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German Pages 131 [132] Year 1925
Der eiserne Mann in der Industrie Die soziale Bedeutung der automatischen Maschine von
Arthur Pound Mit einem Geleitwort von Prof. Dr.-ing. e. h. C. Matschoß Berechtigte Übertragung und Bearbeitung von
I. M.Witte
D r u c k und Verlag von R . O l d e n b o u r g M ü n c h e n u n d B e r l i n 1925
Alle Rechte vorbehalten.
Zur Einführung. Kennzeichen der neuzeitlichen industriellen Entwicklung ist die Maschine, die sich allen entgegenstellenden Hemmungen zum Trotz in immer stärkerem Maße durchsetzt. Umfassend und für die übrige Welt erstaunlich tritt diese Entwicklungsrichtung in den Vereinigten Staaten in die Erscheinung. Ist es doch hier einem Manne wie F o r d gelungen, sogar die Herstellung von Automobilen in vordem nicht für möglich gehaltener Weise zu mechanisieren. Die gesamte Vorstellungswelt der technisch denkenden Kreise ist durch diesen Vorgang in stärkstem Maße beeinflußt worden. Ein Beweis hierfür sind die zahlreichen Studienreisen nach Amerika und die vielen Berichte über das, was Amerika uns heute in der Produktion zu zeigen hat. Zweifelsohne werden deshalb weite Kreise gerade in Deutschland gern erfahren, wie 6ich diese ganze Entwicklung von größerem Gesichtspunkt aus in einem aus dieser Arbeit selbst hervorgegangenen amerikanischen Kopf widerspiegelt. Der Verfasser des vorliegenden Buches, Arthur Pound, versteht es, in meisterhafter Form und in glänzender Sprache die Probleme, auf die in Amerika jeder stößt, aufzurollen und sie mit eigenen Gedanken, die sich auf Selbsterlebtes stützen, zu durchsetzen. Selbstverständlich wird man über manches, was in diesem Buche gesagt ist, auch eine andere Meinung haben können. Wenn das Beste aber, was man von einem Buche sagen kann, ist, daß es zum eigenen Nachdenken anregt, so trifft das hier in hohem Maße zu. Die vorliegende deutsche Ausgabe wird den so sehr zeitgemäßen Betrachtungen eines ausgezeichneten amerikanischen Beobachters auch bei uns weite Verbreitung und große Beachtung sichern. C. M a t s c h o ß .
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Vorwort des amerikanischen Verfassers. Ich habe zwanzig Jahre lang in den verschiedensten Industriestädten das Glück gehabt, einem Beruf nachzugehen, in dem nicht nur der Geist für alle neuen Eindrücke offen blieb, sondern auch die Bürotüren jedem offenstanden, der etwas Neues zu sagen hatte. Ich bin Arbeitgeber, Angestellter und Arbeiter gewesen, Reporter, Redakteur und Drucker, Eigentümer, Teilhaber und Aktienbesitzer verschiedener Unternehmungen, die sich beinahe alle damit befaßten, Nachrichten und persönliche Ansichten zu verbreiten. Trotzdem ich genug Geschäftserfahrungen gesammelt habe, um selber Geschäftsmann zu werden — hätte ich sie aus die* sem Grunde erworben — so bin ich doch Zeitungsmann geblieben, Geschäftsleute müssen Spezialisten 6ein, Zeitungsleute Generalisten. In den Bibliotheken findet man eine Unmenge von Büchern, die sich mit Industrieproblemen befassen, und die ich keine Zeit hatte zu lesen, aber es gibt keinen Menschentyp in der Industrie, den ich nicht kennengelernt und dessen Ansichten ich nicht von A bis Z gehört hätte. Die kleinen Ausflüge, die ich in das Reich der Industrieliteratur machte, scheinen mir anzudeuten, daß es vorzugsweise zwei Verfahren gibt, um Industrieprobleme literarisch zu behandeln. Das eine ist ganz auf kaltblütige Analyse eingestellt, während das andere von dem Geist heißer Polemik diktiert wird. Und die Ergebnisse beweisen mir, daß es möglich ist, das Leben bis zu einem Punkt zu analysieren, wo es leblos wird, und daß es auch möglich ist, es mit Worten totzuschlagen, während außerhalb der Einbanddecken dieser Bücher Leben und Arbeit weiterbestehen und vorwärtsschreiten. Es erschien mir daher lohnend, den Versuch zu unternehmen, die industriellen Probleme in einer Weise darzulegen, die weder von dem Geist der Polemik noch von dem der kalten Analyse beeinflußt ist, sondern eine ruhige Synthese gibt, die trotzdem nicht ohne Wärme zu sein braucht und die, soweit sie Neues bringt, den Einfluß der neuen Werkzeuge und Verfahren auf die menschliche Natur und die soziale Ordnung in Betracht zieht.
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Vorwort des amerikanischen Verfassers.
Eine große Anzahl von Personen h a t mir, allerdings meist unbewußt, während vieler J a h r e bei dieser Arbeit geholfen. Zu größtem Dank bin ich aber Mr. Ernest F . Lloyd von Ann Arbor, Michigan, verpflichtet, der, ein Fabrikant von Gasmaschinen und Direktor von Gasgesellschaften, nach einer Anzahl arbeitsreicher J a h r e sich in die akademische Atmosphäre einer Universitätsstadt zurückzog, u m über seine bisherigen Erfahrungen nachzudenken. Er t r a t dann, trotz seiner vorgerückten J a h r e , als Hörer f ü r Volkswirtschaft in die Universität ein. Den üblichen Bildungsgang durchlief er also in umgekehrter Reihenfolge und zwar mit sehr interessanten Ergebnissen. Jene Kapitel in diesem Buch, die die wirtschaftliche Seite der aufgeworfenen Fragen behandeln, sind die Früchte unserer gemeinsamen Arbeit, aber Mr. Lloyd hat mir auch beim Schreiben der übrigen Teile des Buches durch seine Erfahrungen in der Industrie u n d durch seine gründlichen Kenntnisse der theoretischen Volkswirtschaft zur Seite gestanden. Mein Dank gebührt außerdem Dr. C. Burr, dem Autor „Practical Psychology and Psychiatry", Dr. G. K. P r a t t der „Massachusetts University for Mental Hygiene 44 und Arnold Jacoby, Psychiater an den städtischen Gerichten Detroit. Arthur
Pound.
von von Dr. von
Inhaltsverzeichnis. Zur E i n f ü h r u n g Vorwort d e s a m e r i k a n i s c h e n V e r f a s s e r s Einleitung I. Von der Landwirtschaft zur Industrie II. Die Vereinheitlichung und Nivellierung der Löhne III. Geist und Maschine IV. Die Eisernen Herzöge V. Industrie und Staat VI. Die Entwicklung der Konzerne VII. Die Stellung des einzelnen und die Gesellschaft VIII. Krieg und Arbeit IX. Erziehung für die Mussezeit
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Einleitung. Rabindranath Tagore sagt uns, daß in dem patriarchalischen Zeitalter der Mensch den R a u m erforschte und ihn durch da& Medium seiner grasnagenden Tiere nutzbar machte. Durch die Landwirtschaft erforschte er die Zeit u n d benutzte die Jahreszeiten f ü r seine Zwecke. Und auf diesem P u n k t ist die östliche Zivilisation stehen geblieben, sie h a t aus eigenem und freiem Willen nur noch das Handwerk hinzugefügt. Die Sklaverei bot Gelegenheit, den Umfang der ausgeübten Handarbeit ins Ungemessene zu steigern, und heute noch sehen wir in den Bauten jener Zeit die Ergebnisse dieser ungeheuren Summe von Arbeit. Die westlichen Völker dagegen, die ehrgeiziger waren und sich nicht in solchem Maße stillen Betrachtungen hingaben, entschlüpften der Landwirtschaft und den Handwerksgewerben, indem sie die Naturkräfte in ihre Dienste zwangen und Maschinen bauten, die die Menschenkraft vervielfältigten. Sie verbanden die Wissenschaft mit der Arbeit und systematisierten den Erwerb. Sie lehrten nicht nur den eigenen sondern auch anderen Völkern neue Bedürfnisse und organisierten internationale Warenbörsen. Sie befuhren die Meere und eilten vorwärts auf dem Weg zur politischen Hegemonie des Planeten. Wie im patriarchalischen Zeitalter das Tier und im Zeitalter der Landwirtschaft das Werkzeug das Wesentliche waren, ist die Maschine das Wesentliche für die industrielle Zivilisation, in der wir leben. Wir hüten unsere Maschinenherden ebenso eifrig wie die Hirten Abrahams seine Schafe gehütet haben und zwar aus genau den gleichen Gründen: weil sie das Mittel unserer Existenz sind. Wir lassen unsere Mähmaschinen zu demselben Zweck arbeiten wie Xain seine Sichel. Unsere Krane, unsere Drehbänke und Dampfpflüge bedeuten für uns dasselbe, was der Hebel für den Häuserbauer, der Meißel f ü r den Steinmetzen und der Spaten für den Landarbeiter in den Jahrhunderten zwischen Salomon und Napoleon bedeuteten: Mittel, u m die Materie zu Nutz und Frommen der Menschheit umzugestalten.
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Einleitung.
Wir sitzen auf unseren Maschinenrossen im wahnsinnigen Wettrennen gegen Zeit und Raum. Die Philosophen behaupten zwar, daß unsere Jagd ohne Erfolg bleiben wird, aber wir kümmern uns meistens nicht um diese Unken. Jede neue Generation bleibt immer wieder und beinah bis zu ihrem Tode fest davon überzeugt, daß es dem Menschen durch Schnelligkeit und Quantität doch noch gelingen wird, das Millennium zu erringen. Wie schnell unsere Erfinder das stählerne Roß aber auch verbessern, es scheint doch, als ob es uns nicht recht gelingen will, diesem Ziel irgendwie näher zu kommen. Zu manchen Zeiten, so z. B. im Jahre 1914, erleiden wir, trotzdem viele Stimmen mahnend und warnend erhoben wurden, einen gefahrlichen Sturz. Dann blicken wir, von panischer Furcht übermannt, auf das Wrack der Menschheit und auf die Nichtachtung der Errungenschaften der vergangenen Jahrhunderte. Aber wir sind ein Menschenschlag, der sich nicht leicht entmutigen läßt, wir sind voll Begierde nach Macht und von einer hohen Aufgabe durchdrungen. Nachdem wir uns darüber einig sind, daß wir wohl den falschen Weg einschlugen, halten wir Kriegsrat ab und erkennen, daß wir nicht umkehren sondern weiterschreiten müssen; denn hinter uns liegen so große von uns selbst geschaffene Trümmerhaufen, daß uns der Rückzug verrammt ist. Kundschafter melden uns, daß sich rechts und links von unserem Weg schöne und gangbare Pfade befinden — die Radikalen behaupten, daß sie links, die Konservativen, daß sie rechts liegen. Die Meisten von uns aber kommen zu dem Schluß, daß die dazwischen liegenden Dickichte unüberwindliche Hindernisse sind, die es der Zivilisation kaum gestatten werden, eine drastische Änderung ihres bisherigen Weges vorzunehmen. Den Lärm übertönend, hören wir die Stimmen der Führer, die uns ermahnen und zurufen. „Nur ein paar kleine Reparaturen", sagen sie, „und unsere alte Maschine wird wieder so gut wie neu sein; nur muß die Arbeiterschaft mit aller Macht ans Werk gehen. Faßt an, Leute!" Aber die Arbeiter brummen vor sich hin und ziehen sich zurück. Andere behaupten, daß es das Beste wäre, den Weg zu verbessern, von diesem Haltepunkt an bis in die Unendlichkeit. Wieder andere sind der Meinung, daß es Zeit wäre, den mitgeschleppten Ballast zu vermindern und alte ehrwürdige, mit heißer Mühe erworbene Besitztümer wie Tradition, Gewohnheit, Vorurteil,
Einleitung.
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Gesetz — das Gepäck der menschlichen Gesellschaft — einfach ü b e r Bord zu werfen. I n dieser großen aufgeregten Gesellschaft befinden sich nur ein p a a r ruhige Köpfe, die niemandem etwas nachtragen und keine Allheilmittel vorschlagen. S t a t t sich am Wiederaufbau zu beteiligen, ziehen sie sich von der Menge zurück und beginnen über das „ W a r u m " der Katastrophe Betrachtungen anzustellen. Sie denken darüber nach, was wohl geschehen wird, wenn die gleichen Lenker dieselbe Maschine in der alten halsbrecherischen Gangart weiter laufen lassen, ohne sich um die schädlichen Einflüsse zu kümmern, die durch Stoß und Reibung auf die feinen Teile des Mechanismus u n d auf die noch zerbrechlicheren Geister und Körper ihrer Myriaden v o n Mitpassagieren ausgeübt werden. Und was geschieht mit jenen zarten Fäden des menschlichen Vertrauens und der Sympathie, die dife Einzelnen zu Gruppen verbinden im Heim, in der Schule, Kirche, im Vereinsleben, in Korporationen, Gewerkschaften, Gesellschaften und in S t a a t e n ? Kurz gesagt, die Zivilisation h a t einen furchtbaren Zusammenbruch erlitten. Gewisse Kräfte und Mechanismen, die im Haus des Lebens Diener waren, haben sich in der falschen Annahme, daß sie Reichtümer erzeugen, empört und unerlaubte Autorität angemaßt. Es ist an der Zeit, daß ihnen der richtige Platz wieder zugewiesen wird und sie gezwungen werden, auf diesem Platz zu verharren.
I. Von der Landwirtschaft zur Industrie. Zuer6t, der Mensch und das Tier; dann, der Mensch mit dem Handwerkzeug; jetzt, der Mensch u n d die Werkzeugmaschine! Wir leben im J a h r h u n d e r t der automatischen Maschine. Das soziale Problem, zu dessen Lösung wir berufen sind, besteht darin, diese automatischen Maschinen mit dem Wohlergehen der Mensch» heit in Einklang zu bringen, während unser politisches Problem in der Aufgabe gipfelt, den Kampf der Klassen und die Kriege der Staaten zu verhüten, die ihre Ursache in den Meinungsverschiedenheiten über die Verteilung der Gewinne, der Macht u n d Privilegien haben, die sich aus der Erzeugung und dem Absatz der Waren ergeben. Viele der Untersuchungen, die in unserer Zeit im Zusammenhang mit diesen beiden Problemen angestellt werden, führen, folgerichtig geleitet, zu dem E i s e r n e n M a n n , der auf der ersten Stufe unseres industriellen Aufbaus steht. Er betrachtet das zwanzigste J a h r h u n d e r t als sein Eigentum. Die von ihm ausgelösten sozialen u n d wirtschaftlichen K r ä f t e haben die größte Aussicht, ihren heutigen Einfluß auch in der Zukunft aus*zuüben. „Werkzeugmaschinen können in zwei Hauptklassen eingeteilt werden; in jene, die den Arm des Arbeiters verlängern und stärken ohne aber seinen Willen als die wesentlichste Arbeitsfunktion auszuschalten, und in jene, deren Hauptfunktion darin besteht, den Arbeiter zu ersetzen, oder dessen Anteil an der Arbeit auf ein Minim u m zu verkleinern" (Lloyd). Der Verladekran ist ein gutes Beispiel f ü r die erste Art. Der F ü h r e r muß die Maschine lenken. Er muß Geist und Muskeln in derselben Weise gebrauchen, wie dies seine Vorfahren taten, um ihre einfachen Hebel zu bewegen. I n der zweiten Gruppe besteht die primäre Funktion der Maschine darin, diese Arbeit selber zu leisten, und ihr Mechanismus ist f ü r diesen Zweck erdacht. Da diese Maschine gebaut wurde, um ihre Arbeit ganz unabhängig von menschlicher Leitung zu leisten, braucht der Bediener nicht die einzelnen von der Maschine zu diesem Zweck ausgeführten Bewegungen zu kennen. I m Falle
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einer Stockung ist es nicht notwendig, daß der Bediener die Reparatur selber ausführt, da. das die Aufgabe eines anderen Mannes, des Mechanikers ist. Die Tätigkeit des Mannes, der die Maschine bedient, bleibt darauf beschränkt, sie mit Rohmaterial zu versorgen und das bearbeitete Material fortzunehmen. Selbst das Anlassen und Abstellen der Maschine k a n n unter Umständen zu der Tätigkeit eines anderen gehören — bis zu einem solchen Grade sind die Arbeitsfunktionen heute schon unterteilt. Natürlich sind nicht alle Maschinen in einem so hohen Maße automatisch. Einige, wie zum Beispiel die Druckluftnieter, erfordern besondere Geschicklichkeit zur Bedienung. Allerdings ist es leichter, das Bedienen dieser Maschinen zu erlernen als das Nieten von H a n d . Trotz alledem ist das Streben und der Zug nach dem Vollautomaten in der Industrie stark betont und unaufhaltsam. Ich habe vor kurzem der Einführung der ersten vollkommen automatischen Maschine in einer Industrie beigewohnt, in der die Arbeit noch vor fünfzehn Jahren beinahe ganz von H a n d ausgeführt wurde. Diese Maschine, deren Installierung 30000 Dollar kostete, diente als Ersatz einer halb-automatischen Maschine, deren Bedienung zwei grundverschiedene Anforderungen an die Urteilskraft des Bedieners stellte. Da diese beiden Betätigungen oft miteinander verwechselt wurden, wanderte so viel Material auf den Abfallhaufen, daß die neue Maschine als ein großer Fortschritt angesehen wird. Die Verantwortlichkeit des Bedieners ist jetzt lediglich darauf beschränkt, d a s Material in die Maschine einzuführen und das Erzeugnis zu entfernen. Dieses Beispiel veranschaulicht die stetige Entwicklung zum Vollautomaten, die erst dann beendet sein wird, wenn die restlose Anwendungsmöglichkeit des automatischen Prinzips erreicht worden ist. Als eine der vollkommensten Verkörperungen der automatischen Erzeugung sind die Mehlmühlen in Minneapolis und Kansas City anzusprechen, in denen der durch Maschinen gemahlene Weizen automatisch gemessen, gewogen u n d f ü r die Verschiffung verpackt wird, und zwar in so zweckentsprechender Art, daß die menschliche Bedienung auf ein Minimum beschränkt bleibt. Aus diesem Grund gibt es f ü r die Mehlindustrie auch kein Arbeiterpr oblem. Das automatische Prinzip der Maschine ist beinahe so alt wie die
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Maschine selber, aber seine allgemeine Anwendung ist verhältnismäßigjüngeren D a t u m s ; der Anfang des zwangzigsten Jahrhunderts kann als der Wendepunkt in dieser Entwicklung betrachtet werden. Als bestimmender Faktor f ü r die neuzeitliche Industrie machte er sich bereits Ende der achtziger J a h r e bemerkbar, wo die Formmaschine sich zuerst in den amerikanischen Gießereibetrieben einbürgerte. Mit dieser Maschine wurde dem automatischen Prinzip, das bis dahin, mehr oder weniger vom Zufall abhängig, angewendet worden war, eine bleibende S t ä t t e in der Industrie gewährt. Obwohl man seine Wirksamkeit zu dieser Zeit k a u m allgemein anerkannte, fand der Unternehmer doch, daß es eine vorzügliche Waffe gegen streikende Arbeiter und eine Unterstützung f ü r die Streikbrecher war. War es doch mit dieser Maschine möglich, ungelernte Arbeiter nach sehr kurzer Anleitungszeit zu gewissen Arbeiten heranzuziehen, die sie dann ebensogut wie die besten der alten gelernten Gießer verrichten konnten. Diese neue Vorrichtung warf den Gewerkschaften den Fehdehandschuh hin und zwar in einem Arbeitszweig, in dem sie am besten organisiert waren. Aber niemand erkannte in dieser Maschine den Herold einer Umwälzung in der Industrie, oder sah in ihren selbsttätigen Bewegungen die Anfange einer unbekannten evolutionären' Macht, welche die sozialen Verhältnisse in Verwirrung bringen würde. Während der neunziger J a h r e b a h n t e sich die Formmaschine ihren Weg, trotz der konservativen Unternehmer und der Feindschaft der Gewerkschaften. Im J a h r e 1900 h a t t e ihre Entwicklung ein Stadium erreicht in dem es möglich war, eine große Anzahl der verschiedensten und kompliziertesten Erzeugnisse automatisch anzufertigen. Dieser Erfolg des automatischen Prinzips ermutigte seine Einführung in verwandte Industrien. Das erfinderische Amerika brachte bald Revolverdrehbänke, Schraubenschneidmaschinen, Drucklufthämmer, Schleifmaschinen und eine Unzahl andere Vorrichtungen auf den Markt, die alle den Zweck verfolgten, die Menschenkraft zu vervielfältigen und die Verantwortlichkeit des einzelnen Bedieners in bezug auf die Qualität des Fertigerzeugnisses zu verkleinern. Als so die Geschicklichkeit in der Arbeit immer mehr im Wert sank, starb das Lehrlingssystem eines natürlichen Todes. Die Fabriken öffneten den ungelernten Arbeitern ihre Tore, und die Ausbeute pro Kopf der Arbeiter
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sowie die Qualität ihrer Erzeugnisse stieg. Der Eiserne Mann, der keine Nerven besaß und der f ü r einen ganz bestimmten Zweck erschaffen wurde, „wiederholte" die Arbeit besser als der gelernte Arbeiter. Die Erzeugungsziffern gingen schnell in die Höhe u n d die Möglichkeiten, die dem Menschen zur Befriedigung seiner anwachsenden Bedürfnisse zur Verfügung standen, wuchsen i n s Ungeheure. Die große Erhöhung der Ausbeute war einer jener j ä h e n Wendepunkte der Industrie, die auch der Zivilisation eine neue Richtung gaben. Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, daß der Zeitpunkt der allgemeinen Anerkennung und schnellen Entwicklung der automatischen Maschinen mit der Einführung und Entwicklung des Automobils zusammenfällt. Das Automobil als praktisches Beförderungsmittel wurde sozusagen über Nacht von der Bevölkerung angenommen; es ist als Bedürfnis der Menschheit plötzlich über sie hereingebrochen und h a t sich nicht aus irgend etwas Bestehendem entwickelt. Es war ein vollkommen neues Beförderungsmittel, und seine Fabrikanten konnten sich aus diesem Grund den Erfordernissen des großen, sich ihnen öffnenden Marktes anpassen, ohne in die heikle Lage versetzt zu werden, zuerst mit Althergebrachtem, Traditionellem brechen zu müssen. Sie konnten ihre Betriebe von Anfang an mit den neuesten u n d besten a u t o matischen Maschinen ausrüsten, da die ihnen winkenden Gewinne so groß waren, daß das fast gar kein Risiko f ü r sie bedeutete. Massenproduktion, Normalisierung der einzelnen Teile, äußerste Genauigkeit, alles das gab der automatischen Maschine in der Automobilindustrie ein weites Betätigungsfeld. Dann k a m der Krieg mit seiner hartnäckigen Forderung nach Massenware und den ungeheuren Ansprüchen, die er an die menschliche Arbeitskraft stellte. Durch ihn wurde die E n t wicklung des Eisernen Mannes außerordentlich gefördert. Die Abwälzung der industriellen Funktion vom Menschen auf die Maschine erzeugte und erzeugt noch immer entsprechende Umschichtungen auch auf anderen Gebieten der menschlichen Tätigkeit. Hierdurch wurde das Gleichgewicht der wirtschaftlichen Macht gestört und als Folge davon auch das Gleichgewicht der Gesellschaft, und zwar genau so, wie der politische A u f b a u unserer Erde ins .Wanken gerät, wenn das wirtschaftliche Gleichgewicht erschüttert wird.
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Eine der augenfälligsten dieser Rückwirkungen ist die Veränderung des Verhältnisses zwischen der Bevölkerung von Stadt und Land. Der Ruf „Zurück aufs Land11 ist vielleicht zwanzig Jahre alt. Im Jahre 1905 erscholl dieser Ruf in Amerika so laut, daß Präsident Roosevelt eine besondere Kommission ernennen mußte, deren Aufgabe es war, ein Programm aufzustellen, um die Bevölkerung an der Abwanderung in die Städte zu verhindern. Trotzdem wuchsen die Städte auf Kosten des flachen Landes ins Riesenhafte. Im Jahre 1910 wurden die schlimmsten Befürchtigungen in dieser Beziehung durch die Volkszählung bestätigt, aber der Strom schwoll strotz aller Warnungen weiter bn und wurde im Jahre 1920 zu einer Hochflut. Zum ersten Male in der Geschichte der Vereinigten Staaten war im Januar 1920 mehr als die Hälfte der Bevölkerung auf Städte und Dörfer von mehr als 2500 Einwohnern verteilt. Die Aufnahme des Bevölkerungsstandes im Jahre 1920 fiel zufällig mit einem Höhepunkt in der Geschichte der Städteüberfüllung zusammen; denn plötzlich änderten sich die Verhältnisse. Im Sommer 1920 begann die Bevölkerung die Städte zu verlassen. Beinahe alle Industriestädte wiesen eine Abnahme in ihrer Einwohnerzahl auf. Wie zu erwarten war, verloren jene Städte die meisten Einwohner, die am schnellsten zugenommen hatten, so vor allem die Städte, deren Bewohner von der Automobilfabrikation lebten. Augenblicklich ist der Zug nach dem Lande das hervorstechendste Merkmal der Bevölkerungsbewegung. Was ist die Ursache dieses plötzlichen Umschwunges ? Welcher Gegendruck hat eine Bewegung, die seit zwanzig Jahren unwiderstehlich nach den Städten drängte, 60 schnell aufhalten können ? Die Ursache ist klar erkennbar. Es waren wirtschaftliche Vorteile, welche die Landbevölkerung nach denStädten zogen, und die gleichen Gründe ziehen sie jetzt wieder auf das Land. Die Leute kamen nach den Städten, um Arbeit zu suchen. Sie blieben dort solange, als sie Arbeit hatten und kehrten dann aufs Land zurück. Sie kamen, um an automatischen Maschinen zu arbeiten. Nachdem diese Maschinen mit ihrer Hilfe den Markt zeitweilig übersättigt hatten, gingen alle jene, denen sich eine Möglichkeit bot, auf das Land zurück und ihrer alten Beschäftigung nach. Während die Stadt Detroit innerhalb von sechs Monaten eine Einbusse von 200000 Köpfen ihrer Bevölkerung erlitt (die sie
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inzwischen aber teilweise wieder eingeholt hat), nahm die Bevölkerung der Dörfer des Staates Michigan zu. Während die Stadt Flint in Michigan 15000 Einwohner verlor, verdoppelte sich die Einwohnerzahl des 20 k m entfernt gelegenen Dorfes Montrose. Zweitausend Menschen verließen Akron, Ohio, a n einem Tag, alle auf dem Wege nach Stätten, in denen Landarbeit die hauptsächlichste Beschäftigung der Menschen ist. Auf dem Land galt es nun, das Problem zu lösen, was mit diesen „verlorenen Söhnen ohne Arbeit und Geld" anzufangen sei. Die Rückkehr war für die meisten nicht so schön wie der Auszug. Die menschliche Natur findet sich viel leichter damit ab, dem Ruf einer wirtschaftlichen Hochkonjunktur zu folgen als sich einer schlechten Wirtschaftslage anzupassen, die sie wieder auf kleine Rationen setzt. Die Abgewanderten kehrten aber zum Lande zurück, die Wohnungsverhältnisse in den bisher übervölkerten Städten wurden besser, und ungeheure Landstrecken, die bis dahin an Arbeitermangel litten, konnten wieder ausreichend bewirtschaftet werden. Aber diese Leute werden die Städte wieder überfluten, sobald man Verwendung f ü r sie hat. Der Eiserne Mann wird sie wieder zurückholen, sobald die Fabriklöhne zeitweilig die Landarbeiterlöhne übersteigen. Die automatische Maschine h a t einen Kanal geschaffen, durch den die freie Arbeitskraft ungehindert zwischen Land und Stadt fließen kann. Es lohnt sich, zu untersuchen, wie es der automatischen Maschine gelang, diese Gleichstellung der Arbeitskräfte herbeizuführen. I m J a h r e 1901 proklamierte der „International Order of Machinists" einen Streik, der sich Uber die ganzen Vereinigten Staaten erstreckte. Die Maschinisten hatten ihre Zahl durch eine strenge Kontrolle des Lehrlingssystems begrenzt. Sie waren daher die Aristokraten unter den Arbeitern, sie waren diejenigen, welche die höchsten Löhne bezogen. F ü r den Streik waren sie finanziell gut gerüstet, und er ist als eine der entscheidendsten Schlachten in dem Kampf zwischen Arbeitern und Unternehmern anzusehen. Sein Ziel war — obwohl das damals kaum klar erkannt wurde — die absolute Kontrolle der Bedingungen, unter denen die Anwendung automatischer Maschinen gestattet werden sollte, mit anderen Worten also, die Kontrolle der amerikanischen Zukunft. Die Streikenden verloren, und die Gewerkschaften haben sich von diesem Schlag niemals ganz erholen können. Von diesem ZeitW I T T E , Der eiserne Mann.
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p u n k t an war das Anwachsen der nicht organisierten Werkstätten in den Vereinigten Staaten nicht mehr aufzuhalten. Die Streikenden verloren den K a m p f , weil genügend automatische Maschinen vorhanden waren, um die notwendigen Erzeugnisse zu fabrizieren, und weil die Unternehmer, die noch keine besassen, erkannten, daß die automatische Maschine sie von den gelernten Arbeitskräften unabhängig machen würde. Die Folge war, daß in den verschiedensten Zweigen der Industrie eine große, ständig wachsende Nachfrage nach diesen neuen Werkzeugen entstand, die sich wiederum in ständig neuen Erfindungen und Verbesserungen auswirkte. Hierdurch wurden gänzlich neue Verhältnisse in der Industrie geschaffen, die die mannigfachsten unmittelbaren u n d mittelbaren Einflüsse auf die sozialen und politischen Einrichtungen des Landes ausübten. Seit 1905 ist Amerika nach der StakkatoMelodie der Werkzeugmaschine marschiert. Die unmittelbare Folge dieser Umwälzung war, daß die Fabriken sich an das Land wandten, um Arbeitskräfte zu bekommen. Zu Beginn des Jahrhunderts besassen die landwirtschaftlichen Distrikte einen Überschuß an Bevölkerung, der sich während des vorhergehenden Jahrzehntes angesammelt hatte. Gewöhnlich sind die Geburtsziffern auf dem Land höher und die Sterbeziffern geringer als in den Städten. Es ist eine bekannte Tatsache, d a ß das Land die Bevölkerung erzeugt und daß die Städte sie verbrauchen. Seit dem J a h r e 1800 h a t die Erschließung des Westens den Überfluß der ländlichen Bevölkerung fortwährend von ihren Ausgangspunkten fortgezogen. Die amerikanischen Farmer haben mit Hilfe der Einwanderer die Grenze des Landes von den Alleghanies nach dem Pazifik vorgeschoben. Sie fanden fruchtbares Land vor, das sich, ohne großes K a p i t a l hereinzustecken, gleich ausgiebig bewirtschaften ließ. I m J a h r e 1890 standen nur noch die weniger guten oder schwerer zugänglichen Teile des einstmaligen riesigen Freilandes den Neuankommenden offen. Und diese Distrikte verlangten mehr Kapital als vordem, um sie einer geeigneten Bewirtschaftung zu erschließen. Die Tage waren vorbei, wo sich der junge Farmer auf seinem kostenlos erworbenen Grund und Boden durch eigene Arbeit und mit wenig Zuschuß von zu Hause eine Existenz gründen konnte. Die Folge war, daß der Zug nach dem Westen aufhörte. Die neue Generation blieb in ihrer Heimat und die Landdistrikte begannen
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sich zu Übervölkern. Diese Verminderung der Auswanderung nach dem Westen war zum Teil die Ursache der Depression in den neunziger Jahren. Damals wie heute bedeuten schlechte Zeiten f ü r die Landwirtschaft auch schlechte wirtschaftliche Zeiten f ü r die Nation. Die überflüssige Bevölkerung auf dem Land war zwar nicht ohne Beschäftigung, aber sie war auch nicht vollbeschäftigt. Jeder arbeitete, solange es etwas zu t u n gab. Der Verdienst war wenig mehr als der knappe Lebensunterhalt. Die Löhne Waren niedrig und es gab nur Arbeit während der Bestellungs- und ' Erntezeit. Der verheiratete Landarbeiter h a t t e keine Gelegenheit, vorwärtszukommen, außer wenn er sparsam bis zum Geiz war und schlecht lebte. Die immer zunehmende Bevölkerung zerstörte den Markt f ü r landwirtschaftliche Maschinen. Die menschliche K r a f t wurde auf dem Land so billig feilgeboten, daß es viele Fabrikanten von landwirtschaftlichen Geräten als ein großes Risiko betrachteten, moderne, arbeitsparende Maschinen anzufertigen. Während der friedlichen Eroberung des großen Westens hatten die vordringenden Farmer Maschinen gebraucht, die die Menschenkraft vervielfältigten, u n d die zurückgebliebenen Landbesitzer brauchten sie auch, u m die großen Lücken auszufüllen, die die Abwanderung der nach Westen Ziehenden hinterließ. I n den neunziger Jahren h a t t e sich indessen die Lage erheblich verändert. Der Farmer, der seine erwachsenen Söhne und Töchter zu ernähren h a t t e , sah sich vor die Aufgabe gestellt, sie in lohnender Weise zu beschäftigen. Er dachte gar nicht mehr daran, sich eine Maschine anzuschaffen, die seinen Sohn oder seine Tochter arbeitslos machen würde, wenn sich diesen nicht eine Gelegenheit bot, anderswo ihren Lebensunterhalt zu finden. Die Folge war, daß die Fabrikanten der landwirtschaftlichen Geräte, die sich im Kampf mit den billigen Arbeitskräften befanden, sich entschlossen, ihre Maschinen zu normalisieren, da in Zukunft, so erschien es ihnen wenigstens, nur äußerst rationale Erzeugungs- und Verteilungsmethoden, vielleicht sogar eine Monopolisierung des Marktes, die Vorherrschaft erringen würden. Sie begannen sich zusammenzuschließen und arbeiteten H a n d in H a n d , anstatt sich gegenseitig Konkurrenz zu machen. I m J a h r e 1902 wurde nach jahrelangen Verhandlungen die International Harvester Company gegründet — ein Riese auf diesem Feld. Wenn es auch nicht aus2*
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geschlossen ist, daß diese Zusammenschlüsse nichts weiter bezweckten, als ein Monopol zum Diktieren aller Preise zu schaffen, so ist es doch wahrscheinlicher, daß die unsicheren Verhältnisse die Fabrikanten zusammenschlössen, da sie sich vor dem kommenden wirtschaftlichen Sturm fürchteten. Diese Fabrikanten ahnten nicht, daß der Eiserne Mann im Begriff stand, sie von der Konkurrenz der billigen Arbeitskräfte zu befreien, und daß er in einigen Jahren einen solchen Mangel an Landarbeitern hervorrufen, daß jede verbesserte landwirtschaftliche Maschine auch ihr Absatzgebiet finden würde. Zu jener Zeit warfen die unbeschäftigten Landarbeiter sehnsüchtige Blicke nach den Städten. Trotz der schlechten Zeiten fuhr das Land fort, die Städte nicht nur mit Lebensmitteln sondern auch mit jungen Menschen zu füttern. Aber damals waren die Aussichten, Arbeit in der Stadt zu finden, die denkbar schlechtesten für den jungen Mann vom Lande. Er mußte in den meisten Fällen zu Hause bleiben bis er großjährig war und die Arbeit eines Jungknechtes verrichten, ohne Bezahlung dafür zu erhalten. Wenn er dann nach seiner Großjährigkeit im Alter von einundzwanzig bis fünfundzwanzig Jahren in die Stadt kam, fand er, daß die Reihen der ungelernten Arbeiter, die Arbeit juchten, endlos lang waren. Falls er sich nicht dazu entschloß, eine Lehrlingsstelle anzunehmen und viele Jahre ohne richtiges Gehalt zu arbeiten, bot sich ihm nur die Möglichkeit, wandernder Gelegenheitsarbeiter zu werden. Gelernte Arbeiter hatten alle gute Stellen inne und ihre Söhne besassen das erste Anrecht auf die freiwerdenden Lehrlingsposten. Falls der Junge vom Land sich entschloß, Lehrling zu werden, mußte er mit jungen Männern zusammenarbeiten, die viel jünger waren als er, und die ihren kleinen Verdienst in die allgemeine Familienkasse legten, wie er es früher auf dem Lande auch getan hatte. Sein Verdienst als Lehrling war nur ein Bruchteil dessen, was er auf dem Land als Arbeiter durch seine Kraft allein verdienen konnte. Natürlich sind auch einige Söhne von Farmern trotz dieser Hindernisse gute Mechaniker geworden, in einigen Fällen sogar die Leiter großer Industriekonzerne. Andere wurden durch ihre weitsichtigen Eltern schon in jungen Jahren als Lehrlinge verpflichtet. Aber, soweit die große Masse in Betracht kam, waren zu jener Zeit die Tore der Fabriken den Arbeitsuchenden vom Lande meistens verschlossen.
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So sah die Lage aus, als man anfing, die automatischen Maschinen in großen Massen in der Industrie zu verwenden, als jener Wendepunkt eintrat, der, allgemein gesprochen, mit dem Anbruch des zwanzigsten Jahrhunderts zusammenfiel. Das A u f t r e t e n der W e r k z e u g m a s c h i n e v e r s e t z t e dem L e h r l i n g s w e s e n den Todesstoß. Obwohl es noch in einigen Industrien weiterbesteht, ist es im allgemeinen kein bestimmender Faktor für die Industrie mehr, da die automatischen Maschinen die Türen der Fabriken allen Männern, die mit gewöhnlicher Intelligenz und Handfertigkeit ausgerüstet sind, weit geöffnet haben. Zuerst langsam, aber dann immer schneller, begannen die überflüssigen Arbeitskräfte auf dem Land den Städten zuzuströmen, wo ihnen höhere Löhne und die Annehmlichkeiten und Vergnügungen, die durch diese erkauft werden konnten, zuwinkten. Im Jahre 1913 trat ein gewisser Stillstand ein, da die Industrie mehr erzeugt hatte, als der Markt aufnehmen konnte. In diesem Jahr hatte aber die Industrie bereits die ganzen überflüssigen Landarbeiter aufgesogen, und sie hätte sich damit zufrieden geben können. Aber Ende 1914, als die ungeheuren Kriegsgewinne am Horizont auftauchten, und die riesenhaften Aufträge Europas dafür zeugten, daß der kriegsüberrannte Kontinent die amerikanischen Erzeugnisse gut bezahlen würde, streckte die Industrie ihre Arme auch nach den vollbeschäftigten Landarbeitern aus. Indem sie die auf dem Lande gezahlten Löhne überboten, erreichten die Fabriken, daß ihnen die Arbeiter vom Lande in solchen Massen zuströmten, daß die Städte sie und ihre Familien nicht mehr unterbringen konnten. Die Landarbeiterlöhne und die Lebensmittelpreise, die während der Übergangszeit langsam angezogen hatten, schnellten in die Höhe, aber nicht schnell genug, um zu verhindern, daß viele Farms von ihren Bewohnern ganz verlassen wurden. In der Nachkriegsperiode der industriellen Expansion, die sich auf dem von Anfang an erschütterten Fundament der Inflation und Kredite aufbaute, erreichte der Zug nach den Städten seinen Höhepunkt. In Michigan, dem Staate der Union, in dem die große Automobilindustrie mit ihren bereits allgemein verwendeten automatischen Maschinen die Städte am meisten anwachsen ließ, wurden im Jahre 1920 dreißigtausend Farms und Bauernhäuser als verlassen gemeldet, während zu gleicher Zeit in den Städten
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eine furchtbare 'Wohnungsnot herrschte. Ais sich aber die Währungen stabilisierten und die wirtschaftliche Nivellierung der industriellen Expansion ein Ende bereitete, ging die menschliche Flut zurück auf das Land. Die Einführung der automatischen Maschinen h a t noch eine andere große Klasse von Arbeitern, die vielleicht ungerechtfertigterweise als ungelernt bezeichnet wird, beeinflußt und sie von ihren kleinen Löhnen befreit: die weiblichen Hausangestellten. Bis vor kurzem gab es f ü r Mädchen und Frauen, die nichts Besonderes gelernt h a t t e n und keine Mittel besassen, nur eine Möglichkeit unterzukommen u n d zwar als Hausangestellte. Eine Anzahl der in den Städten aufgewachsenen Mädchen ging in die Geschäfte u n d Büros, in die Wäschereien und in die Textilindustrie, aber die wichtigsten Industrien hatten sich bis dahin ablehnend gegen weibliche Arbeitskräfte verhalten. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, h ä t t e n sich Frauen in großer Anzahl niemals dazu entschlossen, einen langjährigen Lehrvertrag einzugehen, da die meisten von ihnen sich gerade in jenen Jahren, in die die Lehrjahre fielen, nach einem eigenen Heim sehnen und der gelernte Beruf ihnen hier kaum nützlich sein konnte. Der Beruf als Hausangestellte ist j a auch tatsächlich eine viel bessere Vorbereitung f ü r eine Frau als irgend eine Fabrikbeschäftigung. Aus diesen Gründen waren trotz der niedrigen Löhne immer genug Dienstboten vorhanden, außerdem lebte auf dem Land immer eine genügende Anzahl von Mädchen, die gern in die Stadt k a m . Zu Hause legte man ihnen auch keine Hindernisse in den Weg, denn jeder Abgang war ein Mund weniger, der nach Nahrung rief. Am Ende des vorigen Jahrhunderts waren diese Mädchen auf dem Lande selbst kaum eine wirtschaftliche Hilfe, da die männlichen Arbeitskräfte sehr billig zu haben waren. Als aber die Abwanderung der Männer -den Mädchen genügend Gelegenheit bot, sich auch auf dem Felde zu betätigen, begannen sie Arbeitskleidung anzuziehen und an der Bestellung des Landes und der Ernte tätigen Anteil zu nehmen. Es waren nicht ritterliche Gefühle, die sie vorher von diesen Arbeiten ferngehalten h a t t e n , sondern rein praktische und wirtschaftliche Gesichtspunkte. Unsere Vorurteile gegen diese Art weiblicher Arbeit haben die Prüfung nicht bestehen können. Die automatischen Maschinen öffneten also nicht nur den
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ungelernten Männern, sondern auch den Frauen die Türen der Fabriken. Allerdings wurden Männer wegen ihrer größeren Kraft und Widerstandsfähigkeit den Frauen vorgezogen, und darum traten die Hausangestellten nicht in so großer Anzahl in die Fabriken ein wie die Landarbeiter. Einige fanden schon 1914 Arbeit in der Industrie, aber das große weibliche Heer erstürmte die Arbeitsgelegenheiten an den Maschinen erst, als die durch den Krieg hervorgerufene Knappheit an männlichen Arbeitskräften ihnen Platz gemacht hatte. Und die Dienstboten verließen die Haushalte mit einer Solidarität, die kaum hätte überboten werden können, wenn sie organisiert gewesen wären. In einigen Monaten standen die Löhne für Hausangestellte wie für Landarbeiter auf der Höhe der Fabriklöhne. Wenn die Hand, die sich am Kochherd nützlich machte, sich auch an der Drehbank betätigen kann, warum soll da eine Beschäftigung schlechter als die andere bezahlt werden ? Kaum begannen aber die Fabriken abzubauen, so wurde die herrschende Dienstbotennot sofort gemildert. Wie vor ihnen die jungen Männer sich auf das Land zurückbegeben hatten, verließen jetzt auch eine Anzahl Frauen die Fabriken, um wieder ihrer früheren Beschäftigung im Haushalt nachzugehen. Sie war des Hetzens, der Nervenspannung und der dauernden Unsicherheit bezüglich der kommenden Arbeitstage überdrüssig. Aber' diese Frauen 6ind in der Minderheit und können an der Tatsache nicht mehr rütteln, daß die automatische Maschine die Hausangestellten zum Konkurrenten der Fabrikarbeiter werden ließ. Was bedeutet da» bisher Gesagte für die Zukunft Amerikas ? Geschichte, selbst die der jüngsten Vergangenheit, hat wenig Bedeutung für Amerika, es sei denn, daß sie vielleicht einen Anhaltspunkt gibt, mit dessen Hilfe die Zukunft etwas beleuchtet werden kann. Als Nation ziehen wir es vor, vorwärts und nicht zurück zu schauen. Diese Macht des Eisernen Mannes, die uns so stark beherrscht, die die Löhne vereinheitlicht und nivelliert, die die Bevölkerung umschichtet und verschiebt, die ihren Einfluß auf die Wohnstätten wie auf die Lebensbedingungen erstreckt, steckt noch immer in den Kinderschuhen. Sie wird wahrscheinlich weiter wachsen und ihre Herrschaft ausbreiten, bis sie jede Phase des täglichen Lebens erfaßt hat. Welches, um es kurz zu fassen, werden die Wirkungen sein, die die allgemeine Einbür-
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genug der automatischen Maschine in dem Leben Amerikas, seinen politischen Einrichtungen und Gesellschaftsschichten, in den Familien, den Schulen hervorrufen wird ? Diese Frage geht so tief und ist so umfassend wie die nach dem Schicksal der Menschheit. Und sie ist auch so verwickelt, daß, wenn wir sie aufwerfen und beantworten wollen, wir uns damit begnügen müssen, die vorhandenen Tendenzen wiederzugeben und Spielraum für unbekannte Größen in der Gleichung zu lassen, auch dann, wenn ein solches Vorgehen manchmal das Bild etwas unklar gestalten sollte. Die ungeheure Wichtigkeit der Frage kann gar nicht überschätzt werden. Wenn es uns gelingt, selbst eine noch so entfernte Vorstellung dessen, was wir erwarten müssen, zu erlangen, werden wir unsere Kräfte nicht damit verschwenden, das Unabwendbare zu bekämpfen, sondern wir werden versuchen, uns als intelligente Wesen ihm anzupassen. Da die automatische Maschine auf die menschliche Natur ebenso unmittelbar wirkt wie auf das Material, das sie bearbeitet — diese physische Beeinflussung ist von dazu berufenen Männern genau vorausgesehen —, müßte es also möglich sein, daß sachverständige Männer auch die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Wirkungen dieser Maschinen vorausbestimmen können. Es gibt kein anderes Verfahren, um den Weg, den die rationelle Evolution der industriellen Welt nehmen wird, ausfindig zu machen. Das Sichgehenlassen oder die gewaltsame Zertrümmerung unserer gewährleisteten Geburtsrechte wird uns sicherlich diesen Weg nicht finden lassen. Der Zweck dieses Buches ist es, die Aufmerksamkeit klarer, unvoreingenommener Köpfe auf dieses neue Reagens in der sozialen Gleichung — des Eisernen Mannes in der Industrie — zu lenken.
II. Die Vereinheitlichung und Nivellierung der Löhne. Für die Bedienung einer automatischen Maschine ist nicht mehr als eine durchschnittliche Intelligenz und Handfertigkeit notwendig. In einigen Fällen, wo das in Frage kommende Material schwer ist, wird große körperliche Kraft, und falls mehrere Maschinen von einem Mann bedient werden, große Beweglichkeit erforderlich sein. Falls der Bediener soviel Vertrauen zu dem ihn beschäftigenden Unternehmen hegt, daß er darauf verzichtet, die Richtigkeit des ihm ausgehändigten Lohnes festzustellen, braucht er keine Bücherweisheit, und seine intellektuellen Fähigkeiten können sich auf das Lösen kleiner Rechenaufgaben und das Schreiben seines Namens beschränken. Die meisten Fabrikanten beschäftigen allerdings lieber Leute, die die Landessprache lesen, schreiben und verstehen können, obwohl diese Kenntnisse für die Arbeit an sich durchaus nicht erforderlich sind. Eine Anzahl Unternehmungen sorgen durch die Einrichtung von besonderen Betriebschulen dafür, daß frisch angekommene Einwanderer Unterricht in der englischen Sprache erhalten. Und im allgemeinen wird die Volksschulbildung die amerikanische Jugend geistig genügend ausrüsten, um sie zu leistungsfähigen Mitgliedern im automatischen Produktionsprozeß werden zu lassen. Wenn wir uns nun den Gehaltsempfängern zuwenden, den sogenannten „Stehkragenproletariern", so finden wir, daß die heutige Erziehung die Tendenz zur Vereinheitlichung in diesen Berufen ebenso unterstützt, wie es die automatische Maschine in den .Fabriken tut. Bis jetzt haben wir gesehen, daß die automatische Maschine die Löhne vereinheitlicht und die Arbeitskräfte zwischen Farm und Fabrik einerseits und zwischen Haus und Fabrik anderseits hin- und herpendeln läßt. Ungefähr in gleicher Art verursacht sie eine Vereinheitlichung der Löhne in den verschiedenen Industriezweigen, deren Werke mit automatischen Maschinen ausgerüstet sind, abgesehen von Fällen, wo besondere Verhältnisse vorherrschen, oder wo die Löhne besonders geregelt sind. Einige
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Arten dieser Maschinen sind überall eingeführt und werden in jedem Industriezentrum angetroffen. Seihst der grünste Neuling k a n n nach sehr kurzer Anlernung seine Maschine bedienen, und der Mann, der schon weiß, wie viel oder richtiger wie wenig von ihm verlangt wird, ist in allerkürzester Frist ein leistungsfähiger Produzent. Die Kosten pro capita des Arbeiterwechsels, auf der Lohnbasis von 1920 berechnet, beziffern sich auf 25 bis 100 Dollar in den besser organisierten Firmen der Automobilindustrie. I n dieser Summe sind der Lohn des Neulings und seines Lehrers, die Yerwaltungskosten und ein gewisser Verlust f ü r unbrauchbare Erzeugnisse eingerechnet. Sie bestätigt die Behauptung, die auf Grund einer Untersuchung in den Betrieben einiger großer Konzerne aufgestellt wurde, daß 70% aller Arbeiter innerhalb von oder in weniger als drei Tagen angelernt werden können. Das bedeutet, d a ß ein Arbeiter von einem Zweig der Industrie in einen anderen wechseln kann, ohne daß hierdurch viel Zeit verloren geht. Er kann sich zum Beispiel einen Monat lang als Erntearbeiter oder Holzfäller betätigen und im nächsten Automobilteile anfertigen. H a t ' er Wanderblut in den Adern, so k a n n er in einem einzigen J a h r folgende Berufe ausüben: an der pazifischen Küste Lachs in Konservenbüchsen packen, dann Zement in einen Bewässerungsdeich in Idaho gießen, in Minnesota Mehl mahlen, in Iowa Perlmutterknöpfe schneiden, in Ohio Eisen formen, in Jersey Seide weben und Gummireifen in New England anfertigen. Wenn dieses Wanderarbeitsieben im Augenblick vielleicht auch noch nicht ganz durchf ü h r b a r ist, so wird es jedenfalls in allernächster Zeit möglich sein, d a die für die Ausführung der verschiedenen Arbeiten notwendige Geschicklichkeit immer mehr von den Menschen auf die Maschine übertragen wird. Das Ergebnis wird auf der einen Seite eine vorzügliche Verteilung der Arbeitskräfte, auf der anderen eine fortschreitende Vereinheitlichung der Löhne in allen mit automatischen Maschinen arbeitenden Industrien sein. „Die bisherigen Abgrenzungen innerhalb der Handwerke haben beinahe ganz zu existieren aufgehört", behauptet Lloyd, „ u n d mit ihrem Verschwinden vermindern sich die Unterschiede in der Bezahlung im gleichen Verhältnis." Diese Tendenz der Vereinheitlichung macht auch vor dem Geschlechtsunterschied keinen H a l t . Da die Frauen viele auto-
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matische Maschinen ebensogut wie die Männer bedienen können, ist es ganz logisch, daß die Löhne der beiden Geschlechter sich stark nähern. Ganz gleich werden sie vielleicht niemals werden, d a sehr viele Frauen ihre Arbeit in der Fabrik nur als eine Episode betrachten, wodurch ihr Wert in den Augen vieler Arbeitgeber vermindert wird. Diese Tatsache u n d andere nicht auf wirtschaftlichem Gebiet liegenden Ursachen werden die Frage der Entlohnung weiblicher Arbeitskräfte auch weiterhin beeinflussen. Sie haben aber nicht verhindern können, daß die Löhne der beiden Geschlechter sehr gleich geworden sind und sich vielleicht noch weiter annähern werden. Es ist heute schon nichts Ungewöhnliches, d a ß die junge verheiratete F r a u ebensoviel oder noch mehr als ihr Mann verdient. Und im Laufe der Zeit wird diese Erscheinung so allgemein werden, daß sich niemand mehr über sie den Kopf zerbrechen wird. Die automatische Maschine gleicht aber auch den bisherigen großen Unterschied zwischen dem Lohn der Jugend und dem des gereiften Alters au6. Kinder von 12 Jahren können eine ganze Reihe der bestehenden automatischen Maschinen ebensogut wie Erwachsene bedienen. Und demzufolge verdienen junge Männer heute Höchstlöhne in einem Alter, in dem die vorige Generation noch Lehrlingslöhne, die kaum zum Lebensunterhalt ausreichten, bekam. Die Jahre zwischen 18 und 25 sind die erträglichsten f ü r die Bediener des Eisernen Mannes. Die Vereinheitlichung der Löhne geht weiter ohne Rücksicht auf Ansehen der Rasse oder Nationalität. Obwohl die unterschiedliche Behandlung der Neger in Amerika diesen k a u m jemals Gelegenheit bieten wird, allgemein an automatischen Maschinen zu arbeiten, so ist die schwarze Bevölkerung in den nördlichen Industriestätten der Vereinigten Staaten in den J a h r e n zwischen 1910 und 1920 trotzdem schneller als die weiße angewachsen. Die Bezahlung der Neger stand f ü r gleiche Arbeit auf der gleichen Höhe wie die der Weißen, und obwohl bis heute nicht viele Neger zur Fabrikarbeit zugelassen wurden, besteht kaum ein Zweifel, daß die meisten den verlangten Anforderungen durchaus entsprechen könnten. Ob sie aber widerstandsfähig genug sind, die geistlose und eintönige Arbeit auf die Dauer auszuhalten, ist eine andere Frage. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Einführung der automatischen
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Maschinen auch die Durchschnittslöhne der weißen und schwarzen Arbeiter sehr angenähert hat, und zwar nicht nur in den Städten, sondern in noch größerem Maße auf dem Lande, wo die Feldarbeit heute fast ausschließlich von den Schwarzen verrichtet wird. Die erhöhten Kosten f ü r die Feldbestellung sind auf das Abwandern der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte zur automatischen Maschine zurückzuführen. Die in den Büros vorhandenen automatischen Maschinen wirken auf die Stehkragenproletarier, also auf die Angestellten in der Industrie in derselben Weise, wie die in den Betrieben befindlichen Automaten auf die Arbeiter. Mit dem Einzug der Addier- und anderer Büromaschinen und der normalisierten Routinearbeiten wird die Notwendigkeit besonderer Kenntnisse bei den Büroangestellten immer geringer. Der altmodische Buchhalter des vorigen Jahrhunderts, der Aristokrat seines Büros, ist ein ebenso im Aussterben begriffener Typ wie der altmodische Mechaniker, vormals der Aristokrat unter den Werkarbeitern. Fertigkeit in der Kurzschrift wird jetzt durch die Konkurrenz der Diktiermaschine im Wert her abgedrückt, und die Schreibmaschinistinnen müssen sich die Konkurrenz der Vervielfältigungsmaschine gefallen lassen. Dazu kommt, daß die Volksschulen und Handelsschulen immer neue und größere Massen von Arbeitskräften auf den Arbeitsmarkt werfen, die imstande sind, die auf diese Weise vereinfachten Büroarbeiten auszuführen. Das höhere Ansehen, das diese Berufe im allgemeinen genießen, übt eine so große Anziehungskraft aus, um in normalen Zeiten einen Überfluß an Arbeitsuchenden f ü r diese Stellungen hervorzurufen. Die Folge hiervon ist, daß die Waschfrau und das Schreibmaschinenfräulein, die Stenotypistin und die Köchin — wenn man die freie Station in Betracht zieht — ungefähr alle das gleiche Einkommen haben. Diese Einflüsse brachten es vor dem Kriege mit sich, die Büroarbeit auf dieselbe Lohnstufe wie die Fabrikarbeit zu bringen. Als die Büroangestellten d a n n während des Krieges, von den hohen Löhnen in den Fabriken angelockt, ihre bisherige Arbeit teilweise mit der in der Fabrik vertauschten, gingen die Löhne in den Büros automatisch in die Höhe. Da seit dieser Zeit der Übergang vom Büro zur Fabrik und umgekehrt bedeutend erleichtert ist, wird jede offensichtliche Ungleichheit in der Bezahlung dieser beiden Gruppen von selbst berichtigt.
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Die Tatsache, d a ß die wesentliche F u n k t i o n der Erzeugung den Arbeitern fortgenommen und der Maschine übertragen wurde, h a t dazu g e f ü h r t , die diesen entzogene Intelligenz u n d Geschicklichkeit j e t z t u m so stärker in den administrativen u n d organisatorischen Zweigen der Industrie zu konzentrieren. U m eine automatische Maschine ihrem schließlichen Zweck dienstbar zu machen, m u ß ihr E r b a u e r große Geschicklichkeit im E n t w e r f e n v o n Werkzeugen u n d Modellen besitzen. Kopf u n d H a n d müssen z u s a m m e n a r b e i t e n ; denn die einzelnen Teile müssen von äußerster Genauigkeit sein. Die f ü r diese Arbeiten erforderliche Zahl von geschulten Arbeitern ist klein im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Industriearbeiter, aber sie ist von wesentlicher Wichtigkeit. I n der Vergangenheit wurden solche Leute durch das Lehrlingssystem herangebildet, das aber, wie bereits angedeutet wurde, im Niedergang begriffen ist. Die leitenden Männer der Industrie h a b e n deshalb auch schwere Bedenken mit Bezug auf einen ausreichenden Nachwuchs dieser Arbeiterkategorie. Sie erwarten, d a ß die Schulen einen solchen Mangel an gelernten Arbeitern verhindern, u n d da sie großen E i n f l u ß besitzen, wird ihren E r w a r t u n g e n wohl entsprochen werden. Diesem R u f der Industrie ist auch in vielen S t ä d t e n schon durch die G r ü n d u n g von technischen Schulen u n d durch die E r ö f f n u n g vieler p r i v a t e r Gewerbeschulen entsprochen worden. I n ihrer Verzweiflung sind einige Unternehmer auch dazu übergegangen, eigene Handwerkschulen einzurichten, aber es ist ziemlich sicher, d a ß die öffentlichen Schulen sich ihrer Aufgabe nicht entziehen werden, die Industrie m i t gelernten Mechanikern zu versorgen. Sowie erst die notwendige Anzahl dieser Schulen v o r h a n d e n ist, wird _ m a n d a m i t rechnen können, d a ß sich in Anbetracht der mit diesen Berufen zusammenhängenden geistigen Arbeit K a n d i d a t e n in reichlichstem Maße melden werden. Die Anzahl der qualifizierten Arbeiter würde sich d a n n bald so vermehren, d a ß ihre Bezahlung sich rasch wieder dem Niveau des Bedieners der automatischen Maschine n ä h e r n , aber wahrscheinlich immer noch so hoch liegen würde, u m f ü r die Zeit u n d das Geld, das die Lehrzeit verschlang, einen Ausgleich zu schaffen. Die nächste Schicht der gelernten Berufe, die den E i n f l u ß des Eisernen Mannes zu verspüren b e k a m , war die der technischen
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Sachverständigen, der Werkorganisatoren u n d der Vertreter. Die dritte Schicht umfaßte schließlich die Direktoren und Leiter. I n diesen beiden Schichten konzentriert sich die Gedankenwelt der modernen Industrie, und die Forderung nach besonderen Kenntnissen ist hier so laut, daß diese Leute heute geistig weit besser ausgerüstet sein müssen als ihre Vorgänger unter dem alten Regime. Die schnelle Expansion der automatischen Industrie h a t die Grenzen ihres Aufgabenkreises sowohl in bezug auf die Beschaffung von Arbeitskräften und Materialien, als auch in der Eröffnung neuer Märkte immer weitergesteckt. Sie m u ß f ü r die Finanzierung der hereinkommenden Arbeitskräfte, Materialien und Maschinen ebenso wie f ü r die herausgehenden Fertigprodukte sorgen — eine Aufgabe von so ungeheurer Größe, daß ihre Lösung nicht möglich gewesen wäre, wenn die Banken sich nicht in deutlich erkennbarer Weise den Notwendigkeiten der Industrie angepaßt hätten. I n Wirklichkeit sind die Bankiers die Aristokraten der modernen Industrie. Sie haben mit den eigentlichen Vorgängen der Erzeugung und Verteilung nichts zu t u n , aber sie sorgen f ü r das Lebensblut — das Kapital, und vermittels dieser Macht üben sie eine gute, gewöhnlich heilsame Kontrolle aus. Wie werden nun diese Geistesmcnschen der Industrie durch die sich augenblicklich in der menschlichen Gesellschaft auf eine Gleichmachung gerichteten K r ä f t e beeinflußt ? Sollen sie durch dieselben Kräfte, die ihnen zu großen Gehältern verholfen haben, ihren Untergebenen jetzt wirtschaftlich gleichgestellt werden ? In den letzten Jahren, in der Aera der großen industriellen Expansion, haben diese Industriekönige über sehr große Bezüge verfügt. Was wird jetzt geschehen, wo die Räder der Industrie sich langsamer drehen ? Soweit die Techniker — hauptsächlich Chemiker und Ingenieure — in Frage kommen, ist die Lage ziemlich übersichtlich. Die Hochschulen und Universitäten werfen jedes J a h r 60 viele von ihnen auf den Arbeitsmarkt, daß, abgesehen von Hochkonjunkturen, das Angebot in den meisten Fällen die Nachfrage übersteigen wird. Die Bezahlung eines jungen Mannes, der gerade die Universität verließ und eines Maschinenbedieners weist keinen großen Unterschied auf. Ein Zivilingenieurbüro in der Stadt, kann Konstruktionszeichner beinahe ebenso billig be-
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kommen wie gewöhnliche Arbeiter. An allen Bildungseinrichtungen, besonders an den technischen, wächst die Zahl der Hörer ständig. Die Ausbildung wird auch immer gründlicher, so daß eine immer größere Zahl von Männern außer in ihren Spezialfahigkeiten auch noch eine Allgemeinbildung erlangt, die sie in den Stand setzt., die höchsten Stellungen in der Industrie auszufüllen. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, werden die Universitäten und Hochschulen den Markt ebenso mit Ingenieuren und Chemikern überfluten, wie die Mütter der Nation ihn mit ungelernten Arbeitskräften überschwemmen. Die Bildungstätten unterstützen hierdurch die bereits bestehende Tendenz, die Durchschnittsbezahlung für diese Berufe auf eine einheitliche Basis zu bringen. Das Los der Verkäufer und Vertreter wird in ähnlicher Weise beeinflußt. Die persönlichen Eigenschaften spielen heute bei dem Absatz der Erzeugnisse keine so große Rolle wie früher. Der durch die Propaganda vorerst bearbeitete Markt erzeugt Verhältnisse, bei denen der Verkäufer mehr und mehr zum bloßen Auftragnehmer degradiert wird, der normalisierte und garantierte Erzeugnisse zu Preisen und Bedingungen verkauft, die von seinen Vorgesetzten im Betriebe festgesetzt werden. Da das Feilschen und Handeln jetzt bei dem Verkauf der Produkte nicht mehr in Betracht kommt, so gilt auch die Beredtsamkeit und die Schlagfertigkeit des Vertreters oder Verkäufers nicht mehr dasselbe wie früher. Seine Brauchbarkeit ist nicht mehr so sehr davon abhängig, daß er persönliche Eigenschaften besitzt, die ihm in seinem Beruf helfen, als davon, ob er befähigt ist, das zu behalten und auszuführen, was von ihm verlangt wird. Die Verkäufer der alten Schule wurden geboren, nicht erzogen, aber die Verkäufer von heute können aus jedem mit durchschnittlichem Unternehmungsgeist ausgestatteten Volkschüler herangebildet werden. Schulen, die hier und dort gegründet wurden, um den Verkäufern ihr Handwerk zu lehren, werden wohl bald ihre Daseinsberechtigung beweisen müssen. Denn im allgemeinen scheint es, als ob die Verteilung der Erzeugnisse sich in Zukunft mehr auf wissenschaftliche als auf persönliche Grundlage stützen wird. In dem Maße, in dem sich diese Verschiebung immer weiter vollzieht, wird auch die große Masse der Vertreter und Verkäufer mehr und mehr an Wichtigkeit verlieren und ihre Bezahlung wird sich dem allgemeinen Lohnniveau nähern. Der Verkäufer oder die Verkäuferin in den Geschäften
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aber verdienen nicht mehr, als sie auch in einer Fabrik erhalten würden. Der kleine Geschäftsinhaber, der eigentlich auch nur Aufträge ausführt, beklagt sich, daß er von den großen Unternehmen, die ihre Filialen an allen Plätzen haben, um seine Verdienstmöglichkeiten gebracht wird. Genau so wie sein Kollege, der Filialleiter, den der Unternehmer mit Hilfe von Registrierkassen und durch ein sorgfaltig ausgearbeitetes Bürosystem ständig kontrollieren kann und daher keine Prämie mehr f ü r besondere Talente oder Ehrlichkeit zu zahlen braucht, verdient er gewöhnlich nicht mehr als den am Ort üblichen Durchschnittslohn. Der Reisende ist nicht mehr der kühne, freie Mann der alten Tage. Wenn «r auch heute größere Strecken als sein Kollege vor zwanzig Jahren zurücklegt und bearbeitet, so r u h t auf ihm doch nicht mehr die gleiche Verantwortung. Die allgemeine Tendenz geht dahin, auch die Löhne dieser Berufsschicht in Einklang mit den in den Fabriken gezahlten zu bringen. Was die Lage der Arbeitgeber und Direktoren selbst anlangt, so ist sie schwerer zu analysieren, da die für deren Arbeit in Betracht kommenden Eigenschaften hauptsächlich natürliche Intelligenz, Energie undWillenskraft sind. Diese Leute haben sich die für ihr Fach notwendigen Kenntnisse bis jetzt eigentlich alle selber erworben. Da die Hochschulen und Universitäten aber die Wichtigkeit u n d Bedeutung einer zweckentsprechenden Besetzung dieser Stellen f ü r die künftige Entwicklung der Industrie erkannten, haben sie zur Ausbildung geeigneter Köpfe besondere Schulen für Finanzund Handelswissenschaft und Kurse f ü r Betriebswirtschaftslehre «ingerichtet. Falls es gelingt, solche Leute auf diese Weise heranzubilden, so werden die Gehälter der Direktoren notwendigerweise heruntergehen müssen. In Amerika waren sie bisher immer höher als im Ausland, da die Direktoren im Auslande sich in den meisten Fällen mit weniger Gehalt und mehr Prestige begnügten. Bereits heute ist die Tendenz aber eine sinkende; denn in allen Fällen, wo ein industrieller Betrieb unter Geschäftsaufsicht kam, war der «rste Schritt, die Gehälter der Direktoren herabzusetzen. Diese Verminderung der Gehälter der Direktoren läuft parallel mit einer Heraufsetzung der Gehälter der niedrigeren Verwaltungsbeamten, die mit den Lohnerhöhungen der Arbeiter während des' Krieges
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n i c h t Schritt gehalten h a t t e n . D a m a l s k a m e n Fälle vor, wo die A r b e i t e r mehr verdienten als der i h n e n u n m i t t e l b a r Vorgesetzte. U n d vor kurzem h a t die P e n n s y l v a n i a Railroad die Gehälter aller B e a m t e n , die v e r a n t w o r t l i c h e Stellen i n n e h a t t e n , e r h ö h t ; die h ö h e r e n B e a m t e n gingen aber leer a u s . Will m a n die Gehälter der D i r e k t o r e n v o n d e m S t a n d p u n k t der Nivellierung der Löhne b e t r a c h t e n , so wird eine solche B e t r a c h tungsweise d u r c h die T a t s a c h e erschwert, d a ß viele v o n diesen M ä n n e r n sozusagen eine Doppelrolle in der I n d u s t r i e spielen. Sie sind meistens nicht n u r die Verwalter des K a p i t a l s f r e m d e r Menschen, sondern auch Aktienbesitzer in g r o ß e m M a ß s t a b e . E i n i g e dieser Direktoren besitzen sogar die Mehrheit der A k t i e n d e r von i h n e n geleiteten Gesellschaften, die d a n n eigentlich n u r d e r verlängerte S c h a t t e n ihres Leiters sind, u n d m a n c h m a l ist dieser S c h a t t e n gar nicht so sehr lang. I n diesen Fällen b e s t e h t d a s Geh a l t der D i r e k t o r e n aus einem Anteil a n d e m Gewinn, der sonst die D i v i d e n d e n vergrößern würde, d a es hier keine K o n k u r r e n z u m den leitenden P o s t e n gibt. E i n solches Vorgehen h a t sich infolge der ü b e r h o h e n Versteuerung der Gewinne s t a r k eingebürgert. Die von vielen Leitern auf diese Weise gespielte Doppelrolle scheint aber allen Anzeichen n a c h n u r eine v o r ü b e r g e h e n d e P h a s e zu sein. D e n n sobald die Gesellschaften älter u n d größer w e r d e n , m a c h t 6ich bei ihnen die Tendenz b e m e r k b a r , die F u n k t i o n der L e i t u n g v o n der des I n h a b e r s zu t r e n n e n . Die U n t e r n e h m e n werden aus persönlicher Begeisterung u n d Energie gegründet, i m L a u f e der Zeit sind sie aber auf d a s Z u s a m m e n a r b e i t e n mit a n d e r e n Stellen angewiesen u n d v e r w a n d e l n sich d e m e n t s p r e c h e n d in Aktiengesellschaften. Der Zufall der G e b u r t k a n n Besitzer erzeugen, aber m a n k a n n sich n i c h t d a r a u f verlassen, d a ß dieser Zufall auch I n d u s t r i e f ü h r e r h e r v o r b r i n g t , die i m K a m p f m i t der K o n k u r r e n z den Besitz e r h a l t e n k ö n n e n . Sehr wenige v o n den j ü n g e r e n I n d u s t r i e k a p i t ä n e n besitzen h e u t e eine Mehrheit an Aktien der Gesellschaft, die sie leiten, einige besitzen gar keine Aktien. E s b e s t e h t a u c h kein G r u n d , w a r u m sie Aktien besitzen sollen. Sie h a b e n ihre Stelle infolge ihrer persönlichen Eigenschaften i n n e , weil sie m i t d e n G a b e n eines I n d u s t r i e s t a a t s m a n n e s a u s g e s t a t t e t sind. Sie k ö n n e n sich sogar viel freier fühlen u n d b e d e u t e n d besser zwischen d e n F o r WITTE
D e r eiserne M a n n .
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derungen der Arbeiter, des Kapitals und des Marktes das Gleichgewicht halten, wenn keine großen finanziellen Interessen sie auf eine Seite herüberziehen. Homer Ferguson, der Präsident der Newport News Shipbuilding Company bezeichnet sich als einen „begabten Angestellten", dem nichts von dem von ihm verwalteten Eigentum gehört. Er h a t sich über die Gründe ausgelassen, warum dieses finanzielle Unbeteiligtsein an der Gesellschaft ihm mehr Macht in seiner Stellung verleiht als es sonst der Fall wäre. Vielleicht verdient er weniger Geld, als wenn er einen eigenen Betrieb leiten würde, aber seine jetzige Stellung verleiht ihm größeres Ansehen und bietet ihm bessere Möglichkeiten. Richter Gary beherrscht die United States Steel, nicht weil er viele Aktien besitzt, sondern weil er die notwendigen Fähigkeiten für seine Stelle hat. Nicht nur durch sein Gehalt, auch durch seine Arbeit und den Beifall, den ihm die Öffentlichkeit zollt, wird er belohnt. Man kann sich nicht gut vorstellen, daß einer dieser beiden Männer, oder irgendein anderer Industriekapitän, der auf derselben Stufe steht, ihre Stellungen aufgeben würden, weil man ihr Gehalt heruntersetzt. In Zukunft werden die Leiter in der Industrie mehr und mehr ausgewählte, befähigte Leute sein und immer weniger die eigentlichen Besitzer oder Teilhaber mit einem großen Aktienposten. Ihre Gehälter werden sich nach der Zahl der für diese Posten vorhandenen Anwärter richten. Die Anziehungskraft, die eine solche Stellung ausübt, und die Anstrengungen, die gemacht werden, um geeignete Leute heranzubilden, werden sicherlich die Anzahl der qualifizierten Kandidaten erhöhen. Die Nachfrage ist n a t ü r lich nicht immer die gleiche, aber sie wird im Verhältnis kaum in dem jetzigen Umfang bestehen bleiben, wenn die öffentlichen und privaten Bildungstätten das sich gesetzte Ziel erreichen. Dann wird natürlich auch das jetzige hohe Niveau der Gehälter für diese Posten nicht bestehen bleiben können. Alle Anzeichen deuten d a r a u f h i n , daß die Industrieführer der Zukunft mehr aus Ehrgeiz und Stolz sowie im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt ihre verantwortliche Arbeit ausüben werden als aus dem Bestreben heraus, auf diese Weise viel Geld zu verdienen. Die Tätigkeit eines Leiters eines großen Unternehmens scheint zu einem Beruf zu werden, der wie andere Berufe sein Ansehen genießt, aber auch gewisse Beschränkungen oder Höchstgrenzen in der Bezahlung erdulden m u ß .
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Die sogenannten gelehrten Berufe können leichter eingeordnet werden, da bei ihnen die Vereinheitlichungstendenzen durch die bestehende Berufsethik verstärkt werden. Lehrer, Prediger, Schriftsteller, Maler und überhaupt alle freien Berufe haben seit J a h r h u n derten ihren materiellen Lohn nicht als Bezahlung, sondern nur als die Möglichkeit zum Leben betrachtet, während ihr wirklicher Lohn die ihren Idealen und der Allgemeinheit geleisteten Dienste, ihre gesellschaftliche Stellung und die Wertschätzung ihrer Zeitgenossen gewesen ist. Diese nichtwirtschaftlichen Anziehungskräfte üban manchmal einen so starken Einfluß auf die menschliche Natur aus, daß die Bezahlung hier oft unter der des ungelernten Arbeiters steht. Dichter sind in Dachstuben verhungert. Geistliche bekommen bekanntermaßen viel zu wenig Gehalt, und der in den letzten Jahren so vielfach gezogene Vergleich zwischen dem verhungerten Professor und dem im Seidenhemd herumlaufenden Tölpel h a t jene Kampagne hervorgerufen, die unter der Parole „Feed the Professors" segelte. Die Juristen und Ärzte, die unmittelbar mit dem Leben in Berührung kommen, sind auch stark von der industriellen Entwicklung beeinflußt worden. Aber auch sie werden sich aus dem geschäftlichen Strom auf das hohe Ufer der Ethik retten müssen. Selbst jetzt widmen viele Ärzte, obwohl sie gern von ihrem Geschäft sprechen, einen großen Teil ihrer Zeit rein menschlichen Forderungen, u n d auch eine Anzahl von Anwälten — wenn auch noch nicht viele — lebt mehr f ü r die von ihnen vertretene Gerechtigkeit als f ü r Bezahlung. Die Vereinheitlichungsbestrebung der automatischen Maschine, des Eisernen Mannes, wird also sicherlich durch diese Beispiele unterstützt werden, die lehren, daß Arbeit im Dienste der Menschheit das höchste Ziel menschlichen Strebens ist. Bis jetzt haben wir die Gleichmachung der Arbeit, wie sie durch die automatische Maschine diktiert wird, nur von dem Standpunkt der Produktion betrachtet. Hier äußert sich der direkte Einfluß der Maschine. Indirekt wirkt aber die Maschine in der gleichen Richtung vermittels des Marktes, d. h. durch den Verbrauch. Da die Gesamtkosten des Erzeugnisses sich aus Kosten f ü r Kopfplus Handarbeit zusammensetzen, so bewirkt die Erzeugung mit Hilfe automatischer Maschinen, daß die Unkosten f ü r diese beiden Einheiten sofort geringer werden. Die wirtschaftlichen Vorteile, 3*
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die mit der A n w e n d u n g dieser Maschinen z u s a m m e n h ä n g e n , sind wirklich so groß, d a ß nichts ihre weitere E n t w i c k l u n g a u f h a l t e n k a n n , bis zu d e m Augenblick, wo ihre E r z e u g u n g s k r a f t so viel h ö h e r als die A u f n a h m e k r a f t der W e l t m ä r k t e ist, u n d eine weitere Vervielfältigung der menschlichen A r b e i t s k r a f t nicht m e h r lohnend erscheint. N i e m a n d k a n n j e t z t voraussehen, ob dieser Z e i t p u n k t eine F r a g e v o n J a h r h u n d e r t e n oder n u r von J a h r z e h n t e n sein wird. Theoretisch ist die Verbrauchsfähigkeit der menschlichen Rasse unendlich, in Wirklichkeit ist sie aber i m m e r der K o n k u r r e n z der allgemeinen menschlichen F o r d e r u n g nach freier Zeit ausgesetzt. Die W a r e n k ö n n e n noch so billig werden, es wird i m m e r ein Z e i t p u n k t k o m m e n , wo die Menschen, die sie erwerben, sagen w e r d e n : „ W i r h a b e n genug, wir wollen uns j e t z t e t w a s v e r g n ü g e n " . Viele solcher Fälle h a b e n sich u n t e r den Arbeitern im J a h r e 1919 ereignet. Abgesehen v o n diesem E i n w a n d , wird der Markt eine intensive B e w i r t s c h a f t u n g aber i m m e r belohnen. J e billiger die W a r e n , u m so größere Q u a n t i t ä t e n k ö n n e n v e r k a u f t werden, w e n n nicht die K a u f k r a f t im gleichen Verhältnis zu den Preisen sinkt. Es ist daher ganz logisch, d a ß mit der z u n e h m e n d e n A u t o m a t i sierung der E r z e u g u n g die K o n k u r r e n z zwischen d e n Verkäufern der W a r e n auf der einen Seite, u n d den K ä u f e r n v o n Arbeitszeit auf der a n d e r e n , die Preise u n d Löhne auf einen P u n k t bringen wird, wo die Maximalerzeugung mit der M a x i m a l k a u f k r a f t beinahe z u s a m m e n f ä l l t . D a die menschliche N a t u r u n d d a s menschliche Verlangen aber so unendlich verschieden sind, wird vielleicht ein vollkommener Ausgleich in dieser Hinsicht niemals möglich sein. Die Anzeichen d e u t e n aber d a r a u f hin, d a ß sie sich einander n ä h e r n werden u n d zwar mit i m m e r geringer w e r d e n d e n Schwank u n g e n . I n A m e r i k a e n t s t e h t der Markt f ü r die meisten W a r e n d u r c h den Massenkonsum. Eine weitgehende Verteilung der I n d u striegewinne e r h ö h t die K a u f k r a f t weit mehr al6 eine, die sich in engen Grenzen h ä l t . Aus diesem G r u n d wird der E i n f l u ß , der v o n den Verkaufsorganisationen der Industrie a u s g e h t , mit dazu beitragen, j e n e Vereinheitlichung der Arbeitslöhne h e r b e i z u f ü h r e n , die sich a u s der K o n k u r r e n z zwischen den K ä u f e r n der Arbeitsk r a f t , die die a u t o m a t i s c h e Maschine b r a u c h t , i m v o r a u s ergibt. Es darf n a t ü r l i c h hierbei n i c h t übersehen werden, d a ß solange es eine K o n k u r r e n z gibt, auch i m m e r ein gewisser Unterschied in
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d e r B e z a h l u n g b e s t e h e n -wird, es sei hier n u r a n die i m A k k o r d b e s c h ä f t i g t e n A r b e i t e r e r i n n e r t . W e n n a u c h die W e r k z e u g m a s c h i n e i n n e r h a l b eines gewissen f e s t g e l e g t e n Z y k l u s a r b e i t e t , so ist sie d e s w e g e n d o c h noch n i c h t d a s g e n a u e G e g e n s t ü c k d e r T r e t m ü h l e d e r a l t e n Z e i t . I n n e r h a l b kleiner, a n sich u n w i c h t i g e r G r e n z e n ä n d e r t sich i h r e E r z e u g u n g s f ä h i g k e i t e n t s p r e c h e n d d e r p e r s ö n l i c h e n E n e r g i e u n d A u f m e r k s a m k e i t des B e d i e n e r s . A u c h w e r d e n i m m e r U n t e r s c h i e d e der in d e n v e r s c h i e d e n e n T e i l e n d e s L a n d e s g e z a h l t e n L ö h n e a u f t r e t e n , die v o n A n g e b o t u n d N a c h f r a g e a b h ä n g i g sind. Diese w i e d e r u m w e r d e n b e s t i m m t v o n d e m B e v ö l k e r u n g s s t a n d in d e n v e r s c h i e d e n e n B e z i r k e n u n d d u r c h a n d e r e wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Momente. Heimat, Fam i l i e n b a n d e , A n h ä n g l i c h k e i t a n den O r t der G e b u r t , A k t i e n b e s i t z b e i m P e r s o n a l u n d g u t e persönliche B e z i e h u n g e n zu d e m A r b e i t geber w e r d e n die m e n s c h l i c h e N a t u r i m m e r s t a r k b e e i n f l u s s e n u n d sie d a v o n z u r ü c k h a l t e n , b e i m e r s t e n b e s t e n v o r t e i l h a f t e r e n A n g e b o t die Stelle zu v e r l a s s e n . T r o t z d e m wird es i m m e r g e n ü g e n d M ä n n e r u n d F r a u e n g e b e n , die i h r e n Vorteil a u s n u t z e n , u n d diese w e r d e n eine g l e i c h m ä ß i g e V e r t e i l u n g der A r b e i t s k r a f t h e r b e i f ü h r e n , die wied e r u m i m g a n z e n L a n d e eine ziemlich gleichmäßige L o h n s k a l a i m Gefolge h a t . E s ist eine weitere i n t e r e s s a n t e T a t s a c h e , d a ß diese Vereinh e i t l i c h u n g s t e n d e n z u n m i t t e l b a r d e m sozialistischen T r a u m — d e r Gleichheit de6 E i n k o m m e n s — z u s t e u e r t . A b e r sie w i r d sich diesem Ziel o h n e Hilfe d e r Sozialisten n ä h e r n , u n d z w a r lediglich als E r g e b n i s d e r E i n f ü h r u n g der a u t o m a t i s c h e n Maschine d u r c h die K a p i t a l i s t e n . Die T e n d e n z selber ist eine s t r e n g ö k o n o m i s c h e , u n d m a n k ö n n t e sich v o r s t e l l e n , d a ß sie ihr Ziel o h n e politische Schwier i g k e i t e n , o h n e Sozialisierung des P r i v a t e i g e n t u m s u n d o h n e V e r ä n d e r u n g des a u g e n b l i c k l i c h e n Verhältnisses zwischen A r b e i t geber u n d A r b e i t e r n erreichen k a n n . A b e r so e i n f a c h w i r d das n i c h t vor sich g e h e n , so leicht n i m m t die Menschheit d e r a r t i g e r e v o lutionäre Umwälzungen ihrer Lebensmethoden nicht an. Die Bestrebungen nach Gleichberechtigung der F r a u h a b e n i m u n m i t t e l b a r e m V e r h ä l t n i s zu der A n z a h l d e r i n der I n d u s t r i e b e s c h ä f t i g t e n F r a u e n z u g e n o m m e n . Die a u t o m a t i s c h e M a s c h i n e wird hinter den meisten der in den nächsten fünfzig J a h r e n in den V e r e i n i g t e n S t a a t e n g e s c h a f f e n e n Gesetzen 6 t e h e n , e b e n s o wie sie d e r w e s e n t l i c h e F a k t o r des B i l d u n g s p r o g r a m m e s sein w i r d ,
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sobald die Lehrer der Jugend, die immer noch den Schlüssel zum modernen Leben suchen, ihre Bedeutung erkannt haben werden. Man muß den Knaben, die kurz nach Eintritt in das Berufsleben ihre höchste K a u f k r a f t erlangen, etwas anderes als bisher lehren, wenn sie ihre freie Zeit und ihre wirtschaftliche Macht richtig gebrauchen sollen. Die automatische Maschine hat auch den Heiratsknoten durchschnitten — die Armee der Junggesellen und unverheirateten Frauen wächst ständig. I n anderen Erdteilen fließt Blut in dem Kampf der Klassen um die Macht über die Maschine. I n Amerika ist der automatischen Maschine reichliche Gelegenheit geboten, sich zu entwickeln. Ihre guten Seiten sind unbestreitbar, aber wenn sie nicht von dem sozialen Gewissen unter Kontrolle gehalten wird, k a n n sie schlechte Seiten von gleicher Potenz entfalten. Es ist die Pflicht der Vereinigten Staaten, die fortschreitende Evolution des Eisernen Mannes von der hohen Warte der Intelligenz zu leiten. Denn die von ihm befreiten wirtschaftlichen K r ä f t e sind von solcher Wirklichkeit und von solch' kraftstrotzender Lebensfähigkeit, daß sie Regierungen, die sich ihnen blind entgegenstellen, ebenso vernichten, wie sie die Gesellschaft untergraben werden, die sich zu leicht der Herrschaft der Maschine unterwirft. Die automatische Maschine mit ihrer Tendenz der Vereinheitlichung und Nivellierung kann ebenso zu einer wahren Demokratie, wie zu einer neuen Sklaverei führen, und sie kann die Welt auch in das Chaos der Anarchie stürzen.
III. Geist und Maschine. Dieselben Instinkte und Notwendigkeiten, die den Menschen auf das Feld, in den Wald, auf das Meer und auf das Schlachtfeld getrieben haben, trieben ihn an die Maschine. Um die Befriedigung der von Generation zu Generation wachsenden Bedürfnisse mit der geringsten Anstrengung zu ermöglichen, ist im Laufe der Zeit eine Anzahl von Rassen mit einer genügenden Summe von Erfindungsgabe und Anpassungsfähigkeit ausgerüstet worden, um sie aus einem Zustand gesetzloser Einzelwesen, die mit wenig Habe sich in begrenzten Kreisen bewegten, zu verantwortlichen Einheiten in einer komplizierten sozialen und gesellschaftlichen Ordnung zu erheben. In diesen Einheiten ist das Leben des einzelnen ziemlich sicher; hier sind große Reichtümer, wenn auch ungleich verteilt, vorhanden, und die Erzeugung und Verteilung der verkäuflichen Waren erfolgt zum größten Teil durch untereinander unabhängige Gemeinschaften von Einzelwesen. Innerhalb dieser Gemeinschaften arbeitet die Masse unter der Leitung Weniger und unter einer Disziplin, die der militärischen sehr nahe kommt, zum Zweck der Erschaffung von allen jenen Gegenständen, auf denen der Handel zwischen Gleichberechtigten basiert und unter gesetzlicher Aufsicht gehalten wird. Sowohl die Leiter wie die Geleiteten vcrrichten eine Anzahl organisch ausgewählter Funktionen, die für die Gemeinschaft, für die Allgemeinheit und den Staat von wesentlicher Bedeutung sind. Durch Arbeitsteilung, durch Unterordnen der Persönlichkeit unter eine Leitung in Organisationen, die mit wissenschaftlicher Genauigkeit das Prinzip der Kraft auf die Materie anwenden, ist das Leben sehr verbessert aber gleichzeitig weit komplizierter als vordem geworden. Daß diese Verbesserungen, die wir Zivilisation nennen, immer noch im Wachsen begriffen und voller Lebenskraft sind, beweisen gerade die Schwierigkeiten und die Unruhen, die alle Neuerungen hervorrufen. Das Bestreben des stets auf Neuerungen bedachten Menschen, sich sattzuessen, sich zu kleiden und seine anderen Bedürfnisse mit der geringsten Anstrengung zu befriedigen, hat im Laufe der
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Jahrhunderte in durchaus folgerichtiger Entwicklung die automatische Maschine hervorgebracht, die zuerst mit Widerstreben, dann aber in großen Mengen f ü r die Produktion der notwendigen Erzeugnisse eingeführt wurde. Unsere Generation befindet sieh auf dem Wege zur vollständigen Automatisierung, d. h. zu einer so vollständigen, wie sie die menschliche Natur überhaupt ertragen kann. Die wirtschaftliche Entwicklung ist ganz klar: sie wird in der Zukunft an einen P u n k t gelangen, wo die zu verrichtende Arbeit von den Menschen mit dem kleinsten Aufwand an Geist und Muskeln mechanisch vollbracht wird, d. h. soweit Maschinen diese Arbeit verrichten können. Die Hindernisse auf dem Weg zu diesem Ziel liegen nicht so sehr in der Unfähigkeit der Ausnahmemenschen, den Betrieb zu mechanisieren, als in ihrer anscheinend sehr beschränkten Fähigkeit, es der großen Masse der Arbeiter klar zu machen, daß die automatischen Maschinen f ü r sie vorteilhaft ist. Der rein wirtschaftlich eingestellte Mensch ist etwas Abstraktes, der für eine wissenschaftliche Untersuchung vielleicht eine gewisse Bedeutung hat, in Fleisch und Blut aber niemals vorkommt. Wenn man aber einem Menschen begegnet, der in hohem Mafie diese Eigenschaften besitzt, so ist er sicher kein Nachbar, den man sich wünschen möchte. Der homo sapiens ist nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch ein geselliger, ein politischer und ein religiöser Mensch. Er folgt seinem Instinkt der Selbsterhaltung nicht nur wirtschaftlich sondern auch biologisch. Er liebt, verheiratet sich, k ä m p f t und arbeitet für seine Frau, sein Hans und seine Kinder, und er stirbt später in der Hoffnung, daß sein Leben auch über das Grab hinaus verlängert wird. Er wird dann von seinen Angehörigen mit Ehren begraben. I n seinem Leben diente er vielen Herren, unter denen der Staat der Souverän und der Betrieb der Parvenu war. Ein solches Wesen kommt in die Werkstatt und nimmt seinen Platz an der Maschine ein, um ihr mit einem kleinen aber bestimmten Bruchteil seiner K r ä f t e bei der Erzeugung und Verteilung der Waren zu helfen. Man kann es Nummer 3141 nennen und trotzdem wird es sich grundsätzlich von den Nummern 3140 und 3142 und von allen anderen lebenden oder toten Wesen unterscheiden. Kein jetzt lebender u n d kein kommender Mensch wird genau in derselben Form wie Mensch Nr. 3141 wieder auftreten. Die Arbeitskräfte sind eben mehr als
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bloße Arbeitskräfte, jede von ihnen ist ein Einzelwesen, das sich selbst unermeßlich liebt, auch in der größten Verzweiflung. Der Betrieb kann nicht genau das bekommen, was er wünscht. Vielleicht möchte er — was aber nicht von besonderer Weisheit zeugen würde — nur Hände und Füße und Rücken haben. Aber diese gibt es nicht getrennt von Lüsten, Glauben und Aberglauben. Vielleicht möchte er Augen, feinfühlige Finger und besondere Kenntnisse haben, diese können aber nicht von Nerven und Vorurteilen abgesondert werden. Stattdessen gibt es auf dem Arbeitsmarkt Männer und Frauen in unendlicher Verschiedenheit, aber in jedem und in jeder von ihnen ist etwas verkörpert, bei Manchem in kleinerem bei Anderen in größerem Ausmaß, das der Betrieb nicht brauchen kann. Der Betrieb sucht und wählt, untersucht und vergleicht, er greift auf Erfahrungsberichte zurück, aber trotzdem können die auf diese Art Erwählten ein Saatkorn in die Räume der Fabrik tragen, das aufgehen und sich gegen die Herrschenden auflehnen kann, indem es an die Anarchie der K r a f t oder an die Autorität des Staates appelliert — der Appell an Demos oder an Cäsar. Dieses geistige Gepäck, das vom Standpunkt der augenblicklichen industriellen Bedürfnisse größtenteils überflüssig ist, kann für die Zwecke der Analyse vorgemerkt werden, aber eine derartige Zusammenstellung, gleichgültig wie groß und umfassend sie auch ist, wird stets eine bequeme Lüge bleiben, da jedes Element sich mit allen anderen verbindet und alle anderen beeinflußt. Kurzgefaßt besteht dieses geistige Gepäck aus Instinkten, Gefühlen, Überlieferungen, Glauben und aus Gewohnheiten im Denken und Verhalten, jene Eigenschaften des Geistes und der Seele, die in ihrem Zusammenspiel nicht nur die Individualität ihres Besitzers ergeben, sondern auch seine Reaktionen beim Zusammentreffen mit der Autorität sowie seine Verantwortlichkeitsgefühle für sein Heim und die Gesellschaft bestimmen. Diese primären Eigenschaften — gleichgültig woher sie stammen — sind die Früchte der Rassenerfahrungen vieler Generationen, die unter dem Ansporn des Geschlechtstriebes mit einigen kleinen Änderungen an unsere Nachkommen weitergegeben werden. Wir werden das Unterbewußtsein nicht so reich befruchten, wie die Journalisten unseres Zeitalters der Prahlerei uns dieses glauben lassen möchten. Vielleicht werden wir das Unterbewußtsein
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mehr beeinflussen als irgendeine Generation vor uns, und doch "werden wir jenem Speicher, dessen Ursprung so weit zurückliegt und dessen aufgetürmte Erfahrungen so lebendig sind, nur einen winzigen Bruchteil hinzufügen können. Dieses Erbgedächtnis kann als das Reservoir der menschlichen Erfahrung gelten. Es ist die Ursache des Aufstieges des Menschen zum Herrscher der Erde, das rohe Fundament der sozialen und politischen Einrichtungen, die Erklärung für seine Raffsucht, seine Kriege und seine Sünden, ebenso wie für seine Treue und seine Träume Erscheinungen, die vielleicht niemals ergründet werden können. Wenn wir das Unterbewußtsein von einer hohen Intelligenz abziehen, so wird das Überbleibende nicht ein Mensch mit seinem Hassen und Lieben, seinen Antrieben und Hemmungen sein, sondern eine Monstrosität von Habsucht und Verstand. Ziehen wir es von einer Person mit wenig Intelligenz ab, so bleibt ein tierisches Abbild. Beide Typen würden antisozial und asozial 6ein, der eine eine Gefahr für die Gesellschaft infolge seiner Fähigkeiten, det andere infolge seiner Unfähigkeiten. Aus diesem Grunde kann man von dem Erbgedächtnis sagen, daß es das Fundament der menschlichen Existenz ist. Die Wahrheit über den Menschen läßt sich nicht aus Geschichte und Wissenschaft allein ergründen, man muß auch die Instinkte iu Betracht ziehen und bis auf die Quellen des Lebens zurückverfolgen. Und dieses so schwer belastete komplizierte Wesen kommt jetzt an die Maschine. Es wäre für beide Parteien angenehm, wenn die Betriebsleitung den Arbeiter von dem innerhalb der Werkstatt überflüssigen Gepäck schon an der Tür befreien könnte, um es ihm erst nach der Arbeitszeit zurückzugeben. Wie einfach wäre es, wenn der Mensch seine Begierden wie seinen Rock aus- und anziehen könnte! Wahrscheinlich haben jene geistigen Eigenschaften und Vorurteile, die wir einfach unter den Titel „Unterbewußtsein" sammeln, früher einmal eine ausgesprochenere wirtschaftliche Bedeutung als heute gehabt. Wie aber auch die Menschen um ihr Leben ringen, jene Eigenschaften, die sie den Kampf überleben lassen, werden fortgepflanzt, während die weniger nützlichen unter dem strengen Gesetz der Notwendigkeit ausgemerzt werden. Arbeit ist der Preis, den wir für das Leben zahlen müssen. Der Mensch unterscheidet sich vom Tier dadurch, daß er sich seiner Arbeit bewußt ist und sich über sie äußern kann. Der „Arbeits-
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schmerz" regt ihn zum Nachdenken an und veranlaßt ihn, seine Gedanken auszusprechen, aber vielleicht empfindet er die nur mittelbar wirkende Anspannung der Arbeit noch mehr, wenn auch weniger bewußt. Der aus der Arbeit erwachsene Schmerz, dessen Grund bald erkannt wird, kann schon innerhalb des Betriebes gemildert oder ausgeglichen werden, aber die An- oder Abspannung erlaubt keine so einfache Diagnose. Sie entgeht der Beobachtung und ist nicht faßlich, aber sie breitet sich aus, bis sie dann, stark angehäuft und kompliziert, sich auf einmal zeigt, nicht dem Betriebsleiter im Betriebe sondern der Gesellschaft und dem S t a a t . Der Arbeitschmerz schafft die Arbeiterprobleme, in die sich der S t a a t nur als letzte Instanz einmischt. Langwährende und fortgesetzte Arbeitsanspannung erzeugt aber politische und soziale Probleme, mächtige Gegenströme in der öffentlichen Meinung, die zuerst in den Häusern der unteren Klassen erörtert werden und dann die Parlamente der Erde beschäftigen. Nachdem dieser Unterschied zwischen Arbeitschmerz und Arbeitsanspannung festgelegt ist, wobei nicht vergessen werden darf, daß es leichter ist, sie auf dem Papier als in Fleisch und Blut säuberlich zu trennen, können wir daran gehen, die Wirkung der automatischen und halbautomatischen Maschinen auf den Geist ihrer Bediener zu untersuchen. Diese Maschinen stellen verhältnismäßig keine großen Anforderungen an den Geist ihres Bcdieners, dessen geistige Arbeit eine mehr passive als aktive ist. Sowie er die von ihm erwartete Funktion gelernt hat, sowie der Mann das normalisierte Material in einer vorherbestimmten richtigen Weise in die Maschine einführen kann, braucht er seinen Geist nicht weiter, anzustrengen, um seinen Lohn zu verdienen. Er muß aufpassen und seine Funktion immer genau so wie er sie gelernt hat, ausüben; denn die Maschine ist wertvoll, und wenn sie nicht zur festgesetzten Zeit und in richtiger Weise bewegt wird, kann sie dem Arbeitgeber an Reparaturen mehr kosten als der jährliche Lohn ihres Bedieners ausmacht. Der Mann wird nicht angetrieben, sondern es muß nur ein gewisses gleichartiges von der Maschine bestimmter Tempo einhalten. Sein Wert besteht darin, daß er den kreischenden Ruf des Eisernen Mannes niemals überhört. Er muß seinen Schützling betreuen, ihn mit Material füttern, ihm seine Erzeugnisse abnehmen und vielleicht kleine Reparaturen ausführen.
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Wenn aber eine größere Störung eintritt, muß er einen Mechaniker zu Hilfe rufen, ebenso wie die Amme eines Kindes im Fall einer Krankheit den Arzt r u f t . Ich beobachtete, wie ein Mann Metallringe über einen R a u m von sechs Zoll auf eine Führung schob, die sie dann automatisch durch die Maschine bewegte, bis die Ringe einige Sekunden später ohne weitere menschliche Hilfe geschlitzt wieder zum Vorschein kamen. Diese Arbeit h a t t e der Bediener der Maschine von morgens bis abends' zu verrichten. Sein Lohn hing davon ab, wieviele dieser geschlitzten Ringe der P r ü f u n g standhielten. Seine Augen waren die ganze Zeit über auf die kleine Plattform konzentriert, eine Hand bewegte sich in dieser, die andere in jener Richtung immer und immer wieder, in endloser Wiederholung. Er verpaßte keine einzige Umdrehung der Räder, die sein Leben langsam al>er ebenso sicher zerschlitzten wie sie die Ringe schlitzten. Wirtschaftlich war er ein Teil der Maschine, eine automatische Zufuhrvorrichtung, die zufällig aus Fleisch und Blut und Geist bestand. In nicht zu langer Zeit wird er wahrscheinlich auch von dieser Arbeit durch eine Verlängerung der Arme des Eisernen Mannes abgelöst werden, da er nichts t u t , was nicht besser durch die Maschine getan werden kann. Die Montage von auswechselbaren Maschinenteilen wird in gut organisierten Werken vermittels äußerst gleichmäßig unterteilter Funktionen verrichtet. So wird z. B. ein Automobilrahmen zuerst in eine schwebende Stellung gebracht, damit die Achsen befestigt werden können. Dann wird er durch ein Transportband an einer Reihe von Arbeitern vorbeigeführt, von denen jeder eine bestimmte, immer gleichbleibende Arbeit verrichtet, die in einer genau vorgeschriebenen Zeitspanne ausgeführt werden muß, da das Transportband j a mit einer geregelten Geschwindigkeit vorbeiläuft. Jede Gruppe von Arbeitern hat ihren bestimmten Platz neben dem Band, mit dem sich die einzelnen Mitglieder der Gruppe vorwärts und rückwärts bewegen. Einer von ihnen f ü g t das rechte Vorderrad an die Achsen, ein zweiter das linke Hinterrad, ein dritter befestigt gewisse Schrauben vermittels eines durch Druckluft betätigten Schraubenschlüssels. Wenn ein einziger dieser Leute seine Arbeit in der erlaubten Zeit nicht zustandebringt, m u ß der Wagen von dem Band entfernt und für die nächste Schicht aufgehoben werden, da sonst die
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A r b e i t a n der ganzen Automobilreihe, die sich gerade auf d e m B a n d b e f i n d e t , a u f g e h a l t e n wird. Auf diese Weise bringt es ein g e n a u ausgedachtes u n d schnell arbeitendes Verteilungssystem mit sich, d a ß eine S t u n d e , n a c h d e m d a s rohe Gestell auf das B a n d gelegt worden ist, ein vollständig fertiges A u t o m o b i l es v e r l ä ß t , -das a u s eigener K r a f t n a c h d e m Verladeschuppen f a h r e n k a n n ; Das A u t o m o b i l ist n i c h t n u r gestrichen, s o n d e r n die F a r b e ist inzwischen a u c h schon v o l l k o m m e n trocken geworden. E s besitzt ein hochpoliertes Wagengestell, Gardinen, Sitze, Werkzeuge u n d endlich einen Zettel, der den N a m e n des K ä u f e r s t r ä g t . W ä h r e n d dieser einen S t u n d e h a b e n H u n d e r t e v o n A r b e i t e r n a n d e m A u t o m o b i l gearbeitet, u m die Arbeit von t a u s e n d a n d e r e n zu einem zweckmäßigen u n d wirkungsvollen I n s t r u m e n t z u s a m m e n zusetzen. J e d e r Mann wiederholt dieselbe Arbeit i m m e r u n d i m m e r wieder. E r d r e h t in einem f o r t gleichartige S c h r a u b e n fest, er h e b t gleichartige Teile eines Gestells, f ü g t sie a n etwas, das genau so ist wie der vorherige Teil u n d zwar bis auf den t a u s e n d s t e n Teil eines Zolls. Diese sorgfältige, genaue u n d m o n o t o n e Arbeit m u ß schnell v e r r i c h t e t werden, u n d zwar zu der Begleitmusik v o n zischenden L u f t v e n t i l e n u n d S t r ö m e n v o n F a r b e , v o n b r ü l l e n d e n Trockenöfen, v o n d e m K l a p p e r n der Werkzeuge u n d d e m Rollen der a n u n d a b f a h r e n d e n Lastwagen. Diese Szene ist, w e n n sie als Beweis des Organisationstalentes v o n Meisterhirnen, w e n n sie als eine Studie der Einheit u n d der synchronisierten Macht ü b e r Menschen u n d Materie gelten soll, eindrucksvoll u n d in ihrer Gesamtheit f a s t schön zu n e n n e n . Aber f ü r die menschlichen Teilnehmer k a n n sie n i c h t als der Inbegriff des Lebensglückes gelten, n a c h d e m der einzelne sich sehnt. Der Mensch ist doch nicht n u r erschaffen worden, u m hier Mitwirkender zu sein! Einige dieser Arbeiten verlangen eine große Muskelanstrengung, a n d e r e eine weniger große, aber ob n u n die A n s t r e n g u n g groß oder gering ist, so werden v o n j e d e m Arbeiter doch i m m e r n u r dieselben Muskeln f ü r eine i m m e r gleichbleibende Zeitspanne beans p r u c h t , u m die sich i m m e r wiederholende Arbeit a u s z u f ü h r e n . Es h a t sich herausgestellt, d a ß die sich d u r c h die Bedienung v o n a u t o m a t i s c h e n u n d h a l b a u t o m a t i s c h e n Maschinen ergebende E r m ü d u n g nicht eine einfache Folge einer zu s t a r k e n oder zu h ä u figen S t r e c k u n g der Muskeln, sondern vielmehr ein pathologischer
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Zustand ist, der durch die Vergiftung des Körpers infolge überstarker Ausscheidung gewisser Drüsen verursacht wird. Mag nun diese Theorie richtig oder falsch sein, es scheint jedenfalls festzustehen, d a ß unter starker nervöser A n s p a n n u n g infolge übermäßig ausgedehnter Anstrengung diese Ausscheidungen viel höher als normal sind und d a ß hierdurch eine pathologische E r m ü d u n g a u f t r e t e n k a n n , die sich als übernatürliche Regsamkeit o f f e n b a r t . Diese Theorie, die von maßgebenden Wissenschaftlern aufgestellt u n d mit den bei der Schwierigkeit der Materie notwendigen Einschränkungen v e r t r e t e n wird, scheint viele der W i r k u n g e n der Maschinenarbeit auf den Menschen zu erklären. I m allgemeinen wird der Arbeiter a n der Maschine, was seine allgemein-körperliche u n d -geistige I n a n s p r u c h n a h m e b e t r i f f t , weniger angestrengt sein als es der H a n d w e r k e r u n t e r dem f r ü h e r e n Arbeitsystem war. Die E r m ü d u n g der Industriearbeiter ist mehr eine Folge der monotonen Bewegungen als der Anzahl der m/kg aufgewendeter Energie. J e m a n d , der w ä h r e n d der Arbeitszeit n u r die Spitzen seiner Finger gebraucht, u m Metallscheiben in die Maschine zu f ü h r e n , k a n n a m E n d e des Arbeitstages ebenso m ü d e oder noch müder sein als einer, der den ganzen T a g mit der Axt gearbeitet h a t . Die Müdigkeit des Holzhauers ist eine Müdigkeit des ganzen Körpers, u n d bei Sonnenuntergang ist er bereit, sein Bett aufzusuchen, während der Industriearbeiter n a c h Feierabend anscheinend von einem übernormalen T ä t i g k e i t s d r a n g beseelt wird. Meine N a c h b a r n , v o n denen die meisten in F a b r i k e n mit strenger Arbeitsteilung u n d festgelegter Maschinengeschwindigkeit arbeiten, widmen sich nach der Arbeitszeit mit erstaunlicher Energie ihren verschiedenen Privatbeschäftigungen. Die verheirateten Männer stellen ihr Gleichgewicht d a d u r c h her, d a ß sie sich in ihren Gärten abrackern oder in ihrem H a u s e m i t f ü r c h terlicher I n t e n s i t ä t arbeiten, was j a in sozialer Hinsicht d u r c h a u s zu begrüßen ist. Diejenigen aber, die kein eigenes H e i m h a b e n , rasen ohne Zweck u n d Ziel im A u t o u m h e r , solange sie n o c h bei Kasse sind, oder laufen ebenso ziellos in den S t r a ß e n h e r u m , wenn sie ihren Lohn ausgegeben h a b e n . Das Lesen von Büchern u n d eine ruhige U n t e r h a l t u n g sind zu zahme Zerstreuungen f ü r Männer, die ihren Lebensunterhalt in der F a b r i k verdienen u n d das Gefühl h a b e n , d a ß sie ihr Leben außerhalb der F a b r i k genießen müssen. Eine Erklärung f ü r diesen Zustand liegt vielleicht darin, d a ß
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die Natur einen Ausgleich dafür zu schaffen sucht, daß nur ein Teil der Muskeln und Fähigkeiten während der Arbeitszeit benutzt -worden ist. Drüsenausscheidungen, die durch einen überanstrengten Teil des Körpers verursacht werden, breiten sich ü b e r diesen Teil aus und reizen den übrigen Körper zu erhöhter Tätigkeit. Der Zustand dieser Leute findet seine Parallele in dem Geschäftsmann, der nach langwieriger konzentrierter Beschäftigung mit einem Problem, für das er keine befriedigende Lösung f i n d e t , zu abgespannt ist, um schlafen zu können. Er arbeitet f i e b e r h a f t , und wenn er sich nicht Ruhe gönnt, bricht er zusammen. Jeder der beiden Kategorien kommt in die Versuchung, Anregungsmittel zu suchen und Sensationen nachzujagen, die f ü r den Augeilblick wenigstens das Unbefriedigtsein mit ihrem Leben auslöschen. Der Grund dieses Übels liegt in der Schwierigkeit, den Menschen der modernen Industrie anzupassen. Ungezählte Generationen der weißen Rasse haben uns mit der Fähigkeit ausgestattet, jene Ermüdung, die eine Folge von Muskelanstrengungen ist, zu überwinden und uns von ihr zu erholen. Abgesehen von einem kleinen Bruchteil unserer Vorfahren, die sich den Wissenschaften, dem Handel und dem Gewerbe zuwandten, h a t sich das Leben der Masse in inniger Berührung mit Erde und Wasser abgespielt. Landwirtschaft, Jagen, Fischen, ab und zu Kriegsdienst waren Beschäftigungen, die für eine kurze Zeitspanne intensive physische Anstrengungen verlangten und öftere Ruhepausen gestatteten. Bis vor kurzer Zeit arbeitete der Mensch nach der Sonne u n d den Jahreszeiten anstatt nach der Uhr und dem Kalender. Selbst der Leibeigene, der die Felder seines Herrn beackerte, konnte mit seiner Arbeit aufhören, um ein wenig mit einem auf der Landstraße vorüberkommenden Nachbarn zu plaudern. Ein großer Teil des Volkes bestand aus Leibeigenen, aber dieser Zustand verpflichtete nicht nur sie sondern auch ihre Herren. Zwar durften sie ihre Arbeitstätte nicht verlassen, aber sie konnten sie auch nicht verlieren. Die Ungewißheit, ob sie morgen noch Arbeit und Brot haben würden, gab es zu jener Zeit nicht, denn das war ihnen jedenfalls immer sicher. Dieses einfache Leben scheint dasjenige zu sein, das der Veranlagung des einfachen Mannes am besten entspricht. Er geht die ersten hundert Meter am schnellsten, fällt seinen dritten B a u m viel besser als seinen dreißigsten, er pflügt seine beste Ackerfurche-
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im Angesicht der aufgehenden Sonne. Einen gewissen Prozentsatz Eintönigkeit hat er bei seiner Arbeit 'nötig. Er fühlt sich nicht wohl, wenn er zu schnell von einer Arbeit zur anderen wechseln muß. Die Arbeit aber, die ihn am meisten befriedigt, und die er auch, alles in allem genommen, am besten ausführt, ist die, welche im Wesentlichen die gleiche bleibt und nur durch ihre Einzelheiten für Abwechslung sorgt. Falls jeder Baum genau so stünde wie der andere und sich für den gewöhnlichen Verstand und die Geschicklichkeit des Holzhauers keine schönen Probleme, wie z. B. die geeignetste Stelle zu finden, auf die der Baum fallen soll, bieten würden, käme er abends viel müder als gewöhnlich nach Hause — nicht nur körperlich sondern auch geistig müde. Wenn ein tüchtiger gelernter Zimmermann wüßte, daß er sein Leben lang vollkommen gleiche Häuser bauen sollte, ohne auch nur ein wenig improvisieren zu dürfen, würde ihm diese Aussicht wohl Freude bereiten ? K a u m ! Er, wie jeder andere, der nicht eine vollständig stumpfsinnige Natur sein eigen nennt, möchte, wenn er schon arbeiten muß, dieser Arbeit den Stempel seiner Persönlichkeit aufdrücken, ganz gleichgültig in welchen bescheidenen Grenzen das möglich ist. Er möchte das Gefühl haben, daß er in dieser besonderen Arbeit ein Meister ist. Der Zimmermann verlangt nach keinem anderen Beruf. Er baut lieber einen Hühnerstall, als daß er sein eigenes Haus anstreicht, aber in seinem Beruf möchte er, daß ihm ein wenig Spielraum gelassen wird. Er möchte ein bischen erfinden dürfen, er will die Hoffnung auf einige kleine Abenteuer innerhalb seiner Tätigkeit nicht ganz aufgeben. Nicht zu große Abwechslung, die ihn nur unruhig machen würde, aber doch in solchen Grenzen, daß sie ihn anregt und ihm gestattet, seine Kräfte und Fähigkeiten in voller Sicherheit auszuüben — das ist das Ideal des gewöhnlichen Arbeiters. Abwechslung in kleinen Dingen schafft den Ausgleich für die Monotonie in großen. Während der Aeonen, in denen die Menschheit auf ihrer bestimmten Entwicklungslinie fortschritt, muß das Leben eine fortgesetzte Reihe von Abenteuern gewesen sein. Nur um leben zu dürfen, mußte man Feinde beschleichen, gegen sie ausrücken, ihnen auflauern, man mußte kämpfen und auch fliehen können. Ob man in seine Wohnhöhle lebend zurückkehrte, hing davon ab, ob man seine ganze Energie auf eine Tat konzentrieren konnte. Später mußte der Mensch, um am Leben zu bleiben,
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sich mehr prosaischen Arbeiten zuwenden — Landwirtschaft betreiben, Steinwerkzeuge anfertigen, Tongefäße brennen. Zu jener Zeit besassen jene Menschen die besten Möglichkeiten, sich fortzupflanzen, die der Monotonie den größten Widerstand entgegensetzen konnten. Aber die Sehnsucht nach Abwechslung blieb trotz alledem bestehen. Und jeder hatte das Bestreben, seiner Umgebung die eigene Persönlichkeit in irgendeiner Weise aufzudrücken. Die einfachen Werkzeuge, die der Mensch früher erfand, müssen damals ein ebensolcher Maßstab für die Individualität ihrer Erfinder gewesen sein, wie die Neuerungen, die moderne Ingenieure in unserer kritischen Welt einführen, um den persönlichen Triumph auszukosten, den Mut gehabt zu haben, vom Althergebrachten abzuweichen. J e größeren Spielraum wir diesem menschlichen Variationsinstinkt gewähren, um so schneller wird die wirtschaftliche Evolution sein und umgekehrt, j e geringeren Spielraum wir ihm lassen, um so seltener werden Neuerungen und um so langsamer wird der Fortschritt sein. Unsere Zivilisation hat sich, was ihre materielle Seite anlangt, ganz allmählich und nicht mit bestimmter Absicht aus der persönlichen Energie der schöpferisch Tätigen und Schaffenden und nicht durch die Betätigung der Staatsmänner entwickelt. Monotonie der Arbeit ist also der Preis und das Opfer, die der Mensch zahlen und bringen muß, um in einer geordneten und sicheren Gesellschaft leben zu dürfen. Aber der Mangel an Abwechslung vergrößert die Abspannung, die als Folge der Arbeit auftritt, und wenn dem Arbeiter keine Gelegenheit geboten wird, in den Einzelheiten seiner Arbeit körperliche und geistige Abwechslung zu finden, so wird diese Müdigkeit wie ein Alp auf ihm lasten und ihn die gesellschaftliche Ordnung als bedrückend empfinden lassen. Dieses erscheint mir ein mindestens ebenso guter Grund zu sein, um die augenblickliche Auflehnung gegen die bestehende Ordnung zu erklären, wie so viele andere Erklärungen, die uns zurzeit gegeben werden. Es ist nur ein schwacher Trost, in diesem Zusammenhang festzustellen, daß, solange Maschinen bestehen, die Folgen der Arbeitsmonotonie niemals ganz verschwinden werden, ganz gleichgültig ob diese sich in den Händen des Staates oder von Privatpersonen befinden. Wie lange kann der Individualismus in einem Menschen unterdrückt werden, ohne seinen Geist abzustumpfen ? Nehmen W I T T E , Der riiernt Mann.
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wir an, daß ein Zimmermann ein Abkommen eingeht, das ihn verpflichtet, zwei Jahre lang gleichartige Fußböden in gleichartigen einstöckigen Häusern zu legen. Würde er am Ende dieser Zeitspanne ein ebenso guter Meister in allen Zweigen seines Handwerks sein ? Keinesfalls. Er würde jene Arbeiten, die er während dieser Zeit verrichtet hätte, wahrscheinlich schneller und geschickter ausführen können als vordem, aber alle anderen Arbeiten langsamer un'd ungeschickter. Er wäre seiner selbst weniger sicher, weniger zuversichtlich im Ausblick auf seine Zukunft, weniger wertvoll als Persönlichkeit, Nachbar und Bürger. In welchem Maß dieser Niedergang des Einzelwesens seine Nachkommen und durch sie die Rasse beeinflussen kann, ist eine trage, die einer künftigen Betrachtung überlassen bleibt. Auf diese Devolution des Einzelwesens bezieht sich der Ausspruch des Staatssekretärs Hoover: „Die vielen sich immer wiederholenden Arbeitsvorgänge stumpfen den menschlichen Geist ab". Und weiter sagt er: „Wir müssen in Betracht ziehen, daß die Neigung unserer jetzigen Massenproduktion dahin geht, den Schaffensinstinkt in ihren Arbeitern zu töten, die Arbeitsgrenzen in ihren Handwerken zu verkleinern und jene Hilfe, die uns ihr Geist ebenso wie ihre Hände geben könnten, fortzuwerfen. Wenn wir die Entwicklung unseres Volkes sichern wollen, dürfen wir nicht dulden, daß seine geistigen Fähigkeiten abgestumpft werden." Was die große Masse der Arbeiter anlangt, so übertrifft dieses durch die moderne Industrie verursachte Phänomen — die Abstumpfung des Geistes — alles bisher Dagewesene bei weitem. Die Sklaverei in den Galeeren war an sich auch nicht niederdrükkender. Das Militärdasein, wenn es auch eine strengere Unterordnung als die Industrie verlangte, gewährte wenigstens Abwechslung in bezug auf Umgebung und Tätigkeit. Der bezahlte Urlaub, die vielen Kameraden, einige Aufregungen, das sind alles Dinge, die beim gewöhnlichen Mann ansprechen, weil sie so gut in sein Erbgedächtnis passen. Die industrielle Tätigkeit merzt viele von diesen Wohltaten aus. Sie verlangt angestrengte Konzentration auf eine gleichbleibende Arbeit, sie unterdrückt jede Abwechslung innerhalb der Arbeit, sie übt strenge Kontrolle mit Bezug auf die Umgebung aus, sie sorgt dafür, daß die ablenkenden Aufregungen fortfallen, daß die Persönlichkeit sich unterordnet, daß der Arbeiter zu einer Maschine degradiert wird.
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Wer ist dieser Arbeiter ? Er ist der Mann, der die Reihen der gewöhnlichen Soldaten füllt, er ist ein erwachsener Mann mit einer Intelligenz, die, wie die Armeeprüfungen ergeben haben, der eines 14- oder 16 Jährigen entspricht. Man kann sich darauf verlassen, daß er in gewöhnlichen Zeiten, unter nicht zu komplizierten Verhältnissen f ü r sich selbst und f ü r seine Familie sorgen kann. Er ist ziemlich anpassungsfähig und ordnet sich in den meisten Fällen den Gesetzen und Gebräuchen unter. I n allen Dingen aber, in denen es auf besondere Kenntnisse oder schnelle Entscheidungen ankommt, muß ein anderer für ihn entscheiden. I m allgemeinen ist er seinem Land und dessen Einrichtungen ergeben. Von Natur aus ist er konservativ und provinzial. Nach den Sturm- und Drangjahren der ersten Jugend wird er seßhaft und ein nüchterner, vorwärtsstrebender Bürger, der sich mehr über kleine Sachen aufregt, als daß er den großen viele Gedanken widmet. Er besitzt einen starken Geschlechtstrieb, den er aber mit Hilfe der Kirche und des Staates mehr oder minder erfolgreich zügelt. Hiermit ist zwar kein vollständiges Porträt des Durchschnittsarbeiters gegeben, aber es genügt für unsere Zwecke. Das ist der Mann, der hauptsächlich die Reihen der modernen Industriearbeiter füllt und der von dieser Industrie zermürbt wird. Alle anderen über oder unter diesem Durchschnitt Stehenden werden weniger in Mitleidenschaft gezogen. Personen, die wirksamere Fähigkeiten u n d größeres Anpassungsvermögen besitzen, die schnell Neues erdenken und vorherplanen können, die Menschen und Materialien zur rechten Zeit und an rechter Stelle in den Kampf zu werfen verstehen, finden in der Industrie reichliche Gelegenheit, um ihre verhältnismäßig stärkeren Herrschinstinkte zu befriedigen. Die Industrie bietet ihnen die Möglichkeit, ihre Persönlichkeit in großen Werken auszudrücken und in der Rolle des Führers oder des Erbauers aufzutreten. Auch können sie gesellschaftliche Anerkennung durch Ausübung der ihnen anvertrauten -wirtschaftlichen Macht erlangen. Das sind die Männer, die dann die Kapitalien finden und Maschinen erfinden, die bestehende Verfahren verbessern, den Lauf des Materials und die Werkstätten organisieren, Massengüter erzeugen und in jedem Winkel der Erde verkaufen. Ihre Methoden gipfeln darin, unmittelbar auf das Ziel zu steuern, und oft sind sie von brutaler Rücksichtslosigkeit. Ihr 4*
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Moralkodex ist eine merkwürdige Mischung von Uneigennützigkeit und Dschungelmanieren. Für sie besteht die Gefahr nicht, daß die Wiederholungsprozesse und die automatischen Maschinen ihre hochwertigen Geisteskräfte abstumpfen werden, im Gegenteil, sie sind das Manna für ihre hungrigen Seelen. Dadurch, daß der Eiserne Mann den bisher dem Irrtum überlassenen Spielraum im Betriebe verengert und damit die Fehlermöglichkeiten der Menschen in ihrer Arbeit verringert, dadurch, daß er die Menschenkraft vervielfältigt, hat er die Produktion und das Geschäft von großen Hemmungen und Störungsfaktoren und den Unternehmer von Schwierigkeiten befreit, die ihn früher in seiner Entfaltung stark hinderten. Aber diese Gewinne sind mehr scheinbar als wirklich. Die niemals ruhende Konkurrenz treibt zu immer feineren Maschinen, zu einem immer besseren Zusammenwirken der Arbeitskräfte, und bald merken die Unternehmer an der sozialen Unruhe, an den schnell veraltenden Maschinen, an dem größeren Arbeiterwechsel und der niedrigen Moral, daß sie nur ein Übel für ein anderes eintauschten. In früheren Zeiten bestand das Problem, daß der Unternehmer lösen mußte darin, die Materie zu meistern, heute hat es sich mehr oder weniger in das der Meisterung der Menschen — der Arbeiter — verwandelt. Aber auch die Menschen, die unter dem vorerwähnten Durchschnitt stehen, werden nicht von dem Eisernen Mann beunruhigt. Er ist vielmehr der treue Freund der geistig Minderwertigen. In gleicher Weise wie Taubheit in einigen Industrien ein Vorteil sein kann — Taubstumme werden in vielen Betrieben zur großen Zufriedenheit aller Beteiligten beschäftigt —, ist geistige Minderwertigkeit in einigen Industriezweigen von Vorteil. Falls er genügend Intelligenz besitzt, um einige einfache Routinearbeiten zu begreifen und genügend Pflichtgefühl oder Furcht vor Verwandten besitzt, um seine Arbeitstätte regelmäßig aufzusuchen, ist der Minderwertige bald auf nützliche Weise in der Industrie untergebracht. Sobald er eingearbeitet ist, wird dieser Stumpfsinnige immun gegen die vielen Störungen sein, die den normalen Menschen zur Verzweiflung bringen können. Er wird wenig durch den rhythmischen Lärm behindert, denn in seiner Seele ist nicht viel, was herausfliegen möchte. Schließlich hat er verhältnismäßig wenig in den Betrieb gebracht, das dieser nicht gebrauchen kann.
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E r n i m m t s t u m m seinen P l a t z in der industriellen Organisation ein, wird nicht v o m Ehrgeiz gestachelt u n d ordnet sich ohne weiteres u n t e r . J e weniger Geist einer besitzt, u m so weniger wird er sich gegen die U n t e r d r ü c k u n g der Persönlichkeit, die u n t r e n n b a r m i t großen u n d mechanisierten Betrieben v e r b u n d e n ist, a u f l e h n e n . Ich - h a b e v o n Industrieingenieuren u n d Wohlf a h r t s b e a m t e n gehört, d a ß die I n d u s t r i e a r b e i t h e u t z u t a g e eine P r ä m i e auf geistige Minderwertigkeit setzt. Menschen, die d e m Eisernen Mann m e h r m i t b r i n g e n als die Minderwertigen, werden v o n diesem einer sehr strengen M u s t e r u n g unterzogen. Wie ein Muskel, der nie g e b r a u c h t wird, seine B r a u c h b a r k e i t nicht ohne W i d e r s t a n d aufgibt u n d hierbei d e m Besitzer Schmerzen v e r u r s a c h t , so werden die geistigen E i g e n s c h a f t e n , die nicht v e r w e n d e t werden können, mit ganzer K r a f t u m ihre E x i s t e n z k ä m p f e n . I n einer I n d u s t r i e s t a d t wird es i m m e r leicht sein, den b e t r i e b s k r a n k e n M a n n zu erkennen. E r ist v e r s t ö r t , f ü h l t 6ich n i c h t wohl u n d weiß n i c h t , ob er es in der Stellung aush a l t e n k a n n . Der M a n n ist in vollkommener Disharmonie m i t sich selber. Sein Geist ist in zwei Teile geteilt u n d beide Teile b e k ä m p f e n sich. J e schwächer der C h a r a k t e r * u m so schneller wird der K a m p f entschieden sein, u m so schneller wird der M a n n sich „ e i n g e w ö h n t " h a b e n . Manche w a r t e n nicht einmal so lange, sie verlassen die Arbeit u n d suchen sich Stellen, in denen sie m e h r Befriedigung f i n d e n . M a n c h m a l gehen sie n u r v o n einer F a b r i k zur anderen. J e d e F a b r i k s t a d t h a t ihre e n t t ä u s c h t e n Illusionisten, die nirgendwo bleiben u n d niemals lernen, d a ß der Eiserne M a n n überall der gleiche ist. Viele v o n ihnen aber gehen z u r ü c k auf d a s L a n d oder zu weniger mechanischen Beschäftigungen. Der Arbeiterwechsel ist groß. Hier zeigen sich die Folgen der d u r c h die a u t o m a t i s c h e n Maschinen v e r u r s a c h t e n A b s p a n n u n g a m d e u t l i c h s t e n . F a s t i m m e r wird es möglich sein, zwischen d e m A r b e i t e r u n d seinem Vorgesetzten eine Einigung in bezug auf L ö h n e u n d Arbeitsverhältnisse h e r b e i z u f ü h r e n , weit schwieriger ist es a b e r , diese u n e n t w i r r b a r e , u n b e s t i m m t e , nicht i m m e r e r k a n n t e oder e r k e n n b a r e Arbeit6neurose zu b e h a n d e l n , die eine Folge der K l u f t ist, die sich zwischen d e m Alten u n d N e u e n — zwischen d e m Eisernen M a n n u n d d e m alten E r b s t ü c k des Menschen, d e m Geist, a u f t u t . So geht einer u n d wieder einer u n d i m m e r noch einer, u n d alle, die so fortgehen, b e d e u t e n in den B ü c h e r n des
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Betriebes einen großen Verlustposten. Es kostet nicht viel, einen Neuling einzuarbeiten, aber wenn diese Ausgaben multipliziert werden müssen, sind sie doch ein Faktor, mit dem gerechnet werden muß, sie sind ein wirtschaftlicher Rückschritt. Es kommt noch dazu, daß die Entfernung eines einzigen Rades aus dem synchronisierten Erzeugungsverfahren, wo viele Menschen und Maschinen auf das von einer einzigen Maschine erzeugte Material warten, unter Umständen so viele Unkosten verursachen kann, daß die unmittelbaren Ausgaben für den Ersatz eines Menschen gar nicht in Betracht kommen. Die Unternehmer sind daher aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, die psychologische Seite der Arbeit e r n s t h a f t in Betracht zu ziehen. Sie erproben eine Unzahl von Heilmitteln, um der Folgen der Arbeitsmonotonie Herr zu werden. Die Arbeiter werden von einer Arbeit zur anderen versetzt. Bei der Arbeitseinteilung wird immer größerer Wert auf die geistige und körperliche Tauglichkeit des Anwärters f ü r die besondere Arbeit gelegt. Wohlfahrtsbeamte werden zur Hilfe herbeigezogen. Beschwerdekomitees, Betriebsräte, Angestelltenvertretungen werden ins Leben gerufen, Prämien und Gewinnanteile ausgezahlt, um auf diese Weise vielleicht die Nervenanspannung, unter denen der Durchschnittsarbeiter in der Zusammenarbeit mit dem Eisernen Mann leidet, mittelbar oder unmittelbar zu mildern. Aber der beste Freund sowohl des Arbeiters wie seines Arbeitgebers ist in diesem Fall die Gewohnheit. Falls man eine Sache immer und immer wieder t u t , wird man sie nach einer Weile unbewußt verrichten. Durch Gewohnheit gelangt der Arbeiter schließlich dahin, seine Arbeit ohne besondere Anspannung auszuführen u n d dabei seine Gedanken mit anderen Dingen zu beschäftigen. Die Anspannung wird mit dem Fortschreiten der geleisteten Arbeitsstunden natürlich größer werden, aber wenn diese nicht zu lange ausgedehnt sind und der Mann vollkommen mit seiner Arbeit vertraut ist, läßt sich wohl denken, daß er sehr viel Vergnügen aus einem Vor-sich-hinträumen während der Arbeit haben kann. Natürlich müssen seine Gedanken erfreuliche sein, im anderen Fall dürften sie kaum Anspruch darauf erheben, als Heilmittel zu gelten. Wenn wir n u n annehmen, daß die Gewohnheit wirklich die Barriere ist, hinter der sich der Geist vor der Ermüdung schützen
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kann, und daß die angtürmenden verderblichen Kräfte ihr Ziel nur dann erreichen, wenn die Arbeitsstunden zu lange ausgedehnt, oder wenn die Gedanken unzufriedener und undisziplinierter Natur sind, so müssen die Bestrebungen, die darauf hinausgehen, die Arbeit an den automatischen Maschinen mit der geistigen Gesundheit in Einklang zu bringen, drei verschiedene Wege einschlagen, die im folgenden kurz angedeutet sein sollen: 1. In weit höherem Maße, als es bisher der Fall war, ist auf eine wirklich wissenschaftliche und den jeweiligen Anforderungen entsprechende A u s l e s e der G e e i g n e t e n Wert zu legen, 2. sowohl bei der Festlegung der A r b e i t s g e s c h w i n d i g k e i t als auch der A r b e i t s z e i t ist vor allem auf die psychophysische Fähigkeit der Arbeiter, auf das mögliche Optimum, nicht Maximum, Rücksicht zu nehmen, und schließlich sind 3. sobald als möglich derartige Änderungen, das heißt Besserungen im Betrieb, Heim und Gesamtlcben durchzuführen, die auch den einzelnen Mann mit seinem Los zufrieden sein lassen, die seine vielen Sorgen mindern und seine Freude am Leben erhöhen. Die Gedanken des Bedieners der automatischen Maschine werden sich notwendigerweise nicht mit der Arbeit, sondern mit anderen Dingen beschäftigen. Wenn er sich innerlich mit einer vielleicht bevorstehenden Entlassung oder mit dem Gefühl, daß er ungerecht behandelt wird, beschäftigt oder wenn er glaubt, daß er und seine Familie das Spielzeug des Schicksals sind, so werden sich seine Gedanken umstürzlerischen Zielen zuwenden. Einer wird dann melancholisch, der andere cholerisch. Wenn die Gedanken des Arbeiters sich aber mit einem möglichst harmonischen Leben beschäftigen können, wenn sowohl seine Rück- wie seine Ausblicke gut und angenehm sind, so werden sie ihm Vergnügen bereiten und er wird ihnen gern nachhängen. Es ist also die wichtigste Aufgabe sowohl der industriellen Gesellschaft wie des Betriebes selber, die Gedanken des Maschinenarbeiters in diese freundlichen Bahnen zu lenken, damit er mehr oder weniger gegen die schleichende Krankheit der pathologischen Ermüdung geschützt ist. Der Betrieb wird dabei nur gewinnen. Der Staat muß seinen Teil tun, indem er dafür sorgt, daß
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dem Arbeiter volle Gerechtigkeit widerfährt, die Gemeinde, indem sie Gelegenheit für geistige und körperliche Erholung schafft, der Betrieb, in dem er Vorsorge trifft, daß der Arbeiter die Gewißheit der fortlaufenden Beschäftigung hat, und daß dadurch in ihm das Gefühl der Zugehörigkeit zu dem Unternehmen gestärkt wird. Von größter Wichtigkeit ist auch das Erziehen des einzelnen zur Selbstdisziplin. Eine Quelle vieler Unruhen ist der Neid oder die Unfähigkeit, aus der augenblicklichen vielleicht nicht rosigen Lage das Beste zu machen und auf bessere Zeiten zu warten. Geistige Hygiene zu Hause und in der Schule ist eine positive Notwendigkeit für die aufwachsende Generation, die zum größten Teil dazu bestimmt ist, später mit Maschinen in Berührung zu kommen und in Riesenunternehmen mitzuarbeiten. Die Religion sagt „ S e i gut und du wirst glücklich sein", das Geschäft aber, „sei befähigt oder du wirst unglücklich sein", und dieser Satz scheint jenen erfolgreich verdrängt zu haben. Aber ein Bildungssystem, das einen zu großen Nachdruck auf den Erfolg legt, wird sicher im Laufe der Zeit zerschellen, denn es sind niemals genügend guter Dinge im Leben vorhanden, um alle zu befriedigen. Eine hausbackene Philosophie von Nehmen und Geben, ein Evangelium der Geduld und Ausdauer im Gegensatz zu dem des Erraffens, die Wahrheit, daß die geistigen Werte die besten des Lebens sind und nicht die materiellen, alles das sollte die Schule und auch die Familie den jungen Leuten lehren, die bald ihren Platz neben den Maschinen einnehmen müssen. Aber eine solche Vorbereitung allein genügt nicht. Alle jene Ideale, die Zufriedenheit als eine Folge der Arbeit proklamierten, sind von der modernen Industrie so rücksichtslos beiseite geschoben worden und können ihren alten Platz nicht wieder einnehmen, solange der industrielle status quo vom Staat, der Gemeinde und dem Betrieb nicht 60 abgeändert worden ist, daß die „Erziehung zur Zufriedenheit" durch das abhängige Arbeitsverhältnis im späteren Leben nicht erschüttert werden kann. So lange das Leben die Versprechen, die es der Jugend macht, und die darauf hinauslaufen, daß Glück, Ehre und Reichtum die Belohnung für Arbeit, Nüchternheit und Treue sind, nicht hält, solange wird man nicht erwarten können, daß j e eine Generation amerikanischer Fabrikarbeiter den ihnen zugewiesenen Anteil an der Industrie ruhig und zufrieden hinnehmen wird.
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Wie groß oder klein der Erfolg dieser Bestrebungen auch sein, mag, immer wird etwas von dieser 'Arbeitsabspannung und Auflehnung verbleiben und innerhalb der Massen wühlen. In einem demokratischen Staate werden die hieraus erwachsenden sozialen Probleme dann über kurz oder -lange sich in politische verwandeln. Zuerst wird sich das in Gedanken und Reden, später in Zeitungsartikeln und dann in Parlamentsdebatten äußern, und wenn das alles nicht hilft, schließlich in Straßenaufläufen und Maschinengewehren. Der Politiker wird die Forderungen der Masse der Regierung überbringen, und es tritt dann wieder eine neue Phase in dem so alten Duell zwischen S t a a t und Industrie ein: in unseren Tagen ist es ein K a m p f zwischen dem S t a a t und seinen gesetzlichen Kinder, den Betrieben oder Korporationen, zu denen sich die Kapitalisten zum Zweck der größeren Macht und Gewinne zusammengeschlossen haben. Wie die Lage augenblicklich liegt, besteht wenig Hoffnung, daß der Staat imstande sein wird, die Arbeiter durch Gesetze von der Arbeitszermürbung, die die automatische Maschine verursacht, zu befreien. Das wirksamste Mittel, das der S t a a t zur Verfügung hat, ist die Schule, in der er Zufriedenheit während der Arbeit und eine kulturelle Ausfüllung der Feierabendstunden lehren kann. Aber besonders die Gemeinde und der Betrieb müssen hier helfen, und dieser kann schneller und wirkungsvoller helfen als jene. Sowie einmal die Betriebsleitungen die Lage erkannt haben, die sich aus dem zermürbenden Einfluß der automatischen Maschinen auf den Geist des Arbeiters ergibt, wird diese Erkenntnis die leitenden Intelligenzen der amerikanischen Industrie in ihrem eigenen Interesse veranlassen, einzugreifen, da von einem solchen Vorgehen ihre Hegemonie abhängt.
IV. Die Eisernen Herzöge. J e eintöniger die E b e n e , u m so wirkungsvoller die Berge. U n d j e m e h r die s t ä n d i g wachsende E i n f ü h r u n g der a u t o m a t i s c h e n Maschine die Persönlichkeit der mit ihr in B e r ü h r u n g k o m m e n d e n Massen u n t e r d r ü c k t , u m so größere soziale B e d e u t u n g werden j e n e erlangen, die sich ihren Vereinheitlichungseinflüssen entziehen k ö n n e n , oder mit a n d e r e n W o r t e n : in d e m Maße, i n d e m die A r b e i t unpersönlicher wird, t r e t e n j e n e Männer, die die F ä h i g k e i t besitzen, die Arbeiter in großen Massen zu beschäftigen oder anzuleiten, i m m e r deutlicher in das R a m p e n l i c h t der Öffentlichkeit. Sie sind die Sterne i m industriellen D r a m a . Sie heimsen tosenden Beifall u n d R e i c h t ü m e r in solcher Menge ein, d a ß d a d u r c h d e r Neid der S t a t i s t e n e r w a c h t . Allerdings sind die schrillen P f i f f e , die m i t u n t e r aus der Galerie e r t ö n e n , u n d die folgenden Wurfgeschosse auch f ü r sie b e s t i m m t . Der Fähige s u c h t d e n W e g zur Macht. Als noch das beste Geschäft darin b e s t a n d , d e n S t a a t a u f z u r i c h t e n , zu organisieren u n d zu verteidigen, da w i d m e t e n sich die f ä h i g s t e n K ö p f e d e m S t a a t e in genau der gleichen Weise, wie sie sich v o r d e m , in noch f r ü h e r e n Zeiten, als die Religion der W e g zur g r ö ß t e n Macht w a r , dieser gewidmet h a t t e n . Als die politische S t a b i l i t ä t der amerikanischen R e p u b l i k gesichert w a r , w u r d e n die f ä h i g e n Organisatoren Amerikas n a t u r g e m ä ß v o n d e n Quellen der M a c h t angezogen, die i h n e n durch die N u t z b a r m a c h u n g der noch u n e n t w i c k e l t e n n a t ü r lichen Schätze ihres Erdteils w i n k t e n . Die Möglichkeiten e n t f l a m m t e n ihre P h a n t a s i e . Sie gingen ü b e r das Meer, v e r s c h a f f t e n sich K a p i t a l u n d d a n n b a u t e n sie E i s e n b a h n e n , legten die W ä l d e r nieder, erzeugten W a r e n u n d verbesserten die A b s a t z m e t h o d e n f ü r ihren Vertrieb. Wahrscheinlich war der Wille, sich u n d i h r e n Familien eine gesicherte Z u k u n f t zu s c h a f f e n , die H a u p t a n t r i e b s k r a f t dieser U n t e r n e h m e r , aber n e b e n h e r spielten noch m a n c h e andere F a k t o r e n m i t . Selbst der roheste dieser wirtschaftlichen A b e n t e u r e r wird m a n c h m a l von d e m G e f ü h l b e w e g t w o r d e n sein, d a ß er a u c h e t w a s f ü r seine Mitmenschen vollbringt, u n d d a ß seine W e r k e
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noch weiterleben werden, lange nachdem er nicht mehr ist. Und dieser Glaube an ihre Mission wird auch viele von ihnen in schweren Stunden aufrecht erhalten haben. Wenn auch in damaliger Zeit das Wort „Dienst der Allgemeinheit" nicht so oft wie heutzutage in den Mund genommen wurde, so haben diese Männer doch den ganzen folgenden Generationen in gleichem Maße wie sich und ihren Erben gedient. Wie erkennen jetzt, daß Männer wie Stephenson und Hill, Maudslay und McCormick, Bessemer und Carnegie mehr getan haben, als nur Geld zusammenzuraffen. Sie haben die Natur bezwungen, die Maschinen verbessert, das Menschenmaterial und das Kapital zu wirkungsvollen Organisationen vereinigt, um Schienen zu legen, Eisenbahnzüge zu betreiben, Stahl zu erzeugen und Mähmaschinen zu verkaufen. Sic waren Pioniere der Zivilisation. Wenn auch einige von ihnen ungeheure Reichtümer ansammelten, so hat jeder doch das Seine getan, um das wirtschaftliche Niveau ganzer Schichten zu heben. Jeder hat sein Vaterland ausgedehnt und bereichert und Lebensmöglichkeiten in solchem Ausmaß geschaffen, daß sich die Bevölkerung der Erde im ersten Jahrhundert industrieller Entwicklung bereits verdoppeln konnte. Wir wissen, daß diese Männer und mit ihnen Tausende andere Führer in der wirtschaftlichen Entwicklung der Neuen Welt Werte geschaffen haben, die sie noch jetzt überdauern. Ihre Arbeiten leben fort. Ihre Erfindungen werden weiter benutzt. Sie haben gewisse Energien in der Natur und im Menschen befreit, die niemals wieder eingeschlossen werden können. Wir alle sind auf diese Weise mittelbar ihre Erben und ihre Schuldner geworden. Die Leistungen des einzelnen werden im Laufe der Zeit das Gut der Allgemeinheit. Die Massen erben, was die Klassen geschaffen haben, und dann gehen die Klassen daran, Neues zu schaffen. Dieser Vorgang ist bei der Erbauung der Eisenbahnen deutlich erkennbar. Jetzt ist der Staat der oberste Herrscher, und die Massen der kleinen Aktionäre sind die Besitzer jener Eisenbahnen, die einmal von führenden Männern erbaut wurden, als der Staat sich weigerte, die Verantwortung für ihre Erbauung zu übernehmen. Im Zeitalter der Eisenbahn wurden die unternehmungslustige Jugend und die weitsichtigen Männer aus einem Naturbedürfnis von dieser angezogen. Keine kühle Überlegung
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d r ä n g t e sie zu ihrer Lebensarbeit. Sie beteiligten sich vielmehr i n s t i n k t i v a n den großen A u f g a b e n , weil diese i h n e n Gelegenheit b o t e n , sich ganz f ü r sie einzusetzen. Eine s p ä t e r e Generation v o n M ä n n e r n des gleichen Schlages w i d m e t e sich der E n t w i c k l u n g der elektrischen B e f ö r d e r u n g s m i t t e l . I n den letzten zwanzig J a h r e n sind viele v o n ihnen in die I n d u s t r i e gegangen. Sie widmen sich hier vor allen Dingen der maschinell betriebenen Massenproduktion u n d d e m A u s b a u einer großzügigen, die ganze Welt u m f a s s e n d e n Absatzorganisation. U n d n a c h d e m die B a n k e n die B e d e u t u n g dieses Zweiges der I n d u s t r i e , die hiermit verb u n d e n e Macht u n d die Gewinnmöglichkeiten voll e r k a n n t h a t t e n u n d sich intensiv ihrer F ö r d e r u n g z u w a n d t e n , verließen viele die I n d u s t r i e u n d gingen j e t z t zu d e n B a n k e n ü b e r . Nie h ä t t e die I n dustrie ihre jetzigen A u s m a ß e erreichen k ö n n e n , wenn die B a n k e n u n d die. Bankiers n i c h t mit ihr S c h r i t t zu h a l t e n v e r standen hätten. Aus alledem ergibt sich a u c h k l a r u n d eindeutig, w a r u m die iahigsten F ü h r e r j e t z t n i c h t m e h r in d e n S t a a t s d i e n s t t r a t e n , sondern sich vor allem der I n d u s t r i e z u w a n d t e n . Hier war noch Gelegenheit v o r h a n d e n , alle F ä h i g k e i t e n frei u n d u n g e s c h r ä n k t w a l t e n zu lassen. Auf d e m Gebiet des T r a n s p o r t w e s e n s war die erforderliche Pionierarbeit bereits geleistet w o r d e n ; mit ihm w a r es j e t z t möglich, W a r e n u n d G ü t e r schnell u n d sicher a n die e n t f e r n t e s t e n P l ä t z e u n d Orte der E r d e zu leiten. Die Bevölkerung h a t t e sich s t a r k v e r m e h r t u n d die L e b e n s n o r m sich b e d e u t e n d gehoben. E s b e s t a n d also ein großer u n d a u f n a h m e f ä h i g e r M a r k t , auf d e m billige W a r e n m i t Aussicht auf g u t e n Gewinn u n t e r g e b r a c h t werden k o n n t e n . U n d hierdurch w u r d e der Anreiz gegeben, so schnell als möglich j e n e Ü b e r t r a g u n g der menschlichen Geschicklichkeit auf die Maschine d u r c h z u f ü h r e n , u m , wie P r o fessor Roe das a u s d r ü c k t , a u c h die u n g e l e r n t e n Arbeiter in die Lage zu versetzen, die gleichen Erzeugnisse zu liefern, wie die gelernten. Diese Ü b e r t r a g u n g einer so wichtigen F u n k t i o n v o n dem A r b e i t e r auf das Werkzeug u n d die Maschine erregte die A u f m e r k s a m k e i t j e n e r Männer, die n u r d a r a u f w a r t e t e n , u m ein'e sich ihnen b i e t e n d e Gelegenheit, zur Macht zu gelangen, a u s z u n u t z e n . U n d hier b o t sich ihnen eine Möglichkeit, weit größere A r b e i t e r m a s s e n u n d weit größere K a p i t a l i e n , als das bisher a u c h n u r e n t f e r n t möglich w a r , zu konzentrieren u n d d u r c h einen einzelnen leiten zu lassen.
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Wenn es auch zunächst nötig war, daß die automatische Maschine auf die Schaffung genügender Märkte warten mußte, um sich so zu entwickeln, daß sie von sozialer Bedeutung wurde, so ist der Gedanken der Übertragung von Geschicklichkeit doch schon weit früher angewendet worden. Bereits im Jahre 1781 verwandte Sir'Samuel Bentham diesen Grundsatz bei dem Bau und der Ausrüstung einer Flotte für Katharina II. von Rußland. Und auch in der Fabrik in Portsmouth wurde zur Herstellung seiner Tackelblöcke in ähnlicher Weise verfahren. Als Eli Whitney aus New Häven sich im Jahre 1812 bei der amerikanischen Regierung in Washington um die Vergebung eines Auftrages zur Herstellung von Gewehren und Pistolen bewarb, führte er aus, daß es die leitende Idee seines Betriebes wäre, die Geschicklichkeit der Arbeiter durch entsprechende Maschinen zu ersetzen. In dieser Phase der Übertragung der menschlichen Geschicklichkeit auf die Maschine mögen für die Führer und leitenden Männer gewiß herrliche Aussichten enthalten sein; die Aussichten für diejenigen aber, die an den Maschinen arbeiten müssen, sind bestimmt weniger erfreulich. Und auch die Staatsmänner, die an der Aufgabe arbeiten, die Wirkungen des Eisernen Mannes zu mildern, werden die hiermit verknüpften Aussichten nicht so rosig finden. Denn sie wollen nicht und können auch nicht ruhig zusehen, wie die Rasse degeneriert, die Gesellschaft zermürbt und die Säulen des modernen Staates — Verfassung und Privateigentum — auseinander gerissen werden. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß auch die Finanzleute von alledem nicht sonderlich begeistert sind; denn ihnen liegt es ob, das Kreditproblem zu lösen, das durch die nach dem Kriege einsetzende Überproduktion oder durch die herrschende zu geringe Aufnahmefähigkeit des Marktes entstanden ist. Und das alles, weil unsere beinahe hypnotisch beeinflußten Führer in dem Wirtschaftsspiel ihre wunderbaren Maschinen'viel zu schnell laufen ließen! Die Biographen, die das Leben erfolgreicher und großer Männer der Öffentlichkeit zugänglich machen, haben meistens die schöne Gewohnheit, deren klaren Blick und Willenskraft als die Triebfedern ihres Erfolges zu schildern. So war A z. B. erfolgreich, weil ei in einem gewissen Stadium seiner Karriere eine weise Entscheidung traf, und B, weil er eine scheinbar verlorene Sache durchkämpfte, weil er allein an sie glaubte. Natürlich kann die Intelli-
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genz als Faktor der Konkurrenz nie ganz ausgeschaltet werden. Wenn -wir aber von diesen Auserwählten und auch von der Masse sprechen, 60 ziehen wir gewöhnlich den Faktor Vernunft heran, um gewisse Entscheidungen zu erklären, die aber meistens ganz gefühlsmäßig gefaßt wurden. James J . Hill, der Träumer, wurde Eisenbahnbauer, weil ihn die großen Ebenen von Dakota anzogen. Colt, der Erfinder der Pistole mit der Revolverkammer, wurde erfolgreich, weil er bei seiner Idee blieb, nachdem sie von anderen längst aufgegeben war. E r blieb bei dieser Idee nicht aus Vernünftgründen sondern aus einem Beharrungsvermögen. Der überlegene Geist, der sich die Fabrik oder den Markt als Tätigkeitsfeld aussucht, wird bald durch diese Überlegenheit seiner Umgebung den Stempel aufdrücken, in der die Befriedigung von materiellen Notwendigkeiten f ü r die Gesellschaft von größter Bedeutung ist. Diese überragende Intelligenz ist vielleicht schwieriger zu analysieren als die mittelmäßige, aber der Unterschied ist mehr einer des Grades als der Art, da alle Männer — ebenso wie die Frauen — herrschen wollen, wenn sie Gelegenheit dazu haben. Wenn auch eine Analyse dieser Art Intelligenz niemals ganz vollständig sein kann, so sind ihre Haupteigenschaften doch klar erkennbar. Der allgemeine Herrschinstinkt ist hier besonders stark ausgeprägt. Eine unsichtbare Macht treibt sie zu Anstrengungen an, die dem Durchschnittsmann beinahe übermenschlich vorkommen. Dann zeigt ein derart beschaffener Mensch auch eine große Anpassungsfähigkeit und eine überlegene Elastizität. Heute ist er unten, morgen ist er oben, er wird auf dem Weg zuzurückgeschlagen und versucht es, ohne eingeschüchtert zu sein, gleich wieder auf einem zweiten Weg, sein gestecktes Ziel zu erreichen. Seine Augen hält er immer auf dieses Ziel gerichtet, obwohl er auf dem Wege dorthin um viele scharfe Ecken muß, und obwohl ihm viele weise Leute Unglück prophezeien. E r entscheidet schnell und versteht es, jede sich ihm durch zufällige Entwicklungen gebotene Gelegenheit auszunutzen. Die Verhältnisse, in denen er lebt, etwas Glück, wirtschaftliche Umstände, über die er keine Kontrolle hat, alle diese Faktoren werden den Grad seines Einflusses und seiner Macht bestimmen. Bei alledem m u ß man dem Mann aber seinen Mut und seine Entschlußkraft zugute halten, mit denen er im Leben steht und zugreift, zum Guten oder zum Schlechten!
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Die E r f a h r u n g ist seine h a u p t s ä c h l i c h s t e S c h u l e , a b e r a u s i h r s a u g t er seine L e h r e n wie ein S c h w a m m d a s W a s s e r . B e i n a h e ebenso w i c h t i g ist die E i g e n s c h a f t , V e r t r a u e n zu g e w i n n e n u n d zu b e h a l t e n , u n d seine F ä h i g k e i t , die r i c h t i g e n M ä n n e r a u f die richtige Stelle zu setzen, sie f ü r einen Z w e c k z u s a m m e n a r b e i t e n zu lassen, u n b e k ü m m e r t u m p e r s ö n l i c h e n u n d b e r u f lichen N e i d . E r m u ß d e r G e n e r a l , der U n t e r w e i s e r u n d d e r F e l d m a r s c h a l l i n eigener P e r s o n sein. E r m u ß die Disziplin i n seiner A r m e e e r h a l t e n , u n d d a er keine M a c h t ü b e r L e b e n u n d T o d h a t , diese v e r m i t t e l s g e r e c h t e r A u s ü b u n g seines E i n f l u s s e s , seines Geldes u n d seiner P e r s ö n l i c h k e i t e r r e i c h e n . D a s Geld w i r d i h m n u r bei S c h w a c h e n n ü t z e n , er a b e r b r a u c h t a u c h die S t a r k e n , u m sein G e s c h ä f t heil d u r c h w i r t s c h a f t l i c h e K r i s e n u n d K ä m p f e zu b r i n g e n . Von w e l c h e m G e s i c h t s p u n k t m a n die geistigen E i g e n s c h a f t e n der I n d u s t r i e f ü h r e r a u c h a n a l y s i e r t , m a n w i r d i m m e r wieder zu d e r einen E r k l ä r u n g ihres E r f o l g e s k o m m e n — i h r e P e r s ö n l i c h k e i t . Die P e r s ö n l i c h k e i t ist i m m e r ein R ä t s e l ; in diesen F ä l l e n ist sie meistens d u r c h einen geheimnisvollen S t r o m v o n u n g e w i s s e r Voltzahl e l e k t r i f i z i e r t , d e r m a n c h m a l b e i n a h e a b g e s t o r b e n u n d m a n c h m a l v o n b r e n n e n d e r L e b e n d i g k e i t ist. Sie s c h a f f e n , weil sie sind, u n d glückliche U m s t ä n d e h e l f e n i h r e n A n s t r e n g u n g e n , so d a ß es u n m ö g l i c h i s t , sie a u f z u h a l t e n . M a n c h m a l ü b e r b i e t e n sie sich s e l b s t , d a n n e r n t e n m e h r n ü c h t e r n e D u r c h s c h n i t t s m e n s c h e n was sie g e s ä t h a b e n . A b e r t r o t z alledem, sie h a b e n i h r e n Teil geschaffen. I n u n s e r e n T a g e n ü b e n diese M ä n n e r eine u n g e h e u r e M a c h t a u s . Von e i n e m s i n d m i t u n t e r T a u s e n d e v o n A r b e i t e r n n e b s t i h r e n Angehörigen w i r t s c h a f t l i c h a b h ä n g i g . I n gewissen G r e n z e n , die auf der einen Seite v o n d e r W i r t s c h a f t , a u f d e r a n d e r e n v o m Gesetz a u f g e s t e l l t w e r d e n , k a n n er i h r L e b e n s n i v e a u b e e i n f l u s s e n — das L e b e n in d e r F a m i l i e , i h r E s s e n , die B i l d u n g i h r e r K i n d e r — , j e n a c h d e m er die L ö h n e e r h ö h t oder e r n i e d r i g t , oder A r b e i t e r einstellt o d e r a b b a u t . E r b e e i n f l u ß t d e n P r e i s des B o d e n s i n vielen G e m e i n d e n u n d d a m i t d e n a l l g e m e i n e n W o h l s t a n d , er z a h l t u n m i t t e l b a r u n d m i t t e l b a r einen Teil der S t e u e r n , die d a n n f ü r Schulen, P a r k s , S p i e l p l ä t z e u s w . v e r f ü g b a r sind. I n n e r h a l b d e r oben gezogenen G r e n z e n k a n n er m i t d e m , was er a u f d e n M a r k t b r i n g t , u n d d e m P r e i s , d e n er d a f ü r f o r d e r t .
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sogar das Wohlergehen von Millionen von Menschen hier und im Auslande beeinflußen. Ein solcher Führer kann den Charakter einer Gemeinde innerhalb von fünf Jahren fast vollständig verändern und in zehn Jahren aus einer Landgemeinde ein amerikanisches „ E s s e n " machen, er kann Tausende von Landarbeitern entwurzeln und sie neben die Maschinen stellen, er k a n n ganzen Nationen bisher nicht vorhandene Bedürfnisse aufdrängen. E r kann also, wenn er will, unsere Welt sowohl in wirtschaftlicher als auch in sozialer und politischer Beziehung zum Teil wenigstens umgestalten. Von welchem Standpunkt man sie auch betrachten mag, diese Männer sind es, die zu unserer Generation den Schlüssel in Händen halten; ohne sie wären wir nicht, was wir jetzt sind. Jede industrielle Gemeinde kennt ihre Führer. Sie sind die Männer, die hinter den Lohnlisten stehen. Wenn sie nicht anwesend sind, wenn sie den Geschäften oder dem Vergnügen nachjagen, dann ist es ihr Stellvertreter, der mit gebietender Autorität spricht. Die Hauptstraße in der Stadt, das heißt die Bankiers, die Geschäftsleute und die Konkurrenz wissen, wer es ist, der hier gebietet, ebenso wie die Politiker und die Zeitungen es wi&sen. Und natürlich wissen es auch die Arbeiter. Sie kennen die Wirklichkeit zu genau, um sich irgendwelchen Illusionen darüber hinzugeben. Eine Zeitung in einer Stahlstadt wird die besten Geschäfte machen, wenn sie etwas über die Garys schreibt. In den S t ä d t e n der Motorindustrie ist jetzt der Name Dupont, den vor dem Kriege niemand kannte, die beste Überschrift für einen Zeitungsbericht. Die Stadtväter geben ihre Opposition gegen Verbesserungen, die dem Volke erwünscht sind, auf, wenn sie die Unterschriften dieser Mächtigen sehen. Auch ein Bürgermeister ist nicht abgeneigt, mit den Fabrikleitern über Angelegenheiten des öffentlichen Wohles zu sprechen, und die Ratschläge, die er von ihnen erhält, sind meistens zweckentsprechend und gut. Es h a t gar keinen Zweck, sich gegen die Ehrerbietung, die diesen Menschen gezollt wird, aufzulehnen. Sie wurzelt tief in der Öffentlichkeit. Es ist eben Tatsache, daß ein solcher Mann, der eine so große Macht in einer Gemeinde ausübt, mehr als ein P r i v a t m a n n ist* Er ist ein Mann, der in der Öffentlichkeit steht und als solcher auch behandelt werden muß. Er bedeutet ebenso viel f ü r seine Stadt, wie die alten Grafen und Barone im Mittelalter für die um ihr Schloß aufgebauten Dörfer und Städte bedeuteten, wahrsc!hein-
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Lieh sogar noch mehr, da er weniger die Rolle des Steuereinnehmers als die des Helfers ausübt. Nur durch ihn blüht die Gemeinde, durch ihn kann sie ihre Güter auf den Markt bringen, von ihm bezieht sie das notwendige Geld für ihren Lebensunterhalt, und ihm verdankt sie ihre Sicherheit und ihre Ausbreitung. Die Massen mögen ihn hassen oder lieben, sie haben aber genügend gesunden Menschenverstand, um seine Führerschaft in den lebenswichtigen Angelegenheiten der Gemeinde anzuerkennen. Die Analogie mit der Feudalherrschaft kann noch weiter gezogen werden. In den großen Städten, wo es viele solcher Führer gibt, wird man finden, daß sie zusammenhalten und so eine herrschende Oligarchie darstellen. Wie bei allen Oligarchien gibt es auch hier Kämpfe im Inneren, manchmal sogar energische Rebellen, wie z. B. Ford in Detroit. Gewöhnlich aber ist es so, daß die Industrieführer in allen Angelegenheiten, die ihre Stadt oder Gemeinde angehen, eine geschlossene Front zeigen werden. Sie werden für Schutz des Privatbesitzes, für Gesetz und Ordnung ein- und gegen jegliche Agitatoren auftreten. Dort, wo ihre Hauptinteressen nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden, findet man oft, daß diese Unternehmer Maßnahmen vorschlagen und durchführen, die von größtem Wert für das Volk sind. Sie sind ja auch Bürger, die einen riesenhaften Appetit auf Fortschritt haben und die nur mit Ungeduld dem langsamen temperamentlosen Vorgehen der Regierung zusehen. Sie wollen sehen, daß etwas getan wird, und außerdem haben sie meistens auch nichts dagegen, sich mit ihren Mitbürgern gut zu stellen. Aus den verschiedensten Gründen, die manchmal hohe Ideale und manchmal Eitelkeit und Egoismus sein können, haben sie, wie es die großen Herren früher in Europa auch getan haben, viel Gutes vollbracht — sie haben Krankenhäuser, Heime, Galerien gebaut usw. Das Volk nimmt diese Sachen als Selbstverständlichkeiten hin. Es zeigt kein allzugroßes Interesse. Nur wenn man es zu schnell vorwärts bringen will, protestiert es, indem es eine an sich gute Sache einfach niederstimmt. Die Unternehmer und Leiter der größten amerikanischen Betriebe sind die modernen Doppelgänger der Herzöge jener Tage, da die Herzöge noch Macht besaßen. Die amerikanischen Herzöge haben ihren Platz im Kampfe gegen die stärkste Konkurrenz W I T T E , Der eiserne Manu.
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erworben, oder wo das nicht zutrifft, halten sie ihn vermöge ihrer Fähigkeit, Befehle zu erteilen und zu regieren. Ihre Herzogtümer sind riesige Korporationen, unter deren Herrschaft sich andere in Abhängigkeit von ihnen stehende Konzerne befinden, von kleineren Führern geleitet, die ihrerseits wieder in der altbekannten grimmigen Art nach den höchsten Stellen und der größten Mafht streben. Die Herzöge haben ihre offiziellen Kabinette und ihre sachverständigen Berater, nicht nur hinsichtlich ihrer geschäftlichen Angelegenheiten, sondern auch hinsichtlich ihrer weitverzweigten Beziehungen zur Gesellschaft, die sie mit Märkten, Arbeitern und Geld ausstattet. Sie haben ihre Volkswirte, ihre Psychologen, Presseagenten und Kirchenmänner. Sie haben Leute, die Reden für sie ausarbeiten, Nachrichten für sie übersetzen, Probleme für sie studieren. Wenn dem nicht so wäre, könnten sie nie ihr Arbeitspensum bewältigen, trotz ihrer Schnelligkeit- und ihrer langen. Arbeitsstunden. Die United States Steel ist eines der modernen Herzogtümer mit Besitz in den verschiedensten Staaten der Union und in fremden Ländern, mit Eisenbahnen und Schiffen, mit einer riesigen Armee von Aktienbesitzern und einer noch größeren Armee von Arbeitern. Ford ist der Herrscher eines anderen Herzogtums, das vielleicht noch interessanter ist, weil es unter unseren Augen in einer einzigen Generation aufgewachsen und selbst jetzt nur der verlängerte Schatten einer orginellen Persönlichkeit ist, deren Bestreben dahingeht, die industriellen Verhältnisse menschlicher zu gestalten. Wie sich in alten Zeiten oft ein Heldenmythos um die führenden Feudalherren bildete, bildet sich jetzt eine Fordmythe. Der mystische Einschlag in Fords Wesen zieht das Mystische in der Masse stark an. Er ist ein Hexenmeister. Er diktiert Lohnerhöhungen, und vordem finanziell ruinierte Eisenbahnen zahlen unter seiner Herrschaft wieder Dividenden. Selbstverständlich ist er ein fähiger Kopf. Aber er ist durch günstige Umstände zu seiner jetzigen Größe gestiegen — und ist mehr als einmal durch unabwendbare Vorgänge in der Wirtschaft gerettet worden, die er anscheinend gar nicht verstanden hat. Einem Fordenthusiasten diese Ursachen zu nennen, hätte gar keinen Zweck, denn der Fordmythus ist heute schon zu weit gediehen. Eines Tages wird es ebenso schwer halten, die nackte Wahrheit über Ford zu er-
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fahren, -wie heute über Cromwell, Napoleon oder Washington. Der Rooseveltmythus existiert heute schon in bestimmter, unzerstörbarer Gestalt, der Fordmythus wächst noch immer und wird stärker und tiefer mit jedem Tag. Da wir unseren Mythen nicht entrinnen können, müssen wir sie eben hinnehmen. Tatsache ist es jedenfalls, daß sich ein Mythus n u r u m eine Persönlichkeit bilden kann, die von sozialer Bedeutung ist, und der Fordmythu« hat — und zwar vor dem Richterstuhl der letzten Entscheidung, vor der Seele der Masse — den Beweis erbracht, daß Ford von sozialer Bedeutung ist. Heutzutage ist es fast möglich, die Bedeutung der Industrieführer mathematisch genau festzulegen. Wenn ein Schmied, der mit zwei Gehilfen beschäftigt, einen dritten engagieren will, so ist dieser neue von ein Viertel so großer Bedeutung wie sein Meister. Wenn ein Unternehmer 20000 Menschen beschäftigt, so wird ein Arbeitsuchender, der in seinem Betrieb eine Anstellung wünscht, nur ^20002 stel der Bedeutung seines künftigen Chefs haben, und dieser besitzt für die Gemeinde praktisch die gleiche Bedeutung wie seine 20000 Helfer. Wahrscheinlich ist seine Bedeutung noch größer, da eine solche K r a f t , je mehr sie konzentriert ist, die soziale Schicht um so tiefer durchschneiden kann. I n letzter Zeit ist es Mode geworden, daß unsere amerikanischen Herzöge ihre Betriebe in den Händen ihrer Assistenten belassen und nach New York wandern, wo sie dem König Kapital ebenso den Hof machen, wie seiner Zeit die französischen Herzöge den Bourbonen. Es muß irgendein wirtschaftlicher Vorteil mit dieser Flucht verbunden sein, aber es sind auch augenscheinliche Nachteile mit ihr verknüpft. Sie zerschneidet die letzten Banden her Sympathie zwischen dem Arbeiter u n d seinem Brotgeber, und damit wird das Gefühl der gemeinsamen Verantwortlichkeit als Bürger derselben Gemeinde getötet. Das einfache von den Arbeitern geführte Leben, ihre durch harte Arbeit erworbene Häuslichkeit und ihre tapferen Anstrengungen, die amerikanische Lebensnorm aufrechtzuerhalten, müßten sich immer unter den Augen ihrer wirklichen Arbeitgeber abspielen. Abrechnungen der Buchhaltung, Lohnlisten u n d Kostenrechnungen zeigen einem großen Unternehmer nicht so viel, wie er wissen muß. Die beste u n d zweckentsprechendste Wohlfahrtsarbeit, die ein Arbeitgeber verrichten kann, ist per5*
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sönliches Interesse an den menschlichen Problemen seiner Fabrik. Aber wenn der große Unternehmer ein Dutzend oder zwei Dutzend Betriebe h a t , was d a n n ? Das Übel besteht weiter und ein Heilmittel dagegen ist bis jetzt nicht gefunden worden. Und dieses stellt uns vor die Lösung eines der größten Rätsel des industriellen Zeitalters: wie weit kann die Konzentration der Industrie fortschreiten? H a t sie jetzt schon ihren Höhepunkt erreicht ? — Obwohl eine kategorische Antwort nicht möglich ist, so scheinen die Tatsachen für eine Bejahung der zweiten Frage zu sprechen. Wenn die Gesetze den geschäftlichen Zusammenfassungen auch gewisse Grenzen setzen können, so ist es die Wirtschaft selbst, die auch hier das letzte Wort h a t . Geschäft ist angewandte Persönlichkeit zwecks Befriedigung der materiellen Bedürfnisse durch das Zusammenarbeiten von Menschen. Die Leistungsfähigkeit der unter der Führung einer Persönlichkeit zusammenarbeitenden Gruppe wird Maßstab ihrer Führerfähigkeiten sein; denn die Gemeinschaft wird außerhalb der Grenze ihrer Autorität kaum auf lange Zeit hinaus fähige Arbeit leisten können. Wenn der Hauptleiter dem am weitesten entfernten Arbeiter in der am weitesten entfernten Fabrik seiner Gesellschaft nicht seinen Willen fühlen lassen kann, ist die Geschäftskombination zu groß, um unter seiner Leitung wirtschaftlich arbeiten zu können. Die Konkurrenz wird über kurz «der lang eine der folgenden beiden Änderungen erzwingen: entweder die Größe der Gemeinschaft vermindern und zwar auf einen P u n k t , von dem aus die Leitung wieder wirkungsvoll ist, oder aber, in der Person des Leiters einen Wechsel vornehmen. Falls es nicht möglich ist, jemand zu finden, der mit dem weitausgedehnten Problem fertig werden kann, wird die Gemeinschaft gewöhnlich der Auflösung entgegengehen. Sie wird nicht gleich den Bankerott anmelden, aber sie wird langsam dahinsiechen, von gewissen Zeitspannen abgesehen, wo eine fähige Betriebsführung den Betrieb vorübergehend wieder stabilisiert. Jedenfalls wird in jedem dieser Stadien das Problem genau das gleiche wie zu Anfang sein: wenn der Unternehmer oder Leiter größer ist als seine Aufgabe, wird der Konzern bis zu den Grenzen seiner Machtfähigkeiten ausgebaut werden können, wo das nicht zutrifft, wird der umgekehrte Fall eintreten. Der Niedergang einer Korporation wie der Niedergang eines Staates — das
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Römische Reich kann als Beispiel dienen — wild durch eine fieberhafte Suche nach Führern eingeleitet, und es werden Stadien des Vormarsches und Rückzugs folgen iu Übereinstimmung mit den Fähigkeiten dieser Führer. Die Ausmaße, in denen die Industrie konzentriert werden kann, hängen demgemäß von zwei Faktoren a b : von der persönlichen Kraft, die hinter den erteilten Direktiven steht und von der Fähigkeit der Arbeiter, sie auszuführen. J e weiter die Arbeiter von ihren wirklichen Arbeitgebern, sowohl räumlich, als auch in ihren Idealen, in ihren Gedankenrichtungen und in ihrer Art, zu leben, entfernt sind, um so größer wird die Schwierigkeit, die Autorität während der Arbeit zu wahren und daneben noch eine demokratische Politik zu betreiben. Da, wenn man beide auf die Wagschale legt, letzterer wohl doch ein Übergewicht haben wird, kann die Tendenz der Zukunft, theoretisch wenigstens, dahin gedeutet werden, daß sie sich den kleineren Einheiten günstiger als den größeren erweisen wird, wenn nicht eine unvorhergesehene Verbesserung der Verständigungsmethoden eintritt. Praktisch kann natürlich eine teilweise Behebung der augenblicklichen Unzufriedenheit durch Kompromisse im Sinne von Gemeinschaftsarbeit dieser theoretischen Tendenz Einhalt gebieten. Es ist sogar möglich, daß, während die Industrie auf dem Wege eines immer engeren Zusammenschlusses fortschreitet, noch viel größere Einheiten unter der Leitung einer Persönlichkeit zusammengeballt werden. Dieses würde aber nur das Ersatzmittel eines geistigen Zusammenschlusses anstelle des früheren persönlichen sein, der seiner Zeit in der Arbeit soviel bedeutete und dessen Verlust dem Arbeiter von heute so nahe geht. Es braucht kaum betont zu werden, daß der Weg zu dieser geistigen Annäherung ein umständlicher und im Vergleich zu dem kürzeren Verfahren, bei dem die Leitung in den Händen eines einzigen liegt, auch schwieriger sein wird. Und vielleicht lohnt er sich nicht einmal der Mühe, wenn der große Mann, von dem die Lohnzahlung abhängig ist, es über sich bringt, nach Hause zu kommen und 6ich um die wichtigste Seite seiner Stellung zu kümmern — um das Verhältnis zu den Arbeitern. Die Finanz ist ein notwendiges Übel, Spekulation ein unnötiges — die Arbeit ist keins von beiden und muß betreut werden. Die industrielle Aristokratie geht aus einer Schicht
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die nicht mehr als 2 0 % der Gesamtbevölkerung ausmacht. Ihre Herrschaft beruht ausschließlich auf ihrer Fähigkeit, denken zu können und Taten zu verrichten. Zu dieser Aristokratie gehören die, welche sich von unten heraufgearbeitet haben, ebenso wie die, welche von Geburt aus mit irdischen Glücksgütern gesegnet sind und sich mit diesem Geld den Sitzen der Götter nähern. Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, daß, wenn auch Reichtum einen Menschen auf einen hohen Platz stellen kann, er ihm keine Gewähr dafür bietet, auch dort oben zu bleiben. Oben ist viel Platz, da die Sterbequote unter den Industrieführern eine sehr hohe ist. Stolpert er aber nur einmal, so kann er gleich sein Rücktrittsgesuch einreichen. Falls er zu fest im Sattel sitzt, um schnell herausgeworfen zu werden, wird die Konkurrenz die F u n d a m e n t e seines Thrones unterminieren. „Zeige dich befähigt oder geh' u n t e r " , — das ist das eiserne Gesetz in der Industrie. I n der Konkurrenz als solcher besteht immer eine gewisse soziale Gefahr, indem sie Menschen oftmals zu Entscheidungen treibt, die viel härter ausfallen, als die, welche sie treffen würden, wenn sie eich nicht unter ihrem Druck befänden. Das H a u p t bestreben jedes industriellen Führers m u ß es immer sein, die Gruppenorganisation — seine Korporation — solvent iind wirksam zu erhalten. Die Konkurrenz wird ihm nicht immer Zeit lassen, sich mit Plänen zu befassen, die in weiter Zukunft einmal Früchte tragen können. Und die finanzielle Lage kann ihn zwingen, den Arbeitern gegenüber mit harten Maßnahmen vorzugehen, trotzdem er weiß, d a ß eine rücksichtsvollere Politik a m Ende auch f ü r ihn vorteilhafter wäre. Allgemein gesprochen wird ein idealdenkender Industrieller seinen Idealen i m Verhältnis zu der Kapitalmacht, die seinem Unternehmen zur Verfügung steht, frönen können, denn dieses Kapital gestattet ihm, die auftauchenden Hindernisse mit ruhiger Überlegung und wann er es f ü r gut hält, zu nehmen, während weniger gutfinanzierte Unternehmen sie sofort mit einem Satz nehmen müssen. J e besser seine Stellung, u m so ausdauernder wird er für das lange Rennen gerüstet sein. Richter Gary ist ein gutes Beispiel hierfür. Er weigerte sich, die Löhne so schnell herabzusetzen, wie es kleinere Betriebe entweder aus Notwendigkeit oder Politik taten. Der Glaube, daß große Korporationen keine Seele haben, k a n n in folgender Weise berichtigt werden: soweit Geld und Voraussicht eine persönliche
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F ü h l u n g n a h m e von Mensch zu Mensch ersetzen können, k a n n es als feststehend b e t r a c h t e t werden, d a ß , j e größer das Untern e h m e n , u m so fairer seine Methoden. Hier zeigt sich wieder, d a ß die Art, wie eine Korporation auf ethische Gesichtspunkte i m H a n d e l und in der Zusammenarbeit mit ihren Arbeitern a c h t e t , z u m großen Teil wenigstens ein Spiegelbild des Reagierens ihrer Leiter auf diese Eindrücke ist. Große Geschäfte können es sich n i c h t leisten, kleinlich zu sein. I h r e Betriebspolitik m u ß so fair wie ihre Politik auf den Märkten sein, u n d wenn die eine oder a n d e r e einmal nicht gerecht ist, so liegt die Schuld hierfür meistens bei einem Untergebenen. Ich meine hiermit bewußte u n d n i c h t j e n e Ungerechtigkeiten, die m a n c h m a l die Folgen einer falschen Politik sind, die mit zu starkem Nachdruck betrieben wird. Es ist heute das wichtigste Problem f ü r die Öffentlichkeit, die K o n k u r r e n z auf einem solchen Niveau zu halten, d a ß ethisch e m p f i n d e n d e Industrieführer in die Lage versetzt werden, sowohl ihre Arbeiter, ihre Aktienbesitzer als auch den M a r k t befriedigen z u können. Billige W a r e n sind ein Segen; wenn aber die Konkurrenz durch das gegenseitige Unterbieten die A r b e i t s k r a f t sowohl moralisch wie iit»ihrer K a u f k r a f t herabmindert, wird der Vorteil der billigen W a r e n bald illusorisch sein. Vor einiger Zeit wurde viel von ehrlicher Konkurrenz gesprochen. Die K o n k u r r e n z sollte so beschränkt werden, d a ß kleine U n t e r n e h m e n selbst d a n n noch erzeugungsfähig bleiben, wenn sie von großen bek ä m p f t werden. Darüber l ä ß t 6ich natürlich sprechen. Auf der anderen Seite läßt sich aber auch darüber sprechen, große Unternehmen, die eine liberale Arbeitspolitik betreiben, gegen kleine K o n k u r r e n t e n zu schützen, deren Arbeitspolitik viel primitiver ist. Es ist selbstverständlich, d a ß ethische Gesichtspunkte in der Behandlung der Arbeiterfrage sich k a u m in einem freien u n d offenen Felde entfalten können, wo die a m wenigsten mit E t h i k B e h a f t e t e n a m leichtesten wandern, u n d die viel langsamer vorwärtskommen, die mit mehr E t h i k ausgestattet u n d mit selbst aufgepackten Lasten a m Schreiten behindert sind. Indessen, diese ethischen Bestrebungen gewinnen a n Boden, u n d ich setze größere H o f f n u n g e n auf sie, als auf irgendeinen anderen F a k t o r , von dem ich die E n t w i r r u n g des Knäuels von Interessen u n d I n s t i n k t e n , in das der allgemeine Gebrauch der automatischen Maschine die Menschheit gebracht h a t , erwarte. Trotzdem ist es unmög-
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lieh, dynamische K r ä f t e zu normalisieren. Erzeugerverbände können vielleicht die Lage einigermaßen erleichtern. Und die öffentliche Meinung, die den sichals Bürger fühlenden Unternehmer begünstigt und den kleinlichen mit Verachtung straft, kann vielleicht noch mehr bewirken. Wenn alle beide nichts erreichen, muß der Staat eingreifen — ob mit gutem oder schlechtem Erfolg, das kann im voraus nicht bestimmt werden. Der S t a a t m u ß nämlich aus Gründen der Selbsterhaltung mit diesen Unternehmern rechnen, die die automatischen Maschinen laufen lassen, deren Befehle neue Maschinen hervorbringen und die Bevölkerungsziffern verschieben, deren Erfolg den Staatsschatz durch Steuern anwachsen und deren Ausfuhr den Handel blühen läßt, deren Einfuhr die Staatskasse bereichert. Selbst wenn der Staat sich nicht u m den Arbeiter und sein Ringen mit dem Eisernen Mann kümmern würde, selbst, wenn er ganz kapitalistisch eingestellt wäre, so müßte er doch Rücksicht auf den ungewöhnlichen Mann im Industriesattel nehmen. Aber jeder Staat, der nur ein wenig mit demokratischen Idealen gef ä r b t ist, der nur die geringste Ahnung von seiner Verantwortlichkeit der Masse gegenüber h a t , m u ß darüber unterrichtet sein, wie die Masse unter ihren Führern lebt, während sie diese neuen Werkzeuge bedient. I n Amerika, das aus einer Revolution entstanden und mit den Rädern des allgemeinen Wahlrechts ausgerüstet ist, darf diese Rücksichtnahme nicht einen Augenblick lang außer acht gelassen werden. Das Schicksal des modernen Amerikas liegt vor allem in den Händen der Industriekapitäne, weniger in denen der Lehrer und Staatsmänner. Die Industriellen haben einige wunderbare Werke vollbracht und vollbringen noch weitere, deren Tragweite sie selber kaum erkennen. Sie haben die allgemeine Lebensnorm erhöht, zu der Solidarität der Arbeiter beigetragen u n d einen menschlichen Durchschnittstyp geschaffen, wie er bisher in Amerika u n b e k a n n t war; das Wichtigste aber, und darüber sind sie sich selber nicht im klaren, ist, daß sie die Arbeitswelt gelehrt haben, zusammenzuarbeiten. Eine solche Schule der Zusammenarbeit in weltlichen Dingen, wie sie von amerikanischen Korporationen zum Zwecke der Dividende gegründet wurde, hat die Welt noch nicht gesehen. Jede Verbesserung im Erzeugungsprozeß, jede Erweiterung des Arbeitsfeldes bringt den Tag näher, an dem ihre
IV. Die Eisernen Herzöge. Lehre begriffen u n d der Versuch u n t e r n o m m e n wird, sie a n z u wenden. Ob dieser Versuch, die Grundlage der industriellen Z u s a m m e n a r b e i t i m Interesse des Volkes zu verbessern, gelingen wird, h ä n g t i m h o h e n G r a d e d a v o n a b , wie die F ü h r e r sich zu d e m i m m e r noch w a c h s e n d e n Verlangen der A r b e i t e r , selbst Anteil a n der Gestalt u n g ihrer Z u k u n f t zu n e h m e n , stellen werden. Wie ich die L a g e beurteile, glaube ich, d a ß der Versuch z u m Scheitern v e r d a m m t ist, w e n n n i c h t p r a k t i s c h e u n d fähige K ö p f e i h m R i c h t u n g geben u n d die F ü h r e r s c h a f t ü b e r n e h m e n . Wir w e r d e n d a n n , das ist feststehend, ebenso dringend, vielleicht sogar noch d r i n g e n d e r , industrielle F ü h r e r b r a u c h e n . Wir k ö n n e n ohne ihre A n p a s s u n g s fähigkeit u n d ohne ihre Energie nicht a u s k o m m e n , u n d wir müssen i h n e n solche Bedingungen e i n r ä u m e n , die es i h n e n l o h n e n d erscheint, m i t z u m a c h e n . Sonst wird die Zivilisation z u s a m m e n stürzen. Die T e n d e n z zur Z u s a m m e n a r b e i t schreitet mit einer u n endlichen Variation der d y n a m i s c h e n K r ä f t e f o r t u n d m u ß sich auch in dieser R i c h t u n g weiter entwickeln. Normalisierung w ä r e ein tödlicher Schlag f ü r die ganze Menschheit. Der I m p u l s zur Z u s a m m e n a r b e i t ist s t a r k u n d sie wird sich d u r c h setzen, d e n n sie ist eine j e n e r v o m Volk u n t e r s t ü t z t e n S t r ö m u n g e n , der gegenüber die Minderheit sich b e u g e n oder das Feld r ä u m e n m u ß . Diese Wenigen k ö n n e n der Gesellschaft u n d sich selber a m b e s t e n dienen, w e n n 6ie mit Grazie, aber n i c h t zu schnell n a c h g e b e n . Sie müssen versuchen, die I d e n t i t ä t ihrer G r u p p e n dabei zu w a h r e n u n d müssen sich später m i t den gesellschaftlichen N e b e n p r o d u k t e n der Macht — m i t Ansehen, A c h t u n g des Volkes u n d mit einem reinen Gewissen — b e g n ü g e n , a n s t a t t m i t der niedrigeren Befriedigung ihrer Bedürfnisse u n d E i t e l k e i t e n .
y . Industrie und Staat. Der Eiserne Mann ist ein Verächter der Persönlichkeit. Seine Bediener sind Menschen, denen Unabhängigkeit als höchstes Gut gepriesen, die mit den Wahrheiten, Halb-Wahrheiten und Trugbildern der Demokratie gefüttert worden sind, und sich nun gegen die Invasion ihrer Persönlichkeit durch die Maschine selbst dann aufbäumen, wenn man sie lehrte, daß sie sich fügen müssen. Die Notwendigkeit fordert von ihnen, daß sie mit ihren Gefühlen ein Kompromiß abschließen, und die Gewohnheit ist hierbei ihre beste Helferin. Trotzdem kämpfen Millionen von menschlichen Persönlichkeiten jede Stunde an jedem Tag und in jeder Nacht gegen die Monotonie und die Unterordnung, die Hand in Hand mit der „ungeheuren Wiederholungsarbeit" in der modernen Industrie gehen. Der wenig Begabte f ü g t sich, der höher Begabte wird durch die sich ihm bietenden Gelegenheiten zur Durchsetzung seiner Persönlichkeit begeistert, aber die große Masse ist weder zufrieden noch begeistert. Daraus ergibt sich die weitverbreitete soziale Unruhe, unter der alle zu leiden haben. Diese Unruhe äußerst sich in der Form von H a ß gegen die • Besitzer von Maschinen, gegen die Kapitalisten, die Direktoren und die Unternehmer und bringt viele Schlagworte hervor, unter denen das der „industriellen Demokratie" am häufigsten angewandt wird. Die Folge dieses Rufes der Massen ist, daß die gesetzgebenden Versammlungen in Amerika und im Auslande seit einigen J a h r e n damit beschäftigt sind, Gesetze auszuarbeiten, welche die Arbeitsbedingungen kontrollieren und die persönliche Freiheit hinsichtlich Verwendung und Verfügung von Besitz und Vermögen einschränken sollen. Ein Teil der augenblicklichen Gesetzgebung hat dementsprechend diesen kontrollierenden Charakter, und vor kurzem ist dieser Einfluß in Amerika sogar noch weiter ausgedehnt worden, indem gewissen Gruppen von Bürgern — meistens Arbeitergewerkschaften und Gruppen von Farmern, die sich zu Arbeitsgemeinschaften vereinigt h a t t e n — Privilegien eingeräumt wurden, die man den Besitzern und den Leitern großer Unternehmungen verweigerte. Trotzdem ist die Unruhe nicht vermin-
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d e r t worden, und an jedem Tag gibt es mehr Leute, die den Forderungen, das Privateigentum entweder mit Stumpf und Stiel auszurotten, oder ihm wenigstens die Kontrolle über alle f ü r die soziale Gesellschaft notwendigen Formen des Reichtums zu nehmen, n u r zu willig beistimmen. Die Befürworter dieser extremen Maßnahmen haben natürlich die asoziale Wirkung der automatischen Maschinen nicht übersehen. Sie nehmen an, daß die sich immer weiter ausbreitende Anwendung der im Besitz von Privatkapitalisten befindlichen automatischen Maschinen der Gesellschaft und dem Staat über kurz oder lang die Übel des Industriekapitalismus in so konzentrierter Form zeigen werden, daß das Proletariat gezwungen sein wird, sich in den Besitz dieser Maschinen zu setzen, wenn es nicht in ein neues Sklavendasein herabsinken will. Sie sagen, daß es sich nicht lohnt, eine nicht sozialisierte Industrie zu erhalten. Die Sozialisten wollen diesen Zustand mit Hilfe des Staates erreichen, die Kommunisten durch eine Gruppenverwaltung des Besitzes, der mit Hilfe aller f ü r alle arbeitet — eine moderne Anpassung a n die Kommune des Altertums. Die Anarchisten ziehen eine Gesellschaft ohne jede Regierung vor. Aber innerhalb dieser Hauptrichtungen gibt es so viele abweichende Meinungen, daß sie, wenn es zur praktischen Ausführung der proklamierten Ideen käme, durch die herrschende Opposition stark eingeschränkt würden. Selbst in sozialistisch regierten Ländern besteht das so tief in den Instinkten wurzelnde Privateigentum weiter und f a ß t auch im kommunistischen Rußland von Monat zu Monat wieder festeren Fuß. Die zunehmende Unzufriedenheit der Arbeiterschaft, trotz der erhöhten Löhne und der verbesserten Lebensnorm, hat natürlich dazu geführt, Erklärungen f ü r diese Erscheinung zu suchen, die Hinabhängig von wirtschaftlichen Momenten sind. Einer sucht sie in einer „Arbeitsneurose", ein anderer in der „Überreizung durch das moderne Leben", wieder ein anderer, Stewart Paton von der Princeton Universität, in den „Abwehrreaktionen gegen die Unzulänglichkeiten". Wenn auch in jeder dieser Diagnosen ein Körnchen Wahrheit steckt, so ist doch keine vollkommen befriedigend, und selbst alle drei zusammen sind es nicht. Die Behauptung, daß befähigte Persönlichkeiten genügen, um soziale Urteile zu beeinflussen, daß dieselben Menschen aber
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unfähig sind, ihre persönlichen Angelegenheiten zu meistern, bedeutet eine ebenso strenge Verurteilung der Zivilisation, die dieses Problem der schwachen Menschheit zur Lösung aufgibt, als auch der Menschheit selber, die durch das Vorhandensein dieser Probleme niedergedrückt ist. Wenn das System des Lebens zu kompliziert wird, um dem gewöhnlichen Manne zu gestatten, sich mit einigem guten Willen darin zurecht zu finden, so liegt der Fehler an dem System und nicht an dem einzelnen. Da» Leben und die menschliche Natur sind die primären Faktoren, Zivilisation und Industrie die sekundären, die nicht unverändert bestehen bleiben können, wenn die Massen das nicht als wünschenswert ansehen. Jeder, der diese elementare Tatsache übersieht, b a u t seine Theorien auf Sand, und der Staat, der sie nicht bei jeder seiner Handlungen berücksichtigt, bereitet einer Revolution den Weg. Die Kontrolle der industriellen Vorgänge durch den Staat im Interesse der Gesellschaft ist grundsätzlich durchaus berechtigt, trotz der zu diesem Zweck häufig angewandten minderwertigen Mittel und Wege und trotz der oft langsamen und kostspieligen Ausführung. Wenn auch die Regierungen vielleicht nicht die unmittelbarsten Wege beschreiten, um der sozialen Übel Herr zu werden, so hat das Volk doch vernünftig gehandelt, indem es sie zwingt, nach dem Rechten zu sehen, so gut sie es eben können u n d ehe ihnen die Lage über den Kopf wächst. Da das amerikanische Volk deutlich erkennt, wie die Fundamente der Gesellschaft durch die Konkurrenzkämpfe seiner Herrschenden unterhöhlt werden, wie den Maschinen die Macht gegeben ist, Kriege zu entfachen, die Bevölkerung hin und her zu werfen, die Rassen zu degenerieren, und dem Leben viele von seinen kleinen Annehmlichkeiten zu nehmen, so verdiente es seine politische Erbschaft nicht, wenn es nicht alle mitunter auch nicht ganz entsprechenden Anstrengungen machen würde, das Gleichgewicht durch das Anrufen seines obersten Verbündeten — den Staat — wieder herzustellen. Der Ruf ist erschollen und auch gehört worden. Der Staat, wenn auch vielleicht schwerfällig, h a t sich doch in Bewegung gesetzt. Und heute besteht nicht so sehr die Gefahr, daß der Staat zögert, sondern daß er zu schnell, zu hastig und zu weit ausgreift. Es besteht die Gefahr, daß er, anstatt eine vernünftige Kontrolle auszuüben, unter der Erfinder und Erneuerer
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ihre Ideen ausarbeiten können, ohne das Volk zu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen, sich zur Entscheidungsinstanz aufwirft, die den Bürokraten die Macht verleiht, die Initiative des einzelnen zu ersticken und durch autokratische Methoden gemeinschaftlich getroffene Entscheidungen aufzuheben. I n der ganzen zivilisierten Welt macht sich heute eine Tendenz zur Schaffung einer staatlichen Kontrolle der Industrie bemerkbar, und diese ist so augenfällig, daß wir uns vielleicht bald wieder in einem Zeitalter befinden werden, in dem der „staatliche Merkantilismus 1 ' seine bewußte Auferstehung erlebt. Der Boden hierfür ist in letzter Zeit sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher Beziehung gut vorbereitet worden. Selbst in den größten Industriestaaten wurde durch die Verbesserung der Transport- und Verständigungsmittel eine konzentrierte wirtschaftliche Vereinigung erleichtert. Und es findet tatsächlich «ine ständige Entwicklung in der Richtung statt, dem Staat nicht nur die souveräne politische, sondern auch die souveräne wirtschaftliche Macht durch das Volk zu übertragen. Aber auch hier bemerkt der tätige Politiker, daß die Gefahr nicht in der Richtung -dieser Bestrebungen, sondern in ihrer zu großen Ausdehnung liegt. Ehe man den Staat zum Wirtschaftsdiktator, und den Staatsmann von dem Posten eines Schiedsrichters z u . d e m eines Industrieführers erhebt, ist es nötig, den Charakter und die Beschränkungen des Staats und der ihn beseelenden K r ä f t e zu berücksichtigen. Es ist Zeit, daß das Volk sich von den schönen Phrasen, •mit denen es gefüttert wird, abwendet und der Wirklichkeit ins Angesicht sieht. Die Phrase „industrielle Demokratie" ist wirklich eine sehr schöne, aber es wird sich lohnen, darüber nachzudenken, ob die industrielle Demokratie praktisch angewendet, sich nicht ebenso wie die politische Demokratie in ein Intrigenlabyrinth verwandeln würde, in dem sich eine eifrige Jagd nach den Ämtern abspielen, und gewandte Herren, die alles versprechen und nichts halten, nur zu oft die anständigen Leute, die nichts versprechen wollen, überflügeln würden. Man kann sich vielleicht trotz ihrer Unzulänglichkeiten eine solche vergiftete und eingeengte politische Demokratie wegen ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft gefallen lassen. Aber es wäre ebenso unmöglich, auf einer solchen Basis Waren produzieren und verkaufen zu wollen, als wenn sich Onkel Sam an seinen Schuhsenkeln in die Höhe ziehen
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wollte. Eine wirtschaftlich starke Nation kann eine schlechte Regierung wohl eine lange Zeit mit sich schleppen, ohne dabei zusammenzubrechen, aber selbst die fähigste Regierung, die jemals von einem Menschen organisiert wurde, wäre in dem Industriekomplex, der von freien Völkern durch den Handel geschaffen wurde, vollkommen hilflos. Die praktischen Beschränkungen der Souveränität des Staates anzuerkennen, ist ebenso wichtig, wie das vitale Interesse des Staates an gerechten Arbeitsbedingungen zuzugeben. Man darf aber nicht vergessen, daß jedwede Macht, die der Staat gewinnt, von ihm nie wieder freiwillig aufgegeben wird. Und die Revolution — gleichgültig ob aktiv oder passiv — ist das einzige sichere Mittel, mit dem die Regierten gewisse Freiheiten, über die der Staat die Souveränität übernommen hat, zurückgewinnen können. Diese Tatsache an und für sich sollte uns schon davon zurückhalten, die souveränen Mächte Uber die Wirtschaft auszudehnen. Es ist viel leichter, Rechte aufzugeben, als sie wieder zurückzuerlangen. Jene Freiheiten in der Arbeit und im Handel, die wir so leichtsinnig genießen und anscheinend 60 wenig schätzen, wurden den Staaten von Männern entrissen, die mit der Bedrükkung durch die Staatsgewalten aus eigener Erfahrung bekannt waren, und die diese Rechte als den Kern der Freiheit betrachteten. Sie einer Laune wegen, oder infolge von Gedankengängen, die sich mit der Zeit als trügerisch erweisen werden, zu opfern, ist nicht nur lächerlich, sondern auch unvorsichtig. Theoretisch hat der Staat die Gewalt über Person und Eigentum seiner Bürger, die praktische Nutzbarmachung dieser Gewalt ist aber schwierig, wenn Staat und Nation nicht eins sind. Das Recht des Staates hört jedoch mit dem Greifbaren auf und das Nichtgreifbare entzieht sich seiner Gewalt. Der Staat kann weder Talente schaffen noch Loyalität kommandieren. Bei jedem Schritt in der Entwicklung eines Staates wird er Anhänglichkeit und Loyalität nur durch Vorteile — wirkliche oder eingebildete — gewinnen und halten können, und wenn er nicht der vollkommenen Stagnierung anheimfallen will, muß er dem Talent freie Bahn gewähren. Die Geschichte enthüllt uns einen niemals endenden Konflikt zwischen den Massen und Klassen um die Kontrolle über die politische Gewalt des Staates. In einer Demokratie kann es als
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Tatsache betrachtet werden, daß dieser Kampf zugunsten der Masse entschieden worden ist, theoretisch wenigstens, wenn auch nicht immer in der Praxis. Die Existenz des Staates an und f ü r sich bedeutet ja schon einen Triumph f ü r den gewöhnlichen Mann." Er ist sein Ritter im Kampf gegen Fähigkeit und Unfähigkeit. Der Staat ist sein und nach seinem Bilde geformt. Tief in seinem Herzen ist der gewöhnliche Mann konservativ. Soziale Revolutionen werden von Ausnahmemenschen mit utopischen Visionen begonnen. Aber nach einer Weile müssen sich die Wolkenbezwinger wieder auf die Erde niederlassen und ihr Programm der Vereinfachung auch wirklich durchführen. Gewöhnlich kommen sie dann zu langsam voran und verlieren aus diesem Grund nicht nur ihre Führerstellen sondern auch ihre Köpfe. Die französische Revolution entfaltete ihre Fahnen f ü r Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit und endete mit der Einführung des Besitzrechtes der Bauern. I n Rußland gehen die Dinge dieselben Wege. Das Pendeln der Bolschewisten von rechts nach links ist auch ganz natürlich. Die Bauern sind von der kommunistischen Regierung sehr enttäuscht worden. Madero sprach viele Jahre lang von seinem Bruderorden der Menschheit, aber erst als er jedem Anhänger 40 Acker Land und einen Esel versprach, konnte er das Land bezwingen. Und das Äquivalent f ü r 40 Acker und einen Esel — das Symbol von Existenzsicherheit und Freiheit — ist es ja gerade, was der gewöhnliche Mann will. Die Radikalen unserer Tage müssen daher die Auflehnung im Volke schüren, das, wie sie wissen, im Grunde genommen konservativ ist und nichts weiter will, als ein Lebensschema, das ihm eine gewisse Stetigkeit im Leben gestattet und es weniger von Faktoren abhängig macht, die seiner Kontrolle entrückt sind. Meiner Meinung nach ist immer zu großer Wert auf den hypothetischen Streit über die Verteilung der Gewinne als Faktor der sozialen Unruhe gelegt worden. Natürlich wird er seinen Teil dazu beitragen, aber man darf ihn auch nicht zu stark aufbauschen. Der gewöhnliche Mensch heute, wie immer schon, erwartet nicht viel vom Leben, abgesehen von der Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt zu verdienen — und das ist ein vernünftiger Standpunkt, da er doch nicht mehr bekommen wird und wahrscheinlich auch in Zukunft nie mehr zu erwarten h a t .
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Die Unzufriedenheit des kleinen Mannes rührt, glaube ich, nicht davon her, daß er die Bezahlung der Arbeit zu niedrig findet, sondern hängt mit der Arbeit selber zusammen und mit den Bedingungen, unter denen sie ausgeführt wird. Vor allem anderen geht sein Streben dahin, die Arbeit wieder nach der alten, bekannten Art ausführen zu können. Er h a ß t Änderungen, und was ihn hauptsächlich gegen seine Arbeitgeber und Vorgesetzten aufbringt, ist, daß sie ihn nicht in Ruhe lassen und ihm nicht gestatten, seine Arbeit so zu verrichten, wie es seine Vorfahren getan haben, und wie er es selber noch vor zehn J a h r e n t a t . Sich selbst überlassen, hätte er mit der Maschine mit Hilfe von Feuer und einer Axt schon bei ihrer Geburt kurzen Prozeß gemacht. Fortschrittliche Erzeugungsmethoden können vielleicht^ das Medium für größere Behaglichkeit und Bequemlichkeit sein. Für stark konservative Geister sind diese Wohltaten mit den erforderlichen geistigen Anstrengungen und sonstigen Unbequemlichkeiten zu teuer erkauft. Der Fortschritt bringt Unsicherheit und Veränderungen mit sich, und da Sicherheit nun einmal die primäre Notwendigkeit des gewöhnlichen Mannes ist, wird es ihm immer schwer fallen, den Fortschritt als etwas Wünschenswertes anzusehen.. Es ist ihm gelungen, diese Zweifel auf den Staat zu übertragen, so daß dieser jetzt auch zuerst für Sicherheit einsteht und alles Neue mit einem gewissen Mißtrauen begrüßt. Der Staat ist ein Reservoir von manchmal bereits modrigen und verwesten Traditionen undPräzedenzien; er ist aber auch ein Bollwerk der Ordnung und Mittelmäßigkeit, er ist, wie sein Name ja schon sagt, das Statische in einer sich ewig ändernden Welt, vielleicht das Beständigste überhaupt mit Ausnahme seines ehemaligen Genossen, der Kirche. Der souveräne Staat stellt die Vernunft des gewöhnlichen Volkes dar. „Lieber ein Herr als viele", ist das Sprichwort des Volkes, „Besser eine Tyrannei als eine Oligarchie". Die Entscheidung der Massen ist immer und immer wieder in dieser Richtung erfolgt und wird auch immer so erfolgen, wenn sie die Wahl zwischen einer institutionellen oder einer persönlichen Gewalt hat. Die Starken können sich selber schützen, sie brauchen keine Gesetze, während die Schwachen sie zu jeder Stunde nötig haben. Die Autorität des Staats macht sich meistens in negativer Form bemerkbar. Durch Gesetze und Gerichtsurteile wird im
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Laiife der Zeit die Stimme der Masse ertönen, u m den begabten Persönlichkeiten ihr „Soweit u n d nicht weiter" zuzurufen. Und auf diese Weise werden jene Leute, die ihren Herrscherinstinkten folgen u n d die Masse zu schnell antreiben, im Zügel gehalten. Nur in Notlagen übernimmt der Staat es, positive Direktiven zu geben. S t a t t „ H a l t und nicht weiter" wird er j e t z t „Tue dies u n d jenes" sagen. Aber wenn es sich um eine Demokratie handelt, wird diese Frontschwenkung der Staatsgewalt den Bürgern bald zuviel werden. Sie nehmen jeden Zwang übel, u m so mehr, wenn er in neuer Gestalt a u f t r i t t . Selbst ein autokratischer Staat spielt mit dem Feuer, wenn er das Kommando über wirtschaftliche K r ä f t e antritt und den Fortschritt zu leiten versucht. I n demselben Verhältnis, in dem eine Regierung von einer in vernünftigen Grenzen gehaltenen Kontrolle des einzelnen und der Gruppen abweicht, wird sie sich von verfassungsmäßigen Zuständen zu autokratischen entwickeln, die auch deshalb nicht weniger autokratisch sein werden, weil die Macht vielleicht von den Reichen auf die Armen u n d von den Gebildeten auf die Ungebildeten übergegangen ist. Und noch eins. Eiue Demokratie wird niemals etwas erschaffen. Männer, talentierte Köpfe tauchen aus der Masse auf, um im Angesicht ihrer weniger talentierten aber desto neidischeren Zeitgenossen jene Verbesserungen im Leben zu schaffen, die in ihrer Gesamtheit die Zivilisation ausmachen. Darum soll auch die herrschende Form eine Kontrolle und nicht eine Diktatur hinsichtlich der Bestrebungen der einzelnen und Gruppen sein, u m unsere Gesellschaft davor zu schützen, Schachfiguren in den Händen der Industrieführer zu werden. Andere Völker, die weniger individualistisch in ihren Traditionen sind u n d weniger zu verlieren haben, können noch einen Schritt weiter gehen, aber f ü r die Amerikaner werden die Verluste, die eine vom Staate geleitete Industrie verursachen würde, weit höher als die Gewinne sein. Auch der stärkste Wirtschaftsblock wird niemals vergessen dürfen, daß es noch etwas Größeres als ihn gibt: den Staat. Der Staat wird immer in Tätigkeit treten, wenn die Masse es will. Vielleicht wird er nur langsam handeln, zuerst seine geliebten Präzedenzfälle zu R a t e ziehen, nichts überstürzen, u m j a keinen Fehler zu begehen, aber wenn der Druck der Masse fortgesetzt WITTE, Der eiaernr Hann.
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wird, muß er endlich doch ihren Willen erfüllen. Das werden auch die tüchtigsten und mächtigsten Unternehmer erkennen müssen. Wenn die Massen fest bleiben, findet eine stille geistige Revolution in den höchsten Stellen statt. Das ist dann die bekannte und beliebte Methode, um einer lärmenden Straßenrevolution aus dem Wege zu gehen. Macaulay sagt „Die wichtigste Ursache einer Revolution ist, daß, während die Nationen vorwärtsschreiten, die Verfassungen stillstehen". J a , man darf aber hierbei nicht vergessen, daß die Auslegung der Verfassung ein Puffer ist, der viele Stöße vertragen kann. Wenn man die Juristen hart genug bedrängt, werden sie die verschiedensten Wege entdecken, „damit' die Freiheit sich langsam von Präzedenzfall zu Präzedenzfall ausbreitet'4. Die Haltung, die der Staat den Korporationen gegenüber einnimmt, wird demnach immer von Gründen der Zweckmäßigkeit diktiert sein. Das Volk wird mit Hilfe seines Zwangsvollstreckers, des Staates, immer so weit gehen, wie es notwendig ist, um seine hauptsächlichsten Interessen zu schützen, und wird erst dann einhalten, wenn es sieht, daß nichts mehr zu erreichen ist. In früheren Zeiten und in anderen Weltteilen wurden die Personen, die von zu großem Ehrgeiz beseelt waren, auf den Schlachtfeldern und in den Festungen bekämpft. Heute verrichtet der Staat dieselbe Arbeit ebenso wirkungsvoll, wenn auch friedlicher durch seine Gesetze und in den Gerichtsälen. Zwei Produkte der menschlichen Gedankenwelt ringen immer wieder miteinander. Keines von ihnen war am Anfang der menschlichen Entwicklung, aber wir können uns heute die Welt ohne eines der beiden nicht mehr vorstellen. Sie sind Siamesische Zwillinge, die niemals vollkommen miteinander einig sind. Aber sie wissen beide, selbst im heftigsten Handgemenge, daß einer für den anderen notwendig ist, und daß einer ohne den anderen nicht leben kann. So müssen sie sich immer wieder verständigen, um vorwärts zu kommen. Auf der einen Seite steht der höchste Ausdruck des sozialen Willens, der Staat, der von zwei Arten von Leuten gesteuert wird — fähigen Tribunen und wortreichen Demagogen — und dessen Bemannung aus Bürokraten besteht, die größtenteils von dem törichten Betreben beseelt sind, den status quo um jeden Preis zu erhalten. Auf der anderen Seite stehen die kräftigen lebenslustigen Kinder ihres schwerfalligen Vaters — Geschäfts-
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Organisationen, in denen viele Menschen versammelt, die von dem universellen Instinkt angetrieben sind, soviel als möglich mit der kleinsten Anstrengung zu erreichen. Sie werden von ihren fähigsten Köpfen geführt, die durch die ihnen innewohnende Herrschsucht zu ihren Erfolgen angespornt werden. Auf der einen Seite die Apotheose des politischen Genius, beständig, erhaben — eine Einheit, auf der anderen zusammenhängende Gruppen von wirtschaftlichen Genies, Gruppen von Nervenknoten, jede von ihnen im höchsten Grade anpassungsfähig. Die letzteren~können, alles, wenn dabei Geld f ü r sie herausschaut und wenige Fragen gestellt werden. Sie gebrauchen ihre Macht, wo immer sie können, und sind begierig auf noch größere, während die erste Gruppe sich langsam mit Aufgaben abmüht, die ihre Diener schon auswendig kennen müßten, voll Skrupel ist und ihre volle Macht, außer im Notfall, nur sparsam benutzt. Der Staat ist das Gewissen, er ist langsam, majestätisch, gerecht. E r beschäftigt sich mehr mit Grundsätzen als mit Gewinnen, mehr mit Methoden als mit Ergebnissen. Die Korporation ist ein Wille, sie ist wirksam, schlau, sie läßt den Zweck die Mittel heiligen, geht darauf aus, Geld zu verdienen und Ergebnisse zu sehen und wird ungeduldig, sowie sich ihr irgendetwas bei der Erfüllung dieses Zieles in den Weg stellt. Der Staat ist statisch, er hängt an Präzedenzien und Traditionen u n d nimmt sich dankbar jeder Mythe an, die aus dem unausrottbar mystischen Sinn der Massen steigt. Die Korporation ist dynamisch, sie ist blind für die Vergangenheit und erhofft alles von der Zukunft, sie ignoriert alle Kosten, die sich nicht in der Bilanz zeigen und ist immer bereit, diese Kosten — worunter sich die asozialen u n d antisozialen Wirkungen der automatischen Maschine befinden — an den Staat zur Bezahlung weiterzugeben. Das schildert mit neuen Worten nur ein uraltes Problem — tatsächlich das wichtigste Problem der Zivilisation — das da lautet: wie soll die Masse ihre Rechte wahren und gleichzeitig den herrschenden Einzelpersonen genug Schutz gewähren, u m jene Verbesserungen des Lebens zu schaffen, die sie allein in großer Vielfältigkeit dem Leben geben können, Beiträge, die später einen Teil der sozialen Erbschaft ausmachen werden? Das Kapital u n d die Arbeiterschaft stehen auf der entgegengesetzten Seite eines immer breiter werdenden Abgrundes, über 6*
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den nur die starken und energischen Arbeiter springen können, und Uber den die Stimmen der Verständigung Predigenden sich immer schwerer bemerkbar machen können. Und so kann das Verhältnis des Staates zur Industrie in diesem Augenblick als ein Aufmarsch der Arbeiterschaft mit dem Staat als Rückendeckung gegen die Konzerne bezeichnet werden. Bis jetzt hat sich die Rückendeckung der Arbeiter durch den Staat nach zwei Richtungen hin entwickelt — in Gesetzen, die sich mit industrieller Arbeit beschäftigen (hauptsächlich in wohltuender Weise) und in Gesetzen und Entscheidungen, die in der Hauptsache nur der in Gewerkschaften organisierten Arbeiterschaft zugute kamen. In den Fabriken sind die Gewerkschaften aber durch die automatischen Maschinen in starkem Maße ausgeschaltet worden, und die so entstandene Lücke muß beinahe täglich von den Unternehmern durch unmittelbare Verhandlungen mit ihrem Personal überbrückt werden, da sie sonst überhaupt nicht mehr überbrückt würde. J e früher also der Staat von der vorgefaßten Meinung, daß die Gewerkschaften das Alheilmittel bedeuten, abkommt, um so besser für alle Beteiligten. Das Arbeiterproblem hat sich schon weit über die gewerkschaftlichen Grenzen ausgebreitet. Das Vorhandensein eines politischen status quo hängt jetzt von der Wiederherstellung des Vertrauens zwischen Arbeitgeber und Personal ab. Wie es wieder hergestellt werden soll und durch welche Mittel ist weniger wichtig, als daß es schnell und vollständig wiederhergestellt wird. Die Leiter der großen Betriebe haben sich meistens verpflichtet, die Gewerkschaften nicht anzuerkennen. Das ist eine Politik, die mehr auf Instinkt als auf Vernunft beruht, die aber nichtsdestoweniger bindend ist. Sie wollen nichts davon wissen, mit besonderen Unterhändlern außerhalb ihres Betriebes zusammenzukommen, und das ist nicht schwer verständlich, wenn man die traurigen Erfahrungen von einigen Direktoren in stark gewerkschaftlich organisierten Gewerben in Betracht zieht, besonders im Baugewerbe. Verschiedene Unternehmer und Leiter streben darnach, zu einem Übereinkommen mit ihrem Personal zu gelangen, und zwar durch verschiedene Verfahren, die alle darauf hinzielen, die Solidarität einer Erzeugungsgemeinschaft im Gegensatz zur Gewerkschaft zu erreichen. E s wird sich für die Staatsmänner lohnen, darüber nachzudenken, ob diese Entwick-
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lung für bestimmte automatisierte Industrien nicht logischer und zufriedenstellender ist als die andere, und falls sie zu dieser Meinung kommen, sollten sie ihre Aufmerksamkeit darauf richten, sie möglichst zu beschleunigen. Es ist selbstverständlich, daß wir immer mehr dazu übergehen, jene wirtschaftlichen Vorgänge in großen zusammenarbeitenden Gruppen auszuführen, die unsere Vorfahren einzeln oder zu zweit und dritt verrichteten. Ob ein solches Vorgehen zum Guten oder Schlechten sein wird, läßt sich nicht voraussagen. Die Verschiebung h a t jedenfalls ihre guten wie ihre schwierigen Seiten. Wenn auch die letzteren sich manchmal berghoch auftürmen, so sind wir noch weit davon entfernt, alle Auswege versucht zu haben, und wir werden k a u m daran denken, unsere industrialisierte Existenz für eine einfachere Lebensform umzutauschen, bis wir an das Ende unseres Lateins gelangt sind. Bis jetzt h a t eine politische Kontrolle der Unternehmen, die ihnen vom Staate für vergangene Sünden und als Schutz gegen die jetzige überragende Macht auferlegt worden ist, weit mehr Beachtung gefunden, als die Bestrebungen der großen Konzerne, die industrielle Arbeit in Einklang mit dem psychologischen u n d sozialen Wohlergehen ihres Personals zu bringen. Auf diese Weise sind sowohl die fortschrittlich gesinnten Arbeitgeber als auch die reaktionärsten in einem Netz gesetzlicher Verbote gefangen worden, obschon die ersteren auf eigene Gefahr von sich aus versuchten, Verbesserungen einzuführen, die dem Volke genützt u n d zur erhöhten Sicherheit des Staates beigetragen h ä t t e n . Der Staat müßte hier also eine gewisse Unterscheidung treffen können, leider ist aber gerade das Unterscheidungsvermögen nicht eine der starken Seiten des Staates. Das Ideal des Staates ist eine zufriedene Bevölkerung. Es scheint aber, als ob seine Diener sich nicht zu der Erkenntnis durchringen können, daß es möglich ist, etwas zur Herbeiführung dieses Zustandes zu t u n , indem sie einsichtigen Männern und Gesellschaften Gelegenheit gewähren, den in ihnen verkörperten Grundsatz der Zusammenarbeit versuchsweise noch etwas auszudehnen, umsomehr, da er schon von vielen Geschäftsgruppen mit gutem Erfolg zu diesem Dienst gepreßt worden ist. Und doch sind die Beschränkungen, die eine strenge staatliche Kontrolle der Wirtschaft mit sich bringen würde und die sich sicher-
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lieh in der Richtung eines sozialisierten Staatswesens weiter entwickeln würden, f ü r unser Volk so h a r t , u n d das Erstarren unserer halbflüssigen industriellen Gesellschaft zu selbstbewußten Klassen von Arbeitgebern und Gewerkschaftsarbeitern ist unseren Traditionen so fremd, daß der Staat dem Grundsatz der autonomen Kontrolle jedwede Konzession machen muß, ehe er selber die vollständige Leitung übernimmt, oder ehe er es zu einem Kampf von Kapital gegen Arbeiter kommen läßt. Es scheint der amerikanischste Weg zu sein, die Gesellschaften und Konzerne, in der schon so viele zusammenarbeiten, u m Güter zu erzeugen u n d zu verteilen, auch zu einem Mittel der gemeinschaftlichen Erzeugung und Verteilung von geistigen Gütern werden zu lassen, damit der Eiserne Mann für das allgemeine Wohl angespannt wird, währenddem die Automatisierung in den Betrieben ihrem vorgezeichneten Ziel zuschreitet.
VI. Die Entwicklung der Konzerne 1 ). Der Besitzer des Eisernen Mannes ist eine Körperschaft, die ebenso wie dieser als eine Erfindung anzusehen ist. Beide stellen Evolutionen dar, in denen einfache mechanische und juristische Grundsätze immer wieder neuen Bedürfnissen angepaßt wurden. Die automatische Maschine ist ebenso sehr eine mechanische Person, wie die Korporation eine juristische ist. Beide haben lange Zeit Schritt miteinander gehalten. Ohne die Korporationen, die ihre Entwicklung finanzieren und ihre Erzeugnisse verteilen, würde sich die automatische Maschine noch immer im embryonalen Zustand befinden. Anstatt wirksame Komplexe zu sein, die den Markt mit Gütern füllen, Wohlstand und Bequemlichkeiten schaffen und die sozialen und politischen Probleme steigern, wäre 6ie Ausstellungsgegenstand in einem Museum. Ohne den Eisernen Mann, der die große Masse der gewöhnlichen Menschen zu nutzbringenden Gliedern in der Produktionskette komplizierter Güter macht, könnten auch die Korporationen nicht ihre augenblicklichen Ausmaße und ihren Einfluß erreicht haben. Die automatischen Maschinen sind eine der Kräfte, die die Wahrheit von Lloyds Ausspruch beweisen, daß „die natürliche Person aufgehört hat, ein Unternehmer von Bedeutung zu sein". Die Korporation und die automatische Maschine sind ein Gespann, das ungeheure Taten vollbringen kann, aber weil dieses Gespann unmittelbar auf den Gewinn zufährt, geschieht es, daß es mitleidlos eine gerade Furche durch die bestehenden Gebräuche schneidet. Die Kutscher müssen stark sein und sind es auch, aber die Massen, denen das Tempo in den Betrieben von den Maschinen vorgeschrieben wird, und die auch außerhalb der Fabrik kaum ihren Einflüssen entrinnen können, sind nicht davon ttber') I m Nachfolgenden wird in Anlehnung an den im Original vorkommmenden Ausdruck „Corporation" fast durchwegs von „ K o r p o r a t i o n " oder „Körperschaft"gesprochen. Dieser Ausdruck ist etwa gleichbedeutend mit unserer ebenfalls allgemeineren Bezeichnung „ K o n z e r n " u n d u m f a ß t die verschiedensten Gesellschaftsformen. D. Übers.
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zeugt, d a ß diesen Lenkern immer zu t r a u e n ist. Und a u c h ein objektiver Betrachter, der diese Frage zu analysieren gedenkt, 'wird manchmal Zweifel in sich 'aufsteigen fühlen, ob selbst die altruistischten Kutscher von ihrem geraden Weg wesentlich ab* weichen können. Es ist nicht zu bestreiten, daß dieses Zweigespann dem Leben ungeheuer viele Verbesserungen gebracht h a t , aber diese sind nur als Nebenprodukte anzusehen. U n d zurzeit wartet eine' Welt, die den Lebensprozessen gegenüber bewußter eingestellt ist, und eine Bevölkerung, die soziale Wohlf a h r t sucht, darauf, festzustellen, ob die Korporation und die automatische Maschine von ihrer J a g d nach privatem Gewinn soweit abgebracht werden können, daß ihre Anstrengungen f ü r die Allgemeinheit größeren Nutzen bringen. Die Massen wenden sich in ihrer Not instinktiv an den S t a a t . Die Folge ist, daß immer mehr Gesetze entstehen, die die Macht der Korporationen beschränken. Aber die Masse erkennt die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, politische Maßnahmen gegen industrielle Übel anzuwenden, nicht so gut wie der Politiker. Und daher sind die Folgen, die aus der Anwendung dieser Gesetze entstehen, oft verhängnisvoller als die ursprünglichen Gebrechen. Da es der Staat ist, der die Korporation schafft, so m ü ß t e m a n eigentlich denken, daß er sie auch vollständig beherrscht. I n Wirklichkeit erinnert das bestehende Verhältnis m e h r an eine dicke nörgelnde Mutter und ihre munteren, ehrgeizigen Söhne. Die Korporationen dürfen nicht zu fest an ihre Mutter, den Staat, gebunden werden, wenn nicht der Zweck ihrer Schaffring illusorisch werden soll. So k a n n der Staat z. B. seine Steuern nirgendwo leichter als durch sie erhalten. Die alte Mutter gebietet ihren Söhnen, Steuern in ihren Schoß zu häufen, und sie kommen und bringen nicht nur Steuern sondern noch andere Gaben, merkwürdige Geschenke, die die dicke Mutter niemals von ihnen erwartet hat, neue Früchte, die aus Glauben, Visionen und Arbeit entstanden sind, und im Laufe der Zeit das gewöhnliche Menu des Volkes werden, das bald ihren Ursprung vergessen h a t . Aber trotz dieser vielen Neuheiten hängt die Mutter fest a n Traditionen und Grundsätzen. Sie freut sich über die Steuern und die Geschenke, die ihre Söhne ihr bringen, aber ihr gesunder Menschenverstand sagt ihr, daß alle diese Sachen wenig wert h a b e n , wenn Gerechtigkeit und Barmherzigkeit und das Wohlergehen des
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Volkes dein Rennen nach Geld und Macht geopfert werden. Man kann sich vorstellen, wie sie mit einer Naivität, die aus der Fassung bringen kann, zu ihren Söhnen sagt: „Das sind Teile des Lebens, die ihr mir hier bringt, aber es ist nicht das Leben selbst. Ich brauche sie, aber schließlich sind sie allein nicht genug. Ich kann euch nicht genau sagen, was ihr tun sollt, abgesehen davon, daß ihr mir Steuern bringen müßt» aber sowie ich von Fall zu Fall klar sehe, werde ich euch ohne weiteres sagen, was ihr nicht tun dürft. Um euch gesund zu erhalten, lasse ich euch auf Grund eures Ehrenwortes mehr oder weniger freie Hand und ich hoffe, daß euer Betragen immer noch besser sein wird, als ich es euch gelehrt habe. Ihr geht zu schnell vorwärts, und in meinem armen Kopf schwirrt es immer, aber wenn ich eine Kegel aufstelle, müßt ihr mir glauben, daß sie nur euer Bestes will." Falls es überhaupt zu einem Einvernehmen, das die Zufriedenheit des Volkes und die privaten Interessen in Einklang bringt, kommen kann, so ist die Korporation als einer der hierfür hoffnungsvollsten Faktoren zu bewerten. Sie ist selber ein Kompromiß zwischen zwei Instinkten, die ewig in der menschlichen Natur leben — der Wunsch nach Gewinn und der Wunsch nach Sicherheit. Die Korporation ist das Instrument, mit dem sich der Sozialisierungprozeß, der unterwegs ist, am zweckentsprechendsten herausarbeiten wird. Sie ist ein regulierbares Gefährt, das sich aus einer Gruppenaktivität zusammensetzt, die der politischen Kontrolle unterworfen ist. Trotzdem sie nicht greifbar, also unpersönlich ist und nur in Gesetzen existiert, besitzt sie übermenschliche Lebenskraft. Sie trotzt dem Tod, den Unglücksfällen und den vielen Krankheiten, denen die schwachen Menschen ausgesetzt sind. Wenn sie gut geleitet werden und mit dem Staate nicht in Konflikt kommen, so können die Korporationen ewig leben. Sie nehmen in dieser Weise bis zu einem gewissen Grade Anteil an der statischen Existenz ihrer Mutter und sind trotzdem viel elastischer. Sie können endgültig Beschlossenes schnell und billig entstehen lassen. Schließlich kann man sich auf sie viel mehr als auf eine einzelne Person verlassen. Sie sind nicht persönlich beeinflußbar, haben keine Gefühle und werden durch keine Vorteile behindert. Ihr Nervensystem reagiert nur auf Gewinn und Verlust. Trotzdem sind sie nicht taub gegen die öffentliche
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Meinung und gerade aus diesem Grunde durch die Gesetze leichter kontrollierbar. Denn es ist j a das Volk, von dem sie die Butter f ü r ihr Brot erhalten. Trotz aller ihrer Fehler ist die Korporation das beste Mittel f ü r die menschliche Zusammenarbeit, das bisher von Menschen erfunden wurde. I n ihr sind die Ersparnisse und Erbschaften von Tausenden nutzbar verwertet, und die Energien u n d Talente einer großen Zahl von Einzelpersonen sind gesiebt und vernunftgemäß verteilt, um die verschiedensten Güter zu erzeugen u n d sie über große Entfernungen hin' zu verteilen. Die Wissenschaft untersucht jede Phase des Geschäfts, und das Genie ersteigt die Leiter des Erfolges und Fortschrittes in Rekordzeiten. Aber wenn die Korporation auch den einzelnen zur gemeinsamen Arbeit f ü r wirtschaftliche Zwecke einspannt, so sind doch viele, der industriellen Tätigkeiten, die diesem Zweck dienen, dazu angetan, die soziale Struktur sehr stark zu belasten und dem menschlichen Geist den Spielraum zu nehmen. Sind diese antisozialen Nebenprodukte unausbleiblich ? Wäre es nicht möglich, ihrer Herr zu werden oder wenigstens zu einem Teil, indem m a n die Evolution der Körperschaft so leitet, daß sie nicht nur dem direkten Gewinn nachstrebt, sondern sich mit den indirekten, auf lange Sicht geschriebenen Gewinnen begnügt, die sich aus Stabilität, zufriedener Arbeiterschaft und öffentlicher Hochachtung ergeben ? Die Korporation h a t ihr Gesicht seit dem J a h r e 1811, wo der Staat New York das erste allgemeine Korporationsgesetz verabschiedete, sehr verändert. Und nach hundert J a h r e n wird es sicher wiederum sehr verändert sein. Die Frage ist nicht, s o l l die Korporation eine Evolution durchmachen, sondern, w i e soll sie sie durchmachen ? Es ist unsere Pflicht, darauf zu achten, daß die Evolution jene Richtung einschlägt, in der sie ihre Schwachheiten ausmerzen kann, u n d nicht jene, wo sie ihre wirtschaftlichen Fähigkeiten noch vergrößert; denn diese werden sich durch das Mittel der Konkurrenz von selbst weiter entwickeln. Wenn wir diesen kooperativen Stern erster Größe einmal genau betrachten, so finden wir, daß die einzelnen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft sich auf verschiedenen Ebenen bewegen u n d andersgeartete Amtszeit haben. Der gewöhnliche Arbeiter besitzt keine Autorität und keine Sicherheit. Er kann ohne Kündigung
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entlassen werden. Dagegen h a t der Leiter des Unternehmens Autorität über alle Leute im Betrieb, und seine Amtszeit ist nur von -der Ausschüttung zufriedenstellender Dividende abhängig. Der Leiter und seine nächsten Untergebenen wissen, daß ihre Stellung ziemlich sicher ist, wenn sie genügend Dividenden verteilen können. Die Arbeiter wissen, daß ihre Stellungen sehr unsicher sind. Sie können sie aus diesen oder jenen Gründen verlieren — aus einem Vorurteil des Meisters heraus, infolge des Zurückziehens von Verträgen, durch das Auftauchen einer Geschäftsdepression. Ein erstklassiger Arbeiter h a t vielleicht das Unglück, bei einem Arbeitgeber Stellung zu nehmen, der sich gegen die Konkurenz nicht behaupten kann. Auf diese Weise verläßt die Sorge um die Zukunft den Industriearbeiter sein ganzes Leben nicht. Sie zu bekämpfen, ist eine der Hauptbestrebungen seines Lebens und erklärt seine Mitgliedschaft in den Gewerkschaften, sein Sparkassenbuch, sein Haushaltsbudget und seine Politik im Betrieb. Die zunehmende Zahl der Selbstmorde ist ein Zeichen der großen Angst um die Zukunft, die viele Arbeiter und Arbeiterinnen beseelt. Das Leben ist unsicher und Unsicherheit erzeugt Anstrengungen. Ein gewisser Grad von Unsicherheit ist notwendig, um die Fähigkeiten aufzuwecken. Ich weiß das alles und unterschätze es auch nicht. Trotzdem besteht zwischen der Sicherheit in der Stellung des Leiters und der des Arbeiters heute noch ein zu großer Unterschied. Eine Untersuchung dieser Sachlage zwingt einen, auf einem sehr schmalen P f a d zu schreiten, der auf einer Seite von der ethischen Höhe und auf der anderen von dem wirtschaftlichen Abgrund begrenzt wird. Jeder Versuch, die Höhe zu erklettern, ist mit der Gefahr verbunden, in den Abgrund zu stürzen, da die Gesetze der Wirtschaft ebenso unerbittlich sind wie die Gesetze der Schwerkraft. Der Abgrund ist mit den Trümmern zerschmetterter Firmen besät, die einmal groß waren und zu furchtlos draufgingen. Darum muß jeder, der hier vorwärts will, vorsichtig sein; er wird trotzdem nie die Sicherheit besitzen, daß er den richtigen Weg geht. Als Anfangspunkt dieser Untersuchung könnte man feststellen, daß die Stellung eines geschickten oder auch sonst zufriedenstellenden Arbeiters oder Angestellten ebenso sicher wie die des Leiters sein sollte. Hieraus ergibt sich, daß die Ungeschickteren und aus irgendwelchen Gründen Ungeeigneteren
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von dieser Sicherstellung ausgeschlossen sind.- Ein solcher Mann muß also immer bezüglich seiner Stellung im Ungewissen bleiben. Aber unglücklicherweise tauchen wirtschaftliche Depressionen auf, in denen selbst die bestgeleiteten Betriebe ihr Personal vermindern müssen, wenn sie lebensfähig bleiben wollen. Und so werden sich unsere ersten Bemühungen im Interesse sicherer Anstellungsverhältnisse in der Industrie mit diesen höheren menschlichen Werten befassen müssen. Die unerbittliche Wiederkehr der Depressionen hat in den Staatsmännern den Glauben wachgerufen, daß eine Rettung nur durch staatliche Kontrolle der Kredite möglich ist. Theoretisch kann der Staat durch das Medium der Banken einer zu großen Expansion in guten Zeiten durch Verweigerung von Krediten Einhalt gebieten, ehe sie den Cefahrpunkt erreicht hat; und in schlechten Zeiten kann er durch Gewährung von Krediten die Arbeitsverhältnisse verbessern, ehe der Höhepunkt des wirtschaftlichen Kräfteverfalls eingetreten ist. Nach der schönen Theorie, daß das, was in die Höhe geht, auch wieder herunterkommen muß, wird behauptet, ein Unternehmen kann niemals weiter unter das normale Niveau gedrückt werden, als es vordem über das normale getrieben wurde. Folglich, wenn die Begeisterung der Unternehmer über die Kredite durch die Staatsbremse etwas gedämpft wird., kann das Hinabgleiten an einem Punkt, aufgehalten werden, von dem aus es dem Geschäft nicht allzu schwer fallen dürfte, mit einiger Unterstützung wieder hochzukommen. Theoretisch und vielleicht auch praktisch kann deshalb der zurückhaltende Einfluß der Federal Reserve Bank von sozialem Wert werden. Wenn sie vernünftig und gerecht angewandt wird — hierfür gibt es aber nie vollkommene Sicherheit — könnte eine zentralisierte Kontrolle der Kredite die Stellung des Personals viel sicherer gestalten und Verhältnisse, bei denen selbst eine fähige Leitung ihr Personal abbauen müßte, vermeiden oder vermindern. Aber vollkommene Sicherheit innerhalb der Anstellungsverhältnisse, wie in jeder anderen Phase des Betriebes, kann nur mit den) Preis der Stagnation gekauft werden. Die Erreichung eines wirtschaftlichen Gleichgewichtes ist ein Ding der Unmöglichkeit, solange sich nicht alle dynamischen Kräfte der menschlichen Gesellschaft unter Kontrolle befinden. Der Handel ist aus den
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menschlichen Instinkten geboren und lebt von ihren verschiedenen Äußerungen. Politiker, Diplomaten und Generale, alle h a t t e n ihre Finger in dem Geschäftstopf, der 1919 überkochte und 1921 nicht kochen wollte. Die Instinkte, die unser Volk dazu führen, Waren zu produzieren u n d zu verbrauchen, Pläne zu schmieden u n d herrschen zu wollen, die uns zum Sparen anhalten u n d uns f ü r unsere Sicherheit besorgt sein lassen, werden uns auch allen Versuchen einer Normalisierung widerstehen lassen. Solange der Mensch noch etwas treibt, wird m a n es jemals verhindern können, daß er manchmal etwas übertreibt ? Selbst wenn es uns gelingen würde, einen vollkommen gleichbeibenden Markt zu schaffen, so müßten wir uns trotzdem, da Amerika eine exportierende Nation ist, in allen jenen Orten, wo wir den Geldmarkt nicht beherrschen, nach den Schwankungen der überseeischen Märkte richten. Und umgekehrt können sich die Bürger eines Staates, der das Geschäft durch eine Kreditkontrolle zu sehr einschränkt, nicht lange auf den offenen Märkten gegen Angehörige von Nationen halten, deren Geschäftspraktiken elastischer sind. Wenn der Staat also auch die .Unsicherheit in den Beschäftigungsverhältnissen vermindern könnte, so wäre das doch nur zu einem Preis möglich, der zu hoch f ü r das amerikanische Volk ist. Wir müssen andere Wege suchen, um Arbeitssicherheit mit industrieller Tüchtigkeit zu vereinigen. Während der letzten amerikanischen Depressionsperiode sind einige Konzerne von der gewöhnlichen Handhabung bei Entlassungen auf interessante Art und Weise abgewichen. Es wurden besondere Abteilungen, richtige Gerichte, eingesetzt, um Entlassungen vorzunehmen. A n s t a t t in den Fällen, wo ein Abbau notwendig war, einfach den Meister über die einzelnen Entlassungen entscheiden zu lassen, wurden besondere Beamte mit der genügenden- Autorität ausgerüstet, u m jeden Fall nicht nur von der wirtschaftlichen sondern auch der sozialen Perspektive zu beurteilen. Ein unverheirateter Mann wurde vor einem verheirateten abgebaut; ein Unverheirateter, der eine Familie unterstützen mußte, wurde wiederum einem Unverheirateten, der nur f ü r sich selber zu sorgen hatte, vorgezogen. Betriebe, die m a n vielleicht wirtschaftlicher den ganzen Tag mit vermindertem Personal h ä t t e arbeiten lassen können, wurden mit vollem Personal kurzschichtig betrieben, so daß zwar dem einzelnen weniger
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Lohn bezahlt wurde, aber mehr Arbeiter von dem Lohn profitierten. Die Leiter und die technischen Beamten mußten sich eine Gehaltsverminderung im gleichen Verhältnis wie die Arbeiter gefallen lassen, ohne daß auf ihre höhere wirtschaftliche Bedeutung Rücksicht genommen wurde. Diese Beispiele zeigen, wie im Fall der Not sowohl ethische wie wirtschaftliche Gesichtspunkte in Betracht gezogen werden können, wie die Verluste gleichmäßig verteilt und die Unsicherheit vermindert werden kann. Natürlich haben diese Neuerungen ihre wirtschaftlichen Grenzen. Sie eignen sich nur für besondere Verhältnisse und können nicht über kleine Zeitabschnitte hinausgehen. Zwei Allheilmittel gegen die Arbeitslosigkeit, die mit großem Tam-tam propagiert werden, sind Staatsversicherung und öffentliche Arbeit. Für jene Länder, die vollkommen industrialisiert sind, gibt es vielleicht keine andere Möglichkeit als eine solche staatliche Versicherung, aber selbst in diesen Staaten werden derartige Programme schwere Belastungen mit sich bringen. Während der guten Jahre müssen Gelder aus den Steuererträgen zurückgelegt werden, um für die mageren Jahre vorhanden zu sein, wodurch ein großer „eingefrorener Kredit" geschaffen wird, mit dem im Notfall Gegenstände für den Lebensunterhalt der Arbeitslosen und ihrer Angehörigen, wie Essen, Brennmaterialien, Kleidung und Wohnung gekauft werden können. Diese „Arbeitslosen" bilden nur einen Teil der Nation, und doch werden die für sie bestimmten Zuschüsse als Steuern von den Einkünften der ganzen Nation abgezogen. Sodann wird zur Zeit einer Wirtschaftskrise der größte Teil der Arbeitslosen aus den schlechtesten Arbeitern und wertlosesten Bürgern bestehen — aus den verhältnismäßig unfähigsten, unverantwortlichsten und verschwenderischsten. Natürlich werden sich auch andere darunter befinden, aber jene Kategorie wird vorherrschen. Viele von diesen werden lieber ihr Leben auf der staatlichen Unterstützungsbasis weiterfristen als sich Arbeit suchen. Wenn man aber den Ansporn für den einzelnen, Arbeit zu suchen, vermindert, so bedeutet das einen Schlag für die Volkswirtschaft; denn jeder Tag, an dem ein arbeitsfähiger Produzent ohne Arbeit ist, bedeutet nicht nur einen Verlust für ihn selber, sondern auch für die Gemeinde und den Staat. Sowie die wirtschaftliche Erholung eintritt, müssen diese Arbeitskräfte, unter Berücksichtigung ihrer zweck-
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entsprechendsten Verwendung, von neuem auf die Betriebe und auf die Industrien verteilt werden. Solange eine Person gewiß ist, an Ort und Stelle ihre Unterstützung solange zu bekommen, bis sie ihre alte Stellung wieder einnehmen kann, wird diese Neuverteilung nur langsam vor sich gehen. Der Staat kann sich nur gegen die wirtschaftlichen Nachteile der staatlichen. Versicherung schützen, wenn er die Bezahlung der Unterstützung von arbeitlichen Gegendiensten abhängig macht — wenn er bestimmen kann, wo und wann die unterstützte Person eine ihr vorgeschriebene Arbeit aufzunehmen hat. Ein solches Vorgehen ist in Amerika aber unmöglich. Wenn das industrielle Wachsen unseres Landes in demselben Tempo wie bisher weiter geht, wird der Staat eines Tages vielleicht gezwungen sein, die Last der Arbeitslosenversicherung ohne irgendwelche Bedingungen auf sich zu nehmen — das ist eine Gefahr, die mit der Demokratie verbunden ist. Wenn aber nicht alle Anzeichen trügen, so wird eine allmähliche Stabilisierung der Industrie stattfinden, und zwar innerhalb oder unterhalb ihrer jetzigen Grenzen, so daß eine solche Notwendigkeit vielleicht niemals spruchreif werden wird. Der zweite Ausweg, öffentliche Arbeiten vorzunehmen, sobald die Arbeit in der Privatindustrie knapp wird, sieht für den Analytiker schon besser aus. Allerdings ist hier eine sorgfältige Vorarbeit notwendig, um später ein Maximum an Wirksamkeit herbeizuführen. Es müssen Pläne aller aufschiebbaren Arbeiten ausgearbeitet und Rumpforganisationen ins Leben gerufen und erhalten werden, die mit Hilfe von ungelernten Arbeitern, die aus ihren ständigen Berufen herausgedrängt wurden, schnell zu betriebsfähigen erweitert werden können. Die Bezahlung muß genügend weit unter der industriellen liegen, um die Arbeiter anzuhalten, möglichst bald in die Industrie zurückzukehren. Unter diesen Bedingungen wird natürlich die Moral immer eine niedrige, und diese Organisationen werden ziemlich unsicher aufgebaut sein. Das Volk würde für diese Arbeiten wahrscheinlich ebensoviel zahlen, müssen wie in einer guten Geschäftslage, wo hohe Gehälter üblich sind. Diese Maßnahmen würden daher nur vorbeugende sein und kaum eine wirtschaftliche Bedeutung haben. Und falls man sich zu sehr auf sie verläßt, wird eine Enttäuschung nur zu leicht eintreten können. Im Grunde genommen ist die Unsicherheit der Arbeitslage in
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d e r Industrie kein Arbeiterproblem, weil der Unternehmer unter den heutigen Verhältnissen gar nicht in der Lage ist, sie irgendwie zu beeinflussen. Da sie nicht in den Machtbefugnissen des Arbeitgebers liegt, so ist sie ein soziales Problem, dessen Wurzeln sich weit in das feudale Zeitalter erstrecken.- Unsicherheit ist bekanntlich die Kehrseite der Freiheit. Bei einem freien Mann 'erstreckt sich die Freiheit nicht nur auf die guten, sondern auch auf die schlechten Tage. Ein Leibeigener wird dagegen gerade durch seine Unfreiheit in den Tagen der Not vor den Schrecken der Arbeitslosigkeit geschützt, wenn sie ihn auch in den Tagen des Wohlstandes erniedrigt. Jeder Faktor, der dazu beigetragen h a t , die Abhängigkeit der Menschen in Unabhängigkeit und die Unabhängigkeit i n gegenseitige Abhängigkeit zu verwandeln, trägt einen Teil der Schuld f ü r die Unsicherheit der heutigen Beschäftigungsverhältnisse i n der Industrie. Aus diesem Grunde ist eine Neuorientierung der Industrie notwendig, in der alle diese Faktoren eingeschlossen -werden müssen. Es wird heute f ü r den Einzelstehenden immer schwerer, wirtschaftlich unabhängig zu leben. Um nützlich zu sein, muß der Mensch sich entweder unmittelbar oder mittelbar mit anderen zur Arbeit verbinden. Der große industrielle Betrieb, in dem auf diese Weise viele Tausende verbunden sind, ist der Felsen, auf dem gebaut werden kann. Die Grundlagen des Lebensunterhaltes sind Essen, Kleider, Behausung und Brennmaterial. Verliert ein Mann seine Stellung, so ist es seine größte Furcht, daß ihm diese Lebensbedürfnisse fehlen werden. Die Menschen können eine Zeitlang auf die Bequemlichkeiten und den Luxus des Lebens, verzichten, ohne Schaden zu nehmen — mitunter ist eine solche Zeitspanne sogar nützlich. Und sie werden sie sogar mit Freuden entbehren, wenn ihre Begeisterung erweckt ist, wie der Krieg es deutlich gezeigt hat. Der Landwirt h a t seinen Lebensunterhalt. Er k a n n von den Erzeugnissen seines Grund und Bodens leben. E r h a t Holz f ü r die Feuerung. Er h a t keinen Wirt, der ihn Monat f ü r Monat nach Miete drängt. Und wenn er nichts anderes h a t , so k a n n er, wie Isak von Sellanraa, selbstgesponnene Kleider tragen. Hierdurch erklärt sich auch, warum das Land in schlechten Zeiten so viele der aus der Industrie entlassenen Arbeiter aufnehmen k a n n . Die jungen Männer aus den Fabrikstädten, die in ihre alte Heimat
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a u f das Land zurückgedrängt werden, finden dort Hausmannskost und Raum — und zwar beides mehr als genügend —, und wenn -die Natur sie mit Geist ausgestattet hat, auch genügend Zeit, um nachzudenken. Seit der Zeit, in der die Industrie sich in den Städten niederließ und anfing, sich zu spezialisieren und zu automatisieren, haben die unsicheren Arbeitsverhältnisse in ihr immer wieder d a s Aufleben von Plänen einer gemeinwirtschaftlichen Erzeugung hervorgerufen. Idealisten wie Robert Owen versuchten, die Teilhaberschaft zwischen Industrie und Landwirtschaft neu zu knüpfen, indem sie die Werkzeuge der Industrie mit auf das Land zurückbrachten. Meistenteils sind diese Versuche erfolglos geblieben. Einige erreichte ihr Schicksal sehr bald, weil die Beteiligten sich über die Verteilung der Macht und der Gewinne nicht einig werden konnten. Andere lösten sich langsam auf und versanken in die Vergessenheit, ohne daß ihnen eine Träne nachgeweint wurde. Sie konnten im Gleichsein keine Lebenskraft aufbringen. Wenn die Lebensfunken der menschlichen Rivalität die Oberhand bekamen, wurde die Kommune zerstört, wenn die Gleichmachung das Feld behauptete, verwelkte sie, weil die Keime des Anpassungsvermögens zusammen mit denen der Rebellion aus ihr entfernt worden waren. Die Schuld an diesem Auseinandergehen oder Hinwelken war die chronische Unfähigkeit, Löhne und Verantwortlichkeit in Übereinstimmung mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Erzeuger zu verteilen. War die Kommune demokratisch, so war jeder zu gleichen Teilen an der Erzeugung und der Verantwortlichkeit beteiligt. Aber niemand, außer einigen Dummköpfen, wurde auf diese Weise vollkommen befriedigt und die Intelligenteren zankten sich untereinander so lange, bis der Plan aufgegeben wurde. Wenn die Kommune patriachalisch war, so war sie zu hölzern, um gegen die dynamischen Kräfte, die sich in ihren nachbarlichen Konkurrenten betätigten, aufzukommen — mit freien Männern zu konkurrieren, die in der Leitung, in der Arbeit, und in dem Verkauf der Erzeugnisse zusammenarbeiteten. Die' Schwachheit der Kommune liegt in ihrer Unfähigkeit, den Wert der Arbeit zu messen und den gerechten Lohn hierfür zu geben. Steht ihr eine Arbeitsgemeinschaft zur Verfügung, die die Fähigkeit und die Mittel hat, Lohn und Arbeit richtig zu WITTE, Der eiserne Mann.
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verteilen, so besteht wirklich kein Grund, warum sie nicht die Industrie und die Landwirtschaft auf einer gesunden Basis wiedervereinigen sollte. Theoretisch könnte eine Korporation mit genügend Landbesitz, um ihren Mitarbeitern den notwendigsten Lebensunterhalt zu gewähren, ihre Organisation zu jeder Zeit intakthalten. Eine kleine Anzahl geübter Landwirte könnte d a n n den Boden kultivieren. Während der Erntezeiten würden ihnen Hilfskräfte aus der Fabrik zur Verfügung stehen. I n den schlechten Zeiten würden dann eben mehr K r ä f t e f ü r die Kultivierung heran* gezogen werden. Die hauptsächlichste Beschäftigungszeit in der Landwirtschaft ist der Sommer mit seinen Saisonarbeiten, und es gibt viele Betriebe, die es durchaus wirtschaftlich finden würden, ihre Haupterzeugungsperiode auf den Winter zu beschränken, so daß die Sommermonate der Landwirtschaft gewidmet werden könnten. Die Veränderung der Arbeit in den zwei Jahreszeiten würde f ü r die Arbeiter an den automatischen Maschinen ein Entrinnen von der Monotonie und einen Schritt vorwärts sowohl in geistiger wie in körperlicher Hinsicht bedeuten. Wenn wir die Bewegung „Zurück-aufs-Land" als ein wesentliches Element betrachten, um eine gewisse Sicherheit in die Arbeitsverhältnisse zu bringen, so ist damit noch nicht gesagt, daß diese Idee zu weit gesponnen zu werden braucht. Für viele Konzerne wäre sie unlogisch. Es darf auch nicht vergessen werden, daß man nur jene Arbeiter gegen die Depression in der Industrie zu schützen braucht, die als überzählig bezeichnet werden können. Sie machen nicht mehr als 2 0 % der Gesamtzahl aus und sind, wenn sie während einer Depression abgebaut werden, nur zeitweilig, solange die Depression währt, beschäftigungslos. Auch in den dunkelsten Tagen werden die fähigen Arbeiter in gutgeleiteten Betrieben noch immer genügend verdienen, u m ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, denn vollkommen wird der Handel niemals darniederliegen. I n gewissen Industriezweigen, besonders in denen, wo das Rohmaterial billig, die Erzeugung einfach und das Erzeugnis von ziemlich stabiler wirtschaftlicher Bedeutung ist, werden während der gewöhnlichen Depressionen nur kleine Verminderungen des Personals vorgenommen, d a es kein Risiko bedeutet, mit niedrigen Löhnen Vorräte aufzustapeln, die bei der sicher wiederkehrenden Nachfrage leicht abgesetzt werden können. Auf der anderen Seite würden Erzeuger, deren
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Waren mehr oder weniger Luxusgegenstände darstellen, die ihrer wirtschaftlichen Bedeutung entsprechend plötzlichen Schwankungen ausgesetzt sind, ein großes Risiko eingehen, wenn sie Vorräte anhäufen wollten. Die Stellen der Arbeiter in diesen Industrien sind verhältnismäßig unsicher. Da aber gerade diese Unternehmer ihr Personal soweit als möglich intakt halten müssen, u m eine plötzlich auftauchende günstige Markttendenz auszunutzen, so kann man logischerweise erwarten, daß die Luxusindustrien zu jenen gehören werden, die auf das Land auswandern, u m dort den Kampf mit einer der größten Schwierigkeiten der modernen Industrie aufzunehmen, mit der Unsicherheit der Beschäftigung. Der Betrieb in der Gestalt einer Korporation, in der es möglich ist, die Gewinne in Übereinstimmung mit der wirtschaftlichen Bedeutung der geleisteten Arbeit zu verteilen, entfernt eine der Scheidewände, welche die Industrie von der Landwirtschaft t r e n n t . Die automatische Maschine entfernt eine zweite, die der bisher erforderlichen Geschicklichkeit. Die modernen Werkzeuge können also wieder auf das Land verpflanzt werden, d. h. unter bestimmten Bedingungen und in gewissen Industriezweigen, ohne daß ihre Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt wird. Sind die Transportverhältnisse gut, die Frachtsätze gerecht und die Landstraßen vorteilhaft angelegt, so wird es möglich sein, viele Waren ebenso billig, wenn nicht noch billiger in einem Dorf, das 100 Kilometer von einer überfüllten Stadt entfernt liegt, zu produzieren, als in dieser selbst. Der Anfang einer industriellen Auswanderung nach kleinen Städten und Dörfern ist schon erkennbar, wenn der Grund hierfür j e t z t auch noch in wirtschaftlichen Ursachen zu suchen ist. Diese Tendenz wird sich wahrscheinlich zunächst nur langsam entwickeln, bis sich genügend Betriebe hinsichtlich der veränderten Existenzmöglichkeit neu orientiert haben, um auf diese Weise die Unsicherheit in den Beschäftigungsverhältnissen der ganzen Industrie zu vermindern. Die hiermit zusammenhängenden Probleme, die die faszinierendsten der ganzen Untersuchung sind, wurden von meinem Freund und Mitarbeiter, F. L l o y d , genau analysiert. E r h a t mir die Früchte seiner Arbeit während einer langen Geschäftspraxis und auch die seiner späteren Untersuchung zur Verfügung gestellt. Jene Korporationen, bei denen die wirtschaftliche Bedeutung T
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ihrer Erzeugnisse starken Schwankungen ausgesetzt ist, werden wohl gezwungen sein, in nächster Zeit das Problem der Beschäftigungsunsicherheit in ihren Betrieben ernst zu nehmen. Man kann sich vorstellen, daß eine mit Landbesitz versehene industrielle Korporation ihr Personal als mitbestimmende Aktienbesitzer und Mitarbeiter anstellt. Die Auslese dieser Leute würde natürlich nicht nur nach körperlichen, sondern auch nach geistigen Fähigkeiten erfolgen; man würde versuchen, ein Bild des ganzen Menschen zu erhalten und nicht nur von seinen Muskeln und seinen Sinnen. Man würde den Arbeiter nicht nur aus dem Grunde anstellen, weil m a n seiner im Augenblick bedarf, sondern weil man ihn fortwährend braucht. Nicht nur seine Arbeitsfähigkeit wird f ü r seine Einstellung von Bedeutung sein, sondern auch noch andere Faktoren, wie seine Verläßlichkeit als Bürger und Kamerad, seine Lebensansichten, sein Einfluß auf seine Mitarbeiter und deren Familien und der Eindruck, den er im allgemeinen macht. Diese Korporation, die eine Arbeitsgemeinschaft sein würde, müßte sich natürlich auch darum bekümmern, wie ihre Mitarbeiter leben, ob sie anständig wohnen und genügend Gelegenheit zur Erholung haben. Eine solche Korporation wäre nichts weiter als eine Kommune, eine sich selber genügende Gruppe von anständigen Menschen. Trotzdem wäre sie in gewissen wesentlichen Punkten grundverschieden von jener Kommune, die in'der Geschichte bisher eine Rolle spielte. Sie würde hochwertige Werkzeuge besitzen, u n d Einkommen und Lebensnorm ihrer Mitarbeiter wären sehr verschieden. Eine noch größere Abweichung von der bisherigen kommunistischen Praxis wäre die Verteilung von Besitzrechten und Löhnen auf der Basis einzelner übertragbarer Anteile. Jeder Mitarbeiter wäre auch Aktienbesitzer und selbst bei seiner Entlassung würden ihm noch die Aktien und deren Dividende für die Zeit seiner Mitarbeit gehören, die er dann verkaufen könnte, wie und an wen er will. Um aber die Gruppe im Falle solcher Aktienübertragungen zu schützen, müßten besondere Klauseln in den Korporationsgesetzen vorgesehen werden. Die augenblickliche juristische Auffassung der Korporation, die .daraus entstanden ist, daß man mit strenger Logik die Aktien als Privatvermögen betrachtete, geht darauf hinaus, die einzelnen Aktienbesitzer als die wirkliche Korporation zu betrachten. Auf der anderen Seite steht die Volksauffassung, die die Korporation in den
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meisten Fällen mit ihrer bedeutendsten Persönlichkeit identifiziert. So ist z. B. die United States Steel in der Person von Judge Gary personifiziert und die Standard Oil in Rockcfeller. Die Arbeiter andererseits sehen die wirkliche Korporation in dein Fenster am Eingang des Betriebes, von dem aus sie angestellt oder entlassen werden. Aber der Mann, der in diesem Büro sitzt, sieht vielleicht die wirkliche Korporation in der Luft über den H ä u p t e r n der verschiedenen Direktoren schweben, die ab und zu zusammenkommen, u m Berichte anzuhören und über die künftige Politik im Betriebe zu entscheiden. Oder, falls die Direktoren lediglich seine Vorschläge ratifizieren, sieht er die Korporation in der Person des Bankiers, der die Aktien vertreibt, und der für sie in der Öffentlichkeit einsteht. Die große Klasse der Korporationen würde ohne den Bankier unmöglich sein. Aber er ist nur ein Mitglied des Aufsichtsrates u n d keine positive Macht, abgesehen von den Fällen, in denen er sich auf den gefährlichen Boden außerhalb seiner Zuständigkeit begibt. Wenn auch diese Ansichten alle im konzentrierten Licht der Gegenwart vielleicht ein wenig altmodisch klingen, so ist doch manchmal das ganz Altmodische das Verständigste zu einer Zeit, wo die Aktien der großen Korporationen allgemein auf den Börsen gehandelt werden, und zwar ebenso freihändig wie der Zucker beim Kolonialwarenhändler, wo die Listen der Aktienbesitzer Tag f ü r Tag Veränderungen aufweisen und nur ein kleiner Bruchteil dieser Aktieninhaber etwas über die Politik und die Vorgänge in ihren Korporationen weiß. Da scheint es tatsächlich ein wenig veraltet, wenn das Gesetz nach der veränderlichen Masse dieser Menschen deutet und sagt „da ist eure Korporation". Wo die gewöhnlichen Aktien die Aktiva des in Frage kommenden Konzerns, ohne von Hypotheken belastet zu sein, darstellen, ist diese Ansicht noch richtig. Tatsache aber ist, daß beinahe alle großen Korporationen ihre Betriebe als Deckung f ü r aufgenommene Gelder verpfändet haben, so daß im Fall einer Auktion der Betrieb selbst vollkommen aufgezehrt würde, um f ü r die Schulden aufzukommen. Dem Aktienbesitzer gehören meistens nur eine kleine Gerechtigkeit in dem Besitztum und ein guter N a m e , aber auch diese können in kurzer Zeit wertlos sein. Dazu k o m m t die H o f f n u n g auf spätere größere Gewinne. Die Erwartungen, die auf die Summe dieser Mehrgewinne gesetzt werden, bestimmen
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den Marktwert der Aktien. Die Behauptung, daß diese Leute, die auf der Schwelle des Abenteuers stehen, diejenigen sind, die die Celdmacht und das Schicksal der Industrien einer Nation und beinahe der Hälfte ihrer Bewohner in der H a n d haben, ist also im weiteren wirtschaftlichen, sozialen und politischen Sinne einfachunwahr. Es ist Tatsache, daß die Korporation eben eine Körperschaft, eine Gesellschaft ist. Nicht nur das Kapital, sondern auch die Arbeit geben einem Unternehmen Leben und Bedeutung. Weder die Aktienbesitzer noch die Direktoren f ü r sich sind die Korporation, aber alle, die Kapital in ihr investiert und f ü r sie arbeiten, bilden zusammen die Korporation. Und diese Ceschäftsgruppen sind so wichtig-für den Staat und das Volk, daß der Zusammenbruch einer großen Korporation eine Kalamität bedeutet. Wie früher das Aussterben einer feudalen Herrschaft, so zieht heute das Verschwinden eines großen Konzerns viele Leute in einen Strudel der Ungewißheit, des Zweifels und oft auch des Verderbens. Heute beschützt der Staat das Volk bis zu einem gewissen Grad vor Schwierigkeiten, die bei lebenswichtigen Korporationen auftreten können. Sie müssen weiterarbeiten, selbst wenn das auch mit Verlust geschieht. Die Post muß auch während eines Streikes funktionieren, und die Vereinigten Staaten nehmen die Hilfe der Gerichte und der Bundestruppen in Anspruch, um eine Stockung der Kohlenförderung zu verhindern; denn Kohle ist eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Es ist aber schwer, eine genaue Linie zwischen Korporationen, die für das Wohl der Nation notwendig und nicht notwendig sind, zu ziehen. I n letzter Zeit h a t die .amerikanische Regierung Arbeiterkrisen im Kohlenbergbau so behandelt, alä gehörte dieser zu den im öffentlichen Interesse arbeitenden Betrieben — was j a auch tatsächlich zutrifft —, obwohl noch vermieden wird, diese Auffassung durch Gesetze zu bescheinigen. Später wird es sich aber nicht mehr vermeiden lassen, auch hier gesetzliche Regelungen zu treffen. Und wenn das Kohlenbergwerk weiterarbeiten m u ß trotz Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeiter und Kapital, warum sollen es nicht auch andere Unternehmungen, die Waren erzeugen oder Dienste leisten, die f ü r das Volk von lebenswichtiger Bedeutung sind? Meiner Meinung nach sollte jedes bedeutende Unternehmen, das große Mengen von Waren erzeugt oder wichtige
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Dienste leistet, von dem Gesetz als lebenswichtiger Betrieb betrachtet werden. Und wenn das der Fall wäre, so würde das ein weiterer Schritt zur Arbeitsgemeinschaft bedeuten, und die Möglichkeit einer ausgedehnteren Kontrolle wäre auch gegeben. Wenn das Vorhergehende schon als ein grober Eingriff in die Rechte des heiligen Privateigentums erscheint, wie wird erst das jetzt Folgende beurteilt werden! Ich erkenne die Tatsache an, daß das Privateigentum ein folgerichtiges Ergebnis der menschlichen Instinkte ist und eine wertvolle Triebkraft für die Zivilisation bedeutet. Ich würde ebensowenig daran denken, mich gegen das Privateigentum wie gegen das Gesetz der Schwerkraft aufzulehnen. Und trotzdem ist das Privateigentum nur ein Ausgleichsmittel zwischen den sich gegenüberstehenden Instinkten. Wenn es möglich ist, durch die Sozialisierung einen ausgesprochenen sozialen Vorteil zu erreichen, so soll man sie ruhig anwenden, aber mit Maß; denn eine Regierung ist ein so unerfahrener und schwacher Betriebsleiter mit so wenig Enthusiasmus, daß es sich nicht lohnen wUrde, ihr Gelegenheit zu geben, in allen Industriezweigen zu herrschen. Ein erfolgreiches Zusammenarbeiten in der Industrie i6t im Grunde genommen davon abhängig, daß es etwas zu verteilen gibt. Eine Korporation, in der alle Mitarbeiter in Übereinstimmung mit ihren Leistungen entschädigt werden, ist ebenso von Disziplin und einem harmonischen Zusammenarbeiten abhängig, wie ein Betrieb, in dem die Mitarbeiter nicht beteiligt sind. Gehirnarbeit muß entschädigt werden, so oder so. Zinsen für das hineingesteckte Kapital müssen bezahlt und es muß ein Reservefonds angelegt werden. Der Arbeiter, der hundert Dolla'r in den Betrieb investiert hat, will ebensosehr, wenn nicht noch dringender, wie der Nur-Anteilzeichner, der Tausende riskiert hat, seine Prozente haben. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Arbeiter etwas mehr zur Schaffung der Dividende beigetragen hat als der Außenstehende. Es ist natürlich schwierig, genau den Anteil an Geist und Muskeln, den jeder einzelne beigesteuert hat, festzulegen, und diese Mitarbeit in gerechter Weise zu entlohnen. Wenige Unternehmer machen auch nur den Versuch, dieses zu tun. Sie kaufen ihr Personal auf dem offenen Markt, wo die Menschen oft durch Not zum Verkaufen ihrer Arbeitskraft gezwungen sind. Es kann also gesagt werden, daß ein Teil des durch Zusammenarbeit erzielten
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Gewinnes nicht richtig zur Verteilung gelangt und daß dieser Teil einen Verlust f ü r das Personal und einen Gewinn f ü r das K a p i t a l bedeutet. Dieser Verlust ist nicht halb so groß wie die Extremisten uns glauben machen wollen, aber er bedeutet doch, daß der Geldwert des verbrauchten Kapitals etwas zu hoch bezahlt wird. Es ist klar, daß dieses Geld den tätigen Mitarbeitern zukommen sollte, wenn sich das ermöglichen ließe, ohne das ganze bestehende Lohnsystem umzuwerfen. Meiner Meinung nach, u n d hierin pflichtet mir mein Freund Lloyd bei, sollten künftige Korporationen das gesetzliche Recht erhalten, über ihre Aktien jederzeit bestimmen zu können, d. h. sie m ü ß t e n in die Lage versetzt werden, jederzeit, wenn Aktien ihres Betriebes nicht v e r f ü g b a r sind, diese von Nichtmitarbeitern zu ihrem wirklichen Wert zu kaufen, um sie dann an Mitarbeiter zu veräußern. Hierdurch würde die Spekulation eingedämmt, die die Arbeiterschaft u n d o f t auch die Leiter so irritiert, weil sie das industrielle Kapital seiner eigentlichen Funktion entkleidet und es als das anerkennt, was es inzwischen wurde, als ein Handelsgegenstand. Den Erzeugern der Waren wäre dann gute Gelegenheit gegeben, ihre Gewinne zu erhöhen, bis zu einem P u n k t , wo ihnen Arbeitsamkeit u n d Sparsamkeit die Kontrolle über den ganzen Aktienbesitz einräumt. Sowie die Kapitalisten eingesehen haben, wie wertvoll es f ü r sie ist, die Arbeiter und Angestellten durch Aktienbesitz fester a n ihr Unternehmen zu binden, wird der Weg geöffnet werden, um diesen Plan in die Wirklichkeit umzusetzen.
VII. Die Stellung des einzelnen und die Gesellschaft. In dem Werk „The Bronze Woman", werden der Frau des Plutokraten die folgenden Worte in den Mund gelegt: „Soziale Unruhe! Wenn die Arbeiterklassen mehr Erholung notwendig haben, warum nehmen sie sich diese Erholung nicht ? " Als ich einmal eine liebenswürdigere, aber in ihrer Existenz ebenso gesicherte Vertreterin dieser glücklichen Klasse zum Mittagessen begleitete, trafen wir eine Reihe von Köchen und Kellnern, die sich gerade im Handgemenge mit der Polizei befanden. „Warum streiten sie sich ? " fragte meine Begleiterin. „Um ihre Stellungen", antwortete ich, „die Köche und Kellner streiken." „Merkwürdig", antwortete sie, „daß sich jemand darum streitet, um an einem Kochherd stehen zu dürfen." Ich habe später versucht, sie eines Besseren zu belehren, aber meine Anstrengungen waren leider erfolglos. Ich glaube aber auch, daß die Stellung für alle von uns etwas Geheimnisvolles hat, ein undurchdringliches Geheimnis vollends aber für alle jenen, die niemals in ihrem Leben finanzielle Unsicherheit gespürt haben, und ein beinahe ebenso großes für die, welche von ihren Stellungen abhängen und jeden Tag ihres Lebens um sie kämpfen müssen. In der Liste jener Dinge, um die der Mensch kämpft, ist die Stellung eines der wichtigsten. Viele Männer, die durch Zwangseinziehung dazu gebracht werden mußten, für ihr Vaterland zu kämpfen, springen sofort mit geballten Fäusten herbei, wenn ihre Stellung in Gefahr ist. Männer, die ihre Arbeit hassen, kämpfen trotzdem für ihre Stellung, selbst wenn sie dabei in Gefahr geraten, körperlich verletzt zu werden oder ins Gefängnis zu wandern. Kein Haß in der menschlichen Brust gleicht dem, der in dem Herzen des gewöhnlichen Mannes gegen einen Streikbrecher auflodert. Es kommt vor, daß ein Mensch seine Stellung verläßt, um zu streiken und zwar aus Gründen, die dem objektiven Zuschauer höchst albern und unsinnig vorkommen mögen. Trotzdem wird
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«r sich wie ein Wahnsinniger gegen den gebärden, der seine Arbeit a n seiner S t a t t zu verrichten gewillt ist. I n seinen ruhigen Augenblicken wird er zwar ohne weiteres d a f ü r stimmen, daß jeder Mann «in Recht auf Arbeit hat, aber er gesteht niemals j e m a n d anderem das Recht zil, in einer Stellung zu arbeiten, die er als seine eigene betrachtet, weil er sie noch vor kurzem innegehabt h a t und bereit ist, sie unter gewissen Bedingungen wieder anzutreten. Jeder, der von einer Stellung abhängig ist, fühlt in ihr das Interesse, das sonst nur das Besitzrecht verleiht. Er spricht v o n „meiner Stellung", obwohl er vielleicht innerhalb einer Stunde aus ihr herausgeworfen werden kann. Kein gewöhnlicher Sterblicher zweifelt nur einen Augenblick daran, daß er Anrecht auf die Mittel hat, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, darum wird der bezahlte Angestellte immer behaupten, ein Besitzrecht auf seine Stellung zu haben. I n der industriellen Zivilisation ist die Stellung das Wesentliche für den gewöhnlichen Menschen. Er reagiert auf einen Angriff gegen sie mit derselben Schnelligkeit, wie er gegen einen Angriff auf sein Leben, sein Heim und seine Frau reagieren würde. Seine Stellung ist j a auch wirklich die erste Verteidigungslinie seines Heims. Sowie ihm die Stellung genommen wird, befindet sich sein Heim in großer Gefahr, und falls er nicht eine neue findet, ehe seine Ersparnisse aufgebraucht sind, ist sein Heim ruiniert. Weiter, wenn er die Stellung nicht auf einer gewissen Höhe halten kann, ist es in gleicher Weise unmöglich f ü r ihn, «ein Heim und sich selber auf einer gewissen Höhe zu erhalten. Die Stellung ist das Maß seiner sozialen Brauchbarkeit, und auch die Stellung, die er unter seinen Mitbürgern einnimmt, wird durch die Arbeitsstellung bedingt. Aus diesem Grund ist die anscheinende Anomalie, daß ein Mann f ü r die kleine Ecke in der großen Arbeitswelt k ä m p f t , die er eben verlassen hat, in Wirklichkeit nichts Ungewöhnliches. J e m a n d , der streikt, verläßt seine Stellung nicht aus freiem Willen, sondern weil er von der Überzeugung durchdrungen ist, daß 6eine Stellung verbessert werden muß. Nach «einer Meinung gehört diese Stellung zwar immer noch ihm. Sie kann aber unter den obwaltenden Umständen nicht gehalten werden, außer als letzter Notbehelf. Wenn er streikt, erwartet «r, daß er wieder zu ihr zurückkehren kann. Carleton Parker stellt sich vollkommen auf den S t a n d p u n k t der Arbeiter. „Die Stellung", sagt er, „ist das Besitztum des
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Arbeiters; denn er besitzt nichts anderes." Das ist eine sophistische Auslegung. Besitztum ist nur auf der Basis des Besitzens möglich und nicht auf der eines Mangels an Besitztümern. Der arbeitslose Arbeiter besitzt etwas anderes: seine Zeit, seine Arme und Beine, seine Muskeln, Nerven, seine Willenskräfte, die er alle auf den Markt bringen und verkaufen kann, um sich hierdurch eine andere Stellung, wie sie ihm der Markt gerade bietet, aufzubauen. Im Gegenteil, der Besitz ist etwas Greifbares und Ubertragbares. Zwei Männer können ihr Besitztum ohne Hilfe «ines dritten miteinander austauschen, nicht aber ihre Stellungen. Die Stellung ist nicht ein Besitz, sondern ein persönliches Verhältnis, das wie so viele andere sich immer mehr zu einem sozialen Verhältnis entwickelt. In den Zeiten der Depression verschwinden Tausende von Stellungen. Der Unternehmer muß neue Schützengräben aufverfen, wenn er sich nicht der Gefahr des Zusammenbruchs aussetzen will. Die so abgebauten Männer haben ihre Stellungen nicht mehr, und auch der Unternehmer besitzt sie nicht und kann auch nicht hoffen, sie neu zu schaffen, es sei denn, fr kann den Markt veranlassen, ihm seine aufgehäuften Lager abzunehmen. Es würde ihm sicher viel lieber sein, wenn sein Werk Tollbeschäftigt arbeiten könnte; denn jeder nicht vollbeschäftigte Tag, an dem viele Ausgaben unbekümmert weiterlaufen, kommt ihm oder der Korporation teuer zu stehen. E r besitzt indes keine Möglichkeit, von sich aus die Lage zu ändern. Die Stellung wartet deshalb auf den Markt, um wieder ins Leben gerufen zu werden, und der Markt ist nichts weiter als die Gesamtheit der Menschen und die Einrichtungen der Handelsvelt. Die Stellung ist daher von den Verbrauchern abhängig, und venn sie überhaupt jemand gehört, so nur der menschlichen Gesellschaft. Und damit wird mit anderen Worten das schon Vorkingesagte wiederholt, daß Stellungen kein Besitztum sind, da bekanntlich der Gesellschaft nichts gebort. Das Recht auf Arbeit bedeutet für Willi Schulz etwas und etwas ganz anderes für seinen Nachbarn. Sowohl das Kapital wie die Arbeiter übersetzen dieses Recht in ihrem Sinne. Die Sprecher von beiden Parteien reden mitunter viel Unsinn; denn auf beiden Seiten gibt es Schwindler und Dummköpfe. Aber in einigen Punkten liegt der Fall vollkommen klar. Es gibt keinerlei Rechte,
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die lange in dem Besitz von irgend j e m a n d bleiben können, wenn die mit ihnen verbundenen Pflichten abgeleugnet werden. W e n n die Arbeiter auf dem Recht bestehen, die Arbeit niederlegen zu dürfen, dann dürfen sie logischerweise nicht darauf bestehen, ein Recht auf Arbeit zu haben. Die Arbeiter sollen meiner Meinung nach an ihrem Streikrecht festhalten, da f s ihnen schon viele Vorteile gebracht h a t , aber wenn sie dieses t u n , d a n n dürfen sie nicht mehr darauf bestehen, daß Arbeit, die gegen Bezahlung u n d mit Arbeitswerkzeugen, die ihnen nicht gehören, ausgeführt wird, ein Recht ist; Arbeit auf Grund solcher Bedingungen ist nicht ein Recht, sondern ein soziales Privileg, das eines Tages allerdings vielleicht ein Recht sein wird. Die Tendenz geht wenigstens nach dieser Richtung hin, aber ehe das Ziel erreicht ist, werden die Menschen viele andere Rechte, die sie heute noch sehr schätzen, aufgeben müssen, und manche Beschränkungen, die sie heute als unerträglich betrachten würden, als Pflichten ansehen. Sowohl der Streik wie die Aussperrung sind Waffen, die immer in Anwendung gebracht werden, wenn es zum K a m p f zwischen* Arbeitgeber und Arbeitern kommt. Man k a n n nicht eine dieser Maßnahmen als unmoralisch ablehnen, wenn man die andere als berechtigt ansieht. Dann darf auch nicht vergessen werden, d a ß sowohl die eine wie die andere erst als letztes Mittel angewendet wird, nachdem alle anderen Einigungsversuche und Verhandlungen gescheitert sind. Weder der Streik noch die Aussperrung werden als W a f f e benutzt, wenn derjenige, der sie anwendet, nicht fest davon überzeugt ist, daß er mit ihr gewinnen wird. Bis heute sind noch keine Arbeiter nur um eines Grundsatzes willen in den Streik getreten. Wir leben zwar in einer etwas roh gezimmerten Welt, aber bis jetzt kämpfen ihre Einwohner immer noch f ü r greifbare Dinge und nicht aus Sensationslust. Eine Evolution mit dem Ziel einer Sicherstellung der industriellen Arbeit wird immer eine gewisse Freiheitsbeschränkung der in der Industrie arbeitenden Menschen im Gefolge h a b e n . Jede Generation m u ß neu darüber entscheiden, ob ihr mehr an der einen oder anderen liegt; denn beide können gleichzeitig nicht aufrechterhalten werden. Die augenblickliche Tendenz geht mehr nach Sicherheit und ist weniger auf Freiheit gerichtet. Zu einer Zeit, in der es dem einzelnen schwer fällt, unabhängig von anderen
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z u produzieren, und auf diese Weise viele gezwungen sind, mit Materialien und Werkzeugen zu arbeiten, die einer Korporation gehören, die wiederum in den Händen vieler zerstreuter Aktienbesitzer liegt, h a t es keinen Zweck, sich an Rechte zu klammern, die einmal unter anderen Bedingungen wertvoll waren. Um den Fall einmal konkret darzustellen: der Arbeiter, -der sich früher aus der Fabrik auf das Land retten konnte, sobald •er wollte, befand sich in einer ganz anderen Lage als sein Nachkomme, der fast das ganze Land in den Händen privater Besitzer f i n d e t , die einen Preis hierfür verlangen, der über den kapitalisierten Wert des Ertrages hinausgeht. Die ersten Erzeuger besaßen absolute Freiheit, sie konnten kommen und gehen, wie es ihnen einfiel. Die Freiheit ihrer Nachkommen ist nur eine relative. Sie können nur gehen, wenn günstige Umstände vorliegen. Die ersteren hätten sich vielleicht gegen eine staatliche Einmischung aufgelehnt, die jetzt begrüßt wird, weil sie die Sicherheit der Beschäftigung erhöht. Ebenso wie ein Unternehmer sein Recht verteidigen wird, wenn gute Absatzgebiete vorhanden sind, wird er vielleicht i n Zeiten geringen Verbrauchs eine zwangsweise Beschränkung begrüßen. Die staatliche Kontrolle der Kredite, die im Grund genommen einer Kontrolle der Wirtschaft gleichkommt, wurde von der Geschäftswelt nicht schlecht aufgenommen. Die Maschine h a t die Unsicherheit der Beschäftigungsverhältnisse für den gewöhnlichen Mann vermehrt, indem sie die Anzahl der geeigneten Bewerber f ü r die offenen Stellungen steigerte. Da das Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Individualität zerstört worden ist und da als Ergebnis ein Kampf um die persönlichen Freiheiten im Geschäftsleben nicht mehr lohnend erscheint, m u ß m a n nach einem neuen Ausgleichsmittel Umschau halten. In früheren Zeiten, wo die persönliche Geschicklichkeit ein Hajiptfaktor im Wettbewerb um eine Stellung in der Industrie war, hatte der tüchtige Handarbeiter eine ziemlich gesicherte Stellung, und die Leitung sah es ungern, wenn er seine Stellung oder die Stadt verließ. Man beachte den Gegensatz zu heute. Heute befindet sich jeder, der gewöhnliche Arbeit in einem stark automatisierten Betrieb verrichtet, im Wettbewerb mit jedem arbeitslosen Mann auf einem großen Arbeitsmarkt — und falls die fragliche Stelle nicht sehr schwere körperliche Arbeit verlangt, auch mit jeder
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Frau. Die Geschicklichkeitsbarriere ist so vollständig von dem Eisernen Mann niedergestampft worden, daß jeder mit gewöhnlicher Intelligenz und K r a f t Ausgerüstete nach kurzer Anlernung den Posten eines Maschinenbedieners ausfüllen k a n n . Der kleine Mann hat nicht mehr einen so festen H a l t auf die Stellung wie früher. Wenn sie ihm nicht paßt, k a n n er ruhig gehen, es gibt so viele andere, die sie in kurzer Zeit ebensogut wie er ausfüllen können. Und wenn m a n gezwungen ist, ihn abzubauen, so braucht m a n sich gar keine Sorge zu machen, um ihn f ü r bessere Zeiten in Bereitschaft zu halten. Heraus mit i h m ! 'Es ist dem Betrieb ganz gleichgültig, was aus ihm wird. Der Betreffende oder der Staat oder die Gemeinde können sich hierüber den Kopf zerbrechen, wenn sie wollen. Ich will natürlich damit nicht sagen, d a ß alle Arbeitgeber oder die meisten so rücksichtslos handeln, einige von ihnen haben sich sogar dem Zusammenbruch ausgesetzt, weil sie ihren menschlichen u n d gänzlich unwirtschaftlichen Gefühlen frönten. Aber so sieht die Macht tatsächlich aus, die die automatische Maschine dem Arbeitgeber in die H a n d gegeben hat, eine Macht, die die am wenigsten mit Ethik Belasteten o t n e weiteres anwenden werden, eine Macht, die anzuwenden die Konkurrenz auch den ethisch Veranlagten zwingen kann, wenn er seinen Betrieb vor dem Zusammenbruch retten will. Der wachsende Einfluß der automatischen Maschine fördert die Beschäftigungsunsicherheit in der Industrie noch in anderer Weise: sie beschleunigt die Übersättigung des Marktes, wodurch die Stellungen dann wie durch Zauber plötzlich verschwinden und nur langsam wieder geschaffen werden können. Vom Standpunkt der Volkswirtschaft bedeutet die eintägige Arbeitslosigkeit eines fähigen und arbeitsamen Menschen eine Kalamität. Multipliziert mit Millionen entsteht eine Lage, die eine Gefahr f ü r den Staat bedeutet. Eine Zeitlang wurden die Arbeitslosen in England zur Auswanderung angehalten. J e t z t zahlt der englische Staat Arbeitslosenunterstützung. Niemand wagt anzudeuten, daß die Arbeitslosen verhungern sollen. E s gibt vielleicht einige Reaktionäre, die sich dieses denken, die es aber nicht auszusprechen wagen. I n diesem Dilemma, wo der Staat zwischen den Drohungen mit Insolvenzen und Revolutionen hinund hergezerrt wird, m u ß er Arbeit finden — eine Aufgabe, f ü r die
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die N a t u r des Staates nicht geeignet ist, u n d dfer Amerika, weil günstiger gestellt, ausweichen kann. Wir würden natürlich in. gleicher Lage auch nicht anders handeln, aber wenn wir beizeiten, etwas nachdenken, werden wir dieser letzten Zuflucht jedenfallssolange ausweichen können, bis unsere Bevölkerung mehr angewachsen ist. Die Cleichmachung aller Löhne und Gehälter schreitet f o r t . Die hierbei noch zu berücksichtigenden Einkommen aus Mieten, und Zinsen werden durch hohe Steuern auch hier Kapitalanhäufungen von selbst verbieten. I n dem Maße, in dem die Löhne nicht absolut aber relativ gleichgemacht werden, werden auch die Einkommen sich relativ gleichstellen. Hierdurch wird naturgemäß die K r a f t der Gesellschaft, Kapital anzuhäufen, geschwächt werden, was als ein ernstes Opfer anzusehen ist. Aber schließlich m u ß auch irgend ein Opfer offentlichtlich gebracht werden, um den Zustand herbeizuführen, daß der Verbraucher ungefähr soviel verbraucht wie. er erzeugt. Wenn Produktion und Konsum genau gleich wären, gäbe es weder Überproduktion noch Mindererzeugung. Aber selbst in einer beständigeren Welt als unserer heutigen würde das Kapital in der Benutzung aufgebraucht und müßte erneuert werden, um Arbeit zu schaffen. Die angedeuteten Veränderungen brauchen zur Verwirklichung aber Zeit, vielleicht mehr Zeit, als die Leidenschaften der Nachkriegszeit vertragen können. I n der Zwischenzeit werden die Vorteile des Streiks und der Aussperrung weiterhin ausgenutzt werden, und die Regierung wird auch weiterhin ihre plumpen Finger im Feuer wilder Klassenkämpfe verbrennen. Ich verabscheue Programme und möchte selbst den Schein vermeiden, als ob ich bestimmte Besserungen vorschlage. Aber wenn auf einem Programm bestanden wird, dann schlage ich ohne Furcht vor den Folgen eine Gemeinschaft arbeitender Aktienbesitzer eines Betriebes vor. Diese Gemeinschaften würden sich f ü r das Wohl ihrer Mitglieder völlig einsetzen, aber trotzdem an der erprobten Praxis festhalten, die Arbeiter in Übereinstimmung mit der wirtschaftlichen Bedeutung ihrer Arbeit zu entlohnen. Wo dies möglich und vorteilhaft ist, sollten diese Gruppen Land erwerben, das jetzt wie immer schon die Quelle f ü r die Daseinsmöglichkeit des Menschen und sein sicherer Hafen vor dem Sturm ist. Um es zusammenzufassen: die Stellung ist ein soziales Geschenk
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und eine Pacht auf das Leben. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, wird sie später auch noch mit sozialen Garantien ausgestattet sein. Aber wie auch diese Garantien sein mögen, sie müssen gekauft und bezahlt werden. Unsere bitteren Kämpfe um die Stellung sind auf der Anmaßung eines Besitzrechtes gegründet, das «in Verhältnis betrifft, das sich jeder Besitzergreifung entzieht. Früher oder später werden die am nächsten Beteiligten diese Wahrheit einsehen und ihren Kampf aufgeben. Dann werden ^Verhandlungen auf einer aufbaufähigeren Grundlage möglich sein.
VIII. Krieg und Arbeit. In Amerika erfinden, produzieren und gebrauchen wir eine unendliche Anzahl von Maschinen für die Warenerzeugung, aber wir kümmern uns wenig darum, was für einen Einfluß diese Maschinen auf die Entwicklung der Gesellschaft haben. Die Vervielfachung der menschlichen Kraft durch die Maschine setzt gewisse Kräfte und Tendenzen in Bewegung, jenen gleich, die sich in Zeiten einer großen Bevölkerungszunahme bemerkbar machen, gleichgültig, wie sie hervorgerufen werden; derartig neue Spitzenleistungen menschlicher Energie werden immer die sozialen und politischen Systeme überlasten, die für schwächeren Strom gebaut wurden. Und wenn man den Strom nicht vermindert oder das Verteilungssystem den neuen Verhältnissen nicht anpaßt, so wird im Netz etwas brechen. Der Krieg ist nichts weiter als eines jener Verfahren, um das Gleichgewicht zwischen der Kinetik der menschlichen Energie und der Statik der sozialen Ordnung wiederherzustellen. Die Einführung von Maschinen in immer größerem Umfang multiplizierte die Erzeugung von Gütern bis zu einem Grad, der niemals durch die natürliche Vermehrung der Menschen allein möglich gewesen wäre. Die Macht über die Maschinen gestattete der Schwerindustrie der großen Nationen, in den Jahren zwischen der industriellen Revolution und dem Weltkrieg eine Weltherrschaft aufzurichten. Die Bevölkerung in den großen industriellen Staaten vermehrte sich nicht nur absolut, sondern die Wirksamkeit dieser vermehrten Bevölkerung in der Erzeugung von Werten wurde in stetig steigendem Maße vervielfacht. Die Staaten mit vielen Maschinen, also mit einer großen Industrie, übten einen übermächtigen pob'tischen Einfluß auf jene mit weniger Maschinen aus. Die durch die Maschinen erwachsene Macht stärkte auch den Nationalismus in besonderem Maße. Nicht nur, weil sie die Bevölkerungsverminderung, die bisher durch Auswanderung hervorgerufen wurde, verlangsamte, sondern auch, weil sie die Notwendigkeit der Gruppenaktion erzeugte, um sich den Unterhalt aus WITTE, Der eiMrne Mann.
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f r e m d e n Quellen zu sichern. U m das industrielle Z e n t r u m zu sichern, m u ß t e d a s wirtschaftliche H i n t e r l a n d a u c h gesichert sein. Die S t a a t e n w u r d e n f o r t w ä h r e n d v o n industriellen G r u p p e n , d i e sich d u r c h die F u r c h t vor Unsicherheit b e d r ä n g t sahen, d a z u a n g e trieben, sich a u s z u d e h n e n , u m das i m m e r größer werdende H i n t e r l a n d u n t e r ihre K o n t r o l l e zu b e k o m m e n . D e n n ohne dessen E r z e u gung u n d V e r b r a u c h wäre der industrielle K o m p l e x zu H a u s e einer u n z w e c k m ä ß i g e n Depression anheimgefallen. Die N a c h k o m m e n der Männer, die sich mit i h r e n Speeren d e n Lebensunterhalt eroberten, bekämpfen einander jetzt mit W a r e n u n d legen die B e r i c h t e ü b e r ihre Siege i n d e n H a u p t b ü c h e r n , s t a t t in d e n Sängen der B a r d e n nieder. Die nationale Solvenz u n d die wirtschaftliche Z u f r i e d e n h e i t h ä n g e n in unseren Zeiten v o n d e m gewinnbringenden u n d sicheren V e r k a u f dieser W a r e n ab» ebenso wie d a s H u n g e r n oder der Ü b e r f l u ß v o n Millionen v o n L o h n e m p f ä n g e r n , die S t e u e r n , die die Regierungen e r h a l t e n , das Militär, die B i l d u n g s s t ä t t e n — k u r z u m die gesamte m o d e r n e westliche Zivilisation v o n diesem einen F a k t o r a b h ä n g t . N a c h d e m sie die B e d e u t u n g dieser w i r t s c h a f t l i c h e n S t ü t z e n begriffen h a t t e n , w u r d e n die industriellen Gesellschaften der A l t e n W e l t i m m e r m e h r u n d m e h r s t a a t s b e w u ß t u n d die Beziehungen d e r verschiedenen N a t i o n e n u n t e r e i n a n d e r i m m e r zugespitzter. D e r m o d e r n e N a t i o n a l i s m u s n a h m eine sehr bedrohliche F o r m a n . I n d e m m a n ihr d e n b e s t i m m t e n Mechanismus gab, w u r d e diese E n t w i c k l u n g so u n a u f h a l t s a m wie das Schicksal selbst. O b w o h l die große Masse der e i n g e f ü h r t e n N a h r u n g s m i t t e l in d e n zivilisierten L ä n d e r n wuchs, g a b es gewisse wesentliche B e s t a n d t e i l e des industriellen Lebens, die aus Gebieten k a m e n , wo die S i t t e n des weissen Mannes n i c h t v o r h e r r s c h t e n : Konzessionen u n d K a p i t u l a t i o n e n , E x t e r r i t o r i a l i t ä t u n d wirtschaftliche D u r c h d r i n g u n g — weder die E i n g e b o r e n e n n o c h die E r o b e r e r w a r e n h i e r m i t zufried e n . Diese Lage der Dinge u n t e r s t ü t z t e den I m p e r i a l i s m u s . W o i m m e r Geld geschuldet w u r d e u n d es keine Gerichte gab, wo i m m e r das R o h m a t e r i a l , d a s zu H a u s e in den F a b r i k e n g e b r a u c h t w u r d e , v o r h a n d e n w a r , wo i m m e r W a r e n a n die H e i d e n v e r k a u f t werden k o n n t e n — falls es möglich w a r , i h n e n neue B e d ü r f n i s s e anzuerziehen —, wo i m m e r d a s K a p i t a l d u r c h A u s b e u t u n g billiger A r b e i t s k r ä f t e v e r m e h r t w e r d e n k o n n t e — d a h a t t e n die industriellen S t a a t e n , obwohl sie sich selber a m a n d e r e n E n d e der E r d e be-
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fanden, Interessen, lebenswichtige Interessen. Die Versuchung, diese lebenswichtigen Interessensphären fest an ein Staatswesen zu ketten, kurz und gut, imperialistische Politik zu treiben, war sehr groß. Afrika wurde aufgeteilt, das westliche Asien wurde ein Zankapfel der Nationen, China wurde in Einflußsphären geteilt und wäre wohl bald auch aufgeteilt worden, wenn die Vereinigten Staaten, die wirtschaftlich noch nicht so bedrängt waren, es nicht durch die Proklamierung des Grundsatzes der „offenen T ü r " gerettet hätten. Am Anfang des Jahrhunderts waren die Nationen auf ihrem Wege zum Krieg bis zu diesem P u n k t geschritten. Nachher folgte eine Intrigue der anderen, u m die Verhältnisse zu ändern. Nur durch die fortwährende Ausposaunung der Monroedoktrin, und zwar in einer Sprache, die Monroe jedenfalls sehr erstaunt hätte, war es möglich, die zuckenden Hände von Süd-Amerika abzuwenden — vielleicht, um f ü r Amerika selber künftige Handlungsfreiheit in diesem Erdteil zu sichern. Anderswo wurde wohl als Folge der immer deutlicher zutage tretenden wirtschaftlichen Bedürfnisse Europas mit immer größerer Offenheit weitergespielt. Die Nationen richteten große Aufmerksamkeit auf die Flotten, die Kohlenstationen, die Handelsflotten, die als nationale Versicherung unter den vom Eisernen Mann diktierten Bedingungen angesehen wurden. Der H a ß des Volkes m u ß t e erweckt werden, um immer wieder von den Parlamenten u n d Steuerzahlern die Gelder f ü r neue Flottenbauten herauszupressen. Dann k a m die Propaganda von Seiten der Presse und der Flottenvereine. Ein diplomatischer Zwischenfall — nebenbei: eine gute Bezeichnung f ü r die zufälligen Eruptionen der primären Gewalten — folgte dem anderen, so daß die Erhaltung des Friedens immer schwerer wurde. Algeciras, London, Den Haag — alles umsonst, und die Fabrikräder drehten sich mit immer größerer Geschwindigkeit, und die Staatsmänner ließen weiterhin ihre Gedanken in politischen s t a t t in wirtschaftlichen Bahnen laufen. Und hinter diesem ganzen diplomatischen Jockeireiten und militärischen Vorbereitungen, hinter dem wirtschaftlichen Wettbewerb und den Flottenrüstungen arbeitete ohne Unterbrechung die durch die Vervielfältigung der menschlichen K r a f t / erzeugte Überbelastung menschlicher Energie. Die Verantwortung f ü r diese gefährliche Evolution t r ä g t die 8*
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herrschende politische Starrheit —, weniger der industrielle Fortschritt. I m Innern eines jeden industriellen Staates wurden die erzielten Gewinne fortdauernd so verteilt, daß die gesamte Erzeugung im Lande selber nicht abgesetzt werden konnte, und im internationalen Leben erreichten Handel und Finanzen planetartige Ausdehnung, ohne einer politischen und gesetzlichen Kontrolle in gleichem Ausmaße unterworfen zu werden. Da diese Kontrolle fehlte, spitzte sich die Lage bald zu. Bis zum letzten Augenblick war eine der beiden Lösungen möglich — entweder mußten die Grenzen der industriellen Staaten unter der Ungleicbmäßigkeit des auf sie ausgeübten Druckes der vermehrten Bevölkerung und der vermehrten Maschinen zusammenbrechen, oder aber es wurde der Lauf der Maschinen selber verlangsamt, indem man den Gewinn ihrer Arbeit ausmerzte. Die erste bedeutete den Krieg — den Weltkrieg —, die zweite bedeutete auch Krieg, aber von einer anderen Art,"den Krieg der Klassen, die soziale Revolution. I m Sommer 1914 hing die Wahl eines dieser beiden Verfahren, auf Grund dessen der mit zu viel Blut belastete Patient zur Ader gelassen werden sollte, an einem Faden. Wäre Jaurès am Leben geblieben, h ä t t e sich vielleicht das Gesicht der Geschichte wesentlich verändert. Der Ausweg eines Krieges der Staaten gewann schließlich die Oberhand. Es ist zwecklos, in einem solchen Fall ethische Gesichtspunkte anzuwenden; Kräften die Schuld an dem Geschehen zu geben, ist noch lächerlicher als Nationen zu beschuldigen. Das Wesentliche, das verstanden werden muß, u m die Lage überhaupt zu begreifen, ist, daß der Nationalismus der herrschende soziale Faktor unseres Planeten, die 6ich nach überseeischen Ländern erstreckende Industrie der herrschende Faktor unserer Wirtschaft und die Kontrolle der schwachen durch die starken Völker der herrschende F a k t o r unserer Politik war. Der Frieden im J a h r e 1914 oder in einem der nächsten Jahre konnte nicht erhalten werden, ohne die Macht eines oder aller drei F a k t o r e n zu vermindern. Er konnte auch nicht gehalten werden, da es niemand gab, der der Aufgabe gewachsen war. Von diesem S t a n d p u n k t aus betrachtet, k a n n der Krieg als unvermeidlich angesehen werden. Die nächste Frage ist n u n : hat der Aderlaß in Europa u n d der im Gefolge auftretende Nachkriegssozialismus und Kommunis-
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mus die Welt von den auf den Wirtschaftsmärkten vorbereiteten Kriegen befreit ? Die augenblickliche Lage ist nicht sehr vertrauenerweckend. Die durch Hunger, H a ß und Schulden verschärfte Xonkurrenz der Staaten läßt sich noch nicht durch internationale Verträge niederhalten. Das Experiment in Rußland ist keine Empfehlung für den Klassenkrieg als Mittel zum Frieden. Ebenso wie Industrie u n d Nationalismus den Weltkrieg gezeugt und hervorgebracht haben, ohne zu wissen, wann und wo die Zeugung stattfand, werden sie vielleicht auch in der Z u k u n f t die Anzahl der Marskinder vermehren. Es scheint sogar, als ob gewisse Tendenzen der modernen Industrie, vor allem in ihrer automatischen Phase, dazu bestimmt sind, die politische Struktur unseres Planeten noch weit stärker zu belasten als es schon 1914 der Fall war und in der Folge den Zusammenbruch herbeiführte. Eine dieser Tendenzen der Industrie ist es, sich auszubreiten. Das Fabriksystem wurde in England geboren und verbreitete sich über das nordwestliche Europa, über Norditalien, die Vereinigten Staaten und J a p a n . E6 hat in K a n a d a gesunde und in Mexiko weniger gesunde Wurzeln geschlagen. Es kam nach Rußland und trug seinen Teil an dem Zusammenbruch bei. I n China verbreitet sich der Industrialismus langsam, aber mit einer gewichtigen Stetigkeit, die wie Roß, Stoddard und Weale übereinstimmend behaupten, in einer wirtschaftlichen Umwälzung enden, die im Laufe der Zeit ihre Wirkung auf jede Nation und jedes Individuum auf der Erde ausüben wird. Auch Indien schreitet seit dem Kriege schneller in dieser Richtung vorwärts. Dadurch, daß Australien eine Tarifmauer geschaffen h a t , begünstigt es die heimische Industrie. So marschiert die Industrie weiter. Wie weit wird sie kommen ? Bis jetzt hat sie in den slawischen Ländern nicht so fest F u ß fassen können, weil sie bis zu einem gewissen Grad auf Geschicklichkeit beruhte und dementsprechend Eigenschaften verlangte, die diese Völker nicht besaßen. J e t z t , wo die Industrie über hochentwickelte Maschinen verfügt, ist jener Mann der geeignetste f ü r den Betrieb, der ein Maximum an Ausdauer besitzt und eine minimale Bezahlung fordert. Auf den ersten Blick erscheint der chinesische Kuli der geeignetste Maschinenbediener zu sein. Wenn er auch als Einzelperson nicht der beste ist, so wird aber die Billigkeit der von ihm erzeugten Waren einen großen
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Vorteil auf dem Markt bedeuten. Die Japaner besitzen einen hohen Grad orientalischer Anpassungsfähigkeit an moderne Maschinen. Auch der Hindu wird diesen Versuch gut bestehen können. Die hohen Gewinne, die diesen niedrigen und billigen Arbeitskräften durch die automatische Maschine winken, werden auch diese Völker bald unter die Fuchtel des Eisernen Mannes bringen. Ob aber die braunen, schwarzen und gelben Völker diese P r ü f u n g bestehen können, ist eine andere Frage. Die verschiedenen Anlagen der einzelnen Rassen sind hierbei von großer Bedeutung, da es von ihnen abhängt, ob sie die durch die Maschincnindustrie geschaffenen Probleme sozialer und politischer N a t u r lösen können. Die weiße Rasse ist fortschrittlich, sie besitzt eine hohe Anpassungsfähigkeit hinsichtlich wechselnder Verhältnisse. Aber der Krieg h a t bewiesen, daß auch wir in dieser Beziehung so sehr begünstigten Weißen dem durch den industriellen Zusammenstoß hervorgerufenen furchtbaren Rückschlag nicht ausweichen konnten. Die Ausdehnung und Tiefe der augenblicklich herrschenden sozialen Unruhe vermehrt die Schwierigkeiten des Ausgleiches. Da die farbigen Rassen bisher noch nicht in dem feurigen Schmelzofen der Industrie ausprobiert worden sind, k a n n niemand prophezeien, wie sie sich bei ihrer Taufe benehmen werden. Die moderne Industrie ist ein starkes Getränk. Jene, die es schon lange gewohnt sind, können doch nicht ganz glücklich werden trotz ihrer bis zu einem gewissen Grad immunen Konstitution, und jene mit weniger Erfahrung genießen es auf ihre eigene Verantwortung. Sie riskieren ihre Gesundheit, ihre Gewohnheiten und ihre allgemeine Fähigkeit und politische Stabilität. Wenn man von diesem Gesichtswinkel aus die Möglichkeiten einer Ausbreitung der Industrie betrachtet, so erkennen wir, daß wir vor einem riesenhaften Dilemma stehen. Auf der einen Seite sind die wirtschaftlichen Kräfte, die die Industrien, von England ausgehend, verbreitet haben, immer noch vorhanden und sogar noch lebendiger als vordem. Zu der Konstante des Eigeninteresses kommt das durch die ungeheuren Staatsschulden erhöhte Staatsinteiesse. Die zusammenfließenden Interessen verfügen heute über Werkzeuge, die es gestatten, billige Arbeitskräfte anzu-
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stellen, die vorher als Industriearbeiter nicht geeignet waren. Diesen dynamischen Kräften soll m a n ihre Machtprobe nicht verwehren. Auf der anderen Seite müssen die Völker, denen man die Segnungen der Industrie zuteil werden lassen will, ernste soziale und politische Hindernisse überwinden, ehe sie in bedeutender Weise die Nachfrage nach den Waren des weißen Mannes und damit seinen Einfluß vermindern können. Diese beiden entgegengesetzten Gewalten — eine positiv, die andere negativ, eine die Essenz des Fortschritts, die andere die Essenz des Konservatismus — müssen sich einmal auf dem Welttheater eine Schlacht liefern. Der Ausgang dieses Kampfes wird dann die Zukunft der industriellen Entwicklung bestimmen. Der politische und wirtschaftliche Ausblick verlangt höchste staatsmännische Eigenschaften. Die Zeit der Prüfung, in der die alten und neuen K r ä f t e in Asien miteinander kämpfen, wird eine Ära von großer Nervosität in den Beziehungen der einzelnen Nationen zueinander bedeuten. In dieser Zeitspanne müssen die weißen Nationen nach wirklicher Solidarität streben, zu einer Zeit, wo ihre Kaufleute und Regierungen durch gewaltige wirtschaftliche Motive gezwungen sind, in die Gebiete der anderen einzudringen, in einer Zeitspanne, in der der H a ß die Vorherrschaft hat und die Staatskunst immer noch unter dem Schatten des Chauvinismus arbeitet. Jeder Staatsmann, der nicht versucht, diese Schwierigkeiten zu überwinden, wird von unseren Nachkommen geschmäht werden, weil die augenblickliche Lage, deren Ergebnis logischerweise der Krieg ist, ihn dazu zwingen müßte, für den Frieden zu arbeiten. Es wird niemals einen dauernden Frieden geben uud keine wirksame Solidarität der weißen Völker, solange die Kohlen- und Eisenstaaten weiter auf dem Pfad der wirtschaftlichen Konkurrenz einem zweiten Armageddon zuschreiten. Über der Zivilisation hängt ein Schwert, und dieses Schwert wird nur in die Scheide gesteckt werden können, wenn die Industrie sich neuorientiert, u m den aggressiven Nationalismus, den sie jetzt aufzieht, eines natürlichen Todes sterben zu lassen. Viel kann durch internationale Abmachungen erreicht werden, aber noch mehr, wenn die führenden Köpfe in jedem Staate ihr Augenmerk auf die innere Lage richten und ihr Möglichstes t u n , die soziale und politische Revolution in parallele Bahnen mit der industriellen Evolution zu bringen.
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J e mehr Energie auf die innere Politik verwendet wird, um so weniger wird sie sich nach außenhin bemerkbar machen und die internationalen Beziehungen komplizieren. Alle Regierungen haben im eigenen Land genug zu t u n , um bei ihren Völkern das Vertrauen, das sie vor dem Kriege besaßen, wiederzugewinnen. Jeder denkende Mann und jede intelligente Frau erkennen heute, daß die Massen ihre Regierungen in diesen Nachkriegsjahren mit sehr kritischen Augen betrachten. Die Ansicht, daß der Weltkrieg wirtschaftlichen Ursprungs war, gewinnt an Boden. Die Menschen haben heute keine Lust mehr, den Krieg als ein Nebenprodukt mit den von ihnen auf den Maschinen erzeugten Waren zu produzieren. Da die häufigste Ursache der Kriege Warenkonkurrenz ist, so bedeutet Souveränität heute nicht nur die Kontrolle über die Menschen, sondern auch Uber die Maschinen. Fähige Regierungen mUssen sich nach dieser Richtung hin weiter bewegen, jene, die das nicht können, haben keine Berechtigung, in unserem Zeitalter der automatischen Maschine zu existieren. Die Völker der E r d e erwarten von den Regierungen, daß sie den Gebrauch der Maschinen unter moralische Kontrolle stellen. Dieses Zuhilferufen des Staates ist das Vernünftigste, denn die Staaten sind die einzigen Gruppen menschlicher Gemeinschaften, die stark genug sind, um den Eisernen Mann an den Wagen der menschlichen Wohlf a h r t zu spannen.
IX. Erziehung für die Mußezeit. Vor einiger Zeit nahm ich an einer Sitzung teil, in der führende Schulmänner und Bürger sich mit den Plänen f ü r eine neue Universität und eine Technische Hochschule befaßten. Die führenden Bürger waren Automobilfabrikanten, da unsere Stadt ihre Existenz nur der Erzeugung dieser Wagen verdankt. Ich kann aber sagen, daß es keine besseren Bürger als sie gibt. Sie betrachteten es als selbstverständlich, daß sowohl die Universität wie die Technische Hochschule dem Grundsatz der allgemeinen Nützlichkeit dienen sollten. Sie wollten praktische Erziehung, oder wie einer von ihnen sagte: „Bildung f ü r das Leben". Wie sich ihr Programm d a n n unserenBIicken entfaltete, erschien es mir aber'als verstünden sie darunter eine „Bildung f ü r die industrielle Produktion". Vielleicht haben sich ihre Ansichten seitdem etwas geändert, weil die Produktion sich inzwischen auf einer absteigenden Linie bewegt. Weder damals noch später haben die Schulmänner aber irgendwelche Einwände gegen dieses Programm erhoben. Als ein Außenseiter, der zu keiner der beiden Gruppen gehörte, saß ich ganz still, ein wenig b e t ä u b t und etwas ängstlich, wie jemand, der unter neuen Ruinen liegt. Ich wußte, daß etwas in dem Programm nicht stimmte, aber was es war, konnte ich damals nicht sagen. J e t z t weiß ich es, weil ich inzwischen die Rückwirkung der automatischen Maschine auf die sozialen Verhältnisse studiert habe. Gerade unsere Stadt 1 ) bietet f ü r dieses Studium ausgezeichnete Gelegenheit. Sie existiert nur f ü r eine im höchsten Grade automatisierte Industrie u n d überläßt sich vollkommen ihrer Diktatur. I n guten Zeiten arbeiten mehr als zwanzigtausend Männer u n d Frauen f ü r drei Konzerne, deren Betriebe mit automatischen Maschinen vollgepfropft sind. Wenn diese außerordentlichen. Werkzeuge laufen, ist unsere Stadt wohlhabend, sie nimmt d a n n an Bevölkerung zu, gibt viel Geld aus und spart auch viel. Wenn die Werkzeuge aber stillstehen, so verliert die Stadt an Bevölkerung, die Armut t a u c h t auf, und die Einwohner leben von ihren Ersparnissen. Detroit im Staate New York ist gemeint.
D. Übers.
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I X . Erziehung f ü r die Maßezeit.
I m J a h r e 1900 war die Stadt eine kleine Industriestadt von 13 000 Einwohnern. I m J a h r e 1904 wurde das erste Automobil in i h r hergestellt, und von dieser Zeit an wuchs die Bevölkerung schnell und dauernd. Sie zog alle überflüssigen Landarbeiter aus der Umgebung heran. Im J a h r e 1910 h a t t e sie eine Bevölkerung von 38550. I n den nächsten zehn J a h r e n wuchs die Stadt auf beinahe 100000 Einwohner an, wobei sie sich unter anderem ein Polen-, ein Ungarn-, ein Serbenviertel und einen kosmopolitischen K l u b zulegte. Wir bauten eine polnische Kirche und eine polnische Schule, zwei russische und eine tschechische Kirche, und wir werden auch bald eine jüdische Synagoge haben. Während des Krieges f ü h r t e n wir ganze Negerstämme ein. Alle diese Fremden kamen in unsere Stadt, um dem Eisernen Mann entweder direkt zu dienen oder aber um in einem Produktionsplan, in dem er der bestimmende Eaktor ist, auf irgendeine Art mitzuwirken. Als Folge dieses Anwachsens gingen natürlich, wie gewöhnlich i n solchen Fällen, Mieten und Grundstückspreise in die Höhe. Wir bauten Häuser so schnell wie es uns möglich war, Geld hierf ü r zu beschaffen, aber trotz der ungeheuren Gewinne der Bauherren und Kapitalgeber konnten wir nicht genügend Häuser erstehen lassen, um die Industrieführer zu befriedigen. I n den J a h r e n 1919 und 1920 baute die Korporation, der die zwei größten Fabriken in unserer Stadt gehörten, Tausende von kleinen Wohnhäusern. Da es hierbei zu einem Streik kam, befolgten die Auftraggeber einen Grundsatz, der ihnen bei der Fabrikation von Automobilen gute Dienste geleistet hatte. Sie ersetzten die gelernten Bauarbeiter durch Maschinen und stellten ungelernte Arbeiter ein. I m J a h r e 1920 t r a t ein Stillstand in dem Absatz der Automobile ein, da die Fabrikanten mehr auf den Markt geworfen h a t t e n , als dieser aufzunehmen in der Lage war. Die Stadt fing an, ihre Bevölkerung zu verlieren, die die umliegenden Dörfer aufnahmen. I n früheren Zeiten war es so, daQ der Verdienst eines Mannes langsam anstieg, so daß er Mitte der Dreißiger ungefähr die höchste Stufe erreichte und auf dieser bis etwa zum sechzigsten J a h r e stehen blieb, von wo ab sich seine Arbeitskraft verminderte und seinen Lohn hcrabdrückte. Sein Sohn dagegen wird heute schon als Junge sehr viel verdienen und mit kaum 25 J a h r e n die Höchstgrenze
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seines Einkommens erreichen, das sich dann zwischen fünfunddreißig u n d f ü n f u n d vier zig schnell senken wird. Ich will bei diesem P u n k t nicht dogmatisch vorgehen. Die automatischen Maschinen sind noch neu, sie werden seit k a u m zwanzig J a h r e n gebraucht und stehen darum noch immer in ihrer Kindheit, so daß man noch zu wenige Beispiele an der H a n d h a t , u m vollkommen berechtigte Folgerungen zu ziehen. Weiterhin ist auch die schnelle Abnahme der Verdienstfähigkeit oft auf Ursachen zurückzuführen, die nur in mittelbaren Beziehungen zu der Industrie stehen — schlechte Wohnverhältnisse, Ausschweifungen in der Jugend und ähnliches. Aber die augenblicklichen Anzeichen deuten auf die Richtigkeit des obenangeführten Verdienstzyklus hin. J e t z t zeigt sich aber das schwierige Problem, das die automatische Maschine den Erziehern stellt. Es ist nicht mehr notwendig, die große Masse der Jugend, sowohl der männlichen wie der weiblichen, zu lehren, wie sie ihren Lebensunterhalt verdienen soll. Kurz, nachdem das Gesetz, das heute noch die Kinderarbeit verbietet, aufgehoben wäre, würden auch diese in der Lage sein, viel Geld zu verdienen, praktisch ebensoviel wie sie jemals später verdienen könnten. Sie brauchen nicht viel zu lernen. Die Fabrik kann ihnen das, was sie brauchen, besser und billiger als die Schulen beibringen. Die Jugendlichen haben in einem Alter, wo ihr Vater als Lehrling kaum soviel verdiente, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, die Taschen voll Geld. Sie sind wirtschaftlich vollständig unabhängig, sowohl von der Familie wie von jeder sozialen Kontrolle. Sie besitzen den ewigen Glauben der Jugend, daß die vorherige Generation verknöchert war, und sie besitzen die K a u f k r a f t , um nach diesem Glauben handeln zu dürfen. Sie sind frei, dorthin zu wandern, wo immer sich automatische Maschinen drehen. Sie können sich ihre Vergnügungen kaufen, und sie t u n dies auch. Sie können es sich leisten, das Alter und die Autorität zu verspotten, u n d auch das t u n sie. Ihr sehr reger Geist k a n n sich nicht betätigen, und sie haben auch nicht das Bedürfnis, ihn zu betätigen. Sie haben keine Ahnung, was Zivilisation kostet, und besitzen kein Wissen, auf-Grund dessen sie die sozialen und politischen Fragen beurteilen könnten. Sie haben selbst noch nicht lange genug gelebt, um zu wissen, d a ß gesunder Menschenverstand und Weis-
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heit derselben W u r z e l e n t s p r i n g e n . T r o t z d e m f ü r sie S p a r s a m k e i t in der J u g e n d eine viel größere N o t w e n d i g k e i t wäre als es f ü r i h r e E l t e r n der Fall w a r , d a ihr wirtschaftliches Leben vielleicht viel k ü r z e r sein wird, so v e r a c h t e n sie doch den G e d a n k e n , f ü r das A l t e r etwas zurückzulegen. Sie k a u f e n sich V e r g n ü g u n g e n , sie k a u f e n sich Genossen f ü r ihre V e r g n ü g u n g e n , sie k a u f e n sich schöne Kleider u n d sie v e r s u c h e n verzweifelt, sich Glück zu k a u f e n — u n d vermögen das doch n i c h t . Trotzalledem sind sie w u n d e r b a r e s R o h m a t e r i a l , u m einen g u t e n Bürger d a r a u s zu f o r m e n . J e d e m B e d ü r f n i s des Krieges sind sie m e h r als auf h a l b e m Wege e n t g e g e n g e k o m m e n . Sie k ä m p f t e n u n d fielen, o p f e r t e n u n d s p a r t e n — w ä h r e n d der Zeit d e r N o t . I h r e Fehler sind in ihrer J u g e n d u n d i n dem i h n e n zur V e r fügung stehenden Überfluß begründet. D a s ist atich die E r k l ä r u n g f ü r unsere j u g e n d l i c h e n Gesetzesü b e r t r e t e r . „Vor m e i n e m G e r i c h t " , erzählt mir ein R i c h t e r i n Detroit, „erscheint eine Prozession von J u g e n d l i c h e n . Sie b e k a m e n A p p e t i t auf ein kostspieliges Leben. D a s Vergnügen f ü h r t e sie in schlechte Gesellschaft. E i n d u m m e r Streich, ein M o n a t o h n e Stellung, keine Ersparnisse — i m m e r wieder werden d e n D e l i k t e n die gleichen Ursachen z u g r u n d e l i e g e n . " W e n n derartige Z u s t ä n d e das E r z i e h u n g s p r o b l e m a u c h sehr komplizieren, so m u ß i h n e n das Schulsystem doch R e c h n u n g t r a g e n u n d sich i h n e n a n z u p a s s e n versuchen. E s m u ß irgendwie gelingen, diese K i n d e r auf ein geistiges u n d moralisches N i v e a u zu bringen, das d e m wirtschaftlichen e n t s p r i c h t , auf d e m sie k a u m n a c h Verlassen der Schule stehen. D a s wird eine schwere A r b e i t sein. I n den Volksschulen müssen den K i n d e r n u n t e r 16 J a h r e n Dinge gelehrt w e r d e n , die bisher n u r z u m P e n s u m d e r Hochschulen g e h ö r t e n . Dieser Vorschlag w ü r d e r e v o l u t i o n ä r erscheinen, w e n n er n i c h t die Folge der gänzlich neuen industriellen Verhältnisse wäre, a n die 6ich die Gesellschaft n u r schwerfällig a n p a ß t . Als solche ist die V e r ä n d e r u n g , w e n n auch e r s c h r e c k e n d , doch evolutionär u n d unausbleiblich. N a c h d e m die K i n d e r die Schulen verlassen u n d ihren P o s t e n n e b e n der a u t o m a t i s c h e n Maschine e i n g e n o m m e n h a b e n , w e r d e n ihre Verdienstmöglichkeiten d u r c h das E r w e r b e n weiterer K e n n t nisse in keiner Beziehung gehoben. Vielleicht k a n n i h n e n d a s Wissen dazu verhelfen, v o n der a u t o m a t i s c h e n Maschine f o r t -
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zukommen, aber je mehr die Automatisierung ihrem logischen Ende zuschreitet, um so schwerer wird eine Rettung aus ihren Armen sein. Die Kenntnisse, die der Maschinenbediener in der Schule erworben hat, besitzen nur kulturellen Wert für ihn. Sie helfen ihm nicht im geringsten, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Sie können ihm aber helfen, seine Mußestunden zu verbringen. Denn diese Kinder — diese wohlhabenden, frühreifen Kinder verfügen über Mußezeit und über die Mittel, den schlechtesten Gebrauch von ihr zu machen. Die meisten von ihnen arbeiten k a u m mehr als acht Stunden im Tag. Bald werden es nur noch sieben oder gar sechs sein. In dem Maße, in dem die Erzeugung automatischer wird, werden die Bedürfnisse der Menschheit mit immer geringerer Arbeitskraft befriedigt werden können. Natürlich k a n n der Verbrauch ins Riesenhafte gesteigert werden, aber die Nachfrage nach Waren wird immer mit dem großen Konkurrenten, der universellen Forderung nach Zeit und Müße, im K a m p f e stehen. „Ich habe genug verdient. Komm, wir wollen angeln gehen." Diese Einstellung zur Arbeit war im J a h r e 1919 so allgemein, daß sie die Produktionspläne der Betriebe über den H a u f e n warf und die Arbeitgeber erbitterte. Die Arbeitgeber können der Tendenz, die Arbeitszeit zu verkürzen, den Kampf ansagen, aber sie sind von vornherein zur Niederlage verurteilt. Eine Zeitlang arbeitete man in unserer Stadt nur fünf Stunden im Tag, u m eine Überschwemmung des Marktes mit Automobilen zu vermeiden. Jeder Tag war ein Halbfeiertag f ü r Tausende von Arbeitern und Angestellten. Dann wurden die Arbeitstunden verlängert und die Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage verkürzt. Wenn ein Fabrikarbeiter mehr als drei Tage in der Woche arbeitete, wurde er als glücklich bezeichnet. Während eines ganzen Winters war der Sonnabend ein Feiertag in einer unserer größten Fabriken. Es h a t sich herausgestellt, daß mit ausgewählten Leuten, erhöhter Moral und einer besseren Zusammenfassung aller in Betracht kommenden Elemente, die Erzeugung des einzelnen sehr erhöbt, in manchen Fällen sogar verdoppelt werden kann. Wenn die jetzigen außerordentlich wirksamen Betriebsorganisationen langsam vergrößert werden, so daß 6ie ihre Wirksamkeit behalten, erscheint es kaum möglich, daß der Markt unter normalen Ver-
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IX. Erziehung für die Mußezeit.
hältnissen mehr aufnehmen kann, als jetzt in achtstündiger Arbeitszeit, erzeugt wird. Wenn diese Behauptung im Widerspruch zu der im Anfang geäußerten Meinung zu stehen scheint, daß die Maschine das persönliche Element ausschaltet, so ist zu berücksichtigen, daß die Verbesserungen zum großen Teil, wenn auch nicht ganz, den Arbeiten der Ingenieure und Leiter zuzuschreiben sind, die zu einer besseren Verteilung und Beförderung der Rohmaterialien führten. Während der Zeit der Hochkonjunktur war der Materialstrom oftmals abgeschnitten, so daß soundsoviele Maschinen stillstanden. Diese Störungen sind jetzt zum großen Teil behoben, auch sind alte Maschinen verbessert und neue hinzugekommen. Der Bediener der automatischen Maschine bleibt ganz genau auf dem alten Platz stehen, aber die Maschine selbst kann bessere Arbeit verrichten. Selbstverständlich gibt es auch in den im höchsten Grade automatisierten Betrieben sehr viele Arbeiten, für die' entweder keine oder nur halbautomatische Maschinen notwendig sind, und die hier einsetzende Ausmerzung der Unfähigen hat einen vorteilhaften Einfluß auf die Produktion gezeitigt. Wenn der Markt heute schon nicht mehr in der Lage ist, die Erzeugiiisse der längeren Arbeitstage auf Grund der größeren Erzeugungsfähigkeit pro Mann und Stunde aufzunehmen, so erscheint es folgerichtig, daß die Industrie des ganzen Landes sich auf den Acht- oder noch kürzeren Stundentag — wahrscheinlich auf den noch kürzeren — umstellen muß. E s ist kaum möglich, daß die Menge der automatischen Werkzeuge verkleinert wird, um den Arbeitstag zu verlängern, im Gegenteil, die Konkurrenz zwingt fortwährend zu einer Vermehrung der gebrauchten Werkzeuge dieser Art. Kürzere Arbeitstage bedeuten aber mehr Mußestunden für die Massen. Ob nun diese freie Zeit aus freier Wahl oder aus Notwendigkeit infolge einer Vereinbarung mit den Gewerkschaften oder durch verminderte Erzeugung entsteht, so ist sie doch eine Mußezeit. Nun bleibt die Wahrheit ewig gültig, daß die Menschen die größten Dummheiten in ihrer freien Zeit ersinnen und ausführen. In der modernen Fabrik mit ihrer strengen Disziplin wird sich kaum eine Gelegenheit hierzu bieten. Solange die Menschen arbeiten, sind sie, weil sie unter Zwang stehen, verhältnismäßig ruhig. Der Arbeitgeber sorgt dafür, daß die von ihm gekaufte
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Zeit nicht verschwendet wird. Aber niemand ü b t eine ebensolche Kontrolle u n d Aufsicht Uber die freie Zeit der Menschen aus, wenn es der einzelne nicht selber t u t . I n einer Stadt, die von der automatischen Maschine beherrscht wird, besteht das Erziehungsproblem also darin, der Jugend die richtige Anwendung ihrer Mußezeit zu lehren. W a r u m verschwendet m a n seine Zeit damit, den Kindern zu lehren, wie sie arbeiten sollen, wenn es das notwendigste ist, ihnen beizubringen, wie sie leben sollen ? Hier, an dieser Stelle, setze ich mit meinem Argument ein. Die Erziehung f ü r die Mußezeit ist unter dem Regime der automatischen Maschine zugleich die Erziehung f ü r das Leben. Der Bediener der automatischen Maschine lebt nicht während der Zeit, die er in ihrer Nähe verbringt. Er existiert nur, um leben zu können, wenn er die Fabrik verläßt. Seine Arbeit fordert nur einen Bruchteil seiner K r ä f t e als empfindliches Wesen und monopolisiert nicht seine Interessen. Wenn er seine Mußezeit ebensoleicht auf irgendeine andere Art und Weise kaufen könnte, würde er schon morgen seine Stellung wechseln. Es ist f ü r ihn unmöglich, durch seine Arbeit geistig zu wachsen. Aus diesen Gründen kommt er zu seiner Arbeitsstelle wie ein Sklave in die Galeere, und er verläßt sie mit der Freudigkeit eines Verbrechers, der aus dem Gefängnis entflieht. Das Leben des Maschinenwärters beginnt erst mit seiner freien Zeit. Er treibt Sport, besucht Kinos, Boxkämpfe, Theater, Bibliotheken, den Park oder er sitzt auf der Veranda seiner Liebsten. I m allgemeinen gilt der Satz, daß die freie Zeit die Krönung des Lebens ist, trotz unserer H y m n e n auf die Arbeit um der Arbeit willen. Ich bin sicher, daß nur ein Schwachsinniger viel Freude a n der vollkommen mechanischen Arbeit unserer Fabrikarbeiter haben würde. Und darum ist die Erziehung f ü r die Mußezeit eine E r ziehung f ü r das Leben, und diese wiederum eine zur K u l t u r . Was ist die erste Forderung im Zusammenhang mit einer richtigen Verwendung der freien Zeit ? Selbstbeherrschung. Die Muße ist eine Befreiung von der strengen Kontrolle des Arbeitgebers. I n seiner freien Zeit ist der Mann nur zur Rücksichtnahme auf den Staat verpflichtet. Wenn der Arbeiter den Betrieb verläßt, kommt er aus dem Reich einer positiven in das einer negativen
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IX. Erziehung für die Mußezeit.
Xontrolle. I n n e r h a l b des Betriebes wird er z u m Arbeiten u n d Schaffen a n g e h a l t e n , t u t er es n i c h t , so d r o h t i h m die E n t l a s s u n g . A u ß e r h a l b des Betriebes wird n u r v o n i h m v e r l a n g t , d a ß er gewisse Sachen u n t e r l ä ß t , die i h n villeicht mit d e m Gesetz in K o n f l i k t bringen. D a r a u s sehen wir, d a ß es viel schwieriger ist, Menschen f ü r die Mußezeit als f ü r die Arbeit zu erziehen, u n d d a ß in A m e r i k a n u r ungewöhnliche Menschen sehr viel mit ihrer freien Zeit anzustellen wissen. Die Notwendigkeit zur Selbstbeherrschung w ä c h s t im gleichen Verhältnis mit der v o r h a n d e n e n freien Zeit u n d mit d e m geldlichen Ü b e r f l u ß . I c h b i n sicher, d a ß ich, w e n n ich im Alter v o n a c h t z e h n J a h r e n a c h t Dollar p r o T a g v e r d i e n t h ä t t e — u n d viele unserer J u g e n d l i c h e n h a b e n in diesem Alter viel m e h r v e r d i e n t — v o l l k o m m e n v e r d o r b e n wäre. Es ist n i c h t so sehr v e r w u n derlich, d a ß einige dieser so f ü r s t l i c h b e z a h l t e n J u g e n d l i c h e n auf die B a h n des Verbrechens gelangten als vielmehr, d a ß sie nicht alle diesen W e g gingen, w e n n m a n berücksichtigt, was f ü r Gelegenh e i t e n i h n e n dazu g e b o t e n w u r d e n . Der J u g e n d aber eine richtige Einstellung zur Arbeit u n d z u m Leben zu v e r m i t t e l n , erscheint mir d a s Ziel j e d e r wirklichen u n d f r u c h t b a r e n B i l d u n g zu sein. D u r c h diese richtige Einstellung wird das j e t z t i m V o r d e r g r u n d s t e h e n d e I c h dem sozialen Wohlergehen u n t e r g e o r d n e t u n d f ü g t sich den herrschenden gesetzlichen, moralischen u n d ethischen Auffass u n g e n seiner U m g e b u n g willig ein. D a r a u s ergibt sich, d a ß es notwendig ist, den Geist der J u g e n d d u r c h Wissen zur Selbstzucht a n z u h a l t e n , die h e u t e als E r s a t z f ü r die Kontrolle dienen m u ß , die in f r ü h e r e n Zeiten durch die A r m u t oder die F u r c h t vor der A r m u t a u s g e ü b t w u r d e . W e n n m a n bed e n k t , d a ß die h e r a n w a c h s e n d e Generation in sehr j u n g e n J a h r e n s c h o n ihre höchste wirtschaftliche Nützlichkeit erreicht u n d sie in v e r h ä l t n i s m ä ß i g k u r z e r Zeit wieder e i n b ü ß t , ist es klar, d a ß m a n d i e J u g e n d zur S p a r s a m k e i t erziehen m u ß , u m einem Ü b e r h a n d n e h m e n der A r m u t v o r z u b e u g e n . Diesen K i n d e r n müssen volkswirtschaftliche E r k e n n t n i s s e u n d L e h r e n viel f r ü h e r zugänglich u n d viel einfacher als bisher gestaltet w e r d e n . I s t es nicht m e r k w ü r d i g , d a ß ein L a n d wie A m e r i k a , d a s sich vor d e m w i r t s c h a f t l i c h e n F a k t o r v e r b e u g t , die Volkswirts c h a f t s l e h r e f a s t ganz zu einem Hochschulmonopol erhob ? E s sollte möglich sein, schon i m K i n d e r g a r t e n mit d e m ersten
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volkswirtschaftlichen Unterricht anzufangen und dann fortschreitend das Kind soweit zu bringen, daß es, wenn es zum erstenmal an die Maschine gestellt wird, die wirtschaftlichen Notwendigkeiten dieser Maschine klar erkennt. Ebenso muß den Kindern der Sinn der Gesetze gelehrt werden. Meine Kinder kennen unter anderen erstaunlichen Dingen die hauptsächlichsten Erzeugnisse jedes Staates der Union. Sie haben aber absolut keine Ahnung von den Gesetzen, die bei der Erzeugung und Verteilung dieser Waren mitsprechen. Es ist nicht schwer, ihnen beizubringen, daß die Gesetze geschaffen wurden, um die Schwachen vor den Starken zu schützen, die Gerechten vor den Ungerechten, die Gutgläubigen vor den Schwindlern. Wenn sie einmal diese Idee begriffen haben, werden sie in dem Schutzmann den Freund und unsere wirtschaftliche und juristische Gesetzgebung als etwas erkennen, das geschützt und nicht zerstört werden darf. Eine derart gebildete Generation wird vielleicht darauf bestehen, daß das Gesetz seine vornehmste Pflicht erfüllt, aber sie würde in ihren Forderungen evolutionär und nicht revolutionär sein. Der Mann aus dem Volk braucht noch mehr als Selbstbeherrschung, um seine freie Zeit zweckentsprechend anwenden zu können. Ein solcher Mensch k a n n noch so viel Selbstbeherrschung besitzen und wird sich doch furchtbar langweilen, wenn er dazu verurteilt ist, nur eine Stunde in seiner eigenen Gesellschaft zu verbringen. Die Selbstbeherrschung ist nur eine1 Bremse an dem Ich-Motor, sie wird den einzelnen davor schützen, mit der Gesellschaft in Konflikt zu geraten, aber sie wird ihn nicht dazu veranlassen, etwas f ü r sich selber zu t u n . Was der Ich-Motor in seiner freien Zeit braucht, ist Brennstoff, um Forschungsreisen in neue Gedankengebiete unternehmen zu können. Der beste Brennstoff besteht aus einer Mischung von Interesse an der Gegenwart. Verständnis für die Vergangenheit und Sympathie mit der Zukunft. Geschichte, Literatur, Wissenschaft, Kunst, Musik, dies alles verleiht dem Leben Bedeutung und den Mußestunden Anregung. Mit einer solchen Ausrüstung kann ein jeder seine freie Zeit richtig verwenden. Die erste Pflicht der Lehrer ist es, diesen Samen zu säen, heute, wie schon zu allen Zeiten. Da die Arbeit f ü r die Massen der zivilisierten Länder nicht mehr das Hauptinteresse beansprucht, liegt es uns ob, für andere W I T T E , Der eiserne M a n n .
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Hauptinteressen zu sorgen, die den einzelnen gestatten, seine Existenz zu rechtfertigen. Jeder Mensch, ob er nun eine Revolverdrehbank oder einen Comptometer bedient, braucht in unserem Zeitalter des Achtstundentages etwas, mit dem er sich nach Feierabend beschäftigen kann. Wir hören immer weniger von Berufsbildung — und zwar aus guten Gründen, weil sie immer überflüssiger wird. I n einem Zeitalter der Maschine sind die angewandten Wissenschaften das wichtigste. Sie sollen es auch ruhig bleiben. E6 gibt auf den Gipfeln der Industrie genug wichtige Stellungen, die immer ausgefüllt werden müssen. Wir wollen dafür sorgen, d a ß jeder, der fähig ist, in das Direktorium der Industrie einzutreten, die richtige Ausbildung erhält. Die mechanischen Künste sind unzweifelhaft eine der hauptsächlichsten Interessen der amerikanischen Massen. Eine unterrichtete Generation würde in ihrer freien Zeit weiter erfinden, vielleicht sogar noch mehr u n d schneller als heute. Darum wollen wir der Jugend so viel Wissenschaft wie sie nur verdauen kann, vermitteln, und zwar so vertieft und erweitert, wie dies irgend möglich ist. Aber auf keinen Fall dürfen, wir dem Wahn des Spezialisten nachgeben, der mit dem Schlüssel zum universellen Wissen in der H a n d ein eingemauertes Tal bet r i t t , das von der Menschheit, der Religion und dem Leben abgeschlossen bleibt. Ich fühle mich nicht kompetent, die Synthese f ü r diese Analyse zu geben und die Verbesserungen im Bildungswesen vorzuschlagen^ die notwendig und, wie ich überzeugt bin, schon unterwegs sind. Das ist vielmehr eine Aufgabe f ü r gereifte Geister. Wir müssen, glaube ich, auf eine zehnjährige Schulzeit f ü r jedes Kind bestehen. Das muß das Minimum sein, auf das wir achten müssen, ehe wir die Kinder dem Strudel der automatischen Maschine aussetzen. Das Schuljahr sollte aus vier und nicht wie bisher aus zwei Teilen bestehen, und zwischen jedem Teil sollte eine kurze Ferienzeit eingeschoben werden. Der gegenwärtige lange Sommerurlaub ist ein Anachronismus in einer Fabrikstadt ebenso wie der freie Sonnabend. Daher sollte auch die Woche von j e t z t ab sechs Schultage umfassen. Wichtig ist auch, daß der Unterricht interessanter als bisher gestaltet wird, damit in Zukunft der Vorwurf der Schinderei nicht erhoben werden kann. Die Klassen müssen viel kleiner als bisher und die Zahl der
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Lehrkräfte größer sein — überhaupt muß auf die schulmäßige Ausrüstung weit mehr geachtet werden. In gleicher Weise sollte das Fortbildungsschulwesen verbessert und allen, die ihre freie Zeit zur Weiterbildung benutzen wollen, Gelegenheit hierzu geboten werden. Das Programm selber kann ruhig den Spezialisten auf diesem Gebiet überlassen bleiben, nachdem ihre Aufmerksamkeit auf das Problem gelenkt worden ist. Vielleicht hat es etwas lange gedauert, ehe sie merkten, wie und warum der Eiserne Mann ihre Anstrengungen zunichte gemacht hat, aber das kommt daher, weil sie sich bisher auf einen noch feineren Mechanismus, auf das menschliche Gehirn konzentrierten. Man lasse sie ruhig über die Einzelheiten des Programmes streiten — und streiten werden sie sich sicher hierüber —, aber darin werden sie mit mir übereinstimmen, daß die Wohlfahrt unseres Volkes und die Erhaltung unserer Einrichtungen davon abhängen, daß die Jugend erzogen wird, die durch die allgemeine Benutzung der automatischen Maschine immer mehr anwachsende Mußezeit für die Menschheit in vernünftiger und erhebender Weise auszunutzen.