Der gelbe Fleck : die Ausrottung von 500 000 deutschen Juden

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DIE AUSROTTUNG , VON 500000 DEUTSCHEN JUDEN

Mit einem Vorwort von

LION FEUCHTWANGER

1 936 EDITIONS DU CARRE}'OUR PA R I S

Alle Rechte, insbesondere die des Nachdrucks, der Verfilmung, Radioverbreitung und Uebersetzung vorbehalten. Copyright 19313 by Editions du Carrefour Paris.

VORWORT von Lion FEUCHTWANGER

Dieses Buch stellt mit vorbildlicher Sachlichkeit das Material zusammen über das, was man im Dritten Reich «Die Lösung der Judenfrage» nennt. Man liebt es heute, dieses Reich mitlelalterlich zu nennen. Wer das Buch «Der gelbe Fleck» gelesen hat. wird daran zweifeln. ob diese Charakterisierung stimmt. Die dumpfe Grausamkeit mittelalterlicher Judenverfolgungen wirkt menschlich. misst man sie an der organisierten Brutalitäl, an der disziplinierten Narrheit des heutigen Deutschland. Sicher geschehen in diesem Deutschland noch scheusslichere Dinge als die Judenverfolgungen, von denen dieses Buch berichtet, Dinge, welche die Zivilisation der Welt gefährlicher bedrohen als die systematische Vernichtung einer halben .7Hillion hochzivilisierter Europäer. Aber die Narrheit und Lumperei des Systems verbirgt sich in jenen anderen Ereignissen tiefer unter der Oberfläche: hier, in dem grossen, fortgesetzten, behördlich organisierten und geförderten Pogrom, liegt sie klar zu Tage, der ganzen ""reit sichtbar. Denn dieser Pogrom wird ja nicht nur aus wirtschaftlichen, sozialen und politischen Motiven unternommen: zum grössten Teil geschehen die bestialischen Dinge, die er mit sich bringt, aus tiefer Feindschaft gegen die Vernunft, aus schierem Wahn, alls reiner Freude an der Brutalität, an der Besudelung der Menschenwürde, an der Erniedrigung des andern, aus Nächstenhass. Geschichte ist der Kampf der vernünftigen Minorität gegen die gewalttätige Majorität der Dummheit. Wie ungeheuer schwierig dieser Kampf ist, dafür gibt das Buch «Der gelbe Fleck» äusserst illustratives, dem Historiker aller Zeiten wichtiges Material.

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Tröstlich bleibt Eines. Immer wieder finden sich in den hier zusammengestellten Berichten kleine Geschehnisse verzeichnet, die beweisen, dass weite Teile der Bevölkerung nicht einverstanden sind mit dem, was sich heute in Deutschland ereignet. Verweilen Sie bei diesen Episoden, Leser. Lesen Sie nicht über sie hinweg. Verallgemeinern Sie nicht. Wenden Sie nicht mitleidig und verächtlich auf das ganze deutsche Volk Jenen Salz an, den einst Friedrich Nietzsehe seiner Schwester schrieb: «Armes Lama, jetzt bist du bis zum Antisemitismus hinabgesunken.» Das deutsche Volk ist nicht idenlisch mit den Leuten. die heute vorgeben. es zu vertreten. Es wehrt sich gegen sie. Der Tag wird kommen, an dem es die Narren und Lumpen wegfegt. von deren L'ntaten in diesem Buch die Rede ist.

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«Alle Vorschläge, die einen Dauerzustand, eine Dauerregelung für die Juden in Deutschland beabsichtigen, lösen die Judenfrage nicht, denn sie lösen die Juden nicht von Deutschland. Und darauf kommt es an . . . . Unseren Staat müssen wir ohne die Juden aufbauen. Sie können nur staatenlose Fremdlinge bleiben und k ein e g e set z 1 ich e r"e c h t 1 ich e D aue r s tel I u n g beziehen. Nur so wird Ahasver gezwungen, zum letzten Mal den Wanderstab zu ergreifen.»

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«Völkische?" Beobachten), 26. 6.33.

Viele Etappen -

aber ein Ziel

Seitdem der Nationalsozialismus in Deutschland zur Macht gekommen ist, hat er nie aufgehört Massnahmen zu treffen, die der Ausrottung der jüdischen Bevölkerung Deutschlands galten. Sorgfältig, einer Spinne gleich, zog er das Netz zusammen, in dem sich eine halbe Million Menschen ohne Unterschied des Alters und Geschlechtes, hoffnungslos verstricken mussten. Der Vernichtungs feldzug wurde nicht nur gegen die 500000 Männer und Frauen, Kinder und Greise geführt, die zur jüdischen Glaubensgemeinschaft gehören, er richtet sich auch gegen weitere Hunderttausende, die durch einen jüdischen Grosselternteil als «Nicht-Arier» gelten und dafür verfemt und geächtet werden. Bis in die letzte Z.eit fehILe es innerhalb und ausserhalb Deutschlands nicht an Gutgläubigen, die der Ueberzeugung waren, dass die Verfolgung der Juden im IB. Reich nur ein Gewitter sei, durch das zwar einzelne jüdische Fa-· milien Schweres erleiden, das dann aber vorbeiziehen würde. In allen Ländern fanden sich Optimisten, die von

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einem friedlichen Ausgleich träumten, und unter ihnen waren es gerade deutsche Juden, die nicht glauben konnten, dass man sie endgultig aus dem Land vertreiben wollte, in dem ihre Vorfahren seil Jahrhunderten ansässig waren und zu dessen wirtschaftlichem, kulturellem und wissenschaft1ichem Aufbau sie wertvolle Beiträge geliefert hatten. Diese Illusion wurde durch das Jahr 1935 und die Gesetze. die der deulsche Reichstag in Nürnberg am 15. September einstimmig beschlossen hat. endgültig zerstört. Alles, was in Deutschland vorgefallen ist - von den Misshandlungen und Terrorakten, die mit der nationalsozialistischen Machtübernahme begannen und bis heute nicht aufhören, vom offiziellen Boykottag des 1. April 1933 bis zum lautlosen Dauerboykott, der ihn weiterführte, von deli einzelnen antijüdischen Gesetzen der Jahre 1933/34 bis zum Nürnberger « Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes» -, sind nur Etappen auf einem Wege. Das Ziel ist dIe von der obersten Parteiführung gewollte und angeordnete Ausrottung der jüdischen Bevölkerung Deutschlands. Auch in früheren Zeiten hat die Kulturwelt die Schande von Judenpogromen erlebt. Als das zaristische Russland seine «Schwarzen Hundert» mobilisierte, als es Horden betrunkener Zuhälter und Diebe auf jüdische Familien losliess. ging ein Sturm der Empörung durch die WeIl. Aber wie gewaltig ist der Unlerschied zwischen jenen Exzessen und dem heule in Deutschland gegen Hunderttausende geführten Ausrottungsfe1dzug! Im Vorkriegsrussland liess die Regierung den Banden der «Schwarzen Hundert» einige Tage lang freie Hand. Sie durften bei Juden rauben und plündern, brennen und morden, denn die Regierung brauchte solche Pogrome um vo ihren innerpolitischen Schwierigkeiten abzulenken. War dieser unmittelbare Zweck erreicht, so wurden die Pogromhelden eben so rasch wieder zurückgepfiffen wie man .sie animiert hatte. Anders in Hitler-Deutschland. Wenn auch Streicher und seine blutrünstige Agitation sehr stark an jene Methoden erinnert, wenn auch die von ihm verbreiteten Ritualmordlügen und die besondere Gemeinheit seiner Sprache und seines Auftretens die Scheusslichkeiten der «Schwarzen Hundert» nachahmen, so darf man deshalb das Wesentliche nicht übersehen: hinter der Zügellosigkeit seiner Propadanda stehen andere, entscheidendere Kräfte. Sie arbeiten mit

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weniger Stimmaufwand, aber dafür um so kälter, erbarmungsloser, hartnäckiger an der Erreichung des Zieles, der Austilgung der jüdischen Bevölkerung Deutschlands. Für die seit 1933 betriebenen Judenverfolgungen, die einmal schwächer, einmal stärker, aber stets und systematisch fortgesetzt wurden, ist vor allem andern charakteristisch, dass sie von den höchsten Autoritäten der Partei und des Reiches beFohlen, gelenkt und überwacht werden, dass der gesamte Partei- und Staatsapparat eingesetzt ist, um sie erfolgreich und gründlich durchzuführen. Dieser Vernichtungsfeldzug hat sehr realpolitische Ursachen. Man führt ihn nicht deshalb so kons'e quent durch, weil man es im Parteiprogramm versprochen hat und fünfzehn Jahre lang in Presse und Versammlungen verkündete, der Tag der Befreiung käme, «Wenn's Judenblut vom Messer spritzt». Der Nationalsozialismus war in seinem Machtkampf hemmungslos, er hatte tausende Versprechungen gemacht, an deren Einlösung er nach dem 30. Januar 1933 nicht mehr dachte. Durch die Verfolgung der Juden konnten die braunen Gewalthaber aber zweierlei er·· reichen: verdrängte man die Juden aus ihren Aemtern, vertrieb man die jüdischen Aerzte, Anwälte und Notare, boykottierte man die jüdischen Geschäfte bis sie zu emem Spottpreis verkäuflich waren, vernichtete man den jüdischen Konkurrenten und kündigte den jüdischen Angestellten, so waren damit Posten für die Anhänger des Regimes zu gewinnen. Einige zehntausend. Stellungen waren das Wenigste, was man anstelle des vor der Machteroberung immer wieder versprochenen Paradieses erreichen musste. Die Schaffung freier Posten durch Arierparagraphen und Terror jeder Art gehörte zu den ersten Taten, mit denen frühere Zusagen eingelöst werden sollten, obwohl im Gegensatz zu den von den Nationalsozialisten verbreiteten Lügen feststeht, dass die deutschen Juden in ihrer überwältigenden Mehrheit keinerlei vorherrschende Positionen besassen, sich vielmehr aus kleinen und mittleren Existenzen zusammensetzten. Schritt für Schritt wurde die Judenfrage «gelöst». Zunächst machte man die sogenannten Kulturberufe, die Hochschulen, den Beamtenapparat «judenrein» . Die Kampagne gegen jüdische Unternehmen jeder Art folgte. Dann trug man den Terror von den Städten auf das flache Land, die Austreibung der Juden aus ganzen Provinzen wurde erzwungen, der jüdische Blinde durfte nicht mehr dem gleichen Verein wie der «ari9

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sehe» Blinde angehören, das jüdische Kind erhielt keine Milch mehr - die gesellschaftliche Aechtung ergänzte die wirtschaftliche Vernichtung. Dieses Buch schildert an Hand von Dokumenten den Golgothaweg, den die jüdische Bevölkerung Deutschlands durchmachte, wie man ihr alles nahm - Lebensrecht, Ehre, Existenz. Mit der Schaffung freier Posten für die «alten Kämpfer» war nur ein Teil des Zieles erreicht, das der Nationalsozialismus mit der Rassenhetze bezweckt. Sie ist die logische, unvermeidliche Folge der Blut- und Bodentheorie, die bestimmend für die neudeutsche imperialistische Kriegspropaganda ist. Die nationalsozialistischen Führer wissen, dass sie die Massen in den von ihnen vorbereiteten Krieg nicht mehr mit den Parolen von 1914 führen können. Der «Geist von Langemark» lässt sich nicht mehr durch das Versprechen der Demokratie und ähnlicher entwerteter Begriffe neu erwecken. Begeisterung für den Krieg ist aber eine Voraussetzung für den Sieg, für die Erreichung imperialistischer Ziele. Da der Nationalsozialismus nicht fähig ist den Massen wirklich ver~eidigungswürdige soziale Verhältnisse zu geben, für die sie zu kämpfen und auch zu sterben bereit sind, muss er neue, noch nicht abgenützte Schlagworte finden, die geeignet sind, die Jugerud zu entflammen und die Massen, bis in die Kreise der Arbeiterschaft hinein, um seine Fahne zu sammeln.

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Der "Weltfeind"

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In seiner Unfähigkeit, irgendwelche neuen Lebenswerte zu schaffen, die wirtschafLliche und kulturelle Lage des Volkes wirklich zu heben, muss ein «Weltfeind» gefunden werden, der an allem Elend schuld ist. Das ist «Alljuda», gegen ihn wird der «Befreiungskampf» gepredigt, gegen ihn soll ein «heiliger Krieg» gefühit werden, erst dann könne das Paradies auf Erden entstehen. Wenn die Butter knapp ist, wenn das Fleisch fehlt, wenn der Lebensstandard immer tiefer sinkt, wenn die Löhne abgebaut und die Gehälter reduziert werden - die daraus entstehende Unzufriedenheit kann überwunden werden, wenn jeder Einzelne von dem Bewusstsein erfüllt ist, dass er der besten, der auserwähltesten Rasse angehöre, ein Teil des «arischen Herrenvolkes» sei, dem nach Fug und Recht die Herrschaft in der Welt zustehe. 10

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Dieses Gefühl soll in jedem «Arier» von frühester Kindheit an erweckt werden. Schule und Presse, Arbeitsdienst und Wehrpflicht, Rundfunkreden und «Kraft durch Freude»Organisation, alles ist verbunden in dem einzigen Willen, dieses Gefühl zu steigern, als Entgelt für die tägliche Not das Bewusstsein zu fördern, dass Deutschland über alles, über alles in der Welt triumphieren muss. Das ist ein Eckpfeiler der nationalsozialistischen Propaganda, und er ist nur dann fähig, das gewaltige Gebäude der Kriegsvorbereitung zu stützen, wenn der «Weltfeind», wenn die «jüdische Weltverschwörung gegen die reinen Arier» immer wieder entsprechend gekennzeichnet wird. Es darf keine Ausnahme gemacht werden, entweder ist es der «bolschewistische Jude in Moskau», das «verjudete und vernegerte Frankreich», das von der «verjudeten englischen Aristokratie» geführte Gross - Britannien, oder die dudenmache in Amerika», gegen die das «arische Herrenvolk» Deutschlands auf den Plan gerufen wird. Wer sich den deutschen Expansionsgelüsten, seinen imperialistischen Kriegszielen zu widersetzen wagt, wird als «jüdisch» oder «judenhör ig» angeprangert. Am 7. Oktober 1935 schliesst z. B. der Berliner «Judenkenner» einen Kriegsartikel mit der Drohung: «Wenn eine judenhörige fremde Armee Deutßchlands BQelen betreten wird, dann werden ihre Tritte über die Leich en getöteter Hebräer gehen!~

Für den Kriegsfall werden die Juden im Dritten Reich heute schon als Geiseln erklärt, die ihr Leben auf jeden Fall verwirkt haben, denn Flugzeuge «betreten» bestimmt deutschen Boden. Schon jetzt wird daher mit der Abschlachtung der Juden gedroht, falls der Krieg noch vor Ausrottung der letzten Reste der jüdischen Bevölkerung Deutschlands ausbricht. Dle deutschen Juden haben zwar im letzten Krieg ihre Vatellandstreue mit dem Blut zwölftausend Gefallener besiegelt. Man konnte an ihrer Vaterlandstreue nicht zweifeln. Wenn heute der «Judenkenner» in dieser Art schreibt, so geht daraus hervor, dass die Nationalsozialisten damit rechnen, dass verständlicherweise die jüdische Bevölkerung durch die systematische Entrechtung in Opposition getrieben wird. Die fieberhafte Steigerung der Judenhetze in den letzten Monaten lässt deutlich erkennen, dass keine Lüge, keine Grausamkeit verächtlich und niedrig genug ist, wenn sie in dem Vernichtungskampf zweckmässig erscheint. 11

Die Bedeutung der Nürnberger Gesetze Die in Nürnberg erlassenen Gesetze sind eine der wichtigsten Etappe i n diesem Kampf. Sie machen die Juden durch die tatsächliche Aberkennung der Staatsbürgerschaft zu Parias, durch das Eheverbot mit «Ariern» zu Minderwertigen, durch das Verbot, weibliche Angestellte unter 45 Jahren zu beschäftigen, zu verbrecherischen Elementen. Sie erheben die Rechtlosigkeit der jüdischen Bevölkerung zum Gesetz und die angekündigten Ausführungsbestimmungen werden Ausnahmebestimmungen sein, die die letzten, den Juden noch verbliebenen Lebensmöglichkeiten zerstören. Was mit den Nürnberger Gesetzen eingeleitet und erzielt werden soll, enthüllt ein Leitartikel von Carl Schmitt - Staatsrat und Vorsitzender des Nationalsozialistischen Deutschen Juristenbundes - in Nr. 19 der «Deutschen Juristenzeitung» vom 1. Oktober 1935. Dort heisst es : «Der auf dem Re,i chsparteitag versammelte Reichstag war das von der nationalsozialistischen Bewegung getragene, dem FÜhrer Adolf Ritler folgende deutsche Volk selbst; seine Gesetze sind seit Jahrhunderten die erste deutsche Verfassung der Freiheit. Die Fundamente unserer völkischen Ordnung stehen jetzt fest: Das deutsche Volk mit seinem Führer als Staatsoberhaupt und oberstem Gerichtsherrn der Nation; der Orden der nationalsozialistischen Bewegung als der Hüterr unserer Verfassung; die deutsche Wehrmacht mit dem Führer a ls dem obersten Befehlshaber. Für die d e u t schen Juristen beginnen damit grosse neue A uf gabe n. Als der deutsche Rechtsstand haben wir das in jenen Ges.e tzen klargestellte Recht des deutschen Volkes zu wahren. Die Warnung des Führers ist auch an uns gerichtet. Uns er Re c h t so ll ni c h t dem her z 1 os enD ä mon d ·e rEn t art u n g ver fall e n. .Jene Gesetze dürfen für uns nicht blosse Präambeln kommender Durchführungsbestimmungen sein. Sie sind auch nicht bloss drei einzelne wichtige Gesetze neben anderen wichtigen Ge,s etzen. Sie um f ass e nun d dur c hd r i n gen uns e, r g a n z e s R e c h t. Von ihnen aus bestimmt sich, was für uns Sittlichkeit und öffentliche Ordnung, Anstand und gute Sitten genannt werden kann. Sie s i n d die Ver f ass u n g der F r e i h e i t, der K ern uns e res heu t i gen d e u t s c h e n R e c h t s. All e s, was wir a l ,s d e u t s c h e J u r ist e n tun, erhält von ihnen her seinen Sinn und seine Eh re.»

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Es ist kein ZufaU, dass Schmitt ausdrücklich darauf hinweist, dass in Nürnberg mehr als ein Gesetz beschlossen wurde, wenn er betont, dass es sich um eine neue Verfassung handelt, der «ersten deutschen Verfassung der Freiheit seit Jahrhunderten». Diese Gesetze leiten eine neue, besonders wesentliche Etappe ein, weitere werden folgen, bis die Ausrottung vollendet ist. Obwohl die Ausführungsbestimmungen noch fehlen, konnte die «BaseIer Nationalzeitung» am 31. Oktober bereits von drei Gerichtsurteilen berichten, die beweisen, dass Schmitts Fsrderung der «Umfassung und Durchdringung des ganzen Rechts » mit dem Geist von Nürnberg streng befolgt wird. Wir zitieren einen Fall: «So hatte sich das Landgericht in Frankfurt a. O. mit ei· nem Rechtsstreit zu befassen, dessen Hintergrund ein «Stürmer-Kasten» bildete, einer jener Schaukästen, die, grellrot angestrichen, über ganz Deutschland verbreitet und an allen belebten Ecken der Städte und Dörfer aufge· stellt sind. In einem solchen Kasten wurde eine Einwohnerin aus Fürstenwalde angeprangert, und zwar deshalb, weil sie die Duzfreundin einer Jüdin seL Die Angeprangerte verlangte nun in einem Antrag an das Gericht ein~ sogenannte «einstweilige Verfügung auf Entfernung dieSf'l' Bem'erkung aus dem Stürmer-Kasten. Dieser Antra~ wurde vom Gericht abgewiesen. In der Begründung heisst es u. a.: «Es gilt als eine 5elbstverständliche Ehrenpflicht eines jeden Volksgenossen, dass er sogar per,s önliche Freundschaften mit ihren Treuebindungen der Treuepflicht gE'gen das eigene Volk zum Opfer bringt. Es ist Aufgabe eine5 jeden, überall das Seine zu tun, um den jüdischen Einflug;; im öffentlichen Leben zurückzudrän1143

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Werbebrief des Stürmer- Verlages Selbst dieser Werbebrief atmet unverfälscht Streicher'schen Pogromgeist.

her war der Jude in Deutschland auf allen Gebieten Herrscher. Er dirigierte die von ihm bestochenen und abhängigen Parteien. Er machte die öffentliche Meinung, denn die Pre,sS'e war ilhm zu 95 %, untertan. Er regie-rte Cie W irtslchaft. . . .ll

Ueber die Judenverfolgungen heisst es: «In Deutschland wurde nicht ein einziges Geschäft geplündert. ...ll

Der Hofpornograph des Dritten Reiches

Streichers Blatt ist keine lokale Angelegenheit. Es ist über ganz Deutschland verbreitet, und der Beherrscher Frankens verdankt diese Wirkung und dieses Geschäft einer besonderen Spezialität: der Pornographie. Streicher hat das

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Erbe all jener Schmutzblättchen angetreten, die auf die Lüsternheit eines minderwertigen Publikums spekulierend, in früheren Jahren ein kümmerliches Winkeldasein geführt haben. Hitlers fränkischer Statthalter hat im Zeichen der nationalsozialistischen Moral den Pornographieverkauf über ganz Deutschland für sich zentralisiert. «Rassensch ande» und «Rassenschändung» bilden das Hauptthema des «Stürmer», wobei das kriminelle Wort «Schändung» für jede Beziehung zwischen Juden und Nichtjuden angewandt wird. In jeder Nummer erscheinen Artikel über geschlechtlichen Verkehr und geschlechtliche Exzesse, wobei die vollen Namen und meist auch dle Adressen der Opfer solcher Publizistik mitgeteilt werden. «Baruch Langsner, das Scheusal von Lübeck», «Manfred Gottschalk, der Kinderschänder von Berlin», "Albert Hirschland, der Rasseschänder von Magdeburg» lauten die Hauptüberschriften der Stürmernummern vom August 1935. Stets wird die Pornographie mit der Judenhetze verbunden: «Unter anderem hat der Jude einen gehörigen Schuss Negerblut in seinen Adern, seine gekräuselten Haare, seine Wolfslippen,. die Tönung seiner Augäpfel zeugen davoll, ebenso wie die unersättliche Ges'chlechtsgier, die vor Sittlichkeitsverbrechen nicht zurückschreckt und in der brutalen Schändung anderrassiger F rauen ihren höchsten Triumph sieht. Von dieser ~ierischen Gier ist schon der eb en reif werdende Judenbub besessen ... .»

Unausgesetzt wird behauptet, die jüdische Religion schreibe Sexualvergehen vor, und immer wieder werden gefälschte Talmudzitate herangezogen: «Eine Nich t jüdin ist ni cht anders anzusehen, wie Vieh.)) «Jede Nicht jüdin ist eine Hure, und jede Jüdin, die sich mit Nicht juden einlässt.» «Ein nicht jüdisches Mädchen, das 3 Jahre und einen Tag alt ist, kann geschändet werden.»

Die praktische Anwendung solcher Fälschungen sieht folgendermassen aus: !}}Jt:. ;.'!:~:?;

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«Der Jude ( folgt Name und Adresse) gehört zu den Fremdrassigen, die glauben, nach wie vor ihr rasseschänderisches Treiben ungestört durchführen zu könn en . E r handelt nach dem talmudischen Grundsatz seiner Ras se. Jüdinnen sind ihm für seine GemeinheHen zu gut.

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Also macht er sich an Nicht jüdinnen heran. Nicht jüdinnen sind nach dem Talmud gleich dem Vieh zu achten, der Jude kann sich also ruhig schänden und vers-auen. Die Nicht jüdin, die sich der Jude, er iilt ein ekelhafter, schielender, hässlicher Kerl, herausgesucht hat, heisst (folgt Name und Adresse). Wir würden sie nicht beim Namen nennen, wenn dieses artverge,ssene, jämmerliche Frauenzimmer nunmehr der neuen Zeit Rechnung getragen und von dem Fremdrasiligen gelassen hätte. Sie tat es nicht. Ihr Benehmen spricht jedem Ra&sestolz und Na'uonalbewusstsein Hohn. Darum muss sie an den Pranger.»

Der «Stürmer» schickt Photographen auf die Strasse, lässt ahnungslose Frauen photographieren, die mit Juden verkehren, oder die einen jüdischen Laden betreten haben. und veröffentlicht die Bilder. Die Unterschriften lauten z. B.: «Diese junge Frau hat auch bei einem Juden eingekauft, ihr Mann ist am Stadttheater beschäftigt», oder «Im Gesicht der (folgt Name) spiegelt sich die Schamlosigkeit und die Gewissenlosigkeit, die durch den Verkehr mit dem Juden in sie kam. Im Gesicht des Juden (folgt Name) grinst die Freude des Teufels.» (Nummer 25 und 33, 1935). Nur in Latrinen oder im «Stürmer» gibt es Verse dieser Art zu lesen: «Wer das noch fertig bringt ist keine Frau, Denn nur ein Schwein verkehrt mit einer Sau."

Besonders gern wird in Perversität gemacht: «Unter grosseI' Entrüstung erzählen uns die Beobachter, dass sie schon über 'eine h a lbe Stunde zuschauten, wie der Jude (folgt Name), sich ein deutsches Mädchen gefüg ig ma,chen wollte. Wir spitzten nun auch durch die Ritz en der Rolläden, was wir sahen, trieb uns die Schamund Zornröte in u nse re Gesichter. In dem von einem ro ten Licht magisch erhellten Bürozimmer feierte die Perversität Orgien ... » (. Die Nummer vom 24. Oktober 1935 enthält 149

die Mitteilung, dass der "Stürmer» nunmehr eine Auflage von 486000 Exemplaren erreicht hat. Zu Beginn dieses Jahres betrug die "Stürmer»-Auflage noch 200000 Exemplare. Diese Entwicklung wird umSo verständlicher, als man aus der gleichen Nummer erfährt, dass die Verwaltung der Deutschen Reichsbahn Anweisung gegeben hat, dass der "Stürmer» in allen Bahnhöfen aufliegt. Begründet wird diese Massnahme damit, dass diese Zeitung viel zur Popularisicrung der Nürnberger Gesetze beigetragen habe. Auf sämtlichen Plakatflächen der Reichsbahn wurde dem "Stürmer» eine Fläche für seine Reklame gebührenfrei eingeräumt.

Die SA des Geistes Wie in den Zeitungsredaktionen so wurden auch in den Senderäumen der Rundfunkstationen keine "Nichtarier» mehr geduldet. Im Juni 1933 veröffentlichte die Reichsrundfunk-Gesellschaft die folgerude Mitteilung: «Die vom Reichsrundfunk-Kommissar Dr. Krukenberg eingeleitete Säuberungsaktion des deutschen Rundfunks näh ert sich ihrem Ende. Der Umfang der im Zusammenhang damit abschliessend zu erwartenden Personaländerungen lä sst sich noch nicht voraussehen. Bereits jetzt sind seit Beginn der Neuordnung des Rundfunks 98 :l eitende und 38 sonstige Angestellte a us den Rundfunkgesellschaften ausgeschieden. Soweit ihre Stellen nicht infolge der gle.ichzeitigen durchgeführt8n Vereinfachung des g.esamten Ge schäftsbetriebes eingespart werden konnten, sind sie überall durch langjährige Kämpfer für die nationale Erhebung ersetzt worden, die durch bisherige Arbeit und persönliche Qualität die Gewähr dafür boten, den Rundfunk auf dem ihm von Dr. Goebbels gewiesenen Weg vorwärts zu führen.»

Die "Ausscheidung» erfolgte so gründlich, dass der Oberingenieur Walter Schäffer, den die "Vossische Zeitung» einen «Führer des deutschen Rundfunks» nannte, mit seiner Frau in den Selbstmord getrieben wurde . . . . Eine der ersten Aufgaben der neuen "Kulturabteilung» des Rundfunks vmrde die systematische Judenhetze, in Vers und Prosa. Nur ein Beispiel für viele: Am 16. Septemb~r 1933 sandte Leipzig ein sogenanntes politisches Brettl. Seine Haup tnummer hiess: Das Neu-D eutsche Judenalphabet. Aus einem Stenogramm des Textes: «H er Nathan nennt sich g ern der We,i se / Doch wer ihn k ennt, h ä lt das für Schwindel. / Rotzjungen ist ein 'leekrer Fisch- / Es rülpst der Jude gern bei Tisch. / Die Sau ist

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ein sehr schmutz'ges Tier, / Die Sarah ähnelt mächtig ihr. / Auf Y gi-bts keinen Reim, / Der Itzrig hat den Hals voll Schleim. »

Das Neujahrsheft auf das Jahr 1934 des NS-Funks nen:1t den Rundfunk Adolf Hitlers mit Stolz «die SA des Geistes». Es hat dabei, wie man sieht, nicht übertrieben.

Arisches Theater, arischer Film Die Austreibung der Juden aus dem Theater und der Filmerzeugung begann mit einem scheinbar beiläufigen Gesetz, der Aufhebung der privaten Theateragenturen. Dies Gesetz weist der Einrichtung des par:itätischen Bühnennachweises die zentrale Rolle zu. Zunächst wird er selbst mit Gewalt gesäubert. Die «Frankfurter Zeitung» vom 11. März 1933 berichtet: «Der paritätische Bühnennachweis in der Potsdamerstrasse, den die beiden Organisationen des deutschen Theaterieben irgend einem Gl'unde verwei gl'Jrt. Sie 1).eirateten ohne denselben, denn wenn deutsches Blut zu deutsch em Blute w ill, ist nichts im Stande, es au fzu halten.

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_.\Is alles in Ordnung war und sie hatten» - (hinter «hatten» machte er eine kleine Pause, um dadurch besonders zu wirken. Neben uns saßs ein Ehepaar, das sich erstaunt und entsetzt ansah. Die HJ und BdM hörten gespannt zu, die SA-Leute grinsten, aber der in die Versammlung kommandierte Arbeitsdienst schlief jetzt schon zum grössten Teil) «und als die 9 Monate vergangen waren, kamen beide FI'auen in die Klinik. Als die Tochter des Profesßors ihr Kind sehen wollte, was lag da in der Wiege, Volksgenossen?! Ein k lei ne l' A f f e.' (Im Saal eiaige Stille, es war, als ob sich der grösste Teil der Versammlung schämte. Auf der linken Seite stand eine Anzahl Leute auf und gingen). Plötzlich fragte Streicher: ,Wollt Ihr, dass ich weiterspreche? Wer dafür ist, bitte die Hand zu heben!' Keiner wagte. die Hand unten zu 18iSsen. In der Mitte des Saales und in den DurctH!,!wgsreihen wurde geklatscht. Nun fuhr er fort: ,Ein kleiner Affe lag in der Wiege, oder vielmehr ein richtiger kleiner Judenbengel. Alle Anzeichen dieser vorkommenen Rasse waren vorhanden, die Nase, die OhI'en und die behaarten Beine. Voll Entsetzen begann die Tochter des Gebildclten zu weinen. Im anderen Zimmer lag lächelnd die deutsche Mutter. Froh und gesund ßtrampelte da·s Kind in der Wiege, ohne den kirChlichen Segen. Nun will ich Euch weitererzählen. Das deutsche Paar lebt glücklich zusammen weiter, Gott gebe, dass es in jedem Jahr ein Kind bekommt. Die Mutter des kleinen Judenbengels liess sich vom Jüd scheiden, sie konnte es nicht mehr ertragen. Den kleinen Bastard bekam der Vater mit. Die Frau verreiste für einige Zeit. Als sie wiederkam, traf sie einen Jugendfreund, der heute SS-Mann ist. Bald heirateten die beiden. Durch das Zusammenleben mit dem Juden verdorben, sagte sie nichts von der Ehe mit dem Judenschwein. Als die 9 Monate wieder vergangen waren und der SS-Mann sein Kind in der W1iege liegen sah, war er entsetzt und er war der Blick. Fahl die Gesichtsfarbe. Ihre Seelen ~ .aren jüdisch geworden. Sie waren entra,3st und entartet. .. Ein edler, blonder Mädchenkopf. Und doch blickt schon das Lastet' AUS den fahlen, sonderbar aufgeschwemmten Gesichtszügen . .. Das ist eine Frau, die seelenlos und ohne jede Erschütterung ihre Am~agc;>n macht. Von einer Hand ging sie in e1ie andf're. Sie kam nach Man n h e i m, na:ch Harn bur g, nach B e r 1 i n, Dort lernte sie einen A&sessor kennen. Er heisst K 1 em per e r. .. So ging die Geschändete mit ihm die Ehe ein. Vom Juden defloriert, vom Juden missbraucht und verdorben, langte sie, SÜ'Clenlo'l, Ultartet und verjudet endgültig bei der jüdh;;chen Rasse an. Eine grosse, schlanke, brünette Frau wird vernommen. Sie berichtet das alte Lied. Jungfräulich kam sie in die Schule des Juden Hirschland. Er gab ihr ,Privatstunden'. Er , 'erführte und schändete sie. Drei Jahre wurde sie von ihm mi.;1sbraucht... Sie ist heute die Frau des jüdi&chen Bankiers Blumenthal.» H~nschande

Eine einzige Zeugin sagt gegen den Angeklagten aus. Es sei ihr gelungen, «den Verführungskünsten des Juden zu entgehen». Aber der Charakter dieser Zeugin ist höchst zweifelhaft, was zwei Nicht juden bezeugen. Auch sie erhalten vom "Stürmer» das ihre: «Der eine heisst M eng e, er ist Gastwirt vom ,e 0 b u rger Hof. Der andere heisst H i I d e b r an d t und soll das Bierlokal ,Drei Raben' übernehmen. Beide haben fette Gestalten und unedle, aufgeschwemmte Gesichter. Sie heben in der Verhandlung die Hände empor und

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schwuren. Menge sagte aus, die Zeugin sei ,verlogen'. Der Zeuge 1\1 e 11 g ebrachte es sogar fertig, während seiner jCldendienerischen Aussage das Par t e i ab z e ic 11 e n (!!) zu tragen.»

Die Wut gegen diese wahrheitsliebenden IvIänner veranlasst den «Stürmer» zu einer ungewollten Selbstcharakte·ristik: (,Bekc.nnten sie sich jedoch ZlU" Wahrheit, so begann ein wahres Kesseltreiben gegen sie. Die Detektive stöbe,r ten in ihrer Vergangenheit herum. Sie machten ihren Ruf schlecht und s ie sammelten gegen sie ,Belastungszeugen'. Das w aren schuftige Kerle, die die Zeug innen vor Gericht denunzi.erten.»

Was blieb zur Stützung der Anklage? Hirschlands «Tagebücher». Hier stand alles, was gewünscht wurde, Verführungen in beliebiger Anzahl, bis zu fünf an einem Tage, bewusste An steckung mit Geschlechtskrankheit und Perversitäten : «Der Vorsitzende las ihm seine Tagebuchnoti zen vor und seine fr'üheren Aussagen. Es nützte nichts. Der Ju:le dreht,' Sich und wanllte sich und leugnete.»

Tatsächlich hat Hirschland in der Verhandlung die~e angeblichen Tagebücher als Fälschung bezeichnet. Es hilft alles nichts, Hirschlands Verurteilung ist VOll vornherein beschlossen. Während das Gericht berät, macht er einen Selbstmordversuch, was im "Stürmer» folgender massen kommentiert wird: «Das Gericht setzte eine Pauae ein. Der Angeklagte wurde abgeführt. Er wusste die Pause entsprechend auszuwerten. Er hatte sich die Zugkette von einem l\.losett verschafft. Damit m a rkierte er e 'inen S e lbstmordvers u c h. Er tat, wie wenn er sich damit au fhän gen wollte. Er dachte auch damit das Herz der Richter erweichen 7.U können.»

Dann wird das Urteil verkündet. Es laulet auf 10 Jahre Zuchthaus und Sicherungsverwahrung auf Lebenszeit eine andere Formel für lebenslängliches Zuchthaus. Die Rechtsbeugung dieses Urteils ist weitesten KreiseJ1 klar. Nach dem Prozess erhält Hirschland einen Brief seiner Schwes ter :

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«Mein geliebter Bruder! Ge.:;tern war Frau Puls bei uns, sie erzählte von ihrem Besuch bei Dir, lieber Junge, ich kann Dir nur im m e I' wie der sag e n, cl as s D u heu t e n 0 c h g e 11 aus 0 v i elF I' eu n cl e b e s i t z s t wie v 0 I' her . .. ~ie und nimmer werden wir Dich fallen lass en wie GS auch se-i, so wie wir, S P l' e c he n au c h st 0 c k f I' emd e M e 11 .:; c h e n . . .»

In der Urteilsbegründung ist von keincr VergewaHi· gung, von keiner Verführung Minderjähriger, von keiner slrafbaren Handlung die Rede. Der erste Prozess wegen «Rasseschändung» ist «siegreich » gewonnen und wird am 25. September 1935 vom höchsten deutschen Gericht wie folgt bestätigt:

1

«In der Stra fsache gegen el en jüdischen Handelsschulleiter Albert Hlrschland a us Magcleburg weg en Sittenverhrecl1ens h .. t das n e l c h s ger i c h t elie R evision des Angeklagten a ls offensichtlich un begründet '-'erwarfen. Das Urteil deI' hie3igen Strafkammer, durch !las Hirschland zu zehn Ja hren Zuchth a us unter Aberkennung der b ül'gerlichen Ehrenrechte auf elie Dauer von zehn Jahren und zur Sicherun gsverwahr un g verurteilt wurde, ist damit rech tskräftig.» ( vom 11. 8. 1935.)

Die missratene Tochter «Allf Anzeige der Ellern wUl'd e ein

.m·iscltcs' Mädchen aus Frankfurt a. M. verhaftet und ins Konzentrationslager gebracht, weil es sich mit einem Juden verlrlbt hatte. Ihr Verlobter sitzt zur Ze it wegen staatsfeindlich er Aeusserungen in Haft.» (Amtliche Meldung vom 30. Juni 1935)

Die misshandelte Polin Die Friseuse Feingräher, die mit einem. Juden verlobt und hereits standesamtlich aufgeboten war, wurde am 22. Juli in Beuthen von SA-Leuten aus ihrer Arbeitsstelle geholt. Man schnitt ihr das Haar ab, beschmierte ihr da~ Gesicht und den Kopf mit Tinte und Teer, hängte ihr ein Schild mit der Aufschrift um: «Ich bin eine Rasscnschände ·rinl» und schleppte sie durch die Strassen. Gleichzeitig wurde ihr Verlohter von SA-Leuten gesucht, die durch die Stadt brüllten: «Heraus mit dem Juden, an den Galgen mit dem Rassenschänder». Fräulein Feingräher \Iv urde der Polizei zur Verschickung in ein Konzentrationslager übergeben. Es s Lellte sich j edoch h eraus, dass die Misshandelte polnische Staatsangehörige war, worauf sie statt ins Konzentrationslager ins Krankenhaus überführt wurde, das sie mehrere Tage nicht verlassen konnte. Früulein Feingräber hat vom deutschen Reich einen hohen Schaden ersatz gefordert, der auch ausbezahlt worden ist.

"Jeder Verkehr mit luden ist Rassenschande" So lautet di e Ueberschrift, unter der listische Parteikorrespondenz tiher eine Amtsgerichts in Breslau berichtet. 'W ir «Frankfurter Zeitung» vom 7. September

die nationalsoziaEntscheidung des zitieren aus der 1935: 215

«In Bresla u sei eine Fnl,u wegen Hassenscha.nde angeprangert worden. Sie babe deswegen bei Gericht gegen die SA-Führer als Urheber dieser Veröffentlichung eine einstweilige Verfügung beantragt. Die Frau habe behauptet, dass sie gar nicht in intimen Beziehungen zu dem Juden gestanden habe. Das Gericht habe es aber auf den Beweis darüber gar nicht ankommen lassen. Es habe festgestellt, dass Rassenschande nicht nur bei intimem Vcr·kehr, sondern auch schon in allen Fällen vorliege, wo ein freundschaftlicher Verkehr mit einem Hassefremclen. insbesondere einem Juden, nachgewiesen werden kö nne.»

In der Urteilsbegründung des Breslauer Amtsgerichts hiess es wörtlich: «Unter diesen Umständen L;t der Vorwurf der Hassenschande, den die Antragsgegner durch ihre Veröffentlichung der Antragstellerin machen, da sie als Ehefraignisse zu besprechen, ""enn Judenkinder dabei sin(1 - Judenfrage -' Rassenkunde - Rätsel über Rätsel. Also ran an die Arbeit. Dass ich im Geschichts- und Deutschunterricht auch brennende Fragen besprach, ist für mich selbstverständlich. "ViI' sind Deutsche! Eink a ufen! Kauft nicht beim Juden! Die Warenhäuser! Der Wertheim-Skandal am 1. Mai! Flaggen und Juden! Das musst.en sich auch die Judenmädchen anhören . .. Erfolg: Nachdem ieh einen Monat in der Klasse arbeite, sind die Judenmädchen verschwunden.»

OeHentlich gedankt wird vom "Stürmer » der Lehrerin Hilde Palmedo, weil sie ihre Schüler innen "im Geiste der neuen Zeit zu lehren und zu erziehen weis », wie der Schnlaufsatz der neunjährigen Helga Gerbing beweise. Der Aufsatz hat den Titel: « Der Kuckuck und der Jude. In der Schule sprachen wir neulich vom Kuckuck. Er ist der J u deLI n tel' den V ii gel 11 : denn in seinem Aus se he n, T LI nun d T r e i ben ist er ihm sehr ähnlich. Sein gebogener Schnabel erinnert an die krumme Nase des Juden. Seine F ü s s e sind kleiu, (lal'um kann er nicht gut auf der Erde laufen. So ist es auch heim Juden , der hat auch k ein e 1'1 sc 11 ö n e n Ga n g. Beim Hufen «Kuckuck, Kuckuck » lTIncht er immer Kompliment e wie der Judenkaufmanlt, wenn er seine H ö f 1 ich k e i t z e i gen will, da mit wir D e u t s c 11 e b e i ihm ein kau f e n sol le 11. neide Juden, der unter den Vögeln und der unter dell Menschen, sind Sc 11 m ara tz er, das 11eisst, auf l';:osten von ander en woHen sie reich und fett werden. Di e Kuckuckin l egt ihre Eier in die Nester von anderen Vögeln, z. B. von Grasmücken und Rotkehlchen und will sie dort ausbrüten und auch die .Jungen grossziehen lassen. (Ein \\fund el', dass das der .Jlld e nicht auch noch von uns verlangt.) "Venn der Kuckuck a us dem Ei ge· schlüpft ist, wirel Cl' b a ld u n ver s c h ä m t. Er schnapp t

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nach den besten Bissen und wi ll im me r a ll e s 11 a b en. Erd l.' ~i. n g t die e c h t e n V 0 gel kin der z ur Ü c k sob a ld dio Alten mit dem Fressen kommen. Er ist n eidisch und lw.lJgierig. Bei ihm heisst es: Eigennutz geht vor Gemeinnll t?! Ger ade wie beim Jud en , der a uch nur rm sich und a n se in en Nu tzen denkt. Wenn nur sein Geldbeutpl gefü llt ist und Cl' sich ein fein es Leben machen j{['.nn! 'Verm der Plntz im Vogelnest zu eng wird, dann IV i ] 1 e r cl i e .i.u n gen V ö gel aus ihr er ei gen e n ' V 0 h nun g v e l' [1 1' ii . n ge n . Nicht selten wirft er ein 1( leines hin a.us. So wollte es a u ch d er Jude mit den Deutsch en mnch en. Er k am, ein Fr e m d e r , in un s e r «Nest)) und wollte tll1ielgej.'l tagfen nid)tarifd)en .3e!tgcnoffen! "Dtulfd]e" .3ub~n, bie mii .6ad'e un~6pilfen ~antietcn( treilttf) - ber :not gef)ortf)enb, nia,1 /lern eigenen::triebeJ , . " , \ "

E in Ins~l'at aus dem «Völkisch en Beobachter» vom 30. Okt. 1935, das eine zynische Verhöhnung jüdischer KonzentratifJnslagerinsassen im «Schwarzen I{orps» ankündigt.

Zwei TOdesopfer der Pogrom helden

Theodor L e s s i n g, am t,.chechoslcwakischem Buden ven reichsdeutschen Nazis ermordet t:nten: Erich 1\1 ü h s a rn. Schrift;:;teJl er, am 9. Juli 1l13 tj. im Konzentr ationslager Oranienburg ermordet.

Jüdische Kinder in der Emigration

Die drei jähl'ige Ali ce 3ch., Tochter eines au s B:1d el1 emigrierten jüdisch en Buchdru cker s.

Zwillingsbrü der des jü'd isch en L·edcrarbei{ers M. aus Rl1einlancl-W e3 tf::t lcn.

Abwehr gegen Streichersehen Pogromgeist

. ) 5n ~agtlt (Stltfa{ttt) twrbeu Mr~ndl ' bit tQ~ttOttt be~ 6tütmttfalttlt~ tiltlltfdifagtn. ~ .tt4dllttu t:all batuntel' lluf eiltem ~tarat &U (efen:. ,,6 tub f" ~ d) lUd u t (tU dj i) \) IUIl; ttOfit.~Y Sa itcl., en ftu (h lUo,llu {htbl.lI'n'· .

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Bilder a u s dem «Stürmer» ' NI'. 24, 28 und 41/1935, die dokumen tier en , wie sich trotz des braunen Ter r ors di ·., Abwehr gegen «Stür mer» -Pornogr a phie reg t. Stürm erkäs ten, die eingeschla gen und verschmiert wurden,

(Saarbrücker Volksstimme: Die entmenschten Burschen drehten dem Bewusstlosen eine Spiralfeder in den Mastdarm. Im Krankenhaus lag er acht \Voch,}n im \Vasser, weil er weder sitzen noch liegen konnte.») J. Juli 1933. MARGOLINER Max, Breslau, 24ji:i.ln·iger Kaufmann, im April im Braunen Haus, K.arlstrasse, gefoltert, nach zwei Monaten im jüdischen Kranl,enhaus Bresl·a u-Süd gestorben. (Zeugenbericht.) 6. Juli 1933

in Dortmunrl von SA-Leuten ver!'chleppt und ermordet. (Zeugenbericht.) Dem Geistlichen wurde deI" Zutritt aber mit der Be gründung verboten, dass die Leiche von der Mordkommission be8chlagnahmt worden sei. Die Mordkommission bestätigte das auf Anfrage und fügt,~ bei, dass niemand zur Leiche vorgelassen werde.

Jüdische7' Geschäftsmann

15. Juli '1933. J'Üd-isch-polnischc'l" Milchhändle1', 13erlin, 56 Jahre alt, Dragone j'-

strasse, von SA weg€n angeblicher Verbreitung kommunistischer Flugblätter, die ihm SA vor die Tür gelegt hatte, verhaftet. Seither trotz polizeHicher und l{Qnsularischer Nachforschungen unauffjndbar. (ZeugenberichL) 1. August 1933.

ZA UBEREL, junger polnischar Student, in Braunschweig von . SA-Leuten ermordet. (Zeugenbericht i 14. August 193.1.

GROSS Chaim, jüdisch-polnischer Eierhündler, vom Sondergericht -w egen Greuelpropaganda zu 19 -M onaten (rt>. fängnis verurteilt, in der Gegend der Lothringerst7. von SA aufgßgriffen und verschleppt, seither verschvronden und trotz amtlicher und polnischer Nachforschungen unauffindbar. (Z·e ugenbericht) 3-1. August 1933.

Prof. LESSING Theodor, in Marienbad von ein em Unbekannten ÜI seinem Schlafzimmer erschossen. Prager Presse. Dr. BAUER Adolf, Arzt -a us KehL der mit grä6serer bayerischer Heisegesellschaft den P lattensee in Ung.a rn besuchte. mit 20 bis 25 grossen Schlagwunden in eine Budapester Heilanstalt ein geliefert und v-e rstorben. Frankftlrter Zeitung. 3. SepiembeT 193.1.

ANFANG Moritz, jüdischer Eierhändler, in Berlin-Chal'lotten · burg erdrosselt. Vossische Zeitun b'

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9. Septembcj' 4933.

LACHMANN-MOSSE Hans, der Neffe des Inhabers des Berline .. Tageblattes ermordet. Agence Fournier. EI' wurde um den 1. September herum verhaftet und ins Konzentrationsla.ger gebracht. Am 10. September wurde sein Leichnam der Familie im verlöteten Sa.rg zugestellt. Mitte Septembe1' '{933.

BARUeH,

unpolitischer Jude, im Konzentra.tionslager Ne'Jsüstrum bei Papenburg von dem SS-Mann Nolte er(Zeugenbericht.) schossen.

'23. Septem ber '1933.

BLONDOWSE.Y, jüdischer Arbeiter aus Berlil1 N, bei der SAFeldpolizei in der Prinz Albrechtstras6c ersohlagen. 26. September ·1933.

Unbekannter 30jii,h riger Jude, Wühl'6cheinlich aus Nürnberg, von

Na7lis ermordet und in die Donau geworfen. (AmtlicheB Pressbüro ([el' Unzer österr. Provinzial regierung.) «Der Leichnam tr u g Spuren der Kreuzigung uod Brandwund en . Das Opfer muss schwer geschlagen und gematiert wordfm sein. B eide Handteller sin 1 mit einem spitzen Messer durchbohrt. Obwohl dir! Leiche längerc Zeit im Wasser gelegen hatte, bluteten elie Wunden noch, ,, (7:eugenbericht.) 5. Oktober '/933.

Dr. LANDSBERGEn Arlhlll'. berühmter Vel'J'asßer von Sensatiollsromanen, nach Verweigerung der Ausre ise ill 'B erlin vel"hafteL. Im Gefängnis der Gestapo Bedio , Prio?:-Albrechts il'asse, gefoltert lind erhängt. (ZBugenbcL'icht ; 'B. Oktober / 933. ALEXANDER, HechtsanwaH, Heich.sbannerführel', im BreslauPl" Gefängnis nach schweren Misshandlun gen erschlagen. (Zcllgenberir.ht.' U. No'vem bcr ,/98:1 . NEiUSTETTER, j'Üdise11 C' I' Kau fmann und Inhaber ei nes gross311 POl-tellan gesehiifte.., in Hamborn, von SA-Leuten durch Fusstl~it1e in elen Bauch getötet. (Zeu genberich t.)

;W.

November 4!)S3.

F ABER, 19jiihriger j üelischel' Kaufmarms,:;ohn, in BerUn, «allf der Flucht erschossen». Angl;ff.

258

9. Januar 4934·.

P APENHEIM Ludwig, früherer Schriftleiter der Sozialdemokratischen « Voll,-,sstiInme)) in SchmalkalrJen, im Konzentrationslager Börgcrmoor «auf der Flucht» er8o.h06 · sen. Fra nkfurter Zeitung. 19. Jan'ILU'I' 1934.

MOSES, Wiähriger Vi ehhän,cll er in 'vVeeseling bei Bonn, im Aufr.rage des Kölner Schlachthofdirekto1'6 im Septemb&)!" 1933 von SA Leuten zertrampelt und lebensgefähr lich verletzt, verstorben. (Zcugenbericht..) 23. Jch1war 1984. BEYER, Friedrich, ViehJländler, Aken (EJbe), während einer (Zeugenbericht. ) Motorraclfahrt erschossen. 3-1. ltlän 1984.

MARUM Ludwig, fl'ü]}el'er sozialclemolu'atischer Reichstagsab . geordneter, Karlsruhe, hat nach einer Mitteilung der «Gestapo» im Konzentrationslager Kieslau «Selbst · Der Führet'. mOl' c! » durch Erhängen verübt. Ende März '1934.

HOSENFELDE!H 75 Jahre, ROSENAU, 30 Jahre, zwei jüdische Geschäftsleute wurden in Gunzenhausen (Franken.! von der SA verschleppt und !'chwer m1sshandelt. 'vVährend der eine sich angeblich aus «Ve-rzweiflung erhängte)), wurde der andere mit vier Messerstichen aufgefunden. Manchester Guardian . 30. Juni 1934. Dr. FOERSTER HechtsanwaH, 38 Jahre a lt. Dr. ZWELG, Hirschber.g, 60 Jahre. Frau Z:'VEIG, Hirsc-hberg, 56 Jahre. Dr. CHARIG, Hir€cllhe r'g, Kaufmann. 42 Jahre all. Dr. CHJFTAN, Landshut. Dr. LINDElVIANN, GIogau.

Dr. JACOBSOHN, Glogau, wurden von SS in die Heithalle de~ ' Kaserne der 5. Jäger gebracht. NaCihtB wurden sie auf einen Lastwagen ,g eladen und 4 bn hinter Hirschberg «auf der F lucht erschossen)). (ZeugenberichL) 30. Juni /934. STEIN Günther, junger Jude, war nach Amerika ausgewandert, kam zurück. seine EHern besuchen, eines Abend.:: führte er den Hund auf die Str·a sse und kam nicht wieder. Nach drei Tagen erhielten die Eltern die Mitteilung, dass Cl' tot sei. (Zeugenbericht.j

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2 Juli 19.'14.

STEIN 1.eo, Berlin. Bei einem dem 30. Juni folgenden Pogrom im ScheunenV'ietel verhaftet und aus dem Fenster gestürzt. 7. Juli IfI.) //.

MUEHSAM Erich, Schriftst.eller wurde auf höheren Befehl im Verfolg des 30. Juni ermordet. Meldung des deu.tschen Nachrichtenbüros, in der gesagt wird, dass pr «seinem Leben durch Erhängen ein Ende gemacht». Mühsam befand sich im Konzentrat.i,)nslag-er, wo " 1' unter schärfster Bewachung stand, l'in Selbstmord ist ausgeschlossen. Mühsam ist erm'11'd,Yc w(;rden . 5. ilugust 1934.

flr. KLEIN FELD, BerUn, an clt'l1 ["nl';"11 ;!?r Misiihandlungen

beim Kurfürstt>n:la,llJ ,P o,!rmu im Krankenhaus ~c storben. (Reuterbüro, London.) JamtaT 1935.

LEVY, Sinsheim, im Konzentratiollslager Kuhberg ermordet. (Zeugenbel'icht. ) Meti 19S5. Dr. HJR SCHFELD, Halle, jüclisooer Arzt, im Ylärz d. J. verhaf tet, soll jüdische Emigranten finanziell unterstützt haben , er wurde in seiner Zell e «erhängt» aufgeIun· den. lnpress. Mai 1935.

ROSENBAUM Alfred, Würzburg, jüdischer Hückwanderer, ermordet. (Zeugenbericht.) August 1935.

FRBNKEL Karl, jüdischer Viehhändler, verhaftet, weil er in Bezü~hung zu e,inem «arischen » Mädchen stand. Angeblich ·b eging er im Gefängnis München-Gladb:lch «Selbstmord», indem er sich aus dem 3. Stock de8 Gefängnisses in die Tiefe stürzte. Völlds cher Beobachter. NEUHAUS \\lerner, BerUn, wurde in der Budapester Strasse von Nazis durcll vier Schüsse getötet. Er w.u rde al~ Jude getötet, in vVirl;:lichkeit war er Ari er. Prager Tagebla lt. \VERTHEIM, Fabrikantensohn aus Meerane (Sachspn) wegen «Rassescllande» zu Tode g eprü gelt. (ZeUge nb~ich t . i

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Dl'. KUHN, Arzt aus der Sonnenstrasse in Bl'eBla u. Wegen angeblicher .Ahtreibung verhaftet. In der Zelle zu Tode gemarter t. Amtlich wird Selbßtmord behauptet. Septernbel' 19S5. BAUMGAHTNEH, Breslau. Wegen Betreten eines für Juden ver· botenen Sportplatzes zu Tode getrampelt. American H ebrew, Ne\\' Yf')r ". O /rtob cr 4935.

DRESOL, Konf ekt ionär allB Görlitz, wegen «RaBsenscl1ande» verhaftet, musste aber vom Gericht freigesprochen we relen, nachdem zwei Lehrlin ge im Gerichtssaal gestanden haben, class sie von Naz is a ngestiftet waren, eine falsche Anzeige gegen D. zu erstatten. Als D. von einer Erholungsreise in ein schlesisches Bad, rlas er nach der erlittenen mehrmonatlichen Haft aufgesucht hatte, zurüokkehrte, wurde er erneut ver· haftet. Er wurde im Breslauel' Gefängnis ermordet . Neue r Vorwärts. LEVY, Metzger Mehlem (Rheinprcvinz), wurde von SA-Leuten in seine Räucherkammer gesperrt, in der er erstickte. (BeriCht über l