auch: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 128; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 10 Rn. 16. 690 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG) vom 05. September 2005 (BGBl. I S. 2722).

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

der Meldungen der Berechtigten gem. § 10 Abs. 4 S. 1 UWG ist eine amtliche Information im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG, weil ihre Aufzeichnung amtlichen Zwecken dient. Ausschlussgründe nach den §§ 3 f. IFG greifen nicht ein. Daher kann der Gläubiger von der zuständigen Stelle mit zumutbarem Aufwand und hinreichender Sicherheit Auskunft über etwaige Mehrfachverfolgungen verlangen. Eine Hinweispflicht des Schuldners über Mehrfachabmahnungen scheidet dann aus.691 Über diesen Weg lässt sich die Befürchtung entkräften, dass eine Absprachemöglichkeit zwischen Verbänden im Vorfeld einer Klageerhebung kaum organisierbar sei.692 Und es bedarf keiner freiwilligen Abmahnung, um vom Schuldner Auskunft über alle bereits erfolgten Abmahnungen zu erhalten und die Abschöpfung untereinander zu koordinieren.693 Teilweise wird es abgelehnt, dass die Behörde als Register eingesetzt werden solle.694 Dieser Ansicht entspricht auch die bisherige Praxis, wonach das Bundesamt nicht als Koordinierungsstelle fungiert. Das ist ihr deshalb nicht möglich, weil die Gläubiger ihre Geltendmachungen nicht bereits im außergerichtlichen Vorfeld melden, sondern frühestens, wenn sie eine Klage erheben. Nach Auskunft vom 24. Januar 2008 wurde dem Bundesamt für Justiz sowie bis 2006 dem Bundesverwaltungsamt insgesamt in acht Fällen die Geltendmachung des § 10 Abs. 1 UWG gemeldet, davon lediglich einmal im vorgerichtlichen Stadium.695 Dem Verfasser liegen aber bereits neun Urteile zu unterschiedlichen Verfahren vor. Darüber hinaus laufen noch mindestens sechs weitere Gerichtsverfahren.696 Um eine Koordinierung über die zuständige Stelle zu erreichen, ist eine Klarstellung empfehlenswert, indem die Auskunftspflicht nach § 10 Abs. 4 S. 1 UWG in eine ausdrückliche Meldepflicht umformuliert wird.

III. Rückerstattung nach § 10 Abs. 2 S. 2 UWG Hat der Schuldner nach § 10 Abs. 2 S. 1 UWG anrechenbare Leistungen erst nach Erfüllung des Gewinnabschöpfungsanspruchs erbracht, erstattet die zuständige Stelle des Bundes dem Schuldner den abgeführten Gewinn gem. § 10 Abs. 2 S. 2 UWG in Höhe der nachgewiesenen Zahlungen zurück. Denn es kann nicht auf den Zufall ankommen, in welcher Reihenfolge die Ansprüche 691

Siehe oben: 1. Teil C. II. 2. f). So die Befürchtung von: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 213. 693 Anders: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 214. 694 Mönch, ZIP 2004, 2032 (2036). 695 Schreiben des Bundesamtes für Justiz vom 24. Januar 2008 als Antwort auf die Anfrage des Verfassers. 696 Vier Verfahren des vzbv (Auskunft vom 12. Februar 2008), ein Verfahren der VZHH (Auskunft vom 13. Februar) und ein Verfahren des DSW (Auskunft vom 18. Januar). 692

G. Aufgaben der zuständigen Stelle

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gestellt werden.697 Nachzuweisen hat der Schuldner die tatsächliche Zahlung.698 Weil die Erstattungsfähigkeit aber auf die in § 10 Abs. 2 S. 1 UWG genannten Ansprüche, Geldbußen oder Verfallsanordnungen beschränkt ist, muss die zuständige Stelle zusätzlich prüfen, ob diese Ansprüche oder Anordnungen bestanden haben. Bei der Geldbuße und Verfallsanordnung reicht eine bestandskräftige Verfügung aus. Bei privaten Ansprüchen, denen kein Gerichtsurteil zugrunde liegt, hat der Schuldner die Tatsachen vorzutragen, die den Anspruch begründen.

IV. Aufwendungserstattung nach § 10 Abs. 4 S. 2 UWG Gem. § 10 Abs. 4 S. 2 UWG erhalten die Gläubiger von der zuständigen Stelle des Bundes ihre für die Geltendmachung erforderlichen Aufwendungen erstattet, soweit sie vom Schuldner keinen Ausgleich erlangen können. Die Erstattung ist nach § 10 Abs. 4 S. 3 UWG auf die Höhe des an den Bundeshaushalt abgeführten Gewinns beschränkt. Daher trägt der Gläubiger neben dem Ermittlungsaufwand und dem Prozessrisiko auch das Risiko der Leistungsfähigkeit des Schuldners.699 Das wirkt sich in erheblichem Maße negativ auf die Bereitschaft der Verbände aus.700 1. Erforderliche Aufwendungen a) Aufwendungen Der Begriff der Aufwendungen ist weder im UWG noch in einem anderen Gesetz legal definiert. Nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG kann der Gläubiger des Unterlassungsanspruchs die Aufwendungen für eine berechtigte Abmahnung ersetzt verlangen. Mit dieser Anspruchsgrundlage hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung nachvollzogen, die einen Aufwendungsersatzanspruch über die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag hergeleitet hatte.701 Für die Begriffsbestimmung in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG ist der Begriff der Aufwendung in § 670 697 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 125; MüKoMicklitz, UWG, § 10 Rn. 175. 698 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 13. 699 Alexander, WRP 2004, 407 (419); Mönch, ZIP 2004, 2032 (2036 f.); MüKoMicklitz, UWG, § 10 Rn. 189 f.; zu § 34a GWB: Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 13; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 29; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 123. 700 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 263; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 129. 701 BT-DS 15/1487, S. 25; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, § 12 Rn. 1.77.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

BGB der Ausgangspunkt. Dort erfasst er freiwillige Vermögensopfer.702 Er entspricht insoweit auch dem Aufwendungsbegriff in § 256 BGB. In § 256 BGB werden unter Aufwendungen freiwillige Vermögensopfer für die Interessen eines anderen verstanden.703 Freiwillig ist das Vermögensopfer, wenn es auf einer Leistung beruht, mag ihr auch eine rechtliche Verpflichtung oder eine sachliche Notwendigkeit zugrunde liegen.704 Die Gläubiger des § 10 Abs. 1 UWG schöpfen den Gewinn zugunsten des Bundeshaushalts ab und werden insoweit im Interesse eines anderen, nämlich des Bundes, tätig. Auch wenn die weitere Auslegung in den einzelnen Normen vom Zweck der jeweiligen Norm abhängt, kann die Ausgangsbedeutung der §§ 256, 670 BGB über § 12 Abs. 1 S. 2 UWG auch für den zivilrechtlichen Aufwendungsbegriff des § 10 Abs. 4 S. 2 UWG zugrunde gelegt werden.705 b) Für die Geltendmachung erforderlich § 10 Abs. 4 S. 2 UWG beschränkt die Erstattungsfähigkeit auf solche Aufwendungen, die für die Geltendmachung erforderlich sind. Wie die Erforderlichkeit zu bestimmen ist, lässt das Gesetz offen. aa) Kosten des Rechtsstreits und der Zwangsvollstreckung (1) Prozesskosten nach § 91 ZPO bei vollem Obsiegen Erforderliche Aufwendungen sind auf jeden Fall die Kosten eines erfolgreichen Gerichtsverfahrens, die der Schuldner gem. § 91 ZPO dem Gläubiger erstatten muss.706 Erstattungsfähig sind die von einer Partei angemeldeten Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Verteidigung notwendig waren.707 Vorbereitungskosten sind beispielsweise nur erstattungsfähig, wenn sie in Beziehung auf einen bestimmten Rechtsstreit entstanden sind. Daran fehlt es etwa, wenn das durchzusetzende Recht erst beschafft werden soll oder durch die Ausgabe die Prozessaussicht besser beurteilt werden soll.708 Ob die Auf702

Palandt-Sprau, BGB, § 670 Rn. 3. BGH, NJW 1989, 2816 (2818); Palandt-Heinrichs, BGB, § 256 Rn. 1; Staudinger-Bittner, BGB, § 256 Rn. 5. 704 Staudinger-Bittner, BGB, § 256 Rn. 5. 705 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 251. 706 Unstreitig, vgl. nur: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 23; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 190. 707 Zur Notwendigkeit im Einzelnen: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, ZPO, § 91 Rn. 15–16, 28–32, 70–302, § 104 Rn. 36–37; Zöller-Herget, ZPO, § 91 Rn. 9–13; § 104 Rn. 5, 21. 708 Zöller-Herget, ZPO, § 91 Rn. 13 zu „Vorbereitungskosten“. 703

G. Aufgaben der zuständigen Stelle

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wendungen für einen Testkauf gem. § 91 Abs. 1 ZPO notwendig sind, wird unterschiedlich gesehen.709 Die Unterscheidung spielt im Rahmen von § 10 Abs. 4 S. 2 UWG keine bedeutende Rolle, weil sie auch als außerprozessuale Kosten ersetzt werden können. Die Kosten für eine Abmahnung sind keine notwendigen Kosten des Rechtsstreits im Rahmen eines Unterlassungsbegehrens. Entsprechendes gilt für das Gewinnabschöpfungsverfahren,710 es sei denn, die Abmahnung soll als Indiz den Zeitpunkt des Vorsatzes nachweisen. (2) Kosten der Zwangsvollstreckung Der Begriff der Geltendmachung in § 10 Abs. 4 S. 2 UWG ist nicht auf den Zeitraum bis zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels beschränkt, zumal eine Unterscheidung zwischen Kosten der Geltendmachung und der Durchsetzung des Gewinnabschöpfungsanspruchs weder sinnvoll noch vom Gesetzgeber gewollt ist.711 Deshalb sind die nach § 788 Abs. 1 ZPO notwendigen Kosten, die dem Schuldner zur Last fallen, auch gem. § 10 Abs. 4 S. 2 UWG erstattungsfähig. Unter Kosten der Zwangsvollstreckung sind die Aufwendungen der Parteien aus Anlass der Zwangsvollstreckung zu verstehen.712 (3) Prozesskosten bei vollem Unterliegen Wenn ein gerichtliches Verfahren zur Gewinnabschöpfung erfolglos geblieben ist, beispielsweise weil die Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Schuldner missbräuchlich ist, fehlt bereits die Erforderlichkeit der Aufwendungen.713 Weil gar kein Gewinn abzuführen ist, greift zudem die Regelung des § 10 Abs. 4 S. 3 UWG. (4) Teilerfolg in der Hauptsache Sofern der Gläubiger in der Hauptsache teilweise unterliegt und teilweise obsiegt, sind die Kosten des Verfahrens in der Höhe des Obsiegens erforderlich und in der Höhe des Unterliegens nicht. Werden die Kosten bei einem Teilunterliegen gem. § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO verhältnismäßig geteilt, so sind die Kosten des Rechtsstreits, soweit sie vom 709

Zöller-Herget, ZPO, § 91 Rn. 13 zu „Testkauf“. Im Ergebnis ebenso: Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 145. 711 Mönch, ZIP 2004, 2032 (2036). 712 Zöller-Stöber, ZPO, § 788 Rn. 3. 713 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 23; im Ergebnis ebenso: BT-DS 15/2795, S. 21 f.; zu § 34a GWB: Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 123. 710

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Schuldner nicht zu erstatten sind, auch keine erforderlichen Kosten im Sinne des § 10 Abs. 4 S. 2 UWG.714 Werden die Kosten gegeneinander aufgehoben nach § 92 Abs. 1 ZPO, so hat jede Partei die eigenen Kosten des Verfahrens in voller Höhe zu tragen. Die Hälfte der Gerichtskosten sind vom Gläubiger gem. § 92 Abs. 1 S. 2 ZPO zu tragen und insoweit als erforderliche Aufwendungen anzuerkennen. Für die sonstigen Kosten des Rechtsstreits ist maßgeblich, dass das Gesetz in diesem Fall von einem Teilerfolg zu fünfzig Prozent ausgeht. Deshalb sind von den sonstigen Kosten des Verfahrens, die der Gläubiger im Verhältnis zum Schuldner in voller Höhe selbst tragen muss, nur fünfzig Prozent erforderlich. Zu beachten ist, dass auf die Kostengrundentscheidung nach § 92 Abs. 2 ZPO nur noch ein Kostenfestsetzungsbeschluss hinsichtlich der Gerichtskosten folgt. Eine Prüfung hinsichtlich der Frage, welche Kosten aufseiten der Parteien im Sinne von § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO notwendig waren, unterbleibt im Kostenfestsetzungsverfahren ganz. Deshalb muss die Notwendigkeit dieser Kosten entsprechend dem Maßstab des § 91 Abs. 1 ZPO zusätzlich geprüft werden. Werden dem Beklagten die gesamten Prozesskosten gem. oder analog § 92 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO auferlegt, so sind diese Aufwendungen des Klägers in voller Höhe erforderlich.715 Werden umgekehrt die gesamten Prozesskosten dem Kläger auferlegt, sind seine Aufwendungen hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits in voller Höhe nicht nach § 10 Abs. 4 S. 2 UWG erstattungsfähig. bb) Aufwendungen, die nicht von der Kostenentscheidung erfasst werden § 10 Abs. 4 S. 2 UWG beschränkt die Aufwendungen nicht auf solche der prozessualen Geltendmachung, sondern nennt allgemein alle Aufwendungen, die für die Geltendmachung erforderlich sind. Der Begriff der Geltendmachung erfasst wie bereits in § 10 Abs. 4 S. 1 UWG auch Aufwendungen im Zeitraum vor einem Gerichtsprozess.716 (1) Parallele zur Erstattungsfähigkeit von Abmahnkosten Bei der Frage, wie die Erforderlichkeit der außergerichtlichen Aufwendungen zu bestimmen ist, bietet sich eine Parallele zur Erstattungsfähigkeit der Ab714 So zur Teilabweisung ausdrücklich auch: BT-DS 15/1487, S. 35; anders dagegen: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 23. 715 Im Ergebnis auch: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 129. 716 Siehe oben: 1. Teil G. II.; im Ergebnis auch: Hefermehl/Köhler/BornkammKöhler, UWG, § 10 Rn. 23; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 191; unklar dagegen: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 129; Mönch, ZIP 2004, 2032 (2036).

G. Aufgaben der zuständigen Stelle

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mahnkosten an. Die Notwendigkeit im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 2 UWG richtet sich wiederum in erster Linie nach den zur Erstattungsfähigkeit von Prozessvorbereitungskosten entwickelten Maßstäben.717 Entscheidend ist, ob eine verständige Partei bei der Erreichung des Zweckes in dieser Lage die Maßnahme als sachdienlich ansehen musste.718 Notwendig sind alle Kosten, ohne die die zweckentsprechenden Maßnahmen nicht getroffen werden können. Übertragen auf § 10 UWG müssen die Kosten nicht der unmittelbaren Vorbereitung eines Gerichtsverfahrens dienen, sondern für die Gewinnabschöpfung erforderlich sein. Insbesondere lassen sich die folgenden Beispiele auf den Aufwendungsersatzanspruch gem. § 10 Abs. 4 S. 2 UWG übertragen: (a) Privatgutachten und Testkäufe Gutachten sind erstattungsfähig, sofern sie etwa zur Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Gewinnabschöpfung erforderlich sind, wie z. B. private Umfragegutachten.719 Gleiches gilt für notwendige Testkäufe.720 (b) Rechtsanwaltskosten Die Anwaltsgebühren beim Gewinnabschöpfungsanspruch sind eher erstattungsfähig als bei der Abmahnung. Dem steht nicht entgegen, dass Verbände und qualifizierte Einrichtungen die notwendigen personellen und sachlichen Voraussetzungen zur satzungsgemäßen Aufgabenerfüllung vorzuhalten haben. Typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße müssen sie erkennen und abmahnen können.721 Die Schwierigkeiten bei der Geltendmachung einer Gewinnabschöpfung einschließlich des Auskunftsbegehrens gehen wesentlich weiter als bei der Abmahnung durchschnittlicher Wettbewerbsverstöße. Hier von jedem Berechtigten zu verlangen, die erforderliche Ausstattung für die Geltendmachung vorzuhalten, dürfte unangebracht sein. (c) Personal- und Sachkosten des Berechtigten Wie bei der Abmahnung nach § 13 Abs. 1 S. 2 UWG sind auch Personalund Sachkosten der Gläubiger erstattungsfähig. Diese richten sich auch nach

717

Teplitzky, Ansprüche, Kap. 41 Rn. 92. Zöller-Herget, ZPO, § 91 Rn. 12. 719 GK-Kreft, UWG, Vorb. § 13 Rn. 161 [zu Abmahnkosten]; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 129. 720 GK-Kreft, UWG, Vorb. § 13 Rn. 162 [zu Abmahnkosten]; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 129. 721 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, § 12 Rn. 1.98. 718

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

der Größe des wettbewerbswidrig handelnden Unternehmens und der Intensität und Dauer der Wettbewerbsverletzung.722 Nicht erstattet werden jedoch die Gemeinkosten eines Verbandes, also die für die Existenz eines Verbandes und für die Erreichung des Satzungszweckes erforderliche Grundausstattung.723 Fixkosten wie Mieten, Kosten der sachlichen und personellen Ausstattung und sonstige Gemeinkosten sind nur ersatzfähig, soweit sie gewinnabschöpfungsbezogen sind.724 Solange Abschöpfungsansprüche nicht in einem Umfang geführt werden, der die Einstellung zusätzlicher Arbeitskräfte oder die Erweiterung der Büroausstattung ausschließlich zu diesem Zweck rechtfertigt, kommt eine Abzugsfähigkeit praktisch nicht in Betracht.725 Deshalb ist kaum zu befürchten, dass etwas von dem abzuführenden Gewinn übrig bleiben wird.726 Jedenfalls unterliegt der Aufwand nicht der freien Kalkulation der Gläubiger, indem sie etwa den Personalaufwand mit attraktiven Gehältern für die Geschäftsführer frei bestimmen können.727 Es ist nicht zu erwarten, dass die Aufwendungen wie bei den Abmahnkosten728 pauschaliert werden. Eine Pauschale ist nach den echten Ausgaben des jeweiligen Verbandes zu berechnen.729 Eine Pauschalisierung setzt eine entsprechend hohe Anzahl von Geltendmachungen des jeweiligen Berechtigten voraus, die bei der jetzigen Ausgestaltung des § 10 UWG fernliegt. Die Geltendmachung der Gewinnabschöpfung ist auch nicht nach so einfachen Mustern wie eine Abmahnung möglich, sodass eine individuelle Berechnung der Aufwendungen von Fall zu Fall nicht erspart bleibt.730 722

Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 254. Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 260; Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 20; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 192; zur Berechnung des Verletzergewinns im Schadensersatzrecht auch: BGHZ 145, 366 = GRUR 2001, 329 (Gemeinkostenanteil). 724 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 260 f.; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 192; Teplitzky, Ansprüche, Kap. 37 Rn. 21; vgl. KG, WRP 1991, 398 (401 f.) [zu Abmahnkosten]; Ahrens-Scharen, Wettbewerbsprozeß, Kap. 11 Rn. 32 [zu Abmahnkosten]. 725 Teplitzky, Ansprüche, Kap. 37 Rn. 21. 726 Anders: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 191; Sack, WRP 2003, 549 (555); Schaumburg, Verbandsklage, S. 195 f.; ähnlich auch: Lorenz-Wagner, Karlsruher Forum, S. 186. 727 Anders: Lorenz-Ahrens, Karlsruher Forum, S. 184. 728 Vgl. Ahrens-Scharen, Wettbewerbsprozeß, Kap. 11 Rn. 32 [zu Abmahnkosten]. 729 Die Pauschale etwa der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs von 176,64 Euro plus sieben Prozent Mehrwertsteuer kann nicht von anderen Verbänden für die Berechnung ihrer Aufwendungen herangezogen werden: GK-Kreft, UWG, Vor § 13 Rn. 179 [zu Abmahnkosten]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, § 12 Rn. 1.98. 730 Ähnlich: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 259. 723

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(2) Aufwendungen für die Einschaltung eines Prozesskostenfinanzierers Auch die Ausgaben für die Einschaltung eines Prozesskostenfinanzierers können erstattungsfähig sein. Das Bundesverwaltungsamt hat mit Schreiben vom 21. Dezember 2006 dem vzbv den Inhalt eines Erlasses des Bundesministeriums der Justiz vom 01.12.2006731 mitgeteilt, dass die Kosten für die Einschaltung von Prozesskostenfinanzierern als notwendige Kosten im Sinne von § 10 Abs. 4 UWG geltend gemacht werden können.732 Im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz, dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie werden sie erstattet, wenn sich die Vereinbarung mit dem Finanzierer als üblich und angemessen darstellt und für die Geltendmachung zwingend erforderlich ist. Als Anhaltspunkt für die Üblichkeit und Angemessenheit werden zweiundzwanzig bis dreißig Prozent bei einer Hauptforderung von bis zu 500.000 Euro und zwölf bis zwanzig Prozent bei einem höheren Erlös genannt. Derzeit wird ein laufendes Gerichtsverfahren zu § 10 UWG vor dem Landgericht München durch einen Prozesskostenfinanzierer unterstützt.733 Der geschätzte Gewinn soll über eine Million Euro betragen. Die Kosten für das Gerichtsverfahren sind für einen Verband als Gläubiger nicht tragbar. Daher ist die Einschaltung eines Fremdfinanzierers zwingend erforderlich. Hiervon profitiert auch der Bund als Zahlungsempfänger, weil ohne Einschaltung eines Dritten überhaupt kein Gewinn an ihn abgeführt würde. c) Soweit der Berechtigte vom Schuldner keinen Ausgleich erlangen kann Der Aufwendungsersatzanspruch gegenüber der zuständigen Stelle besteht gem. § 10 Abs. 4 S. 2 UWG nur, soweit die Gläubiger vom Schuldner keinen Ausgleich erlangen können. Diese Voraussetzung ist auf jeden Fall erfüllt, wenn der Gläubiger keinen Erstattungsanspruch gegen den Schuldner besitzt, wie etwa für die Kosten eines Prozesskostenfinanzierers. Besitzt der Gläubiger dagegen einen Erstattungsanspruch gegen den Schuldner, ist entscheidend, welche Anforderungen an die

731 Die Existenz bestätigt das Schreiben des Bundesamtes für Justiz vom 24. Januar 2008 als Antwort auf die Anfrage des Verfassers. 732 Siehe auch: vzbv, Jahresbericht 2006/2007, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.vzbv.de/mediapics/jahresbericht_2006_07_vzbv.pdf. 733 Landgericht München I, AZ: 33 O 17282/07, siehe unter der Rubrik „Telefon + Internet“ und „Aktuelles“ die Meldung vom 26.10.2007, zuletzt abgerufen am 24.02. 2008 unter: www.vzhh.de.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Durchsetzung dieses Anspruchs zu stellen sind, bevor sich der Gläubiger an die zuständige Stelle des Bundes wenden kann. aa) Aufwendungserstattungsanspruch des Gläubigers gegen den Schuldner Ein Erstattungsanspruch gegen den Schuldner ist in folgenden Fällen zu bejahen. (1) Prozessualer Kostenerstattungsanspruch In jedem Fall muss der Schuldner dem Gläubiger seine Kosten des Verfahrens im Sinne des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ersetzen, soweit die Kostenentscheidung des Gerichts dies bestimmt.734 (2) Materiellrechtliche Erstattungsansprüche Der Gläubiger hat einen materiellrechtlichen Anspruch gegen den Schuldner auf Erstattung seiner außerprozessualen Aufwendungen, die gerade nicht von der Kostenentscheidung des Gerichts umfasst werden. Ein Schadensersatzanspruch nach § 9 UWG scheidet zunächst aus, weil nur den Mitbewerbern ein Schadensersatzanspruch zugesprochen wird, die nicht zur Geltendmachung der Gewinnabschöpfung berechtigt sind. Ein Anspruch des Gläubigers auf Erstattung seiner gewinnabschöpfungsspezifischen Aufwendungen aus Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dieser Anspruch setzt voraus, dass das Vorgehen für den Schuldner objektiv nützlich ist und seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entspricht. Für die Abmahnung wurden diese Voraussetzungen von der gefestigten Rechtsprechung vor Einführung des § 12 Abs. 1 S. 2 UWG bejaht.735 Durch den Wettbewerbsverstoß könne ein Störzustand einschließlich einer Wiederholungsgefahr entstehen, welche durch die Abmahnung im Interesse des Störers beendet würde.736 Der Gewinnabschöpfungsanspruch ist dagegen nicht auf die Beseitigung einer gegenwärtigen oder zukünftigen Wiederholungsgefahr gerichtet, sodass die Gewinnabschöpfung nicht im Interesse des Schuldners liegt. 734 Unabhängig von materiellrechtlichen Anspruchsgrundlagen: Zöller-Herget, ZPO, Vorb. § 91 Rn. 10 f. 735 Vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, § 12 Rn. 1.90 [zu Abmahnkosten vor Einführung des § 12 Abs. 1 S. 2 UWG]; MüKo-Ottofülling, UWG, § 12 Rn. 146 [zu Abmahnkosten vor Einführung des § 12 Abs. 1 S. 2 UWG]. 736 BGHZ 52, 393 (399 f.) [„Fotowettbewerb“].

G. Aufgaben der zuständigen Stelle

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Der Gläubiger hat somit keinen materiellrechtlichen Anspruch auf Erstattung seiner außerprozessualen Aufwendungen, die er speziell für die Geltendmachung des Gewinnabschöpfungsanspruchs getätigt hat. Es kann jedoch Aufwendungen geben, die der Gläubiger sowohl für die Gewinnabschöpfung als auch für ein Unterlassungsbegehren notwendigerweise tätigen muss. Voraussetzung sowohl für den Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 S. 1 UWG als auch für den Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 Abs. 1 UWG ist eine Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG. Unlauter im Sinne des § 3 UWG handelt beispielsweise, wer gem. § 5 Abs. 1 UWG irreführend wirbt. Das hängt von der Verkehrsauffassung ab.737 Wenn der Berechtigte durch ein privates Meinungsforschungsgutachten die Verkehrsauffassung ermitteln muss, sind die Aufwendungen für dieses Gutachten notwendige und somit gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG ersatzfähige Aufwendungen. Zugleich sind sie notwendige Aufwendungen für sein Gewinnabschöpfungsbegehren, da ohne das Gutachten die Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG nicht beurteilt werden kann. In diesem Fall kann der Gläubiger über den Anspruch gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG mittelbar einen Teil seiner außergerichtlichen Aufwendungen für die Geltendmachung des Abschöpfungsanspruchs ersetzt verlangen. bb) Anforderungen an die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs Der Wortlaut des § 10 Abs. 4 S. 2 UWG lässt die Auslegung zu, dass der Gläubiger vom Schuldner erst dann keinen Ausgleich verlangen kann, wenn er alle außerprozessualen und prozessualen Möglichkeiten erschöpft hat und eine Zwangsvollstreckung erfolglos geblieben ist. Für eine einschränkende Auslegung auf lediglich zumutbare Möglichkeiten spricht die Entstehungsgeschichte. Die Einschränkung in § 10 Abs. 4 S. 2, 2. Hs. UWG ist erst auf Vorschlag des Rechtsausschusses aufgenommen worden.738 Sie ist eine Folge der Änderung, dass der Gewinn nicht über die Gläubiger unter Abzug seiner Aufwendungen, sondern direkt vom Schuldner an den Bundeshaushalt gezahlt wird.739 Diese Änderung soll nur zu einer Vereinfachung des Verfahrens führen, indem die Zahlungs- und damit auch eventuelle Rückzahlungswege abgekürzt werden,740 ohne besonders schwierige zusätzliche Voraussetzungen zu schaffen, die den Gläubiger unangemessen benachteiligen. Dem Gläubiger ist in jedem Fall die Aufforderung mit Fristsetzung zur Zahlung zumutbar.741 Dabei bleibt es jedoch nicht.742 Sonst würde der Gläubiger 737 738 739 740 741

Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, § 5 Rn. 3.1. BT-DS 15/2795, S. 8 f. BT-DS 15/2795, S. 21. BT-DS 15/2795, S. 21. Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 23.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

einen Anreiz erhalten, ohne weitere Kosten und Risiken den solventen Bundeshaushalt in Anspruch zu nehmen. Die Beschränkung der Aufwendungserstattung soll den Schuldner nicht entlasten,743 aber auch den Bundeshaushalt nicht unnötig belasten. Dem Gläubiger ist es zumutbar, prozessual gegen den Schuldner vorzugehen und eine Zwangsvollstreckung zu betreiben, sofern diese einfach und Erfolg versprechend ist.744 Ist die Klage oder Zwangsvollstreckung dagegen von vornherein aussichtslos oder mit erheblichen Risiken verbunden, etwa weil der Schuldner droht, insolvent zu werden,745 ist ein solches Vorgehen für den Gläubiger wegen der neuen finanziellen Risiken unverhältnismäßig. Es ist dem Gläubiger insbesondere auch zumutbar, die Aufwendungen, die sowohl für das Unterlassungsbegehren als auch für den Gewinnabschöpfungsanspruch notwendig sind, zunächst als erforderliche Aufwendungen gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG geltend zu machen, einzuklagen und zu vollstrecken, sofern dies Erfolg versprechend ist.746 2. Beschränkt auf die Höhe des abgeführten Gewinns a) Anteilig entsprechend § 10 Abs. 3 UWG i.V. m. § 430 BGB Machen mehrere Gläubiger den Abschöpfungsanspruch geltend und bekommen sie ihre Aufwendungen vom Schuldner nicht ersetzt, reicht andererseits der an den Bundeshaushalt abgeführte Gewinn nicht für alle Aufwendungsersatzansprüche aus, so sind sie entsprechend § 10 Abs. 3 UWG i.V. m. § 430 BGB zu gleichen Anteilen von der zuständigen Stelle des Bundes zu befriedigen.747 b) Nachträglicher Erstattungsanspruch des Schuldners übersteigt den vorhandenen Gewinn Es ist denkbar, dass die zuständige Stelle die Aufwendungen der Gläubiger erstattet und der Schuldner anschließend gem. § 10 Abs. 2 S. 2 UWG seinen gesamten Gewinn wegen nachträglicher Zahlungen an Dritte zurückverlangt. In Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 S. 2 UWG steht fest, dass 742 Anders dagegen: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 23; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 129. 743 Teplitzky, Ansprüche, Kap. 37 Rn. 18. 744 Eingeschränkt nur für die Prozesskosten auch: Teplitzky, Ansprüche, Kap. 37 Rn. 18. 745 Zu diesem Beispiel auch: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 256. 746 Anders ohne nähere Begründung dagegen: Teplitzky, Ansprüche, Kap. 37 Rn. 19. 747 Siehe oben: 1. Teil C. III. 4.; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 24.

G. Aufgaben der zuständigen Stelle

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der Schuldner den vollen Gewinn ohne Abzug der Gläubigeraufwendungen von der zuständigen Stelle zurückverlangen kann. Wie dieser Anspruch zu erfüllen ist, zeigt ein Rückblick auf die Entstehungsgeschichte. Ursprünglich sollte der Anspruch des Schuldners gem. § 10 Abs. 4 S. 2 des UWG-Regierungsentwurfs748 nur insoweit aus dem Bundeshaushalt erfüllt werden, wie der Gläubiger den Gewinn unter Abzug seiner Aufwendungen weitergeleitet hat. Nicht geregelt war die Frage, ob der Schuldner in Höhe der Gläubigeraufwendungen einen Erstattungsanspruch gegen den Gläubiger hatte. Insoweit wäre ein Rückgriff des Schuldners gegen den Gläubiger gem. § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Var., S. 1 BGB möglich gewesen. Der Grund für die Gewinnabführung ist nachträglich weggefallen. Für die Anwendbarkeit dieser Anspruchsgrundlage spricht, dass es nach dem Gedanken des § 10 Abs. 2 S. 2 des UWG-Regierungsentwurfs keine Rolle spielen sollte, wann der Schuldner eine abzugsfähige Leistung erbringt. Daher ist ein Rückgriff auf das Bereicherungsrecht nicht wegen abschließender Sonderregelungen im UWG-Regierungsentwurf gesperrt gewesen.749 Und mit der Änderung gegenüber dem Regierungsentwurf sollen nur die Zahlungswege verkürzt und nicht das Rückerstattungsrisiko zum Nachteil des Schuldners geändert werden. Der Schuldneranspruch auf Rückerstattung seines Gewinns ist daher auch im geltenden § 10 UWG nicht um die Aufwendungserstattungen an den Gläubiger gekürzt. Allerdings hat der Schuldner das Durchsetzungsrisiko hinsichtlich der Rückforderungen der Gläubigeraufwendung zu tragen. Daher ist es der zuständigen Stelle gestattet, den Rückzahlungsanspruch gegen sie in Höhe der Gläubigeraufwendungen durch Abtretung ihrer Rückzahlungsforderung zu erfüllen. Die zuständige Stelle hat gem. § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Var., S. 2 BGB einen Anspruch gegen den Gläubiger auf Rückzahlung der erstatteten Aufwendungen.750 Der rechtliche Grund für die Erstattung fällt weg, wenn der Schuldner den Gewinn nach § 10 Abs. 2 S. 2 UWG nachträglich zurückfordert. Insoweit ist der Gläubiger nicht einmal befugt, sich auf den Wegfall der Bereicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB zu berufen, weil der Wegfall des Grundes gem. § 820 Abs. 1 S. 2 BGB nach dem Inhalt des Geschäfts als möglich anzusehen ist. Diese Lösung ist dem denkbaren Weg vorzuziehen, der zuständigen Stelle einen Regressanspruch aufgrund eines Forderungsüberganges einzuräumen, indem die Forderung des Gläubigers gegen den Zuwiderhandelnden auf Erstat-

748

BT-DS 15/1487, S. 7. Vgl. auch: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 263, der § 10 Abs. 4 S. 2 UWG nur hinsichtlich der Ansprüche des Gläubigers gegen den Bund als abschließende Sonderregelung ansieht. 750 Dagegen einen Anspruch generell ablehnend: Mönch, ZIP 2004, 2032 (2036); MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 193. 749

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

tung seiner Aufwendungen auf die zuständige Stelle übergehen soll.751 Denn ein solcher Anspruch der Gläubiger würde nur die Kosten des Verfahrens erfassen, während es keine Anspruchsgrundlage für außergerichtliche Aufwendungen speziell für die Gewinnabschöpfung gibt. Zudem sieht das geltende Recht keinen gesetzlichen Forderungsübergang vom Gläubiger auf die zuständige Stelle vor. Die weitere Lösungsmöglichkeit, ein Defizit zu Lasten des Bundeshaushalts zu akzeptieren,752 steht im Widerspruch zum Regelungsgehalt des § 10 Abs. 4 S. 3 UWG.753 Es bleibt daher bei der Lösung, der zuständigen Stelle zu gestatten, den Rückzahlungsanspruch gegen sie in Höhe der Gläubigeraufwendungen durch Abtretung ihres Anspruchs gegen die Gläubiger gem. § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Var., S. 2 BGB zu erfüllen.

V. Zusammenfassung Entgegen der bisherigen Praxis enthält die Auskunftspflicht der Gläubiger gegenüber der zuständigen Stelle nach § 10 Abs. 4 S. 1 UWG eine Meldepflicht über jede auch außergerichtliche Geltendmachung. Die Gläubiger haben ihrerseits einen Anspruch gegen die zuständige Stelle auf Auskunft über anderweitige Abschöpfungsverfahren. Bei der Rückerstattung von nachträglichen Leistungen nach § 10 Abs. 2 S. 1 UWG muss die zuständige Stelle prüfen, ob ihnen berücksichtigungsfähige Ansprüche oder Anordnungen zugrunde liegen. Die Erforderlichkeit von Aufwendungen der Gläubiger im Sinne des § 10 Abs. 4 S. 2 UWG richtet sich hinsichtlich der Prozesskosten nach der Kostenentscheidung des Gerichts. Für die sonstigen Aufwendungen bietet sich eine Parallele zur Erstattungsfähigkeit von Abmahnkosten an. Auch die Einschaltung eines Prozesskostenfinanzierers kann im Einzelfall erforderlich sein. Die Gläubiger können vom Schuldner erst dann keinen Ausgleich im Sinne des § 10 Abs. 4 S. 2 UWG erlangen, wenn es ihnen unzumutbar ist, prozessual gegen den Schuldner vorzugehen und eine Zwangsvollstreckung zu betreiben. Wenn die zuständige Stelle dem Schuldner den gesamten Gewinn wegen nachträglicher Zahlungen an Dritte zurückerstatten muss, kann sie diese Zahlungspflicht in Höhe der bereits erstatteten Gläubigeraufwendungen durch Abtretung ihrer Rückzahlungsforderung gem. § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Var., S. 2 BGB an den Schuldner erfüllen.

751 752 753

Anders: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 193. Ohne weitere Problematisierung: Mönch, ZIP 2004, 2032 (2036). Im Ergebnis auch: BT-DS 15/3640, S. 56 [zum GWB].

H. Prozessuales

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H. Prozessuales I. Prozessuale Folgen der Gläubigermehrheit Eine Einigungsbereitschaft der Gläubiger darüber, wer den Anspruch geltend macht, ist realistisch, weil ihnen der abgeführte Gewinn nicht zugutekommt.754 Unterbleibt eine Abstimmung der Gläubiger, steht dem Schuldner nicht der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit zur Verfügung.755 Weil prozessrechtlich verschiedene Streitgegenstände vorliegen,756 kann es zu gegensätzlichen Entscheidungen in den verschiedenen Verfahren kommen.757 Jeder Gläubiger erhält aus dem von ihm geführten Verfahren einen eigenen vollstreckbaren Titel758 und kann unabhängig von der Vollstreckung anderer Gläubiger gegen den Schuldner vorgehen. Denn die Ansprüche von Gesamtgläubigern stehen selbstständig nebeneinander und führen unabhängig voneinander zu eigenen Vollstreckungstiteln.759 Sie sind lediglich durch die Einheitlichkeit der Tilgungswirkung miteinander verbunden.760 Eine Mehrfachvollstreckung ist möglich,761 solange der Schuldner keine Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO erhebt. Im Falle einer Mehrfachverfolgung ist der Zusammenschluss der klagenden Gläubiger als einfache Streitgenossen im Sinne von § 59 ZPO möglich und sinnvoll.762 Das Gericht kann mehrere anhängige Verfahren außerdem nach § 147 ZPO zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbinden.763 Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Klagen gegen einen deutschen Verletzer beim selben Gericht anhängig gemacht werden, weil § 14 Abs. 1 UWG insoweit eine ausschließliche, örtliche Zuständigkeit regelt.764 Allerdings ist die Kammer für Handelssachen gem. § 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG zuständig. Eine Verbindung mit Klagen, die bei anderen Spruchkörpern anhängig 754

BT-DS 15/1487, S. 24; zustimmend: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 198. Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 18; Schaumburg, Verbandsklage, S. 174 f. 756 Siehe oben: 1. Teil C. I. 1. b). 757 Mönch, ZIP 2004, 2032 (2035). 758 Schaumburg, Verbandsklage, S. 271. 759 Palandt-Grüneberg, BGB, § 428 Rn. 1. 760 Palandt-Grüneberg, BGB, § 428 Rn. 1. 761 Schaumburg, Verbandsklage, S. 216, 271. 762 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 36, 210; Hefermehl/Köhler/BornkammKöhler, UWG, § 10 Rn. 18; Schaumburg, Verbandsklage, S. 204; zum GWB: Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 26; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34a Rn. 9. 763 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 36, 210; Hefermehl/Köhler/BornkammKöhler, UWG, § 10 Rn. 18; Schaumburg, Verbandsklage, S. 176. 764 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 188. 755

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

sind, scheidet aus,765 solange nicht die Voraussetzungen gem. §§ 96 bis 98 GVG für die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen geschaffen werden.766 Eine Streitwertherabsetzung ist bei § 10 UWG nicht möglich. § 12 Abs. 4 UWG gilt nur für Unterlassungsklagen.767 Eine Analogie scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus. Dem Gesetzgeber kann kein bloßes Redaktionsversehen unterstellt werden,768 weil er ausdrücklich auf § 23b UWG a. F. verzichtet hat, der eine Streitwertherabsetzung für alle bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten nach dem UWG vorsah. Allerdings ist die Einschätzung, § 23b UWG a. F. habe keinen eigenständigen Regelungsgehalt gegenüber § 12 Abs. 4 UWG (entspricht § 23a UWG a. F.),769 hinsichtlich des § 10 UWG fehlerhaft. Zudem ist nicht nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber dagegen im Kartellrecht für Verfahren nach § 34a GWB eine Streitwertherabsetzung neu eingeführt hat.

II. Auskunftsanspruch und Klagearten 1. Auskunftsanspruch In der Regel wird der Anspruchsberechtigte die Höhe des abzuführenden Gewinns nicht beziffern können, sodass ihm ein Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch zusteht.770 a) Voraussetzungen des unselbstständigen Auskunftsanspruchs Der unselbstständige Auskunftsanspruch dient der Vorbereitung und Durchsetzung eines Hauptanspruchs gegen den Auskunftspflichtigen selbst.771 Die Grundlage ist das gesetzliche Schuldverhältnis, welches durch den Wettbe765 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, ZPO, § 147 Rn. 8; Micklitz/ Stadler, Verbandsklagerecht, S. 12 f.; MüKo-Wagner, ZPO, § 147 Rn. 3 [zu KfH]; Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, § 147 Rn. 1; Zöller-Greger, ZPO, § 147 Rn. 2. 766 Stein/Jonas-Leipold, ZPO, § 147 Rn. 2. 767 So auch ausdrücklich hinsichtlich der Schadensersatzansprüche nach § 9 UWG: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 12 Rn. 5.19. 768 Anders: Halfmeier, Popularklagen, S. 133. 769 BT-DS 15/1487, S. 27. 770 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (72) = WRP 2007, 350 (352); BT-DS 15/1487, S. 43; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 265, 279; Halfmeier, Popularklagen, S. 132; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 113; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 15; Mönch, ZIP 2004, 2032 (2035); MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 157; zum GWB: Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 4; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 122. 771 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.4.

H. Prozessuales

163

werbsverstoß begründet wird, in Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB.772 aa) Bestehender Hauptanspruch auf eine Leistung Voraussetzung des Auskunftsanspruchs ist ein bestehender (Haupt-)Anspruch auf eine Leistung.773 Während es bei vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien ausreicht, dass für den Leistungsanspruch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht,774 muss bei gesetzlichen Ansprüchen zur vollen Überzeugung des Gerichts dargetan werden, dass der Anspruch dem Grunde nach besteht.775 Weil § 10 Abs. 1 UWG ein gesetzlicher Anspruch ist, muss dem Grunde nach feststehen, dass der Beklagte vorsätzlich dem § 3 UWG zuwidergehandelt und hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt hat. Nach der hier vertretenen Ansicht hilft dem Kläger hinsichtlich der Frage, ob der Zuwiderhandelnde überhaupt einen Gewinn erzielt hat, der Anscheinsbeweis.776 Die Beweismittel, die dem Beklagten zur Verfügung stehen, um eine ernsthafte Möglichkeit eines anderen Verlaufs nachzuweisen, werden im Ergebnis auf eine Darlegung der Einnahmen und Ausgaben hinsichtlich dieser konkreten unlauteren Handlung hinauslaufen. Dann erreicht der Kläger genau das, was er mit der Auskunftsklage bezweckt. Deshalb bedarf es keiner Ausnahme von dem Erfordernis, dass alle Anspruchsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 UWG voll zu beweisen sind.777 Die Gegenansicht, die den Nachweis einer Wahrscheinlichkeit ausreichen lässt,778 hat den Vorteil für den Gläubiger, dass es auf die Erschütterungsmöglichkeit eines Anscheinsbeweises nicht ankommt. Ihr ist auch zugutezuhalten, nicht mit der Gefahr eines unzulässigen Ausforschungsbeweises verbunden zu sein, weil

772 BT-DS, 15/1487, S. 43; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 279, 281; HarteBavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 113; Hefermehl/Köhler/ Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.5; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 159. 773 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 114; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.8. 774 Palandt-Heinrichs, BGB, § 261 Rn. 10. 775 BGHZ 74, 379 (381) [zum Konkursrecht]; Palandt-Heinrichs, BGB, § 261 Rn. 10 f.; zum Schadensersatzanspruch aus Deliktsrecht: BGH, NJW 1990, 1358; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.4. 776 Siehe oben: 1. Teil F. III. 2. b). 777 Anders: Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 129. 778 Für eine Wahrscheinlichkeit: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 277, 283 f., 299; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 128 f.; auf eine typisierende Betrachtung abstellend: Beuchler, WRP 2006, 1288 (1289, Fn. 16); Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 114; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 160.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

der Kläger die Verletzungshandlung nachzuweisen hat und sich keine Information über eine andere Zuwiderhandlung verschaffen kann. bb) Informationsmöglichkeiten ausgeschöpft und schuldlos im Ungewissen Der Gläubiger muss alle ihm zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten ausschöpfen, es sei denn, der Aufwand wäre unverhältnismäßig hoch, die Information könnte nur mit gesetzwidrigen Mitteln erlangt werden oder vom Informanten wäre mit Sicherheit keine zutreffende Auskunft zu erwarten.779 Diese Voraussetzung bereitet bei § 10 UWG keine Schwierigkeit, weil der Berechtigte keinen Einblick in die Geschäftsführung des Beklagten hat.780 Schließlich muss der Gläubiger in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen sein.781 Verschulden ist gegeben, wenn der Gläubiger früher gegebene Informationsmöglichkeiten nicht genutzt oder vorhandene Informationen vorwerfbar nicht gesichert hat,782 was bei § 10 UWG ebenfalls keine praktische Bedeutung hat.783 b) Umfang und Grenzen des Auskunftsanspruchs Der Umfang der Auskunftspflicht richtet sich nach dem Zweck, die Höhe des abzuschöpfenden Gewinns möglichst genau zu bestimmen.784 Da es dem Kläger obliegt, sein Auskunftsbegehren zu gestalten, hat er bereits beim Auskunftsantrag zu entscheiden, wie er den Unrechtsgewinn zu quantifizieren gedenkt, um die geeigneten Auskünfte einzuholen.785

779 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 113, 115; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.9; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 161. 780 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 281; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 115; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 161. 781 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 280; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 113, 116; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.5, 4.10. 782 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.10. 783 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 116; MüKoMicklitz, UWG, § 10 Rn. 161. 784 MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 162. 785 Peter, Verbraucherschutz: Recht harmlos? – Verbandsklage auf dem Prüfstand, Tagung des vzbv am 08. Mai 2006 in Berlin, S. 11 (13), zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.vzbv.de/mediapics/verbandsklage_gesamtdokumentation _reden_05_2006.pdf.

H. Prozessuales

165

aa) Konkrete Verletzungshandlung und im Kern gleichartige Handlungen Die Auskunftspflicht erstreckt sich nur auf Art, Zeitpunkt und Umfang des konkreten Verletzungsfalls, also der konkreten Verletzungshandlung786 einschließlich im Kern gleichartiger Handlungen.787 In zeitlicher Hinsicht ist der Umfang der Auskunftspflicht wie auch im Schadensersatzrecht nicht auf die erste konkret vorgetragene Verletzungshandlung beschränkt. Im Schadensersatzrecht war dies bislang umstritten. Erst mit der Entscheidung vom 19.07.2007 hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs seine langjährige Rechtsprechung788 aufgegeben und sich ausdrücklich der Rechtsprechung des X. Zivilsenats789 angeschlossen. Die Begründung des I. Zivilsenats mit Hinweis auf die Einführung der § 19 MarkenG, § 46 GeschmMG, § 101a UrhG, § 140b PatG, § 9 Abs. 2 HalblSchG, § 37b SortSchG und § 24b GebrMG790 ist sachlich zu begrüßen, aber zu einem so späten Zeitpunkt nicht konsequent. So hatte der I. Zivilsenat noch im Jahr 2003 seine alte Auffassung bekräftigt,791 obwohl die genannten Vorschriften bereits 1990 eingeführt worden waren. Sachlich spricht neben den Argumenten, die im Schadensersatzrecht angeführt werden,792 speziell der Vorsatzbezug des § 10 UWG gegen eine zeitliche Begrenzung. So hielt es der I. Zivilsenat in einer früheren Entscheidung bei einer meist nur fahrlässig begangenen Zeichenverletzung für unangemessen, einem Verletzer rückwirkend eine allgemeine Auskunftspflicht über vorangegangene Verhaltensweisen aufzuerlegen.793 Für im Kern gleichartige Handlungen muss nachgewiesen sein, dass sie ebenfalls nur schuldhaft begangen worden sein können.794 Das Auskunftsverlangen 786

Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 119. BGH, GRUR 2006, 504 (506, Tz. 34) [„Parfümtestkäufe“, zum MarkenG]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.11; Teplitzky, Ansprüche, Kap. 38 Rn. 7 Fn. 23. 788 BGH, GRUR 2003, 892 (893) = WRP 2003, 1220 (1222) [„Alt Luxemburg“, zu § 1 UWG]; BGH, GRUR 1995, 50 (54) [„Indorektal/Indohexal“, zum WZG]; BGH, GRUR 1992, 523 (525) [„Betonsteinelemente“, zu § 1 UWG]; BGH, GRUR 1988, 307 (308) [„Gaby“, zum WZG]; zustimmend: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.11; Köhler, NJW 1992, 1477 (1481); Teplitzky, Ansprüche, Kap. 38 Rn. 7. 789 BGH, GRUR 1992, 612 (616) = BGHZ 117, 264 (278 f.) [„Nicola“, zum Sortenschutzrecht]; BGH, GRUR 1988, 370 (373) [„Achat“, zum Sortenschutzrecht). 790 BGH, WRP 2007, 1187 (1190) [„Windsor Estate“]. 791 BGH, GRUR 2003, 892 (893) = WRP 2003, 1220 (1222) [„Alt Luxemburg“, zu § 1 UWG]. 792 Ausführlich: Krieger, GRUR 1989, 802; Tilmann, GRUR 1990, 160. 793 BGH, GRUR 1995, 50 (54) [„Indorektal/Indohexal“ zum WZG]. 794 BGH, GRUR 2001, 841 (844); GRUR 2006, 504 (508, Tz. 45) [„Parfümtestkäufe“, zum MarkenG]; Teplitzky, Ansprüche, Kap. 38 Rn. 7 Fn. 23. 787

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

darf also nicht zur Ermittlung der anspruchsbegründenden Tatsachen dienen.795 Der Unterschied beider Ansichten dürfte somit nur für den Fall bedeutsam werden, dass dem Kläger vorherige, im Kern gleichartige Handlungen des Zuwiderhandelnden unbekannt sind, es jedoch schon vor der Auskunft feststeht, dass solche gleichartigen Handlungen im Falle ihrer Vornahme nur vorsätzlich haben stattfinden können. Nach der jetzt einheitlichen Rechtsprechung bedarf es jedenfalls einer zeitlichen Abgrenzung im Tenor insoweit, als die Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht – z. B. die rechtswidrige und schuldhafte Benutzung einer geschützten Sorte796 – erst von einem bestimmten Zeitpunkt an als gegeben anzusehen sind. Das gilt entsprechend für den Vorsatz bei § 10 UWG und den weiteren Voraussetzungen, dass zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern gehandelt wurde. bb) Möglichkeit der Auskunft Der Auskunftspflichtige muss zur Auskunft befugt sein. Der Befugnis kann eine vertragliche Verpflichtung zur Verschwiegenheit gegenüber einem Dritten entgegenstehen, soweit beim Dritten ein schutzwürdiges Interesse vorliegt.797 cc) Verhältnismäßigkeit der Auskunft Die Auskunftspflicht wird begrenzt durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die Auskunft muss für die Durchsetzung des Hauptanspruchs geeignet, erforderlich und angemessen im engeren Sinne sein.798 (1) Anrechenbare Leistungen nach § 10 Abs. 2 S. 1 UWG Die Auskunft erstreckt sich auf alle bereits erbrachten Leistungen im Sinne von § 10 Abs. 2 S. 1 UWG,799 weil sie dazu führen, dass der Gewinnabschöpfungsanspruch in dieser Höhe nicht besteht. Verschweigt der Schuldner eine anrechenbare Leistung, so macht er sich nach der hier vertretenen Ansicht schadensersatzpflichtig und hat letztlich die Kosten für eine nachfolgende unnötige 795 BGH, GRUR 2000, 907 (910); Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.11. 796 BGH, GRUR 1992, 612 (616) [„Nicola“, zum Sortenschutzrecht]. 797 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.12. 798 BGH, GRUR 2001, 841 (843) [„Entfernung der Herstellungsnummer II“]; HarteBavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 120; Hefermehl/Köhler/ Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.12; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 162. 799 Anders, ohne auf § 242 BGB einzugehen: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 191 f.

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Klageerhebung zu ersetzen. Das entspricht auch einer angemessenen Risikoverteilung. (2) Maßstäbe beim Schadensersatzanspruch Als Anhaltspunkte für den Umfang des Auskunftsanspruchs können die Maßstäbe herangezogen werden, die bisher beim Umfang des Auskunftsanspruchs im Zusammenhang mit einem Schadensersatzanspruch anerkannt sind. Beim Schadensersatzanspruch wird danach unterschieden, ob die Auskunft den Schaden bezifferbar machen kann oder ob sie lediglich Grundlage für eine Schätzung nach § 287 ZPO liefern soll.800 Die Bezifferung eines Schadens setzt detaillierte Angaben über die Berechnungsgrundlagen voraus. Sie kommt nur bei entgangenen Lizenzeinnahmen und beim Verletzergewinn in Betracht und dann auch nur, wenn die Umstände eine Stücklizenz rechtfertigen oder der Verletzergewinn in vollem Umfang und ausschließlich Folge der Verletzung ist.801 Dies hat die Rechtsprechung außer bei der Verletzung gewerblicher Ausschließlichkeitsrechte (Patent- und Gebrauchsmuster, Urheber- und Geschmacksmusterrechte) nur bei sklavischer Nachahmung oder bei der Verletzung von Betriebsgeheimnissen anerkannt.802 In allen anderen Fällen – auch bei der sonstigen objektiven Schadensberechnung – kommt nur eine Schätzung des Schadens in Betracht.803 Dafür bedarf es keiner Auskunft über genaue Lieferdaten, Lieferpreise und Abnehmer oder über Kalkulationsgrundlagen wie etwa der Gewinnspanne.804 Ausreichend ist die Angabe der einschlägigen Umsätze, die nach Bedarf räumlich und zeitlich aufzugliedern sind,805 sowie Angaben über die Art und den Umfang der einschlägigen Werbung.806 Die Grenze zur nicht geschuldeten Auskunft über anspruchsbegründende Tatsachen ist hierbei fließend.807

800

Teplitzky, Ansprüche, Kap. 38 Rn. 11. BGH, GRUR 1974, 53 (54) [„Nebelscheinwerfer“]; Köhler, NJW 1992, 1477 (1479, 1482); Teplitzky, Ansprüche, Kap. 38 Rn. 14. 802 Teplitzky, Ansprüche, Kap. 38 Rn. 14 m. w. N. 803 Vgl. BGH, GRUR 1980, 227 (233) [„Monumenta Germaniae Historica“; zum Urheberrecht]; GRUR 2006, 419 (420) [„Noblesse“; zum MarkenG]. 804 BGH, GRUR 1981, 592 (594) [„Championne du Monde“; zum WZG]; GRUR 1995, 50 (54) [„Indorektal/Indohexal“; zum WZG]; GRUR 2006, 419 (420) [„Noblesse“; zum MarkenG]. 805 BGH, GRUR 1981, 592 (594) [„Championne du Monde“; zum WZG]; GRUR 1995, 50 (54) [„Indorektal/Indohexal“; zum WZG]; GRUR 2006, 419 (420) [„Noblesse“; zum MarkenG]; Teplitzky, Ansprüche, Kap. 38 Rn. 15. 806 BGH, GRUR 1977, 491 (494) [„Allstar“; zum WZG]; BGH, GRUR 1981, 592 (594) [„Championne du Monde“; zum WZG]; Köhler, NJW 1992, 1477 (1482). 807 Vgl. Teplitzky, Ansprüche, Kap. 38 Rn. 17. 801

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Der Anspruch erstreckt sich auf die Kontrolltatsachen, welche die Überprüfung der Verlässlichkeit der Angaben hinsichtlich Vollständigkeit und Richtigkeit und damit ein Vorgehen des Verletzten nach den §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB ermöglichen.808 So kann nur im Einzelfall die detaillierte Angabe der Abnehmer, Lieferorte, -mengen, -zeiten und Preise verlangt werden.809 Belege sind für die Auskunft (§ 260 Abs. 1 BGB) – im Gegensatz zur Rechnungslegung (§ 259 Abs. 1 BGB) – nicht erforderlich.810 Die freiwillige Vorlage von Belegen kann Zweifel an der Verlässlichkeit der Auskunft ausräumen und damit eine eidesstattliche Versicherung gem. § 260 Abs. 2 BGB entbehrlich machen.811 Will der Verletzer gegenüber einer aus seiner Sicht ungünstigen Schätzung einwenden, dass der Gewinn deutlich niedriger gewesen sei, muss er von sich aus weitere Einzelheiten seiner Kalkulation offen legen, damit die Richtigkeit seines Einwandes geprüft werden kann.812 Bei der Interessenabwägung sind die Art und Schwere der Verletzung,813 der Arbeits- und Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen814 und ggf. das eigene Verhalten – z. B. unterschiedliche Rechnungslegungen mit der Folge eines erhöhten Arbeitsaufwandes815 – zu berücksichtigen. Bei der Abwägung zwischen Geheimhaltungsinteresse des Verletzers und Aufklärungsinteresse des Verletzten ist auch ein übergeordnetes Interesse der Allgemeinheit, wie z. B. der Gesundheitsschutz, zu berücksichtigen.816 Letztlich hat es sich der Verletzer selbst zuzuschreiben, wenn er Daten aus seinem Bereich offen legen muss, da die Offenlegung die Folge seines eigenen Fehlverhaltens ist.817 Dass der Verletzer sich selbst818 oder einen Dritten819 einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit bezichtigen muss, wird bei der Interessenabwägung berücksichtigt, führt jedoch nicht stets zur Unzumutbarkeit der Auskunft. 808

Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.14. BGH, GRUR 1978, 52 (53) [„Fernschreibverzeichnisse“]. 810 BGH, GRUR 2002, 709 (712) [„Entfernung der Herstellungsnummer III“]. 811 BGH, GRUR 2002, 709 (712) [„Entfernung der Herstellungsnummer III“]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.14. 812 BGH, GRUR 2006, 419 (420) [„Noblesse“; zum MarkenG]. 813 BGH, GRUR 1978, 52 (53) [„Fernschreibverzeichnisse“]; Hefermehl/Köhler/ Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.16. 814 BGHZ 70, 86 (91) [zum Konkursrecht]; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 288; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.17. 815 BGH, GRUR 1982, 723 (726); Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.17. 816 BGH, GRUR 2001, 841 (843); Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.18. 817 BGH, GRUR 1996, 78 (79); Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.18; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 163. 818 BGHZ 41, 318 (326 f.) [zum ArchitektenR]; Hefermehl/Köhler/BornkammKöhler, UWG, § 9 Rn. 4.23. 809

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(3) Übertragung der Maßstäbe auf die Gewinnabschöpfung Berücksichtigungsfähig ist das übergeordnete Interesse an einem lauteren Wettbewerb. Außerdem hat es sich der Verletzer selbst zuzuschreiben, wenn er Daten aus seinem Bereich als Folge seines eigenen Fehlverhaltens offen legen muss.820 Beide Umstände rechtfertigen aber keine generell erweiterte Auskunftspflicht im Rahmen des § 10 UWG. Wie beim Schadensersatzrecht bleibt es bei der entscheidenden Weichenstellung, ob die Auskunft dazu dienen soll, den erzielten Gewinn exakt zu ermitteln, oder ob die Auskunft ihrerseits nur die Grundlage für eine richterliche Schätzung entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO ermöglichen soll.821 Insbesondere in der Fallgruppe der unlauteren Werbung ist es unmöglich, einen kausal auf der unlauteren Werbung beruhenden Gewinn exakt zu ermitteln, sodass immer eine Schätzung notwendig ist.822 Ausreichend ist in diesen Fällen die Angabe der einschlägigen Verletzerumsätze,823 die nach Bedarf räumlich und zeitlich aufzugliedern sind, sowie Angaben über die Art und den Umfang der einschlägigen Werbung. Es bedarf keiner Auskunft über genaue Lieferdaten, Lieferpreise und Abnehmer oder über genaue Kalkulationsgrundlagen der Gewinnspanne. Eine geringe Auskunftspflicht senkt auch die Anforderung an die Eröffnung der richterlichen Schätzung. § 287 ZPO setzt voraus, dass sich der zu schätzende Umstand nicht anderweitig ermitteln lässt. Je weniger dem Zuwiderhandelnden die Offenlegung des exakten Gewinns über einen Auskunftsanspruch zuzumuten ist, desto eher ist der Anwendungsbereich des § 287 ZPO eröffnet. c) Durchsetzung des Auskunftsanspruchs Der Auskunftsanspruch verjährt gem. §§ 195, 199 BGB unabhängig von der Verjährung des Hauptanspruchs.824 Ist der Hauptanspruch verjährt, so hat der Gläubiger nur dann noch ein Informationsinteresse, wenn er mit dem verjährten Hauptanspruch gem. § 215 BGB aufrechnen will.825 Und speziell bei § 10

819 BGHZ 125, 322 (331); Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.24. 820 Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 123; dazu auch: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 163. 821 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 292; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 162. 822 Siehe oben: 1. Teil F. III. 4. a). 823 Noch weiter geht Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 185, die den Umsatz regelmäßig als einzige Grundlage bezeichnet. 824 BGH, GRUR 1988, 533 (536) [zum Urheberrecht]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.42; jetzt auch: Teplitzky, Ansprüche, Kap. 38 Rn. 37. 825 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.42.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

UWG kann ein solches Interesse nicht vorliegen, weil die Gläubiger des § 10 Abs. 1 UWG nicht zur Aufrechnung mit einem Gewinnabschöpfungsanspruch befugt sind.826 d) Rechnungslegungsanspruch Rechnungslegung ist eine gesteigerte Form der Auskunft.827 Die Rechnungslegung umfasst genauere Informationen durch Vorlage einer Rechnung und von Belegen, soweit solche üblicherweise erteilt werden, § 259 Abs. 1 BGB.828 Die Grenze zur Auskunft ist fließend.829 Die Rechnung muss die Einnahmen und Ausgaben geordnet zusammenstellen, sodass sie übersichtlich, aus sich heraus verständlich und der Nachprüfung zugänglich ist.830 In der bisherigen Praxis zu § 10 UWG wird pauschal auf eine detaillierte Auskunft erkannt, die inhaltlich einer Rechnungslegung entspricht. Mehrfach lautete der Tenor der Auskunftsklage beispielsweise in den Fällen des Adressbuchschwindels so: „Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Vorlage einer geordneten Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben Auskunft darüber zu erteilen, welcher Gewinn aufgrund der [Handlung] erzielt worden ist, durch Bekanntgabe der Umsatzerlöse abzüglich eventueller Herstellungsund Betriebskosten.“831 Und sogar bei Verstößen gegen die Preisangabenverordnung wird auf Rechnungslegung erkannt.832 Eine generelle Rechnungslegungspflicht für alle Fälle der Gewinnabschöpfung ist jedoch abzulehnen.833 Denn auch im Schadensersatzrecht ist sie auf die Fälle der objektiven Schadensberechnung in Form der Herausgabe des Verletzergewinns oder Zahlung einer Lizenzgebühr begrenzt.834 Und selbst dann ist

826

Siehe oben: 1. Teil D. III. 3. c) aa) (2). Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.6; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 159. 828 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.31. 829 MüKo-Krüger, BGB, § 259 Rn. 21. 830 BGH, NJW 1982, 573 (574) [zum Mietrecht]; Hefermehl/Köhler/BornkammKöhler, UWG, § 9 Rn. 4.31. 831 LG Bremen, Anerkenntnis-Teilurteil vom 13. April 2005, AZ: 12 O 47/05 (bisher unveröffentlicht); LG Bonn, Teil-Versäumnisurteil vom 03. Mai 2005 (bisher unveröffentlicht); LG Frankfurt a. M., Teil-Versäumnisurteil vom 10. Juni 2005, AZ: 3-11 O 19/05 (bisher unveröffentlicht). 832 LG Frankfurt, Teilversäumnis- und Teilurteile vom 05. September 2007, AZ: 3-08 O 35/07 und 3-08 O 36/07 (bisher unveröffentlicht). 833 Anders wohl: Halfmeier, Popularklagen, S. 132; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 122; inhaltlich auch: Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 129 f. und Fn. 627; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 117; offengelassen von: MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 162. 834 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.7. 827

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der Schaden durch die Rechnungslegung nur bei der identischen Leistungsübernahme und der Verletzung von Betriebsgeheimnissen bezifferbar.835 Eine genaue Ermittlung des Gewinns und damit eine Rechnungslegung wird etwa in den Fällen unlauterer Werbung wegen der richterlichen Schätzung entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO unverhältnismäßig sein. Dagegen kommt insbesondere in den Fallgruppen der gefälschten Produkte, der Mogelpackung und des Einziehens geringer Beträge ohne Grund eine exakte Gewinnermittlung aufgrund der erteilten Auskunft in Betracht. Die Rechnungslegung umfasst dann auf Einnahmenseite die Liefermengen, -preise, -zeiten, -orte und die Abnehmer sowie auf Ausgabenseite die Einstandspreise, Fertigungs- und Lohnkosten, ggf. auch Vertriebskosten.836 e) Wirtschaftsprüfervorbehalt Ein Wirtschaftsprüfervorbehalt kommt bei § 10 UWG in Betracht, soweit es um die Vorlage von Belegen gem. § 259 Abs. 1 BGB geht, die zu den Geschäftsgeheimnissen gehören,837 wie z. B. Lieferantenrechnungen, 838 und wenn Belege als Kontrolltatsachen beansprucht werden. Die Interessenabwägung muss zum Ergebnis kommen, dass dem Interesse des Gläubigers an der umfassenden eigenen Kenntnis des Sachverhalts, auf dessen Grundlage das Gericht den (Haupt-)Anspruch entscheidet, deutlich höhergewichtige Belange des Auskunftspflichtigen gegenüberstehen,839 wofür der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet ist.840 Bei dieser Abwägung kann berücksichtigt werden, dass der Beklagte bei § 10 Abs. 1 UWG stets vorsätzlich und zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern gehandelt hat.841 Durch den Vorbehalt lässt sich verhindern, dass Mitbewerber Verbände vorschieben, um Einblick in die Betriebsinterna des Zuwiderhandelnden zu erlangen.842 Dies entkräftet in Übereinstimmung mit dem Willen der Bundesregierung843 die vom Bundesrat angesprochene Befürchtung, dass der Verletzer die

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Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.7. Zum Schadensersatzrecht: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.28; Köhler, NJW 1992, 1477 (1482). 837 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 289; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 119. 838 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 15. 839 BGH, GRUR 1999, 1025 (1031); Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 9 Rn. 4.20; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 163. 840 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 119. 841 MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 163. 842 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 15. 843 BT-DS 15/1487, S. 43. 836

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Kalkulationsgrundlagen an einen unübersehbar großen Kreis offen legen muss.844 Die Gefahr, dass der Auskunftsanspruch für die Erlangung von Betriebsinterna der Mitbewerber missbraucht werde,845 ist gering und dem Schuldner zumutbar. Die Offenlegung bezieht sich in der Praxis nur auf ein ganz bestimmtes wettbewerbswidriges Verhalten und gerade nicht auf sämtliche Kalkulationsgrundlagen eines Unternehmens einschließlich der Gemeinkosten.846 2. Leistungs- und Feststellungsklage a) Leistungsklage Der Gewinnabschöpfungsanspruch ist auf eine Leistung, nämlich die Zahlung einer Geldsumme an den Bundeshaushalt, gerichtet. Die Leistungsklage setzt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO einen bezifferten Klageantrag voraus. Solange der Kläger keine Vorstellungen über die Höhe des Gewinns hat, kann die Leistungsklage als Stufenklage mit dem Auskunftsanspruch verbunden werden.847 Wenn die Gewinnhöhe trotz Auskunftserteilung von einer Schätzung des Gerichts nach § 287 ZPO abhängt, kann der Antrag unbeziffert gestellt werden.848 Schließlich hat der Gesetzgeber die Verbände unter Hinweis auf § 287 ZPO zu einer verstärkten Geltendmachung zugunsten des Bundeshaushalts ermuntert.849 Der Antrag kann so lauten: „Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Gewinn aus [Handlung] in Höhe eines vom Gericht gemäß § 287 ZPO zu ermittelnden, gegebenenfalls zu schätzenden Geldbetrags nebst x % Zinsen auf diesen Betrag vom Tag der Klageerhebung an zu zahlen“.850 Nach der erfolgreichen Auskunftserteilung wird der Kläger eine hinreichende Grundlage für die Schätzung des Gewinns durch das Gericht gem. § 287 ZPO vortragen können.851 Er muss entweder eine Größenordnung oder eine Mindest844 BT-DS 15/1487, S. 34; 15/3640, S. 78 [zu § 34a GWB]; der Kritik zustimmend: Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 23, 148; Boesche/Scholze, Jura 2004, 685 (687 Fn. 13); Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 59; allgemein kritisch auch: Immenga/ Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 18 [zu § 34a GWB]; Lange/ Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 11 [zu § 34a GWB]. 845 Mönch, ZIP 2004, 2032 (2036); Sack, WRP 2003, 549 (555). 846 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 318; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 119. 847 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (72) = WRP 2007, 350 (352). 848 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 139; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 109; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 113, 120. 849 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 107. 850 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 109, Fn. 192, in Anlehnung an den Klageantrag in: BGH, GRUR 1982, 489 [„Korrekturflüssigkeit“].

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forderung angeben oder jedenfalls so zur Sache vortragen, dass dem Gericht die Ermittlung der Größenordnung ohne Weiteres möglich ist.852 Sollte der Kläger zu viel gefordert haben, ist zu seinen Gunsten § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anzuwenden.853 Jedoch gebietet eine Abweichung von mehr als zwanzig Prozent von dem eingeforderten Betrag eine verhältnismäßige Verteilung der Kosten nach § 92 Abs. 1 ZPO.854 b) Feststellungsklage, insbesondere das Feststellungsinteresse Die Klage auf Feststellung, dass der Zuwiderhandelnde zur Abführung des Gewinns verpflichtet ist, setzt ein besonderes Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO voraus, weil ansonsten eine Stufenklage auf Auskunft und Abführung des Gewinns Vorrang hat.855 Ein besonderes Feststellungsinteresse wird im allgemeinen Schadensersatzrecht dann bejaht, wenn die Schadensentwicklung im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen ist.856 Entsprechend ist bei § 10 UWG ein Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn die Gewinnerzielung im Zeitpunkt der Klageerhebung noch andauert. Das kommt z. B. in Betracht, wenn eine irreführende Werbung immer noch eine Wirkung bei den Abnehmern entfaltet. Kritisch ist dagegen eine weitere Ausdehnung des Feststellungsinteresses zu beurteilen.857 Im Schadensersatzrecht soll das Feststellungsinteresse nicht schon dann entfallen, wenn der Kläger im Wege der Stufenklage auf Leistung klagen könnte.858 Es ist denkbar, dass diese Rechtsprechung auf § 10 UWG übertragen wird.859 Dafür spricht, dass nach erteilter Auskunft die Begründung des Ge851 Zur Voraussetzung: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 203, 266; MüKoMicklitz, UWG, § 10 Rn. 155, 157. 852 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, ZPO, § 253 Rn. 59; ZöllerGreger, ZPO, § 253 Rn. 14. 853 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 268; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 139; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 107; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 114, 120. 854 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, ZPO, § 92 Rn. 53; NKGierl, ZPO, § 92 Rn. 18; Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 92 Rn. 9. 855 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 111; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 121; zur vorrangigen Stufenklage allgemein: BGH, GRUR 2001, 1177 f. [„Feststellungsinteresse II“]; Zöller-Greger, ZPO, § 254 Rn. 2. 856 BGH, GRUR 1992, 559 [„Mikrofilmanlage“]; BGH, GRUR 2001, 1177 f. [„Feststellungsinteresse II“]; Zöller-Greger, ZPO, § 256 Rn. 7a; speziell zu § 33 Abs. 3 GWB: Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 64; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 12. 857 Kein Bedürfnis sieht auch: Teplitzky, Ansprüche, Kap. 37 Rn. 27. 858 BGH, GRUR 2001, 1177 (1178) [„Feststellungsinteresse II“]. 859 Bejahend: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 111; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 156; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 121.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

winnabschöpfungsanspruchs wegen der Kausalität und Gewinnhöhe Schwierigkeiten bereiten kann.860 Genauso ist ein Streit über die Vollständigkeit der Auskunft denkbar.861 Und die Erhebung der Stufenklage erweist sich im Hinblick auf eine drohende Verjährung als nachteilig. Das Argument der drohenden Verjährung besteht nach Ansicht der Rechtsprechung unabhängig davon fort, dass die allgemeine Verjährungsfrist auf drei Jahre reduziert wurde und nun den meisten Fristen im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht entspricht.862 Die Übertragung ist dennoch abzulehnen. Anders als beim Schadensersatzanspruch hat der Gläubiger des § 10 Abs. 1 UWG kein Wahlrecht zwischen drei Berechnungsmethoden, das eine eingehende sachliche Prüfung begründet.863 Es gibt auch bisher keine Erfahrung, ob die Parteien eines Abschöpfungsverfahrens nach erfolgter Auskunft in den meisten Fällen allein aufgrund des Feststellungsurteils zu einer außergerichtlichen Regulierung des Gewinns finden werden.864 Eine solche Einigung ist unwahrscheinlich, weil sie nicht nur den Kläger der Feststellungsklage zufrieden stellen, sondern auch aus Sicht sämtlicher anderer Berechtigten eine angemessene Einigung darstellen muss. Der Beklagte läuft also bei einer außergerichtlichen Einigung der Gewinnhöhe Gefahr, dass ein anderer Berechtigter ihn auf eine höhere Gewinnabschöpfung in Anspruch nehmen wird. Richtigerweise ist in diesen Fällen der Gewinnabschöpfung die Stufenklage vorrangig.

III. Verjährung 1. Dauer Unstreitig verjährt der Gewinnabschöpfungsanspruch – einschließlich der Ansprüche aus § 10 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 S. 1 und S. 2 UWG – erst in drei Jahren und nicht in der kurzen Verjährungsfrist von sechs Monaten gem. § 11 Abs. 1 UWG.865 Nach einer Ansicht ergebe sich dies aus § 11 Abs. 4 UWG,866 nach der Gegenansicht aus § 195 BGB.867 860 Zum ähnlichen Argument im Schadensersatzrecht: BGH, GRUR 2001, 1177 (1178) [„Feststellungsinteresse II“]. 861 So ein Argument im Schadensersatzrecht: BGH, GRUR 2001, 1177 (1178) [„Feststellungsinteresse II“]. 862 BGH, GRUR 2001, 1177 (1178) [„Feststellungsinteresse II“]; WRP 2003, 1238 (1239) [„Feststellungsinteresse III“]. 863 So aber ein Argument im Schadensersatzrecht: BGH, GRUR 2001, 1177 (1178) [„Feststellungsinteresse II“]. 864 So aber ein Argument im Schadensersatzrecht: BGH, GRUR 2001, 1177 (1178) [„Feststellungsinteresse II“]. 865 Zu den Gründen: BT-DS 15/1487, S. 35; dogmatisch lehnt Halfmeier, Popularklagen, S. 355 die Anspruchsqualität bereits ab und interpretiert die einschlägigen Verjährungsregeln als Klagefristen.

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2. Verjährungsbeginn Umstritten ist dagegen, wann die Verjährungsfrist zu laufen beginnt. a) § 11 Abs. 4 UWG Nach einer Ansicht sei die Verjährung des Gewinnabschöpfungsanspruchs in § 11 Abs. 4 UWG geregelt.868 Nach dieser Vorschrift beginnt die Verjährungsfrist ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis immer mit der Entstehung des Anspruchs. „Andere Ansprüche“ in § 11 Abs. 4 UWG erfasse alle im UWG geregelten Ansprüche und damit auch § 10 UWG. b) §§ 195, 199 BGB Nach der Gegenansicht regele § 11 UWG insgesamt nur die Verjährung für die Ansprüche aus den §§ 8, 9 und 12 Abs. 1 S. 2 UWG.869 Mit den anderen Ansprüchen in § 11 Abs. 4 UWG seien nur die Ansprüche aus den §§ 8 und 12 Abs. 1 S. 2 UWG gemeint. Der Verjährungsbeginn bei § 10 UWG richte sich nach der allgemeinen Regel des § 199 BGB. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nicht schon mit der Entstehung des Anspruchs, sondern gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger die subjektiven Merkmale erfüllt hat. Ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis verjährt der Anspruch gem. § 199 Abs. 4 BGB in zehn Jahren von seiner Entstehung an.

866 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 12; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 318 und -Büscher, § 11 Rn. 37; Gloy/Loschelder-Samwer, Handbuch, § 88 Rn. 26; Halfmeier, Popularklagen, S. 133; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Schulz, UWG, § 11 Rn. 18; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 15, § 11 Rn. 1.36; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 178; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 11 Rn. 32; Schaumburg, Verbandsklage, S. 125. 867 Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, S. 500 f.; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 40 f.; Schulz, WRP 2005, 274 (275); unklar dagegen: Ahrens-Bornkamm, Wettbewerbsprozeß, Kap. 34 Rn. 21. 868 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 12; Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 172; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 318, -Büscher, § 11 Rn. 37; Gloy/ Loschelder-Samwer, Handbuch, § 88 Rn. 26; Halfmeier, Popularklagen, S. 133; HarteBavendamm/Henning-Bodewig-Schulz, UWG, § 11 Rn. 18; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 15, § 11 Rn. 1.36; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1204; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 178; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 11 Rn. 32; Schaumburg, Verbandsklage, S. 125. 869 Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, S. 500 f.; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 40 f.; Schulz, WRP 2005, 274 (275).

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

c) Stellungnahme Welcher Ansicht zu folgen ist, hängt von der Auslegung der Wortwahl „andere Ansprüche“ in § 11 Abs. 4 UWG ab. Der Wortlaut lässt beide Auslegungsvarianten zu. aa) Systematische Argumente Auch die systematische Stellung lässt keinen zwingenden Rückschluss zu: § 11 UWG folgt unmittelbar auf § 10 UWG und steht im selben Kapitel über die Folgen, was für eine Regelung der Verjährung aller UWG-Ansprüche einschließlich § 10 UWG spricht. Andererseits regelt Absatz 1 die Dauer der Verjährungsfrist ausdrücklich nur für die Ansprüche aus den §§ 8, 9 und 12 Abs. 1 S. 2 UWG. In der Gesamtschau mit den Absätzen 2 und 3 ist es durchaus systemkonform, wenn Absatz 4 eine Höchstdauer unabhängig von der Kenntnis des Gläubigers ausschließlich für die §§ 8 und 12 Abs. 1 S. 2 UWG festlegt.870 bb) Zweck unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte Entscheidend ist letztlich der Zweck der Vorschrift, der unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte zu ermitteln ist. Ursprünglich hat § 11 Abs. 1 S. 1 UWG in der Fassung des Regierungsentwurfs eine kurze sechsmonatige Verjährungsfrist in Abhängigkeit von der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatumstände ausdrücklich für § 10 UWG vorgesehen.871 Auf Vorschlag des Bundesrates wurde § 10 UWG aus der kurzen Verjährungsfrist herausgenommen, weil insoweit eine Abweichung von den BGB-Regelungen nicht gerechtfertigt sei.872 Für die Gläubiger sei es außerordentlich schwierig, die notwendigen Tatsachen innerhalb der kurzen Fristen zu ermitteln. Und eine Gewinnabschöpfung sei nur dann sinnvoll, wenn der gesamte Verletzungstatbestand bekannt und abgeschlossen sei.873 Vor diesem Hintergrund muss die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren gem. § 195 BGB auch nach der allgemeinen Regelung des § 199 BGB beginnen. Die Verjährungsfrist von drei Jahren soll für die Gläubiger des § 10 UWG eine Entscheidungsfrist sein, ob sie den Anspruch geltend machen sollen. Dagegen hätte die Auslegung nach der ersten Ansicht zur Folge, dass bei § 10 UWG als einzigem Anspruch im gewerblichen Rechtsschutz die Kenntnis des Gläubigers für den Verjährungslauf niemals eine Rolle spielen würde.874 870 871 872 873 874

MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 39. BT-DS 15/1487, S. 8. BT-DS 15/1487, S. 35. BT-DS 15/1487, S. 35. Schulz, WRP 2005, 274 (275).

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Und sie würde das Anliegen des Gesetzgebers875 konterkarieren, mit der Herausnahme des § 10 UWG aus der kurzen Frist seine Effektivität erhöhen zu wollen.876 Rein praktisch werden die Gläubiger des § 10 Abs. 1 UWG oft erst spät hinreichende Kenntnis von den Tatumständen erlangen. Dann droht die dreijährige Frist nach § 11 Abs. 4 UWG früher abzulaufen als die kenntnisabhängige Sechsmonatsfrist gem. § 11 Abs. 1, 2 UWG. Der Gewinnabschöpfungsanspruch verjährt also nach § 195 BGB in drei Jahren. Die Frist beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müsste. Unabhängig hiervon verjährt er gem. § 199 Abs. 4 BGB in zehn Jahren von seiner Entstehung an. 3. Entstehung des Anspruchs Der Beginn der Verjährungsfrist hängt von der Entstehung des Gewinnabschöpfungsanspruchs ab.877 Ein Anspruch entsteht mit dem Verwirklichen seiner Tatbestandsvoraussetzungen, also sobald er objektiv erstmals geltend gemacht werden kann.878 a) Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG Für die Frage, wann eine Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG verwirklicht ist, lassen sich die Maßstäbe heranziehen, die für die Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gem. §§ 8 f. UWG entwickelt worden sind. aa) Einzelhandlung Soweit der Verstoß auf einer einzelnen tatsächlichen Handlung beruht, ist nicht der Beginn der Handlung, sondern die Vollendung der tatbestandsmäßigen Handlung maßgeblich.879 Ob die Einzelhandlung fortdauernde Wirkungen mit sich bringt, ist für den Verjährungsbeginn im Hinblick auf die Anspruchsentstehung unerheblich.880 875

BT-DS 15/2795, S. 22. MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 40. 877 Das gilt selbst für die hier abgelehnte Ansicht, die § 11 Abs. 4 UWG anwendet. 878 BGHZ 55, 340 (341) = BGH, NJW 1971, 979 [zum BGB]; BGHZ 151, 47 (51) = BGH, NJW 2002, 2707 (2708) [zum BGB]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 1.19; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 90; Palandt-Heinrichs, BGB, § 199 Rn. 3. 879 BGH, GRUR 1974, 99 (100) [„Brünova“]; GRUR 1990, 221 (223) [„Forschungskosten“]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 1.19. 876

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

bb) Fortgesetzte Handlung, rechtliche Einheit und Dauerhandlung Umstritten ist die rechtliche Behandlung von Fällen, in denen es um eine fortgesetzte Handlung oder um eine Dauerhandlung geht. Unter einer fortgesetzten Handlung versteht man die wiederholte Vornahme gleichartiger Handlungen, die auf einem einheitlichen Willensentschluss beruhen.881 Unter einer Dauerhandlung ist eine Verletzungshandlung zu verstehen, von der eine fortwährende, vom Verletzer pflichtwidrig aufrecht erhaltene Störung ausgeht882 und die nicht nur eine Mehrzahl von Einzelakten darstellt.883 (1) 1. Ansicht: Differenzierung zwischen Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch Eine Ansicht differenziert für den Verjährungsbeginn zwischen Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch: Die Verjährung von Unterlassungsansprüchen könne nicht beginnen, solange der Eingriff noch fortdauert.884 Beim Schadensersatzanspruch bestehe dagegen ein Vergangenheitsbezug, was eine Aufspaltung der Dauerhandlung in Teilakte rechtfertige, für die jeweils eine gesonderte Verjährungsfrist laufe.885 Es sei gerecht, den Gläubiger davon abzuhalten, den Schaden immer weiter anwachsen zu lassen, um ihn dann auf einmal zu liquidieren.886 Diese Ansicht unterscheidet daher für den Verjährungsbeginn beim Schadensersatzanspruch nicht zwischen Einzelakten, fortgesetzten Handlungen887 und Dauerhandlungen888. 880 BGH, GRUR 1974, 99 (100) [„Brünova“]; GRUR 1990, 221 (223) [„Forschungskosten“]; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 93. 881 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 1.22; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 94. 882 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 1.21. 883 BGH, GRUR 1999, 751 (754) [„Güllepumpen“]. 884 BGH, GRUR 2003, 448 (450) [„Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft“]; FezerBüscher, UWG, § 11 Rn. 22; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 1.21; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 104. 885 BGHZ 71, 86 (94) [zu § 852 BGB]; BGH, GRUR 1999, 751 (754) [zu § 24 UWG a. F. als Sonderregel zu § 852 BGB]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 1.21; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 106, 114. 886 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 1.21; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 115. 887 Die Figur der fortgesetzten Handlung diente im Zivilrecht nur dazu, Vertragsstrafen wegen mehrfachen Verstoßes gegen eine Unterlassungsverpflichtung nicht ausarten zu lassen: BGHZ 121, 13 (15 f.) [„Fortsetzungszusammenhang“]. Sie ist mittlerweile durch den Begriff der „rechtlichen Einheit“ ersetzt worden: BGHZ 146, 318 (324 f.) [„Trainingsvertrag“]; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 94. 888 Vgl. BGH, NJW 1954, 1033 (1034) [zum BGB]; BGHZ 71, 86 (94) = BGH, GRUR 1978, 492 (494 f.) [„Fahrradgepäckträger II“, zum BGB]; Fezer-Büscher, UWG, § 11 Rn. 24; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 114.

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(2) 2. Ansicht: Gleichbehandlung von Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch Die Gegenansicht behandelt den Beginn der Verjährungsfrist für alle Anspruchsarten gleich.889 Bei Dauerhandlungen sei das für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebliche Ereignis in der Vollendung der aus aktivem Tun und Unterlassung zusammengesetzten Handlung zu sehen.890 Die Gleichbehandlung des Unterlassungsanspruchs mit dem Schadensersatz- und Beseitigungsanspruch sei schon durch den Gesetzeswortlaut des § 21 UWG a. F.891 geboten, der für die „Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz“ die Verjährung gleichmäßig regele.892 Und der Geschädigte dürfe nicht genötigt werden, das einheitliche Verletzerverhalten zu unterbrechen, nur um sich seine Ansprüche vor dem Anlaufen der Verjährungsfrist zu bewahren.893 Folgt man dieser Ansicht, muss streng zwischen einer Einzelhandlung mit fortdauernder Wirkung einerseits und fortgesetzten Handlungen oder Dauerhandlungen andererseits unterschieden werden. (3) Bedeutung für § 10 UWG und Stellungnahme Die Meinungsverschiedenheit spielt daher für den Gewinnabschöpfungsanspruch nur dann eine Rolle, wenn die Maßstäbe des Schadensersatzanspruchs und nicht die des Unterlassungsanspruchs für § 10 UWG herangezogen werden. Für eine Parallele zum Schadensersatzanspruch spricht, dass auch der Gewinnabschöpfungsanspruch auf Tatbestandsseite einen auf der Zuwiderhandlung beruhenden, weiteren Erfolg voraussetzt und als Folge einen Vergangenheitsbezug aufweist. Bei § 9 Abs. 1 UWG soll der Schaden und bei § 10 Abs. 1 UWG der erzielte Gewinn beseitigt werden. Der Unterlassungsanspruch dagegen lässt einen solchen in der Vergangenheit eingetretenen Umstand unberücksichtigt und soll nur für die Gegenwart und Zukunft wirken. Wann eine Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG verwirklicht ist, ist also nach den Maßstäben zu beantworten, die für die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gem. § 9 UWG gelten.

889

GK-Messer, UWG, § 21 Rn. 18–29 [noch zu § 21 UWG a. F.]. Messer, FS Helm, S. 111 (120). 891 Das Wortlautargument hat sich durch die Neufassung des § 11 UWG – entgegen: Schulz, WRP 2005, 274 (275) – nicht erledigt, weil für den Verjährungsbeginn beider Ansprüche weiterhin die Anspruchsentstehung maßgeblich ist: MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 96. 892 GK-Messer, UWG, § 21 Rn. 24 [noch zu § 21 UWG a. F.]; Messer, FS Helm, S. 111 (120). 893 GK-Messer, UWG, § 21 Rn. 24 [noch zu § 21 UWG a. F.]; Messer, FS Helm, S. 111 (120). 890

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Für die erste Ansicht spricht, dass die Handlung fortlaufend neue Schäden (§ 9 UWG) oder Gewinne (§ 10 UWG) erzeugt, die für sich gesehen eine wirtschaftliche Bedeutung haben.894 Gegenüber der Begründung beim Unterlassungsanspruch liegt schon kein dogmatischer Bruch vor, wenn der Unterlassungsanspruch als ununterbrochene Wiederholung der Störungshandlung aufgefasst wird.895 Bei einer anderen Herleitung rechtfertigen jedenfalls die unterschiedlichen Voraussetzungen und Ziele von Unterlassungs- und Schadensersatzbegehren eine differenzierte Betrachtung für den Verjährungsbeginn. Alleine der gleiche Wortlaut in § 8 Abs. 1 S. 1 UWG und § 9 S. 1 UWG („wer dem § 3 zuwiderhandelt“) ändert nichts an einer folgenorientierten Auslegung, die für zwei verschiedene Normen unterschiedlich ausfallen kann. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber im Jahre 2004 die Verjährungsregeln neu überarbeitet, ohne die seit Jahrzehnten geübte Rechtsprechungspraxis zum wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzrecht zu kritisieren.896 Das entspricht auch dem Verjährungsbeginn eines Schadensersatzanspruchs im allgemeinen Zivilrecht. Denn auch bei § 199 Abs. 1 BGB beginnt mit jeder wiederholten Verhaltensweise die Verjährung des Schadensersatzanspruchs von neuem.897 Für den Schadensersatzanspruch beginnt die Verjährung hinsichtlich der Schäden, die nach dem Beginn der Dauerhandlung und vor dem Ende der Dauerhandlung eingetreten sind, schon mit dem Eintritt des Schadens.898 Zusammengefasst gilt für § 10 Abs. 1 UWG daher: Fortdauernde Zuwiderhandlungen oder Dauerzuwiderhandlungen, die sukzessive neue Gewinne hervorrufen, rechtfertigen eine Aufspaltung der Dauerhandlung in Teilakte. Für jeden Teilakt entsteht der Gewinnabschöpfungsanspruch neu und setzt jeweils eine gesonderte Verjährungsfrist in Gang.899 Für den Verjährungsbeginn des § 10 Abs. 1 UWG ist eine Unterscheidung zwischen Einzelakten, fortgesetzten Handlungen und Dauerhandlungen entbehrlich.900

894 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 1.21; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 106. 895 So etwa von: MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 104, 110. 896 Vgl. BT-DS 15/1487, S. 25. 897 MüKo-Grothe, BGB, § 199 Rn. 13. 898 Staudinger-Peters, BGB, § 199 Rn. 21; undeutlich dagegen: MüKo-Grothe, BGB, § 199 Rn. 13; Palandt-Heinrichs, BGB, § 199 Rn. 21 mit Verweis auf ein obiter dictum zum Widerrufsanspruch in BGH, NJW 1973, 2285, wo es inhaltlich aber nur um einen Beseitigungsanspruch gehen dürfte. 899 Halfmeier, Popularklagen, S. 133 f.; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 1.36. 900 Zur schwierigen Abgrenzung siehe: Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 1.21; MüKo-Grothe, BGB, § 199 Rn. 13; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 114; Fezer-Büscher, UWG, § 11 Rn. 24.

H. Prozessuales

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b) Vorsatz und Gewinnerzielung zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern Der Gewinnabschöpfungsanspruch entsteht erst dann, wenn der Zuwiderhandelnde vorsätzlich handelt und auch erst ab dem Zeitpunkt, in dem er zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern den Gewinn erzielt hat. Hierfür reicht es aus, dass überhaupt irgendein Gewinn erzielt wird.901 Mit dem ersten Gewinn ist der Abschöpfungsanspruch entstanden. Je höher die anrechenbaren Ausgaben aufseiten des Zuwiderhandelnden sind, desto mehr Einnahmen sind für die Erzielung eines ersten Gewinns erforderlich. Die anrechenbaren Ausgaben beziehen sich dabei auf die gesamte Handlung, etwa der Versendung von 10.000 Prospekten mit unlauterer Werbung. Bei abgeschlossener Handlung und noch andauernder Gewinnerzielung ist der Eintritt der Verjährung für den noch nicht angefallenen Gewinn denkbar. Sie kann durch Erhebung einer Feststellungsklage verhindert werden. Wird dagegen eine Handlung nach der Erzielung irgendeines Gewinns fortgeführt, entsteht ein neuer Abschöpfungsanspruch mit einer eigenen Verjährungsfrist. Gewinne aus der ersten Handlung verjähren dann früher als Gewinne aus der zweiten Handlung. In diesem Fall verjähren die Ansprüche periodisch mit der Erzielung des ersten Gewinns aus den jeweiligen Handlungen. Der Gesetzgeber hat einen solchen sukzessiv entstehenden Verjährungsbeginn nicht generell abgelehnt.902 Der Gesetzgeber wollte nur den Eindruck der ursprünglich geplanten Fassung des § 11 Abs. 2 UWG des Regierungsentwurfs903 vermeiden, dass auch bei einer abgeschlossenen Handlung mit andauernder Gewinnerzielung die Verjährungsfrist erst sukzessive mit jeder weiteren Gewinnerzielung beginnt. Denn er hält eine ausdrückliche Sonderregel in § 11 UWG für überflüssig und verweist auf die Regel des § 199 Abs. 1 BGB,904 wo die Verjährung bei mehreren Handlungen auch sukzessive beginnt.

901 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 11 Rn. 1.36; MüKo-Fritzsche, UWG, § 11 Rn. 154; Piper/Ohly-Piper, UWG, § 11 Rn. 32. 902 BT-DS 15/1487, S. 36, 44. 903 § 11 Abs. 2 UWG in der Fassung des Regierungsentwurfs (BT-DS 15/1487, S. 9) lautete: „Für Schadensersatzansprüche beginnt die Verjährung nicht vor der Entstehung des Schadens, für Gewinnabschöpfungsansprüche nicht vor der Erzielung des Gewinns.“ 904 BT-DS 15/1487, S. 36.

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

IV. Verhältnis zu Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren 1. Geld- und Freiheitsstrafen sowie Bußgelder Ein Strafverfahren mit dem Ziel einer Geld- oder Freiheitsstrafe ist ebenso wie ein Ordnungswidrigkeitsverfahren unabhängig von der Existenz oder Durchsetzung eines Abschöpfungsanspruchs nach § 10 UWG möglich. Die zivilrechtliche Gewinnabschöpfung ist sowohl vor als auch nach einem Strafoder Ordnungswidrigkeitsverfahren denkbar. Im Rahmen des § 17 Abs. 4 S. 1 OWiG wird der Vorteil um den bereits nach § 10 Abs. 1 UWG abgeschöpften Gewinn reduziert.905 Geldstrafen und Bußgelder sind gem. § 10 Abs. 2 S. 1 UWG auf den Gewinnabschöpfungsanspruch ohne Einschränkung906 anrechenbar. Eine Freiheitsstrafe ist dagegen keine anrechenbare Leistung im Sinne von § 10 Abs. 2 S. 1 UWG, da sie den Gewinn aus einem Wettbewerbsverstoß unangetastet lässt. Insoweit ist die Anrechenbarkeit der Geldstrafe eine in Kauf genommene Privilegierung des Verurteilten.907 Auch wenn bereits der Gewinn auf zivilrechtlichem Wege nach § 10 UWG abgeführt worden ist, kann ein anschließendes Strafverfahren geboten sein. Für die nicht anrechenbare Freiheitsstrafe und eine den Gewinn übersteigende Geldstrafe ist dies unbestritten. Für den restlichen Teil einer Geldstrafe kann der Sinn eines Strafverfahrens bezweifelt werden, weil von vornherein feststeht, dass die Geldstrafe anschließend vom Staat zu erstatten sein wird.908 Aber jedes Strafverfahren hat unabhängig vom Ausgang des Verfahrens eine nicht zu unterschätzende stigmatisierende und belastende Wirkung.909 Diese Wirkung bleibt bestehen, weil nicht die Geldstrafe an sich, sondern nur der dieser Höhe entsprechende Gewinn zurückerstattet wird. Das Strafurteil bleibt genauso wie das zivilrechtliche Abschöpfungsurteil in seiner Rechtskraft unberührt.910 Außerdem kann auch bei Geldstrafen eine Eintragung der Verurteilung in das Bundeszentralregister erfolgen, die spürbare Folgen für den weiteren Lebensweg des Betroffenen haben kann. Der Rückerstattungsbetrag gem. § 10 Abs. 2 S. 2 UWG ist auch für den Fall, dass anschließend eine Geldstrafe ausgesprochen wird, nicht zu verzinsen.911 905

So: Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 167. Siehe oben: 1. Teil F. I. 2. a) bb). 907 Kritisch dagegen: BT-DS 15/1487, S. 35; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 144; Halfmeier, Popularklagen, S. 125. 908 BT-DS 15/1487, S. 35; Schaumburg, Verbandsklage, S. 125; zu § 34a GWB: BT-DS 15/3640, S. 78; Becher (BDI) und Reppelmund (DIHK), BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Wortlautprotokoll 15/67 vom 20.09.2004, S. 10. 909 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 197; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 245; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 173; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 53. 910 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 197. 911 Anders: Schaumburg, Verbandsklage, S. 102. 906

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Die Gegenansicht argumentiert damit, dass der Zuwiderhandelnde andernfalls dem Staat für den Zeitraum zwischen Gewinnabschöpfung und Strafurteil ein zinsloses Darlehen gewährt hätte, was praktisch eine Doppelbestrafung bedeute.912 Unabhängig von dem (abzulehnenden) Strafcharakter des § 10 UWG verkennt diese Ansicht, dass das Ziel der Gewinnabschöpfung nicht darin besteht, den Zuwiderhandelnden so zu stellen, wie er im Fall der Verurteilung zu einer Geldstrafe gestanden hätte. Die Abführung des Gewinns ist vom ersten Zeitpunkt an bereits nach § 10 Abs. 1 UWG geschuldet. 2. Verfall Der strafrechtliche Verfall ist gem. § 73 Abs. 1 S. 2 StGB ausgeschlossen, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Diese Vorschrift erfasst nicht den Gewinnabschöpfungsanspruch.913 Eine Analogie zu § 73 Abs. 1 S. 2 StGB scheidet aus,914 weil sie nur den Vorrang der individuell Geschädigten sicherstellen will. § 10 UWG dient aber gerade nicht dem Ausgleich dieser individuellen Schäden. Und soweit tatsächlich individuelle Ersatzansprüche bestehen, werden sie unabhängig von § 10 UWG unmittelbar von § 73 Abs. 1 S. 2 StGB erfasst. Die fehlende Anrechenbarkeit des abgeschöpften Gewinns nimmt das Verfallsrecht wegen des Bruttoprinzips bis zur Grenze der unbilligen Härte nach § 73a Abs. 1 S. 2 StGB in Kauf.915

V. Zusammenfassung Prozessrechtlich liegen verschiedene Streitgegenstände bei Parallelklagen vor. Eine Streitwertherabsetzung ist nicht möglich. Soweit der Gläubiger die Höhe des abzuführenden Gewinns nicht beziffern kann, steht ihm ein Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch zu. Dazu muss der Abschöpfungsanspruch dem Grunde nach bestehen. Hier hilft der Anscheinsbeweis für die Frage, ob überhaupt ein Gewinn erzielt wurde. In zeitlicher Hinsicht ist der Umfang der Auskunftspflicht nicht auf die erste konkret vorgetragene Verletzungshandlung beschränkt. Für im Kern gleichartige 912

Schaumburg, Verbandsklage, S. 102. Im Ergebnis auch: Sack, WRP 2003, 549 (553), allerdings mit der abzulehnenden Begründung, dass § 10 UWG Strafcharakter habe. 914 Anders: Alexander, WRP 2004, 407 (419); Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 144 Fn. 96; Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 142; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 174. 915 Dagegen für eine Anrechnung: Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 169. 913

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Handlungen muss aber nachgewiesen sein, dass sie ebenfalls nur vorsätzlich begangen worden sein können. Entgegen der bisherigen Praxis ist eine Rechnungslegung nur geschuldet, wenn die Auskunft dazu dienen soll, den erzielten Gewinn exakt zu ermitteln. Wenn die Auskunft nur die Grundlage für eine richterliche Schätzung entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO ermitteln soll, besteht nur ein einfacher Auskunftsanspruch. Im Falle einer Werbung sind die einschlägigen Umsätze sowie die Art und der Umfang der Werbung anzugeben. Die Leistungsklage kann mit dem Auskunftsanspruch als Stufenklage verbunden werden. Eine Feststellungsklage ist nur zulässig, wenn die Gewinnerzielung im Zeitpunkt der Klageerhebung noch andauert. Der Gewinnabschöpfungsanspruch verjährt nach § 195 BGB in drei Jahren. Für jeden Teilakt einer fortdauernden Zuwiderhandlung oder Dauerzuwiderhandlung, die sukzessive neue Gewinne hervorrufen, entsteht ein eigener Gewinnabschöpfungsanspruch, der eine gesonderte Verjährungsfrist in Gang setzt. Straf- und Bußgeldverfahren werden nicht durch eine Gewinnabschöpfung überflüssig. Bereits die Durchführung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens hat eine belastende Wirkung. Der strafrechtliche Verfall ist nicht nach § 73 Abs. 1 S. 2 StGB wegen eines Gewinnabschöpfungsanspruchs ausgeschlossen.

I. Ergebnis Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung des § 10 UWG spiegeln sich in der geringen Erfolgsquote wider. Fast vier Jahre nach der Einführung der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG konnten lediglich 3.805,78 Euro erfolgreich abgeschöpft werden. Dem Bundesamt für Justiz wurden bis Januar 2008 acht Gerichtsverfahren zu § 10 UWG gemeldet.916 Drei davon sind abgeschlossen. In zwei Fällen gingen Zahlungen beim Bundesamt ein. Das betraf eine Zahlung in Höhe von 2.000 Euro aus einem gerichtlichen Vergleich und eine Zahlung in Höhe von 1.805,78 Euro nach Erlass eines Versäumnisurteils. Diese beiden bisher erfolgreichen Gewinnabschöpfungen gehen auf Geltendmachungen des DSW zurück. Der DSW hat bis Februar 2008 sieben Gerichtsverfahren (einschließlich der laufenden) geführt.917 In fünf Fällen war der Auskunftsanspruch in der ersten Instanz erfolgreich.918 Ein Verfahren endete mit einem gerichtlichen Vergleich, 916 Schreiben des Bundesamtes für Justiz vom 24. Januar 2008 als Antwort auf die Anfrage des Verfassers. 917 So die mündliche Auskunft des DSW vom 18.01.2008. 918 LG Bremen, Anerkenntnis-Teilurteil vom 13. April 2005, AZ: 12 O 47/05 (bisher unveröffentlicht); LG Bonn, Teil-Versäumnisurteil vom 03. Mai 2005 (bisher un-

I. Ergebnis

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wonach der Beklagte 2.000 Euro an den Bundeshaushalt abführen muss.919 In einem anderen Verfahren gibt es noch keine Entscheidung. Sein Schwesterverband, die Wettbewerbszentrale, hat kein eigenes Gerichtsverfahren geführt.920 Der vzbv hat bis Februar 2008 insgesamt sechs Gerichtsverfahren (einschließlich der laufenden Verfahren) zu § 10 UWG geführt.921 Lediglich in einem Verfahren wurde der Auskunftsanspruch zugesprochen.922 Zu einer Abführung ist es bisher nicht gekommen.923 Ein Verfahren wurde für beendet erklärt, nachdem der Beklagte eidesstattlich erklärt hatte, keine Gewinne erzielt zu haben.924 Die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) hat bis Februar 2008 insgesamt zwei Gerichtsverfahren geführt.925 In dem ersten Verfahren unterlag sie in der ersten Instanz wegen des fehlenden Nachweises von Vorsatz.926 Im zweiten Verfahren ist noch kein Urteil gesprochen worden. Deshalb lässt sich das Fazit ziehen, dass der Gewinnabschöpfungsanspruch in § 10 UWG sein Ziel nicht erreicht hat. Unlauterer Wettbewerb lohnt sich immer noch. Ein wesentliches Problem in der Praxis ist der Nachweis des Vorsatzes.927 Hieran scheiterten mindestens vier Abschöpfungsklagen vor den Landgerichten. In einem laufenden Verfahren wird bereits der Klageantrag auf diejenigen Gewinne beschränkt, die ab einem Zeitpunkt erzielt wurden, zu dem der Nachweis des Vorsatzes als sicher gilt.928 Der Nachweis eines kausalen Gewinns ist ein ebenso großes Problem,929 das sich allerdings auch im gewerblichen Rechtsschutz ergibt.930 veröffentlicht); LG Frankfurt a. M., Teil-Versäumnisurteil vom 10. Juni 2005, AZ: 3-11 O 19/05 (bisher unveröffentlicht); LG Frankfurt, Teilversäumnis- und Teilurteile vom 05. September 2007, AZ: 3-08 O 35/07 und 3-08 O 36/07 (bisher unveröffentlicht). 919 So die mündliche Auskunft des DSW vom 18.01.2008. 920 So die mündliche Auskunft der Wettbewerbszentrale vom 16.01.2008. 921 So die mündliche Auskunft des vzbv vom 12.02.2008. 922 OLG Stuttgart, VuR 2007, 70 (72) = WRP 2007, 350 (352). 923 von Braunmühl, Aktueller Bericht, S. 15 (21); vzbv, Jahresbericht 2006/2007 – Die Stimme der Verbraucher, S. 71, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http:// www.vzbv.de/mediapics/jahresbericht_2006_07_vzbv.pdf. 924 von Braunmühl, Aktueller Bericht, S. 15. 925 So die mündliche Auskunft der VZHH vom 19.02.2008. 926 LG Halle, Urteil vom 11. September 2007, AZ: 12 O 165/06 (bisher unveröffentlicht). 927 So auch die mündliche Auskunft des vzbv vom 14.01.2008; dazu z. B.: LG Berlin, Urteil vom 25. September 2007, AZ: 16 O 115/06 (bisher unveröffentlicht). 928 So die mündliche Auskunft der VZHH vom 19.02.2008 zum Verfahren vor dem Landgericht München I, AZ: 33 O 17282/07. 929 Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 139, 149, 153; Boesche/Scholze, Jura 2004, 685 (687 Fn. 13).

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1. Teil: Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG

Ein weiteres Hindernis ist das sehr hohe Prozesskostenrisiko der Gläubiger. Sie wissen nicht, ob und in welcher Höhe der Zuwiderhandelnde einen Gewinn erzielt hat. Zu weiteren Unsicherheiten trägt die unklare Formulierung „zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern“ bei.931 Deshalb kann nicht von einem „Absch(r)öpfungsanspruch“ oder einer enormen Drohkulisse gesprochen werden, die über jeder neuen Werbeidee wie ein Damoklesschwert schwebe.932 Die geringe praktische Bedeutung wurde von Beginn an erwartet.933 § 10 UWG stelle ein „Gespenst“ ohne Schrecken,934 einen bunten oder zahnlosen Papiertiger,935 ein stumpfes Schwert,936 eine Notlösung937 und eine symbolische Gesetzgebung938 dar. Er möge gut gemeint sein, sei aber nicht gut gemacht.939 Andere formulieren zurückhaltender, indem § 10 UWG weder ein scharfes noch ein stumpfes Schwert sei, sondern sich noch in einem Schleifvorgang befinde.940 Ob die begrenzte Wirkung in der Anfangsphase ihre Berechtigung gehabt hat,941 kann dahinstehen. Bei einer Überarbeitung sollte der Tatbestand jedenfalls auf die notwendigen Merkmale reduziert werden.942

930

Köhler, Statement, S. 45. Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 223, 226; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 194; Schaub, GRUR 2005, 918 (924). 932 Anders: Boesche, Statement, S. 25 (27); dies., Wettbewerbsrecht, Rn. 134, 151; Säcker, Verbandsklage, S. 106; ders., Kollektive Durchsetzung, S. 225 (230); zweifelnd dagegen: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 137 f. 933 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 223, 226; Beuchler, WRP 2006, 1288; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 84; Halfmeier, Popularklagen, S. 351; Henning-Bodewig, GRUR 2004, 713 (720); Hsiao, FS Säcker, S. 239 (243); Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 137, 194; vzbv, „UWG-Reform: Gesetz gebrochen, Geld behalten“, Stellungnahme vom 24.09.2003, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: www.werbung-schenken.de/nachrichten.nsf/meldung/1027125.htm. 934 Beuchler, WRP 2006, 1288 (1293). 935 Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 114; zu diesem Begriff bereits: Stein, ZVP 1979, 28 (31). 936 von Braunmühl, Aktueller Bericht, S. 15 (22 f.); vzbv, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 8 [zu § 34a GWB]. 937 Lorenz-Wagner, Karlsruher Forum, S. 187. 938 Lorenz-Wagner, Karlsruher Forum, S. 149, 179. 939 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 223, 226. 940 Schaumburg, Verbandsklage, S. 96 f. 941 Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 195. 942 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 84. 931

2. Teil

Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB Nach der ausführlichen Untersuchung der Gewinnabschöpfung im Wettbewerbsrecht behandelt der zweite Teil dieser Arbeit die kartellrechtliche Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB. Bei den Regelungen gegen Wettbewerbsbeschränkungen besteht die Besonderheit, dass auch staatliche Stellen zur Abschöpfung des Vorteils berechtigt sind. Hinsichtlich der privaten Verbandsbefugnis nach § 34a GWB sollen vor allem die Unterschiede zu § 10 UWG herausgestellt werden.

A. Ziel der Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB Mit der Abschöpfungsbefugnis der Kartellbehörden gem. § 34 GWB will der Gesetzgeber verhindern, dass die Kartellrendite aus einem Verstoß bei dem Unternehmen verbleibt.1 Der Täter soll nicht besser, aber auch nicht schlechter stehen als ohne das Kartell.2 Diese Rendite soll vorrangig durch den Geschädigten abgeschöpft werden, sodass § 34 GWB erst bedeutsam wird, wenn ein Ausgleich der entstandenen Schäden unterbleibt.3 Zugleich wird eine ausreichende Abschreckung verfolgt.4 Mit der privaten Abschöpfungsbefugnis nach § 34a GWB soll eine Lücke geschlossen werden, weil die Behörde bei der Vorteilsabschöpfung ein Aufgreif- und Verfolgungsermessen hat.5 Das mit der 7. GWB-Novelle neu eingeführte System der Legalausnahme vermindere die behördliche Kontrolldichte,6 weshalb die zivilrechtlichen Sanktionen erweitert wurden. Wie bei § 10 UWG will der Gesetzgeber nur die Massen- und Streuschäden erfassen und be-

1 BT-DS 15/3640, S. 36, 55; Lange-Immenga, Handbuch, Kap. 9 § 3 Rn. 1516; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 1; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34 Rn. 1, § 34a Rn. 1. 2 Köhler, FS Schmidt, S. 509 (510). 3 BT-DS 15/3640, S. 36. 4 BT-DS 15/3640, S. 36. 5 BT-DS 15/3640, S. 36; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 3; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 112. 6 BT-DS 16/3540, S. 35.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

schränkt das private Vorgehen auf Vorteile, die zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern oder Anbietern erzielt werden.7 Zugleich sei die Stärkung des privaten Rechtsschutzes geeignet, eine präventive Wirkung8 und spürbare Abschreckung9 zu erzeugen. Wie bei § 10 UWG hängt die Annahme des Gesetzgebers, dass es ein Bedürfnis für die Vorteilsabschöpfung gibt, von der Rechtslage ab, wie sie sich ohne die §§ 34, 34a GWB darstellt (dazu siehe I.).10 Wenn die Rechtsordnung Ansprüche und Befugnisse enthält, die geeignet sind, die Kartellrendite nicht entstehen zu lassen oder zu beseitigen, kann ein Defizit noch darin bestehen, dass die Berechtigten sie nicht anwenden können oder wollen (dazu siehe II.). Und eine Abschöpfung ist nur erfolgreich, wenn Wettbewerbsverstöße in der Praxis zu nennenswerten Gewinnen führen (dazu siehe III.).

I. Durchsetzungsdefizit bei der Rechtslage ohne die §§ 34, 34a GWB 1. Staatliche Maßnahmen a) Behördliche Verfügungen nach den §§ 32, 32a GWB Die Kartellbehörde kann Unternehmen gem. § 32 Abs. 1 GWB verpflichten, eine kartellrechtliche Zuwiderhandlung abzustellen. Nach § 32 Abs. 3 GWB kann die Behörde bei einem berechtigten Interesse eine Zuwiderhandlung nach ihrer Beendigung feststellen. Die Feststellung erleichtert wegen der Bindungswirkung nach § 33 Abs. 4 GWB insbesondere eine nachfolgende Schadensersatzklage von Betroffenen. Und § 32a GWB ermöglicht einstweilige Maßnahmen. Diese behördlichen Verfügungen wirken jedoch nur für die Zukunft und beseitigen keine Vorteile in der Vergangenheit. b) Bußgeldverfahren der Europäischen Kommission Gem. Art. 23 Abs. 2 S. 1 lit. a) der VO (EG) 1/200311 kann die Kommission gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Geldbußen verhängen, 7 BT-DS 15/3640, S. 36; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 3; Köhler, WRP 2007, 602; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 111. 8 Basedow, ZWeR 2006, 294 (304); Fuchs, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 50 = Fuchs, Regierungsentwurf, S. 183 (191 f.); Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 1, § 34a Rn. 1. 9 BT-DS 15/3640, S. 2, 35 f.; 15/5049, S. 2; Lange-Immenga, Handbuch, Kap. 9 § 3 Rn. 1516; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 112. 10 Änderungen seit der Einführung der §§ 34, 34a GWB werden berücksichtigt, um den Fortbestand des Defizits zu prüfen.

A. Ziel der Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

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wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 81 oder 82 EGV verstoßen haben. aa) Zehn Prozent des Gesamtumsatzes Einen betragsmäßig festgelegten Bußgeldrahmen enthalten weder Art. 23 der VO (EG) 1/2003 noch die Bußgeldleitlinien der Europäischen Kommission.12 Den Ausgangspunkt der Bußgeldberechnung bildet ein Grundbetrag, der durch Faktoren angepasst wird. Insgesamt darf die Geldbuße gem. Art. 23 Abs. 2 S. 2 der VO (EG) 1/2003 zehn Prozent des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen. Dabei handelt es sich nicht um einen klassischen Bußgeldrahmen, sondern um eine Kappungsgrenze, für die der weltweite Netto-Umsatz maßgeblich ist.13 bb) Berücksichtigung des Gewinns In den Leitlinien der Kommission 2006 wird die Gewinnabschöpfung als Aufschlag zur Gewährleistung einer abschreckenden Wirkung eingeordnet.14 Bereits nach den Leitlinien der Kommission von 1998 war die Erzielung unrechtmäßiger Gewinne ein erschwerender Umstand, der zur Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße führte.15 Deshalb ist die Ansicht, dass Geldbußen der Kommission ausschließlich Sanktionscharakter hätten und keine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils bezweckten,16 abzulehnen.17 Vielmehr sind auch diese Geldbußen in Deutschland steuerlich abzugsfähig, soweit der unrechtmäßige Gewinn als erschweren11 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16.12.2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. EG vom 04.01.2003, Nr. L 1/17. 12 Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003, ABl. EU vom 01.09.2006, Nr. C 210/2. 13 MüKo-Engelsing/Schneider, Wettbewerbsrecht, Art. 23 Rn. 71, 73, 75, 114. 14 Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003, Nr. 31, ABl. EG vom 01.09.2006, Nr. C 210/2 (210/4). 15 Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gem. Art. 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, ABl. EG vom 14.01.1998, Nr. C 9/3 (9/4). 16 BT-DS 15/3640, S. 42, 67 mit Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz, WuW/E DE-R 1280 (1280, 1282) [„Karbon-Kartell“]; so auch: Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 33 Fn. 143. 17 BFH, BB 2004, 2121 = DStRE 2004, 1449; Achenbach/Wegner, ZWeR 2006, 49 (51); MüKo-Engelsing/Schneider, Wettbewerbsrecht, Art. 23 Rn. 136.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

der Umstand berücksichtigt wird, weil zumindest ein mittelbarer Zusammenhang zwischen dem Gewinn und der Höhe der Geldbuße besteht.18 cc) Verjährung Gem. Art. 25 Abs. 1 lit. b) der VO (EG) 1/2003 verjährt die Befugnis der Kommission zur Verhängung einer Geldbuße in fünf Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung begonnen hat. Bei dauernden oder fortgesetzten Handlungen beginnt sie erst mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung beendet ist, Art. 25 Abs. 2 der VO (EG) 1/2003. c) Bußgeldverfahren der deutschen Kartellbehörden aa) Vorsatz und Fahrlässigkeit nach § 81 Abs. 1 und 2 GWB Auch die deutschen Kartellbehörden können vorsätzliche und fahrlässige Zuwiderhandlungen gem. § 81 Abs. 1, 2 GWB ahnden. Ein Verbotsirrtum ist nur dann im Sinne des § 11 Abs. 2 OWiG vermeidbar, wenn ein Unternehmer seine Berufspflicht erfüllt hat, sich über die Vorschriften des GWB zu unterrichten.19 Bei Zweifeln hat er die Auskunft eines Spezialisten einzuholen.20 In der Praxis spielt die Abmahnung oder Belehrung eine wichtige Rolle, um einen Verbotsirrtum auszuschließen.21 Bei fahrlässigem Handeln reduziert sich der Bußgeldhöchstbetrag gem. § 17 Abs. 2 OWiG auf das 1,5-fache des Umsatzes nach § 81 Abs. 4 S. 2 GWB. Dennoch ist auch beim Fahrlässigkeitsdelikt die volle Abschöpfung des durch die Tat erlangten wirtschaftlichen Vorteils nach § 17 Abs. 4 OWiG möglich. bb) Vorteilsabschöpfung nach § 81 Abs. 5 S. 1 GWB i.V. m. § 17 Abs. 4 OWiG Das Ziel, die Kartellrendite zu beseitigen, kann über eine bußgeldrechtliche Vorteilsabschöpfung nach § 81 Abs. 5 S. 1 GWB i.V. m. § 17 Abs. 4 OWiG erreicht werden. Sie steht im pflichtgemäßen Ermessen der Kartellbehörde. 18

BFH, BB 2004, 2121 (2123). Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 10 Rn. 5, § 11 Rn. 25; KK-Rengier, OWiG, § 11 Rn. 65, 67; Lange/Bunte-Raum, Kartellrecht, § 81 Rn. 50; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Cramer/Pananis, Kartellrecht, § 81 Rn. 18. 20 Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 11 Rn. 26b; KK-Rengier, OWiG, § 11 Rn. 59, 76; Lange/Bunte-Raum, Kartellrecht, § 81 Rn. 51 f.; Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff-Cramer/Pananis, Kartellrecht, § 81 Rn. 19. 21 Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 11 Rn. 21; KK-Rengier, OWiG, § 11 Rn. 126. 19

A. Ziel der Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

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Trotz fehlender Ermächtigung können die maßgeblichen Faktoren zur Bestimmung des Vorteils in § 17 Abs. 4 S. 1 OWiG geschätzt werden.22 cc) Reine Ahndungsgeldbuße nach § 81 Abs. 5 S. 2 GWB Seit der 7. GWB-Novelle sieht § 81 Abs. 5 S. 2 GWB in Anlehnung an das europäische Vorbild23 nationale Bußgelder mit einem reinen Ahndungszweck vor. Der Gesetzeswortlaut lässt offen, wie die Tatsache, dass die Geldbuße allein der Ahndung dient, bei der Zumessung entsprechend zu berücksichtigen ist. Einerseits kann der Vorteil überhaupt nicht in die Bußgeldzumessung Einlass finden, sodass sich die Höhe der reinen Ahndungsgeldbuße um den Betrag mindert, der dem wirtschaftlichen Vorteil entspricht.24 Andererseits kann der Vorteil als Zumessungskriterium nach § 17 Abs. 3 OWiG berücksichtigt werden.25 Denn der Umfang des wirtschaftlichen Vorteils kann das Unrecht der Handlung mitbestimmen und einen Gesichtspunkt der Bußgeldzumessung darstellen.26 Dem entspricht die Möglichkeit der Europäischen Kommission, den Gewinn als Bemessungsfaktor zu berücksichtigen. Der Bußgeldbescheid und die gerichtliche Entscheidung müssen den Betrag, der dem wirtschaftlichen Vorteil entspricht und insoweit in die Bußgeldhöhe eingerechnet wird, vor dem Hintergrund der steuerlichen Abzugsfähigkeit27 ausdrücklich ausweisen.28 Deshalb kann der Aussage des Gesetzgebers, dass Geldbußen mit reiner Ahndungsfunktion nicht mehr steuerlich abzugsfähig seien,29 für den Fall einer Berücksichtigung über § 17 Abs. 3 OWiG nicht gefolgt werden. 22 Ferner, OWiG, § 17 Rn. 31 f.; Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 45; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 22; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 454; KK-Mitsch, OWiG, § 17 Rn. 116, 123; Lange/Bunte-Raum, Kartellrecht, § 81 Rn. 141; Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 70 f.; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 17 Rn. 53 mit Hinweis auf BVerfGE 81, 226 (242); HWiStR-Tiedemann, Gewinnabschöpfung, S. 4 f.; kritisch dagegen: Drathjer, Abschöpfung, S. 114 f.; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Cramer/Pananis, Kartellrecht, § 81 Rn. 72. 23 BT-DS 15/3640, S. 42. 24 BT-DS 15/3640, S. 42, 67; Achenbach/Wegner, ZWeR 2006, 49 (56); Bechtold/ Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 81 Rn. 35; FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 319, 323; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 451; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Cramer/Pananis, Kartellrecht, § 81 Rn. 70. 25 So schon: BGH, WuW/E BGH 2718 (2720) [„Bußgeldbemessung“]. 26 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 81 Rn. 32, 35; Immenga/MestmäckerDannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 451. 27 BFH, BB 2004, 2121 (2123). 28 Achenbach/Wegner, ZWeR 2006, 49 (60); Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 81 Rn. 34 f., 38 f.; FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 323. 29 BT-DS 15/3640, S. 42; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 447.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

dd) § 81 Abs. 4 S. 2 GWB: Zehn Prozent des Umsatzes Gem. § 81 Abs. 4 S. 2 GWB kann die Geldbuße bis zu zehn Prozent des Gesamtumsatzes im vorausgegangenen Geschäftsjahr betragen. Diese Obergrenze löst den mehrerlösbezogenen Bußgeldrahmen nach § 81 Abs. 2 S. 1 GWB a. F. ab, der eine Ahndung über den regulären Bußgeldrahmen hinaus bis zur dreifachen Höhe des Mehrerlöses vorsah.30 Kritisch ist, dass der Umsatz in keinem direkten Zusammenhang mit dem Verstoß steht.31 In Übereinstimmung mit § 81 Abs. 2 S. 1 GWB a. F. soll die umsatzbezogene Obergrenze über den regulären Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 4 S. 1 GWB hinausgehen. Der Gesetzgeber will gerade die Fälle erfassen, in denen ein Bußgeld bis zu einer Million Euro unzureichend ist.32 Deshalb handelt es sich nicht lediglich um eine Kappungsgrenze innerhalb des Bußgeldrahmens von § 81 Abs. 4 S. 1 GWB,33 sondern um eine eigenständige Bußgeldrahmenbestimmung.34 Davon gehen auch die Bußgeldleitlinien des Bundeskartellamtes35 aus, wonach ein Grundbetrag um Anpassungsfaktoren ergänzt und der so ermittelte Betrag bei der umsatzbezogenen Grenze gekappt wird. d) Verfall, §§ 73, 73d StGB und § 29a OWiG Im Falle einer rechtswidrigen Straftat etwa nach den §§ 263, 266, 298, 299, 311 StGB36 kann das Gericht den Verfall gem. § 73 Abs. 1 S. 1 StGB anordnen. Wenn kein Bußgeld verhängt wird, kann die Kartellbehörde unter dort genannten Voraussetzungen den Verfall nach § 29a GWB anordnen.

30 BT-DS 15/5049, S. 50; Hartog/Noack, WRP 2005, 1396 (1405); schon früh gefordert von: Zippel, Mehrerlös, S. 184 f. 31 Bach/Klumpp, NJW 2006, 3524 (3526); Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 313. 32 BT-DS 15/5049, S. 50. 33 Anders: Bach/Klumpp, NJW 2006, 3524 (3525, 3528); FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 245 f.; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 344 f., 357. 34 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Cramer/Pananis, Kartellrecht, § 81 Rn. 61. 35 Bundeskartellamt, Bußgeldleitlinien vom 15.09.2006, Nr. 22, abgedruckt in NJW 2006, 3544. 36 Näher dazu etwa: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Cramer/Pananis, Kartellrecht, § 81 Rn. 47–55.

A. Ziel der Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

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2. Zivilrechtliche Folgen von Verstößen a) Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 33 Abs. 1 GWB Wie im UWG sieht das Kartellrecht in § 33 Abs. 1 S. 1 GWB einen speziell geregelten Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung vor, den jeder Betroffene geltend machen kann. Betroffen ist gem. § 33 Abs. 1 S. 3 GWB, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist. Damit werden das Schutzgesetzerfordernis und die Zielgerichtetheit in der Fassung vor der 7. GWB-Novelle fallen gelassen.37 Details zur Betroffenheit sind noch ungeklärt. Reflexwirkungen auf Drittmärkten und ferneren Marktstufen werden als nicht ausreichend eingestuft. Auch Beteiligte an einem Kartell sollen nicht anspruchsberechtigt sein, soweit sie eine erhebliche Verantwortung für die Wettbewerbsbeschränkung tragen. Bei vertikalen Vereinbarungen sind die Vertragspartner dagegen typischerweise in einer schwächeren Position ohne ausreichende Verhandlungsmacht, sodass sie als Betroffene angesehen werden können.38 Ebenfalls anspruchsberechtigt sind gewerbliche Verbände nach § 33 Abs. 2 GWB, während Verbraucherverbände ausgeschlossen bleiben. b) Schadensersatzanspruch nach § 33 Abs. 3 GWB Bei einem schuldhaften Verstoß nach § 33 Abs. 1 GWB erhält der Betroffene seinen Schaden gem. § 33 Abs. 3 S. 1 GWB ersetzt. Das trifft etwa auf den Vertragspartner eines wirksamen Folgevertrags horizontaler Kartellvereinbarungen zu.39 Aber ganz entfernt nachteilige Auswirkungen, wie bloß ursächliche Beeinträchtigungen in Form von Streuschäden, sollen für ein Betroffensein nicht ausreichen.40 In Anwendung des Differenzprinzips besteht der Schaden eines Käufers darin, dass er für die abgenommene Menge den Kartellpreis statt den Wettbewerbspreis bezahlt und ihm darüber hinaus der Gewinn entgeht, den er hätte, wenn er die zum Wettbewerbspreis gewünschten zusätzlichen Einheiten zu diesem Preis erwerben könnte.41

37 BT-DS 15/5049, S. 49; Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, Anh. 2 VO 1/2003, Rn. 18; Lange-Lange, Handbuch, Kap. 6 § 1 Rn. 743 f.; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 12. 38 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 14, 19, 23. 39 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 33 Rn. 116. 40 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 33 Rn. 10; Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, Anh. 2 VO 1/2003, Rn. 18. 41 Monopolkommission, 41. Sondergutachten, S. 34 (Nr. 62).

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

Weil das Gericht den Schaden unter Würdigung aller Umstände gem. § 287 ZPO schätzen darf,42 können verschiedene Methoden43 für seine Berechnung angewendet werden. Die Vorher-Nachher-Methode stellt auf den Preisvergleich vor und nach der Zuwiderhandlung ab. Nach der Yardstick-Methode wird der kartellierte Markt mit ähnlichen Märkten verglichen, die nicht von der Zuwiderhandlung betroffen sind. Das kostenorientierte Verfahren basiert auf Auskünften der Kartellmitglieder über ihre durchschnittlichen Stückkosten, auf die eine angemessene Gewinnspanne aufgeschlagen wird, woraus sich ein Preis ergibt, der unter Wettbewerbsbedingungen als angemessen gelten kann. Neuerdings kann nach § 33 Abs. 3 S. 3 GWB der anteilige Gewinn, den das Unternehmen durch den Verstoß erlangt hat, bei der Schadensschätzung berücksichtigt werden. Anders als im gewerblichen Rechtsschutz handelt es sich nicht um eine echte Herausgabe des Verletzergewinns.44 Umstritten ist, ob der Gewinn, der auch ohne den Verstoß erzielt worden wäre, bei § 33 Abs. 3 S. 3 GWB abzuziehen ist.45 Eine Ansicht lehnt dies ab.46 Nur so bleibe dem Geschädigten die schwierige Ermittlung des hypothetischen Marktpreises erspart,47 was das Ziel des Gesetzgebers sei.48 Überzeugender ist jedoch die Gegenansicht, die den Gewinn auf die Kartellrendite beschränkt,49 weil auch bei der objektiven Schadensberechnung nur der Gewinn herauszugeben ist, der auf der unerlaubten Nutzung des Immaterialgüterrechts beruht.50 Da Schadensersatznormen nicht eine Handlung an sich verbieten,51 ist ein rechtmäßiges Alternativverhalten zu berücksichtigen. § 33 Abs. 3 S. 3 GWB erübrigt 42 Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundeskartellamts zum Grünbuch „Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EUWettbewerbsrechts“ der EU-Kommission, S. 7, abgerufen am 08.11.2007 unter: http:// ec.europa.eu/comm/competition/antitrust/actionsdamages/sp_de.pdf. 43 Zur Schadensberechnung: Europäische Kommission, Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen vom 10.02.2006, Schadensersatz wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts, S. 47 f. (Nrn. 130 f.), zuletzt abgerufen am 08.11.07 unter: http:// ec.europa.eu/comm/competition/antitrust/actionsdamages/sp_de.pdf; Hildebrand, WuW 2005, 513 (519); zur Berechnung des Wettbewerbspreises: Bundeskartellamt, Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 26.09.2005, S. 21 f., zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/ download/pdf/Diskussionsbeitraege/05_Proftag.pdf; Lange-Lange, Handbuch, Kap. 6 § 1 Rn. 757. 44 Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, Anh. 2 VO 1/2003, Rn. 29; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 46. 45 Schütt, WuW 2004, 1124 (1130). 46 Hempel, WuW 2004, 362 (370); Kaufmann, Rechtsschutz, S. 38; trotz Bedenken: Roth, FS Huber, 1133 (1167). 47 Fuchs, WRP 2005, 1384 (1395). 48 BT-DS 15/3640, S. 54. 49 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 46. 50 Hempel, WuW 2004, 362 (370). 51 Siehe oben: 1. Teil F. I. 1. d).

A. Ziel der Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

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also nicht die Ermittlung hypothetischer Marktgrößen, sondern erleichtert nur den Nachweis einer konkreten Schadenshöhe. c) Anwendungsbereich der §§ 9, 10 UWG Die §§ 33, 34a GWB regeln die zivilrechtlichen Ansprüche abschließend, sodass bei reinen Kartellrechtsverstößen kein Rückgriff auf den Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr. 11 UWG möglich ist.52 Die Gegenansicht53 umgeht die Beschränkung der Aktivlegitimation, weil der Gesetzgeber sich bewusst gegen die Berechtigung von Verbraucherverbänden im GWB entschieden hat.54 Soweit ein spezieller lauterkeitsrechtlicher Tatbestand, wie etwa bei einem Boykott oder einer gezielten Behinderung von Konkurrenten gem. § 4 Nr. 10 UWG, erfüllt ist, stehen die zivilrechtlichen Ansprüche aus dem Kartell- und Lauterkeitsrecht gleichberechtigt nebeneinander.55 d) Nichtigkeit und sonstige Folgen Gem. Art. 81 Abs. 2 EGV sind die nach Abs. 1 verbotenen Vereinbarungen und Beschlüsse nichtig. Gleiches gilt für Vereinbarungen unter Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 82 EGV i.V. m. § 134 BGB. Gem. § 1 GWB sind dort genannte Vereinbarungen, Beschlüsse und Verhaltensweisen verboten und ebenfalls nach den §§ 134, 139 BGB nichtig. Die Nichtigkeit erfasst alle Verträge zwischen den Kartellmitgliedern oder Dritten, durch die das verbotene Kartell durchgeführt oder verstärkt werden soll.56 Wegen der Nichtigkeit 52 BGHZ 166, 154 = BGH, GRUR 2006, 773 (774) [„Probeabonnement“]; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 170; Glöckner, WRP 2007, 490 (492); Hefermehl/ Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 10 Rn. 6; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 33 Rn. 114; Lettl, Kartellrecht, § 7 Rn. 8. 53 Halfmeier, Popularklagen, S. 91 f., 137 mit Hinweis auf: BGH, GRUR 1978, 445 (446) [„4 zum Preis von 3“] [zu § 15 GWB a. F., Nichtigkeit von Beschränkungen gegenüber Dritten] und BGH, GRUR 1993, 137 (139) [„Zinssubvention“, zu § 15 GWB a. F. i.V. m. § 1 UWG a. F.], die jedoch aufgegeben wurden durch BGHZ 166, 154 = BGH, GRUR 2006, 773 (774) [„Probeabonnement“]; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig-Goldmann, UWG, § 10 Rn. 30 f.; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 125, 108 (insofern selbst widersprüchlich zu § 7 Rn. 8); früher zum Unterlassungsanspruch: von Gamm, WRP 1987, 290 (291). 54 BGHZ 166, 154 = BGH, GRUR 2006, 773 (774) [„Probeabonnement“]; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 170; Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, Anh. 2 VO 1/2003, Rn. 39; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 78 f., 88. 55 BGHZ 166, 154 = BGH, GRUR 2006, 773 (774) [„Probeabonnement“]; Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, Anh. 2 VO 1/2003, Rn. 38, § 89a Rn. 1; -Emmerich, § 33 Rn. 114; Lettl, Kartellrecht, § 7 Rn. 8. 56 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 33 Rn. 117; Lange-Lange, Handbuch, Kap. 2 § 2 Rn. 197, Kap. 6 § 1 Rn. 740 f.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

der Kartellvereinbarung und ihrer Ausführungsverträge sind Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung ausgeschlossen.57 Von diesen Ausführungsverträgen sind Folgeverträge abzugrenzen, die zwischen Kartellmitgliedern und unbeteiligten Dritten geschlossen werden, insbesondere Lieferverträge mit den Abnehmern.58 Solche Folgeverträge sind aus Gründen der Rechtssicherheit wirksam.59 Die Vertragspartner der Folgeverträge können Schadensersatzansprüche auf das negative Interesse wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen geltend machen und bei einer arglistigen Täuschung nach § 123 BGB anfechten.60 Ansprüche auf Rückgewähr von Leistungen richten sich nach den §§ 812 f. BGB. Die Rückforderung ist gem. § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn außer dem Empfänger auch dem Leistenden ein Gesetzesverstoß zur Last fällt. Allerdings wird § 817 S. 2 BGB auf offensichtliche oder sonst den Parteien bekannte Verstöße beschränkt.61 § 33 GWB ist das speziellere Gesetz gegenüber § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. kartellrechtlichen Schutznormen und gegenüber § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Var. BGB, soweit es um Eingriffe in den Gewerbebetrieb des Betroffenen geht.62 Im Übrigen ist ein Rückgriff insbesondere auf § 826 BGB möglich.63 Bei Submissionskartellen beispielsweise kommt ein Schadensersatzanspruch des Vertragspartners eines Folgevertrages gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. den §§ 263, 298 StGB sowie § 826 BGB in Betracht. 3. Zwischenergebnis Der wesentliche Unterschied zum UWG besteht darin, dass ohne die Regelungen der §§ 34, 34a GWB bereits eine inhaltsgleiche Abschöpfungsmöglichkeit der Kartellbehörden besteht. Sie können den wirtschaftlichen Vorteil bei 57

Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, Anh. 2 VO 1/2003, Rn. 10. Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 33 Rn. 115; Mestmäcker/ Schweitzer, Wettbewerbsrecht, § 22 Rn. 17. 59 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 33 Rn. 115, 118; LangeLange, Handbuch, Kap. 2 § 2 Rn. 197; Mestmäcker/Schweitzer, Wettbewerbsrecht, § 22 Rn. 17. 60 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 33 Rn. 116; -K. Schmidt, Anh. 2 VO 1/2003, Rn. 10. 61 Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, Anh. 2 VO 1/2003, Rn. 11. 62 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 33 Rn. 113; Lange-Lange, Handbuch, Kap. 6 § 1 Rn. 748; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 109; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 62; Köhler, NJW 1992, 1477; Wiedemann-Klusmann, Handbuch, § 57 Rn. 111. 63 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 33 Rn. 113; Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 62. 58

A. Ziel der Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

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jeder schuldhaften Zuwiderhandlung über die Geldbuße abschöpfen. Der Vorteil kann auch als Bemessungsfaktor die Höhe der Geldbuße bestimmen, sodass sich Kartelle nicht auszahlen. Eine ergänzende verwaltungsrechtliche Abschöpfungsvorschrift in § 34 GWB kann nur das Ziel haben, das Ordnungswidrigkeitenverfahren zu entlasten.64 Das Zivilrecht enthält dagegen keine ausreichenden Grundlagen zur Verhinderung lukrativer Kartelle und zur Abschöpfung des Vorteils.65 Vereinbarungen und Beschlüsse samt ihrer Ausführungsverträge sind nichtig gem. Art. 81 Abs. 2 und Art. 82 EGV sowie § 1 GWB i.V. m. § 134 BGB. Das Bereicherungsrecht scheidet aber oft wegen § 817 S. 2 BGB unter den Kartellanten aus. Die Neuregelungen zum Schadensersatzanspruch sind zu begrüßen, soweit der Gewinn gem. § 33 Abs. 3 S. 3 GWB berücksichtigt werden kann. Unverändert bleibt aber die Lücke, dass einem Endabnehmer Unterlassungsund Schadensersatzansprüche nach § 33 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 GWB mangels Betroffenheit abgesprochen werden. Die Verbandsbefugnis nach § 33 Abs. 2 GWB berechtigt nur Gewerbeverbände, nicht aber Verbraucherverbände und Kammern. Ein Rückgriff auf den Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr. 11 UWG scheidet aus. Die anderen Defizite entsprechen denen im UWG. Untersagungsverfügungen oder Unterlassungsansprüche beseitigen den in der Vergangenheit erzielten Vorteil nicht.

II. Faktische Geltendmachung/Durchsetzung Soweit die Rechtsordnung bereits Befugnisse und Ansprüche enthält, die geeignet sind, die Kartellrendite nicht entstehen zu lassen oder zu beseitigen, kann ein Defizit noch darin bestehen, dass die Berechtigten sie nicht anwenden können oder wollen. Eine Schwierigkeit in der Durchsetzung des Kartellrechts besteht in dem Nachweis eines Kartellverstoßes.66 Selbst die Europäische Kommission ist oft nicht in der Lage, am Ende einer Untersuchung den hypothetischen Wettbewerbspreis festzustellen.67 Speziell bei der Behörde liegt ein weiterer Grund für die geringe praktische Relevanz der Abschöpfung darin, dem Handelnden ein Verschulden nachweisen 64 Befürwortend: Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 31; ablehnend: Reppelmund (DIHK), BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Wortlautprotokoll 15/67 vom 20.09. 2004, S. 15. 65 Basedow, Zivilverfahren, S. 353 (361). 66 Benisch, FS Hartmann, S. 37 (44 f.); Berrisch/Burianski, WuW 2005, 878 (883, 888); Hempel, WuW 2004, 362 (374); Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 26. 67 Lübbig, WRP 2004, 1254 (1256).

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

zu müssen.68 Nach Wegfall der Anmeldepflicht wird der Verschuldensnachweis noch schwieriger, weil die Betroffenen sich auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen werden.69 Faktisch scheitert eine umfassende Ahndung von Verstößen über das Bußgeldverfahren auch an den knappen Ressourcen, die zu einer Schwerpunktsetzung auf die Verfolgung von Hardcore-Kartellen zwingen.70 Hierunter werden schwerwiegende Verstöße gegen Kernbeschränkungen des Kartellrechts verstanden,71 also Absprachen über Preisfestsetzung, Begrenzung der Produktion oder Aufteilung der Märkte oder Kunden.72 Die private Durchsetzung des Kartellrechts hat bisher in Deutschland kaum praktische Bedeutung erlangt.73 Darin unterscheidet sich die Verbandsbefugnis nach § 33 Abs. 2 GWB von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.74 Schadensersatzklagen werden viel zu selten erhoben, um die Kartellrendite auch nur annähernd abschöpfen zu können.75 Als besondere Schwierigkeit kommt der Nachweis eines kausalen Schadens hinzu.76 Bei der Schadenshöhe kann nun die Berücksichtigung des Verletzergewinns nach § 33 Abs. 3 S. 3 GWB weiterhelfen.77

68 BT-DS 15/3640, S. 78 mit Hinweis auf Stellungnahmen der gerichtlichen Praxis zum früheren Entwurf; BT-DS 15/3610, S. 104 (Monopolkommission, 15. Hauptgutachten 2002/2003); anders dagegen: Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 8. 69 Köhler, FS Schmidt, S. 509 (515); Monopolkommission, 28. Sondergutachten, S. 31 (Nr. 40). 70 Europäische Kommission, Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen vom 10.02.2006, Schadensersatz wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts, S. 10 (Nr. 14), zuletzt abgerufen am 08.11.07 unter: http://ec.europa.eu/comm/competition/ antitrust/actionsdamages/sp_de.pdf; Fuchs, WRP 2005, 1384 (1392, Fn. 103); Kaufmann, Rechtsschutz, S. 10; Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch Schadensersatzklagen, KOM(2005) 672 endgültig, S. 10, zuletzt abgerufen am 08.11. 07 unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/com/2005/com2005_0672de01. pdf; Linder, Privatklage, S. 39; Köhler, WRP 2007, 602; Reppelmund (DIHK), BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Wortlautprotokoll 15/67 vom 20.09.2004, S. 15. 71 BT-DS 15/3640, S. 29, 35, 55. 72 Kaufmann, Rechtsschutz, S. 15; Monopolkommission, 28. Sondergutachten, S. 51 (Nr. 71). 73 Halfmeier, Popularklagen, S. 136; Hartog/Noack, WRP 2005, 1396 (1403); Hempel, WuW 2004, 362 (364); Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 3. 74 Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 81. 75 Basedow, Zivilverfahren, S. 353 (363); Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 116 [zu §§ 34, 34a GWB]. 76 Basedow, Zivilverfahren, S. 353 (363); Berrisch/Burianski, WuW 2005, 878 (884); Bornkamm, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1359 vom 20.09.2004, S. 2; Bundeskartellamt, Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 26.09.2005, S. I, 20, zuletzt abgerufen am 24.02. 2008 unter: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbei traege/05_Proftag.pdf; Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 45, 83 f., 154 f., 168; ders., WuW 2004, 362 (363, 365); Köck/Biernath/Ngernwatthana/Drews, Kartellrecht, S. 109 (131); Linder, Privatklage, S. 116, 136; Mäsch, EuR 2003, 825 (837) [zu Art. 81 EGV]; Wiedemann-Klusmann, Handbuch, § 57 Rn. 111.

A. Ziel der Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

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III. Existenz von Vorteilen aus Kartellrechtsverstößen Eine Abschöpfung ist nur erfolgreich, wenn Wettbewerbsverstöße in der Praxis zu nennenswerten Gewinnen führen. Nachweise über die gesamten Vorteile aus Kartellrechtsverstößen existieren nicht. Der hohe Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 4 S. 1 GWB spiegelt lediglich die These des Gesetzgebers wider, dass beträchtliche Gewinne erzielt werden.78 Nach ausländischen Studien kommt es bei Hardcore-Kartellen zu einem durchschnittlichen Mehrerlös von fünfzehn bis zwanzig Prozent, wo sich der Mehrerlös aus der Differenz zwischen dem tatsächlichen Kartellpreis und dem hypothetischen Wettbewerbspreis errechnet.79 Die Ergebnisse der unterschiedlichen Studien weichen teilweise signifikant voneinander ab, sodass sie keine generellen Aussagen zulassen.80 Auf Deutschland bezogen soll es laut der Anhörung des Wirtschaftsausschusses zur 8. GWB-Novelle am 14.11.2007 erhebliche Monopolaufschläge von bis zu 9,5 Milliarden Euro geben, die den Verbrauchern entzogen werden.81 Die Existenz von hohen Gewinnen aus Wettbewerbsbeschränkungen ist daher sehr wahrscheinlich.

IV. Zusammenfassung Die Annahmen des Gesetzgebers haben sich auch im Kartellrecht bestätigt. Eine umfassende Abschöpfung des Vorteils erfolgt weder über die Geldbuße noch über Schadensersatzansprüche der Marktteilnehmer. Aufseiten der Behörde scheitert sie allerdings nicht an einer fehlenden Anspruchsgrundlage, sondern an der Aufdeckung, dem Nachweis des schuldhaft begangenen Kartellverstoßes und ihrer Schwerpunktsetzung wegen knapper Ressourcen. Bei den Schadensersatzansprüchen kommt als wesentliches Hindernis der Nachweis eines kausalen Schadens hinzu.

77 Bulst, Schadensersatzansprüche, S. 140; kritisch auch: Hehne/Herrmann/Fellbaum/Matthes, Kartellrecht, S. 86 (99); Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 46; Ost, Kartellrechtsdurchsetzung, S. 109 (115). 78 Drathjer, Abschöpfung, S. 21. 79 Bundeskartellamt, Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 26.09.2005, S. 24, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.bun deskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbeitraege/05_Proftag.pdf; Mundt, WuW 2007, 458 (461); MüKo-Engelsing/Schneider, Wettbewerbsrecht, Art. 23 Rn. 112 m. w. N. 80 Bundeskartellamt, Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 26.09.2005, S. 24 f., zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www. bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbeitraege/05_Proftag.pdf: teilweise sogar bis zu 43 Prozent. 81 Pressedienst des Deutschen BT, hib Nr. 297 vom 14.11.2007, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2007/index.html.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

B. Rechtsnatur, Beteiligte und schuldhafter Verstoß zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern oder Anbietern I. Rechtsnatur der §§ 34, 34a GWB Der mehrdeutige Begriff der Sanktionen in der Überschrift des sechsten Abschnitts im ersten Teil des GWB verleiht den §§ 34, 34a GWB keinen Strafcharakter.82 Einen Ahndungscharakter erhält § 34 GWB auch nicht deshalb, weil die Kartellbehörde ein Bußgeld mit der inhaltsgleichen Vorteilsabschöpfung nach § 81 Abs. 5 S. 1 GWB, § 17 Abs. 4 OWiG verbinden kann. Bei der Rechtsnatur einer Geldbuße ist richtigerweise zwischen einem Abschöpfungsteil und einem ahndenden Teil zu differenzieren,83 wobei der Abschöpfungsteil präventiv-ordnenden Charakter mit kondiktionsähnlicher Wirkung hat.84 Selbst die Gegenansicht, nach der die unselbstständige Abschöpfungsregelung des § 17 Abs. 4 OWiG am einheitlich punitiven Charakter der Geldbuße teilnehme,85 muss bei § 34 GWB einen Strafcharakter ablehnen, weil diese Verwaltungsmaßnahme nicht mit einem Bußgeld verbunden ist. Hinsichtlich der straflosen Wirkung gelten daher die gleichen Überlegungen wie zu § 10 UWG.86 § 34a GWB normiert wie § 10 UWG einen zivilrechtlichen Anspruch sui generis.87 Weil § 34 GWB allerdings ausschließlich die Kartellbehörden als Träger hoheitlicher Gewalt berechtigt und verpflichtet, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Norm.88 Der Gesetzgeber hat mit § 34 GWB eine verwaltungsrechtliche Befugnis eigener Art geschaffen.89 82

Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 72. BVerfGE 81, 228, 239 f.; Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 37a; Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 42. 84 Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 37a; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 23. 85 Drathjer, Abschöpfung, S. 30 f.; HWiStR-Tiedemann, Gewinnabschöpfung, S. 1. 86 Im Ergebnis auch: BT-DS 15/3640, S. 55; Köhler, FS Schmidt, S. 509 (510); Fuchs, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 50, 52 = ders., Regierungsentwurf, S. 183 (192, 194); Lange-Immenga, Handbuch, Kap. 9 § 3 Rn. 1514; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 13, 114; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34 Rn. 1; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 73 [zu § 43 TKG]. 87 Kaufmann, Rechtsschutz, S. 48; Köhler, FS Schmidt, S. 509 (512) [zum zivilrechtlichen Charakter]. 88 Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 75 [zu § 43 TKG]. 89 BT-DS 15/3640, S. 55; Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 2; Köhler, FS Schmidt, S. 509 (510); Fuchs, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 52 = ders., Regierungsentwurf, S. 183 (194); Lange-Immenga, Handbuch, Kap. 9 § 3 Rn. 1514; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 13; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34 Rn. 1; 83

B. Schuldhafter Verstoß zu Lasten von Abnehmern und Anbietern

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II. Aktiv- und Passivlegitimation 1. Aktivlegitimation Die Abschöpfung in den §§ 34, 34a GWB steht sowohl den Kartellbehörden als auch den privaten Gewerbeverbänden zu. a) Kartellbehörde Die zuständige Kartellbehörde kann den Vorteil gem. § 34 GWB unabhängig davon abschöpfen, ob der Verstoß zu wirtschaftlichen Nachteilen aufseiten der Marktbeteiligten geführt hat. Als zuständige Kartellbehörde kommen gem. § 48 Abs. 2 GWB das Bundeskartellamt und die nach Landesrecht zuständigen obersten Landesbehörden in Betracht. Weil das Bundeskartellamt gem. § 51 Abs. 1 S. 1 GWB zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie gehört, kann das Ministerium Weisungen erteilen90 und insoweit Einfluss auf die Abschöpfungstätigkeit des Bundeskartellamtes nehmen. Die Entscheidung der Behörde steht in ihrem pflichtgemäßen Aufgreif- und Verfolgungsermessen.91 Ihr stehen drei Modelle der Gewinnabschöpfung zur Auswahl.92 So kann die Geldbuße gem. § 81 Abs. 5 S. 1 GWB i.V. m. den §§ 17 Abs. 4 S. 1, 30 Abs. 3 OWiG um den daraus gezogenen wirtschaftlichen Vorteil erhöht werden.93 Zweitens kann auf eine eigenständige Abschöpfung verzichtet und darauf gem. § 81 Abs. 5 S. 2 GWB bei der Zumessung der Geldbuße Rücksicht genommen werden. Soweit der Vorteil bei der Zumessung berücksichtigt wurde, ist eine Abschöpfung nach § 34 GWB ausgeschlossen. Aus diesem und aus steuerrechtlichem Grund muss die Behörde offen legen, in welcher Höhe sie einen Vorteilsausgleich in dem Bußgeld berücksichtigt hat.94 Drittens kann die Behörde bei der reinen Ahndungsgeldbuße den Vorteil ganz unberücksichtigt lassen und vollständig über § 34 GWB abschöpfen. Unter diesen Wahlmöglichkeiten hat die Behörde freies Ermessen.95 Wird ein Bußgeld verhängt, spricht vieles dafür, den wirtschaftlichen Vorteil über das Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 40; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 73, 76 f., 157, 181 [zu § 43 TKG]. 90 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 52 Rn. 2. 91 BT-DS 15/3640, S. 36. 92 Achenbach/Wegner, ZWeR 2006, 49 (55); FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 289; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 443. 93 FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 289. 94 DaimlerChrysler Services AG Berlin (BDI), BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 30, 34 f. 95 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 24; -Dannecker/ Biermann, § 81 Rn. 449; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 13.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

Bußgeld einzuziehen.96 Die Behörde muss bei fehlender Abschöpfung über einen Bußgeldbescheid immer erwägen, ob und ggf. warum sie nicht von der neuen Möglichkeit der Abschöpfung Gebrauch macht.97 b) Gewerbeverbände nach § 33 Abs. 2 GWB Die Definition der anspruchsberechtigten Verbände gem. § 34a Abs. 1 i.V. m. § 33 Abs. 2 GWB entspricht wörtlich der in § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Wie bei § 10 UWG sind die Verbände Gläubiger und materiell anspruchsberechtigt.98 Andererseits regelt § 34a Abs. 1 i.V. m. § 33 Abs. 2 GWB genauso wie § 10 UWG nur die Anspruchsberechtigung und nicht eine Prozessführungsbefugnis. Die Zuwiderhandlung muss wie bei § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG die Interessen der auf demselben Markt tätigen Verbandsmitglieder berühren.99 Die betroffenen Verbandsmitglieder müssen – als Mitbewerber und nicht bloß als sonstiger Betroffener – selbst nach § 33 Abs. 1 S. 3 GWB klagebefugt sein.100 Die Gegenansicht101 ist abzulehnen. Sie stimmt nicht mit dem Wortlaut des § 33 Abs. 2 GWB und der Auslegung der wörtlich übereinstimmenden Fassung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG überein. Es ist auch nicht sicher, dass der Gesetzgeber mit der 7. GWB-Novelle eine inhaltliche Änderung der Klagebefugnis abgelehnt hat.102 Vor der 7. GWB-Novelle waren vom Wortlaut alle rechtsfähigen Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen klagebefugt, ohne dass das kartellrechtswidrige Verhalten gerade die Mitglieder des Verbandes verletzen musste.103 Die Formulierung in der Gesetzesbegründung („in Anknüpfung an die bisherige Regelung“)104 bezieht sich lediglich auf die Tatsache, dass Gewerbeverbände überhaupt weiterhin anspruchsberechtigt bleiben. Denn nach dem Regierungsentwurf sollten Verbraucherverbände neu hinzukommen. Der Verstoß muss also wie bei § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG konkret die Interessen der auf demselben Markt tätigen Verbandsmitglieder berühren.

96

Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 13; -Raum, § 81 Rn. 139. Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 3. 98 Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 124; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34a Rn. 8; anders dagegen: Dreher, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 85 [gesetzliche Prozessstandschaft]. 99 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 33 Rn. 112; Köhler, WRP 2007, 602 (603). 100 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 33 Rn. 112; Köhler, WRP 2007, 602 (603). 101 Halfmeier, Popularklagen, S. 134 f. 102 Halfmeier, Popularklagen, S. 135. 103 BGHZ 129, 203 (206 f.) [zu § 35 Abs. 3 GWB a. F.]. 104 BT-DS 15/3640, S. 53. 97

B. Schuldhafter Verstoß zu Lasten von Abnehmern und Anbietern

203

c) Keine Berechtigung von qualifizierten Einrichtungen Ursprünglich sah der Regierungsentwurf zur 7. GWB-Novelle die Erweiterung der Aktivlegitimation von gewerblichen Verbänden auf qualifizierte Einrichtungen vor.105 Der Wortlaut entsprach der Aktivlegitimation in § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG. Der Vermittlungsausschuss empfahl ohne nähere Begründung die Streichung.106 Der Zusatz „und Einrichtungen“ in der Überschrift des § 34a GWB beruht auf einem Redaktionsversehen.107 Damit ist eine Analogie zu § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG mangels Planwidrigkeit der Regelungslücke ausgeschlossen.108 d) Gesamtgläubigerschaft bei § 34a GWB Gem. § 34a Abs. 3 GWB gelten die §§ 428 bis 430 BGB entsprechend. Mehrere Verbände sind daher Gesamtgläubiger.109 Die Ausführungen zur Gesamtgläubigerschaft bei § 10 UWG gelten in vollem Umfang auch für § 34a GWB. Insbesondere erlöschen die Ansprüche aller Verbände, sobald das Unternehmen den wirtschaftlichen Vorteil an den Bundeshaushalt abgeführt hat.110 Nach einer Ansicht könne der Anspruch nach § 34a GWB durch einen weiteren Verband nicht allein zu dem Zweck geltend gemacht werden, dass ein zusätzlicher Gläubiger geschaffen werde.111 Diese Ansicht verkennt den Schutzzweck des § 34a GWB. Das Ziel des § 34a GWB ist erst sichergestellt, wenn der Vorteil tatsächlich an den Bundeshaushalt abgeführt worden ist. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der erste Gläubiger einen Zahlungstitel erlangt, ohne die Vollstreckung weiter zu betreiben. Weil Verbraucherverbände ausgeschlossen sind und Gewerbeverbände in ihren Interessen berührt werden müssen, dürfte der praktische Anwendungsbe-

105

BT-DS 15/3640, S. 11. BT-DS 15/5735, S. 2, angenommen durch: Deutscher Bundestag, 15. Wahlperiode, 181. Sitzung vom 16. Juni 2005, Plenarprotokoll, S. 17109 und Bundesrat, 15. Wahlperiode, 812. Sitzung vom 17. Juni 2005, Stenografischer Bericht, S. 239; dazu auch: Fuchs, WRP 2005, 1384 (1394, Fn. 121). 107 BT-DS 16/5847, S. 5, 10, 11; Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 1; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 4; Köhler, FS Schmidt, S. 509 (514). 108 Für eine Analogie zu § 13 Abs. 1a UWG a. F. dagegen früher: Wolf, Klagebefugnis, S. 41. 109 Kling/Thomas, Kartellrecht, § 21 Rn. 85; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 122. 110 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 8; Immenga/MestmäckerEmmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 26. 111 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 7. 106

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

reich der Gesamtgläubigervorschriften, insbesondere der §§ 429, 430 BGB, kaum eine Bedeutung erhalten.112 2. Passivlegitimation a) Unternehmen als Adressat des § 34 Abs. 1 GWB Adressat der Abschöpfungsverfügung nach § 34 Abs. 1 GWB ist das Unternehmen, das durch den Verstoß einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat.113 Der Unternehmensbegriff ist weit auszulegen und erfasst jede selbstständige und auf Dauer ausgerichtete Tätigkeit im Geschäftsverkehr.114 Es spielt keine Rolle, in welcher rechtlichen oder organisatorischen Form die Teilnahme am geschäftlichen Verkehr erfolgt.115 Mit dem Merkmal der Selbstständigkeit werden weisungsgebundene, abhängige Tätigkeiten, wie etwa von Arbeitnehmern, ausgeschlossen.116 Weil juristische Personen durch ihre Organe handeln, ist ihnen das Handeln und Verschulden der Organe als eigenes zuzurechnen. Der Abschöpfung nach § 34 GWB steht ein gegenüber der Bußgeldvorschrift des § 30 Abs. 1 OWiG erweiterter Anwendungsbereich zur Verfügung, weil sich auch ein Normverstoß des Erfüllungsgehilfen analog § 278 BGB zurechnen lässt.117 b) Schuldner nach § 34a Abs. 1 GWB Schuldner des Abschöpfungsanspruchs nach § 34a Abs. 1 GWB ist, wer einen Verstoß im Sinne des § 34 Abs. 1 GWB begeht und den Vorteil erzielt. Wegen der offenen Formulierung erfasst § 34a Abs. 1 GWB im Gegensatz zu § 34 Abs. 1 GWB auch Unternehmensvereinigungen.118 Für die Zurechnung gelten die zivilrechtlichen Vorschriften wie bei § 10 UWG, also die §§ 31, 278, 830 Abs. 2 und 831 BGB entsprechend in dem oben beschriebenen Umfang. Deshalb ergibt sich ein erweiterter Anwendungsbereich gegenüber § 34 GWB. In der Praxis wird die Inanspruchnahme von Anstiftern oder Gehilfen analog § 830 Abs. 2 BGB daran scheitern, dass sie keinen Vorteil erzielt haben. 112 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 8; Immenga/MestmäckerEmmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 25 Fn. 41; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 4. 113 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 38. 114 Lange-Lange, Handbuch, Kap. 6 § 1 Rn. 644; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 25; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 79. 115 Lange-Lange, Handbuch, Kap. 6 § 1 Rn. 644. 116 Lange-Lange, Handbuch, Kap. 6 § 1 Rn. 652. 117 Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 145. 118 Köhler, FS Schmidt, S. 509 (513).

B. Schuldhafter Verstoß zu Lasten von Abnehmern und Anbietern

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III. Empfänger des abgeführten Vorteils 1. § 34 GWB § 34 GWB bestimmt nicht ausdrücklich, wer der Empfänger des abgeschöpften Vorteils ist. Weil die Kartellbehörde die Abschöpfung anordnen und die Zahlung auferlegen kann, ist sie zunächst der Empfänger des Geldes. Die Einnahmen aus der Verwaltungstätigkeit des Bundeskartellamtes sind als Einnahmen im Sinne des Art. 110 Abs. 1 S. 1, 1. Hs. GG in den Haushaltsplan des Bundes einzustellen. Nach dem in § 8 BHG, § 7 HGrG verankerten Prinzip der Gesamtdeckung dienen alle Einnahmen als Deckungsmittel für alle Ausgaben, soweit das Gesetz oder der Haushaltsplan keine Beschränkung vorsieht. Das Bundeskartellamt vereinnahmt den Vorteil also nicht für eigene Ausgabenzwecke, sondern zugunsten des Bundeshaushalts.119 Damit ist ein Gleichlauf zu § 34a Abs. 1 GWB gegeben. Weil entsprechende Regelungen für die Landeskartellbehörden existieren120 und die Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern nach Art. 109 Abs. 1 GG unabhängig voneinander stattfindet, fließt der Vorteil, den eine Landeskartellbehörde abschöpft, in den Landeshaushalt. Hier ergibt sich eine Differenz zu § 34a GWB, wonach auch in den Fällen, die in die Zuständigkeit der Landeskartellbehörde fallen, die Gewerbeverbände zugunsten des Bundeshaushalts abschöpfen. 2. § 34a GWB Die Verbände schöpfen den Vorteil gem. § 34a Abs. 1 GWB unmittelbar zugunsten des Bundeshaushalts ab. Anders als § 10 Abs. 5 S. 1 UWG sieht § 34a GWB nicht ausdrücklich vor, welche Bundesbehörde für den Empfang der Zahlung zuständig ist. Aus dem Regelungszusammenhang des § 34a Abs. 4 S. 1 und 2 GWB ist das Bundeskartellamt als zuständig anzusehen.121

IV. Verstoß und Verschulden 1. Verstoß im Sinne des § 34 Abs. 1 GWB § 34 Abs. 1 GWB erfasst jeden Verstoß gegen eine Vorschrift des deutschen oder europäischen Kartellrechts.122 Selbst ein Verstoß gegen eine reine Melde119 120 121 122

Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 139 [zu § 43 TKG]. Zum Beispiel: Art. 81 Abs. 2 S. 1, 1. Hs. LVerf NW, § 8 LHO NW. Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 1. BT-DS 15/3640, S. 55.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

und Informationspflicht wie etwa gegen § 39 GWB reicht aus.123 Denn die Verletzung der Gebotsnorm des § 39 GWB löst entgegen einer Ansicht nicht nur das Vollzugsverbot nach § 41 Abs. 1 GWB aus,124 sondern kann nach § 81 Abs. 2 Nr. 3 GWB mit einer Geldbuße geahndet werden. Über die Geldbuße kann die Kartellbehörde wiederum den wirtschaftlichen Vorteil abschöpfen. Weil die eigenständige Abschöpfungsanordnung nach § 34 GWB das Bußgeldverfahren entlasten soll,125 greift der Zweck des § 34 GWB auch bei Verstößen gegen reine Meldepflichten. Der Verstoß gegen eine Verfügung der Kartellbehörde nach § 34 Abs. 1 GWB hat nur für konstitutive Verfügungen einen eigenständigen Anwendungsbereich, also für Verfügungen gem. §§ 30 Abs. 3, 32d und 131 Abs. 1 GWB.126 Voraussetzung der Abschöpfung ist die Unanfechtbarkeit dieser Ausgangsverfügung, erster Abschöpfungszeitpunkt bleibt jedoch die Zustellung dieser Verfügung.127 Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorgängervorschrift des § 34 Abs. 1 S. 1 GWB a. F., die eine Mehrerlösabschöpfung ausdrücklich ab Zustellung der Verfügung ermöglichte. Und nach dem Willen des Gesetzgebers soll § 34 GWB die vorherige Mehrerlösabschöpfung zu einem Instrument der gesamten Abschöpfung ab dem Verstoß erweitern.128 Das schließt eine Verlagerung des Abschöpfungszeitpunkts auf den späteren Zeitpunkt der Bestandskraft aus. Und schließlich reicht ein Verstoß gegen Art. 81 oder 82 EGV aus. Dass anders als beim Schadensersatzanspruch allein ein Verstoß gegen eine Verfügung der Kommission nicht zur Grundlage der Vorteilsabschöpfung gemacht werden kann,129 ist ohne Nachteil. Denn inhaltlich bleibt die deutsche Kartellbehörde nach Art. 16 der VO (EG) 1/2003 an die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 81 oder 82 EGV gebunden.

123 Anders: Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 4; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 6 [zu § 33 Abs. 1 GWB]; verallgemeinernd: Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 104 f., 115 [zu § 43 Abs. 1 Var. 2 TKG]. 124 Anders: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 6 [zu § 33 Abs. 1 GWB]. 125 Siehe oben: 2. Teil A. I. 3. 126 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 7 [zu § 33 Abs. 1 GWB]. 127 Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 5. 128 BT-DS 15/3640, S. 55. 129 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 3.

B. Schuldhafter Verstoß zu Lasten von Abnehmern und Anbietern

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a) Nachweisanforderungen und Beweislast aa) Ermittlung der Behörde von Amts wegen und Beweislastverteilung Im deutschen Kartellverwaltungsrecht ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen.130 Davon zu unterscheiden ist die Beweislast, die bestimmt, zu wessen Lasten die Unaufklärbarkeit einer Tatsache geht. Nach Art. 2 S. 2 der VO (EG) 1/2003131 obliegt die Beweislast für die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EGV demjenigen, der sich auf sie beruft. Das gilt inhaltlich auch für die Freistellungsvoraussetzungen nach § 2 GWB, weil sich die nationale Beweislastverteilung nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nach der europäischen richten soll.132 Dagegen findet Art. 2 S. 2 der VO (EG) 1/2003 für das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung, soweit die Unschuldsvermutung betroffen ist.133 Deshalb ergibt sich im Verwaltungsverfahren nach § 34 GWB ein Beweislastvorteil gegenüber der Abschöpfung im Bußgeldverfahren. bb) Darlegungs- und Beweislast der Gewerbeverbände Im Zivilverfahren trägt jede Partei die Beweislast für das Vorhandensein der Voraussetzungen der für sie günstigen Normen.134 Deshalb trifft den Kartellanten in Übereinstimmung mit Art. 2 S. 2 der VO (EG) 1/2003 die Darlegungsund Beweislast für das Vorliegen der Freistellungsvoraussetzungen nach Art. 81 Abs. 3 EGV.135 Eine Gefahr für die verstärkte zivilrechtliche Durchsetzung ist jedoch die Tendenz, die unter dem Schlagwort „more economic approach“ zusammengefasst werden kann.136 Für die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EGV werden bereits bestimmte Marktstrukturen vorausgesetzt, die eine Partei des Zivilprozesses nicht ermitteln kann. Nach den Leitlinien der Kommission zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EGV soll etwa eine Vereinbarung 130 Lange-Immenga, Handbuch, Kap. 9 § 2 Rn. 1457; MüKo-Böge/Bardong, Wettbewerbsrecht, Art. 2 Rn. 5, 19. 131 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16.12.2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. EG vom 04.01.2003, Nr. L 1/8. 132 BT-DS 15/3640, S. 23; Kahlenberg/Haellmigk, BB 2004, 389 (390 f.); LangeLange, Handbuch, Kap. 6 § 2 Rn. 785. 133 BT-DS 15/3640, S. 23, 44, 54, 61; Lange-Lange, Handbuch, Kap. 2 § 2 Rn. 192, Kap. 6 § 2 Rn. 785; MüKo-Böge/Bardong, Wettbewerbsrecht, Art. 2 Rn. 5, 20, 23, 28. 134 Halfmeier, Popularklagen, S. 139; Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 69; Hehne/ Herrmann/Fellbaum/Matthes, Kartellrecht, S. 86 (87); Laumen, NJW 2002, 3739 (3741); Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 126; Stürner, Aufklärungspflicht, S. 6. 135 Kaufmann, Rechtsschutz, S. 14; ders./Becker, ZWeR 2005, 213 (231 f.). 136 Bornkamm, Zivilrichter, S. 11 f.; ders./Becker, ZWeR 2005, 213 (231 f.) mit mehreren Beispielen.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

nur dann unter Art. 81 Abs. 1 EGV fallen, wenn eine gründliche Marktuntersuchung den Schluss nahelegt, dass die Vereinbarung wahrscheinlich wettbewerbswidrige Auswirkungen auf den Markt hat.137 Dieser Nachweis ist für den privaten Kläger kaum überwindbar.138 b) Nachweismöglichkeiten Die Ermittlungsbefugnisse der Kartellbehörde sind wesentlich effektiver als die Aufdeckungsmöglichkeiten von privaten Verbänden. aa) Behörde Gem. § 32e GWB können das Bundeskartellamt und die Landeskartellämter bei einem Anfangsverdacht139 einzelne Wirtschaftszweige und einzelne Arten von Vereinbarungen untersuchen. Nach § 59 GWB kann die Behörde in Verwaltungsverfahren die erforderliche Auskunft von beteiligten Unternehmen und Vereinigungen oder unbeteiligten Dritten verlangen, sofern kein Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 59 Abs. 5 GWB eingreift. Sie darf Geschäftsunterlagen gem. § 59 Abs. 1 Nr. 3 GWB einsehen und unter den Voraussetzungen des § 59 Abs. 4 GWB Durchsuchungen vornehmen. bb) Private Mit dem Vortrag und Beweis eines kartellrechtlichen Verstoßes ist ein Wirtschaftsverband dagegen überfordert.140 Weil für Unternehmen, die nicht an einer Kartellabsprache beteiligt sind, der Nachweis nur schwer zu erbringen ist, werden sie in Zukunft weiterhin den Weg der Anzeige bei den nationalen Behörden wählen.141

137 Nr. 24 der Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, ABl. EG vom 27.04.2004, Nr. C 101/97. 138 Zu Schadensersatzansprüchen: Kaufmann, Rechtsschutz, S. 14; Bornkamm, Zivilrichter, S. 12; ders./Becker, ZWeR 2005, 213 (231 f.); dazu auch: Schmidt, K., ZEuP 2004, 881 (883). 139 Lange-Immenga, Handbuch, Kap. 9 § 2 Rn. 1468. 140 Halfmeier, Popularklagen, S. 136; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 17; zur Darlegungslast beim Schadensersatzanspruch im GWB: Schmidt, K., Aufgaben, S. 111. 141 Lange-Immenga, Handbuch, Kap. 9 § 2 Rn. 1447.

B. Schuldhafter Verstoß zu Lasten von Abnehmern und Anbietern

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cc) Bindungswirkung gem. § 34a Abs. 5 i.V. m. § 33 Abs. 4 GWB Für die Gewerbeverbände greift eine Erleichterung nach § 34a Abs. 5 i.V. m. § 33 Abs. 4 GWB ein, weil ein Gericht an die dort bezeichneten, bestandskräftigen Vorentscheidungen über einen Kartellverstoß gebunden ist. Die Bindungswirkung gilt für eine Entscheidung einer deutschen Kartellbehörde, der Kommission und der Wettbewerbsbehörde oder des als solches handelnden Gerichts in einem anderen EG-Mitgliedstaat. Sie gilt nicht für zivilrechtliche Entscheidungen, weil diese keine Zuwiderhandlung als solche feststellen.142 Die Tatbestandswirkung bezieht sich allein auf die Feststellung eines Kartellverstoßes.143 Alle weiteren Fragen unterliegen der freien Beweiswürdigung des Gerichts.144 Das gilt insbesondere für die Gewinnerzielung zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern oder Anbietern.145 Die Bindungswirkung erstreckt sich auch nicht auf den Vorsatz.146 Praktische Bedeutung wird die Bindungswirkung jedenfalls für die Vorteilsabschöpfung kaum entfalten.147 In den Fällen, in denen die Behörde nicht ermittelt und der privaten Durchsetzung gerade eine Ergänzungsfunktion zukommen soll, liegen die Voraussetzungen schon nicht vor.148 Wenn die Kartellbehörde dagegen ermittelt und eine Verfügung erlässt, wird sie auch selbst den Vorteil abschöpfen.149 Die Bindungswirkung des § 33 Abs. 4 GWB gilt nicht für § 34 GWB. Dafür besteht kein Bedürfnis.150 Die nationale Behörde, die das Verfahren nach § 34 GWB durchführt, ist auch für das Verfahren wegen des Verstoßes zuständig.151 Und bei Entscheidungen der Kommission muss die deutsche Kartellbehörde über Art. 16 Abs. 2 der VO (EG) 1/2003 von dem Verstoß gegen Art. 81 oder 82 EGV ausgehen.

142

Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34a Rn. 11. BT-DS 15/3640, S. 54. 144 BT-DS 15/3640, S. 54. 145 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 31. 146 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 31; anders dagegen ohne weitere Begründung: Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 6. 147 Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 5; positiver dagegen: Roth, FS Huber, 1133 (1154). 148 Hempel, WuW 2004, 362 (371). 149 Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 5. 150 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 2 f.; anders dagegen: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34 Rn. 7. 151 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 3. 143

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

2. Verschulden Der Verschuldensmaßstab ist bei der behördlichen Anordnung geringer als beim Vorgehen der Verbände. Bezugspunkt für das Verschulden ist der Verstoß, während die Erwirtschaftung eines Vorteils eine objektive Bedingung der Abschöpfung darstellt.152 a) § 34 Abs. 1 GWB: Vorsatz oder Fahrlässigkeit Der Kartellrechtsverstoß muss gem. § 34 Abs. 1 GWB vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden sein. Für das Verschulden gelten die Maßstäbe des allgemeinen Zivilrechts, also für die Fahrlässigkeit entsprechend § 276 Abs. 2 BGB.153 Der Irrtum über tatsächliche Umstände und ein Rechtsirrtum schließen den Vorsatz aus.154 An einen unverschuldeten Rechtsirrtum im Kartellrecht stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen.155 So wird ein Verschulden nur dann verneint, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte.156 Der Handelnde muss alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um die Zulässigkeit seiner Verhaltensweise zu klären.157 Die kartellbehördliche Verfügung dürfte als Indiz für schuldhaftes, ja sogar vorsätzliches Handeln ausreichen.158 Aber Verstöße gegen Verbotsverfügungen werden jedenfalls nach Rechtskraft der Verfügung selten bleiben.159

152

Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 116 [zu § 43 TKG]. Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 13; Lange/BunteBornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 7; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 116 [zu § 43 TKG]. 154 Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 116 [zu § 43 TKG]. 155 BT-DS 15/3640, S. 53; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 13. 156 BT-DS 15/3640, S. 53 mit Verweis auf: BGH, WuW/E BGH 2341 (2344 f.) [„Taxizentrale Essen“]; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 7; daher überholt: OLG Düsseldorf, WuW/E OLG 2167 (2171) [„Nordmende“] [zum Schadensersatzanspruch nach § 35 GWB a. F.]. 157 BT-DS 15/3640, S. 53 f. [zu § 33 Abs. 3 GWB]; Fuchs, WRP 2005, 1384 (1391); Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 7; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 41. 158 Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 8; ähnlich: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 33 Rn. 4. 159 Schmidt, K., Aufgaben, S. 61. 153

B. Schuldhafter Verstoß zu Lasten von Abnehmern und Anbietern

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b) § 34a Abs. 1 GWB: Vorsatz § 34a Abs. 1 GWB beschränkt die Abschöpfung wie § 10 UWG auf Vorsatz.160 Es gilt der zivilrechtliche Vorsatzbegriff, der auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit umfasst.161 Nach Ansicht des Gesetzgebers greife § 34a GWB vor allem bei Verstößen gegen Kernbeschränkungen, wo vorsätzliches Handeln evident sei.162 Das ist jedoch zweifelhaft, weil gerade in diesen Fällen die Kartellbehörde aktiv wird.163

V. Zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern oder Anbietern, § 34a Abs. 1 GWB Weil § 34a GWB nach dem Vorbild des § 10 UWG geschaffen wurde,164 entspricht die Erzielung zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern dem Ergebnis zum 1. Teil, soweit sich keine Besonderheiten ergeben.165 1. Zu Lasten einer Vielzahl Für die Merkmale „zu Lasten einer Vielzahl“ stimmen die Ausführungen in der Gesetzesbegründung166 mit denen zu § 10 UWG überein.167 Deshalb genügen für eine Vielzahl drei bis fünf Abnehmer oder Anbieter.168 Bei Preis-, Gebiets- oder Mengenkartellen kommen Vermutungen in Betracht, dass es sich

160

Dazu auch: BT-DS 15/3640, S. 36. Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 3; Immenga/MestmäckerEmmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 9; Köhler, FS Schmidt, S. 509 (515); Lange/ Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 9. 162 BT-DS 15/3640, S. 55; zustimmend: Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 9; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 9; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 42; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 32. 163 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16.12.2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. EG vom 04.01.2003, Nr. L 1/2, Erwägungsgrund Nr. 3; Bekanntmachung der Kommission über informelle Beratung bei neuartigen Fragen zu den Artikeln 81 und 82 des Vertrags, die in Einzelfällen auftreten (Beratungsschreiben), (2004/C 101/06), ABl. EU vom 27.04. 2004, Nr. C 101/78, Nr. 6; so auch: vzbv, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 8. 164 Siehe: BT-DS 15/3640, S. 55. 165 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 12–15. 166 BT-DS 15/3640, S. 55 f. 167 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 14 f.; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 117; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34a Rn. 2. 168 Köhler, FS Schmidt, S. 509 (516); Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 116; anders dagegen: Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 4. 161

212

2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

nicht gerade um ein Kartell handelt, welches sich gezielt gegen einzelne Abnehmer oder Anbieter richtet.169 2. Abnehmer oder Anbieter In Abweichung zu § 10 Abs. 1 UWG erfasst der Gesetzeswortlaut dagegen ausdrücklich nicht nur Abnehmer, sondern auch Anbieter. a) Abnehmer Abnehmer sollen nach der Gesetzesbegründung nicht nur die unmittelbaren, sondern alle potenziell geschädigten Abnehmer bis hin zum Endabnehmer sein.170 Gemeinsames Ziel der §§ 34, 34a GWB sei die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils des Zuwiderhandelnden, unabhängig davon, auf welcher Marktstufe durch die Zuwiderhandlung der korrespondierende wirtschaftliche Nachteil eingetreten sei.171 Nach dem Ergebnis im 1. Teil erfasst der Abnehmerbegriff des § 10 Abs. 1 UWG ebenfalls jeden Beteiligten, der auf einer dem Zuwiderhandelnden nachgelagerten Marktstufe steht. Der Personenkreis wird nur vom Mitbewerberkreis abgegrenzt. Die Abnehmerbegriffe in § 34a GWB und § 10 UWG sind daher gleichbedeutend. b) Anbieter In Abweichung vom Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 1 UWG erfasst § 34a Abs. 1 GWB zusätzlich zu den Abnehmern auch Anbieter. Die Erweiterung geht auf einen Vorschlag des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zurück und soll lediglich der Klarstellung dienen.172 Für eine Klarstellung ohne inhaltliche Änderung lässt sich anführen, dass bereits der Abnehmerbegriff nach der hier vertretenen Auslegung eine wirtschaftliche Schlechterstellung auf irgendeiner nachgelagerten Marktstufe erfasst. Diese nachgelagerte Marktstufe schließt etwa einen Großhändler ein, der die Waren seinerseits vom Hersteller kauft, und einen Zwischenhändler, der Waren vom Großhändler abnimmt. Dass diese Personen ihrerseits wieder als Anbieter auf einer anderen Marktstufe auftreten, ändert nichts daran, dass sie gegenüber

169

Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 13. BT-DS 15/3640, S. 56; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 8; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 11; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34a Rn. 2. 171 BT-DS 15/3640, S. 56; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 79 f. 172 BT-DS 15/5049, S. 18, 49. 170

B. Schuldhafter Verstoß zu Lasten von Abnehmern und Anbietern

213

dem Zuwiderhandelnden als Abnehmer auftreten. Eine Klarstellung in diesem Sinne hätte keine inhaltliche Änderung zur Folge. Gegen diese enge Auslegung spricht, dass der Wortlaut des Anbieterbegriffs nicht auf Marktstufen, die dem Zuwiderhandelnden nachgelagert sind, beschränkt ist. Hätte der Gesetzgeber den identischen Inhalt wie in der Vorbildregelung des § 10 UWG ausdrücken wollen, wäre nicht zu erklären, warum er die Ergänzung auf § 34a GWB beschränkt. Konsequenterweise hätte auch § 10 UWG angepasst werden müssen, was er nicht beabsichtigt.173 Deshalb sind mit dem Begriff des Anbieters alle Anbieter auf vorgelagerten Marktstufen bis hin zum Hersteller von Vormaterial gemeint.174 Der Anwendungsbereich des § 34a GWB ist deshalb weiter als der des § 10 UWG. Das kann beispielsweise für den Fall des § 20 Abs. 3 GWB bedeutsam werden, wenn marktmächtige Nachfrager ihre Marktstellung dazu ausnutzen, Anbieter aufzufordern, ihnen ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren.175

VI. Zusammenfassung § 34 GWB normiert eine verwaltungsrechtliche Befugnis eigener Art und § 34a GWB einen zivilrechtlichen Anspruch sui generis. Der Kartellbehörde stehen drei Modelle der Gewinnabschöpfung zur Verfügung. Sie kann die Geldbuße gem. § 81 Abs. 5 S. 1 GWB i.V. m. den §§ 17 Abs. 4 S. 1, 30 Abs. 3 OWiG um den daraus gezogenen wirtschaftlichen Vorteil erhöhen. Zweitens kann sie auf eine eigenständige Abschöpfung verzichten und darauf gem. § 81 Abs. 5 S. 2 GWB bei der Zumessung der Geldbuße Rücksicht nehmen. Drittens kann die Behörde bei der reinen Ahndungsgeldbuße den Vorteil ganz unberücksichtigt lassen und vollständig über § 34 GWB abschöpfen. Die Gewerbeverbände sind wie im UWG abschöpfungsberechtigt, qualifizierte Einrichtungen und Kammern dagegen nicht. Eine Analogie zu § 8 Abs. 3 Nr. 3 scheidet aus. Deshalb wird die praktische Bedeutung der Gesamtgläubigervorschriften gering bleiben. Der Abschöpfung nach § 34 GWB steht ein gegenüber der Bußgeldvorschrift des § 30 Abs. 1 OWiG erweiterter Anwendungsbereich zur Verfügung, weil sich auch ein Normverstoß des Erfüllungsgehilfen analog § 278 BGB zurechnen lässt. 173 Referentenentwurf: Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 27.07.2007, S. 6, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http:// www.vzbv.de/mediapics/referentenentwurf_aenderung_uwg_27_07_07.pdf. 174 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34a Rn. 2; wohl auch: Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 7. 175 Köhler, FS Schmidt, S. 509 (515 f.).

214

2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

Wegen der offenen Formulierung erfasst § 34a Abs. 1 GWB im Gegensatz zu § 34 Abs. 1 GWB auch Unternehmensvereinigungen als Schuldner. Für die Zurechnung bei § 34a GWB gelten die §§ 31, 278, 830 Abs. 2 und 831 BGB entsprechend wie bei § 10 UWG. Deshalb ergibt sich ein erweiterter Anwendungsbereich gegenüber § 34 GWB, wobei die Inanspruchnahme von Anstiftern oder Gehilfen daran scheitern wird, dass sie keinen Vorteil erzielt haben. Das Bundeskartellamt vereinnahmt den Vorteil zugunsten des Bundeshaushalts. Der Vorteil, den eine Landeskartellbehörde abschöpft, fließt in den Landeshaushalt, während die Gewerbeverbände in diesen Fällen zugunsten des Bundeshaushalts abschöpfen. Beide Vorschriften erfassen jeden Verstoß gegen eine Vorschrift des deutschen oder europäischen Kartellrechts einschließlich reiner Meldevorschriften. Der Verstoß gegen eine Verfügung der Kartellbehörde hat nur für konstitutive Verfügungen einen eigenständigen Anwendungsbereich. Voraussetzung der Abschöpfung ist die Unanfechtbarkeit dieser Ausgangsverfügung, erster Abschöpfungszeitpunkt bleibt jedoch die Zustellung dieser Verfügung. Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beweislast für die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EGV und des § 2 GWB obliegt demjenigen, der sich auf sie beruft. Hieraus ergibt sich ein Beweislastvorteil gegenüber der Abschöpfung im Bußgeldverfahren, wo die Unschuldsvermutung gilt. Die Ermittlungsbefugnisse der Kartellbehörde sind wesentlich effektiver als die Aufdeckungsmöglichkeiten von privaten Verbänden. Mit dem Beweis eines kartellrechtlichen Verstoßes ist ein Wirtschaftsverband überfordert. Die Bindungswirkung nach § 34a Abs. 5 i.V. m. § 33 Abs. 4 GWB wird für die Vorteilsabschöpfung keine Bedeutung erlangen, weil die Behörde nach einer Unterlassungsverfügung bei vorsätzlichen Verstößen selbst abschöpfen wird. Eine weitere Gefahr für die verstärkte zivilrechtliche Durchsetzung ist die Tendenz, für die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EGV bereits bestimmte Marktstrukturen zu verlangen, die eine Partei des Zivilprozesses nicht ermitteln kann. Die Beschränkung des § 34a GWB auf vorsätzliche Verstöße ist besonders bedenklich, weil Verstöße gegen Kernbeschränkungen, wo vorsätzliches Handeln evident ist, gerade von Kartellbehörden verfolgt werden. Die Merkmale „zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern“ entsprechen denen in § 10 UWG. Zusätzlich sind mit dem Anbieterbegriff auch Marktbeteiligte auf vorgelagerten Marktstufen erfasst.

C. Wirtschaftlicher Vorteil als Abschöpfungsgegenstand

215

C. Wirtschaftlicher Vorteil als Abschöpfungsgegenstand Ein wesentlicher Unterschied zu § 10 UWG ist der kartellrechtliche Abschöpfungsgegenstand, den die §§ 34, 34a GWB als wirtschaftlichen Vorteil und nicht als Gewinn bezeichnen.

I. Wirtschaftlicher Vorteil im Sinne der §§ 34, 34a GWB Der Begriff des wirtschaftlichen Vorteils ist in den §§ 34, 34a GWB nach dem Willen des Gesetzgebers gleich auszulegen.176 Diese Gleichsetzung findet ihre Grenzen in den unterschiedlichen Anrechnungsvorschriften nach den §§ 34 Abs. 2, 34a Abs. 2 GWB. Für die Bestimmung des wirtschaftlichen Vorteils sind die zum Vorteilsbegriff in § 17 Abs. 4 OWiG entwickelten Maßstäbe entsprechend heranzuziehen.177 Der Gesetzgeber bezeichnet beide Begriffe sogar als deckungsgleich.178 Dagegen ist der Begriff des wirtschaftlichen Vorteils in § 43 Abs. 1 TKG keine Auslegungshilfe, obwohl § 43 TKG etwa ein Jahr vor den §§ 34, 34a GWB in Kraft getreten ist. Das liegt bereits daran, dass die Gesetzesbegründung zum TKG keine eigenständigen Regeln zur Begriffsbestimmung aufstellt. Die jetzige Fassung des § 43 Abs. 1 TKG ist das Ergebnis des Vermittlungsausschusses,179 zu dem keine weiteren Verhandlungsprotokolle öffentlich zugänglich sind.180 Außerdem orientiert sich gerade umgekehrt das Gesetzgebungsverfahren des sektorspezifischen Telekommunikationsrechts an der Gesetzeslage im allgemeinen Kartellrecht. So sah der Regierungsentwurf zum TKG vom 09.01. 2004 in § 41 TKG-E noch eine Mehrerlösabschöpfung vor,181 weil sie sich an der Mehrerlösregelung des § 34 GWB a. F.182 anlehnte.183 Die Änderung zur Vorteilsabschöpfung durch den Vermittlungsausschuss war eine Anpassung an den schon damals geplanten § 34 GWB.184 176

BT-DS 15/3640, S. 56. BT-DS 15/3640, S. 55 f., 89; Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 4; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 24, § 34a Rn. 10; Lange-Immenga, Handbuch, Kap. 9 § 3 Rn. 1515; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 10. 178 BT-DS 15/3640, S. 89. 179 BT-DS 15/3063, S. 3. 180 Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 69. 181 BT-DS 15/2316, S. 20. 182 § 34 GWB a. F. enthielt im Zeitpunkt des TKG-Regierungsentwurfs noch die alte Mehrerlösabschöpfung. 183 BT-DS 15/2316, S. 72. 184 Dazu: Riebel, Deutscher Bundesrat, 15. Wahlperiode, 799. Sitzung vom 14. Mai 2004, Plenarprotokoll, S. 231. 177

216

2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

Der wirtschaftliche Vorteil ist durch einen Vergleich der vermögensrechtlichen Gesamtsituation des Betroffenen zu errechnen, wie sie sich durch die Zuwiderhandlung ergeben hat und ohne diese für ihn eingetreten wäre (Saldierungsgrundsatz).185 1. Einnahmen a) Gewinn und Verbesserung der Marktposition In erster Linie umfasst der Begriff des wirtschaftlichen Vorteils den Gewinn.186 Wie bei § 17 Abs. 4 S. 1 OWiG187 und anders als beim Mehrerlös in § 34 GWB a. F. und § 81 Abs. 2 S. 1 GWB a. F. ist darüber hinaus auch ein sonstiger wirtschaftlicher Vorteil, wie die Verbesserung der Marktposition des Täters durch die Ausschaltung oder Zurückdrängung von Wettbewerbern, erfasst.188 Mit der Verbesserung der Marktposition ist die nachhaltige Erhöhung des Unternehmenswertes gemeint.189 Auch die Ersparnis von Aufwendungen beeinflusst die Vermögenssituation positiv.190 b) Mittelbare Vorteile aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG Eine Regelung für mittelbare Vorteile enthält § 17 Abs. 4 OWiG nicht. Mittelbare Vorteile sind solche, die durch einen weiteren Kausalverlauf zugeflossen sind, wie Zinsen und Mieteinnahmen191 oder durch Reinvestition in den Ge185 BT-DS 15/3640, S. 55; Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 4; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 14. 186 Zu § 17 Abs. 4 OWiG: KK-Rogall, OWiG, § 30 Rn. 122; Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 52, 129; dagegen sogar für deckungsgleich mit dem Gewinn: Bartholy, Mehrerlösabschöpfung, S. 13. 187 BT-DS zuV/2600 und 2601, S. 4; Brenner, NStZ 1998, 557 (557 f.); FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 291, 296 f.; Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 40; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 453; KK-Mitsch, OWiG, § 17 Rn. 113, 118; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 17 Rn. 48. 188 BT-DS 15/3640, S. 55; Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 4; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 20; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 9; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34 Rn. 3; Teplitzky, Ansprüche, Kap. 37 Rn. 7. 189 FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 298. 190 Zu § 17 Abs. 4 OWiG: Drathjer, Abschöpfung, S. 62; FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 298; Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 40; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 453; KK-Rogall, OWiG, § 30 Rn. 122; Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 53, 129; Rebmann/Roth/ Herrmann, OWiG, § 17 Rn. 48. 191 Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 54.

C. Wirtschaftlicher Vorteil als Abschöpfungsgegenstand

217

schäftsbetrieb erzielte Vorteile192. Der Gesetzgeber des OWiG ging davon aus, dass mittelbare Vorteile nicht vom Begriff des wirtschaftlichen Vorteils erfasst werden, sondern dadurch berücksichtigt werden können, dass die Geldbuße den Gewinn übersteigen soll.193 Das stimmt mit dem Vorteilsbegriff in § 73 Abs. 1 StGB a. F. überein, wo mittelbare Vorteile nur über § 73 Abs. 2 StGB a. F. berücksichtigt werden konnten.194 Mit unterschiedlichen Argumenten berücksichtigt eine Ansicht dennoch mittelbare Vorteile bei § 17 OWiG analog § 73 Abs. 2 StGB.195 Die Berücksichtigung durch Überschreiten des Vorteils, wie sie der Gesetzgeber vorschlage, vermische Abschöpfungs- und Sanktionsanteile der Geldbuße in unzulässiger Weise.196 Und es entspreche einem unabweisbaren kriminalpolitischen Bedürfnis.197 Jedoch könnten weitere mittelbare Vorteile nicht berücksichtigt werden, weil die Abschöpfung dann ins Uferlose führen und einen Verstoß gegen das Gerechtigkeits- und Verhältnismäßigkeitsgebot bedeuten würde.198 bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB Wie der Gesetzgeber des GWB die Bezugnahme auf § 17 Abs. 4 OWiG verstanden hat, kann hinsichtlich mittelbarer Vorteile unterschiedlich beurteilt werden. Für eine Beschränkung auf unmittelbare Vorteile in den §§ 34, 34a GWB spricht der Wille des Gesetzgebers im Ordnungswidrigkeitenrecht. Und die Gegenargumente bei § 17 Abs. 4 OWiG greifen hier nicht. So besteht keine Gefahr, Abschöpfungs- und Sanktionsanteile zu vermischen, weil es keinen Ahndungsteil gibt. Wie schon bei § 10 UWG spricht der Zweck der Vorteilsabschöpfung dafür, keine mittelbaren Einnahmen zu berücksichtigen. Dem Zuwiderhandelnden wird nur die Zuwiderhandlung vorgeworfen, nicht dagegen, dass er durch weitere Handlungen einen zusätzlichen Vermögenszufluss erzielt hat. Mittelbare Vorteile bleiben deshalb unberücksichtigt.

192

Albrecht, Gewinnabschöpfung, S. 25 (41) [zu § 73 StGB a. F.]. Zur Vorgängervorschrift des § 11 OWiG, die den Begriff des Gewinns enthielt: BT-DS V/1269, S. 53; zustimmend: Bohnert, OWiG, § 17 Rn. 26; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 62; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 17 Rn. 48; Rotberg, OWiG, § 17 Rn. 13. 194 Albrecht, Gewinnabschöpfung, S. 25 (35). 195 Drathjer, Abschöpfung, S. 85; FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 299; Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 39b; Immenga/MestmäckerDannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 453; KK-Rogall, OWiG, § 30 Rn. 123; Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 57, 129. 196 FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 299. 197 Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 39b. 198 Drathjer, Abschöpfung, S. 86. 193

218

2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

c) Rechtmäßiges Alternativverhalten aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG Hypothetische Einnahmen, die der Täter durch einen legalen Einsatz seiner Mittel aller Wahrscheinlichkeit nach gemacht hätte, bleiben unberücksichtigt.199 Nach allgemeinen straf- und ordnungswidrigkeitsrechtlichen Maßstäben darf nur das rechtswidrige Handeln hinweggedacht und nicht ein rechtmäßiges Alternativverhalten hinzugedacht werden.200 Für eine Berücksichtigung hypothetischer Gewinne besteht kein innerer Grund.201 bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB Bei der Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB kann nicht ein strafrechtlicher Maßstab als Begründung herangezogen werden, weil es sich hier um verwaltungs- und zivilrechtliche Abschöpfungen handelt. Ein hypothetisches, rechtmäßiges Alternativverhalten bleibt dennoch wie bei § 17 Abs. 4 OWiG unberücksichtigt.202 Der Zweck der Vorteilsabschöpfung spricht wie auch bei § 10 UWG für die Unbeachtlichkeit.203 Dass der Betroffene seine Ressourcen anderweitig eingesetzt und hieraus einen Gewinn erzielt hätte, spielt keine Rolle,204 weil seine Zuwiderhandlung als solche missbilligt wird. Die Höhe des Anspruchs bemisst sich also nach dem durch den Wettbewerbsverstoß erzielten wirtschaflichen Vorteil,205 ohne dass ein anderes, legales Verhalten hinzuzudenken ist. d) Kartellrechtswidriges Element innerhalb eines Verstoßes aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG Vom Hinzudenken eines legalen Verhaltens zu unterscheiden ist die Fragestellung, die unter dem Problemkreis eines „legalen Sockels“ innerhalb einer Handlung diskutiert wird. Beispielsweise ist die Forderung eines Mietpreises 199 Bohnert, OWiG, § 17 Rn. 27; Drathjer, Abschöpfung, S. 75; FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 303; Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 41b; KK-Rogall, OWiG, § 30 Rn. 125; Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 66, 129; Rebmann/ Roth/Herrmann, OWiG, § 17 Rn. 49; HWiStR-Tiedemann, Gewinnabschöpfung, S. 2; Zippel, Mehrerlös, S. 121; anders dagegen: Peltzer, DB 1977, 1445 (1446). 200 Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 457; KK-Rogall, OWiG, § 30 Rn. 125; Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 66; HWiStR-Tiedemann, Gewinnabschöpfung, S. 2. 201 Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 67. 202 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 20. 203 Siehe oben zu § 10 UWG: 1. Teil F. I. 1. d). 204 Anders dagegen: Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 126 [zu § 43 TKG]. 205 BT-DS 15/3640, S. 56.

C. Wirtschaftlicher Vorteil als Abschöpfungsgegenstand

219

eine einheitliche Handlung, jedoch ist der Mietpreis nur um den Anteil rechtswidrig, um den er den zulässigen Mietpreis überschreitet. In der Praxis sind die Fälle bisher zugunsten eines „legalen Sockels“ gelöst worden. Bei der Überladung eines LKW (z. B. 45 t statt 40 t) oder bei einer Mietpreisüberhöhung (z. B. 120 Euro statt 100 Euro) kann nur der Vorteil aus der Überladung (5 t) oder aus der Mietpreisüberhöhung (20 Euro) abgeschöpft werden.206 In der Literatur wird weiterhin das Beispiel eines Quotenkartells genannt. Mit unterschiedlichen Begründungen wird auch hier die Belieferung eines Stammkunden für beachtlich gehalten und nicht als Vorteil abgeschöpft, soweit der Stammkunde den hypothetischen Wettbewerbspreis zahlt.207 Bei Submissionsabsprachen soll dagegen kein „legaler Sockel“ bestehen, weil die Ausführung des Auftrags ganz auf der verbotenen Absprache beruhe.208 Diese Praxis wird von einer Ansicht in der Literatur abgelehnt,209 weil dem aus einer Ordnungswidrigkeit gezogenen Vorteil ganz der Makel der Rechtswidrigkeit anhafte. Diese Begründung ist allerdings nur eine persönliche Wertung und kein zwingendes Argument. bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB Der Gesetzgeber hat diese Frage in der Begründung zu den §§ 34, 34a GWB nicht ausdrücklich angesprochen. Letztlich handelt es sich wie bei § 17 Abs. 4 OWiG um eine Wertungsfrage.210 Die Gesetzesbegründung, wonach der gesamte Vorteil bislang nach § 17 Abs. 4 OWiG abgeschöpft werden konnte und nun durch § 34 GWB ermöglicht werde,211 spricht eher für eine Übernahme des § 17 Abs. 4 OWiG in seiner bisherigen praktischen Anwendung. Außerdem löst § 34 GWB die Mehrerlösabschöpfung nach § 34 GWB a. F. ab, bei der ebenfalls ein „legaler Sockelbetrag“ anerkannt war. Unter Mehrerlös nach § 34 GWB a. F. wurde der Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen Einnahmen infolge des Verstoßes und den hypothetischen Einnahmen, die der 206 OLG Stuttgart, VRS 46 (1974), 144 (146); zustimmend: FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 304; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 457; HWiStR-Tiedemann, Gewinnabschöpfung, S. 3; Wieser, OWiG, § 17 Rn. 6.1.3.1. 207 FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 304; Immenga/MestmäckerDannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 457; HWiStR-Tiedemann, Gewinnabschöpfung, S. 3. 208 Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 457; HWiStR-Tiedemann, Gewinnabschöpfung, S. 4. 209 Drathjer, Abschöpfung, S. 73, 75; KK-Mitsch, OWiG, § 17 Rn. 120. 210 Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 129 [zu § 43 TKG], die von einem „juristischen Kunstgriff“ unter Vernachlässigung einer dogmatischen Anknüpfung spricht. 211 BT-DS 15/3640, S. 55, 88.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

Handelnde im gleichen Zeitraum ohne einen Verstoß erzielt hätte, verstanden.212 Bei Preiserhöhungen entstehen Mehrerlöse nur, soweit der wettbewerbswidrig zustande gekommene Preis den Marktpreis übersteigt.213 In einer Entscheidung zu Submissionsabsprachen wird der Unterschied zwischen Mehrerlös und wirtschaftlichem Vorteil nach § 17 Abs. 4 OWiG nur darin gesehen, dass der Mehrerlösbegriff enger sei, soweit er bestimmte Vorteile wie die Verbesserung der Marktposition unberücksichtigt lasse, und weiter, soweit er einen Kostenabzug nicht zulasse.214 Hinsichtlich des „legalen Sockels“ sah das Gericht also keinen Unterschied zu § 17 Abs. 4 OWiG. Die Kartellrendite als der wirtschaftliche Vorteil werde daher von der Preisentwicklung ohne den Kartellverstoß beeinflusst. Gleiches soll auch beim Quotenkartell gelten.215 Nach der bisherigen Praxis liegt also sowohl dem Mehrerlösbegriff als auch dem Vorteilsbegriff ein „legaler Sockelbetrag“ zugrunde. Hätte der Gesetzgeber eine Änderung gewollt, hätte er sie ausdrücklich erwähnen müssen. Die Gesetzesbegründung zur 7. GWB-Novelle deutet eine solche Änderung nicht mit dem Hinweis auf den Saldierungsgrundsatz216 an.217 Dort heißt es nur, dass der Vorteil im Vergleich der Gesamtsituation zu errechnen sei, wie sie sich durch die Zuwiderhandlung ergeben habe und ohne diese für den Betroffenen eingetreten wäre.218 Nicht gefolgt werden kann dem weiteren Argument, dass dem Handelnden kein über den Ausgleich hinausgehender und somit strafender Nachteil zugefügt werden soll.219 Der straflose Charakter der Vorteilsabschöpfung hängt nicht von der Berücksichtigung eines „legalen Sockels“ ab. Und der Ansatz, § 17 Abs. 4 OWiG sei ein strafrechtliches und die kartellrechtliche Abschöpfung ein verwaltungsrechtliches Instrumentarium,220 geht bereits fehl, weil die Vorteilsabschöpfung des § 17 Abs. 4 OWiG eben keinen ahndenden Charakter hat, sondern genauso wie § 34 GWB nur abschöpft.

212 BGH, WuW/E BGH 2718 (2719) [„Bußgeldbemessung“]; WuW/E DE-R 1567 (1569) [„Berliner Transportbeton“]; OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 1733 (1740) [„Papiergroßhandel“]; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 16; -Dannecker/Biermann, § 81 Rn. 304; Wiedemann-Klusmann, Handbuch, § 57 Rn. 75. 213 KG, WuW/E OLG 1339 (1352) [„Linoleum“]; KG, WuW/E OLG 2369 (2375) [„Programmzeitschriften“]; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 310. 214 BGH, WuW/E BGH 2718 (2719 f.) [„Bußgeldbemessung“]. 215 BGH, WuW/E DE-R 1567 (1569) [„Berliner Transportbeton I“]. 216 BT-DS 15/3640, S. 55. 217 Anders: Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 31, 126, 128 [zu § 43 TKG]. 218 BT-DS 15/3640, S. 55. 219 Anders dagegen: Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 126, 128 [zu § 43 TKG]. 220 Anders dagegen: Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 128 [zu § 43 TKG].

C. Wirtschaftlicher Vorteil als Abschöpfungsgegenstand

221

Im Ergebnis ist bei den §§ 34, 34a GWB also ein „legaler Sockelbetrag“ anzuerkennen. Beim Preiskartell ist der hypothetische Wettbewerbspreis zu berücksichtigen. Und wirtschaftliche Vorteile bei der Belieferung eines Stammkunden innerhalb eines Quotenkartells entstehen nur, soweit der Preis über dem hypothetischen Wettbewerbspreis liegt. 2. Ausgaben a) Ausdrücklich genannte Abzugsposten aa) Bei der Abschöpfung durch die Behörde (1) Schadensersatzleistungen gem. § 34 Abs. 2 S. 1, 1. Var. GWB Die Anordnungsbefugnis nach § 34 Abs. 1 GWB gilt nicht, soweit der Vorteil durch Schadensersatzleistungen gem. § 34 Abs. 2 S. 1, 1. Var. GWB abgeschöpft ist. Die Beschränkung auf Schadensersatzleistungen entspricht dem Wortlaut der vorherigen Mehrerlösabschöpfung nach § 34 Abs. 4 GWB a. F. und den Erklärungen in der Gesetzesbegründung zur geltenden Fassung.221 Deshalb scheidet eine Erweiterung des § 34 Abs. 2 S. 1 GWB mangels einer planwidrigen Regelungslücke aus.222 Andere geldwerte Ansprüche, etwa bereicherungsrechtliche oder Vertragsstrafeansprüche, sind im Ergebnis nicht abzugsfähig.223 Die Kartellbehörde sollte daher zweckmäßigerweise von der Anordnung der Abschöpfung absehen, bis zu erwartende Schadensersatzansprüche rechtlich geklärt sind.224 (2) Verhängung der Geldbuße oder Anordnung des Verfalls gem. § 34 Abs. 2 S. 1, 2. Var. GWB Eine Abschöpfung ist nach § 34 Abs. 2 S. 1, 2. Var. GWB ausgeschlossen, soweit der Vorteil durch die Verhängung der Geldbuße oder Anordnung des Verfalls abgeschöpft ist. Bußgelder betrifft es nur, soweit sie neben ihrem Sanktionsteil die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils gem. § 81 Abs. 5 GWB bewirken.225 Soweit die Kommission für Verstöße gegen Art. 81 Abs. 1, 82 221

BT-DS 15/3640, S. 55. Anders dagegen: Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 141 [zu § 43 TKG]. 223 Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 141 [zu § 43 TKG]. 224 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 6; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34 Rn. 8; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 146 [zu § 43 TKG]. 225 BT-DS 15/3640, S. 36, 42, 55; Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 6. 222

222

2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

EGV Bußgelder verhängt, die den wirtschaftlichen Vorteil abschöpfen,226 sind sie anzurechnen. bb) Leistungen im Sinne des § 34a Abs. 2 S. 1 GWB bei der Abschöpfung durch die Verbände Auf den Anspruch der Verbände sind nach dem Wortlaut des § 34a Abs. 2 S. 1 GWB alle Leistungen anzurechnen, die der Schuldner aufgrund des Verstoßes erbracht hat. Wie bei § 34 Abs. 2 S. 1, 1. Var. GWB sind auf jeden Fall individuelle Schadensersatzansprüche gem. § 33 Abs. 3 GWB erfasst.227 Gleiches gilt in Übereinstimmung mit dem Willen des Gesetzgebers für sonstige individuelle Ersatzansprüche.228 Deshalb sind auch Schadensersatzansprüche aus einem Vertrag und gem. §§ 823 Abs. 2, 826 BGB abzugsfähig. Darüber hinaus sind wie bei § 10 Abs. 2 S. 1 UWG Nacherfüllungs-, Rückgewähr-, Minderungs- und Bereicherungsansprüche229 erfasst, soweit sie nicht bereits den Umsatzerlös als Einnahme betreffen. (1) Vertragsstrafen, Vergleich, Prozesskosten, Abmahnung Wie bei § 10 Abs. 2 S. 1 UWG230 gelten die folgenden Einschränkungen: Vertragsstrafeansprüche sind nur anrechenbar, wenn die vereinbarte Strafe nicht ausschließlich der Umgehung der Abführung an den Bundeshaushalt dient.231 Kosten aus einer Abmahnung und einer einstweiligen Verfügung sind abzugsfähig, weil keine Missbrauchsgefahr besteht.232 Nicht abzugsfähig sind dagegen Ausgleichszahlungen, die der Schuldner an einen Wirtschaftsverband leistet, damit dieser den Vorteilsanspruch nicht geltend macht.233 Gleiches gilt für Kosten, die der Schädiger für Rechtsstreitigkeiten aufwendet, die er aufgrund der Zuwiderhandlung führt.234 Ansonsten hätte 226 Für ausschließlichen Sanktionscharakter dagegen: FG Rheinland-Pfalz, WuW/E DE-R 1280 (1282) [„Karbon-Kartell“]; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 13. 227 BT-DS 15/3640, S. 36, 55 f.; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 23. 228 BT-DS 15/3640, S. 56. 229 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 24; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 119. 230 Siehe oben: 1. Teil F. I. 2. a) aa). 231 Dagegen ohne Einschränkung: Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 119. 232 Anders dagegen: Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 119. 233 Köhler, FS Schmidt, S. 509 (518). 234 BT-DS 15/3640, S. 56; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 23; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 14; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 119; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 44; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 132 [zu § 43 TKG].

C. Wirtschaftlicher Vorteil als Abschöpfungsgegenstand

223

der Zuwiderhandelnde einen Anreiz, sich auf kostenträchtige Prozesse einzulassen.235 (2) Leistungen an den Staat Der Wortlaut des § 34a Abs. 2 S. 1 GWB sieht keine Einschränkungen hinsichtlich des Empfängers der Leistungen vor. Also können auch Geldstrafen und -bußen als Leistungen an den Staat abzugsfähig sein. Allerdings fällt auf, dass der Staat auch nicht wie in § 10 Abs. 2 S. 1 UWG ausdrücklich als Leistungsempfänger genannt ist. Im Gegensatz zum UWG hebt der Gesetzgeber in der Begründung zum GWB sogar ausdrücklich hervor, dass § 34a Abs. 2 GWB keine Zahlungen an den Staat regeln soll.236 Er weist darauf hin, dass der Anspruch bereits nach § 34a Abs. 1 a. E. GWB ausgeschlossen sei, wenn Zahlungen an den Staat erfolgten, durch die der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft werde. Mit der Bekanntgabe der Anordnung gehe der Anspruch der Verbände nach § 34a Abs. 1 GWB unter.237 Dieser Gedanke erübrigt eine Anrechnungsregel in § 34a Abs. 2 GWB aber nur für den Verfall und den Abschöpfungsteil einer Geldbuße. Für den Ahndungsteil gilt vielmehr wie bei § 10 UWG, dass eine Anrechnung vom Ziel der Abschöpfung geboten ist.238 Der Verstoß hat sich nicht gelohnt, wenn der Vorteil durch den Ahndungsteil einer Geldstrafe oder -buße beseitigt worden ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch einen Vergleich zu § 34 GWB, wo nach § 34 Abs. 2 S. 1 GWB nur der Abschöpfungsteil einer Geldbuße abzugsfähig ist. Dort besteht die Besonderheit, dass die Behörde selbst die Geldbuße erlässt. Mit § 34 GWB wird ihr die Möglichkeit eröffnet, mit dem Bußgeld ausschließlich zu ahnden und den Vorteil statt über § 81 Abs. 5 S. 1 GWB i.V. m. § 17 Abs. 4 S. 1 OWiG im eigenständigen Verwaltungsverfahren abzuschöpfen. Die Behörde soll zwischen diesen Möglichkeiten eine freie Wahl haben. Wird dagegen die gesamte Geldbuße in § 34 GWB angerechnet, muss sie den Vorteil sofort im Bußgeldverfahren abschöpfen, um den als angemessen empfundenen Ahndungsteil nicht zu verringern. Dann wird das Ziel verfehlt, ihr ein zusätzliches Verwaltungsinstrument zu gewähren. Diese Besonderheit besteht bei § 34a GWB nicht, weil die Gläubiger des § 34a GWB keine Abschöpfungsmöglichkeiten mit einer Ahndungsfunktion ha235 BT-DS 15/3640, S. 56; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 23; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 119. 236 BT-DS 15/3640, S. 89. 237 BT-DS 15/3640, S. 55. 238 Im Ergebnis auch: Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 10; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34a Rn. 5.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

ben, die ihnen offen gehalten werden müssen. Der Ahndungsteil einer Geldbuße oder -strafe ist daher entgegen dem Willen des Gesetzgebers gem. § 34a Abs. 2 S. 1 GWB anrechenbar. b) Nettoprinzip aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG Im Ordnungswidrigkeitenrecht wird nur der Nettovorteil abgeschöpft.239 Dem Zuwachs an Vermögenswerten sind die mit der Zuwiderhandlung verbundenen Kosten und sonstigen Aufwendungen des Sanktionsadressaten gegenüberzustellen.240 Abzugsfähig sind die zur Erzielung des Vorteils aufgewendeten Herstellungs- und Betriebskosten, nicht jedoch die Gemeinkosten.241 Dagegen hält es eine Ansicht für vertretbar, seit der Einführung des Bruttoprinzips im Verfall auch dem § 17 Abs. 4 OWiG das Bruttoprinzip zugrunde zu legen.242 Andernfalls sollen Wertungswidersprüche zu § 29a OWiG entstehen.243 Dem ist aber der ausdrücklich geäußerte Wille des Gesetzgebers entgegenzuhalten, der diese Differenz erkannt und eine Anpassung des § 17 Abs. 4 S. 1 OWiG abgelehnt hat.244 bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB Wie bei § 17 Abs. 4 OWiG unterliegt nur der Nettovorteil der Abschöpfung.245 Deshalb sind auch bei den §§ 34, 34a GWB die Einnahmen um Aufwendungen zu reduzieren, die für die Erzielung des Vorteils aufgewendet wer239 Bohnert, OWiG, § 17 Rn. 26, § 30 Rn. 42; Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 38; KK-Rogall, OWiG, § 30 Rn. 122; Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 59; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Cramer/Pananis, Kartellrecht, § 81 Rn. 72; einschränkend hinsichtlich von Tatentgelt: Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 60 f. 240 BGH, WuW/E BGH 2718 (2719 f.) [„Bußgeldbemessung“]; BT-DS zuV/2600 und 2601, S. 4; FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 291, 296, 301; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 319, 452, 455; Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 59 f.; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Cramer/ Pananis, Kartellrecht, § 81 Rn. 72; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 17 Rn. 50; Wieser, OWiG, § 17 Rn. 6.1.3.1. 241 FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 301. 242 Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 38a. 243 Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 38; dazu auch: Bohnert, OWiG, § 30 Rn. 42. 244 BT-DS 11/6623, S. 13 und 12/989, S. 48; ablehnend auch: Bohnert, OWiG, § 30 Rn. 42. 245 Fuchs, WRP 2005, 1384 (1391); Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 76 f.; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 20; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 9.

C. Wirtschaftlicher Vorteil als Abschöpfungsgegenstand

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den.246 Die Ersparnis sonst notwendiger Kosten und andere Verbesserungen der Gesamtsituation sind zu berücksichtigen, während Gemeinkosten außen vor bleiben.247 c) Steuern aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG Steuern für Vorgänge, die zur Erzielung des Vorteils führen, etwa die Umsatzsteuer248 und Lohnsteuer für Dritte249, sind zu berücksichtigen.250 Bei Einkommen- und Ertragsteuern ist nach der Bestandskraft zu differenzieren: Fehlt die Bestandskraft, ist es zulässig und vor dem Hintergrund oft schwieriger steuerrechtlicher Fragen sogar sinnvoll, den Vorteil ohne Berücksichtigung der Einkommen-, Körperschaft- oder Gewerbeertragsteuer in die Geldbuße einzubeziehen.251 Die Berücksichtigung ist dann Sache der Finanzbehörde.252 Nach der Bestandskraft des Steuerbescheids verlangt das Verbot der Doppelbelastung einen Abzug der Steuern bei der Ermittlung des Vorteils. bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB Diese Steuern sind auch bei den §§ 34, 34a GWB abzugsfähig.253

246 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 4; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 26. 247 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 20; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 131 [zu § 43 TKG]. 248 FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 306; Immenga/MestmäckerEmmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 21; -Dannecker/Biermann, § 81 Rn. 455; KKRogall, OWiG, § 30 Rn. 124; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 17 Rn. 52; Wieser, OWiG, § 17 Rn. 6.1.3.1. 249 Drathjer, Abschöpfung, S. 66; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 455; Wieser, OWiG, § 17 Rn. 6.1.3.1. 250 Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 64. 251 Achenbach/Wegner, ZWeR 2006, 49 (59); Drathjer, Abschöpfung, S. 69; FKAchenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 306; Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 43; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 456; KK-Rogall, OWiG, § 30 Rn. 124; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 17 Rn. 49; Wieser, OWiG, § 17 Rn. 6.1.3.1. 252 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 81 Rn. 39; Drathjer, Abschöpfung, S. 69. 253 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 4.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

d) Nachträglicher Wegfall des Vorteils aa) Bei § 17 Abs. 4 OWiG Ob und wie ein nachträglicher Wegfall des Vorteils beachtlich ist, wird bei § 17 Abs. 4 OWiG unterschiedlich gesehen. Soweit der nachträgliche Wegfall Einfluss auf die Ermessensausübung haben soll,254 spielt er für die Bestimmung des Vorteilsbegriffs keine Rolle. Beispielsweise hält eine Ansicht den Wegfall analog den §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB jedenfalls dann für unbeachtlich, wenn die Tat vorsätzlich begangen wurde und der Täter mit einer Erstattung zu rechnen hatte.255 Die Ansichten, die den nachträglichen Wegfall schon bei der Begriffsbestimmung des wirtschaftlichen Vorteils berücksichtigen, beziehen sich nur auf nachträgliche Aufwendungen und die Befriedigung von Ersatzansprüchen Dritter.256 Speziell Ersatzansprüche Dritter sollen nach einer Ansicht anrechenbar sein, soweit sie befriedigt sind.257 Nach anderer Ansicht seien auch unanfechtbar festgesetzte Ansprüche zu berücksichtigen.258 Teilweise wird auf die wahrscheinlich realisierbaren Ersatzansprüche259 oder wie in § 73 Abs. 1 S. 2 StGB auf ihre bloße Existenz260 abgestellt. bb) Übertragung auf die §§ 34, 34a GWB Die Berücksichtigung von Ersatzansprüchen wird in §§ 34 Abs. 2, 34a Abs. 2 GWB abschließend geregelt.261 Weil § 34a Abs. 2 S. 1 GWB die tatsächliche 254 FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 309 (außerhalb von Steuern und Ersatzansprüchen); Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 42 (für Aufwendungen und Steuern); KK-Mitsch, OWiG, § 17 Rn. 121 (wohl nur für Aufwendungen); KK-Rogall, OWiG, § 30 Rn. 128 (allgemeiner Wegfall); Rotberg, OWiG, § 17 Rn. 14 (Ersatzansprüche und sonstiger Wegfall); HWiStR-Tiedemann, Gewinnabschöpfung, S. 5 (allgemeiner Wegfall). 255 KK-Rogall, OWiG, § 30 Rn. 128; unklar zur Art der Berücksichtigung: Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 67 f., 128. 256 Bohnert, OWiG, § 17 Rn. 26 (vorher von Aufwendungen gesprochen) mit Hinweis auf BVerfG, NJW 1990, 1900 (zur Anrechenbarkeit von Steuern); Immenga/ Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 458 (für Ersatzansprüche und Aufwendungen); Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 17 Rn. 51 (für Steuer und Ersatzansprüche). 257 Auch: KK-Mitsch, OWiG, § 17 Rn. 128; Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 70. 258 Drathjer, Abschöpfung, S. 81; FK-Achenbach, Kartellrecht, § 81 GWB 2005 Rn. 307; Göhler/König/Seitz-König, OWiG, § 17 Rn. 42; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Wettbewerbsrecht, § 81 Rn. 458; KK-Rogall, OWiG, § 30 Rn. 127; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 17 Rn. 47. 259 Ferner, OWiG, § 17 Rn. 30. 260 Peltzer, DB 1977, 1445 (1446 f.). 261 Ähnlich: Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 141 [zu § 43 TKG].

C. Wirtschaftlicher Vorteil als Abschöpfungsgegenstand

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Erfüllung von Ersatzansprüchen und § 34 Abs. 2 GWB die tatsächliche Leistungserbringung voraussetzen, werden diese Anforderungen umgangen, wenn die Ersatzansprüche lediglich unanfechtbar festgesetzt werden oder gar entsprechend § 73 Abs. 1 S. 2 StGB nur bestehen müssen. Aufwendungen im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung, die als nachträglicher Wegfall bei § 17 Abs. 4 OWiG teilweise anerkannt werden, werden bei den §§ 34, 34a GWB bereits über den Saldierungsgrundsatz angerechnet. Ein darüber hinausgehender nachträglicher Wegfall bleibt wie bei der Begriffsbestimmung in § 17 Abs. 4 OWiG unbeachtlich. Der Wegfall aus sonstigen Gründen kann nur Einfluss auf die Ermessensausübung der Behörde haben, während die zivilrechtliche Abschöpfung nach § 34a Abs. 1 GWB keine Berücksichtigungsmöglichkeit vorsieht. Insbesondere scheidet ein Wegfall analog § 818 Abs. 3 BGB spätestens wegen der Bösgläubigkeit aus.

II. Nachweismöglichkeiten Der Vorteil muss durch den Verstoß („dadurch“, „hierdurch“) erlangt werden. Das setzt Kausalität im Sinne der conditio-sine-qua-non-Formel voraus, wobei eine Mitursächlichkeit ausreicht.262 1. Anscheinsbeweis für die Frage, ob überhaupt ein Vorteil kausal auf den Verstoß zurückzuführen ist Es liegt nach der Lebenserfahrung die Vermutung nahe, dass die im Rahmen eines Kartells erzielten Preise höher liegen als die im Wettbewerb erreichbaren Marktpreise.263 Das gilt auch für Quotenkartelle, weil dort der Preiswettbewerb außer Kraft gesetzt wird.264 Deshalb erleichtert der Anscheinsbeweis wie bereits im Wettbewerbsrecht den Nachweis, dass ein Vorteil kausal auf den Verstoß zurückzuführen ist. 2. Die Höhe des Vorteils Die Höhe des Vorteils hängt von der hypothetischen Situation ab, wie sie sich ohne den Verstoß für den Betroffenen ergeben hätte. Auch wenn kein hypothetisches Alternativverhalten hinzugedacht werden darf, ist doch ein „legaler 262 Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 134 [zu § 43 TKG]; ungenau zur Mitursächlichkeit: Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 16. 263 BGH, WuW/E DE-R 1567 (1569) [„Berliner Transportbeton I“]; Basedow, Zivilverfahren, S. 353 (360). 264 BGH, WuW/E DE-R 1567 (1569) [„Berliner Transportbeton I“].

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

Sockelbetrag“ zu beachten. Art und Umfang der beeinträchtigten Preisbildung werden durch Vergleich des tatsächlichen Preises mit dem Marktpreis, der bei funktionsfähigem Wettbewerb erzielt worden wäre, ermittelt.265 Wie bei der Berechnung eines Schadensersatzanspruchs ist der hypothetische Wettbewerbspreis anhand unterschiedlicher Methoden zu ermitteln,266 was die gleichen Schwierigkeiten bereitet wie beim Schadensersatz.267 Daher ist die Berechnung des Vorteils nicht zwangsläufig schwieriger als die des Schadens aufseiten des Gläubigers.268 Sie ist sogar leichter, weil im Gegensatz zum Schadensrecht eine hypothetisch abgesetzte Menge unbeachtlich ist.269 Vorteile aus solchen Geschäften betreffen nicht den „legalen Sockelbetrag“ der tatsächlich getätigten Geschäfte, sondern die Frage eines rechtmäßigen Alternativverhaltens, das nur im Schadensersatzrecht zu beachten ist. Im seltenen Fall einer vorausgehenden Untersagungsverfügung wegen missbräuchlicher Preisüberhöhung nach § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB kann ihr die Grenze entnommen werden, ab der die Behörde einen Preis als missbräuchlich ansieht.270 3. Schätzung a) Normierung in § 34 Abs. 4 S. 1 GWB Wenn feststeht, dass überhaupt ein wirtschaftlicher Vorteil erzielt wurde,271 kann die Kartellbehörde die Höhe des Vorteils gem. § 34 Abs. 4 S. 1 GWB schätzen. Bei der Schätzung sind dieselben Gesichtspunkte und Tatsachen wie bei der Regelberechnung zu berücksichtigen,272 einschließlich der Höhe der möglichen Abzugsposten.273 Lediglich die Strenge des Nachweises für diese Tatsachen ist 265

BGH, NJW 1992, 921 (922) [zum Submissionskartell]. Siehe oben: 2. Teil A. I. 2. b). 267 Siehe oben: 2. Teil A. II. 268 vzbv, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 8. 269 Anders dagegen: Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 30, 32; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34 Rn. 3. 270 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 30. 271 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 5; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 27; Kling/Thomas, Kartellrecht, § 21 Rn. 28 Fn. 60; Lange-Lange, Handbuch, Kap. 6 § 1 Rn. 762. 272 BT-DS 8/3690, S. 28 [zu § 37b GWB a. F.]; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 14. 273 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 5; Kling/Thomas, Kartellrecht, § 21 Rn. 28. 266

C. Wirtschaftlicher Vorteil als Abschöpfungsgegenstand

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geringer.274 Voraussetzung ist, dass sich der tatsächliche Vorteil auf andere Weise nicht mit Sicherheit ermitteln lässt.275 Vorrangig muss der Vorteil also auch unter Hinzuziehung eines Sachverständigen konkret ermittelt werden.276 b) Bei § 34a GWB analog § 287 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 ZPO Auch wenn § 34a GWB im Gegensatz zu den §§ 33 Abs. 3 S. 1, 34 Abs. 4 S. 1 GWB die Schätzung nicht ausdrücklich ermöglicht, gelten wegen der übereinstimmenden Gesetzesbegründung277 die Ausführungen zu § 10 UWG. Das Gericht kann die Höhe des wirtschaftlichen Vorteils analog § 287 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 ZPO schätzen.278 c) Bleibende Schwierigkeiten Die Schätzungsbefugnis beseitigt nicht alle praktischen Ermittlungsschwierigkeiten. Denn selbst die erforderlichen Schätzungsgrundlagen279 können oft nicht ermittelt werden. Die über den Gewinnbegriff hinausgehenden Einnahmen wie eine Verbesserung der Marktposition werden praktisch kaum nachweisbar sein.280 Die Wirkung von Werbemaßnahmen auf andere als die beworbenen Produkte wird sich selbst im Wege der Schätzung kaum beziffern lassen.281 Auch bei Kampfpreisunterbietungen gem. § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB, wo Verluste mit den erhofften Gewinnen aus der Verdrängung bestimmter Konkurrenten zu saldieren sind, werden ausreichende Maßstäbe fehlen.282

274 BT-DS 8/3690, S. 28 [zu § 37b GWB a. F.]; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 14; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 152 f., 159 [zu § 43 TKG]; Zippel, Mehrerlös, S. 140 [zu § 287 ZPO]. 275 BT-DS 8/3690, S. 28 [zu § 37b GWB a. F.]; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 152 [zu § 43 TKG]. 276 Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 152 [zu § 43 TKG]; dazu auch: BT-DS 15/ 3640, S. 78. 277 BT-DS 15/3640, S. 56, 89. 278 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 11; Lange/BunteBornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 13; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 43. 279 BT-DS 15/3640, S. 78 [zu § 34a GWB]; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 27, 29; Köhler, FS Schmidt, S. 509 (511); Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34 Rn. 4; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 153 f. [zu § 43 TKG]. 280 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 29; Wieser, OWiG, § 17 Rn. 6; kritisch auch: Dreher, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 84 f. 281 BKartA, WuW/E DE-V 911 (916) [„Fotoarbeitstasche“; zu § 81 Abs. 2 GWB a. F.]. 282 BKartA, WuW/E DE-V 911 (916) [„Fotoarbeitstasche“]; Immenga/MestmäckerEmmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 31.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

III. Rückerstattungen nach den §§ 34 Abs. 2 S. 2, 34a Abs. 2 S. 2 GWB Die Rückerstattung nach § 34 Abs. 2 S. 2 GWB setzt im Gegensatz zur bisherigen Mehrerlösabschöpfung nach § 34 Abs. 4 S. 2 GWB a. F. keine rechtskräftige Entscheidung über die Leistungspflicht des Schuldners voraus. Jedoch wird im Rückerstattungsverfahren geprüft, ob der tatsächlichen Leistung ein Anspruch im Sinne des Absatzes 2 zugrunde lag.283 § 34a Abs. 2 S. 2 GWB erklärt § 34 Abs. 2 S. 2 GWB für entsprechend anwendbar. Weil die anrechenbaren Ansprüche in § 34a Abs. 2 S. 1 GWB umfassender sind als in § 34 Abs. 2 S. 1 GWB, kann es sich insoweit nur um eine Rechtsfolgenverweisung handeln. Die Rückerstattung erfolgt nicht durch den Verband,284 sondern durch den Empfänger des Geldes.285 In der Praxis wickelt das Bundeskartellamt die Rückzahlung aus dem Bundeshaushalt ab.

IV. Zusammenfassung Der wirtschaftliche Vorteil in den §§ 34, 34a GWB richtet sich nach dem Vorteilsbegriff in § 17 Abs. 4 OWiG. Neben dem Gewinn wird auch ein sonstiger wirtschaftlicher Vorteil, wie die Verbesserung der Marktposition, erfasst. Mittelbare Vorteile und ein hypothetisches, rechtmäßiges Alternativverhalten bleiben unberücksichtigt. Dagegen ist ein „legaler Sockelbetrag“ anzuerkennen, weil innerhalb einer einheitlichen Handlung nur der unlautere Anteil maßgeblich ist. Die Ausschlussgründe nach § 34 Abs. 2 S. 1 GWB betreffen nur Schadensersatzleistungen, Anordnungen des Verfalls und den Abschöpfungsteil einer Geldbuße oder -strafe. Auf den Anspruch der Verbände sind dagegen gem. § 34a Abs. 2 S. 1 GWB alle Leistungen anzurechnen, die der Schuldner aufgrund des Verstoßes erbracht hat. Dazu zählen wie bei § 10 Abs. 2 S. 1 UWG neben individuellen Schadensersatzansprüchen auch Nacherfüllungs-, Rückgewähr-, Minderungs- und Bereicherungsansprüche sowie Kosten aus einer Abmahnung oder einstweiligen Verfügung. Selbst der Ahndungsteil einer Geldbuße oder -strafe ist entgegen dem Willen des Gesetzgebers gem. § 34a Abs. 2 S. 1 GWB anrechenbar. Wie bei § 10 283 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34 Rn. 9; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 146 [zu § 43 TKG]. 284 So aber: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34a Rn. 6 f. 285 Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 120; Roth, FS Huber, 1133 (1148).

D. Weitere Besonderheiten, insbesondere Beschränkungen

231

Abs. 2 S. 1 UWG sind Vertragsstrafeansprüche jedoch nur anrechenbar, wenn sie nicht der Umgehung der Abführung an den Bundeshaushalt dienen. Nicht abzugsfähig sind Ausgleichszahlungen, die der Schuldner an einen Wirtschaftsverband leistet, und Kosten für Rechtsstreitigkeiten. Weil der Vorteilsbegriff nur den Nettovorteil erfasst, sind bei den §§ 34, 34a GWB Herstellungs- und Betriebskosten sowie Steuern abzugsfähig. Ein nachträglicher Wegfall des Vorteils kann dagegen nur Einfluss auf die Ermessensausübung der Behörde haben, während die zivilrechtliche Abschöpfung keine Berücksichtigungsmöglichkeit vorsieht. Wie bei § 10 UWG erleichtert der Anscheinsbeweis den Nachweis, dass ein Vorteil kausal auf den Verstoß zurückzuführen ist. Die Höhe des Vorteils kann von der Kartellbehörde nach § 34 Abs. 4 S. 1 GWB und vom Zivilgericht analog § 287 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 ZPO geschätzt werden. Dennoch bleibt die Ermittlung des hypothetischen Wettbewerbspreises ein wesentliches Problem des Kartellrechts. Im Rückerstattungsverfahren nach § 34 Abs. 2 S. 2 GWB wird geprüft, ob der tatsächlichen Leistung ein anrechnungsfähiger Anspruch zugrunde liegt.

D. Weitere Besonderheiten, insbesondere Beschränkungen I. Verfolgung durch die Gewerbeverbände nach § 34a GWB 1. Prozessuale Folgen der Gläubigermehrheit Parallelklagen verschiedener Verbände sind möglich,286 weil es sich um unterschiedliche Streitgegenstände handelt. Gegenüber § 10 UWG ist eine mehrfache Geltendmachung des § 34a GWB jedoch unwahrscheinlicher287 und kann in den Bereich der Utopie verwiesen werden,288 weil vorrangig das Bundeskartellamt zuständig ist und die private Verfolgungsberechtigung auf Gewerbeverbände beschränkt wird.

286 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 7; Immenga/MestmäckerEmmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 26; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34a Rn. 9. 287 Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 4; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 122; allgemein zur geringen Bedeutung privater Kartellrechtsdurchsetzung: Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, Anh. 2 VO 1/2003, Rn. 1; Mäsch, EuR 2003, 825 (828). 288 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 25.

232

2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

2. Verjährungsunterbrechung gem. § 34a Abs. 5 i.V. m. § 33 Abs. 5 GWB Es gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gem. §§ 195, 199 Abs. 1 und 4 BGB.289 Ein Anwendungsbereich der Verjährungsunterbrechung gem. § 34a Abs. 5 i.V. m. § 33 Abs. 5 S. 1 GWB ist nicht erkennbar, weil die Behörde bei einem vorausgehenden Untersagungsverfahren die eigenen Abschöpfungsinstrumente anwenden wird, soweit sie Erfolg versprechen. 3. Streitwertanpassung gem. § 89a GWB Mit der 7. GWB-Novelle ist in Anlehnung an § 23b UWG a. F.290 die Möglichkeit einer einseitigen Streitwertanpassung unabhängig von den Erfolgsaussichten291 eingeführt worden.292 Bei den streitwertabhängigen Kosten führt § 89a GWB zu einer Art Erfolgshonorar für den Anwalt des Streitwertbegünstigten.293 Nur wenn der Begünstigte obsiegt, kann dessen Anwalt von der gegnerischen Seite gem. § 89a Abs. 1 S. 5 GWB seine nach dem nicht verringerten Ausgangsstreitwert bemessenen Gebühren verlangen.294 Voraussetzung des § 89a Abs. 1 S. 1 GWB ist, dass eine Partei gem. § 294 ZPO glaubhaft macht, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert295 ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde. Dadurch entsteht ein Spannungsverhältnis zu der Anforderung an Gewerbeverbände gem. § 33 Abs. 2 GWB, finanziell in der Lage sein zu müssen, Prozesskosten von Verfahren auch mit höherem Streitwert zu tragen.296 289 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 16; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 17; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 127. 290 BT-DS 15/3640, S. 69; FK-Grave, Kartellrecht, § 89a GWB 2005 Rn. 1; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Dicks, Kartellrecht, § 89a Rn. 1. 291 FK-Grave, Kartellrecht, § 89a GWB 2005 Rn. 19; Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, § 89a Rn. 8; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Dicks, Kartellrecht, § 89a Rn. 4; so schon zu § 23a UWG a. F.: BGH, GRUR 1994, 385 [„Streitwertherabsetzung“]. 292 Zur Verfassungsmäßigkeit siehe etwa: FK-Grave, Kartellrecht, § 89a GWB 2005 Rn. 4–8. 293 BT-DS 15/3640, S. 69; FK-Grave, Kartellrecht, § 89a GWB 2005 Rn. 25; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Dicks, Kartellrecht, § 89a Rn. 1; vgl. schon: Pastor, WRP 1965, 271 (279) [zu § 23a UWG a. F.]; restriktiv daher: Schmidt, K., Aufgaben, S. 107. 294 BT-DS 15/3640, S. 69; FK-Grave, Kartellrecht, § 89a GWB 2005 Rn. 24 f.; Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, § 89a Rn. 21. 295 Nur die Kosten der jeweiligen Gerichtsinstanz: FK-Grave, Kartellrecht, § 89a GWB 2005 Rn. 17; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Dicks, Kartellrecht, § 89a Rn. 7; indirekt auch: Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, § 89a Rn. 11; dagegen für die Kosten des gesamten Rechtszugs: Pastor, WRP 1965, 271 (277) [zu § 23a UWG a. F.]. 296 BGH, GRUR 1994, 385 [zum UWG]; von Moltke, Rechtsschutz, S. 71.

D. Weitere Besonderheiten, insbesondere Beschränkungen

233

Einer Missbrauchsgefahr wird dadurch begegnet, dass die Anordnung der Streitwertherabsetzung im Ermessen des Gerichts steht.297 Außerdem bleibt das Kostenrisiko als Abwägungsmaßstab für eine Klage zunächst bestehen,298 weil der Rechtsstreit anhängig sein muss, bevor der Antrag gestellt werden kann.299 Zudem wirkt sich die Herabsetzung nur auf die streitwertabhängigen Prozesskosten aus, also nicht auf die Auslagen des Gerichts und der Rechtsanwälte,300 was gerade bei kostspieligen Sachverständigengutachten im Kartellrecht ins Gewicht fällt.301 Daher wird die praktische Bedeutung dieser begrüßenswerten302 Neuregelung für § 34a GWB gering sein.303 4. Rechte und Pflichten des Bundeskartellamtes nach § 34a Abs. 4 GWB a) Auskunftsanspruch des Bundeskartellamtes gem. § 34a Abs. 4 S. 1 GWB und Meldepflicht der Verbände § 34a Abs. 4 GWB entspricht der Regelung in § 10 Abs. 4 UWG. Die Gläubiger haben dem Bundeskartellamt über die Geltendmachung von Ansprüchen nach Abs. 1 Auskunft zu erteilen. Der Umfang richtet sich nach den Informationsbedürfnissen des Bundeskartellamtes.304 Wie bei § 10 UWG ist der Gläubiger aus eigener Initiative verpflichtet, das Bundeskartellamt zu informieren, sobald er einen Anspruch außergerichtlich erhebt.305 Dafür spricht neben den Argumenten, die bei § 10 UWG 297

Im Ergebnis auch: BT-DS 15/3640, S. 69; Hempel, WuW 2004, 362 (373). Anders: Stellungnahme des Gesamtverbandes Textil + Mode zum Grünbuch „Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“ der EU-Kommission vom 19.04.2006, S. 6, zuletzt abgerufen am 08.11.2007 unter: http://ec. europa.eu/comm/competition/antitrust/actionsdamages/sp_de.pdf; Stellungnahme des VCI zum Grünbuch „Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“ der EU-Kommission vom 22.03.2006, S. 15, zuletzt abgerufen am 08.11.2007 unter: http://ec.europa.eu/comm/competition/antitrust/actionsdamages/sp_de.pdf. 299 FK-Grave, Kartellrecht, § 89a GWB 2005 Rn. 9. 300 FK-Grave, Kartellrecht, § 89a GWB 2005 Rn. 22. 301 FK-Grave, Kartellrecht, § 89a GWB 2005 Rn. 22; vgl. schon: Pastor, WRP 1965, 271 (276, 279) [zu § 23a UWG a. F.]; Tetzner, NJW 1965, 1944 (1947) [zu § 23a UWG a. F.]. 302 Hempel, WuW 2004, 362 (373); Kaufmann, Rechtsschutz, S. 51; Köck/Biernath/ Ngernwatthana/Drews, Kartellrecht, S. 109 (140); früh schon dafür: Schmidt, K., Aufgaben, S. 106, 130, 136. 303 Offen gelassen von: FK-Grave, Kartellrecht, § 89a GWB 2005 Rn. 3. 304 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 12; für eine enge Abstimmung über § 34a Abs. 4 S. 1 GWB hinausgehend: Böge, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 64. 305 So auch: Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 12; Immenga/ Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 27. 298

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

gelten, auch die Subsidiarität gegenüber § 34 GWB.306 Die Informationspflicht sichert der Behörde die Möglichkeit, von ihren Abschöpfungsmöglichkeiten nach den §§ 34, 81 Abs. 5 S. 1 GWB i.V. m. § 17 Abs. 4 OWiG Gebrauch zu machen. Umgekehrt können die Gläubiger ihrerseits vom Bundeskartellamt Auskunft über anderweitige Abschöpfungsverfahren erhalten.307 Weil ihr Abschöpfungsanspruch erlischt, wenn die Behörde den Vorteil abschöpft, muss den Gläubigern auch ein Informationsrecht über das behördliche Vorgehen gewährt werden. Deswegen haben die Verbände ein gegenüber § 10 UWG gesteigertes eigenes Interesse, sich vorab bei der zuständigen Kartellbehörde zu erkundigen.308 Auf diese Weise können sie zudem erfahren, weshalb die zuständige Kartellbehörde von ihrem Aufgreifermessen absieht.309 b) Aufwendungserstattung nach § 34a Abs. 4 S. 2 und 3 GWB Nach § 34a Abs. 4 S. 2 GWB besteht ein subsidiärer Aufwendungsersatzanspruch gegenüber dem Bundeskartellamt, soweit die Verbände vom Schuldner keinen Ausgleich erlangen können. Wie bei § 10 Abs. 4 S. 2 UWG sind Prozessführungskosten in der Höhe des Unterliegens als nicht erforderlich anzusehen.310 Machen mehrere Gläubiger den Anspruch geltend, sind ihre Aufwendungen entsprechend § 10 Abs. 3 UWG i.V. m. § 430 BGB zu gleichen Anteilen von der zuständigen Stelle des Bundes zu befriedigen.311 Allen Gläubigern steht dabei der gesamte abgeführte Gewinn zur Verfügung, weil die Erstattung der Aufwendungen nicht auf den Teilgewinn begrenzt ist, der vom jeweiligen Gläubiger erfolgreich geltend gemacht wurde.312 Das Bundeskartellamt kann den Aufwendungsersatz davon abhängig machen, dass ihm Zug um Zug die bestehenden Kostenerstattungsansprüche des Gläubigers gegenüber dem Schuldner abgetreten werden.313 Jedoch besteht hierfür kein praktisches Bedürfnis, weil der Gläubiger alle erforderlichen und zumutba-

306

Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 12. Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34a Rn. 27. 308 Ähnlich: BT-DS 15/3640, S. 55; Köhler, FS Schmidt, S. 509 (518). 309 Böge, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9) 1333 vom 17.09.2004, S. 64. 310 BT-DS 15/3640, S. 78; anders dagegen: Loewenheim/Meessen/RiesenkampffRehbinder, Kartellrecht, § 34a Rn. 4, 7. 311 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 14; Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 123. 312 Anders: Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34a Rn. 14. 313 Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 15. 307

D. Weitere Besonderheiten, insbesondere Beschränkungen

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ren Durchsetzungsversuche erfolglos durchführen muss, bevor er gem. § 34a Abs. 4 S. 2 GWB vom Schuldner keinen Ausgleich verlangen kann. Ein Missbrauch der Erstattungsregelung ist wegen der Begrenzung auf erforderliche Aufwendungen unwahrscheinlich.314 Insbesondere haben es die Verbände nicht allein in der Hand, ihre Verwaltungskosten in die Höhe zu treiben.315 Das Fehlen einer allgemeinen Missbrauchsregelung wie in § 8 Abs. 4 UWG316 hat inhaltlich keine Auswirkungen, weil die Fallgruppen durch § 242 BGB erfasst werden.317 Außerdem gewährleisten die Anforderungen des § 33 Abs. 2 GWB an die Verbandsbefugnis eine gewisse Seriosität.318 Dagegen steigt die Gefahr des „Ablasshandels“319 gegenüber § 10 UWG in den Fällen, die von der Kartellbehörde wegen ihrer Schwerpunktsetzung nicht aufgegriffen werden. Denn der Gläubigerkreis des § 34a GWB ist wesentlich kleiner mit der Folge, dass für den Schuldner ein geringeres Risiko besteht, von einem anderen Verband in Anspruch genommen zu werden.

II. Abschöpfung durch das Bundeskartellamt nach § 34 GWB 1. Rechtsweg und Streitwertbegrenzung Die Abschöpfungsverfügung nach § 34 GWB ergeht im Verwaltungsverfahren gem. §§ 54 bis 61 GWB. Über die Beschwerde entscheidet gem. § 63 Abs. 4 S. 1 GWB ausschließlich das für den Sitz der Kartellbehörde zuständige Oberlandesgericht. Eine Streitwertbegrenzung oder -anpassung sieht das Kartellverwaltungsverfahren nicht vor.320

314 Skeptisch dagegen: Becher (BDI), BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Wortlautprotokoll 15/67 vom 20.09.2004, S. 5, 10; Böge, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 64; DaimlerChrysler Services AG Berlin (BDI), BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 32; Dreher, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Wortlautprotokoll 15/67 vom 20.09.2004, S. 12. 315 So aber: DaimlerChrysler Services AG Berlin (BDI), BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 32. 316 Das bemängelt: Dreher, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Wortlautprotokoll 15/67 vom 20.09.2004, S. 12. 317 Dazu oben: 1. Teil C. IV. 2. 318 Das gibt auch zu: Dreher, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Wortlautprotokoll 15/67 vom 20.09.2004, S. 12. 319 Dreher, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Wortlautprotokoll 15/67 vom 20.09.2004, S. 12. 320 FK-Grave, Kartellrecht, § 89a GWB 2005 Rn. 2.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

2. Zeitliche Begrenzung nach § 34 Abs. 5 GWB Die Abschöpfung kann gem. § 34 Abs. 5 GWB nur innerhalb einer Frist von bis zu fünf Jahren seit Beendigung der Zuwiderhandlung und längstens für einen Zeitraum von fünf Jahren angeordnet werden. a) Innerhalb von fünf Jahren Aus der Verweisung des § 34 Abs. 5 S. 2 GWB auf § 81 Abs. 9 GWB und § 33 OWiG ergibt sich, dass der Gesetzgeber eine Verfolgungsverjährung geregelt hat.321 Die Verweisung zur Unterbrechung der Verjährung beschränkt sich allerdings auf Ermittlungshandlungen der Kommission oder Wettbewerbsbehörden anderer EG-Mitgliedstaaten,322 während die eigenen Ermittlungen der Behörde nicht zu einer Verlängerung führen.323 Der Einordnung als Verjährungsfrist steht nicht entgegen, dass die Vorteilsabschöpfung nur innerhalb dieser Frist angeordnet werden darf. Ob damit zugleich die Abschöpfungsbefugnis materiellrechtlich erlischt324 oder nur die Verfolgung ausgeschlossen ist, hat keine praktische Bedeutung.325 Denn unabhängig davon muss die Behörde im Verwaltungsverfahren auch ein Verfolgungshindernis von Amts wegen berücksichtigen. Der Zeitraum von fünf Jahren beginnt mit der Beendigung der Zuwiderhandlung. Die Zuwiderhandlung erfasst den Verstoß nach § 34 Abs. 1 GWB, der nicht von der Erzielung eines Vorteils abhängt. Daher kann die Beendigung der Handlung bereits vor dem Ende der Vorteilserzielung eintreten. Eine Begrenzung unabhängig vom Zeitpunkt des letzten erzielten Vorteils ist keine Besonderheit des § 34 GWB, sondern auch das Ergebnis bei § 34a GWB und § 10 UWG. Dort hängt die Verjährungsfrist von der Anspruchsentstehung ab, die bereits mit der Zuwiderhandlung und einer ersten Vorteils- oder Gewinnerzielung zu bejahen ist. Die behördliche Abschöpfung über § 34 GWB bietet keinen zeitlichen Voroder Nachteil gegenüber dem Bußgeldverfahren, weil die Verfolgung als Ordnungswidrigkeit ebenfalls gem. § 81 Abs. 8 S. 2 OWiG in fünf Jahren verjährt.

321

BT-DS 15/3640, S. 55; Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 8. Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 8; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34 Rn. 5. 323 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 8; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 17. 324 Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 155 [zu § 43 TKG]. 325 Offen gelassen, ob die strafrechtliche Verjährung eine materiellrechtliche Bedeutung hat: BVerfGE 25, 269 (293 f.). 322

D. Weitere Besonderheiten, insbesondere Beschränkungen

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Auch dort beginnt der Fünfjahreszeitraum gem. § 81 Abs. 8 S. 1 GWB i.V. m. § 31 Abs. 3 S. 1 OWiG mit der Beendigung der Handlung. Unterschiede ergeben sich aber gegenüber der Verjährung der Verbandsansprüche, weil § 34a Abs. 1 GWB in drei Jahren verjährt. Diese Dreijahresfrist kann im Einzelfall früher oder später als die Fünfjahresfrist der Behörde ablaufen, weil es dort auf den Zeitpunkt der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ankommt. Ohne Rücksicht auf Kenntnis verjähren sie erst in zehn Jahren gem. § 199 Abs. 4 BGB. b) Für einen Zeitraum von fünf Jahren Nach der zweiten Fünfjahresfrist in § 34 Abs. 5 S. 1 GWB kann die Abschöpfung längstens für fünf Jahre angeordnet werden. Diese Frist ist materieller Natur.326 Bedeutsam wird sie bei lange anhaltenden Verstößen, weil hier die Verfolgungsverjährung noch nicht beginnt. Das Ende des Fünfjahreszeitraums ist festgelegt durch die letzte Vorteilserzielung, die der Abschöpfungsanordnung vorausgeht.327 Sollte die Vorteilserzielung länger als fünf Jahre angedauert haben, ist die Behörde an den letzten Zeitraum gebunden.328 3. Härtefälle nach § 34 Abs. 3 GWB Soweit die Abschöpfung eine unbillige Härte wäre oder der Vorteil gering ist, soll die Abschöpfung gem. § 34 Abs. 3 GWB unterbleiben. Der Anwendungsbereich ist mangels jeglicher Praxis unklar.329 Eine unsichere Rechtslage allein kann nicht ausreichen.330 Gleiches gilt für den Fall, dass die Existenz des Unternehmens durch die Abschöpfung gefährdet ist.331 Auch wenn das primäre Ziel der Abschöpfung nicht die Liquidation von Unternehmen ist,332 ist es umgekehrt nicht Aufgabe des Kartellrechts, sich schützend vor Gesetzesübertreter zu stellen. Insofern kann auch keine Parallele zu § 73c StGB gezogen werden, wo eine unbillige Härte angenommen wird, wenn dem Täter auf Jahre hinaus 326

Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 9. Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 9; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 39. 328 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 9; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 39; wohl auch: Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 18. 329 Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 36. 330 Anders: Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 36. 331 Schon früher so: Linder, Privatklage, S. 61; dagegen als mögliches Beispiel genannt von: BT-DS 8/2136, S. 26; Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 34 Rn. 7; Kling/Thomas, Kartellrecht, § 21 Rn. 29; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff-Rehbinder, Kartellrecht, § 34 Rn. 6. 332 Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 148 [zu § 43 TKG]. 327

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

die Lebensgrundlage entzogen würde.333 Denn einer natürlichen Person sichert der Sozialstaat ein Existenzminimum und gibt ihr einen Anspruch auf Sozialhilfe, während ein solches Sozialsystem für Unternehmen fehlt. Um die Vorteilsabschöpfung nicht auszuhöhlen, ist ein Härtefall eng auszulegen und verlangt einen atypischen Fall.334 Denkbar ist ein Härtefall allenfalls beim Vorliegen mehrerer Gründe, etwa wenn ein Unternehmen in einem vermeidbaren Verbotsirrtum fahrlässig gehandelt hat und durch die Abschöpfung von der Insolvenz bedroht würde. Allein die Tatsachen, dass dem Unternehmer erhebliche Kosten entstanden sind, die den Vorteil nahezu aufwiegen, oder der Unternehmer den Vorteil unentgeltlich weitergegeben hat, können der Abschöpfung weder als Härtefall noch wegen Geringfügigkeit entgegenstehen.335 Dadurch würde die beschränkte Anrechenbarkeit von Kosten und Ersatzansprüchen nach dem Vorteilsbegriff und gem. § 34 Abs. 2 GWB unterlaufen. Ob ein Vorteil gering im Sinne von § 34 Abs. 3 S. 2 GWB ist, beurteilt sich nach dem Verwaltungsaufwand der Kartellbehörde, weil sie von Bagatellfällen entlastet werden soll.336 Die private Vorteilsabschöpfung nach § 34a GWB wird nicht durch eine entsprechende Härteklausel beschränkt. Hier greift der allgemeine Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO. 4. Abschöpfungs- und Zahlungsanordnung, § 34 Abs. 1 GWB § 34 Abs. 1 GWB ermächtigt die Kartellbehörde, die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils anzuordnen und dem Unternehmen die Zahlung eines entsprechenden Geldbetrags aufzuerlegen. Eine getrennte Anordnungsverfügung ohne Auferlegung der Zahlung kann nicht die Voraussetzung des § 34 Abs. 4 S. 2 GWB umgehen, wonach der abzuführende Betrag zahlenmäßig anzugeben ist.337

III. Zusammenfassung Für den Anspruch der Gewerbeverbände nach § 34a Abs. 1 GWB ergeben sich folgende Besonderheiten gegenüber § 10 Abs. 1 UWG: Weil qualifizierte Einrichtungen nicht zur Geltendmachung berechtigt sind, werden Parallelverfol333

Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 68. Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 38; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 147 f. [zu § 43 TKG]. 335 Anders: Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 37. 336 Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 16; ähnlich: Immenga/Mestmäcker-Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 34 Rn. 36; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 37; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 149 [zu § 43 TKG]. 337 Anders: Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 137 [zu § 43 Abs. 5 Var. 1 TKG]. 334

D. Weitere Besonderheiten, insbesondere Beschränkungen

239

gungen praktisch nicht vorkommen. Jedoch steigt die Gefahr des „Ablasshandels“ geringfügig in den Fällen, die von der Kartellbehörde wegen ihrer Schwerpunktsetzung nicht aufgegriffen werden. Die Unterbrechung der Verjährungsfrist durch Ermittlungshandlungen der Behörde nach § 34a Abs. 5 i.V. m. § 33 Abs. 5 S. 1 GWB dürfte keine praktische Bedeutung erlangen, weil die Behörde einen eventuell vorhandenen Vorteil selbst abschöpfen wird. Die Voraussetzungen der Streitwertherabsetzung nach § 89a Abs. 1 S. 1 GWB stehen in einem Spannungsverhältnis zu der Anforderung an Gewerbeverbände gem. § 33 Abs. 2 GWB, finanziell hinreichend ausgestattet zu sein. Zudem wirkt sich die Herabsetzung nur auf die streitwertabhängigen Prozesskosten aus. Der Abschöpfungsanspruch des Gewerbeverbandes erlischt, wenn die Behörde den Vorteil abschöpft. Aus diesem Grund haben die Verbände ein gegenüber § 10 UWG gesteigertes eigenes Interesse, sich vorab bei der zuständigen Kartellbehörde zu erkundigen. Die Abschöpfungsbefugnis der Behörde wird durch zwei Fristen gem. § 34 Abs. 5 S. 1 GWB beschränkt. Die erste Fünfjahresfrist regelt eine Verfolgungsverjährung. Unabhängig davon, ob mit der Verjährung zugleich die Abschöpfungsbefugnis materiellrechtlich erlischt, muss die Behörde diese Frist von Amts wegen berücksichtigen. Der Zeitraum von fünf Jahren beginnt mit der Beendigung der Zuwiderhandlung. Die Zuwiderhandlung betrifft den Verstoß nach § 34 Abs. 1 GWB unabhängig von der Erzielung eines Vorteils. Auch im Bußgeldverfahren verjährt die Ordnungswidrigkeit in fünf Jahren ab Beendigung der Zuwiderhandlung. Allerdings wird hier im Gegensatz zur Abschöpfung nach § 34 GWB die Verjährung nach § 81 Abs. 8 und 9 GWB, § 33 OWiG unterbrochen. Ein Unterschied des § 34 GWB besteht auch zur dreijährigen Verjährungsfrist der Verbandsansprüche. Diese Dreijahresfrist kann im Einzelfall früher oder später als die Fünfjahresfrist der Behörde ablaufen, weil es dort auf den Zeitpunkt der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers ankommt. Nach der zweiten Fünfjahresfrist in § 34 Abs. 5 S. 1 GWB kann die Abschöpfung längstens für fünf Jahre angeordnet werden. Sollte die Vorteilserzielung länger als fünf Jahre angedauert haben, ist die Behörde an den letzten Zeitraum gebunden. Ein Härtefall im Sinne des § 34 Abs. 3 S. 1 GWB setzt eine Ausnahmesituation voraus, etwa wenn ein Unternehmen in einem vermeidbaren Verbotsirrtum fahrlässig gehandelt hat und durch die Abschöpfung von der Insolvenz bedroht würde. Ob ein Vorteil gering im Sinne von § 34 Abs. 3 S. 2 GWB ist, beurteilt sich nach dem Verwaltungsaufwand der Kartellbehörde.

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2. Teil: Die Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB

Eine getrennte Anordnungsverfügung ohne Auferlegung der Zahlung kann nicht die Voraussetzung des § 34 Abs. 4 S. 2 GWB umgehen, wonach der abzuführende Betrag zahlenmäßig anzugeben ist.

E. Ergebnis Fast drei Jahre nach der Einführung zeigt sich die Bedeutungslosigkeit der Vorteilsabschöpfung gem. §§ 34, 34a GWB. In keinem Verfahren hat das Bundeskartellamt bis Januar 2008 die Abschöpfungsbefugnis des § 34 GWB angewendet.338 Ihm wurde bislang auch keine Geltendmachung eines Verbandes gem. § 34a GWB mitgeteilt.339 Das wesentliche Problem der kartellrechtlichen Vorteilsabschöpfung liegt in der Aufdeckung sowie dem Nachweis eines Verstoßes und der Ermittlung des hypothetischen Wettbewerbspreises. Weil die Ermittlungsbefugnisse der Kartellbehörde wesentlich effektiver sind als die Aufdeckungsmöglichkeiten von privaten Verbänden und selbst die Befugnisse der Behörde oft nicht ausreichen, ist ein Wirtschaftsverband erst recht überfordert. Die Bindungswirkung nach § 34a Abs. 5 i.V. m. § 33 Abs. 4 GWB wird für die Vorteilsabschöpfung keine Bedeutung erlangen, weil die Behörde nach einer Unterlassungsverfügung bei vorsätzlichen Verstößen selbst abschöpfen wird. Diese Nachweisschwierigkeiten sind jedoch keine spezifischen der Vorteilsabschöpfung. Ihre Lösung kann nicht im Rahmen dieser Arbeit erfolgen, deren Schwerpunkt auf der Rechtsfolgenseite liegt. Bei allen Versuchen, über Beweislastumkehrungen, Vermutungen und Anscheinsbeweise die Feststellung zu erleichtern, bleibt die Frage ungeklärt, wie diese zu formulieren sind.340 Auf keinen Fall dürfen sie so weit reichen, dass sie erlaubte Handlungen gefährden. Für die Kartellbehörde ergeben sich weitere Besonderheiten. Die fehlende Anwendung speziell des § 34 GWB hängt mit der Möglichkeit der Kartellbehörde zusammen, die Abschöpfung über das Bußgeldverfahren vorzunehmen. Der Abschöpfung nach § 34 GWB steht ein gegenüber der Bußgeldvorschrift des § 30 Abs. 1 OWiG erweiterter Anwendungsbereich zur Verfügung, wenn sich ein Normverstoß des Erfüllungsgehilfen analog § 278 BGB zurechnen lässt. Und gegenüber der Abschöpfung im Bußgeldverfahren, wo die Unschuldsvermutung gilt, ergibt sich der Vorteil, dass die Beweislast für die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EGV und des § 2 GWB beim Kartellmitglied liegt. In diesen beiden Fällen erlangt § 34 GWB also eine eigenständige 338

So die mündliche Auskunft des Bundeskartellamtes vom 17.01.2008. So die mündliche Auskunft des Bundeskartellamtes vom 17.01.2008. 340 Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 309, 334 (ausdrücklich ohne Formulierungsvorschläge); K. Schmidt, Aufgaben, S. 113. 339

E. Ergebnis

241

Bedeutung, weil es die Behörde bei einer Abstellungsverfügung nach § 32 GWB belassen muss. Dagegen besteht hinsichtlich der Verjährung ein engerer Anwendungsbereich, weil nur im Bußgeldverfahren die Verjährung nach § 81 Abs. 8 und 9 GWB, § 33 OWiG unterbrochen wird. Die Verbandsbefugnis nach § 34a GWB weist den Nachteil auf, im Gegensatz zu § 34 GWB auf vorsätzliche Verstöße beschränkt zu sein. Dagegen erhält sie einen eigenständigen Anwendungsbereich beim Vorgehen gegen Unternehmensvereinigungen, die in § 34 GWB nicht genannt werden. Und auch die Zurechnung entsprechend den §§ 830 Abs. 2, 831 BGB erweitert den Anwendungsbereich gegenüber § 34 GWB auf Anstifter und Gehilfen, soweit sie einen eigenen Vorteil erzielt haben. Ein Unterschied zu § 34 GWB besteht schließlich in der dreijährigen Verjährungsfrist, die erst mit der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers zu laufen beginnt. Diese Dreijahresfrist kann im Einzelfall früher oder später als die kenntnisunabhängige Fünfjahresfrist der Behörde ablaufen und dann einen Vor- oder Nachteil bedeuten. Gegenüber § 10 UWG weist die Verbandsbefugnis des § 34a GWB den Nachteil auf, dass qualifizierte Einrichtungen und Kammern nicht abschöpfungsberechtigt sind. Dagegen werden mit dem Anbieterbegriff auch Schlechterstellungen von Marktbeteiligten auf vorgelagerten Marktstufen erfasst. Und der wirtschaftliche Vorteil berücksichtigt zusätzlich die Verbesserung der Marktposition.

3. Teil

Verbesserungsvorschläge Eine umfassende Regelung im Prozessrecht hätte den Vorteil, eine einheitliche und übersichtliche Gesamtregelung zu schaffen.1 Und sachlich liegt es nahe, eine Ausdehnung auf weitere Regelungen außerhalb des UWG und GWB zu prüfen.2 Die vorliegende Arbeit beschränkt sich jedoch nur auf Vorschläge zur Abschöpfung im UWG und GWB.

A. Diskutierte Lösungsvorschläge anderer Art als durch eine Vorteilsabschöpfung Es werden vor allem im Wettbewerbsrecht zahlreiche Vorschläge unterbreitet, wie verhindert werden soll, dass sich unlauteres Handeln lohnt. Die Vorschläge sind einer Gewinnabschöpfung nur vorzuziehen, wenn sie das Ziel auf einem besseren oder einfacheren Weg erreichen. Am effektivsten ist der zeitlich erste Ansatz, den Vorteil gar nicht erst entstehen zu lassen.3 Jede Vorbeugung eines Verstoßes ist besser als seine Wiedergutmachung.4 Vorschläge zur effektiven Umsetzung werden nicht gemacht und sind nicht ersichtlich. Praktisch ist es ausgeschlossen, jeden Verstoß zu verhindern. Teilweise wird der Ausbau individueller Ersatzansprüche durch eine Verdoppelung des Schadensbetrags5 oder eine individuelle Gewinnabschöpfung diskutiert.6 Im Ergebnis gehen alle Vorschläge davon aus, dass eine Verstärkung des Individualrechtsschutzes das Durchsetzungsdefizit gerade im Bereich der Streuschäden nicht beseitigen kann.7 1

Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 138, 189, 210 f. Dazu: Halfmeier, Popularklagen, S. 190, der auf S. 362 eine allgemeine Formulierung zum Schutz von Freiheitsvoraussetzungen im Wirtschafts-, Verbraucher- und Umweltrecht vorschlägt. 3 BT-DS 7/2049, 9. 4 Dreier, Kompensation, S. 502; Thiere, Interessen, S. 366. 5 Dreier, Kompensation, S. 615; Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 104 f.; ablehnend: DJT-Beschlüsse, Stuttgart 2006, S. L 214; zum Kartellrecht speziell: Monopolkommission, 41. Sondergutachten, S. 40 (Nr. 75), S. 44 f. (Nr. 83). 6 Dazu: DJT-Beschlüsse, Stuttgart 2006, S. L 213; Lorenz-Köndgen, Karlsruher Forum, S. 160; Lorenz-Wagner, Karlsruher Forum, S. 112 f.; von Moltke, Rechtsschutz, S. 208; Staudinger, NJW 2006, 2433 (2435); Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 83 f. 2

A. Lösungsvorschläge anderer Art als durch Vorteilsabschöpfung

243

Die Einführung einer class action als Gruppenklage8 ist nicht gleich effektiv, weil das Verfahren nie die Schäden aller betroffenen Abnehmer, sondern nur die Teilschäden der zusammen geschlossenen Gruppe erfasst. Es ist gerade für den Bereich der Bagatellschäden zu erwarten, dass die Schadenssumme der tatsächlich zusammengeschlossenen Gruppe nicht die Höhe des gesamten Gewinns aufseiten des Zuwiderhandelnden erreichen wird. Die Gruppenklage fördert nur die Prozessökonomie in Fällen von Massenschäden, um das Justizsystem zu entlasten.9 Daher sehen die §§ 25, 27 GVMuG-Entwurf10 neben einem Musterverfahren zusätzlich eine Abschöpfung vor. Der Ausbau von Beratungs- und Schlichtungsstellen ist gerade in Fällen von Massenschädigungen wirkungslos und kann ein weitergehendes Sanktionsmittel höchstens ergänzen.11 Eine Verschärfung der Strafvorschriften12 wird die vorsätzlich unlauter Handelnden in den seltensten Fällen von ihren kriminellen Geschäften abhalten. Zudem muss eine neu zu schaffende Strafvorschrift die vielseitigen Handlungsweisen erfassen und kann damit möglicherweise das Bestimmtheitsgebot nicht erfüllen.13 Das Strafrecht soll auch nicht alle Handlungen erfassen, weil nicht jede unlautere Handlung ein strafwürdiges Unrecht darstellt.14 Eine Strafandrohung ist daher nicht Erfolg versprechender als eine Abschöpfung des Gewinns. Sie kommt allenfalls in Teilbereichen ergänzend in Betracht.15 7 Bartholy, Mehrerlösabschöpfung, S. 137; Dreier, Kompensation, S. 314, 613; Halfmeier, Popularklagen, S. 125; Lorenz-Wagner, Karlsruher Forum, S. 127; Staudinger, NJW 2006, 2433 (2434); Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 100, 107, 134 (15., 17. These). 8 BT-DS 8/2145, S. 17; Bartholy, Mehrerlösabschöpfung, S. 141; Dreier, Kompensation, S. 320; Gottwald, ZZP 91 (1978), 1 (10); Grunsky, RabelsZ 41 (1977), 770 (772); Halfmeier, Popularklagen, S. 388; von Hippel, Verbraucherschutz, 94; Keßler/ Micklitz, Harmonisierung, 160; Oepen-Koch, ZZP 113 (2000), 443 (445); Schricker, GRUR 1974, 579 (588); Schulte, Verbraucherschäden, 93 f.; Spindler, class action, S. 369 (374); Oepen-Stadler, ZZP 113 (2000), 443 (446); Thiere, Interessen, S. 353 f. 9 Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 18 f., 37, 1373; Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 22 f. 10 Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Verbands-, Muster- und Gruppenklagen (GVMuG-Entwurf) von Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1419 f. als Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. 11 von Hippel, Verbraucherschutz, 105 f.; ders., RabelsZ 40 (1976), 513 (532); von Moltke, Rechtsschutz, S. 32. 12 Helmrich, Deutscher Bundestag – 8. Wahlperiode, 115. Sitzung vom 10.11.1978, 8990; Lindemeyer/Henseler, WRP 1978, 87 (91); Köck/Biernath/Ngernwatthana/Drews, Kartellrecht, S. 109 (131). 13 Grauel/Luhrenberg, WRP 1980, 521 (522); Thiere, Interessen, S. 342. 14 von Moltke, Rechtsschutz, S. 130; Thiere, Interessen, S. 342. 15 Bericht des Bundesministeriums der Justiz zum Thema unerwünschte Werbeanrufe – „cold calling“ – vom 26. Juni 2007, S. 13, zuletzt abgerufen am 24.02.2008

244

3. Teil: Verbesserungsvorschläge

Der Vorschlag einer kollektiven Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen16 geht in eine ähnliche Richtung wie die Vorteilsabschöpfung. Es wird jedoch beim Schaden des Abnehmers angesetzt. Der Nachteil einer Abtretungslösung17 besteht darin, im Prozess die Ursächlichkeit zwischen Wettbewerbsverstoß und jedem Individualschaden darlegen zu müssen. Selbst wenn ein pauschaler Schadensersatzbetrag zugesprochen wird,18 kann ein Verband nur die abgetretenen Individualansprüche seiner Mitglieder geltend machen. Die kollektive Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erfasst daher nur einen Teil der vom Wettbewerbsverstoß betroffenen Vertragsabschlüsse.19 Soweit ein Schadensersatzanspruch in Höhe aller Individualschäden vorgeschlagen wird, liegt die Problematik bei der Feststellung jedes einzelnen Schadens.20 Dagegen setzt die Vorteilsabschöpfung nicht auf der Seite der Geschädigten an, sondern erfasst den Vorteil aufseiten des Zuwiderhandelnden in voller Höhe und unabhängig von einer Abtretung individueller Ansprüche. Die übrigen Probleme möglicher Parallelprozesse und einer Verbandsfinanzierung tauchen sowohl beim Abschöpfungs- als auch beim Ersatzanspruch auf. Eine kollektive Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erreicht das Ziel also nicht besser oder auf einem einfacheren Weg als eine Vorteilsabschöpfung.21

unter: http://www.bmj.bund.de/files/-/2306/Bericht%20des%20BMJ%20zum%20Thema %20unerw%FCnschte%20Werbeanrufe.pdf. 16 Fricke, GRUR 1976, 681 (688 f.); Hopt/Baetge, Rechtsvergleichung, S. 11 (44 f.) sowie S. 5 f.; Koch, ZZP 113 (2000), 413 (429 f.); Schricker, ZHR 139 (1975), 208 (247). 17 BT-DS 8/2145, S. 5; von Falckenstein, WRP 1978, 502 (511); Beschluss der „Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität“ vom 07. bis 11. April 1975, II, abgedruckt bei Wronka, WRP 1975, 561, Fn. 3; Lehmann, BB 1981, 1717 (1721); Mertens, ZHR 139 (1975), 438 (474 f.); von Moltke, Rechtsschutz, S. 135; Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des UWG von 1977, abgedruckt in WRP 1978, 31 (32); ZAW, WRP 1978, 255 (258); für Regelungen im BGB: Borck, WRP 1978, 333 (335 f.); Hefermehl, FS Fischer, S. 197 (203); Krieger/Tilmann, GRUR 1979, 14 (17). 18 Micklitz, Schadensersatzanspruch, S. 383 (412); Reich, ZRP 1978, 100 (102); Vollmer, DB 1979, 2213 (2215); Empfehlung des Verbraucherbeirats zur Verbesserung des Schutzes der Verbraucher gegenüber unlauterem Wettbewerb vom 13. Juni 1975, II, abgedruckt bei Wronka, WRP 1975, 561, Fn. 2. 19 Thiere, Interessen, S. 353. 20 von Moltke, Rechtsschutz, S. 201, 229. 21 Gegen einen kollektiven Schadensersatzanspruch auch: BT-DS 8/1670; Brandner, FS Fischer, S. 19 (29); Fricke, GRUR 1976, 681 (688 f.); Hillermeier, BB 1976, 725 (727); Koch, ZZP 113 (2000), 413 (429 f.); Kreuzer, WRP 1979, 255 (263); Löhr, DB 1976, 565 (566); Schricker, ZHR 139 (1975), 208 (247); ders., ZRP 1975, 189 (194); ders., RabelsZ 40 (1976), 535 (565 f.); Spindler, class action, S. 369 (378 f.); Ulrich, WRP 1978, 339 (340); Vollmer, DB 1979, 2213 (2215); Wronka, WRP 1975, 561.

B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung

245

B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung I. Abschöpfungsziel Konzeptionell ergänzt eine Vermögensabschöpfung das Anspruchssystem im Wettbewerbs-22 und Kartellrecht sinnvoll. Sie kann die Investition der erlangten Vorteile in weitere rechtswidrige Handlungen verhindern.23 Das Ziel einer Abschöpfung sollte sein, dass sich unlauterer Wettbewerb und kartellrechtswidriges Verhalten nicht lohnen dürfen. Dem Zuwiderhandelnden darf kein aus dem Verstoß erzielter Vorteil verbleiben. Anlass ist die Störung des Wettbewerbs als solche.24 Der Gedanke der Abschreckung25 und Sanktionierung ist nicht das Ziel, sondern nur eine mögliche Nebenfolge einer Abschöpfungsregelung. Selbst wenn keine präventive Wirkung erreicht wird, ist die Abschöpfung durch das Ziel gerechtfertigt, die Gewinne aus Wettbewerbs- und Kartellrechtsverstößen zu neutralisieren. Die Belastung für die Anbieterseite hält sich insoweit in Grenzen, als ihnen keine neuen materiellen Pflichten auferlegt werden.26 Eine potenzielle Gefahr liegt in der Belastung mit unberechtigten Vorwürfen.27 Diese Bedenken sind wegen der Anforderungen an die Klagebefugnis, wegen der fehlenden Abzugsfähigkeit von Vergleichszahlungen an den Verband und der Missbrauchsvorkehrungen nach § 242 BGB unbegründet. Und die Abgabe von Unterlassungsverpflichtungserklärungen oder die Hinnahme von einstweiligen Verfügungen ist durch eine Abschöpfungsregel nicht bedroht.28 Einer Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht kommt im Prozess über den Gewinnabschöpfungsanspruch kein Beweiswert zu.29

22

Boesche, Statement, S. 25; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1309 f.; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 132; allg. bereits: Dreier, Kompensation, S. 313 f.; schon früh erkannt von: Erkelenz, Deutscher Bundestag – Rechtsausschuss – 8. Wahlperiode, 63. Protokoll vom 23. April 1979, S. 85; Krüger-Nieland, 63. Protokoll vom 23. April 1979, S. 4 und schriftliche Stellungnahme S. 12 f.; Schricker, 63. Protokoll vom 23. April 1979, S. 38, 58 f. und schriftliche Stellungnahme S. 79; Ulmer, 63. Protokoll vom 23. April 1979, S. 42. 23 BT-DS 11/5461, S. 5 [zur Vermögensstrafe]; 12/731, S. 1, 4 [zur Abschöpfung des Taterlöses]; 12/989, S. 1 [zur Vermögensstrafe und zum erweiterten Verfall]; Drathjer, Abschöpfung, S. 20 [zum OWiG]; Müther, Vorteilsabschöpfung, S. 13. 24 Dreier, Kompensation, S. 314. 25 Anders: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 17 f., 1338. 26 BT-DS 15/3640, S. 2, 43; 15/5049, S. 2; von Moltke, Rechtsschutz, S. 154. 27 Spindler, class action, S. 369 (379). 28 Anders: Oppermann/Müller, WRP 2005, 280 (285); Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 57. 29 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 221 f.

246

3. Teil: Verbesserungsvorschläge

II. Verstoß Nach der jetzigen Fassung erfüllt jede Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG und jeder Verstoß gegen das materielle Kartellrecht die Tatbestandsvoraussetzung. Der Wortlaut des § 34 Abs. 1 GWB sollte allerdings erweitert werden und auch Unternehmensvereinigungen wie bei § 34a Abs. 1 GWB erfassen. Abzulehnen ist dagegen der Vorschlag, lediglich bei bestimmten, in der Norm einzeln aufgeführten Verstößen eine Abschöpfung zu eröffnen.30 Eine starre Regelung wäre unflexibel31 und würde das Durchsetzungsdefizit in den fehlenden Bereichen bestehen lassen. Ungelöst bleibt der praktische Nachweis eines Kartellverstoßes, wobei dies kein spezifisches Problem der Vorteilsabschöpfung ist.32

III. Unabhängig vom Schaden der Abnehmer In einer Neuregelung sollte die Abschöpfung unabhängig von den Auswirkungen bei anderen Personen geregelt werden. Ein Durchsetzungsdefizit besteht nicht nur bei Streuschäden, sondern beispielsweise auch dann, wenn dem individuell Betroffenen kein Anspruch zusteht.33 Der Vorrang individueller Ansprüche, die tatsächlich geltend gemacht werden, ist durch Anrechnungsregeln wie in § 10 Abs. 2 UWG und § 34a Abs. 2 GWB sicherzustellen. Die geltende Regelung für das Bundeskartellamt sieht die Abschöpfung bereits unabhängig von Streuschäden vor. Die Verbandsbefugnisse erfassen dagegen nur Konstellationen, in denen andere Abnehmer geschädigt werden. Das lässt sich nicht mit dem Ziel des Verbraucherschutzes rechtfertigten,34 weil der Abnehmerbegriff auch Händler auf nachgelagerten Marktstufen erfasst.35 Sie wäre auch nicht wünschenswert, weil weder der Schadensausgleich noch eine Vermögensverschiebung wie im Bereicherungsrecht im Mittelpunkt stehen, sondern der bloße Entzug von Vermögenswerten.36 Eine schadensunabhängige Regelung darf keine Bagatellgrenze im Wortlaut einer Abschöpfungsregel enthalten.37 Bereits die Vorschläge von 25 Euro38, 30

Köhler/Bornkamm/Henning-Bodewig, WRP 2002, 1317 (1322). Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 86. 32 Siehe oben: 2. Teil B. IV. 1. 33 Siehe oben: 1. Teil A. II. 34 Anders: Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 55. 35 Kritisch deshalb: Schaumburg, Verbandsklage, S. 115. 36 Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 59, 187 f. 37 Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 31, 37, 1325, 1350. 38 Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 125; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1325, 1350. 31

B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung

247

100 Euro39 und 150 Euro40 verdeutlichen, dass die Festlegung einer Bagatellgrenze von festgelegten Prämissen abhängt41 und dem Einwand der Beliebigkeit und Willkürlichkeit ausgesetzt ist.42 Eine Bagatellgrenze missachtet die Unterschiede, ab wann der Geschädigte ein Vorgehen für rentabel hält. Sie ist angesichts der individuellen Rechtsverfolgungsgrenze43 sachlich nicht gerechtfertigt und bevorzugt Handlungen, die höhere Schäden verursachen.44

IV. Verschuldensunabhängig 1. Allgemeine Erwägungen Das Ziel, die Vorteile zu neutralisieren, wird am besten durch eine verschuldensunabhängige Abschöpfung erreicht. Alle weiteren Einschränkungen bedürfen einer besonderen Rechtfertigung, die es für das Verschuldensmerkmal nicht gibt. Für die Verschuldensunabhängigkeit sprechen vielmehr die folgenden Erwägungen. Der Anreiz zur Einhaltung des Gesetzes steigt, weil mit jeder Beschränkung des Anwendungsbereichs das Risiko für den Handelnden sinkt, seinen Gewinn zu verlieren. Dagegen lässt sich nicht einwenden, dass der Handelnde vor der Ausführung nicht zuverlässig beurteilen kann, ob ein Verstoß gegen die ausfüllungsbedürftigen Generalklauseln im Wettbewerbs- und Kartellrecht vorliegt. Dieses Problem betrifft Mängel auf der Ebene der materiellen Verhaltensanforderungen. Sie betreffen jede Folge, die an eine Zuwiderhandlung gegen Generalklauseln anknüpft. Sie gelten in gleichem Umfang für den Unterlassungsanspruch, der ebenfalls verschuldensunabhängig ausgestaltet ist. Die Unsicherheit durch Generalklauseln spricht eher für die Konkretisierung der Verhaltensregeln oder für deren Abschaffung. Sie kann aber kein Argument für eine eingeschränkte Vorteilsabschöpfung sein.45 Denn auch Gewinne aus unverschuldeten

39

Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 107. Burckhardt, class action, S. 127 f. 41 Burckhardt, class action, S. 124, 127 f.: Die Verbraucher seien mehrheitlich risikoscheu, die Prozesskosten vor Prozessbeginn bekannt, beide Parteien anwaltlich vertreten und nicht rechtschutzversichert. Bei einer durchschnittlichen Erfolgsaussicht einer Klage von 75 Prozent, Anfangsvermögen von 5.000, 10.000 und 100.000 Euro und der Prämisse von Prozesskosten aus einer, zwei und drei Instanzen im Verhältnis 16:3:1 ergebe sich ein Durchschnittswert von 141 Euro. Bei Einbeziehung der durchschnittlichen Erfolgsaussichten einer Klage von 60 und 90 Prozent erhöhe sich der Mittelwert auf 159 Euro. 42 Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 93; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1325; Burckhardt, class action, S. 122 [zu Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG]. 43 Zur repräsentativen Meinungsumfrage: 1. Teil A. II. 44 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 87. 45 Anders: Säcker, Verbandsklage, S. 83. 40

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3. Teil: Verbesserungsvorschläge

Wettbewerbs- und Kartellrechtsverstößen stehen dem Zuwiderhandelnden nicht zu. Ob die Abschöpfung präventiv und abschreckend wirkt, spielt keine Rolle, weil alleiniges Ziel die Neutralisierung von Vorteilen ist. Ein Argument für eine verschuldensunabhängige Abschöpfung sind auch die Wertungen der internationalen Regelungen des Art. 45 Abs. 2 S. 2 TRIPs-Übereinkommen46 und Art. 13 Abs. 2 Richtlinie 2004/48/EG47. Sie betreffen Ansprüche zum Ausgleich erlittener Schäden zugunsten des Inhabers eines Rechtes des geistigen Eigentums. Danach können die Mitgliedstaaten die Gerichte in geeigneten Fällen ermächtigen, die Herausgabe der Gewinne selbst dann anzuordnen, wenn der Verletzer nicht wusste oder nicht vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass er eine Verletzungshandlung vornahm. Dahinter dürfte wieder die Überlegung stehen, dass der Gewinn auf keinen Fall beim Verletzer verbleibt. Im Gegensatz zur unbegrenzten Verschuldenshaftung begründet die Gewinnherausgabe eine überschaubare Belastung, die nur vom eigenen wirtschaftlichen Erfolg des Handelnden abhängt. Die weiteren Unterschiede, dass die beiden Vorschriften Ausschließlichkeitsrechte betreffen und der deutsche Gesetzgeber von ihnen bisher keinen Gebrauch gemacht hat, stehen einer Übertragung dieser Wertungen nicht entgegen. Zu einer verschuldensunabhängigen Gewinnherausgabe kommt auch die Ansicht, die die Herausgabe des Verletzergewinns an den Verletzten nicht als Berechnungsart im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs ansieht, sondern sich dogmatisch auf das Bereicherungsrecht stützt.48 Eine Parallele zur Verschuldensabhängigkeit im Schadensersatzrecht kann nicht damit begründet werden, dass die Abschöpfung an die Stelle individueller Ersatzansprüche treten soll.49 Denn die hier vorgeschlagene Regelung erfasst alle Durchsetzungsdefizite unabhängig von Schäden anderer. 2. Weitere Argumente im Wettbewerbsrecht Speziell im Wettbewerbsrecht entsteht auch kein Wertungswiderspruch zu § 16 UWG, bei dem Absicht als stärkste Vorsatzform vorausgesetzt wird.50

46 Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPs), BGBl. 1994 II, S. 1730 (1742). 47 Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. EU 2004 vom 02.06.2004, Nr. L 195/19 (23). 48 Fournier, Bereicherungsausgleich, S. 210. 49 Anders: Halfmeier, Popularklagen, S. 121; mit Ziel des Schadensersatzes statt Gewinnherausgabe auch: Lorenz-Wagner, Karlsruher Forum, S. 149; Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 112, 115, 134 (18. These). 50 So aber: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 114.

B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung

249

Denn § 16 UWG ist eine Strafnorm, die ahndet und nicht nur Vermögensvorteile neutralisiert. Letztlich handelt es sich bei der Beschränkung auf Vorsatz in § 10 UWG um eine politische Entscheidung.51 Der Referentenentwurf sah eine Gewinnabschöpfung bereits bei einem grob fahrlässigen Verstoß gegen § 3 UWG vor.52 Die Beschränkung auf Vorsatz im Regierungsentwurf wird mit der notwendigen Begrenzung des Prozessrisikos für solche Unternehmer begründet, die sich im Grenzbereich wettbewerbsrechtlicher Zulässigkeit bewegen.53 Es bleibt aber unklar, warum ein rechtswidrig Handelnder im Grenzbereich der Zulässigkeit schutzwürdig ist.54 Jeder Gewerbetreibender hat seine wirtschaftlichen Gründe, in den Grenzbereich der Lauterkeit vorzudringen, sodass er auch die Konsequenzen seines Handelns zu tragen hat.55 Erst recht kann ein Handeln im Grenzbereich nicht als Argument angeführt werden, die Abschöpfung auf wissentliches und absichtliches Handeln zu beschränken.56 Schützenswert kann nur das Risiko sein, unberechtigt verklagt zu werden. Diese Missbrauchsgefahr wird durch andere Regelungen reduziert, wie z. B. § 242 BGB, die beschränkte Klagebefugnis und die Abführung an den Bundeshaushalt. Allein die unsichere Erfolgsaussicht einer Klage verursacht kein Missbrauchspotenzial, weil das Prozessrisiko für beide Prozessparteien gilt.57 Als Beispiel kann das laufende Verfahren vor dem Landgericht München gegen einen Mobilfunkanbieter genannt werden.58 Der Beklagte hatte im Herbst 2001 seine Minutenpreise bei der Umstellung von DM auf Euro umgerechnet, obwohl er nur den Rechnungsendbetrag hätte umrechnen dürfen. Diese Zuwiderhandlung hat der Europäische Gerichtshof mit seiner Entscheidung vom 14. September 2004 bestätigt. Die Einschränkung des geltenden § 10 UWG auf 51

van Raay, VuR 2007, 47 (49). Referentenentwurf vom 23.01.2003, abgedruckt in GRUR 2003, 298. 53 BT-DS 15/1487, S. 24; zustimmend: Engels/Salomon, WRP 2004, 32 (42); Köhler, Statement, S. 45 (46); Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 136; Oppermann/Müller, GRUR 2005, 280 (285); Säcker, Verbandsklage, S. 84. 54 So aber: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1344. 55 Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 157 f.; Gloy/Loschelder-Melullis, Handbuch, § 26 Rn. 8; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 109; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1341; daher weiterhin fordernd: BT-DS 16/4156, S. 2; Müller (vzbv), Verbraucherschutz: Recht harmlos? – Verbandsklage auf dem Prüfstand, Tagung des vzbv am 08. Mai 2006 in Berlin, S. 4 (8), zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http:// www.vzbv.de/mediapics/verbandsklage_gesamtdokumentation_reden_05_2006.pdf; vzbv, Stellungnahme vom 24.10.2007 zum Referentenentwurf vom 27.07.2007, S. 5, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.vzbv.de/mediapics/stn_uwg_re form_oktober_2007.pdf. 56 So aber: Schaumburg, Verbandsklage, S. 114. 57 MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 109. 58 Landgericht München I, AZ: 33 O 17282/07. 52

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3. Teil: Verbesserungsvorschläge

vorsätzliche Handlungen zwingt den Kläger, den Auskunftsanspruch auf den Zeitraum nach dieser Gerichtsentscheidung zu beschränken.59 Der Beklagte behält also die Gewinne, die er jahrelang unter Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht erzielt hat. Das ist sachlich nicht gerechtfertigt. 3. Weitere Argumente im Kartellrecht Im Kartellrecht hat der Referentenentwurf zur 7. GWB-Novelle auf das Verschulden bei § 34 GWB verzichtet.60 Der Verzicht ist konsequent, weil das verwaltungsrechtliche Instrument sicherstellen soll, dass der Vorteil nicht beim Täter verbleibt.61 Und eine Unsicherheit wegen des neuen Systems der Legalausnahmen betrifft nur die materiellen Verhaltensanforderungen. Die Ungewissheit ist kein Argument, auf die Abschöpfung zu verzichten.62 Auch bei § 34a GWB ist auf ein Verschulden zu verzichten.63 Argumente für eine Differenzierung innerhalb der §§ 34, 34a GWB überzeugen nicht. § 34a GWB erlaubt keinen Eingriff höherer Qualität als bei § 34 GWB.64 Und die Gefahr eines unangemessenen Prozessrisikos65 wird durch andere Schutzvorkehrungen gemindert. 4. Ergebnis Die Abschöpfung im Wettbewerbs- und Kartellrecht setzt kein Verschulden voraus. 59

So die mündliche Auskunft der VZHH vom 19.02.2008. Referentenentwurf vom 17.12.2003, S. 25, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.fiw-online.de/index.html?/archiv/D/d301203bmwa_gwb_novelle.html; dazu auch: Kahlenberg/Haellmigk, BB 2004, 389 (395), Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 6. 61 BT-DS 15/3640, S. 78 mit Hinweis auf Stellungnahmen der gerichtlichen Praxis zum früheren Entwurf; Monopolkommission, 15. Hauptgutachten 2002/2003 – Kurzfassung, Nr. 59 (= BT-DS 15/3610, S. 31); Basedow, Zivilverfahren, S. 353 (361); Fuchs, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 52, 56 = Regierungsentwurf, S. 183 (194); ders., in: BT-DS 15/ 5049, S. 43; ders., WRP 2005, 1384 (1391); Hellwig, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 78; Köhler, FS Schmidt, S. 509 (510); Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34 Rn. 6; Schneider, Vorteilsabschöpfung, S. 115 [zu § 43 TKG]; vzbv, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 8. 62 Köhler, FS Schmidt, S. 509 (510 f.); anders dagegen: BT-DS 15/3640, S. 88; kritisch bereits: Schmidt, K., Aufgaben, S. 141. 63 Köhler, FS Schmidt, S. 509 (515); vzbv, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 8, 11; dazu auch: BT-DS 15/5049, S. 42. 64 Anders: Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 113. 65 Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 118; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 23. 60

B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung

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V. Zugriffsobjekt 1. Bruttoabschöpfung wie in § 73 Abs. 1 S. 1 StGB Die Abzugsfähigkeit von Kosten ist beizubehalten.66 Eine Bruttoabschöpfung würde über das Ziel hinausgehen, lediglich die Vorteile zu beseitigen. Die Überschreitung des Ziels würde zwingende Gründe voraussetzen, die es nicht gibt. Auf eine Anrechnung von individuellen Schadensersatzbeträgen kann nicht mit dem Argument verzichtet werden, dass die Beträge klein seien und ihre Geltendmachung nicht zu erwarten sei.67 Diese Perspektive mit dem Blick auf die Geschädigten ist abzulehnen. Denn es kommt nur auf die Vermögenslage beim Zuwiderhandelnden an. Das Ziel der Abschöpfung ist erreicht, wenn der Vorteil durch Schadensersatzansprüche der Abnehmer oder Mitbewerber68 beseitigt wurde.69 Richtig ist, dass die Abhängigkeit von hypothetischen Marktgrößen Nachweisschwierigkeiten bereitet. Das kann aber nicht die Abzugsfähigkeit von angefallenen Aufwendungen in Frage stellen, sondern nur ein Argument dafür sein, diese hypothetischen Größen unberücksichtigt zu lassen. Möglich wäre es, nicht nur die Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem hypothetischen Wettbewerbspreis als Einnahme zu definieren, sondern den gesamten tatsächlichen Preis. Die Schwierigkeiten, einen „legalen Sockelbetrag“ nachzuweisen, sind aber kein zwingender Grund für den Verzicht auf die hypothetischen Marktgrößen. Wenn trotz Schätzungsbefugnis nicht einmal eine Obergrenze eines „legalen Sockelbetrags“ bestimmt werden kann, hat die Abschöpfung zu unterbleiben.70 Dann steht überhaupt nicht fest, dass sich der Verstoß wirtschaftlich gelohnt hat. Im Falle eines Preiskartells scheidet sogar bereits der Tatbestand des Preismissbrauchs aus, wenn ein hypothetischer Wettbewerbspreis nicht ermittelt werden kann. Auch die Erwägungen für die Einführung des Bruttoprinzips im Strafrecht zwingen nicht zur Übernahme ins UWG und GWB. Der Gesetzgeber spricht beim Wechsel vom Netto- zum Bruttoprinzip nur von einem einfacheren und effektiveren neuen Recht, um die Investition in weitere kriminelle Geschäfte zu 66 Anders: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1340 f.; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 152 f.; Oppermann/Müller, GRUR 2005, 280 (285); Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 (561 f.); dagegen unklar und widersprüchlich: Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 159, 165. 67 Anders: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1345. 68 Kritisch dagegen: BT-DS 15/1487, S. 34 f.; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 170; Schaumburg, Verbandsklage, S. 124. 69 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 113. 70 Bartholy, Mehrerlösabschöpfung, S. 149 [für das UWG].

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3. Teil: Verbesserungsvorschläge

verhindern.71 Von langwierigen Streitigkeiten zu Saldierungsmöglichkeiten ist keine Rede.72 Zudem können Aufwendungen im Zusammenhang mit Straftaten nur deshalb kaum nachgewiesen werden, weil keine Aufzeichnungen über Kosten geführt werden, um kein belastendes Material zu schaffen. Das Nettoprinzip führt auch nicht zu Wertungswidersprüchen innerhalb der Rechtsordnung.73 Es gibt kein übergeordnetes Prinzip, welches zur Folge hat, dass eine Abschöpfung des Nettobetrags ein Einzelfall ist. Allein die Regelung des § 817 S. 2 BGB kann ein solches übergeordnetes Prinzip nicht aufstellen.74 Es ist schon zweifelhaft, ob § 817 S. 2 BGB diesen Rechtsgedanken beinhaltet. Der Regelungsgehalt kann vielmehr auch lediglich darin gesehen werden, dass zweifelhafte Geschäfte nicht mit gerichtlicher und somit staatlicher Unterstützung rückabgewickelt werden.75 Dann ist das Vermögen nur deshalb verloren, weil dem Leistenden die Unterstützung bei der Rückabwicklung versagt wird.76 Jedenfalls zeigt der Vergleich zu anderen Abschöpfungsansprüchen wie § 17 Abs. 4 OWiG, § 8 WiStG, dass es keine einheitliche Systematik im deutschen Recht gibt.77 Erst recht fehlt der Abschöpfung eine Straffunktion, die eine Bruttoabschöpfung begründen könnte.78 2. Wirtschaftlicher Vorteil Um eine größere systematische Übereinstimmung mit den Abschöpfungsinstituten in § 17 Abs. 4 S. 1 OWiG und den §§ 34, 34a GWB zu erreichen, ist der einheitliche Begriff des wirtschaftlichen Vorteils auch für § 10 UWG zu verwenden.79 Im Gegensatz zum Gewinn umfasst der wirtschaftliche Vorteil nach § 17 Abs. 4 OWiG und den §§ 34, 34a GWB nicht nur in Geld bestehende Vorteile, sondern auch sonstige Verbesserungen der wirtschaftlichen Situation, 71

BT-DS 11/6623, S. 11; 12/989, S. 23. So aber die Begründung von: Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 66; Hoyer, GA 1993, 406 (409); Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1340; MüKoMicklitz, UWG, § 10 Rn. 152; Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 (561). 73 Anders: Fezer-von Braunmühl, UWG, § 10 Rn. 205; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 153. 74 Anders: BGH, NJW 2002, 3339 (3340); Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1340; MüKo-Micklitz, UWG, § 10 Rn. 152; Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 (561 f.). 75 Palandt-Sprau, BGB, § 817 Rn. 1; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 117 Fn. 565. 76 Hohn, wistra 2003, 321 (325 f.). 77 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 117 f. 78 Anders: Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 51; Schaumburg, Verbandsklage, S. 120 f. 79 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 119, 181. 72

B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung

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wie eine günstigere Marktposition. Es ist sachgerecht, diese Vermögensvorteile ebenfalls abzuschöpfen.80 3. Herausgabe des Aufwendungsbetrags Es ist nicht möglich, vom Verletzer auch den Betrag herauszuverlangen, den dieser für die Vornahme der wettbewerbswidrigen Handlung aufgewendet hat.81 Diese Verursacherkosten sollen ein Indiz für den Mindestverletzergewinn darstellen, weil der Verletzer selbst damit rechne, dass wenigstens diese Kosten gewinnfördernd eingesetzt würden.82 Richtigerweise zeigen die Verursacherkosten aber nur an, dass der Handelnde von Einnahmen in Höhe dieser Kosten ausgeht. Wenn sie als Maßstab für eine Gewinnabschöpfung herangezogen werden, muss der Handelnde die bereits ausgegebenen Aufwendungen ein zweites Mal bezahlen.83 Einen Anhaltspunkt für den tatsächlichen Vorteil bieten sie nicht. Diese Berechnungsart verfehlt daher das Ziel, nur den erzielten Vorteil zu beseitigen. 4. Beweislastumkehr beim Vorteil Für die Frage der Vorteilshöhe ist eine Beweislastumkehr nicht möglich, weil ein konkreter Betrag dadurch nicht ermittelt werden kann. Möglich ist nur eine Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität. So wird teilweise vorgeschlagen, dass bei einem Umsatzzuwachs im Zeitraum einer Werbung die Kausalität vermutet werden könne, wenn nicht der Unternehmer eine andere Ursächlichkeit nachweise, etwa durch regelmäßige saisonale Umsatzsteigerungen.84 Gesetzliche Vermutungen setzen aber voraus, dass der vermutete Tatbestand mit der Lebenswirklichkeit – unter Außerachtlassung außergewöhnlicher Umstände – übereinstimmt.85 Das lässt sich bei der Wirkung einer Werbemaßnahme nicht nachvollziehen. Da es dem unlauter Handelnden zudem nicht gelingen wird, einen Beweis für die fehlende Kausalität zu erbringen, ist eine Beweislastumkehr abzulehnen.

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Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 119. Anders: Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 96 f., 125; Micklitz/ Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1231, 1339; zustimmend: Halfmeier, Popularklagen, S. 132. 82 von Braunmühl, Aktueller Bericht, S. 15 (20); Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 96. 83 So selbst: Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 96. 84 vzbv, Stellungnahme vom 24.10.2007 zum Referentenentwurf vom 27.07.2007, S. 5, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.vzbv.de/mediapics/stn_uwg_ reform_oktober_2007.pdf. 85 Paschke/Goldbeck, ZWeR 2007, 49 (65). 81

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3. Teil: Verbesserungsvorschläge

5. Kausalitätsnachweis Ein praktisches Hindernis der geltenden Fassungen ist der Kausalitätsnachweis zwischen dem Verstoß und der Vorteilserzielung. Beim Kausalitätserfordernis handelt es sich jedoch nicht um ein spezifisches Problem der Abschöpfungsregeln. Diese Schwierigkeiten bestehen auch unabhängig vom Abschöpfungsgegenstand, weil selbst eine Bruttoabschöpfung nur den kausal auf der Zuwiderhandlung beruhenden Vorteil erfasst. Hierzu können im Ergebnis keine Verbesserungen vorgeschlagen werden, die so weit gefasst werden, dass sie eine praktische Erleichterung darstellen, aber auch so eng formuliert sind, dass wirklich nur die kausal erzielten Vorteile betroffen sind.

VI. Aktivlegitimation Der Unterschied des geltenden Wettbewerbs- zum Kartellrecht wirft insbesondere die Frage auf, ob der Vorteil durch eine Behörde oder durch Private abgeschöpft werden soll. 1. Argumente unabhängig vom Rechtsgebiet a) Vor- und Nachteile einer Behörde Die Vorteile einer Behörde als Abschöpfungsberechtigte lassen sich so zusammenfassen: Eine Behörde kann bei sämtlichen Verstößen unabhängig von einer eigenen Interessenbeeinträchtigung eingreifen. Ihre Befugnisse bei der Sachverhaltsaufklärung ermöglichen ein effizientes Vorgehen.86 Die Gefahr, dass nur scheinbare Verstöße massenhaft verfolgt werden, ist äußerst gering.87 Und sie wird eher das Ziel von gerichtlichen Leitentscheidungen verfolgen, als das bei vergleichsbereiten privaten Akteuren der Fall ist.88 Allerdings widerspricht der Ausbau einer Behörde dem Ziel eines schlanken Staates.89 Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass sie dem politischen Druck ausgesetzt und schwerfällig ist.90 Dagegen ist die Gefahr einer staatlichen 86 Bundeskartellamt, Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 26.09.2005, S. 26, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www. bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbeitraege/05_Proftag.pdf; Ost, Kartellrechtsdurchsetzung, S. 109 (119); Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 236. 87 Schmidt, K., Aufgaben, S. 27. 88 Bundeskartellamt, Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 26.09.2005, S. 26, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www. bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbeitraege/05_Proftag.pdf. 89 von Moltke, Rechtsschutz, S. 134, 222. 90 Bartholy, Mehrerlösabschöpfung, S. 153 [zum UWG]; Fuchs, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 50 = Re-

B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung

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Zwangsbeglückung der Bürger91 nicht vorhanden, weil es um die Durchsetzung der materiellen Verhaltensregeln geht. b) Neutrale Gesichtspunkte Die Kosteneffizienz wird sowohl den Behörden92 als auch den Verbänden93 zugeordnet. Das Hindernis der knappen Ressourcen besteht ebenfalls bei Behörden94 und Verbänden95. Die Gefahr der Bestechung und Korruption bei einer Behörde96 zeigt sich auch bei Privatpersonen, die ähnlichen Anreizen unterliegen.97 Für eine Behördenlösung wird angeführt, die Abschöpfung sei ein ordnungspolitisches Instrument.98 Aber auch bei privaten Parteien bleibt die Durchsetzung den Gerichten als staatliche Instanz vorbehalten.99 c) Vor- und Nachteile eines Verbandes Für eine Verbandsbefugnis spricht, dass sie etablierter Bestandteil der Rechtsdurchsetzung ist100 und mehr Bürgernähe101 durch eine Selbstaufsicht der privaten Akteure102 bietet. gierungsentwurf, S. 183 (191) [zum GWB]; Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 274; Linder, Privatklage, S. 63; von Moltke, Rechtsschutz, S. 103; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 54. 91 Hopt/Baetge, Rechtsvergleichung, S. 11 (53) sowie S. 7; zustimmend: Halfmeier, Popularklagen, S. 372. 92 Kaufmann, Rechtsschutz, S. 10; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 54; Schäfer, Anreizwirkungen, S. 67 (92). 93 von Moltke, Rechtsschutz, S. 87, 132, 222. 94 Bundeskartellamt, Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 26.09.2005, S. 3, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.bundes kartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbeitraege/05_Proftag.pdf; Glöckner, WRP 2007, 490 (494); Linder, Privatklage, S. 39; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 43; Wagner, Schadensersatzrecht, S. A 128. 95 Kaufmann, Rechtsschutz, S. 91; von Moltke, Rechtsschutz, S. 86, 104; Monopolkommission, 41. Sondergutachten, S. 51 (Nr. 94). 96 Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 261, 270. 97 Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 274. 98 Hopt/Baetge, Rechtsvergleichung, S. 11 (53 f.) sowie S. 7; Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 23; Säcker, Verbandsklage, S. 78. 99 von Moltke, Rechtsschutz, S. 89. 100 von Moltke, Rechtsschutz, S. 89 f.; Schmidt, K., Aufgaben, S. 54, 125 [beschränkt auf Unterlassungsbegehren]; zustimmend: Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 320. 101 Europäische Kommission, Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen vom 10.02.2006, Schadensersatz wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts, S. 7–8 (Nrn. 4 bis 7), zuletzt abgerufen am 08.11.07 unter: http://ec.europa.eu/comm/competition/

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3. Teil: Verbesserungsvorschläge

Die Verbandsbefugnis ist den Individualklagemöglichkeiten vorzuziehen, weil sie die Unterlegenheit des Einzelnen ausgleicht103 und Verbände einen besseren Zugang zu den erforderlichen Marktdaten haben.104 Der Aufwand und das Prozessrisiko hindern den Einzelnen an der Geltendmachung seiner Ansprüche, sodass er ein rationales Desinteresse an der Geltendmachung hat.105 Zudem stehen Abnehmer und Lieferanten in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von Kartellpartnern und müssen mit Repressalien rechnen.106 Es wird teilweise sogar als solidarische Haltung gewertet, sich nicht mit Hilfe des unbeliebten Kartellgesetzes zu bekämpfen.107 Nach einer repräsentativen Meinungsumfrage vertrauen die Bürger bei der Vertretung mehrerer Verbraucher vor Gericht am meisten auf Verbraucherverbände und Anwälte (je dreiunddreißig Prozent).108 Dennoch ist kritisch anzumerken, dass Verbraucherverbände keine Massenorganisationen mit nennenswerter Verankerung in der Bevölkerung sind, sondern wegen ihrer staatlichen Finanzierung einem ausgelagerten Behördenteil nahe kommen.109 Um neben Mitbewerber auch sonstige Marktteilnehmer zu erfassen, sollten die Merkmale „die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben“ in § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und § 33 Abs. 2 GWB ersetzt werden durch „die durch die Zuwiderhandlung als Mitbewerber oder sonstige Marktteilnehmer beeinträchtigt sind“.110

antitrust/actionsdamages/sp_de.pdf; Europäische Kommission, Bericht über die Wettbewerbspolitik 2005, SEK(2006) 761 endgültig, S. 30, zuletzt abgerufen am 08.11. 2007 unter: http://ec.europa.eu/comm/competition/annual_reports/2005/de.pdf; Oppermann/Müller, WRP 2005, 280 (284). 102 Dreier, Kompensation, S. 490; ähnlich: Thiere, Interessen, S. 260 f. 103 Bauer, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 36; Stadler, Einführung, S. 125 (132). 104 Monopolkommission, 41. Sondergutachten, S. 47 (Nr. 88) [zum Unterlassungsanspruch]. 105 Lettl, Kartellrecht, § 11 Rn. 111; Monopolkommission, 41. Sondergutachten, S. 47 (Nr. 88). 106 Monopolkommission, 41. Sondergutachten, S. 46 (Nr. 85). 107 Benisch, FS Hartmann, S. 37. 108 Europäische Kommission, Spezialbarometer, Die Bürger der Europäischen Union und der Zugang zur Justiz, Fallstudie September 2003, S. 44, zuletzt abgerufen am 19.12.2007 unter: http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_195_de.pdf. 109 Halfmeier, Popularklagen, S. 366; Kaufmann, Rechtsschutz, S. 91; von Moltke, Rechtsschutz, S. 103; Säcker, Verbandsklage, S. 67, 69, 73. 110 Köhler, WRP 2007, 602 (604).

B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung

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2. Differenzierung Da es kein zwingendes Argument für eine private oder behördliche Durchsetzung generell gibt, werden die unterschiedlichen Ausgangslagen im Wettbewerbs- und Kartellrecht beibehalten. a) UWG Die Durchsetzung auf zivilrechtlichem Wege durch Private entspricht der geschichtlichen Entwicklung des UWG und ist zu begrüßen.111 Es besteht eine bereits bedeutende Anzahl von Verbänden,112 sodass die Forderung nach einer unabhängigen öffentlichen Behörde wie dem Bundeskartellamt113 nicht begründet ist.114 Insbesondere lässt die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG)115 in Art. 11 den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Wahl, die Bekämpfung unlauterer Praktiken einer Behörde oder etwa privaten Verbänden zu übertragen. b) GWB Im Kartellrecht existiert mit dem Bundeskartellamt und den Landeskartellbehörden ein erfolgreiches behördliches System.116 Im Unterschied zum UWG treten die Kartelle nicht offen in Erscheinung, sodass für eine umfassende Durchsetzung die Ermittlungsbefugnisse einer Behörde notwendig sind.117 Für eine ergänzende private Durchsetzung spricht, dass sie die Lücke der Behörde wegen ihrer Schwerpunktsetzungen schließen soll, weil die Behörde pri-

111 Dreier, Kompensation, S. 495; Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 156; Halfmeier, Popularklagen, S. 228; Pinski, Abschöpfungsregelungen, S. 54, 59; Thiere, Interessen, S. 373. 112 Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1324. 113 Schaumburg, Verbandsklage, S. 266; Schmidt, I., Wettbewerbspolitik, S. 184. 114 BT-DS 15/1487, S. 22. 115 Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken). 116 Säcker, Verbandsklage, S. 7, 38, 61; Schmidt, K., Aufgaben, S. 129; Stellungnahme der Wettbewerbszentrale zum Grünbuch „Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“ der EU-Kommission vom 18.04.2006, S. 2, 10, zuletzt abgerufen am 08.11.2007 unter: http://ec.europa.eu/comm/competition/antitrust/ actionsdamages/sp_de.pdf. 117 Oppermann/Müller, WRP 2005, 280 (284).

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3. Teil: Verbesserungsvorschläge

vate Beschwerdeführer häufig auf den Zivilrechtsweg verweist.118 Erreichbar ist das Ziel, dass sich Kartelle nicht lohnen dürfen, nur bei einer flächendeckenden Durchsetzung.119 Die Aktivlegitimation speziell von Verbraucherverbänden ist bereits mehrfach Gegenstand von Gesetzesentwürfen gewesen, weil sie mit gleichem Recht wie die Klage von Gewerbeverbänden in das GWB gehören.120 Speziell bei der Vorteilsabschöpfung wird die plötzliche Streichung im Vermittlungsausschuss in weitgehend untransparenter Weise kritisiert.121 Es bleibt jedoch die Schwierigkeit, dass ihnen Aufklärungsmöglichkeiten fehlen.122 Das mag neben der Tatsache, dass es ein funktionierendes öffentlichrechtliches Verfolgungssystem gibt,123 ein Grund dafür sein, dass es bislang an ausreichenden Verbänden im Kartellrecht fehlt.124 Deshalb bleibt es unsicher, ob eine Erweiterung zu mehr Aufdeckungen und Abschöpfungen führen wird.125 Eine subsidiäre Verbandsbefugnis erweckt kein Misstrauen gegenüber den Behörden,126 weil sie nur ergänzend eingreift. Zur Vermeidung von parallelen Ermittlungen127 kann eine Koordinierung über die zuständige Stelle erfolgen. 118 Bundeskartellamt, Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 26.09.2005, S. 3, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.bundes kartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbeitraege/05_Proftag.pdf; Europäische Kommission, Bericht über die Wettbewerbspolitik 2005, SEK(2006) 761 endgültig, S. 27; Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 157. 119 Böge (Bundeskartellamt), BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Wortlautprotokoll 15/67 vom 20.09.2004, S. 16; Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 1; allgemein schon: Bornkamm, Zivilrichter, S. 11 120 BR-DS 231/1/78, S. 4 f.; 8/2136, S. 36; 15/3640, S. 11, 35, 53, 56; Boos, VuR 2003, 333 (340); Hempel, Privater Rechtsschutz, S. 333; ders., WuW 2004, 362 (372); Schmidt, K., Aufgaben, S. 50, 54. 121 Becker/Hossenfelder, Kartellrecht, S. 18, Rn. 42; Böge, BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss-Drucksache 15(9)1333 vom 17.09.2004, S. 63, 70; Halfmeier, Popularklagen, S. 136 f.; Hartog/Noack, WRP 2005, 1396 (1405); Kaufmann, Rechtsschutz, S. 36, 49; Keßler, BB Heft 39/2005, Die erste Seite; ders., Private Enforcement, S. 29 (41); Köhler, Statement, S. 45 (46); ders., FS Schmidt, S. 509 (514); ders., WRP 2007, 602; Lorenz-Wagner, Karlsruher Forum, S. 148 f.; Lutz, WuW 2005, 718 (730); Monopolkommission, 41. Sondergutachten, S. 21 (Nr. 37), 45–51 (Nrn. 84 bis 95), 67 (Nr. 126); dies., 15. Hauptgutachten 2002/2003 – Kurzfassung, Nr. 57 (= BT-DS 15/3610, S. 31); Schulz, Deutscher Bundestag, 15. Wahlperiode, 124. Sitzung vom 10. September 2004, Plenarprotokoll, S. 11375; Staffelt, Deutscher Bundestag, 15. Wahlperiode, 164. Sitzung vom 11. März 2005, S. 15384. 122 Sack, WRP 2003, 549 (550). 123 Halfmeier, Popularklagen, S. 136; dazu auch: Oepen-K. Schmidt, ZZP 113 (2000), 443 (445). 124 Lange/Bunte-Bornkamm, Kartellrecht, § 34a Rn. 3. 125 Bundeskartellamt, Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 26.09.2005, S. 30, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www. bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbeitraege/05_Proftag.pdf. 126 So ein Argument gegen Verbandsansprüche im Energiewirtschaftsgesetz: BT-DS 15/3917, S. 88 = BR-DS 613/1/04, S. 29. 127 Säcker, Verbandsklage, S. 41.

B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung

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Bereits nach der geltenden Gesetzesfassung ist die Abstimmung über die zuständige Stelle möglich. Teilweise wird gefordert, eine vermehrte private Verfolgung mit dem Bonussystem der Behörde abzustimmen.128 Dies steht einem Ausbau der Privatbefugnisse nicht entgegen. Die Bonusregelung des Bundeskartellamtes von 2006129 behält ihren Anreiz, weil das Bundeskartellamt unter den dort festgelegten Voraussetzungen in Aussicht stellt, von einer Geldbuße abzusehen oder sie zu reduzieren. Für den ahndenden Teil der Geldbuße hat allein die Behörde die Kompetenz, weshalb der Anreiz zur Aufdeckung der Kartelle in einem erheblichen Umfang bestehen bleibt. Nur hinsichtlich des abzuschöpfenden Vorteils reduziert sich der Anreiz der Bonusregelung, wenn er zusätzlich über private Verbände eingefordert werden kann, die der Bonusregelung nicht unterliegen. Das ist jedoch hinzunehmen. Die Bonusregelung sieht den Erlass oder die Reduzierung der Abschöpfung nur als Regelfall vor,130 sodass es bereits keine gebundene Entscheidung des Bundeskartellamtes wie hinsichtlich des Ahndungsteils gibt. Außerdem gilt die Bonusregelung nur für das Verfahren des Bundeskartellamtes und bindet nicht das Gericht, das nach Einlegung eines Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid zu entscheiden hat.131 Sicher sind sich die Kartellmitglieder, die sich auf die Bonusregelung berufen wollen, also bereits nach der geltenden Regelung in keinem Fall. Im Ergebnis bestehen daher keine Hindernisse, die für eine Beschränkung der Anspruchsberechtigung sprechen.132 3. Zusammenfassung Es werden die unterschiedlichen Ausgangslagen genutzt, sodass im Wettbewerbsrecht alleine die privaten Einrichtungen und Kammern aktivlegitimiert bleiben. Im Kartellrecht ist der Ausbau der bestehenden Kartellbehörden wünschenswert, weil sie die besseren Aufklärungs- und Anreizmöglichkeiten haben. Wegen ihrer Schwerpunktsetzungen ist daneben die subsidiäre Durchsetzung über Gewerbeverbände zu begrüßen. Diese bestehende Befugnis sollte auf die 128 Bundeskartellamt, Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 26.09.2005, S. 30, zuletzt abgerufen am 24.02.2008 unter: http://www.bun deskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbeitraege/05_Proftag.pdf; Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch Schadensersatzklagen, KOM (2005) 672 endgültig, S. 10. 129 Bekanntmachung Nr. 9/2006 des Bundeskartellamts vom 07. März 2006 über den Erlass und die Reduktion von Geldbußen in Kartellsachen – Bonusregelung. 130 Bekanntmachung Nr. 9/2006 des Bundeskartellamts vom 07. März 2006 über den Erlass und die Reduktion von Geldbußen in Kartellsachen – Bonusregelung, F. II. 131 Bechtold/Otting-Bechtold, Kartellgesetz, § 81 Rn. 33. 132 Anders: Reppelmund (DIHK), BT, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Wortlautprotokoll 15/67 vom 20.09.2004, S. 15.

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3. Teil: Verbesserungsvorschläge

qualifizierten Einrichtungen wie im Wettbewerbsrecht erweitert werden. Dennoch bleibt unsicher, ob dies zu einer vermehrten privaten Verfolgung führen wird, weil die Aufklärungsschwierigkeiten bestehen bleiben.

VII. Gewinnempfänger 1. Verteilung an die Geschädigten Die Kritik an der Abschöpfung zugunsten des Bundeshaushalts beruht in erster Linie darauf, dass der Abschöpfungsanspruch in der geltenden Fassung an die Stelle der individuellen Ersatzansprüche tritt.133 In diesem Fall kann darüber nachgedacht werden, den Betrag dem Geschädigten zukommen zu lassen,134 obwohl Bedenken angebracht sind, weil der Gewinn nicht deckungsgleich mit den Schäden der Betroffenen ist.135 Praktisch wird die Verteilung an die Geschädigten ausscheiden, weil sie gerade wegen der geringen Schadenshöhe des Einzelnen zu aufwendig oder gar unmöglich ist.136 Die hier vorgeschlagene Neuregelung soll dagegen unabhängig von Schäden anderer Personen eingreifen, sodass eine Verteilung an Geschädigte von vornherein ausscheidet. 2. Verbleib beim Gläubiger Der abgeschöpfte Vorteil soll nach einer Ansicht beim Gläubiger verbleiben.137 Diese Möglichkeit scheitert nicht daran, dass der Gläubiger eventuell aus dem Motiv der Einnahmeerzielung handeln könnte.138 Dieses Motiv ist unschädlich, weil sichergestellt ist, dass ein Verband nur aktiv wird, wenn sein

133 Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 151; dies./Scholze, Jura 2004, 685 (687 Fn. 13); Dreier, Kompensation, S. 408. 134 So etwa: Burckhardt, class action, S. 191, 194; Staudinger, NJW 2006, 2433 (2435). 135 Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 133. 136 Bartholy, Mehrerlösabschöpfung, S. 59, 141; Burckhardt, class action, S. 172, 192 f.; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 1327, 1342; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 133: So auch auf S. 212, wo er abschließend das Konzept der Gruppenklage favorisiert, aber für den Fall, dass die Geschädigten nicht ermittelbar seien, der Verteilungsaufwand zu hoch sei.; Säcker, Verbandsklage, S. 75; Spindler, class action, S. 369 (378). 137 Halfmeier, Popularklagen, S. 122 f.; Köhler/Bornkamm/Henning-Bodewig, WRP 2002, 1317 (1322); Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 110, 125; jedenfalls ein erheblicher Teil des erstrittenen Betrags: Staudinger, NJW 2006, 2433 (2438); kritisch: BT-DS 15/1487, S. 25; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 212. 138 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 157; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 134; anders dagegen: BT-DS 15/1487, S. 25, 43.

B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung

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Interesse berührt ist. Entscheidendes Gegenargument ist vielmehr, dass der Betrag auch dem Gläubiger nicht gebührt. Zudem muss ein Wettlauf der Gläubiger verhindert werden,139 der bei eigenen finanziellen Interessen entsteht und die Gefahr von unberechtigten Verfolgungen provoziert. Die Gefahr einer Überkontrolle vergrößert sich nochmals, wenn die erste anhängige Klage Sperrwirkung für andere Verfolgungen entfaltet.140 3. Fonds Teilweise wird die Einrichtung eines Fonds zur Unterstützung aussichtsreicher Klagen und sonstiger Verbandstätigkeit vorgeschlagen.141 Das bringt jedoch erhebliche Verteilungsprobleme mit sich. Es geht um objektive Gesetzesverstöße, die alle Marktstufen vom Hersteller bis zum Endabnehmer beeinträchtigen können. Die Verwendung des Betrags beispielsweise für Verbraucherarbeit, nur weil zufällig ein Verbraucherverband tätig wurde, ist nicht überzeugend, weil auch ein Gewerbeverband in seinen Interessen beeinträchtigt sein oder die Kartellbehörde vorrangig abschöpfen kann. Zudem würde es den Wettlauf der privaten Gläubiger begünstigen. Auch das Verhältnis der behördlichen Abschöpfung nach § 34 GWB zur Abschöpfung über die Geldbuße wäre ungeklärt. Für eine unterschiedliche Verwendung desselben Abschöpfungsgegenstandes je nach Rechtsgrundlage ist kein sachlicher Grund erkennbar. Sonst hätten die Kartellbehörden einen Anreiz, § 34 GWB ungenutzt zu lassen und den Vorteil über die Geldbuße abzuschöpfen, um das Geld dem Bund zukommen zu lassen. 4. Abführung an den Bundeshaushalt Es bleibt also dabei, dass der Vorteil einheitlich an den Bundeshaushalt abgeführt wird.142 Teilweise wird eine zweckgebundene Abführung z. B. für unabhängige Verbraucherarbeit143 oder nur eine anteilige Abführung144 vorgeschla139

Dreier, Kompensation, S. 408. Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 125. 141 Burckhardt, class action, S. 193; Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 5, 1239 f., 1273 f., 1343 f.; Bartholy, Mehrerlösabschöpfung, S. 155. 142 Im Ergebnis auch: Köhler, Statement, S. 45. 143 Oppermann/Müller, GRUR 2005, 280 (284); Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 157, 161, 182; Neuberger, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 212; früher schon: Löwe, Deutscher Bundestag – Rechtsausschuss – 8. Wahlperiode, 63. Protokoll vom 23. April 1979, S. 51. 144 Lorenz-Wagner, Karlsruher Forum, S. 149; ders., Schadensersatzrecht, S. A 114, 134 (18. These); zustimmend: Staudinger, NJW 2006, 2433 (2438). 140

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3. Teil: Verbesserungsvorschläge

gen. Sie ist aus gleichen Gründen wie der Fonds abzulehnen, weil der Verteilungsschlüssel bei objektiven Rechtsverstößen unklar bleibt.

VIII. Anreize und Finanzierung der Geltendmachung Die Ausgestaltung des Anspruchs darf nicht dazu führen, dass den privaten Gläubigern jeglicher Anreiz fehlt, den Anspruch überhaupt geltend zu machen. Teilweise wird eingewendet, dass die Verbände im Bereich der Unterlassungsansprüche nach dem UWG ausreichend von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht hätten, obwohl hier kein finanzieller Vorteil bestehe.145 Die Grenze des zumutbaren, altruistischen Tätigwerdens ist jedoch auch bei Unterlassungsansprüchen erreicht, wenn das Prozesskostenrisiko zu hoch ist.146 Und im Gegensatz zu lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsklagen ist der Nachweis eines Gewinns wesentlich schwieriger und unsicherer. Im Kartellrecht steigt das Prozessrisiko sogar für Unterlassungsbegehren, weil bereits der Verstoß kaum nachweisbar ist. Der fehlende Anreiz zur Geltendmachung von Abschöpfungsansprüchen sollte also dadurch überwunden werden, dass den Gläubigern das Prozesskostenrisiko genommen wird. Wer die Kosten für das Vorgehen gegen Zuwiderhandlungen zu tragen hat, lässt sich nach dem Verursacherprinzip beantworten.147 Verantwortlich für die Notwendigkeit der Überwachung und Verfolgung sind die Zuwiderhandelnden. Die Beträge, die aus erfolgreichen Abschöpfungsklagen abgeführt werden, müssen daher zur Finanzierung der erfolglosen Klagen zur Verfügung stehen. Andererseits sollte der Bund als Empfänger der Abschöpfungsbeträge ein möglichst geringes finanzielles Risiko eingehen. Die Finanzierung von erfolglosen Klagen ist daher auf die Höhe der vorher abgeführten und noch im Bundeshaushalt vorhandenen Vorteile zu beschränken. Darüber hinaus sollte das Risiko gering gehalten werden, dass aus dem Bundeshaushalt wegen nachträglicher Leistungen gem. § 10 Abs. 2 S. 2 UWG und den §§ 34 Abs. 2 S. 2, 34a Abs. 2 S. 2 GWB mehr ausgegeben wird, als eingenommen wurde. Denkbar ist eine zeitliche Sperre, in der die Einnahmen nicht zur weiteren Finanzierung anderer Klagen ausgegeben werden dürfen. Rein praktisch kann eine gesetzliche Regelung die zweckgebundene Verwendung über das laufende Haushaltsjahr hinaus sicherstellen. Auf der anderen Seite darf die Übernahme des Prozessrisikos nicht dazu führen, dass die Gläubiger nun jeden angeblichen Verstoß risikolos rügen können. Sie dürfen daher vom Prozesskostenrisiko nur entlastet werden, soweit die Gel145 146 147

BT-DS 15/1487, S. 43. BT-DS 15/1487, S. 35. von Moltke, Rechtsschutz, S. 104.

B. Eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung

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tendmachung des Anspruchs im Vorfeld hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht missbräuchlich ist. Diese einzelfallbezogene Prüfung kann von der zuständigen Stelle des Bundes übernommen werden. Im Kartellrecht entscheidet also das Bundeskartellamt über die Übernahme des Prozesskostenrisikos privater Klagen. Es ist nicht zu verkennen, dass sich das Bundeskartellamt bei der Bewilligungsentscheidung von eigenen Interessen leiten lassen könnte. Diese Beeinflussung ist jedoch unschädlich, weil die Abschöpfung durch das Bundeskartellamt sogar insgesamt Vorrang vor einer privaten Abschöpfung hat. Und ein Interessenkonflikt dürfte insoweit ausscheiden, als alle Beteiligten das gemeinsame Ziel verfolgen, Gesetzesverstöße zu verfolgen.

IX. Auskunftsanspruch und Schätzungsbefugnis Zur Klarstellung empfiehlt sich eine ausdrückliche Regelung des Auskunftsanspruchs der Gläubiger gegen den Schuldner und der Schätzungsbefugnis.148 Außerdem ist zu empfehlen, die Auskunftspflicht der Gläubiger gegenüber der zuständigen Stelle nach § 10 Abs. 4 S. 1 UWG in eine ausdrückliche Meldepflicht umzuformulieren.149

X. Zusammenfassung Das Ziel der neuen Abschöpfungsregelungen sollte sein, dass sich unlauterer Wettbewerb und kartellrechtswidriges Verhalten nicht lohnen dürfen. Andere Vorschläge wie etwa eine kollektive Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erreichen dieses Ziel nicht besser oder auf einem einfacheren Weg. Der Tatbestand sollte jeden Verstoß gegen das materielle Lauterkeits- und Kartellrecht unabhängig von Schäden Dritter erfassen. Die Abschöpfung ist weder durch ein Verschuldenserfordernis noch durch eine Bagatellgrenze zu begrenzen. Abzuschöpfen ist nur der wirtschaftliche Vorteil, sodass es beim Nettoprinzip bleiben sollte. Der Vorrang individueller Ansprüche ist durch Anrechnungsregeln wie in § 10 Abs. 2 UWG und § 34a Abs. 2 GWB sicherzustellen. Hypothetisches Alternativverhalten bleibt unberücksichtigt, aber ein „legaler Sockelbetrag“ ist abzuziehen. Die Verursacherkosten sind kein Indiz für den Mindestvorteil. Eine Beweislastumkehr scheidet aus. 148 Gärtner, Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 181; Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 123; ders./dies., Verbandsklagerecht, S. 1218, 1231, 1339, 1348; Schaumburg, Verbandsklage, S. 121, 266. 149 Dazu: 1. Teil G. II.

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3. Teil: Verbesserungsvorschläge

Im Wettbewerbsrecht können die privaten Einrichtungen und Kammern weiterhin allein aktivlegitimiert bleiben. Im Kartellrecht ist der Ausbau der bestehenden Kartellbehörden wünschenswert. Daneben ist die subsidiäre Befugnis der Gewerbeverbände auf qualifizierte Einrichtungen zu erweitern. Bei den Gewerbeverbänden sollten sonstige Marktteilnehmer als Mitglieder ausreichen. Der Vorteil sollte weiterhin an den Bundeshaushalt abgeführt werden. Der fehlende Anreiz zur Geltendmachung von Abschöpfungsansprüchen sollte dadurch überwunden werden, dass den Gläubigern das Prozesskostenrisiko genommen wird, soweit die Geltendmachung des Anspruchs im Vorfeld hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht missbräuchlich ist. Diese einzelfallbezogene Prüfung kann von der zuständigen Stelle des Bundes übernommen werden. Die an den Bundeshaushalt abgeführten Vorteile sollten zur Finanzierung von erfolglosen Klagen zur Verfügung stehen. Die Übernahme des Prozesskostenrisikos ist auf die Höhe der noch im Bundeshaushalt vorhandenen Vorteile zu beschränken. Denkbar ist eine zeitliche Sperre, in der die Einnahmen nicht zur weiteren Finanzierung anderer Klagen ausgegeben werden dürfen.

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Sachverzeichnis Abmahnung – als abzugsfähige Kosten 131, 145, 222, 230 – als Indiz für den Vorsatznachweis 99 f., 103, 151, 190 – Erstattung außerprozessualer Aufwendungen bei Gewinnabschöpfung 90, 149, 151, 153 – Hinweispflicht des Schuldners bei Mehrfachabmahnung 77, 148 – materieller Kostenerstattungsanspruch 156 – siehe auch Aufwendungen: Abmahnung; Vorabmahnung Abnehmer – Abgrenzung zum Mitbewerber 65 f., 69, 120 f., 125, 212 – Anbieter und Nachfrager 120, 212, 214 – auf nachgelagerter Marktstufe 68, 122 f., 125, 212, 246 – Verbraucher 120, 246 – Vertragspartner 122, 125, 212 Absatzwettbewerb 65 Abschöpfungsanordnung 206, 237 Abschreckung 29 f., 41, 44 f., 56, 58, 85, 128, 132, 187 f., 245, 248 Abtretung – der Individualansprüche 39, 54, 244 – des Abschöpfungsanspruchs 87 f., 93 – des Rückzahlungsanspruchs der zuständigen Stelle 159 f. Adressbuchschwindel 94, 103, 170 Aktivlegitimation 50, 61 f., 71, 92, 195, 201 f., 254 f., 264 Analogie – Anwendbarkeit des BGB auf Verbandsansprüche 58

– Ausschluss des Verfalls durch den Gewinnabschöpfungsanspruch 183 – Erweiterung auf den Nachfragewettbewerb 65 – Erweiterung der Anfechtungsregeln 33 – Gefährdungshaftung 51 – Missbrauchsvorschrift im UWG 91 f. – mittelbare Vorteile bei Ordnungswidrigkeiten 217 – nachträglicher Wegfall des Vorteils 226 f. – Regeln zur Gesamtgläubigerschaft 78 f., 93 – Schätzung 142 f., 146, 229, 231 – Streitwertherabsetzung 162 – Vorteilsabschöpfung durch qualifizierte Einrichtungen 203, 213 – Zurechnung des Verhaltens Dritter 72 f., 92 f., 204, 213, 240 Anbieter 212 f., 241 – siehe auch Abnehmer; Klingeltonanbieter Anfechtung – beim Begriff „zu Lasten“ 106 – der Ausgangsverfügung der Kartellbehörde 206, 214 – des Gewinnabschöpfungsanspruchs 83 – wegen Erklärungs- oder Inhaltsirrtums 33, 40, 45 – wegen Täuschung 115, 196 Angestellter 73 f. Annahmeverzug eines Gläubigers 80, 82 Anscheinsbeweis – Feststellung eines Kartellverstoßes 240 – Höhe des Gewinns 140 – ob ein Gewinn erzielt wurde 138 f., 145, 163, 183 – ob ein Vorteil erzielt wurde 227, 231

Sachverzeichnis – Vorsatz 98, 103 – wirtschaftliche Schlechterstellung 123 f. Anschwärzung 69 Anspruch eigener Art 57, 72, 74, 142 – siehe auch Anspruch sui generis; Befugnis eigener Art; Maßnahme eigener Art Anspruch sui generis 58, 200, 213 Anspruchsberechtigung – materielle 60 f., 63, 92, 202 – Nachweis der Eintragung 67 – zeitlich 69 f. Anspruchsinhaber – Geschädigter 41, 53 – Gläubiger des Abschöpfungsanspruchs 59, 61 Anspruchskonkurrenz 36 Anstifter 204, 214, 241 Äquivalent 49 auf Kosten – Bereicherungsrecht 50, 112 – Gewinnabschöpfungsanspruch 104, 106, 108, 112 f. – siehe auch zu Lasten Aufrechnung 81, 169 f. Aufwendungen – Abmahnung 90, 149, 151, 153 – außerprozessuale 90, 151, 156 f. – erforderliche 48, 147, 149 f., 158, 160, 234 f. – Kosten der Zwangsvollstreckung 151 – Kosten des Rechtsstreits 150 f. – Kostengrundentscheidung 152 – Personal- und Sachkosten des Berechtigten 153 f. – Privatgutachten 153 – Prozesskostenfinanzierer 155, 160 – Rechtsanwaltskosten 153 – Testkauf 151, 153 – siehe auch Beschränkungen: Erstattung der Aufwendungen; Gläubiger: Aufwendungserstattungsanspruch; Miss-

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brauch: Erstattung der Aufwendungen; zu Lasten: Folgeaufwendungen Aufwendungserstattung – Abtretung eines Rückzahlungsanspruchs an den Schuldner 159 f. – Anforderungen an die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs 157 – anteilige Erstattung bei Gläubigermehrheit 158 – Aufwendungserstattungsanspruch 48, 147, 156 – Begriff der Aufwendungen 149 – beschränkt auf die Höhe des abgeführten Gewinns 158 – Ermittlungsaufwand 149 – materiellrechtlicher Erstattungsanspruch 156 f. – nachträglicher Anspruch höher als der vorhandene Gewinn 158 f. – prozessualer Kostenerstattungsanspruch 156 – Risiko der Leistungsfähigkeit 149 – Zwangsvollstreckung 151, 157 f., 160 Ausgaben – Abmahnung oder einstweilige Verfügung 131 f., 145, 222, 230 – Beweislast 128, 140, 240, 253, 263 – Durchführung der Werbeaktion 132 – freiwillige 129 – Geldstrafen und Geldbußen 131, 145, 149, 182 f., 223 – Gemeinkosten 133 f., 140, 145, 172, 224 f. – Gesamtverlust trotz Stückgewinn 134 f. – Herstellungs- und Betriebskosten 132, 135, 170, 224, 231 – Imageschaden 133, 145 – Leistungen an den Staat 131, 223 – Leistungen an Dritte 129 – Lohnkosten 132, 171 – nachträglicher Wegfall 126, 135, 145, 226 – Nettoprinzip 224, 252, 263

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Sachverzeichnis

– Ordnungsgelder 132 – Prozesskosten 132, 222 – Schadensersatzleistungen 34, 129, 221, 230 – Steuern 225, 231 – Teilkostenmethode 134 – Überproduktion 135, 145 – Verfall 131, 149, 221, 223, 230 – Vergleich 130, 145, 222, 245, 254 – Vertragsstrafen 129 f., 145, 221 f., 231 – Vollkostenmethode 134 Ausgleich 30, 35, 37, 46, 49 f., 53 f., 106, 126 f., 131, 155, 157, 160, 183, 220, 234 f., 248 Auskunftsanspruch 78, 129, 147, 162 f., 167, 169, 172, 184 f., 233, 250, 263 Auskunftspflicht 57, 77, 147 f., 160, 162, 164 f., 168 f., 183, 263 Ausschließlichkeitsrechte 35, 141, 167, 248 Ausstattung des Verbandes 66, 153 f. Bagatellgrenze 246 f., 263 Bagatellschaden 30, 37, 68, 124, 243 Beauftragte 47, 71 Befugnis eigener Art 200, 213 – siehe auch Maßnahme eigener Art Beliehene 45 f., 57 berechtigt zur Geltendmachung 58 f., 86, 92, 238 Bereicherung – bereicherungsrechtliche Auslegung 112 f., 116, 246, 248 – siehe auch Bereicherungsanspruch Berufskammer 68 Beschaffenheitsangabe 31, 137 Beschränkungen – Abnehmerbegriff 121 f. – Erstattung der Aufwendungen 48, 158 – Gläubiger 65, 87, 195, 259 – Inhalt des Abschöpfungsanspruchs 68 f., 231 f. – Verwendung der Mittel im Haushalt 205

– Vorsatz 214, 249 Beseitigungsanspruch 37, 40, 49 f., 54, 57, 66, 69 f., 90 f., 129, 135, 159, 179 f., 193, 197, 221 f., 230 Betrug 37 f., 108 f., 116, 119, 125 Beweggründe 44, 105, 138 Beweis – Beweiserleichterung 136, 139 f., 142 – Beweislast 97, 128, 140, 207, 214, 240 – Beweislastumkehr 136, 139, 146, 207, 240, 253, 263 Bewusstsein der Unlauterkeit 96, 103, 211 Bonusregelung 259 Bruttoabschöpfung 251 f. Bruttoprinzip 37, 47, 183, 224, 251 Bundesamt für Justiz siehe zuständige Stelle Bundeshaushalt 30, 54, 61, 78 f., 85 f., 146, 149 f., 157 f., 172, 203, 205, 214, 222, 249, 260 f. Bundeskartellamt – Auskunftsanspruch 233 f. – Meldepflicht der Verbände 233 f. Bundesverwaltungsamt siehe zuständige Stelle Bußgeld – anrechenbare Leistung 131, 182, 221, 224, 230 – Berücksichtigung des Gewinns 214 – Ermessen der Kartellbehörde 190, 201 f., 223, 259 – Leitlinien 192 – reiner Ahndungszweck 191, 201, 213, 223 f. – Verjährung 239, 241 – Vorsatz und Fahrlässigkeit 207 – zehn Prozent des Umsatzes als Bußgeldrahmen 189, 192 Bußgeldverfahren – Bedeutung neben einer Abschöpfung 184 – der deutschen Kartellbehörden 190 – der Europäischen Kommission 188

Sachverzeichnis class action 243 Deckungsverhältnis 60 Deliktsrecht 35 f., 40, 45, 50 f., 54 f., 57, 73 f. Deutscher Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW) 64, 78, 100, 184 Differenzhypothese 51, 107 Doppelnatur der Klageberechtigung 59, 63 Drittschadensliquidation 54 Drohung 123 Durchsetzungsdefizit 29 f., 40, 45, 105, 122, 188, 197, 242, 246, 248 Einnahmen – Gewinn 125 f., 128 f., 138, 145, 181, 216 – Imagegewinn 126, 133, 139 – kartellrechtswidriges Element innerhalb eines Verstoßes 218 f., 230 – „legaler Sockelbetrag“ 128, 218 f., 228, 230, 251, 263 – mittelbare 126, 145, 216 f., 230 – rechtmäßiges Alternativverhalten 127 f., 134, 145, 194, 218, 227 f., 230, 263 – Rückabwicklungen 125 f. – Umsatzerlöse 125 f., 129, 132, 135, 145, 170, 222 – unlauteres Element innerhalb einer Zuwiderhandlung 127 – Verbesserung der Marktposition 126, 145, 216, 220, 229 f., 241 Einzelwirkung 83 f., 89, 93 Einziehung geringer Beträge ohne Rechtsgrund 94 f., 103, 122, 127, Empfänger – Abgrenzungskriterium bei der Rechtsnatur eines Schadensersatzanspruchs 53, 57 – Bundeshaushalt als Empfänger des Vorteils 86, 155, 205, 260

283

– Landeshaushalt als Empfänger des Vorteils, 205 Enforcement-Richtlinie (2004/48/EG) 34 f., 52 f., 248 Entstehungsgeschichte 52, 104, 117, 157, 159, 176 EnWG 28 Erfüllung – Ausschluss des Verfalls bei Ersatzansprüchen 37, 183 – Erfüllungsübernahme 86 f., 89, 93 – Leistung an Erfüllungs statt 81 f. – Nacherfüllung 30 f., 106, 129, 222, 230 – Wirkung bei Gesamtschuldnern 81, 89, 93 Erfüllungsgehilfe 77, 204, 213, 240 erhebliche Zahl von Unternehmern 64 f. Erklärungsirrtum 33 Erlass 82 f., 89, 93, 259 Ermächtigung – Gesetzesvorbehalt 143, 146 – zur Geltendmachung 39, 87 Ermessen – Auffangerwerb für den Staat 38 – Aufgreifentscheidung der Kartellbehörde 187, 190, 201, 227, 231, 234 – Geltendmachung des Abschöpfungsanspruchs 46 – Streitwertherabsetzung 233 – Vorsatznachweis 145 – siehe auch Bußgeld: Ermessen der Kartellbehörde Euro-Umrechnung 43, 95, 249 fahrlässig – Bußgeldverfahren 189 f. – Indizien 99, 101 f. – Maßstab 210 – Verjährungsbeginn 175, 177, 237, 239, 241 – Verrichtungsgehilfe 75 f. Feststellungsklage 172 f., 181, 184, 188, 206

284

Sachverzeichnis

Fixkosten 66, 135, 154 Fonds 39 f., 261 f. Forderungsübergang 54, 159 formell 60 Füllmengenunterschreitung 43, 140, 146 Fünfjahresfrist – materieller Natur 237, 239 – Verfolgungsverjährung 236 f., 239, 241 Funktionszusammenhang zwischen Gewinn und Beeinträchtigung 104 Gebietskörperschaft 80 Gebrauchsmusterrecht 34, 76, 167 Gefährdungshaftung 51 gefälschte Produkte 94, 103, 171 Gegenleistung 31 f., 40, 106 f., 116, 124, 127 Gehilfe 31, 40, 73 f., 93, 204, 212, 214, 240 f. Generalklausel 35, 40, 45, 83, 92, 247 Gesamtgläubiger 61 f., 78 f., 93, 130, 161, 203 f., 213 Gesamtschuld 81 Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) 47 f., 57, 149, 160 Gestaltungsrecht 83, 87, 89, 93 Gewährleistungsrecht 30 f., 40, 106 Gewerbebetrieb, eingerichteter und ausgeübter 36, 196 Gewerbeverbände 27, 79, 92, 197, 202 f., 205, 207, 209, 213 f., 231 f., 237, 239, 258 f. Gewinn – Existenz 42 f., 199 – siehe auch Ausgaben und Einnahmen Gewinnabschöpfung, praktische Bedeutung 138, 186 Gläubiger – Anspruch eigener Art 58 f. – Aufwendungserstattungsanspruch 156 f., 163 f., 169 f., 234 f.

– Begriff 59 f., 92 f. – Hinweispflicht bei Mehrfachverfolgung 77 f., 93, 148 – Meldepflicht der Gläubiger 147 f., 160, 233, 263 Gläubigermehrheit – anderweitige Rechtshängigkeit 161 f., 231 – Regelungsbedürfnis 78 f. – Streitgenossen 161 – Vollstreckung 86 f., 89, 93, 161, 203 größerer Kreis 36, 118 f., 124 Handlungsbevollmächtigte 73 Handwerkskammer 68 Harmonisierung 27 f. Härtefälle 237 f., 239 Hauptfunktion 54 Hemmung – Ablaufhemmung 84 – Schadensersatz als Hemmungseffekt 56 Herausgabe – des Aufwendungsbetrags 253 – des Verletzergewinns 34, 52 f., 170, 194, 248 – im Auftragsrecht 47 – im Bereicherungsrecht 49 f., 57 – im Sachenrecht 60 Hinterlegung 82, 89 Hinweispflicht 77 f., 93, 148 – siehe auch Gläubiger: Hinweispflicht bei Mehrfachverfolgung hypothetisch abgesetzte Menge 228 hypothetischer – Leistungsempfänger 121 – Marktpreis 194 f. – Wettbewerbspreis 197, 199, 219, 221, 228, 231, 240, 251 hypothetisches Alternativverhalten 127, 134, 218, 227, 230, 263

Sachverzeichnis Indiz – mutmaßlicher Wille des Geschäftsherrn 48 – Umsatzsteigerung 141, 146 – Verursacherkosten 145, 253, 263 – Vorsatz 98 f., 103, 151, 190, 210 – siehe auch Abmahnung: als Indiz für den Vorsatznachweis Industrie- und Handelskammer 68 Inhaber einer Forderung 59 f. Inhaltsirrtum 33 Interesse – Abnehmerinteresse 103 f., 107, 109, 111, 114, 116, 123 – berufliches 63 f. – der Verbandsmitglieder 66, 70, 202 – des Verbraucherschutzes 39, 67 – Feststellungsinteresse 173, 188 – finanzielles 78, 80, 130, 261 – Gebühreninteresse 64 – individueller Interessenausgleich 30, 58, 74, 87 – Informationsinteresse 169 – Interessensabwägung beim Auskunftsanspruch 168 f., 171 – Kollektivinteresse 60, 63, 67 – Mitbewerber 68 f., 104 – negatives 51, 196 – öffentliches 46, 58 f., 63, 82 – Präventionsinteresse 56 – rationales Desinteresse 256 – vergleichbare Interessenlage 91, 142 – Vermögensinteresse 36, 108 – wirtschaftliches 105 f., 114 Irreführung 31, 36, 94 f., 97, 103, 109, 117, 122, 157, 173 Kammern 33, 42, 50, 60, 68, 161 f., 197, 213, 241, 259, 264 Kartellbehörde – Aktivlegitimation 201 f. – knappe Ressourcen 44, 198 f., 255 – Nachweismöglichkeiten 208

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– Schwerpunktsetzung 198 f., 235, 239 f., 257, 259 – Vor- und Nachteile 254 f. Kartellrendite 187 f., 190, 194, 197 f., 220 Kausalität – Nachweismöglichkeiten 136 f., 141, 227, 254 – Schätzung 142 f., 146 – Umsatzsteigerung 141, 146, 253 – zwischen Zuwiderhandlung und Gewinnerzielung 135 f., 145 f., 174, 253 f. Kenntnis – bei Verrichtungsgehilfen 75 f. – im Bereicherungsrecht 49 – sekundäre Behauptungslast 141 – Verjährungsbeginn 175 f., 237, 239, 241 – Vorsatz 96 f., 102 f. Klagebefugnis 35, 62, 68 f., 87, 92, 202, 245, 249 Klageberechtigung 59, 62 Klingeltonanbieter 97 kollektiver Schadensersatzanspruch 52, 244, 263 konkretes Wettbewerbsverhältnis 33, 70 körperschaftliche Struktur 63 Kosten-Nutzen-Abwägung 44, 138 Kündigung 83, 87, 89, 93 Landeshaushalt 205, 214 Lehre vom Organisationsmangel 73 f., 92 Leistung an Erfüllungs statt 81 f. Leistungsklage – Empfänger im Zahlungsantrag 155, 205, 260 – Klageantrag 172 – Stufenklage 172, 184 Liste qualifizierter Einrichtungen 66 f., 146 Lockangebot 111

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Sachverzeichnis

Markt, sachlich und räumlich relevanter 65 Marktstufe, nachgelagerte 68, 121 f., 125, 212 f., 246 – siehe auch Abnehmer: auf nachgelagerter Marktstufe Marktteilnehmer 65, 68, 92, 94, 120 f., 199, 256, 264 Marktverhaltensregel 35 Massenschäden 243 Maßnahme eigener Art 47 – siehe auch Befugnis eigener Art materiell – Einbuße 51 – materiellrechtliche Anspruchsberechtigung 59 f., 92, 202, 236, 239 – materiellrechtliche Einwendung 91 – materiellrechtliche Erstattungsansprüche 156 f. – materiellrechtliche Fünfjahresfrist 237 – Werte 44 – Wettbewerbs- und Kartellrecht 28 f., 71, 245 f., 250, 255, 263 Mehrerlösabschöpfung 27, 206, 215, 219, 221, 230 Mehrfachverfolgung 77 f., 93, 148, 161 Meinungsumfrage 42, 256 Meldepflicht 147 f., 160, 206, 233, 263 Mietpreisüberhöhung 38, 219 Minderung 30 f., 83, 106 f., 113, 115, 126, 129, 222, 230 Mischverband 67 Missbrauch – abzugsfähige Ausgaben 131, 133, 145, 222 – der Anspruchsberechtigung 63 f., 68, 90 f., 151, 172, 235, 245, 249, 263 f. – einer marktbeherrschenden Stellung 195 – Erstattung der Aufwendungen 235 – missbräuchliche Preisüberhöhung 228, 251 – Streitwertherabsetzung 233

– wegen widersprüchlichen Verhaltens 87 Mitarbeiter 37, 71 f. Mitbewerber – Abgrenzung beim Abnehmerbegriff 120 f., 123, 125, 212 – Mitbewerberinteressen 104 – Schadensersatzanspruch 33 f., 36, 41, 45, 54 f., 105, 129, 156, 251 – Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch 33, 193 – Verbandsmitglieder 65, 68 f., 92, 202 – Verrichtungsgehilfe 74 Mitgliedstaat 52 f., 67, 209, 236, 248, 257 Mogelpackung 94 f., 103, 122, 124, 128, 171 more economic approach 207 Musterverfahren 243 Nachahmung 34, 48, 141, 167 Nacherfüllung 30 f., 106, 129, 222, 230 Nachfrage 65, 120, 213 Nachweis – Anscheinsbeweis 98, 103, 123 f., 138 f., 145, 163, 183, 227, 231, 240 – Ausforschungsbeweis 142, 163 – Bindung an Vorentscheidungen im Kartellrecht 209 – der Eintragung 67 – durch Private 198, 208 f., 214, 240, 258, 260 – Durchsuchungen 208 – Sachverständigengutachten 124, 139, 229, 233 – Testkäufe und Stichprobenziehungen 124, 151, 153 – Untersuchung von Wirtschaftszweigen 208 – Vermutung 120, 124, 137, 141, 146, 211, 227, 240, 253 – Vortrag ins Blaue hinein 96, 141 f. – Zeugen 123, 138 Nettoprinzip 47, 224, 252, 263

Sachverzeichnis – siehe auch Ausgaben: Nettoprinzip Neubeginn der Verjährung 84 Nichtigkeit – Ausführungsvertrag 196 f. – Folgevertrag 193, 196 f. – Sittenwidrigkeit 32, 195 Novation 86 f., 89, 93 Organtheorie 72 Parallelwertung in der Laiensphäre 97 Passivlegitimation – Schuldner 71 f. – Unternehmen 204 – Zurechnung 72 f., 204 Personengesellschaften 64 Personenverband 64 Persönlichkeitsrechtsverletzung 56 f. praktische – Bedeutung der Bindungswirkung von Entscheidungen der Kartellbehörde 209 – Bedeutung des Abschöpfungsanspruchs 184 f., 197 f., 229 – Doppelbestrafung 183 – Doppelinanspruchnahme des Schuldners 78, 203 f., 213, 239 f. – Durchsetzungsprobleme 39 f., 45, 233, 242, 246, 254 – Kenntnisnahme der Gläubiger 177 Prävention – Abschöpfungsteil der Geldbuße 200 – Funktion und Ziel 44, 55 f., 132 f., 188, 245, 248 – Generalprävention 29, 36, 55 – Spezialprävention 36 Preiskontrolle 107 Primärzweck 56, 131, 237 pro Kopf (Gesamtgläubiger) 88 f. Prokurist 73 prozentual – Bußgeldrahmen 189, 192

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– Erfolgsbeteiligung eines Prozesskostenfinanzierers 155 – Gesamtgläubiger 88 f., 93 – Kostenentscheidung 152, 173 – räumlich und sachliche Marktabgrenzung 65 – Restrisiko 102 f. Prozessführungsbefugnis 59, 62 f., 92, 202 Prozesskostendeckungszusage 64 Prozesskostenrisiko 186, 262 f. Prozessstandschaft 39, 54 f., 59, 63, 69, 92 Pyramidensystem 37 qualifizierte Einrichtungen 66 f., 84, 146, 153, 203, 213, 238, 241, 260, 264 Quotenkartell 219 f., 227 Rechenschaftspflicht 48 Rechnungslegungsanspruch 162, 168, 170 f., 183 f. Rechtsausschuss 104, 113, 115, 157 Rechtsbruchtatbestand 103, 195, 197 Rechtscharakter 46 rechtsfähiger Verband 63 f., 67, 70, 74, 202 Rechtsfolge – Bedeutung „zu Lasten“ 112 f., 125 – deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch 49, 51 f. – Missbrauch 91 – Rechtsfolgenverweisung 230 – Schwerpunkt der Abschöpfung 142, 144, 240 Rechtsinhaber 35, 52 Rechtsnatur – der Abschöpfung 45 f., 200 f. – des erweiterten Verfalls 47 – verwaltungsrechtliche Befugnis eigener Art 200, 213 – zivilrechtlicher Anspruch sui generis 57 f., 72, 74, 142, 200, 213 Rechtsrat 97, 101 f.

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Sachverzeichnis

Rechtsvergleich 27 Rechtsvielfalt 28 Referentenentwurf 46, 52, 95, 105, 249 f. Reflex 55, 193 Repräsentant 73 f., 92 Restrisiko 102 f. – siehe auch prozentual: Restrisiko Rückerstattung 38, 148 f., 159 f., 182, 230 f. Rücktritt 30, 83, 106, 122, 126 Sachbefugnis 61 f., 92 Sachlegitimation 61 Sanktion 36, 40, 44, 46, 58, 73, 76, 95, 118, 131, 145, 187, 189, 200, 217, 221, 224, 243, 245 Schadensberechnungsmethoden, dreifache 34, 52, 141, 192 Schadensersatzanspruch – Berücksichtigung des Verletzergewinns 34, 41, 45, 52 f., 127, 134 f., 140, 154, 167, 170, 194, 198, 248 – Differenzprinzip 193 – rechtmäßiges Alternativverhalten 194, 228 Schätzung – Höhe des Gewinns 144, 146 – ob ein Gewinn erzielt wurde 142 f., 146 – Verursacherkosten 144 f., 253, 262 f. – siehe auch Anscheinsbeweis Schneeballsystem 37 Schuldbeitritt 85, 87, 89, 93 Schuldersetzung 86 Schuldnerverzug 87, 89, 93 Schuldübernahme 85, 87, 89, 93 Schutzzweck 51, 127 f., 203 sekundäre Behauptungslast 128, 141 Sekundärzweck 56 Strafe – Anrechenbarkeit von Geldstrafen 131, 145, 182 f., 223 f., 230 f.

– Verfall 37 f., 40 f., 45 f., 57, 131, 149, 183 f., 192, 221, 223 f., 230 – Verhältnis zur Freiheitsstrafe 182 Straftat 36, 168, 191, 252 Streitwert 162, 183, 232 f., 235, 239 Streuschaden 29, 37, 41 f., 45, 72, 93 f., 103, 105 f., 121, 138, 187, 193, 242, 246 Submissionsabsprachen 196, 219 f. Teilnehmer – Täterschaft 76, 183 – siehe auch Gehilfe; Marktteilnehmer Testurteil 98, 109 TKG 28, 215 Treu und Glauben 49, 77, 91, 163 Triebfeder 44, 91 TRIPs-Übereinkommen 34, 53, 248 Übel 44 Umgehungsmöglichkeit 85, 129 f., 222, 231 Umsatzabschöpfung 43, 189 f. unerlaubte Handlung 38, 43, 50 f., 54 f., 60, 193 Unmöglichkeit 84, 87, 89, 93, 139, 189, 260 Unschuldsvermutung 207, 214, 240 Unterlassungsanspruch 33, 40, 45, 53, 58, 66, 69 f., 77 f., 90 f., 131 f., 149, 151, 157 f., 162, 177 f., 193, 197, 247, 262 Unterlassungsklagegesetz 87 Unterlassungsverfügung 214, 240 Ursachenzusammenhang 51, 123 – siehe auch Kausalität Urteil – rechtskräftiges 84, 87, 89, 93, 182, 210 – siehe auch Testurteil Verband, Vor- und Nachteile 255 f. Verbesserungsvorschläge – Abschöpfungsziel 245

Sachverzeichnis – Aktivlegitimation 254, 258 – Anreize und Finanzierung der Geltendmachung 262 – Auskunftsanspruch 263 – Beratungs- und Schlichtungsstellen 243 – Gewinnempfänger 260 – individuelle Ersatzansprüche 242, 244, 246, 248, 251, 260, 263 – kollektive Geltendmachung 244, 263 – Schätzungsbefugnis 251, 263 – unabhängig vom Schaden der Abnehmer 244, 246 – verschuldensunabhängig 247 f. – Verstoß 246 f., 261 f. – Zugriffsobjekt 251 Verbraucherbelange 68 Verbraucherverbände 39, 67 f., 193, 195, 197, 202 f., 256, 258, 261 Verbraucherzentrale – allgemein 39, 67, 79 – Bundesverband (vzbv) 100 – Hamburg 43, 185 Verein 72, 74, 90 Verfall 37 f., 40 f., 45 f., 57, 131, 149, 183, 192, 221, 223 f., 230 – siehe auch Analogie: Ausschluss des Verfalls durch den Gewinnabschöpfungsanspruch; Ausgaben: Verfall Verfügung der Kartellbehörde 188, 197, 204, 206, 209 f., 213 f., 228, 235, 238, 240 f. Verfügungsbefugnis 61 f., 82, 84 f. Vergleich 60, 84, 87, 89, 91, 93, 130, 145, 184, 222, 245, 252 Verjährung – Beginn 84, 175 f., 190, 236 f., 239 – Dauer 35 f., 169, 174, 190, 232, 237, 239 – Dauerhandlung 178 f., 184, 190 – Einzelhandlung 177, 179 – Entstehung des Anspruchs 175 f., 184, 236 – fortgesetzte Handlung 178 f., 190

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– sukzessiver Verjährungsbeginn 180 f., 184 – Unterbrechung 84, 179, 232, 236, 239, 241 – siehe auch Bußgeld: Verjährung; fahrlässig: Verjährungsbeginn; Fünfjahresfrist: Verfolgungsverjährung; Kenntnis: Verjährungsbeginn; Neubeginn der Verjährung verkehrswesentliche Eigenschaft 33, 40, 45 Verletzergewinn siehe Herausgabe: des Verletzergewinns; Schadensersatzanspruch: Berücksichtigung des Verletzergewinns Vermögensschaden 37, 40, 45, 106 f., 116 Vermögensvorteil 46, 112, 249, 253 Vermutung – Anscheinsbeweis für die Höhe des Gewinns 140 – Anscheinsbeweis für die Höhe des Vorteils 227 – Beeinträchtigung einer Vielzahl 120, 124, 211 f. – Eintragungsvoraussetzungen nach UKlaG 67 – Rechtsgedanke im Kaufrecht 137, 146 – Umsatzzuwachs 253 – Verschulden des Geschäftsherrn 75 – siehe auch Unschuldsvermutung Verpfändung 86 f., 89, 93 Verrichtungsgehilfe 73 f., 93 Verschulden – Auskunftsanspruch 164 – bei Verbänden 211 – bei Vertragsverhandlungen 31, 40, 106 f., 116, 124, 196 – eines Gesamtgläubigers 83, 87, 89, 93 – Erfüllungsgehilfe 77 – im Deliktsrecht 51, 56 – Kartellbehörde 197 f., 210 – Organe 204 – Verrichtungsgehilfe 75 f.

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– verschuldensunabhängig 47, 49, 247, 250, 263 – siehe auch Vermutung: Verschulden des Geschäftsherrn Verstoß – gegen Art. 81, 82 EGV 189, 197, 206 f., 214, 240 – gegen eine Verfügung der Kartellbehörde 206, 214 – gegen Kernbeschränkungen 198, 211, 214 – gegen reine Melde- und Informationspflicht 205 f. Vertrag zugunsten Dritter 59 f. Vertreter 71 f., 76 Verwirkung 87, 93 Verzeichnis der Kommission 66 f. Verzicht 60 f., 83 f., 130 Verzug – Gläubigerverzug 80, 82 – Schuldnerverzug 83, 87, 89, 93 Vielzahl – AGB-Recht 117 f., 120, 125 – Bankrott 119 f. – dieselbe Handlung 116 – Einzahl und Mehrzahl 117 – größerer Personenkreis 118 – Nachweis 123 f. – Untergrenze 116 f., 120, 125, 186, 211 – siehe auch Vermutung: Beeinträchtigung einer Vielzahl von Amts wegen 62 f., 92, 207, 214, 236, 239 Vorabmahnung 101, 103 Vorlieferant 101, 103 Vorsatz – kognitives Element 96, 102 – voluntatives Element 96, 102 – siehe auch Beschränkungen: Vorsatz; Indiz: Vorsatz; Kenntnis: Vorsatz Vorteile, Existenz 199 Vorteilsabschöpfung, praktische Bedeutung 197 f., 229, 233, 240, 246, 254

Wahlrecht – bei Gesamtgläubigern 80 – zwischen drei Berechnungsmethoden 174 Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art 65, 256 Werbung 30 f., 36 f., 73, 94 f., 98 f., 101 f., 109, 112, 115, 118, 127, 132 f., 137 f., 143 f., 146, 167, 169, 171, 173, 181 f., 253 Wertersatzanspruch 50 Wettbewerbshandlung 63, 65, 95, 101, 119, 124, 137 Wettbewerbspreis 193 f., 197, 199, 219, 221, 228, 231, 240, 251 Widerrufsrecht 31 f., 40, 106 Willkür 39, 108, 111, 119, 142, 247 wirtschaftliche Schlechterstellung 68, 103 f., 123 f., 212, 241 Wirtschaftlicher Vorteil 215 f., 228 f., 252 f. Wirtschaftsprüfervorbehalt 171 Zahlungsanordnung 238 Zeitpunkt der Verletzungshandlung 70 f., 92 Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs 64 Ziel – der Bereicherungsansprüche 49 – der Beseitigung und Unterlassung 33 – der Gewinnabschöpfung 29 f., 44 f., 128, 183, 185 – der Vorteilsabschöpfung 187 f., 189, 194, 197, 203, 212, 223, 237 – des Schadensersatzes 57 – des Strafverfahrens 182 – eigener Vorschlag einer Abschöpfungsregelung 242, 244 f., 251, 253 f., 258, 263 – Verzug eines Gesamtgläubigers 80 zu Lasten – abhängig von Schadensersatzansprüchen 30, 52, 104 f., 116, 124

Sachverzeichnis – Anfahrtskosten 111 f. – Anfechtungs- und Widerrufsrechte 106 – Bedeutung auf Rechtsfolgenseite 115, 125 – Bedeutung von „hierdurch“ 136 – Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit 109 f. – Beeinträchtigung von Mitbewerberinteressen 103 f., 123 – bereicherungsrechtliche Auslegung 112 f., 116 – Berücksichtigung der Gegenleistung 106 f., 116, 124 – Ersetzung von „auf Kosten“ 104, 106, 108, 112 f. – Folgeaufwendungen 107, 111 f. – Lehre vom individuellen Schadenseinschlag 108, 116, 124 f. – objektive Bedingung 96, 115 f., 124 f., 210 – soziale Zweckverfehlung 107, 110 – Unmittelbarkeitserfordernis 113 – unnütze Aufwendungen 111 f. – verbesserte Marktposition 114 – Vertrag als Schaden 107, 109, 124

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– wettbewerbsspezifische Auslegung 103 f., 114 f. – wirtschaftliche Schlechterstellung 68, 103 f., 115, 124 – Wortlaut und Systematik 104 – Zweck unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte 29, 104 f. – siehe auch auf Kosten Zurechnungsnorm 72, 75 f., 204, 213 f., 241 zuständige Stelle – Aufgaben 57, 146 f., 155 f., 159, 263 f. – Bundesamt für Justiz 67, 77, 93, 146 f., 184 – Bundesverwaltungsamt 146, 148, 155 – Koordinierungsstelle 148, 258 f. Zuwiderhandlung gegen § 3 UWG 32, 51, 75 f., 93 f., 126, 157, 177, 179, 246 Zwangsvollstreckung 86 f., 89, 93, 150 f., 157 f., 160 – siehe auch Aufwendungen: Kosten der Zwangsvollstreckung; Aufwendungserstattung: Zwangsvollstreckung