Der eine Gott, der durch alle ist: Epheser 4,6 im Kontext antiker Diskurse über Gott und die Welt 9783161593413, 9783161594861, 3161593413

In dieser Studie untersucht Mark Grundeken die Herkunft und den Sinn der eigenartigen Aussage in Epheser 4,6, dass Gott

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German Pages [289] Year 2020

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Titel
Vorwort
Inhalt
I. Einleitung
1. Problemstellung, These und Relevanz der vorliegenden Studie
2. Forschungsüberblick zu Epheser 4,6
2.1 Forschungen aus den Jahren 1915 bis 1959
2.2 Forschungen aus den Jahren 1960 bis 1979
2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999
2.4 Forschungen aus den Jahren 2000 bis 2017
3. Forschungsansatz
3.1 Epheser 4,6 als ekklesiologische Aussage
3.2 Epheser 4,6 als kosmotheologische Anspielung
3.3 Methode und Aufbau der Kapitel
3.4 Einleitungsfragen zum Epheserbrief
3.4.1 Der Epheserbrief als pseudepigraphische Schrift
3.4.2 Der Epheserbrief als neutestamentliche Spätschrift
3.4.3 Das geistig-soziale Milieu des Epheserbriefes
II. Analyse
4. Epheser 4,6 und die pythagoreische Tradition: Das Carmen aureum
4.1 Das göttliche, alles beherrschende und durchdringende Prinzip
4.2 Gott Vater
4.3 Die Verwandtschaft zwischen Gott und den Menschen und die Nachahmung Gottes
4.4 Die Unbeständigkeit der Menschen
4.5 Ergebnis
5. Epheser 4,6 und die platonische Tradition: Plutarch
5.1 Wie das Göttliche alles durchwaltet
5.2 Gottes Überschreiten und Eindringen
5.3 Gott ist einer
5.4 Gott ist Vater aller
5.5 Die Nachahmung Gottes
5.6 Gott sorgt für Schöpfung, Ordnung und Erhaltung
5.7 Einheit (ἑνότης)
5.8 Ergebnis
6. Epheser 4,6 und die aristotelische Tradition: Pseudo-Aristoteles, De mundo
6.1 Wie das Göttliche alles durchwaltet und für Schöpfung, Ordnung und Erhaltung sorgt
6.2 Gottes Übersteigen und Eindringen
6.3 Der eine Gott ist der Welt zugewandt
6.4 Einheit in der Vielheit
6.5 Menschliche Einsicht in die göttliche Zielsetzung
6.6 Ergebnis
7. Epheser 4,6 und die stoische Tradition: Kleanthes, Zeushymnus
7.1 Wie Gott alles übersteigt, durchwaltet und für Einheit sorgt
7.2 Die Vorherrschaft des einen Gottes
7.3 Der Mensch als μιμητής beziehungsweise μίμημα Gott Vaters
7.4 Gott bewirkt Einheit
7.5 Die Unbeständigkeit der Menschen
7.6 Ergebnis
8. Epheser 4,6 und die hellenistisch-jüdische Tradition: Philo
8.1 Gottes Durchwalten
8.2 Gottes Übergeordnetsein und Eindringen
8.3 Gott ist einer
8.4 Gott ist Vater aller
8.5 Ergebnis
9. Ergebnisse
III. Konklusion und Ausblick
10. Konklusion
11. Ausblick
Literaturverzeichnis
Stellenregister
Namensregister
Sachregister
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Der eine Gott, der durch alle ist: Epheser 4,6 im Kontext antiker Diskurse über Gott und die Welt
 9783161593413, 9783161594861, 3161593413

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Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Herausgeber / Editor Jörg Frey (Zürich) Mitherausgeber / Associate Editors Markus Bockmuehl (Oxford) · James A. Kelhoffer (Uppsala) Tobias Nicklas (Regensburg) · Janet Spittler (Charlottesville, VA) J. Ross Wagner (Durham, NC)

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Mark Grundeken

Der eine Gott, der durch alle ist Epheser 4,6 im Kontext antiker Diskurse über Gott und die Welt

Mohr Siebeck

Mark Grundeken, geboren 1984; 2002–2008 Studium der Theologie und Religionswissenschaft in Leiden, Oxford und Leuven; 2013 Dr. theol. (KU Leuven); 2019 Dr. theol. habil. und PD (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg); derzeit Akademischer Rat und Privatdozent mit der venia legendi für die Fachgebiete „Neues Testament und Frühchristliche Literatur“ am Ar­beits­ bereich Neutestamentliche Literatur und Exegese an der Universität Freiburg; 2020 mit dem Manfred-Fuchs-Preis der Heidelberger Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet.

ISBN 978-3-16-159341-3 / eISBN 978-3-16-159486-1 DOI 10.1628/978-3-16-159486-1 ISSN 0512-1604 / eISSN 2568-7476 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außer­halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.

Vorwort Wenn du auf Reisen gehst nach Ithaka, wünsche dir, dass die Fahrt lang sein wird. […] Gehe in zahlreiche […] Städte, um viel von den Gelehrten zu lernen.1

Auf meiner wissenschaftlichen Fahrt durch Europa habe ich das Glück gehabt, Betreuer zu treffen, die sich nicht nur um die Wissenschaft, sondern auch um mich persönlich gekümmert haben. Dies trifft zuerst auf Herrn Professor Dr. Henk Jan de Jonge von der Universität Leiden zu. Von ihm habe ich während meines Theologiestudiums in Leiden (2002–2007) gelernt, die neutestamentlichen Schriften historisch-kritisch zu betrachten. Für sein bleibendes, unablässiges Engagement für mich als Schüler bin ich ihm sehr dankbar. Am Ende meines Studiums in Leiden konnte ich mit einem Huygens-Stipen­ dium ein Jahr lang (2006–2007) als Gaststudent bei Herrn Professor Dr. Christopher M. Tuckett an der Universität Oxford studieren. Von meinem Auslandsjahr bei ihm im britischen College-System habe ich auf akademischer und per­sönlicher Ebene viel gelernt. Beide soeben erwähnten Professoren haben mich unabhängig voneinander auf ihren geschätzten belgischen Kollegen Herrn Professor Dr. Joseph Verheyden von der KU Leuven hingewiesen. Mit seiner Hilfe habe ich 2008 (während eines Teilstudiums an der KU Leuven) ein eigenes Drittmittelprojekt beim Fonds für Wissenschaftliche Forschung – Flandern (FWO) beantragt, das noch im gleichen Jahr genehmigt wurde. Unter seiner begeisternden Betreuung habe ich als Assistent für Forschung eine Dissertation über den Hirt des Hermas schreiben können, womit ich 2013 in Leuven zum Doktor der Theologie promoviert wurde. Professor Verheyden bin ich dankbar, dass er mir einen vertieften Zugang zur wissenschaftlichen Forschung eröffnet und mich mit vielen Neutestamentlerinnen und Neutestamentlern in Kontakt gebracht hat. Einem von diesen Zunftgenossen, Herrn Professor Dr. Cilliers Breytenbach, habe ich zu verdanken, dass ich kurz nach meiner Promotion vertretungsweise an die Humboldt-Universität zu Berlin wechseln konnte. Meine Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl (2013–2014) war für mich der denkbar beste Einstieg in das deutsche Hochschulsystem. Außerdem habe ich in Berlin ausführlich mit Herrn Professor Dr. Johan C. Thom von der Univer1 Frei

übersetzt nach Konstantin P. Kavafis, Ιθάκη (1910), Z. 1–2.22–23.

VI

Vorwort

sität Stellenbosch über das Forschungsthema „Frühchristentum und Popularphilosophie“ sprechen können. Unsere Gespräche formten die Basis für mein Freiburger Habilitationsprojekt (2014–2018). Die vorliegende Studie ist eine überarbeitete Fassung meiner Habilitationsschrift, die im Wintersemester 2018–2019 von der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau als schriftliche Habilitationsleistung angenommen wurde. Meine Habilitationsschrift wäre nicht zustande gekommen ohne die geduldige Begleitung von Herrn Professor Dr. Ferdinand R. Prostmeier, bei dem ich seit 2014 in Freiburg Assistent (Akademischer Rat auf Zeit) bin. Ihm bin ich dankbar, dass er für mich im akademischen und persönlichen Bereich die richtige Atmosphäre schafft. Wissenschaftlich habe ich viel von ihm gelernt; persönlich habe ich mit ihm und seiner Familie viel Schönes erlebt: Unsere Ausflüge unter anderem in das Musée Unterlinden in Colmar im Elsass, die Fondation Beyeler in Riehen in der Schweiz und zahlreiche Ausstellungen, Restaurants und Straußwirtschaften im Breisgau werde ich nie vergessen. Mein besonderer Dank gilt auch Herrn Professor Dr. Rudolf Hoppe von der Universität Bonn, der als Zweitgutachter mein Habilitationsverfahren vorzüglich mitgetragen hat. Zu danken habe ich auch unserer Sprachlektorin, Frau Aka­demische Rätin Hildegard Klasen, unserer Sekretärin, Frau Annette Hugger, und unseren Hilfskräften, besonders Frau Elisabeth Fock-Pal, Herrn Matthias Kaub, Frau Antonia Lutz, Herrn Stephan Neitmann und Frau Ulrike Seitz, für mancherlei Hilfe. Für die Aufnahme meiner Monographie in die erste Reihe der Wissenschaftlichen Untersuchungen zum Neuen Testament danke ich dem Geschäftsführer des Mohr Siebeck Verlages, Herrn Dr. Henning Ziebritzki, dem Herausgeber der Rei­he, Herrn Professor Dr. Jörg Frey (Zürich), sowie Frau Professorin Dr. Janet Spittler (Charlottesville, VA). Schließlich danke ich Frau Elena Müller, der Programmleiterin „Theologie und Judaistik“ bei Mohr Siebeck, sowie Herrn Tobias Stäbler, dem Lektoratsassistenten, und Herrn Matthias Müller (Berlin) für die kompetente Betreuung der Publikation und den Satz. Ich widme dieses Buch meiner geliebten Familie in den Niederlanden. Halte dir Ithaka stets vor Augen. Dort anzukommen ist dein Ziel. […] Ohne sie wärest du nicht auf Reisen gegangen.2

2 Frei

übersetzt nach Kavafis, Ιθάκη, Z. 24–25.32.

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V

I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Problemstellung, These und Relevanz der vorliegenden Studie . . . . . . . . . . 3 2. Forschungsüberblick zu Epheser 4,6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.1 Forschungen aus den Jahren 1915 bis 1959 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2 Forschungen aus den Jahren 1960 bis 1979 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2.4 Forschungen aus den Jahren 2000 bis 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Forschungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 3.1 Epheser 4,6 als ekklesiologische Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Epheser 4,6 als kosmotheologische Anspielung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Methode und Aufbau der Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Einleitungsfragen zum Epheserbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Der Epheserbrief als pseudepigraphische Schrift . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Der Epheserbrief als neutestamentliche Spätschrift . . . . . . . . . . . 3.4.3 Das geistig-soziale Milieu des Epheserbriefes . . . . . . . . . . . . . .

143 144 145 147 147 148 148

II. Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 4. Epheser 4,6 und die pythagoreische Tradition: Das Carmen aureum . . . 151 4.1 Das göttliche, alles beherrschende und durchdringende Prinzip . . . . . . 4.2 Gott Vater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die Verwandtschaft zwischen Gott und den Menschen und die Nachahmung Gottes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Die Unbeständigkeit der Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

152 158 158 160 162

VIII

Inhalt

5. Epheser 4,6 und die platonische Tradition: Plutarch . . . . . . . . . . . . . . . 165 5.1 Wie das Göttliche alles durchwaltet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Gottes Überschreiten und Eindringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Gott ist einer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Gott ist Vater aller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Die Nachahmung Gottes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Gott sorgt für Schöpfung, Ordnung und Erhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Einheit (ἑνότης) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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6. Epheser 4,6 und die aristotelische Tradition: Pseudo-Aristoteles, De mundo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 6.1 Wie das Göttliche alles durchwaltet und für Schöpfung, Ordnung und Erhaltung sorgt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Gottes Übersteigen und Eindringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Der eine Gott ist der Welt zugewandt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Einheit in der Vielheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Menschliche Einsicht in die göttliche Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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7. Epheser 4,6 und die stoische Tradition: Kleanthes, Zeushymnus . . . . . . 197 7.1 Wie Gott alles übersteigt, durchwaltet und für Einheit sorgt . . . . . . . . . 7.2 Die Vorherrschaft des einen Gottes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Der Mensch als μιμητής beziehungsweise μίμημα Gott Vaters . . . . . . . 7.4 Gott bewirkt Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Die Unbeständigkeit der Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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8. Epheser 4,6 und die hellenistisch-jüdische Tradition: Philo . . . . . . . . . . 213 8.1 Gottes Durchwalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Gottes Übergeordnetsein und Eindringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Gott ist einer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Gott ist Vater aller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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9. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

Inhalt

IX

III. Konklusion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 10. Konklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 11. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

I. Einleitung

1. Problemstellung, These und Relevanz der vorliegenden Studie εἷς θεὸς καὶ πατὴρ πάντων, ὁ ἐπὶ πάντων καὶ διὰ πάντων καὶ ἐν πᾶσιν. Ein Gott und Vater aller, der über allen, durch alle und in allen (ist) (Eph 4,6).

Die Rede in Epheser 4,6 von dem einen Gott, der „durch alle“ (διὰ πάντων) ist, ist einzigartig in der neutestamentlichen Literatur. An anderen neutestamentlichen Stellen sowie in der Septuaginta wird διὰ πάντων nicht auf Gott bezogen.1 Für Eph 4,6 lässt sich keine vorgegebene Formel im Wortlaut finden. Am nächsten kommen Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός), 1 Kor 8,6 (ἀλλ᾽ ἡμῖν εἷς θεὸς ὁ πατὴρ ἐξ οὗ τὰ πάντα καὶ ἡμεῖς εἰς αὐτόν, καὶ εἷς κύριος Ἰησοῦς Χριστὸς δι᾽ οὗ τὰ πάντα καὶ ἡμεῖς δι᾽ αὐτοῦ) und 1 Kor 12,6 (ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν),2 die Präpositionalwendung mit διά in 1 Kor 8,6 sagt aber aus, dass „alles durch Christus“ ist, also nicht, dass Gott διὰ πάντων ist. Eph 4,6 b steht ein Textfragment des vorsokratischen Philosophen Diogenes von Apollonia (ca. 499–428 v. Chr.) über die Luft als göttliche Ursubstanz und Vernunftprinzip (αὐτὸ γάρ μοι τοῦτο θεὸς δοκεῖ εἶναι καὶ ἐπὶ πᾶν ἀφῖχθαι καὶ πάντα διατιθέναι καὶ ἐν παντὶ ἐνεῖναι) nahe,3 die Lesart θεός ist aber textkri-

1 In der Septuaginta kommt Weish 7,22–24 der Redewendung in Eph 4,6 am nächsten, wo steht, dass „ein Geist“, der „in der Weisheit“ ist (ἔστιν γὰρ ἐν αὐτῇ πνεῦμα, V. 22), „durch alle vernunftvollen, reinen und feinsten Geister dringt“ (διὰ πάντων χωροῦν πνευμάτων νοε­ ρῶν καθαρῶν λεπτοτάτων, V. 23) und dass auch „(die) Weisheit“ (σοφία) selbst „alles durchwaltet und durchdringt“ (διήκει δὲ καὶ χωρεῖ διὰ πάντων, V. 24). 2 S. George H. van Kooten, Cosmic Christology in Paul and the Pauline School. Colossians and Ephesians in the Context of Graeco-Roman Cosmology, with a New Synopsis of the Greek Texts (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, 2. Reihe 171), Tübingen: Mohr Siebeck 2003, 264–265 (Synopse). 3 S. Diogenes von Apollonia, Frgm. 5, Z. 4–8: καί μοι δοκεῖ τὸ τὴν νόησιν ἔχον εἶναι ὁ ἀὴρ καλούμενος ὑπὸ τῶν ἀνθρώπων, καὶ ὑπὸ τούτου πάντας καὶ κυβερνᾶσθαι καὶ πάντων κρα­τεῖν· αὐτὸ γάρ μοι τοῦτο θεὸς δοκεῖ εἶναι καὶ ἐπὶ πᾶν ἀφῖχθαι καὶ πάντα διατιθέναι καὶ ἐν παντὶ ἐνεῖναι („Und mir scheint, dass das, was die Vernunft hat, das ist, was von den Menschen ‚die Luft‘ genannt wird, und dass dadurch alles gelenkt wird und dass es alles beherrscht. Denn mir scheint, dass gerade dies ‚Gott‘ ist und über allem steht und alles durchführt und in allem darin ist“ [Übers. vom Vf., MG]).

4

1. Problemstellung, These und Relevanz

tisch unsicher (Var. ἔθος bzw. ὁ νόος)4 und außerdem ist es unwahrscheinlich, dass Eph 4,6 von diesem Text literarisch oder traditionsgeschichtlich abhängig ist. Die Zusammenstellung von Eph 4,6 ist als das Werk des Verfassers anzusehen. Es stellt sich die Frage, was die Herkunft des διὰ πάντων und dessen Sinn im Kontext des Eph ist. Dazu wird zunächst eine Einführung in den Forschungsstand geboten. Für die vorliegende Studie halte ich einen ausführlichen Forschungsbericht für unentbehrlich. Anhand einer nicht bloß exemplarisch-repräsentativen und deskriptiven, sondern einer so vollständig wie möglichen Erfassung der internationalen Forschungsgeschichte seit Anfang des 20. Jahrhunderts, die auch die in nicht-gängigen Wissenschaftssprachen verfasste Literatur kritisch bespricht, wird begründet werden, dass über die Herkunft und den Sinn des διὰ πάντων in Eph 4,6 kein Konsens besteht, dass in jener Forschungsrichtung weiterzuarbeiten ist, die den Text im Kontext kaiserzeitlicher Philosophien zu erklären versucht, und dass die Lösung des exegetischen Problems, die in der Studie vorgenommen wird, tatsächlich neu ist. Gegenüber der bisherigen Forschung bietet die Studie ein neues Paradigma, indem sie in Eph 4,6 einen „Topos“ erkennt, der von paganen, jüdischen und christlichen Autoren, die zu derselben Geisteskultur gehörten, auf eigene Weise konzipiert und ausgearbeitet wurde. Die These ist, dass Eph 4,6 elementare kos­motheologische Vorstellungen zeitgenössischer philosophisch-­ religiöser Dis­kurse über das Verhältnis zwischen Gott und Welt thematisiert, diese aber auf eigene Weise ekklesiologisch auf Gottes Durchwalten der (getauften) Mit­ glie­der der Kirche bezieht: Gott durchdringt alle Glaubenden. Für den exegetischen Nachweis, dass Eph 4,6 allgemein-philosophisches Bildungsgut aufruft, unternimmt die Studie in Abhebung von bisherigen Untersuchungen eine vergleichende konzeptuelle Analyse von antiken Quellen, die davon reden, dass Gott oder das Göttliche alles durchwaltet, und die zu den Abfassungsverhältnissen des Eph passen. Die Studie versucht eine interdisziplinäre Brücke zu schlagen zwischen der Religionsgeschichte und der Philosophiegeschichte und dabei philologisch-historische, literaturwissenschaftliche, kultur- und mentalitätsgeschichtliche Methoden und Perspektiven miteinander zu verbinden. Die Analyse des Beispieltextes im terminologischen und konzeptuellen Ver­gleich zu unter anderem den pythagoreischen Goldenen Versen, den Werken des Mittelplatonikers Plutarch, der pseudo-aristotelischen Schrift Über die Welt, dem Zeushymnus des Stoikers Kleanthes und den Schriften des hel­ lenistisch-­jüdischen Religionsphilosophen Philo von Alexandrien wird zu den folgenden Ergebnissen führen: Erstens haben alle Elemente von Eph 4,6 signifikante Verbindungen in die antike Philosophie, auch gerade jene, für die keine biblische Vorlage namhaft zu machen ist (wie die Idee, dass Gott διὰ πάντων 4 Vgl. dazu den kritischen Apparat in Hermann Diels / Walther Kranz (Hg.), Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und Deutsch, Bd. 2, Berlin: Weidmann 101960, 61.

1. Problemstellung, These und Relevanz

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ist). Zweitens wird deutlich werden, dass das Verhältnis zwischen Eph und den verglichenen Werken nicht generativ zu erklären ist; die durch Kombination aus terminologischer und konzeptueller Analyse festgestellten sachlichen Berührungen und Überschneidungen verweisen vielmehr auf einen gemeinsamen Traditionsraum. Die Frage, inwiefern Gott oder das Göttliche διὰ πάντων ist, war in antiken Diskursen über Gott und Welt ein Achsenthema (eine damals breit diskutierte Thematik), das als literarisches Thema und auch als Bildungsthema für Jugendliche bezeugt ist. Letzteres zeigt, dass das Thema im hellenistischen Kulturraum allgemein zugänglich und tatsächlich verbreitet war. Drittens wird begründet werden, dass der Verfasser des Eph die kosmotheologische Terminologie, die in Eph 4,6 vorliegt, ekklesiologisch anwendet, mit der Absicht, eine Spaltung der im Glauben an Christus Jesus zu wahrenden Einheit der Kirche als Verstoß gegen die von Gott vorgegebene göttliche Ordnung zu interpretieren. Viertens ist in der intellektuellen und schriftstellerischen Fähigkeit, mit der der Verfasser eine kosmotheologische Anspielung ekklesiologisch auswertet, ein Signal zu erkennen, dass Eph in einem geistig-kulturellen Milieu zu situieren ist, in dem solche feinen Hinweise auf philosophische Konzeptionen wahrgenommen, verstanden und verarbeitet wurden. Der Verfasser des Eph bedient sich einer Sprache, die für Gebildete verständlich und aufschlussreich war. Die Untersuchung erbringt einen doppelten, über die Epheserexegese hinausreichenden Erkenntnisgewinn. Erstens: Eine wissenschaftliche Theologie ist per definitionem eine diskursvernetzte Theologie, welche einerseits die biblischen Schriften vor dem Hintergrund antiker Diskurse historisch-kritisch zu erschließen (und weiter zu denken) versucht und andererseits selbst immer an moderne Wissenschaftsdiskurse anschlussfähig sein muss. Zweitens: Die wissenschaftliche Auslegung eines antiken Werkes (wie einer frühchristlichen Schrift) kann sich nicht nur um die Auf klärung jener Faktoren bemühen, die das Werk philologisch prägen und historisch verorten, sondern muss auch das signifikante geistig-soziale Milieu mit seinen Diskursen und Topoi vermessen. Deswegen kann die Auslegung antiker Texte nur interdisziplinär gelingen.

2. Forschungsüberblick zu Epheser 4,6 2.1 Forschungen aus den Jahren 1915 bis 1959 Startpunkt dieses chronologischen status quaestionis, dessen Darstellung und kritische Besprechung der Auslegungsgeschichte von διὰ πάντων in Eph  4,6 keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, ist Martin Dibelius’ Artikel „Die Christianisierung einer hellenistischen Formel“ aus dem Jahr 1915.1 Die grundlegende Bedeutung dieses Artikels besteht darin, dass er auf die Berührungspunkte zwischen Eph 4,6 und Mark Aurel 7.9 aufmerksam gemacht hat.2 Dibelius’ Werk stellt in der modernen Exegese des Eph einen Wendepunkt dar.3 Dibelius weist darauf hin, dass Eduard Norden in seinem Buch Agnostos Theos (1913) bei seiner Besprechung des hellenistischen Hintergrundes der urchristlichen „Formel“, die nach ihm in Röm 11,36, 1 Kor 8,6, Kol 1,16–17, Eph  4,5–6 und Hebr  2,10 in unterschiedlichen Fassungen vorliegt, die oben genannte Stelle aus den Selbstbetrachtungen des Mark Aurel unberücksichtigt gelassen hat.4 Dibelius führt Selbstbetrachtung 7.9 als Parallele zu Eph 4,5–6 1 Verwendet wurde der Nachdr. 1956, s. Martin Dibelius, Die Christianisierung einer hel­lenistischen Formel, in: Günther Bornkamm / Heinz Kraft (Hg.), Botschaft und Geschichte. Gesammelte Aufsätze von Martin Dibelius, Bd. 2: Zum Urchristentum und zur hellenistischen Religionsgeschichte, Tübingen: Mohr Siebeck 1956, 14–29. 2 In seinem Epheserkommentar aus dem Jahr 1912 (Jahreszahl der Teillieferung „An die Kolosser, Epheser, An Philemon“; Jahreszahl des Gesamtbandes [HNT 3 / 2] ist 1913) bringt Dibelius diese Parallelstelle zu Eph 4,6 noch nicht vor. Er führt dort zur Stelle überhaupt keine außerbiblischen Parallelen an (nur Röm 11,36 und 1 Kor 8,6). Er bemerkt: Ob Eph 4,5–6 sich „aus der Benutzung einer älteren Formel (Dichtung?) erklärt, wird sich nie ausmachen lassen, solange neue Funde nicht neue Aufschlüsse bringen“. S. Martin Dibelius, An die Epheser, in: Ders., Die Briefe des Apostels Paulus, Bd. 2: Die neun kleinen Briefe (Handbuch zum Neuen Testament 3), Tübingen: Mohr Siebeck 1913, 95–132, 110. 3 Dibelius ist nicht der erste gewesen, der auf die Berührungspunkte zwischen Eph 4,6 und stoischen Vorstellungen hingewiesen hat. Desiderius Erasmus, zum Beispiel, zitiert in seinen Annotationes (1535, 5. Aufl.) zur Stelle u. a. Diog. Laert. vitae philosophorum 7.147 (über Zenon und andere Stoiker), um die stoische Lehre von Gott als alles durchwaltende Kraft aufzuzeigen (s. bes. θεὸν δὲ εἶναι […] ὥσπερ καὶ πατέρα πάντων, κοινῶς τε καὶ τὸ μέ­ρος αὐτοῦ διῆκον διὰ πάντων). Vgl. dazu rezent Riemer A. Faber (Hg.), Erasmus, Annotations on Galatians and Ephesians (Collected Works of Erasmus 58), Toronto / Buffalo, NY / London: University of Toronto Press 2017, 168–171, bes. 169 (Zitat) und 171 Anm. 9. 4 Vgl. Dibelius, Christianisierung, 14. Vgl. in Eduard Norden, Agnostos Theos. Untersuchungen zur Formengeschichte religiöser Rede, Leipzig / Berlin: Teubner 1913 die Paragra-

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2. Forschungsüberblick

(εἷς κύριος, μία πίστις, ἓν βάπτισμα, εἷς θεὸς καὶ πατὴρ πάντων, ὁ ἐπὶ πάντων καὶ διὰ πάντων καὶ ἐν πᾶσιν) an: πάντα ἀλλήλοις ἐπιπλέκεται καὶ ἡ σύνδεσις ἱερὰ καὶ σχεδόν τι οὐδὲν ἀλλότριον ἄλλο ἄλλῳ· συγκατατέτακται γὰρ καὶ συγκοσμεῖ τὸν αὐτὸν κόσμον. κόσμος τε γὰρ εἷς ἐξ ἁπάντων καὶ θεὸς εἷς διὰ πάντων καὶ οὐσία μία καὶ νόμος εἷς, λόγος κοινὸς πάντων τῶν νοερῶν ζῴων, καὶ ἀλήθεια μία, εἴγε καὶ τελειότης μία τῶν ὁμογενῶν καὶ τοῦ αὐτοῦ λόγου μετεχόντων ζῴων. Alles wird miteinander verbunden und das Band ist heilig und nahezu nichts ist anderem fremd. Denn (alles) ist zusammen geordnet und alles ordnet zusammen den gleichen Kosmos. Denn es gibt einen Kosmos(, der) aus allem (ist), einen Gott(, der) durch alles (ist), eine Substanz, ein Gesetz, einen allen vernünftigen Wesen gemeinsamen Logos und eine Wahrheit, wenn es je eine Vollkommenheit der miteinander verwandten und an demselben Logos Anteil nehmenden Wesen gibt (M. Aur. 7.9).5

Dibelius spricht von „Ähnlichkeit und Verschiedenheit“ zwischen beiden Stel­ len.6 Es lässt sich erschließen, dass er als Übereinstimmungen das „Prä­po­ sitionsspiel“ (ἐπὶ πάντων – διὰ πάντων – ἐν πᾶσιν bzw. ἐξ ἁπάντων – διὰ πάν­ των) und die Gegenüberstellung von εἷς und πάντα (M. Aur.) beziehungsweise πάν­τες (Eph) sieht und als wichtigsten Unterschied, dass Mark Aurel die alles (πάν­τα) zusammenhaltende Einheit des Kosmos und Gottes, der Verfasser des Eph aber die Einheit aller Glieder der Kirche (πάντες) unter dem einen Gott zum Ausdruck bringt.7 Anders formuliert: Anders als bei Mark Aurel, der sich auf das Weltall bezieht, bleiben in der christlichen Einheitsformel des Eph „alle außerchristlichen Glieder des Alls […] außer Betracht“.8 Eine von Dibelius nicht erwähnte Übereinstimmung ist noch, dass beide Autoren im Zusammenhang mit dem Thema „Einheit“ den Terminus „Band“ (σύνδεσμος bzw. σύν­ δε­σις) verwenden (s. ἐν τῷ συνδέσμῳ in Eph 4,3 und ἡ σύνδεσις in M. Aur. 7.9.1).9 fen „Eine stoische Doxologie bei Paulus. Geschichte einer Allmachtsformel“ (240–250) und „Stilistisch-sprachliche Bemerkungen zu der Allmachtsformel ΕΞ ΑΥΤΟΥ ΚΑΙ ΔΙ’ ΑΥΤΟΥ ΚΑΙ ΕΙΣ ΑΥΤΟΝ ΤΑ ΠΑΝΤΑ“ (347–354). Norden (S. 245) weist wohl auf eine Parallele in der Rede auf Serapis des Ailios Aristeides (117–181 n. Chr.) hin, verbindet die aber nicht mit Eph 4,6. S. Aristeid. or. 8.53.5 = 45.21: Serapis wird von den Alexandrinern „der Eine“ (ἕνα) bzw. „Zeus“ (Δία) genannt, „denn er ist nicht beschränkt in außergewöhnlicher Kraft, sondern durchwaltet alles und erfüllt das All“ (ὅτι οὐκ ἀπολέλειπται δυνάμει περιττῇ, ἀλλὰ διὰ πάντων ἥκει καὶ τὸ πᾶν πεπλήρωκε). 5 Dibelius, Christianisierung, 14, zitiert das Griechisch nach Schenkl; die Übers. ist meine eigene. 6 S. Dibelius, Christianisierung, 15, und vgl. 19, wo er von „äußere[m] Anklang […] und innerer Verschiedenheit“ spricht. 7 Vgl. Dibelius, Christianisierung, 14–15.19–20. 8 S. Dibelius, Christianisierung, 20. 9 Vgl. zu ἐν τῷ συνδέσμῳ τῆς εἰρήνης in Eph 4,3 συνδέσμων in Kol 2,19 (vom Vf. des Eph in Eph 4,16 nicht übernommen) und bes. σύνδεσμος τῆς τελειότητος. καὶ ἡ εἰρήνη in 3,14–15 (vgl. zur letztgenannten Stelle M. Aur. 7.9, wo auch die Kombination von ἡ σύνδεσις und τελειότης vorkommt).

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Das Problem dieser Parallele ist, dass sie anachronistisch ist: Die Selbstbetrachtungen des Mark Aurel (121–180 n. Chr.) entstammen ja dem Ende des 2. Jahrhunderts, während Eph vermutlich auf Ende des 1. Jahrhunderts zu datieren ist. Dibelius ist sich dieses Problems wohl bewusst und versucht es zu lösen, seine Lösung ist aber nicht befriedigend. Dibelius bemerkt mit Recht, dass die Ähnlichkeit zwischen beiden Stellen kaum als Zufall gelten kann (vgl. bes. εἷς θεὸς […] διὰ πάντων in Eph mit θεὸς εἷς διὰ πάντων bei M. Aur.) und dass aller Wahrscheinlichkeit nach Mark Aurel nicht vom Eph beeinflusst wurde.10 Er versucht den zeitlichen Abstand zwischen beiden Stellen zu verkleinern, indem er bemerkt, dass die Betrachtung des kaiserlichen Stoikers vermutlich keine Neubildung ist, sondern (zumindest einige) ältere Motive „reproduziert“, das heißt, „freie Reproduktion einer formelhaften Wendung“ sei.11 Dies mag sein, aber keine von den anderen von Dibelius in seinem gelehrten Artikel angeführten hellenistischen sowie hellenistisch-jüdischen Parallelen sagt aus, dass Gott διὰ πάντων ist. Dibelius zufolge wurde die hellenistische (stoische) Einheitsformel im hel­lenistischen Judentum vom Kosmischen ins Kultische übertragen und im Christentum unter dem Einfluss des hellenistischen Judentums, dem „Mittler zwischen der hellenistischen Geisteskultur und dem Urchristentum“, ins Kirchliche übersetzt.12 Anders als Dibelius würde ich an dieser Stelle nicht von der Entwicklung einer Formel von der Stoa über das hellenistische Judentum bis ins Urchristentum reden.13 Es liegt meines Erachtens ein „Topos“ vor, der von paganen, jüdischen und christlichen Denkerinnen und Denkern, die zu derselben Geisteskultur gehörten, auf eigene Weise konzipiert und ausgearbeitet wurde. Im Folgenden liegt der Fokus auf Kommentaren zu Eph, die nach dem oben besprochenen Artikel von Dibelius erschienen sind.14 Damit der Blickwinkel 10 Vgl.

Dibelius, Christianisierung, 15. Dibelius, Christianisierung, 15.19. 12 Vgl. Dibelius, Christianisierung, 22–29 (Zitat auf S. 27). 13 Vgl. Dibelius, Christianisierung, 27. 14 Einen Überblick von patristischen Auslegungen von Eph 4,6 bietet Mark J. Edwards, The Epistle to the Ephesians, in: Ders. (Hg.), Galatians, Ephesians, Philippians (Ancient Christian Commentary on Scripture. New Testament 8), Chicago, IL / London: Fitzroy Dearborn 1999, 107–216, 158.160–161. Charlotte Köckert, Christliche Kosmologie und kaiserzeitliche Philosophie. Die Auslegung des Schöpfungsberichtes bei Origenes, Basilius und Gregor von Nyssa vor dem Hintergrund kaiserzeitlicher Timaeus-Interpretationen (Studien und Texte zu Antike und Christentum 56), Tübingen: Mohr Siebeck 2009, bespricht Eph 4,6 nicht. In der vorliegenden Studie wird ein Kommentar wie der von Adolf Schlatter, Der Brief an die Epheser, in: Ders., Die Briefe an die Galater, Epheser, Kolosser und Philemon. Ausgelegt für Bibelleser (Erläuterungen zum Neuen Testament 7), Stuttgart: Calwer 1963, 152–249, deswegen nicht berücksichtigt, da dieser ursprünglich vor 1915 erschienen ist und (auch) die Ausg. 1963 Dibelius’ Artikel oder Kommentar nicht in Betracht zieht. Joachim Gnilka, Der Epheserbrief (Herders theologischer Kommentar zum Neuen Testament 10 / 2), Freiburg / Basel / Wien: Herder 31982, xvi rechnet die Ausg. 1963 zu den Kommentaren „ab 11 S.

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2. Forschungsüberblick

nicht zu eng gefasst wird, werden nicht ausschließlich historisch-kritische Kommentare behandelt. Wilhelm Lueken (19173 [19071, 19082])15 rezipiert Dibelius’ neuen Fund nicht. Er erwähnt dessen Kommentar (1913), scheint aber dessen Artikel (1915) nicht zu kennen. Seine Interpretation von Eph 4,6, den er mit „ein Gott und Vater Aller, der da ist über Allen und durch Alle und in Allen“ übersetzt,16 ist eine Kombination von einer kosmologischen und ekklesiologischen bezie­hungsweise anthropologischen Deutung: Das ist schließlich die entscheidende Gemeinsamkeit der christlichen Religion: der zuver­ sichtliche, freudige Gott-Vater-Glaube, der Glaube an den schrankenlosen, allmächtigen, all­ gegenwärtigen Gott der Welt („über Allen“), das lebendige Bewußtsein seiner Gegenwart und der Gemeinschaft mit ihm, der alle Christen durchdringt und in allen wirkt.17

Hier wird ἐπὶ πάντων im Sinne von Gottes Überlegenheit hinsichtlich alles Geschaffenen, διὰ πάντων im Sinne von Gottes Durchdringen von allen Christen 1945“, Schlatter starb aber 1938; die Angabe „[n]eu durchgesehen 1963“ (s.  Schlatter, Ephe­ser, 4) bezieht sich also nicht auf eine Durchsicht durch den Vf. selbst. Nicht (wissenschaftlich) begründete Betrachtungen über Eph, wie die von Harry A. Ironside, In the Heavenlies. Practical Expository Addresses on the Epistle to the Ephesians, London: Pick­ering & Inglis 1961 (1937), Ludwig Thimme, Das Geheimnis der Gemeinde Jesu. Eine Aus­legung und Verdeutschung des Epheserbriefes, Hamburg: Bethel 1939, Adrienne von Speyr, Der Epheserbrief, hg. v. Hans Urs von Balthasar, Einsiedeln: Johannes-Verlag 21983 (1950), D. Martyn Lloyd-Jones, Christian Unity. An Exposition of Ephesians 4:1 to 16, Edinburgh: Banner of Truth 1980, und Leon Morris, Expository Reflections on the Letter to the Ephesians, Grand Rapids, MI: Baker Books 1994, werden hier nach eigener Prüfung nicht besprochen. Die „exegetische Zusammenfassung“ des Eph von Glenn H. Graham, An Exegetical Summary of Ephesians, Dallas, TX: Summer Institute of Linguistics 1997, wird deswegen nicht behandelt, da sie keine eigene Exegese bietet, sondern nur zusammenfasst, was andere geschrieben haben (wobei die Auswahl an besprochener Literatur beschränkt ist), ohne sich für eine bestimmte Position zu entscheiden (vgl. dazu Graham, Ephesians, 6: „No attempt has been made to select which interpretation is best“). Erik Peterson / Christoph Markschies, HEIS THEOS. Epigraphische, formgeschichtliche und religionsgeschichtliche Untersuchungen zur antiken „Ein-Gott“-Akklamation. Nachdruck der Ausgabe von Erik Peterson 1926 mit Ergänzungen und Kommentaren von Christoph Markschies, Henrik Hildebrandt, Barbara Nichtweiß u. a. (Erik Peterson. Ausgewählte Schriften 8), Würzburg: Echter 2012, rezipiert / rezipieren Dibelius’ Artikel 1915 zu Eph 4,6 nicht. 15 Die 1. und 2. Aufl. von Luekens Epheserkommentar sind vor dem Artikel von Dibelius (1915) erschienen (s. o.), vgl. Wilhelm Lueken, Der Brief an die Epheser, in: Johannes Weiß (Hg.), Die Schriften des Neuen Testaments, Bd. 2: Die Briefe. Die johanneischen Schriften, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1907, 114–134, und Ders., Der Brief an die Epheser, in: Johannes Weiß (Hg.), Die Schriften des Neuen Testaments, Bd. 2: Die Briefe. Die johanneischen Schriften, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 21908, 348–372. 16 S. Wilhelm Lueken, Der Brief an die Epheser, in: Wilhelm Bousset / Wilhelm Heitmüller (Hg.), Die Schriften des Neuen Testaments, Bd. 2: Die paulinischen Briefe und die Pastoralbriefe, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 31917, 358–383, 371. 17 S. Lueken, Epheser, 372.

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und ἐν πᾶσιν im Sinne von Gottes Wirksamkeit in allen (Menschen oder Christen) ausgelegt. Der Verfasser des Eph gebe hier den höchsten Einheitsgrund an, womit er seine Ermahnung zur Eintracht der Christenheit (Eph 4,1–16) begründe, wobei es hier nicht spezifisch um die Einheit zwischen Juden- und Heidenchristen, sondern generell um die Einheit der ganzen christlichen Kirche gehe.18 Parallelstellen zu Eph 4,6 gibt Lueken nicht an. Max Meinertz (19212 [1917]) übersetzt Eph 4,6 mit „ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen“,19 wobei er „alle“ im Sinne von „alle Menschen“ auffasst und διὰ πάντων instrumental deutet: Die Formel sei ein „Hinweis auf Gott, der als Vater über allen Menschen gleichmäßig schwebt: er überragt sie alle (vgl. Röm 9,5), alle sind Organe für seine übernatürliche Wirksamkeit, er ist mit seinen Gnaden in allen lebendig“.20 Meinertz weist unter Bezug auf Dibelius darauf hin, dass diese formelhaften Wendungen, hier auf die Einheit der Kirche bezogen, in kosmischem Sinne in hellenistischer Literatur und „in kultischer Verengung“ im hellenistischen Judentum vorkommen, gibt aber selbst keine Belege an.21 Die von Dibelius angeführten Parallelen machen es gerade plausibel, dass διὰ πάντων nicht instrumental, sondern lokal gemeint ist. Nach Jacques-Marie Vosté (19322 [1921]) bezieht sich Eph  4,6 a auf alle (Christen), V. 6 b aber auf alles. Er übersetzt den Vers mit Unus Deus et Pater omnium, qui est super omnia, et per omnia, et in omnibus.22 Der Abschnitt Eph 4,1–16 sage aus: Wir (Christen) sollen alle einig sein in der Nächstenliebe.23 In VV. 1–6 ermahne der Verfasser seine Adressaten, dass sie die Einheit wahren müssen, da es eine Kirche gibt: ein Leib, ein Haupt (dieses Leibes = Christus), ein Gott als Vater aller.24 VV. 4–6 geben die Grundlagen dieser Einheit an.25 Dabei nenne V. 6 die eine alles übersteigende Grundlage: der eine Gott und

18 Vgl.

ebd. Max Meinertz, Der Epheserbrief, in: Ders. / Fritz Tillmann (Hg.), Die Gefangenschaftsbriefe des heiligen Paulus (Die Heilige Schrift des Neuen Testaments 6), Bonn: Han­ stein 21921, 43–91, 73. 20 S. ebd. 21 Vgl. ebd. 22 S. Jacques-Marie Vosté, Commentarius in epistulam ad Ephesios, Rom / Paris: Collegio Angelico / Lecoffre / Gabalda 21932, 191 mit Anm. 1 und 193 mit Anm. 1, der gegenüber der Vg vorschlägt, super omnia statt super omnes und in omnibus statt in omnibus nobis zu lesen. 23 S. Vosté, Commentarius, 186: Oportet omnes simus unus in caritate (IV, 1–16). 24 Vgl. ebd.: Hortatur Apostolus lectores, ut servent unitatem spiritus in vinculo pacis; una enim est Ecclesia: unum corpus mysticum, unum caput Christus, unus Deus Pater omni­ um (v. 1–6). 25 Vgl. ebd.: cuius unitatis statim describuntur elementa obiectiva (v. 4–6). 19 S.

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2. Forschungsüberblick

Vater aller (unus Deus et Pater omnium), dessen universale Tätigkeit auf drei Weisen ausgeübt wird (super omnia, per omnia, in omnibus).26 Vosté verbindet Unus Deus in V. 6 a mit dem Gedanken, dass alle von dem einen Gott die gleiche Natur haben (vgl. Apg 17,26.28; Röm 3,30; Mal 2,10).27 Pater omnium verdeutliche die Einheit aller (Christen) in der einen Familie; alle seien Geschwister durch die Adoption in Christus (vgl. Eph 1,5; Gal 4,5).28 Schließlich drücken die drei All-Wendungen in V. 6 b Gottes transzendente, schöpferische Tätigkeit aus (vgl. Eph 3,9; Röm 11,36).29 Vostés Exegese von Eph 4,6 bleibt weit hinter der von Dibelius und anderen zurück. Seakle Greijdanus (1925) deutet Eph 4,6 ekklesiologisch. Er übersetzt den Vers wie folgt: „Één God en Vader van allen, Die (is) over allen, en door allen, en in allen.“30 Die Perikope Eph 4,1–16 handele über die Eintracht der Gesamtgemeinde.31 Dabei ermahne Paulus in V. 3 seine Adressaten, die Einheit der Gemeinde zu wahren und beschreibe in VV. 4–6, inwiefern die Einheit bereits vorliegt.32 In diesem Zusammenhang sei es am wahrscheinlichsten, dass die All-Prädikationen in V. 6 sich auf alle Glaubenden beziehen.33 V. 6 a spreche von dem einen Gott und Vater aller Glaubenden und bringe Gottes Erhabenheit, Macht und Herrlichkeit sowie sein Erbarmen, Liebe und Zuneigung zu den Glaubenden zum Ausdruck.34 V. 6 b spreche von Gottes Hoheit über al26 Vgl. Vosté, Commentarius, 190–191: unum demum elementum transcendens cuius uni­versalis actio triplici modo exercetur (unus Deus et Pater omnium, qui est super omnia et per omnia et in omnibus) v. 4–6. […] En elementum transcendens unitatis, quod statim des­ cribitur per triplicem determinationem (Hervorhebung von Vosté). 27 S. Vosté, Commentarius, 191: Unus Deus, a quo habemus omnes eamdem naturam (Act. XVII, 26, 28; Rom. III, 30; Mal. II, 10). 28 Vgl. ebd.: Ut melius adhuc appareat unitas omnium in una familia, additur Pater omnium, in quo omnes sumus fratres propter adoptionem in Christo; cfr. supra I, 5; Gal. IV, 5. 29 Vgl. ebd.: Melius tamen sumuntur adiectiva illa in neutro, de actione transcendenti cre­ativa Dei, sicut v. gr. III, 9; comp. Rom. XI. 36. Ob ἐπί auf Transzendenz hindeutet, d. h. auf mehr als „über“, ist zweifelhaft. 30 S. Seakle Greijdanus, De brief van den apostel Paulus aan de Epheziërs, in: Ders., Epheze, Philippenzen (Korte verklaring der Heilige Schrift), Kampen: Kok 1925, 1–141, 81. 31 Vgl. Greijdanus, Epheziërs, 80: „In [Eph] 4 : 1–16 […] wordt over de gemeente als geheel gehandeld. Daarin dringt de apostel [Paulus] aan op eendracht, en stelt hij de eenheid der gemeente voor oogen.“ 32 Greijdanus, Epheziërs, 81, gibt Eph 4,1–6 die Überschrift „Vermaning tot eendracht, en voorstelling van de eenheid der gemeente“ (mit typographischen Änderungen: normal statt fett) und bemerkt: „Vs. 3 spoort uitdrukkelijk tot het bewaren der eenheid aan. En deze eenheid wordt daarna in de verzen 4–6 in onderscheiden opzicht voorgesteld.“ Vgl. auch S. 83: „Omdat de verzen 5 en 6 zeggen wat is, en geene aansporing bevatten, om de daarin genoemde eenheid tot stand te brengen, zullen we deze woorden in vs. 4 ook wel als con­ sta­teering moeten opvatten, d. i. als eene uitspraak over hetgeen bestaat. Vanzelf ligt daarin de opwekking, dat deze bestaande eenheid ook zichtbaar moet wezen, en in het doen der geloovigen zich openbaren.“ 33 Vgl. dazu Greijdanus, Epheziërs, 84.

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len Glaubenden und über der Gesamtgemeinde (ἐπὶ πάντων), seine Allgegenwärtigkeit in allen Glaubenden und in der Gesamtgemeinde (διὰ πάντων) und sein Innewohnen in jeder / jedem einzelnen Gläubigen (ἐν πᾶσιν).35 Die von Greijdanus erwähnten Parallelen, 1 Kor 15,28 und Apg 17,28 (wovon die letzte Stelle nach Greijdanus weniger relevant ist),36 können die All-Wendungen in Eph 4,6 nicht plausibel erklären. Jacobus van Leeuwen (1926) bietet in seinem Kommentar keine Übersetzung des Eph, in seiner Auslegung von Eph  4,6 wird V. 6 a aber mit „(er is) één God en Vader van allen“ und die drei Elemente des V. 6 b mit „die […] boven allen […] is“, „door allen“ und „in hen“ wiedergegeben.37 Eph 4,6 sei (Teil) eine(r) Bekenntnisformel, womit Paulus seine Ermahnung zur ἑνότης (Einheit, Einigkeit, Gleichgesinntheit)38 verstärke.39 πατὴρ πάντων meine „Vater aller Glaubenden“; es sind ja die Glaubenden, die zur Einheit aufgerufen werden.40 Deswegen seien auch die drei All-Prädikationen in V. 6 b maskulinisch aufzufassen.41 ἐπὶ πάντων besage Gottes souveräne Autorität, διὰ πάντων, dass alle Glaubenden in ihrer Existenz von Gott bestimmt und regiert werden, und ἐν 34 Vgl. ebd.: „Eén God en Vader van allen, nl, die gelooven, de uitverkorenen, en die tot ’s Heeren gemeente behooren, Zijn lichaam vormen. […] ‚God en Vader‘ spreekt van Gods grootheid, macht, en heerlijkheid, én van Zijne ontferming, liefde en genegenheid; vgl. 1 : 2, 3“ (Hervorhebung von Greijdanus). Greijdanus (S. 84) fasst Gott Vater in Eph 4,6 trinitarisch auf: „in vs. 6 wordt […] gesproken van het Goddelijke wezen, gelijk het eigen is aan alle drie de Goddelijke Personen.“ 35 Vgl. ebd.: „Die is over, of boven, allen, d. w. z. die de souvereiniteit en regeering over allen bezit, in handen heeft, en uitoefent, en door allen, daar Hij door de gansche gemeente henen Zijne heerschappij gevoelen doet, en in allen, omdat Hij ook in elk der geloovigen door den H. Geest woont en werkt. Hier is sprake van Gods hoogheid boven en over alle geloovigen en gansche gemeente, en van Zijne alomtegenwoordigheid in hen allen en in haar als geheel, en van Zijne inwoning in elk der geloovigen persoonlijk.“ 36 S. ebd. 37 S. Jacobus A. C. van Leeuwen, Efeze, in: Ders., Paulus’ zendbrieven aan Efeze, Colosse, Filémon, en Thessalonika (Kommentaar op het Nieuwe Testament 10), Amsterdam: Van Bottenburg 1926, 1–144, 94. 38 S. Van Leeuwen, Efeze, 92: „In het verband waarin het voorkomt – in het N. Test. [im Neuen Testament] slechts [Eph 4] vs. 3 en 13 – heeft ἑνότης den zin van ‚eenheid‘, als eensgezindheid, één zijn van zin.“ 39 Vgl. Van Leeuwen, Efeze, 94: „Er is nog een ander element in de christelijke belijdenis, waarmede de apostel de vermaning tot ἑνότης aandringt: εἷς θεὸς καὶ πατὴρ πάντων […]. Van dien éénen God en Vader van allen wordt in een nadere bepaling nog gezegd: ὁ ἐπὶ πάντων καὶ διὰ πάντων καὶ ἐν πᾶσιν.“ 40 Vgl. ebd.: „Zonder twijfel wordt God hier niet als ‚Alvader‘ genoemd, maar krachtens het verband gedacht als Vader van alle geloovigen; dezen zijn de πάντες, die tot eensgezindheid worden aangespoord“ (Hervorhebung von Van Leeuwen). 41 Vgl. ebd.: „De analogie en het verband maken het noodzakelijk πάντων en πᾶσιν ook hier als masc. [Maskulinum] op te vatten.“

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2. Forschungsüberblick

πᾶσιν, dass Gott mit seinem Geist in ihnen wohnt und sie erfüllt.42 Die zwei von Van Leeuwen angeführten Parallelen (Röm 3,30 und 1 Kor 8,6) können die All-Wendungen in Eph 4,6 nicht richtig erklären. Nach Martin Dibelius’ revidiertem Kommentar zu Eph (19272)43 handele es sich in Eph 4,6 um „die Parallelisierung der Einheit der Gemeinde mit der Einheit Gottes“.44 Er übersetzt mit „ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen“.45 Die Formel sei dem Kontext nach nicht kosmologisch (neutrisch), sondern ekklesiologisch (maskulinisch) zu fassen.46 Die Variante ἐν πᾶσιν ἡμῖν lege „die persönliche Fassung ausdrücklich fest“.47 Von den von Dibelius angeführten Parallelen ist für das in Eph 4,6 auf Gott bezogene διὰ πάντων nur die Stelle relevant, auf die er in seinem oben besprochenen Artikel hingewiesen hat: Mark Aurel  7.9.2, worin nach Dibelius die Einheit Gottes von der Einheit der Welt abgeleitet wird: κόσμος τε γὰρ εἷς ἐξ ἁπάντων καὶ θεὸς εἷς διὰ πάντων („denn es gibt einen Kosmos[, der] aus allem [ist] und einen Gott[, der] durch alles [ist]“).48 Nach Dibelius folge Mark Aurel „zweifellos älteren Formulierungen“, er führt für diese Assertion aber keine Beweise an.49 Dibelius führt das „Präpositionsspiel“ mit ἐπί, διά und ἐν formgeschichtlich auf ähnliche Formeln zurück. Er sieht eine Verwandtschaft mit dem „Präpositionsspiel“ in Röm 11,36 (ἐξ αὐτοῦ [d. h. aus Gott] καὶ δι᾽ αὐτοῦ καὶ εἰς αὐτὸν τὰ πάντα) sowie 1 Kor 8,6 (εἷς θεὸς ὁ πατὴρ ἐξ οὗ τὰ πάντα καὶ ἡμεῖς εἰς 42 Vgl. ebd.: „Dat God degene heet, die ἐπὶ πάντων, boven allen, is, ziet op Zijn souverein gezag; διὰ πάντων, door allen, wil zeggen, dat allen in hun bestaan door Hem bepaald en bestuurd worden; ἐν πᾶσιν, dat Hij met Zijn Geest in hen woont en hen vervult.“ 43 In der 1. Aufl. seines Epheserkommentars (1912 / 1913) führt Dibelius zu Eph 4,6 noch keine außerbiblischen Parallelen an (s. o.). Dibelius’ Bemerkungen zu Eph 4,6 in der 2. Aufl. seines Kommentars (1927) basieren großenteils auf seinen oben besprochenen Artikel (1915). In der von Heinrich Greeven neu überarbeiteten 3. Aufl. hat es für die Interpretation von Eph 4,6 keine signifikanten Verschiebungen gegeben. Vgl. dazu Martin Dibelius, An die Epheser, in: Ders. / Heinrich Greeven (Hg.), An die Kolosser, Epheser, An Philemon (Handbuch zum Neuen Testament 12), Tübingen: Mohr Siebeck 31953, 54–100, 79–80, und vgl. auch Ders., An die Kolosser, in: Ders. / Greeven (Hg.), An die Kolosser, Epheser, An Phi­lemon (1953), 1–53, 12–14. In der 3. Aufl. des Epheserkommentars wird betont, dass ἓν πνεῦμα  – εἷς κύριος  – εἷς θεὸς καὶ πατήρ in Eph  4,4–6 nicht trinitarisch aufzufassen ist (S. 79): „Die trinitarische Antiklimax ἓν πνεῦμα 4  – εἷς κύριος 5 – εἷς θεὸς καὶ πατήρ 6 ist schwer­lich beabsichtigt.“ 44 S. Martin Dibelius, An die Epheser, in: Ders., An die Kolosser, Epheser, An Philemon (Handbuch zum Neuen Testament 12), Tübingen: Mohr Siebeck 21927, 42–77, 60. 45 S. ebd. 46 Vgl. ebd. 47 S. ebd. 48 Vgl. ebd. Dibelius zitiert nur den griechischen Text, wovon hier nur ein Teil wiedergegeben wird. Die Übers. ist meine eigene. 49 S. ebd.

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αὐτόν, καὶ εἷς κύριος Ἰησοῦς Χριστὸς δι᾽ οὗ τὰ πάντα καὶ ἡμεῖς δι᾽ αὐτοῦ) und Kol 1,16 (ἐν αὐτῷ [d. h. in Christus] ἐκτίσθη τὰ πάντα […] τὰ πάντα δι᾽ αὐτοῦ καὶ εἰς αὐτὸν ἔκτισται).50 In diesen verwandten Formeln werde „die kosmische Beziehung“ Gottes beziehungsweise Christi beschrieben (Gott bzw. Christus werden als Grund und Ziel der Schöpfung dargestellt).51 „Ähnlich“ werde bei Mark Aurel 4.23 (ἐκ σοῦ [d. h. von dir, o (göttlicher) κόσμος / φύσις, aus] πάντα, ἐν σοὶ πάντα, εἰς σὲ πάντα) „die kosmische Bedeutung der Physis“ wiedergegeben.52 Die „Bestimmung der kosmischen Stellung“ mittels Präpositionen hänge „mit einer auf Plato zurückgeführten Unterscheidung der Ursachen in der Philosophie zusammen“.53 Dibelius weist dazu auf ein Platonzitat bei Seneca hin: Quinque ergo causae sunt, ut Plato dicit: id ex quo, id a quo, id in quo, id ad quod, id propter quod, novissime id quod ex his est […] (Sen.  epist.  65.8).54 Philo bezeuge, dass diese Stelle „schon von stoischer Plato-Interpretation […] auf die Welt bezogen worden [ist]“.55 Er schreibt, dass deren Ursache (ὑφ᾽ οὗ) Gott ist, deren Materie, woraus (ἐξ ὧν) sie zusammengestellt wurde, die vier Elemente sind, das Werkzeug, durch das (δι᾽ οὗ) sie geschaffen wurde, Gottes Logos und der Grund (αἰτίαν) der Schöpfung, die Güte des Schöpfers ist (Philo Cher. 127).56 Hier zeigen sich die Grenzen von Dibelius’ Ansatz: Dibelius gibt zwar einige Stellen an, die wie Eph 4,6 eine Triade von Präpositionen sowie eine Form von πᾶς bezeugen, keine aber verwendet die in Eph 4,6 vorliegende Kombination von Präpositionen (ἐπί, διά und ἐν) und keine sagt aus, dass Gott διὰ 50 Vgl. Martin Dibelius, An die Kolosser, in: Ders., An die Kolosser, Epheser, An Philemon (1927), 1–41, 8, und Dibelius, Epheser (1927), 60. 51 Vgl. Dibelius, Kolosser (1927), 8–9, und Dibelius, Epheser (1927), 60. 52 S. Dibelius, Kolosser (1927), 8. 53 S. ebd. 54 S. Dibelius, Kolosser (1927), 8–9. Gerhard Fink, L. Annaeus Seneca. Epistulae mo­ rales ad Lucilium. Briefe an Lucilius. Lateinisch-deutsch, Bd. 1 (Sammlung Tusculum), Düs­ seldorf: Artemis & Winkler 2007, 355, übersetzt diese Stelle mit: „Fünf Ursachen gibt es also, wie Platon sagt, für etwas, das ist: Das Woraus, das Woher, das Wohin, das Wonach und das Warum.“ 55 S. Dibelius, Kolosser (1927), 9. 56 S. ebd. Dibelius zitiert nur den griechischen Text von Cher. 127 (die Übers. ist meine eigene), wovon ich hier den relevanten Teil wiedergebe: αἴτιον μὲν αὐτοῦ [d. h. des κόσμος] τὸν θεὸν ὑφ᾽ οὗ γέγονεν, ὕλην δὲ τὰ τέσσαρα στοιχεῖα ἐξ ὧν συνεκράθη, ὄργανον δὲ λόγον θεοῦ δι᾽ οὗ κατεσκευάσθη, τῆς δὲ κατασκευῆς αἰτίαν τὴν ἀγαθότητα τοῦ δημιουργοῦ. Dibelius weist hier nicht auf Sen. epist. 65.9 hin: Haec omnia mundus quoque, ut ait Plato, habet: facientem, hic deus est; ex quo fit, haec materia est; formam, haec est habitus et ordo mundi quem videmus; exemplar, scilicet ad quod deus hanc magnitudinem operis pulcherrimi fecit; propositum, propter quod fecit, übersetzt: „All diese Merkmale weist, wie Platon sagt, auch das Weltall auf: einen Schöpfer, das ist der Gott; das, woraus es geschaffen wird, das ist die Materie; eine Gestalt, das ist die Weltordnung, die wir erkennen; das Vorbild ist selbstverständlich, wonach Gott dieses riesengroße und wunderschöne Werk erschaffen hat; und der Anreiz das, weswegen er das tat.“

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πάντων ist. Bemerkenswerterweise weist Dibelius nicht auf Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεὸς) und 1 Kor 12,6 (ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν) hin, vielleicht deswegen, weil sein Fokus bei Präpositionsspielen mit drei Elementen lag. Seine Behauptung, es werde eine (vorgegebene) Formel verwendet, da VV. 5–6 eine künstliche Gestaltung mit zweimal drei Gliedern aufwiesen (εἷς – μία – ἕν [Maskulinum, Femininum, Neutrum] bzw. ἐπί – διά – ἐν) und für die Begründung von dem, was in V. 3 angeführt wird, nicht nötig seien („als Begründung zu V. 3 würde V. 4 genügen; dann könnte V. 7 folgen“),57 berücksichtigt nicht, dass Eph 4,6 eine anderswo nicht bezeugte Formel mit zwei paulinischen und einem „fremden“ Element ist. Die Zusammenstellung des Verses ist als das Werk des Verfassers zu betrachten. Dibelius zufolge reicht die Vorgeschichte der Formel in die Stoa und das Judentum zurück: Die Formel hänge von einer hellenistischen Einheitsformel ab, welche sich auf das All bezogen hat (vgl. Mark Aurel); diese kosmische Einheitsformel werde im hellenistischen Judentum auf die Religion bezogen. Das heißt, Einheit wurde nicht in der Einheit der Welt, sondern in der Einheit der Religion begründet (vgl. Philo Spec. 1.67: ἐπειδὴ εἷς ἐστιν ὁ θεὸς καὶ ἱερὸν ἓν εἶναι μόνον, „da Gott einer ist, muss es auch einen einzelnen Tempel geben“; Ios. c. Ap. 2.193: εἷς ναὸς ἑνὸς θεοῦ [φίλον γὰρ ἀεὶ παντὶ τὸ ὅμοιον] κοινὸς ἁπάντων κοινοῦ θεοῦ ἁπάντων, „es muss einen Tempel für den einen Gott geben [denn lieb ist immer allem das Ähnliche], der gemeinsam allen des gemeinsamen Gottes aller ist“).58 Eph 4,6 gehe also auf eine kosmische Einheitsformel zurück, die im hellenistischen Judentum auf die religiöse Gemeinschaft und vom Verfasser des Eph auf die Kirche bezogen wurde, oder anders gesagt, es handle sich um eine „Verkirchlichung“ einer kosmischen Einheitsformel.59 Nach Johannes de Zwaan (1927) beziehen sich die All-Prädikationen in Eph 4,6 auf die Christen. Er übersetzt den Vers mit „één God en Vader van allen, die boven allen en door allen en in allen is“,60 an einigen Stellen aber mit am Ende „in u allen“, womit er die Aussage auf die christlichen Adressaten des Paulus bezieht.61 De Zwaan kommentiert den Vers in seiner thematischen Auslegung nicht separat, sondern nur den Abschnitt Eph 4,4–7. Paulus’ Drängen auf Einheit in diesen Versen sei gegen den damaligen kleinasiatischen Synkretismus gerichtet: Paulus wolle nicht, dass seine Adressaten synkretistisch denken.62 Er 57 S.

und vgl. Dibelius, Epheser (1927), 60. ebd. Dibelius zitiert nur den griechischen Text; die Übers. sind meine eigenen. 59 Vgl. ebd. 60 S. Johannes de Zwaan, De Efezenbrief van Paulus, Haarlem: Bohn 1927, 105. 61 S. De Zwaan, Efezenbrief, 29.47. 62 Vgl. De Zwaan, Efezenbrief, 13: „Hun [d. h. der Leser] geestelijke oriënteering ten op­ zichte van het Kleinaziatisch syncretisme […] ging hem [d. h. Paulus] ter harte. Vandaar, dat ook hij hier zoo sterk aandringt op ‚eenheid‘ (b. v. 4 : 4–7).“ 58 Vgl.

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kehre sich auch gegen die Grundlagen des Fatalismus, Individualismus und der Verdinglichung, die seine Adressaten bedrohen: Dem stelle er gegenüber, dass Gottes Rat das Individuum in einen Organismus aufnimmt, in den Leib Christi, die ἐκκλησία, worin alles seinen Platz, Sinn, Aufgabe und Ziel hat.63 Paulus sage aus: „Haltet einander fest: Gott hat euch zu einem Ganzen zusammengefügt!“64 De Zwaan zufolge meint „Christi Leib“ nicht „die Kirche“ (als Institution), sondern „die christlichen Kreise, die zusammen das neue Israel formen“; Paulus übernehme ἐκκλησία der griechischen Bibel, wo es für Israel in der Wüste steht, und wende es auf die Christenheit an.65 Die Einheit der Christenheit sei wie die Einheit Israels in der Wüste.66 Nach De Zwaan denkt Paulus nicht philosophisch, sondern jüdisch.67 Im Vergleich zu Dibelius’ Auslegung ist die von De Zwaan ein Schritt zurück, da De Zwaan zu wenig berücksichtigt, dass Eph 4,6 sich philosophischer Sprache und Gedanken bedient. Charles Dodd (1929) legt in seinem knappen Kommentar Eph 4,6 nicht aus, in seiner kurzen Paraphrase von Eph 4,1–16 bezieht sich die Bemerkung „Gott ist einer, die Quelle allen Seins“ (s. u.) aber wohl auf diesen Vers. Der Verfasser des Eph mahne seine Rezipienten, die Einheit der christlichen Gesellschaft zu wahren, wozu er unter anderem angebe, dass die Kirche eine ist, das Instrument des einen Geistes Gottes, dass Gott einer ist, die Quelle allen Seins und dass Christus einer ist, der Herr der christlichen Gemeinschaft.68 Die Einheit 63 Vgl. De Zwaan, Efezenbrief, 26–29: „De brief aan de Efeziërs maakt in de eerste plaats front tegen een zeker fatalisme, dat wellicht voor de menschen, aan wie hij was gericht nog meer natuurlijk was dan voor bewoners van rustiger streken. […] Een van de voornaamste oorzaken van deze ziekte van den wil, die zich als fatalisme vertoont, is wel het individualisme. Het individualisme stelt den mensch alléén tegenover het heelal. […] Hij gaat zich voelen als een ding […]. Tegenover het Schicksal, dat mechanisch werkt en als een machine het menschelijk stof verpulvert of opwervelt, stelt Paulus Gods Raad, die het individu opneemt in een organisme, waar alles zijn verborgen zin en plaats, taak en doel heeft“ (Hervorhebung von De Zwaan). 64 De Zwaan, Efezenbrief, 29: „het is de hartstochtelijke reactie van Paulus’ vurige ziel op de individualistische vereenzaming, op de Verdinglichung, op de tot-ding-makende, menschneerhalende gedachten, die zijn kudde bedreigden! Houdt elkander vast: God heeft u saamgevoegd tot één geheel!“ 65 Vgl. De Zwaan, Efezenbrief, 47.49–50: „christus’ lichaam niet de ‚kerk‘ […] Hij [Paulus] meent het heel ernstig, wanneer hij van die Christenkringen, die saam het nieuwe Israël vormen, dit groote woord zegt: ‚gij zijt het lichaam van Christus‘. […] Als Paulus spreekt over de Christenheid als ‚ecclesia‘, gebruikt hij een woord uit zijn Griekschen Bijbel. Dáár beteekent het nl. Israël, kampeerend in de woestijn“ (Hervorhebung von De Zwaan). 66 Vgl. De Zwaan, Efezenbrief, 47: „Het gaat om een eenheid als van Israël in de woestijn.“ 67 Vgl. De Zwaan, Efezenbrief, 75: „Paulus is geen natuurfilosoof, geen Stoïcus of Neoplatonicus. Hij is en blijft Jood: kind van het volk Gods, denker in de lijn der goddelijke openbaring.“ 68 Vgl. Charles H. Dodd, Ephesians, in: Frederick C. Eiselen / Edwin Lewis / David G. Downey (Hg.), Abingdon Bible Commentary, New York: Abingdon 1929, 1222–1237, 1232:

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der Kirche werde durch die Kraft des Geistes Gottes im Leben aller Mitglieder der Kirche hervorgebracht.69 Das Prinzip der sozialen Einheit in der Kirche sei in religiöser Inspiration durch den einen Geist Gottes beziehungsweise Christi gegeben.70 Dodd weist hier auf 1 Kor 12,4–14.27–28 hin.71 Zu der Auslegung von διὰ πάντων in Eph 4,6 tragen Dodds Bemerkungen leider wenig Neues bei. Nach Walter Lock (1929) beziehen sich die All-Prädikationen in Eph 4,6 auf alle Menschen. Er übersetzt den Vers (mit der RV, auf der die Kommentarreihe basiert) mit „one God and Father of all, who is over all, and through all, and in all“.72 „All“ könnte Neutrum sein und sich auf alles (alle Dinge sowie alle Menschen) beziehen, ein Maskulinum sei aber wahrscheinlicher, da es im Kontext des Eph um die Allianz zwischen Gott und der Menschheit gehe.73 Nach Lock beinhaltet die Botschaft des Eph die Einheit der ganzen Menschenfamilie als Kinder des einen Vaters.74 Zentral stehe Gottes Vaterschaft: Gott ist der Vater des Sohnes (Eph 1,3), von jeder Gesellschaft auf Erden (3,15), von allen Menschen (4,6), insbesondere von allen Christen (1,2).75 Paulus wende die Leibmetapher, welche von paganen Autoren für die Menschheit verwendet wurde, auf die Kirche an: Gott vereine alle in der einen Kirche.76 In Eph werde mit „Kirche“ die eine Universalkirche gemeint.77 Eph 4,4–6 be„Paraphrase: ‚I urge you […] above all to preserve the unity of the Christian society by love to one another. For the church is one, as being the organ of the one Spirit of God. God is one, the Source of all being; Christ is one, the Lord of our society‘.“ 69 Vgl. die Bemerkung von Dodd, Ephesians, 1233, zu Eph 4,3–4: „Unity of the Spirit […] is a unity produced by the power of the Spirit of God in the lives of all its members“ (Hervorhebung von Dodd). 70 Vgl. ebd.: „The Christian standpoint is that monotheism implies necessarily that all inspiration having religious value is produced by the one Spirit, the Spirit of God or of Christ. Thus the principle of social unity in the church is given in religious experience.“ 71 S. ebd. 72 S. Walter Lock, The Epistle to the Ephesians (Westminster Commentaries), London: Methuen 1929, 46–47. 73 Vgl. Lock, Ephesians, 46: „The word ‚all‘ may be neuter: ‚all things‘ as well as ‚all men‘ (cf. Col. i. 16), but as the thought is of the conscious allegiance of men to the Lord, it is more probably masculine“ (Hervorhebung von Lock). 74 Vgl. Lock, Ephesians, 8: „For that message [of Eph] is the entire unity of the whole human family as sons of one Father.“ 75 Vgl. Lock, Ephesians, 12: „the central doctrine [des Eph] is the Fatherhood of God: He was the Father of the Son before the creation of man: He is the source and bond of every society on earth (iii. 15), the Father of our Lord (i. 3), of all men (iv. 6), especially the Father of us Christians (i. 2)“. 76 Vgl. ebd.: „From the Risen and Ascended Son came forth the Holy Spirit, which lifted men into a consciousness of their sonship and a sense of their responsibility and power as sons of the Father, and unites them as brethren in the one Body, the Church. Thus we have the ideal of the Church, the central note of which is unity. St. Paul takes the metaphor of the body, which had been applied by pagan writers to the whole of humanity, and applies it to the Church, which is thus regarded as Humanity realizing its highest ideal and acting up to it.“

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schreibe die Einheit.78 Dabei gebe V. 6 an, dass die tiefste Quelle der Einheit die Einheit Gottes ist.79 Die Kirche ist eine, da Gott einer ist.80 In Eph 4,6 sei εἷς θεός ein monotheistisches Statement (vgl. 1 Kor 8,5), πατὴρ πάντων heiße „Vater aller Menschen“ (vgl. Eph 3,15), ἐπὶ πάντων weise auf Gottes Transzendenz hin, διὰ πάντων auf seine kreative Aktivität und ἐν πᾶσιν auf seine inspirierende Kraft.81 Zu Eph  4,6 b gibt Lock keine Parallelen an. Über den möglichen philosophischen Hintergrund des Verses sagt Lock nichts, obwohl ihm Dibelius’ Kommentar (Ausg. 1927) bekannt ist. Ernest Scott (19528 [1930]) interpretiert Eph 4,6 ekklesiologisch. Sein Kommentar (und die ganze Kommentarreihe) basiert auf James Moffatts Übersetzung des Neuen Testaments, worin Eph 4,6 mit „one God and Father of all, who is over us all, who pervades us all, who is within us all“ wiedergegeben wird.82 Scott bemerkt dazu aber mit Recht, dass die Übersetzung mit „uns“ nicht dem griechischen Originaltext entspricht.83 Nach Scott wird Gott Vater in Eph 4,6 als der letzte Grund der Einheit aller Christen dargestellt.84 Der Kontext des Verses mache klar, dass Gottes Verhältnis zu den Christen und nicht zum Universum gemeint ist.85 Dass Gott über allen Christen steht, seine Anwesenheit die Kirche, zu der alle Christen gehören, durchwaltet und Gott in allen Herzen der Christen wohnt (V. 6 b), betone dreimal das Gleiche, nämlich, dass das Leben der Christen untrennbar mit Gott, ihrem gemeinsamen Vater, verbunden ist.86 Scott lässt das in Eph 4,6 vorliegende Ineinander von 77 Vgl. dazu Lock, Ephesians, 71: „In this [d. h. in Eph] the Ecclesia is confessedly the one universal Church […]. The word is used in this sense and in this only (Eph. i. 22; iii. 10, 21; v. 23, 24, 25, 27, 29, 32).“ 78 Vgl. dazu Lock, Ephesians, 45–46: „a description of the unity ([Eph 4,]4–6). […] [Eph 4,]4–6. A rhythmical description of the unity“. Lock nennt den Abschnitt „semi-consciously Trinitarian“ (S. 46). 79 Vgl. Lock, Ephesians, 8: „it [unity] rests ultimately on the unity of God“ und 46: „The ultimate source of the unity. One God […] and Father of all.“ 80 S. Lock, Ephesians, 41: „the Church [is] one because God is one“. 81 Vgl. Lock, Ephesians, 46: „One God (not many; 1 Cor. viii. 5) and Father of all (cf. iii. 15). (a) Above all, in His transcendence. (b) Through all, by His creative activity. (c) In all, as the inspiring power.“ Die Interpretation von ἐπί („über“) im Sinne von Gottes „Trans­ zendenz“ ist fragwürdig. 82 S. Ernest F. Scott, The Epistle of Paul to the Ephesians, in: Ders., The Epistles of Paul to the Colossians, to Philemon and to the Ephesians (Moffatt New Testament Commentary), London: Hodder & Stoughton 81952, 117–257, 201 (Hervorhebung vom Vf., MG). 83 Vgl. Scott, Ephesians, 204. 84 Vgl. Scott, Ephesians, 202–205, der die Einheit der Kirche als „corporate unity“ (S. 202) aller Christen und Gott Vater als „the ultimate ground of all the unity“ (S. 204) bezeichnet. 85 Vgl. Scott, Ephesians, 204: „As the whole context shews, Paul is thinking of God’s relation to His people, not of His sovereignty over the universe.“ 86 Vgl. Scott, Ephesians, 204–205: „a threefold phrase is used to describe the relation

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paulinischem Material und (nicht-paulinischen) antiken philosophischen Vorstellungen unberücksichtigt. Fritz Rienecker (1934) deutet Eph 4,6 in seinem Praktischen Handkommentar (vgl. seinen Komm. 1961, Ausg. 1983) ontologisch, universalistisch und ekklesiologisch. Er übersetzt mit „ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen“.87 Mit V. 6 a sei sowohl gemeint, dass Gott Vater Urquell alles Seins ist, als auch, dass Gott Vater von allen, die an der Sohnschaft seines Sohnes teilhaben (dürfen), also von allen Christen aus den Juden und aus den Heiden ist (vgl. dazu Joh 17,6; Röm 8,15; 1 Petr 1,3).88 In V. 6 b meine ἐπὶ πάντων, dass Gott als höchster Herrscher über allen steht (wobei er alle liebe- und gnadenvoll zu der einen Kirche beruft), διὰ πάντων, dass er alle Gemeindeglieder durchwaltet beziehungsweise in sie alle hineinwirkt und ἐν πᾶσιν, dass er durch den Heiligen Geist in jedem einzelnen wohnt.89 Eph 4,4–6 gebe nach Rienecker die Stützpunkte der christlichen Gemeinde an.90 Dabei muss bedacht werden, dass Rienecker ἐκκλησία in Eph im Sinne von „Gesamtchristenheit“ auffasst.91 In V. 6 werde die Einheit der Gemeinde mit der Einheit Gottes parallelisiert.92 Die Gemeinde sei eine Einheit, da sie die Gemeinde des einen Gottes ist.93 Sie bilde eine Einheit in der Vielheit, da die eine Gemeinde Gottes kein uniformes Ganzes ist, sondern aus vielen unterschiedlichen Gliedern besteht, zugleich aber auch eine Einheit vor der Vielheit, da die Einheit der Gemeinde, eine Schöpfung Gottes vor der Schöpfung des Alls, immer der Vielheit ihrer Glieder vorausgeht.94 Für εἷς θεός weist Rienecker auf 1 Kor 8,6 hin, für πατὴρ πάντων auf 1 Thess 3,11 (wo aber ὁ θεὸς καὶ πατὴρ ἡμῶν steht), für ὁ ἐπὶ πάντων auf Röm 9,5 und für die ganze Ausdrucksform auf Röm 3,22.30, 11,36, 1 Kor 8,6, 12,8, 2 Kor 3,11 und 1 Thess 4,14.95 Für das in Eph 4,6 auf Gott bezogene διὰ πάντων bringen diese Vergleichsstellen nichts.

to God in which all Christians are united. God is over them all; His presence pervades the Church to which they belong; He dwells within their very hearts. The three clauses are all meant to emphasize the same truth – that our life is inseparably bound up with God, our common Father“ (mit typographischen Änderungen: kursiv statt fett). 87 S. Fritz Rienecker, Praktischer Handkommentar zum Epheserbrief. Der Epheserbrief, die Lehre von der Gemeinde für die Gemeinde (Praktischer Handkommentar zum Neuen Testament), Neumünster: Ihloff 1934, 298. 88 Vgl. Rienecker, Epheserbrief, 300. 89 Vgl. ebd. 90 Vgl. Rienecker, Epheserbrief, 299. 91 S. dazu Rienecker, Epheserbrief, 439–440. 92 Vgl. Rienecker, Epheserbrief, 299. 93 Vgl. Rienecker, Epheserbrief, 301. 94 Vgl. Rienecker, Epheserbrief, 300–301. 95 S. Rienecker, Epheserbrief, 299.

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Nach Joseph Huby (194716 [1935]) bezieht sich πάντων in Eph 4,6 a auf alle Glaubenden, die All-Prädikationen in V. 6 b sich aber auf alles: „Il n’y a qu’un Dieu et Père de tous, qui est au-dessus de tout, qui pénètre tout et est en tout.“96 Paulus rufe die Glaubenden auf, die vom Heiligen Geist bewirkte Einheit der Kirche zu wahren (Eph 4,3).97 In Eph 4,4–6 liste er die Elemente dieser Einheit auf, die man aufrechterhalten soll.98 Dabei gebe V. 6 den höchsten Grund der Einheit an. Dieser Grund sei nicht, wie bei den Stoikern, ein kosmologisches Prinzip, die Einheit der Welt, sondern ein transzendentes Prinzip: Christen formen eine einzige Familie, da sie alle Adoptivkinder des einen Gottes sind.99 Damit werde nicht der Monotheismus dem Polytheismus gegenübergestellt, sondern angegeben, dass die Einheit der christlichen Gemeinschaft der göttlichen Einheit entsprechen soll.100 Nach Huby meint πατὴρ πάντων in V. 6 a also „Vater aller Christen“. V. 6 b drücke Gottes absolute Transzendenz (gegenüber allen lebenden sowie leblosen, himmlischen sowie irdischen Wesen) und Omnipräsenz (in allem Geschaffenen) aus.101 Huby begründet seine Auslegung nicht. Paul Le Seur (1936) kommentiert Eph  4,6 nicht, es wird dennoch deutlich, dass er meint, dass die All-Prädikationen maskulinisch zu verstehen sind und dass der Vers sich auf die Glaubenden bezieht. Er übersetzt den Vers mit „Ein Gott, der aller Vater ist – über allen, durch alle, in allen!“102 Zu Eph 4,3 weist 96 S. Joseph Huby, L’Épître aux Éphésiens, in: Ders., Saint Paul. Les Épîtres de la captivité (Colossiens, Philémon, Éphésiens, Philippiens) (Verbum salutis. Commentaire du Nou­ veau Testament 8), Paris: Beauchesne 161947, 127–259, 200 (mit typographischen Änderungen: normal statt kursiv). Vgl. auch S. 206. 97 Vgl. Huby, Éphésiens, 204–205: „Après avoir magnifié le mystère du salut, réalisé par le Christ dans l’Église, saint Paul va exhorter les fidèles à maintenir, chacun pour sa part, l’uni­té du corps mystique et à promouvoir sa croissance. […] Par la pratique de ces vertus [s. Eph 4,2], les fidèles s’efforceront de conserver l’unité que produit l’Esprit dans les âmes chrétiennes [s. Eph 4,3]“ (Hervorhebung von Huby). 98 Vgl. Huby, Éphésiens, 205: „Saint Paul énumère les éléments de cette unité qu’il faut maintenir.“ Huby (S. 206–207) deutet Eph 4,4–6 trinitarisch, dies ist aber anachronistisch. 99 Vgl. Huby, Éphésiens, 205–206: „L’ultime raison de cette unité n’est pas à chercher, comme chez les Stoïciens, dans un principe cosmologique, l’unité du monde, mais dans un principe transcendant: les chrétiens doivent constituer une seule familie, parce qu’ils sont fils par adoption d’un seul Dieu“ (Hervorhebung von Huby). 100 Vgl. Huby, Éphésiens, 206: „L’unité de Dieu est ici proclamée, non directement pour opposer monothéisme à polythéisme, mais pour enseigner qu’à cette unité divine doit répondre l’unité de la communauté chrétienne.“ 101 Vgl. ebd.: „il s’agit non pas directement des rapports de Dieu avec les fidèles, de sa do­mination souveraine sur eux, de sa puissance qui se sert d’eux pour exécuter ses desseins, de sa présence intime en eux comme dans ses temples, mais de sa transcendance absolue sur tous les êtres, animés et inanimés, célestes et terrestres, de l’omniprésence divine dans toutes les choses créées, même inanimées“. Ob ἐπί auf Transzendenz deutet, d. h. auf mehr als „über“, ist zweifelhaft. 102 S. Paul Le Seur, Der Brief an die Epheser, in: Ders., Die Briefe an die Epheser, Ko-

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er auf Mal 2,10 hin,103 wo es um die Beziehung zwischen Gott Vater und dem Gottesvolk („wir alle“) geht. In Eph 4,3 meine ὁ σύνδεσμος τῆς εἰρήνης „das Band, das alle die verbindet, die im Frieden Gottes stehen“.104 Zu Eph 4,4–6 weist Le Seur auf Joh 17 hin und bemerkt, dass es im Kontext des Eph um die Einheit der einen Gemeinde geht.105 Auch bemerkt er: „Der Heilige Geist wirkt die Einheit der Gemeinde, aber wir dürfen keine Mühe scheuen, sie durch das ‚Band des Friedens‘ zu wahren. […] Wenn er in uns waltet, werden Gemeinschaft-bauende Kräfte in und aus unserem Leben wirksam ([Eph] 2, 14; Matth.  5, 9).“106 Diese Bemerkung zum „Walten“ von Gottes Geist „in uns“ könnte sich auf Eph 4,6 b beziehen, dies bleibt aber ungeklärt. Heinrich Rendtorff (19557 [1936]) kommentiert nur Eph 4,6 a, nicht V. 6 b. Seine Übersetzung, „ein Gott und Vater Aller, der über Allen und durch Alle und in Allen“ (sic), macht deutlich, dass er die πᾶς-Aussagen maskulinisch auffasst.107 Rendtorff legt den Vers im Kontext des Eph (einigermaßen enigmatisch) wie folgt aus: Das beherrschende Thema des Eph sei „das Geheimnis Gottes mit seiner Gemeinde“, das heißt, Gottes Plan mit der Kirche.108 Eph 4,1–6,20 gebe an, dass das Geheimnis, der Gotteswille, „gelebt“ werden muss.109 „Ob das Gottesgeheimnis im Leben des Christen eine Wirklichkeit ist, das zeigt sich in der Haltung zum Andern, in der Gemeinschaft.“110 Eph 4,1–16 sei ein Ruf zur „Einheit in der Liebe“,111 wobei VV. 3–6 angeben, dass die geforderte Einheit „eine von Gott geschaffene Wirklichkeit“ ist und zwar „die Wirklichkeit der Gemeinde, der Kirche als Gottes Werk“.112 Wer auf den Einen gerichtet ist, fügt sich in die von ihm vorgegebene Einheit der an ihn Glaubenden.113 Eph 4,6 sage aus: So gewiß der Glaube davon lebt, daß er Gott den Vater nennen darf ([vgl.] 3,15), so gewiß stehen unter dieser Vaterschaft Alle. Durch die Tat der Lieblosigkeit praktisch leugnen wollen, daß der Andere unter Gott steht – das hieße überhaupt die Vaterschaft Gottes in Frage stellen und damit die eigene Berufung antasten.114 losser und an Philemon (Beihilfe für die Gemeinde), Leipzig / Hamburg: Schloeßmann (Fick) 1936, 5–77, 44. 103 S. dazu Le Seur, Epheser, 45. 104 S. Le Seur, Epheser, 47. 105 S. Le Seur, Epheser, 46–47. 106 S. Le Seur, Epheser, 47. 107 S. Heinrich Rendtorff, Der Brief an die Epheser, in: Hermann W. Beyer u. a. (Hg.), Die kleineren Briefe des Apostels Paulus (Das Neue Testament Deutsch 8), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 71955, 56–85, 73. 108 S. Rendtorff, Epheser, 57. 109 Vgl. Rendtorff, Epheser, 57.74. 110 S. Rendtorff, Epheser, 74. 111 S. Rendtorff, Epheser, 57. 112 S. Rendtorff, Epheser, 75. 113 Vgl. ebd.

2.1 Forschungen aus den Jahren 1915 bis 1959

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Was V. 6 b in diesem Zusammenhang aussage, behandelt Rendtorff nicht. Richard Lenski (1998 [1937])115 interpretiert Eph 4,6 ekklesiologisch. Er übersetzt den Vers mit „One God and Father of all – he [sic] over all and through all and in all“.116 In Eph 1–3 habe Paulus erörtert, dass alle (Christen aus den Juden und aus den Heiden) durch ihren Glauben (an Christus) eins sind in Christus in der Kirche.117 Am Anfang des zweiten Teils des Eph ermahne er die Epheser, diese Einheit zu wahren (Eph 4,1–3), wozu er die (vorgegebene) Einheitsbasis angebe und erkläre (Eph 4,4–6).118 Gemeint sei hier die Einheit der einen, heiligen, geistlichen, unsichtbaren Kirche.119 Die in Eph 4,6 angegebene Einheitsbasis der Kirche sei der eine Gott Vater in allen seinen Beziehungen zu der einen Kirche.120 Die All-Wendungen beziehen sich auf alle Glieder der Kirche (vgl.  ἓν σῶμα in V. 4 und die „Individualisierung“ in V. 7).121 πατὴρ πάντων (V. 6 a) bringe die soteriologische Beziehung von Gott Vater zu seinen Kindern zum Ausdruck.122 Auch V. 6 b sei soteriologisch gemeint und beziehe sich auf die Glaubenden.123 Dabei drücke ἐπὶ πάντων Gottes Überlegenheit und Vorherrschaft aus, διὰ πάντων Gottes Kraft, mit der er Menschen zu seinen Heiligen macht, zu seinen Mitteln, durch die er wirkt (hier mischt Lenski eine lokale mit einer instrumentalen Deutung) und ἐν πᾶσιν Gottes Immanenz und 114 S.

ebd.

115 Lenskis

Kommentar zu Galater, Epheser und Philipper wurde postum publiziert (Lenski starb 1936). 116 S. Richard C. H. Lenski, St. Paul’s Epistle to the Ephesians, in: Ders., The Interpre­ tation of St. Paul’s Epistles to the Galatians, to the Ephesians, and to the Philippians (Commentary on the New Testament), Peabody, MA: Hendrickson 1998, 325–688, 511 (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). 117 Vgl. dazu Lenski, Ephesians, 504. 118 Vgl. dazu Lenski, Ephesians, 504.510–516, bes. 510: „Stroke by stroke Paul [in Eph 4,4–6] simply points to what forms the basis of the unity on which his previous admonition [in Eph 4,1–3] rests.“ 119 Vgl. Lenski, Ephesians, 511: „‚One body‘ (see 2:16) = the corpus mysticum, the Una Sancta, the church. This body is spiritual and hence is invisible“ (Hervorhebung von Lenski). 120 Vgl. Lenski, Ephesians, 514–515: Eph 4,6 „consists of the unit: ‚one God and Father of all‘ in three relations to the Una Sancta: ‚he [sic] over all and through all and in all.‘ […] The three prepositions ἐπί, διά, and ἐν cover all relations so that Paul is now at an end“ (Hervorhebung von Lenski). 121 Vgl. Lenski, Ephesians, 514: „These ‚all‘ [in Eph 4,6] are not only masculine (persons) but are the ones who constitute the ‚one body‘ with which Paul begins in v. 4, the Una Sancta. This appears from the individualization, ‚to each one of you,‘ in v. 7“ (Hervorhebung von Lenski). 122 Vgl. ebd.: „Paul does not say only ‚one God‘ but ‚one God and Father,‘ thus expressing his soteriological relation to the ‚all‘ here referred to. These ‚all‘ are his children. In 2:18 we have already had ‚the Father,‘ and in 3:14, ‚the Father, from whom the whole family is named.‘ ‚All‘ = ‚the whole family,‘ the οἰκεῖοι of God (2:19), his house or family members.“ 123 Vgl. dazu Lenski, Ephesians, 514–515.

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2. Forschungsüberblick

Innewohnen.124 Letzteres (V. 6 b) sei trinitarisch gemeint.125 Für die Exegese des διὰ πάντων trägt Lenskis Auslegung nichts bei. Nach Simon Berkelbach van der Sprenkel (1941) geht es in Eph  4,6 um die Beziehung zwischen Gott und den Seinen.126 Er übersetzt den Vers mit „één God en Vader van allen, die is boven allen en door allen en in allen“.127 Eph 4,1–16 handele über die Einträchtigkeit der Kirche in der Welt.128 Diese von Gott vorgegebene Einheit müsse von den Glaubenden bewahrt werden (vgl. Eph 4,3).129 VV. 4–6 sei ein trinitarisch gegliedertes Miniatur-Bekenntnis, das das Verhältnis zwischen dem Geist und der Kirche (V. 4), dem Herrn und der Kirche (V. 5) und Gott und der Kirche (V. 6) zum Ausdruck bringe.130 Auch V. 6 deutet Berkelbach trinitarisch: Gottes Vaterschaft (V. 6 a), welche in Christus an die Glaubenden offenbart worden sei, schließe sowohl Gottes Hoheit als auch den Umstand ein, dass er sich die Seinen zueignet und ihnen durch den Heiligen Geist einwohnt (V. 6 b; beides vollbracht durch das von Gott bewirkte Versöhnungswerk Jesu Christi).131 Die von Berkelbach angeführten Parallelen (nur Röm 11,36 und 1 Kor 8,6)132 können die All-Prädikationen in Eph 4,6 b nicht erklären. Nach Hans Asmussen (1949) beziehen sich die All-Aussagen in Eph 4,6 auf die Christen. Er übersetzt den Vers mit „Ein Gott und Vater unser aller, der da ist 124 Vgl. Lenski, Ephesians, 515: „Ἐπί […] = exaltation and supremacy […]. Διά = operative power that makes us all his saints, the means through which this Father’s hands work. Ἐν = immanence and indwelling“. 125 Vgl. ebd.: „‚he over all‘ = the Father; ‚through all‘ = the Son; ‚in all‘ = the Spirit“. 126 Vgl. dazu Simon  F. H. J. Berkelbach van der Sprenkel, De kerk. De brief aan de Efe­ziërs (De prediking van het Nieuwe Testament 8 A), Nijkerk: Callenbach 1941, 58. 127 S. Berkelbach van der Sprenkel, Efeziërs, 54. 128 Nach ebd. handele Eph 4–6 um „de gestalte der kerk in de wereld“ und 4,1–16 um „eendrachtigheid“ (mit typographischen Änderungen: normal statt Großbuchstaben). 129 Vgl. Berkelbach van der Sprenkel, Efeziërs, 57: „God geeft die eenheid, maar geeft haar ter bewaring. […]. De conserveerende, bewarende taak der kerk wortelt in de werking Gods, zooals die zich in Christus toont; zoolang de kerk zich beijvert daarin te blijven, wordt de band des vredes niet verbroken en de eenheid des Geestes niet beschadigd.“ 130 Vgl. ebd.: „Als een miniatuur-belijdenis volgt nu [in Eph 4,4–6] de omschrijving van deze eenheid des Geestes. Zevenvoudig is deze eenheid. Eerst wordt over de verhouding van den Geest tot de kerk gesproken, dan over de verhouding van den Heer tot haar, tenslotte over de verhouding van God, den Vader, tot de zijnen; trinitarisch is het opgebouwd, wat hier wordt beleden.“ 131 Vgl. Berkelbach van der Sprenkel, Efeziërs, 58: „Samenvattend wordt de ééne God als Vader van allen beleden. En weder op trinitarische wijze schrijft Paulus, dat deze Vader boven, door en in allen is. […] Het in Christus aan de zijnen geopenbaarde vaderschap Gods, doet aan zijn hoogheid niets af, maar sluit evengoed in, dat Hij de zijnen zich toeeigent en door zijn Geest woning bij hen maakt, hetgeen volbracht is in het verzoeningswerk van Christus Jezus, een werk van God zelf. Daarom is ‚boven‘, ‚door‘ en ‚in‘ niet te scheiden.“ 132 S. ebd.

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über euch allen und durch euch alle und in euch allen“,133 vermeldet aber, dass „[d]ie besten Lesarten […] das ‚uns‘ und das ‚euch‘ aus[lassen]“.134 Vom Kontext her betrachtet sei eine neutrische Deutung („über, durch und in allem“) unwahrscheinlich.135 Asmussen zufolge geht Eph 4,1–16 über die Kirche als irdische Größe.136 In VV. 4–6 stelle der Verfasser (Paulus) fest, wie in der Kirche in Ephesus die Einheit des Geistes in siebenfacher Entfaltung da ist, womit er seine Rezipienten an dem, was von Gott gegeben und damit in des Menschen Hand ist und vom Menschen bewahrt werden soll (die Einheit), ausrichte.137 Dabei werden die ersten sechs Größen, der eine Leib, der eine Geist, die eine Hoffnung (V. 4), der eine Herr, der eine Glaube und die eine Taufe (V. 5) als den Christen gegenüberstehend betrachtet, nämlich als das, was die Christen „haben“.138 Die letzte Größe, der eine Gott und Vater (V. 6), sei dagegen nicht nur ein „Gegenüber“, sondern auch ein „Über“, „Durch“ und „In“.139 Es bleibe unsicher, ob Paulus in V. 6 eine liturgische Formel geprägt oder verwendet hat.140 Paulus sage hier aus, was eigentlich unsagbar ist, nämlich, dass Gott ein Gott von überall her ist.141 Die Aussage, dass Gott zugleich über allen, durch alle und in allen ist, sei (absichtlich) alogisch, da damit ausgesagt werde, dass Gott sowohl räumlich als auch jeden Raum durchbrechend ist.142 Für seine Auslegung führt Asmussen keine Belege an. Karl Staab (19593 [1950]) liest Eph 4,4–6 als Verankerung der für die Kirche geforderten Einheit in der Einheit der göttlichen Trinität.143 Der Abschnitt ge­be „die tragenden Pfeiler der Einheit“ der Kirche an, wobei die folgenden (vier) die stärksten seien: ein Leib (die eine Kirche), ein Geist, ein Herr, ein Gott und Vater aller.144 Staab übergeht, dass eine Reihe von sieben Elementen vorliegt, 133 S. Hans C. Asmussen, Der Brief des Paulus an die Epheser. Eine Herausforderung an die Macht, Breklum: Jensen 1949, 69. 134 S. Asmussen, Epheser, 70. Die Lesart „unser“ (Eph 4,6 a) wird von Nestle-Aland25 –28, Tischendorf 8 und von Soden überhaupt nicht verzeichnet; die Lesart „euch“ nur für das Ende von V. 6 b (also nur einmal). Auf S. 103 übersetzt Asmussen den Vers mit „Ein Gott und Vater aller, der über alle und durch alle und in allen ist“ (Hervorhebung von Asmussen). 135 Vgl. Asmussen, Epheser, 70. 136 Vgl. Asmussen, Epheser, 9. 137 Vgl. Asmussen, Epheser, 68.103–106. 138 Vgl. Asmussen, Epheser, 68–69.104–106. 139 Vgl. Asmussen, Epheser, 69.104–106. 140 Vgl. Asmussen, Epheser, 69. Auf S. 106 schreibt Asmussen aber: „Und wahrscheinlich ist, daß wir es hier überhaupt mit einer liturgischen Formel zu tun haben!“ 141 Vgl. Asmussen, Epheser, 11.69. 142 Vgl. ebd. 143 Vgl. Karl Staab, An die Epheser, in: Ders. / Joseph Freundorfer (Hg.), Die Thessalonicherbriefe, die Gefangenschaftsbriefe, die Pastoralbriefe (Regensburger Neues Testament 7 / 2), Regensburg: Pustet 31959, 114–166, 146. 144 Vgl. ebd.

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2. Forschungsüberblick

dass Eph nicht von „drei göttlichen Personen“ (so Staab)145 spricht und dass die Reihenfolge ἓν πνεῦμα – εἷς κύριος – εἷς θεός sich von (anderen) „trinitarischen“ Formeln unterscheidet. Eph 4,6 gebe an, dass die Kirche einen Gott hat, der aller Vater, das heißt, Urgrund alles geschöpflichen Seins ist.146 Staab interpretiert den Vers, den er mit „ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen“ übersetzt, also anthropologisch (d. h. die πᾶς-Aussagen beziehen sich auf alle Menschen).147 Die drei Aussagen über den einen Gott und Vater aller sagen Folgendes aus: „Er thront über allen in göttlicher Würde; er weist allen ihre Aufgaben zu und bedient sich ihrer als Werkzeuge für die Verwirklichung seiner ewigen Ratschlüsse; er lebt in allen.“148 Staab vergisst hier, dass der Kontext eine ekklesiologische Deutung nahelegt. Dies ist bemerkenswert, da er selbst angibt, dass der Verfasser sich in Eph 4,1 ff. an die Gesamtgemeinde richtet mit dem Anliegen, die durch Ichsucht gefährdete Einheit beziehungsweise Eintracht der Kirche, welche vom Geist Gottes geweckt wird, von den Gemeindegliedern aber bewahrt werden muss, zu sichern.149 Die Frage ist also, wie Staabs anthropologische Deutung von Eph 4,6 und seine ekklesiologische Auslegung des Kontextes sich zueinander verhalten. Staab zufolge entstammen Eph 4,4–6 vielleicht einer urchristlichen Taufliturgie, gibt dazu aber keine Belege an.150 Er nennt für V. 6 überhaupt keine Parallelen. Zu den von Dibelius und anderen angeführten hellenistischen und hellenistisch-jüdischen Parallelen, die eine lokale statt instrumentaler Deutung des διὰ πάντων plausibel machen, nimmt er keine Stellung. Francis Beare (1953) meint, dass die Zweideutigkeit des πάντων und πᾶσιν in Eph 4,6 (männlich oder sächlich?) womöglich absichtlich ist.151 Einerseits sei im Kontext primär Gottes Verhältnis zu den an ihn Glaubenden im Blick, andererseits scheine Gottes Verhältnis zum ganzen Universum mitgedacht zu sein.152 Deswegen sollten in einer Übersetzung des Verses keine Personalpronomina verwendet werden; Beare vergleicht (wie die ganze Kommentarreihe) die King James Version (KJV), „One God and Father of all, who is above all, and through all, and in you all“, mit der Revised Standard Version (RSV), 145 S.

ebd. ebd. 147 S. Staab, Epheser, 145. 148 S. Staab, Epheser, 146. 149 Vgl. Staab, Epheser, 145–146. 150 Vgl. Staab, Epheser, 146. 151 Vgl. Francis W. Beare, The Epistle to the Ephesians, in: George A. Buttrick (Hg.), The Interpreter’s Bible, Bd. 10, New York / Nashville, TN: Abingdon 1953, 595–749, 687: „The pronouns (πᾶσιν, πάντων) may be taken either as masculines or as neuters; the ambiguity is perhaps deliberate.“ 152 Vgl. ebd.: „In the context it is God’s relationship to his worshipers that is primarily in view; even so, the thought seems to embrace his relation to the entire universe.“ 146 Vgl.

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„one God and Father of us all, who is above all and through all and in all“.153 Gottes Vaterschaft (Eph  4,6 a) beschränke sich nicht auf seine Beziehungen zu den Menschen (vgl.  Eph  3,15).154 Dies mag sein, daraus folgt aber nicht, dass Gottes Vaterschaft seine Beziehungen zu allen Dingen im Universum miteinbezieht (aus der Verwendung von πᾶσα πατριά in Eph 3,15 folgt ja nicht, dass Gott der Vater aller Dinge ist). Das „Präpositionsspiel“ (Eph 4,6 b) drücke Gottes Transzendenz (ἐπὶ πάντων), Omnipräsenz (διὰ πάντων) und Immanenz (ἐν πᾶσιν) aus, Beare gibt dazu aber keine Belege an.155 Beare zufolge wird in Eph 4,1–6 ausgesagt, dass Christen die Aufgabe haben, daran mitzuarbeiten, den göttlichen Plan für universale Einheit von allem Geschaffenen (vgl. Eph 1,10) zu verwirklichen.156 Eintracht unter Christen bringe universalen Einklang näher.157 In diesem Zusammenhang gebe Eph 4,4–6 an, dass Einheit letztlich auf dem einen Herrn (Jesus Christus) und dem einen Gott beruht.158 Für die Idee, dass Einheit auf der Einheit Gottes basiert, führt Beare pagane (M. Aur.), hellenistisch-jüdische (Phil. Spec. 1.67; Ios. c. Ap. 2.193; ApcBar [ohne Kapitel- und Versangabe]) und biblische Parallelen an (Dtn 6,4; Sach 14,9; 1 Kor 8,6 und 12,12–13),159 macht aber nicht deutlich, dass vor dem Hintergrund von einigen dieser Parallelen auch das in Eph 4,6 auf 153 Vgl. ebd.: „we should probably render Father of all (KJV) and in all (RSV), not insert­ ing the personal pronoun at any point“ (mit typographischen Änderungen: kursiv statt fett). Auf S. 686–687 werden die KJV und RSV zitiert (Hervorhebung ursprünglich). 154 Vgl. ebd.: „The fatherhood of God is not limited to his relations with humanity (cf. 3:15).“ 155 Vgl. Beare, Ephesians, 686–687: „Above all – of the transcendence of God; through all – of his omnipresence; in all – of his immanence“ (mit typographischen Änderungen: kur­siv statt fett). Die Interpretation von ἐπί („über“) im Sinne von „Transzendenz“ geht mir zu weit. 156 Vgl. Beare, Ephesians, 682–684: „In this first section of his exhortation the writer begins with an appeal to his readers to make their lives conform to the high ends which the church is appointed to serve in relation to God’s design of universal unity (vss. 1–6). […] The thought here [d. h. in Eph 4,1] is that Christians are called to have part in the fulfilling of God’s vast design for the universe; in their unity the ultimate unity of all things created is prefigured – and not only prefigured, but given its inception. The life of the Christian, alike in its outward expression and in the zeal which moves it, must correspond to this end which it is meant to serve in relation to the final purpose of God: it must cultivate the qualities which make for harmony among men. […] As the sublime function allotted to the church is that it should advance God’s ‚plan for the fullness of time, to unite all things in [Christ]‘ (1:10), it is clear that any impairment of unity among Christians themselves is an impairment of the church’s usefulness for the fulfillment of this function.“ 157 Vgl. Beare, Ephesians, 684: „In the context the whole exhortation bears primarily upon relations within the Christian fellowship, not upon Christian behavior toward men in general. […] The harmony within the fellowship […] is the harbinger of universal harmony.“ 158 Vgl. Beare, Ephesians, 685: „The sevenfold formula relates the unity of the church to the unity of Christ and of God.“ 159 S. Beare, Ephesians, 685–686.

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2. Forschungsüberblick

Gott bezogene διὰ πάντων verständlich wird.160 Die Beschäftigung des Eph mit dem Thema „Einheit“ gehe aus der zeitgenössischen Suche nach einem Einheitsprinzip im Kontext der instabilen, spaltbaren Gesellschaft des römischen Reiches hervor.161 Christliche Autoren haben dabei im Unterschied zu paganen Philosophen nicht die Einheit Gottes von der Einheit des Kosmos abgeleitet, sondern umgekehrt alle Arten von Einheit von der Einheit Gottes.162 Christen formen eine Kirche, da sie einen Herrn (Jesus Christus) und einen Gott verehren.163 Die Einheit der Kirche entspreche der Einheit Christi und Gottes: Es kann keine anderen Kirchen als die eine Kirche geben, da es keine anderen Herren als den einen Herrn und keine anderen Götter als den einen Gott gibt.164 John Mackay (1953) macht nicht deutlich, wie er Eph 4,6, den er mit „one God and Father of us all, which is above all and through all, and in all“ (vgl. die RSV) übersetzt,165 genau deutet. Das zentrale Thema des Eph sei universale Versöhnung, daß heißt, die Bewegung weg von kosmischer Disharmonie hin zu Ordnung (Gottes Ordnung).166 Nach Mackay thematisiert Eph die göttliche Ordnung, welche jetzt, obgleich unvollkommen, in der Kirche existiert und letztendlich in der Vereinigung aller Dinge in Christus (Eph 1,10) seine Vollendung erreichen wird.167 Paulus sage, dass Gottes Vorherrschaft im Universum zwar angefochten ist, Gott aber siegen, seine Ordnung schaffen und die 160 Beare, Ephesians, 686, bemerkt nur: „The play of prepositions is another favorite device of Hellenistic rhetoric.“ Die Redewendung „play of prepositions“ zeigt, dass Beare sich hier auf Dibelius basiert („Präpositionsspiel“, s. o.). 161 Vgl. ebd.: „In the unstable, fissiparous society of the Roman Empire the quest for a prin­ciple of unity was pursued with a truly desparate earnestness on all levels, theoretical and practical alike.“ 162 Vgl. ebd.: „Unlike the pagan philosophies, however, the Christian teaching did not pro­ceed from an unsubstantial faith in the unity of the cosmos to an inference of the unity of God; on the contrary, it started from the conviction that God is one, and made all other aspects of unity, present and prospective, to rest upon the foundation of the unity of God.“ 163 Vgl. ebd.: „The church is one in body and in spirit and in the goal on which its hope is set because it owes allegiance to one Lord and worships one God.“ 164 Vgl. ebd.: „Its unity [d. h.  die Einheit der Kirche] is of the same order as the unity of Christ and of God; as there cannot be other gods or other lords, so there cannot be other churches.“ 165 S. John A. Mackay, God’s Order. The Ephesian Letter and This Present Time, New York: Macmillan 1953, 135. 166 Vgl. Mackay, Ephesian Letter, 25: „In the background of the vast scheme of reconciliation which forms the central theme of the Epistle to the Ephesians, and which we have called God’s Order, there exists a condition of total spiritual disorder. […] Throughout the entire universe disharmony reigns; the cosmos is split.“ 167 Vgl. Mackay, Ephesian Letter, ix: „God’s Order actually exists, however imperfectly, in the Christian Church, which God has designed to be the true integrating center and pattern for human life and relations. This ‚Order,‘ as outlined in the inspired vision of St. Paul, will achieve its ultimate dimension through what he describes ‚as a plan for the fullness

2.1 Forschungen aus den Jahren 1915 bis 1959

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Einheit der Schöpfung wiederherstellen wird.168 In diesem Zusammenhang bekräftige Eph 4,6, dass das Universum sein Wesen in dem einen Gott, dem Allvater, der über allem, durch alles und in allem ist, hat.169 Hier scheint Mackay die All-Prädikationen kosmisch zu deuten. Wenn er aber später schreibt, dass der Vers zum Ausdruck bringt, dass der eine ewige Gott Vater allen überlegen, durch alle wirksam und in allen anwesend ist,170 ist unklar, ob er damit alles, alle Menschen, oder alle Glaubenden meint.171 Zu Herkunft und Sinn des διὰ πάντων sagt Mackay nichts. Charles Masson (1953) legt Eph 4,6, den er mit „il y a un seul Dieu et Père de tous, qui est au-dessus de tous et par tous et en tous“ übersetzt,172 ekklesiologisch aus.173 Dafür spreche der Kontext des Verses.174 V. 6 a sage aus, dass Gott der Vater aller Glaubenden ist: Die Erkenntnis, dass alle Kinder des einen Vaters sind, verbinde alle Glaubenden mit Gott und miteinander.175 V. 6 b bringe zum Ausdruck, dass Gott allen Glaubenden übergeordnet ist, durch (mittels) alle Glaubenden wirkt und durch seinen Geist in allen Glaubenden anwesend ist.176 Damit werde der eine Gott Vater als Hauptursache der Einheit der Glauof time, to unite all things in Him [that is, in Christ], things in heaven and things on earth‘ (Eph. 1:10). The development and triumph of this Order are embraced in, and guaranteed by, the eternal Purpose of God“ (Hervorhebung und eingeklammerter Text von Mackay). 168 Vgl. Mackay, Ephesian Letter, 26: „While it is true that the supremacy of God in the Universe is being disputed in a real manner […] victory will belong to God, who will establish his spiritual order in Christ ([Eph] 1:21), in whom the lost unity of creation will be restored.“ 169 Vgl. ebd.: „The Universe has its being in one God, who is ‚Father of all,‘ ‚above all, through all, and in all‘ ([Eph] 4:6).“ 170 Vgl. Mackay, Ephesian Letter, 136: „Finally, superior to all, operative through all, and immanent in all, is the one Eternal God and Father.“ 171 Vgl. dazu auch Mackay, Ephesian Letter, 143–144. 172 S. Charles Masson, L’épître de saint Paul aux Éphésiens, in: Pierre Bonnard / Ders. (Hg.), L’épître de saint Paul aux Galates, L’épître de saint Paul aux Éphésiens (Commentaire du Nouveau Testament 9), Neuchâtel / Paris: Delachaux & Niestlé 1953, 133–228, 184 (mit typographischen Änderungen: normal statt kursiv). 173 Nach Masson, Éphésiens, 187 Anm. 4, steht die ekklesiologische Perspektive von Eph 4,6 außer Zweifel: „La perspective ecclésiastique dans laquelle l’auteur a formulé le v. 6 est hors de doute.“ 174 Vgl. Masson, Éphésiens, 187, der für die Auslegung von Eph 4,6 den direkten Kontext des Verses (VV. 1–5 und 7) wichtiger achtet als (nach ihm) ähnliche Formulierungen in Röm 11,36 und 1 Kor 8,6. 175 Vgl. ebd.: „Dieu est le Père de tous les croyants, et cela suffit à les unir à lui par un même lien filial dont ils ne peuvent prendre conscience sans se reconnaître frères les uns des autres“ (Hervorhebung von Masson). 176 Vgl. ebd.: „il est au-dessus de tous, car tous se soumettent à son autorité souveraine; par tous, car par tous il accomplit son œuvre; un dernier complément exprime enfin l’intimité de ses rapports avec tous les croyants: il est en tous, présent par son Esprit en tous ceux qu’il admet dans sa communion“.

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2. Forschungsüberblick

benden vorgestellt.177 Masson zufolge liegt hier – wegen der Bezeichnung mit „Vater“ (V. 6 a) und wegen der trinitarischen Form (VV. 4–6) – eine christliche Variante des monotheistischen Glaubensbekenntnisses vor.178 Masson verbindet Eph 4,6 auf keinerlei Weise mit der antiken Philosophie. Nach William Barclay (1977, 2. Aufl. der rev. Ausg. [1956, 19582, 1976 rev.]) bezieht sich Eph 4,6 auf das Verhältnis zwischen Gott und der Welt. Er übersetzt den Vers mit „There is […] one God and Father of all, who is above all, and through all, and in all“.179 Der zentrale Gedanke des Eph sei, dass Jesus einer zerrissenen Welt den Weg zur Einheit gebracht hat und zwar durch den Glauben an ihn.180 Es sei die Aufgabe der Kirche, Christi Instrument zur universalen Einheit zu sein.181 Eph 4,4–6 gebe die Grundlagen christlicher Einheit an.182 Die in V. 6 angegebene Grundlage sei der Glaube, dass wir in einer von dem einen Gott (εἷς θεός) geschaffenen (πατήρ), kontrollierten (ἐπὶ πάντων), aufrechterhaltenen (διὰ πάντων) und erfüllten (ἐν πᾶσιν) Welt leben.183 Barclay gibt in seinem knappen Kommentar nur fürs dritte und fünfte Element Belege an (die Kommentarreihe richtet sich primär an Nichtakademiker): Ps 29,10 für ἐπὶ πάντων184 und die stoische Lehre für ἐν πᾶσιν (nicht für διὰ πάντων).185 Fürs Verständnis von διὰ πάντων bringt Barclays Exegese eigentlich nichts. 177 Vgl. ebd.: „Enfin la pensée de Paul s’élève jusqu’à celui qui est la cause première de l’unité des croyants: il y a un seul Dieu et Père de tous, qui est au-dessus de tous, par tous et en tous. […] Dieu le Père est mentionné ici en qualité d’agent de l’unité des croyants“ (Hervorhebung von Masson). 178 Vgl. ebd.: „La confession de foi monothéiste: εἷς Θεός = un seul Dieu reçoit immédiatement sa qualification chrétienne: Dieu est le Pére (1. 3, 17; 3. 14)“ (Hervorhebung von Masson). Masson (S. 187 Anm. 2) deutet auf das Sch’ma Israel und seine Bedeutung im hellenistischen Judentum und frühen Christentum (vgl. Röm 3,29–30, Gal 3,20 und 1 Tim 2,5) hin. Vgl. auch S. 187 Anm. 5: „La forme trinitaire de la pensée de l’auteur sur Dieu dans ces v. 4–6 est indéniable.“ 179 S. William Barclay, The Letter to the Ephesians, in: Ders., The Letters to the Galatians and Ephesians (The Daily Study Bible Series, Revised Edition), Philadelphia, PA: Westminster 1977, 59–185, 134.140–141. 180 S. Barclay, Ephesians, 134: „the central thought of the letter is that Jesus has brought to a disunited world the way to unity. This way is through faith in him“. 181 Vgl. ebd.: „the Church is to fulfil her great task of being Christ’s instrument of universal reconciliation between man and man, and man and God within the world“. 182 S. Barclay, Ephesians, 141: „Paul goes on [in Eph 4,4–6] to set down the basis on which Christian unity is founded.“ 183 Vgl. Barclay, Ephesians, 142–143: „There is one God. See what Paul says about the God in whom we believe. He is the Father of all; in that phrase is enshrined the love of God. […] He is above all; in that phrase is enshrined the control of God. […] He is through all; in that phrase is enshrined the providence of God. God did not create the world and set it going as a man might wind up a clockwork toy and leave it to run down. God is all through his world, guiding, sustaining, loving. He is in all; in that phrase is enshrined the presence of God in all life. […] It is the Christian belief that we live in a God-created, God-controlled, God-sustained, God-filled world“ (Hervorhebung von Barclay).

2.1 Forschungen aus den Jahren 1915 bis 1959

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Nach Heinrich Schlier (19623 [1957]) sind die vier All-Aussagen in Eph 4,6 (dreimal πάντων und einmal πᾶσιν) einheitlich zu verstehen und zwar maskulinisch und nicht neutrisch.186 Er übersetzt mit „ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen“.187 Dabei gebe ἐπὶ πάντων an, dass Gott „über alle herrscht und alle Christen in seiner Herrschaft eint“ (wie in Röm 9,5), διὰ πάντων (instrumental aufgefasst), dass „alle (Christen) Mittel und Werkzeuge des einen Gottes sind, der so als der eine durch alle wirkt“ (nach Schlier ähnlich wie in 1 Kor 12,4–11; dort steht aber nicht, dass Gott διὰ πάντων ist) und ἐν πᾶσιν, dass „der eine Gott durch das eine Pneuma, das er allen Christen geschenkt hat, in allen Christen wohnt“ (hier werden viele neutestamentliche Stellen aufgelistet, nicht aber 1 Kor 12,6, welche dem dritten Element von Eph  4,6 b am nächsten steht).188 Schlier sieht in dieser Reihenfolge „eine Steigerung […] von außen nach innen“.189 Schliers Hauptargument für seine ekklesiologische Auslegung des Verses ist (mit Recht), dass es im direkten Kontext um „die Einheit der Glieder der Kirche“ geht.190 Damit sei an dieser Stelle nicht wie anderswo in Eph die Einheit von Juden und Heiden, sondern die Einheit von allen Gliedern der Kirche gemeint.191 Der eine Gott und Vater aller sei „der letzte und tiefste Grund der Einheit und der apostolischen Mahnung zur Einheit“.192 Gottes Einheit meine hier „die alle einigende Einheit“.193 Der eine Gott, der „alle Christen [in seine Einheit] hineingezogen hat“, „[will] alle Menschen in seine Einheit hineinziehen“.194 Wer die Einheit der Kirche nicht bewahrt, mache „diesen einen und einigenden Gott und Vater aller den Menschen unglaubwürdig“.195 Schliers Haltung in der Frage nach dem Hintergrund von Eph 4,6 scheint mir ambivalent zu sein. Einerseits meint er, der Vers klinge „wie das christliche Echo einer hellenistisch-stoischen Allmachtsformel“.196 Beispiele von hellenistisch-stoischen Allmachtsformeln gibt er aber nicht an. Andererseits bemerkt 184 Barclay, Ephesians, 142, schreibt dazu: „There may be floods; but ‚The Lord sits en­ throned over the flood‘ (Psalm 29 : 10).“ 185 Zu ἐν πᾶσιν schreibt Barclay (ebd.): „It may be that Paul took the germ of this idea from the Stoics. The Stoics believed that God was a fire purer than any earthly fire; and they believed that what gave a man life was that a spark of that fire which was God came and dwelt in his body. It was Paul’s belief that in everything there is God.“ 186 Vgl. Heinrich Schlier, Der Brief an die Epheser. Ein Kommentar, Düsseldorf: Patmos 31962, 189. 187 S. Schlier, Epheser, 178. 188 S. Schlier, Epheser, 189. 189 S. ebd. 190 Vgl. ebd. 191 Vgl. Schlier, Epheser, 187–188. 192 S. Schlier, Epheser, 188. 193 S. ebd. 194 S. Schlier, Epheser, 189. 195 S. ebd. 196 S. Schlier, Epheser, 186.

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2. Forschungsüberblick

er (unter Bezug auf Dibelius): „Πάντων ist [in Eph 4,6 a] aller Wahrscheinlichkeit nach trotz der analogen Formulierungen in Röm 11,36; 1 Kor 8,6, die aus der Sprache der hellenistischen Kosmologie stammen, mit den meisten Auslegern maskulinisch und nicht neutrisch zu verstehen.“197 Die vermeintlich „analogen“ Formulierungen des Röm 11,36 und 1 Kor 8,6 decken sich aber weder terminologisch (abgesehen von εἷς θεὸς ὁ πατήρ, 1 Kor 8,6 a) noch inhaltlich mit Eph 4,6. Schlier bietet gegenüber Dibelius keine überzeugende Alternative für die mögliche Herkunft von διὰ πάντων an. Edmund Simpson (1957) interpretiert Eph  4,6 a ekklesiologisch, V. 6 b aber (ver­mutlich) kosmologisch. Seine Übersetzung stimmt mit der American Standard Version (ASV 1901) überein: „There is […] one God and Father of all, who is over all, and through all, and in all.“198 Eph 4,6 a sage aus, dass Gott der Vater aller Glaubenden ist (in ekklesiologischem Sinne) und V. 6 b, dass er alle(s) („all“) übersteigt, alle(s) („all“) durchdringt und durch den Heiligen Geist in allem / allen („all“) anwesend ist (vermutlich in kosmologischem Sinne aufzufassen).199 In der „göttlichen Vaterschaft“ kommen alle Linien der Einheit zusammen, eine Einheit, die über Uniformität hinausgehe.200 Simpson begründet seine Interpretation nicht. Für seine (anachronistische) Behauptung, Eph 4,4–6 liege die Trinität zugrunde, wobei erst die dritte Person (der Heilige Geist), dann die zweite Person (der Herr Jesus Christus) und schließlich die erste Person (Gott, der Vater) genannt wird, weist er auf 1 Kor 12,4–6 hin.201 John Allan (1959) kommentiert in seiner knappen Auslegung, die sich an den allgemeinen (nicht akademischen) Leser richtet, Eph  4,6 b nicht und V. 6 a kaum. Eine Übersetzung wird nicht gegeben (die Kommentarreihe basiert auf der KJV sowie der ARV). Nach Allan bringt Eph 4,4–6 die Basis der Einheit der Universalkirche zum Ausdruck.202 Für die Einheit von verschiedenen Mitgliedern einer Gruppe sei 197 S.

Schlier, Epheser, 188–189. Edmund K. Simpson, Commentary on the Epistle to the Ephesians, in: Ders. / Fred­ erick F. Bruce (Hg.), Commentary on the Epistles to the Ephesians and the Colossians (New International Commentary on the New Testament), Grand Rapids, MI: Eerdmans 1957, 9–157, 88. 199 Simpson, Ephesians, 90, spricht von „the vision of one God and Father of all believ­ ers, over all by His transcendence, through all by His immanence, in all by His Executive, the Holy Ghost“. Ob ἐπί in Eph 4,6 b auf Transzendenz deutet, d. h. auf mehr als „über“, ist zweifelhaft. 200 Vgl. ebd.: „In the Divine Fatherhood thus interpreted all lines of unity converge, an intrinsic unity surpassing uniformity.“ 201 Vgl. Simpson, Ephesians, 89: „The Trinity itself, reckoned upwards from the Third Per­son to the First, lies at the base of the whole survey“ (in Anm. 11 weist Simpson auf 1 Kor 12,4–6 hin). 202 Vgl. John A. Allan, The Epistle to the Ephesians (Torch Bible Commentaries), Lon198 S.

2.1 Forschungen aus den Jahren 1915 bis 1959

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ein Leib das meist lebendige Symbol.203 In Eph 4,4 meine ἓν σῶμα „vereinigte Gruppe“, womit die Kirche als Leib Christi (V. 12), als lebendiger, wachsender Organismus (V. 16) gemeint ist.204 Eph 4,4–6 drücke aus, dass alle Christen den einen göttlichen Geist (ἓν πνεῦμα) empfangen, in die Hoffnung auf ewige Glückseligkeit für alle (μία ἐλπίς) eintreten (V. 4), sich zum einen Herrn Jesus (εἷς κύριος) und zu demselben Glauben an den erlösenden Tod und die Auferstehung Christi (μία πίστις) bekennen, sich der gleichen Taufe (ἓν βάπτισμα, V. 5) unterziehen und auf denselben Gott, den universalen Vater (εἷς θεὸς καὶ πατὴρ πάντων, V. 6) schauen.205 Allan lässt den philosophischen Hintergrund des Verses unberücksichtigt, bemerkt sogar, dass der Verfasser des Eph nicht philosophisch denkt.206 Damit tut er dem Verfasser insofern unrecht, da ἑνότης (Eph 4,3), πατὴρ πάντων und διὰ πάντων (V. 6), wofür es keine neutestamentlichen Parallelen gibt, signifikante Verbindungen in die antike Philosophie haben. Pierre Benoit (1959) kommentiert zu den All-Aussagen in Eph 4,6, den er mit „un seul Dieu et Père de tous, qui est au-dessus de tous, par tous et en tous“ übersetzt, nur, dass „von dem einen Gott alles ausgeht“,207 obwohl er allen Anlass hat, (in aller Kürze) mehr dazu auszusagen. Benoit zufolge stehe die don: SCM 1959, 101: „In vs. 4–6 he [d. h. der Vf. des Eph] summarizes much of what he has said in the first three chapters about the essential basis of the Church’s unity.“ Dabei geht es nach Allan (S. 104) um „the unity of actual congregations and of the universal Church“. 203 Vgl. Allan, Ephesians, 104: „there is no more vivid symbol of the unity of diverse members than the body“. 204 Vgl. Allan, Ephesians, 110: „In [Eph] 2.16 and 4.4 the word [σῶμα] need mean no more than ‚unified group‘, and in 4.12 body of christ is simply a name for the Church. Of course in these contexts the name is particularly appropriate because of its implications of organic unity. […] In 4.16 the word indicates the Church as a living and growing organism striving towards unity and perfection.“ 205 Vgl. Allan, Ephesians, 104–105: „The Church is the body of Christ […]; all Christians receive the one divine spirit apart from whom Christ’s power cannot work in the soul; the same God calls all Christians, and the hope they enter into when called is the hope of the same eternal blessedness for all; the basic confession which all Christians make is the confession of Jesus as lord, and there is only one Jesus who is Lord; all Christians make profession of the same faith, the belief in the saving death and resurrection of Christ; all undergo the same baptism, which is in the name of Jesus Christ; all look to the same god, the only God who exists, the father made known by Jesus as the universal Father. The basis of unity could not be expressed more simply or more profoundly.“ 206 Vgl. Allan, Ephesians, 111: „His [d. h. des Vf. des Eph] mind is not of the philosoph­ ical type.“ 207 S. Pierre Benoit, Épître aux Éphésiens, in: Ders., Les Épîtres de Saint Paul aux Philippiens, à Philémon, aux Colossiens, aux Éphésiens (La Sainte Bible, traduite en français sous la direction de l’École Biblique de Jérusalem 8), Paris: Cerf 31959, 75–108, 98 (Übers.) mit Anm. b (zu Eph  4,5–6): „C’est au baptême, reçu avec foi, que le chrétien s’incorpore ainsi à l’unique Seigneur (v. 5) et, par lui comme par son Esprit, s’unit en définitive au Dieu unique de qui tout procède (v. 6)“ (Hervorhebung vom Vf., MG).

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2. Forschungsüberblick

Kirche in Eph in einem kosmischen Zusammenhang: Nach dem Plan Gottes soll alles im Universum in Einklang gebracht werden; die Einheit der Kirche, wozu Eph  4,1–16 aufrufe, da sie noch nicht definitiv vollendet sei, sei Teil dieses göttlichen Planes.208 Außerdem interpretiert Benoit zumindest eine Aussage im direkten Kontext von Eph 4,6 vor dem Hintergrund der griechischen beziehungsweise stoischen Philosophie.209 Damit drängen sich die Fragen auf, was Eph  4,6 zur Ekklesiologie und Kosmologie aussagt und ob διὰ πάντων Verbindungen in die Philosophie hat, diese Fragen bleiben aber unbeantwortet. Nach Archibald Hunter (1966, 2. Aufl. der Ausg. 1960 [1959]) bringt διὰ πάν­ των Gottes Allgegenwärtigkeit zum Ausdruck. Hunter übersetzt den Vers mit der Revised Standard Version (RSV) mit „One God and Father of us all, who is above all and through all and in all“.210 Das zentrale Thema des Eph sei die Kirche als die Gesellschaft, die Gottes Plan, alles in Christus zu vereinen, in der historischen Wirklichkeit verkörpere.211 Nachdem Paulus in Eph 4,3 um Einheit gebeten habe, erkläre er in VV. 4–6 die religiöse Grundlage dieser Einheit.212 V. 6 besage die Transzendenz, Omnipräsenz und Immanenz des einen Gott Vaters, des Schöpfers des Alls.213 Für seine Auslegung weist Hunter nur auf 1 Kor 8,6 hin.214 Diese Stelle kann aber die Syntagmen ἐπὶ πάντων (vgl. 208 Vgl. Benoit, Éphésiens, 79–80: „Sur ce plan éternel où les desseins de Dieu apparaissent dans leur réalisation dernière, tout devient harmonie […]. Cependant, si assurée que soit sa réalisation future, le plan divin n’est pas encore définitivement accompli; et c’est ce qui explique les appels pressants à l’unité qui se rencontrent aussi dans cette épître (4 1–16). […] Elle-même [d. h. die Kirche] se trouve transportée sur ce plan du Cosmos et comme élargie aux dimensions de l’Univers“ (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). 209 Benoit, Éphésiens, 96–97 Anm. d bzw. b, verbindet die Auf listung der Dimensionen in Eph 3,18 mit „la philosophie stoïcienne“ und bezeichnet καταλαβέσθαι im gleichen Vers als „terme grec d’origine philosophique“. 210 S. Archibald M. Hunter, The Letter of Paul to the Ephesians, in: Ders., Galatians, Ephesians, Philippians, Colossians (Layman’s Bible Commentary 22), London: SCM 21966, 43–77, 64. 211 Vgl. Hunter, Ephesians, 46: „The theme of Ephesians is the glory of the Church as the society which embodies in history the eternal purpose of God made plain in Christ. […] only God can, and he purposes to subdue all opposing powers – human and superhuman – to his will, and to create a great unity. […] God’s purpose is embodied in Christ’s Person and in the victory which he wrought by his dying, rising, and ascending; and that purpose is the reconciliation of all created things. […] The purpose of God is to be realized through the Church. The Church is the Body of Christ, the social organism which is to execute God’s purpose in the world“ (Hervorhebung von Hunter). 212 Vgl. Hunter, Ephesians, 64: „Having appealed for unity [in Eph 4,3], Paul now [in VV. 4–6] declares the religious basis on which this unity rests.“ Hunter (S. 64) bezeichnet Eph 4,4–6 als „a sevenfold battle cry of Christian unity“. 213 Hunter (ebd.) spricht von „the divine Father and Author of all in the threefoldness of his unity – transcendent, omnipresent, immanent“. Die Interpretation von ἐπί („über“) im Sin­ne von Gottes „Transzendenz“ ist fragwürdig. 214 S. Hunter, Ephesians, 64.

2.2 Forschungen aus den Jahren 1960 bis 1979

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Röm 9,5: ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός), διὰ πάντων und ἐν πᾶσιν (vgl. 1 Kor 12,6: ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν) nicht plausibel erklären.

2.2 Forschungen aus den Jahren 1960 bis 1979 Frederik Grosheide (1960), dessen Kommentar keine Übersetzung bietet, deutet Eph 4,6 universalistisch, ohne sich zu entscheiden, ob die All-Prädikationen maskulinisch oder neutrisch gemeint sind. V. 6 a weise auf die absolute, sich von allem anderen unterscheidende Einheit Gottes hin und V. 6 b bringe zum Ausdruck, dass Gott alles andere überragt (ἐπὶ πάντων), durch alles wirkt (διὰ πάντων) und immer im Mittelpunkt steht (ἐν πᾶσιν, V. 6 b).215 Eph 4,1–16 handele über Einheit und Verschiedenheit in der einen Kirche.216 „Einheit“ meine in diesem Zusammenhang „Einigkeit“ (unitas), nicht „Ungeteiltheit“ (unio).217 VV. 4–6 bringen keine Ermahnungen, sondern Fakten, die angeben, warum das Wahren der vom Geist bewirkten Einheit für die Christen möglich ist.218 V. 6 a zeige an, dass alle Einheit in der Einheit Gottes festliegt und ihre Grundlage hat (vgl. Dtn 6,4).219 Für V. 6 b verweist Grosheide auf Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός), 11,36, 1 Kor 8,6 und Kol 1,17.220 Diese Stellen können das auf Gott bezogene διὰ πάντων nicht erklären. In seinem Kommentar zu Eph 1,23 (nicht zu Eph 4,6) weist Grosheide noch auf 1 Kor 12,6 (ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν) hin.221 Nach Grosheide wird πᾶς im Griechischen sowohl für Personen als auch für Dinge verwendet und kann daher weder anhand des Kontextes noch anhand der oben genannten (vier) Vergleichsstellen festgestellt werden, was gemeint ist.222 215 Vgl. Frederik W. Grosheide, De brief van Paulus aan de Efeziërs, in: Ders. / Herman Ridderbos (Hg.), De brief van Paulus aan de Efeziërs. Aan de Kolossenzen (Commentaar op het Nieuwe Testament 9), Kampen: Kok 1960, 3–99, 64: „De spreuk leert […] de abso­lute eenheid Gods, die zich van alles wat verder bestaat, onderscheidt, die als hoogste gegeven naast, wil men, boven de andere gegevens staat en zo het beste bewijs is, dat in het περι­πα­ τῆσαι met de eenheid moet worden gerekend. Διὰ πάντων neme men van het werken Gods door al wat bestaat, ἐν πᾶσιν van het overal centrum zijn, middelpunt en in verband daarmee beheersen.“ 216 Grosheide, Efeziërs, 61, gibt Eph 4,1–16 die Überschrift „Eenheid en verscheidenheid in de Kerk“ (Hervorhebung von Grosheide). Auf S. 63 und 69 deutet er ἓν σῶμα (der eine Leib Christi) im Sinne der einen Kirche (auf Erden). 217 Vgl. dazu Grosheide, Efeziërs, 63 Anm. 5. 218 Vgl. dazu Grosheide, Efeziërs, 63. 219 Vgl. ebd.: „Εἷς θεὸς καὶ πατήρ komt tot de eenheid Gods, waarin alle eenheid vastligt, haar grond vindt. Men herinnere zich ook hier de Joode belijdenis in het Sjema naar Deut. 6 : 4.“ 220 S. Grosheide, Efeziërs, 64. 221 S. Grosheide, Efeziërs, 33. 222 Vgl. Grosheide, Efeziërs, 63–64: „Verschil is er over de vraag naar het viermal gebruikte πᾶς. Is dat van personen, van zaken of van beide gezegd? De beantwoording van

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2. Forschungsüberblick

Die Idee, dass πατήρ eine maskulinische Deutung nahelegt, weist er aufgrund Eph 3,10 (sic) zurück, da Gott dort „Schöpfer aller Dinge“ genannt wird.223 In Eph 3,9, wo ἐν τῷ θεῷ τῷ τὰ πάντα κτίσαντι steht, wird Gottes Vaterschaft aber nicht thematisiert. Außerdem weisen sowohl der Kontext von Eph 4,6 als auch zumindest eine Vergleichsstelle (1 Kor 12,6, von Grosheide hier nicht als Vergleichsstelle erwähnt) auf einen maskulinischen (ekklesiologischen bzw. anthropologischen) Sinn hin. Grosheide gibt dies notabene selbst an, wenn er schreibt, (1) V. 7 sage aus, dass das, was für die ganze Gemeinde gilt, auch auf ihre individuellen Mitglieder zutrifft, oder (2) in 1 Kor 12,6 meine ἐν πᾶσιν in allen Personen.224 Für die Auslegung von διὰ πάντων bringt Grosheide uns nicht weiter. Kathryn Sullivan (1960) deutet die All-Aussagen in Eph 4,6 auf die Glaubenden hin. Sie gibt den Vers mit „one God and Father of all, who is above all, and throughout all, and in us all“ wieder.225 In Eph 4,1–16 warne Paulus seine Adressaten vor drei Gefahren, die ihre Einheit bedrohen: Zwietracht untereinander, Spaltung unter ihren Beauftragten und falsche Lehren.226 In VV. 4–6 gebe Paulus zum Thema Zwietracht unter drei Stichwörtern (Kirche, Christus, Gott Vater) sieben Elemente der Einheit an, womit ausgedrückt werde, dass Uneinigkeit unter den Glaubenden eigentlich kaum möglich ist.227 V. 6 besage, dass alle Glaubenden Adoptivkinder des gleichen Vaters sind (V. 6 a), der ihre deze vraag is alleen mogelijk door te letten op het verband [= Kontext] en de gelijkluidende plaatsen [= Vergleichsstellen] te geven. […] Als bewijsplaatsen zijn van belang Rom. 9 : 5; 11 : 36; 1 Kor. 8 : 6; Kol. 1 : 17. Doch deze plaatsen stellen ons voor hetzelfde probleem als Ef. 4 : 6. […] We kiezen daarom den weg, dat we opmerken, hoe πᾶς in het Grieks zowel van personen als van zaken wordt gebruikt. De Griek kende de onderscheiding, die wij hebben, niet op deze wijze. Voor hem was het éne πᾶς alles.“ 223 Vgl. Grosheide, Efeziërs, 64: „Ook dat πατήρ bepaald op personen ziet […] helpt niet verder, God wordt 3 : 10 de Schepper van alle dingen genoemd.“ 224 Vgl. ebd.: „Vs. 7 geeft een tegenstelling. Wij hebben gehoord, wat allen betreft, nu vernemen we, wat ieder afzonderlijk aangaat. […] Vs. 7 moeten we […] zó nemen, dat het aan­geeft, hoe, wat van de gehele gemeente geldt, inderdaad ook haar afzonderlijke leden be­treft“ (vgl. dagegen S. 64 Anm. 8 zu Eph 4,6: „Daarom gaat het ook niet aan, nu een nadere aanduiding [in Eph 4,6] ontbreekt […] aan de leden der Kerk te denken“) und 33: „God [werkt] alle dingen in alle personen“ (vgl. dazu S. 64 Anm. 9 zu Eph 4,6: „Wie πάντες [in  Eph  4,6 b, ἐν πᾶσιν] masc. [maskulinisch] verklaart, kan hier denken aan de inwoning des Geestes“). 225 S. Kathryn Sullivan, The Epistle to the Ephesians, in: Dies., St. Paul’s Epistles to the Philippians, Ephesians, Colossians, Philemon (New Testament Reading Guide 9), College­ ville, MN: Liturgical Press 1960, 48–74, 64 (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). 226 Vgl. ebd.: „Paul now [in Eph 4,1–16] warns his readers of three dangers that threaten their unity: discord among themselves, division among their ministers, and false doctrines.“ 227 Vgl. ebd.: „Disunity seems almost an impossibility as Paul lists [in Eph 4,4–6] sev­ en elements of their [d. h. von Paulus’ Adressaten] unity under three headings: the Church, Christ and the Father.“

2.2 Forschungen aus den Jahren 1960 bis 1979

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Einheit auf dreierlei Weise aufrechterhält (V. 6 b): Gott beherrscht alle, durchdringt alle und erhält alle.228 Anhand der von Sullivan zu Eph 4,6 angeführten Parallelen (1 Kor 8,6 und 12,11)229 lässt sich διὰ πάντων nicht plausibel erklären. Nach Silverio Zedda (1960) beziehen sich die All-Prädikationen in Eph 4,6 auf alle Menschen („tutti“). Er übersetzt den Vers mit „c’è un Dio solo che è anche Padre di tutti, il quale è al disopra di tutti, […] ed è per mezzo a tutti, […] in tutti“.230 Zweck des Eph sei es, den Gläubigen über die Geheimnisse der Vereinigung aller Völker in Christus, in der Kirche, zu unterrichten.231 In Eph 4,1–16 ermahne Paulus die Christen zur Einheit, wozu er in VV. 1–6 die Gründe angebe.232 In diesem Zusammenhang bringe V. 6 den wesentlichsten Grund der Einheit zum Ausdruck, nämlich, dass alle Menschen Kinder desselben (himmlischen) Vaters sind.233 V. 6 a besage, dass Gott der Vater aller Menschen ist und V. 6 b, dass alle unter der Wirkung Gottes stehen, der alle überragt, alle mit seiner Kraft durchdringt und in allen wie in einem Tempel ist; damit forme Eph 4,6 ein starkes Motiv zur Einheit.234 Zedda begründet seine Auslegung nicht und bringt uns deswegen nicht weiter. Frederick Bruce (1961) deutet Eph 4,6 b in seiner kurzen Auslegung des Eph kosmologisch (s. a. seinen Kolosserkommentar; vgl. aber seinen Epheserkommentar, s. u.). Bruce übersetzt den Vers mit der Revised Version (RV) mit „one God and Father of all, who is over all, and through all, and in all“.235 228 Vgl. ebd.: „They [Paulus’ Adressaten] are all the adopted sons of the same Father, who preserves their unity in three ways: he rules all (hence there should be no divisive self-­ assertion), he pervades all (hence all take part in his providential plan), he sustains all (hence he is present everywhere by his divine immensity and grace).“ 229 S. ebd. 230 S. Silverio Zedda, Lettera agli Efesini, in: Ders., Prima lettura di San Paolo, Bd. 1: Introduzione, Lettere della prigionia, Turin: Tecnograph 31960, 87–144, 128 (mit typographischen Änderungen: normal statt kursiv). 231 Vgl. Zedda, Efesini, 91: „Paolo vuole ora istruire i fedeli sui misteri della unione di tutti i popoli nel Cristo, nella Chiesa.“ 232 S. Zedda, Efesini, 127: „Paolo esorta i cristiani all’unità [Eph 4,1–16], proponendo i motivi (4, 1–6).“ 233 Vgl. Zedda, Efesini, 128: „Finalmente, motivo fondamentale è che tutti sono figli del­lo stesso Padre.“ 234 Vgl. ebd.: „c’è un Dio solo che è anche Padre di tutti, il quale è al disopra di tutti, che perciò gli saranno umilmente sottomessi, ed è per mezzo a tutti, pervade tutti con la sua azione, e in tutti è presente come in un tempio; l’essere tutti sotto l’azione del Padre, è nuovo, forte motivo di unità (4, 6)“ (Hervorhebung von Zedda; der hervorgehobene Text betrifft Zeddas Übers. von Eph 4,6, s. o.). 235 S. Frederick F. Bruce, The Epistle to the Ephesians. A Verse-by-Verse Exposition, London: Pickering & Inglis 1961, 80 (mit typographischen Änderungen: normal statt fett).

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2. Forschungsüberblick

Paulus bringe in Eph 4,4–6 eine für den christlichen Glauben und das christliche Leben grundlegende siebenfache Einzigkeit hervor.236 Die in V. 6 angeführte siebte und letzte Einzigkeit ist der eine Gott Vater.237 Bruce verweist auf die Parallelen Jes 40,28, Mal 3,10 (sic) und 1 Kor 8,6.238 Diese Stellen, worin Gott als der eine Schöpfergott und Vater aller vorgestellt wird, sind aber nur für Eph 4,6 a relevant. Dennoch legt Bruce 1 Kor 8,6 so aus, dass der Sinn zu Eph  4,6 b passen würde: „He [Gott] is the Creator of all [s.  ἐξ οὗ τὰ πάντα, 1 Kor 8,6] and the goal of all [s. ἡμεῖς εἰς αὐτόν, 1 Kor 8,6]; transcendent over all, pervasive throughout all, immanent in all.“239 Von Gottes Transzendenz, Durchdringen und Immanenz ist in 1 Kor 8,6 aber nicht die Rede.240 Damit bleibt Bruces Auslegung von Eph 4,6 b unbegründet. Fritz Rienecker (1983 [1961])241 legt in seinem Kommentar (vgl. seinen Praktischen Handkommentar 1934, worin er andere Akzente setzt) den Vers ekklesiologisch (und teilweise anthropologisch) aus. Er übersetzt mit „ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen“.242 Er sieht 236 Vgl. Bruce, Ephesians, 76: „Paul now [in Eph 4,4 ff.] introduces a sevenfold uniqueness, which is fundamental for Christian faith and life.“ Nach Bruce (S. 80) greift Paulus hier wahrscheinlich ein primitives Glaubensbekenntnis auf: „Paul is very probably quoting and amplifying a primitive confession of faith.“ Für die nach ihm „trinitarische“ Aussage in Eph  4,4–6 weist er auf 1 Kor  12,4–6 hin, wo πνεῦμα, κύριος und θεός in der gleichen Reihenfolge genannt werden (S. 80–81). Dazu bemerkt er (S. 81): „Let us not be misled by the foolish argument that because the term ‚Trinity‘ does not occur in the Scriptures, the doctrine of the Trinity is therefore unscriptural. The classical formulations of the doctrine are later than the apostolic age, but the doctrine which they formulate is thoroughly apostolic.“ Eine andere, m. E. plausiblere, historische Perspektive auf die Entwicklung der Trinitätslehre bietet u. a. Franz Dünzl, Kleine Geschichte des trinitarischen Dogmas in der Alten Kirche, Freiburg / Basel / Wien: Herder 2006. 237 Vgl. dazu Bruce, Ephesians, 80. 238 Bruce (ebd.) bemerkt: „Here [in Eph 4,6] Paul echoes the language of an Old Testament prophet: ‚Have we not all one father? hath not one God created us?‘ (Mal. 3. 10) [sic; dies sollte Mal 2,10 sein]. […] It was to former pagans, worshippers of many gods, that Paul wrote in 1 Cor. 8. 6: ‚Yet to us there is one God, the Father; of whom are all things, and we unto him‘. He is the Creator of all and the goal of all. […] The Father of our Lord Jesus Christ, who has accepted us for Christ’s sake and listens to our prayers, is ‚the everlasting God, the Lord, the Creator of the ends of the earth‘ (Isa. 40. 28).“ 239 S. ebd. 240 Ob ἐπί in Eph 4,6 b auf Transzendenz deutet, d. h. auf mehr als „über“, ist zweifelhaft. 241 Ausg. des Einzelbandes 1983; Gesamtausg. (neun Briefe) 1989 (s. Fritz Rienecker, Der Brief des Paulus an die Epheser, in: Ders. / Werner de Boor / Hans Bürki [Hg.], Der Brief des Paulus an die Epheser, Der Brief des Paulus an die Philipper, Der Brief des Paulus an die Kolosser, Die Briefe des Paulus an die Thessalonicher, Die Briefe des Paulus an Timotheus, Der Brief des Paulus an Titus, Der Brief des Paulus an Philemon [Wuppertaler Studienbibel], Wuppertal / Zürich / Gießen: Brockhaus / Brunnen 1989, 11–259). 242 S. Fritz Rienecker, Der Brief des Paulus an die Epheser (Wuppertaler Studienbibel), Wuppertal / Gießen: Brockhaus / Brunnen 1983, 137. S. a. Rienecker, Epheserbrief, 298.

2.2 Forschungen aus den Jahren 1960 bis 1979

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in V. 6 a eine Parallelisierung zwischen der Einheit Gottes und der Einheit der Gemeinde.243 Die Gemeinde sei eine Einheit, da sie die Gemeinde des einen Gottes ist; zugleich aber eine Vielheit, da Gott der Gott von vielen, ja von allen ist.244 Dabei gehe das Prinzip der Einheit der Gemeinde immer der Vielheit der Gemeindeglieder voraus, da die Gemeinde schon vor ihren Gliedern, nämlich vor der Schöpfung des Alls, da war.245 V. 6 b interpretiert Rienecker wie folgt: „Er [d. h. der Gott und Vater aller] ist über alle“ als höchster Herr und Gebieter gestellt, aber voll Liebe und Gnade in der Berufung aller zu dem einen Leibe. „Er durchwaltet alle“, insofern als die Gemeinde in all ihren Gliedern die Stätte Seines Waltens und Seiner Betätigung ist, so daß ein jeder einzelne an ihm persönlichen Anteil hat, und „Er ist in allen“ durch den Heiligen Geist, so daß auch jeder einzelne für sich persönlich die Stätte des direkten Wohnens Gottes ist.246

Rienecker zufolge ist es der Heilige Geist, der die Gottheit transzendent (jenseitig) sowie immanent (innewohnend) macht.247 Rienecker begründet seine Auslegung nicht mit Belegstellen, gibt aber am Rand neben seiner Übersetzung (nicht neben seiner Auslegung) Bibelstellen (keine außerbiblischen und z. St. nur neutestamentliche Stellen) als Parallelen an, ohne die Relevanz dieser aufgelisteten Parallelen zu erläutern. Für Rieneckers oben genannte Auslegung des V. 6 a scheinen mir vor allem Eph 2,18, Röm 3,30 (Gott als Vater [Eph 2,18] bzw. Gott [Röm 3,29–30] der Juden und Heiden) und Eph 3,15 (Gott als πατήρ jeder πατριά) und für seine Auslegung des V. 6 b vor allem Eph 1,19 (Gottes Hineinwirken in die Glaubenden), 2,22 (Bild der Gemeinde als „Wohnung Gottes“) und 1 Kor 12,6 (ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν) relevant zu sein. Henry Chadwick (1962) räumt in seinen kurzen Anmerkungen zu Eph keinen Platz für Eph 4,6 ein.248 Max Zerwick (1962), der sich an den (beim gleichen Verlag erschienenen) Kom­mentar von Schlier anlehnt,249 gibt an, dass sich im griechischen Text von Eph 4,6 nicht unterscheiden lässt, ob mit den All-Aussagen jeweils „alles“ oder „alle“ gemeint ist, es aber im Hinblick auf den Kontext, in dem es um die Einheit der Gläubigen geht, plausibler ist, an „alle“ zu denken.250 Er übersetzt: 243 Vgl.

Rienecker, Epheser, 137. Rienecker, Epheser, 139. 245 Vgl. Rienecker, Epheser, 139–140. 246 S. Rienecker, Epheser, 139. 247 Vgl. Rienecker, Epheser, 138. Die Idee, dass ἐπί („über“) in Eph 4,6 b „transzendent“ oder „jenseitig“ meint, ist fragwürdig. 248 S. Henry Chadwick, Ephesians, in: Matthew Black (Hg.), Peake’s Commentary on the Bible, London u. a.: Nelson 1962, 980–984. 249 Vgl. Max Zerwick, Der Brief an die Epheser (Geistliche Schriftlesung. NT 10), Düsseldorf: Patmos 1962, 194.199. 250 Vgl. Zerwick, Epheser, 118–119. 244 Vgl.

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2. Forschungsüberblick

„Ein Gott und Vater aller, (der da ist) über allen und (wirkt) durch alle und (wohnt) in allen.“251 Dabei heiße ἐπὶ πάντων, dass Gott über allen thront, διὰ πάντων (instrumental aufgefasst), dass alle Kinder Werkzeug der väterlichen Liebe sind und ἐν πᾶσιν, dass Gott durch den Heiligen Geist in allen wohnt.252 Eph 4,4–6 gebe die Begründung des Eifers für „die Einheit des Geistes“, die Einheit der Kirche an und zwar in einer „aufsteigenden“ Reihe „von der Einheit des Leibes im Geist [V. 4] über die Einheit des Kyrios [V. 5] zur Einheit Gottes [V. 6]“, wobei „[d]as Letzte im Aufstieg, das Erste in der Ursprungsordnung“ sei: der eine Gott und Vater aller.253 Der Eifer sei ein „Ineinander von Gottes Wirken und menschlichem Tun“254 und bestehe darin, dass die Gläubigen die von Gott durch den Heiligen Geist gewirkte Einheit der Glieder des Leibes Christi bewahren.255 Über einen möglichen hellenistischen beziehungsweise hellenistisch-jüdischen Hintergrund von Eph 4,6 sagt Zerwick nichts. Nach Harold Moulton (1963) beziehen sich die All-Wendungen in Eph  4,6 insbesondere auf die Glaubenden, das heißt, auf Juden und Heiden, die früher getrennt waren, jetzt aber in Christus (als Christen) miteinander und mit Gott versöhnt sind.256 Dabei geben die drei Präpositionalwendungen des V. 6 b („over … through … in“) an, dass Gott „transcendent, purposeful, immanent“ ist.257 Im Fokus stehe die Einheit von Juden- und Heidenchristen in der einen Universalkirche.258 Moulton bietet keine Übersetzung (die Kommentarreihe basiert grundsätzlich auf der RV). Für seine Auslegung gibt er in seinem knappen Kommentar keine Belege an (die Kommentarreihe richtet sich vor allem an Prediger). Nach Francis Foulkes (19892 [1963]) sage Eph 4,6 aus, dass die Überzeugung, dass der eine Gott ihr Vater ist (Foulkes folgt der RSV: „one God and Father of us all“), alles beherrscht, durch sie alles bewirkt und in ihnen wohnt (RSV: 251 S.

Zerwick, Epheser, 117. Zerwick, Epheser, 119. 253 S. und vgl. Zerwick, Epheser, 117–118. 254 S. Zerwick, Epheser, 117. 255 Vgl. Zerwick, Epheser, 113.115.119. 256 Vgl. Harold K. Moulton, Ephesians, in: Ders., Colossians, Philemon and Ephesians (Epworth Commentaries), London: Epworth 1963, 76–134, 110: „‚all‘: especially Jew and Gen­tile, formerly separate, now reconciled to each other and to God in Christ“ (Hervorhe­ bung von Moulton). 257 S. ebd. (Hervorhebung von Moulton). Die Idee, dass ἐπί („over“) „transcendent“ meint, ist fragwürdig. 258 Nach Moulton, Ephesians, 4–5, umfasst Eph zwei Themen: „The Church as the Body of Christ“, womit die Universalkirche („the Church Universal“) gemeint sei, sowie „The Unity of Jewish and Gentile Christians within the Church“. Moulton bemerkt: Eph „first shows how Christ had made both [d. h. Juden- und Heidenchristen] one (214), and then demands that all Christians must live as one (43). The unity of all in the one Body has been the ideal and the command from the start“ (Hervorhebung von Moulton). 252 Vgl.

2.2 Forschungen aus den Jahren 1960 bis 1979

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„above all and through all and in all“), alle Christen miteinander verbindet.259 In Eph 4,3 ff. gehe es um die Einheit der Christen als ganz verschiedene Arten von Menschen.260 Eph 4,4–6 drücke aus, dass sie als Christen eine durch den Geist in der Kirche bewirkte Einheit, eine Einheit in Christus und eine Einheit in Gott, dem Vater und Ursprung von allem, gemeinsam haben.261 Dabei sei der eine Gott der letzte Grund der Einheit (V. 6).262 Für Eph 4,6 gibt Foulkes als Vergleichsstellen nur Röm 11,36, 1 Kor 8,6 und 12,5–6 an.263 Diese können aber das auf Gott bezogene διὰ πάντων nicht erklären. Nils Dahl (1965) zufolge lässt sich schwer entscheiden, ob Eph 4,6 in ekklesiologischem oder in kosmologischem Sinne zu verstehen ist: Der griechische Text von Eph.4,6 läßt es in gewisser Weise in der Schwebe, ob es heißt: Gott, der Vater von uns allen, der in uns allen ist, oder: der Vater des Alls, der über allem ist.

259 Vgl. Francis Foulkes, The Letter of Paul to the Ephesians. An Introduction and Commentary (Tyndale New Testament Commentaries 10), Leicester / Grand Rapids, MI: InterVar­sity Press / Eerdmans 21989, 121–122: „All are his creatures, made in his image as his children from the beginning, and through Christ brought back to his family [vgl. Eph 1,5] […]. Therefore all Christians belong together as brothers and sisters, and share the conviction that God is their Father [one God and Father of us all ], and above all and through all and in all […]. Whether in a world with deities for each city or nation or aspect of life, as the world of Paul’s day, or in a world which to all practical purposes has renounced God, such conviction about him should bind people more closely than any human tie. Christians believe that they ‚live in a God-created, God-controlled, God-sustained, God-filled world‘ (Barclay), and even more, that God indwells them and is working out his purpose through them. Where can such depth and breadth of unity be found as in the fellowship of those who share this faith and experience?“ 260 Foulkes, Ephesians, 118, spricht von „the unity of Christians“ und bemerkt: „The apostle is aware of the endless variety of temperaments amongst his readers and the diverse racial and social backgrounds from which they have come into the Christian church; but he would have them even more aware of the spiritual realities that now unite them and that should completely transcend differences of background. […] The unity […] transcends and surpasses any association or society with its basis in the things of this world.“ 261 Vgl. Foulkes, Ephesians, 119: „Here [d. h. in Eph 4,4–6] […] he [d. h. Paulus] names what they [d. h.  Christen] have in common, a unity by the Spirit in the church, a unity in Christ acknowledged and confessed as Lord, a unity ultimately in God the Father and source of all.“ Nach Foulkes, Ephesians, 120 Anm. 1, ist in Eph 4,4–6 die Lehre von der Trinität im­plizit, wie in 1 Kor 12,4–6: „Verses 4–6 here, like 1 Corinthians 12:4–6, are verses in which the doctrine of the Trinity is implicit. Though the word Trinity is never used, in such passages the naming of Father, Son and Holy Spirit and their divine functions makes the doctrine inescapable.“ Es ist zwar so, dass πνεῦμα, κύριος und θεός sowohl in 1 Kor 12,4–6 als auch in Eph 4,4–6 vorkommen. An letztgenannter Stelle sind sie aber Teil einer Reihe von sieben Elementen, wobei nicht πνεῦμα, sondern σῶμα voran steht. 262 Vgl. Foulkes, Ephesians, 121: „Ultimately the unity is in the one God and Father of us all“ (Hervorhebung von Foulkes, der die RSV zitiert). 263 S. Foulkes, Ephesians, 121–122.

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2. Forschungsüberblick

Der Grundtenor des ganzen Briefes macht es jedoch unwahrscheinlich, daß eine dieser beiden möglichen Deutungen auf Kosten der anderen herausgestellt werden sollte (vgl. 1,10.23; 3,9–10.15).264

Eph 1,10 deute auf „die Vereinigung der ganzen Welt in Christus“ hin.265 V. 23 schließe ein, „daß die Kirche in einem gewissen Sinn eine universale kosmische Bedeutung hat“, da die Einverleibung von Menschen in die Kirche, Christi Leib, die Verwirklichung von der von Gott gewollten Vereinigung aller Dinge sei.266 3,9–10 sage in missionarischem Sinne aus, dass die Existenz der Kirche als Gemeinschaft von miteinander versöhnten Menschen (Juden und Heiden) inmitten einer zerrissenen Welt zeige, dass der Heilsplan von Gott, dem Schöpfer, auf die Einheit aller Dinge zielt.267 Schließlich bringe V. 15 „Gottes universale […] Vaterschaft“ von „alle[n] Klassen der Engel und alle[n] Stämme[n] und Familien der Menschen“ zum Ausdruck.268 Dahl bemerkt hier mit Recht, dass Kosmologie und Ekklesiologie in Eph nahe miteinander verbunden sind. Für die Interpretation von Eph 4,6 wäre aber meines Erachtens der unmittelbare Kontext entscheidend, vor allem πατὴρ πάντων („Vater aller“) in V. 6 a, das eine menschliche Beziehung nahelegt, und ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν („jedem einzelnen von uns [den Glaubenden] aber …“) in V. 7 a, das dafür spricht, dass πάντων (3×) und πᾶσιν in V. 6 als Maskulinum gemeint sind. Für διὰ πάντων in Eph 4,6 gibt Dahl in seiner kurzen Auslegung keine Parallelen an, er schreibt nur: „Die Formel in Eph.4,5–6 hat Berührungspunkte mit jüdischen ebenso wie mit hellenistischen Begriffen. Aber trotzdem unterschei264 S. Nils A. Dahl, Bibelstudie über den Epheserbrief, in: Ders. u. a. (Hg.), Kurze Auslegung des Epheserbriefes, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1965, 7–83, 51. In einem späteren Aufsatz (1982; Übers. 2000) neigt Dahl deutlich zu einer kosmologischen Aus­ le­gung von Eph 4,6 hin: Nils A. Dahl, The Concept of Baptism in Ephesians, in: David Hellholm / Vemund Blomkvist / Tord Fornberg (Hg.), Nils Alstrup Dahl. Studies in Ephesians. Introductory Questions, Text- & Edition-Critical Issues, Interpretation of Texts and Themes (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 131), Tübingen: Mohr Siebeck 2000, 413–439, 417, übersetzt den Vers mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all things“ (mit typographischen Änderungen: normal statt kursiv) und bemerkt zu Eph 4,4–6 (S. 418): „The formulas in Eph 4:4 a and 4:5–6 provide one example among others of the churches’ adoption of cosmological terminology.“ Im Gegensatz zu Dahls Übersetzung halte ich seine Bemerkung für richtig. Vgl. noch Dahls Bemerkung zu Eph 4,8–10 (S. 419): „The thought is [in Eph 4,8–10] that by his passage to heaven Christ has shared in God’s transcendence, so that he is exalted over time and space, and like God he can work in everything and be present everywhere (cf. Eph 1:20–23; 4:6)“ (Hervorhebung vom Vf., MG; vgl. zu den drei hervorgehobenen Redewendungen ἐπὶ πάντων, διὰ πάντων und ἐν πᾶσιν in Eph 4,6 b). 265 S. Dahl, Epheserbrief, 14. 266 S. Dahl, Epheserbrief, 22, und vgl. 21–22. 267 Vgl. Dahl, Epheserbrief, 43–44. 268 S. Dahl, Epheserbrief, 44–45.

2.2 Forschungen aus den Jahren 1960 bis 1979

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det sie sich von beiden Typen.“269 Der Unterschied liege darin, dass das Christentum sowohl „exklusiv“ als auch „umfassend“ sei, nämlich strikt monotheistisch (vgl. hellenistische Denker) und nicht an einen bestimmten Ort oder Volk gebunden (vgl. jüdische Denker).270 Es ist bemerkenswert, dass Dahl nicht auslegt, was die Formel in Eph 4,6 mit dem Thema „Einheit der Kirche“ zu tun hat, obgleich er feststellt, es gehe in Eph 4,2–6 um das Aufrechterhalten der gegebenen Einheit der Gemeinde.271 Bezüglich dieser Frage behauptet Hermann Dietzfelbinger in seinem Beitrag zum gleichen Sammelband, die Formel „ein Gott und Vater unser aller, der da ist über euch allen und durch euch alle und in euch allen“ gehe über die Kirche und habe eine kosmische Bedeutung: Die Einheit der Kirche sei das bedeutungsvollste Stück des Heilsplanes Gottes, alles in Christus zusammenzubringen (s. dazu Eph 1,10).272 Jules Cambier (1966) interpretiert Eph 4,6, den er mit „un seul Dieu et Père de tous, qui est au-dessus, au milieu et en tous“ übersetzt,273 universalistisch. Cambier weist auf Gal 3,26–28, 1 Kor 3,23 und 8,6 als Parallelen hin,274 welche dafür sprechen würden, dass Eph 4,6 sich auf alle getauften Christen bezieht. Er kommentiert aber, dass das Christusereignis allen Menschen Einheit gebracht hat und dass es um die Einheit aller Dinge geht.275 Dazu erwähnt er Eph  3,14–15 (wo πᾶσα πατριά sich auf jede Gruppe Menschen beziehe) sowie Eph 1,9–10 (über die Rekapitulation aller Dinge) und konkludiert, dass sich nichts der von Gott Vater vorgesehenen Heilshandlung Christi entziehen kann.276 Für die Interpretation von διὰ πάντων bringt Cambier uns nicht weiter. 269 S.

Dahl, Epheserbrief, 51. Dahl, Epheserbrief, 51–52. 271 Vgl. Dahl, Epheserbrief, 49–50. 272 Vgl. Hermann Dietzfelbinger, Die Botschaft des Epheserbriefes, in: Dahl u. a. (Hg.), Kurze Auslegung, 84–100, 91–95 (Zitat S. 94–95). Dietzfelbinger spricht in diesem Zu­sammenhang von einer „kosmische[n] Ecclesiologie“, einer „Lehre von der Kirche, die den Horizont des Kosmos ins Auge faßt“ (S. 93). Mehr Relevantes zu Eph  4,6 bringt der Sam­melband Kurze Auslegung des Epheserbriefes nicht. 273 S. Jules Cambier, Vie chrétienne en Église. L’Épître aux Éphésiens lue aux chrétiens d’aujourd’hui, Paris: Desclée 1966, 117 (mit typographischen Änderungen: normal statt kursiv). Vgl. S. 124: „un seul Dieu, Père de tous […], lui qui est au-dessus de tous, au milieu de tous et en tous“. 274 Vgl. dazu Cambier, Éphésiens, 124–125. 275 Vgl. Cambier, Éphésiens, 125: „Dans le passage d’Éph. [Eph  4,6], il y a une forte in­sis­tance sur l’unité apportée à tous les hommes par l’événement du Christ: la quadruple men­tion de ‚un seul‘ comme de ‚tous‘ souligne l’unité parfaite, réalisée par le Christ et par les richesses chrétiennes qu’il apporte, d’absolument toutes choses, et cela à la gloire du Père à qui, à nouveau, tout est rattaché“ (Hervorhebung vom Vf., MG). 276 Vgl. ebd.: „On se rappellera la prière que nous venons de lire, en [Eph] iii, 14 s.‚ […] le Père de qui toute tribu (= tout groupe d’hommes), aux cieux comme sur la terre (= absolument partout), reçoit son nom (c’est-à-dire son existence et son être nouveau)‘. On peut se rappeler aussi la théologie de la récapitulation de toutes choses par Jésus-Christ, à la gloire 270 Vgl.

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2. Forschungsüberblick

Ernst Gaugler (1966) zufolge ist die Formel nicht kosmologisch (neutrisch), sondern ekklesiologisch (maskulinisch) gebraucht.277 Er übersetzt mit „ein Gott und Vater aller, der (da ist) über allen und durch alle und in allen“.278 Die Formel sage aus, dass die Einheit der Kirche auf der Einheit Gottes beruht.279 Die Präpositionalwendungen interpretiert er wie folgt: „Gott ist ἐπὶ πάντων (über allen), sofern er als Herr über allen waltet, διὰ πάντων (durch alle), sofern die Kirche in allen ihren Gliedern die Stätte seines Waltens ist, von ihm durchwaltet ist, ἐν πᾶσιν (in allen), sofern er durch den Geist in allen wohnt.“280 Für die Formel gibt Gaugler keine Parallelen an. Er weist aber (unter Bezug auf Dibelius) darauf hin, dass sie sich in der hellenistischen Literatur in kosmischem Sinne (mit Bezug auf das Weltall) und in hellenistisch-jüdischer Literatur „in kultischer Verengung“ findet.281 Er hält es (mit Dibelius) für möglich, dass sie auf eine hellenistisch-jüdische Ein-Gott-Formel zurückgeht und auf etwas anspielen will, womit die Rezipienten von ihrer vorchristlichen Vergangenheit aus vertraut waren.282 William Hendriksen (1967) deutet Eph 4,6, den er mit „one God and Father of all, who (is) over all and through all and in all“ übersetzt,283 ekklesiologisch. Hendriksen zufolge bringt Paulus zum Ausdruck, dass die Einheit innerhalb der Trinität die Basis der Einheit der Kirche ist; beide sind eine Art „Einheit in der Vielfalt“.284 Dabei markiere Paulus, dass die Glaubenden einen Gott, nicht drei Götter verehren (Eph 4,6 a; vgl. Dtn 6,4).285 Auch betone er Gottes erlösende Vaterschaft (V. 6 a; vgl. Eph 1,3.17; 2,18; 3,14–15).286 πατὴρ πάντων meine „Vater aller Glaubenden“.287 Dafür spreche vor allem der direkte Kontext des du Père (i, 9 s.). Ainsi, rien ne peut être soustrait à l’action salvifique du Christ prévue par le plan du Père.“ 277 Vgl. Ernst Gaugler, Der Epheserbrief (Auslegung neutestamentlicher Schriften 6), Zürich: EVZ 1966, 166. 278 S. Gaugler, Epheserbrief, 161. 279 Vgl. Gaugler, Epheserbrief, 166. 280 S. ebd. Gaugler hält es für möglich, dass hier „trinitarische“ Anklänge mitspielen. 281 Vgl. ebd. 282 Vgl. ebd. Gaugler zitiert aus Dibelius’ Artikel (1915). 283 S. William Hendriksen, Exposition of Ephesians (New Testament Commentary 7), Grand Rapids, MI: Baker Book House 1967, 181 (s. a. 187). 284 Nach Hendriksen, Ephesians, 187, spricht Paulus in Eph 4,6 von „the unity within the Trinity as ultimate basis for the unity of the church“. Auf S. 188 bemerkt er dazu: „the unity amid diversity which pertains to the Trinity is the basis for the essential unity in the midst of the circumstantial variety which characterizes the church“. 285 Vgl. Hendriksen, Ephesians, 188: „We worship one God (Deut. 6:4), not three gods.“ 286 Vgl. Hendriksen, Ephesians, 187: „The emphasis here, as in [Eph] 1:3, 17; 2:18; 3:14, 15, is on redemptive Fatherhood.“ 287 Vgl. Hendriksen, Ephesians, 188: „The first person of the Trinity is […] [in Eph 4,6 a] Father of all, that is, of all those who belong to the family of the faith.“

2.2 Forschungen aus den Jahren 1960 bis 1979

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Verses, worin Gottes Verhältnis zum Universum oder zur Natur gar nicht besprochen wird.288 Deswegen gehe es hier nicht um Gott Vater als Schöpfer aller Dinge (wie in Eph  3,9), sondern um Gott Vater als derjenige, der alles Geschaffene neu geschaffen hat, anders gesagt, um Gottes erlösende Vaterschaft.289 V. 6 b besage Gottes dreifache Beziehung zu allen seinen Kindern: Als Vater habe er Kontrolle „über alle“, er sei „durch alle“, da er alle durch Christus segne, und „in allen“, da er sie ans Herz drücke.290 Hendriksen gibt zu Eph 4,6 b keine Belegstellen an. George Johnston (1967) geht in seinem knappen Kommentar auf Eph  4,6 b nicht ein und auf V. 6 a nur teilweise und am Rande. Seine Übersetzung ist die der Revised Standard Version (RSV), auf der die Kommentarreihe basiert: „one God and Father of us all, who is above all and through all and in all“.291 Johnston gibt dem Abschnitt Eph 4,1–16 die Überschrift „The unity and maturity of the Church“.292 Es gehe um die interne Einheit sowie die universale Mission der Kirche.293 In Eph 4,4–6 stehe ἓν σῶμα, womit die Reihe anfängt, zentral: Die Einheit des Leibes Christi, der Kirche, werde durch Gottes Geist ermöglicht (Eph 4,3–4) und durch eine gemeinsame Hoffnung auf universale Erneuerung (V. 4), einen gemeinsamen Retter und Herrn, ein gemeinsames Glaubensbekenntnis, ein gemeinsames Sakrament des Neuen Bundes (V. 5) und eine gemeinsame Gottheit (V. 6) zum Ausdruck gebracht.294 All diese Überzeu288 Vgl. Hendriksen, Ephesians, 188 Anm. 103: „The entire context clearly indicates that the word πάντων is here [in Eph 4,6 a] not neuter. In the present connection the apostle has not been discussing God’s relation to the universe or to nature.“ 289 Vgl. Hendriksen, Ephesians, 187: „To be sure, as our Father he is also our Creator, for he created all things (3:9). This fact makes his Fatherhood in the sphere of redemption stand out even more beautifully. He recreated what he had created, so that we are his in a double sense.“ 290 Vgl. Hendriksen, Ephesians, 188: „he [Gott Vater] bears a threefold relationship to all his children: As Father he is ‚over all,‘ for he exercises control over all. He is, however, also ‚through all,‘ for he blesses us all through Christ our Mediator. And he is ‚in all,‘ for he draws us close to his heart in the Spirit“ (Hervorhebung von Hendriksen). Vgl. auch S. 204. Nach Hendriksen, Ephesians, 185, führt Paulus in Eph 4,4–6 die Einheit der Kirche erst auf den Geist zurück (V. 4), der in den Herzen der Gläubigen wohne, dann auf den Herrn Jesus Christus (V. 5), dessen Opfer die Gabe des Geistes ermöglicht habe und schließlich auf Gott Vater (V. 6), der seinen Sohn und zusammen mit seinem Sohn den Geist gegeben habe. 291 S. George Johnston, Ephesians, in: Ders., Ephesians, Philippians, Colossians and Phi­lemon (Century Bible), London / Edinburgh: Nelson 1967, 3–27, 18. 292 S. Johnston, Ephesians, 7.17. 293 S. Johnston, Ephesians, 17: „In Ephesians […] the context is the Church’s internal uni­ty and its universal mission.“ 294 Vgl. Johnston, Ephesians, 18: „But here (verses 3, 13) [von Eph 4] unity of the Spir­ it [τὴν ἑνότητα τοῦ πνέυματος, Eph  4,3] like unity of the faith [τὴν ἑνότητα τῆς πίστεως, Eph 4,13] is peculiar to Ephesians. It is probably not a vague spiritual identity, but rather a profound oneness made possible by God’s Spirit and expressed as follows: by a common Confession of Faith (one faith), a common sacrament of the New Covenant (one baptism),

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2. Forschungsüberblick

gungen seien in ἓν σῶμα zusammengefasst.295 Das in Eph 4,4–6 Gesagte sei eine „katholische“ Stellungnahme gegen spaltende doketische, markionitische und gnostische Häresien, die zu jener Zeit (90–125 n. Chr.) aktuell waren.296 George Thompson (1967) zufolge wird in Eph  4,6 mit der Erwähnung des einen Gottes (im Kontrast zum Polytheismus der damaligen Welt) die Einheit des Universums betont.297 Thompson interpretiert den Vers, den er mit der New English Bible (NEB), auf der die Kommentarreihe basiert, mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“ übersetzt,298 also kosmologisch. Eph 4,6 a drücke aus, dass Gott kein abstraktes Prinzip ist, sondern sich wie ein Vater um die Welt kümmert und V. 6 b, dass er über seiner Schöpfung steht („über allem“), an ihr beteiligt ist und sich für sie interessiert („durch alles“ und „in allem“).299 Als Vergleichsstelle gibt Thompson 1 Kor 8,6 an und meint, dass der Verfasser (Paulus) in VV. 4–6 womöglich eine Art Glaubensformel zitiert, womit seine Rezipienten bekannt waren.300 Nach Thompson gebe Eph eine christliche Antwort auf ein zeitgenössisches Interesse an dem Thema „Einheit“.301 In diesem Zusammenhang sage Eph 4,6 aus, dass die Welt ihre zugrunde liegende Einheit in dem einen Gott und Vater von allem, also in einem persönlichen Gott und nicht in einem unpersönlichen Prinzip findet.302 Dies sei eine Reaktion auf stoische Vorstellungen a common Saviour and Head (one Lord ), a common Deity (one God and Father), and a common hope for universal restoration (one hope that belongs to your call)“ (mit typographischen Änderungen: kursiv statt fett). 295 Vgl. ebd.: „These tremendous assertions are summed up in one body.“ 296 Vgl. ebd.: „This impressive catholicity belongs to the period of A. D. 90–125 when the Church had to wrestle against divisive heresy of the Docetic, Marcionite, and Gnostic types; precisely the time that saw the emergence of the adjective ‚catholic‘.“ 297 Vgl. George H. P. Thompson, The Letter of Paul to the Ephesians, in: Ders., The Letters of Paul to the Ephesians, to the Colossians and to Philemon (Cambridge Bible Commen­ tary), Cambridge: Cambridge University Press 1967, 2–102, 62: In Eph  4,6 „the unity of the universe is stressed by mention of the one God (in contrast to the belief in many gods, a feat­ure of the comtemporary world“ (Hervorhebung von Thompson). 298 S. Thompson, Ephesians, 60. 299 Vgl. Thompson, Ephesians, 62–63: „Father describes this God as one who is not an abstract principle, but as one who has a personal love and care for his world. He is over all as the source of creation, but is through all and in all, as being deeply involved and interested in it“ (Hervorhebung von Thompson). 300 Vgl. Thompson, Ephesians, 63: „In verses 4–6 Paul may be quoting from a kind of creed or statement of belief with which his hearers were familiar.“ 301 Vgl. Thompson, Ephesians, 20–28 („The Contemporary Interest in ‚Unity‘ – the Chris­tian Contribution. Unity as a ‚Talking-Point‘ in the First Century A. D.“), wo er die fol­genden fünf Themenbereiche des Einheitsthemas bespricht: „(1) What makes the world one […] (2) A citizenship of all human beings […] (3) Where all religions meet […] (4) The union with the ‚One Lord‘ […] (5) The life of ‚harmony‘“ (Hervorhebung von Thompson). 302 Vgl. Thompson, Ephesians, 22: „From the Christian viewpoint the world finds its underlying unity in ‚the one God and Father of all, who is over all and through all and in all‘

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(vgl. u. a. Kleanthes’ Zeushymnus).303 Wie diese kosmologische Interpretation von Eph 4,6 mit dem direkten Kontext des Verses (VV. 3–5 und 7, die einen ekklesiologischen Sinn haben) zusammenpasst, macht Thompson nicht deutlich. James Houlden (1970) fasst πάντων in Eph 4,6 a maskulinisch und πάντων sowie πᾶσιν in V. 6 b neutrisch auf. Seine Übersetzung folgt der Revised Standard Version (RSV): „one God and Father of us all, who is above all and through all and in all“.304 Es ist unklar, ob nach Houlden V. 6 a sich auf alle Menschen oder alle Glaubenden bezieht; zu den von ihm für diesen Halbvers angeführten Parallelen (1 Kor 8,6; 12,6; Eph 3,14–15) gibt er keine Erläuterung. V. 6 b interpretiert er aufgrund von Eph 1,23, den er kosmologisch deutet,305 als Aussage über das Universum.306 Das Problem dieser Auslegung ist, dass nichts darauf hinweist, dass sich zwischen Eph 4,6 a und V. 6 b sowie zwischen V. 6 b und V. 7 der Bezugspunkt ändert. Da πατὴρ πάντων (V. 6 a) eine menschliche Beziehung nahelegt und ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν (V. 7) sich auf die Glaubenden bezieht, sind die All-Aussagen in Eph 4,6 b vermutlich maskulinisch aufzufassen. Houlden gibt in seinem knappen Kommentar keine Parallelen zu Eph 4,6 b an, hält den Vers aber für eine hellenistische (stoische) Vorstellung in einem jüdisch-christlichen Rahmen.307 Seine Bemerkung, dass nach stoischer Vorstellung das Göttliche alles Existierende durchwaltet, bietet (implizit) eine Erklärung für das in Eph 4,6 b auf Gott bezogene διὰ πάντων.308 Das Syntagma ἐπὶ πάντων gebe im Einklang mit der jüdischen Tradition an, dass Gott transzendent ist und sich von seiner Schöpfung unterscheidet.309 Houlden weist hier nicht auf Röm 9,5 hin. Zu ἐν πᾶσιν sagt er nichts, er sieht aber 1 Kor 12,4–11 (4: 6) – a personal God, not just a principle.“ Thompson bespricht hier den Themenbereich „What makes the world one“ (s. o.). Hervorhebungen sind von Thompson. 303 Vgl. Thompson, Ephesians, 20. Thompson gibt nicht an, worin der Gegensatz zwischen der Stoa und Eph 4,6 besteht. 304 S. James  L. Houlden, The Letter to the Ephesians, in: Ders., Paul’s Letters from Pris­on. Philippians, Colossians, Philemon and Ephesians (Pelican New Testament Commen­ taries), London: Penguin 1970, 233–341, 306. 305 Vgl. Houlden, Ephesians, 277–278, bes. 278: „Uncertain as the exact sense of this verse [Eph 1,23] may be, it reinforces the message of 110 – that Christ with his Church lays claim to authority over the whole world; and though he is said to be head of the Church, yet the associations of that title in Hellenistic thought imply easy extension to lordship on the cosmic scale“ (Hervorhebung von Houlden). 306 Vgl. Houlden, Ephesians, 309: „as masculine and neuter have in these cases the same form in Greek, it is impossible to tell whether all [in Eph 4,6 b] means ‚everybody‘ or ‚every­ thing‘. Almost certainly it is the latter, cf. 123“ (Hervorhebung von Houlden). 307 Vgl. ebd.: „This [Eph 4,6 b] is a piece of simple stoicism set in a Jewish-cum-Christian frame.“ 308 Vgl. ebd.: „The Stoics saw divinity as a quality pervading all existence.“ 309 Vgl. ebd.: „For the Jewish tradition, however, God was transcendent, distinct from his creation (above all)“ (Hervorhebung von Houlden). Ob ἐπί in Eph 4,6 b mehr zum Ausdruck bringt als „über“ („above all“), ist zweifelhaft.

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als wichtigste Parallele zu Eph 4,4–6 (vgl. ἐν πᾶσιν in 1 Kor 12,6).310 Eph 4,6 gebe an, dass die Einheit der Kirche in der Einheit Gottes wurzelt.311 Karl Zeiss (1970) kommentiert und übersetzt Eph  4,6 b nicht. Seine knappe Aus­legung fokussiert die Ökumene.312 Joachim Gnilka (19823 [1971]) sieht in Eph 4,6 Gottes Stellung gegenüber dem All definiert:313 „[E]in Gott und Vater aller Dinge, der über allem und durch alles und in allem (ist).“314 Die Formel sei an sich pantheistisch, werde aber in Eph wie bei Philo verwendet, „um die All-Gegenwart und die All-Wirksamkeit des einen und personalen Gottes auszusagen“.315 Der Verfasser des Eph verfolge damit die Absicht, die Einheit der Kirche zu begründen: „Als der allgegenwärtige und allwirksame Eine ist er die letzte Begründung der Einheit der Kirche.“316 Die Kirche bekennt sich zu dem einen Gott, „der das All Umspannende ist“.317 Dieses Gottesbekenntnis habe zwei Implikationen: Auf der einen Seite wird anerkannt, dass Gott sowohl der Gott der Juden als auch der Heiden ist, da es nur einen Gott gibt,318 und auf der anderen Seite wird der Blick auf die Welt und die Völker gerichtet, da Gott allumspannend, allgegenwärtig, allwirksam ist, was mit sich bringt, dass die Kirche „‚potentiell‘ immer schon Weltkirche ist und bleiben muß“, also „prinzipiell niemals zur Sekte werden kann […] solange sie an diesem Gottesbekenntnis festhält“.319 Dabei diene die Kirche als Ausdruck einer gottgewollten Einheit in Vielfalt als Vorbild für die zerrissene Welt.320 Für διὰ πάντων in Eph 4,6 sind nur wenige von den von Gnilka aufgelisteten „traditionsgeschichtlichen“ Parallelen relevant: die pantheistisch zu deutende Parallele bei Mark Aurel (7.9.2: θεὸς εἷς δι᾽ ἁπάντων321) und einige Parallelen 310 Houlden, Ephesians, 309, nennt 1 Kor  12,4–11 „[t]he nearest comparable passage“ zu Eph 4,4–6. 311 Vgl. ebd.: In Eph 4,4–6 „no particular domestic trouble […] is in mind; rather, perhaps, a more general failure to preserve the Church’s unity. […] unity is seen […] in every feature of Christian life. Unity pervades the whole structure of the faith and is rooted in the oneness of God himself [s. Eph 4,6]“. 312 Vgl. Karl Zeiss, Epheser 4, in: Ludwig Schmidt (Hg.), Epheser und Kolosser (Schriftauslegung für Predigt, Bibelarbeit, Unterricht 6), Stuttgart: Klotz 1970, 97–111, 97–102. 313 Vgl. Gnilka, Epheserbrief, 204. 314 S. Gnilka, Epheserbrief, 194. 315 S. Gnilka, Epheserbrief, 204. 316 Vgl. und s. Gnilka, Epheserbrief, 203–204. 317 S. Gnilka, Epheserbrief, 204. 318 Vgl. ebd. Gnilka weist dabei auf Röm 3,29–30 hin. 319 S. Gnilka, Epheserbrief, 204. Gnilka bezeichnet Eph 4–6 als „Weisungen an die Kirche in der Welt“ (S. 193), wobei er bemerkt, dass „Kirche nicht als Einzelgemeinde konzipiert ist, sondern als Zusammenschluß aller Christusgläubigen in der Welt“ (S. 194). 320 Vgl. Gnilka, Epheserbrief, 193–195.203. 321 Dibelius liest hier διὰ πάντων (s. o.).

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bei Philo, die (nach Gnilka) nicht pantheistisch sind, sondern Gottes All-Gegenwart und All-Wirksamkeit ausdrücken (Leg. 3.4: πάντα γὰρ πεπλήρωκεν ὁ θεὸς καὶ διὰ πάντων διελήλυθεν; Post. 6: πάντα διὰ πάντων ἐκπεπληρωκότος; Mos. 2.238: „Gott ist der, ‚der alles durch alles erfüllt mit seiner wohltätigen Macht‘“, ὁ πάντα διὰ πάντων πεπληρωκὼς τῆς εὐεργέτιδος ἑαυτοῦ δυνάμεως und Sacr. 67: „Gott ist der […], der hier ist und dort und da und überall, nachdem er alles durch alles erfüllt [πεπληρωκὼς πάντα διὰ πάντων] und nichts leer von sich gelassen hat“).322 Bei den zwei letzten Parallelen weist Gnilka auf die Nähe zu τὸ πλήρωμα τοῦ τὰ πάντα ἐν πᾶσιν πληρουμένου in Eph 1,23 hin.323 Andere von Gnilka erwähnte Parallelen sagen nicht aus, dass Gott διὰ πάντων ist. Nach Gnilka liegt philosophisches Gedankengut vor, das womöglich über die hellenistisch-jüdische Literatur vermittelt wurde.324 Der Verfasser des Eph schließe an bereits vorhandene Traditionen an, wobei die Zusammenstellung nach seinen eigenen Intentionen erfolgte.325 Im Hinblick auf die von ihm erwähnten Parallelen meint Gnilka, die AllAussagen seien nicht maskulinisch, sondern neutrisch aufzufassen und beziehen sich dementsprechend nicht auf alle Menschen oder alle Glieder der Kirche, sondern auf alles.326 Der Kontext des Verses spreche für die Auffassung, dass alle Glieder der Kirche gemeint sind, bei dieser Auffassung aber „dürfte […] weder die Radikalität des hier sich aussprechenden Monotheismus noch das Gewicht der vierfachen πάντα-Aussage ernstgenommen sein“.327 Hier sollte aber doch vor allem der direkte Kontext des Verses beachtet wer­ den. εἷς θεός mag die Klimax der Reihe formen, ist aber eine von insgesamt sieben Einheitsformeln, wovon die meisten (vier) einen deutlichen Bezug auf die Glaubensgemeinschaft haben (ἓν σῶμα, μία ἐλπίς, μία πίστις, ἓν βάπ­τισ­ μα). Auch V. 3 macht deutlich, dass es primär um die Einheit (ἡ ἑνότης) der Glaubenden geht. Ob eine vierfache „πάντα-Aussage“, oder vierfache „πάντες-Aussage“ vorliegt, lässt sich auch am besten anhand des unmittelbaren Kontextes bestimmen: πατὴρ πάντων in V. 6 a und ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν in V. 7 a. Gnilka weist mit Recht darauf hin, dass πατὴρ πάντων als Gottesbezeichnung in der neutestamentlichen Literatur einmalig ist und deswegen nicht zu leicht im Sinne von „Vater aller Christen“ interpretiert werden soll.328 Er interpretiert πατὴρ πάντων als „Vater aller Dinge“, da zahlreiche Parallelen bei Philo „eindeutig“ auf Gott als Schöpfer und Vater von allem hindeuten und Gott in Eph der Schöpfer aller 322 Vgl.

Gnilka, Epheserbrief, 98.204 mit Anm. 3–4 (deutsche Übers. nach Gnilka). Gnilka, Epheserbrief, 98. 324 Vgl. Gnilka, Epheserbrief, 204. 325 Vgl. Gnilka, Epheserbrief, 201. 326 Vgl. Gnilka, Epheserbrief, 204. 327 S. ebd. 328 Vgl. Gnilka, Epheserbrief, 204 Anm. 2. 323 S.

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2. Forschungsüberblick

Dinge ist (s. bes. Eph 3,9: ἐν τῷ θεῷ τῷ τὰ πάντα κτίσαντι; vgl. auch V. 15).329 πατὴρ πάντων legt aber eine menschliche Beziehung nahe und zwar zwischen Gott, dem Vater, und den Glaubenden, seinen Kindern (s. z. B. Eph 1,2.5; 5,1). „Vater aller Glaubenden“ ist auch deswegen eine plausible Interpretation, da die Nichtglaubenden als „Gottlose“ (ἄθεοι, Eph 2,12) gelten. Schließlich ist Gnilkas Genusbestimmung von πάντων (3×) und πᾶσιν in V. 6 deswegen problematisch, da der Text nachher weitergeht mit „jedem einzelnen von uns [den Glaubenden] aber …“ (ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν). Seine Bemerkung, dass die für Eph  4,6 b bezeugte Variante ἐν πᾶσιν ἡμῖν („in uns allen“) eine „Korrektur“ ist, die den Übergang von V. 6 b zu V. 7 a „erleichtert“, ist textkritisch zwar richtig, zeigt aber zugleich, dass er den Textfluss von V. 6 b nach V. 7 a für die Genusbestimmung der πᾶς-Aussagen nicht entscheidend achtet.330 Ralph Martin (1971) fasst Eph 4,6 b trinitarisch auf (vgl. Martin 1986 und 1991 [s. u.]). Seine Übersetzung folgt der Revised Standard Version (RSV): „one God and Father of us all, who is above all and through all and in all“.331 Eph 4,4–6 definiere näher, was die vom Heiligen Geist vorgegebene Einheit der Kirche (V. 3) impliziert.332 V. 6 bekröne dieses Glaubensbekenntnis mit einem Verweis auf den einen Gott, der als Vater (V. 6 a) „über allem / allen“, als Sohn „durch alles / alle“ und als Geist „in der ganzen Familie Gottes“ (V. 6 b) sei.333 Diese Interpretation übergeht, dass die drei Präpositionalwendungen in Eph 4,6 b sich ausschließlich auf den in V. 6 a genannten „einen Gott und Vater aller“ beziehen. Die Präposition διά in V. 6 b werde wie διά (δι᾽ αὐτοῦ) in Eph 2,18 im Sinne von Vermittlung verwendet.334 Da διὰ πάντων und δι᾽ αὐτοῦ weder terminologisch übereinstimmen noch den gleichen Bezugspunkt haben, überzeugt diese Interpretation nicht. Die von Martin zur Stelle angeführten Parallelen (Dtn 6,4 f.; 1 Kor 8,6)335 helfen uns für die Exegese des διὰ πάντων in Eph 4,6 b nicht weiter.

329 Vgl.

Gnilka, Epheserbrief, 204 mit Anm. 2 (mit Belegen). Gnilka, Epheserbrief, 204 Anm. 3. 331 S. Ralph P. Martin, Ephesians, in: Clifton A. Allen (Hg.), Broadman Bible Commentary, Bd. 11, Nashville, TN: Broadman 1971, 125–177, 154 (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). 332 Vgl. ebd.: „Verses 4–6 [Eph 4,4–6] further define what the Spirit’s gift of unity [Eph 4,3] implies; and they do so by a series of creedlike formulation, all of them being given emphasis by the repetition (seven times) of the term one“ (Hervorhebung von Martin). 333 Vgl. ebd.: „Paul seals this creedal statement with a trinitarian reference to one God who is known in his self-revelation as Father above all, as Son through all […] and as Spirit who is in all the family of God“ (Hervorhebung von Martin). Ob Martin mit „all“ in den ersten zwei Präpositionalwendungen alles oder alle meint, ist unklar. 334 Vgl. ebd.: „the preposition [διὰ πάντων, Eph 4,6 b] answers to concept of mediation, as in 2:18“. 335 S. Martin, Ephesians, 155. 330 Vgl.

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Klaus Wengst deutet in seiner Monographie Christologische Formeln und Lieder des Urchristentums (1972) Eph 4,6 kosmologisch. Grundthema von Eph 4,1–16 sei die Einheit der Kirche.336 VV. 1–6 geben „die Grundlagen der vorgegebenen und zu bewahrenden Einheit“ (vgl. V. 3) an.337 Die εἷς-Akklamation des V. 6 sei vom Verfasser des Eph in Anlehnung an 1 Kor 8,6 gebildet worden.338 Nach Wengst betont die εἷς-Akklamation des 1 Kor 8,6 Gottes Einzigkeit, Vaterschaft und Schöpfermacht sowie die Ausrichtung der Gemeinde auf Gott hin.339 Hinter deren präpositionalen All-Wendungen stehe eine durch das hellenistische Judentum vermittelte stoische Allmachtsformel.340 Für die Formel in Eph 4,6 seien gegenüber ihrer Vorlage (1 Kor 8,6) die wichtigsten Änderungen die Bezeichnung von Gott als πατὴρ πάντων (vgl. Eph 3,15) und die Bezeichnung von Gott als derjenige, „der über, durch und in allem ist“.341 Dass der Verfasser des Eph die (nach Wengst aus 1 Kor 8,6 übernommene und geänderte) Formel in einem Kontext verwendet (nach Wengst: in einen Kontext integriert hat), der für eine ekklesiologische (maskulinische) Deutung der AllPrädikationen spricht, berücksichtigt Wengst nicht. Norbert Hugedé (1973) schwankt zwischen einer anthropologischen und kosmologischen Deutung der All-Wendungen in Eph 4,6. Er übersetzt den Vers mit „il y a un seul Dieu et Père de tous: il est au-dessus de tout, fonction de tout, et en tous“, paraphrasiert ihn aber mit: „Dieu est père de tout; il est au-dessus de tout, fonction de tout et en tous.“342 Die erste All-Wendung übersetzt er also maskulinisch, paraphrasiert aber neutrisch, die zweite und dritte deutet er neutrisch und die vierte maskulinisch. Grundsätzlich ist hier das Problem, dass es keinen Hinweis gibt, dass sich in Eph 4,6 der Bezugspunkt ändert. In Eph 4,1–16 sage der Verfasser des Eph (Paulus) seinen Rezipienten, dass sie zur Einheit in der Kirche berufen sind.343 Eph 4,4–6 gebe die Grundlagen des Appells zur Einheit an, wobei am Ende der Aufzählung (V. 6) Gott als Ursprung aller Dinge genannt werde.344 Eph 4,6 gehe auf eine traditionelle For-

336 Vgl. Klaus Wengst, Christologische Formeln und Lieder des Urchristentums (Studien zum Neuen Testament 7), Gütersloh: Mohn 1972, 141. 337 S. ebd. 338 Vgl. ebd. 339 Vgl. Wengst, Christologische Formeln, 136. 340 Vgl. Wengst, Christologische Formeln, 136 mit Anm. 3. 341 S. und vgl. Wengst, Christologische Formeln, 141–142. 342 S. Norbert Hugedé, L’Épître aux Éphésiens, Genf: Labor & Fides 1973, 139.146 (mit typographischen Änderungen: normal statt kursiv). 343 Vgl. Hugedé, Éphésiens, 141: Der Vf. des Eph (Paulus) sage aus: „vous êtes appelés à l’unité dans l’Eglise (4: 1–16)“. 344 Vgl. Hugedé, Éphésiens, 146: „V. 6. On sent, au travers de cette énumération, la démarche logique de Paul: l’appel à l’unité est fondé sur le principe même de l’Eglise, le Christ, un seul Seigneur, un seul esprit; sur la notion de l’Eglise elle-même, un seul corps […]; de là,

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2. Forschungsüberblick

mel, zum Beispiel auf ein primitives Glaubensbekenntnis zurück.345 Die monotheistische Formel sei ähnlich wie die in Röm 3,29, Gal 3,20 und 1 Tim 2,5.346 Durch die Bezeichnung von Gott als „Vater“ erhalte die Formel ein breiteres Publikum, da πατὴρ πάντων im Sinne von „Vater aller Dinge“ in philosophischen Texten bezeugt sei.347 Philosophische Parallelen nennt Hugedé nicht, er gibt aber an, dass τὰ πάντα „in stoischem Sinne“ den Kosmos meint.348 Auch Röm 11,36 und 1 Kor 8,6 sprechen nach Hugedé für eine neutrische Deutung von πάντων in Eph 4,6 a.349 Hier ergibt sich die Frage, warum Hugedé πατὴρ πάντων mit „Père de tous“ (maskulinisch) übersetzt (s. o.). Nach Hugedé sind in V. 6 b ἐπὶ πάντων und διὰ πάντων wahrscheinlich neu­ trisch und ἐν πᾶσιν maskulinisch aufzufassen.350 Dabei sei ἐπὶ πάντων am ein­fachsten zu verstehen: Gott ist „über allem“ (wobei Hugedé sich fragt, ob vielleicht „über allen“ gemeint ist).351 διὰ πάντων sei schwieriger zu fassen: Gott handele „nach Bedarf von allen“.352 Hier verstehe ich nicht, dass Hugedé διὰ πάντων stets neutrisch („au-dessus de tout“) übersetzt, paraphrasiert und gedeutet hat. ἐν πᾶσιν („in allen“) sei merkwürdig, da diese Redewendung einer pantheistischen Formel ähnlich sei.353 Dass in einem Bibeltext eine pantheistische Aussage vorkommt, muss aber nicht verwunderlich sein (vgl. Sir 43,27 LXX, wo von Gott gesagt wird: τὸ πᾶν ἐστιν αὐτός, „das All ist er selbst“). Das Präpositionsspiel ἐπί-διά-ἐν gebe alle möglichen Richtungen der Beziehungen zwischen Gott und der Schöpfung beziehungsweise der Menschheit an.354 Hugedés Auslegung bringt uns für die Interpretation von διὰ πάντων nicht weiter. Paul rappelle l’adhésion des chrétiens à cette même église, leur passé (κλῆσις), leur avenir (ἐλ­πίς); puis il passe aux actes religieux; et il remonte à l’origine de toutes choses, Dieu.“ 345 Vgl. ebd.: „il s’agit très certainement d’une formule traditionelle, par exemple d’une pro­fession de foi primitive“. 346 Hugedé (ebd.) spricht von einer „formule […] monothéiste (εἷς θεός = un seul Dieu)“ (Hervorhebung von Hugedé) und bezeichnet (in Anm. 24) Röm 3,29, Gal 3,20, Eph 4,6 und 1 Tim 2,5 als „formules semblables“. 347 Vgl. ebd.: „elle [d. h. die Formel] est devenue chrétienne: Dieu est le Père, et reçoit dès lors une beaucoup plus large audience: car les philosophes connaissaient déjà le πατὴρ πάν­των = le Père de toutes choses“ (Hervorhebung von Hugedé). 348 Vgl. Hugedé, Éphésiens, 146 Anm. 25 (s. a.  155): „Dans toutes les expressions que nous relevons tant chez Paul que dans la littérature de l’époque, τὰ πάντα est au neutre, et désigne, au sens stoïcien, l’univers“ (Hervorhebung von Hugedé). 349 S. dazu Hugedé, Éphésiens, 146. 350 Vgl. dazu Hugedé, Éphésiens, 146–147. 351 Vgl. Hugedé, Éphésiens, 147: „On comprend facilement le ἐπὶ πάντων = Dieu est audessus de tout (ou de tous?)“ (Hervorhebung von Hugedé). 352 Vgl. ebd.: „[On comprend] beaucoup moins le second (διὰ πάντων: Dieu agit en fonction de tous, c’est-à-dire que son attitude varie selon les dispositions de chacun?)“. Die Interpretation des διά im Sinne von „en fonction de“ ist nicht richtig. 353 Vgl. ebd.: „on s’étonne du dernier (ἐν πᾶσιν = en tous?) qui ressemblerait de bien près à une formule du panthéisme“ (Hervorhebung von Hugedé).

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Leslie Mitton (1989 [1973]) kombiniert eine ekklesiologische Deutung von Eph 4,6 mit einer kosmologischen und anthropologischen Interpretation. Seine Übersetzung folgt der Revised Standard Version (RSV), gibt diese aber nur teilweise wieder: „one God and Father of us all […] above (or ‚over‘) all and through all and in all“.355 Es gehe im direkten Kontext des Verses um die Einheit der Kirche und zwar der Universalkirche.356 Einigkeit existiere zwar in der Kirche, sei aber gefährdet und müsse daher gepflegt werden, um sie aufrechtzuerhalten.357 Die vom Geist Gottes vorgegebene Einheit der Kirche sei Gottes Gabe, um es der Kirche zu ermöglichen, sein Instrument in der Welt zu sein.358 Uneinigkeit unter den Glaubenden sei für den Verfasser des Eph undenkbar.359 Eph 4,4–6 gebe einige grundlegende Einheiten an.360 Die Idee, dass es nur einen Gott (εἷς θεός) gibt (Eph  4,6 a), gehe auf das Grundbekenntnis des Judentums zurück.361 Die Anrede Gottes mit „Vater“ sei distinktiv christlich, was durch die Verwendung von „unser“ unterstrichen werde.362 Die Rede von Gott als „Vater aller“ (πατὴρ πάντων) kommt aber sowohl in jüdischer als auch in paganer Literatur vor (s. z. B. Mal 2,10 LXX: οὐχὶ θεὸς εἷς ἔκτισεν ὑμᾶς; οὐχὶ πατὴρ εἷς πάντων ὑμῶν; und Philo Spec. 1.14: ἑνὸς τοῦ πάν­των πατρός bzw. Plut. mor. 1000 e 12–13: τὸν ἀνωτάτω θεὸν πατέρα τῶν πάν­των). Außerdem gehört „unser“, meines Wissens nach, nicht zum ursprünglichen Text von Eph 4,6 a.363 354 Vgl. ebd.: „Ensuite, cette surenchère de prépositions, qui soulignent toutes les possi­ bi­lités de relations entre Dieu et la création […] le jeu sur les prépositions ἐπί-διά-ἐν qui in­diquent ensemble toutes les directions possibles des relations entre Dieu et l’humanité“. 355 S. C.  Leslie Mitton, Ephesians (New Century Bible Commentary), Grand Rapids, MI / London: Eerdmans / Marshall, Morgan & Scott 1989, 142–143 (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). 356 Vgl. Mitton, Ephesians, 137–138.140. 357 Vgl. Mitton, Ephesians, 139: „It is assumed that harmony is present in the Church, but that it is threatened and that persistent and vigilant care is necessary if it is to be preserved.“ 358 Vgl. ebd.: „Quarrelling and division destroy not just the pleasant harmony of a congenial social group. It destroys the unity of the Spirit, which was God’s gift to his Church to enable it to be the instrument of his purposes in the world“ (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). 359 Vgl. Mitton, Ephesians, 140: „Disunity among Christians is for this writer [des Eph] unthinkable.“ 360 Vgl. ebd.: „The writer [des Eph] lists some of the underlying unities.“ 361 Vgl. Mitton, Ephesians, 142: „The Christian shared unquestioningly in the Jewish affirmation that God is one. If others spoke of ‚many gods‘, they were only ‚so-called gods‘, not really God.“ 362 Vgl. Mitton, Ephesians, 142–143: „The distinctive name by which Christians spoke of this one true God was Father. […] (Gal. 4:6; Rom. 8:15). The word us is a recognition that it was only among Christians that God was confidently known as Father“ (mit typographischen Änderungen: kursiv statt fett). 363 Die Lesart wird in Nestle-Aland25 – 28 nicht angegeben, auch nicht in den Ausg. von Tischendorf8 und von Soden.

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2. Forschungsüberblick

In Eph 4,6 b meine ἐπὶ πάντων, dass Gott alles überragend und transzendent ist (vgl. Röm 9,5), διὰ πάντων, dass er überall in seiner Schöpfung aktiv wirksam ist, wobei ihm alles als Instrument zur Verfügung steht (hier mischt Mitton eine lokale mit einer instrumentalen Deutung), und ἐν πᾶσιν besage, dass er in den Menschen wohnt, da Gott in Christus, der „in unseren Herzen wohnt“ (Eph 3,17), zu uns kommt.364 Mitton steht Houlden, der den Vers für eine stoische Vorstellung in einem jüdisch-christlichen Rahmen hält und die All-Wendungen neutrisch auffasst (s. o.), kritisch gegenüber, da ἐπὶ πάντων mehr jüdisch als stoisch sei und die Idee, dass Gott „durch alle Dinge“ und „in allen Dingen“ ist, nicht wirklich biblisch sei, obwohl es einige Übereinstimmungen mit Paulus’ Areopagrede gebe.365 ἐν πᾶσιν (über διὰ πάντων wird hier nichts ausgesagt) müsse sich auf alle Menschen beziehen, da anders vorausgesetzt wer­den soll, dass der Verfasser des Eph eine unbiblische Redewendung in seine Schrift zugelassen hat.366 Der von Mitton gemachte Unterschied zwischen „biblisch“ und „unbiblisch“ ist schon deswegen fragwürdig, da „biblische“ Autoren auch „außerbiblische“ Vorstellungen aufgenommen haben. Josef Ernst (1974) liest Eph 4,6 als Aussage über „das Verhältnis Gottes zur Kirche“.367 Er übersetzt mit „ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen (ist)“.368 Ernst zufolge wird hier die Einheit der Kirche in der Einheit Gottes begründet.369 Die Kirche ist eine, da Gott einer ist. Dabei stehe das monotheistische Bekenntnis zu dem einen Gott und Vater von allen im Hintergrund und das Wesen der Kirche im Vordergrund.370 Der Verfasser des Eph 364 Vgl. Mitton, Ephesians, 143: „God is above all, supreme and transcendent. He is through all, actively at work throughout his creation, so that there is nothing which may not become an instrument of his purpose. He is in all: human lives may become his dwelling place, as God comes to us in Christ who ‚dwells in our hearts‘ (3:17)“ (mit typographischen Änderungen: kursiv statt fett). Auf S. 143 erwähnt Mitton Röm 9,5 als Parallele zu ἐπὶ πάν­ των. Die Idee, dass ἐπί („über“) in Eph 4,6 b Gottes Transzendenz zum Ausdruck bringt, ist fragwürdig. Mitton (ebd.) ist (mit Recht) zurückhaltend, in Eph 4,4–6 von einer „trinitarischen“ Vorstellung zu reden. 365 Vgl. ebd.: „Houlden, who takes all to mean ‚all things‘, describes these three prepositional phrases as ‚simple Stoicism set in a Jewish-cum-Christian frame‘. ‚Above all‘, how­ ever, is Jewish more than Stoic (cf. Rom. 9:5), but to speak of God as ‚through all things‘ and ‚in all things‘ is not really characteristic either of the Bible as a whole or of Paul’s letters in particular, though the phrasing has some similarity to items of the speech attributed to Paul on the Areopagus (Ac. 17:25)“ (mit typographischen Änderungen: kursiv statt fett). 366 Vgl. ebd.: „in all must here refer to people rather than things, or else we must say that the writer of Ephesians has allowed an un-biblical phrase into his writings [sic] at this point“ (mit typographischen Änderungen: kursiv statt fett). 367 S. Josef Ernst, An die Epheser, in: Ders., Die Briefe an die Philipper, an Philemon, an die Kolosser, an die Epheser (Regensburger Neues Testament), Regensburg: Pustet 1974, 245–405, 349. 368 S. Ernst, Epheser, 343. 369 Vgl. Ernst, Epheser, 343.349.

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gehe von einer Kirche mit verschiedenen Einzelgemeinden aus.371 Es sei sein Anliegen, „[d]as Idealbild der ‚Ecclesia una‘“ in die Wirklichkeit der Einzelgemeinden zu übertragen.372 Dabei werde die Kirche durch die Überwindung von Spaltungen charakterisiert.373 In ihr, dem Leib, der dem Haupt, Christus, untergeordnet ist, sind alle Glieder (Glaubenden) zu einem lebendigen Ganzen (Kirche) vereinigt.374 Für ἐπὶ πάντων – διὰ πάντων – ἐν πᾶσιν gibt Ernst keine Parallelen an. Er hält es „grundsätzlich [für] möglich“ mit Gnilka und anderen „an den Schöpfergott zu denken (vgl. 3,9), dessen Allgegenwart und Allwirksamkeit mit Hilfe einer dreigliedrigen, vielleicht in ihren Ursprüngen pantheistischen Formel ausgesagt wird“.375 Seiner Meinung nach sollte aber betont werden, dass das kosmologische Glaubensbekenntnis in Eph „verkirchlicht“ vorliegt: „die Ekklesia ist jetzt der Ort, an dem all das verwirklicht ist, was auf einer vorchristlichen Stufe der theologischen Reflexion dem Weltall zugesprochen wurde“.376 Es ist die Kirche, die „Repräsentation der Einheit und des großen Friedens“ ist.377 Die dreigliedrige Formel betone Gottes Hoheit, auf die die Existenz der Kirche zurückgehe.378 Die Hoheit Gottes lässt sich meines Erachtens wohl aus ἐπὶ πάντων, nicht aber aus διὰ πάντων und ἐν πᾶσιν ableiten. Ernst umgeht die exegetische Frage nach dem Sinn von Eph 4,6 b, indem er bemerkt: „Die drei Präpositionen ‚über – durch – in‘ sperren sich wegen des formelhaften Charakters gegen eine spezifizierte theologische Befragung.“379 Markus Barth (1974) deutet in seinem ausführlichen Kommentar Eph 4,6, den er mit „one God who is Father of all, he is over all, through all, and in all“ übersetzt,380 als universalistische Aussage mit ekklesiologischen Implikationen. Der Vers lobe Gottes universale Herrschaft und Gegenwart.381 Gottes einigende Kraft wirke auf den ganzen Kosmos und damit auch auf die Kirche ein;382 370 Vgl.

Ernst, Epheser, 349. Ernst, Epheser, 343. 372 S. ebd. 373 Vgl. ebd. 374 Vgl. Ernst, Epheser, 348–349. 375 Vgl. Ernst, Epheser, 349. 376 S. ebd. 377 S. ebd. 378 Vgl. ebd. 379 S. ebd. 380 S. Markus Barth, Ephesians. Translation and Commentary on Chapters 4–6 (Anchor Bible 34 A), Garden City: NY, Doubleday 1974, xxii.425. 381 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 467: Eph 4,6 „praise[s] the universal rule and presence of God“ (s. a. S. 429). 382 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 465 Anm. 199: „According to […] Eph 4:6; cf. 1:10; 3:10 not only the church but the whole cosmos is exposed to the manifestation and exertion of God’s unifying power.“ 371 Vgl.

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2. Forschungsüberblick

historische und soziale Einheit auf Erden sei immer von Gottes ewiger Einsheit und Einheit abhängig.383 Auch die Einheit der Kirche beruhe also auf der Einheit Gottes.384 Die Argumentation des Eph sei wie folgt: Da Gott einer ist, gibt es ein Gottesvolk, das in der Grundlage und in Anerkennung der Einheit leben sollte (vgl. 1 Kor 12,4–7 und Joh 17,20–21).385 In diesem Zusammenhang sei Einheit in der Vielfalt gemeint: Die Einheit der Kirche könne deswegen auf der Einheit Gottes beruhen, da sowohl die Kirche als auch Gott eine Einheit in Vielheit formt, nämlich die Kirche als eine Gemeinschaft von vielen und mannigfaltigen Menschen und Gott als eine Wesenseinheit in drei Personen.386 Die Realisierung der Einheit im irdischen Bereich sei eschatologisch; es sei gemeint, dass es für die endzeitliche Realisierung der Einheit auf Erden beziehungsweise in der Kirche eine himmlische Garantie gibt.387 Barth bezeichnet Eph 4,4–6 als Bekenntnis oder Hymnus.388 Der Verfasser des Eph habe diese Formel kompiliert.389 Dabei basiere V. 6 auf vorchristli383 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 466: „As in the confession (vss. 4–6) God’s oneness and his creatures’ unity are correlated step by step, the author intends to show that historic and social unity on earth is totally dependent upon God’s eternal oneness and unity. Unity on earth is the creation, the manifestation, the glorification of the divine.“ 384 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 428: „The unity of the church rests upon the oneness of God rather than upon some common enthusiasm in the community of the church.“ 385 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 465: „In this epistle [d. h. in Eph] God’s oneness is directly, i. e. causatively, dynamically, effectively, but also epistemologically, related to the unity of the church. Because God is one, his people are one and are to live on the basis and in recognition of unity. Similarly in OT and Jewish writings the oneness of God is the ontic and noetic presupposition of statemens about the oneness of the temple, the law, or the people of God.“ Vgl. auch Barth, Ephesians 4–6, 465 Anm. 197: „Upon the oneness and unity of God depends the oneness and unity of the church, and to this the church is called to bear witness.“ Für die zwei genannten neutestamentlichen Stellen, s. ebd. 386 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 466–467: „God’s own oneness and manifoldness deter­ mine the church’s oneness and manifoldness. […] A multiplicity of persons could never truly share in God’s oneness, be committed by it, confess it – if God had not proven to be the One even in his Plurality, the unity that permits diversity, the power that holds together, brings together, and guarantees community.“ Barth sieht Gottes Einsheit bzw. Einheit trinitarisch (was anachronistisch ist): „God’s oneness is the communion of Father, Son, and Spirit; it is the unity of these three: the mystery of the trinity“ (s. Barth, Ephesians 4–6, 466). 387 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 429: „The unity of the church is according to vss. 4 b and 13 [d. h. Eph 4,4 b.13] not constituted by something underneath or inside the church or her several members. Rather it is eschatological. […] Not the attainment to unity, but the guarantee of that attainment is, in the best interest of the church, preserved at a place ‚out of this world.‘“ 388 Vgl. ebd.: „4–6. These three verses contain a confession or hymn.“ Barths Bemerkung ist ziemlich willkürlich. 389 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 462–463: „it is unlikely that at an unknown occasion, for an unknown situation, an author other than the writer of Ephesians should have composed the whole of vss. 4:4–6 as a unit, for the structure and subject matter of these verses so perfectly fit the substance and instruction of this one letter that the author of Ephesians himself should be considered the compiler“.

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chen, paganen sowie jüdischen, Formulierungen.390 Barth weist auf jüdische und pagane Parallelen hin (Gen 1–2; Dtn 6,4–6; Sach 14,9; Sir 43,27 LXX; Ios. c. Ap. 2.193; Philo Spec. 1.67; ApcBar [syr] 48.24; Sib Frgm. 1 und 3; Aischyl. Frgm. 70 N; CIL 3800);391 von diesen Stellen sagt aber keine aus, dass Gott διὰ πάν­των ist. Ein wichtiger Unterschied zwischen Eph und der Stoa sei in diesem Zusammenhang, dass Eph die Einheit der Kirche von der Einheit Gottes ableitet, die Stoa hingegen die Einheit Gottes von der Einheit der Welt (s. z. B. M. Aur. 7.9), obwohl es auch stoische Belege gebe, die Gott (Zeus) ontische Priorität zuweisen (s. z. B. Kleanthes’ Zeushymnus).392 Barth macht hier nicht deutlich, dass Eph 4,6 (bes. das auf Gott bezogene διὰ πάντων) vor dem Hintergrund der Texte von Mark Aurel und Kleanthes verständlicher wird. Für die Genusbestimmung von πάντων und πᾶσιν in Eph  4,6 lässt Barth die folgenden Argumente Revue passieren. Für eine ekklesiologische Deutung des Verses, wobei die All-Aussagen maskulinisch zu verstehen sind, könnte Folgendes sprechen. Die Variante „in uns allen“ (ἐν πᾶσιν ἡμῖν) statt der Lesart ἐν πᾶσιν am Ende des V. 6 gebe, obgleich sie sekundär ist, eine mögliche Interpretationsrichtung an.393 Dabei könnte ἡμῖν sich entweder auf alle drei All-­Wendungen, oder nur auf die dritte All-Wendung des V. 6 b beziehen – dies lässt Barth offen, wobei er die Möglichkeit, dass ἡμῖν sich auch auf die AllAussage des V. 6 a bezieht, nicht berücksichtigt.394 Wenn ἡμῖν mitgelesen wer390 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 462: „The last part praising the oneness of God and his rule over all (vs. 6) has Jewish and Gentile pre-Christian parallels and may contain copied formulations.“ 391 S. Markus Barth, Ephesians. Introduction, Translation, and Commentary on Chapters 1–3 (Anchor Bible 34), Garden City, NY: Doubleday 1974, 177 Anm. 158, und Ders., Ephesians 4–6, 462 Anm. 189. 392 Vgl. dazu Barth, Ephesians 4–6, 465 Anm. 197. 393 Barth, Ephesians 4–6, bespricht diese Variante auf S. 470–471. Die Variante mit ὑμῖν (s. Minuskel 1739c) bespricht er nicht, er vermeldet aber, dass Calvin in omnibus vobis liest (s. Barth, Ephesians 4–6, 470 Anm. 221). Die Lesart ὑμῖν wird von Tischendorf8 verzeichnet aus einigen Minuskeln, Chrysostomos, Theodoret, Theophylakt und Oikumenius. Barth, Ephesians 4–6, 471 Anm. 224, hält die Lesart ἡμῖν textkritisch betrachtet (mit Recht) für se­ kundär, er bemerkt jedoch: „even if the variant is explained as an interpreter’s gloss and ruled out as inauthentic, it may show interpreters which way to go“ (S. 471). 394 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 470: „The limiting pronoun ‚of us,‘ in turn, may belong either only to the formula ‚[God] in all‘ or to each of the three formulae ‚[God] over all, through all, in all.‘“ Barth, Ephesians 4–6, 470 Anm. 222, vermeldet, dass die Vg ἐπὶ πάν­των maskulinisch (super omnes), διὰ πάντων neutrisch ( per omnia) und ἐν πᾶσιν ἡμῖν (selbstverständlich – wegen ἡμῖν) maskulinisch (in omnibus nobis) auffasst, Erasmus dage­ gen die ersten zwei Präpositionalwendungen neutrisch und die letzte maskulinisch. Erasmus’ Auffassungen sind aber differenziert. In seinem Novum Instrumentum omne (1516) gibt Erasmus Eph 4,6 wieder mit εἷς θεὸς καὶ πατὴρ πάντων, ὁ ἐπὶ πάντων καὶ διὰ πάντων, καὶ ἐν πᾶσιν ὑμῖν und übersetzt den Vers mit vnus deus et pater omnium qui est super omnia et per omnia, et in omnibus vobis. In seinen Annotationes (1516) gibt er zur Stelle an, dass das Genus der All-Wendungen in Eph 4,6 b unsicher ist, es aber besser wäre, in der Übers. eine Mischung von Dingen (Neutrum) und Personen (Maskulinum) zu vermeiden: satius erat

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2. Forschungsüberblick

den muss und hinter dem Vers tatsächlich eine stoische Formel steht, dann wäre „unser“ ein Zeichen der „Christianisierung einer hellenistischen Formel“ (vgl. Dibelius).395 In dem Fall würde Eph 4,6 aussagen, dass Gottes durchdringende Gegenwart, welche nach den Philosophen die ganze Welt durchwaltet, der Kirche vorbehalten ist.396 Das methodische Problem dieser ganzen Argumentation ist aber, dass sie eine Lesart in die Exegese miteinbezieht, die textkritisch betrachtet sekundär ist. Für eine universalistische Deutung des Verses spreche Folgendes: Eph 3,14–­15, wo Gott als Vater „jeder Familie im Himmel und auf Erden“ bezeichnet wird, zeige, dass Gottes Vaterschaft sich nicht auf die Glaubenden beschränkt.397 Demgegenüber steht aber, dass Gott in Eph meistens als Vater der Christen (s. bes. Eph 1,2.5 und 2,18; vgl. auch 5,20 und 6,23) – oder als Vater Jesu Christi (Eph 1,3.17) – vorgestellt wird. Außerdem sind die NichtGlaubenden nach Eph 2,12 Gottlose (ἄθεοι). Eph 1,10.22–23 und 3,9, wo (τὰ) πάντα verwendet wird, würden dafür sprechen, dass auch in 4,6 Gottes Herrschaft allumfassend gemeint ist.398 Zudem in eodem genere perseverare, et non miscere res personis, ‚super omnia et per omnia‘, aut ‚su­per omnes et per omnes‘; nam apud Graecos incertum est genus. Vgl. dazu rezent Faber, Annotations, 168–169.171 Anm. 2. In seinen Paraphrases (1520) schreibt Erasmus zu Eph 4,6: postremo unus est deus et pater omnium, qui velut princeps et auctor universorum sic praesidet nobis omnibus, ut interim spiritu suo, quo nos moderatur, fusus sit per omnes, semperque nobis praesens et opitulans inhabet in omnibus (zitiert nach Le Clerc, mit Änderungen: normierte Schreibweise), d. h.: „Schließlich ist der Gott und Vater aller einer, der als Urheber und Leiter aller Dinge so über uns alle regiert, dass er sich mittlerweile durch seinen Geist, mit dem er uns leitet, durch alle erstreckt und in allen wohnt, wobei er uns immer gegenwärtig ist und zu Hilfe steht“ (Übers. vom Vf., MG). Hier fasst Erasmus also alle drei AllWendungen in Eph 4,6 b maskulinisch auf (nobis omnibus, per omnes, nobis … in omnibus), obgleich er eine neutrische Deutung nicht völlig ausschließt (vgl. omnium, universorum, in omnibus). Vgl. dazu Mechtilde O’Mara (Hg.), Erasmus, Paraphrase on Ephesians / Paraphrasis epistolae Pauli Apostoli ad Ephesios, in: Robert D. Sider (Hg.), Erasmus, Paraphrases on the Epistles to the Corinthians, the Epistles to the Ephesians, Philippians, Colossians, and Thessalonians (Collected Works of Erasmus 43), Toronto / Buffalo, NY / London: University of Toronto Press 2009, 283–356, 327–328 Anm. 9. 395 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 470: „If a Stoic ‚omnipotence formula‘ really underlies 4:6, the addition of the words ‚of us‘ is a mark of pointed ‚Christianization of a Hellenistic formula.‘“ 396 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 470–471: „The author of Ephesians would then re­veal a somewhat narrow ecclesiastical concern by asserting: the church alone benefits from that permeating presence which, according to the philosophers, penetrates and animates the whole world.“ 397 Barth, Ephesians 4–6, 471, sagt zu Eph 3,14–15: „God is Father of those crying ‚Ab­ ba,‘ – but not only of them. In a wider sense of the term ‚father,‘ he is the Father also of ‚each family in heaven and upon earth.‘“ 398 Barth, Ephesians 4–6, 471 Anm. 226, weist auf die drei genannten Stellen hin und bemerkt (auf S. 471): „It is hardly conceivable that in 4:6 the omnipotence of God the Father should be described in a more timid and restrained way.“

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werde in ähnlichen Bekenntnisformeln (mit verschiedenen Präpositionalwendungen) wie Röm  11,36, 1 Kor  8,6 und Kol  1,16–17 τὰ πάντα in der Regel umfassend für „alle Dinge und Personen“ verwendet.399 An diesen Stellen steht aber außer Frage, dass die All-Aussagen neutrisch gemeint sind; dies ist für Eph 4,6 gerade nicht der Fall. Barth erkennt, dass es zu Eph 4,6 stoische Parallelen gibt, die den einen Gott mit dem All in Beziehung setzen und dass das Präpositionsspiel des Verses aus dem hellenistischen Griechisch und nicht aus dem Hebräisch oder Aramäisch stammt, er meint aber, dass die neutestamentlichen Aussagen über Gottes Allmacht mehr von alttestamentlichen als von stoischen Vorstellungen geprägt sind, da sowohl im Alten als auch im Neuen Testament der Eine nie mit dem All identifiziert wird.400 Barth sagt dies, da er der Meinung ist, dass sich die All-Aussagen in Eph 4,6 nicht ausschließlich auf alle Dinge beziehen, sondern universell auf das Gottesvolk, feindliche Mächte, die Natur und so weiter.401 Da die Kirche ihr Bekenntnis zu der eigenen Einheit auf das Bekenntnis der Einheit Gottes zurückführe, werde sie gezwungen, über ihren eigenen Horizont hinauszuschauen und hinauszudenken.402 Das Problem von Barths Argument ist aber, dass das in Eph 4,6 auf Gott bezogene διὰ πάντων in der alttestamentlichen Literatur nicht vorkommt, sich aber aufgrund antiker paganer sowie hellenistisch-jüdischer philosophischer Vorstellungen plausibel erklären lässt. Nach Barth gebe Eph 4,7 die anthropologische Dimension der Aussage des V. 6 an und schütze damit vor einer pantheistischen Fehlinterpretation des vorangehenden Verses.403 Es weist aber nichts darauf hin, dass zwischen V. 6 und 399 Barth, Ephesians 4–6, 471 Anm. 227, erwähnt die drei genannten Stellen und schreibt (auf S. 471): „When in other confessional formulae different prepositions […] are skillfully linked together to qualify God’s or Christ’s relationship to ‚all,‘ the word ‚all‘ regularly means all things and persons, not just the saints [d. h. die Christen].“ Dazu erwähnt Barth, Ephesians 1–3, 177  Anm. 157, noch Hebr  2,10 (Barth entlehnt die vier Stellen Norden, Agnos­tos Theos). 400 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 471: „Though there are Stoic parallels to the formal connection of the ‚one God‘ with the universe of ‚all‘ things, and though the play with prepositions has a Hellenistic Greek rather than Hebrew or Aramaic ring, the NT omnipotence confessions are more informed by OT precedents than by Stoic thought. The NT follows the OT by never identifying the One with the All.“ Die abschließende Bemerkung zeigt, dass Barth Sir (als sog. „apokryphe“ Schrift) nicht zum Alten Testament rechnet, in Sir 43,27 LXX wird nämlich von Gott gesagt: „Das All ist er selbst“ (τὸ πᾶν ἐστιν αὐτός). Für die Auslegung des Eph ist Sir nicht irrelevant, vgl. z. B. Eph 4,14 mit Sir 5,9 LXX. 401 Vgl. dazu Barth, Ephesians 4–6, 471. 402 Vgl. ebd.: „In basing her confession of her own unity upon the confession of God’s unity, the confessing church is forced to look and think beyond her own horizon“ und 496: „The creed of the church, however traditionally or originally formulated, speaks of a oneness which exerts a unifying force beyond the community of the saints. […] The Father’s government ‚over all‘ and ‚through all,‘ also his presence ‚in all,‘ cannot possibly be restricted to those believing in him at the present time.“ 403 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 470: „In vs. 7 the anthropological dimension of this sur-

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2. Forschungsüberblick

V. 7 ein Perspektivwechsel vom Kosmischen zum Anthropologischen statt­ findet. Schließlich bestehe durch die symbolische Zahl Sieben eine Verbindung zwischen Eph 4,4–6, wo siebenmal die Zahl Eins vorkommt, und Ps 29, wo durch die siebenfache Verwendung der Redewendung „die Stimme Gottes“ Gottes universale Macht und Hoheit ausgedrückt werde; Letzteres sage auch Eph 4,6 aus.404 Dieses Argument ist schon deswegen fragwürdig, da in Eph 4,4–7 achtmal eine Form von εἷς vorkommt: Warum sollte ἑνί in V. 7 nicht mitgezählt werden? Außerdem ist eine wörtliche Wiederholung einer Redewendung (s. ‫ קֹול־יְ הוָ ה‬in Ps 29,3–5.7–9 bzw. φωνὴ κυρίου in Ps 28,3–5.7–9 LXX) etwas anderes als die mehrfache Verwendung von verschiedenen Formen eines Wortes (s. ἕν, ἕν, μιᾷ, εἷς, μία, ἕν, εἷς, ἑνί in Eph 4,4–7). Barths Exegese von Eph 4,6 schlägt aus mehreren Gründen fehl. Gijs Bouwman (1974) fasst Eph 4,6 universalistisch auf. Er übersetzt den Vers mit „Eén God en Vader van allen, die is boven allen en door allen en met allen.“405 Ob die All-Wendungen neutrisch oder maskulinisch zu verstehen sind, lässt er offen.406 Nach Bouwman ist das Spezialthema des Eph die Einheit und der Frieden zwischen Juden und Heiden, wobei Eph 4,1–6 angebe, wie sehr diese Einheit und dieser Frieden gefährdet wären.407 Eph 4,1–6 sei eine zum liturgisch-katechetischen Material des Eph gehörende Akklamation408 mit Bezug auf die Einheit der Gesamtkirche.409 In diesem Abschnitt dienen VV. 3–6 als Ansporn zur Einheit.410 VV. 4–6 listen (sieben) Einheit bewirkende Elemente auf, wobei μία ἐκκλησία nach Bouwman deswegen nicht angeführt wird, da ἐκκλησία in Eph zwar „die Universalkirche“ meint (sogar ausschließlich), es aber von den meisten im Sinne von „Versammlung“ aufgefasst werden würde, prising statement [Eph 4,6] will be specified and at the same time protected from a pantheistic misinterpretation.“ 404 Vgl. Barth, Ephesians 4–6, 463: „In Eph 4:4–6 the number ‚one‘ is used seven times […]. In so ancient a hymn as Ps 29 seven successive descriptions of the ‚voice of the Lord‘ praise God’s universal power and majesty. As Eph 4:6 shows, the preceding hymnic verses intend to lead up to just this praise.“ 405 S. Gijsbertus Bouwman, De brief aan de Efeziërs (Het Nieuwe Testament), Bussum: Romen 1974, 97. 406 Vgl. Bouwman, Efeziërs, 99–100: „De vraag of we ‚alles‘ of ‚allen‘ moeten vertalen (het Grieks laat beide vertalingen toe) is […] weinig relevant.“ 407 Vgl. Bouwman, Efeziërs, 51: „De speciale thematiek van Ef is de vrede tussen joden en heidenen. […] uit Ef 4,1–6 [blijkt], hoezeer de eenheid en de vrede bedreigd werden.“ Vgl. dazu auch S. 96. 408 S. dazu Bouwman, Efeziërs, 12. Bouwmans Bemerkung bleibt ziemlich willkürlich. 409 Vgl. dazu Bouwman, Efeziërs, 96. 410 Bouwman, Efeziërs, 11, spricht von einem „aansporing tot eenheid (4,3–6)“. Vgl. dazu auch S. 49: „In geen enkel nieuwtestamentisch geschrift vinden we een zo indringende vermaning tot eenheid als in [Eph] 4,1–6.“

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wodurch es als Einheitsbegriff nicht geeignet war.411 In Eph  4,6 a habe das Bekenntnis zum einen Gott (vgl. Dtn 6,4; 1 Kor 8,4–6; Gal 3,20) eine eschatologische Perspektive: Die Einheit in Gott sei das letzte Ziel der Menschheit.412 πα­τὴρ πάντων („Vater von allen“) gebe an, dass Gott „Quelle alles Seienden“ (vgl. Eph  3,15) und „Herrscher über allem“ ist.413 Das Präpositionsspiel in V. 6 b sei hellenistisches Gemeingut, wodurch es nicht möglich sei, den exakten Sinn der Redewendungen anzugeben.414 Ziel solcher Formeln sei es, Gottes Allgegenwärtigkeit und Allmacht zu beschreiben (vgl. 1 Kor 15,28).415 Bouwman weist nicht auf Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός) und 1 Kor 12,6 (ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν) hin und bietet keine plausible Erklärung für die Herkunft und den Sinn des διὰ πάντων. Hans Conzelmann (1976) lässt bei seiner Übersetzung von Eph 4,6 offen, ob das dreifache πάντων und πᾶσιν als Maskulinum oder Neutrum zu verstehen sind: „[E]in Gott und Vater aller, der über allen und durch alle [sic] in allen ist (oder: ein Gott und Vater aller Dinge, der über allem und durch alles und in allem ist).“416 Er neigt wohl zu einer kosmischen Auslegung, da er bemerkt, dass die Formel, die an sich genommen „pantheistisch“ klinge, im Kontext des

411 Vgl. Bouwman, Efeziërs, 49–50: „Opmerkelijk is, dat bij de opsomming van de elementen die de eenheid bewerkstelligen [in Eph 4,4–6] niet de ene ecclesia genoemd wordt. In dit verband wordt wel eens opgemerkt, dat de ‚ketters‘ van de eerste eeuw nog geen ‚scheurmakers‘ waren, zich dus nog niet buiten de kerkgemeenschap voelden staan. Beter kan men zeggen, dat de una sancta er nog niet was. Het woord ‚ecclesia‘ heeft in Ef weliswaar uitsluitend universele betekenis, maar de oorspronkelijke betekenis van ‚actuele samenkomst‘ wordt nog zo sterk aangevoeld, dat het woord niet geschikt is als basis van eenheid“ (Hervorhebung von Bouwman). 412 Vgl. Bouwman, Efeziërs, 99: „Langs de eenheid van de kerk (v. 2 v) en de eenheid in Christus (v. 4 v) komt de mensheid tenslotte tot haar laatste doel, de eenheid in God. Deze belijdenis van de ene God, had oorspronkelijk een apologetische achtergrond (Dt 6,4; 1 Kor 8,4–6; Gal 3,20; enz.). Hier heeft zij meer een eschatologisch perspectief.“ 413 Vgl. Bouwman, Efeziërs, 100: „Uiteraard kan God niet in letterlijke zin de Vader van alles zijn. Maar ‚vader‘ heeft hier de meer algemene zin van ‚bron van het bestaan‘ (vgl. 3,15), wat tevens de heerschappij over alles inhoudt.“ 414 Vgl. ebd.: „Overigens is dit spelen met preposities een gemeenplaats in de hellenistische literatuur, zodat we de exacte betekenis van ieder onderdeel niet vast kunnen stellen.“ Warum dies so sei, bleibt unklar. 415 Vgl. ebd.: „Evenals het ‚alles in allen‘ van 1 Kor 15,28 hebben deze formules ten doel Gods alomtegenwoordigheid en almacht te omschrijven.“ 416 S. Hans Conzelmann, Der Brief an die Epheser, in: Jürgen Becker / Ders. / Gerhard Fried­rich, Die Briefe an die Galater, Epheser, Philipper, Kolosser, Thessalonicher und Philemon (Das Neue Testament Deutsch 8), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 141976, 86–124, 107. Zwischen „durch alle“ und „in allen“ ist m. E. versehentlich „und“ weggelassen, richtig wäre wahrscheinlich: „[E]in Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist (oder: ein Gott und Vater aller Dinge, der über allem und durch alles und in allem ist).“

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2. Forschungsüberblick

Eph als Ausdruck des alttestamentlichen Glaubens an den allgegenwärtigen und allherrschenden Schöpfer aufgefasst werden muss.417 Die einzige von Conzelmann angegebene Parallele zu Eph 4,6 b ist Röm 11,36 (ὅτι ἐξ αὐτοῦ καὶ δι᾽ αὐτοῦ καὶ εἰς αὐτὸν τὰ πάντα, „denn aus ihm [d. h. Gott] und durch ihn und auf ihn hin [ist] alles“).418 Wie in Eph 4,6 liegt hier zwar eine Triade sowie eine Form von πᾶς vor, von den drei Präpositionen stimmt aber nur διά überein, wobei „alles (ist) durch Gott“ etwas anders ausdrückt als „Gott (ist) durch alle(s)“. Die Ein-Gott-Formel in Eph 4,6 a (εἷς θεός) stamme aus der biblisch-jüdischen Tradition (s. Dtn 6,4), die drei Präpositionalwendungen des V. 6 b aus der stoischen Schule, vermittelt durch das hellenistische Judentum.419 Conzelmann vermeldet in seinem knappen Kommentar die von ihm angedeuteten stoischen und hellenistisch-jüdischen Analogien nicht. Er schreibt nur, dass die Stoa mit ähnlichen Triaden den „pantheistischen Gottes- und Weltgedanken“ zum Ausdruck brachte, das hellenistische Judentum diese stoischen Formeln verwendete „um nicht das In-sein Gottes in der Welt, sondern die Allgegenwart seiner Herrschaft zu preisen“ und das Christentum die Formeln im letztgenannten Verständnis vorfand.420 Conzelmann erklärt nicht, wie das Bekenntnis des Glaubens an den einen, allgegenwärtigen und allherrschenden Gott mit der Einheit der Kirche zusammenhängt, obgleich er kommentiert, dass die ethischen Weisungen in Eph 4–6 sich insgesamt auf das (gemeinsame) Gemeindeleben beziehen, die Ethik in Eph 4,4–5 aus der Taufe und dem dazugehörenden Glaubensbekenntnis begründet wird und es im direkten Kontext um die kirchliche Einheit geht.421 Nach George Caird (1981 [1976]) stellt Eph  4,6 Gott als der Ursprung der Einheit der Kirche dar.422 Cairds Kommentar basiert auf der Revised Standard Version (RSV), zitiert diese aber nicht. Die RSV übersetzt Eph 4,6 mit „one God and Father of us all, who is above all and through all and in all“.423 Caird kommentiert diesen Vers nicht separat. Seine Bemerkungen zu dem Abschnitt Eph 4,4–6 kritisieren die Idee, dass in diesen Versen eine „Formel“ (Glaubens417 Vgl.

Conzelmann, Epheser, 108. ebd. 419 Vgl. Conzelmann, Epheser, 107–108. 420 Vgl. Conzelmann, Epheser, 108. 421 Vgl. Conzelmann, Epheser, 107. 422 Vgl. George  B. Caird, The Letter to the Ephesians, in: Ders., Paul’s Letters from Pris­on (Ephesians, Philippians, Colossians, Philemon) in the Revised Standard Version (New Clarendon Bible. New Testament 6), Oxford: Oxford University Press 1981, 9–94, 71: „The unity of the church is not, in the first instance, a task to be achieved or an object of aspiration but a fact, given in the gospel, inherent in the nature of the church and its membership, guar­ anteed by the one Spirit who inspires it, the one Lord who governs it, and the one God who is the source of its life (vv. 4–6).“ 423 Zitiert nach der Online-Ausg. der RSV auf https://quod.lib.umich.edu/r/rsv (Zugriffsdatum 20. Januar 2020; Hervorhebung vom Vf., MG). 418 Vgl.

2.2 Forschungen aus den Jahren 1960 bis 1979

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formel oder liturgische Formel) vorliege.424 Seines Erachtens habe Paulus in 1 Kor 8,6, 12,4–6 und Eph 4,4–6 jeweils das jüdische Sch’ma Israel (Dtn 6,4– 9) im Licht christlichen Glaubens und Erfahrung angepasst.425 Cairds Theorie erklärt nicht, was die Herkunft des in Eph 4,6 auf Gott bezogenen διὰ πάντων ist. Außerdem ist die Zusammenstellung von Eph 4,6 aus Elementen, die teilweise in verschiedenen paulinischen Briefen vorkommen (vgl. bes. Röm 9,5, 1 Kor  8,6 und 12,6 [s. o.]) und teilweise für die neutestamentliche Literatur einzigartig sind (das auf Gott bezogene διὰ πάντων, das signifikante Verbindungen in die antike Philosophie hat) ein Indiz, dass der Vers nicht aus der Feder des Paulus, sondern eines späteren Verfassers stammt, der paulinisches Material zusammengenommen und im Licht gängiger philosophischer Vorstellungen umgewandelt hat, um seine eigenen Ideen auszudrücken. Nach Aart van Roon (1976) sind die All-Prädikationen in Eph  4,6 neutrisch ge­meint, dabei müsse aber besonders an die Glaubenden gedacht werden.426 Er bietet keine Übersetzung des Verses an (die Kommentarreihe basiert auf der Nieuwe Vertaling der Niederländischen Bibelgesellschaft [NBG]), gibt alle vier All-Wendungen aber mit „alles“ (also neutrisch) wieder.427 In Eph 4,1–6 rufe der Verfasser des Eph (Paulus) die Gläubigen dazu auf, die unter ihnen vom Heiligen Geist bewirkte Einheit zu wahren.428 Die Einheit der Kirche – was nach Van Roon übrigens nicht das zentrale Thema des Eph ist429 – 424 Vgl. Caird, Ephesians, 72: „Because of the parallels in 1 Cor. 86 and 124–6, it is frequently stated as though it were a fact that this list is an elaboration of a primitive confession of faith. It may be so, but the modern passion for finding credal and liturgical formulae in the epistles has far outrun the evidence. The fact that not one of these ‚formulae‘ is ever quoted twice in identical words is surely good reason for caution.“ 425 Vgl. ebd.: „What is more probable is that Paul in each of these passages is adapting the Jewish confession of faith, the Shema (Deut. 64–9), in the light of Christian faith and experience.“ 426 Vgl. Aart van Roon, De brief van Paulus aan de Epheziërs (De prediking van het Nieu­we Testament), Nijkerk: Callenbach 1976, bes. 102–103. 427 S. Van Roon, Epheziërs, 102: Paulus „gebruikt in Eph. 4 : 6 het woord ‚alles‘ tot vier­ maal toe. (Men kan dit in de meeste Nederlandse vertalingen niet zien, omdat zij – mijns in­ziens ten onrechte – het Griekse woord door ons woord ‚allen‘ weergeven.)“. Die NBG hat in Eph 4,6 viermal „allen“, also von Personen, nicht von Dingen. 428 Vgl. Van Roon, Epheziërs, 100: „De Heilige Geest is aan alle gelovigen gegeven. Deze Geest brengt onder hen alle eenheid. De gelovigen moeten er steeds op bedacht zijn deze eenheid te bewaren.“ 429 Nach Van Roon, Epheziërs, 165–166, formen die Erhöhung und Herrschaft Jesu Christi und die Erfüllung und Zusammenfassung des Alls in ihm (s. Eph 1,10) das zentrale Thema des Eph: „Zeker is het niet zo dat het lichaam van Christus, de kerk, in de brief [Eph] centraal staat en dat de brief slechts de leer van de kerk en haar notae tot thema heeft. […] de schrijver van Eph. [heeft] dezelfde verkondiging tot uitgangspunt […] die men in de brieven van Paulus aantreft […] de verhoging van Jezus en zijn heerschappij [hebben] bij het schrijven van Eph. in het centrum van de gedachten van de schrijver […] gestaan. […] Men zou eraan toe kunnen voegen dat de apostel binnen het kader van deze vervulling en samen-

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2. Forschungsüberblick

meine in Eph die Einheit des eschatologischen Volkes Gottes (Israel).430 Van Roon bemerkt, dass es zu den sieben Formulierungen in Eph 4,4–6, womit Paulus zur Einheit aufrufe, jüdische und hellenistisch-jüdische Parallelen gibt, er weist aber nur auf Parallelen in den paulinischen Schriften hin (z. B. Röm 3,30, 1 Kor 8,6; 10,17; 12,13; Gal 3,20; Phil 1,27).431 Paulus’ Ansporn zur Einheit erreiche seine Klimax in Eph 4,6.432 Aus diesem Vers gehe hervor, dass die Glaubenden, die sich der Einheit Gottes bewusst sind und wissen, dass sie selbst an der Einheit, womit Gott einst alles umfassen wird, beteiligt sind, sich selbstverständlich bemühen, Einheit und Frieden untereinander zu bewahren.433 Van Roon führt die Formel in Eph 4,6 zurück auf die hellenistische Philosophie, die mit solchen Formeln die Einheit des Universums lehrte, und auf das hellenistische Judentum, das mit ähnlichen Formulierungen versuchte, Griechischsprachigen Gottes Allherrschaft und Allgegenwärtigkeit deutlich zu machen, er gibt aber keine Belege an.434 Auch bei Paulus haben ähnliche Formeln einen kosmologischen Aspekt (vgl. Röm 11,36; 1 Kor 8,6), einige Beispiele zeigen aber, dass Paulus dabei an die Gläubigen denkt (vgl. 1 Kor 8,6; Gal 3,22).435 Das Bekenntnis zum einen Gott (V. 6 a) gehe auf Dtn 6,4 (vgl. Röm 3,30) zurück.436 Mit πατὴρ πάντων (V. 6 a) sei angedeutet, dass Gott der Vater bevatting van het al [s. Eph 1,10] de aandacht vestigt op de principiële machteloosheid van de Gode vijandige machten, op de eenheid van de kerk met Christus en haar hemelse positie en op de opheffing van de scheiding tussen joden en niet-joden.“ 430 Van Roon, Epheziërs, 167, spricht von Paulus’ „spreken [in Eph] over de eenheid van Gods eschatologische volk“ und bemerkt dazu: „Daarbij vergete men niet dat de eenheid waarover Paulus in deze brief spreekt, een eenheid van joden en niet-joden is. Voor hem is de kerk allereerst het Israël Gods.“ 431 S. dazu Van Roon, Epheziërs, 101. 432 S. dazu Van Roon, Epheziërs, 102. 433 Vgl. Van Roon, Epheziërs, 103: „Welnu, de gelovigen die van de eenheid Gods doordrongen zijn en wetend dat God met deze eenheid eens alles omvatten zal zelf allen reeds bij die eenheid zijn betrokken, kunnen niet anders dan ijveren voor onderlinge eenheid en vrede.“ 434 Vgl. Van Roon, Epheziërs, 102: „Eph. 4 : 6 […] gelijkt op de formules waarmee de hellenistische filosofie van zijn [Paulus’] dagen de eenheid van het universum leerde en alles tot één goddelijk principe herleidde. Vereerders van een bepaalde heidense godheid gebruik­ ten verwante uitspraken om het alomvattende karakter van hun god en zijn identiteit met andere goden te propageren. Het hellenistische jodendom drukte zich op een dergelijke wijze uit om Gods heerschappij over alle dingen en zijn alomtegenwoordigheid aan Grieks sprekenden duidelijk te maken. In al deze formules wordt het woord ‚al(les)‘ gebruikt, waarmee steeds de kosmos of de ganse schepping bedoeld is.“ 435 Vgl. ebd.: „Paulus nu kan formules van deze aard in dienst stellen van zijn verkondiging van het heil (Rom. 11 : 36; 1 Cor. 8 : 6). Ook bij hem hebben de formules een kosmologisch aspect. Het heil betreft de ganse schepping […]. We zien echter dat bij zo’n formule zijn gedachten naar gelovigen kunnen uitgaan (1 Cor. 8 : 6). Bovendien heeft in Gal. 3 : 22 het door hem gebruikte woord ‚alles‘ direct betrekking op mensen.“ 436 S. dazu ebd.

2.2 Forschungen aus den Jahren 1960 bis 1979

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ziehungsweise Schöpfer alles Seienden ist (vgl. 1 Kor 8,6), dabei müsse aber besonders an die Glaubenden gedacht werden (vgl.  Röm  8,15; Gal  4,6; Eph 2,18).437 ἐπὶ πάντων (V. 6 b) drücke aus, dass Gott über alles herrscht, womit besonders an die Glaubenden gedacht sei, da sie sich ihm – durch ihren Glauben an Jesus den Herrn – unterworfen haben; dies werde einst für die ganze Schöpfung gelten (vgl. Phil 2,10–11).438 Van Roon weist hier nicht auf Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός) hin. διὰ πάντων meine, dass Gott alles als sein Instrument verwendet, das heißt, jetzt alle Glaubenden, einst alles und jeden, wenn er alles in Christus zusammengefasst hat (vgl. Eph 1,10).439 Wie diese Auslegung mit Van Roons Bemerkungen zum hellenistischen beziehungsweise hellenistischjüdischen Hintergrund von Eph 4,6 zusammenpasst, ist mir unklar (welche Belege gibt es in der hellenistischen und hellenistisch-jüdischen Literatur für eine instrumentale Deutung des auf Gott bezogenen διὰ πάντων?). Schließlich meine ἐν πᾶσιν, dass Gott in allem ist, das heißt, jetzt wohne er in allen Glaubenden (vgl. Eph 2,22), einst werde er alles in allem sein (vgl. 1 Kor 15,28).440 Hier weist Van Roon nicht auf 1 Kor 12,6 (ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν) hin. Van Roons Exegese von Eph 4,6 überzeugt mich nicht. Curtis Vaughan (1977) zufolge wird in Eph 4,6 der wichtigste Grund der Verbundenheit der an Christus Glaubenden angegeben: Der Glaube an den einen Gott und Vater aller sorge für Einheit.441 Nach Vaughan gehe es in Eph 4,3–6 437 Vgl. Van Roon, Epheziërs, 103: „Hij [Paulus] begint met God de Vader van alles te noemen. Zo noemt hij God in 1 Cor. 8 : 6 de Vader uit wie alles is. Beide formules spreken van de Schepper van hemel en aarde. Het woord ‚alles‘ is een aanduiding voor al het bestaande. Wel moet bij dit ‚alles‘ speciaal aan de gelovigen worden gedacht. Zij immers mogen God met de vadernaam noemen en hebben door de Geest toegang tot de Vader (Rom. 8 : 15; Gal. 4 : 6; Eph. 2 : 18).“ 438 Vgl. ebd.: „Hij [Gott] voert heerschappij over alles. Ook voor alle mensen voert Hij heerschappij. Inzonderheid echter geldt dit van de gelovigen. Zij immers hebben zich aan Hem onderworpen, doordat zij Jezus als Heer belijden. Zover is de overige schepping en zijn de overige mensen nog niet. Eens echter zal dit wel het geval zijn (Phil. 2 : 10,11).“ 439 Vgl. ebd.: „Een volgende uitspraak noemt God degene die door alles is, dat wil zeggen degene die zich van alles als zijn instrument bedient. De gelovigen zijn nu reeds zijn instrumenten […]. Wanneer God alles in Christus heeft samengevat en zijn ganse schepping van verderfelijke verwarring heeft bevrijd, zal alles en iedereen tot zijn dienst gereed zijn.“ 440 Vgl. ebd.: „Tenslotte is er de benaming ‚die in alles is‘. Thans is God in de gelovigen aanwezig. Zij worden gebouwd tot zijn geestelijke woning (Eph. 2 : 22). Eens zal God alles in alles zijn (1 Cor. 15 : 28).“ 441 Vgl. Curtis Vaughan, Ephesians. A Study Guide Commentary (Study Guide Commentary Series), Grand Rapids, MI: Zondervan 1977, 90: „The glorious list of spiritual unities [d. h. die Liste von sieben ‚Einheitsgründen‘ in Eph 4,4–6, vgl. S. 89] is climaxed and crowned by the statement that there is ‚one God and Father of all‘ […]. The one sovereign God is the ultimate source of spiritual unity.“ Vgl. S. 89, wo Vaughan die sieben in Eph 4,4–6 aufgelisteten Einheitsgründe „innerliche Erfahrungen“ („inward experiences“) der Glaubenden nennt.

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2. Forschungsüberblick

nicht um die kirchliche Einheit, sondern um die Verbundenheit der Gläubigen im Herzen.442 Diese Behauptung ist deswegen fraglich, da in V. 4 von dem einen Leib (ἓν σῶμα) die Rede ist, der in Eph für die eine Kirche (und dessen Glieder für die Glieder der Kirche) steht (s. bes. Eph 1,22–23; 2,16; 4,12.16; 5,23.30).443 Es geht in Eph 4 um die („körperschaftliche“) Einheit (ἑνότης) der Christenheit als Kirche. Vaughan übersetzt Eph  4,6 a mit „one God and Father of all“ und V. 6 b (nur teilweise) mit „above all, and through all, and in you all“.444 Er gibt an, dass V. 6 a sich auf Gott Vater als Schöpfer aller (Menschen) beziehen könnte (vgl. Mal 2,10; 1 Kor 8,6), es aber wahrscheinlicher sei, dass es hier um alle Christen geht.445 Auch die All-Aussagen in V. 6 b beziehen sich nach ihm auf alle Christen.446 Dabei gebe ἐπὶ πάντων Gottes Souveränität, διὰ πάντων Gottes Immanenz und ἐν πᾶσιν Gottes Innewohnen an.447 Über den Hintergrund der Formel sagt Vaughan nichts aus. Geoffrey Wilson (1978) deutet Eph  4,6 ekklesiologisch.448 Er übersetzt den Vers mit der American Standard Version (ASV) mit „one God and Father of all, 442 Vgl. Vaughan, Ephesians, 88–89: „The context suggests that the unity Paul had in mind is not external, ecclesiastical union. It is a heart unity and concerns relationships and attitudes rather than organization (cf. Phil 2:2). Some interpreters look upon the word translated ‚unity‘ is [sic] an abstract term for what is elsewhere in the Scriptures referred to as ‚fellowship.‘“ 443 Vaughan, Ephesians, 89, bemerkt selbst notabene: „The ‚one body‘ [in Eph 4,4] ob­ viously refers to the church, which, as compromised of all God’s people, is the body of Christ (cf. 1:23; 2:16).“ 444 S. Vaughan, Ephesians, 90 (Hervorhebung vom Vf., MG). 445 Vgl. ebd.: „There is a sense, of course, in which God as Creator is ‚Father of all‘ […], but the present context favors the limitation of the concept here to His being Father of all who are Christians. Jewish and Gentile believers, forming one redeemed body, have one God and Father.“ 446 Vgl. ebd.: „The ‚all‘ is general and unqualified, though the primary reference must still be to believers.“ 447 Vgl. Vaughan, Ephesians, 90–91: „The first phrase speaks of God’s unshared sovereignty. He has, and can have, no superior. His throne, lifted high over all creation, is paramount and unchallenged. The second phrase speaks of God’s immanence, His presence as pervading, controlling, and sustaining all things. Although He is over all, He does not live in remote indifference. His influence and power are everywhere felt. The third phrase, ‚in you all,‘ speaks of God’s indwelling and suggests a personal and intimate relationship. The one God and Father dwells ‚in‘ His people by His Spirit (cf. 2:22).“ 448 Geoffrey B. Wilson, Ephesians, Edinburgh / Carlisle, PA: Banner of Truth 1978, 84–­ 85, basiert seine Auslegung grundsätzlich auf die von Charles Hodge (1797–1878): „It is the relation of God to the church, of which the whole passage treats. God as Father is over all its members, through them all and in them all. The church is a habitation of God through the Spirit. It is his temple in which he dwells and which is pervaded in all its parts by his presence … This is the climax. To be filled with God; to be pervaded by his presence, and controlled by him […]“ (zitiert nach Wilson [„…“ wurde von Wilson übernommen]; kon­

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who is over all, and through all, and in all“.449 Nachdem Paulus in Eph 4,3 seine Adressaten dazu aufgerufen habe, die von Gott bewirkte Einheit des einen Leibes, der Kirche, zu wahren, bringe er in VV. 4–6 eine siebenfache Beschreibung der Grundlage dieser Einheit.450 Eph 4,6 bekröne diese Beschreibung.451 In diesem Vers betone Paulus, dass alle Gläubigen einen Gott Vater haben.452 Gemeint sei hier das Verhältnis zwischen Gott und allen, die durch Schöpfung und Erlösung mit ihm verbunden sind.453 Wilson begründet seine Auslegung nicht anhand von Belegstellen. Nach Skevington Wood (1978) bezieht sich die All-Wendung in Eph 4,6 a auf alle Menschen, die All-Wendungen des V. 6 b sich aber auf den Kosmos. Wood übersetzt Eph 4,6 mit der New International Version (NIV), auf der die Kommentarreihe basiert, mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“.454 Eph 4,1–16 thematisiere die Einheit der Kirche als die einer einzelnen sichtbaren (irdischen) Gemeinschaft.455 Damit werde die eine Kirche den vielen paganen religiösen Kulten gegenübergestellt.456 Eph 4,4–6 gebe die Gründe an, warum Christen ihre Einheit bewahren sollen.457 Dabei bezeichne V. 6 Gott trolliert anhand unter genannter digitaler Ausg., S. 210). Über den von Wilson verwendeten Nachdr. (1964) von Hodges Epheserkommentar (1856) konnte ich nicht verfügen, wohl aber über eine digitalisierte Version der Originalausg. aus der Bibliothek der Harvard Divinity School, s. https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=hvd.32044054242128;view=2up;seq=4 (Zu­ griffsdatum: 20. Januar 2020). 449 S. Wilson, Ephesians, 82.84 (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). 450 Vgl. Wilson, Ephesians, 81–82: „believers are to make every effort to preserve that unity already established by the Spirit in the bond of peace [vgl. Eph 4,3]. […] ‚the unity of the Spirit‘ is the gift which enables men to recognize one another as members of the same body […]. Having urged his readers to preserve their God-given unity, Paul immediately adds a sevenfold description of its unique basis, which may well echo an early confession of faith“. 451 Vgl. Wilson, Ephesians, 84: „The final item [Eph 4,6] in the series [VV. 4–6] is a triad which crowns the two previous triads.“ 452 Vgl. Wilson, Ephesians, 82: „He [Paulus] insists that all believers […] have one God and Father who had made them the children of his grace“ (Hervorhebung von Wilson). 453 Vgl. Wilson, Ephesians, 84: „As their Creator, God is the Father of all men, but this ‚all‘ speaks of his special relation to all the sons of faith, who are united to him by the double tie of creation and redemption.“ 454 S. A. Skevington Wood, Ephesians, in: Frank Gaebelein (Hg.), The Expositor’s Bible Commentary, Bd. 11: Ephesians – Philemon, Grand Rapids, MI: Zondervan 1978, 1–92, 54. 455 Wood, Ephesians, 54, gibt Eph 4,1–16 die Überschrift „The Unity of the Church“ und bemerkt zu ἓν σῶμα in Eph 4,4 (S. 55): „‚One body‘ depicts the church as a single visible community. It is not simply a mystical concept.“ 456 Vgl. Wood, Ephesians, 56: „In the pagan world there were many religious cults to choose from. Christians, on the other hand, were all members of one body.“ 457 Vgl. Wood, Ephesians, 55: „The reasons why those who belong to Christ should be eager to preserve their unity [s. Eph 4,3] are now [in VV. 4–6] supplied in a crescendo of nouns.“

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2. Forschungsüberblick

als die Quelle der Einheit.458 εἷς θεός (V. 6 a) richte sich gegen den Polytheismus (vgl. 1 Kor 8,5–6).459 πατὴρ πάντων (V. 6 a) besage Gottes erlösende und womöglich auch seine schöpferische Vaterschaft.460 πάντων sei hier persönlich gemeint, die drei folgenden All-Prädikationen aber kosmisch (V. 6 b; vgl. Eph 1,23).461 Dabei bringe ἐπὶ πάντων Gottes transzendente Souveränität, διὰ πάντων seine schöpferische Tätigkeit und ἐν πᾶσιν sein immanentes Eindringen zum Ausdruck.462 Woods unbegründete Auslegung des διὰ πάντων leuchtet nicht ein. Paul Sampley (1978) kommentiert in seiner kurzen Auslegung Eph 4,6 nicht.463 Er bietet auch keine Übersetzung des Verses (der Kommentar basiert auf der RSV). John Stott (19912 [1979]) deutet Eph 4,6 ekklesiologisch. Seine Übersetzung folgt der Revised Standard Version (RSV): „one God and Father of us all, who is above all and through all and in all“.464 Eph 4,1–16 handele über die Einheit der Kirche, der neuen Gesellschaft, die Gott entstehen lässt, des einen Gottesvolkes aus Juden und Heiden, der einen Familie Gottes.465 Eph 4,3–6 gebe an, dass die von Gott für die neue Gesellschaft vorgesehene Einheit aus der Einheit Gottes hervorkommt.466 V. 6 a besage, dass es eine christliche Familie gibt 458 S.

dazu ebd. Wood, Ephesians, 56: „There is ‚one God,‘ not many as in pagan culture (1 Cor

459 Vgl.

8:5, 6).“ 460 Vgl. ebd.: „He [Gott] is the ‚Father of all‘ with particular reference to his redemptive paternity. Yet his creative fatherhood is not entirely ruled out in view of what follows.“ 461 Vgl. ebd.: „If the first ‚all‘ [in Eph 4,6 a] is exclusively personal, the rest are not neces­ sarily so. It looks as if Paul now regards the body of Christ in its cosmic aspect (as in Eph 1:23).“ 462 Vgl. Wood, Ephesians, 56–57: „God reigns ‚over‘ (epi) all in his transcendent sovereignty. He works ‚through‘ (dia) all in his creative activity. He dwells ‚in‘ (en) all by reason of his immanent pervasiveness.“ Ob ἐπί auf Transzendenz deutet, d. h. auf mehr als „über“, ist zweifelhaft. 463 Vgl. J. Paul Sampley, The Letter to the Ephesians, in: Ders. u. a. (Hg.), Ephesians, Colossians, 2 Thessalonians, The Pastoral Epistles (Proclamation Commentaries), Philadelphia, PA: Fortress 1978, 9–39. 464 S. John  R. W. Stott, The Message of Ephesians. God’s New Society (The Bible Speaks Today Series), Leicester: Inter-Varsity Press 21991, 145. 465 Vgl. Stott, Ephesians, 147: „The apostle [Paul] treats the unity of the church in [Eph 4] verses 1–16.“ Stott (ebd.) spricht von „[t]he new society which God is calling into being […] it is ‚one‘ people, composed equally of Jews and Gentiles, the single family of God“. 466 Vgl. Stott, Ephesians, 147: „[the] oneness which God intends his new society to en­ joy […] arises from the unity of our God ([Eph 4] verses 3–6)“ (Hervorhebung von Stott). Stott (S. 150) deutet Eph 4,4–6 trinitarisch: „A more careful reading discloses that three of these seven unities [in Eph 4,4–6] allude to the three Persons of the Trinity.“

2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999

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(und nur eine geben kann), da Gott Vater einer ist.467 Die All-Prädikationen des V. 6 beziehen sich nach Stott auf alle Christen, auf die erlösten Kinder Gottes (vgl. Eph 1,2.17; 2,18–19; 3,14–15).468 Stott zufolge liegt in Eph 4,1–16 ein Kontrast vor zwischen der unsichtbaren Kirche, die per definitionem einheitlich ist, und der sichtbaren Kirche, die von Paulus dazu aufgerufen wird, die vom Heiligen Geist vorgegebene Einheit zu wahren (vgl. V. 3), da ihre Einheit nicht unzerstörbar ist.469 Für die Auslegung von διὰ πάντων bringt Stott uns nicht weiter.

2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999 Nach Lionel Swain (1980) bezieht sich Eph 4,6 auf alle Menschen. Seine Übersetzung folgt der Revised Standard Version (RSV): „one God and Father of us all, who is above all and through all and in all“.470 Paulus richte sich in Eph an neu getaufte Christen.471 Sein Hauptziel sei es, dafür zu sorgen, dass alle (getauften) Christen ein entsprechendes, christliches Leben führen.472 Die Ermahnung zur Einheit in Eph 4,1–16 richte sich an alle Christen.473 In VV. 4–6 erinnere Paulus seine Adressaten an die Einheit, welche Gottes Heilsplan charakterisiere.474 Es sei Gottes Plan, das Universum zu vereinen und alle zu seinen Kindern zu machen.475 Gott wolle das ganze Universum retten.476 Gott Vater vereinige uns, das erlöste Universum, mit ihm durch

467 Vgl. Stott, Ephesians, 150: „there is one Christian family, embracing us all ([Eph 4] verse 6) because there is one God and Father … who is above all and through all and in all“ (Hervorhebung von Stott). Vgl. auch S. 151. 468 Vgl. dazu Stott, Ephesians, 150–151 mit Anm. 4. 469 Vgl. dazu Stott, Ephesians, 151–155. 470 S. Lionel Swain, Ephesians (New Testament Message 13), Wilmington, DE: Glazier 1980, 83. 471 Swain hält Paulus für den Vf. des Eph („the assumption maintained throughout the present commentary [is] that Paul was in fact the author, at least in the sense that he was responsible for its main ideas. It may be that in this case greater latitude was given to his secretary than in other instances“, S. ix) und Eph für eine Predigt, die sich an alle (neu) getauften Christen richtet („this ‚homily‘ [Eph] is probably being addressed to Christians who have just been baptised. (There is a sense in which this applies to all Christians)“, S. 84; Klammern und Hervorhebung von Swain). 472 Vgl. Swain, Ephesians, 79: „Paul’s main aim in Ephesians is a pastoral one: to get his readers to lead the Christian life.“ 473 Vgl. dazu Swain, Ephesians, 84. 474 Vgl. Swain, Ephesians, 85: „Paul reminds his readers of the unity which characterises God’s saving plan (vv. 4–6).“ 475 Vgl. dazu Swain, Ephesians, 43–44.80. 476 Vgl. dazu Swain, Ephesians, xi–xii.

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2. Forschungsüberblick

Christus im Geist.477 Swain spricht hier von Paulus’ „Trinität“, wohl aber in Anführungszeichen, da er einerseits meint, dass in Eph Vater, Sohn und Geist „göttlich“ sind, andererseits aber, dass es zu weit geht, dies im Sinne späterer trinitarischer Theologie zu verstehen.478 Eph 4,6 gebe die tiefste Quelle der Einheit aller Menschen an: die Einheit von Gott selbst, der nicht in Isolation lebt, sondern Vater von uns allen ist (V. 6 a).479 Swain kommentiert Eph 4,6 b nicht, seine letzte Bemerkung zu V. 6 a scheint mir aber auf die folgende Passage Bezug zu nehmen, die sich wohl als Auslegung von Eph 4,6 b verstehen lässt: God’s holiness does indeed mean his transcendence, the fact that he is beyond or different from his creatures. But, ironically, this „difference“ is revealed in the Bible (and supremely in Christ) to reside in the fact that God wishes to communicate with his creatures. His apartness turns out to be his communicability; his aloneness is revealed as his desire to be with others and for others to be with him. […] In other words, his holiness is, in the final analysis, his love, his concern for his creatures.480

Gott sei also einerseits jenseits seiner Schöpfung (vgl. ἐπὶ πάντων), stehe andererseits aber in Kontakt mit allem Geschaffenen (vgl.  διὰ πάντων καὶ ἐν πᾶ­σιν, Eph 4,6 b).481 Da Swain seine Auslegung von Eph 4,6 nicht mit Belegen begründet, bringt er uns hinsichtlich der Interpretation von διὰ πάντων nicht weiter. Antonio Bonora (1981) deutet Eph 4,6 kosmologisch, wie seine Übersetzung deutlich zeigt: „C’è un solo Dio, che è Padre di tutto, è al di sopra di tutto, agis­ce attraverso tutto, è presente in tutte le cose.“482 Gemeint sei also, dass der eine Gott, der Vater von allem, über allem ist, durch (mittels) alles wirkt und in allem gegenwärtig ist.

477 Vgl. Swain, Ephesians, 43: „salvation means that the Father unites us to himself, through Christ, in the Spirit […] us, that is the redeemed universe“. 478 Vgl. Swain, Ephesians, 85: „We can hardly miss Paul’s ‚Trinity‘ here [in Eph 4,4–6]: ‚Spirit‘, ‚Lord‘ (Jesus Christ), ‚Father‘.“ Vgl. dazu Swain, Ephesians, 43–45, bes.  44: „It would be just as unjustifiable […] to dispute that in Ephesians Father, Son […] and Spirit are ‚divine‘ as it would be to claim that they appear there as three distinct ‚persons‘ in the sense of later trinitarian theology.“ 479 Vgl. Swain, Ephesians, 85: „All men and women are called to belong to one body, enlivened by one Spirit. The unity of all nations, races and cultures could hardly be expressed more clearly. […] The ultimate source of this unity is the oneness of God himself who, far from living in ‚splendid isolation‘, is ‚Father of us all‘.“ 480 Vgl. Swain, Ephesians, 81. 481 Die Idee, dass ἐπί („über“) zum Ausdruck bringt, dass Gott „transzendent“ beziehungsweise „jenseits“ der Schöpfung ist, ist fragwürdig. 482 S. Antonio Bonora, Incontro con Cristo nella Chiesa. Lettera di Paolo agli Efesini (Commenti al Nuovo Testamento), Leumann: Elle Di Ci 1981, 67.

2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999

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Eph 4,1–6 sei eine Art „Lied“ auf die Einheit der Kirche als höchstes Gut.483 Die Einheit der Kirche sei in Gottes Einheit und Einzigartigkeit verwurzelt.484 Alles habe ja seinen Ursprung in Gott dem Vater.485 Paulus sage aus, dass die Einheit der Kirche die Frucht der Einheit Gottes ist und dass Christen, wenn sie nicht versuchen, die Einheit der Kirche aufzubauen und aufrechtzuerhalten, ernsthaft gegen ihren einen und einigenden Gott sündigen.486 In diesem Zusammenhang drücke Eph 4,6 a die universelle, kosmische Vaterschaft Gottes aus, dessen Plan es ist, alles in seinem Sohn Jesus Christus zu vereinen.487 V. 6 b besage, dass der ganze Kosmos dem einen Gott unterworfen ist (ἐπὶ πάντων), der in allen Dingen gegenwärtig ist (ἐν πᾶσιν) und souverän mittels der von ihm geschaffenen Dinge handelt (διὰ πάντων).488 Bonora zufolge richtet Paulus seinen Blick hier deswegen auf das Universum, da das Schicksal des Universums mit dem Schicksal der Kirche verbunden ist. Die Kirche sei nämlich der Ort par excellence der Einheit: Sie sei das Zentrum des Kosmos, worin das einigende (schöpfende, rettende) Handeln des einen Gottes sich manifestiert und von der aus sich Gottes einigender Einfluss auf den Rest des Kosmos ausbreitet.489 Bonora begründet seine Auslegung von Eph 4,6 nicht und gibt zur Stelle keine Parallelen an. Nach Franz Mußner (1982) wird in Eph  4,6 ein Einheitsfaktor (aus sieben, s. VV. 4–6) zur Begründung der Einheit der Kirche genannt:490 „ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen“.491 Die drei Prä483 Vgl. Bonora, Efesini, 68: „Qui l’apostolo compone una specie di ‚canto‘ sull’unità della Chiesa quale bene supremo“. Dass es um ein Lied geht, bleibt Spekulation. 484 S. ebd.: „È un’unità che è radicata in Dio stesso, nell’unità e unicità di Dio stesso.“ 485 Bonora, Efesini, 106, spricht vom „Padre, da cui ha origine tutto“. 486 Vgl. Bonora, Efesini, 69: „L’unità della Chiesa è collegata con l’unità di Dio: il frutto dell’unità di Dio è l’unità della Chiesa. Se i cristiani non si sforzassero di construire e mantenere l’unità della Chiesa, peccherebbero gravemente verso il loro Dio, unico e unificante. L’unità di Dio è dunque la base, la fonte e l’energia che fa la Chiesa una.“ 487 Vgl. Bonora, Efesini, 70: „Niente sfugge all’universale e cosmica ‚paternità‘ di Dio, il cui progetto è di unificare tutta la realtà intorno al suo Figlio Gesù Cristo.“ Vgl. dazu Eph 1,10. 488 Vgl. ebd.: „Il cosmo intero è sottomesso all’unico Dio, che è presente in tutte le cose e agisce sovranamente mediante le realtà create.“ 489 Vgl. ebd.: „La Chiesa è vista da Paolo come l’ombelico del mondo, il centro di irradiazione cosmica dell’azione salvifica e creatrice di Dio. Perciò non può parlare dell’unità di Dio che si manifesta e si dona nella Chiesa, senza ricordare anche che tutto il cosmo è des­tinatario dell’influsso unificante che parte e si diffonde dalla Chiesa, che è il ‚luogo‘ per ec­cellenza dell’unità. Lo sguardo non si ferma, per Paolo, alla Chiesa, ma si allarga al mondo in­tero e coinvolge nel destino della Chiesa tutto l’universo. Chiesa e mondo sono inseparabili e strettamente uniti nel loro destino.“ 490 Vgl. Franz Mussner, Der Brief an die Epheser (Ökumenischer Taschenbuchkommentar 10), Gütersloh / Würzburg: Mohn / Echter 1982, 120. 491 S. Mussner, Epheser, 115.

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2. Forschungsüberblick

positionalphrasen interpretiert Mußner mit Schlier wie folgt (mit einer „Steigerung von außen nach innen, in den christlichen ‚Innenraum‘“): ἐπὶ πάντων meine, dass Gott als Schöpfer und Vater über allen Menschen ist (vgl. Eph 3,9.15), διὰ πάντων, dass er durch alle (lebendigen) Glieder der Kirche in die Kirche und die Welt hineinwirkt (vgl. 1 Kor 12,4–11) und ἐν πᾶσιν, dass er durch den Geist und die „Christuseinigung“ in allen (christlichen) Glaubenden wohnt.492 Mußner sieht „die Einheit der Kirche und der Menschheit in Christus“ als das Grundthema des Eph.493 Der Verfasser des Eph fundiere die Einheit der Kirche auf Vorgegebenheiten wie der Einheit Gottes, mit dem Anliegen, seinen Rezipienten Einheitsbewusstsein beizubringen und damit die Einheit der Kirche, die nach dem Tod des Paulus in den kleinasiatischen Paulusgemeinden gefährdet gewesen sei, zu wahren.494 Mußner steht einer Auslegung der Gottesprädikation vor dem Hintergrund hellenistischer All-Formulierungen kritisch gegenüber. Die Rede von dem einen Gott schließe sich an überlieferte Formelsprache an, aber: „Auch wenn es dafür in der stoischen Kosmosfrömmigkeit ähnlich lautende Formeln gibt, so hat das Bekenntnis zu dem einen Gott seine Wurzeln im Monotheismus Israels.“495 Belege gibt er dazu nicht an. Es mag sein, dass das Gottesbekenntnis seine Wurzeln im Monotheismus Israels hat, aufgrund der biblisch-jüdischen Tradition lässt sich aber nicht begründen (wohl aber aufgrund der hellenistischen bzw. hellenistisch-jüdischen philosophischen Tradition), warum Eph 4,6 aussagt, dass Gott διὰ πάντων ist. Rudolf Schnackenburg (20032 [1982]) deutet Eph 4,6 ekklesial, indem er den Vers übersetzt mit „ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist“.496 Die Formel beziehe sich auf die Glieder der Kirche: „Gott wirkt übermächtig und gnadenvoll über ihnen allen, durchdringt alle und ist in allen anwesend, nämlich durch den Segenseinfluß Christi […] (1,22), bzw. durch die Tätigkeit des Geistes […] (vgl. 2,18).“497 Es gehe hier um Gottes Wirken für die Kirche und in der Kirche.498 Für διὰ πάντων ist nur eine von Schnackenburg erwähnte Parallele relevant: das Fragment des Diogenes von Apollonia („das [d. h.  die Luft als Urprinzip alles Seienden] scheint mir Gott zu sein, über alles zu gelangen und

492 S.

und vgl. Mussner, Epheser, 120. Mussner, Epheser, 9. 494 Vgl. Mussner, Epheser, 116. 495 S. und vgl. Mussner, Epheser, 120. 496 S. Rudolf Schnackenburg, Der Brief an die Epheser (Evangelisch-katholischer Kom­mentar zum Neuen Testament 10), Düsseldorf / Zürich / Neukirchen-Vluyn: Benziger Ver­lag / Neukirchener Verlag 22003, 161. 497 Vgl. Schnackenburg, Epheser, 170. 498 Vgl. Schnackenburg, Epheser, 169. 493 S.

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alles zu durchdringen und in allem zu sein“).499 Schnackenburg zufolge habe der Verfasser des Eph aus einer Tradition von kosmologisch-pantheistischen All-Formulierungen geschöpft, die im Hellenismus und Judentum eine lange Vorgeschichte haben, jene All-Formulierungen aber ekklesiologisch ausgewertet.500 Es könnte sein, dass er sich von paulinischen All-Formeln wie 1 Kor 8,6, 12,6, 15,28 und Röm 11,36 inspirieren ließ, eine All-Formel zu formulieren, es müsse aber betont werden, dass er seinen eigenen Weg gegangen ist (s. die Präpositionen).501 Vor dem kosmisch-pantheistischen Hintergrund der Formel lehnt Schnackenburg (mit Recht) ab, dass διὰ πάντων in Eph 4,6 b instrumental gemeint sei, mit dem Argument, dass „der Gedanke an die Tätigkeit der Christen […] hier eher störend [wirkt]“.502 Schnackenburg bezieht πάντων in Eph 4,6 a auf „die in der Kirche vereinten Getauften“.503 Dafür sprechen Eph 2,18 und 3,12, wo angegeben wird, dass alle durch Jesus Christus Zugang zu Gott, dem Vater, erlangt haben.504 Außerdem werde „Vater“ in Eph außer 3,15 stets im Hinblick auf die Christen verwendet (in 3,15 auf die Schöpfungswirklichkeit).505 Es lasse sich überlegen, ob vielleicht V. 6 a ekklesial und V. 6 b kosmisch zu verstehen sind,506 es sei aber am wahrscheinlichsten, dass die vier All-Aussagen einheitlich gemeint sind.507 Der Kontext (u. a. VV. 3–5) spreche für eine ekklesiale Deutung.508 Auf die Lesart ἐν πᾶσιν ἡμῖν (V. 6 b) dürfe man sich nicht berufen, da sie eine spätere Interpretation sei,509 wohl aber auf die Fortsetzung in V. 7 mit „jedem einzelnen von uns aber“, was sich auf die Glieder der Kirche beziehe.510 Auch die Parallele 1 Kor 12,6, „wo […] Gott genannt wird als der, ‚der das alles in allen wirkt‘“, weise darauf hin, dass die πᾶςAussagen in Eph 4,6 sich auf die Glieder der Kirche beziehen.511 Auch Harold Hoehner (1983) deutet Eph 4,6 ekklesiologisch: Der Vers, den er mit „[o]ne God and Father of all who is over all and through all and in all“ 499 S. ebd. S. Diogenes von Apollonia, Frgm. 5, Z. 6–8 (s. o.): αὐτὸ γάρ μοι τοῦτο θεὸς δο­κεῖ εἶναι καὶ ἐπὶ πᾶν ἀφῖχθαι καὶ πάντα διατιθέναι καὶ ἐν παντὶ ἐνεῖναι. 500 Vgl. Schnackenburg, Epheser, 169–170. 501 Vgl. Schnackenburg, Epheser, 162–163.169. 502 S. Schnackenburg, Epheser, 170 Anm. 404. 503 S. Schnackenburg, Epheser, 169. 504 Vgl. ebd. 505 Vgl. Schnackenburg, Epheser, 170. 506 D. h.: „Der eine Gott und Vater aller in der Kirche ist der gleiche Gott, der über dem All steht, der durch alles und in allem wirkt, was ist und geschieht“ (s. Schnackenburg, Ephe­ser, 169). 507 Vgl. Schnackenburg, Epheser, 169–170. 508 Vgl. Schnackenburg, Epheser, 163.170 Anm. 402. 509 Vgl. Schnackenburg, Epheser, 170 Anm. 402. 510 Vgl. Schnackenburg, Epheser, 170. 511 S. Schnackenburg, Epheser, 170 Anm. 403 (Hervorhebung vom Vf., MG).

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2. Forschungsüberblick

übersetzt (vgl. die NIV),512 beziehe sich auf das Verhältnis zwischen Gott dem Vater und allen Glaubenden.513 In Eph 4,4–6 liste Paulus sieben um die drei Personen der Trinität zentrierte Einheitselemente auf, die die Basis der Einheit unter den Glaubenden formen.514 Diese Interpretation ist deswegen problematisch, da die Redewendung „die drei Personen der Trinität“ anachronistisch ist und die Annahme, diese drei Personen der Trinität stehen zentral, übergeht, dass in V. 4 nicht ἓν πνεῦ­ μα (vgl. εἷς κύριος in V. 5 und εἷς θεός in V. 6), sondern ἓν σῶμα den ersten Platz einnimmt. Eph 4,6 gebe das siebte und letzte einheitsstiftende Element an: Gott, der Vater aller Glaubenden, die seine Kinder sind (vgl. Gal 3,26; Joh 1,12), steht „über“ ihnen als ihr Souverän, lebt „durch“ sie und manifestiert sich „in“ ihnen.515 Hoehner gibt für seine Auslegung des V. 6 b keine Belege an (vgl. seinen Epheserkommentar 2002 [s. u.]). Frederick Bruce (1984) interpretiert Eph 4,6 in seinem Epheserkommentar anthropologisch (in seinem Kolosserkommentar dagegen kosmologisch, in dem er schreibt, dass die Präpositionalwendungen in Eph 4,6 Gottes Beziehung zum Universum ausdrücken516). Eph 4,6 a bringe die Beziehung zwischen Gott Vater und allen seinen Kindern, Juden sowie Heiden, zum Ausdruck.517 Dabei werde die Perspektive vom Gottesvolk (vgl. Mal 2,10) auf alle Menschen von allen Völkern erweitert.518 Eph 4,6 b gebe an, dass Gott transzendent, durch512 S. Harold W. Hoehner, Ephesians, in: John F. Walvoord / Roy B. Zuck (Hg.), The Bible Knowledge Commentary, Bd. 2, Colorado Springs, CO: Cook 1983, 613–645, 633 (mit kleinen Änderungen: „o“ statt „O“ und normal statt fett; Kommata lässt Hoehner weg). 513 S. Hoehner, Ephesians, 633: „[Eph 4,6] refers to God the Father and His relationship to all believers.“ 514 Vgl. ebd.: „Without a conjunction Paul listed [in Eph 4,4–6] the seven elements of unity centered on the three Persons of the Trinity. These provide the basis for the spirit of unity that should exist in the body of believers.“ Für die Reihenfolge Geist – Herr – Gott verweist Hoehner (S. 633) auf 1 Kor 12,4–6. 515 Vgl. ebd.: „God is the Father ‚of‘ all who believe; they are His children (John 1:12; Gal. 3:26). And He is ‚over‘ all them as their Sovereign. He lives ‚through‘ them and mani­ fests Himself ‚in‘ them.“ Hoehner bemerkt dazu auch (S. 633): „One God, the Father, is su­preme over all, operative through all [διά wird hier instrumental gedeutet], and resides in all“ (Hervorhebung von Hoehner). 516 Vgl. Frederick  F. Bruce, The Epistle to the Colossians, in: Ders., The Epistles to the Colossians, to Philemon, and to the Ephesians (New International Commentary on the New Testament), Grand Rapids, MI: Eerdmans 1984, 1–187, 64 Anm. 119: „For the bringing together of various prepositional phrases to express the relationship of God or Christ to the universe [wie in Kol 1,16] cf. Rom. 11:36; 1 Cor. 8:6; Eph. 4:6.“ 517 Vgl. Frederick F. Bruce, The Epistle to the Ephesians, in: Ders., Epistles, 227–416, 337: „As for the genitive ‚of all,‘ [in Eph 4,6 a] this probably means more specifically ‚of all – both Jews and Gentiles.‘“ 518 Vgl. Bruce, Ephesians (1984), 337: „‚Have we not all one Father?‘ asked a Hebrew prophet: ‚Has not one God created us?‘ (Mal. 2:10). That question was directed to a situation within Israel, in which the covenant-bond which united the people of God was being violat­

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dringend und immanent ist.519 Wie in V. 6 a werde damit Gottes Verhältnis zu allen seinen Kindern angegeben:520 Gott übersteigt sie alle, ist durch sie (als seine Instrumente) wirksam und wohnt durch den Heiligen Geist in ihnen (vgl. Eph 2,22).521 Für ἐπὶ πάντων weist Bruce nicht auf die Parallele in Röm 9,5 hin (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός), für διὰ πάντων gibt er keine Vergleichsstellen an und für ἐν πᾶσιν achtet er Eph 2,22 wichtiger als 1 Kor 12,6 (ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν). Bruce bezeichnet Eph 4,4–6 (mit 1 Kor 8,6) als Glaubensbekenntnis (credo).522 Eph 4,4–6 übertrage das Argument von 1 Kor 12,4–6 auf die Universalkirche: Während nach 1 Kor 12,4–6 die Einheit der Ortsgemeinde aus der Kontrolle des „gleichen Geistes“, „gleichen Herrn“ und „gleichen Gottes“ folge, folge nach Eph 4,4–6 die Einheit der Universalkirche aus der Herrschaft des „einen Geistes“, „einen Herrn“ und „einen Gottes“.523 Bruce steht einer Auslegung von Eph 4,6 vor dem Hintergrund stoischer Formulierungen kritisch gegenüber, da diese zwar der Form nach ähnlich, inhaltlich aber unterschiedlich seien.524 Dabei berücksichtigt er nicht, dass der Verfasser des Eph sich womöglich traditioneller Redewendungen bedient (wie ed. Here the same principle is applied in a wider context: the people of God are now ‚elect from every nation.‘“ 519 Vgl. ebd.: „Whereas the adjective clause appended to ‚one God, the Father,‘ in 1 Cor. 8:6 acknowledges him as creator of all and goal of all, the present adjective clause [in Eph 4,6 b] describes him as transcendent, pervasive, and immanent.“ Ob ἐπί in Eph 4,6 b mehr meint als „über“, ist zweifelhaft. 520 Vgl. ebd.: „So far as the grammatical forms are concerned, the gender might be either masculine or neuter, but the word is most probably to be understood as personal, as in the preceding phrase: ‚one God and Father of all.‘“ (Hervorhebung von Bruce). 521 Vgl. Bruce, Ephesians (1984), 337–338: „That he [Gott] is transcendent over all his children needs no emphasizing. He exists ‚through‘ them perhaps in the sense that they are instruments or agents through whom he works. […] As for his being ‚in‘ them, this might be taken in much the same sense [vgl. 1 Kor 12,6], but more probably it should be related to the statement of Eph. 2:22, that the people of God constitute his ‚dwelling-place in the Spirit.‘“ 522 S. Bruce, Ephesians (1984), 335–338. Dass es sich um ein Credo handele, bleibt Spekulation. 523 Vgl. Bruce, Ephesians (1984), 237: „It is emphasized in 1 Cor. 12:4–6 that the unity of the church follows from the fact that ‚the same Spirit, … the same Lord … and the same God‘ control all the diversities of ministry within it. But by the same token, wherever the church exists, it comprises one people of Christ, indwelt by the one Spirit, confessing the one Lord, and through him worshipping the one God. Thus the same argument as is presented in 1 Cor. 12:4–6 for the unity of the local church is applied in Eph. 4:4–6 to the unity of the universal church.“ Vgl. auch S. 336. 524 Vgl. Bruce, Colossians, 64 Anm. 119: „To relate such constructions to Stoic formulations – comparing them, for example, with Marcus Aurelius’s apostrophe to nature: ἐκ σοῦ πάντα, ἐν σοὶ πάντα, εἰς σὲ πάντα (Meditations 4.23) – is to pay more attention to the form of words than to their substance. Paul’s intention is as different from that of the Stoic philosophers as the God of whom Paul speaks is different from the pantheistically conceived world-soul of Stoicism.“

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2. Forschungsüberblick

lässt sich das auf Gott bezogene διὰ πάντων anders erklären?), um seine eigenen Gedanken auszudrücken. Arthur Patzia (1990 [1984]) zufolge beziehe Eph  4,6 sich vom Kontext her auf das Gottesvolk, obgleich die Vorstellungen das ganze Universum miteinbeziehen können.525 Patzia übersetzt den Vers mit der New International Version (NIV), auf der die Kommentarreihe basiert, mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“.526 Er sieht den Vers als die Klimax des Abschnitts Eph 4,4–6, der nach ihm sieben Einheitsgründe der Kirche auflistet.527 Eph 4,6 stütze die Einheit, die nicht nur die Kirche, sondern die ganze Gesellschaft umfasse, auf die Einsheit Gottes, der der letzte Grund der Einheit sei.528 V. 6 b drücke Gottes Transzendenz (ἐπὶ πάντων), Allgegenwart (διὰ πάντων) und Immanenz (ἐν πᾶσιν) aus.529 Nach Patzia sei Eph 4,6 ähnlich wie Rom 11,36. Dort werden aber andere Präpositionalwendungen verwendet (ἐξ αὐτοῦ καὶ δι᾽ αὐτοῦ καὶ εἰς αὐτὸν τὰ πάντα).530 Patzia stellt die Theorie auf, Eph 4,6 basiere auf hellenistisch-jüdischen beziehungsweise stoisch-philosophischen Vorstellungen (ohne Parallelen anzugeben), ist aber der Meinung, der Verfasser des Eph drücke in Eph 4,6 in Anlehnung an paulinische Formulierungen seine eigenen Gedanken über die Einheit der Kirche aus.531 Dabei übergeht er die Frage, wie der Verfasser des Eph auf die Idee gekommen ist, διὰ πάντων auf Gott zu beziehen. 525 Vgl. Arthur G. Patzia, Ephesians, in: Ders., Ephesians, Colossians, Philemon (New International Biblical Commentary 10), Peabody, MA: Hendrickson 1990, 119–294, 234: „Given the context of the passage, it would appear that the author has the community of God’s people in mind […], even though such thoughts can embrace the entire universe.“ 526 S. Patzia, Ephesians, 233–234. 527 Patzia, Ephesians, 228, spricht von „a list of all the unifying elements of the church (4:4–6)“ und schreibt: „Verses 4–6 list seven ‚ones‘ that relate the unity of the church to the unity of Christ and God“ (S. 231); „The writer’s thoughts reach their climax in the unity of God“ (S. 233). 528 Vgl. Patzia, Ephesians, 231: „In Ephesians, […] the unity that embraces all of society is based upon the ‚oneness‘ of God himself as the ultimate source of unity“ (mit Bezug auf Houlden). Vgl. auch S. 232: „Basically, […] the passage teaches that the unity of the God­ head is the foundation of the church’s unity.“ 529 Vgl. Patzia, Ephesians, 234: „The concepts express God’s transcendence (over all), his omnipresence (through all) and his immanence (in all)“ (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). Da Patzia dies nicht begründet, ist (auch) seine folgende Aussage grundlos (ebd.): „One wonders if there is a veiled reference to the triune God, for in Christian thought, God’s omnipresence and immanence are manifestations of the Son and the Spirit.“ 530 Gegen Patzia (ebd.): „The verse [d. h.  Eph  4,6] is similar to Paul’s benediction in Ro­mans 11:36, where he states: ‚For from him and through him and to him are all things.‘“ 531 Vgl. Patzia, Ephesians, 231: „Scholars have found striking parallels with forms of Hel­lenistic Judaism and Stoic philosophy. […] The assumption is that the author of Ephesians adopted such formulas, gave them a specific Christian content, and incorporated them into his epistle. Most commentators, however, take verses 4–6 to be a compilation of verses and ideas that Paul has used throughout his writings. The main difference between Paul’s un-

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Andreas Lindemann (1985) hält es am wahrscheinlichsten, dass Eph 4,6 sich auf den Kosmos, auf das All bezieht.532 Er übersetzt mit „ein Gott und Vater aller, welcher ist über allem und durch alle und in allen!“533 Es sei unklar, ob „Vater aller Christen“, oder „Vater des Alls“ gemeint ist.534 Für die erste Option könnte die Fortsetzung in V. 7 mit „jedem einzelnen von uns …“ sprechen (mehrere Handschriften haben diesen Bezug klargestellt, indem sie am Ende von V. 6 „uns“ ergänzen).535 Vor dem Hintergrund von den von ihm angeführten neutestamentlichen, philosophischen und religionsgeschichtlichen Parallelen meint Lindemann aber, dass eine kosmische Formel vorliegt. Die Formel erinnere zuerst an 1 Kor 8,6: „Gott wird als Vater bezeichnet und durch drei in unterschiedlichen präpositionalen Wendungen formulierte ‚All‘-Aussagen näher charakterisiert.“536 Die eine präpositionale All-Aussage in 1 Kor 8,6, die sich auf Gott bezieht (ἐξ οὗ τὰ πάντα), gibt aber den Ursprung von allem an, sagt also nicht aus, dass Gott ἐπὶ πάντων, διὰ πάντων, oder ἐν πᾶσιν ist. Außerdem kommt von den drei in Eph 4,6 verwendeten Präpositionen nur διά auch in 1 Kor 8,6 vor, διά bezieht sich dort aber auf Jesus Christus. Lindemann weist auch auf Röm 9,5 b hin, dies sei eine allgemeine, auf alles bezogene Aussage.537 Es liegt hier in der Tat eine wörtliche Übereinstimmung mit Eph  4,6 vor. Ich halte es aber für möglich, dass ἐπὶ πάντων in Röm  9,5 „über allen Menschen“ meint. Es ist bemerkenswert, dass Lindemann 1 Kor 12,6 nicht erwähnt, wo steht, dass der eine Gott alles „in allen (Menschen bzw. Glaubenden)“ bewirkt (ἐν πᾶσιν, vgl. Eph 4,6). Lindemanns Argument, dass die drei Präpositionen in Eph  4,6 b „kaum zu ‚allen Christen‘, sehr gut aber zu ‚allen Dingen im All‘ [passen]“, ist nicht sehr stark (vgl. Röm 9,5 und 1 Kor 12,6).538 Schließlich wird von Lindemann noch auf Parallelen bei Diogenes von Apollonia verwiesen („Dies [d. h. die Luft] scheint mir göttlich zu sein: Was zu allem gelangt, und alles durchwaltet, und in allem ist, und es gibt nichts, woran sie nicht Anteil hat“),539 Josephus („Es gibt den einen Tempel disputed writings and the epistle to the Ephesians is not so much the content as the structure in which these formulations occur. Only Ephesians collects and arranges the thoughts into a pattern that resembles a liturgical hymn or a creedal confession. Though the author may be indebted to such Pauline texts as 1 Corinthians 8:6 and 12:4–13, the application that he gives to the ideas found there conforms to his specific concern for unity within the body of Christ.“ Die Verweise auf „a liturgical hymn or a creedal confession“ halte ich für spekulativ. 532 Vgl. Andreas Lindemann, Der Epheserbrief (Zürcher Bibelkommentare. NT 8), Zürich: Theologischer Verlag 1985, 73–74. 533 S. Lindemann, Epheserbrief, 70. 534 Vgl. Lindemann, Epheserbrief, 73. 535 Vgl. Lindemann, Epheserbrief, 73–74. 536 S. Lindemann, Epheserbrief, 73. Vgl. 1 Kor 8,6: ἀλλ᾽ ἡμῖν εἷς θεὸς ὁ πατὴρ ἐξ οὗ τὰ πάν­τα καὶ ἡμεῖς εἰς αὐτόν, καὶ εἷς κύριος Ἰησοῦς Χριστὸς δι᾽ οὗ τὰ πάντα καὶ ἡμεῖς δι᾽ αὐτοῦ (s. o.). 537 Vgl. ebd. Vgl. den Satzteil ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεὸς in Röm 9,5 (s. o.). 538 S. Lindemann, Epheserbrief, 74. 539 S. ebd. S. Diogenes von Apollonia, Frgm. 5, Z. 6–8: αὐτὸ γάρ μοι τοῦτο θεὸς δοκεῖ

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2. Forschungsüberblick

des einen Gottes, gemeinsam für alle, so wie Gott gemeinsam ist für alle“)540 und Mark Aurel („Es ist ein Kosmos aus allen Dingen, und ein Gott durch alle Dinge, und eine Wesenheit und ein Gesetz, eine Vernunft für alle verständigen Lebewesen, und eine Wahrheit“).541 Lindemann geht mit Recht nicht von direkten literarischen Beziehungen, von Abhängigkeit aus: Der Verfasser des Eph nehme Gedankengut auf, das in seiner heidnischen beziehungsweise hellenistisch-jüdischen Umwelt vorkam, er selbst aber vermutlich aus christlicher Überlieferung kannte.542 Der Verfasser habe Gedanken aufgenommen, womit zumindest gebildete Rezipienten vertraut waren.543 Lindemann bemerkt zum Schluss: „Christlich wird die Aussage von V. 6 nur dadurch, daß der Verfasser zuvor in V. 5 auf Christus, den Glauben und die (nur vom Christentum praktizierte) Taufe Bezug nimmt, und daß er dann in V. 7 ff. die Konsequenzen des Christusgeschehens für die Struktur der Kirche schildert.“544 Gerade von diesem Kontext aus betrachtet, liegt aber nahe, dass auch V. 6 ekklesiologisch gemeint ist. Walter Taylor (1985) zufolge könne Eph 4,6 b, isoliert von seinem Kontext betrachtet, als pantheistische Gottesvorstellung aufgefasst werden, werde aber in der vorliegenden Situation auf Gottes Tätigkeit für die Kirche und in der Kirche angewendet (vgl. 1 Kor 8,6).545 Taylor zitiert die Revised Standard Version (RSV), auf der die Kommentarreihe basiert, nur teilweise („God and Father of … all […] who is above all and through all and in all“), wobei er angibt, dass das in der RSV verwendete „us“ („Father of us all“) nicht im Griechisch steht.546 Eph 4,6 verherrliche die Einsheit Gottes.547 Der Abschnitt Eph  4,4–16, der mit ἓν σῶμα anfängt, sei eine Diskussion über den einen Leib Christi beziehungsweise der Kirche, welche an die Diskussionen in Röm 12 und 1 Kor 12 erinnere.548 VV. 4–6 seien der Form nach εἶ­ναι καὶ ἐπὶ πᾶν ἀφῖχθαι καὶ πάντα διατιθέναι καὶ ἐν παντὶ ἐνεῖναι. καὶ ἔστιν οὐδὲ ἓν ὅ τι μὴ μετ­έχει τούτου (s. o.). 540 S. Lindemann, Epheserbrief, 74. S. Ios. c. Ap. 2.193: Εἷς ναὸς ἑνὸς θεοῦ […] κοινὸς ἁπάντων κοινοῦ θεοῦ ἁπάντων (s. o.). 541 S. Lindemann, Epheserbrief, 74. S. M. Aur. 7.9.2, bes. θεὸς εἷς διὰ πάντων (s. o.). 542 Vgl. Lindemann, Epheserbrief, 74. 543 Vgl. ebd. 544 S. ebd. 545 Vgl. Walter F. Taylor, Ephesians, in: Ders. / John H. P. Reumann (Hg.), Ephesians, Colossians (Augsburg Commentary on the New Testament), Minneapolis, MN: Augsburg 1985, 7–103, 64: „He is the God who is above all and through all and in all, which, in isolation from its context, could easily fit into a pantheistic conception of God. What rescues the words from that interpretation is that this universal statement about God is applied to God’s activity for and in the church (see similar material in 1 Cor. 8:6).“ 546 S. ebd. 547 Vgl. ebd.: „Verse 6 […] celebrates the oneness of […] God.“ 548 Taylor, Ephesians, 63, spricht von „a unity expressed in the one body of the church (v. 4)“ und bemerkt: „Verse 4, then, begins a discussion of the body (of Christ) that continues

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ein Hymnus, oder eine Bekenntnisformel und könnten auf eine mit der Taufe verbundene katechetische Formel zurückgehen.549 Ursprünglich wäre die Reihenfolge vielleicht V. 6 (ein Gott), V. 5 (ein Herr), V. 4 (ein Leib); die jetzige könnte eine Anpassung an die Argumentation in VV. 1–3 sein (wo es um das christliche Leben, das Leben der Glieder des Leibes geht).550 Taylor spricht von einem „kleinen Hymnus über Einheit“.551 Dabei gebe V. 6 (zusammen mit VV. 4–5) das Motiv beziehungsweise den Grund der weltlichen Ermahnung des V. 1 an.552 Für die Exegese von Eph 4,6 bringt Taylors Kommentar nicht viel, der Grundgedanke, dass der Verfasser des Eph eine philosophische Vorstellung ekklesiologisch anwendet, scheint mir aber richtig zu sein. Ralph Martin (1986) fasst Eph 4,6 b trinitarisch auf (vgl. seinen Epheserkommentar 1991 [s. u.]). Eine Übersetzung bietet er nicht an. In Eph 4,4–6 definiere Paulus näher, was es mit der vom Heiligen Geist vorgegebenen Einheit der Kirche (vgl. Eph 4,3) auf sich hat.553 Paulus schließe dieses Glaubensbekenntnis mit einer trinitarischen Anspielung auf den einen Gott ab, der in seiner Selbstoffenbarung bekannt sei als „Father above all, Son through all […] and Spirit who is in all the family of God“.554 Als Vergleichsstelle gibt Martin 1 Petr 1,2 an.555 Problem dieser Auslegung ist, dass die drei Präpositionalwendungen in Eph 4,6 b sich ausschließlich auf den in V. 6 a genannten „einen Gott und Vater aller“ beziehen. Die Präposition διά in V. 6 b bringe wie δι᾽ αὐτοῦ in Eph 2,18

through v. 16; the section is reminiscent of the discussions in Romans 12 and 1 Corinthians 12. […] Verse 4 emphasizes the unity of the church“ (mit Änderungen: kursiv statt fett). 549 Vgl. ebd.: „Verses 4–6 have the lyrical quality of a hymn or possibly a confessional formula […]. The material could also well be a catechetical formulation, quite possibly connected with Baptism.“ Diese Behauptungen bleiben spekulativ und werden nicht begründet. 550 Vgl. Taylor, Ephesians, 98 Anm. 22: „It is possible that the original hymn began with v. 6, with vv. 5 and 4 following in that order. The progression would be from the one God to the one Lord, faith, and Batism, and thence to the one body. The order of the original would have been reversed because of the argument in vv. 1–3.“ 551 S. Taylor, Ephesians, 64: „this little hymn on unity“. 552 Vgl. ebd.: „this verse [Eph 4,6] as well as the previous two provide the motive or reason for the very worldly exhortation of v. 1“. 553 Vgl. Ralph P. Martin, Ephesians, in: Donald Guthrie / J. Alec Motyer (Hg.), New Bible Commentary, Leicester / Grand Rapids, MI: Inter-Varsity Press / Eerdmans 31986, 1105– 1124, 1115: „The Holy Spirit’s gift of unity to the church [vgl. Eph 4,3] is further defined in a series of creedlike formulations, all of them being given emphasis by the repetition (seven times) of one“ (Hervorhebung von Martin). 554 S. ebd.: „Paul seals this credal statement with a Trinitarian allusion to one God who is known in His self-revelation as Father above all, Son through all […] and Spirit who is in all the family of God. Cf. 1 Pet. 1:2“ (Hervorhebung von Martin). 555 S. ebd. Später erwähnt er zur Stelle noch Dtn 6,4, 1 Kor 8,4.6 und 1 Tim 2,5. Diese Stellen helfen uns für die Auslegung von διὰ πάντων in Eph 4,6 b aber nicht weiter (1 Petr 1,2 übrigens auch nicht).

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Vermittlung zum Ausdruck.556 Diese Auslegung überzeugt aber nicht, da διὰ πάντων (Eph 4,6 b) und δι᾽ αὐτοῦ (Eph 2,18) die Präposition διά auf verschiedene Weise verwenden. Rudolf Hoppe (1987) versteht Eph 4,6 b als kosmologische Formel im Dienste der Ekklesiologie: „Eph zeichnet das Bild von einer Kirche, die sich als von Gott gestiftete Einheit als Repräsentation der geeinten Welt versteht, und zwar […] der geeinten Menschheit (‚aller‘) und des geeinten Kosmos (‚über allem und durch alles und in allem‘).“557 Dabei hält er es für möglich, dass in V. 6 a nicht der eine Gott und Vater aller (also von „der geeinten Menschheit“, s. o.), sondern aller Dinge (also vom „geeinten Kosmos“, s. a. die dreigliedrige Formel) gemeint ist. Der eine Gott und Vater sei der letzte Grund der Einheit der Kirche,558 der „universale[n] Kirche, die die ganze Menschheit eint“.559 Das Anliegen des Verfassers sei es, gegen Spaltungstendenzen vorzugehen, um die Einheit der Kirche aufrechtzuerhalten.560 Damit soll die eine Kirche aus Juden und Heiden „zum Modell der Einheit und des Friedens für die Welt werden“.561 Hoppe spricht unter Bezug auf 1 Kor 8,6 von einer festgeprägten Formel, gibt aber in seinem knappen Kommentar keine weiteren Parallelen an. Mario Masini (1987) legt in seinem Kommentar zu den „Gefangenschaftsbriefen“ des Paulus562 Eph  4,6 b nicht aus. Masini bemerkt, dass sich Paulus in Eph auf durch das hellenistische Judentum (Josephus und Philo) vermittelte stoische Vorstellungen bezieht, Eph 4,1–6 sei dennoch eindeutig christlich.563 Die Perikope gebe an, dass ein Christ sich selbst nach dem Vorbild der Einheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes (von Masini trinitarisch aufgefasst, s. u.) gestalten soll.564 Eph 4,6 a sei eine Bekenntnisformel, die den 556 Vgl. ebd.: „the use of the preposition here [d. h. διὰ πάντων, Eph 4,6 b] answers to the same idea of mediation in 2:18“. 557 S. Rudolf Hoppe, Der Epheserbrief, in: Ders., Epheserbrief / Kolosserbrief (Stuttgar­ ter kleiner Kommentar. Neues Testament 10), Stuttgart: Katholisches Bibelwerk 1987, 11– 94, 60 (ein kleiner Tippfehler wurde verbessert), der der EÜ folgt. 558 Vgl. Hoppe, Epheserbrief, 60. 559 S. Hoppe, Epheserbrief, 38 (Hervorhebung von Hoppe). 560 Vgl. Hoppe, Epheserbrief, 59–60. 561 S. Hoppe, Epheserbrief, 60. 562 Masini bietet nicht vier separate Kommentare (Eph, Phil, Kol, Phlm), sondern einen (thematischen) Kommentar zu den vier „Gefangenschaftsbriefen“. 563 Vgl. Mario Masini, Filippesi, Colossesi, Efesini, Filemone. Le lettere della prigionia (Leggere oggi la Bibbia. Nuovo Testamento 9), Brescia: Queriniana 1987, 86: „Esso è ricalcato sulla morale insegnata dallo stoicismo e mediata dal giudaismo ellenizzato attraverso G. Flavio e Filone, ma Paolo vi immette tratti schiettamente cristiani (cf Ef 4,1–6) ignoti al giudaismo (cf Ef 4,20–32) e incomprensibili al paganesimo (cf Ef 5,1–21), gli uni e gli altri posti sempre in riferimento a Cristo.“ 564 Vgl. Masini, Efesini, 93: „il cristiano deve modellarsi sull’unità del Padre, del Figlio e dello Spirito santo (4,4–6)“.

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Glauben an den einen Gott und Vater aller („tutti“) zum Ausdruck bringe (vgl. Dtn 6,4; 1 Kor 8,6).565 Für die Auslegung von διὰ πάντων gibt Masini keine konkreten Hinweise. Josef Pfammatter (1987) deutet „das Bekenntnis zur Einzigkeit Gottes“ in Eph 4,6 a ekklesiologisch, die Dreierformel in V. 6 b aber kosmologisch: „ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist“.566 Der griechische Text lässt sowohl eine Deutung auf „alle“ (Menschen) als auch auf „alles“ (Geschaffene) zu (dies sei ähnlich wie in Kol  3,11: ἀλλὰ [τὰ] πάντα καὶ ἐν πᾶσιν Χριστός), die Einheitsübersetzung entscheide sich aber mit guten Gründen in V. 6 a für das personale „alle“ und in V. 6 b für das sachbezogene „alles“.567 Als Argument für die Entscheidung in V. 6 a wird angegeben, dass „der Kontext auf die Einheit der Gemeinde abhebt und dabei als letzten und gewichtigsten Faktor die Einzigkeit des einen Vaters aller Gemeindeglieder nennt, den alle im Gebet des Herrn als den gemeinsamen Vater anrufen“; als Argument für die Entscheidung in V. 6 b wird dagegen auf Röm 11,36 (ἐξ αὐ­ τοῦ καὶ δι᾽ αὐτοῦ καὶ εἰς αὐτὸν τὰ πάντα) verwiesen.568 Hier drängt sich die Frage auf, warum der Kontext des Verses nur für die Interpretation des V. 6 a entscheidend sei. Pfammatter gibt selbst an, dass es im direkten Kontext um die „Einheit als Charakteristikum der Getauften“ geht.569 Wenn mit πάντων in V. 6 a alle Gemeindeglieder gemeint sind (so Pfammatter), dann liegt nahe, dass auch πάντων und πᾶσιν in V. 6 b maskulinisch zu verstehen sind. Letzteres wird dadurch bestätigt, dass V. 7 mit „jedem einzelnen von uns aber …“ (ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν) weitergeht. Pfammatters Hauptargument (der Kontext des Verses) weist also für die Auslegung der Dreierformel, wozu er übrigens keine (weiteren) Parallelen angibt (Röm 11,36 ist kaum relevant), in entgegengesetzte Richtung. Jan Versteeg kommentiert in seiner kurzen Besprechung des Eph (1987) Eph 4,6 nicht. Sein Kommentar bietet auch keine Übersetzung.570

565 Vgl. Masini, Efesini, 53: „L’omologia si ripresenta in Ef: ‚Uno solo è Dio, Padre di tutti‘, completata secondo la teologia trinitaria: ‚Uno solo è il Signore‘ (= Christo) e ‚Uno solo è lo Spirito‘ (4,4–6; 2,18)“ (Hervorhebung von Masini; Masini erwähnt hier Dtn 6,4 und 1 Kor 8,6 als Parallelen). 566 S. und vgl. Josef Pfammatter, Epheserbrief, in: Ders., Epheserbrief, Kolosserbrief (Neue Echter-Bibel. Kommentar zum NT 10 & 12), Würzburg: Echter 1987, 5–49, 31. Die Kommentarreihe folgt der EÜ. 567 Vgl. ebd. 568 S. und vgl. ebd. 569 S. ebd. (Hervorhebung vom Vf., MG) und vgl. Pfammatter, Epheserbrief, 30. 570 Vgl. Johannes  P. Versteeg, De brief aan de Efeziërs, in: Adam S. van der Woude (Hg.), Bijbels Handboek, Bd. 3: Het Nieuwe Testament, Kampen: Kok 1987, 372–388.

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2. Forschungsüberblick

Romano Penna (1988) deutet Eph  4, 6 a anthropologisch beziehungsweise ek­klesiologisch und V. 6 b kosmologisch. In seiner Übersetzung des Verses kommt dies klar zum Ausdruck: „un solo Dio e padre di tutti, che trascende, per­mea e abita tutte le cose“ (wobei er anmerkt, dass V. 6 b wörtlich „che è sopra a tutto e attraverso tutto e in tutto“ lautet).571 Eph 4,6 sei der Höhepunkt der Akklamation in VV. 4–6: Hier werde Gott Vater als höchsten Garant der Einheit der Kirche akklamiert.572 Gott sei nicht nur Vater Jesu Christi (vgl. Eph 1,3), sondern auch unser Vater (vgl. Mt 6,6; 7,11; 23,9).573 In V. 6 a beziehe πάντων sich angesichts des paränetisch-ekklesiologischen Kontextes auf alle Menschen, insbesondere auf alle Getauften, denn die vom Verfasser des Eph geforderte Einheit sei nicht die einer kosmischen Ordnung, sondern betreffe konkret die Gemeindesituation der Rezipienten.574 Dagegen gebe V. 6 b eine weitverbreitete hellenistische Formel wieder, die sich auf alle Dinge bezieht (s.  vor allem Diogenes von Apollonia [s. o.]; vgl. Apg 17,28; Röm 11,36; 1 Kor 8,6).575 Penna weist auch auf Verbindungen mit der stoischen Philosophie hin (vgl. M. Aur. 7.9).576 Eph 4,6 sage aus, dass Gott, der Vater aller Christen, auch derjenige ist, der alle Dinge transzendiert, durchdringt und bewohnt, womit gemeint sei, dass Gott, der die Einheit des Kosmos schafft, auch die Einheit der Kirche zustande bringt.577 Das Problem 571 S. Romano Penna, La lettera agli Efesini (Scritti delle origini cristiane 10), Bologna: Dehoniane 1988, 176 mit Anm. 328 bis. 572 Vgl. Penna, Efesini, 184–185: „Infine, quale vertice ultimo, si acclama Dio come pa­ dre universale, garante supremo dell’unità.“ Penna meint hier die Einheit der Kirche: Eph 4,1–6 gehe um „L’unità della chiesa“ (S. 177; Hervorhebung von Penna). Damit meint Penna das innere Leben der konkreten Kirche: „i vv. 2–6 specificano in che cosa debba consiste­ re la vita interna della chiesa“ (S. 178). Penna bezeichnet Eph 4,4–6 als „acclamazione“ (S. 184–185). Er sieht diese Verse als binitarische Formel, welche den Herrn Jesus (V. 5) und Gott Vater (V. 6) akklamiert (vgl. bes. 1 Kor 8,6): „In Ef 4,4–6 dunque non c’è una formula trinitaria, ma binitaria, consistente nella confessione del ‚Signore‘ Gesù (v. 5) et di ‚Dio e Padre‘ (v. 6), conformemente ad altri testi neotestamentari, tra ciu il più vistoso è 1 Cor 8,6 (ma cf. anche Fil 2,11; 1 Tm 2,5; Gv 1,1–18)“ (S. 182–183). Nach Penna bezieht sich πνεῦμα in V. 4 nicht auf den Geist Gottes, sondern auf den Geist der Christen; zwischen beiden bestehe aber wohl eine enge Beziehung (vgl. Eph 4,23; 5,18) (S. 183). 573 Vgl. Penna, Efesini, 185: „egli non è soltanto ‚il Dio e padre del signore nostro Gesù Cristo‘ (1,3), ma anche il ‚Padre nostro‘ (Mt 6,6; cf. 7,11; 23,9)“. 574 Vgl. ebd.: „Nel primo caso [Eph 4,6 a], dato il contesto parenetico-ecclesiologico, non si può fare a meno di riferire il pronome a ‚tutti‘ gli uomini e in particolare a tutti i battezzati, dato che l’unità richiesta dal mittente della lettera non è quella d’ordine cosmico ma riguarda concretamente la situazione comunitaria dei suoi lettori.“ 575 Vgl. ebd.: „Il v. 6 b invece riecheggia una formula tripartita attestata più volte nell’ambito della grecità e che si trova nei termini più chiari nel presocratico Diogene di Apollonia: ‚quel che gli uomini chiamano aria … mi sembra che sia dio e giunga dovunque e tutto di­ sponga e in tutto sia‘ (cf. At 17,28; Rm 11,36; 1 Cor 8,6).“ 576 Vgl. Penna, Efesini, 45: „così pure [Eph] 4,6 riecheggia nella forma un’espressione panteistica (cf. Marco Aurelio 7,9 […])“. 577 Vgl. Penna, Efesini, 185: „L’autore di Efesini vuol dire che Dio, padre dei cristiani, è

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dieser Auslegung ist, dass es keinen Hinweis gibt, dass sich zwischen V. 6 a (πάν­των) und V. 6 b (πάντων / πάντων / πᾶσιν) beziehungsweise zwischen V. 6 b und V. 7 (ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν) der Bezugspunkt ändert. Es ist am wahrscheinlichsten, dass die All-Wendungen in Eph 4,6 sich alle vier auf die Glaubenden beziehen. Carol Stockhausen (1989) erklärt nicht, wie sie Eph  4,6 genau versteht. Sie übersetzt den Vers mit: „There is […] one God and Father of all, who is over all, and works through all, and is in all.“578 Sie sieht den Abschnitt Eph 4,3–6 als ein im christlichen Kreis des Verfassers des Eph bekanntes Glaubensbekenntnis, das Einheit als Hauptmerkmal der Kirche betone.579 Die Einheit der Kirche widerspiegele die Einheit Gottes und sei der Anfang und das Signal der Realisierung von Gottes Plan, alles durch Christus mit ihm zu vereinen (vgl. Eph 1,22–23).580 Es ist nicht klar, ob Stockhausen die All-Prädikationen in Eph 4,6 maskulinisch oder neutrisch deutet und ob sie mit „God […], who […] works through all“ (διὰ πάντων), meint, dass Gott durch alles hin (lokal), oder mithilfe von allem (instrumental) wirkt. Zum (vermutlich) philosophischen Hintergrund von Eph 4,6 sagt sie nichts, obgleich sie bemerkt, das gängige philosophische Ideen den Verfasser des Eph beeinflusst haben.581 Andrew Lincoln (1990) versteht Eph  4,6 als Akklamation, die den tiefsten Grund der Einheit der Kirche angibt: die Einheit Gottes.582 Die Kirche sei Ausdruck von Gottes Einheit.583 Wenn die Kirche versagt, ihre Einheit aufrechtzuanche colui che insieme trascende, permea e abita tutte le cose: colui che fa l’unità del cosmo tanto più deve fare l’unità della chiesa.“ Ob ἐπί auf Transzendenz deutet, d. h. auf mehr als „über“, ist zweifelhaft. 578 Carol L. Stockhausen, The Epistle to the Ephesians, in: Ders., Letters in the Pauline Tradition. Ephesians, Colossians, I Timothy, II Timothy and Titus (Message of Biblical Spir­ ituality 13), Wilmington, DE: Michael Glazier 1989, 66–125, 105. 579 Vgl. ebd.: „Ephesians 4:3–6 contains a brief credal statement, probably used in the Christian group that produced this epistle, which stresses unity as the leading characteristic of the church.“ Die Hypothese bezüglich dieses „credal statement“ bleibt unbegründet. 580 Vgl. ebd.: „The unity of the church is a mirror of the oneness of God and the beginning and signal of the realization of his plan to bring all things into unity with himself through Christ (cf. Eph 1:22–23).“ Vgl. auch S. 107: „the church as the body of Christ in the world exists as the sign of the working of divine power, the agent of the outpouring of divine love in the world.“ 581 Vgl. Stockhausen, Ephesians, 118: „In Ephesians […] the common philosophy of the day as well as the social customs […] have been important in the author’s way of understanding and expressing the reality and life of the church.“ 582 Vgl. Andrew T. Lincoln, Ephesians (Word Biblical Commentary 42), Dallas, TX: Word 1990, 240: „The climactic acclamation of the one God in his universality is meant to provide the most profound ground for the Church’s unity.“ Vgl. auch S. 267. 583 Vgl. Lincoln, Ephesians, 241: „For Ephesians, […] it is the Church that is the expression of God’s unity.“

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2. Forschungsüberblick

erhalten und auszudrücken, untergrabe sie die Glaubwürdigkeit ihres Glaubens an den einen Gott.584 Zudem antizipiere die Einheit der Kirche die von Gott vorgesehene Einheit des Kosmos.585 Einheit sei der Kirche inhärent und müsse von den Glaubenden (den Rezipienten des Eph) erfüllt werden.586 Die Kirche sollte die von Gott geplante kosmische Einheit verkörpern.587 Lincoln sieht Eph 4,6, den er (wie die NRSV) mit „one God and Father of all, who is above all and through all and in all“ übersetzt,588 als kosmologische Aussage: Der von den Glaubenden akklamierte Gott sei der universale Vater (V. 6 a), der in der ganzen Welt wirksam ist (V. 6 b).589 Der Vers basiere grundsätzlich auf der Akklamation in 1 Kor 8,6, welche eine christliche Variante des Sch’ma Israel (Dtn 6,4) sei.590 Auch die Verbindung zwischen der Einheit Gottes und der Einheit der Kirche sei eine Umänderung von (hellenistisch-) jüdischen Vorstellungen.591 Der Verfasser des Eph habe Eph 4,6 selbst zusammengestellt.592

584 Vgl. ebd.: „When the Church fails to maintain and express unity, it radically under­ mines the credibility of its belief in the one God.“ 585 Vgl. Lincoln, Ephesians, 265: „The calling to live lives that contribute to the unity of the Church can be seen to correspond to the one hope for a unified and reconciled cosmos (cf. 1:9, 10) which is anticipated in the existence of a unified Church (cf. 3:9, 10).“ 586 Lincoln, Ephesians, 222, verwendet für Eph  4,1–16 die Überschrift „The Church’s Calling to Maintenance of the Unity It Already Possesses“ (Hervorhebung von Lincoln). Vgl. S. 231: „it is imperative that they [d. h. die Rezipienten des Eph] maintain the unity that was inherent in the Church’s creation“. 587 Vgl. Lincoln, Ephesians, 265: „The Church is to be the embodiment not only of the final cosmic unity planned by God but also of the unity of this God himself.“ Vgl. auch S. 268: „as it embodies the unity it already possesses, the Church fulfills its calling to be the paradigm of future cosmic unity (cf. vv 1, 4)“. 588 S. Lincoln, Ephesians, 223 (mit typographischen Änderungen: normal statt kursiv) (s. a. S. 240). 589 Vgl. Lincoln, Ephesians, 240: „The God acclaimed by believers is the universal Fa­ ther who is at work throughout his world.“ 590 Vgl. ebd.: „Behind this acclamation lies that of Paul in 1 Cor 8:6, which was in turn a Christian modification of the Shema of Deut 6:4.“ Für den Monotheismus weist Lincoln (S. 238) noch auf 2 Makk 7,37; Philo Leg. 2.1; Ios. A. J. 5.97; 8.343; c. Ap. 2.193; Sib 3.11 und 3.629 hin. 591 Lincoln, Ephesians, 238, weist u. a. auf Philo  Spec.  1.52; 1.67; 4.159; Virt.  7.35; ApcBar (syr) 48.23–24 und 85.14 hin. Vgl. dazu auch S. 241. 592 Vgl. Lincoln, Ephesians, 229: „The formulation of v 6, with its description of God as one and its relating him to all things through prepositional phrases with πάντα, is reminiscent of other creedal or liturgical expressions such as 1 Cor 8:6 or Rom 11:36. It may have been one such tradition familiar to the churches of Asia Minor which has been used as the climax to this assertion of the unity of the faith. Yet it should not be forgotten that the writer of Ephe­ sians is himself fond of expressions with πᾶς, and has already demonstrated his concern to relate Christ, the Church, and God to all things.“

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Für die Akklamation Gottes als „Vater“ in V. 6 a weist Lincoln auf Röm 8,15 und Gal 4,6 hin, wo αββα ὁ πατήρ steht.593 Für seine kosmologische Deutung des V. 6 a verbindet er den Versteil mit Eph 3,14–15, der auf Gottes universale Vaterschaft hinweise.594 Aus Eph  3,14–15 (s.  πᾶσα πατριά, V. 15) folgt aber nicht, dass Gott der Vater von allen Dingen im Kosmos ist. V. 6 b bestätige Gottes Transzendenz sowie seine alles durchdringende Immanenz.595 Diese kosmologische Formulierung könnte aus der Stoa stammen (vgl. M. Aur. 4.23) und durch die hellenistische Synagoge vermittelt worden sein.596 Für eine kosmologische Deutung von V. 6 b spreche, dass Eph kosmologische Kategorien nicht völlig in ekklesiologische Kategorien umwandelt.597 Außerdem weisen Eph  1,10.22–23, 3,9 und 4,10, wo (τὰ) πάντα (Neutrum) verwendet wird, auf eine kosmologische Deutung hin.598 Dazu muss aber bemerkt werden, dass in Eph τὰ πάντα sich nicht immer auf den Kosmos bezieht (s. bes. 4,15 und 5,13) und dass πάντες (Maskulinum, was die All-Wendungen in Eph 4,6 auch sein können) mehrfach in Bezug auf die Glaubenden verwendet wird (s. bes. ἡμεῖς πάντες in Eph 2,3 und οἱ πάντες in 4,13). Schließlich werden nach Lincoln die auf Gott bezogenen All-Formulierungen bei Paulus in kosmologischem Sinne verwendet (vgl. Röm 11,36; 1 Kor 8,6; 15,28).599 Wichtiger als Lincolns Beobachtungen ist aber die Feststellung, dass es im direkten Kontext von Eph 4,6 um die Einheit der Mitglieder der Kirche geht (vgl. z. B. das „Ihr“ in den direkt vorangehenden VV. 1 und 4 und das „Wir“ im direkt folgenden V. 7), was für eine ekklesiologische Deutung des Verses spricht.

593 Vgl. Lincoln, Ephesians, 240: „It [d. h.  die Akklamation in Eph  4,6] contains the characteristically Christian way of speaking of the one God as Father (cf. also Gal 4:6; Rom 8:15).“ 594 Vgl. ebd.: „the elaboration on the universal fatherhood of God earlier in Eph 3:14, 15 surely tips the balances against restricting the scope of that fatherhood here.“ 595 Lincoln (ebd.) spricht von „an affirmation of both God’s supreme transcendence, ‚above all‘, and his pervasive immanence, ‚through all and in all‘“. „Above all“ (ἐπὶ πάν­των) deutet m. E. nicht auf „God’s supreme transcendence“. 596 Ebd.: „Formulations relating God to all things may well have been mediated to the Chris­tian community via the Hellenstic synagogue from Stoicism […] cf. Marcus Aurelius ad­dressing Nature in Medit. 4.23, ἐκ σοῦ πάντα, ἐν σοὶ πάντα, εἰς σὲ πάντα, ‚All things are from you, all things are in you, all things are to you‘.“ Diese Stelle kann m. E. die All-Aussagen in Eph 4,6 nicht erklären. Bes. relevant sind hier wohl die Stellen bei Philo, auf die Lincoln, Ephesians, 73, in seinem Kommentar zu Eph 1,23 hinweist: Philo Leg. 3.4, Mos. 2.238 und Sacr. 67 (vgl. dazu das Kapitel über Philo in der vorliegenden Studie). 597 Vgl. Lincoln, Ephesians, 240: „Ephesians does not completely collapse cosmological categories into ecclesiological ones.“ 598 Vgl. ebd.: „it may well be better to take ‚all‘ as neuter and as continuing its cosmic con­notations from 1:10, 22, 23; 3:9, which will also occur in 4:10“. 599 Vgl. ebd.: „Formulations about God which use ‚all‘ have a cosmic reference in Paul (cf. 1 Cor 8:6; 15:28; Rom 11:36).“

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2. Forschungsüberblick

Michel Bouttier (1991) legt Eph 4,6 universalistisch aus. Er übersetzt den Vers mit „un seul Dieu et Père de tous, celui au-dessus de tous et parmi tous et en tous“.600 Er bezeichnet den Abschnitt Eph 4,4–6 als liturgische Formel beziehungsweise Glaubensbekenntnis.601 Die Formel sei verwurzelt in der biblischen Tradition (vgl. Dtn 6,4), würde aber trinitarisch umgestaltet (vgl. 1 Kor 12,4–6 und 2 Kor 13,13).602 Bouttier zufolge kommt die Gottesbezeichnung πατὴρ πάντων im Alten Testament und in der jüdischen Literatur nicht vor und im Neuen Testament nur an dieser Stelle.603 Darum liege hier keine biblische, sondern philosophische Sprache vor (vgl. Platon und die Stoa).604 Es stimmt zwar, dass die Bezeichnung πα­τὴρ πάντων für Gott im Neuen Testament nur in Eph 4,6 a vorkommt (in Röm 4,11.16 bezieht sich πατὴρ πάντων auf Abraham) und Verbindungen in die Philosophie hat. Andererseits kommt sie aber sowohl im Alten Testament als auch in der hellenistisch-jüdischen Literatur vor (s. bes. die rhetorischen Fragen in Mal 2,10 LXX: οὐχὶ θεὸς εἷς ἔκτισεν ὑμᾶς; οὐχὶ πατὴρ εἷς πάντων ὑμῶν; und bei Philo u. a. ἑνὸς τοῦ πάντων πατρός, Spec. 1.14; τῷ πάντων […] πα­τρί, Prob. 43; τῷ […] πάντων πατρὶ θεῷ, Opif. 74 und τοῦ ἀγενήτου καὶ πάν­ των πατρός, Virt. 218). Die philosophische Herkunft der Redewendung, der umfassende Blick des Eph und ähnliche neutestamentliche Formeln (s. [τὰ] πάντα in 1 Kor 8,6; 11,12; 2 Kor 5,18; Kol 1,16–17; Apg 17,24; Joh 1,3; Hebr 2,10) sprechen nach Bouttier für eine neutrische Auffassung des πάντων in V. 6 a im Sinne von „alle Lebewesen und Dinge“.605 Für eine maskulinische Deutung im Sinne von „alle Men-

600 S. Michel Bouttier, L’Épître de saint Paul aux Éphésiens (Commentaire du Nouveau Testament, 2. Reihe 9 B), Genf: Labor & Fides 1991, 173 (mit typographischen Änderungen: normal statt kursiv). 601 S. Bouttier, Éphésiens, 176 bzw. 169: „une acclamation liturgique“; „confession de foi“. Dass es sich um eine liturgische oder bekenntnisartige Formel handele, bleibt eine unbegründete Hypothese. 602 Vgl. Bouttier, Éphésiens, 179: „L’homologie d’Ep s’enracine plus directement dans la tradition biblique du schema-Israël, à la suite de Dt 6,4. […] Peu de passages ouvrent plus directement la voie à une doxologie trinitaire.“ Für die zwei erwähnten Parallelen s. Bouttier, Éphésiens, 179 mit Anm. 421. 603 Vgl. Bouttier, Éphésiens, 177: „La tournure πατὴρ πάντων est unique en son genre. Elle est absente de l’AT et de la littérature juive; Philon, les Pères, la gnose célèbrent le Père ‚de l’ensemble des choses‘ (πατὴρ τῶν ὅλων).“ 604 Vgl. Bouttier, Éphésiens, 177–178: „L’absence de pareille appellation dans la tradition biblique invite à chercher du côté de l’enseignement philosophique. Les attestations ne manquent en effet ni chez Platon, ni dans le stoïcisme.“ 605 Vgl. Bouttier, Éphésiens, 178: „Cette origine plaide en faveur du neutre (πάντων = tous et tout, les êtres vivants et les choses). Il correspond du reste à la visée englobante d’Ep et domine dans les formules analogues du NT.“ Für die aufgelisteten Stellen s. Bouttier, Éphé­siens, 178 Anm. 419, der meint, in 1 Kor  12,6; 15,28; Kol  3,11 (τὰ πάντα / ἐν πᾶσιν) liege eine Kombination von Neutrum und Maskulinum vor.

2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999

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schen“ könnte aber Eph  3,14–15 sprechen.606 Jedenfalls beziehe sich Gottes Vaterschaft nicht nur auf die Kirche (vgl. dazu Eph 3,14–15 und 1 Kor 8,6).607 Auch für V. 6 b neigt Bouttier zu einer universalistischen Auslegung hin. Er bemerkt, dass die Lesart ἐν πᾶσιν – die lectio brevior, die von den ältesten Handschriften bezeugt wird – im Vergleich zu den Varianten „in uns allen“ (ἐν πᾶσιν ἡμῖν) und „in euch allen“ (ἐν πᾶσιν ὑμῖν), welche Gottes Anwesenheit auf die Glaubenden beschränken, dem Vers eine größere, universalistische, sogar pantheistische Dimension gibt.608 Eph 4,6 drücke aus, dass Gott Vater souverän transzendent (ἐπί), souverän handelnd (διά) und omnipräsent (ἐν) ist.609 An dieser Stelle sei der Einfluss von anderen neutestamentlichen Doxologien sowie von der stoischen Philosophie merkbar, die Triade ἐπί  – διά  – ἐν sei aber originell.610 Von den von Bouttier angeführten Parallelen (neben den oben aufgelisteten nur noch Röm 11,36, also keine stoischen)611 kann aber keine das auf Gott bezogene διὰ πάντων plausibel erklären. Außerdem ist die Triade ἐπί – διά – ἐν nicht völlig analogielos (vgl. Diogenes von Apollonia Frgm. 5: θε­ός […] καὶ ἐπὶ πᾶν ἀφῖχθαι καὶ πάντα διατιθέναι καὶ ἐν παντὶ ἐνεῖναι [s. o.]). Ralph Martin (1991) betrachtet Eph 4,4–6 als rudimentär trinitarisches Tauf-­ Credo612 und sieht in V. 6 ein Glaubensbekenntnis zu dem einen Gott (vgl. 1 Kor 8,6), der in seiner Selbstoffenbarung bekannt sei als der Vater „über allem“ in der Schöpfung, als Sohn „durch (mittels) alle“ und als Geist „in“ der Familie Gottes.613 Damit werde die Bedeutung der vom Geist bewirkten und 606 Vgl. Bouttier, Éphésiens, 178: „le masculin (= tous les hommes) a été parfois préféré à cause du précédent d’Ep 3, 14–15“. 607 Vgl. ebd.: „Quoi qu’on choisisse, l’accent est mis sur le caractère universel d’une paternité qui s’étend au-delà du cercle ecclésial, cf. encore Ep 3, 14 et 1 Co 8, 6.“ 608 Vgl. Bouttier, Éphésiens, 174: „la forme brève [d. h. ἐν πᾶσιν] est celle des plus anciens mss. Le pronom vous ou nous restreint la présence de Dieu aux fidèles. Sans le pronom, l’affirmation prend une dimension plus vaste, universaliste, voire panthéiste“ (Hervorhebung von Bouttier). 609 S. Bouttier, Éphésiens, 178: „le père est souverainement transcendant (ἐπί), souverai­ nement agissant (διά), omni-présent (ἐν)“. Die Übers. von ἐπί mit „transcendant“ halte ich für problematisch. 610 Vgl. ebd.: „Le génitif πάντων, qui qualifie le Père, se déploie au v. 6 b en formule tripartite qui l’apparente à d’autres doxologies du NT. L’influence stoïcienne s’y reflète à nouveau. […] La triade ἐπί / διά / ἐν, correspondant à la cosmologie d’Ep, est originale“ (Hervorhebung von Bouttier). 611 S. ebd. 612 Vgl. Ralph P. Martin, The Book of Ephesians, in: Ders., Ephesians, Colossians, and Philemon (Interpretation. A Bible Commentary for Teaching and Preaching), Atlanta, GA: John Knox 1991, 1–79, 48–49: „The allusion to baptism [in Eph  4,4–6, s. V. 5] suggests that this is an early Christian baptismal credo enshrining the chief elements of a confession of faith made in the rite of initiation. […] We may call this a rudimentary trinitarian faith, though it is still undeveloped and not yet elaborated as in the classical creeds.“ 613 Vgl. Martin, Book of Ephesians, 48: „the creedal statement [Eph 4,4–6] is seal­

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2. Forschungsüberblick

von den Christen zu kultivierenden und zu pflegenden Einheit der Kirche entfaltet.614 Diese Auslegung ist aus mehreren Gründen problematisch. Die drei Präpositionalwendungen in Eph 4,6 b beziehen sich ausschließlich auf den „einen Gott und Vater aller“. Außerdem gibt es keinen Hinweis, dass sich in V. 6 der Bezugspunkt der Präpositionalwendungen ändert. Schließlich fehlen aussagekräftige Parallelen: Martin weist für ἐπὶ πάντων nicht auf Röm 9,5 und für ἐν πᾶσιν nicht auf 1 Kor 12,6 hin. Für διὰ πάντων gibt er nur für die Präposition διά eine Parallele an: Eph  2,18, wo διά „durch“ beziehungsweise „mittels“ heiße („denn durch ihn [δι᾽ αὐτοῦ, d. h. durch Christus Jesus, V. 13] haben wir beide [d. h. Juden und Heiden] in einem Geist den Zugang zum Vater“),615 dort steht aber nicht διὰ πάντων. Die von Dibelius und anderen angeführten Parallelen machen es wahrscheinlich, dass διὰ πάντων nicht instrumental, sondern lokal gemeint ist (s. o.). Eine instrumentale Deutung des διὰ πάντων wirkt in Eph 4,6, wo die zwei anderen Präpositionalwendungen Gottes Verhältnis zu allem / allen ausdrücken, sowieso störend (vgl. dazu Schnackenburg). Petr Pokorný (1992) fasst das „all“ in den drei präpositionalen Wendungen in Eph  4,6 b als Neutrum auf („alles“), schließt aber nicht aus, dass bei der kosmologischen Aussage auch ein anthropologischer („alle Menschen“) beziehungsweise ekklesiologischer Aspekt („alle Christen“) mitspielen kann.616 Er übersetzt mit „ein Gott und Vater aller, welcher ist über und durch alles und in allem“.617 Mit den Präpositionalwendungen werden Gottes Allmacht und Allgegenwart ausgedrückt, Letzteres nicht in pantheistischem Sinne.618 Für eine anthropologische oder ekklesiologische Auslegung sprechen die Fortsetzung in V. 7 und die Parallele in 1 Kor 12,6, „wo sich das Adjektiv auf alle Christen bezieht“, für eine kosmische Auslegung aber die unten genannten Parallelen (Mark Aurel  u. a.) und die konsequente Darstellung der Rolle der Kirche „im kosmischen Zusammenhang“ (s. Eph 1,23).619 Die Aussagekraft der von Pokorný angeführten Parallelen wird unten besprochen, an dieser Steled [V. 6] with a reference to ‚one God‘ – a monotheism that Christians share with Israel (I Cor. 8:6) – who is known in his self-revelation as the Father ‚over all‘ in creation, as Son ‚through all‘ […], and as Spirit who is ‚in all‘ the family of God“. 614 Martin (ebd.) verwendet für Eph 4,1–6 die Überschrift „The Church’s Vocation in the Light of Its Unity“ (Hervorhebung von Martin) und schreibt dazu u. a.: „the unity is a divine gift, but it must be cultivated and cherished as Christians live together in harmonious relationships. […] In a series of creedlike formulations [in Eph 4,4–6] the meaning of unity of the Spirit is unpacked.“ 615 Vgl. ebd.: „‚through all‘ (the preposition is one of mediation, as in 2:18)“. 616 Vgl. Petr Pokorný, Der Brief des Paulus an die Epheser (Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament 10 / 2), Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 1992, 166. 617 S. Pokorný, Epheser, 159. 618 Vgl. Pokorný, Epheser, 166. 619 S. und vgl. ebd.

2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999

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le will ich bemerken, dass Eph 1,22–23 meines Erachtens über ein mögliches Verhältnis zwischen dem unter Christi Füßen gelegten All und dem Leib Christi, der ἐκκλησία, nichts aussagt.620 Eph 4,4–6 motiviere die Ermahnung zur Einheit in V. 3.621 Der Verfasser des Eph wolle seinen Rezipienten in VV. 4–6 sagen, „daß der konkrete Weg aus den Widersprüchen dieser Welt durch die Gemeinschaft der Kirche führt und daß für die Kirche der Weg zu Gott an Christus gebunden ist“.622 Der Abschnitt entspreche dem folgenden paränetischen Schema: „Von der Kirche (und dem Geist; 4,4) zu Christus, dem Herrn (4,5) und zu Gottvater (4,6)“.623 Pokorný weist dabei auf 1 Kor 12,4–6 hin, wo ἐν πᾶσιν vorkommt (V. 6, s. a. Eph 4,6) und eine ähnliche Reihenfolge wie in Eph 4,4–6 vorliege: πνεῦμα (V. 4) – κύ­ ριος (V. 5) – θεός (V. 6).624 Er schließt seine Auslegung von Eph 4,6 ab mit der Bemerkung: „Der Weg zum Herrn des Weltalls geht durch Christus und durch die Kirche.“625 Die von Pokorný genannten Parallelen zu Eph 4,6 bezeugen nicht immer das, wofür sie aufgeführt werden. Pokorný schreibt zum Beispiel: „Die Präpositionen über, durch und in sind in Aussagen über die kosmische Allmacht Gottes üblich, vgl. 1. Kor. 8,6.“626 Von den drei Präpositionen in Eph 4,6 („über, durch und in“, ἐπί, διά und ἐν) kommt aber nur διά in 1 Kor 8,6 vor (ἀλλ᾽ ἡμῖν εἷς θεὸς ὁ πατὴρ ἐξ οὗ τὰ πάντα καὶ ἡμεῖς εἰς αὐτόν, καὶ εἷς κύριος Ἰησοῦς Χρισ­τὸς δι᾽ οὗ τὰ πάντα καὶ ἡμεῖς δι᾽ αὐτοῦ). Außerdem geben die Präpositionen in 1 Kor 8,6 nicht „die kosmische Allmacht Gottes“, sondern Ursprung und Ziel der Schöpfung beziehungsweise der Geschöpfe an. Pokorný schreibt auch: „Ähnliche Formeln waren in der hellenistischen Religion und Philosophie nicht unüblich […] und im hellenistischen Judentum sind sie oft belegt.“627 Als hellenistisches Beispiel wird mit Recht Mark Aurel 7.9.2 angegeben, wovon vor allem der Satzteil θεὸς εἷς διὰ πάντων relevant ist (s. o.). Bei den angegebenen hellenistisch-jüdischen Beispielen scheint mir die Ähnlichkeit (terminologisch oder inhaltlich) aber sehr beschränkt zu sein: 2 Esdras 19,6 (LXX) sagt aus, dass der eine Herr alles geschaffen und lebendig

620 Vgl. dazu Christine Gerber, Die alte Braut und Christi Leib. Zum ekklesiologischen Entwurf des Epheserbriefs, in: New Testament Studies 59 (2013), 192–221, 206. 621 Vgl. Pokorný, Epheser, 163. 622 S. Pokorný, Epheser, 161. 623 S. ebd., Tabelle Nr. 5. 624 Vgl. Pokorný, Epheser, 163. Pokorný spricht hier von einer „Grundstruktur“, die „trinitarisch in umgekehrter Reihenfolge“ sei (ebd.), wobei es sich aber nicht um „Trinität als Dogma“ handele (S. 163 Anm. 26). Dazu muss bemerkt werden, dass zwar in 1 Kor 12,4–6 die Dreiheit πνεῦμα – κύριος – θεός vorliegt, in Eph 4,4–6 aber eine Reihe von sieben Ele­ menten, wobei ἓν σῶμα (nicht ἓν πνεῦμα) voran steht. 625 S. Pokorný, Epheser, 166. 626 S. ebd. 627 S. ebd. (mit den im Folgenden genannten Belegen).

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2. Forschungsüberblick

gemacht hat,628 Philo, Legatio ad Gaium  115, dass der eine Gott Vater und Schöpfer des Kosmos ist,629 De specialibus legibus 1.66, dass der ganze Kosmos als Heiligtum Gottes zu betrachten ist630 und Josephus, Contra Apionem, dass es einen, allen gemeinsamen Tempel für den einen, allen gemeinsamen Gott geben muss.631 Die Kirche habe die Formel, die in hellenistischer und hellenistisch-jüdischer Literatur vorliege, „übernommen“, wie besonders Röm 11,36 zeigen würde.632 Ich sehe aber nicht ein, wie dieser Vers (s. bes. ἐξ αὐτοῦ καὶ δι᾽ αὐτοῦ καὶ εἰς αὐ­τὸν τὰ πάντα) mit entweder den oben genannten Parallelen oder Eph 4,6 zu­sammenhängen würde. Schließlicht bemerkt Pokorný: „Die paulinische Schule, woher der Ephe­ serbrief stammt, hat mit Hilfe der All-Prädikationen die kosmische Tragweite der Offenbarung Gottes in Jesus Christus ausgedrückt (Kol. 1,16–17).“633 Die­ se Auslegung von Kol 1,16–17 mag richtig sein, die dort auf den Sohn Gottes bezogenen „All-Prädikationen“ (ἐν αὐτῷ ἐκτίσθη τὰ πάντα […] τὰ πάν­τα δι᾽ αὐ­τοῦ καὶ εἰς αὐτὸν ἔκτισται· καὶ αὐτός ἐστιν πρὸ πάντων καὶ τὰ πάντα ἐν αὐτῷ συνέστηκεν) können aber die drei Präpositionalwendungen in Eph  4,6 nicht erklären. Außerdem bringt Pokornýs Perspektive, dass der Verfasser des Eph in der paulinischen Schultradition im Sinne einer zwar nicht einheitlichen, dennoch kontinuierlichen, von Paulus’ Mitarbeitern und Nachfolgern und de­ ren Nachfolgern (usw.) getragenen Lehrtradition stehe und die Absicht habe, das paulinische Erbe weiter zu entwickeln, das Risiko mit sich, dass das Eigenprofil des Eph nicht adäquat ernst genommen wird.634 Helge Stadelmann (1993) deutet Eph 4,6 ekklesiologisch. Er übersetzt den Vers mit „ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist“.635 In Eph 4,1–16 gehe es um die Einheit der Gemeinde.636 Mit „Gemeinde“ meint Stadelmann „die aus der Gesamtheit aller Glaubenden gebildete universale 628 S. 2 Esdras 19,6 LXX: καὶ εἶπεν Εσδρας Σὺ εἶ αὐτὸς κύριος μόνος· σὺ ἐποίησας τὸν οὐ­ρανὸν καὶ τὸν οὐρανὸν τοῦ οὐρανοῦ καὶ πᾶσαν τὴν στάσιν αὐτῶν, τὴν γῆν καὶ πάντα, ὅσα ἐσ­τὶν ἐν αὐτῇ, τὰς θαλάσσας καὶ πάντα τὰ ἐν αὐταῖς, καὶ σὺ ζωοποιεῖς τὰ πάντα, καὶ σοὶ προσ­κυνοῦσιν αἱ στρατιαὶ τῶν οὐρανῶν. 629 S. Philo Legat. 115: ἕνα […] τὸν πατέρα καὶ ποιητὴν τοῦ κόσμου θεόν. 630 S. Philo Spec. 1.66: Τὸ μὲν ἀνωτάτω καὶ πρὸς ἀλήθειαν ἱερὸν θεοῦ νομίζειν τὸν σύμ­ παντα χρὴ κόσμον εἶναι. 631 S. Ios. c. Ap. 2.193: Εἷς ναὸς ἑνὸς θεοῦ, φίλον γὰρ ἀεὶ παντὶ τὸ ὅμοιον, κοινὸς ἁπάντων κοινοῦ θεοῦ ἁπάντων. 632 Vgl. Pokorný, Epheser, 166. 633 S. ebd. 634 Vgl. bes. Pokorný, Epheser, 15–20. 635 S. Helge Stadelmann, Der Epheserbrief (Edition C. Bibelkommentare zum Neuen Testament 14), Neuhausen-Stuttgart: Hänssler 1993, 150 (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). 636 S. Stadelmann, Epheserbrief, 149.

2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999

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Gemeinde“.637 VV. 1–6 sagen aus, dass die vom Heiligen Geist vorgegebene Einheit der Gemeinde gewahrt werden soll.638 VV. 4–6 geben sieben Einheits­ faktoren an, die diese Einheit begründen.639 Dies sei im damaligen religiösen Kontext Kleinasiens antisynkretistisch gemeint: Es gebe für Paulus nur eine Wahrheit, nicht viele.640 Die Rede von dem einen Gott Vater (V. 6 a) setze den Monotheismus dem Polytheismus gegenüber (vgl. Dtn 6,4).641 Das Bekenntnis zu dem einen Gott eine die Gemeinde.642 πατὴρ πάντων (V. 6 a) meine nicht „Vater aller Menschen“ (vgl. Mal 2,10; Eph 3,9.15; Philo Spec. 1.13–14; Ebr. 81 usw.), sondern „Vater aller Gläubi­ gen“.643 Stadelmann bemerkt mit Recht, dass es ohne nähere Hinweise im Text selbst nicht naheliegend ist, die All-Wendungen im gleichen Vers unterschied­ lich zu deuten.644 Darauf argumentiert er, dass das in V. 6 b mit ἐν πᾶσιν ausge­ drückte Innewohnen Gottes (durch seinen Geist) nach der biblischen Literatur nicht für alle Menschen zutrifft, sondern nur den Glaubenden geschenkt ist (vgl. Ez 36,27; Joh 14,17.23; Röm 8,9; 1 Kor 3,16; Eph 2,22).645 Es liege hier ein Gegensatz mit pantheistischen Vorstellungen hellenistischer Philosophen vor.646 ἐπὶ πάντων meine, dass Gott über alle seine Kinder erhaben ist, διὰ πάν­ των, dass seine Kinder seine Werkzeuge sind und ἐν πᾶσιν, dass er durch seinen Geist in allen Gläubigen wohnt (vgl. 1 Joh 4,15–16).647 Das Problem dieser Auslegung ist, dass stoische und andere philosophische Parallelen es plausibel machen, dass διὰ πάντων nicht instrumental, sondern lokal gemeint ist. Martin Kitchens Anmerkungen (1994) zu Eph  4,6 sind eine fast wörtliche Kurz­fassung von Houldens Kommentar zur Stelle (s. o.). Houldens Auffassungen wer­den aber nicht immer gut wiedergegeben. Kitchen schreibt zum Beispiel, dass nach Houlden Gottes Vaterschaft (Eph 4,6 a) nicht nur auf die Glaubenden, sondern auf alle bezogen ist; dies sagt Houlden aber meines Erachtens 637 S.

Stadelmann, Epheserbrief, 154. Epheserbrief, 150, gibt der Perikope die Überschrift „Die vom Heiligen Geist vorgegebene Einheit der Gemeinde soll gewahrt werden (4,1–6)“ (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). Vgl. auch S. 153: „Die ‚Einheit des Geistes‘ bzw. die ‚Einheit, die vom Geist (gewirkt ist),‘ ist der Gemeinde vorgegeben. Die Gemeinde ist von Anfang an auf Einheit hin gemacht. Und diese geistgewirkte Einheit gilt es festzuhalten.“ 639 Vgl. Stadelmann, Epheserbrief, 153.157. 640 Vgl. Stadelmann, Epheserbrief, 153. 641 Vgl. Stadelmann, Epheserbrief, 156, der zu Dtn 6,4 noch (überspitzt) bemerkt: „Dieses Bekenntnis sprach jeder Israelit täglich aus.“ 642 Vgl. ebd. 643 Vgl. Stadelmann, Epheserbrief, 156–157. 644 Vgl. Stadelmann, Epheserbrief, 157. Aus diesem Grund lehnt Stadelmann (ebd.) die Auslegung, Gott sei der Vater aller Menschen, insbesondere aber der Vater der Gläubigen (vgl. 1 Tim 4,10: Gott ist σωτὴρ πάντων ἀνθρώπων μάλιστα πιστῶν), ab. 645 Vgl. Stadelmann, Epheserbrief, 156–157. 646 Vgl. Stadelmann, Epheserbrief, 156. 647 Vgl. Stadelmann, Epheserbrief, 157. 638 Stadelmann,

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nicht.648 Au­ßerdem gibt Kitchen nicht immer seine Quelle an, zum Beispiel, wenn er schreibt, dass 1 Kor 12,4–11 die wichtigste Parallele zu Eph 4,6 sei,649 oder, dass Eph 4,6 aussage, dass die Einheit der Kirche von der Einheit Gottes abhängig ist.650 Schließlich bringen Kitchen’s Anmerkungen für die Auslegung des Verses weniger als sein Vorbild. Wenn Kitchen zum Beispiel vermeldet, dass nach Houlden die Idee, dass Gott alles durchwaltet (Eph 4,6 b), von der stoischen Philosophie beeinflusst wurde, macht er nicht deutlich, welche Auswirkungen diese Beobachtung für die Exegese hat (vgl. Houlden).651 Felice Montagnini (1994) deutet Eph  4,6 universalistisch. Er übersetzt: „Un uni­co Dio e padre di tutti, (che sta) al di sopra di tutti, (passa) attraverso tutti ed (è) in tutti.“652 Gemeint werde also, dass es einen Gott und Vater von allen gibt, der über allen steht, alle durchwaltet und in allen ist. Eph 4,1–16 ermahne die Christen, die Einheit der Kirche zu wahren und zu fördern.653 Dazu geben VV. 1–6 die ekklesiologische (V. 4), christologische (V. 5) und theologische (V. 6) Grundlage der Einheit an.654 Anders als VV. 4–5 betone V. 6 nicht nur die Einheit („ein“), sondern auch die Totalität („alle“).655 648 S. Martin Kitchen, Ephesians (New Testament Readings), London / New York: Routledge 1994, 74: „Houlden (1977:309) notes that God’s Fatherhood here is not only of the faithful; he is the Father of all.“ Houlden, Ephesians, 309, schreibt zu Eph 4,6 a aber nur: „one God and Father of us all: I Cor. 86 & 126; cf. Eph 314 f.“ (Hervorhebung von Houlden, der den Bibeltext nach der RSV zitiert). Die Ausg. 1970 und 1977 weichen m. W. nicht voneinander ab. 649 Kitchen (ebd.) schreibt (ohne Quellenangabe): „For the phrase ‚one God and Father of all‘ (4.6), the nearest comparable passage is 1 Corinthians 12.4–11, and the comparison is instructive.“ Vgl. dazu Houlden, Ephesians, 309: „The nearest comparable passage is I Cor. 124–11, and a comparison is instructive.“ 650 Kitchen, Ephesians, 74, schreibt (ohne Quellenangabe): „no particular trouble is in mind, unless it is a more general failure to preserve unity in the church. […] unity is seen […] in every feature of Christian life, where unity pervades the whole structure of faith, and is rooted in the oneness of God himself. All this unity is necessarily and essentially dependent upon the oneness of God“. Vgl. dazu Houlden, Ephesians, 309: „no particular domestic trou­ble […] is in mind; rather, perhaps, a more general failure to preserve the Church’s unity. […] unity is seen […] in every feature of Christian life. Unity pervades the whole structure of the faith and is rooted in the oneness of God himself “. 651 Kitchen, Ephesians, 74–75, schreibt dazu nur: „He [d. h. Houlden] also notes a Stoic influence in the idea of God pervading all things.“ 652 S. Felice Montagnini, Lettera agli Efesini. Introduzione, Traduzione e Commento (Biblioteca biblica 15), Brescia: Queriniana 1994, 242. 653 Vgl. ebd.: „La prima parte della parenesi (4,1–16) è una esortazione, fatta in tono del tutto generale, a vivere da veri cristiani, cioè a tradurre in pratica l’esigenza radicale di cu­ stodire e promuovere l’unità.“ Montagnini (S. 243) bezeichnet die Perikope als „manifesto dell’unità ecclesiale“. 654 Vgl. Montagnini, Efesini, 242: Eph 4,1–6 „indica quale è il fondamento dell’unità, che è ordine ecclesiologico, cristologico e teologico“ (vgl. dazu S. 249: „ecclesiologico prima (v. 4), poi cristologico (v. 5) e infine teologico (v. 6)“).

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εἷς θεός basiere auf dem jüdischen Glauben an den einen Gott (vgl. Dtn 6,4; Ios. A. J. 5.112) und auch die Idee von Gottes Vaterschaft (πατὴρ πάντων) gehe auf das Judentum zurück (vgl. Dtn 14,1; Jes 1,2; Ps 103,13; Spr 3,12 [Got­tes Vaterschaft]; Weish 14,3; 3 Makk 6,8 [Anrede Gottes mit „Vater“] und Philo Decal. 134 [τῷ τοῦ κόσμου πατρί]; Her. 98 [τοῦ κόσμου πρὸς τὸν […] πατέρα αὐτοῦ]).656 Montagnini weist auch auf griechische und hellenistische Parallelen hin (Plat. Tim. 28 c: ποιητὴς καὶ πατὴρ τοῦ παντός; M. Aur. 4.23: ἐκ σοῦ πάν­τα, ἐν σοὶ πάντα, εἰς σὲ πάντα; Musonius Rufus [ohne genaue Angabe]: κοι­ νὸς ἁπάντων πατὴρ ἀνθρώπων […] Ζεύς).657 Die All-Wendungen des Verses können, in Annäherung an stoisch-pantheistische Formeln, welche die Einheit des Kosmos ausdrücken, neutrisch gemeint sein, pantheistisch seien sie aber, vom direkten Kontext sowie vom biblischen Denken aus betrachtet, nicht gemeint.658 Für διὰ πάντων gibt Montagnini keine einleuchtenden Parallelen an. Sarah Tanzer (1994) kommentiert in ihrem knappen feministischen Kommentar Eph 4,6 nicht. Sie fokussiert verständlicherweise die sogenannte Eheparä­nese in Eph 5,22–33, da es ihr um „women’s history“ geht und nur diese Perikope des Eph Frauen explizit anspricht beziehungsweise Frauen explizit erwähnt.659 Max Turner (1994) deutet Eph 4,6 kosmologisch. Eine Übersetzung bietet er nicht an (die Kommentarreihe basiert auf der NIV). Die zentrale Botschaft des Eph sei kosmische Versöhnung in Christus (vgl. Eph 1,9–10).660 Eph 4,4–6 sei ein siebenfaches Bekenntnis, das den in VV. 1–3 genannten Appell zur Einheit Nachdruck verleihe.661 Dieses Bekenntnis erreiche seinen Höhepunkt in V. 6 655 Vgl. Montagnini, Efesini, 253: „Così, a differenza della triade ecclesiologica (v. 4) e della seconda, quella cristologica (v. 5), in cui l’accento è posto espressamente sul concetto di ‚unico‘, qui [in V. 6] vienne sottolineata anche l’idea della totalità.“ 656 S. dazu Montagnini, Efesini, 253 mit Anm. 38.40–42, der versehentlich Dtn 6,14 als Sch’ma Israel andeutet. Er erwähnt noch Philo Cher. 119 und Det. 160 (Anm. 41), dort wird Gottes Vaterschaft aber nicht thematisiert. Er bemerkt nicht, dass die Rede von Gott als πα­ τὴρ πάντων in der neutestamentlichen Literatur nur in Eph 4,6 vorkommt. 657 S. Montagnini, Efesini, 254 Anm. 44–45. Montagnini (S. 254) bemerkt: „La formula del v. 6 rassomiglia ad analoghe espressioni ellenistiche.“ 658 Vgl. Montagnini, Efesini, 254: „Grammaticalmente, i casi obliqui di πᾶς possono es­se­re di genere neutro e accostarsi alla formula stoica, di stampo panteistico, che afferma l’uni­tà del cosmo. Ma, posto pure che lo si possa pensare, è chiaro che nel contesto immediato e nell’insieme del pensiero biblico la vicinanza espressiva si accompagna alla presa di dis­tanza polemica da ogni parvenza di panteismo.“ 659 Vgl. dazu Sarah J. Tanzer, Ephesians, in: Elisabeth Schüssler Fiorenza (Hg.), Search­ ing the Scriptures, Bd. 2: A Feminist Commentary, New York: Crossroad 1994, 325–348, 325. 660 Vgl. dazu Max Turner, Ephesians, in: Gordon  J. Wenham u. a. (Hg.), New Bible Com­mentary, Leicester: Inter-Varsity Press 41994, 1222–1244, 1223–1224. 661 Vgl. Turner, Ephesians, 1236: „The passage [Eph 4,1–6] consists of two parts: the ap­peal to unity (vs 1–3 […]) and a seven-fold confession emphasizing it (4–6).“

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mit der Aussage, dass der eine Gott völlig souverän über seiner Schöpfung steht und in seiner Schöpfung ist.662 Auf diesem Grundbekenntnis basiere die Hoffnung auf kosmische Einheit.663 Anhand der von Turner zur Stelle angeführten Parallelen (Röm 11,36; 1 Kor 8,4–6; Kol 1,15–20) kann διὰ πάντων in Eph 4,6 b nicht plausibel erklärt werden. Nach Bert Floor (1995) beziehen sich die All-Prädikationen in Eph 4,6 auf die Glaubenden.664 Eine Übersetzung bietet er nicht, er paraphrasiert den Vers aber wie folgt: Es gibt einen Gott (diese Aussage richte sich gegen das heidnische, polytheistische Denken); er ist der Vater von (uns) allen (πατὴρ πάντων), hat Autorität über (uns) alle (ἐπὶ πάντων), wirkt durch uns alle, das heißt, er verwendet seine Kinder als seine Instrumente (διὰ πάντων) und ist in uns allen, das heißt, er wohnt in der Kirche, seinem geistigen Haus (ἐν πᾶσιν).665 In Eph gehe es zwar hauptsächlich um die Universalkirche, die Bedeutung der Ortsgemeinde werde aber nicht übersehen.666 Für Eph 4,1–6 lässt sich allerdings nicht feststellen, dass auch die Ortsgemeinde im Blick ist: ἓν σῶμα 662 Vgl. Turner, Ephesians, 1237: „V 6 [Eph 4,6] naturally climaxes with the Judeo-­ Chris­tian affirmation of the one God totally sovereign over and in creation.“ 663 Vgl. ebd.: „It is on this supposition that all hope for final cosmic unity is built (cf. Rom. 11:36; 1 Cor. 8:4 b–6; Col. 1:15–20), and it points back to the God of 1:3–10.“ 664 Vgl. Lambertus Floor, Efeziërs. Eén in Christus (Commentaar op het Nieuwe Testament 3 / 1), Kampen: Kok 1995, bes. 147, der dazu zwei Argumente verwendet: „De Meerder­ heidstext voegt aan het slot van het vers ‚ons‘ (hèmin) bij: ‚Hij die is op allen en door allen en in ons allen‘. Dan ligt het zonder meer voor de hand dat met ‚allen‘ alle kinderen Gods bedoeld zijn. Dit is toch al wel de bedoeling van Paulus, zoals blijkt uit de volgende zin (4,7) waarin hij bij het ‚allen‘ van 4,6 aansluit met de woorden ‚ieder van ons‘“ (Hervorhebung von Floor). Floors erstes Argument ist wegen der Formulierung schwierig einzuschätzen. Klar ist, dass es darum geht, dass der Mehrheitstext am Ende von Eph 4,6 statt ἐν πᾶσιν („in allen“) ἐν πᾶσιν ἡμῖν („in uns allen“) liest und damit den Vers auf die Glaubenden bezieht. Die Frage ist aber, ob für Floor die Lesart des Mehrheitstextes an sich ein Argument für eine ekklesiologische Deutung ist (der Mehrheitstext wird ja in orthodox-reformierten Kreisen, wozu Floor gehört, öfter hoch geschätzt), oder nur als unterstützendes Argument gilt. Floors zweites Argument, dass auf πᾶσιν („allen“) in Eph 4,6 in V. 7 ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν („ieder van ons“) folgt und deswegen wahrscheinlich in beiden Versen die Glaubenden gemeint sind, scheint mir wohl richtig zu sein. 665 S. ebd.: „Er is één God. Tegenover het heidense denken dat voor elk land, elke stad en elke situatie een god ter beschikking meende te hebben, stelt de schrijver nadrukkelijk dat er slechts één God is. […] Vier keer gebruikt Paulus het woord ‚allen‘ ( pas). 1. God is de Vader van (ons) allen. 2. Hij heeft ‚over (ons) allen‘ gezag. God staat als Vader boven ons. 3. Ook is hij door ons allen werkzaam. Hij bedient zich van zijn kinderen als zijn instrumenten. 4. In de vierde plaats is Hij ook in ons allen. De kerk is Gods geestelijk huis waarin Hij woont“ (Hervorhebung von Floor). Floor (S. 147) bemerkt, dass schwierig festzustellen ist, dass Paulus in diesem Vers (Eph 4,6) an die Trinität denkt. 666 Vgl. Floor, Efeziërs, 141: „Hoewel het in de brief aan de Efeziërs vooral gaat over de algemene of universele kerk, ziet de schrijver de betekenis van de plaatselijke kerk niet over het hoofd.“

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(V. 4) bezieht sich wohl auf die eine (Gesamt)Kirche.667 Bei Floors Anmerkungen zu Eph 4,1–6 bleibt ungeklärt, ob sie sich auf die Universalkirche, oder die Ortsgemeinde beziehen.668 Eph 4,4–6 lege dar, wie die vom Heiligen Geist bewirkte Einheit der Kirche als Gabe aussieht.669 VV. 4–6 seien trinitarisch aufgebaut: der Geist (V. 4), der Sohn (V. 5), der Vater (V. 6).670 Hier muss aber bemerkt werden, dass in V. 4 nicht ἓν πνεῦμα, sondern ἓν σῶμα voransteht.671 Eph 4,6 forme die Klimax der VV. 4–6 und gebe Gott als Urheber und tiefste Quelle der Kirche an.672 Floor begründet seine Auslegung nicht (weder mit biblischen noch mit außerbiblischen Stellen). Seine Auslegung bleibt weit hinter den Ergebnissen der modernen (historisch-kritischen) Exegese zurück. Bonnie Thurston (1995) deutet Eph 4,6 universalistisch. Eine Übersetzung des Eph bietet ihr Kommentar nicht. Die Perikope Eph 4,1–6 gebe in VV. 1–3 Qualitäten an, die die Einheit der Kirche fördern, und besage, dass das Leben der Christen die in VV. 4–6 angegebene theologische Einheit widerspiegeln soll.673 Der Verfasser des Eph setze voraus, dass die Einheit (von Gott) vorgegeben ist und (von den Christen) aufrechterhalten werden soll.674 Eph 4,6 gebe den festesten Grund der Einheit an: Gottes universelle Vaterschaft (V. 6 a).675 V. 6 b umfasse die jüdische Vorstellung, dass Gott alles überragend und transzendent 667 Anders ebd.: „Zoals de algemene kerk het lichaam van Christus is, zo is de plaatselijke kerk dat eveneens.“ 668 Vgl. dazu Floor, Efeziërs, 143–147. Floor (S. 143) gibt dem Abschnitt die Überschrift „De eenheid van de kerk“. 669 Vgl. Floor, Efeziërs, 145: „de schrijver [zet] in 4,4–6 uitvoerig uiteen […] hoe deze eenheid er als gave uitziet“ (Hervorhebung von Floor). 670 Vgl. ebd.: „Het betoog is trinitarisch opgebouwd: Vader, Zoon en heilige Geest komen ter sprake. […] 1. (4,4) één lichaam, één Geest, één hoop (De Geest) 2. (4,5) één Here, één geloof, één doop (De Zoon) 3. (4,6) één God en Vader van allen (De Vader).“ 671 Die Behauptung, in Eph 4,4 werde zuerst die Beziehung des Geistes zur Kirche besprochen, lässt sich anhand des Textes (ἓν σῶμα καὶ ἓν πνεῦμα) nicht begründen. Gegen ebd.: „De gedachtengang is als volgt: eerst wordt de verhouding van de Geest tot de kerk be­sproken.“ 672 Vgl. Floor, Efeziërs, 147: „De climax volgt aan het einde van Paulus’ betoog (4,6)“ und 145: „Tenslotte schrijft de apostel [Paulus] over de verhouding van de kerk tot God (4,6). Hij is de auteur en diepste bron van de kerk […]. In Hem is haar bestaan geworteld en gegrond.“ 673 Vgl. Bonnie Thurston, Ephesians, in: Dies., Reading Colossians, Ephesians, and 2 Thes­salonians. A Literary and Theological Commentary (Reading the New Testament Series), New York: Crossroad 1995, 79–153, 122–123: „The parenetic section of Ephesians be­gins […] with ‚therefore I beseech,‘ and with a listing of the qualities of life that enhance the unity and fellowship of the church (vv. 1–3). The character of Christian life is expected to re­flect the theological unity that the author envisions in its confession (vv. 4–6).“ 674 Vgl. Thurston, Ephesians, 124: „The writer assumes that unity exists but must be main­tained.“ 675 Vgl. ebd.: „In the writer’s understanding, the most potent ground of unity is the universal fatherhood of God (v. 6).“

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ist (ἐπὶ πάντων), die hellenistische (stoische) Vorstellung, dass Gott aktiv in der Schöpfung wirksam beziehungsweise immanent ist (διὰ πάντων) und die (christliche) Vorstellung, dass das menschliche Leben der Wohnort Gottes ist (ἐν πᾶσιν).676 Als Parallelen zu VV. 4–6 gibt Thurston 1 Kor 8,6 und 12,4–6 an.677 Sie versäumt zu sagen, dass für ἐπὶ πάντων und ἐν πᾶσιν klare Parallelen in der paulinischen Literatur vorliegen: Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός) und 1 Kor 12,6 (ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν). Es liegt nahe, dass der Verfasser des Eph diese zwei Elemente aus der paulinischen Tradition übernommen hat. Für διὰ πάντων gibt Thurston keine Parallelen an. Außerdem führt sie keine Argumente an, warum die erste All-Wendung universalistisch gemeint sei,678 die zweite und dritte kosmisch und die vierte anthropologisch. Es ist wahrscheinlicher, dass alle vier All-Prädikationen den gleichen Bezugspunkt haben (es gibt nämlich keinen Hinweis, dass dieser sich ändert) und zwar die (getauften, V. 5) Glieder der Kirche, da diese in VV. 1–4 angesprochen werden (es sind ja alle Christen, nicht alle Menschen, oder alle Dinge, die die Einheit der Kirche wahren sollen) und der Text nach V. 6 mit „jedem einzelnen von uns aber“ (ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν) weitergeht. Lewis Donelson (1996) legt Eph  4,6, den er mit der New Revised Standard Version (NRSV) mit „one God and Father of all, who is above all and through all and in all“ übersetzt,679 nicht aus, seine Bemerkungen zu Eph 4,4–6 zeigen aber, dass er den Textabschnitt christozentrisch deutet. Der Verfasser des Eph (nicht Paulus) verkündige die Vereinigung des Kosmos, welche Gott in Christus vollbringe, und bewege sich bei seiner Beschreibung des göttlichen Heilsplanes für den Kosmos von der kosmischen über 676 Vgl. ebd.: „The Stoics understood divinity as pervading all existence; thus, once again we have the ‚dimensions‘ of God’s parental care (cf. 3:18). God is ‚above all,‘ in control, supreme and transcendent (a Jewish notion), ‚through all,‘ actively at work in creation (God’s immanence is a tenant of Hellenism), and ‚in all‘ reinforcing the idea that human lives be­ come the dwelling place of God.“ Thurstons Bemerkungen zu Eph 2,22 (S. 111) machen deutlich, dass sie das letztgenannte Element („in all“) für eine christliche Vorstellung hält: „For the Jews, the Temple was the place where God was uniquely present. Now, for Christians, be they Jews or Gentiles, God is uniquely present in the church […]. Each believer is ‚built into‘ (v. 22) this temple […]. It is in the church and in Christians that God is understood to dwell.“ Thurstons Interpretation des ἐπὶ πάντων in Eph 4,6 b im Sinne von Gottes „Transzendenz“ hal­te ich für problematisch. 677 S. Thurston, Ephesians, 124. 678 Vgl. dazu Thurston, Ephesians, 118 (zu Eph 3,14–15): „God not only ‚owns‘ all the families of earth and heaven, but God has included them all in the circle of divine concern“ (Hervorhebung vom Vf., MG). 679 S. Lewis R. Donelson, Ephesians, in: Ders., Colossians, Ephesians, First and Second Timothy, and Titus (Westminster Bible Companion), Louisville, KY: Westminster John Knox 1996, 57–114, 84 (mit typographischen Änderungen: normal statt fett).

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die kirchliche und familiäre zur persönlichen Ebene.680 Das Zeichen, der Beweis für Gottes Sieg, sei die Liebe unter den Christen.681 In Eph 4,1–16 werde Gottes Plan, alles in Christus zu vereinen, auf das Leben der christlichen Gemeinde angewendet.682 Die Bitte in V. 3, die Einheit des Geistes im Band des Friedens zu wahren, spiegele das Ziel der Vereinigung aller Dinge wider.683 Außerdem evoziere sie besonders Eph 2,11–22 und damit die christologische Grundlage des Bemühens um Einheit: Christus bringt Einheit und Frieden.684 Eph 4,4–6 nehme diese christologische Grundlage wieder auf.685 Donelson basiert seine Auslegung auf den Gemeinsamkeiten zwischen Eph 2,16 und 4,4 (und deren Kontext), wo von dem „einen Leib“ die Rede ist (ἐν ἑνὶ σώματι bzw. ἓν σῶμα).686 Es ist unklar, wie diese christozentrische Deutung mit V. 6 zusammenpasst, wo von dem einen „Gott Vater“ die Rede ist (womit Jesus Christus nicht gemeint sein kann).

680 Vgl. Donelson, Ephesians, 59: „The letter [Eph] proclaims a unification of the cosmos that God is accomplishing in Jesus Christ. The letter details God’s intentions for the cosmos, moving from the cosmic level to the personal level. The church, Jews and Gentiles, the family, and the individual are all placed carefully into God’s plan of salvation.“ 681 Vgl. ebd.: „The author [des Eph] insists that the great cosmic victory of Christ can never be disconnected from love. […] The sign, the proof, of God’s victory is seen in how Christians love one another.“ Vgl. auch S. 113: „This great unification of the diverse and com­bative forces of the cosmos is mirrored in the unification of humans into one person, one people.“ 682 Vgl. Donelson, Ephesians, 85: „The cosmic plan to unite all things in Christ receives at this point its first application to the ethical life of the believing community.“ 683 Vgl. ebd.: „The direct entreaty to ‚make every effort to maintain the unity of the Spirit in the bond of peace‘ (4:3) reflects the overall purpose of the unification of all things in Christ.“ 684 Vgl. ebd.: „We must recall here the many references to peace and unity that have preceded this verse, especially in 2:11–22. Christ makes peace; in fact, ‚he is our peace‘ (2:14). Thus the call to maintain the unity of the Spirit in the bond of peace evokes not only personal effort but the christological ground of the effort.“ 685 Donelson (ebd.) spricht von „the christological references that follow in 4:4–6“ und bemerkt (S. 86): „The christological grounding […] is established in 4:4–6.“ 686 Vgl. Donelson, Ephesians, 86: „The theme of one body, which leads the litany of one Lord, one faith, one baptism, one God, evokes the one-body imagery of 2:16, where Jews and Gentiles become unified and reconciled by Christ into one body.“ Donelson (S. 86) listet mehrere Übereinstimmungen zwischen den zwei Perikopen auf: „Both use language of peace, unity, and oneness. Both point to Christ and the dynamics between Christ and the community as the key. Note that both passages end with complementary images of the com­ munity growing out of the unifying power of the spirit of Christ. It is as though one theolog­ ical insight, that Christ is one and that all things will be unified in him, is applied in turn, first, to the Jew / Gentile question, and, second, to the general diversity and disagreement in the community. In both cases, the answer to disharmony is the unifying power of the spirit of Christ.“

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Eberhard Hahn (1996) versucht Eph  4,6 nur anhand von Bibeltexten auszulegen. Er übersetzt den Vers mit „ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist“.687 Gott werde hier gepriesen als der alleinige Schöpfer, der als der Allmächtige „über allen“ steht und als der Erhalter „durch alles“ und „in allem Geschehen des Kosmos“ handelt.688 Der Schwerpunkt des Abschnitts Eph 4,1–16 sei der Gedanke, dass im Gehorsam der Glaubenden – als Glieder der Kirche – gegenüber dem einen Herrn Jesus Christus auch die Einheit der Kirche offenbar wird.689 Eph 4,1–6 sei eine Ermutigung und Ermahnung zur gemeindlichen Einheit.690 Dabei geben VV. 4–6 den Grund der Einheit an.691 Die Einheit der Kirche entspringe aus dem dreieinigen Gott: aus dem einen Geist (V. 4), aus dem einen Herrn (V. 5), dem Haupt der Kirche, und aus dem einen Gott (V. 6; vgl. bes. 1 Kor 12,4– 6).692 Es gehe darum, dass die Glieder der Kirche, wenn Uneinigkeit auftritt, sich zur Einheit zurückrufen lassen.693 Wie in 1 Kor 12,4–6 steht auch hier in Eph 4,4–6 das Bekenntnis zu dem einen Gott am Ende der Reihe.694 Dies klinge an Dtn 6,4 (das Grundbekenntnis Israels) sowie Jes 44,6–20 (Kritik an Götzen) an.695 Zum Bekenntnis zu dem einen Gott (εἷς θεός) sei 1 Kor 8,4 (οὐδεὶς θεὸς εἰ μὴ εἷς) eine Parallele, zur Ablehnung von „sogenannten“ Göttern und Herren (Eph spricht von „Herrschern“), die im Vergleich zu dem einen Gott nichts sind, durch die Menschen aber Macht ausüben, sei 1 Kor 8,5 (vgl. auch 1 Kor 12,2 und 2 Kor 4,4) parallel zu sehen und zu den drei All-Wendungen in Eph  4,6 b 1 Kor  8,6 (vgl. auch Röm 11,36).696 Hahn nennt hier auch noch Kol  1,16, 1 Thess  1,9 und Hebr 1,3.697 Für die Bezeichnung von Gott als „Vater“ weist Hahn auf Röm  8,15 hin (vgl. Eph 1,3 sowie 2,18 und 3,14–15).698 Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός) erwähnt er nicht. Von den von Hahn angeführten Parallelen kann keine das in Eph 4,6 auf Gott bezogene διὰ πάντων erklären. 687 S. Eberhard Hahn, Der Brief des Paulus an die Epheser (Wuppertaler Studienbibel 23), Wuppertal: Brockhaus 1996, 92 (s. a. S. 100). 688 Vgl. Hahn, Epheser, 101. 689 Vgl. Hahn, Epheser, 92. 690 Vgl. ebd. 691 Vgl. Hahn, Epheser, 98. 692 Vgl. Hahn, Epheser, 97–99. Hahn zufolge war das Bekenntnis zum dreieinigen Gott zu jener Zeit zwar noch nicht ausformuliert (wie es 325 beim Konzil von Nicäa und danach erfolgte), lag aber schon vor; das heißt, es wurde nicht im Laufe der Geschichte entwickelt. Vgl. dazu Hahn, Epheser, 98 Anm. 180. Eine andere, m. E. plausiblere, historische Perspektive auf die Entwicklung der Trinitätslehre bietet u. a. Dünzl, Geschichte. 693 Vgl. Hahn, Epheser, 97. 694 Vgl. Hahn, Epheser, 100. 695 Vgl. ebd. 696 Vgl. Hahn, Epheser, 100–101 mit Anm. 181–182. 697 S. Hahn, Epheser, 101 mit Anm. 183. 698 S. Hahn, Epheser, 100.

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Klyne Snodgrass (1996) interpretiert Eph 4,6 mit Bezug auf alle Menschen. Er übersetzt den Vers (mit der NIV, auf der die Kommentarreihe basiert) mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“.699 Eph 4,4–6, nach Snodgrass ein vom Verfasser gebildetes oder aus den paulinischen Gemeinden übernommenes Glaubensbekenntnis, gebe die theologische Begründung des Imperativs in VV. 1–3 an, die von Gott durch seinen Geist gegebene Einheit der Christen zu wahren: Einheit sei durch theologische Einheit motiviert.700 Der Abschnitt sei trinitarisch und theologisch fokussiert.701 Eph 4,6 gebe den einen Gott als Grundlage der Einheit an.702 Im Hintergrund stehe das Sch’ma Israel (Dtn 6,4; vgl. Röm 3,30; 1 Kor 8,6).703 πατὴρ πάντων meine hier „Vater der ganzen Menschheit“ (vgl.  Eph  3,15).704 V. 6 b sei ein liturgischer Ausdruck, wofür 1 Kor 8,6 die beste Parallele sei (vgl. Röm 9,5; 11,36; 1 Kor 12,6; 15,28; Kol 1,16; 3,11), obgleich dort stehe, dass „alle Dinge durch Christus zustande kommen“.705 Für das in Eph 4,6 auf Gott bezogene διὰ πάντων bieten die von Snodgrass angeführten Parallelen keine plausible Erklärung. Nach Hans Hübner (1997) meinen die All-Aussagen in Eph 4,6 den Kosmos, er übersetzt sie jedoch mit „alle“ und nicht mit „alles“: „Ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist“.706 Als Parallele für die Dreier-

699 S. Klyne Snodgrass, Ephesians (The NIV Application Commentary Series), Grand Rapids, MI: Zondervan 1996, 193. 700 Snodgrass, Ephesians, 195, gibt die folgende Struktur des Abschnitts Eph 4,1–6 an: „1. Live worthy of your call by keeping the unity of the Spirit (4:1–3) 2. Unity is motivated by theological oneness (4:4–6).“ Für die Interpretation von τὴν ἑνότητα τοῦ πνεύματος in Eph 4,3 im Sinne der vom Geist Gottes gegebenen Einheit der Christen vgl. S. 197–198. Für die Gattungsbestimmung von Eph 4,4–6 vgl. S. 198. 701 Vgl. Snodgrass, Ephesians, 198: „Again we find [in Eph 4,4–6] material that is both Trinitarian and focused on theology“ (Hervorhebung von Snodgrass). 702 Vgl. dazu Snodgrass, Ephesians, 199. 703 Vgl. dazu Snodgrass, Ephesians, 179 Anm. 13, 199. 704 Vgl. Snodgrass, Ephesians, 179: „In [Eph] 3:15 (and 4:6) the broader sense occurs: God as the Father of all humanity. The emphasis in Ephesians on a cosmic Christ and a cos­mic role for the church is based in an understanding of God as a cosmic Father. The an­ ticipation that all things will be brought together in Christ (1:10) presupposes that God is the Fa­ther of all.“ 705 Vgl. Snodgrass, Ephesians, 199: „The liturgical expression ‚who is over all and through all and in all‘ is paralleled in several texts, most notably 1 Corinthians 8:6 (though this text is different in that all things come through Christ). Variation occurs in the way liturgical expressions are applied“ (Hervorhebung von Snodgrass). Für die genannten Stellen s. Anm. 18. Dass es um liturgisches Gut gehe, bleibt unbewiesen. 706 S. Hans Hübner, An die Epheser, in: Ders., An Philemon, An die Kolosser, An die Ephe­ser (Handbuch zum Neuen Testament 12), Tübingen: Mohr Siebeck 1997, 127–277, 199 und vgl. 203.

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2. Forschungsüberblick

formel gibt er nur Mark Aurel 7.9.2 an.707 In Eph 4,1–6 werde die Einheit der Kirche als gottgewollte, aus Gott resultierende, durch Gottes Geist bewirkte Wirklichkeit herausgestellt.708 Sie sei nicht statisch, sondern ein Prozess, „in dem die Glaubenden durch ihr Verhalten das göttliche Sein dieser einen Kirche manifestieren“.709 Die Kirche existiere als die eine Kirche, da es den einen einheitsstiftenden Geist Gottes gibt.710 Wie die kosmische Dreierformel mit der Einheit der Kirche zusammenhänge, wird nicht ganz deutlich.711 Larry Kreitzer (1997) kommentiert Eph 4,6 nicht. Er bietet nur eine Teilübersetzung des Verses, welche (wie die ganze Kommentarreihe) auf der Revis­ ed English Bible basiert: „the inclusion of Father of all, who is over all and through all and in all […] follows the reference to one God“.712 Nach Kreitzer ermahnt der Verfasser des Eph in der Perikope Eph 4,1–6 seine Rezipienten, ihre Berufung zu erfüllen, die auf der Einheit, die ihren Glauben durchdringt, basiert.713 In Eph 4,4–6 werden sieben Dinge als „eins“ beschrieben: Leib, Geist, Hoffnung, Herr, Glaube, Taufe und Gott.714 Kreitzers Bemerkung zu V. 5, „The order of the three [d. h. εἷς κύριος, μία πίστις, ἓν βάπτισμα] parallels that found in I Corinthians 12.4–6 and is probably dependent upon it“,715 stimmt nicht, da in 1 Kor 12,4–6 von den drei nur κύριος vorkommt. V. 6 sei liturgisch geprägt; als Parallele nennt Kreitzer (nur) 1 Kor 8,6.716 Für die 707 S. Hübner, Epheser, 203–204: „κόσμος τε γὰρ εἷς ἐξ ἁπάντων καὶ θεὸς εἷς διὰ πάντων καὶ οὐσία μία νόμος εἷς, λόγος κοινὸς πάντων τῶν νοερῶν ζῴων, καὶ ἀλήθεια μία, εἴγε καὶ τελειότης μία τῶν ὁμογενῶν καὶ τοῦ αὐτοῦ λόγου μετεχόντων ζῴων. ‚Denn es ist ein Kosmos aus allen und ein Gott durch alle und eine Wesenheit und ein Gesetz, ein gemeinsamer Logos aller denkenden Wesen und eine Wahrheit, wenn es denn eine Vollkommenheit der miteinander Verwandten und derjenigen Lebenden gibt, die an eben diesem Logos teilhaben‘“ (mit typographischen Änderungen in der deutschen Übers.: normal statt kursiv und kursiv statt fett). 708 Vgl. Hübner, Epheser, 198.200–202.204. 709 S. Hübner, Epheser, 201. 710 Vgl. Hübner, Epheser, 202. 711 Hübner, Epheser, 202–203, nennt übrigens die Triade mit ἓν πνεῦμα (der eine Geist Gottes), εἷς κύριος (der eine und damit „göttliche“ Kyrios Jesus) und εἷς θεός (der eine Gott und Vater von allen) in Eph 4,4–6 „trinitarisch“. 712 S. Larry J. Kreitzer, The Epistle to the Ephesians (Epworth Commentaries), Peterborough: Epworth 1997, 122 (Hervorhebung von Kreitzer). 713 Vgl. Kreitzer, Ephesians, 118: „In 4.1–6 the Writer [sic] issues a strong exhortation to his readers that they might fulfil their calling, based on the unity that permeates their faith.“ Kreitzer (s. z. B. S. 119) hält Eph für ein Schreiben von einem Mitglied der „Mutterkirche“ in Kolossae an die von Kolossae aus gegründete „Tochtergemeinde“ in Hierapolis. 714 S. Kreitzer, Ephesians, 122: „Seven different things are described as one: body, Spir­ it, hope, Lord, faith, baptism, and God“ (Hervorhebung von Kreitzer). Kreitzer (ebd.) lehnt (mit Recht) eine trinitarische Deutung von Eph 4,4–6 ab: „Trinitarian ideas can be found in the verses [Eph 4,4–6] but only by the dubious virtue of an anachronistic reading of them.“ 715 S. ebd. 716 S. ebd. Kreitzer (ebd.) meint, dass πατὴρ πάντων, ὁ ἐπὶ πάντων καὶ διὰ πάντων καὶ ἐν

2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999

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Suche nach der Herkunft und dem Sinn des διὰ πάντων in Eph 4,6 hilft Kreitzers Kommentar nicht weiter. Walter Liefeld (1997) fasst die All-Wendungen in Eph  4,6 b („over all … through all … in all“)717 ekklesiologisch auf. Eine Übersetzung von Eph 4,6 bietet er nicht (die Kommentarreihe basiert auf der NIV). Die in Eph 4,1–6 angesprochene Einheit der Kirche sei ein Schritt in der Erfüllung von Gottes Plan, alles in Christus zusammenzufassen (vgl. Eph 1,9–10).718 Eph 4,4–6 führe Lehrsätze an, die grundlegend für die Einheit seien und zusammen einen sehr starken Grund fürs Aufrechterhalten der Einheit der Kirche (vgl. Eph 4,3) bilden.719 Die Argumentation für die Einheit erreiche ihre Klimax in Gottes Einheit (V. 6; vgl. Dtn 6,4; 1 Kor 8,6).720 Die Einheit Gottes (V. 6 a) werde durch die Erwähnung von Gottes Transzendenz, Durchdringen und Immanenz (V. 6 b) hervorgehoben.721 Dabei sei ἐπὶ πάντων antipantheistisch gemeint.722 διὰ πάντων könnte meinen, dass Gottes Tätigkeit die Kirche sowie das ganze Universum durchwaltet. Im Hinblick auf ἐν πᾶσιν sei eine ekklesiologische Deutung aber wahrscheinlicher (vgl. bes. Eph 2,22, wo die Gläubigen „Wohnstätte Gottes“ genannt werden).723 Obwohl die All-Aussagen also kosmologisch gemeint sein könnten (vgl. bes. Röm 11,36 und 1 Kor 8,6), habe Paulus

πᾶσιν „concludes the sentence [d. h. Eph 4,4–6 ] in a typical liturgical fashion not unlike that which is seen in I Corinthians 8.6“. 717 S. Walter L. Liefeld, Ephesians (The IVP New Testament Commentary Series 10), Dow­ners Grove, IL / Leicester: InterVarsity Press 1997, 99. 718 Liefeld, Ephesians, 94, gibt Eph 4,1–6 die Überschrift „Step Four in the Fulfillment of God’s Plan: The Unity of the Church“ (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). Auf S. 25 spricht Liefeld von „God’s grand plan to sum up all things in Christ“. 719 Liefeld, Ephesians, 97, gibt Eph 4,4–6 die Überschrift „The Doctrines Basic to Unity“ (mit typographischen Änderungen: normal statt fett) und bemerkt dazu: „These great truths provide together an immensely strong reason to maintain our unity.“ 720 Vgl. Liefeld, Ephesians, 99: „The argument for unity now reaches its climax in the nature of God (v. 6).“ Auf S. 98–99 weist Liefeld u. a. auf die Vergleichsstellen Dtn 6,4 und 1 Kor 8,6 hin. 721 Vgl. Liefeld, Ephesians, 99: „The threefold structure of the preceding elements (body, Spirit, calling; Lord, faith, baptism) is now employed to heighten the ‚oneness‘ of God: over all … through all … in all. He is transcendent, pervasive and immanent.“ Die Interpretation von ἐπὶ πάντων („over all“) im Sinne von Gottes „Transzendenz“ halte ich für problematisch. 722 Vgl. ebd.: „the fact that God is over all rules out any thought that the words in all might teach pantheism (the idea that God is not an individual being but rather that everything is an aspect of God).“ 723 Vgl. Liefeld, Ephesians, 99–100: „Through all […] would mean that God’s activity permeates the church and the entire universe. […] The third phrase, in all, is harder for us to conceive as applying to the universe, since Ephesians teaches that this is notably true of the church. The great climax to chapter 2 is that Jewish and Gentile believers now form a temple that is ‚a dwelling place in which God lives‘ (2:22).“

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2. Forschungsüberblick

vermutlich an die Kirche gedacht.724 Liefelds Auslegung des διὰ πάντων lässt sich anhand von 1 Kor 8,6 nicht begründen.725 Pheme Perkins (1997) deutet Eph  4,6 kosmologisch. In ihrem kompakten Kom­mentar bietet sie keine Übersetzung des Verses (die Kommentarreihe basiert primär auf der NRSV). Das Thema des Abschnitts Eph 4,3–6 sei „Einheit im Leib Christi“ (in der Kirche).726 VV. 4–5 geben an, wie Menschen Teil des von Gott auserwählten Leibes geworden sind,727 und V. 6, dass Gottes Aktivität die Einheit der Kirche zustande gebracht hat.728 Die Bekehrung der Menschen umfasste, unter anderem, dass sie den einen Gott, den Schöpfer des Alls, kennenlernten (vgl. Eph 2,12.18).729 Eph 4,6 sei eine Schöpfungsformel, die auf Gottes Transzendenz, Gottes allumfassende Aktivität und Gottes Allgegenwärtigkeit hindeute, um zu betonen, dass andere kosmische Mächte keine wirkliche Macht haben.730 Perkins sieht Eph 4,4–6 als eine Ad-hoc-Bildung anhand paulinischer Redewendungen.731 1 Kor 12,12–13 bilde die Grundlage für VV. 4–5 und 1 Kor 8,6 für V. 6.732 Eph 4,6 habe eine philosophische Formulierung über Gottes schöpferische Tätigkeit übernommen.733 Perkins nennt hier Pseudo-Aristoteles, De mundo 397 b 11, 14–15 (s. bes. περὶ κόσμου λέγοντας […] ὡς ἐκ θεοῦ πάντα καὶ διὰ θεὸν συνέστηκεν, „wenn man über den Kosmos spricht […], dass al724 Vgl. Liefeld, Ephesians, 100: „It may well be that while the word all, repeated three times in this statement, can apply to the whole universe, the specific referent Paul had in mind is the church. This would fit the focus on the church throughout Ephesians.“ Für Liefelds kosmologische Deutung von 1 Kor 8,6 und Röm 11,36 vgl. S. 99–100. 725 Für die Verbindung von διὰ πάντων in Eph 4,6 mit 1 Kor 8,6 vgl. Liefeld, Ephesians, 99–100. 726 S. Pheme Perkins, Ephesians (Abingdon New Testament Commentaries), Nashville, TN: Abingdon 1997, 94: „unity in the body of Christ (vv. 3–6)“. 727 S. Perkins, Ephesians, 96: „The first two verses [d. h. Eph 4,4–5] indicate how persons have become part of the body that is God’s elect.“ 728 Perkins, Ephesians, 35, spricht von „the unity of the church that God’s activity has brought into being (Eph 4:6)“. 729 Vgl. Perkins, Ephesians, 96: „Conversion included coming to know the one God, creator of all (Eph 2:12 b, 18).“ 730 Vgl. ebd.: „the one God who governs and fills the entire cosmos (v. 6) […]. The crea­ tion formula that indicates the transcendence of God, God’s activity, and God’s omnipres­ ence undergirds the letter’s insistence that other forces in the cosmos have no effective power.“ Ob ἐπί auf Transzendenz deutet, d. h. auf mehr als „über“, ist zweifelhaft. 731 Vgl. ebd.: „Some interpreters treat verses 4–6 as an independent liturgical fragment (Barth 1974). However, the section appears to be an ad hoc creation from standard Pauline ex­pressions.“ 732 Vgl. ebd.: „First Corinthians 12:12–13 (one body, Christ, one Spirit, baptized into one body) provides an initial framework for verses 4–5, while 1 Cor 8:6 provides a formula for God’s creative activity [d. h. für Eph 4,6].“ 733 S. ebd.: „Verse 6 has taken over a philosophical formulation for the creative activity of God (cf. Pseudo-Aristoteles On the Origin of the World 6.397 b, 11.14–15; Cher. 125–26).“

2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999

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les aus Gott und durch Gott entstanden ist“) und Philo, De cherubim 125–126 (s. bes. ὅτι ὁ θεὸς αἴτιον, οὐκ ὄργανον, τὸ δὲ γινόμενον δι᾽ ὀργάνου μὲν ὑπὸ δὲ αἰτίου πάντως γίνεται, „denn Gott ist Urheber, kein Werkzeug; das, was ent­steht, wird immer durch ein Werkzeug von einem Urheber geschaffen“).734 Per­kins bespricht die Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen diesen Stellen und Eph 4,6 nicht. Die Übereinstimmungen sind meines Erachtens zu gering, um eine literarische oder traditionsgeschichtliche Verbindung belegen zu können. Für διὰ πάντων bietet Perkins keine plausible Erklärung. Ernest Best (1998), der Eph 4,6 mit „one God and Father of all who is over all and through all and in all“ übersetzt,735 neigt zu einer neutrischen (kosmologischen) Deutung hin, hält aber eine maskulinische (anthropologische bzw. ekklesiologische) Interpretation offen. Der Vers, der die Klimax der Reihe in VV. 4–6 bilde,736 sei eine Akklamation oder ein Bekenntnis737 zu Gottes Vorherrschaft.738 Nach Best ist es am wahrscheinlichsten, dass alle vier All-Aussagen in Eph 4,6 im gleichen Sinne gemeint sind, das heißt, entweder viermal maskulinisch oder viermal neutrisch.739 Für eine maskulinische Deutung spreche, dass es im Kontext des Verses um die Einheit der Glaubenden in der Kirche geht und dass V. 7 mit ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν weitergeht.740 Für eine neutrische Deutung sprechen: (1) ähnliche hellenistische Formeln, die sich auf den Kosmos und nicht auf die Menschheit beziehen (vgl. M. Aur. 7.9); (2) hellenistisch-jüdische Texte, die Gottes Rolle als Schöpfer mit seiner kosmischen Vaterschaft verbinden (vgl. Philo Post. 6; Her. 62; Det. 147; Ebr. 147 [sic]);741 (3) neutes734 Die

Übers. der Zitate sind meine eigenen. Ernest Best, A Critical and Exegetical Commentary on Ephesians (International Critical Commentary), Edinburgh: T&T Clark 1998, 357. 736 S. Best, Ephesians, 370.372. 737 S. Best, Ephesians, 366. 738 S. Best, Ephesians, 357.372. 739 Vgl. Best, Ephesians, 370: „To what then does πάντων refer here? It can be either neu­ter or masculine. Whatever is decided it is probably correct to see a consistent gender throughout v. 6 ( pace Iren adv Haer 2.2.6; 4.20.2).“ 740 Vgl. dazu Best, Ephesians, 370–371. Best gibt auf S. 370 noch zwei weitere Argumente an: „In the teaching of Jesus God’s Fatherhood sets him in relation to all humanity“ und: „In the Pauline corpus God’s Fatherhood is generally seen as relating Christ to believers.“ Best bemerkt weiter noch (S. 371), dass die Variante mit ἡμῖν, die den Vers maskulinisch deutet, eine sekundäre Lesart ist. 741 Von diesen vier von Best, Ephesians, 371, angeführten Stellen sind nur die ersten drei relevant. S.  Philo  Post.  6 (die Übers. der Philo-Zitate sind meine eigenen): Gott „hat al­les durch alles erfüllt“ (πάντα διὰ πάντων ἐκπεπληρωκότος); Her.  62: „Sarah […], das mut­terlose Prinzip, wurde (nur) vom Vater, vom Gott aller allein erzeugt“ (Σάρρα […] ἐκ πα­τρὸς τοῦ πάντων θεοῦ μόνου γεννηθεῖσα ἡ ἀμήτωρ ἀρχή); Det. 147: Gott als „Vater aller Dinge“ (πατέρα τῶν ὅλων). Die vierte Stelle scheint mir ein Fehler zu sein. Es lässt sich nicht feststellen, welche Stelle eigentlich gemeint ist, vgl. Ebr. 30, wo der „Schöpfer, der das All 735 S.

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2. Forschungsüberblick

tamentliche Parallelen wie Röm 11,36, 1 Kor 8,6 und Kol 1,16, wo τὰ πάντα (Neutrum) verwendet wird; (4) die Verwendung von (τὰ) πάντα in kosmischem Sinne in Eph 1,10.22–23, 3,9 und 4,10 und (5) die kosmische Rolle der Kirche in Eph (vgl. Eph 3,10).742 Best konkludiert: „In the end it is probably better to give ‚all‘ a neuter meaning throughout with the sense, ‚one creator God and Father who governs the cosmos, works through it and is present in it‘, but the sense might be ‚one God and Father of humanity (or all Christians) who gov­ erns all, works through them all and is in them all‘ (presumably by means of his Spirit, Rom 8.9, 11; 1 Cor 3.15 [sic]; 6.19; 2 Cor 6.16; Gal 3.5).“743 Für εἷς θεός (Eph 4,6 a) weist Best zuerst auf Josephus, Antiquitates Judaicae 4.201 hin, wo steht, dass Gott der eine Gott des einen Volkes ist.744 Die Redewendung in Eph 4,6 a sei ein monotheistisches Statement im Hinblick auf Heidenchristen (vgl.  Röm  3,30; 1 Kor  8,4–6; Gal  3,20; 1 Tim  2,5; Jak  2,19), da Judenchristen Dtn 6,4 als Basistext hatten.745 Für die Rede von Gott als „Vater“ (Eph 4,6 a) verweist Best auf die paulinische Tradition (vgl. Röm 1,7; 15,6; 1 Kor 1,3; 2 Kor 1,2–3; 11,31; Gal 1,3; Eph 1,3), wobei er bemerkt, dass es für Juden naheliegend war, Gott als „Vater“ zu sehen und dass Heiden von der griechischen, besonders von der stoischen Tradition aus mit „Gott Vater“ bekannt waren.746 Für διὰ πάντων (Eph 4,6 b) ist von den von Best angeführten Parallelen nur Mark Aurel 7.9 relevant, womit Best gegenüber Dibelius nichts Neues bringt.747 geschaffen hat“ (τὸν […] τὸ πᾶν ἐργασάμενον δημιουργόν) als „Vater des Geschaffenen“ (πα­τέρα εἶναι τοῦ γεγονότος) bezeichnet wird; 42: „Ist nicht also (der) Herrscher des Alls dessen Schöpfer und Vater?“ (τοῦ δὲ παντὸς οὐκ ἄρα ἀρχηγέτης ὁ κτίστης καὶ πατὴρ αὐτοῦ;); 61: „Urheber und Vater von allem“ (ἐκ τοῦ πάντων αἰτίου καὶ πατρός); 74: „Gott, der Allherrscher und Vater“ (θεῷ τῷ πανηγεμόνι καὶ πατρί); 81: „der Vater aller Dinge“ (τὸν πατέρα τῶν ὅλων); 131: „der Leiter und Vater des Alls“ (τὸν δὲ τοῦ παντὸς ἡγεμόνα καὶ πατέρα). 742 Vgl. dazu Best, Ephesians, 371. 743 S. ebd. 1 Kor 3,15 sollte 1 Kor 3,16 sein. Übrigens ist nicht sicher, dass in 1 Kor 3,16 ἐν ὑμῖν „in euch“ und nicht z. B. „unter euch“ meint. 744 S. Best, Ephesians, 370. S. Ios. A. J. 4.201: „Denn Gott ist einer und das Volk der He­ bräer ist eins“ (θεὸς γὰρ εἷς καὶ τὸ Ἑβραίων γένος ἕν). 745 Vgl. Best, Ephesians, 370: „There can be little doubt that ‚one‘ is here [in Eph 4,6 a] intended to make a monotheistic assertion and such an assertion would have been important for Gentile Christians (cf Rom 3.30; 1 Cor 8.4–6; Gal 3.20; 1 Tim 2.5; Jas 2.19), though unnecessary for Jewish Christians whose basic text was Dt 6.4.“ Vgl. auch S. 371: „In v. 6 the one God is defined so that there can be no confusion with other gods.“ 746 Vgl. ebd.: „It also came naturally to Jews to think of God as Father, though this receiv­ ed a new emphasis and direction in the teaching of Jesus. Gentile Christians thus encountered God as Father from the beginning, yet since the idea was not entirely missing from Greek, in particular Stoic, thought, they were conditioned to accept it, even though they had previously understood it in a more pantheistic way. The association of God and Father is found regularly in the Pauline corpus (Rom 1.7; 15.6; 1 Cor 1.3; 2 Cor 1.2, 3; 11.31; Gal 1.3; Eph 1.3), with the words often linked by καί.“ 747 Für die von Best angeführten Parallelen s. Best, Ephesians, 370–372.

2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999

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Best zufolge hat der Verfasser des Eph die Formel in Eph 4,4–6 aus der Tradition übernommen.748 Eph 4,4–6 passe nämlich nur teilweise zum Kontext des Eph.749 Außerdem weise die sowohl in Eph 4,4–6 als auch in 1 Clem 46.6 vorliegende Kombination von Gott, Christus, Geist und Berufung darauf hin, dass Eph 4,4–6 und 1 Clem 46.6 zwei Variationen von derselben Liste sind, die beiden Verfassern vorlagen (also nicht, dass 1 Clem von Eph abhängig ist).750 Das Fehlen von μία γνῶσις oder μία σοφία deute auf eine nicht-gnostische Herkunft der Liste hin.751 Auch die Evangelientradition liege nicht nahe, da nicht auf das Gottesreich hingewiesen wird.752 Nach Best hat der Verfasser des Eph eine existierende Formel aus der paulinischen Schule übernommen und angepasst.753 Die ursprüngliche Formel könnte wie folgt gewesen sein: 748 Vgl. dazu bes. Best, Ephesians, 372 (vgl. auch 357–359): „Everything then goes to sup­port the view that 4.4–6 is a carefully designed list and, since only parts of it are appropriate to the context of Ephesians, it was a list which AE [der Autor des Eph] inserted because part of it was useful to him.“ Die Bemerkungen von Best (S. 371) zur (möglichen) Vorgeschichte der Formel in Eph 4,4–6 sind höchst kompliziert: „v. 6 was probably traditional and may not have been originally united with vv. 4, 5; separated from them and its present context there is little in it to support a masculine understanding. Yet in taking over the preformed material with v. 6 already a part of it, AE [der Autor des Eph] may have ignored its original reference and regarded the terms as masculine, since that would be more fitting to the context in which he uses it. If AE [der Autor des Eph] took up v. 6 as a separate piece of tradition and added it to a block consisting of vv. 4 f he would probably have seen it as referring to all things. If AE [der Author des Eph] knew the block as a whole and used it because he was interested only in the second triad, or the first and second, he may not have thought about the meaning of v. 6 in relation to his context. His readers knew the whole block of tradition and it was appropriate to quote it as a whole and his readers from their Gentile background would probably have understood ‚all‘ as neuter. If AE [der Author des Eph] intended a masculine un­derstanding he has done nothing to preserve his readers from a neuter.“ 749 Vgl. dazu Best, Ephesians, 372. 750 Vgl. ebd.: „As for 1 Clem 46.6 where we have successively God, Christ, Spirit, calling, we may suspect rather than dependence on Ephesians the existence of the list of Eph 4.4–6 in a variant form, thus confirming that it preexisted Ephesians.“ Die Übereinstimmungen zwischen beiden Texten sind m. E. zu gering, um zu konkludieren, dass 1 Clem  46.6 und Eph 4.4–6 in der einen oder anderen Richtung voneinander abhängig sind. Anders u. a. Donald A. Hagner, The Use of the Old and New Testaments in Clement of Rome (Novum Testamen­tum Supplements 34), Leiden: Brill 1973, 223, der für eine literarische Abhängigkeit des 1 Clem 46.6 von Eph 4,4–7 plädiert. Es ist wohl möglich, dass beide Texte gemeinsame Tradition aufnehmen. Vgl. dazu Horacio E. Lona, Der erste Clemensbrief (Kommentare zu den Apostolischen Vätern 2), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1998, 493–494, der meint, dass eine literarische Abhängigkeit sich nicht nachweisen lässt, in Eph 4,4–6 und 1 Clem 46.6 aber die gleiche Überlieferung vorliegt und die Gemeinsamkeiten durch die Kenntnis „paulinischer“ Redewendungen erklärt werden können. 751 S. Best, Ephesians, 372: „The absence from the list of either μία γνῶσις or μία σοφία suggests it had a non-gnostic origin.“ 752 S. ebd.: „Remoteness from the gospel tradition is suggested by the absence of any ref­ erence to the Kingdom of God.“ 753 Vgl. dazu Best, Ephesians, 358–359.

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2. Forschungsüberblick

one body, one Spirit, one hope, one Lord, one faith, one baptism, one God and Father of all, who is over all and through all and in all.754

Der Verfasser des Eph habe in V. 4 zwischen ἓν σῶμα und ἓν πνεῦμα das Bindewort καί hinzugefügt und durch die Ergänzung καθὼς καὶ ἐκλήθητε ἐν μιᾷ ἐλπίδι τῆς κλήσεως ὑμῶν eine Verknüpfung mit V. 1 vorgenommen.755 Das Problem von Bests These ist, dass sie den breiteren Zusammenhang aus den Augen verliert. Das folgende Schema gibt einige Übereinstimmungen zwischen Eph 4,2–7 a und verschiedenen neutestamentlichen Texten an: Eph 4,2–7 a: (2) μετὰ πάσης ταπεινοφροσύνης καὶ πραΰτητος πραΰτητος, μετὰ μακροθυμίας μακροθυμίας, ἀνεχόμενοι ἀλλήλων ἐν *ἀγάπῃ ἀγάπῃ […] (3 b) ἐν τῷ συνδέσμῳ τῆς εἰρήνης εἰρήνης· (4) Ἓν σῶμα καὶ ἓν πνεῦμα, κα­ κύριος μία *πίστις πίστις, ἓν βάπτισμα βάπτισμα, θὼς καὶ ἐκλήθητε ἐν μιᾷ *ἐλπίδι τῆς κλήσεως ὑμῶν· (5) εἷς κύριος, εἷς θεὸς καὶ πατὴρ πάντων, ὁ ἐπὶ πάντων καὶ διὰ πάντων καὶ ἐν πᾶσιν. (7) Ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ (6) εἷς ἡμῶν ἐδόθη μακροθυμίαν, (13) ἀνεχόμενοι ἀλλήλων Kol 3,12 b –15: (12 b) ταπεινοφροσύνην πραΰτητα μακροθυμίαν […] (14) ἐπὶ πᾶσιν δὲ τούτοις τὴν ἀγάπην ἀγάπην, ὅ ἐστιν σύνδεσμος τῆς […] (15) καὶ ἡ εἰρήνη […] καὶ ἐκλήθητε ἐν ἑνὶ σώματι 1 Kor 12,4–7.13: (4) τὸ δὲ αὐτὸ πνεῦμα (5) […] ὁ αὐτὸς κύριος (6) […] ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν. (7) ἑκάστῳ δὲ δίδοται […] (13) καὶ γὰρ ἐν ἑνὶ πνεύματι […] εἰς ἓν σῶμα ἐβαπτίσθημεν […] ἓν πνεῦμα Kol 1,4–5: (4) τὴν *πίστιν […] τὴν *ἀγάπην […] (5) διὰ τὴν *ἐλπίδα 1 Kor 8,6: εἷς θεὸς ὁ πατὴρ […] εἷς κύριος (s. a. die All-Wendungen) Kol 2,12: ἐν τῷ βαπτισμῷ […] διὰ τῆς πίστεως Röm 9,5: ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός

Das Schema zeigt, dass Eph 4,4–6 keine isolierte Einheit ist. Die Parallelstellen machen unter anderem deutlich, dass es zwischen V. 3 und V. 4 und zwischen V. 6 und V. 7 keine Zäsur gibt, da in VV. 3–4 συνδέσμῳ τῆς εἰρήνης· Ἓν σῶμα […] καὶ ἐκλήθητε ἐν ein Syntagma formt, das großenteils mit Kol  3,14–15 übereinstimmt und die Redewendung εἷς θεὸς […]  ὁ […] ἐν πᾶσιν. Ἑνὶ δὲ ἑκάσ­τῳ ἡμῶν ἐδόθη in VV. 6–7 große Ähnlichkeit mit 1 Kor 12,6–7 aufweist. Außerdem zeigt sich, dass es für fast alle Elemente des Abschnitts Parallelen in der paulinischen und deuteropaulinischen Literatur gibt, nur nicht für πατὴρ πάντων und διὰ πάντων, diese haben aber zusammen mit ἑνότης in VV. 3 und 13 signifikante Verbindungen in die antike Philosophie (s. Analyse). Die plausibelste Erklärung für diesen Sachverhalt ist, dass Eph 4,3–7 vom Verfasser des Eph kompiliert wurde.756 Damit entfällt die Grundlage von Bests Auslegung. 754 S. Best, Ephesians, 358. Nach Best (S. 359) ist es möglich, dass in der ursprünglichen Formel die erste und zweite Zeile umgekehrt waren. 755 S. Best, Ephesians, 358.

2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999

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Ulrich Luz (1998) übersetzt Eph  4,6 mit „ein Gott und Vater von allem, der über allem und durch alles und in allem (wirkt)“757 und interpretiert dies im Sinne eines preisenden Aufblicks zu Gott.758 Gott sei „der letzte Grund, auf dem die Einheit der Kirche ruht“.759 Die Einheit der Kirche ist vorgegeben, sie kommt von Gott her.760 Der Verfasser verstehe die reale Kirche als Heilsort, nicht aber als „absolute Heilsinstanz“: „Nicht die Kirche ist für ihn das Letzte, sondern sie weist über sich selbst hinaus, auf den, den sie repräsentiert, nämlich auf Gott selbst.“761 Die Formel in Eph 4,6 gebe an, dass Gott alles, auch die Kirche, die er zum Ort seiner Wirksamkeit ausgesucht hat, übersteigt.762 Der Verfasser sei von Paulus „inspiriert“, vor allem von 1 Kor 8,6: „Dort zitiert Paulus einen traditionellen gottesdienstlichen ‚Zuruf‘, eine sog. Akklamation: ‚Ein Gott – der Vater, aus dem alles ist und wir auf ihn hin! Ein Herr, Jesus Christus, durch den alles ist und wir durch ihn.“763 Luz vermeldet auch Röm 11,36 und 1 Kor 12,6 (s. o.), nicht aber Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός).764 Der Verfasser erweitere „die gottesdienstliche Akklamation in die Richtung, die er selbst durch 2,14–18 vorgezeichnet hat, und deutet an, was für Konsequenzen die Einheit Gottes und Christi im Leben der Kirche hat“.765 Anhand dieser paulinischen Parallelen lässt sich aber die Aussage in Eph  4,6 b, dass Gott διὰ πάντων ist, nicht erklären (vgl.  für ἐπὶ πάντων Röm  9,5 und für ἐν πᾶ­σιν 1 Kor 12,6). Luz ist sich dessen wohl bewusst, da er noch bemerkt, dass hinter der Formel letztlich stoische beziehungsweise orphische Allmachtsaussagen stehen, die ursprünglich pantheistisch gemeint waren: „Gott, der über allem ist, durchdringt alles und ist in allem.“766 Beispiele von solchen stoischen und orphischen Aussagen, die der Verfasser des Eph übernommen habe,767 gibt Luz in seinem knappen Kommentar nicht an.

756 Es ist zwar möglich, dass die kompilierte Formel dem Vf. des Eph vorlag, diese Behauptung ist aber eine extra Hypothese, die sich nicht nachweisen lässt. 757 S. Ulrich Luz, Der Brief an die Epheser, in: Jürgen Becker / Ders. (Hg.), Die Briefe an die Galater, Epheser und Kolosser (Das Neue Testament Deutsch 8 / 1), Göttingen: Vanden­ hoeck & Ruprecht 181998, 105–180, 150. Vgl. S. 155, wo Luz die Möglichkeit offen hält, dass „über allen, durch alle und in allen“ gemeint ist. 758 Vgl. Luz, Epheser, 154–155. 759 S. Luz, Epheser, 155. 760 Vgl. Luz, Epheser, 154. 761 S. ebd. 762 Vgl. Luz, Epheser, 155. 763 S. Luz, Epheser, 152. Der gottesdienstliche Charakter von 1 Kor 8,6 und Eph 4,5–6 bleibt unbewiesene Spekulation. 764 Vgl. Luz, Epheser, 152. 765 S. ebd. 766 S. Luz, Epheser, 155. 767 S. ebd.: „Der Verfasser […] hat keine Hemmungen, solche Aussagen zu übernehmen“ (Hervorhebung vom Vf., MG).

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2. Forschungsüberblick

Margaret MacDonald (1998) deutet Eph  4,6 kosmologisch. Eph sei auf die Förderung von Einheit gerichtet.768 Diese Einheit beginne „zu Hause“ – am Ort der Familie und der „Hausgemeinde“ –, dehne sich auf verschiedene kulturelle Gruppen innerhalb der Kirche (bes. auf Juden- und Heidenchristen) aus und habe auch kosmische Dimensionen.769 Die Einheit der Kirche (der Universalkirche)770 sei Teil von Gottes Plan, alles zu vereinigen (vgl. Eph 1,10).771 Eph 4,4–6 besage, dass die Einheit und Fülle der Kirche aus dem einen Gott, der das Universum beherrscht, hervorgehen.772 Näheres zu Eph 4,6 bietet MacDonald in ihrem Epheserkommentar aus dem Jahr 2000 (s. u., Ausg. 2008). Peter O’Brien (1999) zufolge lobt Paulus in Eph 4,6 Gottes universale Herrschaft und Gegenwart.773 Der Vers, von O’Brien übersetzt mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“,774 akklamiere den einen Gott als Vater (V. 6 a) und bestätige Gottes Transzendenz (ἐπὶ πάντων) und alles durchdringende Immanenz (διὰ πάντων καὶ ἐν πᾶσιν).775 In Eph 4,1–6 stelle Paulus seinen Rezipienten das Aufrechterhalten der Einheit der Kirche als ein dringendes Anliegen vor Augen.776 „Kirche“ meine hier 768 Vgl. Margaret Y. MacDonald, Ephesians, in: William R. Farmer (Hg.), The International Bible Commentary: A Catholic and Ecumenical Commentary for the Twenty-First Century, Collegeville, MN: Liturgical Press 1998, 1670–1686, 1670: „In Ephesians the apos­ tle is intent on encouraging unity.“ Vgl. auch S. 1671: „The various sections of Ephesians are held together by the common theme of unity.“ 769 Vgl. MacDonald, Ephesians, 1670: „This unity should begin with the home, the place for nurturing family relations and, in the early Church, the physical space where church meetings occur. Unity should extend to include various cultural groups in the Church; the historical context of Ephesians leads to a special interest in the breaking down of barriers between Jewish Christians and those from Gentile backgrounds. The concern with unity even takes on cosmic proportions in this work: unity is created by Christ filling the world with salvific power.“ 770 Vgl. zu ἐκκλησία in Eph ebd. 771 Vgl. MacDonald, Ephesians, 1682: „The importance of unification in God’s plan for the world [vgl. Eph 1,10] is stressed throughout the first three chapters of Ephesians and the last four chapters offer practical recommendations for living in a way that mirrors God’s plan.“ 772 Vgl. ebd.: „With poetic beauty the author of Ephesians sustains this vision of Church life by repeating the terms ‚one‘ and ‚all‘: oneness and fullness flow from the one God who has dominion over the universe (4:4–6).“ 773 Vgl. dazu bes. Peter T. O’Brien, The Letter to the Ephesians (Pillar New Testament Commentaries), Grand Rapids, MI / Cambridge / Leicester: Eerdmans /Apollos 1999, 284. 774 S. O’Brien, Ephesians, 271 (mit typographischen Änderungen: normal statt kursiv). 775 Vgl. O’Brien, Ephesians, 284: „This acclamation [in Eph 4,6] […] acclaims the one God as Father, and then affirms his supreme transcendence over all and pervasive immi­nence [sic], through all and in all“ (Hervorhebung von O’Brien). Vgl. auch S. 285 (wo richtig immanence steht). Ob ἐπὶ πάντων auf Gottes „supreme transcendence“ deutet, ist zweifelhaft. 776 Vgl. dazu O’Brien, Ephesians, 273–274. O’Brien (S. 273) gibt Eph 4,1–6 die Überschrift „The Unity of the Church as an Urgent Concern“ (Hervorhebung von O’Brien).

2.3 Forschungen aus den Jahren 1980 bis 1999

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die himmlische Versammlung (Christi Leib), wovon jede christliche Gemeinde eine lokale Manifestation (nicht: Teil) sei.777 Das Problem dieser himmlischen Deutung der Kirche ist aber, dass VV. 1–3, ἓν βάπτισμα in V. 5 und ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν in V. 7 nahelegen, dass es um die (Gesamt)Kirche auf Erden geht. In VV. 4–6 begründe Paulus die Motivation für seinen Aufruf, die Einheit aufrechtzuerhalten (V. 3).778 Dabei bewege er sich von Ermahnung (VV. 1–3) zu Beteuerung (VV. 4–6).779 In einer Liste von sieben Akklamationen gebe Paulus die grundlegenden Einheiten an, auf denen der christliche Glaube und das christliche Leben basieren.780 Die Liste sei trinitarisch gegliedert (vgl. die Reihenfolge in 1 Kor 12,4–6).781 V. 6 forme die Klimax der Liste.782 Paulus be­gründe hier, warum die Glaubenden die Einheit der Kirche wahren müssen: Die Kirche sei Gottes Pilotprojekt, das für alles und jeden deutlich machen soll, dass Gott letztendlich alles in Christus vereinen will (vgl. Eph 1,9–10).783 Nach O’Brien ist Eph 4,4–6 kein Zitat, sondern eine Ad-hoc-Bildung des Paulus anhand verschiedenen Materials.784 Die von O’Brien angeführten Parallelen zu Eph 4,6 (Dtn 6,4; Ps 2, 8; Jer 23,24; Röm 8,15; 11,36; 1 Kor 8,6;

777 Vgl. O’Brien, Ephesians, 281: „This body [ἓν σῶμα, Eph 4,4] is the church, Christ’s Body (1:23), which comprises Jewish and Gentile believers alike. It is the heavenly gathering, assembled around Christ, in which believers now participate. That body of Christ is, by definition, one. Each congregation is a local manifestation of this heavenly entity, not a part of it“ (Hervorhebung von O’Brien). 778 Vgl. dazu O’Brien, Ephesians, 273–274.280. 779 Vgl. O’Brien, Ephesians, 280: „This theological undergirding begins without any link­ing conjunction or verb in v. 4 as the apostle [Paulus] moves from exhortation (vv. 1–3) to assertion.“ 780 Vgl. ebd.: „As a strong motivation for his appeal for unity he [Paulus] presents a series of seven acclamations, each using the word ‚one‘, in which the readers are reminded of the fundamental unities on which the Christian faith and life are based.“ 781 Vgl. ebd.: „The sevenfold list is basically threefold since three of these unities allude to the three persons of the Trinity, while the remaining four refer to believers’ relationship to the Spirit, Son, and Father.“ Auf S. 281 weist O’Brien auf 1 Kor 12,4–6 hin. Die Rede von „den drei Personen der Trinität“ ist m. E. anachronistisch. 782 S. dazu O’Brien, Ephesians, 284. 783 Vgl. O’Brien, Ephesians, 285–286: „God’s universal sovereignty and presence are set forth as the climactic ground for the unity of the Spirit that believers are to maintain. His universal rule is being exercised to fulfil his ultimate purpose of unifying all things in Christ [s. Eph 1,9–10]. The unity of the church is the means by which the manifold wisdom of God is being displayed to the universe. The church is the eschatological outpost, the pilot project of God’s purposes, and his peope are the expression of this unity that displays to the universe his final goal.“ 784 Vgl. O’Brien, Ephesians, 280–281: „It has been argued that Paul is citing an early Christian confession or creed. This is possible but unlikely. The order (Spirit, Lord, and God) is quite different from that of the early confessions (Father, Son, and Spirit), while several clauses point rather to an ad hoc creation. […] The most that can legitimately be claimed, then, is that Paul may have utilized some items of credal material.“

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2. Forschungsüberblick

Gal 4,6; Eph 1,2–3.10–11.22–23; 3,9.14–15; 4,10; Kol 1,16) können die Syntagmen πατὴρ πάντων, ἐπὶ πάντων, διὰ πάντων oder ἐν πᾶσιν nicht erklären.785 O’Brien bemerkt mit Recht, dass die All-Prädikationen in Eph 4,6 am wahr­scheinlichsten entweder alle vier neutrisch oder alle vier maskulinisch zu deuten sind.786 O’Brien deutet sie neutrisch / kosmologisch. Dafür spreche Fol­gendes:787 An mehreren signifikanten Stellen in Eph, wo es um die Souveränität Gottes oder Christi geht, beziehe (τὰ) πάντα sich auf den Kosmos (s. Eph 1,10–11.22–23; 3,9; 4,10). In ähnlichen Formeln in den paulinischen Briefen, wo verschiedene Präpositionen Gott oder Christus qualifizieren, werde τὰ πάν­ τα für alles (nicht für alle Menschen, oder alle Gläubigen) verwendet (Röm 11,36; 1 Kor 8,6; Kol 1,16). Das Problem dieser zwei Argumente ist, dass in Eph 4,6, anders als in den von O’Brien angeführten Stellen, das Geschlecht der All-Wendungen nicht deutlich ist, der direkte Kontext des Verses aber eine ek­ klesiologische Deutung nahelegt. O’Briens drittes Argument ist insofern wider Erwarten, da es ablehnt, was eigentlich für seine These sprechen würde: Eph 4,6 habe zwar Affinitäten mit stoischer Terminologie, Paulus’ Ideen weichen aber von stoischen Vorstellungen ab und seien von alttestamentlichen Gottesbildern abhängig (vgl. Jer 23,24; Ps 2 und 8). Das Problem dieses Argumentes ist aber, dass das in Eph 4,6 auf Gott bezogene διὰ πάντων in der alttestamentlichen Literatur nicht vorkommt, sich aber aufgrund stoischer und anderer antiker (paganer sowie hellenistischjüdischer) philosophischer Vorstellungen plausibel erklären lässt. Schließlich gelte bei Paulus Gott zwar als „Vater“ Christi (vgl. Eph 1,3) beziehungsweise aller Christen (Röm  8,15; Gal  4,6; Eph  1,2), die Perspektive werde aber in Eph 3,14–15 auf alle von Gott geschaffenen Lebewesen und in Eph 4,6 auf alles erweitert. Auch hier weist der direkte Kontext von Eph 4,6 in eine andere Richtung: In V. 7 geht der Text mit ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν weiter ohne den Hinweis, dass sich der Bezugspunkt ändert. O’Briens Exegese leuchtet nicht ein.

2.4 Forschungen aus den Jahren 2000 bis 2017 Nils Dahl und Donald Juel (2000) kommentieren in ihrer kurzen Auslegung Eph 4,6 b nicht (vgl. meine Besprechung von Dahls Bibelstudie über den Epheserbrief 1965 [s. o.]).788 785 S.

dazu O’Brien, Ephesians, 284–285. dazu O’Brien, Ephesians, 284 Anm. 47. 787 Vgl. dazu O’Brien, Ephesians, 284–285, der hier großenteils auf Barth basiert. 788 Nils A. Dahl / Donald H. Juel, Ephesians, in: James L. Mays (Hg.), HarperCollins Bible Commentary, San Francisco, CA: HarperCollins 22000, 1113–1120, 1117, bemerken zu Eph 4,5–6: „The very carefully arranged correlation of ‚one‘ and ‚all‘ in vv. 5–6 has antecedents in a common Greek tradition that could be adapted to Jewish monotheism and to 786 S.

2.4 Forschungen aus den Jahren 2000 bis 2017

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Margaret MacDonald (2008 [2000]) deutet in ihrem sozialwissenschaftlichen Kommentar Eph 4,6 kosmologisch. Sie übersetzt den Vers (wie die NRSV) mit „one God and Father of all, who is above all and through all and in all“.789 Eph 4,4–6 sei eine poetisch gestaltete Bekenntnisformel,790 welche zum Ausdruck bringe, dass die eine Universalkirche ihren Ursprung in der göttlichen Einheit findet.791 Der Vers verbinde die Einheit der Kirche mit der unbesiegbaren Kraft womit Gott für kosmische Einheit sorgt.792 MacDonald begründet ihre kosmische Deutung von Eph 4,6 vor allem anhand von Eph 1,10.20–23 (über Gottes Souveränität und Rolle in der Vereinigung des Kosmos durch Christus) und Mark Aurel 4.23.793 Als Parallelen zu Eph 4,6 a führt sie Dtn 6,4, Röm 3,30 und 1 Kor  8,5–6 an.794 Schließlich verweist sie für den durch die vierfache Verwendung von πάντα (die Formen deutet sie neutrisch) gekennzeichneten liturgischen Stil auf Röm  11,36 (wo πάντα übrigens nur einmal vorkommt).795 Von den von MacDonald angeführten Parallelen sagt keine aus, dass Gott διὰ πάντων ist.

Christian faith (see 1 Cor. 8:6; Heb. 2:10–11; Rom. 11:36). In the context of Ephesians the formula expounds the basis of the unity that has to be preserved“ und zu Eph 4,6 (S. 1119): „The tendency to depict the whole universe as divided radically between good and evil powers […] is counterbalanced by a strong emphasis upon the sovereignty of God, the Creator and Father of all (3:9, 14–15; 4:6).“ Für die Auslegung von διὰ πάντων in Eph 4,6 b bringt dies uns nicht weiter. 789 S. Margaret Y. MacDonald, Ephesians, in: Dies., Colossians and Ephesians (Sacra Pagina Series 17), Collegeville, MN: Liturgical Press 2008, 191–354, 285. 790 Vgl. MacDonald, Ephesians (2008), 295: „Eph 4,1–16 barely introduces the ethical teaching before leading the reader into the confessional statement of 4:4–6, celebrating unity in the most poetic terms.“ 791 Vgl. MacDonald, Ephesians (2008), 296: „References [in Eph 4,4–6] to the Spirit, to the Lord, and to God the Father serve to articulate the identity of the church as a unified whole that ultimately draws its origins from divine oneness. In moving from church to God the Father the author takes believers through a progression of thought from daily community existence to experiences of the Spirit to identification with Christ in baptism to beholding divine transcendence.“ Auf S. 288 gibt MacDonald an, dass es um die Universalkirche („the universal church“) geht. Ob Eph 4,6 auf „transcendence“ deutet, d. h. auf mehr als Gottes Übergeordnetsein, ist zweifelhaft. 792 Vgl. MacDonald, Ephesians (2008), 298: „The way the unity of the church is tied to God’s power in uniting the cosmos in vv. 4–6 suggests invincible power.“ 793 Vgl. MacDonald, Ephesians (2008), 289: „this text [Eph 4,6] draws one’s attention back to previous proclamations of God’s sovereignty and of God’s role in uniting the cosmos through Christ (e. g., 1:10, 20–23). There are cosmological texts that praise the power that rules and permeates the universe in terms similar to Eph 4:6 (e. g., Marcus Aurelius, Medit. 4.23 […])“. 794 S. dazu MacDonald, Ephesians (2008), 288–289. 795 Vgl. MacDonald, Ephesians (2008), 289: „The fourfold repetition of panta (all) is typical of a liturgical style (cf. Rom 11:36).“ Die Redewendung ἐξ αὐτοῦ καὶ δι᾽ αὐτοῦ καὶ εἰς αὐτὸν τὰ πάντα in Röm 11,36 hat m. E. kaum Berührungspunkte mit Eph 4,6.

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2. Forschungsüberblick

Michael Theobald (2000) fokussiert bei seiner Auslegung von Eph 4,6 das Gegenüber von Einheit (als Kennzeichen des Göttlichen) und Vielheit (als Kennzeichen der menschlichen Wirklichkeit): „ein Gott und Vater aller, der über al­len und durch alle und in allen ist“.796 Die Devise angesichts dieser Formel laute: Einheit im Glauben (an den einen Gott, der Jesus Christus, den Herrn, und mit ihm die Glaubenden auferweckt und erhöht hat, vgl. Eph 1,15–2,10, bes. 1,20 und 2,6), Vielfalt in Lebens- und Frömmigkeitsformen.797 Eph 4,1–6 sei eine Mahnung zur Einheit (nicht: Einförmigkeit) der Kirche, wobei VV. 1–3 den ermahnenden Zuspruch und VV. 4–6 anhand von sieben Einheits-Aussagen die Begründung des Zuspruches bilden.798 Nach Eph 4,1–6 sei die Einheit der Kirche eine von Gott vorgegebene Wirklichkeit, die in der Kirche sichtbar werden muss: Die kirchliche Einheit ist Gabe des einen Gottes; ihre Bewahrung (nicht: Bewerkstelligung) Aufgabe der Glaubensgemeinschaft.799 Der Verfasser des Eph habe VV. 5–6, die eine „Akklamation“ beziehungsweise eine feierliche Anrufung des einen Herrn und des einen Gottes formen, aus dem (Tauf-)Gottesdienst der kleinasiatischen Gemeinden übernommen (vgl. 1 Kor 8,6 und 1 Tim 2,5–6) und sie um eine ekklesiologische Parole (V. 4) erweitert, damit eine von unten nach oben gestufte „trinitarische“ Aussage entstand: ein Geist (V. 4), ein Herr (V. 5), ein Gott (V. 6).800 Die drei Präpositionalwendungen in Eph 4,6 b legt Theobald nicht aus. Jean-Noël Aletti (2001) versteht Eph 4,6 als eine antipantheistische Aussage. Der Vers, den er mit „un seul Dieu et Père de tous, qui [est] au dessus de tous, par tous, et en tous“ übersetzt,801 sage aus, dass Gott, der über allem Geschaffenen steht, alles durchdringt, womit pantheistische Vorstellungen ausgeschlossen werden.802 Innerhalb Eph 4,4–6 finde eine thematische Bewegung von der Kirche zur Schöpfung statt. Der breitere Kontext (VV. 1–17) enthalte Mahnungen zur Einheit und Aufbau der Kirche.803 Dabei gebe VV. 1–3 die Anfangsmahnung zur Einheit (d. h. den Aufruf, die Einheit unter den Chris796 S. Michael Theobald, Mit den Augen des Herzens sehen. Der Epheserbrief als Leitfaden für Spiritualität und Kirche, Würzburg: Echter 2000, 115 (Hervorhebung von Theobald, s. dazu aber nicht S. 115, sondern S. 122), und vgl. S. 205. 797 Vgl. Theobald, Epheserbrief, 118.121–122.211. 798 Vgl. Theobald, Epheserbrief, 115. 799 Vgl. Theobald, Epheserbrief, 119–120. 800 Vgl. Theobald, Epheserbrief, 115–116.121.207. 801 S. Jean-Noël Aletti, Saint Paul. Épître aux Éphésiens (Études bibliques 42), Paris: Gabalda 2001, 204 (die Angabe „[est]“ ist von Aletti). 802 Vgl. Aletti, Éphésiens, 213: „par la double technique de la répétition et du polyptote [hier durch die Wiederholung von πᾶς in verschiedenen Kasus], Ep 4,6 b souligne comment Dieu qui est au-dessus de tout le créé le pénètre néanmoins, sans qu’il y ait confusion possible – tout panthéisme est exclu“. 803 Aletti, Éphésiens, 201, spricht von „exhortations sur l’unité et l’édification du corps ecclésial (4,1–17)“.

2.4 Forschungen aus den Jahren 2000 bis 2017

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ten zu wahren) und VV. 4–6 die Begründung der Einheit an.804 Eph 4,4–6 sei der Form nach keine Mahnung, sondern eine Akklamation (vgl. 1 Kor 8,6).805 Innerhalb dieser Akklamation werde mit der thematischen Bewegung von der Kirche zur Schöpfung zum Ausdruck gebracht, dass die Kirche, wenn sie wirklich als neue Menschheit lebt, besser verstehen und erklären kann, wie Gott der Schöpfer ist.806 Nach Aletti können die vier All-Aussagen in Eph 4,6 sich auf alle Glaubenden, alle Menschen, oder alles Geschaffene beziehen, wobei es am wahrscheinlichsten sei, dass alle vier im gleichen Sinne gemeint sind, da nichts darauf hinweise, dass sich der Bezugspunkt ändert.807 Ein Bezug auf alle Glaubenden wäre im Kontext des Eph möglich (d. h.: ein Gott und Vater aller Glaubenden, der über allen Glaubenden steht, in allen Glaubenden wohnt und durch alle Glaubenden wirkt), Eph 3,14 gebe aber an, dass Gottes Vaterschaft alles Geschaffene miteinbezieht.808 Das Problem dieser Argumentation ist aber, dass aus der Verwendung von πᾶσα πατριά in Eph 3,15 nicht folgt, dass Gott der Vater von allem ist. Für die All-Aussagen in Eph 4,6 gibt Aletti keine Parallelen an. Er hält 1 Kor 12,4–6 für die wichtigste Parallele zu Eph 4,4–6.809 Allerdings kann diese Stelle nur die Redewendung ἐν πᾶσιν (vgl. 1 Kor 12,6), nicht ἐπὶ πάν­των oder διὰ πάντων erklären. James Dunn (2001) bringt eine andersartige Auslegung von Eph 4,6 (eine Übersetzung bietet er nicht an): Dadurch, dass der Verfasser des Eph den einen Gott zum abschließenden Höhepunkt des Bekenntnisses Eph 4,4–6 macht und ihn mit vier All-Aussagen verbindet, erinnere er seine Adressaten daran, dass die letzte Grundlage christlicher Einheit Gott in seiner Einheit und Allheit als 804 Vgl. Aletti, Éphésiens, 206: „Les v. 1–3 sont une introduction générale à toute la sec­ tion exhortative, et en même temps une introduction aux v. 1–16, avec une nette insistance sur l’unité entre chrétiens; ce préembule est immédiatement suivi des raisons pour lesquelles l’unité doit être vécue et maintenue“; kurzgefasst: „v. 1–3 / 4–6 exhortation à l’unité et ses raisons“. 805 S. Aletti, Éphésiens, 210 mit Anm. 21. 806 Vgl. Aletti, Éphésiens, 213: „L’intérêt de la progression des v. 4–6 est de montrer comment Paul part de l’Église pour arriver à une affirmation concernant le créé […] c’est parce que l’Église, comme humanité nouvelle, vit vraiment ce qu’elle est, qu’elle peut mieux comprendre et dire comment Dieu est le créateur“ (Hervorhebung von Aletti). 807 Vgl. ebd.: „La difficulté vient du référent de l’adjectif ‚tous‘: s’agit-il des seuls cro­y­ ants, de l’ensemble des êtres humains, ou de tout le créé? […] il n’y a aucun indice signalant un changement de référent de 6 a à 6 b; en outre, la première occurence prépare manifestement les trois autres […], qui ont pour fonction de l’expliciter.“ 808 Vgl. ebd.: „Que l’adjectif [d. h. „alle(s)“] puisse s’appliquer aux croyants, qui ont Dieu comme père – un père qui est au-dessus d’eux tous, qui habite en eux tous et donc agit par eux tous –, Ep l’a répété plusieurs fois depuis l’eulogie. Mais l’ exégèse d’Ep 3,14 a montré que pour l’auteur de la lettre, la paternité de Dieu s’étend à tous les êtres.“ 809 Vgl. Aletti, Éphésiens, 205: „v. 4–6 ces versets ressemblent beaucoup à 1 Co 12,4–6.“

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2. Forschungsüberblick

Schöpfer ist (vgl. Röm 11,36).810 Das Problem dieser Interpretation ist, dass in Eph 4,6 der eine Gott (εἷς θεός) nicht auch das All ist, sondern sich von allen oder allem (πάντων bzw. πᾶσιν) unterscheidet. John Muddiman (2001) macht einen Unterschied zwischen der ursprünglichen, kosmologischen Formel, die nach seiner Meinung hinter Eph 4,6 steht und der ekklesiologischen Formel, die seiner Meinung nach jetzt in Eph 4,6 vorliegt.811 Seine Übersetzung lässt offen, ob die Formel sich auf alles oder alle (Menschen bzw. Christen) bezieht: „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“.812 Die ursprüngliche, kosmologische Formel verherrlichte die Einheit Gottes, der das Universum schöpft, erhält und durchdringt;813 die jetzige, ekklesiologische Formel gründe die christliche Einheit auf die Einheit Gottes,814 der als Vater transzendent, in Christus Heilsvermittler und im Geist in allen Glaubenden wohnhaft sei.815 Muddiman deutet kurz auf den stoischen beziehungsweise hellenistisch-jüdischen Hintergrund des Materials in Eph 4,6 hin, gibt aber nur einige Parallelen zu εἷς θεός (also weder zu πατὴρ πάντων noch zu den drei Präpositionalwendungen) an.816 Muddiman hält Eph für eine überarbeitete und erweiterte authentische paulinische Schrift 817 und meint, die „Bekenntnisformel“ in Eph 4,4–6 sei eine sekundäre redaktionelle Erweiterung, die von einem späteren Redaktor zwi810 Vgl. James D. G. Dunn, Ephesians, in: John Barton / John Muddiman (Hg.), The Oxford Bible Commentary, Oxford / New York: Oxford University Press 2001, 1165–1179, 1173: „By giving ‚one God‘ the climactic position (4:6) [im Abschnitt Eph 4,4–6], and attaching to it the four ‚all‘s [sic], the writer reminds his readers that the ultimate foundation of Christian unity is God both in his oneness and in his allness as Creator (cf. Rom 11:36).“ 811 Vgl. John Muddiman, A Commentary on the Epistle to the Ephesians (Black’s New Testament Commentaries), London / New York: Continuum 2001, 185–186. 812 S. Muddiman, Ephesians, 176.181. 813 S. Muddiman, Ephesians, 186: „a tradition celebrating the oneness of the God who generates, sustains and permeates the universe“. 814 S. bes. Muddiman, Ephesians, 177: „verses 4–6 are a quasi-credal chant, basing Chris­ tian unity ultimately in the doctrine of God“. Vgl. S. 49. Muddiman (S. 177) gibt dem Abschnitt Eph 4,1–16 die Überschrift „Christian integrity“, womit er den Zusammenhang zwischen der Einheit der Kirche („integrity“ im Sinne von „Einheit“) und ethischem Handeln („integrity“ im Sinne von „Integrität“) auszudrücken versucht: „The title we have given this section, ‚Christian integrity‘ [s. S. 176], is an attempt to convey the relation it implies be­ tween ethics and Church unity.“ 815 S. Muddiman, Ephesians, 186: „When read with a Christian hermeneutic, the final formula becomes almost trinitarian […]. God is transcendent Father (‚over all‘), the same God in Christ is mediator of salvation (‚through all‘) and in the Spirit indwells believers (‚in all‘).“ ἐπὶ πάντων („over all“) meint m. E. nicht „transcendent“. 816 S. ebd.: „The underlying material has affinities with Jewish Wisdom speculation ting­ ed with Stoicism, a potent mix in Hellenistic Judaism, whence it infiltrated the piety of early Christianity.“ Dieser Bemerkung liegt das alte (überholte), u. a. bei Dibelius bezeugte (s. o.) Schema Hellenismus → Hellenistisches Judentum → frühes Christentum zugrunde. 817 Vgl. Muddiman, Ephesians, viii.20–23.177.

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schen den aus der Feder des Paulus stammenden VV. 1–3 und 7 eingeschoben würde.818 Hinter dieser Bekenntnisformel stehe eine ältere Fassung: One Body, one Spirit, one Hope One Lord, one Faith, one Baptism One God, over all, through all, in all.

Diese vorgegebene (liturgische) Formel habe der Redaktor des Eph erweitert um καθὼς καὶ ἐκλήθητε ἐν … τῆς κλήσεως ὑμῶν (V. 4 b) sowie πατὴρ πάν­των (V. 6 a) und zusammen mit diesen Erweiterungen zwischen VV. 3 und 7 des paulinischen Briefes eingefügt.819 Der Redaktor habe V. 4 b an V. 1 (τῆς κλή­ σεως ἧς ἐκλήθητε) angeglichen, damit sein Einschub besser in den Kontext passte und in V. 6 πατὴρ πάντων hinzugefügt, um eine pantheistische Deutung zu korrigieren.820 Es ist aber plausibler, dass ein einziger Verfasser Eph 4,1–6 anhand von verschiedenen paulinischen und anderen Traditionen (nach seiner eigenen Zielsetzung) zusammengestellt hat (vgl. oben mein Schema bei Best). Eph 4,1 (παρακαλῶ οὖν ὑμᾶς […] ἀξίως περιπατῆσαι τῆς κλήσεως ἧς ἐκλήθητε) weist auffällige Übereinstimmungen mit 1 Thess 2,12 auf (παρακαλοῦντες ὑμᾶς […] εἰς τὸ περιπατεῖν ὑμᾶς ἀξίως τοῦ θεοῦ τοῦ καλοῦντος ὑμᾶς), wobei παρακαλῶ οὖν ὑμᾶς mit dem Anfang von Röm 12,1 sowie von 1 Kor 4,16 identisch ist. Eph 4,2–4 klingen an Kol 3,12–15 an. Die in Eph 4,4 vorliegende Kombination von ἓν σῶμα und καὶ ἐκλήθητε ἐν ist ähnlich wie das Syntagma καὶ ἐκλή­ θη­τε ἐν ἑνὶ σώματι in Kol 3,15. Da die Satzteile ταπεινοφροσύνης […] πραΰτη­ τος […] μακροθυμίας, ἀνεχόμενοι ἀλλήλων ἐν ἀγάπῃ […] ἐν τῷ συνδέσμῳ τῆς εἰ­ρήνης in Eph 4,2–3 (direkt gefolgt von ἓν σῶμα […] καὶ ἐκλήθητε ἐν in V. 4) fast wörtlich und in der gleichen Reihenfolge auch in Kol  3,12–15 bezeugt sind (ταπεινοφροσύνην πραΰτητα μακροθυμίαν ἀνεχόμενοι ἀλλήλων […] τὴν ἀγά­πην […] σύνδεσμος […] ἡ εἰρήνη, mit im letzten Vers καὶ ἐκλήθητε ἐν ἑνὶ σώ­ματι), ist die meist plausible Annahme, dass Eph 4,2–4 auf Kol 3,12–15 basiert; vorausgesetzt, dass Eph von Kol abhängig ist und nicht umgekehrt (s. Einleitungsfragen). Die Übereinstimmungen zwischen Eph 4,2–4 und Kol 3,12–15 machen es unwahrscheinlich, dass in diesem Abschnitt des Eph der Satzteil καθὼς καὶ ἐκλήθητε ἐν … τῆς κλήσεως ὑμῶν ein redaktioneller Eingriff sei.821 Zu Eph  4,4 bemerkt Muddiman noch: „Col.  3.15 is insufficient basis for verse 4 [d. h. Eph 4,4] because it lacks the other key elements, the Holy Spirit 818 Vgl.

Muddiman, Ephesians, 29.180–182.303.

819 Vgl. Muddiman, Ephesians, 181. Muddimans Formulierung „to remove the final phrase

of verse  4 as editorial“ (ebd.) ist unpräzise, da der letzte Satzteil des V. 4 auch μιᾷ ἐλπίδι um­fasst, was Muddiman zufolge gerade zur ursprünglichen Formel gehöre („One Body, one Spi­rit, one Hope“, s. o. [Hervorhebung vom Vf., MG]). 820 Vgl. Muddiman, Ephesians, 179.181.186. 821 Gegen Muddiman, Ephesians, 181.

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2. Forschungsüberblick

and hope.“822 Es ergibt aber methodisch keinen Sinn, die Texte nur auf Vers­ ebene zu vergleichen (hier: Eph 4,4 mit Kol 3,15). ἓν σῶμα in Eph 4,4 ist Teil eines Syntagmas (ἐν τῷ συνδέσμῳ τῆς εἰρήνης· ἓν σῶμα, VV. 3–4), das zusammenfügt, was in Kol  3,14–15 zerstreut vorkommt (σύνδεσμος […] ἡ εἰρήνη […] καὶ ἐκλήθητε ἐν ἑνὶ σώματι). ἓν πνεῦμα ist Teil eines Konglomerats, das viele Berührungspunkte mit 1 Kor 12 hat: ἓν πνεῦμα […] εἷς κύριος […] εἷς θεὸς […] ἐν πᾶσιν in Eph  4,4–6 kommt beispielsweise in Wortlaut, Reihenfolge und Inhalt τὸ δὲ αὐτὸ πνεῦμα […] ὁ αὐτὸς κύριος […] ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν in 1 Kor 12,4–6 nahe.823 Dazu kommt, dass die Kombination von „Leib“, „Geist“ und „Taufe“ (ἓν σῶμα, ἓν πνεῦμα und ἓν βάπτισμα) in Eph 4,4–5 auch in 1 Kor 12,13 vorliegt (ἐν ἑνὶ πνεύματι […] εἰς ἓν σῶμα ἐβαπ­τίσθημεν […] ἓν πνεῦμα). Das letzte Element von Eph 4,4, ἐν μιᾷ ἐλπίδι, formt zusammen mit ἐν ἀγάπῃ in V. 2 und μία πίστις in V. 5 eine weitverbreitete Triade, die unter anderem in Kol 1,4–5 vorhanden ist (τὴν πίστιν […] τὴν ἀγά­πην […] τὴν ἐλπίδα; vgl. bes. 1 Kor 13,13, Gal 5,5–6, 1 Thess 1,3 und 5,8). Eph 4,5–6 erhält schließlich Reminiszenzen an mehrere neutestamentliche Texte: Die Satzteile εἷς κύριος […] εἷς θεὸς καὶ πατήρ (VV. 5–6) erinnern an εἷς θεὸς ὁ πατὴρ […] καὶ εἷς κύριος in 1 Kor  8,6 (s. a.  die All-Wendungen), die Kombination von πίστις und βάπτισμα (V. 5) an ἐν τῷ βαπτισμῷ […] τῆς πίσ­τεως in Kol 2,12, θεὸς […] ὁ ἐπὶ πάντων (V. 6) an ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός in Röm 9,5 und εἷς θεὸς […] ὁ […] ἐν πᾶσιν (V. 6) an ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐν­ερ­ γῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν in 1 Kor 12,6. Bezüglich Eph 4,5–6 gibt es nur zu den (auf Gott bezogenen) Syntagmen πατὴρ πάντων und διὰ πάντων (V. 6) keine neutestamentlichen Parallelen. Diese zwei Elemente haben aber (wie ἑνότης in V. 3, das in der neutestamentlichen Literatur auch nur in Eph vorkommt) signifikante Verbindungen in die Philosophie (s. Analyse), was es plausibel macht, dass beide Elemente (wie ἑνότης) auf philosophischen Traditionen basieren und nicht, wie Muddiman behauptet, dass διὰ πάντων Bestandteil der ursprünglichen urchristlichen Bekenntnisformel (welche Parallelen gibt es zu εἷς θεὸς διὰ πάντων in der frühchristlichen Literatur vor Eph?), πατὴρ πάντων dagegen eine Erweiterung der Formel sei. Aus literar- beziehungsweise redaktionskritischen Gründen ist Muddimans These nicht schlüssig. Harold Hoehner (2002) legt Eph 4,6 ausschließlich anhand von Bibeltexten aus. Er deutet den Vers, den er übersetzt mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“,824 ekklesiologisch.

822 S.

ebd. fällt noch auf, dass in beiden Texten auf ἐν πᾶσιν eine ähnliche Redewendung folgt: in 1 Kor 12,7 ἑκάστῳ δὲ δίδοται und in Eph 4,7 ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν ἐδόθη. 824 S. Harold W. Hoehner, Ephesians. An Exegetical Commentary, Grand Rapids, MI: 823 Es

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Eph 4,4–6 illustriere, wie die drei Personen der Trinität als Basis der Einheit der Kirche dienen.825 Die Rede von „drei Personen der Trinität“ ist nicht nur anachronistisch, sie setzt auch voraus, dass in V. 4 ἓν πνεῦμα, in V. 5 εἷς κύριος und in V. 6 εἷς θεός zentral steht, in V. 4 steht aber ἓν σῶμα voran.826 Die Vorstellung, dass die Universalkirche ein einziger Leib (ἓν σῶμα, V. 4), ein Körper von Glaubenden aus den Juden und den Heiden ist, sei in der biblischen Literatur ein neues Konzept.827 Eph 4,6 forme die Klimax der Reihe in VV. 4–6, da Gott sowohl im Alten als auch im Neuen Testament der eine einigende Faktor sei.828 Hoehner zufolge meint πατὴρ πάντων „Vater aller Glaubenden“.829 Für diese Interpretation spreche der Kontext des Verses, worin Paulus Christen (nicht alle Menschen) ermahnt, die Einheit der Kirche zu wahren.830 Eph 3,14–15, wo Gott als „Vater, der jede Familie (πᾶσα πατριά) nennt“, bezeichnet wird, widerBaker Academic 2002, 514. Hoehner (S. 520–521) paraphrasiert den Vers wie folgt: „One God, the Father, is supreme over all, operative through all, and resides in all“ (Hervorhebung von Hoehner). 825 Vgl. Hoehner, Ephesians (2002), 501: „First, Paul exhorts believers to have a proper attitude toward unity (vv. 1–3) and then illustrates how the three persons of the Trinity serve as the basis of this unity (vv. 4–6).“ Hoehner meint hier die Einheit des Leibes Christi, der Kirche (s. S. 501). Für Hoehners trinitarische Deutung vgl. z. B. auch S. 109: „The basis of the unity of the church is the Trinity (Eph 4:3–6)“ und 520–521: „the Trinity is an integral part of this treatise on unity. […] All seven components [in Eph 4,4–6] are united in the Trin­ ity. […] the Triune God is the center and model for unity. This is in keeping with the rest of Ephesians which is known for its abundant references to the Trinity (cf. 1:4–14, 17; 2:18, 22; 3:4–5, 14–17; 4:4–6; 5:18–20).“ 826 Die Bemerkung von Hoehner, Ephesians (2002), 516, ἓν πνεῦμα sei „the unifier“ des V. 4 („The third person of the Trinity is the unifier in this verse“), lässt sich nicht begründen. Gegen Hoehner, Ephesians (2002), 520: „The one body of believers is vitalized by one Spirit, so all believers have one hope“ (Hervorhebung von Hoehner). Nach Hoehner (S. 521) fängt die Reihe deswegen mit πνεῦμα an, da es im Kontext um die Einheit des Geistes (V. 3) und die Geistesgaben (VV. 7–13) geht (vgl. 1 Kor 12,4–6). Die Behauptung, der Vf. des Eph habe die traditionelle „trinitarische“ Reihenfolge bewusst umgedreht (und nicht aus 1 Kor 12,4–6 übernommen), ruft aber die Frage auf, warum in der Aufzählung ἓν σῶμα (und nicht ἓν πνεῦμα) an erster Stelle steht. 827 Vgl. Hoehner, Ephesians (2002), 514: „there is one body (ἓν σῶμα), which refers to the universal church […]. Briefly, this consists of the body of believers, an entirely new concept in the NT, never envisioned in the OT. […] it is not that Gentiles become Jews, as in the OT, nor Jews become Gentiles, but that unbelieving Jews and Gentiles become one body of believers when they place their faith in the work of Christ at Calvary.“ 828 Vgl. Hoehner, Ephesians (2002), 518: „This [d. h. die Rede von Gott Vater] marks the climax, for God is the one unifying factor in both testaments.“ 829 Vgl. Hoehner, Ephesians (2002), 519: „God is further described as the God and Fa­ ther ‚of all,‘ which refers not to all humans but to all believers.“ 830 Vgl. ebd.: „This is substantiated in the present context because Paul is exhorting Christians, and not all humans, to preserve the unity. […] The present context is talking about the unity of all believers as modeled by the Father of all believers.“

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2. Forschungsüberblick

spreche diese Auslegung nicht, da dort ein anderer Kontext vorliege.831 Für die Idee, dass die Glaubenden (nicht alle Menschen) Kinder Gottes sind, verweist Hoehner auf Joh 1,12 und Gal 3,26.832 Schließlich spreche ἐν πᾶσιν (V. 6 b) gegen eine universalistische Deutung von Gott als Vater aller Menschen, da die neutestamentliche Literatur niemals aussage, dass Gott in allen Menschen wohnt, sondern nur, dass er in allen Glaubenden ist (s. Röm 8,9: πνεῦμα θεοῦ οἰκεῖ ἐν ὑμῖν).833 Auch die All-Prädikationen des V. 6 b deutet Hoehner ekklesiologisch. Da für Hoehner der direkte Kontext des Verses das Wichtigste ist, ist für ihn das Argument, dass an anderen Stellen in Eph (τὰ) πάντα sich auf den Kosmos bezieht (Eph  1,10.22–23; 3,9; 4,10), nicht entscheidend.834 Das von einigen angeführte Argument, dass in Röm 11,36, 1 Kor 8,6 und Kol 1,16 Gottes oder Christi Beziehung zu allem thematisiert wird, widerlegt er damit, dass Paulus in der Regel von Gott als Vater der Glaubenden (Röm 8,15; Gal 4,6; Kol 1,2; 2 Thess 2,16; Phlm 3) oder unseres Herrn Jesus Christus (Röm 15,6; 2 Kor 1,3; 11,31; Eph 1,3; Kol 1,3) spricht.835 Für eine maskulinische Deutung der AllPrädikationen sprechen das vorangehende (πατὴρ) πάντων (V. 6 a) sowie das folgende ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν (V. 7).836 Letzteres würde durch die Lesart ἐν πᾶ­σιν ἡμῖν, wenn man diese für ursprünglich hält, bestätigt.837 Schließlich bemerkt Hoehner (mit Mitton), dass die Idee, dass Gott „durch alle Dinge“ und „in allen Dingen“ ist, weder für die Bibel im Ganzen noch für die paulinischen Schriften im Besonderen charakteristisch sei.838 Das Problem dieses letzten Argumentes ist aber, dass διὰ πάντων sich anhand der biblischen Literatur überhaupt nicht erklären lässt, wohl aber anhand antiker philosophischer Diskurse. Nach Hoehner drückt ἐπὶ πάντων Gottes Souveränität gegenüber allen Glaubenden aus.839 Hoehner verweist hier nicht auf Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θε­ός). διὰ πάντων betone Gottes Immanenz und gebe an, dass er mittels der Glaubenden wirkt.840 Hier mischt Hoehner eine lokale mit einer instrumentalen 831 Vgl. ebd.: „Some commentators want to make God the universal Father, and Barth asserts that this view is ‚clinched by 3:14–15‘ where it speaks of Paul praying to the Father who names every family. However, that is a different context where Paul tries to show that the God to whom he prays is all powerful and still active in the world today.“ 832 S. ebd. 833 Vgl. ebd.: „Furthermore, the next words of the verse would argue against the idea of a universal Father of all human beings since he is not only over all but through all and in all. The NT never envisions that God is in every human being but that he resides only in believers (Rom 8:9).“ Hier muss bemerkt werden, dass nach Röm 8,9 nicht Gott, sondern Gottes Geist in den Glaubenden wohnt. 834 Vgl. dazu Hoehner, Ephesians (2002), 519. 835 Vgl. ebd. 836 Vgl. Hoehner, Ephesians (2002), 519–520. 837 Vgl. Hoehner, Ephesians (2002), 519 Anm. 2, 520. 838 Vgl. Hoehner, Ephesians (2002), 520. 839 S. ebd.: „First, he is over (ἐπί) all, indicating his sovereign position over all believers.“ 840 S. ebd.: „Second, not only is God sovereign in all believers’ lives, he also works

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Deutung der Genitivkonstruktion. Hoehner weist dabei (nur) auf Eph 2,10 hin. Dort steht aber, dass die Glaubenden Gottes Geschöpfe (ποίημα) sind, die auf gute Werke hin geschaffen sind (κτισθέντες); nicht, dass Gott durch die Glaubenden das erreicht, was er will.841 ἐν πᾶσιν schließlich bedeute, dass Gottes Geist in allen Glaubenden wohnt.842 Hoehner erwähnt hier nicht 1 Kor 12,6 (ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν), wo ἐν πᾶσιν sich (wie in Eph 4,6) nicht auf Gottes Geist, sondern auf Gott selbst bezieht. Hoehners Exegese überzeugt nicht. Annemarie Mayer bespricht in ihrer Monographie Sprache der Einheit im Ephe­serbrief und in der Ökumene (2002) Eph 4,1–6 ausführlich, fokussiert dabei aber die sieben εἷς-Aussagen, bezüglich V. 6 also die εἷς-θεός-Formel (V. 6 a).843 In Eph 4,6 biete der eine Gott „die Letztbegründung der Einheit der Kirche“.844 Zu den πᾶς-Ausdrücken des Verses bemerkt Mayer (nur), dass sie hellenistischen Ursprungs und universal zu verstehen sind.845 Rainer Schwindt deutet in seiner Monographie Das Weltbild des Epheserbriefes (2002) Eph 4,6 kosmologisch, wohl aber mit ekklesiologischem Zuschnitt.846 Schwindt zufolge beziehen sich die All-Wendungen in Eph 4,6 nicht through (διά) all of them. Here the emphasis is on God’s immanence. He accomplishes his pur­poses through the instruments of believers.“ 841 Gegen ebd.: „This is in keeping with 2:10 where the believer is God’s workmanship created for good works which God prepared beforehand in order that he or she should walk in them.“ 842 S. ebd.: „Finally, God is in all believers (ἐν πᾶσιν ἡμῖν). This signifies the indwelling Spirit (John 14:16–17; Rom 8,9; 1 Cor 2:12; 6:19–20; Gal 3:2; 4:6; 1 John 2:27; 3:24; 4:13), his intimate presence.“ Hoehner folgt hier also der Lesart mit ἡμῖν. Hoehner (ebd.) weist noch auf Eph 2,22 hin, wo ausgesagt werde, dass Gott in der Person des Heiligen Geistes in der Kirche wohnt; Eph 4,6 würde dies auf die individuellen Glaubenden beziehen. Die Rede von „der Person des Heiligen Geistes“ ist aber anachronistisch. Außerdem steht in Eph 2,22 nicht, dass Gottes Geist in der Kirche wohnt, sondern, dass die Glaubenden miterbaut werden zu einer Wohnung Gottes „im Geist“ (nicht: des Geistes Gottes). Gegen Hoehner (ebd.): „Whereas Paul spoke about God dwelling in the person of the Holy Spirit in the corporate body of the church (2:22), he now [d. h. in Eph 4,6 b] is talking about the personal dwelling of God in believers.“ Hoehners letzte Redewendung „the personal dwelling of God in believ­ ers“ scheint mir übrigens richtig zu sein. 843 Vgl. Annemarie C. Mayer, Sprache der Einheit im Epheserbrief und in der Ökumene (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, 2. Reihe 150), Tübingen: Mohr Siebeck 2002, bes. 61–66 (mit einigen Vergleichsstellen, u. a. bei Philo). Nach Mayer (S. 63) wurden die εἷς-Prädikationen in Eph 4,5–6 aus 1 Kor 8,6 übernommen und geändert. 844 S. Mayer, Sprache, 63. 845 Vgl. ebd. 846 Vgl. Rainer Schwindt, Das Weltbild des Epheserbriefes. Eine religionsgeschichtlich-­ exegetische Studie (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 148), Tübingen: Mohr Siebeck 2002, 353–354.

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2. Forschungsüberblick

nur auf die Glieder der Kirche, obgleich Letzteres vom direkten Kontext her nahe liegt.847 Eph 4,6 verbinde den altbiblischen Glauben an den einen Gott als den Schöpfer des Alls mit hellenistisch-pantheistischen Gottesvorstellungen.848 Für die Idee, dass Eph 4,6 a auf Gott als Schöpfer des Alls hindeutet, verweist Schwindt auf Eph  3,9.15, wo die gesamte Schöpfungswirklichkeit im Blick stehe, und auf Philo (Spec. 1.13–14; Post. 153; Virt. 77), der mit der Gottesbezeichnung πατὴρ πάντων (vgl. Eph 4,6) Gottes Schöpfernatur umschreibe.849 Für die Idee, dass die All-Formulierungen in Eph  4,6 b Gottes Allmacht und Weltimmanenz ausdrücken, verweist er unter anderem auf Diogenes von Apollonia (Frgm. 5), wobei er meint, dass sowohl Eph als auch Philo hellenistische All-Formeln in nicht-pantheistischem Sinne anwenden.850 Eph 4,6 sei (wie 1 Kor 8,5–6) antipantheistisch gemeint.851 Ziel des Verses sei es, die Einheit der Kirche in der gottgewirkten All-Einheit zu gründen.852 Johannes van Leeuwen (2005) deutet Eph  4,6 trinitarisch. Er übersetzt den Text mit „één God en Vader van allen, die is boven allen en door allen en in allen“.853 Eph 4,1–16 sei eine Ermahnung über die Einheit der Glaubensgemeinschaft.854 In diesem Zusammenhang gebe Eph 4,4–6 an, dass Einheit die erste und große Eigenschaft der (sichtbaren) Kirche ist.855 V. 6 sei die Krönung der siebengliedrigen Liste in VV. 4–6; der Vers gebe die Einheit des dreifaltigen Gottes an.856 V. 6 a besage, dass der eine Gott und Vater von allen die einzige und ewige Quelle von allem ist.857 Van Leeuwen mischt hier eine mas847 Vgl.

Schwindt, Weltbild, 353. ebd. 849 Vgl. Schwindt, Weltbild, 353 mit Anm. 16. 850 Vgl. Schwindt, Weltbild, 353–354. 851 Vgl. Schwindt, Weltbild, 354. 852 Vgl. Schwindt, Weltbild, 353. 853 S. Johannes H. van Leeuwen, Brief uit de kerker. Verklaring van de brief van de heilige apostel Paulus aan de christenen van Efeze, Tegelen: St Petrus Canisiusstichting 2005, 61. 854 Van Leeuwen, Brief uit de kerker, 53, bezeichnet Eph 4,1–16 als „een vermaning over de eenheid van de geloofsgemeenschap als zodanig“. 855 Vgl. Van Leeuwen, Brief uit de kerker, 151: „Het gaat hier om de onderlinge eenheid tussen de gelovigen, die weliswaar niet anders dan met behulp van de heilige Geest kan worden gevonden, en ook in Hem haar bron en haar doel heeft, maar die toch in de menselijke geest haar zetel zal moeten vinden. […] Over die Kerk, tot eenheid gekomen in de sundesmos, de ‚band‘ van de vrede van Christus (Ef. 4:3), gaat Paulus nu verder [in VV. 4–6]. En daarbij maakt hij die eenheid tot haar eerste en grote kenmerk.“ Nach Van Leeuwen (ebd.) bezieht sich ἓν σῶμα (Eph 4,4) auf „de Kerk […] haar zichtbare gestalte, die bestaat in de ge­meenschap van al haar leden“. 856 Vgl. ebd.: „Zevenmaal komt het woordje ‚één‘ voor, in twee reeksen van drie (Ef. 4:4 v.), die worden bekroond door de grote eenheid van de drievuldige God als de zevende (Ef. 4:6).“ 857 Vgl. Van Leeuwen, Brief uit de kerker, 152: „En tenslotte [am Ende des Abschnitts 848 Vgl.

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kulinische mit einer neutrischen Deutung. V. 6 b bringe zum Ausdruck, dass Gott Vater „über allen“ steht (ἐπὶ πάντων), durch seinen Sohn „durch alle“ ist (διὰ πάντων) und durch seinen Geist „in allen“ wohnt.858 Paulus spreche hier von der heiligen Dreifaltigkeit.859 Wie Gott eine Einheit aus drei göttlichen Personen sei, so sei die Kirche eine Einheit in der Vielfalt.860 Hier ist das Problem, dass sich die All-Prädikationen in Eph 4,6 alle auf Gott beziehen und ein trinitarisches Verständnis der Gottheit für Eph nicht nachvollziehbar ist. Van Leeuwen begründet seine Auslegung nicht. John Paul Heil (2007) interpretiert Eph 4,6, den er mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“ übersetzt,861 kosmologisch.862 Ziel des Eph sei es, die Adressaten zu überzeugen und zu stärken, ihren Weg in Liebe zu gehen und damit zur kosmischen Einheit von allem in Christus (vgl. Eph 1,9–10) beizutragen.863 Eph 4,1–16 sei die zentrale Perikope des Eph und rufe die Adressaten dazu auf, die Einheit unter den Glaubenden in Liebe zu wahren.864 Die VV. 4–6 dieser Perikope geben sieben Elemente an, die die Einheit des Geistes (Eph 4,3) als Gabe Gottes und / oder Christi betonen.865 In diesem Zusammenhang bringe Eph 4,6 zum Ausdruck, dass das Ziel der Einheit des Geistes kosmische Einheit ist.866 Die Rede in Eph 4,6 a von dem einen Gott und Vater aller Dinge im Kosmos mache die Adressaten darauf aufmerksam, dass der eine Gott der Ursprung der Einheit ist, die sie mit anderen Gläubigen Eph 4,4–6] wijst de apostel [Paulus] ons dan op de enige en eeuwige bron, uit Wie alles voortkomt, namelijk ‚één God en Vader van allen‘ (Ef. 4:6).“ 858 Vgl. Van Leeuwen, Brief uit de kerker, 153: „de Vader [wordt] in de eerste plaats […] geroemd als epi pantôn, ‚boven allen‘, en dat is Hij volkomen in Zichzelf; in de tweede plaats heet Hij er dia pantôn, dus ‚door allen‘, en dat verwerkelijkt Hij door zijn mensgeworden, eniggeboren Zoon; en in de derde plaats blijkt Hij en pasin, namelijk ‚in allen‘ te zijn, en hoe is Hij dat anders dan door de heilige Geest?“ 859 Vgl. ebd.: „En zo ontmoeten wij hier opnieuw de heilige Drievuldigheid, zo volmaakt onafscheidelijk van wezen als zij is.“ 860 Vgl. ebd.: „Want zoals de heilige Drievuldigheid zelf leeft in de eenheid van de drie god­delijke personen, zo bestaat ook de eenheid van de Kerk in een verscheidenheid van le­dematen, die tezamen één lichaam vormen; of ook uit vele stenen, die tezamen één huis bouwen.“ 861 S. O’Brien, Ephesians, 165.171. 862 John Paul Heil, Ephesians. Empowerment to Walk in Love for the Unity of All in Christ (Studies in Biblical Literature 13), Atlanta, GA: Society of Biblical Literature 2007, 171, lehnt dabei vor allem an O’Brien (s. o.) an. 863 Vgl. dazu Heil, Ephesians, 1–4. 864 Vgl. dazu Heil, Ephesians, 3–4.311–312, und die von ihm vorgesehene chiastische Makrostruktur des Eph mit in der Mitte Eph 4,1–16 (S. 13–45). 865 Vgl. Heil, Ephesians, 169: „A sevenfold use of ‚one‘ [in Eph 4,4–6] elaborates the el­ e­ments that effectively emphasize this unity [die Einheit des Geistes, s. Eph 4,3] as a gift of Christ’s and / or God’s love for the audience.“ 866 Vgl. Heil, Ephesians, 171: „The audience are to realize […] that […] cosmic unity is the ultimate destiny of the unity of the Spirit.“

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2. Forschungsüberblick

als Geschenk der Liebe Gottes teilen.867 Heil verweist dabei auf Eph 3,14–15 sowie Eph 1,2.3.17 und 2,18.868 Aus diesen Stellen folgt aber nicht, dass Gott der Vater aller Dinge sei. V. 6 b, der aussage, dass Gott über allem souverän, durch alles wirksam und in allem anwesend ist, erinnere daran, dass Gott in allen Dingen wirkt (τοῦ τὰ πάντα ἐνεργοῦντος, Eph 1,11), um alles (τὰ πάντα) in Christus zu vereinen (Eph 1,10).869 Für die Herkunft und den Sinn des διὰ πάντων leuchtet Heils Auslegung nicht ein. Charles Talbert (2007) kommentiert nur Eph 4,6 a (nicht V. 6 b) und lässt offen, ob er die All-Wendungen des Verses, den er (wie die NRSV) mit „one God […] and Father […] of all, who is above all and through all and in all“ übersetzt,870 kosmologisch oder ekklesiologisch deutet.871 Die in Eph 4,4–6 beteuerte siebenfache Grundlage christlicher Einheit sei eine Umarbeitung jüdischen Gedankenguts, das die Einheit des Gottesvolkes (und des Gesetzes, des Tempels, der Welt usw.) von der Einheit Gottes ableite.872 Dazu führt Talbert einige hellenistisch-jüdische Parallelen an (Philo Spec. 1.67; Virt. 7.35; ApcBar [syr] 48.23–24; 85.14).873 Für εἷς θεός sowie πατήρ (V. 6 a) weist er auf einige neutestamentliche Stellen hin (Röm 3,30; 1 Kor 8,4–6; Gal 3,20; 1 Tim 2,5 bzw. 867 Vgl. ebd.: „Recalling Paul’s prayer to God as the ‚Father‘ (πατέρα) from whom ‚every‘ (πᾶσα) family in heaven and on earth is named (3:14–15; cf. 1:2, 3, 17: [sic] 2:18), this reference to the one God and ‚Father‘ (πατήρ) of ‚all‘ (πάντων) things in the cosmos makes the audience aware that the ‚one‘ God is the ultimate origin of the unity they share with all other believers as a gift of God’s love.“ 868 S. ebd. 869 Vgl. ebd.: „That this one God and Father of ‚all‘ (πάντων) is sovereignly over ‚all‘ (πάν­των) and dynamically at work through ‚all‘ (πάντων) and immanently in ‚all‘ (πάντων) [sic] recalls that God is the One at work in ‚all things‘ (τὰ πάντα, 1:11) to unite under one head ‚all things‘ (τὰ πάντα) in the Christ, the things in the heavens and the things on earth (1:10)“ (Hervorhebung von Heil). 870 S. Charles H. Talbert, Ephesians, in: Ders., Ephesians and Colossians (ΠΑΙΔΕΙΑ / Paideia. Commentaries on the New Testament), Grand Rapids, MI: Baker Academic 2007, 29–172, 109 (mit typographischen Änderungen: normal statt fett; die mit „[…]“ angegebenen Auslassungen betreffen Verweise auf Parallelstellen). 871 Talbert (ebd.) bemerkt dazu nur: „‚All‘ could refer to the cosmos […] or to the church.“ Die Möglichkeit, dass die All-Wendungen sich auf alle Menschen beziehen, erwähnt Talbert nicht. 872 Vgl. ebd.: „The sevenfold basis for Christian unity in Ephesians is an adaptation of this Jewish way of thinking [vgl. die von Talbert angeführten hellenistisch-jüdischen Parallelen]. The unity of the church in Ephesians is rooted in the unity of Christian reality, expressed in the seven items just mentioned (4:4–6).“ 873 S. ebd.: „Philo speaks about there being one sanctuary because there is only one God (Spec. 1.67). 2 Baruch says that ‚there is one law by One, one world and one end for all who exist‘ (85.14). Philo derives the unity of the Jewish people from their belief in the one God. He says, ‚the highest and greatest source of this unanimity is their creed of a single God, through which, as from a fountain, they feel a love for each other; uniting them in an indissoluble bond‘ (Virt. 7.35). Second Baruch sounds a similar note when it says, ‚we are all one

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Eph 1,3.17; 2,18; 3,14).874 Für die Exegese von Eph 4,6 b (den Talbert ja auch nicht auslegt) bringt dies alles nichts. Ben Witherington (2007) interpretiert Eph 4,6 in seinem sozio-rhetorischen Kommentar universalistisch. Er übersetzt den Vers (wie die NRSV) mit „one God and Father of all, who is above all and through all and in all“.875 „All“ meine hier „alles und alle“.876 Dafür spreche Eph 3,14–15, wo es um die Beziehung zwischen Gott Vater und allen Lebewesen oder allen Dingen inklusive aller Lebewesen gehe.877 Dass πᾶσα πατριά auf alle Dinge Bezug nimmt, scheint mir aber unwahrscheinlich zu sein. Zum Gedankengang der Perikope sagt Witherington Folgendes. Eph 4,1–16 handele über die Perfektionierung der Einheit der Kirche.878 Dabei gehe es nicht um die Einheit zwischen einzelnen in der lokalen Gemeinde (vgl. 1 Kor), sondern um die Einheit zwischen den christlichen Gemeinden in verschiedenen Orten.879 Dafür spreche, dass in Eph anders als in 1 Kor keine Konfliktsituation vorliegt.880 Eph 4,4–6 biete eine logische Begründung der Ermahnung in VV. 1–3, die kirchliche Einheit aufrechtzuerhalten.881 Es werden in VV. 4–6 people of the Name; we who received one law from the One‘ (48.23–24).“ Alle von Talbert zur Stelle angeführten Parallelen kommen bei Lincoln, Ephesians, 238 vor, auf den Talbert sich hier vermutlich bezieht. 874 S. Talbert, Ephesians, 109. 875 S. Ben Witherington, The Homily Called Ephesians, in: Ders., The Letters to Philemon, the Colossians, and the Ephesians. A Socio-Rhetorical Commentary on the Captivity Epistles, Grand Rapids, MI / Cambridge: Eerdmans 2007, 215–365, 283 (mit typographischen Änderungen: normal statt kursiv). 876 Vgl. Witherington, Ephesians, 287: „There is […], as v. 6 says, but one God and Father of everything and everyone, who is said to be above, through, and in all.“ 877 Vgl. ebd.: „The ‚all‘ here might be limited to all believers or all congregations, but since it is formulaic we cannot be sure. O’Brien [s. O’Brien, Ephesians, 284–285] makes a good case, based on the more universal thrust of texts like 3.14–15, that ‚all‘ here must refer to all sentient beings or even all things, including all sentient beings.“ 878 Witherington, Ephesians, 283, gibt dem Abschnitt Eph 4,1–16 die Überschrift „The Formation of a More Perfect Union“. 879 Vgl. Witherington, Ephesians, 285: „the unity referred to here and further inculcated [in Eph] is a unity among congregations in different places“. 880 Vgl. Witherington, Ephesians, 285–286: „Striving for unity in this situation [d. h., wenn es um die Einheit zwischen Gemeinden in verschiedenen Orten geht] need imply no strife, only the obstacles of distance and lack of communication and fellowship. The way the theme of unity is handled indirectly supports the contention that this is likely a general discourse meant to circulate through several congregations, seeking to heighten their sense of group unity and loyalty despite separations of space and time.“ Witherington ( passim) hält Eph für eine Predigt. 881 Vgl. Witherington, Ephesians, 280: „Paul […] [is] providing a logical rationale in vv. 4–6 for the first exhortation in vv. 1–3.“ Für die Idee, dass die Einheit der Kirche in erster Instanz Gabe und keine Aufgabe ist, zitiert Witherington hier Caird (Ausg. 1976, S. 71). Vgl. dazu auch S. 285.

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2. Forschungsüberblick

einige (insgesamt sieben) theologische und praktische Grundlagen der Einheit genannt.882 Vater (V. 6), Sohn (V. 5) und Geist (V. 4) – trinitarisch strukturiert – formen die Basis für die Existenz der Einheit und die Ermahnung zur Einheit.883 Der Ermahnung werde durch Wortwiederholung (εἷς κτλ. sowie πᾶς κτλ.) und Asyndeton Nachdruck verliehen.884 In V. 6 diene der eine Gott und Vater von allem und allen als theologische Grundlage der kirchlichen Einheit.885 Witheringtons Theorie zum Hintergrund von Eph 4,6 ist wenig plausibel. Nach Witherington gebe es zwar ähnliche Formulierungen in stoischem (wie M. Aur. 4.23) und anderem Material, es sei aber wahrscheinlicher, dass der Vers auf 1 Kor 8,5–6 basiert, wo Paulus keine stoische Lehre, sondern eine Variante des Sch’ma Israel (Dtn 6,4) bringt.886 Dtn 6,4 und 1 Kor 8,5–6 (wo nicht διὰ πάντων, sondern δι᾽ οὗ τὰ πάντα steht, was sich nicht auf Gott, sondern auf Jesus Christus bezieht) bieten aber keine befriedigende Erklärung für das in Eph 4,6 auf Gott bezogene ἐπὶ πάντων (vgl. dazu Röm 9,5), διὰ πάντων (vgl. dazu pagane und hellenistisch-jüdische Gottesvorstellungen) oder ἐν πᾶσιν (vgl. dazu 1 Kor 12,6). Christiane Zimmermann deutet Eph 4,6 in ihrer Monographie Die Namen des Vaters. Studien zu ausgewählten neutestamentlichen Gottesbezeichnungen vor ihrem frühjüdischen und paganen Sprachhorizont (2007) universalistisch: Der eine „Gott [ist] der Vater ‚von allen / m‘ […], der über allem und durch alles und in allem ist“.887

882 Vgl. Witherington, Ephesians, 286: „Paul offers up some of the theological and prac­tical bases of that unity [zwischen den christlichen Gemeinden] in v. 4, with a sevenfold use of the word ‚one.‘“ Die Angabe „v. 4“ wirkt verwirrend, da die Zahl Eins in VV. 4–6 (nicht in V. 4) siebenmal vorkommt. 883 Vgl. ebd.: „Father, Son, and Spirit turn out to be the basis for the existence of and the exhortation to unity. A trinitarian structure anchors this statement, with the one Spirit anchoring v. 4, the one Lord anchoring v. 5, and the one God and Father of all anchoring v. 6.“ 884 Vgl. ebd.: „The repetition of the terms ‚one‘ and ‚all‘ and the asyndeton here have rhetorical force, adding weight to the exhortation.“ Witherington weist hier auf Roy R. Jeal, Integrating Theology and Ethics in Ephesians. The Ethos of Communication (Studies in the Bible and Early Christianity 43), Lewiston, NY: Mellen 2000, 180, hin. 885 Vgl. dazu Witherington, Ephesians, 286–287. 886 Vgl. Witherington, Ephesians, 287 Anm. 33: „There were similar sayings from Stoicism and elsewhere. See Marcus Aurelius, Meditations 4.23: ‚all things are from you, all things are in you, all things are to you.‘ It is however much more likely that Eph. 4.6 echoes 1 Cor. 8.5–6, which is itself a modification of the Schema (Deut. 6.4), rather than Stoic teach­ ing.“ 887 S. Christiane Zimmermann, Die Namen des Vaters. Studien zu ausgewählten neutestamentlichen Gottesbezeichnungen vor ihrem frühjüdischen und paganen Sprachhorizont (Ar­beiten zur Geschichte des antiken Judentums und des Urchristentums 69), Leiden / Boston, MA: Brill 2007, 144 (bei Zimmermann steht erst der erste, dann der zweite Teil des Zi­tats).

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Eph 4,6 bringe Gottes universale Vaterschaft zum Ausdruck.888 Das Bekennt­ nis zum einen Gott und Vater nehme 1 Kor 8,6 f. auf.889 Die All-Wendungen in Eph 4,6 seien einerseits abstrakt zu fassen („von allem“), andererseits personal („von allen“).890 Für den abstrakten Aspekt spreche die „Anlehnung an stoische Formulierungen“ (vgl. Eph 3,9; Diogenes von Apollonia Frgm. 5; Philo Her. 62; Spec. 1.13–14; Post. 175; Virt. 77; M. Aur. 7.9.2), für den personalen Aspekt „d[ie] ursprüngliche […] Formulierung des Textes in 1 Kor 8,6“.891 Zimmermann konkludiert: „Der Schöpfergott wird hier zum kosmischen All-Vater […]. Eph greift hier auf der Grundlage der Harmonisierung von Schöpfertum und kosmologischer Vaterschaft Gottes Formulierungen auf, die pantheistische Gedanken implizieren.“892 διὰ πάντων deutet sie in diesem „pantheistischen“ Sinne: „Der Vater ist der alles durchwaltende Schöpfergott.“893 Die Idee der universalen Vaterschaft Gottes sei eine Kombination von der jüdischen Vorstellung des Schöpfergottes und der (ursprünglich) griechischen Vorstellung Gottes kosmischer Vaterschaft.894 Für Eph 4,6 a (εἷς θεὸς καὶ πατήρ) könnte 1 Kor 8,6 a (εἷς θεὸς ὁ πατήρ) in der Tat den Hintergrund formen, die All-Wendungen des 1 Kor 8,6 sind aber gerade nicht „personal“, sondern neutrisch (τὰ πάντα). Übrigens bleibt unberücksichtigt, dass die erste All-Wendung in Eph  4,6 b Gemeinsamkeiten mit Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός) und die letzte mit 1 Kor 12,6 (ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν) aufweist. Eph 4,6 b spielt zwar auf pantheistische (nicht unbedingt „stoische“) Gottesvorstellungen an, diese werden vom Verfasser des Eph aber, wie der direkte Kontext des Verses zeigt, ekklesiologisch angewendet.895 888 Zimmermann, Namen, 65–66, spricht von der kosmologischen Vaterschaft Gottes, wobei sie (in Anm. 152) auf Eph  4,6 verweist. Auf S. 145 schreibt sie aber: „Nirgenwo [sic] wird der Gedanke der universalen Vaterschaft so deutlich wie in Eph“ (Hervorhebung vom Vf., MG). 889 Vgl. Zimmermann, Namen, 143. 890 Vgl. Zimmermann, Namen, 143–144. 891 S. und vgl. Zimmermann, Namen, 144 mit Anm. 472, 562 mit Anm. 120. 892 S. Zimmermann, Namen, 144. 893 S. Zimmermann, Namen, 145. Zimmermann macht diese Bemerkung im Zusammenhang mit Eph 3,14–15, ihre Bemerkung bezieht sich aber (vom Inhalt her) auf Eph 4,6. 894 Vgl. Zimmermann, Namen, 145. 895 Zimmermann, Namen, 144, bemerkt: „Die in Eph als ‚ein Leib‘ gedachte Kirche, deren Haupt Christus ist, setzt sich zusammen aus ‚allen‘, deren Vater der Schöpfergott ist, der zugleich ‚über allem, durch alles und in allem ist‘.“ Wenn Zimmermann damit meint, dass πάν­των in Eph 4,6 a sich auf alle Mitglieder der Kirche bezieht (was m. E. richtig wäre), dann ist mir unklar, warum sie schreibt, dass „Gott der Vater ‚von allen / m‘ ist“ (Hervorhebung vom Vf., MG) und dass sie von Gottes universaler Vaterschaft spricht. Nach Zimmermann, Namen, 562 Anm. 121, sollte für πατὴρ πάντων in Eph 4,6 a offen gelassen werden, ob diese Aussage neutrisch oder maskulinisch zu verstehen ist, da es in Eph 4,4–6 (wie in 1 Kor 8,6) „vor allem auch um die Glaubenden geht“.

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2. Forschungsüberblick

Gerhard Sellin (2008) interpretiert die drei präpositionalen Aussagen in Eph 4,6 b im Sinne von „‚Ortsangaben‘ Gottes in Relation zum ‚All‘ (τὰ πάντα)“.896 Die drei Präpositionalwendungen beschreiben attributiv den einen Gott in lokaler Hinsicht: Gott „ist ‚über‘ allem, geht ‚durch‘ alles hindurch und ist ‚in‘ allem“.897 Dabei drücke ἐπὶ πάντων Gottes Transzendenz und Weltlenkung, διὰ πάντων seine verbindende Mittlerfunktion beziehungsweise seine wirkende Macht und ἐν πᾶσιν seine Weltimmanenz aus, wobei die Reihe von außen nach innen gehe.898 „Gott [ist] der Welt übergeordnet, aber zugleich ihr steuerndes immanentes Prinzip.“899 Für das in Eph 4,6 auf Gott bezogene Syntagma διὰ πάντων verweist Sellin auf „religionsgeschichtliche Parallelen“ bei Diogenes von Apollonia (Frgm. 5 über „‚Gott‘ [, der] […] über allem zu stehen, und alles durchzuordnen und in allem darin zu sein [scheint]“, θεὸς  […] καὶ ἐπὶ πᾶν ἀφῖχθαι καὶ πάντα δια­τιθέναι καὶ ἐν παντὶ ἐνεῖναι), Pseudo-Aristoteles (mund.  394 b 10–11 über die „durch alles hindurchgehende [διὰ πάντων διήκουσα] […] Substanz“ bzw. πνεῦ­μα und 396 b 28–29 über die „eine durch alles hindurchgehende Dynamis ([…] μία [ἡ] διὰ πάντων διήκουσα δύναμις)“), Philo (Post. 6 über Gott: πάντα διὰ πάντων ἐκπεπληρωκότος) und Mark Aurel (7.9.2 über „das göttliche Weltprinzip“: „und [es gibt] nur einen Gott, der durch alles [d. h. durch den κόσμος] hindurchwest“, καὶ θεὸς εἷς δι᾽ ἁπάντων900).901 In den anderen von Sellin angeführten „religionsgeschichtliche[n] Analogien“ kommt διὰ πάντων nicht vor.902 Nach Sellin stammen die drei Präpositionalwendungen in Eph  4,6 b aus einer philosophischen Tradition, die er (mit Einschränkung) „die ‚pantheisti­ sche‘“ nennt.903 Er geht nicht von einer direkten literarischen Abhängigkeit aus, spricht jedoch vom „Einfluss“ von Platon (Tim.), von der stoischen Philoso­phie beziehungsweise Theologie und bezüglich der Form von der (bei Diogenes von Apollonia und Mark Aurel vorliegenden) „All-Einheitsformel“.904 Er hält es für wahrscheinlich, dass diese hellenistischen „Muster“ und „Topoi“ „über das hellenistische Judentum vermittelt wurden“.905 Der Verfasser des Eph habe die Elemente von Eph 4,6 selbst ausgewählt und kombiniert.906 896 S. Gerhard Sellin, Der Brief an die Epheser (Kritisch-exegetischer Kommentar über das Neue Testament 8), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2008, 327, und vgl. 312. 897 S. Sellin, Epheser, 310, und vgl. 309. 898 Vgl. Sellin, Epheser, 327–328. 899 S. Sellin, Epheser, 328. ἐπὶ πάντων bringt m. E. Gottes Übergeordnetsein, nicht dessen „Transzendenz“ zum Ausdruck. 900 Sellin, Epheser, 310 Anm. 11, weist darauf hin, dass hier auch διὰ πάντων gelesen werden kann (wegen scriptio continua ΔΙΑΠΑΝΤΩΝ), wie Dibelius, Christianisierung, 14, es tut, der Schenkl zitiert (s. o.). 901 S. Sellin, Epheser, 310–312.326 (zitiert nach Sellin; Hervorhebung von Sellin; Philo Post. 6 wird von Sellin nur in einer Fußnote erwähnt). 902 S. Sellin, Epheser, 312–313.326–327. 903 S. Sellin, Epheser, 327. 904 Vgl. Sellin, Epheser, 313.

2.4 Forschungen aus den Jahren 2000 bis 2017

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Vor dem Hintergrund der von ihm angeführten Parallelen meint Sellin, in Eph 4,6 seien πάντων und πᾶσιν als Neutrum aufzufassen, sie beziehen sich also auf das All.907 Sein wichtigstes Argument ist, dass „[b]ei den religionsgeschichtlichen Analogien […] die kosmische Bedeutung bei weitem [überwiegt]“ und dies „auch für Philon [gilt]“.908 Für die Entscheidung scheint mir aber der Kontext des Eph wichtiger zu sein als irgendeine externe Analogie. Sellin zufolge gebe es zwei Möglichkeiten: Es gehe entweder um „das All (τὰ πάντα)“ oder um „alle Menschen (πάντες)“.909 Sellin rechnet also nicht damit, dass es hier um alle (getauften) Glaubenden gehen kann, obwohl er be­merkt, dass „der Eph besonders im Vergleich zum Kol die Tendenz [hat], kosmische Aussagen stärker auf die Kirche zu beziehen“ und dass die Paränese von Eph 4,1–6,9 sich „an alle Getauften“ richtet.910 Sellin bemerkt mit Recht, dass die im kritischen Apparat des Nestle-Aland angegebene Lesart mit ἡμῖν nach ἐν πᾶσιν („in uns allen“) die Genusfrage nicht entscheiden kann, da sie wahrscheinlich eine sekundäre Anpassung an V. 7 ist.911 Er weist dabei aber nicht darauf hin, dass die Variante ein Problem signalisiert, das gegen seine Ge­nusbestimmung spricht, nämlich der Textfluss von V. 6 b nach V. 7, wo „jedem einzelnen von uns aber …“ (ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν) steht, was sich auf die (individuellen) Glaubenden bezieht. Es geht in Eph 4 durchaus um die Einheit der Glaubenden. Sellin zufolge lege die „‚Vater‘-Metapher“ (πατὴρ πάντων) „eine menschliche Beziehung nahe, doch ist sie seit Platon, Tim. 28 c eindeutig auf den Kosmos festgelegt: τὸν μὲν οὖν ποιητὴν καὶ πατέρα τοῦδε τοῦ παντός“. In diesem Zitat liegt aber das Syntagma πατὴρ πάντων nicht exakt vor. Außerdem zeigen unter anderem Mal 2,10 LXX (οὐχὶ θεὸς εἷς ἔκτισεν ὑμᾶς; οὐχὶ πατὴρ εἷς πάντων ὑμῶν;) und Plutarch, Pelopidas 21.4.5–6 (τὸν πάντων πατέρα θεῶν καὶ ἀνθρώπων), dass das Syntagma gerade nicht „eindeutig auf den Kosmos festgelegt“ ist. Dazu kommt, dass in Eph die Beziehung zwischen Gott dem Vater und den Glaubenden mehrfach erörtet wird (s. z. B. Eph  1,2.5; 5,1) und die Nichtglaubenden als „Gottlose“ (ἄθεοι, Eph 2,12) gelten. Sellin argumentiert, dass in Eph 4,6 b „das räumliche ἐπὶ πάντων [sich] nur im Sinne totaler Transzendenz und deshalb neutrisch verstehen [lässt]“ und 905 Vgl.

ebd. ebd. 907 Vgl. Sellin, Epheser, 310. 908 S. Sellin, Epheser, 326. 909 Vgl. ebd. 910 Vgl. Sellin, Epheser, 326 bzw. 303. 911 Vgl. Sellin, Epheser, 326 Anm. 125. Dazu muss noch bemerkt werden, dass die Lesart ohne ἡμῖν qualitativ besser bezeugt wird, nämlich u. a. von 𝔓46, ‫א‬, A, B und 33 (nach NestleAland alle zu Kategorie I bzw. zum alexandrinischen Texttyp gehörend), als die hauptsächlich vom westlichen bzw. byzantinischen Text bezeugte Lesart mit ἡμῖν (u. a. D 06, F, G, K, L, Ψ und 𝔐). Dies gilt übrigens auch im Vergleich zu der Lesart mit ὑμῖν (1739c), oder der mit ἀμήν (1241s). 906 Vgl.

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2. Forschungsüberblick

deswegen auch die zwei anderen präpositionalen Aussagen als Neutrum interpretiert werden müssen.912 Da aber die zwei anderen Präpositionalwendungen (διὰ πάντων und ἐν πᾶσιν) beide „pantheistisch“ konnotiert sind und πατὴρ πάντων eine menschliche Beziehung nahelegt, ist es unwahrscheinlich, dass mit ἐπὶ πάντων die totale Transzendenz Gottes gemeint ist. Im Kontext des Eph kann ἐπὶ πάντων wohl die Überlegenheit von Gott, dem Vater, gegenüber den Glaubenden, seinen Kindern, ausdrücken. Sellin bemerkt noch: „Die meisten absoluten (ὁ)  πᾶς-Belege in Eph  1–4 sind kosmisch (1,10.11.22–23; 3,9 b.20; 4,10). Dagegen stehen nur 3,9 a und 4,13.“913 Statistik ist hier nicht entscheidend. Das wirkliche Verhältnis scheint mir aber anders zu sein. Auf der einen Seite ist mit ὑπὲρ πάντα in Eph 1,22 b und 3,20 wahrscheinlich vor allem gemeint (s. u.), womit acht kosmische Be­ lege übrig bleiben (1,10–11.22 a.23 [2×]; 3,9 b; 4,10 [2×]). Auf der anderen Seite sind, wenn auch Eph 5–6 miteinbezogen werden, mehr als nur zwei Belege nicht kosmisch, abhängig von der Definition von „absolut“ (außer Eph  3,9 a und 4,13 bes. ἡμεῖς πάντες in Eph 2,3 und πάντα in 6,21, vgl. auch 4,15; 5,13–­ 14.20.24; 6,16 [2×]). Wenn übrigens alle πᾶς-Belege in Eph (außer 4,6) berücksichtigt werden („absolut“ oder nicht), dann gilt, dass die meisten nicht kosmisch sind (Eph 1,3.8.15.21 [2×].22 b; 2,3.21; 3,8.9 a.15.18–21; 4,2.13–15. 16 [2×].19.29.31 [2×]; 5,3.5.9.13–14.20.24; 6,16 [2×].18 [4×].21.24) und viele direkt oder indirekt in Bezug auf die ἐκκλησία oder ihre Angehörigen verwendet werden (Eph 1,15; 2,3.21; 3,8.18.21; 4,13.16; 6,18.24). Sellin schreibt zwar, dass sich die Paränese von Eph 4,1–6,9 an alle Getauften richtet,914 der Abschnitt 4,1–6 „vom Motiv der Einheit beherrscht [ist]“915, das Motiv der „Eins-heit“ (τὸ ἕν), das in der platonisch-pythagoreischen Philosophie eine bedeutende Rolle spielt, bei Philo von Alexandrien „metaphysische, […] soteriologische, anthropologische, psychologische, ethische und po­li­tische Konsequenzen [hat]“916 und das Einheitsmotiv auch im Neuen Testament vorkommt,917 er macht aber nicht klar, was der genaue Zusammenhang zwischen Eph 4,6 und dem Thema der Einheit der (getauften) Glieder der Kirche ist. Die Frage bleibt offen, was der Verfasser des Eph mit der Einheitsformel in Eph 4,6 über die Einheit der ἐκκλησία aussagen will. 912 S.

Sellin, Epheser, 327. Sellin, Epheser, 326–327. 914 Vgl. Sellin, Epheser, 303. 915 S. Sellin, Epheser, 313. 916 Vgl. Sellin, Epheser, 313–315. Über das Prinzip der „Eins-heit“ bei Philo schreibt Sellin (S. 314–315, mit Belegen in Anm. 39): „Vielheit (Zweiheit) bedeutet Materie, Entfremdung, innere und äußere Zerissenheit [sic], Krieg. Einheit bedeutet Geist, Erlösung, Über­einstimmung, Frieden.“ 917 Sellin, Epheser, 315, weist auf Joh 10,16.30; 11,52; 17,11.22–23; Röm 12,4–5; 15,6; 1 Kor 10,17; 12,13; Gal 3,16.20.28; Eph 2,14–18; 4,4–7; 5,31.33; Phil 1,27; 2,2 und Kol 3,15 hin. 913 S.

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William Larkin (2009) zufolge meint διὰ πάντων in Eph 4,6, dass Gott „mittels aller Christen“ wirkt.918 Seine Übersetzung des Verses in seinem hier besprochenen Handbuch zum griechischen Text des Eph macht dies aber nicht direkt deutlich: Er übersetzt den Vers mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“.919 Eph 4,1–6 sei eine Ermahnung zur Einheit, wozu in VV. 4–6 die Gründe angegeben werden.920 Nach Larkin ist es am wahrscheinlichsten, dass die AllWendungen des V. 6 alle vier entweder neutrisch oder maskulinisch sind.921 Obwohl πᾶς in Eph häufig mit Bezug auf den Kosmos verwendet wird (vgl. Eph 1,10.22–23; 3,9.15; 4,10), deuten nach Larkin die Verwendung von πατήρ im gleichen Vers (V. 6), die Thematisierung der Einheit der Kirche im direkt Vorangehenden (V. 4) und der Fokus auf individuelle Mitglieder der Kirche im direkt Folgenden (V. 7) darauf hin, dass die All-Wendungen in Eph 4,6 maskulinisch / persönlich gemeint sind.922 In Eph 4,6 b gebe ἐπὶ πάντων Gottes Überlegenheit an, διὰ πάντων sei instrumental gemeint (nicht lokal im Sinne von Gottes Immanenz, Vorsehung, oder erlösender Wirksamkeit im Menschen) und ἐν πᾶσιν bringe Gottes Innewohnen in den Erlösten zum Ausdruck.923 Für eine instrumentale Deutung des διὰ πάν­των gibt Larkin zwei Argumente an: Wenn lokal gemeint, dann würde διὰ πάν­των das Gleiche oder Ähnliches aussagen wie ἐν πᾶσιν, was überflüssig wäre; wenn instrumental gemeint, dann bereite διὰ πάντων die nächste Perikope über die Charismen vor (VV. 7–16).924 Für seine instrumentale Deutung des διὰ πάν­των gibt Larkin keine Belege an. Es ist auch nicht richtig, dass διά, wenn lokal gemeint, dasselbe besage wie ἐν: διά betrifft ein Hindurchziehen, eine Bewegung und Aktivität, ἐν dagegen ein Sein an einem Ort.

918 Vgl. William J. Larkin, Ephesians. A Handbook on the Greek Text (Baylor Handbook on the Greek New Testament), Waco, TX: Baylor University Press 2009, 72: „Intermediate agent, i. e., God operates through all Christians“. 919 S. Larkin, Ephesians, 67. 920 Vgl. ebd.: „The paragraph [Eph 4,1–6] is an exhortation to unity […]. The exhortation paragraph itself divides into a hortatory section (4:1–3) and a grounds unit (4:4–6).“ 921 Vgl. Larkin, Ephesians, 71: „The fourfold πᾶς in this climactic statement probably all have the same gender, whether neuter or masculine […]. There is not enough in the context to distinguish the use of different genders with different items.“ 922 Vgl. ebd.: „Paul’s frequent cosmic focus in Ephesians, particularly with the use of πᾶς (1:10, 22, 23; 3:9, 15; 4,10), would be congruent with neuter gender. The term πατὴρ [sic], however, denotes personal relationship, and the theme of church unity here (4:4) followed by a focus on individual church members (4:7) suggests that the gender is masculine and thus personal.“ 923 Vgl. dazu Larkin, Ephesians, 72. 924 Vgl. ebd.: „This intermediate agency use prepares for the discussion of the harmonious exercise of a diversity of giftings (4:7–16) and it avoids redundancy with the following PP [d. h., prepositional phrase].“

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Peter Williamson (2009) deutet Eph  4,6 ekklesiologisch und meint, dass διὰ πάν­των sich auf Gottes Anwesenheit und Aktivität in den durch ihn bewirkten Gaben bezieht. Williamson übersetzt den Vers mit der New American Bible (NAB), auf der die Kommentarreihe basiert, mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“.925 In Eph 4,1–16 belehre Paulus, dass, wenn jedes Mitglied der Kirche nach Einheit strebt und seine Rolle erfüllt, der Leib Christi (die Kirche) zur Reife kommt.926 Dabei geben VV. 1–6 Gesinnungen an, die die Einheit bewahren, sowie Fakten, die die Einheit gründen.927 Die sieben Fakten, die in VV. 4–6 genannt werden, dienen als (weitere) Bestätigung, dass Christen schon vereinigt sind.928 Was Christen vereinigt, ist unter anderem (und dies forme die Klimax der sieben Fakten), der eine Gott Vater (V. 6).929 Williamson bemerkt mit Recht, dass sich aus dem direkten Kontext ergibt, dass die All-Prädikationen in Eph 4,6 sich vermutlich auf alle Christen und nicht auf das Universum oder die Menschheit beziehen.930 „Über allen“ gebe an, dass alle Christen unter der Pflege und dem Schutz des einen Gott Vaters stehen, „durch alle“, dass Gott Vater in den ab V. 7 beschriebenen Gaben anwesend und wirksam ist (vgl. 1 Kor 12,11),931 und „in allen“, dass Christen Wohnstätte Gottes sind (vgl. Eph 2,21–22; 3,19).932 Als neutestamentliche Parallelen zu Eph 4,1–6 listet William­son noch Joh 17,20–23, 1 Kor 12,4–6.12–13, Gal 3,27–28, Phil 1,27– 2,4 und Kol  3,12–15 auf.933 Die Idee, dass διὰ πάντων sich auf Gottes An925 S. Peter  S. Williamson, Ephesians (Catholic Commentary on Sacred Scripture), Grand Rapids, MI: Baker Academic 2009, 108 (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). 926 Vgl. Williamson, Ephesians, 107: „Paul teaches us [in Eph 4,1–16] that as each member strives for unity and fulfills his or her role of ministry, the body of Christ advances toward maturity.“ 927 Williamson (ebd.) gibt Eph 4,1–6 die Überschrift „Unity – Attitudes That Preserve It, Facts That Establish It“ (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). 928 Vgl. Williamson, Ephesians, 110: „In the next three verses [Eph 4,4–6] Paul expands on his affirmation that Christians are already one by naming seven points of unity that we share.“ 929 Vgl. Williamson, Ephesians, 111: „At the climax [Eph 4,6] of his list of seven unities [Eph 4,4–6] Paul affirms that Jewish and Gentile believers are under the care and protection of the same Father God.“ 930 Vgl. ebd.: „Although some commentators take this ‚all‘ to refer to the universe and others to the whole human race – and God is certainly over both – the context emphasizes the unity of Christians.“ 931 Hier muss bemerkt werden, dass es in Eph 4,7–8.11 Christus ist, der die Gaben schenkt. 932 Vgl. dazu Williamson, Ephesians, 111: „who is over all […] believers are under the care and protection of the same Father God. This one God and Father works through all – this probably refers to God’s presence and activity in the gifts Paul is about to describe (as in 1 Cor 12:11). Finally, the ‚one God and Father‘ is in all, referring to the fact that we are already a ‚dwelling place of God‘ (2:21–22; 3:19)“ (mit typographischen Änderungen: kursiv statt fett). 933 S. Williamson, Ephesians, 108.

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wesenheit und Aktivität in den Gaben beziehen würde, ist im Hinblick auf ἐπὶ πάντων und ἐν πᾶσιν, welche denselben Bezugspunkt als διὰ πάντων zu haben scheinen, nicht überzeugend. Nach Clinton Arnold (2010) bringt διὰ πάντων in Eph 4,6 Gottes Allmacht zum Ausdruck. Arnold übersetzt den Vers mit „[There is] one God and Father of all, who is over all and through all and in all.“934 Dies sei ein Glaubensbekenntnis an den einen Gott, das die Souveränität, Allmacht und Präsenz Gott Vaters in seiner Schöpfung auf einzigartige Weise beschreibe.935 Damit bilde Paulus zuerst einen Gegensatz zwischen dem Glauben an den einen Gott (V. 6 a; vgl.  Dtn  6,4; Ios. A. J.  3.91; 4.201; 5.97; 8.343) und dem paganen Polytheismus in Ephesos.936 Die Rede von Gott als „Vater“ (V. 6 a) stehe an sich nicht im Kontrast zum Alten Testament, da Gott auch dort als „Vater“ bezeichnet wird (vgl. Dtn 32,6; Jes 63,16), im Neuen Testament werde aber stärker betont, dass Gott nahe, zugänglich und mit den Seinen ist (vgl. Eph 2,13).937 πατὴρ πάντων (V. 6 a) meine nicht „Vater der Seinen“, das heißt, „Vater aller Glaubenden in der Kirche“, sondern „Vater von allem“.938 Dazu muss aber bemerkt werden, dass nach einer von Arnold selbst angeführten Pa-

934 S. Clinton E. Arnold, Ephesians (Zondervan Exegetical Commentary Series on the New Testament 10), Grand Rapids, MI: Zondervan 2010, 228.236 (mit typographischen Änderungen: normal statt fett; die eckigen Klammern sind von Arnold). 935 Vgl. Arnold, Ephesians, 236: „Paul now ends his series [in Eph 4,4–6] with a declaration of belief in the one God. He describes the Father in a unique way, stressing his sovereignty, omnipotence, and presence in his creation.“ Nach Arnold (S. 226) unterstützt Paulus mit diesem Glaubensbekenntnis seinen Aufruf zur Einheit (vgl. Eph 4,3): „In support of his appeal to unity, Paul composes a confession of faith utilizing elements from the oral tradition of the faith that believers already commonly confessed in their churches. Paul emphasizes the unity of the faith through a sevenfold use of the term ‚one‘ that qualifies each of the confessional statements. A firm foundation in this common faith […] facilitates unity.“ 936 Vgl. Arnold, Ephesians, 236–237: „His [Paulus’] confession of the one God reflects the central Jewish conviction of monotheism as set forth in the Shema (Deut 6:4) and confessed by Jews throughout the Second Temple period (e. g., Josephus, Ant. 3.91; 4.201; 5.97; 8.343). […] This confession of God in his great power, sovereignty, and presence throughout his creation [s. Eph 4,6] would have been particularly important for Gentiles living in western Asia Minor. Although the high god Zeus did not play a great role in the worship of the people in Ephesus and the nearby villages, Artemis, Serapis, and Isis were widely venerated. […] Against the claims of all other so-called gods and goddesses, Paul confesses with the readers of his letter the sovereignty of the one true God.“ 937 Vgl. Arnold, Ephesians, 236: „The OT also spoke of God as the Father of his people (e. g., Deut  32:6; Isa.  63,16), but not to the degree that characterizes the NT. This is due largely to the distinctive teaching of the new covenant that God is near, accessible, and with his people (Eph 2:13).“ 938 Vgl. ebd.: „God is confessed here not simply as the Father of his people, the church, but as Father over everything.“

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rallele, Josephus, Antiquitates Judaicae 4.201, ein Zusammenhang zwischen dem einen Gott und dem einen Gottesvolk besteht.939 Arnold zufolge könnte das Glaubensbekenntnis in Eph 4,6 zwar aussagen, dass Gott der Vater aller Glaubenden in der Kirche ist, über sie herrscht, durch sie wirkt und in allen von ihnen wohnt, es sei aber besser, die All-Wendungen neutrisch zu fassen.940 Dafür sprechen nach Arnold die neutrischen AllAussagen (mit πάντα) in Eph  1,10.22–23, 4,10 und in anderen paulinischen Passagen (Arnold hält Eph für einen echten Paulusbrief ) wie Röm 11,36 und 1 Kor  8,6.941 Das Problem von diesen Vergleichsstellen ist aber, dass keine aussagt, dass Gott ἐπὶ πάντων (vgl. Röm 9,5: ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός), διὰ πάντων, oder ἐν πᾶσιν (vgl. 1 Kor 12,6: ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν) ist. Arnold verweist auch auf Philo, dabei gibt es aber einige Unvollkommenheiten. Seine Behauptung, Philo sage niemals, dass Gott „über“ (ἐπί) allen Dingen ist,942 stimmt nicht ganz (vgl. Plant. 58, wo ἐφ᾽ ἅπασι sich auf Gottes Macht bezieht).943 Arnold weist auf De opificio mundi 75 hin, wo Gott „Herrscher aller“ (θεὸς ὁ πάντων ἡγεμών) genannt wird,944 berücksichtigt aber den vorangehenden Vers, wo τῷ […] πάντων πατρὶ θεῷ steht (Opif. 74),945 nicht, obwohl diese Stelle im Hinblick auf Eph 4,6 eigentlich relevanter ist. Zu διὰ πάν­των und ἐν πᾶσιν weist er noch auf Legum allegoriae 3.4 (ὁ θεὸς […] διὰ πάν­των διελήλυθεν) und De migratione Abrahami 56 (κύριος ὁ θεὸς ἡμῶν ἐν πᾶ­σιν) hin.946 Paulus sei aber nicht von Philo abhängig, sondern habe Eph 4,6 selbst anhand alttestamentlicher Motive formuliert (vgl. z. B. Ps  47,8 [46,8], 939 S. Ios. A. J. 4.201: „Denn Gott ist einer und das Volk der Hebräer ist eins“ (θεὸς γὰρ εἷς καὶ τὸ Ἑβραίων γένος ἕν). 940 Arnold, Ephesians, 236, schreibt zuerst: „Some scholars […] have sought to limit the fourfold reference to ‚all‘ (πάντων three times; πᾶσιν once) to believers. This would result in a confession that God is the Father of all believers in the church and that he reigns over them, works through them, and lives in all of them. Grammatically this is possible because the genitive and dative plurals of this adjective could be masculine or neuter. This would also fit the overall context because there has been a stress on the church as God’s dwelling place and God working through the church to fulfill his purposes“, dann aber: „It is best to interpret the repeated use of ‚all‘ in this passage as a neuter and to view it as a confession of God’s sovereignty, his omnipotence, and his presence in all of his creation. This fits well with the overall context of Ephesians“ (Hervorhebung vom Vf., MG). Die zweifache Berufung auf den Gesamtkontext des Eph (s. den hervorgehobenen Text) für die zwei gegensätzlichen Positionen (maskulinische vs. neutrische Deutung) zeigt, dass dieses Argument das Problem nicht lösen kann. Arnold (ebd.) bemerkt übrigens mit Recht, dass die textkritischen Varianten ἐν πᾶσιν ἡμῖν und ἐν πᾶσιν ὑμῖν am Ende von Eph 4,6 vermutlich sekundär sind. 941 Vgl. dazu Arnold, Ephesians, 236–237. 942 S. Arnold, Ephesians, 237: „he [Philo] never says God is ‚over‘ (ἐπί) all things“. 943 S. dazu das Kapitel über Philo in der vorliegenden Studie (s. u.). 944 S. Arnold, Ephesians, 237: „Philo […] made similar statements about the one true God, referring to him as ‚the ruler of all things (πάντων)‘ (Creation 1.75).“ 945 S. dazu das Kapitel über Philo in der vorliegenden Studie (s. u.).

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103,22 [102,22], 139,8–10 [138,8–10]; Jes 66,1; Jer 23,24; Sach 14,9).947 Das Problem ist hier, dass die von Arnold angeführten alttestamentlichen Stellen nicht aussagen, dass Gott ἐπὶ πάντων, διὰ πάντων oder ἐν πᾶσιν ist. Damit bleibt Arnolds Exegese von Eph 4,6 unbegründet. Lynn Cohick (2010) erläutert in ihrem knappen Epheserkommentar bezüglich Eph 4,6, den sie mit der Today’s New International Version mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“ übersetzt,948 nur den Zusammenhang zwischen der Einheit der Kirche und der Einheit Gottes (V. 6 a). Paulus liste in Eph  4,4–6 sieben Grundlagen der Einheit der Kirche auf.949 Der Apostel sage, dass, da Gott einer ist, auch die Glaubenden in Einheit leben müssen.950 Als Parallele gibt Cohick 1 Kor 8,6 an.951 Sie interpretiert die Einheit Gottes trinitarisch und meint, dass die Trinität als Bild der Kirche dient: Wie die eine Gottheit aus drei Personen besteht, besteht die eine Kirche aus diversen Elementen (Jude, Heide; Sklave, Freier; Mann, Frau).952 Cohicks Kommentar bringt uns für die Auslegung des διὰ πάντων nichts. Timothy Gombis (2010) sagt zu Eph 4,6 nichts aus, obwohl er dazu allen Anlass hat. Gombis betrachtet Eph recht außergewöhnlich als Erzählung über die Teilnahme der Mitglieder der Kirche an Gottes Sieg in Christus über alle feindlichen Mächte.953 Für Paulus sei die Kirche die Arena von Gottes Triumph 946 Arnold, Ephesians, 237, übersetzt diese Stellen mit „penetrating all things (διὰ πάν­ των διελήλυθεν; Alleg. Interp. 3.4)“ bzw. „near to us in all things (ἐν πᾶσιν; Migration 1.56)“. 947 Vgl. ebd.: „Paul has probably coined this expression himself on the basis of general OT teaching about God’s creating the world, exercising kingship over his creation, and filling the world with his presence (see, e. g., Pss 47:8 [46:9] [sic; dies sollte 46,8 sein]; 103:22 [102:22]; 139:8 – 10 [138:8 – 10]; Isa 66:1; Jer 23:24; Zech 14:9).“ 948 S. Lynn H. Cohick, Ephesians. A New Covenant Commentary (New Covenant Commentary Series 10), Eugene, OR: Cascade Books 2010, 100–101. 949 Vgl. Cohick, Ephesians, 105: „In 4:4–6, Paul explains why unity and oneness are critical to the church’s witness by listing seven ‚ones‘ that form the basis for the church’s oneness in Spirit.“ 950 Vgl. Cohick, Ephesians, 100: „the God who calls is the one God; hence the believers ought also to live in unity“. Auf S. 101 spricht sie von „a declaration of God’s oneness and the church’s one calling“. Vgl. auch S. 105: „Thus when the church lacks unity, it calls into question its proclamation of the oneness of God.“ 951 S. Cohick, Ephesians, 105. 952 Vgl. ebd.: „The unity or oneness is of a certain type, namely Trinitarian. Without putting too fine a point on it, the three Persons in one Godhead provides a picture of the oneness of the diverse elements in the church – Jew, Gentile; slave, free; male, female.“ 953 Vgl. Timothy G. Gombis, The Drama of Ephesians. Participating in the Triumph of God, Downers Grove, IL: IVP Academic 2010, bes. 9–10: „Paul’s letter is a narrative account of the victory of God in Christ over the powers that have hijacked God’s world, holding it captive and enslaving humanity. […] Ephesians announces the triumph of God in Christ over the powers that rule the present evil age and then narrates how the church participates in this triumph.“

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und die Vermittlerin von Gottes Herrlichkeit im Kosmos.954 In diesem Zusammenhang versuche er in Eph 4,1–6 deutlich zu machen, wie die Glaubenden auf ihrer lokalen Ebene Gottes Sieg umsetzen können.955 Dabei spiele Einheit eine zentrale Rolle,956 für die Paulus in VV. 4–6 verschiedene einheitbringende Glaubenskomponenten angebe.957 V. 6 wird von Gombis mit der New Revised Standard Version (NRSV) mit „one God and Father of all, who is above all and through all and in all“ übersetzt,958 was dies genau aussage, erklärt Gombis aber nicht. Frank Thielman (2010) deutet Eph 4,6 kosmologisch (eine Übersetzung bietet er nicht). Eph 4,1–16 thematisiere das Wachstum der Kirche zur Einheit und Reife.959 Paulus sage, dass die Kirche eine entscheidende Rolle spielt in Gottes Plan, das ganze Universum zu vereinen und deswegen eine Einheit formen muss.960 Die Einheit der Kirche sei das Anfangsstadium von Gottes neuer Schöpfung.961 In Eph 4,4–6 gebe Paulus die theologische Basis der Einheit der Kirche an.962 Dabei bringe V. 6 den wichtigsten Einheitsgrund zum Ausdruck: die Einheit Gottes.963 Eph 4,6 a bezeuge Gottes souveräne Vaterschaft (als Schöpfer) über allem und V. 6 b, dass Gott durch alle Dinge und in allen Dingen wirkt, um das von ihm vorgesehene Ziel für das von ihm geschaffene Universum zu erreichen.964 954 Vgl. Gombis, Ephesians, 134: „The church is the arena of God’s triumph over the pow­ ers and the agent of God’s glory in the cosmos.“ 955 Vgl. Gombis, Ephesians, 136: „Now [ab Eph 4,1 ff.] he [Paulus] turns to the church, helping us to imagine how we are to initiate performances of God’s triumph in our local settings.“ 956 Vgl. dazu ebd. und bes. S. 141: „Paul begins his discussion of how the church plays its role in God’s triumph by emphasizing unity. […] The people of God magnify the triumph of God by being communities of restoration, reconciliation and unity.“ 957 Vgl. Gombis, Ephesians, 136: „Paul then [Eph 4,4–6] notes the various unifying components of the faith.“ 958 S. ebd. 959 Frank Thielman, Ephesians (Baker Exegetical Commentary on the New Testament), Grand Rapids, MI: Baker Academic 2010, 246, gibt Eph 4,1–16 die Überschrift „The Growth of the Church toward Unity and Maturity“ (mit typographischen Änderungen: normal statt fett). 960 Vgl. Thielman, Ephesians, 260: „The church occupies a critical place in this divine plan (1:22–23; 2:11–22; 3:9–10) and so must itself be unified. The uniqueness of God and his plan for the unity of the universe should be reflected in practical ways in the unity of believers with one another.“ 961 Vgl. Thielman, Ephesians, 246: „Paul’s readers have been called to be a new, unified people, the initial stage of God’s new creation.“ 962 Vgl. dazu Thielman, Ephesians, 246.261. 963 Vgl. Thielman, Ephesians, 259: „The seventh and final affirmation of unity [in Eph 4,6] is also the climax of the series [Eph 4,4–6] […]. It focuses on the unity of God.“ Vgl. auch S. 247: „the first subsection [von Eph 4,1–16: VV. 1–6] had reached its climax with an affirmation of the unity and pervasive presence of God (v. 6)“.

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Für eine maskulinische Deutung der All-Prädikationen würden Eph  1,5 (Gott als Adoptivvater der Gläubigen, vgl. Eph 4,6 a), 1,20–23 (Gott herrscht über die Kirche [vgl. Eph 4,6 b: ἐπὶ πάντων] durch Christus), 2,18 (Gläubige ha­ben durch den einen Geist Zugang zu ihrem Vater) und 22 (Gott wohnt in den Seinen [vgl. Eph 4,6 b: ἐν πᾶσιν] durch den Geist) sprechen.965 Eine neutrische, kosmologische Deutung sei aber plausibler. Dafür sprechen: die Idee des Eph, dass Gott Vater alles zusammenbindet (vgl. Eph  1,10–11.22; 3,9.15 [in Eph 3,15 wird aber nicht πάντα, sondern πᾶσα verwendet]), ähnliche Formulierungen in anderen paulinischen Briefen wie Röm 11,36, 1 Kor 8,6 und Kol 1,16–17 (Thielman hält Eph für authentisch) und stoische sowie hellenistischjüdische Formeln bei Mark Aurel (7.9; vgl. 4.23), Josephus (c. Ap. 2.193) und Philo (Spec. 1.14; vgl. Her. 62).966 Von den von Thielman angeführten Parallelen ist für διὰ πάντων nur Mark Aurel 7.9 relevant (was gegenüber Dibelius nichts Neues bringt). Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός) und 1 Kor  12,6 (ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν) erwähnt Thielman nicht. Schließlich macht der direkte Kontext von Eph 4,6 es wahrscheinlich, dass der Vers sich auf die Mitglieder der Kirche bezieht.967 Allen Verhey und Joseph Harvard (2011) deuten Eph 4,6 universalistisch. Sie übersetzen den Vers mit der New Revised Standard Version (NRSV) mit „one God and Father of all, who is above all and through all and in all“.968 Eph 4,4–6 sei ein vom Verfasser des Eph selbst zusammengestelltes, trinitarisches „Einheitsbekenntnis“, womit die Gemeinden erinnert werden an das, 964 Vgl. bes. Thielman, Ephesians, 260: „Paul, then, brings his preface [Eph 4,1–6] to the second main part of his letter [Eph 4–6] to a climax with the affirmation that the one God is Father of and sovereign over all things. He has created everything and works intentionally through and in all things to accomplish his intended goal for the universe he created.“ 965 Vgl. Thielman, Ephesians, 259: „This reading [d. h.  eine maskulinische Deutung] would be consistent with the idea developed in the letter so far that God is the adoptive Father of believers (1:5) and that they have free access to their Father by means of the ‚one‘ Spirit (2:18). The statement that God is ‚over all and through all and in all,‘ moreover, co­ heres nicely with the picture of God ruling over the church through Christ its head (1:20–23) and, by the Spirit, giving access to God (2:18) and indwelling his people (2:22).“ 966 Vgl. dazu Thielman, Ephesians, 259–260. 967 Es ist zwar so, dass die Lesart ἐν πᾶσιν ἡμῖν („in uns allen“) am Ende von Eph 4,6 aus textkritischen Gründen als sekundär zu betrachten ist, wie Thielman, Ephesians, 261, mit Recht konkludiert. Dies erklärt aber nicht, warum der Text in V. 7 mit ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν („jedem einzelnen von uns aber“) weitergeht. Zu diesem Übergang schreibt Thielman (S. 247): „It [d. h. der zweite Unterabschnitt von Eph 4,1–16, der mit V. 7 anfängt] skillfully uses the number ‚one,‘ so prominent in 4:4–6, to shift the thought from the unity of the church and God to the importance of ‚each one‘ of God’s people in moving the church toward this unity.“ 968 S. Allen Verhey / Joseph S. Harvard, Ephesians (Belief. A Theological Commentary on the Bible), Louisville, KY: Westminster John Knox 2011, 145.147–148.

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2. Forschungsüberblick

was sie schon wissen, um sie zur Einheit aufzurufen.969 Das siebte Element und der Höhepunkt dieses Einheitsbekenntnisses (V. 6) verbinde die Einheit der Kirche mit Gottes Plan, alles in Christus zusammenzunehmen (vgl. Eph 1,10).970 Wegen der kosmischen Perspektive der All-Aussagen in Eph 1,10.22–23 und der in Eph 3,14 implizierten allgemeinen Vaterschaft Gottes sei es am wahrscheinlichsten, dass Eph 4,6 universalistisch gemeint ist.971 Die Einheit des dreieinigen Gottes (Einheit in der Vielfalt) sei die Grundlage der Einheit der Kirche, Gottes Plan reiche aber über die Kirche hinaus zu allen Menschen und allen Dingen.972 Verhey und Harvard sprechen in diesem Zusammenhang noch von Gottes Herrschaft und Gegenwärtigkeit,973 was sich meines Erachtens auf Eph 4,6 b bezieht. Wie sie V. 6 b genau verstehen, wird aber nicht deutlich. Außerdem geben sie für ihre Auslegung keine Belege an. Darina Staudt deutet in ihrer Monographie Der eine und einzige Gott. Monotheistische Formeln im Urchristentum und ihre Vorgeschichte bei Griechen und Juden (2012) Eph 4,6 kosmologisch. Sie gibt den Vers mit „ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist“ wieder.974 Nach Staudt 969 Verhey / Harvard, Ephesians, 145, bezeichnen Eph 4,4–6 als „Unity Creed“ und bemerken dazu: „In a remarkable creed in Ephesians 4:4–6 the author reminds the churches of what they surely already know. […] There are seven items, each preceded by an emphatic ‚one.‘ These seven items are arranged in a triadic structure. […] It is, as has often been observed, Trinitarian in its structure, the first triad belonging to the Spirit, the second to the Lord, and the third to the Father. […] It is doubtful that this creed existed before the writer of Ephesians penned it. It is, we think, an original creedal statement, not older than Ephesians itself, but its excellence is not its originality but its power to remind these churches of what they already knew and, by that reminder, to call them to unity and to service.“ Da in Eph ἐκκλησία nur im Singular vorkommt, würde ich anstatt von „churches“ „addressees“ sagen. Außerdem würde ich, da die Trinitätslehre erst nach Eph formuliert wurde und in Eph 4,4 nicht ἓν πνεῦμα, sondern ἓν σῶμα voransteht, den Terminus „Trinitarian“ mit Bezug auf Eph nicht verwenden. 970 Vgl. Verhey / Harvard, Ephesians, 147: „This [Eph 4,6] is the seventh and climactic item in this unity creed. And it sets the unity of the church in the context of God’s ‚plan for the fullness of time, to gather up all things in [Christ]‘ (1:10).“ 971 Vgl. dazu Verhey / Harvard, Ephesians, 148. 972 Vgl. ebd.: „The ‚oneness‘ of the triune God is the fundamental basis for the church’s unity, but the ‚secret‘ of this one God’s plan reaches beyond the church to all humankind and to all things.“ Vgl. auch S. 149: „God’s oneness is itself a community of three ‚persons,‘ a social unity. God’s unity is not uniformity […]. The unity of God is the unity of peaceable difference and self-giving love. And the unity of the church finds its paradigm not in uniformity but in the triune God, in self-giving love and in peaceable difference. It does not deny or denigrate or destroy the diversity of its members.“ 973 Vgl. ebd.: „Calvin […] limits the scope of ‚God’s government and presence‘ to the church. […] Calvin’s reading is, we think, a misreading“ (Hervorhebung vom Vf., MG). Die Redewendung „God’s government and presence“ bezieht sich m. E. auf Eph 4,6 b. 974 S. Darina Staudt, Der eine und einzige Gott. Monotheistische Formeln im Urchristentum und ihre Vorgeschichte bei Griechen und Juden (Novum Testamentum et Orbis Anti-

2.4 Forschungen aus den Jahren 2000 bis 2017

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ist das Thema des Eph die Einheit der Gemeinde.975 Ziel der Akklamation in Eph 4,6 sei es, die Einheit der Kirche „einzuprägen“.976 Die Gottesakklamation des V. 6 a sei eine im hellenistischen Judentum vertraute Kombination von Dtn 6,4 und Mal 2,10 (εἷς θεὸς καὶ πατήρ).977 Dass auf diese Einzigkeitsformel eine All-Aussage folgt (πατὴρ πάντων), sei üblich.978 V. 6 a beziehe sich auf Gott den Schöpfer.979 Die triadische Allmachtsformel des V. 6 b erinnere zwar an stoische All-Wendungen, die erste Präposition markiere aber deutlich den Unterschied zu stoischen Vorstellungen: Gott steht über allem.980 Die Allmachtsformel gehe vermutlich auf „stoische Texte“ oder „einen Text von Dio­genes von Apolonia [sic]“ zurück.981 Um welche Texte es genau geht, vermeldet Staudt aber nicht. Sie lässt unberücksichtigt, dass der direkte Kontext von Eph 4,6 für eine ekklesiologische Deutung der All-Prädikationen spricht. Michael Gese (2013) sieht in Eph 4,4–6 eine Art „magisches Quadrat“, das sche­matisch wie folgt wiedergegeben werden kann:982 V. 6 a V. 5 V. 4

Ein Gott und Vater aller Ein Herr ein Glaube Ein Leib ein Geist

eine Taufe eine Hoffnung

V. 6 b über allen durch alle in allen

Gese übersetzt Eph 4,6 mit „ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist“.983 Dieser Vers benenne die höchste Ebene der Einheit, die Ebene Gottes (s. εἷς θεός), V. 5 die darunterliegende Christusebene (s. εἷς κύ­ριος) und V. 4 die niedrigste Ebene, die Ebene der Kirche (s. ἓν σῶμα).984 Die drei Elemente der Ebene der Kirche (V. 4) „zeigen auf, was Kirche ausmacht: Sie ist ein Leib. Sie erschließt sich in dem einen Geist. Und ihre Glieder wissen sich in der einen Hoffnung verbunden“.985 Die drei Elemente der Christusebene (V. 5) „zeigen auf, wodurch das Heil der Kirche erschlossen ist: Das Heil ereignet sich durch den auferstandenen Herrn. Es erschließt sich im quus / Studien zur Umwelt des Neuen Testaments 80), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2012, 262 (bei Staudt steht „ein Gott und Vater“ kursiv). 975 S. Staudt, Gott, 260. 976 S. Staudt, Gott, 266. 977 Vgl. ebd. 978 Vgl. ebd. 979 Vgl. ebd. 980 Vgl. ebd. 981 S. Staudt, Gott, 266 Anm. 155. 982 Vgl. das Schema zu Eph 4,4–6 bei Michael Gese, Der Epheserbrief (Die Botschaft des Neuen Testaments), Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlagsgesellschaft 2013, 96. 983 S. Gese, Epheserbrief, 92.96. 984 Vgl. Gese, Epheserbrief, 96–97. 985 S. Gese, Epheserbrief, 97.

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2. Forschungsüberblick

Glauben an den Auferstandenen und teilt sich für den einzelnen in der Taufe als Geschenk des neuen Lebens mit“.986 Bei diesen zwei Reihen benenne der erste Terminus die Ebene (s. a. V. 6), der zweite umschreibe, wodurch die jeweilige Ebene sich erschließt (der Geist „eröffnet […] die Einheit des Leibes“, V. 4; der Glaube „erschließt die Wahrnehmung des Auferstandenen“, V. 5) und der dritte stelle das Ziel dar (die Hoffnung „weist auf die künftige Gemeinschaft im Gottesreich hin“, V. 4; die Taufe „[gibt] Anteil […] an der Auferstehungswirklichkeit Christi im Mitsterben und Mitauferstehen“, V. 5).987 Die drei Präpositionen der Gottesebene (V. 6) umfassen die drei genannten Ebenen: ἐπὶ πάντων gebe Gottes Transzendenz beziehungsweise Übersteigen (= die Ebene Gottes, V. 6), διὰ πάντων Gottes Wirken (= Christusebene, V. 5) und ἐν πᾶσιν Gottes Gegenwärtigkeit in allen durch seinen Geist (= die Ebene der Kirche, V. 4) an.988 Das Schema ist aus mehreren Gründen problematisch. Ich gebe dafür zwei Gründe an. Erstens beziehen sich die drei Präpositionalwendungen in Eph 4,4– 6 (V. 6) ausschließlich auf den „einen Gott und Vater aller“. Zweitens ist es gerade die Taufe (V. 5), die die Glaubenden (vgl. V. 5) in den einen Leib (V. 4) Christi (vgl. V. 5), die Kirche, einverleibt. Letzteres bringt sowohl die von Gese erdachten Ebenen als auch die von ihm erfundene Strukturierung der Reihen in VV. 4–5 durcheinander: Warum würde die Taufe nicht zur „Ebene der Kirche“ gehören und wieso wäre die Taufe „Ziel“? Gese übergeht die Frage nach dem kultur- beziehungsweise religionsgeschichtlichen Hintergrund der Formel. Vorbild für den Verfasser des Eph wäre „sicherlich die gottesdienstliche Bekenntnisformel“ von 1 Kor 8,6 gewesen, welche er „neu geordnet und erweitert“ habe.989 1 Kor 8,6 deckt sich aber weder terminologisch (abgesehen von εἷς θεὸς ὁ πατήρ) noch inhaltlich mit Eph 4,6. Gese sieht wohl richtig, dass nach Eph 4,6 die vorgegebene (bereits bestehende, nicht herzustellende, sondern zu wahrende) Einheit und Einzigkeit der Universalkirche letztlich in der Einheit und Einzigkeit Gottes gründet.990 Elizabeth Johnsons (2014) kurze Auslegung des Eph, welche die Darstellung der Frau in der Haustafel in Eph 5,21–6,9 fokussiert, bringt für die Exegese von Eph 4,6 b nichts.991 986 S.

ebd. (Hervorhebung von Gese). und vgl. ebd. 988 Vgl. ebd. ἐπὶ πάντων bringt m. E. nicht Gottes „Transzendenz“, sondern dessen Übergeordnetsein zum Ausdruck. 989 S. Gese, Epheserbrief, 96. 990 Vgl. Gese, Epheserbrief, 95–96.111.181.190.201. 991 E. Elizabeth Johnson, Ephesians, in: Carol A. Newsom (Hg.), The Women’s Bible Commentary, London: SPCK 2014, 576–580, 578, bemerkt zu Eph  4,1–16: „The author grounds his call for church unity in the universal confession and baptism of all believers and the shared teaching of all church leaders whose authority goes back to the apostles (4:1–16).“ 987 S.

2.4 Forschungen aus den Jahren 2000 bis 2017

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Die von Steven Baugh (2016) vorgenommene Exegese von Eph 4,6 zeigt, dass es in letzter Zeit noch immer Ausleger gibt, die versuchen, διὰ πάντων nur anhand von Bibeltexten auszulegen, obgleich dieses Syntagma in der Bibel, im Unterschied zu verschiedenen paganen und hellenistisch-jüdischen philosophischen Traditionen, nicht auf Gott bezogen wird.992 Baugh deutet den Vers, den er mit „one God and Father of all, who is over all and through all and in all“ übersetzt,993 ekklesiologisch. In Eph 4,6 schließe Paulus die Grundlage seines Appells zur Einheit der Kirche mit der Einheit von Gott Vater selbst ab.994 Ein Indiz, dass V. 6 den Abschluss des Abschnitts Eph  4,1–6 bilde, sei die Wiederholung des Π-Lautes, womit Paulus öfter eine Periode (eine aus mehreren Kola bestehende Texteinheit) beende (s. Eph 1,23; 3,19; vgl. 2 Kor 9,8).995 Der Vers forme die Klimax des Appells zur Einheit.996 Dabei richte εἷς θεός (V. 6 a; vgl. bes. Dtn 6,4 und Mal 2,10) sich gegen den früheren Glauben der Epheser an viele Götter vor ihrer Bekehrung zu Christus.997 Mit πατήρ (V. 6 a) gebe Paulus an, dass er mit „Gott“ Gott Vater und nicht den Herrn Jesus meint (nach Baugh denkt Paulus trinitarisch und hält Jesus für göttlich).998 πατὴρ πάντων (V. 6 a) meine „Vater aller Glaubenden“ (vgl. Eph 1,3).999 Paulus meine hier alle Glaubenden, sowohl aus den Juden als auch aus den Heiden (s. Eph 1,13–14; 2,19–22; vgl. 992 Steven  M. Baugh, Ephesians (Evangelical Exegetical Commentary), Bellingham, WA: Lexham Press 2016, 307 Anm. 56, bemerkt, dass Norden (s. o.) „misses Paul’s distinct use of πᾶς here [in Eph 4,6] and in the other passages in favor of a Stoic background“. Paulus’ Verwendung von πᾶς muss aber nicht mit der stoischen Lehre gleich sein um auf einen philosophischen Topos anzuspielen. Außerdem bietet Baugh keine plausible alternative Erklärung für die Verwendung von διὰ πάντων in Eph 4,6 b. 993 S. Baugh, Ephesians, 291.304. 994 Vgl. Baugh, Ephesians, 304: „Paul caps off the foundation of his appeal for church unity with God the Father’s own oneness.“ 995 Vgl. Baugh, Ephesians, 304–305: „Part of what indicates v. 6 as the end of a textual subsection (vv. 1–6) before the start of the second and last subsection of 4:1–16 in v. 7 is how Paul finishes it off with a series of words beginning with pi […]. He has already done this twice before in 1:23 and 3:19 (cf. 2 Cor 9:8) at the end of his periods.“ 996 Vgl. Baugh, Ephesians, 305: „Given OT teaching and Second Temple Judaism’s concentrated notions that there is only one God, it is no surprise that Paul would also affirm this as well. Indeed, this must be seen as the major reason he founds his insistence on the church’s diligent care to maintain its unity on the oneness of God.“ 997 Vgl. Baugh, Ephesians, 305–306: „God’s oneness is what the Ephesians have now confessed at their conversion to Christ in distinction from the myriads gods they formerly worshiped.“ Für die oben genannten Parallelen s. S. 305. 998 Vgl. Baugh, Ephesians, 306: „Paul is Trinitarian. There is one Lord Jesus, who is also divine, so he qualifies v. 6 that he is speaking of the Father in this instance“ (Hervorhebung von Baugh). 999 Vgl. dazu Baugh, Ephesians, 307: „it is far preferable to take [in Eph 4,6 a] the ‚all‘ […] as a reference to all believers, in relation to whom God is their Father. […] Paul opens most of his epistles with the name of God as ‚our Father,‘ as he had in 1:3“ (Hervorhebung von Baugh). An dieser Stelle scheint mir Eph 1,2 eine bessere Parallele zu sein.

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2. Forschungsüberblick

Röm  3,9.22; 4,11.16; 10,12; 1 Tim  2,4–5).1000 Zu V. 6 b verweist Baugh auf Röm 9,5 (ἐπὶ πάντων), 11,36 und 1 Kor 8,6.1001 Diese Stellen sagen aber nicht aus, dass Gott διὰ πάντων oder ἐν πᾶσιν ist. Baugh interpretiert V. 6 b anhand von dem, was in Eph  3,19–21 über Gottes πλήρωμα gesagt wird.1002 An der Stelle steht zwar ἐν ἡμῖν (V. 20), nicht aber διὰ πάντων oder Ähnliches. Damit bleibt Baughs Exegese des διὰ πάντων in Eph 4,6 b unbegründet. Nach Grant Osborne (2017) bezieht sich διὰ πάντων in Eph  4,6 auf Gottes Allmacht. Osborne deutet die All-Wendungen neutrisch. Eine Übersetzung des Verses bietet er nicht (seine Kommentarreihe basiert auf der New International Version [NIV]). Eph 4,1–6 betone, dass die Einheit der Kirche die Einheit der (dreieinigen) Gottheit widerspiegelt.1003 Paulus sage hier, dass die Kirche sich durch Einheit auszeichnen muss, da der dreieinige Gott einer ist.1004 Eph 4,6 stelle ein neues christliches Sch’ma nach dem Vorbild von Dtn 6,4 dar (vgl. 1 Kor  8,6).1005 V. 6 a bringe Gottes souveräne kosmische Autorität sowie seine liebevolle Fürsorge für das Gottesvolk zum Ausdruck (vgl. Eph 1,10.22–23; 3,9).1006 V. 6 b bekenne Gottes Transzendenz (vgl. Eph 3,15), Allmacht und All1000 Vgl. ebd.: „This is a case where πάντες refers to ‚all indiscriminately,‘ that is, both Jew and Gentile without distinction in the church, which Paul is generally interested in af­ firm­ing (e. g., Rom 3:9, 22; 4:11, 16; 10:12; 1 Tim 2:4–5) and particularly in Ephesians, as he had written about briefly in chaps. 1–3. We see this meaning flowing out of what was said earlier in 1:13–14 and 2:19–22 that all who believe, both Jew and Gentile, are adopted and placed into the one united family (3:14–15) of the Father.“ 1001 S. ebd. 1002 Vgl. ebd.: „the added qualifications that he [Gott] is ‚over all and through all and in all‘ (cf. 1 Cor 8:6; Rom 9:5; 11:36) relate to the church as statements of the Father’s glorious filling of his new-temple ‚house‘ that had just occupied Paul in 3:19–21 and earlier“. 1003 Vgl. Grant R. Osborne, Ephesians. Verse by Verse (Osborne New Testament Commentaries), Bellingham, WA: Lexham Press 2017, 108: „This opening section [vom zweiten Teil des Eph: Eph 4–6] is brilliantly conceived, stressing first that the unity of the church reflects the unity of the Godhead (4:1–6)“. Auf S. 114 spricht Osborne von „the Triune Godhead“ und bemerkt er: „These verses [Eph 4,4–6] build on verse 3 (‚keep the unity of the Spirit‘), conveying that the church is meant to reflect the perfect unity of the Father, Son, and Spirit.“ 1004 Vgl. Osborne, Ephesians, 114: „As the Triune Godhead is One, so the church must be characterized by oneness.“ Vgl. auch S. 117: „If the Father, Son, and Spirit are one, the church as Christ’s body must project oneness as well. While the impetus is vertical, coming from the united Godhead, it must be worked out horizontally in the life of the church.“ 1005 Vgl. Osborne, Ephesians, 116: „It is commonly thought that this verse [Eph 4,6], along with 1 Corinthians 8:6, represents a new Christian Shema modeled after Deuteronomy 6:4 […]. It is likely, in fact, that Paul was thinking of the Shema when he penned this verse in Ephesians.“ 1006 Vgl. Osborne, Ephesians, 117: „Seeing God as Father emphasizes his loving care but also his sovereign authority. The central term is ‚all,‘ occurring four times in this verse [Eph 4,6] alone. […] it should be taken as neuter, referring to cosmic rule, as well as to concern for

2.4 Forschungen aus den Jahren 2000 bis 2017

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gegenwärtigkeit (vgl. Röm 11,36).1007 Osborne zufolge wird Gott sowohl in1007 Röm 11,36 als auch in Eph 4,6 als „Instrument“ gesehen. Die Idee, dass „alles […] durch ihn [Gott]“ ist (δι᾽ αὐτοῦ […] τὰ πάντα, Röm 11,36), ist aber anders als die, dass Gott „durch alle(s)“ ist (Eph 4,6): Röm 11,36 beschreibt, wie alle Dinge sich zu Gott verhalten, Eph 4,6 dagegen, wie Gott sich zu den Menschen, präziser zu den Glaubenden, verhält. Außerdem sagen die von Os­borne angeführten Stellen nicht aus, dass διὰ πάντων Gottes Allmacht bezeichnet. Osborne bietet keine plausible Erklärung für die Herkunft und den Sinn des διὰ πάντων. Elisabeth Schüssler Fiorenzas feministischer Kommentar zu Eph (2017), der ausdrücklich als Kommentar des ganzen Textes, nicht nur der Passagen über Frauen, gedacht ist, ist für die Auslegung von Eph 4,6 wenig aufschlussreich. Schüssler Fiorenza übersetzt den Vers mit der New Revised Standard Version (NRSV), auf der die Kommentarreihe basiert, mit „one God and Father of all, who is above all and through all and in all“.1008 Sie interpretiert diesen Vers kosmologisch, wobei διὰ πάντων sich auf Gottes Durchwalten aller Dinge beziehe, begründet ihre Auslegung aber nicht.1009 Außerdem wird nicht deutlich, was der Zusammenhang zwischen Eph 4,6 und der Einheit der ἐκκλησία – nach Schüssler Fiorenza der Fokus der Perikope Eph 4,1–16 – sein soll.1010

God’s people. The emphasis in Ephesians on the ‚unity of all things‘ (1:10), Christ’s headship over all things (vv. 22, 23), and God having creating [sic] all things (3:9) supports this view.“ 1007 Vgl. ebd.: „The three prepositional phrases here [Eph 4,6 b] are similar to the doxology in Romans 11:36: ‚For from him and through him and for him are all things.‘ There God is seen as the source, instrument, and goal of all creation. This verse is similar, looking to God the Father as the supreme Lord, the instrument, and the sphere within which his entire created order exists. He is the Creator who has named and is totally sovereign over ‚every family in heaven and on earth‘ (Eph 3:15); this affirms his transcendence (‚over all‘), his omnipotence (‚through all‘), and his omnipresence (‚in all‘) in both heaven and earth.“ ἐπὶ πάντων bringt m. E. nicht Gottes „Transzendenz“, sondern dessen Übergeordnetsein zum Ausdruck. 1008 S. Elisabeth Schüssler Fiorenza, Ephesians (Wisdom Commentary 50), Collegeville, MN: Liturgical Press 2017, 50. 1009 Schüssler Fiorenza, Ephesians, 52, beteuert nur: „It [Eph 4,6] acknowledges G*d [sic] as ‚father of all things who is permeating all things.‘“ Schüssler Fiorenza verwendet „G*d“, um auf das Problem der „genderization“ von Gott hinzuweisen. S. dazu Schüssler Fiorenza, Ephesians, xlvi Anm. 3. 1010 Vgl. Schüssler Fiorenza, Ephesians, 49–52: „This section of Ephesians 4 [VV. 1–­ 16] focuses on what unites the ekklēsia, the assembly of people, while at the same time ack­nowledging their differences […]. The recipients are admonished to make every effort to maintain the unity of the Spirit in the bond of peace (4:3). […] This unity or oneness is explicated in a sevenfold way [in Eph 4,4–6] […]. The climax of this section is the confession, ‚one God and father of all who is above all and through all and in all‘“ (Hervorhebung von Schüssler Fiorenza).

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2. Forschungsüberblick

Diese kritische Rückschau auf die bisherige Forschung weist auf, dass über die Herkunft und den Sinn des διὰ πάντων in Eph 4,6 kein Konsens besteht. Diese Konstatierung legitimiert eine neue, umfassende Studie zum Thema. Die in der vorliegenden Studie vorgeschlagene Exegese ist mit keiner von den oben besprochenen Auslegungen deckungsgleich. Unter diesen Gesichtspunkten war der vorangehende Forschungsbericht im Umfang nötig und zielführend. Im Fol­genden werde ich meine Stellung innerhalb der verschiedenen Deutungen von διὰ πάντων in Eph 4,6 darlegen. Dabei werde ich nicht im Einzelnen auf die jeweiligen Kommentatoren hinweisen, sondern halte es für ausreichend, dies bereits mithilfe des Forschungsberichtes ausgeführt zu haben.

3. Forschungsansatz Die vorliegende Studie lässt sich wie folgt in den Forschungsstand einordnen: Sie führt die Forschungslinie, die Eph 4,6 im Zusammenhang mit dem antiken philosophischen Denken auszulegen versucht, weiter, sieht dabei aber methodisch eine andere Vorgehensweise vor. Im Folgenden werde ich meine Position Schritt für Schritt erläutern.

3.1 Epheser 4,6 als ekklesiologische Aussage Der direkte Kontext von Eph 4,6 legt eine ekklesiologische Auslegung nahe.1 Eph 4,1–16 handelt von der Einheit von allen Gliedern des einen Leibes Christi, der einen (christlichen) Kirche (auf Erden) (vgl. bes. VV. 4, 12 und 16). Im Fokus steht die Einheit der Christenheit als Kirche. Es sind die (getauften, V. 5) Mitglieder der Kirche, die ermahnt werden (V. 1), die Einheit der Kirche zu wahren (V. 3; vgl. V. 13, wo οἱ πάντες [Maskulinum] steht). Es sind die „Insider“, nicht alle Menschen oder alle Dinge, die die Einheit der Kirche wahren sollen. In den Eph 4,6 vorangehenden VV. 1–4 bezieht sich das „Ihr“ auf die Mitglieder der Kirche; im direkt folgenden V. 7 das „Wir“ sich auf die individuellen Mitglieder. Im zwischenliegenden V. 5 nimmt ἓν βάπτισμα Bezug auf das christliche Charakteristikum der Taufe. Da πατὴρ πάντων in V. 6 a eine menschliche Beziehung nahelegt und zwar zwischen Gott, dem Vater, und den (an Christus) Glaubenden, seinen Kindern (vgl. bes. Eph 1,2.5; 5,1), und ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν in V. 7 a sich auf die Glaubenden bezieht, wobei nichts darauf hinweist, dass sich innerhalb von V. 6 oder zwischen V. 6 und V. 7 der Bezugspunkt ändert, beziehen sich ἐπὶ πάντων, διὰ πάντων und ἐν πᾶσιν in V. 6 b am wahrscheinlichsten auf alle Glaubenden. Die Interpretation von πατὴρ πάντων (V. 6 a) im Sinne von „Vater aller Glaubenden“ ist auch deswegen plausibel, da die Nichtglaubenden nach Eph 2,12 ἄθεοι („Gottlose“) sind. Für das in V. 6 b mit ἐν πᾶσιν ausgedrückte Inne1 Am direkten Kontext von Eph 4,6, den er universalistisch deutet, geht George H. van Kooten, The Divine Father of the Universe from the Presocratics to Celsus. The Graeco-­ Roman Background to the „Father of All“ in Paul’s Letter to the Ephesians, in: Felix Al­ brecht / Reinhard Feldmeier (Hg.), The Divine Father. Religious and Philosophical Concepts of Divine Parenthood in Antiquity (Themes in Biblical Narrative. Jewish and Christian Traditions 18), Leiden / Boston, MA: Brill 2014, 293–323, vorbei.

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3. Forschungsansatz

wohnen Gottes kann noch auf Eph 2,22 hingewiesen werden, wo die Gläubigen „Wohnstätte Gottes“ (κατοικητήριον τοῦ θεοῦ) genannt werden. Nur eine ekklesiologische Auslegung von Eph 4,6 wird dem Eigenprofil des Textes gerecht.

3.2 Epheser 4,6 als kosmotheologische Anspielung Die ekklesiologische Aussage von Eph 4,6 b, dass Gott διὰ πάντων ist, spielt auf kosmotheologische Vorstellungen an, die das Verhältnis zwischen dem Kos­mischen und dem Göttlichen reflektieren.2 Eph 4,1–6 umfasst drei Elemente, für welche es in der neutestamentlichen Literatur keine Parallelen gibt: (1) τὴν ἑνότητα (V. 3), (2) die Rede von Gott als πατὴρ πάντων (V. 6 a) und (3) das auf Gott bezogene διὰ πάντων (V. 6 b). Für alle anderen Elemente der Perikope gibt es Parallelen in der „paulinischen“ Literatur. Schematisch kann dies wie folgt dargestellt werden, wobei auch V. 7 a be­rücksichtigt wird (es werden nur einige signifikante Übereinstimmungen bzw. Ähnlichkeiten angegeben):3 Eph 4,1–7 a: (1) {Παρακαλῶ οὖν ὑμᾶς} ἐγὼ ὁ δέσμιος ἐν κυρίῳ ἀξίως περιπατῆσαι τῆς κλή­σεως ἧς ἐκλή­θητε, ητε (2) μετὰ πάσης ταπεινοφροσύνης καὶ πραΰτητος πραΰτητος, μετὰ μακροθυμίας μακροθυμίας, ἀν­εχόμενοι ἀλλή­λων ἐν *ἀγάπῃ ἀγάπῃ, (3) σπουδάζοντες σπουδάζοντες ‡τηρεῖν τὴν ἑνότητα τοῦ πνεύματος ἐν τῷ συνδέσμῳ τῆς εἰρήνης εἰρήνης· (4) Ἓν σῶμα καὶ ἓν πνεῦμα, καθὼς καὶ ἐκλήθητε ἐν μιᾷ *ἐλπίδι τῆς κλήσεως ὑμῶν· ὑμῶν (5) εἷς κύριος, κύριος μία *πίστις πίστις, ἓν βάπτισμα βάπτισμα, (6) εἷς εἷς θεὸς καὶ πατὴρ πάντων, ὁ ἐπὶ πάντων καὶ διὰ πάντων καὶ ἐν πᾶσιν. (7) Ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν ἐδόθη Röm 12,1 / 1 Kor 4,16: {Παρακαλῶ οὖν ὑμᾶς} 1 Thess 2,12: παρακαλοῦντες ὑμᾶς […] εἰς τὸ περιπατεῖν ὑμᾶς ἀξίως τοῦ θεοῦ καλοῦντος ὑμᾶς 1 Kor 7,20: ἐν τῇ κλήσει ᾗ ἐκλήθη (vgl. 2 Thess 1,11: ἵνα ὑμᾶς ἀξιώσῃ τῆς κλήσεως ὁ θεός; s. a. Eph 4,4 und vgl. dazu 1 Kor 1,26: τὴν κλῆσιν ὑμῶν) ὑμῶν Phlm 9: {παρακαλῶ} […] Παῦλος […] δέσμιος Χριστοῦ Ἰησοῦ (s. a. Eph 3,1: ἐγὼ Παῦλος ὁ δέσμιος τοῦ Χριστοῦ [Ἰησοῦ]; vgl. Phlm 1: Παῦλος δέσμιος Χριστοῦ Ἰησοῦ; 2 Tim 1,8: τοῦ κυρίου […] ἐμὲ τὸν δέσμιον αὐτοῦ). Kol 3,12 b–15: (12 b) ταπεινοφροσύνην πραΰτητα μακροθυμίαν μακροθυμίαν, (13) ἀνεχόμενοι ἀλλήλων […] (14) ἐπὶ πᾶσιν δὲ τούτοις τὴν ἀγάπην ἀγάπην, ὅ ἐστιν σύνδεσμος τῆς […] (15) καὶ ἡ εἰρήνη […] καὶ ἐκλήθητε ἐν ἑνὶ σώματι 2 Für die Definition von „Kosmotheologie“ im Sinne der Betrachtung des Verhältnisses zwischen dem Kosmischen und dem Göttlichen vgl. Johan C. Thom, The Cosmotheology of De mundo, in: Ders. (Hg.), Cosmic Order and Divine Power. Pseudo-Aristotle, On the Cos­ mos (Scripta Antiquitatis Posterioris ad Ethicam REligionemque pertinentia 23), Tübingen: Mohr Siebeck 2014, 107–120, 109. 3 Vgl. das im Forschungsbericht in Reaktion auf Best, Ephesians, angegebene (kürzere) Schema (s. o.).

3.3 Methode und Aufbau der Kapitel

145

Kol 1,4–5: (4) τὴν *πίστιν […] τὴν *ἀγάπην […] (5) διὰ τὴν *ἐλπίδα Zu σπουδάζω vgl. z. B. Gal 2,10: ἐσπούδασα (vgl. zu Eph 4,3–4 auch 2 Petr 1,10: σπουδάσατε […] ὑμῶν τὴν κλῆσιν  κλῆσιν ) Zu ‡τηρέω vgl. z. B. 2 Kor 11,9 (‡ἐτήρησα καὶ ‡τηρήσω τηρήσω) 1 Kor 12,4–7.13: (4) τὸ δὲ αὐτὸ πνεῦμα (5) […] ὁ αὐτὸς κύριος (6) […] ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν. (7) ἑκάστῳ δὲ δίδοται […] (13) καὶ γὰρ ἐν ἑνὶ πνεύματι […] εἰς ἓν σῶμα ἐβαπτίσθημεν […] ἓν πνεῦμα 1 Kor 8,6: εἷς θεὸς ὁ πατὴρ […] εἷς κύριος (s. a. die All-Wendungen) Kol 2,12: ἐν τῷ βαπτισμῷ […] διὰ τῆς πίστεως Röm 9,5: ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός

Das Schema zeigt, dass Eph 4,1–7 a eine Kombination von (deutero)paulini­ scher Terminologie und drei nicht-paulinischen Elementen (τὴν ἑνότητα; πα­ τὴρ πάντων; διὰ πάντων) ist. Da ἑνότης, (die Rede von Gott als) πατὴρ πάντων und (das auf Gott bezogene) διὰ πάντων in der neutestamentlichen Literatur sonst nicht vorkommen, ergibt sich die Frage, woher dieses Material stammt. Da alle drei Syntagmen signifikante Verbindungen in die antike (pagane sowie hellenistisch-jüdische) Philosophie haben (s. u. die Analyse), liegt es nahe, anzunehmen, dass der Verfasser des Eph mit diesen Redewendungen auf antike philosophische Vorstellungen anspielt. Da alle drei Redewendungen mit kosmotheologischen Vorstellungen zusammenhängen (s. Analyse), ist anzunehmen, dass der Verfasser des Eph einen kosmotheologischen Topos aufgenommen hat.4 Vor dem kosmotheologischen Hintergrund der Formel in Eph 4,6 ist es wahrscheinlich, dass διὰ πάντων lokativisch zu deuten ist.5 Der Verfasser des Eph spielt auf kosmotheologische Redewendungen an, setzt diese aber auf eigene Weise ekklesiologisch ein.

3.3 Methode und Aufbau der Kapitel Um nachzuweisen, dass der Verfasser in Eph 4,6 b einen weitverbreiteten Topos bearbeitet, wurde der Vers terminologisch und inhaltlich mit verschiedenen antiken philosophischen Texten verglichen. Die dazu verwendete Methode lässt sich als vergleichende konzeptuelle Analyse (engl. Comparative Concep4 Eine Definition von „Topos“ bietet Johan C. Thom, „The Mind Is Its Own Place.“ Defining the Topos, in: John T. Fitzgerald / Thomas H. Olbricht / L. Michael White (Hg.), Early Christianity and Classical Culture. Comparative Studies in Honor of Abraham J. Malherbe (Novum Testamentum Supplements 110), Leiden / Boston, MA: Brill 2003, 555–573. 5 Eine instrumentale Deutung von διὰ πάντων ist sowieso fragwürdig, da in demselben Vers zwei andere Präpositionalwendungen vorkommen, die Gottes Verhältnis zu allem / allen zum Ausdruck bringen (ἐπὶ πάντων und ἐν πᾶσιν).

146

3. Forschungsansatz

tual Ana­lysis) definieren.6 Die Methode ist vergleichend, da sie Parallelen nicht nur auf listet, sondern die Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen den Vergleichstexten untersucht und dabei stets den Kontext, den gesamten Diskurs, die ganze Auseinandersetzung berücksichtigt.7 Die Methode ist konzeptuell, da sie erstens nicht nur wörtliche Parallelen nachforscht, sondern auch ähnliche Konzepte zu identifizieren versucht, und da sie zweitens die gefundenen analogen Vorstellungen, abgesehen von direkten Zitaten, in erster Linie nicht genealogisch im Sinne einer direkten Bezugnahme, sondern als selbständige Reaktionen auf Stimuli aus dem gemeinsamen Umfeld versteht. Im zweiten Hauptteil der vorliegenden Studie wird Eph 4,6 in fünf Kapiteln mit jeweils einem philosophischen Text oder mehreren Texten eines Phi­ losophen verglichen. Diese sind die pythagoreischen Goldenen Verse (Kap. 4), die Werke des Mittelplatonikers Plutarch (Kap. 5), die pseudo-aristotelische Schrift Über die Welt (Kap. 6), der stoische Zeushymnus des Kleanthes (Kap. 7) und die Schriften des hellenistisch-jüdischen Denkers Philo von Alexandrien (Kap. 8). Die Reihenfolge wird durch das Alter der jeweiligen Tradition bestimmt (Pythagoreismus, Platonismus, Aristotelismus, Stoizismus, hellenisti­ sches Judentum). Die Anordnung folgt nicht einem historischen Interesse, son­dern dem Antrieb des untersuchten Konzepts in verschiedenen philosophischen Schultraditionen. Über die Auswahl lässt sich Folgendes sagen: Beim ersten Forschungsschritt wurden Texte ausgesucht, die thematisieren, dass Gott oder das Göttliche alles durchwaltet. Aus diesem Material wurden ein pythagoreischer, ein 6 Vgl. zur Methode bes. die Werke des Abraham Malherbe, z. B. in Carl Holladay u. a. (Hg.), Light from the Gentiles. Hellenistic Philosophy and Early Christianity. Collected Essays, 1959–2012, by Abraham J. Malherbe, 2 Bde (Novum Testamentum Supplements 150), Leiden / Boston, MA: Brill 2013. 7 Anders als z. B. „Neuer Wettstein“ und „Strack-Billerbeck“. Vgl. zu Eph  4,6 Georg Strecker / Udo Schnelle / Gerald Seelig (Hg.), Neuer Wettstein. Texte zum Neuen Testament aus Griechentum und Hellenismus, Bd. 2 / 1: Texte zur Brief literatur und zur Johannes­ apokalypse, Berlin / New York: de Gruyter 1996, 613, sowie 175–176 (zu Röm 11,36) und 313–316 (zu 1 Kor 8,6). Von den dort angeführten Parallelen sind für διὰ πάντων in Eph 4,6 nur Diog.  Laert.  7.147–148 (3. Jahrhundert?) und Macr.  Sat.  1.20.11 (Anfang des 5. Jahrhunderts?) relevant. Diog. Laert. (7.147) schreibt über das Gottesbild der Stoiker: Gott „ist der Schöpfer der Welt und gleichsam der Vater von allem (εἶναι δὲ τὸν μὲν δημιουργὸν τῶν ὅλων καὶ ὥσπερ πατέρα πάντων), was, wie überhaupt, so im besonderen von dem Teil von ihm gilt, welcher alles durchdringt (τὸ μέρος αὐτοῦ τὸ διῆκον διὰ πάντων)“ (s. Strecker / Schnelle / Seelig, Wettstein, 315). Macr. meint, einige Götter, unter ihnen auch Herkules, seien Verkörperungen der Sonne und ihrer Kraft: „dieser Herkules [ist] die Sonne […], die in allem und durch alles ist (significantes Herculem hunc esse τὸν ἐν πᾶσι καὶ διὰ πάντων ἥλιον)“ (s. Strecker / Schnelle / Seelig, Wettstein, 613). Das Problem von diesen beiden Stel­len ist, dass sie bedeutend später als Eph zu datieren sind. Die von „Strack-Billerbeck“ zu Eph 4,3 / 4–6 aufgelisteten Parallelen (s. Paul Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, Bd. 3: Die Briefe des Neuen Testaments und die Offenbarung Johannis, München: Beck 21954, 595) sind für διὰ πάντων in Eph 4,6 nicht relevant.

3.4 Einleitungsfragen zum Epheserbrief

147

platonischer, ein aristotelischer, ein stoischer und ein hellenistisch-jüdischer Text beziehungsweise Autor gewählt. Die Anzahl ist willkürlich, die Auswahl aber nicht. Da versucht wird nachzuweisen, dass Eph 4,6 mit διὰ πάντων auf all­gemein-philosophisches Bildungsgut anspielt, wurden für die Auswahl die folgenden Kriterien verwendet: Gewählt wurden (1) griechische Texte (wegen der Sprache des Eph) (2) aus verschiedenen philosophischen Traditionen (angesichts der nachzuweisenden Verbreitung des Themas), die (3) als Hauptvertreter der „Popularphilosophie“ beziehungsweise des hellenistischen Judentums gelten (im Hinblick auf die aufzuzeigende allgemeine Bekanntheit mit dem Thema)8 und (4) vor oder im gleichen Zeitalter wie Eph entstanden sind (um anachronistisches Arbeiten zu vermeiden). Jedes Kapitel folgt einem ähnlichen Gliederungsschema: (1) Allgemeine Be­merkungen zur Verfasserschaft, Entstehungszeit und philosophiegeschichtlichen Verortung des jeweiligen Textes /Autors, (2) terminologischer und konzeptueller Vergleich zwischen Eph  4,6 und dem jeweiligen Text /Autor und (3) Ergebnis der Analyse.

3.4 Einleitungsfragen zum Epheserbrief Für meine These sind die folgenden Einleitungsfragen direkt von Belang: die Fragen nach der Echtheit, Entstehungszeit und dem „geistig-sozialen“ Milieu des Eph. Ich gehe dabei von den folgenden Annahmen aus. 3.4.1 Der Epheserbrief als pseudepigraphische Schrift Eine erste Annahme ist, dass Eph nicht von Paulus verfasst wurde. Aus dem oben angegebenen Schema von Eph 4,1–6 ergibt sich der Hinweis, dass die Perikope ein literarisches Konstrukt ist. Die Perikope stimmt wörtlich mit mehreren Passagen in verschiedenen (deutero)paulinischen Briefen überein. Da sie zusammenträgt, was in unterschiedlichen Texten zerstreut vorkommt, ist es am wahrscheinlichsten, dass sie von diesen Texten abhängig ist (u. a. von Kol) und nicht umgekehrt diese Texte von ihr. Es liegt eine Konflation verschiedener Vorlagen vor. Diese Beobachtung formt ein Indiz, dass die Perikope nicht von 8 Entscheidend ist, dass die Texte verschiedene philosophische Traditionen aufnehmen. Zur „Popularphilosophie“ vgl. u. a. Johan C. Thom, Popular Philosophy in the HellenisticRoman World, in: Early Christianity 3 (2012), 279–295, und Ders., Paul and Popular Philosophy, in: Cilliers Breytenbach (Hg.), Paul’s Graeco-Roman Context (Bibliotheca Ephe­ meri­dum Theologicarum Lovaniensium 277), Leuven: Peeters 2015, 47–74. Nach Thom ist „Po­pu­larphilosophie“ eine Art Unterricht, welche unterschiedliche philosophische Ideen, al­ so nicht nur die Ideen einer bestimmten philosophischen „Schule“, für ein breites Publikum von nicht oder nicht notwendig philosophisch gebildeten Menschen zugänglich macht. In die­sem Zusammenhang meint „popular-“ nicht „populär“, „vulgär“, oder „niedrig“, sondern zu­gäng­lich.

148

3. Forschungsansatz

Paulus selbst, sondern von einem späteren Autor, der sich mit der „paulinischen“ Literatur auskannte, verfasst wurde. Die zumindest seit Erasmus eingebrachten Hauptargumente gegen eine paulinische Verfasserschaft des Eph, nämlich die von den authentischen Paulus­ briefen abweichenden Sprache, Stil und Inhalt,9 und meine oben genannte Beobachtung legen meines Erachtens überzeugend dar, dass Eph keine pauli­ nische, sondern eine pseudepigraphische, unter dem Namen des Paulus verfasste Schrift ist.10 3.4.2 Der Epheserbrief als neutestamentliche Spätschrift Die zweite Annahme hängt mit der ersten zusammen. In der literarischen Abhängigkeit des Eph von verschiedenen (deutero)paulinischen Texten (wie Kol) wird die spätere Entstehungszeit des Eph sichtbar. Die Verwendung von Material aus authentischen und nicht-authentischen paulinischen Schriften weist auf eine Datierung nicht früher als in den späteren Jahrzehnten des ersten Jahrhunderts hin, da ein gewisser zeitlicher Abstand zu diesen Vorlagen vorausgesetzt werden muss. 3.4.3 Das geistig-soziale Milieu des Epheserbriefes Die letzte Annahme bezüglich der Einleitungsfragen des Eph betrifft das „geistig-soziale“ Milieu, worin das Werk zu verorten ist. Mit „geistig-sozial“ wird Folgendes gemeint: „Geistig“ bezieht sich auf das Bildungsniveau des Verfassers und seiner Rezipienten und „sozial“ auf die Gesellschaftsschicht, wozu der Verfasser und seine Rezipienten gehörten. Dabei wird eine gewisse Übereinstimmung zwischen dem geistig-sozialen Milieu eines Autors und dem geistig-sozialen Milieu seiner Rezipienten vorausgesetzt. Die Raffiniertheit, mit der der Verfasser des Eph in Eph 4,6 eine kosmotheologische Anspielung ekklesiologisch auswertet, ist ein Indiz, dass die Schrift in einem geistig-sozialen Milieu von Menschen verfasst wurde, die einen solchen Hinweis wahrnehmen konnten. Der Verfasser des Eph bedient sich einer Sprache, die für Gebildete verständlich ist.

9 Zu diesen Hauptargumenten gehören u. a. Hapaxlegomena wie ἑνότης, die für die spätere frühchristliche Literatur typisch sind (Sprache); die vielfache Verwendung von Genitivverbindungen, die in diesem Ausmaß nicht in den authentischen Paulusbriefen vorkommen (Stil) und die Aussagen, dass die Glaubenden „gerettet sind“ und dass Gott sie mit Christus „auferweckt hat und in die Himmel versetzt hat“ (ἐστε σεσῳσμένοι καὶ συνήγειρεν καὶ συν­ εκάθισεν ἐν τοῖς ἐπουρανίοις, Eph 2,5–6; Inhalt). 10 Vgl. zum in der Antike weitverbreiteten Genre der Pseudepigraphie u. a. Norbert Brox (Hg.), Pseudepigraphie in der heidnischen und jüdisch-christlichen Antike (Wege der Forschung 484), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1977.

II. Analyse

4. Epheser 4,6 und die pythagoreische Tradition: Das Carmen aureum Die pythagoreischen Goldenen Verse haben wesentliche Berührungspunkte mit Eph 4,6 und dessen Kontext. Dabei ist es wichtig zu bemerken, dass die Goldenen Verse in der Antike unter griechischen und römischen (einschließlich christlicher) Autoren eine hohe Bekanntheit genossen (womit nicht gesagt ist, dass sie beim Verfasser des Eph bekannt waren).1 Zunächst folgen einige einführende Bemerkungen zu den Goldenen Versen:2 In der Forschung besteht weitgehender Konsens, dass der unbekannte Verfasser der anonymen Schrift nicht Pythagoras (fl. ca. 530 v. Chr.) ist.3 Der Titel „Goldene Verse“ (Χρυσᾶ ἔπη bzw. Carmen aureum) ist nicht ursprünglich.4 Das um ca. 350–300 v. Chr. verfasste Werk gehört zur hellenistisch-pythagore­ ischen Tradition.5 Es ist ein „heiliger Text“ (ἱερὸς λόγος)6 in der Form eines Spruchgedichtes.7 Das Gedicht im Hexameter umfasst 71 Verse.8 Der Kontext ist vermutlich eine Unterrichtssituation (Lehrer – Schüler).9 Die Goldenen Verse bieten einen einführenden und zusammenfassenden Unterricht (στοιχείωσις und ἐπιτομή) in die philosophische beziehungsweise religiöse Lehre einer pythagoreischen Gruppe.10 In diesem Kontext haben die Goldenen Verse auch eine psychagogische Funktion (ψυχαγωγία im Sinne einer intellektuellen, moralischen und spirituellen „Seelsorge“ bzw. „Seelenführung“).11 Die direkten 1 Vgl. Johan C. Thom, The Pythagorean Golden Verses with Introduction and Commen­ tary (Religions in the Graeco-Roman World 123), Leiden / New York / Köln: Brill 1995, 5.13– 26, der u. a. Chrysippos, Seneca, Plutarch, Epiktetos, Clemens Alexandrinus und Origenes nennt. 2 Eine umfassende Einleitung in das Carmen aureum bietet Thom, Golden Verses, 3–92, an den ich mich hier anlehne. 3 Näheres zur Verfasserschaft bei Thom, Golden Verses, 31–32. 4 Vgl. Thom, Golden Verses, 32–34. 5 Näheres zur Datierung bei Thom, Golden Verses, ix.35–58. 6 Vgl. Thom, Golden Verses, 75–77. 7 Die Goldenen Verse gehören zur „gnomischen“ Literatur, d. h. sie formen eine Kollektion von γνῶμαι bzw. sententiae, vgl. Thom, Golden Verses, 69–75. 8 Einige kurze Bemerkungen zum Versmaß bei Thom, Golden Verses, 44. Näheres zur Gliederung bei Thom, Golden Verses, 59–66. 9 Vgl. Thom, Golden Verses, 80. 10 Vgl. Thom, Golden Verses, 31.75.79. 11 Vgl. Thom, Golden Verses, 77–79.

152

4. Das Carmen aureum

Adressaten sind primär junge, unverheiratete Schüler einer pythagoreischen Gemeinschaft, die am normalen kulturellen Leben teilnahmen.12 Der Verfasser will mit seiner Schrift aussagen, dass für den Pythagoreer die richtige moralische Einsicht ein tugendhaftes Leben in Beziehung zu Gott und den Menschen mit sich bringt, und nach dem Tod Unsterblichkeit und Gottgleichheit.13 Dabei wird nicht nur „die“ pythagoreische Lehre gebracht: Es gibt auch Material, das nicht einer spezifischen philosophischen Tradition zuzuordnen ist, Material, das pythagoreisch geprägt, in gewissem Maße aber von traditionellen pythagoreischen Lehrsätzen abweicht und Material, das an andere hellenistisch-philosophische Traditionen, wie die Stoa, den Epikureismus und den Kynismus, anklingt.14 Die antike Wirkungsgeschichte der Goldenen Verse zeigt, dass sie damals einen für ein breites Publikum zugänglichen Einstieg in weithin akzeptierte moralische Prinzipien boten.15 Beim folgenden Vergleich der Goldenen Verse mit Eph 4,6 und dessen Kontext liegt der Fokus auf Übereinstimmungen und Unterschieden zwischen den Gottesbildern beider Texte.

4.1 Das göttliche, alles beherrschende und durchdringende Prinzip Die in Eph 4,6 verwendete Wortgruppe εἷς θεὸς […] διὰ πάντων kommt in den Goldenen Versen nicht vor, in VV. 50–51 wird aber Ähnliches thematisiert.16 Es ist beachtenswert, dass das Thema in einem so kurzen Text von nur 71 Versen überhaupt auftaucht. Dies ist ein Indiz, dass ein Achsenthema, ein damals breit diskutiertes Thema, vorliegt. In VV. 49 b –51 steht: „Wenn du dieser Dinge Herr geworden bist, wirst du (die) Essenz unsterblicher Götter und sterblicher Menschen kennen, wie sie al­ les durchdringt und wie (alles) beherrscht wird [d. h. von ihr]“ (τούτων δὲ κρα­ τήσας γνώσεαι ἀθανάτων τε θεῶν θνητῶν τ᾽ ἀνθρώπων σύστασιν, ᾗ τε ἕκαστα διέρχεται, ᾗ τε κρατεῖται).17 V. 49 b formt den Übergang vom überwiegend 12 Vgl.

Thom, Golden Verses, 80–81.86–88.92.119. Thom, Golden Verses, 66–69. 14 Näheres zur philosophiegeschichtlichen Verortung bei Thom, Golden Verses, 87–91. 15 Vgl. Thom, Golden Verses, 91–92. 16 Der Text des Carmen aureum wird zitiert nach Thom, Golden Verses, 94.96.98 (mit kleinen Änderungen). Die Übers. sind meine eigenen. 17 Für diese Übers. vgl. Thom, Golden Verses, 181: „When you have mastered these things, you will come to know the essence of immortal gods and mortal men, how it pervades each thing and how each thing is ruled [by it].“ Anders u. a. Bartel L. van der Waerden, Die Pythagoreer. Religiöse Bruderschaft und Schule der Wissenschaft (Bibliothek der Alten Welt. Forschung und Deutung), Zürich / München: Artemis 1979, 151 (Übers.  Heinz  Schmitz): „Wenn du diese Lehren beherrscht, erkennst du die Beziehung zwischen den unsterblichen Göttern und den sterblichen Menschen: wie ein jedes vergeht und Bestand hat“ und Yvan Go­bry, Pythagore (Collection Les grandes leçons de philosophie), Paris: Éditions Univer13 Vgl.

4.1 Das göttliche Prinzip

153

„präskriptiven“ zum überwiegend „versprechenden“ Teil der Goldenen Verse:18 Im ersten Teil (VV. 1–49 a) wird angegeben, welche Vorschriften ein Pythagoreer befolgen soll, im zweiten Teil welche endgültigen Ziele und Vorteile mit der Befolgung dieser Vorschriften erreicht werden können (VV. 49 b –71).19 In VV. 49 b –64 wird Einsicht in wichtige metaphysische Fragen versprochen.20 In diesem Kontext geht es in VV. 50–51 um die Frage, was das Verhältnis zwischen Göttern und Menschen ist.21 Es wird keine vollständige Antwort gegeben, sondern angedeutet, dass ein guter Student letztlich die Antwort auf diese Frage wissen wird.22 Wer sich nämlich an die Vorschriften hält, reinigt seine Seele und verbessert damit seine Fähigkeit zu erkennen, dass seine Seele das göttliche Element in ihm selbst sowie Bestandteil des göttlichen Kosmos ist.23 V. 51 (σύστασιν, ᾗ τε ἕκαστα διέρχεται, ᾗ τε κρατεῖται) wirft verschiedene zusammenhängende exegetische Probleme auf, welche jetzt angedeutet werden. Ein erstes Problem ist, was σύστασις meint. In der Forschung gibt es etwa zwei Interpretationslinien: nach der einen gehe es um die Zusammenstellung und nach der anderen um die Verbindung von Göttern und Menschen.24 Die sitaires 1992, 115: „En possession de ces enseignements, Tu connaîtras la nature des dieux immortels et des hommes mortels, En quoi les êtres sont séparés et en quoi ils sont unis.“ 18 Vgl. Van der Waerden, Pythagoreer, 156: „Wenn man so lebt, wie im ersten Teil des Gedichtes [VV. 1–48] angegeben ist, so wird man zur Gnosis geführt, zum Erkennen des Ban­des, das die unsterblichen Götter mit den Sterblichen verbindet“ (Hervorhebung von Van der Waerden); Thom, Golden Verses, 181: „τούτων δὲ κρατήσας is a transitional phrase indicating that a mastery of all the preceding precepts is a prerequisite for enjoying the benefits that follow.“ 19 Für eine Übersicht der Gliederung des Carmen aureum s. Thom, Golden Verses, 59–64. 20 Vgl. Thom, Golden Verses, 178. 21 Vgl. ebd. 22 Vgl. ebd.: „It is obvious […] that much is left unsaid; the answers are implied rather than spelled out. It seems reasonable, therefore, to suppose that the author did not intend to give the full answers in the Golden Verses itself. He simply indicated what further, advanced knowledge the student may expect if he continued along this path. A teaching practice is therefore implied that went beyond the Golden Verses“ (Hervorhebung von Thom). 23 Vgl. Thom, Golden Verses, 191 (s. a. 181): „The train of thought is clearly this: Through your efforts to purify your soul, you will gain insight into that which unites you with the gods, that is, your true nature. From this, you will understand nature as a whole, since nature is the same everywhere, and like is known by like.“ Zur antiken (pythagoreischen) Kathartik vgl. Heinrich Dörrie, Überlegungen zum Wesen antiker Frömmigkeit, in: Ernst Dassmann / Karl Suso Frank (Hg.), Pietas. FS für Bernhard Kötting (Jahrbuch für Antike und Christentum. Ergänzungsband 8), Münster: Aschendorff 1980, 3–14, 9: „Es geht somit bei aller Kathartik darum, daß eine Reinigung und damit eine Verbesserung der Erkenntnisfähigkeit gewonnen wird.“ 24 Näheres dazu bei Thom, Golden Verses, 182. Für die Deutung im Sinne von „Zusammenstellung“ vgl. Armand Delatte, Études sur la littérature pythagoricienne (Bibliothèque de l’École des Hautes Études, Section Sciences Historiques et Philologiques 217), Genf: Slatkine 1974, 61 („la nature“); Gobry, Pythagore, 115 („la nature“); Thom, Golden Verses, 181 („the essence“). Für die Deutung im Sinne von „Verbindung“ vgl. Pieter C. van

154

4. Das Carmen aureum

erste Interpretation ist im gegebenen philosophischen Kontext vorzuziehen und führt zur Bedeutung „Natur“, „Wesen“, „Essenz“. Ein anderes Problem ist textkritischer Art: Statt ᾗ τε […] ᾗ τε („wie […] und wie“) lesen einige Manuskripte ἥ τε […] ἥ τε („welche […] und welche“). Es gibt einen weitgehenden Forschungskonsens, dass die erstgenannte Lesart ursprünglicher ist.25 Eine mögliche Konjektur wäre allerdings ἥ τε […] ᾗ τε, das heißt: „(die) σύστασις […], welche alles durchdringt und durch welche (alles) beherrscht wird“. Es könnte sein, dass die (ursprüngliche) Lesart ἥ τε […] ᾗ τε vereinheitlicht wurde (zweimal ἥ τε bzw. zweimal ᾗ τε). Die Konjektur kann die beiden handschriftlich bezeugten Lesarten erklären.26 Eine weitere Frage ist, wie der Hauptsatz mit den Nebensätzen zusammenhängt, das heißt, ob die Nebensätze von γνώσεαι (V. 50) abhängen („du wirst (die) Essenz […] wissen und (du wirst wissen) wie […] und (du wirst wissen) wie […]“), oder auf irgendeine Weise in Beziehung zu σύστασις stehen.27 Damit hängt die Frage zusammen, was mit den Nebensatzteilen gemeint ist. Die übliche Übersetzung der Nebensätze des V. 51 ist „wie alles vorbeigeht, wie es bleibt“.28 Dabei ist aber vor allem die Übersetzung von ἕκαστα διέρχεται problematisch. Es ist so, dass ἕκαστα sowohl Subjekt / Nominativ als auch Objekt /Akkusativ sein kann.29 Die Übersetzung von διέρχεται mit „es geht vorbei“ der Horst, Les vers d’or pythagoriciens édités avec une introduction et un commentaire, Leiden: Brill 1932, 35 („l’union réciproque“); Van der Waerden, Pythagoreer, 151 (Übers. Heinz Schmitz: „die Beziehung“). 25 Vgl. dazu Thom, Golden Verses, 181. 26 Vgl. Thom, Golden Verses, 184 Anm. 396: „It is true that there is no textual evidence for the combination ἥ τε … ᾗ τε […]. However, the very fact that textual differences exist [im Original steht ‚exits‘] and the fact that the ancient commentators differ widely in their interpretation of GV 51 […] are ample evidence that this sentence was not understood in late Antiquity, hence the possibility for textual confusion and errors. An original ἥ τε … ᾗ τε could therefore have been normalized to either ἥ τε … ἥ τε or ᾗ τε … ᾗ τε“ (Hervorhebung von Thom). 27 Vgl. dazu Thom, Golden Verses, 182–183. Für die erste Option vgl. Delatte, Études, 61: „Le poète promet au disciple qu’après l’accomplissement de certains actes et l’acquisition de certaines connaissances (τούτων κρατήσας), la nature des dieux immortels et des hommes mortels lui sera révélée. Il comprendra aussi comment toutes choses passent ou de­meurent“ (Hervorhebung von Delatte). Für die zweite Option vgl. Van der Waerden, Pythagoreer, 151 (Übers. Heinz Schmitz: „erkennst du die Beziehung […]: wie …“); Gobry, Pythagore, 115 („Tu connaîtras la nature […], En quoi […] et en quoi …“); Thom, Golden Verses, 181 („you will come to know the essence […], how it […] and how …“) (s. o.). 28 Für diese Übers. bzw. Interpretation vgl. Delatte, Études, 61 („comment toutes cho­ ses passent ou demeurent“); Van der Horst, Les vers d’or, 36 („pour autant que chaque chose passe et pour autant qu’elle subsiste“); Van der Waerden, Pythagoreer, 151 (Übers. Heinz Schmitz: „wie ein jedes vergeht und Bestand hat“). Näheres dazu bei Thom, Golden Verses, 182–183, der mit Recht bemerkt, dass bei dieser Übers. der Zusammenhang mit dem vorangehenden Satzteil unklar ist. Gobry, Pythagore, 115, übersetzt mit „En quoi les êtres sont séparés et en quoi ils sont unis“. 29 Vgl. Thom, Golden Verses, 183.

4.1 Das göttliche Prinzip

155

ist aber unwahrscheinlich, da das Verb in diesem Sinne normalerwei­se nur mit Bezug auf Zeit verwendet wird.30 Gewöhnlich meint διέρχομαι „durch­gehen“, es kann auch „durchdringen“ meinen.31 So betrachtet ist es am wahrscheinlichsten, dass σύστασις das Subjekt und ἕκαστα das Objekt von δι­έρχεται ist: „wie sie [d. h. die σύστασις] alles durchgeht / durchdringt“.32 Hier würde die oben genannte Konjektur mit an erster Stelle ἥ τε gut passen: „(die) σύ­στασις, welche alles durchdringt“. σύστασις meint dann vermutlich „(zugrunde liegende) Essenz“ beziehungsweise „Prinzip“.33 Die Übersetzung des κρατεῖται mit „es wird erhalten“/„es bleibt (gleich)“ ist möglich, üblicher ist aber der Sinn „es wird beherrscht“.34 Dabei ist die Schwierigkeit, dass das zu erwartende Subjekt auch hier σύστασις ist, die Über­setzung „(die) σύστασις […], wie sie beherrscht wird“ sich aber als wenig sinnvoll erweist. Eine mögliche Lösung wäre ἕκαστα, das Objekt des ersten Nebensatzteils, als Subjekt des zweiten Nebensatzteils zu nehmen, wie dies bei einer Brachylogie gut möglich ist: „wie alles beherrscht wird [d. h. durch die σύ­στασις]“.35 Hier würde die oben genannte Konjektur mit an zweiter Stelle ᾗ τε gut passen: „(die) σύστασις […], durch welche alles beherrscht wird“. Auch hier würde für σύστασις der Sinn „(konstitutive) Essenz“ beziehungsweise „Prinzip“ passen. Lesen wir VV. 50–51 ohne die vorgeschlagene Konjektur, dann ist das Ergebnis: „Du wirst (die) Essenz unsterblicher Götter und sterblicher Menschen kennen, wie sie alles durchdringt und wie (alles) [von ihr] beherrscht wird.“ Nach dieser Auslegung sagen die VV. 50–51 der Goldenen Verse also aus, dass es eine alles durchdringende, alles beherrschende σύστασις gibt. Die zwei Di­mensionen (das „alles Durchdringen“ und „alles Beherrschen“) formen wesentliche Berührungspunkte mit dem διὰ πάντων und dem ἐπὶ πάντων in Eph 4,6. Die Goldenen Verse sagen zwar nicht aus, dass „der eine Gott“ alles durchwaltet und beherrscht (vgl. Eph 4,6), wohl aber, dass die alles durchdringende, alles beherrschende σύστασις Göttern und Menschen gemeinsam ist und alles durchwaltet. Es gibt Hinweise, dass die Pythagoreer an ein göttliches, konstitutives, alles durchdringendes Prinzip glaubten. Ein erstes Beispiel betrifft den pythagorei30 Vgl.

ebd. ebd. 32 Vgl. ebd. Die Übers. „wie alles durchgeht / durchdringt“ (mit ἕκαστα als Subjekt von δι­έρ­χεται) ergibt ja wenig Sinn. 33 Vgl. Thom, Golden Verses, 184–187. 34 Vgl. Thom, Golden Verses, 183–184. 35 Vgl. Thom, Golden Verses, 184. Zur Brachylogie in der griechischen Sprache vgl. Ra­phael Kühner / Bernhard Gerth, Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache, 2. Teil: Satzlehre, Bd. 2, Hannover: Hahn 31983 (Nachdr. der 3. Aufl. 1904), 561 (§ 597.2 a): „In der Prosa wird oft, seltener in der Dichtersprache, das Objekt des Satzes oder überhaupt ein Substantiv in einem abhängigen Kasus im Folgenden plötzlich zum Subjekte gemacht, ohne dass dieses durch ein Pronomen angedeutet wird“ (mit Beispielen). 31 Vgl.

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4. Das Carmen aureum

schen (dorischen) Ἱερὸς λόγος (2./1. Jahrhundert v. Chr.), nach welchem „Pythagoras […] sagte, dass die Zahl […] Ursache der Götter und δαίμονες war und Maßstab und Gestaltungsprinzip für Gott, den ältesten und besten Handwerker, [und] dass die Zahl als Design und festeste Richtlinie der Komposition und Entstehung aller Dinge zugrunde lag“.36 Nach diesem Fragment sei also nach Pythagoras „Zahl“ das göttliche, allem zugrunde liegende Prinzip. Zahl gilt hier auch explizit als die Basis der σύστασις aller Dinge.37 Ein anderes Beispiel ist Cicero (106–43 v. Chr.), nach dem „Pythagoras […] meinte, eine Seele durchdringe und durchgehe das ganze Weltall, von der unsere Seelen Fragmente seien“.38 Hier gilt also die alles durchwaltende Weltseele als die in allen anwesende Komponente. Ein letztes Beispiel ist Sextus Empiricus (fl. 2. Jahrhundert n. Chr.), nach dem die Pythagoreer und andere meinten, dass Menschen, Götter und Tiere miteinander „eine Verbundenheit“ (κοινωνίαν) haben, „denn es gibt einen Geist, der durch den ganzen Kosmos zieht wie eine Seele und der uns mit denen vereinigt“.39 Hier wird also πνεῦμα als das alles verbindende Element gesehen. Die drei Belege haben gemeinsam, dass sie vor-

36 S. den dorischen Hieros Logos Frgm. 4: Πυθαγόρας […] τὸν ἀριθμὸν ἔλεγεν εἶναι […] θεῶν δαιμόνων αἴτιον καὶ τῷ πρεσβίστῳ καὶ κρατιστεύοντι τεχνίτᾳ θεῷ κανόνα καὶ λόγον τεχνικόν, νοῦν τε καὶ στάθμαν ἀκλινεστάταν τὸν ἀριθμὸν ὑπεῖμεν συστάσιός τε καὶ γενέσιος τῶν πάντων. 37 Vgl. Thom, Golden Verses, 187. 38 S. Cic. nat. deor. 1.27: Pythagoras […] censuit animum esse per naturam rerum omnem intentum et commeantem ex quo nostri animi carperentur. Arthur S. Pease (Hg.), M. Tvl­li Ciceronis De natvra deorvm, Bd. 1, Cambridge, MA: Harvard University Press 1955, 218, zufolge meint intentum „stretched“, nach Andrew R. Dyck (Hg.), Cicero. De natvra deorvm, Bd. 1 (Cambridge Greek and Latin Classics), Cambridge: Cambridge University Press 2003, 91, könnte aber die Redewendung intentum et commeantem eine Übers. von δι­ῆ­κον in Ciceros Quelle sein. Patrick G. Walsh, Cicero. The Nature of the Gods (Oxford World’s Classics), Oxford: Oxford University Press 1998, 13, übersetzt intentum et commeantem ähnlich wie ich mit „pervading and passing through“, Martin Van den Bruwaene (Hg.), Cicéron. De Natura Deorum, Bd. 1 (Collection Latomus 107), Brüssel: Latomus 1970, 76, aber mit „étendue et présente dans“. Nach Pease, De natvra deorvm, 218, und Dyck, Cicero, 91, ist Ciceros Darstellung der pythagoreischen Lehre von stoischen Vorstellungen gefärbt. Vgl. dazu noch Olof Gigon / Laila Straume-Zimmermann (Hg.), Marcus Tullius Cicero. Vom Wesen der Götter. Lateinisch-deutsch (Sammlung Tusculum), Zürich / Düsseldorf: Artemis & Winkler 1996, 353: „Daß Gott eine Seele ist, die durch die ganze Natur hindurch gespannt ist und durch sie hindurchläuft, klingt stoisch, befremdlicherweise, da unter den großen Schulen gerade die Stoa sich am entschiedensten von den pythagoreischen Traditionen distanziert hat.“ 39 S. S.  Emp.  adv.  math.  9.127: οἱ μὲν οὖν περὶ τὸν Πυθαγόραν […] ἓν γὰρ ὑπάρχειν πνεῦ­μα τὸ διὰ παντὸς τοῦ κόσμου διῆκον ψυχῆς τρόπον, τὸ καὶ ἑνοῦν ἡμᾶς πρὸς ἐκεῖνα. Nach Dyck, Cicero, 91, und Richard Bett, God. M 9.13–194, in: Keimpe Algra / Katerina Ierodiakonou (Hg.), Sextus Empiricus and Ancient Physics, Cambridge: Cambridge University Press 2015, 33–73, 71, ist Sextus Empiricus’ Darstellung der pythagoreischen Lehre von stoischen Vorstellungen beeinflusst.

4.1 Das göttliche Prinzip

157

aussetzen, dass es nach pythagoreischen Vorstellungen ein universales Element beziehungsweise Prinzip gibt (sei es Zahl, Seele oder Geist). In VV. 50–51 der Goldenen Verse scheint eine ähnliche Perspektive vorzu­ liegen. Im direkt folgenden Vers steht: „Du wirst aber (die) Natur erkennen, gleich hinsichtlich einem jeden (Ding)“ (γνώσῃ δ᾽ […] φύσιν περὶ παντὸς ὁμοί­ ην, V. 52).40 Es ist umstritten, ob φύσις „(die) Natur der Götter und Menschen“ (vgl. VV. 50–51) meint, oder unspezifisch im Sinne von „Natur“ verwendet wird (vgl. dazu φύσις in VV. 48.64).41 Jedenfalls zeigt sich die Paralle­lität zwischen VV. 50–51 und 52 daran, dass beide Satzteile mit „du wirst zu Wissen gelangen“ (γνώσεαι bzw. γνώσῃ) eingeleitet werden. Es liegt nahe, dass in V. 52 die allem gemeinsame φύσις gemeint ist. περὶ παντός meint hier „hinsichtlich einem jeden (Ding)“ oder Ähnliches.42 Im Hinblick auf die oben besprochenen Parallelen sowie V. 52 ist anzunehmen, dass VV. 50–51 der Goldenen Verse mit beinhalten, dass ein göttliches Element beziehungsweise Prinzip in allen ist.43 Letzteres formt einen wesentlichen Berührungspunkt mit dem ἐν πᾶσιν in Eph 4,6. 40 Vgl. die Übers. von Thom, Golden Verses, 190: „You will come to know nature (as being) alike in everything.“ Thom (ebd.) bemerkt dazu: „According to this interpretation, two related insights are in fact promised: insight into nature, and insight into her homogeneity.“ Anders einerseits u. a. Van der Waerden, Pythagoreer, 151 (Übers.  Heinz  Schmitz): „Du wirst erkennen […], daß die Natur in allem gleich ist“ (Hervorhebung vom Vf., MG); Gobry, Py­thagore, 115: „Tu connaîtras aussi […], que la Nature est en tout semblable à elle-même“ (Hervorhebung vom Vf., MG); andererseits u. a. Van der Horst, Les vers d’or, 37: „et tu apprendras […] à connaître la nature, car elle est homogène à tous les égards“ (Hervorhebung vom Vf., MG). 41 Für die erstgenannte Interpretation vgl. u. a. Delatte, Études, 61–62: „La Φύσις dont il est question dans ce fragment est évidemment la Nature des dieux et des hommes.“ Für die zweitgenannte Interpretation vgl. u. a. Thom, Golden Verses, 190, der in Reaktion auf Delatte bemerkt: „It is unlikely, however, that φύσις would have this specific application without some kind of modifier; its normal, more general denotation, would fit the context better.“ 42 Für seine Übers. mit „in everything“ weist Thom, Golden Verses, 190 mit Anm. 415, u. a. auf Plat.  Gorg.  467 d hin. Dort steht ἄλλο τι οὖν οὕτω καὶ περὶ πάντων, was Walter R. M. Lamb (Hg.), Plato, Bd. 3: Lysis, Symposium, Gorgias (Loeb Classical Library 166), Cambridge, MA / London: Harvard University Press / Heinemann 1975, 329, mit „And is it not just the same in every case“ übersetzt (Hervorhebung vom Vf., MG). 43 Es ist umstritten, ob mit δαίμων in V. 62 das göttliche Element in den Menschen gemeint ist: Den Menschen würde viel Leiden erspart bleiben, „wenn du [d. h.  Vater Zeus, V. 61] allen zeigen würdest, was für einen δαίμων sie haben“ (εἰ πᾶσιν δείξαις, οἵῳ τῷ δαί­ μονι χρῶνται). Nach Thom, Golden Verses, 200–205, meint δαίμων hier nicht „the divine part in man“, sei es im Sinne von „Seele“ (so Delatte, Études, 68–69; Van der Horst, Les vers d’or, 53) oder „νοῦς-δαίμων“ (im Sinne des göttlichen Teils der Seele; so Van der Waerden, Pythagoreer, 157), sondern „the personal δαίμων, a personification of one’s fate, a divine force determining what happens to man beyond his own planning or understanding […]. A prosperous man has a good δαίμων, he is εὐδαίμων (fortunate); an unfortunate man has a bad δαίμων and is therefore κακοδαίμων“ (S. 200–201). Für diese Interpretation spreche unter anderem die Verwendung des οἷος („was für …?“). Thom kommentiert: „Insight

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4. Das Carmen aureum

Zusammengenommen ist es plausibel, die Phrase σύστασιν, ᾗ τε ἕκαστα δι­έρχεται, ᾗ τε κρατεῖται (V. 51) so zu interpretieren, dass die den Göttern und den Menschen gemeinsame „Essenz“ alles durchdringt (und damit in allem ist) und alles beherrscht (vgl. Eph 4,6).

4.2 Gott Vater Die Gottesbilder beider Texte weisen weitere Gemeinsamkeiten auf. Es liegt zwar eine wichtige Differenz zwischen beiden Texten vor, nämlich, dass Eph vom Monotheismus ausgeht (s. bes. εἷς θεός, Eph 4,6), wohingegen die Goldenen Verse von einer Pluralität von Göttern sprechen (s. θεούς in V. 1 und θεῶν in V. 50). Es ist aber so, dass in beiden Texten von Gott als „Vater aller“ die Rede ist (vgl. Ζεῦ πάτερ […] ἅπαντας in V. 61 mit θεὸς καὶ πατὴρ πάντων in Eph 4,6).44 Die Vorherrschaft des Zeus zeigt sich in den Goldenen Versen daran, dass von den erwähnten Göttern nur er in direkter Rede angesprochen wird (V. 61).45

4.3 Die Verwandtschaft zwischen Gott und den Menschen und die Nachahmung Gottes In beiden Texten wird die Verwandtschaft zwischen Gott und den Menschen thematisiert. Nach Eph hat „Gott der Vater“ (s. Eph 1,2.3.17; 2,18; 4,6; 5,20 und 6,23) die Glaubenden („uns“) zur Sohnschaft vorherbestimmt (προορίσας ἡμᾶς εἰς υἱοθεσίαν, Eph  1,5) und sie sollen „Nachahmer Gottes als geliebte Kinder“ werden (μιμηταὶ τοῦ θεοῦ ὡς τέκνα ἀγαπητά, Eph 5,1).46 Hier wird die Verwandtschaft zwischen Gott und den Glaubenden betont und es werden die Glaubenden dazu aufgerufen, als Kinder Gottes Gott den Vater nachzuahmen.47 Der Verfasser der Goldenen Verse redet „Vater Zeus“ an (V. 61) und into the character of one’s δαίμων is […] also insight into one’s fate; we will be spared many troubles by not acting against our fate […] but by following and cultivating our fate-δαίμων instead“ (S. 204). 44 Für Eph vgl. bes. 1 Kor 8,6 (εἷς θεὸς ὁ πατήρ). Nach Van der Horst, Les vers d’or, 53, wird Zeus in den Goldenen Versen als Schöpfer allen Lebens und als Vater aller tugendhaften Menschen, von allen, die ihn suchen, vorgestellt. 45 Hier liegt eine Apostrophe vor (vgl. Thom, Golden Verses, 200). 46 Für υἱοθεσία vgl. Gal 4,5; Röm 8,15.23 und 9,4. Für μιμέομαι κτλ. vgl. bes. 1 Thess 1,6: ὑμεῖς μιμηταὶ ἡμῶν ἐγενήθητε καὶ τοῦ κυρίου. 47 Vgl. zum Mimesis-Gottes-Motiv bes. Gerhard Sellin, Imitatio Dei. Traditions- und reli­gionsgeschichtliche Hintergründe von Eph 5,1–2, in: Dieter Sänger (Hg.), Gerhard Sellin. Studien zu Paulus und zum Epheserbrief (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments 229), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2009, 239–254, und Ders., Imitatio Dei. Eph 5,1–2, in: Wolfgang Kraus (Hg.), Beiträge zur urchristlichen Theo-

4.3 Die Verwandtschaft zwischen Gott und den Menschen

159

sagt seinen Adressaten (im direkten Kontext), dass „Sterbliche einen göttlichen Ursprung haben“ (θεῖον γένος ἐστὶ βροτοῖσιν, V. 63 b).48 Auch hier geht es um die Verbundenheit zwischen dem Göttlichen und Menschlichen (vgl. die den Göttern und den Menschen gemeinsame σύστασις in VV. 50–51 und die allem gemeinsame φύσις in V. 52). Das verbindende Element ist hier vermutlich die Seele (ψυχή).49 Im direkten Kontext ist von der Befreiung und Reinigung der Seele (ψυχή) die Rede (s. bes. ἐξακέσας, ψυχὴν δὲ […] σαώσεις in V. 66 und ἔν τε Καθαρμοῖς ἔν τε Λύσει ψυχῆς in VV. 67–68)50 und am Ende des Spruchgedichtes wird dem Pythagoreer, der die Vorschriften des Carmen aureum erfüllt, versprochen: „Wenn du denn (den) Leib verlassen hast und zu dem freien αἰθήρ gehst, wirst du unsterblich sein, ein unsterblicher Gott, nicht länger sterblich“ (ἢν δ᾽ ἀπολείψας σῶμα ἐς αἰθέρ᾽ ἐλεύθερον ἔλθῃς, ἔσσεαι ἀθά­νατος, θεὸς ἄμβροτος, οὐκέτι θνητός, VV. 70–71).51 Letzteres meint wahrscheinlich, logiegeschichte (Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche 163), Berlin / New York: de Gruyter 2009, 395–407. 48 Vgl. für die Übers. von V. 63 b Thom, Golden Verses, 205: „mortals have a divine origin“. Ähnlich sind auch die Übers. von Van der Waerden, Pythagoreer, 152 (Übers. Heinz Schmitz): „göttlich ist das Geschlecht der Sterblichen“ und Gobry, Pythagore, 119: „les mortels sont une race divine“. Anders Van der Horst, Les vers d’or, 55, der wie folgt paraphrasiert: „en effet il y a véritablement une race divine dans les hommes“. Nach Van der Horst bezieht sich θεῖον γένος auf δαίμων im vorigen Vers: „Cette possession d’une âme-­δαίμων est accentuée encore par les mots ἐπεὶ θεῖον γένος ἐστί, qui ne sont qu’une répétition“ (S. 55). Es ist aber am wahrscheinlichsten, dass βροτοῖσιν einen possessiven („der Sterblichen“) und nicht einen lokativischen Sinn („in den Sterblichen“) hat (vgl. dazu Thom, Golden Verses, 207 mit Anm. 490). 49 Vgl. bes. Van der Horst, Les vers d’or, 57: „tout bien considéré, l’homme est divin, son origine divine se trouve dans son âme“. Van der Horst (S. 49–59) identifiziert die Seele mit dem δαίμων in V. 62 und mit dem θεῖον γένος in V. 63. In seiner Rezension von Van der Horsts Kommentar bemerkt Wilhelm Nestle, P. C. van der Horst, Les vers d’or Py­thagoriciens, Leiden 1932, in: Philologische Wochenschrift 54 (44) (1934), 1220–1221, 1221, Van der Horst hätte bezüglich V. 63 noch auf Folgendes hinweisen sollen: „Daß die Menschen ‚göttlichen Geschlechts‘ sind (v. 63) ist ein alter […] Gedanke […], der bekanntlich auch der Stoa geläufig ist (Kleanthes, Zeushymn.  4 […]), der aber allerdings hier im Sinne der orphisch-pythagoreischen Seelenmystik gewendet ist.“ 50 Bei der Redewendung ἔν τε καθαρμοῖς ἔν τε λύσει ψυχῆς (VV. 67–68) handelt es sich nach Van der Horst, Les vers d’or, 62–64.67–68, Van der Waerden, Pythagoreer, 152 (Übers. Heinz  Schmitz) und Thom, Golden Verses, 215–217.221–222, um Buchtitel: Κα­ θαρ­μοί und Λῦσις ψυχῆς. Thom (S. 222) bemerkt dazu: „We […] have a certain parallelism between ‚healing‘ and ‚saving‘ the soul (GV 66), on the one hand, and the titles Purifications and Deliverance of the Soul (GV 67–68), on the other“ (Hervorhebung von Thom). Anders Gobry, Pythagore, 119 mit Anm. 6, 121 mit Anm. 1, nach dem Reinigungsriten (καθαρμοῖς, „les purifications“) gemeint sind, die zur Befreiung der Seele (λύσει ψυχῆς, „la libération de l’âme“) beitragen. 51 Für die Übers. von ἢν δ᾽ in V. 70 mit „wenn … denn“ vgl. Van der Horst, Les vers d’or, 70 („quand alors“); Van der Waerden, Pythagoreer, 152 (Übers.  Heinz  Schmitz: „Wenn“); Gobry, Pythagore, 121 („Alors si“); Thom, Golden Verses, 99 („Then, if“; vgl. die Bemerkung auf S. 224: „ἢν […] is the equivalent of ‚when.‘ The subordinate clause describes

160

4. Das Carmen aureum

dass die Seele des Pythagoreers nach dem Tod den Leib verlässt52 und zu ihrem göttlichen Ursprung (vgl. V. 63) zurückkehrt beziehungsweise damit wieder vereinigt wird.53 Wo Eph von Gott „nachahmen“ spricht, ist in den Goldenen Versen von Gott „gleich werden“ die Rede, allerdings thematisieren beide auf eigene Weise die Verwandtschaft zwischen dem Göttlichen und Menschlichen.

4.4 Die Unbeständigkeit der Menschen In beiden Texten wird die Unbeständigkeit der Menschen zum Thema gemacht. In Eph 4,13–15 heißt es: Bis wir alle hingelangen zur Einheit (ἑνότητα) des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes […], damit wir nicht mehr unmündige Kinder (νήπιοι) seien, von den Wogen hin und her geworfen (κλυδωνιζόμενοι) und hin- und hergetrieben (περιφερόμενοι) von jedem Wind der Lehre in einem Würfelspiel (κυβείᾳ) der Menschen, im Betrügerischen zur Arglist des Irrtums (ἐν πανουργίᾳ πρὸς τὴν μεθοδείαν τῆς πλάνης), sondern wahrhaftig in Liebe in allem wachsen zu ihm, der das Haupt ist, Christus.54

Da nach Eph 4,3 die Glaubenden die Einheit (τὴν ἑνότητα, vgl. V. 13) wahren (τηρεῖν) sollen, ist es implausibel VV. 13–15 so zu interpretieren, dass es der Kirche an Einheit ermangelt,55 oder dass die Gläubigen sich irreführen lassen.56 Es wird in Eph 4,13–15 vermutlich gemeint, dass wegen der Unbeständigkeit what happens at the moment of death“). ἤν = ἐάν; die einsilbige Form ist oft metrisch brauchbarer als die zweisilbige. 52 Vgl. bes. Thom, Golden Verses, 224–226: „We may perhaps see in ἀπολείψας σῶμα an allusion to the Orphic doctrine of the body as ‚prison‘ of the soul […]. The notion that the body is left behind at death, but that the soul goes to the αἰθήρ, dates from the 5th century BC, and became part of the popular beliefs concerning the afterlife. […] Probably not all souls went to the free αἰθήρ; this was reserved for the pure.“ 53 Vgl. bes. Thom, Golden Verses, 229: „Becoming a god is the logical consequence of the σύστασις of gods and human beings (GV 50–51) and of the divine origin of man (GV 63). Once the bodily ties that bind men to this world are thrown off, the soul is free to return to its origin“ (Hervorhebung von Thom). Thom (S. 227–228) ist zurückhaltend hier von einer „Seelenwanderung“ („Metempsychose“ bzw. „Palingenese“) zu sprechen. 54 Hier fällt die Verknüpfung mit dem Thema „Einheit“ bes. auf (ἑνότης im Neuen Testament nur noch Eph 4,3). Für κλυδωνίζομαι vgl. Jes 57,20 LXX (vgl. V. 19 mit Eph 2,13.17). Für περιφερόμενοι παντὶ ἀνέμῳ vgl. bes. Jud 12. Κυβεία kommt im Neuen Testament nur an dieser Stelle vor, in der Septuaginta nicht. Für πανουργία vgl. bes. 2 Kor 4,2. Με­θοδεία kommt im Neuen Testament nur in Eph vor (s. a. Eph 6,11), in der Septuaginta nicht. Für πλάνη vgl. bes. 1 Thess 2,3; 2 Petr 2,18; 3,17 und 1 Joh 4,6. 55 Vgl. dazu u. a. Lindemann, Epheserbrief, 80: „Man darf […] nicht meinen, die Glaubenseinheit in der vom Epheserbrief angeredeten Kirche sei konkret gefährdet, oder es mangele ihr noch an wirklicher Christuserkenntnis.“ 56 Vgl. dazu u. a. Lindemann, Epheserbrief, 81: „Ist mit dem Bild von den Wellen gemeint, daß die christliche Gemeinde bisher durch falsche Lehren verwirrt wurde und daß also die Christen noch ‚Unmündige‘ sind? Oder beschreibt V. 14 schlechthin die Verführbar-

4.4 Die Unbeständigkeit der Menschen

161

ihrer Mitglieder die Einheit der Kirche nicht gesichert ist; dass die Glaubenden stets Christus als Orientierungspunkt vor Augen halten sollen, damit die Einheit der Kirche gewährleistet ist. In den Goldenen Versen wird die Unbeständigkeit der Menschen vor allem in VV. 54–60 thematisiert, also in dem Teil, der über Einsicht in metaphysische Fragen handelt (VV. 49 b–64) und zwar direkt nach den Aussagen über die den Göttern und den Menschen gemeinsame σύστασις (VV. 50–51) und die allem gemeinsame φύσις (V. 52): Und du wirst wissen, dass Menschen selbst Elend auf sich laden, miserabele [Menschen], die gute Dinge, selbst wenn die nahe sind, weder wahrnehmen noch hören – eine Befreiung von bösen Dingen verstehen nur wenige. Solcherart (ist) ihr Schicksal(, das) ihren Sinn beeinträchtigt: Wie rollende Steine [κύλινδροι]57 werden sie hierhin und dorthin getragen [ἄλλοτ᾽ ἐπ᾽ ἄλλα φέρονται], endloses Elend erleidend. Denn ein angeborener Begleiter bleibt unbemerkt: (die) verderbliche, beeinträchtigende Uneinigkeit [Ἔρις], welche man nicht weiterführen, sondern dem man weichen und entfliehen muss.

Nach den Goldenen Versen sind Menschen an ihrem Leid selbst schuld (V. 54).58 Ursache ihres Leidens ist im Grunde genommen der Mangel an moralischer Einsicht,59 die den meisten Menschen fehlt (VV. 55–56).60 Dadurch sind sie externen Faktoren machtlos ausgeliefert (VV. 57–58).61 Sie sind von Natur aus unbeständig (VV. 59–60). Die menschliche Unbeständigkeit wird personifiziert als Eris (Ἔρις / discordia, V. 59), was sich normalerweise auf Streit oder Zwie­ tracht zwischen Menschen beziehungsweise zwischen Menschen und Gott,

keit und Gefährdung des Menschen durch die vielerlei Formen der Religiosität? […] Eine wirklich eindeutige Entscheidung zugunsten einer der beiden Auslegungen ist offenbar nicht möglich.“ 57 Für die Konjektur ὡς δὲ κύλινδροι vgl. bes. Thom, Golden Verses, 98 mit Anm. 57, 197. Für die Interpretation der κύλινδροι im Sinne von Steinen, die von einem Berg abrollen, vgl. Wilhelm Vollgraff, De lapide cylindro, in: Mnemosyne 52 (1924), 207–211. 58 Vgl. bes. Thom, Golden Verses, 193–194: „GV 54–60 contain, in fact, a minor theodicy. […] Mankind is responsible for its own suffering; the responsibility cannot be laid at god’s door.“ 59 Vgl. bes. Thom, Golden Verses, 196: „‚Blindness‘ denotes an incapability to perceive what is good by oneself, while ‚deafness‘ refers to an unwillingness to be taught by others; they are common metaphors for a lack of moral understanding“ (Hervorhebung von Thom). 60 Vgl. bes. Thom, Golden Verses, 194: „Suffering is due, basically, to lack of insight. […] Most men are morally blind; they do not recognize the good in order to choose it, even though it is at hand, nor do they know how to be saved from evil.“ Nach Thom (S. 197) geht es darum, dass die unvernünftigen Menschen nicht verstehen, dass sie ein göttliches Element in sich haben: „if human beings do not attend to the aspect of divinity within themselves, they are set on a way of life that injures their faculty of judgment and understanding“ (s. V. 57 a). 61 Vgl. bes. Thom, Golden Verses, 197–198: „Since they [d. h. Menschen ohne moralische Einsicht] have no criterion to apply in choosing between actions and goals, they are carried from one extreme to the other, completely subject to external influences; they suffer endless misfortunes […]. This is all due to a lack of moral purpose and stability.“

162

4. Das Carmen aureum

hier aber auf innerliche Uneinigkeit bezieht.62 Innerlicher Streit muss beseitigt werden (V. 60). Uneinigkeit formt den Gegensatz zu der gemeinsamen Essenz der Götter und Menschen (VV. 50–51) und der Homogenität der Natur, wozu der Mensch gehört (V. 52).63 Schließlich finden wir in Eph sowie in den Goldenen Versen die Idee, dass der (von Natur aus unbeständige) Mensch, wenn ein Orientierungspunkt fürs Den­ ken und Handeln fehlt, Spielball externer Faktoren ist (vgl. bes. περιφερόμε­ νοι, „hin- und hergetrieben“, in Eph 4,14 mit ἄλλοτ᾽ ἐπ᾽ ἄλλα φέρονται, „sie werden hierhin und dorthin getragen“, in V. 58 des Carmen aureum). In beiden Texten wird (auf unterschiedliche Weise) die menschliche Unbeständigkeit mit dem Thema „Einheit“ verbunden. Nach Eph steht die Unbeständigkeit der Gläubigen der Instandhaltung der von Gott präfigurierten und sich im menschlichen Bereich entfaltenden Einheit (ἑνότης) der Kirche im Weg. Nach den Goldenen Versen muss der Pythagoreer innerliche Uneinigkeit (Ἔρις) be­ seitigen, damit er denkt und lebt in Übereinstimmung mit der Einsicht, dass seine Seele göttlich ist, ihn mit allem verbindet, und nach seinem Tod wieder mit ihrem göttlichen Ursprung vereinigt wird.

4.5 Ergebnis Eph 4,6 und dessen Kontext weist wesentliche Berührungspunkte mit den py­­thagoreischen Goldenen Versen auf, sowohl terminologisch als auch kon­ zeptuell. Die Goldenen Verse sagen zwar nicht aus, dass Gott διὰ πάντων ist, wohl aber, dass die göttliche σύστασις alles durchwaltet. Außerdem haben beide Texte meh­rere Themen, wie Gottes Vaterschaft, die Verwandtschaft zwischen Gott und den Menschen, die imitatio dei und die menschliche Unbeständigkeit, ge­meinsam. Das Verhältnis zwischen beiden Texten ist nicht im Sinne lite­rarischer Abhängigkeit zu verstehen; die Ähnlichkeiten können aber nicht 62 Vgl. Gobry, Pythagore, 117 Anm. 3: „Dès leur naissance, en effet, les hommes sont composés de deux éléments en état de discorde: le corps et l’âme […]. Ils sont égarés à leur insu, puisque les passions, propres au corps, troublent la raison, propre à l’âme“; Thom, Golden Verses, 198: „Moral incoherence is here personified as Ἔρις, Discord. […] Elsewhere, ἔρις usually refers to strife between human beings, or between man and god. […] Here, however, ‚inborn discord‘ has to indicate an intrahuman struggle which causes man to deviate from a straight and steady course.“ Anders Delatte, Études, 67: „les passions que développe l’esprit d’hostilité à la raison et à Dieu sont considérées comme la cause de tous les maux de l’humanité“ (Hervorhebung vom Vf., MG) und Van der Horst, Les vers d’or, 47: „L’ Ἔρις a […] deux significations: une discorde directe entre l’homme et Dieu, une résistance à la volonté divine […], et une discorde intérieure de l’âme de laquelle résulte une discorde avec Dieu […]; mais ces deux significations reviennent finalement au même.“ 63 Vgl. Thom, Golden Verses, 199: „Discord forms the antithesis to the union between god and man (GV 50–51) and to the homogeneity of nature in which man participates (GV 52–53)“ (Hervorhebung von Thom).

4.5 Ergebnis

163

als zufällig gelten. Es ist anzunehmen, dass beide Autoren auf eigene Weise einen gemeinsamen Topos anklingen lassen und damit zusammenhängende Themen aktivieren. Zum Schluss kann noch bemerkt werden, dass die Idee, dass Gott διὰ πάντων ist, in der für Eph zeitgenössischen pythagoreischen Tradition unter anderem beim Neupythagoreer Apollonios von Tyana (ca. 40–120 n. Chr.) belegt ist. Apollonios versteht das Göttliche pantheistisch, indem er (in Brief  58.3) schreibt, dass das Eine (ἕν), die erste Substanz (ἡ πρώτη οὐσία), „alles durch alles, ewiger Gott“ (πάντα διὰ πάντων, θεὸς ἀίδιος) ist.64 Eph 4,6 verwendet für den einen Gott ähnliche Terminologie.65 Da Eph 4,1–16 und Apollonios’ Brief mehrere Gemeinsamkeiten aufweisen,66 ist die Nähe zwischen den zwei zeitgenössischen Texten nicht von der Hand zu weisen: Es liegt ein gemeinsamer Topos vor.

64 S. Apollonios von Tyana, Brief  58.3. Vgl. dazu Gerd Petzke, Die Traditionen über Apollonius von Tyana und das Neue Testament (Studia ad Corpus Hellenisticum Novi Testamenti 1), Leiden: Brill 1970, 199: „In den Briefen [d. h. des Apollonios] kehrt die bekannte stoische Anschauung wieder, die das Göttliche pantheistisch versteht: die πρώτη οὐσία ist πάν­τα διὰ πάντων θεὸς ἀΐδιος (Brief 58).“ Nach Christopher P. Jones, Philostratus. Apollonius of Tyana, Bd. 3: Letters of Apollonius, Ancient Testimonia, Eusebius’s Reply to Hiero­ cles (Loeb Classical Library 458), Cambridge, MA: Harvard University Press 2006, 5, ist Brief 58 vielleicht nicht authentisch. 65 Nach Petzke, Traditionen, 199 mit Anm. 3, hat die Aussage in (u. a.) Eph  4,6 (er schreibt versehentlich 4,5) pantheistische Züge. Gegen die Idee, die christliche Anwendung der Formel auf Gott hebe den pantheistischen Gedanken auf, bringt er ein, dass „eben dieser Gott pantheistische Nebenzüge zugesprochen bekommt“ (S. 199 Anm. 3). 66 S. a. z. B. die Verwendung von ἑνότης (Eph 4,3.13 [im NT nur hier]; Apollonios von Tyana, Brief 58.2), μέτρον (Eph 4,7.13.16; ebd.), πληρόω (Eph 4,10 [s. a. πλήρωμα in V. 13]; ebd.), πλάνη (Eph 4,14; Brief 58.3) und μέρος (Eph 4,16 [vgl. V. 9]; Brief 58.2 [2×]).

5. Epheser 4,6 und die platonische Tradition: Plutarch Auch Plutarchs Werke weisen signifikante Konvergenzen mit Eph 4,6 und dessen Kontext auf.1 Wegen des großen Umfangs des von Plutarch überlieferten Corpus können Plutarchs Schriften in dieser kurzen Einleitung nicht im Einzelnen besprochen werden. Es folgen jetzt nur einige einführende Bemerkungen zu Plutarch und dessen Grundgedanken über Gott und die Welt. Zunächst ist relevant, dass Plutarch von Chaironeia (ca. 45–120 n. Chr.) Zeitgenosse des Verfassers des Eph war. Er machte zahlreiche Reisen, unter anderem nach Ägypten (Alexandrien), Kleinasien und Italien (Rom).2 In Rom trat er nach eigenen Angaben als Philosoph auf.3 Als Philosoph mit einem eigenen Schul1 Auf die Nähe zwischen Plutarchs Werken und den neutestamentlichen Schriften ist in der Literatur ausführlich hingewiesen. Vgl. u. a. Helge Almqvist, Plutarch und das Neue Testament. Ein Beitrag zum Corpus Hellenisticum Novi Testamenti (Acta Seminarii Neotestamentici Upsaliensis 15), Uppsala: Appelberg 1946, 112–117; Hans Dieter Betz, Plutarch’s Theological Writings and Early Christian Literature (Studia ad Corpus Hellenisticum Novi Testamenti 3), Leiden: Brill 1975, und Ders., Plutarch’s Ethical Writings and Early Christian Literature (Studia ad Corpus Hellenisticum Novi Testamenti 4), Leiden: Brill 1978, die vor allem auf terminologische Übereinstimmungen fokussieren, und rezenter das von Rainer Hirsch-Luipold (Bern) geleitete Projekt „Plutarch und das Neue Testament“ (https:// www.plutarch.unibe.ch; Zugriffsdatum 20. Januar 2020), das auch konzeptuelle Ähnlichkeiten berücksichtigt. Vgl. Rainer Hirsch-Luipold, Einleitung, in: Ders. (Hg.), Gott und die Götter bei Plutarch. Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder (Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten 54), Berlin / New York: de Gruyter 2005, 1–10, 3: „Plutarch [bietet] erstaunliche Affinitäten – im Gottesbild und in der Verbindung von Religion und Philosophie sowie in der Ethik – zur christlich-jüdischen Tradition.“ Zu διὰ πάντων in Eph 4,6 wird in der oben genannten Literatur nichts gesagt. Die Übers. der Plutarch-Zitate sind meine eigenen. 2 Für Alexandrien s. Plut.  symp.  678 c 6. Für Kleinasien mor.  501 e–f, wo von Λυδίων (501 e 10) und τὴν Ἀσίαν (501 f 3) die Rede ist. Nach Christopher  P. Jones, Plutarch and Rome, Oxford: Clarendon Press 1971, 14–15 mit Anm. 11, bezieht sich die Passage auf Smyr­na, könnte aber auch Ephesos, Pergamon, oder Sardes gemeint sein. Für Rom s. Plut. De­mos­thenes 2.2.3–7 (s. u.). 3 In Demosthenes 2.2.3–7 memoriert Plut., dass er, als er in Rom und anderswo in Italien war, kaum Zeit hatte, Latein zu lernen, „wegen öffentlicher Verpflichtungen und wegen Menschen, die mir um der Philosophie willen nachfolgten“ (ὑπὸ χρειῶν πολιτικῶν καὶ τῶν διὰ φιλοσοφίαν πλησιαζόντων, 5–7). Jones, Plutarch, 20–21, schreibt dazu: „It is reasonably certain that the political duties that Plutarch mentions were […] of a diplomatic nature […]. [H]e may also have travelled to the capital simply as a philosopher. […] On such visits […]

166

5. Plutarch

betrieb in Chaironeia und Priester des Apollon in Delphi vereinigt Plutarch in seinem Leben sowie in seinen Werken Philosophie, Theologie und (gelebte) Religiosität miteinander.4 Plutarch, der sowohl von dem einen Gott (ὁ θεός) und Göttlichen (τὸ θεῖον) als auch von vielen (griechisch-römischen sowie ägyptischen und zoroastrischen) Gottheiten (οἱ θεοί) spricht,5 versucht die philosophische Konzeption des einen Göttlichen (Monotheismus bzw. Monismus) mit der mythischen beziehungsweise religiösen Vorstellung von vielen Göttern (Polytheismus) zum Ausgleich zu bringen: Das eine Göttliche zeige sich in vielerlei Gestalt.6 Plutarch gilt als wichtigster Vertreter des mittleren Platonismus.7 Sein Denken wird vom Platonismus geprägt, bringt aber nicht bloß „die platonische Lehre“ vor.8 Plutarch weicht teilweise von der platonischen Tradition ab, formt anhand verschiedener philosophischer und religiöser Traditionen seine eigenen Gedanken.9 Plutarch unterscheidet unter anderem nicht zwischen einem vollkommen transzendenten Gott und einem Schöpfergott (Demiurgen), sondern denkt den einen transzendenten Gott als Schöpfer der wahrnehmbaren Welt10 und als Gott, der sich zur Welt in Beziehung setzt und für die Welt und die Menschen sorgt.11 his time would be occupied by lecturing to select audiences, giving private advice to his friends, or visiting them in their cities of origin and on their estates.“ 4 Vgl. Hirsch-Luipold, Einleitung, 2; Frederick E. Brenk, Plutarch’s Middle-Platon­ ic God: About to Enter (or Remake) the Academy, in: Hirsch-Luipold (Hg.), Gott und die Götter, 27–49, 41. Näheres dazu bei Rainer Hirsch-Luipold, Der eine Gott bei Philon von Alexandrien und Plutarch, in: Ders. (Hg.), Gott und die Götter, 141–168, und rezenter Peter Van Nuffelen, Rethinking the Gods. Philosophical Readings of Religion in the Post-Hellenistic Period (Greek Culture in the Roman World), Cambridge u. a.: Cambridge University Press 2011, bes. 49: „Plutarch interprets the fabric of religion, its cult statues, rituals and myths, as reflections of a primitive wisdom that is different in form but consistent in content with the results of his rational philosophical enquiry.“ 5 Vgl. Hirsch-Luipold, Einleitung, 8–9, und Ders., Gott, 153. Näheres zu τὸ θεῖον und ὁ θεός bei Plut. bei Domenico Massaro, Τὸ θεῖον e ὁ θεός in Plutarco, in: Italo Gallo (Hg.), Plutarco e la religione, Neapel: M. D’Auria 1996, 337–355. In Plut.  symp.  671 c 3–672 c 5 wird behauptet, der Gott der „Hebräer“ („Christen“ erwähnt Plut. niemals) sei gleich dem Gott Dionysos. 6 Vgl. Hirsch-Luipold, Einleitung, 1; Hirsch-Luipold, Gott, 143.153. 7 Vgl. Hirsch-Luipold, Einleitung, 3. 8 Vgl. schon John Oakesmith, The Religion of Plutarch. A Pagan Creed of Apostolic Times. An Essay, London: Longmans, Green, and Co. 1902, xviii–xix: „Plutarch faces the teaching of his predecessors with an independent mind […]. [H]e tries Plato’s teachings, not from Plato’s point of view, but from his own.“ Nach Hirsch-Luipold, Gott, 149–150, nimmt die platonische Tradition bei Plut. eine Vorrangstellung ein, wird aber sein Bezug auf Platon von seinen eigenen Fragestellungen her bestimmt und adaptiert er die platonische Tradition (sowie andere Traditionen) an seine eigenen Gedanken. 9 Nach Hirsch-Luipold, Einleitung, 2–3.5, und Hirsch-Luipold, Gott, 166, interpretiert Plut. platonische und andere (philosophische sowie religiöse) Traditionen so, dass sie sich in sein eigenes System einfügen lassen.

5.1 Wie das Göttliche alles durchwaltet

167

Beim folgenden Vergleich von Eph 4,6 und dessen Kontext mit Plutarch wird Eph (nicht Plutarch) als Ausgangspunkt genommen. Der Fokus liegt auf den Gottes- und Weltbildern im Zusammenhang mit dem Thema „Einheit“. Bei der Besprechung von einigen wesentlichen Berührungspunkten zwischen Eph und Plutarch werden mögliche Entwicklungen in Plutarchs Denken außer Betracht gelassen; die Betrachtungsweise ist also synchron.

5.1 Wie das Göttliche alles durchwaltet Plutarch schreibt nicht, dass der eine Gott διὰ πάντων ist, bringt aber wohl Ähnliches zur Sprache, wie sich an zwei seiner Schriften, die sich ausdrücklich und ausführlich mit der Lehre des Platon auseinandersetzen, exemplarisch vorführen lässt.12 Das erste Beispiel betrifft die Schrift Über die Entstehung der Seele im Timaios, in der Plutarch zweien seiner Söhne, Autobulus und Plutarch (mor. 1012 a–b), seine Interpretation der platonischen Seelenlehre näher bringt, das heißt, mit Platons Timaios 35 a 1–36 b 5 als Ausgangspunkt seine eigenen Ideen darlegt.13 In dieser Schrift korrigiert Plutarch in 1026 b 9–c 2 eine Aussage von Euripides: Euripides aber hat nicht richtig statt der kopulativen Konjunktion die disjunktive Konjunktion verwendet: „Zeus, entweder Notwendigkeit (ἀνάγκη) der Natur, oder Ratio (νοῦς) der Sterblichen“,14 denn die alles durchwaltende Kraft ist sowohl Notwendigkeit als auch Intellekt (καὶ γὰρ ἀνάγκη καὶ νοῦς ἐστιν ἡ διήκουσα διὰ πάντων δύναμις).15 10 Vgl. Jan Opsomer, Demiurges in Early Imperial Platonism, in: Hirsch-Luipold (Hg.), Gott und die Götter, 51–99, 87–96. 11 Vgl. Hirsch-Luipold, Einleitung, 6–7, und Hirsch-Luipold, Gott, 143–144. Plut. weicht mit seinem Gottesbild von (u. a.) der platonischen, aristotelischen und stoischen Tradition ab (vgl. dazu Hirsch-Luipold, Einleitung, 6–7). Von einem „persönlichen“ Gott bzw. „personalen“ Gottesbild bei Plut. zu sprechen, wie Hirsch-Luipold es tut (s. u. a. Hirsch-Luipold, Gott, passim), geht mir zu weit. Nach Françoise Frazier, Göttlichkeit und Glaube. Persönliche Gottesbeziehung im Spätwerk Plutarchs, in: Hirsch-Luipold (Hg.), Gott und die Götter, 111–137, setzt Plut. in der Tat Gottes Zuwendung zu den Menschen voraus. Allerdings werde diese Beziehung immer nur vom Menschen her gedacht. Deswegen sei die Zuwendung des plutarchischen Gottes nicht mit der Liebe des christlichen Gottes vergleichbar. 12 Nach Harold Cherniss (Hg.), Plutarch’s Moralia, Bd. 13 / 1: 999 C–1032 F (Loeb Classical Library 427), Cambridge, MA / London: Harvard University Press / Heinemann 1976, 2, sind diese zwei Schriften, Über die Entstehung der Seele im Timaios (Περὶ τῆς ἐν Τιμαίῳ ψυχογονίας / De animae procreatione in Timaeo, Plut. mor. 1012 a–1030 c) und Platonische Fragen (Πλατωνικὰ ζητήματα / Platonicae quaestiones, Plut. mor. 999 c–1011 e) die einzigen erhalten gebliebenen Schriften Plutarchs, die sich spezifisch der Platoninterpretation widmen. 13 Vgl. auch Cherniss, Plutarch’s Moralia, 133–149. 14 S. Eur. Tro. 886: Ζεύς, εἴτ᾽ ἀνάγκη φύσεος εἴτε νοῦς βροτῶν. 15 S. Plut.  mor. 1026 b 9–c 2. Vgl. bes. Ps.-Aristot.  mund. 394 b 10–11 (πνεῦμα […] διὰ πάντων διήκουσα) und 396 b 28–29 (μία [ἡ] διὰ πάντων διήκουσα δύναμις).

168

5. Plutarch

Plutarch sagt nicht explizit, dass Gott (Zeus) διὰ πάντων ist. Mit seiner Korrektur des Euripides impliziert er aber, dass Zeus sowohl ἀνάγκη als auch νοῦς ist, und er identifiziert die ἀνάγκη und νοῦς mit der alles durchwaltenden δύναμις. Die zwei parallelen Satzteile (Ζεύς – ἀνάγκη – νοῦς; ἀνάγκη – νοῦς – δύναμις) machen deutlich, dass Gott (Zeus) und die Kraft Gottes gemeint sind. Es ist die göttliche Kraft, die διὰ πάντων hindurchgeht. Plutarch versucht zu beschreiben, dass Gott, obwohl transzendent, in der wahrnehmbaren Welt wirksam ist. Die Verbindung zwischen Gottes Transzendenz und Immanenz zeigt sich hier am deutlichsten an der Verwendung von νοῦς („Intellekt“): Gott (Zeus) ist νοῦς und die alles durchwaltende göttliche Kraft ist νοῦς. Nun ist es so, dass nach 1016 c 11–12 „das zum νοῦς Gehörende“ beziehungsweise „das Intellektuale“ (τὸ νοερόν) Teil Gottes ist: Gott (ὁ θεός, 1016 c 8) hat bei der Entstehung des Kosmos das Intellektuale von ihm selbst auf die vorkosmische Seele (ψυχὴν τὴν πρὸ τῆς κόσμου γενέσεως, 1016 c 6–7) übertragen (τὸ νοερὸν […] ἀφ᾽ αὑτοῦ παρασχών, 1016 c 11–12). Nach Plutarch hat Gott den Kosmos aus vorkosmischen, schon immer existierenden Elementen erschaffen, nämlich aus einem vorkosmischen Körper und einer vorkosmischen Seele: Der Kosmos ist durch Gott entstanden (τὸν μὲν κόσμον ὑπὸ θεοῦ γεγονέναι, 1014 a 11). Die Entstehung des Kosmos war aber nicht aus dem Nicht-Seienden (οὐ γὰρ ἐκ τοῦ μὴ ὄντος ἡ γένεσις, 1014 b 5), sondern aus Unordnung (ἀκοσμία γὰρ ἦν τὰ πρὸ τῆς τοῦ κόσμου γενέσεως, 1014 b), nämlich aus einer formlosen und unfesten Körperlichkeit (ἄμορφον μὲν καὶ ἀσύστατον τὸ σωματικόν, 1014 b 10; d. h. aus dem vorkosmischen Kör­ per) und einer unvernünftigen und irrationalen Beweglichkeit (ἔμπληκτον δὲ καὶ ἄλογον τὸ κινητικόν, 1014 b 10–11, d. h. aus der vorkosmischen Seele, s. ψυχή in 1014 b 12–13).16 Gott (ὁ θεός, 1014 b 12–13, 1014 c 3) hat beide Elemente übernommen (ἀμφοτέρας δὲ τὰς ἀρχὰς παραλαβών, 1014 c 6), angeordnet, geordnet, vereinigt (ἔταξε καὶ διεκόσμησε καὶ συνήρμοσε, 1014 c 9) und zu einem Lebewesen (ζῷον, 1014 c 11) gemacht. Dabei wurde der vorkosmische Körper („das Allaufnehmende und Materielle“, τὸ πανδεχὲς καὶ ὑλικόν, 1014 e 4–5) zu den vielerlei Körpern und Körperteilen von Erde, Meer, Himmel und Sternen sowie von Pflanzen und Lebewesen, als ihm Schönheit, Form und Regelmäßigkeit der Gestalten zuteilwurden (κάλλους δὲ καὶ μορφῆς καὶ σχημάτων μετριότητος […] ἔλαχε δὲ τού­των, 16 Vgl. Cherniss, Plutarch’s Moralia, 136: „Plutarch holds […] that according to Plato god did literally bring into being the soul and the body of the universe, though not from nothing, which is impossible, but from precosmic principles that had always existed, an amorphous and chaotic corporeality and a self-moved and irrational motivity that kept the former in disorderly turmoil.“ Plut. zufolge ist die Seele die Ursache des Bösen, vgl. Cherniss, Plut­arch’s Moralia, 136–137: „It is […] this, he [d. h. Plut.] maintains, that is the principle of evil whereby Plato avoided the absurdity into which the Stoics later fell, for the evil in the universe must have a cause and this cause cannot be god, who is entirely good, or matter, which is inert and without quality, but must be soul, which is the cause and principle of motion (1015 A–E [chaps. 6–7]).“

5.1 Wie das Göttliche alles durchwaltet

169

1014 e 6–7), und die vorkosmische Seele („Seele an sich“, ψυχὴ καθ᾽ ἑαυ­τήν, 1014 e 2–3) zur Seele des Kosmos (κόσμου ψυχή, 1014 e 4), als sie Anteil erhielt an Intellekt, Vernunft und rationeller Übereinstimmung (νοῦ δὲ καὶ λο­ γισ­μοῦ καὶ ἁρμονίας ἔμφρονος μετέσχεν, 1014 e 3–4).17 Relevant ist hier, dass ausgesagt wird, dass Gott der vorkosmischen Seele den zu ihm gehörenden (s. 1016 c 11–12) Intellekt (νοῦς) gab und damit zur Seele des Kosmos machte.18 Gott hat also bei der Entstehung des Kosmos dem Kosmos etwas von ihm selbst übergeben, nämlich Intellekt (νοῦς). So betrachtet ist das Göttliche, das transzendent ist, dem Kosmos immanent (ohne dem gleich zu sein): Der göttliche νοῦς ist διὰ πάντων.19 Diese Thematik bringt uns zum nächsten Beispiel, das für das in Eph 4,6 verwendete Syntagma διὰ πάντων relevant ist. In seiner Schrift Platonische Fragen, worin er zehn Einzelfragen der Platoninterpretation behandelt,20 verwendet Plutarch im Kontext der dritten Frage ein freies Zitat von Platons Timaios 34 b, wovon hier nur der relevante (erste) Teil wiedergegeben wird: „Denn Gott stellte die Seele in die Mitte und streckte (sie) durch alles aus“ (ὁ γὰρ θεὸς τὴν ψυ­χὴν εἰς τὸ μέσον θεὶς διὰ παντός τ᾽ ἔτεινε, 1002 c 2–3).21 Es geht hier um die Allseele (bei der dritten Frage geht es generell um das All, s. bes. τοῦ παντός in 1001 c 6 und τὸ πᾶν in 1001 d 5). Diese alles durchwaltende kosmische Seele ist göttlich. Über die kosmische Seele schreibt Plutarch nämlich am Ende der zweiten, also direkt vor der dritten Frage, dass sie Teil Gottes ist. Plutarch bemerkt zuerst: „Der Kosmos setzt sich zusammen aus zwei Komponenten, Körper und Seele“ (δυεῖν ὄντων ἐξ ὧν ὁ κόσμος συνέστηκε, σώματος καὶ ψυχῆς, 1001 b 9–10). „Den ersterwähnten [d. h. den Körper] hat Gott nicht erzeugt, son­dern, da die Materie präsent war, geformt und ineinandergepasst“ (τὸ μὲν 17 Vgl. Cherniss, Plutarch’s Moralia, 137: „[The ‚soul in itself‘ is] the precosmic principle from which god by introducing into it intelligence and reason created the soul of the universe […] as he created its body out of precosmic matter by removing from this the cause of its turbulence and introducing into it form and symmetry.“ 18 Vgl. Cherniss, Plutarch’s Moralia, 142–143: „the νοῦς introduced by god into the irrational soul is itself a part of god“. 19 Nach Hirsch-Luipold, Gott, 157 Anm. 89, setzt Plut. den einen Gott verschiedentlich mit dem Nous, Logos, oder der Idee des Guten gleich: „Gott kann bei Plutarch […] durchaus philosophisch aufgefasst und mit dem das All regierenden Nous oder Logos identifiziert oder als das höchste Gute verstanden werden“ (vgl. auch S. 142, 143 Anm. 13, 151 Anm. 48). 20 Vgl. Cherniss, Plutarch’s Moralia, 3–4: „The Platonic Questions, as we have them, are ten separate ζητήματα, each concerned with the meaning of a passage or apparently related passages in the text of Plato but unconnected with one another by any transition and without any general introduction or conclusion to give the collection unity or to suggest a reason for the sequence in which the questions are arranged. […] The ten ζητήματα may not all have been written at one time and for a single work.“ 21 Vgl. Plat. Tim. 34 b 4–5: „Er [d. h. Gott, s. V. 1] aber setzte (die) Seele in die Mitte des­ sen [d. h. des Weltkörpers] und streckte sie durch alles aus“ (ψυχὴν δὲ εἰς τὸ μέσον αὐτοῦ [d. h. des σῶμα, s. V. 4; s. a. τὸ σῶμα, V. 6] θεὶς διὰ παντός τε ἔτεινε).

170

5. Plutarch

οὐκ ἐγέννησε θεὸς ἀλλά, τῆς ὕλης παρασχομένης, ἐμόρφωσε καὶ συνήρμοσε, 1001 b 10–12). Dann schreibt Plutarch über die Seele: Die Seele aber, Anteil habend an Intellekt, Vernunft und rationeller Übereinstimmung,22 ist nicht nur Werk, sondern auch Teil Gottes und ist nicht nur durch ihn, sondern auch von ihm und aus ihm entstanden (ἡ δὲ ψυχή, νοῦ μετασχοῦσα καὶ λογισμοῦ καὶ ἁρμονίας, οὐκ ἔρ­γον ἐστὶ τοῦ θεοῦ μόνον ἀλλὰ καὶ μέρος, οὐδὲ ὑπ᾽ αὐτοῦ ἀλλὰ καὶ ἀπ᾽ αὐτοῦ καὶ ἐξ αὐτοῦ γέ­ γονεν, 1001 c 1–4).

Relevant ist hier, dass nach Plutarch die Seele des Kosmos aus Gott hervorgekommen, also göttlich ist. So betrachtet ist auch hier das Göttliche, das trans­ zendent ist, dem Kosmos immanent (ohne ihm gleich zu sein): Die göttliche ψυχή ist durch alles (διὰ παντός).23 Wie beim ersten Beispiel geht es auch hier um die Verbindung zwischen Got­tes Transzendenz und Immanenz. Die zweite der „Platonischen Fragen“ ist: „Warum auch immer hat er [d. h. Platon] den höchsten Gott ‚Vater‘ von al­lem und ‚Verfertiger‘ genannt?“ (Τί δήποτε τὸν ἀνωτάτω θεὸν πατέρα τῶν πάν­των καὶ ποιητὴν προσεῖπε; 1000 e 12–13). Nach Plutarch ist Gott in der Tat beides: „Gott kann mit Recht ‚Vater‘ des Kosmos – eines entstandenen Lebewesens – und zugleich ‚Verfertiger‘ genannt werden“ (εἰκότως ἅμα πατήρ τε τοῦ κόσμου, ζῴου γεγονότος, καὶ ποιητὴς ἐπονομάζεται, 1001 b 5–6). Dabei macht Plutarch einen Unterschied zwischen einem „Verfertiger“ und einem „Erzeuger“. Der Unterschied zwischen beiden ist nach Plutarch wie folgt: „Von einem Verfertiger […] ist das entstandene Werk getrennt; das Prinzip und (die) Kraft vom Erzeuger aber ist vermischt mit dem Nachkommen und vermengt mit dessen Natur, welche ein Stück und Teil des Erzeugers ist.“24 Auf Gott trifft beides zu, da er einerseits nicht mit seiner Schöpfung zusammenfällt, andererseits aber „Vitalität und Göttlichkeit […] von ihm selbst in die Materie gesät und eingemischt hat“ (ζῳότητος καὶ θειότητος, ἣν ὁ θεὸς ἐγκατέσπειρεν ἀφ᾽ ἑαυτοῦ τῇ ὕλῃ καὶ κατέμιξεν, 1001 b 3–4; es geht hier um den Kosmos, s. ὁ κόσμος in V. 1). Relevant ist hier, dass nach Plutarch das Göttliche dem Kosmos sowohl transzendent („getrennt“) als auch immanent („gesät und eingemischt“) ist.25 Gott überschreitet alles (Gott selbst ist transzendent), hat aber 22 Vgl. bes. Plut. mor. 1014 e 3–4 (s. o.): νοῦ δὲ καὶ λογισμοῦ καὶ ἁρμονίας ἔμφρονος μετ­ έσχεν. 23 Für die beiden soeben besprochenen Aspekte (νοῦς und ψυχή) vgl. bes. Plut. Is. 371 a 12– 13: „in der Seele denn, Intellekt und Ratio – der Herrscher und Herr aller besten Dingen – ist Osiris“ (ἐν μὲν οὖν τῇ ψυχῇ νοῦς καὶ λόγος ὁ τῶν ἀρίστων πάντων ἡγεμὼν καὶ κύριος Ὄσιρίς ἐστιν; es geht hier um die Allseele, s. τῇ ψυχῇ τοῦ παντός in VV. 10–11; s. a. τοῦ κόσμου in V. 6). In der kosmischen Seele ist also der Gott Osiris die rationale Komponente. 24 S. Plut. mor. 1001 a 8, 10–13: ποιητοῦ […] ἀπήλλακται γενόμενον τὸ ἔργον· ἡ δ᾽ ἀπὸ τοῦ γεννήσαντος ἀρχὴ καὶ δύναμις ἐγκέκραται τῷ τεκνωθέντι καὶ συνέχει τὴν φύσιν, ἀπό­ σπασ­μα καὶ μόριον οὖσαν τοῦ τεκνώσαντος. 25 Vgl. die (allgemeine) Bemerkung über Plut. von Hirsch-Luipold, Gott, 150: „Das Göttliche zeigt sich, obwohl transzendent, in der wahrnehmbaren Welt.“

5.2 Gottes Überschreiten und Eindringen

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dafür gesorgt, dass Göttlichkeit in alles eindringt (das Göttliche, nicht Gott selbst, ist immanent).26

5.2 Gottes Überschreiten und Eindringen Gottes „Überschreiten“ (vgl. ἐπὶ πάντων in Eph 4,6) wird von Plutarch vielfach zum Ausdruck gebracht. Plutarch nennt Gott, zum Beispiel, „Herrscher und Herr aller“,27 oder „erster Herrscher und Leiter von allem […], Herr und Vater aller“.28 Auch das „Eindringen“ des Göttlichen (vgl. διὰ πάντων καὶ ἐν πᾶσιν in Eph 4,6) wird von Plutarch häufig thematisiert, wie oben schon angedeutet wurde: Göttlichkeit ist in die kosmische Materie eingedrungen (1001 b 3–4), die göttliche Seele ist durch alles (1002 c 2–3) und die göttliche Kraft durchwaltet alles (1026 b 9–c 2). Da die Zusammenstellung des Menschen der Zusammenstellung des Kosmos entspricht,29 ist das Göttliche auch in den Menschen. Die menschliche Seele ist nach Plutarch „das göttlichste Element“ in dem Menschen (ἡ ψυχή, θειότατον οὖσα τῶν ἡμετέρων, symp. 685 c 1–2). Außerdem ist Gott (Zeus) laut Plutarch „Intellekt der Sterblichen“ (νοῦς βροτῶν, 1026 b 12, s. o.). Nach Plutarch hat Gott bei der Entstehung des Kosmos „das Intellektuale“ (τὸ νοερόν) von ihm auf die Allseele übertragen (1014 e 2–4; 1016 c 11–12), welche alles durchwaltet (1002 c 2–3). Da außerdem die alles durchwaltende Kraft „Intellekt“ (νοῦς) ist (1026 c 1–2), ist deutlich, dass der göttliche νοῦς sich auch in jedem Menschen befindet. Die drei Dimensionen des „Überlegenseins“, „Durchwaltens“ und „Eindringens“ Gottes beziehungsweise des Göttlichen formen wesentliche Berührungspunkte zwischen Plutarch und Eph. 26 Für die Idee, dass Gott transzendent, nicht immanent ist, vgl. bes. Plut. mor. 781 f 1–8: „Denn es ist weder wahrscheinlich noch passend, wie manche Philosophen sagen, dass Gott (so) ist, dass er sich mit völlig passiver Materie und mit Dingen, die zahllosen Notwendigkeiten, Zufällen und Änderungen unterlegen sind, vermischt hat. Im Gegenteil, irgendwo oben […] etabliert auf heiligen Sockeln […] bringt er (alles) zustande […]“ (οὐ γὰρ εἰκὸς οὐδὲ πρέπον, ὥσ­περ ἔνιοι φιλόσοφοι λέγουσι, τὸν θεὸν ἐν ὕλῃ πάντα πασχούσῃ καὶ πράγμασι μυρίας δε­χο­μένοις ἀνάγκας καὶ τύχας καὶ μεταβολὰς ὑπάρχειν ἀναμεμιγμένον ἀλλ᾽  ὁ μὲν ἄνω που […] ἱδρυ­μέ­νος ἐν βάθροις ἁγίοις […] περαίνει […]). 27 S.  Plut.  de  sera  550 a 8: τὸν ἄρχοντα καὶ κύριον ἁπάντων θεόν. S. a. z. B. Plut.  mor. 780 e 6–7: „ein Herrscher aber ist Abbild von Gott, der alles beherrscht“ (ἄρχων δ᾽  εἰκὼν θε­οῦ τοῦ πάντα κοσμοῦντος). 28 S.  Plut.  de  def.  or.  425 f 6–426 a 2: ἄρχοντα πρῶτον καὶ ἡγεμόνα τοῦ ὅλου θεὸν […] κύ­ριος ἁπάντων καὶ πατήρ. S. a. z. B. Plut.  symp.  722 d 4–5: „der […] große Herrscher im Him­mel, Zeus“ (ὁ […] μέγας ἡγεμὼν ἐν οὐρανῷ Ζεύς); mor. 1102 d 7–8: „jener [d. h. Gott] ist Herrscher von allen guten Dingen und Vater von allen schönen Dingen“ (πάντων μὲν ἡγεμὼν ἀγαθῶν πάντων δὲ πατὴρ καλῶν ἐκεῖνος ἐστί). 29 Plut. sagt dies explizit im Kontext der oben besprochenen dritten Frage seiner „Platonischen Fragen“: „jeder von uns ist zusammengestellt aus Seele und Körper“ (ἡμῶν ἑκάστου συνεστῶτος ἔκ τε τῆς ψυχῆς καὶ τοῦ σώματος, Plut. mor. 1002 b 2–3).

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5. Plutarch

5.3 Gott ist einer Die Gottesbilder der beiden besitzen noch weitere Ähnlichkeiten. Das in Eph 4,6 verwendete Syntagma εἷς θεός kommt auch bei Plutarch vor.30 In seiner Schrift Über das Epsilon-Zeichen in Delphi, in der er eine Antwort sucht auf die Frage, was die Inschrift mit dem Zeichen „Ε“ im Apollontempel in Delphi meinen könnte,31 lässt Plutarch seinen ägyptischen Lehrer Ammonios sagen, dass Gott einer ist (ὁ θεὸς ... εἷς ὤν, 393 a 9.14). Nach Ammonios meint das Epsilon, im Griechischen ΕΙ genannt,32 „Du bist“ (εἶ). Es sei „eine Anrede und Begrüßung des Gottes“ (τοῦ θεοῦ προσαγόρευσις καὶ προσφώνησις, 392 a 2–3): Die Gottheit (Apollon) begrüßt jeden Tempelbesucher mit der Inschrift „Erkenne dich selbst!“ (γνῶθι σαυτόν), worauf der Besucher „Du bist“ (εἶ) antwortet (392 a 4–8). Damit erkennt der Besucher den Unterschied zwischen Gott und dem Menschen: Gott ist, der Mensch nicht (392 a 8–12). „Jede sterbliche Natur befindet sich in der Mitte zwischen Entstehen und Zugrundegehen“ (πᾶσα θνητὴ φύσις ἐν μέσῳ γενέσεως καὶ φθορᾶς γε­νο­μένη, 392 a 12–13). „Seiend“ (ὄν) dagegen ist „das Ewige, Unerzeugte und Unvergängliche, woran keine Zeit etwas ändert“ (τὸ ἀίδιον καὶ ἀγένητον καὶ ἄφθαρτον, ᾧ χρόνος μεταβολὴν οὐδὲ εἷς ἐπάγει, 392 e 8–10).33 Gott ist (ἔστιν ὁ θεός, 393 a 9) und er ist einer (εἷς ὤν, 393 a 14). Aus Ehrfurcht vor ihm sollte man ihn begrüßen und anreden mit „Du bist“ (εἶ), oder „Du bist eins“ (εἶ ἕν, s. 393 b 2–4).34 Gott ist nach Plutarch eins.35 Im direkt folgenden Abschnitt liegt wie in Eph ein Kontrast zwischen dem einen Gott und Vielheit vor (vgl. Eph 4,6, wo εἷς θεός gegenüber πάντων [3×] und πᾶσιν [1×] steht): „Denn das Göttliche ist nicht viel (οὐ γὰρ πολλὰ τὸ θεῖ­ 30 Hirsch-Luipold, Gott, 153, weist darauf hin, dass Plut. den Singular ὁ θεός oder τὸ θεῖ­ον „teils absolut [für] das eine göttliche Wesen“ verwendet. 31 Für eine Abbildung einer bronzenen Münze (Delphi, nach 140 n. Chr.) mit auf der Rückseite die Umschrift Δ[Ε]Λ – ΦΩΝ und die Frontansicht eines sechssäuligen Tempels mit zwi­schen den zwei mittleren Säulen ein Ε, s. die Webseite des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Objektnummer 18249073 (https://ikmk. smb.museum/object?id=18249073; Zugriffsdatum 20. Januar 2020). 32 S. den griechischen Titel der Schrift: Περὶ τοῦ ΕΙ τοῦ ἐν Δελφοῖς. Im lateinischen Titel (De E apud Delphos) ist der Diphthong nicht da. 33 Vgl. Hirsch-Luipold, Gott, 142–143: „Das Göttliche muss eins sein, so führt Plu­tarchs ägyptischer Lehrer Ammonios in seiner den Dialog beschließenden Rede aus, denn nur das Eine, Ungeteilte, ist ewig, alles Zusammengesetzte ist werden und Vergehen unterwor­fen. Nur der Eins kommt im Vollsinn Sein zu. […] Denn nur was eins ist, ist unteilbar, der Zeit entnommen und deshalb unvergänglich.“ 34 S. a. 394 c. 35 Es liegt in diesem Kontext noch ein weiterer Berührungspunkt zwischen Eph und Plut. vor. Nach Plut. „ist [Gott] nicht in der Zeit, sondern in Ewigkeit. […] Einer seiend hat er mit dem einen Jetzt das Ewige erfüllt (πεπλήρωκε)“ (393 a 9–10.14). Hier fällt die Ähnlichkeit (auch terminologisch) mit Gottes „Durchführung der Erfüllung (πληρώματος) der Zeitpunkte“ in Eph 1,10 auf.

5.4 Gott ist Vater aller

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όν ἐστιν), wie jeder von uns (ὡς ἡμῶν ἕκαστος),36 die aus unzähligen Unterschieden in Eigenschaften entstanden sind. […] Das Seiende aber muss eins sein, wie das Eine sein muss (ἓν εἶναι δεῖ τὸ ὄν, ὥσπερ ὂν τὸ ἕν)“ (393 b 5–6.8). Nach Plutarch sind für den einen Gott unter anderem die Namen „Apollon“ und „Ieios“ (ein Beiname Apollons) treffend: Apollon leite sich von Ἀ-Πόλλων, „Nicht-Viele“ her und Ieios (Ἰήιος) von ἴα (Genitiv ἰῆς), „ein“ (393 c 1–5). Der eine Gott formt also einen Gegensatz zur Vielheit.37 Hier muss noch auf einen wichtigen Unterschied zwischen Eph und Plutarch hingewiesen werden. Wo Eph 4,6 den Monotheismus voraussetzt, gilt Plutarch als Polytheist. Plutarch meint zwar, dass Gott einer, beziehungsweise, dass das Göttliche eins ist, er nimmt aber die Existenz vielerlei Götter an.38 Nach Plutarch sind die vielen Götter Erscheinungsformen des einen Göttlichen.39 Plutarch glaubt also an einen einzelnen (höchsten) Gott, ohne die Existenz mehrerer Gottheiten auszuschließen. Letzteres weicht vom Monotheismus des Eph ab.40

5.4 Gott ist Vater aller Bei beiden wird Gott als „Vater aller“ angedeutet.41 Plutarch spricht vom höchsten Gott als „Vater aller“ (τὸν ἀνωτάτω θεὸν πατέρα τῶν πάντων, 1000 e 12– 36 Vgl.

Eph 4,7: ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν. in Eph 4,6 vorliegenden Kontrast zwischen dem einen Gott und der Vielheit vgl. Zimmermann, Namen, 562 (s. a. 571 mit Anm. 146), die die All-Wendungen in Eph 4,6 b übrigens neutrisch deutet (s. „dem Vielen“): „Im Unterschied zu 1 Kor 8,6 oder auch Röm 3,29 f. geht es Eph nicht um den einzigen Gott für Juden und Heiden in Absetzung von den vielen anderen Göttern, sondern um die Kontrastierung des einen Gottes mit dem Vielen, was aus ihm entspringt, bzw. in welchem er wirkt.“ 38 Vgl. Hirsch-Luipold, Gott, 153: „Man findet sich bei ihm [d. h. bei dem ‚Polytheist‘ Plut.] inmitten eines bunten interreligiösen, oft auch etwas unübersichtlichen Götterhimmels wieder, in dem sich allerlei griechisch-römische, ägyptische, zoroastrische und andere Gottheiten tummeln.“ 39 Vgl. Hirsch-Luipold, Gott, 153–154: „Plutarch kennt diesen einen Gott unter verschiedenen Götternamen: Er spricht ihn bevorzugt als Apollon an, nennt ihn aber auch Zeus oder Eros, ja sogar Osiris; es ist das eine Göttliche, das sich in vielerlei Gestalt auch in anderen religiösen Traditionen zeigt. […] [H]inter den vielen Göttern [wird] das eine Göttliche sichtbar.“ Als Argument für seine These weist Hirsch-Luipold (S. 150–151) unter anderem darauf hin, dass Plut. manchmal dasselbe Bild für unterschiedliche Götter verwendet. 40 Vgl. Hirsch-Luipold, Gott, 154: „Der Monismus bei Plutarch ist also nicht exklusiv wie im jüdischen und christlichen Monotheismus (es gibt nur einen Gott, und alle anderen Re­li­gionen verehren die falschen Götter bzw. Götter, die keine sind), sondern inklusiv (es gibt nur einen Gott, und deshalb sind alle Religionen Ausdrucksformen der Verehrung des einen Göttlichen)“ (Hervorhebung von Hirsch-Luipold). 41 Nach Hirsch-Luipold, Gott, passim, hat Plut. ein personales Gottesbild. Hirsch-Luipold (S. 156 Anm. 70) zufolge sind die folgenden Aspekte, die sich s. E. alle bei Plut. auf37 Zum

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5. Plutarch

13).42 Das in Eph 4,6 verwendete Syntagma πατὴρ πάντων gibt es im Neuen Testament nur noch in Röm 4,11.16; dort bezieht es sich aber an beiden Stellen auf Abraham. Für die auf Gott bezogene Redewendung in Eph 4,6 liegt also in der neutestamentlichen Literatur keine treffende Parallele vor. Für Eph 4,6 ist zwar Mal 2,10 LXX eine relevante Vergleichsstelle (οὐχὶ θεὸς εἷς ἔκτισεν ὑμᾶς; οὐχὶ πατὴρ εἷς πάντων ὑμῶν;), die Redewendung πατὴρ πάντων hat aber auch signifikante Verbindungen in die antike philosophische Literatur. Pythagoras, zum Beispiel, habe geschrieben: „Gott ist einer […] und Vater aller“ (Ὁ μὲν θεὸς εἷς […] καὶ πάντων πατήρ), Platon spricht vom „Verfertiger und Vater dieses Alls“ (ποιητὴν καὶ πατέρα τοῦδε τοῦ παντός)43 und nach einem stoischen Fragment ist „Gott […] der Demiurg des Ganzen und sozusagen Vater aller, sowohl umfassend als auch der Teil von ihm, der alles durchwaltet“ (θεὸν […] εἶναι δὲ τὸν μὲν δημιουργὸν τῶν ὅλων καὶ ὥσπερ πατέρα πάντων κοι­νῶς τε καὶ τὸ μέρος αὐτοῦ τὸ διῆκον διὰ πάντων).44 Das letzte Zitat ist wegen der sprachlichen und inhaltlichen Nähe zu Eph 4,6 besonders relevant (s. die Kombination von πατὴρ πάντων und διὰ πάντων).

weisen lassen, kennzeichnend für ein personales Gottesbild: „1. Kontakt zwischen Gott und Mensch; 2. Schöpfung in der Zeit; 3. Erlösung […] 4. Gott selbst stellt den Kontakt her; 5. Gott engagiert sich, er greift in den Weltlauf wie in das Leben des Einzelnen ein.“ Nach Hirsch-Luipold wird bei Plut. „der transzendente Gott der akademischen Tradition […] persönlicher und geschichtlicher“ (S. 151–152): „Der Gott Plutarchs greift […] sowohl in der Geschichte allgemein als auch soteriologisch im Blick auf das Heil des Einzelnen ein […]. Der Gott Plutarchs bleibt […] nicht in der philosophischen Transzendenz, sondern tritt mit der Welt in Kontakt und kommuniziert mit den Menschen. Plutarch versucht, gerade den Kontakt des Göttlichen mit der Welt zu beschreiben, und so Transzendenz und Immanenz in Beziehung zu setzen“ (S. 158–159). 42 S. a. Plut. Pelopidas 21.4.5–6 („den Vater aller Götter und Menschen“, τὸν πάντων πα­ τέ­ρα θεῶν καὶ ἀνθρώπων); de def. or. 425 f  6–426 a 2 („den ersten Herrscher und Leiter des Alls, Gott […], der bei uns Herr und Vater aller genannt wird“, ἄρχοντα πρῶτον καὶ ἡγεμόνα τοῦ ὅλου θεὸν […] ὁ παρ᾽ ἡμῖν κύριος ἁπάντων καὶ πατὴρ ἐπονομαζόμενος); mor. 573 b 12– 13 („vom Vater und Schöpfer aller“, τοῦ πάντων πατρός τε καὶ δημιουργοῦ) und 1102 d 7–8 („jener [d. h. Gott] ist Herrscher von allen guten Dingen und Vater von allen schönen Dingen“, πάντων μὲν ἡγεμὼν ἀγαθῶν πάντων δὲ πατὴρ καλῶν ἐκεῖνός ἐστι); Frgm. 48.18–19 („vom Vater aller, dem Zeus“, τοῦ πάντων πατρός, τοῦ Διός). 43 Nach Sellin, Epheser, 312 gehe πατήρ in Eph 4,6 (sowie 1 Kor 8,6) auf Platon zurück: „Hier lässt sich der Ursprung der Tradition sehr genau angeben. Im Hintergrund steht Platon, Tim. 28 c–29 a, wo vom ‚Schöpfer und Vater des Alls‘ (ποιητὴς καὶ πατὴρ τοῦδε τοῦ παντός) die Rede ist.“ Bei Platon liegt aber das Syntagma πατὴρ πάντων nicht exakt vor. 44 S. Pythagoras apud Ps.-Iust. Mart. ad Graecos de vera religione 19.2, Plat. Tim. 28 c 4–­­ 5 und ein stoisches Fragment bei Diog. Laert. 7.147.1, 4–6 = SVF 1021 (Hans von Arnim [Hg.], Stoicorum veterum fragmenta, Bd. 2: Chrysippi fragmenta logica et physica, Stuttgart: Teubner 1979, 305, schreibt es Chrysippos zu, Diog. Laert. spricht aber im direkten Kontext u. a. von Zenon, Chrysippos und Poseidonios und scheint damit mehr allgemein Stoiker zu meinen).

5.5 Die Nachahmung Gottes

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5.5 Die Nachahmung Gottes Eph sowie Plutarch sprechen vom „Nachahmen“ Gottes. In Eph 5,1 heißt es: „Werdet also Nachahmer Gottes als geliebte Kinder“ (γίνεσθε οὖν μιμηταὶ τοῦ θεοῦ ὡς τέκνα ἀγαπητά).45 Eph zufolge sollten die Gläubigen in ihrer Lebenspraxis Gottes Verhalten nachahmen.46 Ähnliches wird bei Plutarch mehrfach thematisiert. In seiner Schrift Über den späten Vollzug der göttlichen Strafe,47 zum Beispiel, führt Plutarch als Grund für eine spätere Bestrafung der Bösen unter anderem an, dass Gott als Vorbild für die Menschen dient: Menschen sollten an Gottes Langmut ein Exempel nehmen, damit sie, wenn sie langmütig handeln, keine beziehungsweise weniger Fehler machen (de  sera  550 d –551 c 6). In diesem Zusammenhang sagt Plutarch unter anderem, dass „wir jenes [d. h. Gottes] Sanftmut und Verzögerung nachahmen“ sollen (μιμουμένους τὴν ἐκεί­ νου πραότητα καὶ τὴν μέλλησιν, 550 f 5–6). „Denn ein Mensch kann von Gott keinen größeren Vorteil genießen als durch Nachahmung von (μιμήσει) und Streben nach (διώξει) den Schönheiten und Gutheiten in ihm [d. h. in Gott] in Tugend sesshaft zu werden (εἰς ἀρετὴν καθίστασθαι)“ (550 e 3–5). Plutarch meint also, dass Menschen Gott nachfolgen sollen, damit sie ein tugendhaftes Leben führen.48 Im Vergleich zu Eph geht die „Nachahmung“ von Gott bei Plutarch deutlich weiter. Bei Plutarch geht es de facto um das Streben nach Göttlichkeit. Plu­ tarch spricht von einem „Verlangen nach Göttlichkeit“ (θειότητος ὄρεξις, Is. 351 e 6).“49 Der Mensch versucht dem Göttlichen gleich zu werden. Plutarch 45 Für μιμέομαι κτλ. vgl. bes. 1 Thess 1,6: ὑμεῖς μιμηταὶ ἡμῶν ἐγενήθητε καὶ τοῦ κυρίου. Von einer Mimesis Gottes wird expressis verbis anderswo in der neutestamentlichen Literatur nicht gesprochen. Vgl. zum Mimesis-Gottes-Motiv Sellin, Imitatio und Ders., Eph 5,1–2. 46 Vgl. das direkt vorangehende Vers (4,32): „[…] verzeiht einander gnädig (χαριζόμενοι), wie auch Gott in Christus euch Gnade erwiesen hat (ἐχαρίσατο).“ 47 Περὶ τῶν ὑπὸ τοῦ θείου βραδέως τιμωρουμένων / De sera numinis vindicta (mor. 548 b–­ 568 a). 48 Vgl. Hirsch-Luipold, Gott, 148–149: „Im dem Versuch, die göttlichen Spuren in der religiösen Tradition zu verfolgen und zu verstehen, zeigt sich ein Streben nach der göttlichen Wahrheit, das – wie Plutarch zu Beginn von De Iside sagt – mit einem Verlangen nach Göttlichkeit (θειότητος ὄρεξις [s. Is. 351 e 5]) gleichzusetzen ist, insofern der menschliche Logos sich auf den Weg und die Suche nach dem göttlichen Logos macht. Diese Suche ist letztes Ziel menschlichen Lebens, und Wissen (ἐπιστήμη) und Erkenntnis (γνῶσις) sind das höchste und edelste Geschenk des Göttlichen für die Menschen, wie es De Iside 351 C–D heißt.“ Plut. zufolge ist die gesamte Schöpfung eine „Nachahmung“ (μίμημα) des Seienden: „Das, was entstanden ist, ist ein Abbild des Seienden“ (μίμημα τοῦ ὄντος τὸ γιγνόμενον, Plut. Is. 372 f 7–8). Vgl. Hirsch-Luipold, Gott, 150, der schreibt, dass Plutarchs Ontologie „die Welt als materiales Bild, als Ausfluss und Widerschein des wirklichen Seins […] begreift“. 49 S. Plut. Is. 351 e 6–7: „Darum ist die Sehnsucht nach Wahrheit, vor allem aber die über die Götter, ein Verlangen nach Göttlichkeit“ (Διὸ θειότητος ὄρεξίς ἐστιν ἡ τῆς ἀληθείας μάλιστα δὲ τῆς περὶ θεῶν ἔφεσις). Zu dieser Stelle schreibt Hirsch-Luipold, Gott, 160: „Das Verlangen nach der Wahrheit über die Götter, so kann Plutarch in Anspielung auf das

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sieht „Göttlichkeit“ als Möglichkeit für den Menschen, der eine göttliche Seele und einen göttlichen Intellekt hat, sich an das Göttliche anzugleichen.50 Plutarch zufolge werden nach dem Tod die menschliche Seele (ψυχή) und der Intellekt (νοῦς) wieder mit ihrem göttlichen Ursprung vereinigt.51 Die kosmische Seele ist ein Stück von Gott (1001 c 1–4, s. o.). Jeder menschliche Körper hat eine Seele (1002 b 2–3, s. o.), welche ein Stück beziehungsweise Abbild der kosmischen Seele (ἥ τ᾽  ἀνθρώπου ψυχὴ μέρος ἢ μίμημα τῆς τοῦ παν­τὸς οὖσα, mor. 441 f 8–9), und somit ein göttlicher Kern in dem Menschen ist (symp. 685 c 1–2, s. o.). Der Tod bringt eine Befreiung und Wanderung der Seele.52 Ebenso sorgt er für eine Befreiung des Intellekts (νοῦς), der mit der Seele verbunden ist (ἡ δὲ ψυχή, νοῦ μετασχοῦσα, 1001 c 1, s. o.). Gott (Zeus) ist „Intellekt der Sterblichen“ (νοῦς βροτῶν, 1026 b 12, s. o.); der νοῦς ist also ein göttliches Element in dem Menschen. Nach dem Tod trennt der menschliche νοῦς sich erst (gemeinsam mit der Seele) vom Leib, dann von der Seele und platonische Lebensziel der Angleichung an Gott (ὁμοίωσις θεῷ) formulieren, ist ein Ver­ langen nach Göttlichkeit (De Is. 351 E).“ Für das platonische Ideal der ὁμοίωσις θεῷ s. bes. Plat. Tht. 176 b. Für mittelplatonische Philosophen, die dieses Ideal hegen, s. u. a. John Dillon, The Middle Platonists. A Study of Platonism 80 B. C. to A. D. 220, London: Duckworth 1977, 425 (Index s. v. „Likeness to God“). 50 Vgl. Hirsch-Luipold, Einleitung, 7: „Der Gott Plutarchs ist […] nicht nur philosophi­ sches Postulat, sondern Gegenstand persönlicher religiöser Erfahrung. Diese Erfahrung ermöglicht es dem Menschen, durch Angleichung an das Göttliche selbst Teil der göttlichen Sphä­re zu werden. […] Plutarch [versteht] ‚Göttlichkeit‘ (θειότης) gerade als Möglichkeit der Partizipation des Menschen am Wesen Gottes.“ Nach Hirsch-Luipold, Gott, 158 Anm. 94, kommt Gott auf die Menschen zu, um sie auf sich hinzulenken: „In De E wird die Kommunikation zwischen Gott und Mensch in beide Richtungen deutlich: Gott hat das rätselhafte E aufgestellt, um den Menschen zum Denken anzuregen. Dieses über dem Portal des Apollon-Tempels angebrachte Zeichen führt mit der auf Gott bezogenen Aussage: ‚Du bist‘ den Eintretenden auf die Erkenntnis der eigenen Endlichkeit und die Einsicht in den radikalen Unterschied zwischen Gott und Mensch. Deshalb strebt nun der Mensch seinerseits nach Gott und versucht, ihm gleich zu werden und so die menschliche Sterblichkeit zu überwinden. Jedem, der das Heiligtum betritt, ruft die Gottheit damit gleichsam als Anrede das ‚Erkenne dich selbst!‘ entgegen […]. Der Mensch greift die Aufforderung ‚Erkenne dich selbst!‘ durch die an Gott gerichtete Anrede ‚Du bist‘ auf.“ Hier sollte m. E. zwischen „Gott“ und „dem Göttlichen“ differenziert werden. 51 Vgl. Hirsch-Luipold, Einleitung, 10: „der Bereich des Todes [wird] als Übergang in eine bessere Welt verstanden, in der der Mensch in eine unmittelbare Beziehung zu dem göttlichen Logos als seinem ureigensten Sein tritt“. 52 S. Plut. Is. 382 f  8–383 a 1: „Wenn sie [d. h. die Seelen der Menschen, ἀνθρώπων […] ψυχαῖς, 382 f 5] aber befreit werden (ἀπολυθεῖσαι) und wandern (μεταστῶσιν) zum NichtWahr­nehmbaren, Unsichtbaren, Leidenschaftslosen und Reinen … “. Vgl. Reinhard Feldmeier, Osiris. Der Gott der Toten als Gott des Lebens (De Iside Kap. 76–78), in: HirschLui­pold (Hg.), Gott und die Götter, 215–227, 224–226, und Hirsch-Luipold, Einleitung, 10, der mit Bezug auf Feldmeiers Artikel bemerkt: „Insofern die Seele als der eigentlich göttliche Kern des Menschen im irdischen Leben in Körper eingeschlossen ist, bedeutet die Trennung der Seele vom Leib im Tod eine Befreiung hin zum wahren Leben.“

5.6 Gott sorgt für Schöpfung, Ordnung und Erhaltung

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wird dann wieder mit dem göttlichen νοῦς vereint.53 Bei Plutarch hängt also das Nachahmen Gottes mit dem Verlangen nach Göttlichkeit, der Angleichung an das Göttliche, der Wiedervereinigung mit dem Göttlichen zusammen. Göttlich zu werden ist in Eph keine anthropologische Kategorie.

5.6 Gott sorgt für Schöpfung, Ordnung und Erhaltung Beide Autoren legen dar, dass Gott für die Schöpfung, Ordnung und den Erhalt von allem verantwortlich ist. In der Eulogie des Eph (Eph 1,3–14) werden diese drei Aspekte zusammen erwähnt: die „Grundlegung des Kosmos“ (κα­τα­ βολὴ κόσμου) durch Gott (s. V. 3) in V. 4 (vgl. ἐν τῷ θεῷ τῷ τὰ πάντα κτίσαντι, Eph 3,9), die kosmische Ordnung durch Gott in V. 10 (s. die von Gott ausgeführte ἀνακεφαλαίωσις von allem, was im Himmel und auf der Erde ist) und der Erhalt (σωτηρία) in V. 13 (womit die von Gott geschenkte Errettung der Gläubigen gemeint ist, vgl. σεσῳσμένοι in Eph 2,5.8). Bei Plutarch ist Gott Schöpfer, Ordner und Erhalter von allem.54 In einem Abschnitt von Plutarchs Tischreden kommen die drei Aspekte (Schöpfung, Ordnung und Erhalt) zusammen zur Sprache.55 Plutarch beleuchtet unter Be53 Vgl. Hirsch-Luipold, Gott, 151 (vgl. auch 154 Anm. 64), der mit Bezug auf De facie in orbe lunae (ohne genaue Angabe) bemerkt: „die Sonne [kann] […] als der Ort angesehen werden, an dem der menschliche Geist sich nach einem doppelten Tod und einer Trennung zunächst vom Leib und sodann von der Seele wieder mit dem göttlichen Nous vereint“. 54 Für Gott als Schöpfer s. z. B. Plut.  mor.  927 b 1–2 („Verfertiger und Vater-Schöpfer ist Zeus, der Beste aller Erzeuger“, ποιητὴς καὶ πατὴρ δημιουργὸς ὁ Ζεὺς ὁ ἀριστοτέχνας); 1000 e 12–13 (τὸν ἀνωτάτω θεὸν πατέρα τῶν πάντων καὶ ποιητήν, s. o.; vgl. für ποιητής Eph 2,10: „denn seine [d. h. Gottes] Geschöpfe [ποίημα] sind wir“; vgl. dazu τοῖς ποιήμασιν in Röm 1,20). S. a. z. B. Plut. symp. 685 d 5 („Gott ist Ursprung aller“, ἀρχὴ θεὸς πάντων). Für Gott als Ordner s. z. B. Plut. mor. 1014 a–c (Gott hat den Kosmos aus „Unordnung“ [ἀκοσ­ μία, 1014 b 7] geschaffen, wobei er den vorkosmischen Körper und die vorkosmische Seele „anordnete, ordnete, vereinigte“ [ἔταξε καὶ διεκόσμησε καὶ συνήρμοσε, 1014 c 9] und zu ei­ nem „Lebewesen“ machte [ζῷον, 1014 c 11], s. o.). S. a. z. B. mor. 780 e 6–7 („Gott, der alles ordnet“, θεοῦ τοῦ πάντα κοσμοῦντος) und vgl. symp.  722 d 4–5 („denn der große Lenker im Himmel ist Zeus“, ὁ γὰρ δὴ μέγας ἡγεμὼν ἐν οὐρανῷ Ζεύς). Für Gott als Erhalter bzw. Retter s. z. B. Plut. Themistokles 27.3.5 („von Gott, der alles bewahrt“, θεοῦ τοῦ τὰ πάντα σῴζοντος); mor. 163 e 10–f 2 (Feuer, Wind, Wasser, Wolken und Regen sind „ein Instrument Gottes“ [ὄργανόν ἐστι θεοῦ], „womit er vieles bewahrt und unterhält, vieles aber auch vernichtet und zugrunde richtet“, δι᾽ ὧν πολλὰ μὲν σῷζεί τε καὶ τρέφει, πολλὰ δ᾽ ἀπόλλυσι καὶ ἀν­αι­ρεῖ) und die Stellen, wo von „Zeus, dem Retter“ die Rede ist, z. B.: Plut. Aratus 53.4.8 (τοῦ Διὸς τοῦ Σωτῆρος); Aristeides 11.5.6 (τοῦ Διὸς τοῦ σωτῆρος); Demosthenes 27.6.4 (τοῦ Δι­ὸς τοῦ σωτῆρος); mor. 830 b 5 (ὁ Ζεὺς ὁ σωτήρ) und 10 (τὸν Δία τὸν σωτῆρα); 846 d 8–9 (τοῦ σωτῆρος Διός); 1076 b 3 (τῷ Διὶ τῷ σωτῆρι). Vgl. auch z. B. Plut. de def. or. 413 c 8–9 („bei denen [d. h. den Menschen, V. 7] ist er [d. h. Gott, V. 2] verantwortlich für (ihre) Erzeugung, Nahrung, Existenz und Denkvermögen“, οἷς αἴτιός ἐστι γενέσεως καὶ τροφῆς καὶ τοῦ εἶναι καὶ φρονεῖν). 55 S. Plut. symp. 720 a 11–c 5.

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5. Plutarch

zugnahme auf Platons Timaios (720 a 12) die Entstehung des Kosmos (τὴν γέ­ νε­σιν ὁ κόσμος ἔσχεν, 720 a 13) aus drei Grundlagen: Gott, Materie und Form (θε­ός, ὕλη, ἰδέα, 720 a 12–b 2): Gott wollte die Natur ordnen beziehungsweise zum Kosmos machen (ἐβούλετ᾽ οὖν […] κοσμῆσαι […] τὴν φύσιν, 720 b 4–6), wobei er „aus allen vorliegenden Dingen zusammen ein Ding [d. h. den Kosmos] machte, das ähnlich wie die Form und gleich wie die Materie wurde“ (ἕν τι ποιῶν ἐκ πάντων ὁμοῦ τῶν ὑποκειμένων, οἷον ἡ ἰδέα καὶ ὅσον ἡ ὕλη γε­νό­ με­νον, 720 b 7–8). Gott „schöpft und bewahrt immerfort das, was der Materie gleich und der Form ähnlich ist, nämlich den Kosmos“ (ποιεῖ καὶ φυλάττει διὰ παντὸς τὸ ἴσον τῇ ὕλῃ καὶ ὅμοιον τῇ ἰδέᾳ τὸν κόσμον, 720 b 10–11). Dem Kosmos „wird vom Vater und Schöpfer geholfen“ (ὑπὸ τοῦ πατρὸς καὶ δημιουργοῦ βο­η­θεῖται, 720 c 2–3). Besonders relevant ist hier, dass nach Plutarch Gott, der Schöpfer, Ordner und Erhalter von allem, für Einheit, das heißt, für die Stimmigkeit aller (kosmischen) Einzelteile sorgt.

5.7 Einheit (ἑνότης) Für „Einheit“ im kosmischen sowie im menschlichen Bereich benutzt Plu­ tarch unter anderem den philosophisch geprägten Terminus ἑνότης, der in den neutestamentlichen Schriften nur in Eph 4,3.13 vorkommt.56 In seiner Schrift Über den Verfall der Orakel 57 verwendet Plutarch ἑνότης für die Einheit des Kosmos. In 416 e 6–10 vergleicht ein gewisser Kleombrotos, der „Halbgötter“ (δαίμονες) als „Diener der Götter“ (λειτουργοὶ θεῶν) für die Orakel verantwortlich hält (417 a 5–b 2), die Verneinung der Existenz von Halbgöttern zwischen Göttern und Menschen (416 d 2–6, 416 e 10–f 2) mit dem Folgenden: Wenn jemand die Luft, die sich zwischen Erden und Mond befindet, wegnehmen und entfernen würde, dann würde er die Einheit (τὴν ἑνότητα) und den Zusammenhang des Alls (τὴν κοι­νωνίαν τοῦ παντός) zerstören, da es in der Mitte einen leeren und unverbunden Zwischenraum geben würde.

Hier wird ἑνότης für die Kohärenz kosmischer Elemente verwendet. In einem späteren Abschnitt des Textes sagt Lamprias, Bruder des Plutarch: „Dieser […] Kosmos (τοῦδε […] τοῦ κόσμου) hat eine einzelne Einheit und Ordnung (μίαν […] ἑνότητα καὶ σύνταξιν) aus mehreren und verschiedenen Körpern“ (424 e 6–7). Hier steht ἑνότης für den Einklang der Komponenten des Kosmos. 56 Nach dem Thesaurus Linguae Graecae (http://www.tlg.uci.edu/; Zugriffsdatum 20. Ja­ nu­ar 2020) erscheint der Terminus ἑνότης vor den Ignatianen (die Eph gekannt haben) insgesamt 35-mal und zwar (abgesehen von Eph 4,3.13) bei Empedokles, Aristoteles, Xeno­krates, Epikuros, Chrysippos, Demetrios Lakon, Poseidonios, TestXII, Philodemos, Apollonios von Tyana, Longinos, Comarius (Alchemist), Plutarch und Apollodor von Damaskus (Architekt). Die Liste zeigt (obgleich sie mehrere Fehler aufweist), dass der Terminus vor allem bei Philosophen vorkommt. 57 Περὶ τῶν ἐκλελοιπότων χρηστηρίων / De defectu oraculorum (409 d 8–438 e 2).

5.7 Einheit (ἑνότης)

179

In der Schrift Über die allgemeinen Begriffe, gegen die Stoiker 58 wird ἑνό­ της mit Bezug auf die kosmischen Elemente in einem Abschnitt verwendet, in dem Plutarch die Stoiker wie folgt kritisiert: Obwohl sie [d. h. die Stoiker] wirklich die vier Körper – Erde, Wasser, Luft und Feuer – „primäre Elemente“ (πρῶτα στοιχεῖα) nennen, machen sie – ich weiß nicht wie – die einen einfach und pur (ἁπλᾶ καὶ καθαρά), die anderen aber zusammengestellt und gemischt (σύνθετα καὶ με­μιγ­μένα). Denn sie meinen, dass sowohl Erde als auch Wasser weder sich selbst noch etwas anderes zusammenhalten (οὔθ᾽ αὑτὰ συνέχειν οὔθ᾽ ἕτερα), sondern durch Teilnahme von Luft- und Feuerkraft die Einheit bewahren (τὴν ἑνότητα διαφυλάττειν), Luft und Feuer aber durch ihre eigene bewahrende Spannkraft da sind (αὑτῶν τ᾽ εἶναι δι᾽ εὐτονίαν ἑκτικά), oder, wenn gemischt mit den anderen zwei, (denen) Spannkraft, Beständigkeit und Subsistenz (τόνον […] καὶ τὸ μόνιμον καὶ οὐσιῶδες) geben. Wie ist ja denn Erde oder Wasser ein Element, wenn keins (von beiden) einfach, primär, oder selbständig ist (εἰ μήθ᾽ ἁπλοῦν μήτε πρῶτον μήθ᾽ αὑτῷ διαρκές)? (mor. 1085 c 9–d 7).

In diesem Kontext nimmt ἑνότης Bezug auf die Eigenständigkeit der primären kosmischen Elemente. Plutarch verwendet ἑνότης auch für Einheit im menschlichen Bereich. In der oben erwähnten Schrift Über den späten Vollzug der göttlichen Strafe versucht Plutarch unter anderem zu widerlegen, dass es ungerecht sei, dass Abkömmlinge für Verbrechen ihrer Vorfahren gestraft werden. Dazu vergleicht er ein Geschlecht (γένος) mit einer Polis (πόλις): Beide sind „ein einziges, kon­tinuierliches Ding“ (ἓν πρᾶγμα καὶ συνεχές, de  sera  559 c 13–d 1). Es sei ge­recht, dass das, was ein einheitliches Kontinuum ist, kollektiv gestraft wird (vgl. 558 f 11–12, 559 c 6–9). Für eine Polis, die wie ein Lebewesen sei (ζῷον, 559 a 1), gilt laut Plutarch: „Es nimmt für alles, das es kollektiv tut oder getan hat, alle Schuld und Gunst auf sich, solange die Kollektivität die Einheit, welche sie schafft und mit Geflechten zusammenbindet, aufrechterhält“ (πᾶσαν ὧν πράτ­τει κατὰ τὸ κοινὸν ἢ ἔπραξεν αἰτίαν καὶ χάριν ἀναδεχόμενον μέχρι ἂν ἡ ποι­οῦσα καὶ συνδέουσα ταῖς ἐπιπλοκαῖς κοινωνία τὴν ἑνότητα διαφυλάττῃ, 559 a 4–8). Hier bezieht ἑνότης sich auf die Zusammengehörigkeit eines Kollektivs (im Sinne einer Gruppe von Menschen, die zusammengehören). In seiner Schrift Über Freundschaft mit vielen,59 worin er (wahre) „Freundschaft“ (φιλία) mit „Freundschaft mit vielen“ (πολυφιλία) vergleicht, weist Plutarch unter anderem auf den folgenden qualitativen Unterschied zwischen beiden hin: Denn sie [d. h.  Freundschaft] bringt (Menschen) zusammen, verbindet (sie) und hält (sie) zusammen, wobei sie (sie) mit Unterhaltungen und Freundlichkeiten ausstattet […], denn Freundschaft will eine derartige Einheit und Zusammenstellung bewirken. Freundschaft mit vielen dagegen trennt (Menschen), spaltet (sie) und wendet (sie) (voneinander) ab, da sie,

58 Περὶ τῶν κοινῶν ἐννοιῶν πρὸς τοὺς Στωϊκούς / De communibus notitiis adversus Stoicos, Plut. mor. 1058 e –1086 b. 59 Περὶ πολυφιλίας / De amicorum multitudine, Plut. mor. 93 a –97 b.

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5. Plutarch

indem sie sich bald an diesen, bald an jenen richtet und wendet, verhindert, dass es eine Mischung und Verleimung eines Wohlwollens in der ausgebreiteten und stabilen Intimität gibt.60

Hier drückt ἑνότης zwischenmenschliche Verbundenheit aus. Schließlich wird in Plutarchs Dialog Über die Liebe 61 ἑνότης für die eheliche Liebe (ὁ Ἔρως, am. 769 f 2) verwendet: Denn die Mischung von Geliebten (ἡ τῶν ἐρώντων, sc. κρᾶσις) ist die, welche richtig durch und durch genannt wird (ὡς ἀληθῶς ἡ δι᾽  ὅλων λεγομένη κρᾶσις). Die (Mischung) von denen, die auf andere Weise zusammenleben, ist dagegen wie die Berührungen und Verflechtungen [der Atome] nach Epikur, welche Zusammenstöße und Trennungen bekommt, nicht aber eine derartige Einheit schafft (ἑνότητα δ᾽ οὐ ποιοῦσα τοιαύτην), wie sie Liebe (Ἔρως) zustande bringt, wenn sie eine eheliche Gemeinschaft ergreift (769 f 4–770 a 1).

Wie das Bild der „Mischung“, womit die Mischung von zwei Flüssigkeiten gemeint ist (s. ὑγρῶν πρὸς ἄλληλα, 769 f 1), deutlich macht, meint ἑνότης hier die Syzygie von Eheleuten. Eph verwendet ἑνότης (nur) für die Eintracht der Gläubigen. In Eph  4,3 werden die Glaubenden wie folgt ersucht: „Bemüht euch, die Einheit des Geistes im Bund des Friedens zu wahren“ (σπουδάζοντες τηρεῖν τὴν ἑνότητα τοῦ πνεύ­ματος ἐν τῷ συνδέσμῳ τῆς εἰρήνης). Es handelt sich hier um die Einheit der Kirche. Die Redewendung „Einheit des Geistes“ meint vermutlich „die vom (einen) Geist bewirkte Einheit“ (Genitivus auctoris), wobei es am wahrscheinlichsten ist, dass mit πνεῦμα in V. 3 der in V. 4 erwähnte eine Geist (ἓν πνεῦ­μα) gemeint ist.62 Der „Bund des Friedens“ scheint eine Anspielung auf Eph 2,14–15.17 zu sein, wo das Motiv des Friedens (εἰρήνη im Gegensatz zu ἔχ­θρα) in Bezug auf die eine Kirche aus Juden- und Heidenchristen besonders hervorgehoben wird. In Eph 4,3 wird betont, dass die Gläubigen die Einheit der Kirche (nur) wahren (τηρεῖν) können und sollen.63 Eph 4,3 zufolge sollten also die an Christus Glaubenden die durch den einen Geist (Gottes) vorgegebene Einheit der Kirche aufrechterhalten. In Eph 4,13 heißt es (wie oben bereits angedeutet): „Bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes“ (μέχρι καταντήσωμεν οἱ πάντες εἰς τὴν ἑνότητα τῆς πίστεως καὶ τῆς ἐπιγνώσεως τοῦ υἱοῦ τοῦ θεοῦ). Auch hier geht es um die Einheit der Kirche. Im Hinblick auf Eph 4,3 ist es unwahrscheinlich, dass ge60 Plut. mor. 95 a 6–b 6: ἡ μὲν γὰρ συνάγει καὶ συνίστησι καὶ συνέχει καταπυκνοῦσα ταῖς ὁμι­λίαις καὶ φιλοφροσύναις […] τοιαύτην γὰρ ἡ φιλία βούλεται ποιεῖν ἑνότητα καὶ σύμπηξιν, ἡ δὲ πολυφιλία διίστησι καὶ ἀποσπᾷ καὶ ἀποστρέφει, τῷ μετακαλεῖν καὶ μεταφέρειν ἄλλοτε πρὸς ἄλλον οὐκ ἐῶσα κρᾶσιν οὐδὲ κόλλησιν εὐνοίας ἐν τῇ συνηθείᾳ περιχυθείσῃ καὶ παγείσῃ γε­νέσθαι. 61 Ἐρωτικός /Amatorius, Plut. am. 748 e –771 e 4. 62 Vgl. u. a. Mayer, Sprache, 61–62. 63 Vgl. u. a. Mayer, Sprache, 65, die meint, dass Einheit in Eph primär Gabe ist, weswe­ gen sie vor allem bewahrt werden soll, sie ist aber auch Aufgabe der Kirche, sie soll also um­gesetzt werden (s. σπουδάζοντες in V. 3 und καταντήσωμεν in V. 13).

5.8 Ergebnis

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meint ist, dass diese Einheit fehlt, oder gefährdet ist.64 Obwohl von „wir“ die Rede ist, scheint mir der Nachdruck auf (οἱ) πάντες zu liegen. Die Perspektive könnte wohl zweipolig sein: Einerseits wird betont, dass die Einheit der Kirche aufrechterhalten werden muss, andererseits gibt es den (hohen) Anspruch, dass alle an Christus glauben beziehungsweise den Sohn Gottes erkennen und zur Kirche hinkommen werden. Eph legt den philosophisch geprägten Terminus ἑνότης ekklesiologisch aus, verbindet das Thema „Einheit“ aber mit denselben Bereichen wie Plutarch: Die Einheit des Kosmos wird thematisiert mit der ἀνακεφαλαίωσις „von allem in Christus“ (Eph 1,10, vgl. κόσμος in V. 4), die Zusammengehörigkeit eines Kollektivs mit der „Einheit“ der an Christus Glaubenden (bes. 4,3.13) und die Sy­zygie von Eheleuten mit dem „zu einem Fleisch werden“ der beiden Glieder eines Ehepaars (5,31; in V. 32 bezogen auf Christus [Haupt] und die Kirche [Leib]).65

5.8 Ergebnis Eph 4,6 und dessen Kontext weisen sowohl terminologisch als auch konzeptuell signifikante Konvergenzen mit Plutarchs Werken auf. Plutarch schreibt zwar nicht, dass der eine Gott διὰ πάντων ist, wohl aber, dass das Göttliche alles durchwaltet: Die göttliche δύναμις, der göttliche νοῦς und die göttliche ψυ­χή sind nach Plutarch διὰ πάντων. Damit versucht Plutarch auszusagen, dass Gott, obwohl er transzendent ist, in der Welt wirksam ist: Gott selbst ist transzendent; das Göttliche immanent. Plutarch und Eph bringen beide nicht nur zum Ausdruck, dass Gott oder das Göttliche alles (Plut.) oder alle (Eph) durchwaltet, sondern auch, zum Beispiel, dass Gott einer (im Gegensatz zu der Vielheit der Menschen) und Vater aller ist, über allen steht, in allen ist und für Schöpfung, Ordnung und Erhaltung sorgt. Außerdem verwenden beide für die Einheit eines Kollektivs den Terminus ἑνότης. Das Verhältnis zwischen beiden ist dennoch nicht im Sinne direkter Abhängigkeit zu sehen. Beide Autoren bearbeiten unabhängig voneinander auf eigene Weise verbreitetes Gedankengut.

64 Vgl.

dazu u. a. Lindemann, Epheserbrief, 80 (s. o.). das von Plut. für die Ehe verwendete Bild einer Mischung (durch und durch) von zwei Flüssigkeiten (s. o.). 65 Vgl.

6. Epheser 4,6 und die aristotelische Tradition: Pseudo-Aristoteles, De mundo Pseudo-Aristoteles’ Werk Über die Welt lässt deutliche Gemeinsamkeiten mit Eph 4,6 und dem größeren Kontext des Eph erkennen. Über De mundo kann einführend in aller Kürze Folgendes festgestellt werden:1 In der Forschung besteht weitgehender Konsens, dass die Schrift nicht von Aristoteles (384–322 v. Chr.) verfasst wurde.2 Der Titel „Über die Welt“ (Περὶ κόσμου) ist sekundär.3 Die Entstehungszeit ist umstritten, Datierungen variieren sogar vom vierten Jahrhundert v. Chr. bis zum zweiten Jahrhundert n. Chr.; der Text wurde aber vermutlich im ersten Jahrhundert v. Chr. verfasst.4 Die Schrift war in der Antike weit bekannt.5 Das Werk gehört zur peripatetischen Tradition, ist aber nicht immer mit dem aristotelischen Gedankengut im Einklang und umfasst auch philosophische Ideen aus unter anderem der platonischen, stoischen und neu1 Eine rezente umfassende Einleitung in Ps.-Aristot. mund. bietet Johan C. Thom, Introduction, in: Ders. (Hg.), Cosmic Order, 1–17. 2 Vgl. Jules Tricot, Aristote. Traité du Ciel. Traité pseudo-aristotélicien du Monde, Paris: Vrin 1949, vii–ix; David J. Furley, Pseudo-Aristotle. De Mundo, in: Edward S. Forster / Ders. (Hg.), Aristotle. On Sophistical Refutations, On Coming-To-Be and Passing-Away, On the Cosmos (Loeb Classical Library 400), Cambridge, MA / London: Harvard University Press 1955, 331–409, 337–341; Hans Strohm, Aristoteles. Meteorologie. Über die Welt (Aristoteles. Werke in deutscher Übersetzung 12), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesell­ schaft 1970, 263–264; Otto Schönberger, Aristoteles. Über die Welt (Universal-Bibliothek 8713), Stuttgart: Reclam 1991, 46–53; José  Pablo Martín / Marta Alesso, Sobre el mun­do de Pseudo Aristóteles, in: Circe 14 (2010), 197–214, 197; Thom, Introduction, 3–8. Für die Echtheit plädieren u. a. Paul Gohlke, Aristoteles an König Alexander. Über die Welt (Aristoteles. Die Lehrschriften 4 / 4), Paderborn: Schöningh 1949, und Giovanni Reale /Abraham P. Bos, Il trattato Sul cosmo per Alessandro attribuito ad Aristotele (Collana Temi metafisici e problemi del pensiero antico 42), Mailand: Vita e Pensiero ²1995. 3 Vgl. Schönberger, Aristoteles, 41. Näheres zum Titel bei Jaap Mansfeld, ΠΕΡΙ ΚΟΣΜΟΥ. A Note on the History of a Title, in: Vigiliae Christianae 46 (1992), 391–411. Näheres zur Überlieferungsgeschichte der Schrift bei William L. Lorimer, The Text Tradition of Pseudo-Aristotle „De mundo“ together with an Appendix Containing the Text of the Medieval Latin Versions (St. Andrews University Publications 18), London: Milford 1924. 4 Näheres zur Abfassungszeit bei Thom, Introduction, 3–8. 5 Zur Bekanntheit des mund. in der griechisch-römischen Antike vgl. Andrew Smith, The Reception of On the Cosmos in Ancient Pagan Philosophy, in: Thom (Hg.), Cosmic Order, 121–131.

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6. Pseudo-Aristoteles, De mundo

pythagoreischen Tradition.6 Der Kern der an Alexander den Großen (als fiktiven Adressaten, 391 a 2) gerichteten Protreptik ist es, die Frage zu beantworten, wie der „transzendente“ Gott in der Welt wirksam sein kann.7 Die Antwort, die gegeben wird, ist, dass Gott in der Welt wirksam ist durch seine alles durchwaltende Kraft (δύναμις).8

6.1 Wie das Göttliche alles durchwaltet und für Schöpfung, Ordnung und Erhaltung sorgt Pseudo-Aristoteles’ Bemerkungen zu Gott und seiner δύναμις weisen deutlich erkennbare Berührungspunkte mit Eph 4,6 und dessen Kontext auf. Das in Eph 4,6 verwendete Syntagma διὰ πάντων kommt in De mundo mehrfach 6 Näheres zur philosophiegeschichtlichen Verortung bei Schönberger, Aristoteles, 52– 58; Thom, Introduction, 5–10; Thom, Cosmotheology, 107–108. 7 Zur Gattungsbestimmung vgl. u. a. Thom, Introduction, 14–15. Zum Ziel des mund. vgl. bes. Thom, Introduction, 3, 5 Anm. 17: „The short treatise On the Cosmos (Περὶ κόσμου = De mundo) ascribed to Aristotle attempts to provide an explanation of the role of god in preserving and maintaining the cosmos while at the same time upholding the notion of his transcendence and independence […]. The author of De mundo in fact tries to reconcile Aristotle’s position [d. h. „Aristotle’s view […] of god as the Unmoved Mover“, S. 5] with the notion of god’s involvement in the world“ (Hervorhebung von Thom). „Transzendent“ wird hier verwendet ohne damit eine absolute Trennung von Gott und der Welt zu implizieren, da nach mund. 397 b 24–27; 398 b 7 Gott sich nicht außerhalb der Welt, sondern am höchsten Punkt des Himmels befindet (vgl. Thom, Cosmotheology, 107 Anm. 2). 8 Vgl. Schönberger, Aristoteles, 59–60: „Um Gottes Transzendenz mit seinem Wirken zu vereinen, führt unser Autor [d. h. Ps.-Aristot.] den Begriff der Dynamis (δύναμις) ein. Diese wirkt in die sichtbare Welt, vereint Gegensätze in Harmonie und schafft überall Leben“; Reale / Bos, Trattato, 317 Anm. 239: „Viene affermata […] la trascendenza di Dio rispetto al mondo: la realtà o sostanza o essenza (οὐσία) di Dio è totalmente diversa dal mondo e fuori del mondo […], e, pertanto, Dio non può essere nel mondo; nel mondo è invece presente la ‚potenza‘ (δύναμις) di Dio. […] Dio, tramite la sua potenza, produce e conserva tutte le cose, senza essere in alcun modo coinvolto nelle cose che produce“ (Hervorhebung von Reale / Bos) und Thom, Cosmotheology, 107: „the primary aim of De mundo is […] to provide an answer to the question regarding god’s involvement in the sublunary world (usually called providence). The question it tries to address is how it is possible for god to be responsible for the order and preservation of the world without giving up his self-sufficiency and independence, that is, the problem normally described as transcendence versus immanence. Its own solution to the problem is to devolve such immanent involvement to god’s δύναμις (‚power‘)“ (Hervorhebung von Thom). Für die Verbindung der (aristotelischen) „Transzendenz“ Gottes mit der (stoischen) „immanenten“ Wirkung Gottes verwendet Eduard Zeller, Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Bd. 3 / 1: Die nacharistotelische Philosophie, hg. v. Eduard Wellmann, Hildesheim: Olms 61963, 668, den Begriff „dynamischer Pantheismus“. Nach Bernard Besnier, Art. De mundo. Tradition grecque, in: Dictionnaire des philosophes antiques suppl. (2003), 475–480, 479–480, gehe es in mund. nicht um den Gegensatz zwischen Gottes Transzendenz und Immanenz, sondern zwischen Gottes Unabhängigkeit und seiner demiurgischen Aktivität.

6.1 Wie das Göttliche alles durchwaltet

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vor.9 In 394 b 9–11 bringt Pseudo-Aristoteles kurz zur Sprache, ohne dies wei­ ter zu erläutern, dass „Geist“ (πνεῦμα) verwendet werden kann für „die beseelte und produktive Substanz in Pflanzen und Lebewesen, welche alles durchwaltet“ (ἥ τε ἐν φυτοῖς καὶ ζῴοις καὶ διὰ πάντων διήκουσα ἔμψυχός τε καὶ γό­νιμος οὐσία).10 Es ist unklar, ob für den Verfasser dieses πνεῦμα mit der göttlichen δύναμις zusammenfällt.11 Eph sagt zwar nicht aus, dass das πνεῦμα alles durchwaltet, wohl aber, dass Gottes Geist (πνεῦμα) auf den inneren Menschen einwirkt: In Eph  3,16 betet „Paulus“, dass Gott der Vater „euch [d. h. den Glaubenden] gebe, gemäß dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft (δυνάμει) gestärkt zu werden durch seinen Geist im inneren Menschen (διὰ τοῦ πνεύματος αὐτοῦ εἰς τὸν ἔσω ἄνθρωπον)“.12 Die Perspektive des Eph ist, anders als in De mundo, nicht universal, sondern ekklesiologisch: Das „Einwirken“ des Geistes betrifft in Eph die Gläubigen. Nach De mundo 396 b 28–29 gibt es „eine alles durchwaltende Kraft“ (μία [ἡ] διὰ πάντων διήκουσα δύναμις).13 Diese (göttliche) Kraft bewirkt die Schöp9 Der Text des mund. wird zitiert nach Thom, Cosmic Order, 20–56. Die Übers. sind meine eigenen. 10 Eine ähnliche Übers. bieten Gohlke, Aristoteles, 34.36 („jenes lebendige und zeugungskräftige Wesen, das Pflanzen und Geschöpfe und alles durchwaltet“); Tricot, Aristote, 187 („c’est la substance animée et génératrice qui se trouve dans les plantes et les animaux et qui pénètre partout“); Furley, Pseudo-Aristotle, 367 („that substance found in plants and animals and pervading everything, that brings life and generation“); Schönberger, Aristoteles, 11 („die lebendige und zeugende Kraft, die in Pflanzen und Lebewesen wirkt und alles durchwaltet“); Reale / Bos, Trattato, 195 („la sostanza animata e generatrice che è negli ani­ mali e nelle piante e penetrante dappertutto“); Martín /Alesso, Mundo, 202: „la sustancia animada y generadora que actúa en plantas y animales, y que se extiende a través de todas las cosas“ und Thom, Cosmic Order, 31 („the animating and productive substance found in plants and animals and which pervades all things“). Anders Strohm, Aristoteles, 245: „die in Pflanzen und lebendigen Wesen vorhandene alldurchdringende, beseelte und zeugungskräftige Wesenheit“. Nach Anna Tzvetkova-Glaser, The Concepts of οὐσία and δύναμις in De mundo and Their Parallels in Hellenistic-Jewish and Christian Texts, in: Thom (Hg.), Cosmic Order, 133–152, macht mund. einen Unterschied zwischen Gottes transzendenter οὐσία und seiner immanenten δύναμις. 11 Vgl. Schönberger, Aristoteles, 33. Nach Reale / Bos, Trattato, 285–288 Anm. 132, meint πνεῦμα hier nicht die alles durchdringende göttliche δύναμις, sondern den Vitalstoff in allen Organismen (s.  φυτά und ζῷα); διὰ πάντων beziehe sich nicht auf den gesamten Kosmos (dies wäre unaristotelisch), sondern auf alle animierten und lebenden Entitäten in der sublunarischen Sphäre. 12 Für die Übers. „gestärkt zu werden im“, vgl. Friedrich Blass /Albert Debrunner / Friedrich Rehkopf (Hg.), Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 182001, § 2055 (vgl. § 2074: „für“). Für den (der griechischen Philoso­ phie entnommenen) Unterschied zwischen dem „inneren“ und „äußeren“ Menschen, vgl. bes. 2 Kor 4,16: ὁ ἔξω ἡμῶν ἄνθρωπος […] ὁ ἔσω ἡμῶν. 13 Nach Thom, Cosmotheology, 112, steht diese Redewendung stoischen Formulierungen nahe, weicht aber inhaltlich von stoischen Vorstellungen ab: „The author […] uses Stoic formulations […], especially the idea of ‚a single power pervading all things‘ […]. The co-

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6. Pseudo-Aristoteles, De mundo

fung, Ordnung und Erhaltung des Alls: Sie „hat den ganzen Kosmos erschaffen“ (τὸν σύμπαντα κόσμον δημιουργήσασα, 396 b 30–31), „(die) ganze Erde, (das) Meer, (den) Äther, (die) Sonne, (den) Mond und den ganzen Himmel geordnet (διεκόσμησε)“ (396 b 27–28), „die gegensätzlichsten Elemente (τάς τε ἐναντιωτάτας […] φύσεις) in ihm [d. h. im Kosmos] genötigt miteinander zu harmonieren (ἀλλήλαις ἀναγκάσασα ὁμολογῆσαι)“ (396 b 32–33) und „für alles Erhalt bewirkt (μηχανησαμένη τῷ παντὶ σωτηρίαν)“ (396 b 33–34).14 Eph sagt nicht aus, dass die δύναμις Gottes „alles durchwaltet“, wohl aber, dass sie an und in den Gläubigen wirksam ist. In Eph  1,19 betet der Autor, dass die Rezipienten einsehen, „was die überragende Größe (τὸ ὑπερβάλλον μέγεθος) seiner [d. h. Gottes] Kraft (δυνάμεως) an uns, den Glaubenden (εἰς ἡμᾶς τοὺς πιστεύοντας), (ist) gemäß der Einwirkung der Kraft seiner Stärke (κα­τὰ τὴν ἐνέργειαν τοῦ κράτους τῆς ἰσχύος αὐτοῦ)“.15 Betont wird hier die Übermacht Gottes (s. die fünf Substantive, womit Gottes Macht beschrieben wird) gegenüber den Glaubenden, an denen Gottes δύναμις wirkt. In der Doxologie des Eph (Eph 3,20–21) heißt es: „Dem [d. h. Gott] aber, der die Kraft hat (τῷ […] δυναμένῳ) ganz über alle Maßen über alles hinaus (mehr) zu tun, (als) was wir bitten oder denken nach der Kraft, die in uns wirkt (κατὰ τὴν δύναμιν τὴν ἐνεργουμένην ἐν ἡμῖν), ihm sei die Herrlichkeit […].“16 Die allem überlegene δύναμις Gottes ist in den Glaubenden wirksam. Die schöpfende, ordnende und erhaltende „Kraft“ wird in Eph nicht Gottes δύναμις, sondern Gott selbst zugeschrieben. Die drei Aspekte (Schöpfung, Ordnung und Erhalt), die in De mundo 396 b 27–34 besprochen werden, kommen auch in der Eulogie des Eph vor (Eph 1,3–14). Eph 1,4 spricht von der „Grundlegung des Kosmos“ (καταβολὴ κόσμου) durch Gott (vgl. V. 3); es ist Gott, der alles geschaffen hat (vgl. ἐν τῷ θεῷ τῷ τὰ πάντα κτίσαντι, Eph 3,9). V. 10 nimmt mit der von Gott ausgeführten ἀνακεφαλαίωσις von allem, was im herence is not, however, caused by a divine immanent pneuma permeating all things as is the case in Stoicism, but results from the (mechanical) equilibrium brought about by the cosmic power between opposing principles“ (Hervorhebung von Thom). 14 Vgl. zu der nach 396 b 23–397 a 5 von der einen (göttlichen) δύναμις bewirkten Schöpfung, Ordnung und Erhaltung des Kosmos Thom, Cosmotheology, 111–112 (mit Verweisen). Die Aussage über die Schöpfung ist nach Thom, Cosmotheology, 111 Anm. 20, aus einer aristotelischen Perspektive problematisch, da nach Aristoteles die Welt ungeschaffen und ewig ist. Nach Reale / Bos, Trattato, 309 Anm. 199, steht die σωτηρία hier für die Garantie der Ewigkeit der Welt. Strohm, Aristoteles, 327, weist auf verschiedene Parallelen hin, die μη­χανᾶσθαι für „göttliches Wirken“ verwenden. 15 Vgl. bes. Kol 1,29, wo der Vf. schreibt, dass er sich bemüht „gemäß seiner [d. h. Christi] Wirkkraft, die in mir mit Kraft wirkt“ (κατὰ τὴν ἐνέργειαν αὐτοῦ τὴν ἐνεργουμένην ἐν ἐμοὶ ἐν δυνάμει). Eph spricht von der Kraft Gottes und erweitert bezüglich der Einwirkung der Kraft die Perspektive auf die Glaubenden. Vgl. dazu bes. Kol 1,11 (Subjekt sind „ihr“, d. h. die Rezipienten): „mit aller Kraft gestärkt werdend auf Grund der Kraft seiner [d. h. Gottes] Herrlichkeit“ (ἐν πάσῃ δυνάμει δυναμούμενοι κατὰ τὸ κράτος τῆς δόξης αὐτοῦ). 16 Vgl. bes. Kol 1,11.29.

6.1 Wie das Göttliche alles durchwaltet

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Himmel und auf der Erde ist, Bezug auf die kosmische Ordnung durch Gott.17 Und in V. 13 wird die σωτηρία erwähnt, womit allerdings nicht der Erhalt von allem, sondern die von Gott geschenkte Errettung der Gläubigen gemeint ist (s. a. σεσῳσμένοι, Eph 2,5.8; das Gerettet-Sein ist „Gottes Geschenk“, θεοῦ τὸ δῶ­ρον, V. 8). Hier muss bemerkt werden, dass auch in De mundo Schöpfung, Ordnung und Erhalt Gott zugeschrieben werden. Gott ist die Basis der Existenz des Kosmos: „Alles ist aus Gott und durch Gott entstanden“ (ἐκ θεοῦ πάντα καὶ διὰ θεὸν συνέστηκεν, 397 b 14–15).18 „Urheber von den Dingen, die, wie auch immer, in diesem Kosmos zustande gebracht werden, (ist) Gott“ (γενέτωρ τῶν ὁπωσδήποτε κατὰ τόνδε τὸν κόσμον συντελουμένων ὁ θεός, 397 b 21–22).19 Gott ist auch die Basis der Ordnung des Kosmos: „Die Ordnung und Anordnung von allem wird von Gott und durch Gott bewahrt“ (ἡ τῶν ὅλων τάξις τε καὶ διακόσμησις, ὑπὸ θεοῦ τε καὶ διὰ θεὸν φυλαττομένη, 391 b 11–12).20 Schließlich ist Gott auch die Basis des Erhalts des Kosmos: „Keine Entität ist 17 Vgl. κόσμου […] τὰ πάντα […] τὰ ἐπὶ τοῖς οὐρανοῖς καὶ τὰ ἐπὶ τῆς γῆς in Eph 1,4.10 mit mund. 391 b 9–10: „‚Kosmos‘ […] ist ein System von Himmel und Erde und in diesen er­haltenen Naturen“ (Κόσμος […] ἐστὶ σύστημα ἐξ οὐρανοῦ καὶ γῆς καὶ τῶν ἐν τούτοις περι­ εχομένων φύσεων). 18 Eine ähnliche Übers. des διὰ θεόν bieten Gohlke, Aristoteles, 54; Tricot, Aristote, 195; Furley, Pseudo-Aristotle, 385; Strohm, Aristoteles, 251; Schönberger, Aristoteles, 18; Martín /Alesso, Mundo, 207. Anders Reale / Bos, Trattato, 213: „in funzione di Dio“ und Thom, Cosmic Order, 43: „because of God“. Nach Thom, Cosmotheology, 115, ist Gott hier die effiziente Ursache des Kosmos ohne selbst aktiv zu sein; aktiv ist die göttliche δύνα­μις. 19 Für γενέτωρ s. a. 399 a 31. Nach Reale / Bos, Trattato, 318 Anm. 243, spielt γενέτωρ auf keinerlei Weise auf die „Schöpfung“ im biblischen Sinne an. Thom, Cosmotheology, 115, zufolge betrifft es hier im Hinblick auf die peripatetische Tradition, die keinen geschaffenen Kosmos annimmt, poetische Sprache, die zum Ausdruck bringt, dass Gott Ursache alles Seienden ist. Vgl. 401 a 15: „Durch ihn [d. h. Gott] leben wir“ (δι᾽ ὃν ζῶμεν; hier liegt ein Wortspiel mit Δία und Ζῆνα – zwei Akkusativen des Gottesnamens Ζεύς – vor); VV. 26–27: „Er selbst [d. h. Gott] ist Ursache aller Dinge“ (πάντων αὐτὸς αἴτιος ὤν; womit nach Reale / Bos, Trattato, 348 Anm. 370, nicht die Schöpfung gemeint ist). Vgl. auch noch V. 29: „Aus Zeus wurde alles gemacht“ (Διὸς δ᾽ ἒκ πάντα τέτυκται); 401 b 1: „Zeus ist (die) Basis von Er­den und Sternenhimmel“ (Ζεὺς πυθμὴν γαίης τε καὶ οὐρανοῦ ἀστερόεντος) (beide von Ps.-­Aristot. aus orphischem Material zitiert, s. 401 a 27). 20 Eine ähnliche Übers. des διὰ θεόν bieten Gohlke, Aristoteles, 18; Furley, PseudoAris­totle, 347; Strohm, Aristoteles, 240, der dazu bemerkt (S. 279–280): „Der Präpositionengebrauch ist überlegt; der durch ὑπό suggerierten ‚persönlichen‘ Auffassung tritt mit διά die sachliche zur Seite; zielt doch die Frage διὰ τί; auf αἴτιον καὶ ἀρχή“; Schönberger, Aristoteles, 4; Martín /Alesso, Mundo, 198. Eine andere Übersetzungsmöglichkeit ist „wegen Gottes“, vgl. dazu Tricot, Aristote, 180 („à cause de Dieu“); Thom, Cosmic Order, 23 („because of God“). Reale / Bos, Trattato, 177, übersetzen ὑπὸ θεοῦ τε καὶ διὰ θεόν mit „di Dio e in funzione di Dio“ und meinen (S. 254 Anm. 35), dass damit der Unterschied zwischen Gottes direkter Verantwortung für die Ordnung in den himmlischen Sphären und seiner in­ direkten Verantwortung für die Ordnung in der sublunarischen Sphäre zum Ausdruck gebracht wird. Vgl. διὰ θεόν in 397 b 14 (s. o.).

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6. Pseudo-Aristoteles, De mundo

aber selbst von sich aus selbstständig, wenn sie des aus diesem [d. h. von Gott] kommenden Erhalts beraubt worden ist“ (οὐδεμία δὲ φύσις αὐτὴ καθ᾽ ἑαυτήν ἐστιν αὐτάρκης, ἐρημωθεῖσα τῆς ἐκ τούτου σωτηρίας, 397 b 15–16); „Erhalter […] von allem ist […] Gott“ (Σωτὴρ […] ἁπάντων ἐστὶ […] ὁ θεός, 397 b 20– 22).21 Gott gilt also als Urheber, Ordner und Erhalter des Kosmos. In 397 b 33 bemerkt Pseudo-Aristoteles: „Das Göttliche ist von Natur aus so, in alles hindurchzudringen“ (ἐπὶ πᾶν διικνεῖσθαι πέφυκε τὸ θεῖον).22 Obwohl die in Eph 4,6 verwendete Redewendung εἷς θεὸς διὰ πάντων hier nicht vorliegt, ist die Aussage, dass das Göttliche in alles eindringt, ähnlich. In Eph 4,6 bezieht Gottes „Durchdringen“ sich zwar auf die Gläubigen (nicht auf „alles“), die Formulierung an sich ist aber allgemein (διὰ πάντων). Inhaltlich ist der wichtigste Unterschied zwischen beiden Texten, dass nach De mundo nicht Gott selbst, sondern seine Kraft (δύναμις) alles durchdringt. In 397 b 33 steht τὸ θεῖον nicht für Gott, sondern für die göttliche δύναμις (s. bes. τῇ […] θείᾳ δυνάμει, V. 19): „Gott erleidet nicht (die) mühselige Arbeit von einem selbst arbeitenden, sich selbst bemühenden Wesen, sondern macht Gebrauch von einer unermüdlichen Kraft“ (ὁ θεός, οὐ μὴν αὐτουργοῦ καὶ ἐπιπόνου ζῴου κάματον ὑπομένων, ἀλλὰ δυνάμει χρώμενος ἀτρύτῳ, VV. 22–23). 23 Gott selbst steigt nicht in niedrigere Kreise wie den Erdkreis ab: „Er selbst [d. h. Gott] erhielt also den höchsten und ersten Sitz(platz) (ἀνωτάτω καὶ πρώ­ την ἕδραν) und darum wird er ‚Allerhöchster‘ (ὕπατος) genannt, […] eingesetzt am höchsten Punkt des ganzen Himmels (ἀκροτάτῃ κορυφῇ τοῦ σύμ­παντος ἐγκαθιδρυμένος οὐρανοῦ)“ (VV. 24–27).24 Der Erdkreis ist am weitesten von 21 Für σωτήρ s. a. 401 a 24. Vgl. 400 a 3–4: „Denn dieses Verhältnis hat Gott zum Kosmos, er bewahrt die Harmonie und den Erhalt des Ganzen“ (Τοῦτον οὖν ἔχει τὸν λόγον ὁ θεὸς ἐν κόσμῳ, συνέχων τὴν τῶν ὅλων ἁρμονίαν τε καὶ σωτηρίαν). Nach Strohm, Aristoteles, 332, ist der σωτηρία-Gedanke in mund. „Ausdruck der Weltewigkeitslehre“. Zu 397 b 20 bemerkt er (S. 266): „Die Gotteslehre […] läßt den Gedanken der Welterhaltung voll hervortreten, indem sie die σωτηρία einem σωτήρ unterstellt (397 b 20).“ 22 Thom, Cosmotheology, 116, bemerkt zur Stelle: „A formulation such as ‚in as far as the divine naturally penetrates to everything‘ […] sounds Stoic, but the gradual, physical transmission of power envisaged here is very different from the Stoic pneuma that permeates everything equally“ (Hervorhebung von Thom). 23 Nach Strohm, Aristoteles, 335, richtet sich diese Gottesvorstellung, die Gottes Distanz betont, gegen die stoische Immanenzlehre, ohne die Idee von Gottes Fürsorge für die Welt aufzugeben. Ähnlich Schönberger, Aristoteles, 37: Ps.-Aristot. „wendet […] sich gegen den (stoischen) Pantheismus und die Immanenz Gottes. […] Die δύναμις ist Mittler zwischen Gott und der Welt. […] Gott wohnt über der Welt in Distanz zu ihr, doch leidet seine Fürsorge für sie nicht.“ 24 Näheres zu den homerischen Anspielungen ὕπατος (397 b 25) und ἀκροτάτῃ κορυφῇ (V. 26) bei Reale / Bos, Trattato, 319–320 Anm. 249. Nach Reale / Bos, Trattato, 320–321 Anm. 250, bringt 397 b 24–30 die aristotelische Vorstellung eines Unbewegten Bewegers (s. u.) zum Ausdruck: „nelle affermazioni del nostro Trattato non c’è nient’altro che la sem­ plice illustrazione dell’aristotelico Motore Immobile trascendente“ (Hervorhebung von Reale /Bos).

6.1 Wie das Göttliche alles durchwaltet

189

Gott entfernt (VV. 30–31), Gott wirkt aber durch seine δύναμις auf die Welt ein: Es ist ehrenvoller (σεμνότερον) und angemessener (πρεπωδέστερον), dass er [d. h. Gott] in der höchsten Region seinen Sitz hat (αὐτὸν μὲν ἐπὶ τῆς ἀνωτάτω χώρας ἱδρῦσθαι) und dass die Kraft, die den ganzen Kosmos durchwaltet (τὴν δὲ δύναμιν διὰ τοῦ σύμπαντος κόσμου διήκουσαν), Sonne und Mond bewegt, den ganzen Himmel dreht und Ursache (αἴτιον) der Ehaltung (σωτηρίας) ist für das, was sich auf der Erde befindet (398 b 6–10).25

Gott ist der erste (unbewegte) Beweger: „Das göttliche Wesen (ἡ θεία φύσις) gibt durch eine simple Bewegung der ersten (Sphäre) die Kraft (τὴν δύναμιν) zu den folgenden (Sphären) und von jenen wieder zu den weiteren, bis sie alles durchdringt (μέχρις ἂν διὰ τοῦ παντὸς διεξέλθῃ)“ (398 b 20–22).26 „Denn sesshaft (ἱδρυμένος) im Unbewegten (ἐν ἀκινήτῳ) bewegt und führt er [d. h. Gott] alles (πάντα) mit Kraft (δυνάμει) herum, wohin und wie er will (ὅπου βούλεται καὶ ὅπως), in verschiedenen Formen und Naturen“ (400 b 11–13).27 „Wenn er [d. h. Gott] unbewegt und harmonisch leitet, wird die ganze Ordnung, die aus Himmel und Erde besteht, verwaltet“ (Ἡγουμένου δὲ ἀκινήτως αὐτοῦ καὶ ἐμ­ με­λῶς ὁ σύμπας οἰκονομεῖται διάκοσμος οὐρανοῦ καὶ γῆς, 400 b 31–32). Bis dahin die Analyse der mit dem Syntagma διὰ πάντων verbundenen Themen.

25 Nach Strohm, Aristoteles, 338, setzt der Autor hier stoische Terminologie gegen den stoischen Pantheismus ein. Vgl. auch die Verben διήκω und φοιτάω in 398 a 5, die in stoischen Texten häufig verwendet werden für das alles durchwaltende göttliche Prinzip (vgl. dazu Thom, Cosmic Order, 63 Anm. 93), hier aber antistoisch angewendet werden. Gegen die Behauptung von Furley, Pseudo-Aristotle, 387 Anm. a, es liege ein Widerspruch vor zwischen 398 a 1–6, wo Gott (θεός, V. 2) und seine δύναμις (VV. 2–3) miteinander identifiziert werden, und 397 b 19, wo Gott von seiner Kraft unterschieden wird (vgl. auch 398 b 8), bringen Reale / Bos, Trattato, 323 Anm. 256, hervor, dass in 398 a 1–6 die δύναμις nach der Quelle aller δύναμις (Gott) als göttlich bezeichnet wird, wie auch in 397 b 19 die δύναμις göttlich genannt wird (s. τῇ […] θείᾳ δυνάμει). Gottes Einwirkung auf die Welt (398 b 1–20) wird nach Schönberger, Aristoteles, 37, nicht als schöpferische, sondern als bewegende Kraft vorgestellt. Vgl. auch Reale / Bos, Trattato, 329 Anm. 267. 26 Vgl. Schönberger, Aristoteles, 37: „Gott wirkt auf die Welt in abgestufter Stärke.“ 27 Vgl. dazu auch 399 a 30–35 und 399 b 10–11. Nach Strohm, Aristoteles, 267–268.348, verbindet der Autor des mund. die aristotelische Vorstellung eines unbewegten Bewegers mit einem Dynamisbegriff, der sowohl der Majestät als auch der Reichweite des Urbewegers Genüge tut. Thom, Cosmotheology, 118, bemerkt zu 400 b 11–15: „A god that wills is […] also a god that can change, which is very different from Aristotle’s Unmoved Mover who by definition does not change.“ Zu ὅπου βούλεται καὶ ὅπως vgl.  Eph  1,11: Gott „bewirkt alles nach dem Ratschluss seines Willens (κατὰ τὴν βουλὴν τοῦ θελήματος αὐτοῦ)“. Unterschiede zwischen den bewogenen Entitäten erklärt Ps.-Aristot. auf Grund davon, dass „alle Dinge passend zu ihren eigenen Konstitutionen agieren“ (δρώντων μὲν πάντων οἰκείως ταῖς σφετέραις κατασκευαῖς, 398 b 24; s. a. 399 a 29–30).

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6. Pseudo-Aristoteles, De mundo

6.2 Gottes Übersteigen und Eindringen Pseudo-Aristoteles schreibt nicht wie Eph, dass Gott ἐπὶ πάντων oder ἐν πᾶ­ σιν ist; Gottes „Übersteigen“ und „Eindringen“ werden aber thematisiert. Gott über­steigt alles: Er ist der „Allerhöchste“ (ὕπατος); er befindet sich am höchsten Punkt des Himmels (397 b 24–27).28 Dies kommt doch Eph 4,6 θεὸς […] ἐπὶ πάν­των sehr nahe, obwohl πάντων an der Stelle Gläubige betrifft. Und nach De mundo leitet Gott alles: Er ist „der Leiter aller Dinge“ (ὁ πάντων ἡγεμών, 399 a 30).29 Gott überragt alles; alles ist Gott untergeordnet: „Denn es könnte wahrhaftig gesagt werden, dass die Vorgänge, sowohl alle die durch die Luft, als auch die auf der Erde, als auch die im Wasser, die Werke Gottes sind, der den Kosmos in seiner Macht hat“ (Τὰ γὰρ πάθη, καὶ τὰ δι᾽ ἀέρος ἅπαντα καὶ τὰ ἐπὶ γῆς καὶ τὰ ἐν ὕδατι, θεοῦ λέγοιτ᾽ ἂν ὄντως ἔργα εἶναι τοῦ τὸν κόσμον ἐπ­έχον­τος, 399 b 23–25).30 Außerdem ist nach Pseudo-Aristoteles das Göttliche in allen präsent. Die menschliche Seele hat nämlich einen göttlichen Aspekt: Der Autor spricht von „(dem) göttlichen Auge der Seele“ (θείῳ ψυχῆς ὄμματι), womit die menschliche Seele „die göttlichen Dinge“ (τὰ θεῖα) erfasst (391 a 15).31 Auf diese Weise ist etwas Göttliches „in“ jedem Menschen anwesend.

6.3 Der eine Gott ist der Welt zugewandt Die Gottesbilder beider Schriften haben noch weitere Gemeinsamkeiten, unter anderem die Idee, dass Gott einer ist. Eph 4,6 spricht von dem „einen Gott“ (εἷς θεός). Pseudo-Aristoteles schreibt: „Obwohl er [d. h. Gott] einer ist, wird er unter vielen Namen verehrt“ (Εἷς δὲ ὢν πολυώνυμός ἐστι, 401 a 12).32 Außer28 S. a. 400 a 6–8 (verbunden mit einer „Etymologie“): „oben (ἄνω), rein in einer reinen Re­gion ist er [d. h. Gott], die wir richtig ‚Himmel‘ (οὐρανόν) nennen, da die obere (Region) die Grenze (ὅρον … τὸν ἄνω) ist“. 29 Vgl. auch 400 b 11, wo Gott mit einem Steuermann, Wagenlenker, Chor­leiter, Gesetz einer Polis (s. a. 400 b 28) und Kommandant verglichen wird, wobei als Unterschied an­gegeben wird, dass Gott das Leiten keine Mühe kostet. Vgl. auch 401 b 5 (von Ps.-Aristot. aus or­phi­ schem Material zitiert): „Zeus ist Leiter aller“ (Ζεὺς ἀρχὸς ἁπάντων). 30 Nach Reale / Bos, Trattato, 337 Anm. 305, weisen Gottes „Werke“ (ἔργα) nicht auf die Schöpfung, sondern auf die Ordnung des Alls hin. 31 Näheres zu dem „göttlichen Auge der Seele“ bzw. zu dem göttlichen Aspekt der menschlichen Seele bei Thom, Cosmic Order, 58 Anm. 6. 32 Nach Reale / Bos, Trattato, 343 Anm. 339, liegt hier keine monotheistische Aussage vor, da die göttliche Sphäre (aus aristotelischer Perspektive) eine Pluralität beinhaltet. Von einer Pluralität von (niedrigeren) Göttern ist in mund. aber keine Rede, vgl. dazu Thom, Cosmic Order, 63 Anm. 97: „lesser gods have no function within the cosmotheology of De mun­ do“ (Hervorhebung von Thom). Die Bemerkung, dass der Himmel (οὐρανός) „Wohnort der Götter“ (θεῶν οἰκητήριον, 391 b 15–16; 393 a 4–5) ist, bezieht sich auf die Himmelskörper

6.4 Einheit in der Vielheit

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dem wird der eine Gott in beiden Schriften vorgestellt als ein Gott, der der Welt zugewandt ist.33

6.4 Einheit in der Vielheit Eine andere Übereinstimmung zwischen Eph und De mundo ist, dass beide die Harmonie von Gegensätzen thematisieren. Pseudo-Aristoteles schreibt: „Der Kosmos setzt sich zusammen aus gegensätzlichen Prinzipien“ (ἐκ τῶν ἐν­αν­τίων ἀρχῶν συνεστηκὼς ὁ κόσμος, 396 a 33–34), bildet aber eine Einheit: „Eine Harmonie hat die Anordnung von allem, ich meine von Himmel, Erde und dem ganzen Kosmos durch die Mischung der gegensätzlichsten Prinzipien arrangiert“ (τὴν τῶν ὅλων σύστασιν, οὐρανοῦ λέγω καὶ γῆς τοῦ τε σύμπαντος κόσ­μου, διὰ τῆς τῶν ἐναντιωτάτων κράσεως ἀρχῶν μία διεκόσμησεν ἁρμονία, 396 b 23–25).34 Die eine göttliche δύναμις (VV. 28–29) „hat alles in Ordnung gebracht“ (διεκόσμησε, V. 28), dafür gesorgt, dass die Gegensätze des Kosmos „im Einklang sind“ (ὁμολογῆσαι, V. 33) und damit den Erhalt (σωτηρίαν) für alles bewerkstelligt (VV. 33–34). „Ursache dieses [d. h. des Erhalts] ist (zwar) der Einklang der Elemente (ἡ τῶν στοιχείων ὁμολογία), (Ursache) des Einklangs (ist) aber der gleiche Anteil (ἡ ἰσομοιρία) und dass nichts von denen mehr vermag als ein anderes“ (396 b 34–397 a 1).35 Es gibt einen Gleichgewichts­zustand (τὴν […] ἴσην ἀντίστασιν ἔχει, 397 a 1): „Das Gleiche ist (zwar) Erhalter […] des Einklangs, der Einklang (ist) aber (Erhalter) des […] Kosmos“ (τὸ ἴσον σω­στικόν […] ἐστιν ὁμονοίας, ἡ δὲ ὁμόνοια τοῦ […] κόσμου, VV. 3–5).36 Die Einheit des Kosmos besteht also im Einklang der kosmischen Gegensätze.37 (s. 391 b 17: ἄστρα, „Sterne“; vgl. Thom, Cosmic Order, 59 Anm. 33). Zum „Monotheismus“ des mund. bemerkt Thom, Cosmotheology, 115: „De mundo is more strictly ‚monotheistic‘ than the Platonic and Neopythagorean texts [d. h. der frühen Kaiserzeit]; in De mundo one single god, acting through his power, is the cause of everything that happens in the cosmos“ (Hervorhebung von Thom). 33 Für mund. s. bes. 401 a 12–401 b 29. 34 Vgl. zur kosmischen Einheit im Sinne der von Gott bewirkten Harmonie von Gegensätzen und der Mischung der Elemente Schönberger, Aristoteles, 35–36. Nach Strohm, Aristoteles, 326, ist dieser Harmoniebegriff nicht mit dem Aristotelismus im Einklang. 35 Vgl. zur Gleichheit bzw. gleichen Stärke der gegensätzlichen Elemente Strohm, Aristoteles, 327, und Schönberger, Aristoteles, 36. 36 Vgl. zum Gleichgewicht bzw. Equilibrium der gegensätzlichen Elemente Strohm, Aristoteles, 327–328; Schönberger, Aristoteles, 36. Vgl. zu 396 b 23–397 a 5 bes. Thom, Cosmotheology, 111: „harmony (ἁρμονία) is depicted […] as an active force that has arranged (διεκόσμησεν) the composition of the universe by means of the mixture of opposite principles. It is described as a power (δύναμις) pervading all things, a power that set every­ thing in order. It has created (δημιουργήσασα) the whole cosmos from diverse elements and compelled them into agreement. The agreement (ὁμολογία) or concord (ὁμόνοια) between the opposing elements results from the equality or equilibrium enforced by the cosmic power, which thus ensures preservation (σωτηρία) for the whole“. 37 Vgl. auch 399 a 14–18: „Gott dirigiert das All“ (τοῦ τὸ σύμπαν διέποντος θεοῦ) wie

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6. Pseudo-Aristoteles, De mundo

Ähnliches gilt für die lebende Natur: Vielleicht aber sehnt sich (γλίχεται) die Natur (ἡ φύσις) nach Gegensätzen (τῶν ἐναντίων) und bringt aus diesen Symphonie (τὸ σύμφωνον) zustande (ἀποτελεῖ), nicht aus gleichen Dingen (οὐκ ἐκ τῶν ὁμοίων) – wie sie auch ganz gewiss das Männliche (τὸ ἄρρεν) mit dem Weiblichen (πρὸς τὸ θῆλυ) zusammengebracht hat (συνήγαγε) und nicht jedes von beiden zu dem Gleichartigen – und hat den ersten Einklang (τὴν πρώτην ὁμόνοιαν) durch Gegensätze (διὰ τῶν ἐναντίων) zusammengefügt (συνῆψεν), nicht durch gleiche Dinge (οὐ διὰ τῶν ὁμοίων) (396 b 7–11).

Einheit in der Natur besteht also in der Symphonie der natürlichen Gegensätze.38 Einheit ist ausdrücklich keine Uniformität. Dies gilt auch für die menschliche Gesellschaft: „Eine Polis […] setzt sich zusammen aus gegensätzlichsten Klassen (vgl. πόλιν […] συνεστηκυῖα ἐκ τῶν ἐν­αντιωτάτων ἐθνῶν), ich meine aus armen und reichen, jungen und alten, schwachen und starken, schlechten und guten Menschen“ (396 b 1–2). „Bürgerliche Eintracht […] bringt eine Disposition aus vielen und eine gleiche (Disposition) aus ungleichen zustande“ (vgl. πολιτικῆς ὁμονοίας […] ἐκ πολλῶν μί­αν καὶ ὁμοίαν ἐξ ἀνομοίων ἀποτελεῖν διάθεσιν, 396 b 4–6). Einheit in der menschlichen Gesellschaft besteht also in der Eintracht zwischen verschiedenen Arten von Menschen.39 Von Gleichschaltung ist nicht die Rede. Nach De mundo sind Gegensätze konstitutiv. Nach Eph werden Gegensätze beziehungsweise Unterschiede, die im kosmi­ schen, menschlichen und (kirchlich-)gesellschaftlichen Bereich existieren auf einer höheren Ebene überbrückt. Nach Eph 1,10 gilt in Christus die kosmische Zweiheit „Himmel und Erde“ als aufgehoben.40 Zugleich gilt die kos­mische Zweiheit als schöpfungsgemäß. Letzteres zeigt sich daran, dass die Redewendung „im Himmel und auf der Erde“ (ἐπὶ τοῖς οὐρανοῖς καὶ […] ἐπὶ τῆς γῆς, Eph 1,10) eine Anspielung auf die Schöpfungsgeschichte in Gen 1–2 zu sein scheint (s. a. Eph 1,4, wo von der καταβολὴ κόσμου, „Grundlegung der Welt“, die Rede ist).41 In der Haustafel in Eph 5,21–6,9 ist die Perspektive, dass Männer und Frauen, Kinder und Eltern, Sklaven und Herren alle Christus beziehungsweise dem himmlischen Herrn untergeordnet sind (s. bes. Eph  5,21–22 und 6,9).42 Chorleiter, die „mit verschiedenen Stimmen, höheren und tieferen, eine stimmige Harmonie zusammenstellen“ (ἐν διαφόροις φωναῖς ὀξυτέραις καὶ βαρυτέραις μίαν ἁρμονίαν ἐμμελῆ κε­ραν­νύντων). Nach Reale / Bos, Trattato, 335 Anm. 286, wird hiermit (nochmals) hervorgehoben, dass Gott die Grundlage der Harmonie der Gegensätze ist. 38 Vgl. zur Symphonie der Gegensätze in der Natur u. a. Reale / Bos, Trattato, 303 Anm. 186. 39 Vgl. zur gesellschaftlichen Einheit im Sinne von Eintracht zwischen Verschiedenen u. a. Schönberger, Aristoteles, 35. 40 Vgl. bes. Kol 1,20. 41 Vgl. u. a. Lindemann, Epheserbrief, 64. 42 Eph  5,21–22 basiert auf Kol  3,18, ändert aber „wie es sich geziemt im Herrn“ (ὡς ἀν­ῆκεν ἐν κυρίῳ) in „wie dem Herr“ (ὡς τῷ κυρίῳ), d. h. „wie“ man sich „dem Herrn unter-

6.4 Einheit in der Vielheit

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Zugleich werden die in der damaligen Gesellschaft allgemein geltenden Verhältnisse zwischen Männern und (ihren) Frauen, Kindern und Eltern, Sklaven und Herren anerkannt; von Gleichstellung ist nicht die Rede.43 In diesem Zusammenhang wird wieder auf die Schöpfungsordnung angespielt: In Eph 5,31 wird Gen 2,24 LXX zitiert.44 Das Zitat beziehungsweise die Redewendung „die zwei [d. h. Mann und Frau] werden ein Fleisch werden“ wird in V. 32 zwar ekklesiologisch (um)gedeutet (d. h. bezogen auf Christus und die Kirche),45 die Anspielung auf die Schöpfungsgeschichte scheint aber zu implizieren, dass der Unterschied zwischen Mann und Frau schöpfungsgemäß ist.46 ordnet“. Eph 6,9 basiert auf Kol 3,25–4,1, ein auffälliger Unterschied ist aber, dass in Eph nicht „ihr wisst, dass auch ihr [d. h. ihr, Herren der Sklaven] einen Herrn im Himmel habt“ (εἰ­δότες ὅτι καὶ ὑμεῖς ἔχετε κύριον ἐν οὐρανῷ), sondern „ihr wisst, dass sowohl ihrer als auch eurer Herr [d. h. der eine Herr der Sklaven und der Herren] im Himmel ist“ (εἰδότες ὅτι καὶ αὐτῶν καὶ ὑμῶν ὁ κύριός ἐστιν ἐν οὐρανοῖς) steht, womit betont wird, dass alle (genannt werden Sklaven und Herren) dem gemeinsamen himmlischen Herrn untergeordnet sind. 43 Eph sagt nicht aus, dass es „nicht mehr Männlich und Weiblich“ gibt (οὐκ ἔνι ἄρσεν καὶ θῆλυ, Gal 3,28; vgl. τὸ ἄρρεν […] τὸ θῆλυ, mund. 396 b 9). Für Tanzer, Ephesians, 340–342, ist die fehlende Gleichstellung ein Argument, dass Eph 5,22–6,9 eine spätere Interpolation ist. Sie bemerkt: „5:22–6:9 is clearly not about equals but about hierarchy; it does not break down dividing walls but rather establishes them and teaches one to live within those hierarchical bounds. This seems to clash fundamentally with a very key theme in Ephesians, even allowing for the possibility that the household code has a social agenda whereas what is said about Jews and Gentiles may not. One might argue that the author of Ephesians wanted to protect the hierarchical social order of husbands and wives, parents and children, and masters and slaves and to distinguish it from what he said about equal access through Christ for Jew and Gentile. But […] this doesn’t appear likely“ (S. 341). 44 Das Zitat kommt in Kol nicht vor. 45 Diese ekklesiologische Deutung von Gen 2,24 LXX kommt m. W. in der frühesten christlichen Literatur nur hier vor. 46 Anders Tanzer, Ephesians, 338–339: „there are really several ways of understanding ‚for what reason‘ [ἀντὶ τούτου, Eph 5,31] a man and a woman become one flesh in marriage according to the context of the Genesis text. The most obvious reason is given in the verses immediately preceding (Gen 2:21–23), which recount the creation of the woman from the man’s rib […]. It is this primeval unity of man and woman that marriage replicates and to which v. 24 points. […] Gen 2:24 by itself does not seem explicitly to undergird the exhortation to wives to subordinate themselves to their husbands. On the other hand, the larger Genesis context (2:18–25) does underscore the idea of the authority of the husband over the wife that is found in the Ephesians household code: God decides to create woman as a ‚help­ er‘ for man, and because she is taken ‚out of man‘ she is derived from him. Man is allowed to name her (as he did the animals) and so has authority over her“ (Hervorhebung vom Vf., MG). Tanzer bemerkt dazu noch: „marriage (between Christ and church and between husband and wife) creates a new, single entity and strives for unity as the ideal“ (S. 339). Gegen Tanzers Auslegung spricht, dass nach Eph Christus und die Kirche keine uniforme Entität formen, sondern, dass Christus das Haupt des Leibes, der Kirche, ist (s. hier bes. Eph 5,23). Dementsprechend ist es unwahrscheinlich, dass gemeint ist, dass Mann und Frau durch die Ehe zu ihrer „Ur-Einheit“ zurückkehren; der Unterschied zwischen Mann und Frau wird nicht aufgehoben.

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6. Pseudo-Aristoteles, De mundo

Nach Eph 2,11–21 gilt der Gegensatz zwischen Juden und Heiden in Christus als aufgehoben; die beiden formen als (an Christus) Glaubende eine neue Einheit gegenüber Nicht-Glaubenden. Zugleich gilt der Unterschied zwischen Juden(christen) und Heiden(christen) als eine Gegebenheit. Anders als Kol sagt Eph nicht aus, dass es „nicht mehr Grieche oder Jude“ gibt (οὐκ ἔνι Ἕλλην καὶ Ἰουδαῖος, Kol 3,11; vgl. Gal 3,28).47 Eine wesentliche Übereinstimmung zwischen Eph und De mundo ist die Vorstellung, dass in der göttlichen Ordnung Gegensätze Existenzrecht haben. Der eine Gott garantiert Einheit in der Vielheit.48 Gegensätze werden auf einer höheren Ebene in einer neuen Einheit überwunden. Eine wichtige Differenz zwischen den beiden Texten ist, dass nur De mundo darlegt, dass das, was ungeordnet zu sein scheint, der göttlichen Ordnung entspricht: „Selbst die seltsamen Phänomene dessen [d. h. des Kosmos] vollziehen sich ordnungsgemäß“ (Τούτου καὶ αἱ παράδοξοι νεοχμώσεις τεταγμένως ἀποτελοῦνται, 397 a 19–20), sie bringen das Ganze in Harmonie (vgl.  εἰς ὁμόνοιαν ἄγει τὸ πᾶν, VV. 23– 24). Auf Erden „passieren“ solche (scheinbar chaotischen) Phänomene (wie Erdbeben, Überschwemmungen und Großbrände, VV. 28–29) „zu ihrem [d. h. der Erde] eigenen Vorteil“ (αὐτῇ πρὸς ἀγαθοῦ γινόμενα) und „sorgen für den ewigen Erhalt“ (τὴν δι᾽ αἰῶνος σωτηρίαν παρέχειν, VV. 30–31).49 Solche Phänomene „bringen Zerstörungen und Erzeugungen für (das) Einzelne, halten aber das Ganze unzerstörbar und unerzeugt“ (τοῖς μὲν ἐπὶ μέρους φθορὰς καὶ γε­νέ­σεις φέρουσαι, τὸ δὲ σύμπαν ἀνώλεθρόν τε καὶ ἀγένητον φυλάττουσαι, 396 a 30–32).50 Alles dient dem Erhalt des Ganzen. „Ein […] Erhaltungsprinzip 47 Eph  übernimmt von Kol  3,10–12 fast alles (mit Änderungen), nicht aber ὅπου οὐκ ἔνι Ἕλλην καὶ ᾽Ιουδαῖος (und nicht βάρβαρος, Σκύθης bzw. οἰκτιρμοῦ). Für Kol 3,10 vgl. Eph 4,23–24 (und für εἰς ἐπίγνωσιν Eph 1,17; 4,13); für V. 11 Eph 2,11 (ἀκροβυστία […] περι­τομῆς), 6,8 (δοῦλος […] ἐλεύθερος) und 1,23 (τὰ πάντα ἐν πᾶσιν – in Bezug auf Christus) und für V. 12 Eph 4,24 (ἐνδύσασθαι, s. a. ἐνδύσασθε in 6,11), 5,1 (οὖν […] ὡς […] ἀγα­ πητά), 1,4 (ἐξελέξατο […] ἁγίους – in Bezug auf Gott), 4,32 (χρηστοί, εὔσπλαγχνοι) und 4,2 (ταπεινοφροσύνης καὶ πραΰτητος, μετὰ μακροθυμίας). 48 Zum Thema „Einheit in der Vielfalt“ in Eph vgl. u. a. Lindemann, Epheserbrief, 82: „Der Verfasser des Epheserbriefes fügt [in Eph 4,16] gegenüber Kol. 2,19 betont einen ausführlichen Hinweis auf ‚jeden einzelnen‘ ein […]. Er betont also die Vielfalt in der Einheit“ (Hervorhebung von Lindemann). 49 Nach Strohm, Aristoteles, 332, steht hier die Weltewigkeitslehre im Vordergrund. Die genannten irdischen Phänomene sind nur scheinbar chaotisch: „(Die) Erde und die Dinge auf Erden scheinen, da sie am weitesten von dem Einfluss Gottes entfernt sind, schwach, inkongruent und voll von vieler Verwirrung zu sein“ (γῆ τε καὶ τὰ ἐπὶ γῆς ἔοικεν, ἐν ἀποστάσει πλείστῃ τῆς ἐκ θεοῦ ὄντα ὠφελείας, ἀσθενῆ καὶ ἀκατάλληλα εἶναι καὶ πολλῆς μεστὰ τα­ ραχῆς, 397 b 30–32). Je weiter etwas von Gott entfernt ist, umso weniger ist Gottes Einfluss (ὠφέλεια, „Hilfe“) merkbar (VV. 34–36), da Gott auf alles „in abgestufter Stärke“ (s. Schön­ berger, Aristoteles, 37) einwirkt. Gott bzw. das Göttliche wirkt aber wohl auf alles ein (ἐπὶ πᾶν, V. 33). 50 Nach Reale / Bos, Trattato, 301–302 Anm. 180, wird hier die Ewigkeit der Welt vorausgesetzt.

6.5 Menschliche Einsicht in die göttliche Zielsetzung

195

[…] hält das Ganze für immer unvergänglich instand“ (μία […] σωτηρία […] φυ­λάττει τὸ σύμπαν ἄφθαρτον δι᾽ αἰῶνος, 397 b 5–8).51

6.5 Menschliche Einsicht in die göttliche Zielsetzung Ein letzter Berührungspunkt zwischen beiden Schriften ist der Gedanke, dass der Mensch mit seiner Vernunft das Göttliche verstehen kann und soll. In Eph 5,17 heißt es: „Werdet nicht unverständig (ἄφρονες), sondern versteht (συνίετε), was der Wille des Herrn (τὸ θέλημα τοῦ κυρίου) ist.“52 Nach Pseudo-Aristoteles ist Gott „unsichtbar, nur nicht fürs Denkvermögen“ (ἀόρατος ὢν ἄλλῳ πλὴν λογισμῷ, 399 a 31).53 Er schreibt: „Und mit (dem) göttlichen Auge der Seele (θείῳ ψυχῆς ὄμματι) erfasst (καταλαβομένη) sie [d. h. die Seele] die göttlichen Dinge (τὰ θεῖα) und interpretiert (προφητεύουσα) (die­se) für die Menschen“ (391 a 15–16).54 Subjekt ist hier die Seele (ἡ […] ψυ­χή, V. 11), die „mittels (der) Philosophie, den Verstand als Leiter nehmend“ (διὰ φι­λο­ σοφίας, λαβοῦσα ἡγεμόνα τὸν νοῦν, VV. 11–12) Zugang zur himmlischen Region (VV. 9–10) hat.55 Als Gegensatz werden die „unvernünftigen“ (ἀνόητοι) Aloaden genannt (VV. 10–11), die Riesen, die nach der griechischen Mythologie die Berge Ossa (vgl. V. 21) und Pelion auf den Olymp stapeln wollten, um den Himmel zu erreichen.56 Mit „lasset uns theologisieren“ (θεο­λογῶμεν, 391 b 4) ruft der Verfasser seinen fiktiven Adressaten Alexander (391 a 1) und mithin seine Rezipienten auf, das Verhältnis zwischen dem Göttlichen und dem Kosmos zu reflektieren (391 b 3–8).57 Damit fordert er zu Kosmotheologie auf.58 Es liegt nicht völlig fern, Eph 4,6 als (ekklesiologisch angewendete) kosmotheologische Anspielung zu sehen.

51 Auch

hier steht nach Strohm, Aristoteles, 333, die Weltewigkeitslehre im Fokus. bes. Röm 2,18–20 und 12,2. 53 Zum mente-sola-Gedanken vgl. Strohm, Aristoteles, 343–344 (mit Parallelen). 54 Zum Motiv der göttlichen Seelenauge vgl. Strohm, Aristoteles, 276 (mit Parallelen). Vgl. auch Thom, Cosmic Order, 58 Anm. 6 (s. o.). 55 Näheres zum Gedanken, dass nur der Verstand und deswegen nur die Seele Zugang zur himmlischen Region hat bei Reale / Bos, Trattato, 245 Anm. 11 (mit Parallelen). 56 Nach Strohm, Aristoteles, 274–275, sind die Aloaden „Symbol für das falsche, gottlos zu Werke gehende Vordringen zum Naturgeheimnis“ (S. 274). Anders Reale / Bos, Trattato, 245, nach denen die unvernünftige Vorgehensweise der Aloaden, die mit physischen Mitteln versuchten den Himmel zu erreichen, der philosophischen Vorgehensweise (mit dem νοῦς) gegenübergestellt wird. 57 Vgl. dazu bes. Thom, Cosmic Order, 58 Anm. 12: „‚Theologize‘ is used in th[e] sense [of] […] discussing the relationship between the divine principle and the cosmos.“ 58 Thom, Cosmotheology, 109, spricht in diesem Zusammenhang von „cosmotheology“. 52 Vgl.

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6. Pseudo-Aristoteles, De mundo

6.6 Ergebnis Es gibt zwischen dem pseudo-aristotelischen Werk Über die Welt und Eph deutliche Berührungspunkte: Beide besagen, dass das Göttliche, sei es die göttliche δύναμις (mund.), oder Gott Vater (Eph), διὰ πάντων ist, obwohl dies in De mundo das All, in Eph dagegen die Gläubigen betrifft. In beiden Texten gilt Gott als Urheber / Schöpfer, Ordner und Erhalter des Alls. Gott steht über allem / allen; zugleich ist das Göttliche in allem / allen präsent. Gott ist einer und der Welt zugewandt. Gegensätze und Unterschiede im kosmischen sowie im zwischenmenschlichen Bereich werden für konstitutiv gehalten. Gott wird gesehen als derjenige, der für Einheit in der Vielheit sorgt. Auch wird die Auffassung vertreten, dass die menschliche Einsicht die göttliche Zielsetzung verstehen kann und soll. Diese und andere Gemeinsamkeiten machen es plausibel, dass in beiden Schriften eine gemeinsame kosmotheologische Tradition verarbeitet wird.

7. Epheser 4,6 und die stoische Tradition: Kleanthes, Zeushymnus Auch Kleanthes’ Hymnus auf Zeus weist auffällige Ähnlichkeiten mit Eph 4,6 und dem größeren Kontext des Eph auf. Einführend lässt sich über Kleanthes’ Zeushymnus in aller Kürze Folgendes sagen:1 Kleanthes (ca. 331 / 330–230 / 229 v. Chr.), der stoische Philosoph und Nachfolger des Zenon als zweites Schulhaupt der Stoa (ab 262 / 261 v. Chr.), ist nach wissenschaftlichem Konsens der tatsächliche Verfasser des Hymnus.2 Der Titel „Zeushymnus“ (῞Υμνος εἰς Δία) ist dagegen ein modernes Konstrukt.3 Die Entstehungszeit ist strittig, wird aber um 280 v. Chr. angegeben.4 Das Lied gilt als eine der wichtigsten Schriften der älteren Stoa.5 Kleanthes bringt in seinem Werk aber nicht bloß „die Lehre“ der stoischen Schule, sondern verbindet vielerlei Ideen mit seiner eigenen Philosophie, die zwar vom stoischen Gedankengut geprägt, dennoch nicht immer damit im Einklang ist.6 Der Text ist ein religiöser Kulthymnus mit einer philosophisch-pädagogischen Funktion: Auf der einen, religiösen Kommunikationsebene des Hymnus (Dichter – Zeus) preist Kleanthes Zeus’ Ordnung des Alls; auf der anderen, philosophisch-pädagogischen Kommunikationsebene (Dichter  – Adressaten) will er seinen Rezipienten sagen, dass sie in Übereinstimmung mit Zeus’ Ordnung leben sollen.7 1 Für eine umfassende Einleitung in Kleanthes’ Zeushymnus vgl. Johan C. Thom, Clean­ thes’ Hymn to Zeus. Text, Translation, and Commentary (Studien und Texte zu Antike und Christentum 33), Tübingen: Mohr Siebeck 2006, 1–29, an den ich mich hier anlehne. 2 Näheres zur Verfasserschaft bei Thom, Cleanthes’ Hymn, 2–7. 3 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 7. Der Text ist nur überliefert in Stob. anth. 1.1.12 aus dem 5. Jahrhundert und zwar in einem einzelnen Ms. aus dem 14. Jahrhundert (Neapolitanus Farnesinus III D 15 Folio 3 Rekto und Verso, s. Thom, Cleanthes’ Hymn, 27–28.32–33). Sto­ baios nennt den Autor „Kleanthes“, den Titel „Zeushymnus“ aber nicht (vgl. Thom, Clean­ thes’ Hymn, 7). 4 Für die (spekulative) Abfassungszeit des Zeushymnus vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 6–7. 5 Vgl. Günther Zuntz, Zum Kleanthes-Hymnus, in: Harvard Studies in Classical Philology 63 (1958), 289–308, 289; Thom, Cleanthes’ Hymn, 1. Kleanthes’ Zeushymnus ist die einzige altstoische Schrift, die mehr oder weniger vollständig überliefert ist. 6 Näheres zur philosophiegeschichtlichen Verortung bei Thom, Cleanthes’ Hymn, 9–10. 20–27.43.60 mit Anm. 84. 7 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 11.13. Näheres zur Gattungsbestimmung und Funktion des Textes bei Thom, Cleanthes’ Hymn, 7–27.

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7. Kleanthes, Zeushymnus

7.1 Wie Gott alles übersteigt, durchwaltet und für Einheit sorgt Kleanthes’ Aussagen über Zeus und seine Ordnung zeigen einige signifikante Überschneidungen mit Eph 4,6 und dessen Kontext auf. Das in Eph 4,6 verwendete Syntagma διὰ πάντων hat eine wörtliche Parallele in V. 12 des Zeushymnus. Kleanthes spricht in diesem Zusammenhang vom „Blitzschlag“ (κε­ ραυ­νός, V. 10), mit dem Zeus „alle Werke der Natur“ (φύσεως πάντ᾽  ἔργα, V. 11) leitet und „mit dem Du [d. h. Zeus] den universalen Logos lenkst, der alles durchdringt“ (ᾧ συ κατευθύνεις κοινὸν λόγον, ὃς διὰ πάντων φοιτᾷ, V. 12–13).8 Nach dieser Vorstellung wirkt Zeus indirekt auf die Natur (V. 11) beziehungsweise auf alles (V. 12) ein. Der Blitzschlag ist Zeus’ Werkzeug, mit dem er alles gestaltet und den alles durchdringenden Logos lenkt.9 Zeus sorgt durch diese seine Medien dafür, dass das Universum in Harmonie ist (VV. 7–8). Zeus wird dabei nicht mit dem Logos identifiziert.10 Der wichtigste Unterschied mit Eph 4,6 ist, dass der Logos (nicht der eine Gott) διὰ πάντων 8 Der Text des Zeushymnus wird zitiert nach Thom, Cleanthes’ Hymn, 34–39. Die Übers. sind meine eigenen. 9 Der Blitzschlag (κεραυνός, V. 10; τοῦ […] ὑπὸ πληγῆς, „durch dessen Schlag“, V. 11) hat als Zeus’ „Diener“ (ὑποεργός, V. 9) eine implementierende bzw. lenkende bzw. schöpfende Funktion (vgl. bes. Thom, Cleanthes’ Hymn, 72–83; vgl. auch Ernst Neustadt, Der Zeus­hymnos des Kleanthes, in: Hermes 66 [1931], 387–401, 390; Max Pohlenz, Kleanthes’ Zeus­hymnus, in: Hermes 75 [1940], 117–123, 119–120; Gérard Verbeke, Kleanthes van Assos [Verhandelingen van de Koninklijke Vlaamse Academie voor Wetenschappen, Letteren en Schone Kunsten van België. Klasse der Letteren 11 / 9], Brüssel: Paleis der Academiën 1949, 244; Kurt Sier, Zum Zeushymnos des Kleanthes, in: Peter Steinmetz [Hg.], Beiträge zur hellenistischen Literatur und ihrer Rezeption in Rom [Palingenesia 28], Stuttgart: Steiner 1990, 93–108, 98). Die Redewendung „ feuriger, immerwährender Blitzschlag“ (πυρόεντα ἀει­ζώντα κεραυνόν, V. 10) verweist vermutlich nach Heraklits „immerwährendem Feuer“ (πῦρ ἀείζωον, s. Herakl. Frgm. 51), das in der stoischen Tradition als das göttliche „gestaltende Feuer“ (πῦρ τεχνικόν) verstanden wird (vgl. Neustadt, Zeushymnos, 396; Pohlenz, Zeushymnus, 119; Verbeke, Kleanthes, 237.244; Thom, Cleanthes’ Hymn, 77). Außerdem ist der Begriff „Schlag“ (πληγή, V. 11) womöglich zu verstehen im Zusammenhang mit den verwandten Begriffen „Schläger“ (πλῆκτρον) und „schlagend“ (πλήσσων), welche Kleanthes nach Clem. Al. strom. 5.8.48.1 für die Sonne verwendet, die als „Plektrum“ (πλῆκτρον) durch ihre Strahlen „den Kosmos schlägt“ (πλήσσων τὸν κόσμον) und so „in einen harmonischen Gang“ (εἰς τὴν ἐναρμόνιον πορείαν) bringt (vgl. dazu Thom, Cleanthes’ Hymn, 78–79). 10 Kleanthes verwendet zwar die typisch stoischen Ausdrücke κοινὸν λόγον (V. 12) und διὰ πάντων φοιτᾷ (VV. 12–13), identifiziert aber nicht, wie andere Stoiker, den alles durchdringenden Logos mit Zeus. Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 20–21.50–51.85–88). Anders Neu­stadt, Zeushymnos, 389–390: „Zeus [ist] […] παγκρατής [V. 1], weil er als λόγος das All durchwaltet“; „Kleanthes […] nennt den Allgott, der als Vernunft die Welt lenkt […], Zeus“ (S. 400); Verbeke, Kleanthes, 245: „Zeus wordt hier [in V. 12] dus voorgesteld als een transcendente god die met behulp van de bliksem geheel de ontwikkeling van het wereldgebeuren bepaalt. Deze vergelijking mag […] niet te letterlijk worden begrepen, aangezien Kleanthes de godheid vereenzelvigt met de immanente levensstroom die de wereld bezielt“ (Hervorhebung vom Vf., MG).

7.1 Wie Gott alles übersteigt, durchwaltet und für Einheit sorgt

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ist.11 In V. 14 aber nennt Kleanthes Zeus „höchsten König durch alles“ (ὕπατος βασιλεὺς διὰ παντός).12 Für die Übersetzung von διὰ παντός mit „durch alles“ sprechen die terminologische Ähnlichkeit mit διὰ πάντων in V. 12 und der stoische Gedanke, dass Gott sowohl alles übersteigt (vgl. „höchster König“) als auch alles durchdringt (vgl. „durch alles“). So betrachtet ist ὕπατος βασιλεὺς διὰ παντός ein Anklang an die stoische Lehre, die „Theismus“ und „Pantheismus“ kombiniert.13 Die beiden Dimensionen, also Gottes „Hoheit“ und „Eindringen“, kommen sowohl in Eph als auch im Zeushymnus vor. Die erste Dimension wird in Eph 4,6 mit ἐπὶ πάντων ausgedrückt: Gott übertrifft alle (d. h. alle Gläubigen).14 Im Zeushymnus kommt ἐπὶ πάντων nicht vor. Thematisch vergleichbar ist aber vor allem die Aussage: „Das ganze […] Universum […] gehorcht, wohin auch immer Du [d. h. Zeus] führst, und wird auch bereitwillig von Dir geleitet“ (πᾶς […] κόσμος […] πείθεται ᾗ κεν ἄγῃς, καὶ ἑκὼν ὑπὸ σεῖο κρατεῖται, VV. 7–8).15 Gemeint ist aus einer geozentrischen Perspektive die geordnete Bewegung der Himmelskörper um die Erde herum.16 „Unter dir“ (ὑπὸ σεῖο) drückt die Un­ terordnung des Universums unter Zeus aus und ist damit ein Pendant zu ἐπὶ πάντων. Die zweite Dimension wird in Eph 4,6 mit διὰ πάντων καὶ ἐν πᾶ­σιν zum Ausdruck gebracht: Gott durchwaltet alle Gläubigen und ist in allen Gläubigen wirksam.17 Der Zeushymnus setzt eine pantheistische Perspektive voraus (s. o.). 11 Ein anderer Unterschied ist die allgemeine Perspektive des Zeushymnus gegenüber der ekklesiologischen Perspektive des Eph: Im Zeushymnus bezieht sich διὰ πάντων auf alles (nicht auf die Glaubenden) und steht der Einklang des Alls (nicht der Kirche) im Blick. 12 Ähnlich Patrice Cambronne, L’universel & le singulier. L’hymne à Zeus de Cléanthe. Notes de lecture, in: Révue des études anciennes 100 (1998), 89–114, 91: „disséminant Ta ro­yauté sublime par tout l’univers“. Eine andere Übers. bzw. Interpretation des διὰ παντός bieten Verbeke, Kleanthes, 235 (Übers. Johannes D. Meerwaldt: „aleeuwig“); Zuntz, Kleanthes-Hymnus, 296 (paraphrasierend: „alles-bestimmende[r]“); Reinhold Glei, Der Zeushymnus des Kleanthes. Ansätze zu einer philosophischen Theo-Logie, in: Ludwig Hagemann / Ernst Pulsfort (Hg.), „Ihr alle aber seid Brüder.“ FS für Adel Theodor Khoury zum 60. Geburtstag (Religionswissenschaftliche Studien 14), Würzburg /Altenberge: Echter / Telos 1990, 577–597, 597 („über alles“); Sier, Zeushymnos, 99 (temporal); Thom, Cleanthes’ Hymn, 40.92 („for ever“). 13 Für die stoische Kombination des Pantheismus und Theismus vgl. Keimpe Algra, Stoic Theology, in: Brad Inwood (Hg.), The Cambridge Companion to the Stoics, Cambridge: Cambridge University Press 2003, 153–178, 167–168. 14 Vgl. bes. Röm 9,5: ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός. In Röm 9,5 und Eph 4,6 bezieht sich ἐπὶ πάν­ των nicht auf Gottes „Transzendenz“. 15 Für Zeus’ Übermacht s. a. z. B. die Epitheta „immer Allmächtiger“ (παγκρατὲς αἰεί, V. 1) und „Leiter / Begründer / Urgrund der Natur / Welt“ (φύσεως ἀρχηγέ, V. 2) sowie die Redewendungen „Zeus […] mit [deinem] Gesetz alles regierend“ (Ζεῦ […] νόμου μέτα πάντα κυ­βερνῶν, V. 2) und „alles regierst Du“ (πάντα κυβερνᾷς, V. 35). 16 Vgl. Verbeke, Kleanthes, 243; Sier, Zeushymnos, 99; Thom, Cleanthes’ Hymn, 70. 17 Vgl. ἐν πᾶσιν (Eph 4,6) mit ἐν ἡμῖν in Eph 3,20–21: „Dem [d. h. Gott] aber, der die Kraft hat ganz über alle Maßen über alles hinaus (mehr) zu tun, (als) was wir bitten oder

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7. Kleanthes, Zeushymnus

Kleanthes schreibt also einerseits (in V. 12), dass es der Logos ist, der alles durchwaltet, ohne Zeus mit dem Logos zu identifizieren, andererseits (in V. 14), dass Zeus selbst als höchster König alles durchwaltet. Im Hintergrund steht eine Spannung zwischen der Transzendenz und Immanenz des Zeus.18 In V. 12 wirkt der transzendente Zeus indirekt durch den immanenten Logos; in V. 14 ist Zeus sowohl transzendent als auch immanent. In beiden Versen verbindet das „Durchwalten“ (διὰ πάντων bzw. διὰ παντός) die Transzendenz und die Immanenz des Zeus; es drückt die Wirksamkeit des Zeus in der Welt aus. Zeus bewirkt die Einstimmigkeit des Alls. Die Idee, dass die Gottheit über allem / allen steht, alles / alle durchwaltet und für Einklang sorgt, ist eine wesentliche Übereinstimmung mit Eph 4,6 bis auf die universale Perspektive des Zeushymnus im Gegensatz zur ekklesiologischen Perspektive des Eph.

7.2 Die Vorherrschaft des einen Gottes Die Gottesbilder beider Schriften weisen noch mehr Gemeinsamkeiten vor. Es ist zwar so, dass Eph 4,6 den Monotheismus voraussetzt (s. εἷς θεός),19 wohingegen der Zeushymnus die Existenz anderer Götter neben Zeus annimmt (s. ἀθανάτων in V. 1 und θεοῖς in V. 39), Kleanthes neigt aber zum „Zeus-Monotheismus“ hin.20 Das Primat des Zeus gegenüber anderen Göttern wird unter anderem mit dem Epitheton „Vornehmster aller Unsterblichen“ (κύδιστ᾽ ἀθα­ νά­των, V. 1) angedeutet.21 Auf die Vorherrschaft des Zeus weist auch das Epitheton „immer Allmächtiger“ (παγκρατὲς αἰεί, V. 1) hin, wobei αἰεί darauf hindeuten könnte, dass Zeus der einzige Gott ist, der ewig ist.22 Schließlich drückt denken nach der Kraft, die in uns wirkt (κατὰ τὴν δύναμιν τὴν ἐνεργουμένην ἐν ἡμῖν), ihm sei die Herrlichkeit […].“ Vgl. dazu Eph 1,19: „Was die übertreffende Größe seiner [d. h. Gottes] Kraft an uns, den Gläubigen (τῆς δυνάμεως αὐτοῦ εἰς ἡμᾶς τοὺς πιστεύοντας), [ist] gemäß der Wirksamkeit (ἐνέργειαν) der Macht (κράτους) seiner Stärke (ἰσχύος).“ Vgl. auch bes. 1 Kor 12,6: ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν. 18 Nach Verbeke, Kleanthes, 239, meint Kleanthes, dass Zeus sowohl transzendent als auch immanent ist, das heißt, vor allem immanent und in gewissem Sinne transzendent (S. 243). 19 Vgl. bes. 1 Kor 8,6: εἷς θεὸς ὁ πατήρ. 20 Vgl. Fritz Graf, Art. Zeus, in: Dictionary of Deities and Demons in the Bible2 (1999), 934–940, 938: „Already in Homer (much more than in actual cult), Zeus had reached a nearly overpowering position. During the classical and hellenistic age, religious thinkers developed this into a sort of ‚Zeus monotheism‘. […] Its main document is the hymn to Zeus by the Stoic philosopher Cleanthes […]. This marks the high point of a development – other gods, though briefly mentioned, become insignificant besides universal Zeus.“ 21 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 45: „Cleanthes perhaps wants to emphasize the preeminence of Zeus amongst the gods, that is, that he is the culmination of deity.“ 22 Vgl. Neustadt, Zeushymnos, 389: „κύδιστος ἀθανάτων ist Zeus, weil er ewig, die Un­sterblichkeit der andern Götter durch die ἐκπύρωσις begrenzt ist“; Verbeke, Kleanthes, 237: „Zeus wordt aangesproken als de roemrijkste onder de goden, omdat hij alleen eeuwig

7.3 Der Mensch als μιμητής beziehungsweise μίμημα Gott Vaters

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auch die Aussage, dass es „für Sterbliche oder für Götter“ (θεοῖς, V. 39) nichts Besseres gibt als „immer [das] universale Gesetz (κοινὸν … νόμον) [d. h. das universale Gesetz Gottes / des Zeus, θεοῦ κοινὸν νόμον, V. 24] in Gerechtigkeit zu preisen“ (VV. 38–39) die Superiorität des Zeus aus.23

7.3 Der Mensch als μιμητής beziehungsweise μίμημα Gott Vaters In beiden Schriften wird die Gottheit als „Vater“ angedeutet (s. πατήρ in Eph 1,2.3.17; 2,18; 4,6; 5,20 und 6,23; vgl. πάτερ in V. 34 des Zeushymnus).24 Dabei wird auch die Verwandtschaft zwischen Gott und den Menschen beleuchtet. Nach dem Verfasser des Eph hat Gott die Gläubigen („uns“) zur Sohnschaft vorherbestimmt (προορίσας ἡμᾶς εἰς υἱοθεσίαν, Eph 1,5) und sollten die Glaubenden „Nachahmer Gottes als geliebte Kinder“ werden (μιμηταὶ τοῦ θεοῦ ὡς τέκνα ἀγαπητά, Eph  5,1).25 Aus seiner „christlichen“ Perspektive betont der Verfasser des Eph die Verwandtschaft zwischen Gott dem Vater und den is; de onsterfelijkheid immers van de andere goden is beperkt door de ἐκπύρωσις“; Thom, Cleanthes’ Hymn, 45: „Zeus […] is the only eternal god; the others originate and end with the cycle of the cosmos, when everything is consumed by fire and then regenerated“ und 47: „[παγ­κρατὲς αἰεί] indicates the eternal omnipotence of the Stoic deity (Zeus is the only deity to survive the conflagration, and therefore eternal).“ 23 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 161: „Stoics did not deny the existence of other gods be­ sides Zeus, but they definitely occupied a lower rank. It is not unconceivable that θεοῖς here refers to the celestial bodies who willingly conform to the order Zeus laid down in nature (cf. vv. 7–8, 13).“ 24 Für Eph vgl. bes. 1 Kor 8,6: εἷς θεὸς ὁ πατήρ. Für den Zeushymnus vgl. Thom, Clean­ thes’ Hymn, 20: „Zeus is [d. h. in Kleanthes’ Zeushymnus] not treated as some abstract, philosophical principle; on the contrary, he is presented in rather personalist and theistic terms as the king and ruler of the world; a divine father from whom all human beings have their origin and to whom they can turn for help; a god who can correct our mistakes; someone with whom we can communicate, and to whom we have an obligation.“ Nach Verbeke, Kleanthes, 250, ist mit der Vaterschaft des Zeus etwas anders gemeint als mit Gottes Vaterschaft in der christlichen Tradition: (erstens) „in het kader van het stoïcijns traducianisme zal Zeus, als vereenzelvigd met het scheppende pneuma, vader van de mensen worden genoemd, omdat ieder van hen een vonkje van het goddelijk vuur in zich draagt“; (zweitens) „het vaderschap van Zeus [is] niet zozeer een uitdrukking […] van de goddelijke liefde voor de mensen, maar wel van de alles beheersende goddelijke almacht.“ Glei, Zeushymnus, 590, richtet sich gegen die Idee, dass Kleanthes’ Zeushymnus ein „personales“ Gottesbild impliziert: „Denn was ist der Zeus des Kleanthes? Es ist kein personaler Gott […], es ist nicht der Gott des Mythos […], es ist der Gott der Philosophen […]: Es ist der Logos selbst. Kleanthes bittet den Logos um den Logos, d. h. er bittet überhaupt nicht, sondern sucht sich des Göttlichen in sich selbst zu versichern“ (Hervorhebung vom Vf., MG). 25 Für υἱοθεσία vgl. Gal 4,5; Röm 8,15.23 und 9,4. Für μιμέομαι κτλ. vgl. bes. 1 Thess 1,6: ὑμεῖς μιμηταὶ ἡμῶν ἐγενήθητε καὶ τοῦ κυρίου. Vgl. zur Mimesis Gottes, welches Motiv expressis verbis in der neutestamentlichen Literatur nur in Eph  5,1 vorkommt, bes. Sellin,

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7. Kleanthes, Zeushymnus

Gläubigen und meint, dass die Gläubigen als Kinder Gottes dem Vater selbst entsprechen sollen.26 Aus einer „allgemeinmenschlichen“ Perspektive schreibt Kleanthes: „Denn wir [d. h. wir Sterbliche, V. 3, oder von allen Lebewesen nur wir Menschen, V. 5] haben [unsere] Herkunft von Dir [d. h. Zeus] aus, sind ein Abbild Gottes“ (ἐκ σοῦ γὰρ γένος ἐσμὲν / γενόμεσθα μίμημα λαχόντες, V. 4).27 Nach Kleanthes ist der Mensch Geschlechtsgenosse und Abbild des Zeus. Im Hintergrund steht der Gedanke, dass der Mensch wegen seiner Vernunft teil am göttlichen Logos hat.28 Das göttliche Element in allen Menschen ist der Logos; der Mensch ist damit Abbild des Göttlichen. Bei diesem thematischen Vergleich beider Schriften fällt die terminologische Ähnlichkeit zwischen den Begriffen μίμημα in V. 4 des Zeushymnus und μιμηταί in Eph  5,1 besonders auf.

7.4 Gott bewirkt Einheit In beiden Schriften wird thematisiert, dass Gott im kosmischen sowie im menschlichen Bereich für Einheit sorgt. In Eph 1,9–10 steht: Er [d. h. Gott] hat uns das Geheimnis seines Willens gemäß seinem Wohlgefallen bekanntgemacht, den er in ihm [d. h. in Christus] vorlegte, dass das Ganze zur Durchführung der Fülle der Zeitpunkte in Christus vereint wird, das im Himmel und das auf der Erde in ihm. … (10) εἰς οἰκονομίαν τοῦ πληρώματος τῶν καιρῶν, ἀνακεφαλαιώσασθαι τὰ πάντα ἐν τῷ Χριστῷ, τὰ ἐπὶ τοῖς οὐρανοῖς καὶ τὰ ἐπὶ τῆς γῆς ἐν αὐτῷ. Imitatio und Ders., Eph 5,1–2. Vgl. zum Mimema des Menschen im Zeushymnos bes. Konrad Gaiser, Das besondere ΜΙΜΗΜΑ des Menschen bei Kleanthes, in: Hermes 96 (1968), 243–247. 26 Vgl. dazu u. a. Lindemann, Epheserbrief, 23. 27 Ausführlich zur textuellen Krux Verbeke, Kleanthes, 240–241; Zuntz, KleanthesHym­nus, 292–294; Glei, Zeushymnus, 592–594; Sier, Zeushymnos, 96–98; Thom, Clean­ thes’ Hymn, 54–66. Sowohl die Lesart γένος ἐσμέν (so Zuntz, Kleanthes-Hymnus, 294; Gaiser, ΜΙΜΗΜΑ, 243) bzw. εἰμέν als auch die Emendation γενόμεσθα (so Sier, Zeushym­ nos, 97) oder γενόμεσθ᾽ (so Verbeke, Kleanthes, 241; Glei, Zeushymnus, 595–596) meint übersetzt „wir haben [unsere] Herkunft“ (vgl. dazu Thom, Cleanthes’ Hymn, 64). Für die Frage, ob hier eine literarische Abhängigkeit von Arat. phaenomena 5 a (τοῦ [d. h. Διὸς] γὰρ καὶ γένος εἰμέν) vorliegt (und ob Apg 17,28 von jener Stelle oder sowohl von Aratos als auch von Kleanthes abhängig ist), vgl. bes. Thom, Cleanthes’ Hymn, 6–7.65. Die Lesart θεοῦ ist eine Konjektur für ἤχου (wegen des Versmaßes, vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 55; Pohlenz, Zeushymnus, 118, Verbeke, Kleanthes, 241, Cambronne, L’hymne à Zeus, 89, und Glei, Zeushymnus, 592–596, lassen dagegen ἤχου stehen; Neustadt, Zeushymnos, 390, liest ὅλου; Zuntz, Kleanthes-Hymnus, 294, ἄνωθε [und νόημα statt μίμημα]; Gaiser, ΜΙΜΗΜΑ, 246, ὄχου; Sier, Zeushymnos, 97, νόμου usw. usf.; Thom, Cleanthes’ Hymn, 55–56, listet 27 Konjekturen auf). Die Redewendung μίμημα λαχόντες, „eine Kopie bekommen habend“, kann auch „eine Kopie seiend“ meinen (vgl. dazu Thom, Cleanthes’ Hymn, 65–66). 28 Vgl. dazu bes. Thom, Cleanthes’ Hymn, 64.67; vgl. auch Neustadt, Zeushymnos, 390; Zuntz, Kleanthes-Hymnus, 293–294; Gaiser, ΜΙΜΗΜΑ, 247; Sier, Zeushymnos, 96.

7.4 Gott bewirkt Einheit

203

Das Verb ἀνακεφαλαιόω ist hier zu verstehen im Sinne von „zu einem Ganzen vereinen“.29 Gemeint ist, dass die kosmische Zweiheit „Himmel und Erde“ als aufgehoben gilt. „Im Himmel und auf der Erde“ (ἐπὶ τοῖς οὐρανοῖς καὶ […] ἐπὶ τῆς γῆς) könnte wohl eine Anspielung auf die Schöpfung sein, da im direkten Kontext von der „Grundlegung der Welt“ gesprochen wird (καταβολῆς κόσ­ μου, Eph 1,4).30 Die ἀνακεφαλαίωσις könnte wohl so gemeint sein, dass Gott („in Christus“) die Situation von vor der Schöpfung, das heißt, den Anfangszustand ohne kosmische Zweiheit, wiederhergestellt hat.31 Gemeint ist nicht, dass Gott alles dem Haupt Christus untergeordnet hat, sondern, dass Gott alles in Christus zu einem Ganzen vereinigt hat.32 Auch nach dem Zeushymnus hat 29 Für (ἀνα)κεφαλαιόω im Sinne von „zu einem Ganzen vereinen“ vgl. Aristot. m. mor. 2.9.1 = 1207 b (die Übers. ist meine eigene): „Nachdem wir ja aber über jede der Tugenden im Einzelnen gesprochen haben, dürfte es wohl übrig sein, dass wir darüber sprechen, wie wir jedes Einzelne allgemein zusammenfassen und zu einem Ganzen vereinen“ (ἐπειδὴ δὲ ὑπὲρ ἑκάστης τῶν ἀρετῶν κατὰ μέρος εἰρήκαμεν, λοιπὸν ἂν εἴη καθόλου συνθέντας τὰ καθ᾽ ἕκαστα κεφαλαιωσαμένους εἰπεῖν). Aristot. spricht dabei von einer Gesamttugend, die alle Einzeltugenden zusammenfügt. Dafür verwendet er den Begriff ἡ καλοκἀγαθία (aus καλός und ἀγαθός; 2.9.2 = 1207 b). Das Wort καλοκἀγαθία vereinigt die einzelnen Tugenden zu einer umfassenden Gesamttugend. Vgl. auch Nikolaos von Damaskus Frgm. 130.26.95 (die Übers. ist meine eigene): „Ein Mann [Caesar], der im Westen so weit wie Britannien und den Ozean kam und im Osten zu den Parthern und Indern gehen wollte, damit, mit auch diesen als Untertanen, die Mächte jedes Landes und Meeres zu einem Herrschaftsbereich vereinigt werden würden (εἰς μίαν ἀρχὴν κεφαλαιωθείη γῆς πάσης καὶ θαλάττης τὰ κράτη).“ Gegen u. a. Heinrich Schlier, Art. ἀνακεφαλαιόομαι, in: Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament 3 (1938), 681–682, 682, der meint, dass nach Eph 1,10 „das All sein κεφάλαιον, seine abschließende, zusammenfassende und sich selbst (im Haupte!) wiederholende Summe [erhält]“. Diese Interpretation der ἀνακεφαλαίωσις ist verwirrend, da „Zusammenfassung“ und „Summe“ durcheinander bzw. nebeneinander verwendet werden. Eine Zusammenfassung ist aber eine Wiederholung von Hauptpunkten; eine Summe dagegen das Ergebnis einer Addition, eines Zusammenzählens. 30 Vgl. dazu u. a. Lindemann, Epheserbrief, 64. 31 Diesen Gedanken gibt es m. W. in der frühesten christlichen Literatur nur in Eph. Die Aussagen in Kol 1,16.20, „in ihm [d. h. im Sohn Gottes] wurde alles im Himmel und auf der Erde geschaffen“ (ἐν αὐτῷ ἐκτίσθη τὰ πάντα ἐν τοῖς οὐρανοῖς καὶ ἐπὶ τῆς γῆς) und „[es gefiel Gott] durch ihn alles zu versöhnen auf ihn hin“ (δι᾽ αὐτοῦ ἀποκαταλλάξαι τὰ πάντα εἰς αὐ­τόν) drücken nicht den gleichen Gedanken aus. Außerdem kommt ἀνακεφαλαιόω in Kol nicht vor (vgl. im Neuen Testament nur Röm 13,9). 32 Gegen Schlier, ἀνακεφαλαιόομαι, 682: „Die Zusammenfassung des Alls geschieht in seiner Unterordnung unter das Haupt [d. h. Christus].“ Erstens ist ἀνακεφαλαιόω nicht von „Haupt“ (κεφαλή) abzuleiten. Zweitens ist fraglich, wie Christus Haupt des Alls und zugleich das All in Christus zusammengefasst sein kann. Drittens folgt aus Eph nicht, dass Christus Haupt des Alls ist. Christus ist Haupt der ἐκκλησία (vgl. Eph 4,15 und 5,23). Dasselbe ist auch in Eph 1,22–23 gemeint: „Und alles hat er [d. h. Gott] unter seine [d. h. Christi] Füße gelegt und ihn als Haupt über alles hinaus (ὑπὲρ πάντα) der ἐκκλησία gegeben, die sein Leib ist, [der] die Fülle dessen [ist], der alles in allem erfüllt“ (vgl. Gerber, Braut, 205–208). Das Syntagma ὑπὲρ πάντα, das in Eph nur in 1,22 und 3,20 vorkommt, meint nicht „über“, sondern „über alles hinaus“ bzw. „vor allem“, s. Eph 3,20–21: „Dem [d. h. Gott] aber, der die

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7. Kleanthes, Zeushymnus

Gott alles zu einem zusammengebracht: „Denn auf diese Weise hast Du [d. h. Zeus] alles zu einem zusammengefügt (εἰς ἓν πάντα συνήρμοκας), gute Dinge zusammen mit bösen Dingen (ἐσθλὰ κακοῖσιν [V. 20]), so dass ein immerwährender Logos des Alls entsteht (ἕνα γίγνεσθαι πάντων λόγον αἰὲν ἐόντα [V. 21]).“33 In beiden Werken ist es die Gottheit, die Zusammengehörigkeit zustande bringt. In Eph sorgt der eine Gott für kosmische Einheit (Eph 1,10) und formt die Basis der Einheit unter den Glaubenden (Eph 4,3–6). Kleanthes schreibt direkt vor dem oben genannten V. 20: „Du [d. h. Zeus] aber weißt auch die Exzesse (τὰ περισσά) in Einklang (ἄρτια) zu bringen und Unordnungen (ἄκοσμα) zu ordnen (κοσμεῖν) und was Dir nicht lieb ist (οὐ φίλα σοί), wird Dir lieb sein (φίλα ἐστίν)“ (VV. 18–19).34 Bei den drei Gegensätzen geht es um eine Störung der Weltordnung (s. den Stamm κοσμ-), die Zeus wiederherstellen wird: Exzesse werden in Einklang gebracht, Unordnungen geordnet, Nichtgeliebte zu Geliebten gemacht.35 Beim Gegensatz „geliebt“ versus „nicht geliebt“ stehen diejenigen, die Zeus’ Ordnung folgen, gegenüber denjenigen, die Zeus’ OrdKraft hat ganz über alle Maßen über alles hinaus / mehr (ὑπὲρ πάντα) zu tun, (als) was wir bitten oder denken […], ihm sei die Herrlichkeit […].“ Eph 1,22–23 meint, dass Christus alles, auch die ἐκκλησία, vollständig erfüllt und dass ihm alles, auch die ἐκκλησία, untergeordnet ist. Gegenüber allem anderen ist die ἐκκλησία aber ausgezeichnet: Nur die ἐκκλησία ist der Leib des Hauptes Christus (vgl. Gerber, Braut, 206.218). Zwischen dem Haupt (Christus) und dem untergeordneten Leib (der ἐκκλησία) besteht also eine exklusive Beziehung (vgl. Gerber, Braut, 206; s. a. Eph 5,31–32). Über ein mögliches Verhältnis zwischen dem unter Christi Füßen gelegten All (eine Raum-Metapher) und dem Leib Christi, der ἐκκλησία (eine Leib-­Metapher), wird nichts gesagt (vgl. Gerber, Braut, 206). Gesagt wird nur, dass Christus über allem steht, alles erfüllt und Haupt der ἐκκλησία ist, die als sein Leib das von ihm Erfüllte ist (anders u. a. Mayer, Sprache, 60, die meint, dass aus Eph 1,22–23 folgt, dass die ἐκ­κλησία eine kosmische Größe ist). Beim Verb ἀνακεφαλαιόω in Eph 1,10 ist also nicht mitgedacht, dass Christus „Haupt des Alls“ ist. 33 Eine ähnliche Übers. bieten u. a. Glei, Zeushymnus, 597, und Thom, Cleanthes’ Hymn, 40. 34 Für die Interpretation des Gegensatzes τὰ περισσὰ […] ἄρτια vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 101–104. Im Hinblick auf den direkt folgenden Gegensatz κοσμεῖν […] ἄκοσμα (ordnen vs. Unordnungen) ist τὰ περισσά wahrscheinlich im Sinne von „exzessiv“ / „nicht in Über­einstimmung (mit Zeus’ Ordnung)“ und ἄρτια im Sinne von „im Einklang“ / „in Übereinstimmung (mit Zeus’ Ordnung)“ zu verstehen. Vgl. Sol. Frgm. 4, Z. 32: εὔκοσμα καὶ ἄρτια. Zu εὔκοσμα kommentiert Maria Noussia-Fantuzzi (Hg.), Solon the Athenian, the Poetic Fragments (Mnemosyne Supplements 326), Leiden / Boston, MA: Brill 2010, 261: „We should […] consider Solon’s εὔκοσμα as the designation of the correct order of every ele­ment of society, and resist the temptation to see an ethical / aesthetical appreciation implied in it“; und zu ἄρτια (S. 262): „ἄρτιος […] conveys here the idea of compactness and internal structural agreement [d. h. in Bezug auf die Gesellschaft, S. 262–263]“. Für die Übers. des φίλα ἐστίν mit „lieb werden“ vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 106–107. Da es bei den zwei vorangehenden Gegensätzen auch um eine Änderung von A in B geht, ist ἐστίν vermutlich im Sinne von „werden“ zu verstehen (vgl. γίγνεσθαι in V. 21). 35 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 104.

7.4 Gott bewirkt Einheit

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nung nicht nachkommen.36 Der eine Gott (Eph) beziehungsweise Zeus (Zeushymnus) realisiert Einklang im kosmischen und im menschlichen Bereich. In beiden Werken macht die Gottheit Zweiheit zu Einheit. Nach Eph 1,10 hat Gott mit der ἀνακεφαλαίωσις die Zweiheit „Himmel und Erde“ zu einem Ganzen gemacht.37 Nach Kleanthes hat Zeus den Gegensatz zwischen guten und bösen Dingen weggenommen und alles zu einem zusammengefügt (V. 20). „Gut“ (ἐσθλά) sind die Dinge, die in Übereinstimmung mit dem göttlichen, universalen Prinzip sind, „schlecht“ (κακά) die Dinge, die nicht dem universalen Prinzip entsprechen.38 Zeus vereinigt alles so, dass alles in Einklang mit der Weltordnung gebracht wird (VV. 18–20).39 Die Verse 18–20 sollten nicht im Sinne einer coniunctio oppositorum verstanden werden, nach welcher Gegensätze Aspekte von Einheit auf einer höheren Ebene sind.40 Nach Kleanthes ist es nicht so, dass Zeus Gegensätze integriert beziehungsweise umfasst, sondern ausgleicht, also eine positive Änderung vollzieht.41 Sowohl nach Eph als auch Kleanthes macht die Gottheit Zweiheit zu Einheit. In beiden Schriften besteht ein Spannungsfeld bezüglich der Frage, ob Ein­heit schon da ist oder zur Entfaltung gelangt. In Eph ist die Perspektive prä­sentisch-eschatologisch. Eph 1,10 ist wahrscheinlich im folgenden Sinne zu verstehen: Auf der außerweltlichen, außerzeitlichen Ebene hat Gott alles im Himmel und auf der Erde zu einem Ganzen vereinigt; auf der weltlichen, zeitlichen Ebene steht die Synthesis noch aus.42 Die ἀνακεφαλαίωσις gilt „in 36 Vgl.

Thom, Cleanthes’ Hymn, 107. auch Eph 2,14: Christus Jesus „machte die beiden [d. h. Juden und Heiden] eins (τὰ ἀμφότερα ἕν)“; 15: „um die beiden (τοὺς δύο) in ihm zu einem neuen Menschen (εἰς ἕνα καινὸν ἄνθρωπον) zu schaffen“; 16: „er versöhnte die beiden in einem Leib (τοὺς ἀμφοτέρους ἐν ἑνὶ σώματι)“; 18: „denn durch ihn haben wir beide in einem Geist (οἱ ἀμφότεροι ἐν ἑνὶ πνεύ­ματι) den Zugang zum Vater“ und 5,31–32, wo der Vf. des Eph „die zwei werden ein Fleisch (οἱ δύο εἰς σάρκα μίαν) sein“ (V. 31) auf Christus und die Kirche hindeutet (V. 32). 38 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 109. Vgl. vor allem VV. 21–22, wo von den „Schlechten“ (κακοί, vgl. κακά in V. 20) gesagt wird, dass sie den Logos meiden, mit VV. 24–25, wo „ein gutes Leben“ (βίον ἐσθλόν, vgl. ἐσθλά in V. 20) zusammenhängt mit Gehorsamkeit an Gottes universales Gesetz. 39 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 108. 40 Vgl. Sier, Zeushymnos, 104–105; Thom, Cleanthes’ Hymn, 22–24.99.101. Gegen Verbeke, Kleanthes, 247: „de godheid [verbindt] tegenstrijdige bestanddelen met elkaar […] tot een harmonisch geheel.“ Zur coniunctio oppositorum vgl. z. B. Herakl. Frgm. 77 (die Übers. ist meine eigene): „Gott ist Tag und Nacht, Winter und Sommer, Krieg und Frieden, Sattheit und Hunger“ (ὁ θεὸς ἡμέρη εὐφρόνη, χειμὼν θέρος, πόλεμος εἰρήνη, κόρος λιμός) und Epikt. diss. 1.12.16 (die Übers. ist meine eigene): „Er [d. h. Gott] aber hat bestimmt, dass Sommer und Winter, Überfluss und Mangel, Tugend und Böses und alle solchen Gegensätze da sind zugunsten der Harmonie des Ganzen“ (διέταξε δὲ θέρος εἶναι καὶ χειμῶνα καὶ φορὰν καὶ ἀφορίαν καὶ ἀρετὴν καὶ κακίαν καὶ πάσας τὰς τοιαύτας ἐναντιότητας ὑπὲρ συμφωνίας τῶν ὅλων). 41 Vgl. dazu Sier, Zeushymnos, 105; Thom, Cleanthes’ Hymn, 99–107. 42 Vgl. dazu u. a. Schnackenburg, Epheser, 60: „Was in der zeitüberlegenen Welt Gottes 37 Vgl.

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7. Kleanthes, Zeushymnus

(dem) Christus […] in ihm“ (ἐν τῷ Χριστῷ […] ἐν αὐτῷ, Eph 1,10), das heißt, „in“ dem von Gott von den Toten auferweckten und im Himmel eingesetzten Christus (Eph 1,20), also „außerweltlich“.43 Die ἀνακεφαλαίωσις hängt zusammen mit „(der) Durchführung der Fülle der Zeitpunkte“ (εἰς οἰκονομίαν τοῦ πλη­ρώματος τῶν καιρῶν, Eph  1,10). Der Bezug auf das Christusgeschehen weist darauf hin, dass die „Durchführung“44 schon stattgefunden hat: Mit dem Christusgeschehen sind die Zeitpunkte zum Abschluss gekommen.45 Die Zeitpunkte wurden erfüllt und die Erfüllung der Zeitpunkte durchgeführt.46 Die ἀνα­κεφαλαίωσις ist also „außerzeitlich“. Außerweltlich und außerzeitlich gilt die kosmische Zweiheit „Himmel und Erde“ als aufgehoben; auf der weltlichen, zeitlichen Ebene aber noch nicht. Auch die Einheit der Kirche ist „schon“ und „noch nicht“ da: Eph sagt einerseits aus, dass die Glaubenden die von Gott präfigurierte Einheit (ἑνότης) (nur) „wahren“ können (τηρεῖν, Eph 4,3), andererseits, dass alle zur Einheit „hingelangen“ sollen (μέχρι καταντήσωμεν οἱ πάντες, Eph 4,13). Die Perspektive des Zeushymnus kennt ein ähnliches Spannungsfeld: Das Perfekt συνήρμοκας in V. 20 („Du [d. h. Zeus] hast alles zu einem zusammengefügt“) kontrastiert mit der Änderungsidee in den vorangehenden Versen (VV. 18–19) und mit dem Verb γίγνεσθαι („entstehen“) im folgenden Vers (V. 21). Dies könnte wohl so ausgelegt werden, dass die Zusammenfügung des Alls schon da, noch nicht aber vollendet ist: Zeus’ Plan („Vorsehung“) ist noch nicht völlig verwirklicht („Schicksal“).47 Hier sollte auch noch auf die paradoxale Aussage hingewiesen werden, dass ein „immerwährender“ (αἰὲν ἐόντα) Logos „entsteht“ (γίγνεσθαι): Einerseits ist der Logos schon immer da, andererseits wird der Logos realisiert, ist er das Ergebnis (ὥσθ᾽) von Zeus’ einheitsstiftender Aktivität.48 Auch hier ist vermutlich die Perspektive, dass das, was vorgebereits Realität ist, soll sich in der zeitgebundenen irdisch-geschichtlichen Welt durch die Kirche enthüllen und realisieren.“ 43 In Eph  1,20 steht nach der Redewendung ἐν τῷ Χριστῷ (vgl. Eph  1,10), dass Gott Christus aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten im Himmel eingesetzt hat. 44 Für οἰκονομία im Sinne von „Durchführung“ vgl. Eph 3,2.9. 45 Anders u. a. Franz Mussner, Die Geschichtstheologie des Epheserbriefes, in: Studi­ o­rum paulinorum congressus internationalis catholicus 1961, Bd. 2 (Analecta biblica 18), Rom: Päpstliches Bibelinstitut 1963, 59–63, 61: „[D]ie Anakephalaiosis […] ist schon im Gang […] und sie führt einst [d. h. mit Christi Parousia] zur Fülle der Zeiten, d. h. zum Ab­schluss und zur Vollendung der Geschichte.“ Für die Idee, dass die Zeitpunkte zum Abschluss gekommen sind, vgl. z. B. Gal 4,4, wo Paulus schreibt: „Als aber die Fülle der Zeit (τὸ πλήρωμα τοῦ χρόνου) kam, sandte Gott seinen Sohn“ und Mk 1,15, wo Jesus sagt: „Erfüllt ist die Zeit (πεπλήρωται ὁ καιρός) und nahe ist das Reich Gottes.“ 46 Die Genitive πληρώματος und καιρῶν sind m. E. beide je als Genitivus objectivus zu verstehen. 47 Vgl. dazu Thom, Cleanthes’ Hymn, 109, der darauf hinweist, dass ein Perfekt gegenwärtig einen zukünftigen Zustand darstellen kann: „the groundwork has been laid for a continuous and still open-ended process“. 48 Vgl. dazu Thom, Cleanthes’ Hymn, 107.112.

7.5 Die Unbeständigkeit der Menschen

207

sehen ist und vorliegt, im Laufe der Zeit verwirklicht wird.49 Relevant ist, dass nach Eph und auch nach dem Zeushymnus die von der Gottheit vorgegebene Einheit zur Entfaltung gelangt.

7.5 Die Unbeständigkeit der Menschen Beide Autoren gehen davon aus, dass der Mensch vom göttlichen Plan abweichen kann. Die Unbeständigkeit der Menschen wird in Eph 4,13–15, wie bereits besprochen wurde, wie folgt thematisiert: Bis wir alle hingelangen zur Einheit (ἑνότητα) des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes […], damit wir nicht mehr unmündige Kinder (νήπιοι) seien, von den Wogen hin und her geworfen (κλυδωνιζόμενοι) und hin- und hergetrieben (περιφερόμενοι) von jedem Wind der Lehre in einem Würfelspiel (κυβείᾳ) der Menschen, im Betrügerischen zur Arglist des Irrtums (ἐν πανουργίᾳ πρὸς τὴν μεθοδείαν τῆς πλάνης), sondern wahrhaftig in Liebe in allem wachsen zu ihm, der das Haupt ist, Christus.50

Glaubende („wir“) können der von Gott vorgegebenen Einheit entweder entsprechen oder sie verlieren (vgl. Eph 4,3). Dabei steht die Einheit der Kirche im Mittelpunkt. Spaltung geht gegen die göttliche Ordnung. Der Verfasser des Eph betont, dass Menschen wankelmütig sind, Gott aber seinen Plan durchsetzen wird: Gott „bewirkt alles nach dem Ratschluss seines Willens“ ([κατὰ πρό­θεσιν τοῦ] τὰ πάντα ἐνεργοῦντος κατὰ τὴν βουλὴν τοῦ θελήματος αὐτοῦ, Eph 1,11). Auch im Zeushymnus wird die Unbeständigkeit der Menschen thematisiert. Nach Kleanthes findet nichts ohne Zeus statt, weder auf Erden (V. 15), noch im (göttlichen)51 himmlischen Bereich oder im Meer (V. 16) „mit Ausnahme von dem, was auch immer [die] Bösen (κακοί) tun in ihren eigenen törichten Handlungen (ἀνοίαις)“ (V. 17). Die Bösen sind diejenige, die ohne Zeus sind (s. σοῦ δί­χα, V. 15; vgl. ἄθεοι in Eph 2,12) und töricht handeln (s. ἀνοίαις, V. 17). Die zwei Aspekte sind äquivalent: Wer ohne Zeus ist, lebt ohne die Ratio, ist also töricht.52 Die Bösen sind schlecht, da sie wegen ihrer Torheit nicht dem gött49 S. Thom, Cleanthes’ Hymn, 111: „God’s eternal Plan is put into effect in time.“ Diese Perspektive nimmt nicht weg, dass die Idee, dass der Logos (kontinuierlich) realisiert wird (γίγνεσθαι könnte ein duratives Präsens sein, vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 107.110), nicht übereinstimmt mit der stoischen Lehre, nach welcher der Logos das ontologische, alles durchdringende und vereinigende Prinzip ist (vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 107.112). 50 Für κλυδωνίζομαι vgl. Jes 57,20 LXX (vgl. V. 19 mit Eph 2,13.17). Für περιφερόμε­ νοι παντὶ ἀνέμῳ vgl. bes. Jud 12. Κυβεία ist im Neuen Testament ein Hapaxlegomenon und kommt in der Septuaginta nicht vor. Für πανουργία vgl. bes. 2 Kor  4,2. Μεθοδεία kommt im Neuen Testament nur noch in Eph 6,11 vor, in der Septuaginta nicht. Für πλάνη vgl. bes. 1 Thess 2,3; 2 Petr 2,18; 3,17 und 1 Joh 4,6. 51 Himmelskörper werden als göttliche Wesen gesehen (vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 71.94). 52 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 97.

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7. Kleanthes, Zeushymnus

lichen Logos (VV. 21–22) beziehungsweise Gesetz (V. 24) beziehungsweise der Natur (V. 17) folgen.53 Über die Bösen schreibt Kleanthes: „Den [d. h. den Lo­gos, V. 21] lassen so viele der Sterblichen, die schlecht (κακοί) sind, beiseite (ἐῶσιν), indem sie fliehen (φεύγοντες)“ (V. 22), „sie hasten sich (ὁρμῶσιν) ohne Rücksicht auf Gutes, jeder zu etwas anderem (ἄλλος ἐπ᾽ ἄλλα)“ (V. 26), „sie werden getragen (φέρονται), mal zu diesem, mal zu jenem (ἄλλοτε δ᾽ ἄλ­λα)“ (V. 30). Die Verben φεύγοντες (V. 22), ὁρμῶσιν (V. 26) und φέρονται (V. 30) drücken die Wankelmütigkeit der bösen Menschen aus.54 Dabei gibt φέ­ρονται an, dass die Bösen sich in ihrem Leben von externen Faktoren bestimmen lassen (vgl. περιφερόμενοι in Eph 4,14).55 Die Bösen können von der göttlichen Ordnung abweichen, da Zeus’ Plan („Vorsehung“) und der Verlauf der Ereignisse („Schicksal“) im menschlichen Bereich nicht immer zusammenfallen; Zeus aber wird alles definitiv mit der göttlichen Ordnung in Einklang bringen.56 Die Vorstellungen des Eph und des Zeushymnus stimmen insofern 53 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 97–98.115–116 (Zitat auf S. 98): „The ‚bad people‘ disturb Zeus’ rule because they ignore the rationality inherent in the world-order.“ 54 Vgl. bes. Thom, Cleanthes’ Hymn, 113–116.130. 55 Für die Interpretation des φέρονται im Zeushymnus vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 140– 141. Vgl. auch Carmen aureum 58 a (ἄλλοτ᾽ ἐπ᾽ ἄλλα φέρονται). 56 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 98: „Cleanthes distinguishes between the (low level) out­come of events to which bad people contribute, and the (high level) divine plan which is only intent on the good and which will ensure that everything (eventually) turns out for the best.“ Problem ist, dass nach der Stoa (1) Zeus sowohl die „Vorsehung“ als auch das „Schick­sal“ ist und (2) der Mensch als Teil der universalen Kausalitätskette gesehen wird (vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 10.72). Wie können die Bösen frei von der Kausalitätskette sein (vgl. die Guten!)? Vgl. Sen. epist. 107.11: „Das Schicksal leitet den Wollenden, den Nichtwollenden schleppt es mit“ (Ducunt volentem fata, nolentem trahunt). Rainer Nickel, (Hg.), L. Annaeus Seneca, Epistulae morales ad Lucilium. Briefe an Lucilius, Lateinischdeutsch, Bd. 2 (Sammlung Tusculum), Düsseldorf: Artemis & Winkler 2009, 437, übersetzt hier: „Es führt mich das Schicksal, wenn ich es bejahe; wenn ich mich sträube, schleppt es mich fort.“ Nach Thom, Cleanthes’ Hymn, 22, wird der stoische Determinismus in Klean­ thes’ Zeushymnus nicht thematisiert; thematisiert wird, dass die Bösen für Unordnung sorgen, Zeus aber die Ordnung wiederherstellen wird. Ähnlich Sier, Zeushymnos, 102 Anm. 17, 105: „Die im stoischen System angelegte Frage, wie die Entstehung der κακία mit der Immanenz des Logos in der Welt vereinbar ist, wird von Kleanthes nicht aufgeworfen […]. Was die κακοί […] tun, löst das ausgleichende […] Wirken des Zeus aus, der die Dinge wieder ins Lot bringt und das Verkehrte in geordnete Bahnen zurücklenkt […]. Denn die Ordnung der Welt ist von der Art, daß der ὀρθὸς λόγος sich unfehlbar durchsetzt.“ Anders Pohlenz, Zeushymnus, 120: „Er [Gott] hat den Menschen die Willensfreiheit gegeben, und damit ist gesagt, daß sie auch gegen seinen Willen handeln können. […] Die Größe der Gottheit offenbart sich gerade darin, daß sie auch die aus dem freiwilligen Abfall erwachsene Schlechtheit für das Ganze zu nützen weiß“; Verbeke, Kleanthes, 246–247: „Kleanthes [spreekt] hier niet […] over de vrije menselijke beslissingen over het algemeen, maar enkel en alleen over de innerlijke op­standigheid tegenover de voorzienigheid. Deze houding wordt bestempeld als dwaasheid; zij is immers niet in staat iets te veranderen aan de noodzakelijke opeenvolging van de gebeurtenissen […]. [D]e opstandigheid van de slechten wordt door Zeus als een wezensbestand­deel opgenomen in de cosmische orde […]. Aldus heeft Zeus toch een zekere

7.5 Die Unbeständigkeit der Menschen

209

überein, dass der Mensch vorübergehend vom göttlichen Plan abweichen kann, Gott beziehungsweise Zeus aber endgültig seinen Plan durchsetzen wird. In beiden Schriften sind Einsicht in den göttlichen Plan und tugendhaftes Handeln miteinander verbunden. Nach Eph sollte man den Willen Gottes verstehen: „Darum werdet nicht unverständig (ἄφρονες), sondern versteht (συν­ ίετε), was der Wille des Herrn (τὸ θέλημα τοῦ κυρίου) ist“ (Eph 5,17).57 Unverstand und Unwissenheit gehen Hand in Hand mit einem heidnischen, von Gott verfremdeten Leben: Nach Eph sollten die Adressaten nicht mehr leben wie die Heiden (μηκέτι ὑμᾶς περιπατεῖν, καθὼς καὶ τὰ ἔθνη περιπατεῖ, Eph 4,17), „verfinstert im Verstand (ἐσκοτωμένοι τῇ διανοίᾳ) seiend, verfremdet vom Leben Gottes (ἀπηλλοτριωμένοι τῆς ζωῆς τοῦ θεοῦ) durch die in ihnen seiende Unwissenheit (τὴν ἄγνοιαν)“ (Eph 4,18).58 Kleanthes betet seinerseits: „Zeus […], befreie Menschen […] von verderblicher Unwissenheit (ἀπειροσύνης ἀπὸ λυγρῆς) […] und gib, dass sie Einsicht (γνώ­μης) erhalten (κυρῆσαι), auf die vertrauend Du (ᾗ πίσυνος σύ) mit Gerechtigkeit alles regierst (δίκης μέτα πάντα κυβερνᾷς)“ (VV. 32–35). Nach Kleanthes sind die meisten Menschen (s. den allgemeinen Begriff ἄνθρωποι, V. 33) unwissend und deshalb böse (vgl. V. 17: κακοὶ […] ἀνοίαις), da sie nicht die Gesetzmäßigkeiten des Universums (vgl. VV. 7–8.24.35.39) einsehen und nicht verstehen, dass sie in Übereinstimmung damit leben sollen.59 Die Einsicht (γνώμη), die der Mensch erhalten kann,60 kongruiert mit der göttliche Einsicht (γνώμη), dem göttlichen Leitprinzip (VV. 34–35).61 Einsicht und Einordnung in die Weltordnung sorgen für moralische Einsicht und moralisch richtiges Handeln.62 Unwissenheit und Unverstand verursachen moralisches Übel.63 Vorausgesetzt wird, dass es nur menschliches, kein kosmisches Übel gibt (vgl. bes. VV. 7–8.15–16 mit 17–39).64 macht over het kwaad, niet om het te beletten, maar om het in te schakelen in de cosmische orde. […] Aldus kan worden gezegd dat de éne goddelijke logos alles beheerst, niettegen­ staande dat er kwaad in de wereld wordt aangetroffen.“ 57 Vgl. bes. Röm 2,18–20; 12,2 und 1 Petr 2,15. 58 Für Unwissen in Kombination mit σκοτόω κτλ. vgl. Röm 1,21 und 2,19–20. Für τῇ δια­ νοίᾳ in Kombination mit ἀπαλλοτριόω vgl. Kol 1,21. 59 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 148.150.159. 60 Einsicht ist nach der Stoa nicht angeboren (vgl. dazu Thom, Cleanthes’ Hymn, 152). 61 Näheres zu γνώμη bei Glei, Zeushymnus, 585–591; Thom, Cleanthes’ Hymn, 153–155. 62 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 152–155. 63 Vgl. Thom, Cleanthes’ Hymn, 94–97. Nach Thom (S. 95–97) geht es im Zeushymnus nicht um die Theodizeefrage: „Cleanthes is not concerned […] to exculpate God for the evil that befalls humankind; he takes it for granted that God is not responsible for evil (and indeed, according to Stoic doctrine, cosmic evil does not exist). […] the aim is rather to explain the cause and consequences of human evil […]. God is not responsible for the bad things people do; they happen ‚outside‘ his plan.“ 64 Vgl. dazu Zuntz, Kleanthes-Hymnus, 298: „Kleanthes erkennt überhaupt nur das Sittlich-üble an.“ Vgl. dagegen bes. Eph 2,1–5; 4,17–19.25–31; 5,3–18 und 6,11–13.16.

210

7. Kleanthes, Zeushymnus

Eph und der Zeushymnus haben hier den Gedanken gemeinsam, dass, wer die göttliche Zielsetzung versteht und sich danach richtet (gehorsam ist), ein gutes Leben führt; wer dagegen den göttlichen Vorsatz nicht erfasst und nicht berücksichtigt (ungehorsam ist), sündigt (Eph) beziehungsweise böse ist (Zeushymnus).65 Dabei ist der Hinweis für die jeweiligen Adressaten, dass sie der von Gott vorgesehenen Einheit (Eph) beziehungsweise der von Zeus bestimmten Ordnung (Zeushymnus) entsprechen sollen.

7.6 Ergebnis Die Aussagen in Kleanthes’ Zeushymnus, dass Gottes Logos διὰ πάντων und Zeus διὰ παντός waltet, formen wesentliche Berührungspunkte mit Eph  4,6. Andere terminologische und konzeptuelle Ähnlichkeiten zwischen dem Zeushymnus und Eph sind die Idee, dass Gott im kosmischen sowie im menschlichen Bereich für Einheit sorgt, wobei in beiden Schriften ein ähnliches Spannungsfeld zwischen „schon“ und „noch nicht“ vorliegt, die Bezeichnung des Menschen als μιμητής (Eph) beziehungsweise μίμημα (Zeushymnus) Gottes und die Behauptung, dass der Mensch vorübergehend vom göttlichen Plan abweichen kann, Gott aber seinen Plan durchsetzen wird. Auch hier ist anzunehmen, dass beide Autoren auf eigene Weise gemeinsame Tradition bearbeiten und damit zusammenhängende Themen aktivieren. Wie weitverbreitet die Idee, dass Gott διὰ πάντων geht, in der Antike war, zeigt unter anderem Lukian von Samosata (ca. 120–180 n. Chr.), der seinen Spott mit dem stoischen Pantheismus treibt. Im Dialog Hermotimos, in dem Lukian einen Mann namens Lykinos den Stoikerschüler Hermotimos mit der Frage konfrontieren lässt, ob es sich lohnt, Philosophie zu studieren, wird unter anderem von einem Philosophielehrer erzählt (80–82), der einem jungen Schüler allerart stoische Verrücktheiten vermittelt, wie zum Beispiel „dass Gott (ὁ θε­ός) nicht im Himmel ist, sondern alles durchwaltet (διὰ πάντων πεφοίτηκεν), wie Bäume und Steine und Lebewesen, sogar die unbedeutendsten“.66 Um Lukians Satire zu verstehen, muss man die Vorstellung, dass Gott διὰ πάντων zieht, kennen. 65 Für „(Un)gehorsamkeit“ vgl. Eph 2,2 („Kinder des Ungehorsams [τῆς ἀπειθείας]“) mit VV. 7–8 und 25 des Zeushymnus („Dir […] gehorcht [πείθεται] […] der ganze Kosmos“; „dem [d. h. dem universalen Gesetz Gottes, V. 24] gehorchend [πειθόμενοι] […] würden sie [d. h. Sterbliche, wenn sie nicht böse wären] ein gutes Leben haben“). 66 S. Lukian. Hermotimos 81: ὡς καὶ ὁ θεὸς οὐκ ἐν οὐρανῷ ἐστιν ἀλλὰ διὰ πάντων πεφοί­ τηκεν, οἷον ξύλων καὶ λίθων καὶ ζῷων ἄχρι καὶ τῶν ἀτιμοτάτων. Die Übers. ist meine eigene. Hans Dieter Betz, Lukian von Samosata und das Neue Testament. Religionsgeschichtliche und paränetische Parallelen. Ein Beitrag zum Corpus Hellenisticum Novi Testamenti (Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur 76 [= 5. Reihe, Bd. 21]), Berlin: Akademie-Verlag 1961, 44.67.192.199.205.207, bespricht diese Stelle ausführlich, nicht aber in Verbindung mit Eph 4,6.

7.6 Ergebnis

211

Deswegen kann für diese Gottesvorstellung anhand der Stelle bei Lukian eine gewisse Verbreitung in der antiken Welt festgestellt werden. Außerdem ergibt sich von der Erzählung her, dass diese Gottesvorstellung nicht nur ein literarisches Thema, sondern auch ein Bildungsthema für Jugendliche war.

8. Epheser 4,6 und die hellenistischjüdische Tradition: Philo Auf die Nähe zwischen Eph und den Werken des Philo von Alexandrien (ca. 20 / 10 v. Chr.–45 n. Chr.)1 ist in der Literatur schon ausführlich hingewiesen worden.2 Philo gilt als der bedeutendste Denker des hellenistischen (alexandrinischen) Judentums, der großen Einfluss auf das Christentum (mehr als auf das Judentum) ausgeübt hat (womit nicht gesagt ist, dass das Verhältnis im Sinne direkter bzw. literarischer Abhängigkeit zu verstehen ist).3 Aus Philos Schriften wird erkennbar, dass er ein gebildeter Jude war, der mit vielen antiken literarischen und philosophischen Werken vertraut war.4 Er kennt sich unter anderem mit (neu)pythagoreischer, platonischer, aristotelischer und stoischer Philosophie aus und lässt sich dabei nicht in eine bestimmte philosophische Schule einordnen.5 Philo ist als hellenistisch-jüdischer Religionsphilosoph zu betrachten, der versucht, die hellenistische Philosophie und die jüdische Tradition miteinander in Übereinstimmung zu bringen.6 Dazu wird oft die These vertreten, dass Philo grundsätzlich „jüdisch“ denkt und probiert, jüdisches Gedankengut philosophisch auszudrücken. Es ist in der Tat so, dass die Auslegung der Bibel beziehungsweise der Tora bei Philo eine zentrale Rolle einnimmt. Es lässt sich aber fragen, ob Philo nicht primär philosophisch denkt und versucht, Bibelstellen, die für ihn als Philosophen problematisch oder unbegreiflich sind, 1 Näheres zu Philos Lebensdaten bei David  T. Runia, Philo, Alexandrian and Jew, in: Ders., Exegesis and Philosophy. Studies on Philo of Alexandria (Collected Studies Series 332), Aldershot: Variorum 1990, 1–18, 3; Giuseppe Veltri, Art. Philo von Alexandrien, in: Religion in Geschichte und Gegenwart4 6 (2003), 1286–1288, 1286–1287. 2 Vgl. bes. Sellin, Epheser, passim. David T. Runia, Philo in Early Christian Literature. A Survey (Compendia Rerum Iudaicarum ad Novum Testamentum 3), Assen / Minneapolis, MN: Van Gorcum / Fortress 1993, bespricht die Nähe zwischen Philo und Eph nicht. 3 Vgl. Veltri, Philo, 1286–1288. 4 Vgl. Veltri, Philo, 1287. 5 Philo erwähnt in seiner Schrift Aet. u. a. die Pythagoreer (οἱ Πυθαγόρειοι, 12), Platon (Πλά­των, 13–14.16.17 [Adj.].27.38.52.141), Aristoteles (Ἀριστοτέλης, 10.12.16.18 [s. a. 55: „der peripatetischen Philosophie“, τῆς Περιπατητικῆς […] φιλοσοφίας]) und die Stoiker (οἱ Στω­ικοί, 4.8 [auch: Στοά, s. dazu auch 89].18.54 [Sg.].76 [Adj.].78.102) mit Namen und zwar in Verbindung mit kosmotheologischen Themen. 6 Runia, Philo, 16, ist zurückhaltend, in Philo eine Synthese jüdischen und griechischen Denkens zu sehen. Vgl. Van Nuffelen, Rethinking the Gods, bes. 200: „Philo […] limps on two legs, Greek philosophy and the Jewish Bible, and can be found doing violence to both.“

214

8. Philo

mithilfe der Allegorie verständlich und philosophisch akzeptabel zu machen.7 Im Hinblick auf Eph 4,6 ist noch wichtig zu bemerken, dass Philo eine Trennung zwischen Gott (dem absolut transzendenten Seienden) und der Welt vertritt: Gott ist nicht unmittelbar, sondern durch Mittler, vor allem den Logos, in der Welt wirksam.8 Bei Philo finden wir für alle Elemente von Eph 4,6 signifikante Parallelen. Deswegen liegt der Fokus beim folgenden Vergleich auf den Stellen bei Philo, die Eph 4,6 sowohl terminologisch als auch inhaltlich nahekommen. Eventuelle Entwicklungen in Philos Denken werden dabei unberücksichtigt gelassen.

8.1 Gottes Durchwalten Philo, dessen Gottesbild pantheistische Züge hat (ohne tatsächlich pantheistisch zu sein),9 thematisiert mehrmals, in verschiedenen Kontexten, dass Gott διὰ πάντων ist. Ein erstes Beispiel betrifft Legum allegoriae 3.4, wo Philo erklärt, warum die Aussage in der Schöpfungserzählung, dass Adam und Eva sich vor dem Angesicht Gottes „versteckten“ (Gen 3,8), allegorisch ausgelegt werden muss: Wenn jemand (es) nicht allegorisch auslegen würde (μὴ ἀλληγορήσειε), dann könnte das Vorliegende nicht erklärt werden. Denn Gott erfüllt alles (πάντα γὰρ πεπλήρωκεν ὁ θεός) und durchwaltet alles (διὰ πάντων διελήλυθεν) und er hat nichts leer und öde von ihm selbst gelassen. Wie denn könnte jemand einen Platz einnehmen, worin Gott nicht ist? Dies bezeugt er (Gott) auch anderswo [Dtn 4,39]: „Gott ist im Himmel oben und auf der Erde unten und nichts ist ohne ihn.“10

Wesentliche Übereinstimmungen mit Eph sind, dass Gott διὰ πάντων ist (vgl. Eph 4,6), alles erfüllt (vgl. πᾶν τὸ πλήρωμα τοῦ θεοῦ in Eph 3,19; vgl. dazu Kol 1,19) und sowohl alles übersteigt als auch überall anwesend ist (vgl. ἐπὶ πάν­των und ἐν πᾶσιν in Eph 4,6, obwohl diese maskulinisch gemeint sind und sich auf die Glaubenden beziehen). Ähnliches gilt für De posteritate Caini 6, wo Philo darlegt, dass Kains „Hinweggehen“ von Gottes Angesicht (Gen 4,16) nur allegorisch (δι᾽ ἀλληγορί­ας, 7 Anders Veltri, Philo, 1287: „Zentrum seiner [Philos] philos.[philosophisch]-exegetischen Spekulationen ist dabei die Tora, so daß sein Gesamtwerk als ein Komm. [Kommentar] zum Pentateuch bez. [bezeichnet] werden kann. […] er [wird] stets von der Frage geleitet […], wie die Philos. [Philosophie] aus der Tora erkenntnismäßig zu entwickeln ist.“ 8 Vgl. Veltri, Philo, 1287–1288. Ausführlich zu Philos Gottesbild Hirsch-Luipold, Gott. 9 Vgl. u. a. Hans Leisegang, Über die Geburt Abels und die Opfer, die er und sein Bruder Kain darbringen, in: Leopold Cohn u. a. (Hg.), Philo von Alexandria. Die Werke in deutscher Übersetzung, Bd. 3, Berlin: de Gruyter 21962, 207–264, 242 Anm. 1, der zu Philo Sacr. 67– 68 bemerkt: „[es] verbindet sich mit Platos transzendenter Gottesvorstellung ein pantheistischer Zug, der aus der Stoa stammt“. 10 S. Philo Leg. 3.4. Die Übers. der Philo-Zitate sind meine eigenen.

8.1 Gottes Durchwalten

215

Post. 7) gemeint sein kann. Philo zufolge kann man Gott nicht entfliehen: „Daraus ließe sich folgern, dass einzelne Teile der Welt ohne Gott sind, obwohl er doch nichts von ihm selbst leer oder öde gelassen, sondern alles durchaus ausgefüllt hat (πάντα διὰ πάντων ἐκπεπληρωκότος).“11 Die Redewendung πάν­τα διὰ πάντων ἐκπεπληρωκότος hat Gemeinsamkeiten mit Eph 3,19 und 4,6 (s. o.). Im direkt Folgenden spricht Philo von Gottes Übertreffen und Allumfassend­ heit: Gott habe kein Angesicht, da er „über die Eigenschaften aller Geworde­ nen hinausgeht“ (τὰς τῶν γεγονότων ἰδιότητας ἁπάντων ἐκβεβηκώς) und verweile nicht in einem Teil, da er „umfasst, nicht umfasst wird“ (περιέχων, οὐ πε­ρι­εχόμενος, Post. 7). Diese zwei Aspekte des Gottesbildes sind in gewissem Maße vergleichbar mit einerseits Gottes Superiorität (ἐπὶ πάντων) und andererseits dessen Allgegenwärtigkeit (d. h. dessen Durchwalten und Innewohnen, διὰ πάντων bzw. ἐν πᾶσιν) in Eph 4,6, obwohl πάντων und πᾶσιν sich an der Stelle auf die Glaubenden beziehen. Ein weiteres Beispiel betrifft De sacrificiis Abelis et Caini 67–68, wo Philo Gottes Worte an Moses in Ex 17,6, „So stehe ich dort vor dir“ (ὧδε ἐγὼ ἕστηκα ἐκεῖ πρὸ τοῦ σέ), zeitlich statt örtlich auslegt: Denn es ist klar, dass er (Gott) vor allem Gewordenen existiert hat und dass der, der hier ist und dort und anderswo und überall, der alles durch alles erfüllt hat (πεπληρωκὼς πάντα διὰ πάντων) und nichts leer von sich gelassen hat, da ist. Denn er sagt nicht, „So werde ich auch dort stehen“ (ὧδε ἐγὼ στήσομαι καὶ ἐκεῖ), sondern „jetzt, wenn ich da bin, stehe ich zugleich auch dort, wobei ich mich aber nicht anhand einer Ortsveränderung (μεταβατικῶς) bewege, so dass ich den einen Platz einnehme und den anderen verlasse, sondern ich bediene mich einer ausdehnenden Bewegung (τονικῇ […] τῇ κινήσει)“.12

Die auf Gott bezogene Redewendung πεπληρωκὼς πάντα διὰ πάντων kommt, wie gesagt, Eph 3,19 und 4,6 terminologisch nahe (s. o.). Dabei fällt noch auf, dass Philo im direkten Kontext die „Nachahmung“ von Gott Vater (in ethischem Sinne) thematisiert (μιμούμενοι τὴν τοῦ πατρὸς φύσιν οἱ ὑπήκοοι παῖδες […] τὰ καλὰ δρῶσιν, „die untertanen Kinder, die die Natur des Vaters nacharten, tun das Gute“, Sacr. 68), welche auf ähnliche Weise auch in Eph vorkommt (γί­νεσθε οὖν μιμηταὶ τοῦ θεοῦ ὡς τέκνα ἀγαπητά, „werdet also Nachahmer Gottes als geliebte Kinder“, Eph 5,1). An anderen Stellen sagt Philo aus, dass Gott mittelbar alles durchwaltet. In De confusione linguarum 136–138 geht es um Gen 11,5 (über den Turmbau zu Babel): „Der Herr stieg herab, um die Stadt und den Turm zu sehen“ (Conf. 134). Nach Philo muss dieses anthropomorphe Sprechen (ἀνθρωπολογεῖται, 135) figürlich (τροπικώτερον,  134) aufgefasst werden. Wer herabsteigt, muss einen Platz verlassen und einen anderen einnehmen (135): 11 S. Philo Post. 6.

12 S. Philo Sacr. 67–68. Zur „ausdehnenden Bewegung“ bemerkt Leisegang, Geburt Abels, 242 Anm. 2: „Philo schwebt hier die stoische Vorstellung vor, nach der die Gottheit ein sich durch alle Dinge ausdehnendes πνεῦμα ist, eine in sich zusammenhängende feine Substanz, die alle Körper nur mit verschiedener Spannung (τόνος) durchdringt.“

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8. Philo

Alles ist aber von Gott erfüllt (ὑπὸ δὲ τοῦ θεοῦ πεπλήρωται τὰ πάντα), von dem, der umfasst, nicht umfasst wird (περιέχοντος, οὐ περιεχομένου), wem allein es zukommt, überall und nirgends zu sein: einerseits nirgends, da […] es recht ist zu sagen, dass das, was geschaffen hat [d. h. der Schöpfer], in nichts von den Gewordenen enthalten wird (τὸ δὲ πεποιηκὸς ἐν οὐδενὶ τῶν γεγονότων θέμις εἰπεῖν περιέχεσθαι)13 und andererseits überall, da er, als er seine Kräfte (τὰς δυνάμεις αὑτοῦ) durch Erden, Wasser, Luft und Himmel ausdehnte (διὰ […] τείνας), keinen Teil der Welt leer ließ, sondern, nachdem er alles zusammengebracht hatte, es durch alles hindurch (διὰ πάντων) mit unsichtbaren Bänden zusammenband.14

Darauf scheint Philo (in einem nur teilweise überlieferten Satz) einen Unterschied zu machen zwischen dem höchsten Seienden (ὁ ὤν) und den göttlichen Kräften,15 wonach er wie folgt weitergeht: „Dessen Kraft (τούτου δύνα­ μις) aber, durch welche er alles zustande brachte und ordnete, wird richtig ‚Gott‘ [θεός] genannt; sie umfasst alles und durchwaltet die Teile des Ganzen (ἐγκεκόλπισται δὲ τὰ ὅλα καὶ διὰ τῶν τοῦ παντὸς μερῶν διελήλυθε). Das Göttliche (τὸ […] θεῖον) aber ist unsichtbar und unfassbar, allgegenwärtig, dennoch wirklich nirgends sichtbar oder fassbar.“16 Es liegt hier ein Gegensatz vor zwischen dem transzendenten, allgegenwärtigen Gott und dessen immanenter, alles durchwaltender Kraft (bzw. Kräfte), die auch „Gott“ genannt wird (bzw. werden). Dass Gottes Überlegenheit, Innewohnen und die göttliche Durchwaltung zusammen angedeutet werden, ist ein wesentlicher Berührungspunkt mit Eph 4,6, obwohl in Eph die Glaubenden im Fokus stehen (vgl. auch noch ὑπὸ δὲ τοῦ θεοῦ πεπλήρωται τὰ πάντα in Conf. 136 mit πᾶν τὸ πλήρωμα τοῦ θεοῦ in Eph 3,19). Ein anderes Beispiel ist De vita Mosis 2.238, wo Philo Gottes Antwort an Moses bezüglich der Erbfolge der Töchter Zelof hads in Num 27,1–11 zur Sprache bringt: Und der Verfertiger von allem (ὁ δὲ ποιητὴς τῶν ὅλων), der Vater der Welt (ὁ τοῦ κόσμου πα­τήρ),17 der Erde, Himmel, Wasser und Luft und alles, was aus jedem von denen entstanden ist, zusammenhält und beherrscht, der Herrscher von Göttern und Menschen, lehnte es nicht ab, verwaisten Mädchen [d. h. den Töchtern Zelof hads] Gehör zu schenken. Und als er 13 Anders formuliert: „Es ist nicht recht zu sagen, dass der Schöpfer in dem von ihm Geschaffenen enthalten wird.“ 14 S. Philo Conf. 136. 15 Vgl. Edmund Stein, Über die Verwirrung der Sprachen, in: Leopold Cohn u. a. (Hg.), Philo von Alexandria. Die Werke in deutscher Übersetzung, Bd. 5, Berlin: de Gruyter 21962, 99–151, 136 Anm. 3. Stein (S. 136) übersetzt den (nach Wendland ergänzten) Satz τὸ μὲν γὰρ ὑπεράνω τῶν δυνάμεων ὂν ἐπινοεῖται περιττεύειν, οὐ κατὰ τὸ εἶναι μόνον (Conf. 137), mit: „Denn das, was höher ist als die Kräfte, wird als etwas Unfaßbares erkannt **** [sic], (von dem man nichts mehr erfassen kann, als), daß es ist.“ 16 S. Philo Conf. 137–138. 17 Das Sprechen vom „Verfertiger“ und „Vater“ des Alls hat Verbindungen in die ältere Phi­losophie. Vgl. dazu z. B. Plat. Tim. 28 c 4–5 (ποιητὴν καὶ πατέρα τοῦδε τοῦ παντός). Philo kennt Platons Timaios, s. dazu z. B. Aet. 15, wo er schreibt, dass Platon in seinem Timaios (ὑπὸ Πλάτωνος ἐν Τιμαίῳ, 13) den göttlichen Urheber „Vater, Verfertiger und Schöpfer“ (πα­ τέ­ρα μὲν καὶ ποιητὴν καὶ δημιουργόν) nennt.

8.2 Gottes Übergeordnetsein und Eindringen

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(ihnen) Gehör schenkte, gewährte er, der wohlwollend und gnädig ist, der alles durchaus mit seiner wohltätigen Kraft erfüllt (ὁ πάντα διὰ πάντων πεπληρωκὼς τῆς εὐεργέτιδος ἑαυτοῦ δυνάμεως), (ihnen) mehr als ein Richter tun würde: Er pries die Jungfrauen.18

Philo zufolge erfüllt Gott alles mit seiner Kraft. Mit Rücksicht auf Eph fällt erneut die Redewendung πάντα διὰ πάντων πεπληρωκώς auf (vgl. bes. Eph 3,19 und 4,6 [s. o.]).

8.2 Gottes Übergeordnetsein und Eindringen Philo verwendet auch ἐπὶ πάντων (ἐφ᾽ ἅπασι) sowie ἐν πᾶσιν mit Bezug auf Gott. In De plantatione  58 spricht Philo von „dem Alllenker Gott, der die Macht über alles hat“ (τοῦ πανηγεμόνος θεοῦ τὸ ἐφ᾽  ἅπασι κράτος εἰλη­χό­ τος).19 Es fällt hierbei auf, dass im direkten Kontext (wie im direkten Kontext von Eph 4,6) das Thema „Einheit“ angesprochen wird (d. h. die Eintracht von denen, die Gott gehorchen gegenüber der Zwietracht von denen, die ungehorsam sind, Plant. 59–60): „Tugend ist (die) Ursache von Harmonie und Einheit, die gegenseitige Disposition aber (die Ursache) von Trennung und fehlender Übereinstimmung“ (ἁρμονίας μὲν καὶ ἑνώσεως αἴτιον ἀρετή, διαλύσεως δὲ καὶ δι­αρτήσεως ἡ ἐναντία διάθεσις, Plant. 60; vgl. bes. die Verwendung von ἑνότης in Eph 4,3.13).20 Philo bespricht mehrfach, inwiefern Gott ἐν πᾶσιν ist. Philo zufolge ist Gott selbst nicht in allem enthalten (vgl. z. B. Conf. 136–138). Dies wird beispielsweise in De migratione Abrahami 178–183 deutlich, wo Philo versucht, die (stoische) Ansicht zu widerlegen, dass „diese Erscheinungswelt […] entweder selbst Gott sei, oder in sich selbst Gott, die Seele des Ganzen, enthalte“ (τὸν φαι­νόμενον τοῦτον κόσμον […] ἢ θεὸν ὄντα αὐτὸν ἢ ἐν αὑτῷ θεὸν περιέχοντα, τὴν τῶν ὅλων ψυχήν, Migr.  179). „Denn“, so lehre Moses, „weder die Welt noch die Weltseele ist der oberste Gott“ (μήτε γὰρ τὸν κόσμον μήτε τὴν τοῦ κόσ­μου ψυχὴν τὸν πρῶτον εἶναι θεόν, 181). Die Aussage des Gesetzes, „Gott ist im Himmel oben und auf der Erde unten“ (Dtn 4,39), beziehe sich nicht auf „das Sein [Gottes] […] – denn es ist recht (zu sagen), dass das Seiende umfasst, nicht aber, dass es umfasst wird –, sondern auf seine Kraft, gemäß welcher er das Ganze gesetzt, angeordnet und geordnet hat“ (κατὰ τὸ εἶναι […] – τὸ γὰρ ὂν περιέχειν ἀλλ᾽ οὐ περιέχεσθαι θέμις –, δύναμιν δ᾽ αὐτοῦ, καθ᾽ ἣν ἔθηκε καὶ διετάξατο καὶ διεκόσμησε τὰ ὅλα, 182). „Denn er [d. h. Gott] begibt sich vor allem Gewordenen und außerhalb jenes und ist in keinem von den Dingen, die 18 S. Philo Mos. 2.238.

19 Vgl. dazu auch z. B. Philo Mos. 1.201: „Gott […] ist die ganze Welt unterworfen“ (θεῷ […] ὁ σύμπας κόσμος ὑποβέβληται). 20 Nach dem „Philo Index“ kommt ἑνότης bei Philo nicht vor, s. Peder Borgen / Kåre Fuglseth / Roald Skarsten (Hg.), The Philo Index. A Complete Greek Word Index to the Writings of Philo of Alexandria, Grand Rapids, MI / Leiden: Eerdmans / Brill 2000, 131.

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8. Philo

nach ihm (geworden sind), enthalten“ (πρὸ γὰρ παντὸς τοῦ γενητοῦ, ἔξω βαί­ νων ἐκείνου καὶ μηδενὶ τῶν μετ᾽ αὐτὸν ἐμφερόμενος, 183). Philo meint also, dass Gott selbst alles übersteigt, Gottes Kraft aber in allem wirksam ist.21 An anderen Stellen heißt es, dass Gottes Logos in allem ist. Nach De vita Mosis 2.127 zum Beispiel ist der Logos in allem sowie im Menschen, beides in zweifachem Sinn: Denn der Logos ist zweifach, sowohl im All (ἔν τε τῷ παντί [vgl. ἐν πᾶσιν in Eph 4,6]) als auch in der Natur des Menschen (ἐν ἀνθρώπου φύσει): bezüglich des Alls einerseits der (Logos) der unkörperlichen und urbildlichen Ideen, aus denen die geistige Welt zusammengestellt wurde, und andererseits der (Logos) der sichtbaren Dinge, welche freilich Abbilder (μιμήματα [vgl. μιμηταί in Eph 5,1]) und Kopien jener Ideen sind und aus denen diese wahrnehmbare (Welt) gemacht wurde; und im Menschen (ἐν ἀνθρώπῳ) einerseits der (Logos, der) innerlich ist [d. h. Gedanken] und andererseits der (Logos, der) sich äußert [d. h. Worte].22

Nach De somniis 2.246–249 durchwaltet Gottes Logos alles und befindet sich in der Seele des Weisen. In diesem Zusammenhang kommt die Redewendung ὁ θε­ὸς […] ἐν ὑμῖν vor. Philo legt hier den Psalmvers „Das Strömen des Flusses erfreut die Polis Gottes“ (Somn.  2.246, vgl.  Ps  45,5 a  LXX) allegorisch aus: „(Der) Fluss des göttlichen Logos […] gießt alles durch alles auf und erfreut“ (τοῦ θείου λόγου ῥύμη […] πάντα διὰ πάντων ἀναχεῖ τε καὶ εὐφραίνει, 2.247). Denn „Polis Gottes“ heiße einerseits „die Welt […], die den ganzen Mischkrug des göttlichen Trankes empfing und unvermischt trank“ (τὸν κόσμον […], ὃς ὅλον τὸν κρατῆρα τοῦ θείου πόματος δεξάμενος σατο) und andererseits „die Seele des Weisen, von der auch gesagt wird, dass Gott in ihr wandert wie in einer Polis: Denn er [Gott] sagt [vgl. Lev 26,12]: ‚Ich werde in euch wan­dern […]‘“ (τὴν ψυχὴν τοῦ σοφοῦ, ᾗ λέγεται καὶ ἐμπεριπατεῖν ὁ θεὸς ὡς ἐν πόλει· „περιπατήσω“ γάρ φησιν „ἐν ὑμῖν“, 2.248). Gottes Logos sei nach Phi­los Bildsprache sowohl der Schenker (s. u. a. οἰνοχόος τοῦ θεοῦ, „Gottes Mundschenk“) als auch das Geschenkte (s. u. a. οὐ διαφέρων τοῦ πόματος, „sich nicht vom Trank unterscheidend“, 2.249). Die Kombination vom göttlichen Durchwalten des Alls (διὰ πάντων, „durch alles hindurch“, 2.247) und Herumwandern „in“ den (weisen bzw. theologisch aufgeklärten) Menschen (ἐν ὑμῖν, 2.248) hat eine gewisse Ähnlichkeit mit διὰ πάντων und ἐν πᾶσιν in Eph 4,6, obwohl es in Eph nur um Gottes Durchwalten und Innewohnen der Glaubenden geht. 21 Vgl. noch Philo Deus 29, wo steht, dass Gott bis in das Innerste des Menschen dringt: „Für Gott […] ist alles offenbar, denn er reicht auch bis in die innersten Teile einer Seele“ (τῷ […] θεῷ […] πάντα ἀρίδηλα. καὶ γὰρ ἄχρι τῶν ψυχῆς μυχῶν φθάσας). In dieser Passage geht es darum, dass für Gott alles zugleich klar ist, auch das, was für andere unsichtbar ist oder erst zukünftig erkennbar wird. 22 S. Philo Mos. 2.127: διττὸς γὰρ ὁ λόγος ἔν τε τῷ παντὶ καὶ ἐν ἀνθρώπου φύσει· κατὰ μὲν τὸ πᾶν ὅ τε περὶ τῶν ἀσωμάτων καὶ παραδειγματικῶν ἰδεῶν, ἐξ ὧν ὁ νοητὸς ἐπάγη κόσ­ μος, καὶ ὁ περὶ τῶν ὁρατῶν, ἃ δὴ μιμήματα καὶ ἀπεικονίσματα τῶν ἰδεῶν ἐκείνων ἐστίν, ἐξ ὧν ὁ αἰσθητὸς οὗτος ἀπετελεῖτο· ἐν ἀνθρώπῳ δ᾽ ὁ μέν ἐστιν ἐνδιάθετος, ὁ δὲ προφορικός.

8.2 Gottes Übergeordnetsein und Eindringen

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In Quis rerum divinarum heres sit  230–236 wird das Übersteigen sowie das Eindringen von Gottes Logos vorgebracht. Philo redet von „zwei Logoi“ (δύο λόγους): „Der eine über uns – (das) Urbild –, der andere aber als Abbild, das gemäß uns vorhanden ist“ (ἕνα μὲν ἀρχέτυπον ὑπὲρ ἡμᾶς, ἕτε­ρον δὲ μίμημα τὸν καθ᾽ ἡμᾶς ὑπάρχοντα, Her. 230). Philo zufolge „nennt Moses das (Urbild) über uns (ὑπὲρ ἡμᾶς) ‚Ebenbild Gottes‘ (εἰκόνα θεοῦ) und das (Abbild) gemäß uns (καθ᾽  ἡμᾶς) ‚Abdruck des Ebenbildes‘ (τῆς εἰκόνος ἐκ­ μαγεῖον)“, da Moses in Gen 1,27 nicht sagt, dass Gott den Menschen erschuf „als Ebenbild Gottes“ (εἰκόνα θεοῦ), sondern „nach (dem) Ebenbild“ (κατ᾽ εἰκόνα, 231). Gottes Logos sei eine „Kopie“ (ἀπεικόνισμα) des Schöpfers so­ wie das „Muster“ (παράδειγμα) für den Geist, der sich in jedem von uns Menschen befindet (τὸν καθ᾽ ἕκαστον ἡμῶν νοῦν, 231), also für den menschlichen Logos. Es gebe also „zwei denkende und vernünftige Wesen (νοερὰς καὶ λο­ γι­κὰς δύο φύσεις): das im Menschen (ἐν ἀνθρώπῳ) und das in jedem (ἐν τῷ παν­τί)“ (233). „Die zwei Wesen“ (αἱ δύο φύσεις) sind also „das der Vernunft in uns und das des göttlichen Logos über uns“ (ἥ τε ἐν ἡμῖν τοῦ λογισμοῦ καὶ ἡ ὑπὲρ ἡμᾶς τοῦ θείου λόγου, 234), „(der) Geist in uns und der über uns“ (νοῦς τε ὁ ἐν ἡμῖν καὶ ὁ ὑπὲρ ἡμᾶς, 236). Gemeinsamkeiten zwischen beiden gibt es „wegen der Ähnlichkeit mit dem Verfertiger und Vater des Alls“ (διὰ τὴν πρὸς τὸν ποιητὴν καὶ πατέρα τῶν ὅλων ἐμφέρειαν, 236). Ein Berührungspunkt mit Eph 4,6 ist die Kombination von einerseits dem „Übergeordnetsein“ und andererseits dem „Eindringen“, bei Philo von Gottes Logos (stark betont: ὑπὲρ ἡμᾶς [230–231.234.236] vs. καθ᾽  ἡμᾶς [230–­ 231], καθ᾽ ἕκαστον ἡμῶν [231], ἐν ἀνθρώπῳ [233], ἐν τῷ παντί [233] und ἐν ἡμῖν [234.236]) und in Eph  4,6 von Gott selbst (ἐπὶ πάντων vs. διὰ πάν­των und ἐν πᾶ­σιν). Dazu kommt, dass beide Gott „Vater aller“ nennen (πα­τέρα τῶν ὅλων [236] bzw. πατὴρ πάντων). Beiden gemeinsam ist auch der schöp­ fungs­­theologische Rahmen und damit verbundene Inhalte und Termino­logie, insbesondere: Gott als „Verfertiger“  des Menschen (ἐποίησε […] ὁ θεὸς τὸν ἄν­θρωπον; τοῦ πεποιηκότος, 231; τὸν ποιητήν, 236) beziehungsweise der Mensch als das von Gott „Verfertigte“ (αὐτοῦ [d. h. Gottes] γάρ ἐσμεν ποί­η­ μα, Eph 2,10), die Schöpfung des Menschen nach dem Ebenbild Gottes (κατ᾽ εἰκόνα, 231, vgl. κα­τὰ θεόν in Eph  4,24, wo es um „den neuen Menschen“ geht) und das „Nachahmen“, bei Philo von Gottes Logos durch den menschlichen Logos (μίμημα, 230) und in Eph von Gott durch die Gläubigen (μιμηταὶ τοῦ θεοῦ, Eph 5,1). Schließlich gilt bei beiden Gott als die Basis der Einheit in der Vielfalt: Bei Philo ist ja Gottes Logos (Ebenbild des einen Gottes) allem und der menschliche Logos (Abdruck des Ebenbild Gottes) allen Menschen gemeinsam23 und in Eph 4,6 ist der „eine“ Gott das Gegenüber von „allen“ (εἷς vs. πάντων [3×] bzw. πᾶσιν). 23 Vgl. auch z. B. Philo Fug. 112: „Denn der Logos des Seienden ist ein Band aller Dinge […] und hält alle Einzelteile zusammen und bindet sie zusammen, indem er verhindert, dass

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8. Philo

8.3 Gott ist einer Philo verwendet häufig das in Eph 4,6 verwendete Syntagma εἷς θεός. Anders als der Verfasser des Eph setzt Philo die Ein(s)heit Gottes nicht nur voraus, sondern reflektiert diese auch. Philo zufolge muss Gott Alleinherrscher des Alls sein: „Es muss […] einen Herrscher und Herrn im All geben und dieser, der wirkliche Leiter und Herrscher, dürfte wohl der eine Gott (εἷς ὁ θεός) sein“ (Cher. 83).24 Denn nichts von dem, was ist, ist Gott gleich, sondern es gibt einen Leiter, Herrscher und König, dem allein es zukommt, alles zu leiten und zu verwalten. Denn die Worte „Nichts Gutes bringt Vielherrschaft, (nur) einer sei Herrscher, einer König“ [Hom. Il. 2.204–205] könnte man wohl nicht mit mehr Recht über Poleis und Menschen als über (die) Welt und Gott sagen: Denn (die) eine Welt hat notwendigerweise einen Verfertiger und Vater sowie Herrscher […]. Einer ist Gott (εἷς ὢν ὁ θεός; Conf. 170–171).25

Ein anderes Beispiel betrifft De  opificio  mundi, worin Philo die in Gen 1–3 beschriebene Weltschöpfung mithilfe von vielerlei philosophischen Vorstellungen (allegorisch) auslegt. Philo zitiert unter anderem den pythagoreischen Philosophen Philolaos mit Namen, um sein eigenes Gottesbild zu bestätigen: „‚Es existiert nämlich‘, sagt er (Φιλόλαος), ‚ein Herrscher und Leiter aller, ein Gott, der ewig ist, stabil, unbeweglich, selbst nur sich selbst gleich, anders als alles andere‘“ (Ἔστι γάρ, φησίν, ἡγεμὼν καὶ ἄρχων ἁπάντων θεὸς εἷς ἀεὶ ὤν, μό­νιμος, ἀκίνητος, αὐτὸς αὑτῷ ὅμοιος, ἕτερος τῶν ἄλλων, Opif. 100; vgl. bes. εἷς θεὸς […] πάντων in Eph 4,6). Am Ende dieser Schrift gibt Philo fünf Hauptpunkte von Moses’ Schöpfungslehre an: „Erstens, dass das Göttliche ist und existiert“ (πρῶτον μὲν ὅτι ἔστι τὸ θεῖον καὶ ὑπάρχει, Opif. 170), was sich gegen „Atheisten“ richtet (ἄθε­ οι, 170 [s. a. Eph 2,12]),26 „zweitens, dass Gott einer ist“ (δεύτερον δ᾽ ὅτι θε­ὸς εἷς ἐστι, 171 [vgl. Eph 4,6]), was sich gegen den „Polytheismus“ wendet (πο­ λύ­θεος, 171), „drittens […], dass die Welt entstanden ist“ (τρίτον δ᾽ […] ὅτι γε­ νη­τὸς ὁ κόσμος, 171), was vornehmlich gegen die (aristotelische) Vorstellung von der Ungeschaffenheit und Ewigkeit der Welt gerichtet ist, „viertens, dass auch die Welt eine ist, da auch der Schöpfer einer ist“ (τέταρτον δ᾽ ὅτι καὶ εἷς sie sich voneinander trennen und sich zerspalten“ (ὅ τε γὰρ τοῦ ὄντος λόγος δεσμὸς ὢν τῶν ἁπάντων […] καὶ συνέχει τὰ μέρη πάντα καὶ σφίγγει κωλύων αὐτὰ διαλύεσθαι καὶ διαρ­τᾶ­ σθαι). 24 S. Philo Cher. 83: ἀνάγκη […] ἡγεμόνα ἐν τῷ παντὶ εἶναι καὶ κύριον, γένοιτ᾽ ἂν ὁ τῷ ὄν­τι ἄρχων καὶ ἡγεμὼν εἷς ὁ θεός. 25 S. Philo Conf. 170–171: οὐδὲν τῶν ὄντων ἰσότιμον ὑφέστηκε θεῷ, ἀλλ᾽ ἔστιν εἷς ἄρχων καὶ ἡγεμὼν καὶ βασιλεύς, ᾧ πρυτανεύειν καὶ διοικεῖν μόνῳ θέμις τὰ σύμπαντα. τὸ γὰρ „οὐκ ἀγα­θὸν πολυκοιρανίη, εἷς κοίρανος ἔστω, εἷς βασιλεὺς“ οὐκ ἐπὶ πόλεων καὶ ἀνθρώπων λέ­ γοιτ᾽ ἂν ἐν δίκῃ μᾶλλον ἢ ἐπὶ κόσμου καὶ θεοῦ· ἑνὸς γὰρ ἕνα ποιητήν τε καὶ πατέρα πάλιν καὶ δεσπότην ἀναγκαῖον εἶναι […] εἷς ὢν ὁ θεός. 26 In der frühchristlichen Literatur des ersten Jahrhunderts kommt ἄθεος κτλ. nur an dieser Stelle vor.

8.3 Gott ist einer

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ἐσ­τιν ὁ κόσμος, ἐπειδὴ καὶ εἷς ὁ δημιουργός, 171), was vor allem gegen die (epikureische) These der Vielheit der Welten polemisiert, und „fünftens, dass Gott für die Welt sorgt“ (πέμπτον δ᾽ ὅτι καὶ προνοεῖ τοῦ κόσμου ὁ θεός, 171). In 172 werden diese fünf Punkte nochmals kurz aufgelistet. Ein weiteres Beispiel ist Legum allegoriae 1.51, wo Philo Ex 20,23, „ihr sollt neben mir keine Götter von Silber machen und Götter von Gold sollt ihr euch selbst auch nicht machen“ (οὐ ποιήσετε μετ᾽ ἐμοῦ θεοὺς ἀγρυροῦς, καὶ θε­οὺς χρυσοῦς οὐ ποιήσετε ὑμῖν ἑαυτοῖς), in dem Sinne auslegt (nach stoischer Auffassung), dass wer sündigt, sich selbst Unrecht tue: Denn wer meint, dass Gott entweder eine Gestalt habe, oder nicht einer (μὴ ἕνα), oder nicht ungeschaffen, oder nicht unvergänglich, oder nicht unveränderlich sei, tut sich selbst Unrecht, nicht Gott: denn er [d. h. Moses] sagt „euch selbst sollt ihr nicht machen“ („ἑαυτοῖς“ γάρ φησιν „οὐ ποιήσετε“). Denn man muss ihn [d. h. Gott] halten für gestaltlos, einen (ἕνα), unvergänglich und unveränderlich. Wer aber nicht so denkt, erfüllt seine Seele mit einer falschen und gottlosen (ἀθέου) Ansicht (Leg. 1.51).27

Hier stellt Philo unter anderem dem Glauben an den einen Gott (vgl. Eph 4,6) den „Atheismus“ (ἀθέου, vgl. ἄθεοι in Eph 2,12) gegenüber.28 In 2.1–3 der gleichen Schrift setzt Philo der Ein(s)heit Gottes die menschliche Vielheit entgegen. Philo bespricht hier das Schriftwort „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ (Οὐ καλὸν εἶναι τὸν ἄνθρωπον μόνον, Gen 2,18). Warum wird dies gesagt? Weil, meint er [d. h. Moses], es gut ist, dass der Einzige allein sei (τὸν μόνον εἶναι μόνον); einzig aber und einer bei sich selbst ist (nur) Gott (μόνος δὲ καὶ καθ᾽ αὑτὸν εἷς ὢν ὁ θεός) und nichts ist Gott ähnlich. Sodass, weil es gut ist, dass das Alleinsein für den Seienden gilt (τὸ μόνον εἶναι τὸν ὄντα) […], es wohl nicht gut sein könnte, dass das Alleinsein für den Menschen gilt (Leg. 2.1).29

Nach Philo ist die beste Interpretation des Schriftwortes wie folgt: „Gott ist einzig und eins (ὁ θεὸς μόνος ἐστὶ καὶ ἕν), keine Zusammenstellung, (sondern) eine einfache (ἁπλῆ) Natur, jeder von uns aber und von den Dingen, die entstanden sind, wird durch Vielfalt (πολλά) gekennzeichnet“ (Leg. 2.2).30 „Gott 27 S. Philo Leg. 1.51: ὁ γὰρ ἢ ποιότητα οἰόμενος ἔχειν τὸν θεὸν ἢ μὴ ἕνα εἶναι ἢ μὴ ἀγέ­ νη­τον καὶ ἄφθαρτον ἢ μὴ ἄτρεπτον ἑαυτὸν ἀδικεῖ, οὐ θεόν· „ἑαυτοῖς“ γάρ φησιν „οὐ ποιή­ σετε“· δεῖ γὰρ ἡγεῖσθαι καὶ ἄποιον αὐτὸν καὶ ἕνα καὶ ἄφθαρτον καὶ ἄτρεπτον· ὁ δὲ μὴ οὕτως δια­νοούμενος ἑαυτοῦ τὴν ψυχὴν ψευδοῦς καὶ ἀθέου δόξης ἀναπίμπλησιν. 28 Es fällt noch auf, dass in demselben Kontext auch die „Nachahmung“ von Gott zur Sprache kommt: „Es geziemt einem frommen Menschen, Gottes Werke nachzuahmen“ (τοῦ μι­μεῖσθαι θεοῦ τὰ ἔργα ὄντος ὁσίου, Leg. 1.48; vgl. μιμηταὶ τοῦ θεοῦ in Eph 5,1 [vgl. dazu 4,32]). 29 S. Philo Leg. 2.1: ὅτι, φησί, καλόν ἐστι τὸν μόνον εἶναι μόνον· μόνος δὲ καὶ καθ᾽ αὑτὸν εἷς ὢν ὁ θεός, οὐδὲν δὲ ὅμοιον θεῷ· ὥστ᾽ ἐπεὶ τὸ μόνον εἶναι τὸν ὄντα καλόν ἐστι […], οὐκ ἂν εἴη καλὸν τὸ εἶναι τὸν ἄνθρωπον μόνον. 30 S. Philo Leg. 2.2: ὁ θεὸς μόνος ἐστὶ καὶ ἕν, οὐ σύγκριμα, φύσις ἁπλῆ, ἡμῶν δ᾽ ἕκαστος καὶ τῶν ἄλλων ὅσα γέγονε πολλά.

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8. Philo

ist also gemäß der Einheit und der Einzigkeit (ὁ θεὸς κατὰ τὸ ἓν καὶ τὴν μο­ νάδα), oder besser die Einzigkeit gemäß dem einen Gott (ἡ μονὰς κατὰ τὸν ἕνα θεόν) festgesetzt; denn jede Zahl, wie auch Zeit, ist jünger als (die) Welt, Gott aber ist älter als (die) Welt und (ihr) Schöpfer“ (Leg. 2.3).31 Der eine Gott ist hier das Gegenüber der von Vielfalt gekennzeichneten Menschen.32 Auf ähnliche Weise kann auch in Eph 4,6 der eine Gott (εἷς θεός) als das Gegenüber von „allen (Glaubenden)“ (πάντων [3×] bzw. πᾶσιν) gesehen werden.33 In De virtutibus 35 verbindet Philo Eintracht explizit mit dem Glauben an den einen Gott. Er schreibt hier die Verführung der Hebräer, welche in Num 25,1–9 den Moabitern zugeschrieben wird, den Arabern beziehungsweise Midianitern zu (Ἄραβες / Μαδιηναῖοι, Virt.  34; vgl.  Num  31): Diese haben versucht, die Hebräer „von der Verehrung des einen und wirklich Seienden abzubringen“ (ἵνα ἀπὸ τῆς τοῦ ἑνὸς καὶ ὄντως ὄντος τιμῆς αὐτοὺς ἀποστήσωσι, Virt. 34), um sie leichter besiegen zu können. Dazu haben die Midianiter ihren meist verführerischen Frauen Folgendes gesagt: Ihr seht, wie immens die Menge der Hebräer ist. Ein schwerer zu bewältigendes Fort als ihre Menge ist aber die Eintracht und der Einklang dieser; und der höchste und wichtigste Grund der Eintracht (αἴτιον […] τῆς ὁμονοίας) ist die Vorstellung von dem einen Gott (ἡ περὶ τοῦ

31 S. Philo Leg. 2.3: τέτακται οὖν ὁ θεὸς κατὰ τὸ ἓν καὶ τὴν μονάδα, μᾶλλον δὲ ἡ μονὰς κα­τὰ τὸν ἕνα θεόν· πᾶς γὰρ ἀριθμὸς νεώτερος κόσμου, ὡς καὶ χρόνος, ὁ δὲ θεὸς πρεσβύτερος κόσ­μου καὶ δημιουργός. 32 Für εἷς θεός bei Philo vgl. auch z. B. Leg. 2.51 (τὸν ἕνα θεόν), 3.82 (ὁ γὰρ θεὸς εἷς ὢν, der als Allerhöchster [ὕψιστος] allem überlegen ist, vgl.  dazu εἷς θεὸς […] ἐπὶ πάντων in Eph 4,6), 105 (ὁ θεὸς εἷς); Cher. 27 („den einen, wirklich seienden Gott“, τὸν ἕνα ὄντως ὄντα θε­όν); Gig. 64 („der Gott der Welt und einzig seiende Gott […] dem einen, einzigen […] Gott“, ὁ τοῦ κόσμου θεὸς καὶ μόνος ὢν θεὸς […] τῷ ἑνὶ μόνῳ […] θεῷ); Plant. 137 (εἷς ἐστιν ὁ θεός); Conf. 144–145 (wo diejenigen, die „von dem einen Verfertiger und Vater des Alls“ nichts wissen „den Söhnen des einen Gottes“ gegenüberstehen: τὸν ἕνα ποιητὴν καὶ πατέρα τῶν ὅλων ἠγνόησαν […] οἱ δὲ […] τοῦ ἑνὸς υἱοὶ θεοῦ; vgl. dazu z. B. Spec. 1.331–332, wo diejenigen, die den „Einen und wahrhaft Seienden“ [τοῦ ἑνὸς καὶ ὄντως ὄντος, 331] bzw. „den einen, wahren Gott nicht kennen“ [οἱ ἀγνοοῦντες τὸν ἕνα καὶ ἀληθινὸν θεόν, 332], „Hurenkinder“ [ἐκ πόρνης, 332] genannt werden); Fug.  71 („der einzige Gott ist der eine Schöpfer“, εἷς ὁ μόνος θεὸς δημιουργός); Somn.  1.229 („der wahrhafte Gott ist einer“, ὁ […] ἀληθείᾳ θεὸς εἷς ἐστιν); Spec. 1.30 („Gott ist einer und Schöpfer und Verfertiger des Alls […], Herr von allem Gewordenen“, θεὸς εἷς ἐστι καὶ κτίστης καὶ ποιητὴς τῶν ὅλων […] κύριος τῶν γεγονότων), 52 („die Verehrung des einen Gottes“, ἡ τοῦ ἑνὸς θεοῦ τιμή), 65 („des einen und wahrhaft seienden Gottes“, τοῦ ἑνὸς θεοῦ καὶ ὄντως ὄντος), 67 („einer ist Gott“, εἷς ἐστιν ὁ θεός), 2.258 („dem einen […] Gott“, τῷ ἑνὶ […] θεῷ), 3.29 („die Verehrung des einen Gottes“, τὴν τοῦ ἑνὸς θεοῦ τιμήν), 4.159 (εἷς θεός). 33 Es fällt noch auf, dass im gleichen Kontext auch von der „Nachahmung“ Gottes die Rede ist: Der Mensch, geschaffen „nach dem Ebenbild“ (κατὰ τὴν εἰκόνα) Gottes, „richtet sich nach seinem Urbild“ (ἐφίεται […] τῆς εἰκόνος): „Jede Nachahmung aber sehnt nach dem, dessen Nachahmung sie ist“ (πᾶν δὲ μίμημα ποθεῖ τοῦτο, οὗπέρ ἐστι μίμημα, Leg. 2.4; vgl. μιμηταὶ τοῦ θεοῦ in Eph 5,1 [vgl. dazu 4,32]). Zum in Eph 4,6 vorliegenden Kontrast zwischen dem einen Gott und der Vielheit vgl. Zimmermann, Namen, 562 (s. o.).

8.4 Gott ist Vater aller

223

ἑνὸς θεοῦ δό­ξα), von woraus, wie aus einer Quelle, sie einander mit vereinigender und unauf lösbarer Freundschaft zugetan sind (Virt. 35).34

Wenn Eph gegen diesen Hintergrund gelesen wird, dann wird deutlich, warum der eine Glaube (μία πίστις, Eph 4,5) und der eine Gott (εἷς θεός, Eph 4,6) zur Sprache gebracht werden in einem Kontext, worin es um die Einheit der ἐκ­ κλη­σία geht: Der Glaube an den einen Gott ist die Basis der Einheit unter den Glaubenden.35

8.4 Gott ist Vater aller Schließlich nennt Philo den einen Gott etliche Male „Vater aller“ (πατὴρ πάν­ των). Er sagt zum Beispiel in De specialibus legibus 1.14, dass nach Moses die Gestirne „dem einen Vater aller untertan sind“ (ἑνὸς τοῦ πάντων πατρὸς ὑπ­άρ­χους) und ihn „nachahmen“ (μιμουμένους, vgl.  μιμηταί in Eph  5,1), in Quod omnis probus liber sit 43 spricht er vom „Vater aller“ (τῷ πάντων […] πα­τρί), in De opificio mundi 74 vom Schöpfer als „dem Gott und Vater aller“ (τῷ […] πάντων πατρὶ θεῷ), in De Abrahamo 58 von „dem Vater und Verfertiger aller“ (τὸν πατέρα καὶ ποιητὴν τῶν συμπάντων), in De decalogo 64 vom „Vater aller[, dem] einen Verfertiger des Alls“ (πατὴρ ἁπάντων εἷς ὁ ποιητὴς τῶν ὅλων ἐστίν), in De virtutibus 77 von „dem Heerführer, dem Verfertiger und Vater aller“ (στρατάρχῃ τῷ ποιητῇ πάντων καὶ πατρί), in 218 (des Virt.) von „dem ungeschaffenen Vater aller“ (τοῦ ἀγενήτου καὶ πάντων πατρός) und in De confusione linguarum 171 und 175 von „dem einen Gott“ (εἷς ὢν ὁ θεός, 171), der „der Vater des Alls“ ist (ὁ τοῦ παντὸς πατήρ, 175).36 Die Redewendung πατὴρ πάντων, welche in der frühchristlichen Literatur des ersten Jahrhunderts nur in Eph 4,6 auf Gott bezogen wird und signifikante Verbindungen in die Philosophie hat, kommt bei Philo in Verbindung mit philosophischen Ideen vor: In Quis rerum divinarum heres sit 62 zum Beispiel 34 S. Philo Virt. 35: ὁρᾶτε, ὡς ἀπερίληπτός ἐστιν ἡ τῶν Ἑβραίων πληθύς. τῆς δὲ πληθύος ἐσ­τὶν ἀργαλεώτερον ἐπιτείχισμα ἡ ὁμόνοια καὶ συμφωνία τούτων· αἴτιον δὲ τῆς ὁμονοίας τὸ ἀνω­τάτω καὶ μέγιστον ἡ περὶ τοῦ ἑνὸς θεοῦ δόξα, ἀφ᾽ ἧς οἷα πηγῆς ἑνωτικῇ καὶ ἀδιαλύτῳ φι­λίᾳ κέχρηνται πρὸς ἀλλήλους. 35 Dazu kommt, dass der Glaube an Christus Jesus die Basis der Einheit der Kirche aus Juden und Heiden ist (vgl. bes. Eph 1,1.15; 2,11–22; 3,6.12.17; 4,13). 36 Für „Vater des Alls“ s. a. z. B. Philo Post. 175: „dass Gott Verfertiger und Vater des Alls (ist)“ (τὸν θεὸν […] ποιητὴν καὶ πατέρα τοῦ παντός); Plant. 136: „der Hymnus auf den Va­ ter des Alls“ (ὁ εἰς τὸν πατέρα τοῦ παντὸς ὕμνος); Ebr. 131: „den Herrscher und Vater des Alls“ (τὸν δὲ τοῦ παντὸς ἡγεμόνα καὶ πατέρα); Mos. 2.46: „den Vater des Alls“ (τὸν πα­τέρα τοῦ παν­τός); Virt. 179: „den Schöpfer und Vater des Alls“ (τὸν κτίστην καὶ πατέρα τοῦ παν­ τός). Vgl. auch noch z. B. Mut.  45: „Insgesamt geziemt es dem Guten, Gefolge Gottes zu sein, denn der Herrscher aller und Vater des Gewordenen kümmert sich um ihn“ (συνόλως τε προσ­ήκει τὸν ἀστεῖον ὀπαδὸν εἶναι θεοῦ· μέλει γὰρ τῷ πάντων ἡγεμόνι καὶ πατρὶ τοῦ γενο­μέ­νου).

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8. Philo

wird πατὴρ πάντων in Kombination mit dem pythagoreischen „mutterlosen Prinzip“ verwendet (vgl.  Opif.  100; Leg.  1.15): „Sarah […], das mutterlose Prinzip, wurde (nur) vom Vater aller, von Gott allein erzeugt“ (Σάρρα […] ἐκ πα­τρὸς τοῦ πάντων θεοῦ μόνου γεννηθεῖσα ἡ ἀμήτωρ ἀρχή, Her. 62). Und in De fuga et inventione  109 wird vom „göttlichen Logos“ (λόγον θεῖον, Fug. 108) gesagt: „(Sein) Vater (ist) Gott, der auch Vater aller ist und (seine) Mutter Weisheit, durch welche alles zustande kam“ (πατρὸς μὲν θεοῦ, ὃς καὶ τῶν συμπάντων ἐστὶ πατήρ, μητρὸς δὲ σοφίας, δι᾽  ἧς τὰ ὅλα ἦλθεν εἰς γένεσιν, Fug. 109).

8.5 Ergebnis Aus der vorangehenden Analyse ergibt sich, dass alle Elemente von Eph 4,6 (vereinzelt) auch bei Philo vorkommen. Daraus folgt, dass εἷς θεός, πατὴρ πάν­ των, ἐπὶ πάντων und ἐν πᾶσιν nicht unbedingt (und διὰ πάντων sowieso nicht) paulinischer Herkunft sind.37 Damit ist nicht gesagt, dass die Elemente von Eph 4,6 über Philo oder das hellenistische Judentum vermittelt wurden.38 Es geht um Ausdrücke und Ideen, die Philo und Eph aus gemeinsamer, verbreiteter Tradition aufnehmen und auf eigene Weise im Kontext ihres eigenen theologischen Diskurses anwenden. Es betrifft damals gängige Vorstellungen. Für Rezipienten, die nicht ganz streng in der paulinischen Tradition stehen, ist Eph 4,6 keineswegs unverständlich, sofern sie von der geläufigen philosophischtheologischen Sprache Kenntnis haben.

37 Vgl. bes. 1 Kor 8,6 (εἷς θεὸς ὁ πατήρ), Röm 9,5 (ὁ ὢν ἐπὶ πάντων θεός) und 1 Kor 12,6 (ὁ δὲ αὐτὸς θεὸς ὁ ἐνεργῶν τὰ πάντα ἐν πᾶσιν). Paulus verwendet πατὴρ πάντων nur mit Be­ zug auf Abraham, s. Röm 4,11 (πατέρα πάντων) und 16 (πατὴρ πάντων ἡμῶν). 38 Anders Sellin, Epheser, 313: „Eph 4,6 enthält ein Bündel von Traditionen antiker Me­ taphorik und Theologie, die wahrscheinlich über das hellenistische Judentum vermittelt wur­ den.“

9. Ergebnisse Vor dem Hintergrund der besprochenen popularphilosophischen und hellenistisch-jüdischen Literatur wird Eph 4,6 durchaus verständlicher. Alle Elemente des Verses haben Verbindungen in die antike Philosophie (also auch gerade die Elemente, zu denen es keine neutestamentlichen Parallelen gibt; s. die auf Gott bezogenen Syntagmen πατὴρ πάντων und διὰ πάντων; s. a. ἑνότης in V. 3), das Verhältnis zwischen Eph und den untersuchten Texten ist aber nicht in entstehungsgeschichtlichen Kategorien zu verstehen: Es ist ein gemeinsamer Horizont, eine gemeinsame Tradition anzunehmen. Die Rede von dem einen Gott, der „durch alle(s)“ (διὰ πάντων) zieht, welche in der frühchristlichen Literatur des ersten Jahrhunderts nur in Eph 4,6 vorkommt, alludiert auf ein zu jener Zeit weitverbreitetes Thema. Es betrifft die kosmotheologische Frage, wie Gott in der Welt wirksam ist („Kosmotheologie“ im Sinne der Lehre vom Verhältnis zwischen Gott und dem Weltall). In Antwort auf diese Frage wird von den besprochenen Autoren ständig vorgebracht, dass Gott oder das Göttliche alles durchwaltet. Beim „Durchwalten“ geht es um die Verbindung zwischen der göttlichen Superiorität und Immanenz. Unter diesem Gesichtspunkt wird der Zusammenhang zwischen den drei Präpositionen in Eph 4,6 b deutlich: διά drückt Gottes Einwirken („Durchwalten“) aus und formt das Dazwischen von einerseits Gottes „Übergeordnetsein“ (ἐπί) und andererseits dessen „Enthaltensein“ (ἐν). Die kosmotheologische Anspielung, die in Eph 4,6 vorliegt, wird ekklesiologisch angewendet. Der Verfasser des Eph verwendet eine allgemeine Formulierung, die auf ein philosophisches Motiv anspielt, bezieht diese aber auf die Kirche. Die Allgemeinheit der Formulierung wird durch die vierfache Verwendung von einer unbestimmten (männlichen, oder sächlichen?), jedoch personalistisch gemeinten Form von πᾶς hervorgehoben. Die ekklesiologische Perspektive ergibt sich aus dem direkten Kontext des Verses: Es geht in Eph 4 durchaus um die Einheit der (getauften, V. 5) Mitglieder der Kirche (vgl. u. a. V. 3; s. a. V. 13, wo οἱ πάντες steht), die Wendung „Vater aller“ (πατὴρ πάν­των, V. 6) legt eine menschliche Beziehung nahe (vgl. Mal 2,10 LXX) und zwar zwischen Gott und den Glaubenden (vgl. Eph 1,2.5; 2,18; 5,1; vgl. auch Eph 2,12, wo die Nichtglaubenden „Gottlose“ [ἄθεοι] genannt werden) und der auf V. 6 folgende Satzteil, „ jedem einzelnen von uns aber …“ (ἑνὶ δὲ ἑκάστῳ ἡμῶν, V. 7) bezieht sich auf die (individuellen) Gläubigen. Wenn die Formen πάντων (3×) und πᾶσιν als Maskulinum (πάντες) gesehen und kontextuell betrachtet

226

9. Ergebnisse

werden, betreffen sie die Mitglieder der Kirche. Im ekklesiologischen Sinne meint Eph 4,6 b, dass Gott allen Glaubenden übergeordnet ist, alle Glaubenden durchdringt und in allen Glaubenden wirksam ist (vgl. u. a. Eph 1,19; 3,16.20; Philo Somn. 2.246–248; Her. 230–236). Gott steht über allen Glaubenden und wirkt in alle Glaubenden hinein. Im Hinblick auf die besprochenen philosophischen Texte wird auch anschaulich, dass das in Eph 4,6 Gesagte mit dem Thema „Einheit“ zusammenhängt: Es ist der eine Gott, der für Einheit in der Vielheit sorgt. Es wird erkennbar, dass εἷς θεός das Gegenstück von πάντα beziehungsweise πάντες bildet (vgl. bes. Philo Leg. 2.1–3; Plut. de E 393 b 5–6). Es wird auch ersichtlich, dass die Rede von dem einen Glauben (μία πίστις) in Eph 4,5 inhaltlich mit der Rede von dem einen Gott (εἷς θεός) in V. 6 verbunden ist: Der eine Glaube an den einen Gott ist die Grundlage der Einheit der Glaubenden (vgl. Philo Virt. 34– 35). Der Verfasser des Eph verbindet das für ihn aktuelle ekklesiologische Thema, das Aufrechterhalten der von Gott vorgegebenen Einheit der Christenheit als Kirche durch den verbindenden Glauben an Christus Jesus (vgl. bes. Eph 1,1.15; 2,11–21; 3,6.12.17; 4,3.13), mit kosmotheologischer Terminologie und Thematik, um klarzumachen, dass eine Spaltung der Kirche ein Verstoß gegen die göttliche Ordnung ist. Die göttliche Ordnung sieht Einheit vor, da Gott einer ist. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Eph 4,6 und manchen der untersuchten Texte ist, dass der Verfasser des Eph seine Aussagen nur beteuert, nicht begründet. Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass er intellektuell nicht „mithalten“ kann, da es nicht seine Intention zu sein scheint, sein Gottesbild zu fundieren. Dass die verwendete Terminologie und Thematik signifikante Verbindungen in die Philosophie haben, macht es wahrscheinlich, dass Eph in einem geistig-sozialen Milieu von Menschen verfasst wurde, die einer bestimmten Gesellschaftsschicht mit einem gewissen Bildungsniveau angehörten und deshalb gängige philosophische beziehungsweise kosmotheologische Begriffe und Themen wahrnehmen, verstehen und verarbeiten konnten.

III. Konklusion und Ausblick

10. Konklusion Durch die Rede von dem einen Gott, der „alle durchwaltet“ (διὰ πάντων, Eph 4,6), verbindet der Verfasser des Eph sein Werk, sei es absichtlich oder unabsichtlich, mit einem antiken Diskurs über Gott und Welt („Diskurs“ im Sinne von Auseinandersetzungen mit einem bestimmten Thema). Die Frage, inwiefern Gott oder das Göttliche alle(s) „durchwaltet“, war in der Antike ein weitverbreitetes Thema. Dieser Topos kommt unter anderem in pythagoreischen, platonischen, aristotelischen, stoischen und hellenistisch-jüdischen Traditionen vor und wird nicht nur als literarisches Thema, sondern auch als Bildungsthema für Jugendliche bezeugt. Letzteres zeigt, dass man kein Philosoph oder Theologe sein musste, um mit dem Thema in Berührung zu kommen. Dass die Redewendung „ein Gott, der durch alle (geht)“ in Eph vorkommt, kann kaum als Zufall gelten. Die dreigliedrige Formel in Eph 4,6 b ist, soweit bekannt, ohne wörtliche Parallele. Das zweite Element des Satzteils ([εἷς θεός, ὁ] διὰ πάντων) tritt in der frühchristlichen Literatur des ersten Jahrhunderts nur in Eph 4,6 auf, und zwar zwischen zwei Elementen, die bei Paulus vorkom­men ([εἷς θεός, ὁ] ἐπὶ πάντων, vgl. Röm 9,5 und [εἷς θεός, ὁ] ἐν πᾶσιν, vgl. 1 Kor 12,6). Deswegen kann Eph 4,6 b nicht als formelhafte, inhaltslose Ausdrucksweise abgetan werden. Das „fremde“, für die früheste christliche Literatur so­ wie die Septuaginta analogielose, Glied der Formel muss geklärt werden. Dabei muss das Eigenprofil des Eph ernst genommen werden. Aus dem Vergleich des in Eph  4,6 verwendeten Syntagmas εἷς θεὸς […] διὰ πάντων mit verschiedenen antiken Schriften, die das Verhältnis zwischen Gott und der Welt thematisieren, ergeben sich derartige Ähnlichkeiten, sowohl terminologisch als auch konzeptuell, dass die Nähe zwischen Eph und den besprochenen Schriften nicht von der Hand zu weisen ist. Als Erklärung für die Terminologie διὰ πάντων und die Auswahl an Themen in Eph reichen die literarische Abhängigkeit des Eph von Kol und die Kenntnis des Eph von paulinischen und anderen frühchristlichen Traditionen nicht aus. Da eine direkte literarische Abhängigkeit des Eph von den untersuchten Schriften nicht nachgewiesen werden kann, die Ähnlichkeiten zwischen den Texten aber nicht vernachlässigt werden können, ist ein gemeinsamer Horizont anzunehmen. Es liegt eine gemeinsame religiös-philosophische Tradition vor. Der Verfasser des Eph schreibt mit der Verwendung des εἷς θεὸς […] διὰ πάντων bewusst oder unbewusst seinen Text in den antiken Diskurs über das Verhältnis zwischen Gott und der Welt ein.

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10. Konklusion

Selbst wenn angenommen werden würde, dass der Verfasser des Eph sich dieser Tradition nicht bewusst war, gilt dennoch, dass der Zusammenhang zwischen Eph 4,6 und dem antiken Diskurs zumindest von gebildeten Rezipienten erspürt werden konnte. Die Anschlussfähigkeit von Eph 4,6 an den antiken Diskurs zeigt sich vor allem daran, dass die allgemeine Formulierung so interpretiert werden kann (πάντα, sächlich), dass sie eine gewisse Kontinuität mit in der Antike viel diskutierten Themen aufweist: Gott ist allem übergeordnet, durchwaltet alles und ist in allem anwesend. So betrachtet formt διὰ πάντων die Verbindung zwischen ἐπὶ πάντων (Gottes „Übergeordnetsein“) und ἐν πᾶ­ σιν (Gottes „Innewohnen“). Die Interpretation von Eph  4,6 im Horizont des antiken Diskurses macht es also leichter, die Kohärenz des Verses zu erkennen. Dabei drückt das „Durchwalten“ die Wirkung Gottes aus. Es ist der eine in der Welt wirksame Gott, der für Einheit in der Vielheit (vgl. „alle[s]“) sorgt. Die Eigenart von Eph 4,6 im Vergleich mit den untersuchten Texten liegt vor allem darin, dass der Vers sich, trotz der allgemeinen Formulierung, auf die (getauften) Mitglieder der Kirche bezieht (πάντες, männlich). Hier liegt eine Diskontinuität mit dem antiken Diskurs und zugleich eine Kontinuität mit der paulinischen Tradition vor (vgl. die paulinische ekklesiologische Perspektive in vor allem 1 Kor 12,6): Der eine Gott und Vater aller Glaubenden (die Nichtglaubenden sind nach Eph  2,11 ἄθεοι) steht über allen Glaubenden, durchdringt alle Glaubenden und ist in allen Glaubenden wirksam. So betrachtet drückt das „Durchwalten“ die Wirkung Gottes in den Gliedern der Kirche aus: Es ist der eine Gott, der über allen Glaubenden steht und in alle Glaubenden hineinwirkt, der dafür sorgt, dass die von ihm präfigurierte Einheit der Kirche sich in der irdischen Kirche durchsetzt. Für (einigermaßen) gebildete Rezipienten erschließt Eph 4,6 eine eigenständige Stellungnahme in einem weitverbreiteten antiken Diskurs über die Frage, wie Gott in der Welt wirksam ist und für Einheit in der Vielheit sorgt. Eph greift ein Achsenthema auf, ein Thema, das breit diskutiert wurde. Dieses Achsenthema wird in Eph in einem jüdisch-christlichen schöpfungstheologischen Rahmen in Anlehnung an philosophische beziehungsweise kosmotheologische Motive ekklesiologisch dargestellt. Die für den Verfasser des Eph aktuelle Problemstellung ist die Einheit der Kirche. Betont wird, dass die Mitglieder der Kirche der von dem einen Gott präfigurierten Einheit der an Christus Glaubenden (gegenüber den Nicht-Glaubenden) entweder entsprechen oder sie verlieren können und dass Spaltung wider die göttliche Ordnung geht, die eigentlich Einheit vorsieht, da Gott einer ist. Dass diese Problemstellung in Eph unter Bezugnahme auf philosophische beziehungsweise kosmotheologische Terminologie und Thematik konzipiert wird, ist ein Indiz, dass der Text in einem kulturellen Raum zu verorten ist, in dem solche Begrifflichkeiten und Konzepte bekannt oder vertraut waren. Wenn der Verfasser des Eph seine Schrift bewusst mit der antiken Philosophie verbunden hat, dann liegt hier ein Beispiel der Verankerung innovativer

10. Konklusion

231

Ideen eines frühchristlichen Autors in gängigen zeitgenössischen Denkmodellen vor. Die Verankerung einer Neuigkeit im Wissensbestand der Gesellschaft kann eine bewusste Strategie sein. Neues lässt sich am besten anhand von schon Bekanntem vermitteln. So betrachtet versucht der Verfasser des Eph womöglich, über die Köpfe seiner direkten Adressaten hinweg, gebildete Nichtchristen zu erreichen.

11. Ausblick Es ist ein Desiderat, weiter zu prüfen, ob das vorher Angeführte auch für andere Elemente des Eph und darüber hinaus für andere frühchristliche Texte gilt. Jetzt folgen nur noch einige kurze Bemerkungen zu den weiterreichenden Konsequenzen des besprochenen Beispiels für die neutestamentliche Exegese und die Theologie als Wissenschaftsdisziplin. Eine erste Konsequenz betrifft die Produktionsvoraussetzungen eines neutestamentlichen Textes, mit welchen die Exegese rechnen muss. Die in Eph 4,6 vorliegende Formel, die von dem einen Gott, der διὰ πάντων geht, spricht, kommt nicht von ungefähr: Die Redewendung, die anderswo in der neutestamentlichen Literatur nicht vorkommt, hat signifikante Verbindungen, sowohl sprachlich als auch inhaltlich, in die pagane und hellenistisch-jüdische Philosophie. Der Verfasser verbindet seinen Text mit einer weitverbreiteten antiken Tradition. Dabei gilt, dass er das Thema nicht einfach übernimmt, sondern es auf eigene Weise ekklesiologisch deutet. Über die schriftstellerische Tätigkeit des Verfassers sagt dies Folgendes aus: Der Verfasser des Eph will nicht nur „paulinische“ (d. h. mit dem Namen des Paulus verbundene) Traditionen vermitteln, sondern auch Gedankengut, das nicht bei „Paulus“ vorkommt. Außerdem ist es so, dass er nicht bloß ihm bekannte paulinische und andere Traditionen vermittelt, sondern unter dem Namen des Paulus seine eigenen Ideen darlegt. Die Auswirkung auf die Exegese kann darin bestehen, die Verfasser der „deutero-“ und „tritopaulinischen“ Schriften nicht als Epigonen des Paulus zu betrachten, sondern ihre mögliche Einbindung in nicht-paulinische Denkmodelle zu berücksichtigen und vor allem ihr Eigenprofil ernst zu nehmen. Die sogenannte „deutero-“ und „tritopaulinische“ Tradition zeigt sich nicht als einheitliche, kontinuierliche „Linie“ oder „Schule“, sondern es handelt sich vielmehr um verschiedene eigenständige christliche Theologen (und Theologinnen?), die bei der Vermittlung ihrer eigenen Ideen die Person des Paulus in Anspruch nehmen, das heißt, ihre Ideen unter die Autorität des Apostels stellen. Eine zweite Konsequenz betrifft die Rezeptionsvoraussetzungen. Wer den philosophischen beziehungsweise kosmotheologischen Hintergrund von Eph 4,6 nicht erkennt, kann den Sinn des Verses nicht völlig verstehen. Dies gilt sowohl für die ursprünglichen Rezipienten des Eph als auch für moderne Leserinnen und Leser. Wer Eph auslegt, muss nicht nur die paulinische Tradition, sondern auch andere hellenistische („außerbiblische“) Denkmodelle kennen.

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11. Ausblick

Letzteres zeigt, dass für die wissenschaftliche Exegese eines neutestamentlichen Textes die sogenannte „kanonische“ Auslegung, welche die neutestamentlichen Schriften primär im Kontext des biblischen Kanons interpretiert, nicht ausreicht. Die neutestamentliche Exegese muss über die Kanongrenzen hinausschauen, um zu einem adäquaten Verständnis der neutestamentlichen Literatur zu kommen. Dabei kann sie nicht außer Betracht lassen, dass die neutestamentlichen Schriften diskursvernetzt und mithin historisch eingebunden sind. Demzufolge ist die wissenschaftliche Exegese per definitionem historischkritische Exegese und die (christliche) wissenschaftliche Theologie, vorausgesetzt, dass sie sich für die biblische Literatur interessiert, im Grunde biblischhistorische Theologie. Für eine christlich-theologische Wahrheitsfindung ist es unverzichtbar, historisch zu arbeiten. In diesem Zusammenhang möchte ich den Ausdruck diskursvernetzte Theologie vorschlagen. Sprechen von Gott ist immer diskursvernetzt. Damit zeigt sich die geschichtliche Basis und Bindung theologischer Aussagen. Diese abschließenden Bemerkungen zu den weiterführenden Konsequenzen der vorliegenden Studie für die Exegese und Theologie als Wissenschaft lassen sich anhand von Eph 4,6 treffend illustrieren.

Literaturverzeichnis Abkürzungen erfolgen nach Siegfried M. Schwertner (Hg.), Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin / Boston, MA: de Gruyter 32014, Abkürzungen von antiken paganen Autoren und Werktiteln folgen aber dem online verfügbaren „Erweiterten Abkürzungsverzeichnis“ des Neuen Pauly.1

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Stellenregister Altes Testament Genesis 1–3 220 1–2 57, 192 1,27 219 2,18–25 193 2,18 221 2,21–23 193 2,24 193 2,24 LXX 193 3,8 214 4,16 214 11,5 215 Exodus 17,6 215 20,23 221 Levitikus 26,12 218 Numeri 25,1–9 222 27,1–11 216 31 222 Deuteronomium 4,39 6,4–9 6,4–6 6,4–5 6,4

214, 217 63 57 50 27, 35, 44, 61–62, 64, 79, 81, 84, 86, 91, 93, 98–99, 101, 104, 109, 111, 124, 131, 137, 139–140 14,1 93 32,6 131

2. Esdras 19,6

89–90

2. Makkabäerbuch 7,37 84 3. Makkabäerbuch 6,8 93 Psalmen 2 109–110 8 109–110 28,3–5 LXX 60 28,7–9 LXX 60 29 60 29,3–5 60 29,7–9 60 29,10 30–31 45,5 a LXX 218 46,8 LXX 132–133 47,8 132–133 102,22 LXX 133 103,13 93 103,22 133 138,8–10 LXX 133 139,8–10 133 Sprüche 3,12

93

Weisheit 7,22–24 3 7,22 3 7,23 3 7,24 3 14,3 93

252

Stellenregister

Sirach 5,9 43,27

59 52, 57, 59

Sacharja 14,9

27, 57, 133

Maleachi 2,10 2,10 LXX

Jesaja 1,2 93 40,28 38 44,6–20 98 57,19–20 LXX 160, 207 63,16 131 66,1 133

12, 22, 38, 66, 74, 91, 137, 139 53, 86, 127, 174, 225

Jeremia 23,24

109–110, 133

Ezechiel 36,27

91

Neues Testament Matthäus 5,9 22 6,6 82 7,11 82 23,9 82 Markus 1,15

206

Johannes 1,1–18 82 1,3 86 1,12 74, 118 10,16 128 10,30 128 11,52 128 14,16–17 119 14,17 91 14,23 91 17 22 17,6 20 17,11 128 17,20–23 130 17,20–21 56 17,22–23 128 Apostelgeschichte 17,24 86 17,25 54 17,26 12 17,28 12–13, 82, 202

Römerbrief 1,7 104 1,20 177 1,21 209 2,18–20 195, 209 2,19–20 209 3,9 140 3,22 20, 140 3,29–30 30, 39, 48, 173 3,29 52 3,30 12, 14, 20, 39, 64, 99, 104, 111, 122 4,11 86, 140, 174, 224 4,16 86, 140, 174, 224 8,9 91, 104, 118–119 8,11 104 8,15 20, 53, 65, 85, 98, 109–110, 118, 158, 201 8,23 158, 201 9,4 158, 201 9,5 3, 11, 16, 20, 31, 35–36, 47, 54, 61, 63, 65, 75, 77, 88, 96, 98–99, 106–107, 116, 118, 124–125, 132, 135, 140, 145, 199, 224, 229 9,5 b 77 10,12 140 11,36 7, 12, 14, 20, 24, 29, 32, 35–36, 41, 52

Stellenregister 11,36

12 12,1 12,2 12,4–5 13,9 15,6

59, 62, 64, 73–74, 76, 81–82, 84–85, 87, 90, 94, 98–99, 101–102, 104, 107, 109–111, 114, 118, 132, 135, 140–141, 146 78–79 115, 144 195, 209 128 203 104, 118, 128

1. Korintherbrief 1,3 104 1,26 144 2,12 119 3,16 91, 104 3,23 43 4,16 115, 144 6,19–20 119 6,19 104 7,20 144 8,4–6 61, 94, 104, 122 8,4 b–6 94 8,4 79, 98 8,5–6 68, 111, 120, 124 8,5 19, 68, 98 8,6–7 125 8,6 3, 7, 14–15, 20, 24, 27, 29, 32, 34–38, 41, 43, 46–47, 50–52, 59, 63–66, 68, 73–75, 77–82, 84–89, 92, 96, 98–102, 104, 106–107, 109–113, 116, 118–119, 125, 132–133, 135, 138, 140, 145–146, 158, 173–174, 200–201, 224 8,6 a 32, 125 10,17 64, 128 11,12 86 12 78–79, 116 12,2 98 12,4–14 18

253

12,4–13 77 12,4–11 31, 47–48, 72, 92 12,4–7 56, 106, 145 12,4–6 32, 38, 41, 63, 74–75, 86, 89, 96, 98, 100, 109, 113, 116–117, 130 12,4 106, 145 12,5–6 41 12,5 106, 145 12,6–7 106 12,6 3, 16, 31, 35–36, 39, 47–48, 61, 63, 65, 73, 75, 77, 86, 88–89, 92, 96, 99, 106–107, 113, 116, 119, 124–125, 132, 135, 145, 200, 224, 229–230 12,7 106, 116, 145 12,8 20 12,11 37, 130 12,12–13 27, 102, 130 12,13 64, 106, 116, 128, 145 12,27–28 18 13,13 116 15,28 13, 61, 65, 73, 85–86, 99 2. Korintherbrief 1,2–3 104 1,2 104 1,3 104, 118 3,11 20 4,2 160, 207 4,4 98 4,16 185 5,18 86 6,16 104 9,8 139 11,9 145 11,31 104, 118 13,13 86 Galaterbrief 1,3 104 2,10 145 3,5 104

254

Stellenregister

Galaterbrief (Fortsetzung) 3,16 128 3,20 30, 52, 61, 64, 104, 122, 128 3,22 64 3,26–28 43 3,26 74, 118 3,27–28 130 3,28 128, 193–194 4,4 206 4,5 12, 158, 201 4,6 53, 65, 85, 110, 118–119 5,5–6 116 Epheserbrief 1–4 128 1–3 23, 140 1,1 223, 226 1,2–3 110 1,2 13, 18, 50, 58, 69, 110, 122, 127, 139, 143, 158, 201, 225 1,3–14 177, 186 1,3–10 94 1,3 13, 18, 30, 44, 58, 82, 98, 104, 110, 118, 122–123, 128, 139, 158, 177, 186, 201 1,4–14 117 1,4 177, 181, 186–187, 192, 194, 203 1,5 12, 41, 50, 58, 127, 135, 143, 158, 201, 225 1,8 128 1,9–10 43–44, 93, 101, 109, 121, 202 1,9 84 1,10–11 110, 128, 135 1,10 27–29, 42–43, 47, 55, 58, 63–65, 71, 84–85, 99, 104, 108, 111, 118, 122, 128–129, 132, 136, 140–141, 172, 177, 181, 186–187, 192, 203–206

1,11 1,13–14 1,13 1,15–2,10 1,15 1,17

122, 128, 189, 207 139 177, 187 112 128, 223, 226 30, 44, 58, 69, 117, 122–123, 158, 194, 201 1,19 39, 186, 200, 226 1,20–23 42, 111, 135 1,20 112, 206 1,21 29, 128 1,22–23 58, 66, 83, 85, 89, 104, 110, 118, 128–129, 132, 134, 136, 140, 203–204 1,22 19, 72, 85, 129, 135, 141, 203 1,22 a 128 1,22 b 128 1,23 35, 42, 47, 49, 66, 68, 85, 88, 109, 128–129, 139, 141, 194 2 101 2,1–5 209 2,2 210 2,3 85, 128 2,5–6 148 2,5 177, 187 2,6 112 2,8 177, 187 2,10 119, 177, 219 2,11–22 97, 134, 223 2,11–21 194, 226 2,11 194, 230 2,12 50, 58, 102, 127, 143, 207, 220–221, 225 2,12 b 102 2,13 88, 131, 160, 207 2,14–18 107, 128 2,14–15 180 2,14 22, 40, 97, 205 2,15 205 2,16 23, 66, 97, 205 2,17 160, 180, 207 2,18–19 69 2,18 23, 39, 44, 50, 58

Stellenregister 2,18

65, 72–73, 79–81, 88, 98, 102, 117, 122–123, 135, 158, 201, 205, 225 2,19–22 139 2,19 23 2,21–22 130 2,21 128 2,22 39, 65–66, 75, 91, 96, 101, 117, 119, 135, 144 3,1 144 3,2 206 3,4–5 117 3,6 223, 226 3,8 128 3,9–10 42, 134 3,9 12, 36, 45, 50, 55, 58, 72, 84–85, 91, 104, 110–111, 118, 120, 125, 129, 135, 140–141, 177, 186, 206 3,9 a 128 3,9 b 128 3,10 19, 55, 84, 104 3,12 73, 223, 226 3,14–17 117 3,14–15 8, 43–44, 47, 58, 69, 85, 87, 92, 96, 98, 110–111, 117–118, 122–123, 125, 140 3,14 23, 30, 85, 87, 113, 123, 136 3,15 18–19, 22, 27, 39, 42, 50–51, 61, 72–73, 85, 91, 99, 113, 120, 128–129, 135, 140–141 3,16 185, 226 3,17 54, 223, 226 3,18–21 128 3,18 34, 96, 128 3,19–21 140 3,19 130, 139, 214–217 3,20–21 186, 199, 203–204 3,20 128, 140, 203, 226 3,21 19, 128 3,23 19

255

3,24 19 3,25 19 3,27 19 3,29 19 3,32 19 4–6 24, 48, 62, 135, 140 4 66, 127, 225 4,1 ff. 26, 134 4,1–6,9 127–128 4,1–17 112 4,1–16 11–12, 17, 22, 24– 25, 34–37, 45, 51, 67–69, 84, 90, 92, 97–98, 111, 113–114, 120–121, 123, 130, 134–135, 138–139, 141, 143, 163 4,1–7 a 144–145 4,1–6 11–12, 27, 37, 51, 60, 63, 71, 80, 82, 88, 91–95, 98–101, 108, 112, 115, 119, 128–130, 134–135, 139–140, 144, 147 4,1–5 29 4,1–4 96, 143 4,1–3 23, 79, 93, 95, 99, 109, 112–113, 115, 117, 123, 129 4,1 27, 79, 84–85, 106, 115, 143–144 4,2–7 a 106 4,2–6 43, 82 4,2–4 115 4,2–3 61, 115 4,2 21, 106, 116, 128, 144, 194 4,3 ff. 41 4,3–7 106 4,3–6 22, 60, 65, 68, 83, 102, 117, 204 4,3–5 47, 73 4,3–4 18, 45, 106, 116, 145 4,3 8, 12–13, 16, 21–22, 24, 33–34, 40, 45, 49–51, 67, 69, 79, 89, 97, 99, 101, 106, 109, 115–117, 120–121, 131

256

Stellenregister

Epheserbrief (Fortsetzung) 4,3 140–141, 143–144, 146, 160, 163, 178, 180–181, 206–207, 217, 225–226 4,3 b 106 4,4 ff. 38 4,4–16 78 4,4–7 16, 60, 105, 128 4,4–6 11–12, 14, 18–27, 30, 32–36, 38, 40–42, 45–46, 48, 50–51, 53–54, 56, 60–65, 67–71, 74– 76, 78–82, 86–89, 91, 93, 95–103, 105–106, 108–109, 111–114, 116–117, 120–125, 129–131, 133–138, 140–141, 146 4,4–5 61–62, 79, 92, 102, 105, 116, 120, 138 4,4 12, 16, 23–25, 33, 40, 45, 66–67, 74, 78–79, 82, 84–85, 89, 92–93, 95, 97– 98, 105–106, 109, 112, 115–117, 120, 124, 129, 136–138, 143–144, 180 4,4 a 42 4,4 b 56, 115 4,5–6 7–8, 12, 16, 33, 42, 107, 110, 112, 116, 119 4,5 24–25, 33, 40, 45, 74, 78–79, 82, 87, 89, 92–93, 95–96, 98, 100, 105–106, 109, 112, 116–117, 124, 137–138, 143– 144, 223, 225–226 4,6–7 106 4,6 passim 4,7 ff. 78 4,7–16 129 4,7–13 117 4,7–8 130

4,7

16, 23, 29, 36, 47, 59–60, 73, 77, 81, 83, 85, 88, 94, 103, 106, 109–110, 115– 116, 118, 127, 129–­ 130, 135, 139, 143–­ 144, 163, 173, 225 4,7 a 42, 49–50, 143–144 4,8–10 42 4,9 163 4,10 85, 104, 110, 118, 128–129, 132, 163 4,11 130 4,12 33, 66, 143 4,13–15 128, 160, 207 4,13 13, 45, 56, 85, 106, 128, 143, 160, 163, 178, 180–181, 194, 206, 217, 223, 225–226 4,14 59, 160, 162–163, 208 4,15 85, 128, 203 4,16 8, 33, 66, 79, 128, 143, 163, 194 4,17–19 209 4,17 209 4,18 209 4,19 128 4,20–32 80 4,23–24 194 4,23 82 4,24 194, 219 4,25–31 209 4,29 128 4,31 128 4,32 175, 194, 221–222 5–6 128 5,1–21 80 5,1 50, 127, 143, 158, 175, 194, 201–202, 215, 218–219, 221–223, 225 5,3–18 209 5,3 128 5,5 128 5,9 128 5,13–14 128 5,13 85

257

Stellenregister 5,17 195, 209 5,18–20 117 5,18 82 5,20 58, 128, 158, 201 5,21–6,9 138, 192 5,21–22 192 5,22–6,9 193 5,22–33 93 5,23 66, 193, 203 5,24 128 5,30 66 5,31–32 204–205 5,31 128, 181, 193, 205 5,32 181, 193, 205 5,33 128 6,8 194 6,9 192–193 6,11–13 209 6,11 160, 194, 207 6,16 128, 209 6,18 128 6,21 128 6,23 58, 158, 201 6,24 128 Philipperbrief 1,27–2,4 130 1,27 64, 128 2,2 66, 128 2,10–11 65 2,11 82 Kolosserbrief 1,2 118 1,3 118 1,4–5 106, 116, 145 1,4 106, 145 1,5 106, 145 1,11 186 1,15–20 94 1,16–17 7, 59, 86, 90, 135 1,16 15, 18, 74, 98–99, 104, 110, 118, 203 1,17 35–36 1,19 214 1,20 192, 203 1,21 209 1,29 186 2,12 106, 116, 145

2,19 3,10–12 3,10 3,11 3,12–15 3,12 b–15 3,12 3,12 b 3,13 3,14–15 3,14 3,15 3,18 3,25–4,1

8, 194 194 194 81, 86, 99, 194 115, 130 106, 144 194 106, 144 106, 144 106, 116 106, 144 106, 115–116, 128, 144 192 193

1. Thessalonicherbrief 1,3 116 1,6 158, 175, 201 1,9 98 2,3 160, 207 2,12 115, 144 3,11 20 4,14 20 5,8 116 2. Thessalonicherbrief 1,11 144 2,16 118 1. Timotheusbrief 2,4–5 2,5–6 2,5 4,10

140 112 30, 52, 79, 82, 104, 122 91

2. Timotheusbrief 1,8 144 Philemonbrief 1 144 3 118 9 144 Hebräerbrief 1,3 98 2,10–11 111 2,10 7, 59, 86

258 Jakobusbrief 2,19

Stellenregister

104

1. Petrusbrief 1,2 79 1,3 20 2,15 209 2. Petrusbrief 1,10 2,18 3,17

145 160, 207 160, 207

1. Johannesbrief 2,27 3,24 4,6 4,13 4,15–16

119 119 160, 207 119 91

Judasbrief 12

160, 207

Jüdische Autoren Josephus 77–78, 80 Antiquitates Iudaicae 3.91 131 4.201 104, 131–132 5.97 84, 131 5.112 93 8.343 84, 131 Contra Apionem 2.193 Philo

De Abrahamo 58

16, 27, 57, 77–78, 84, 90, 135 4, 15, 48–49, 80, 85–86, 119–120, 122, 127–128, 132, 146, 213–224 223

De aeternitate mundi 4 213 8 213 10 213 12 213 13–14 213 13 216 15 216 16 213 17 213 18 213 27 213 38 213 52 213 54 213

55 213 76 213 78 213 89 213 102 213 141 213 De cherubim 27 222 83 220 119 93 125–126 102–103 127 15 De confusione linguarum 134 215 135 215 136–138 215–217 136 216 137–138 216 137 216 144–145 222 170–171 220 171 223 175 223 De decalogo 64 223 134 93 De ebrietate 30 103–104 42 104 61 104 74 104

Stellenregister 81 91, 104 131 104, 223 147 103 De fuga et inventione 71 222 108 224 109 224 112 219–220 De gigantibus 64 222 De migratione Abrahami 56 132–133 178–183 217–218 179 217 181 217 182 217 183 218 De mutatione nominum 45 223 De opificio mundi 220 74 86, 132, 223 75 132 100 220, 224 170 220 171 220–221 172 221 De plantatione 58 132, 217 59–60 217 60 217 136 223 137 222 De posteritate Caini 6 49, 103, 126, 214–215 7 215 153 120 175 125, 223 De sacrificiis Abelis et Caini 67–68 214–215 67 49, 85 68 215 De somniis 1.229 2.246–249

222 218

259

2.246–248 226 2.246 218 2.247 218 2.248 218 2.249 218 De specialibus legibus 1.13–14 91, 120, 125 1.14 53, 86, 135, 223 1.30 222 1.52 84, 222 1.65 222 1.66 90 1.67 16, 27, 57, 84, 122, 222 1.331–332 222 1.331 222 1.332 222 2.258 222 3.29 222 4.159 84, 222 De virtutibus 34–35 226 34 222 35 84, 122, 222–223 77 120, 125, 223 179 223 218 86, 223 De vita Mosis 1.201 217 2.46 223 2.127 218 2.238 49, 85, 216–217 Legatio ad Gaium 115 90 Legum allegoriae 1.15 224 1.48 221 1.51 221 2.1–3 221, 226 2.1 84, 221 2.2 221 2.3 221–222 2.4 222 2.51 222 3.4 49, 85, 132–133, 214 3.82 222 3.105 222

260

Stellenregister

Philo (Fortsetzung) Quis rerum divinarum heres sit 62 103, 125, 135, 223–224 98 93 230–236 219, 226 230–231 219 230 219 231 219 233 219 234 219 236 219 Quod deterius potiori insidiari soleat 147 103 160 93

Quod Deus sit immutabilis 29 218 Quod omnis probus liber sit 43 86, 223 Sibyllinische Orakel Frgm. 1 57 Frgm. 3 57 3.11 84 3.629 84 Syrische BaruchApokalypse 48.23–24 48.24 85.14

27, 122–123 84, 122–123 57 84, 122

Christliche Autoren 1. Clemensbrief 46.6

105 105

Calvin

57, 136

Irenäus Adversus haereses 2.2.6 103 4.20.2 103

Chrysostomos

57

Oikumenius

57

Origenes

151

Clemens Alexandrinus Stromateis 5.8.48.1 Erasmus Annotationes

151 198 57–58, 148 7, 57

Novum Instrumentum omne 57 Paraphrases

58

Ignatius von Antiochien 178

Pseudo-Iustinus Martyr Ad Graecos de vera religione 19.2 174 Testamente der zwölf Patriarchen 178 Theodoret

57

Theophylakt

57

261

Stellenregister

Pagane Autoren Ailios Aristeides Orationes 8.53.5 = 45.21

8

Aischylos Frgm. 70 N

57

Apollodor von Damaskus 178 Apollonios von Tyana Epistulae 58 58.2 58.3

Magna moralia 2.9.1 = 1207 b 2.9.2 = 1207 b Chrysippos

163 163 163

Epiktetos Dissertationes 1.12.16

151

Epikuros

178, 180

178, 183–184, 203, 213 203 203 151, 174, 178

Comarius (Alchemist) 178 Demetrios Lakon 178

Frgm. 5 Frgm. 5.4–8 Frgm. 5.6–8

156 156

Empedokles 178

Cicero 156 De natura deorum 1.27 156

Diogenes von Apollonia

Dorischer Ἱερὸς λόγος Frgm. 4

163, 178

Aratos 202 Phaenomena 5 a 202 Aristoteles

Diogenes Laertius 174 Vitae philosophorum 7.147–148 146 7.147 7, 146 7.147.1 174 7.147.4–6 174

72–73, 77–78, 82, 126, 137 87, 120, 125–126 3 72–73, 77–78

205

Euripides 168 Troades 886 167 Goldene Verse 1–49 a 1–48 1 48 49 b–71 49 b–64 49 b–51 49 b 50–51 50 51 52–53 52 54–60 54 55–56 57–58 57 a 58 58 a 59–60

4, 146, 151–163 153 153 158 157 153 153, 161 152 152 152–153, 155, 157, 159–162 154, 158 153–158 162 157, 159, 161–162 161 161 161 161 161 162 208 161

262

Stellenregister

Goldene Verse (Fortsetzung) 59 161 60 162 61 157–158 62 157, 159 63 159–160 63 b 159 64 157 66 159 67–68 159 70–71 159 70 159

24–25 205 24 201, 208–210 25 210 26 208 30 208 32–35 209 33 209 34–35 209 34 201 35 199, 209 38–39 201 39 200–201, 209

Heraklit Frgm. 51 Frgm. 77

198 198 205

Longinos 178

Homer Ilias 2.204–205

188, 200

Kleanthes Zeushymnus

220

57 4, 47, 57, 146, 197–211 1 198–200 2 199 3 202 4 159, 202 5 202 7–8 198–199, 201, 209–210 9 198 10 198 11 198 12–13 198 12 198–200 13 201 14 199–200 15–16 209 15 207 16 207 17–39 209 17 207–209 18–20 205 18–19 204, 206 20 204–206 21–22 205, 208 21 204, 206, 208 22 208

Lukian 210–211 Hermotimos 210 80–82 210 81 210 Macrobius 146 Saturnalia 1.20.11 146 Mark Aurel Selbstbetrachtungen 4.23 7.9 7.9.1 7.9.2 Musonius Rufus

7–9, 14, 16, 27, 57, 75, 78, 88, 126 7–9 15, 75, 85, 93, 111, 124, 135 7–8, 57, 82, 103–104, 135 8 14, 48, 78, 89, 100, 125–126 93

Nikolaos von Damaskus Frgm. 130.26.95 203 Philodemos 178 Philolaos 220 Platon

15, 86, 126, 166–167, 169–170, 174, 213–214, 216

263

Stellenregister Gorgias 467 d

157

Theaitetos 176 b

175

Timaios 28 c–29 a 28 c 4–5 28 c 34 b 34 b 1 34 b 4–5 34 b 4 34 b 6 35 a 1–36 b 5

126, 178, 216 174 174, 216 93, 127 169 169 169 169 169 167

Plutarch Frgm. 48.18–19

4, 146, 151, 165–181 174

Ad principem ineruditum 780 e 6–7 171, 177 781 f  1–8 171 Amatorius 180 769 f  1 180 769 f  2 180 769 f  4–770 a 1 180 Animine an corporis affectiones sint peiores 501 e–f 165 501 e 10 165 501 f  3 165 Aratus 53.4.8

177

Aristeides 11.5.6

177

De amicorum multitudine 95 a 6–b 6

179 179–180

De animae procreatione in Timaeo 167 1012 a–b 167 1014 a–c 177 1014 a 11 168 1014 b 168 1014 b 5 168 1014 b 7 177 1014 b 10–11 168

1014 b 10 1014 b 12–13 1014 c 3 1014 c 6 1014 c 9 1014 c 11 1014 e 2–4 1014 e 2–3 1014 e 3–4 1014 e 4–5 1014 e 4 1014 e 6–7 1015 a–e 6–7 1016 c 6–7 1016 c 8 1016 c 11–12 1026 b 9–c 2 1026 b 12 1026 c 1–2

168 168 168 168 168, 177 168, 177 171 169 169–170 168 169 169 168 168 168 168–169, 171 167, 171 171, 176 171

De communibus notitiis adversus Stoicos 179 1076 b 3 177 1085 c 9–d 7 179 De defectu oraculorum 178 413 c 2 177 413 c 7 177 413 c 8–9 177 416 d 2–6 178 416 e 6–10 178 416 e 10–f  2 178 417 a 5–b 2 178 424 e 6–7 178 425 f  6–426 a 2 171, 174 De E apud Delphos 172, 176 392 a 2–3 172 392 a 4–8 172 392 a 8–12 172 392 a 12–13 172 392 e 8–10 172 393 a 9–10 172 393 a 9 172 393 a 14 172 393 b 2–4 172 393 b 5–6 173, 226 393 b 8 173 393 c 1–5 173 394 c 172

264

Stellenregister

Plutarch, De facie in orbe lunae 927 b 1–2 177

1001 a 8 170 1001 a 10–13 170 1001 b 1 170 1001 b 3–4 170–171 1001 b 5–6 170 1001 b 9–10 169 1001 b 10–12 170 1001 c 1–4 170, 176 1001 c 1 176 1001 c 6 169 1001 d 5 169 1002 b 2–3 171, 176 1002 c 2–3 169, 171

De fato 573 b 12–13

174

De Iside et Osiride 351 c–d 351 e 351 e 5 351 e 6–7 351 e 6 371 a 6 371 a 10–11 371 a 12–13 372 f  7–8 382 f  5 382 f  8–383 a 1

175 176 175 175 175 170 170 170 175 176 176

De sera numinis vindicta 550 a 8 550 d–551 c 6 550 e 3–5 550 f  5–6 558 f  11–12 559 a 1 559 a 4–8 559 c 6–9 559 c 13–d 1

175, 179 171 175 175 175 179 179 179 179 179

Quaestiones conviviales 177 671 c 3–672 c 5 166 678 c 6 165 685 c 1–2 171, 176 685 d 5 177 720 a 11–c 5 177 720 a 12–b 2 178 720 a 12 178 720 a 13 178 720 b 4–6 178 720 b 7–8 178 720 b 10–11 178 720 c 2–3 178 722 d 4–5 171, 177

De virtute morali 441 f  8–9

176

Septem sapientium convivium 163 e 10–f  2 177

De vitando aere alieno 830 b 5 177 830 b 10 177 Demosthenes 2.2.3–7 165 2.2.5–7 165 27.6.4 177 Non posse suaviter vivi secundum Epicurum 1102 d 7–8 171, 174 Pelopidas 21.4.5–6 Platonicae quaestiones 1000 e 12–13

127, 174 167, 169 53, 170, 173–174, 177

Themistokles 27.3.5

177

Vitae decem oratorum (Ps.-Plutarch) 846 d 8–9 177 Poseidonios

174, 178

Pseudo-Aristoteles De mundo 391 a 1 391 a 2 391 a 9–10 391 a 10–11 391 a 11–12 391 a 11 391 a 15–16 391 a 15

4, 146, 183–196 195 184 195 195 195 195 195 190

265

Stellenregister 391 a 21 391 b 3–8 391 b 4 391 b 9–10 391 b 11–12 391 b 15–16 391 b 17 393 a 4–5 394 b 9–11 394 b 10–11 396 a 30–32 396 a 33–34 396 b 1–2 396 b 4–6 396 b 7–11 396 b 9 396 b 23–397 a 5 396 b 23–25 396 b 27–34 396 b 27–28 396 b 28–29 396 b 28 396 b 30–31 396 b 32–33 396 b 33–34 396 b 33 396 b 34–397 a 1 397 a 1 397 a 3–5 397 a 19–20 397 a 23–24 397 a 28–29 397 a 30–31 397 b 5–8 397 b 11 397 b 14–15 397 b 14 397 b 15–16 397 b 19 397 b 20–22 397 b 20 397 b 21–22 397 b 22–23 397 b 24–30 397 b 24–27 397 b 25 397 b 26 397 b 30–32

195 195 195 187 187 190 191 190 185 126, 167 194 191 192 192 192 193 186, 191 191 186 186 126, 167, 185, 191 191 186 186 186, 191 191 191 191 191 194 194 194 194 195 102 102–103, 187 187 188 188–189 188 188 187 188 188 184, 188, 190 188 188 194

397 b 30–31 397 b 33 397 b 34–36 398 a 1–6 398 a 2–3 398 a 2 398 a 5 398 b 1–20 398 b 6–10 398 b 7 398 b 8 398 b 20–22 398 b 24 399 a 14–18 399 a 29–30 399 a 30–35 399 a 30 399 a 31 399 b 10–11 399 b 23–25 400 a 3–4 400 a 6–8 400 b 11–15 400 b 11–13 400 b 11 400 b 28 400 b 31–32 401 a 12–401 b 29 401 a 12 401 a 15 401 a 24 401 a 26–27 401 a 27 401 a 29 401 b 1 401 b 5

189 188, 194 194 189 189 189 189 189 189 184 189 189 189 191–192 189 189 190 187, 195 189 190 188 190 189 189 190 190 189 191 190 187 188 187 187 187 187 190

Pythagoras

151, 156, 174

Seneca 15, 151 Epistulae morales ad Lucilium 65.8 15 65.9 15 107.11 208 Sextus Empiricus Adversus mathematicos 9.127 156

266 Solon Frgm. 4.32 Stobaios Anthologium 1.1.12

Stellenregister

204

Stoicorum veterum fragmenta 1021 174 Xenokrates 178

197

Zenon

7, 174, 197

Inschriften und Manuskripte CIL 3800

57

Neapolitanus Farnesinus III D 15 Folio 3 197

Namensregister Albrecht, Felix  143 Alesso, Marta  183, 185, 187 Aletti, Jean-Noël  112–113 Algra, Keimpe  156, 199 Allan, John A.  32–33 Allen, Clifton A.  50 Almqvist, Helge  165 Arnim, Hans von  174 Arnold, Clinton E.  131–133 Asmussen, Hans C.  24–25 Balthasar, Hans Urs von  10 Barclay, William  30–31, 41 Barth, Markus  55–60, 102, 110, 118 Barton, John  114 Baugh, Steven M.  139–140 Beare, Francis W.  26–28 Becker, Jürgen  61, 107 Benoit, Pierre  33–34 Berkelbach van der Sprenkel, Simon F. H. J.  24 Besnier, Bernard  184 Best, Ernest  103–107, 115, 144 Bett, Richard  156 Betz, Hans Dieter  165, 210 Beyer, Hermann W.  22 Billerbeck, Paul  146 Black, Matthew  39 Blass, Friedrich  185 Blomkvist, Vemund  42 Bonnard, Pierre  29 Bonora, Antonio  70–71 Boor, Werner de  38 Borgen, Peder  217 Bornkamm, Günther  7 Bos, Abraham P.  183–190, 192, 194–195 Bousset, Wilhelm  10 Bouttier, Michel  86–87 Bouwman, Gijsbertus  60–61

Brenk, Frederick E.  166 Breytenbach, Cilliers  147 Brox, Norbert  148 Bruce, Frederick F.  32, 37–38, 74–76 Bürki, Hans  38 Buttrick, George A.  26 Caird, George B.  62–63, 123 Calvin, Johannes  57, 136 Cambier, Jules  43 Cambronne, Patrice  199, 202 Chadwick, Henry  39 Cherniss, Harold  167–169 Cohick, Lynn H.  133 Cohn, Leopold  214, 216 Conzelmann, Hans  61–62 Dahl, Nils A.  41–43, 110–111 Dassmann, Ernst  153 Debrunner, Albert  185 Delatte, Armand  153–154, 157, 162 Dibelius, Martin  7–12, 14–17, 19, 26, 28, 32, 44, 48, 58, 88, 104, 114, 126, 135 Diels, Hermann  4 Dietzfelbinger, Hermann  43 Dillon, John  176 Dodd, Charles H.  17–18 Dörrie, Heinrich  153 Donelson, Lewis R.  96–97 Downey, David G.  17 Dünzl, Franz  38, 98 Dunn, James D. G.  113–114 Dyck, Andrew R.  156 Edwards, Mark J.  9 Eiselen, Frederick C.  17 Erasmus, Desiderius  7, 57–58, 148 Ernst, Josef  54–55

268

Namensregister

Faber, Riemer A.  7, 58 Farmer, William R.  108 Feldmeier, Reinhard  143, 176 Fink, Gerhard  15 Fitzgerald, John T.  145 Floor, Lambertus  94–95 Fornberg, Tord  42 Forster, Edward S.  183 Foulkes, Francis  40–41 Frank, Karl Suso  153 Frazier, Françoise  167 Freundorfer, Joseph  25 Friedrich, Gerhard  61 Fuglseth, Kåre  217 Furley, David J.  183, 185, 187, 189 Gaebelein, Frank  67 Gaiser, Konrad  202 Gallo, Italo  166 Gaugler, Ernst  44 Gerber, Christine  89, 203–204 Gerth, Bernhard  155 Gese, Michael  137–138 Gigon, Olof  156 Glei, Reinhold  199, 201–202, 204, 209 Gnilka, Joachim  9, 48–50, 55 Gobry, Yvan  152–154, 157, 159, 162 Gohlke, Paul  183, 185, 187 Gombis, Timothy G.  133–134 Graf, Fritz  200 Graham, Glenn H.  10 Greeven, Heinrich  14 Greijdanus, Seakle  12–13 Grosheide, Frederik W.  35–36 Guthrie, Donald  79 Hagemann, Ludwig  199 Hagner, Donald A.  105 Hahn, Eberhard  98 Harvard, Joseph S.  135–136 Heil, John Paul  121–122 Heitmüller, Wilhelm  10 Hellholm, David  42 Hendriksen, William  44–45 Hildebrandt, Henrik  10 Hirsch-Luipold, Rainer  165–167, 169–170, 172–177, 214 Hodge, Charles  66–67 Hoehner, Harold W.  73–74, 116–119

Holladay, Carl  146 Hoppe, Rudolf  80 Horst, Pieter C. van der  153–154, 157–159, 162 Houlden, James L.  47–48, 54, 76, 91–92 Huby, Joseph  21 Hübner, Hans  99–100 Hugedé, Norbert  51–52 Hunter, Archibald M.  34–35 Ierodiakonou, Katerina  156 Inwood, Brad  199 Ironside, Harry A.  10 Jeal, Roy R.  124 Johnson, E. Elizabeth  138 Johnston, George  45–46 Jones, Christopher P.  163, 165–166 Juel, Donald H.  110–111 Khoury, Adel Theodor  199 Kitchen, Martin  91–92 Köckert, Charlotte  9 Kötting, Bernhard  153 Kooten, George H. van  3, 143 Kraft, Heinz  7 Kranz, Walther  4 Kraus, Wolfgang  158 Kreitzer, Larry J.  100–101 Kühner, Raphael  155 Lamb, Walter R. M.  157 Larkin, William J.  129 Le Clerc, Jean  58 Le Seur, Paul  21–22 Leeuwen, Jacobus A. C. van  13–14 Leeuwen, Johannes H. van  120–121 Leisegang, Hans  214–215 Lenski, Richard C. H.  23–24 Lewis, Edwin  17 Liefeld, Walter L.  101–102 Lincoln, Andrew T.  83–85, 123 Lindemann, Andreas  77–78, 160–161, 181, 192, 194, 202–203 Lloyd-Jones, D. Martyn  10 Lock, Walter  18–19 Lona, Horacio E.  105 Lorimer, William L.  183

Namensregister Lueken, Wilhelm  10–11 Luz, Ulrich  107

Pokorný, Petr  88–90 Pulsfort, Ernst  199

MacDonald, Margaret Y.  108, 111 Mackay, John A.  28–29 Malherbe, Abraham J.  145–146 Mansfeld, Jaap  183 Markschies, Christoph  10 Martín, José Pablo  183, 185, 187 Martin, Ralph P.  50, 79–80, 87–88 Masini, Mario  80–81 Massaro, Domenico  166 Masson, Charles  29–30 Mayer, Annemarie C.  119, 180, 204 Mays, James L.  110 Meerwaldt, Johannes D.  199 Meinertz, Max  11 Mitton, C. Leslie  53–54, 118 Moffatt, James  19 Montagnini, Felice  92–93 Morris, Leon  10 Motyer, J. Alec  79 Moulton, Harold K.  40 Muddiman, John  114–116 Mussner, Franz  71–72, 206

Reale, Giovanni  183–190, 192, 194–195 Rehkopf, Friedrich  185 Rendtorff, Heinrich  22–23 Reumann, John H. P.  78 Ridderbos, Herman  35 Rienecker, Fritz  20, 38–39 Roon, Aart van  63–65 Runia, David T.  213

Nestle, Wilhelm  159 Neustadt, Ernst  198, 200, 202 Newsom, Carol A.  138 Nichtweiß, Barbara  10 Nickel, Rainer  208 Norden, Eduard  7–8, 59, 139 Noussia-Fantuzzi, Maria  204 O’Brien, Peter T.  108–110, 121, 123 O’Mara, Mechtilde  58 Oakesmith, John  166 Olbricht, Thomas H.  145 Opsomer, Jan  167 Osborne, Grant R.  140–141 Patzia, Arthur G.  76–77 Pease, Arthur S.  156 Penna, Romano  82–83 Perkins, Pheme  102–103 Peterson, Erik  10 Petzke, Gerd  163 Pfammatter, Josef  81 Pohlenz, Max  198, 202, 208

269

Sänger, Dieter  158 Sampley, J. Paul  68 Schenkl, Heinrich  8, 126 Schlatter, Adolf  9–10 Schlier, Heinrich  31–32, 39, 72, 203 Schmidt, Ludwig  48 Schmitz, Heinz  152, 154, 157, 159 Schnackenburg, Rudolf  72–73, 88, 205–206 Schnelle, Udo  146 Schönberger, Otto  183–185, 187–189, 191–192, 194 Schüssler Fiorenza, Elisabeth  93, 141 Schwindt, Rainer  119–120 Scott, Ernest F.  19–20 Seelig, Gerald  146 Sellin, Gerhard  126–128, 158, 174–175, 201–202, 213, 224 Sider, Robert D.  58 Sier, Kurt  198–199, 202, 205, 208 Simpson, Edmund K.  32 Skarsten, Roald  217 Smith, Andrew  183 Snodgrass, Klyne  99 Speyr, Adrienne von  10 Staab, Karl  25–26 Stadelmann, Helge  90–91 Staudt, Darina  136–137 Stein, Edmund  216 Steinmetz, Peter  198 Stockhausen, Carol L.  83 Stott, John R. W.  68–69 Straume-Zimmermann, Laila  156 Strecker, Georg  146 Strohm, Hans  183, 185–189, 191, 194–195

270

Namensregister

Sullivan, Kathryn  36–37 Swain, Lionel  69–70 Talbert, Charles H.  122–123 Tanzer, Sarah J.  93, 193 Taylor, Walter F.  78–79 Theobald, Michael  112 Thielman, Frank  134–135 Thimme, Ludwig  10 Thom, Johan C.  144–145, 147, 151–162, 183–191, 195, 197–202, 204–209 Thompson, George H. P.  46–47 Thurston, Bonnie  95–96 Tillmann, Fritz  11 Tricot, Jules  183, 185, 187 Turner, Max  93–94 Tzvetkova-Glaser, Anna  185 Van den Bruwaene, Martin  156 Van Nuffelen, Peter  166, 213 Vaughan, Curtis  65–66 Veltri, Giuseppe  213–214 Verbeke, Gérard  198–202, 205, 208–209 Verhey, Allen  135–136 Versteeg, Johannes P.  81 Vollgraff, Wilhelm  161 Vosté, Jacques-Marie  11–12

Waerden, Bartel L. van der  152–154, 157, 159 Walsh, Patrick G.  156 Walvoord, John F.  74 Weiß, Johannes  10 Wellmann, Eduard  184 Wendland, Paul  216 Wengst, Klaus  51 Wenham, Gordon J.  93 White, L. Michael  145 Williamson, Peter S.  130–131 Wilson, Geoffrey B.  66–67 Witherington, Ben  123–124 Wood, A. Skevington  67–68 Woude, Adam S. van der  81 Zedda, Silverio  37 Zeiss, Karl  48 Zeller, Eduard  184 Zerwick, Max  39–40 Zimmermann, Christiane  124–125, 173, 222 Zuck, Roy B.  74 Zuntz, Günther  197, 199, 202, 209 Zwaan, Johannes de  16–17

Sachregister Abraham (als πατὴρ πάντων)  86, 174, 224 Adam 214 Ägypten  165–166, 172–173 Alexander der Große  184, 195 Alexandrien  8, 151, 165, 213 Alliteration  139 Aloaden  195 Ammonios 172 Anakephalaiosis  27–29, 34, 37, 42–43, 63–65, 69–72, 83–84, 93, 96–97, 99, 101, 108–109, 111, 121–122, 134– 136, 141, 177, 181, 186–187, 192, 202–207 Apollon 166, 172–173, 176 Aristotelismus  146–147, 167, 183–196, 203, 213, 220, 229 Artemis 131 Asyndeton 124 Atheismus, siehe ἄθεος Auferstehung  18, 33–34, 112, 137–138, 148, 206 Beweger, unbewegter  184, 188–189 Bildung  5, 147–148, 151–153, 165–166, 197, 210–211, 213, 226, 229–231 Binitarismus 82 Böse, das  111, 133, 161, 168, 204–205, 208–209 Bösen, die  175, 192, 205, 207–210 Bund – Alter ~  74–75 – Neuer ~  45, 74–75, 131 coniunctio oppositorum  205 Delphi  166, 172 Demiurg  166, 174, 184, siehe auch δημιουργέω und δημιουργός Determinismus, stoischer  208

Deuteropaulinen 90, 106, 145, 147–148, 233 Dichtung  7, 108, 111, 151, 153, 155, 159, 187, 197, siehe auch Hymnus Dionysos 166 Doketismus 46 Ehe  93, 180–181, 193 Einheit, siehe ἑνότης, ἑνόω, ἕνωσις und ἑνωτικός Ephesos  25, 131, 165 Epikureismus  152, 180, 221 Equilibrium  186, 191 Eros 173 Eschatologie  56, 61, 64, 109 – präsentische ~  205 Eva 214 Ewigkeit  26, 29, 33–34, 56, 120, 172, 207 – ~ Gottes  29, 56, 120–121, 163, 220 – ~ der Welt  186, 188, 194–195, 220 – ~ des Zeus  200–201 Exegese – feministische ~  93, 141 – hellenistisch-jüdische ~  213–214 – historisch-kritische ~  V, 4–5, 10, 95, 233–234 – kanonische ~  139, 234 Fatalismus 17, siehe auch Schicksal Feuer  31, 177, 179, 198, 201, siehe auch πῦρ und ἐκπύρωσις Fleisch  181, 193, 205, siehe auch σάρξ forma  15 Formkritik 14–16 Geist, siehe νοῦς und πνεῦμα Gender 141 Geozentrismus  199

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Sachregister

Gesetz, siehe auch νόμος und Tora – ~ einer Polis  190 – universales (göttliches) ~  8, 78, 100, 199, 201, 205, 208–210 Gnosis  46, 86, 105, siehe auch γνῶσις Gottesreich  105, 138, 206 Häresie  36, 46, 61, 160, siehe auch Doketismus, Gnosis und Markionismus Hebräer, die  74, 104, 132, 166, 222–223 Hellenismus  114, 200 – hellenistischer Kulturraum  4–5, 9, 230–231 – hellenistische Philosophie  16, 32, 43, 64, 72–73, 89, 91, 96, 125–126, 151–152, 213, 233 – hellenistische Religion  89 – hellenistische Rhetorik  28, 61 Herkules 146 Hexameter  151 Hierapolis 100 Hymnus  56, 60, 71, 77, 79, 197, 223, siehe auch ὕμνος und Dichtung Immanenz (Gottes)  23–24, 27, 29, 32, 34, 38–40, 66, 68, 75–76, 85, 96, 101, 108, 118–120, 122, 126, 129, 168–171, 174, 181, 184–186, 188, 198, 200, 216, 225 Isis 131 Israel  17, 64, 72, 74, 88, 91 – das neue ~  17 Katharsis  153, 159 Kausalität, siehe Determinismus Kirchenväter (patristische Aus­ legungen)  9 Kleinasien  16, 72, 84, 91, 112, 131, 165 Kolossae 100 Kosmotheologie  4–5, 144–145, 148, 190, 195–196, 213, 225–226, 229–230, 233 Kult  9, 11, 44, 67, 166, 197, 200 Kynismus  152 Liturgie  25, 60, 63, 77, 84, 86, 99–102, 111, 115, siehe auch Tauf-Liturgie Logos  8, 15, 100, 156, 169–170, 175–



176, 188, 198, 200–202, 204–210, 214, 218–220, 224, siehe auch λόγος Luft  3, 72, 77, 178–179, 190, 216, siehe auch ἀήρ Markionismus 46 Metempsychose, siehe Seelenwanderung Monismus  166, 173 Monotheismus (gegenüber Polytheismus)  18–19, 21, 28, 30, 43–44, 46, 49, 52–54, 61–65, 68, 72, 84, 86–88, 90–91, 93–94, 98–99, 102, 104, 108, 110, 112, 120, 122, 124–125, 131, 136–137, 139–140, 158, 166, 172–173, 190–191, 200, 220–223, 226 – Zeus-~  200–201 Moses  215–223 Mythos  166, 195, 201 Nachahmung von Gott, siehe μιμέομαι, μίμημα, μίμησις und μιμητής Orphik  107, 159–160, 187, 190 Osiris  170, 173 Palingenese, siehe Seelenwanderung Pantheismus  48–49, 52, 55, 59–62, 73, 75, 78, 87–88, 91, 93, 101, 104, 107, 112, 115, 120, 125–126, 128, 163, 184, 188–189, 199, 210, 214 Paulusschule  90, 105, 233 Pergamon  165 Periode (Texteinheit)  139 Platonismus  126, 128, 146–147, 166– 167, 169, 176, 183, 191, 213, 229 – Mittel~  4, 146, 165–181 Polyptoton 112 Polytheismus  21, 28, 38, 41, 43–44, 46, 53, 64, 68, 91, 94, 98, 104, 131, 139, 146, 152–162, 166, 173–175, 178, 190, 200–201, 216, 220–221 Popularphilosophie  VI, 147, 225 Predigt (Eph als ~)  69, 123 Protreptik 184 Pseudepigraphie  147–148, 233 Pythagoreismus  4, 128, 146, 151–163, 174, 213, 220, 224, 229 – Neu~  163, 183–184, 191, 213

Sachregister Reinigung, siehe Katharsis Religiosität, gelebte  18, 28, 38, 44, 72, 75, 112, 114, 131, 139, 151–152, 161, 165–166, 173, 176, 197, 222 Rom  165 Sakrament, siehe Taufe als Sakrament Sarah (als ἡ ἀμήτωρ ἀρχή)  103, 224 Sardes  165 Schicksal  17, 71, 157–158, 161, 206, 208 Schöpfer, siehe ἀριστοτέχνης, γενέτωρ, δημιουργός, κτίστης, ποιητής Schöpfung, siehe γένεσις, γεννάω, δημιουργέω, ζωοποιέω, καταβολή, κατασκευάζω, κατασκευή, κτίζω, ποιέω, ποίημα und τεύχω Seele, siehe ψυχή Seelenwanderung  160, 176–177 Seiende, das  17, 20, 26, 61, 65, 72, 100, 172–173, 175–177, 187, 217, siehe auch ὄν, τό und ὄντα, τά Seiende, der  214, 216, 219, 221–222, siehe auch ὤν, ὁ Sekte 48 Serapis  8, 131 Smyrna  165 Sohn Gottes  18, 20, 24, 41, 45, 50, 56, 70–71, 76, 79–80, 87–88, 90, 95, 109, 121, 124, 140, 160, 180–181, 203, 206–207 Sonne  146, 177, 186, 189, 198 Stoizismus  4, 7, 9, 15–17, 21, 30–31, 34, 46–47, 51–52, 54, 57–59, 62, 72, 75–76, 80, 82, 85–87, 91–93, 96, 104, 107, 110, 114, 124–126, 135, 137, 139, 146–147, 152, 156, 159, 163, 167–168, 174, 179, 183–186, 188–189, 197–211, 213–215, 217, 221, 229 Synagoge, hellenistische  85 Synkretismus  16, 91 Taufe  4, 25–26, 33, 43, 45, 62, 69, 73, 78–79, 81–82, 87, 95–97, 100–102, 106, 111–112, 115–116, 127–128, 137–138, 143, 225, 230, siehe auch βάπτισμα

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– Tauf-Credo  62, 87 – Tauf-Gottesdienst  112 – Tauf-Katechese  79 – Tauf-Liturgie  26 – Taufe als Sakrament  45 Tempel – Apollon~  172, 176 – Gläubige als ~ Gottes  21, 37 – jüdischer ~  16, 56, 77–78, 90, 96, 122, 131, 139 – Kirche als ~ Gottes  66, 96, 101, 140 Theodizee  161, 209 Topos  4–5, 9, 126, 139, 145, 163, 229 Tora  56, 122–123, 213–214, 217 Transzendenz  12, 19, 21, 27, 32, 34, 38–40, 42, 47, 54, 68, 70, 74–76, 82–83, 85, 87, 95–96, 101–102, 108, 111, 114, 126–128, 138, 140–141, 166, 168–171, 174, 181, 184–185, 188, 198–200, 214, 216 Trinität  13–14, 19, 21, 24–26, 30, 32, 38, 41, 44, 50, 54, 56, 68, 70, 74, 76, 79–82, 86–87, 89, 94–95, 98–100, 109, 112, 114, 117, 120–121, 124, 133, 135–136, 139–140 Tritopaulinen 233 Unsterblichkeit  152–155, 159, 200–201 Ursachenlehre  15 Versöhnung  24, 28, 30, 34, 40, 42, 84, 93, 97, 134, 203, 205 Vorherbestimmung, siehe Determinismus und προορίζω Vorsehung  30, 37, 129, 184, 206–208 Wasser  177, 179, 190, 216 Willensfreiheit 208 Zeit  27–29, 42, 123, 136, 155, 172, 174, 202, 205–207, 215, 222, siehe auch καιρός und χρόνος Zeus  8, 57, 93, 131, 157–158, 167–168, 171, 173–174, 176–177, 187, 190, 197–211 Zoroastrismus  166, 173

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Sachregister

Griechische Begriffe ἀγάπη  106, 115–116, 144–145 ἀγένητος  86, 172, 194, 221, 223 ἀγνοέω  222 ἄγνοια  209 ἀήρ  3, 190 ἀθάνατος  152, 159, 200 ἄθεος  50, 58, 127, 143, 207, 220–221, 225, 230 ἀίδιος  163, 172 αἰθήρ  159–160 αἰσθητός  218 αἰτία  15, 179 αἴτιος  15, 103–104, 156, 177, 187, 189, 217, 222–223 ἀκίνητος  189, 220 ἄκοσμα, τά  204 ἀκοσμία  168, 177 ἀκροβυστία  194 ἀλήθεια  8, 90, 100, 175, 222 ἀλληγορέω  214 ἀλληγορία  214 ἄλογος  168 ἄμβροτος  159 ἄμορφος  168 ἀνάγκη  167–168, 171, 220 ἀνακεφαλαίωσις, siehe Anakephalaiosis ἀναμίσγω  171 ἀναχέω  218 ἀνθρωπολογέω  215 ἄνθρωπος  3, 91, 93, 127, 152, 174, 176, 185, 205, 209, 218–221 ἀνόητος  195 ἄνοια  207, 209 ἀπείθεια  210 ἀπεικόνισμα  218–219 ἁπλόος  179, 221 ἄποιος  221 ἀποκαταλλάσσω  203 ἀρετή  175, 203, 205, 217 ἀριθμός  156, 222 ἀριστοτέχνης  177 ἁρμονία  169–170, 188, 191–192, 217 ἄρσην  192–193 ἄρτιος  204 ἀρχέτυπον  219 ἀρχή  103, 168, 170, 177, 187, 191, 203, 224

ἀρχηγέτης  104 ἀρχηγός  199 ἀρχός  190 ἄρχων  171, 174, 220 ἀστεῖος  223 ἀσύστατος  168 ἀσώματος  218 ἄτρεπτος  221 αὐτάρκης  188 ἄφθαρτος  172, 195, 221 ἄφρων  195, 209 βαπτίζω  106, 116, 145 βάπτισμα  8, 33, 49, 100, 106, 109, 116, 143–145 βασιλεύς  199, 220 βίος  205 βουλή  189, 207 βούλομαι  178, 180, 189 βροτός  159, 167, 171, 176 γαῖα  187 γένεσις  156, 168, 172, 177–178, 194, 224 γενέτωρ  187 γεννάω  103, 170, 224 γένος  104, 132, 159, 179, 202 γῆ  90, 187, 189–192, 194, 202–203 γιγνώσκω  152, 154, 157, 172 γλίχομαι  192 γνώμη  151, 209 γνῶσις  105, 175 δαίμων  156–159, 178 δεσπότης  220 δημιουργέω  186, 191 δημιουργός  15, 104, 146, 174, 177–178, 216, 221–222 διακοσμέω  168, 177, 186, 191, 217 διακόσμησις  187 διάκοσμος  189 διάλυσις  217 διαλύω  220 διανοέω  221 διάνοια  209 διαρκής  179 διαρτάω  220

Sachregister διάρτησις  217 διατάσσω  205, 217 διατίθημι  3, 73, 78, 87, 126 διαφυλάσσω  179 διεξέρχομαι  189 διέπω  191 διέρχομαι  49, 132–133, 152–155, 158, 214, 216 διήκω  3, 7, 126, 146, 156, 167, 174, 185, 189 διικνέομαι  188 δίκη  209, 220 διοικέω  220 δόξα  186, 221, 223 δύναμις  8, 49, 126, 167–168, 170, 181, 184–189, 191, 196, 200, 216–217 ἐγκατασπείρω  170 ἐγκεράννυμι  170 ἐγκολπίζω  216 ἔθνος  192, 209 εἰκών  171, 219, 222 εἰρήνη  8, 22, 106, 115–116, 144, 180, 205 ἐκκλησία  17, 20, 60, 89, 108, 128, 136, 141, 203–204, 223 ἐκμαγεῖον  219 ἐκπληρόω  49, 103, 126, 215 ἐκπύρωσις  200–201 ἐλπίς  33, 49, 52, 106, 115–116, 144–145 ἔμπληκτος  168 ἐμφέρεια  219 ἐμφέρω  218 ἔμφρων  169–170 ἔμψυχος  185, siehe auch ψυχή ἐναντίος  186, 191–192, 217 ἐναντιότης  205 ἐναρμόνιος  198 ἐνδιάθετος  218 ἔνειμι  3, 73, 78, 87, 126 ἑνότης  13, 33, 45, 49, 66, 99, 106, 116, 144–145, 148, 160, 162–163, 178–181, 206–207, 217, 225 ἑνόω  156 ἕνωσις  217 ἑνωτικός  223 ἐπίγνωσις  180, 194 ἐπινοέω  216 ἐπιστήμη  175

275

ἐπιτομή  151 ἔπος (Χρυσᾶ ἔπη)  151 ἐπουράνιος  148 Ἔρις  161–162 Ἔρως  180 ἐσθλός  204–205 εὐέργετις  49, 217 εὔκοσμος  204 εὔνοια  180 εὔσπλαγχνος  194 εὐτονία  179 ἔφεσις  175 ἔχθρα  180 ζήτημα  167, 169 ζῷον  8, 100, 168, 170, 177, 179, 185, 188, 210 ζωοποιέω  90 ζῳότης  170 ἡγεμών  104, 132, 170–171, 174, 177, 190, 195, 220, 223 ἡγέομαι („herrschen“)  189 ἥκω  8 θεῖος  159, 166, 171–173, 175, 188–190, 195, 216, 218–220, 224 θειότης  170, 175–176 θέλημα  189, 195, 207, 209 θεολογέω  195 θῆλυς  192–193 ἰδέα  178, 218 ἰδιότης  215 ἱερόν, τό  16, 90 ἱερὸς λόγος  151, 156 ἰσομοιρία  191 καιρός  202, 206 κακία  205, 208 κακός  204–205, 207–209 κάλλος  168 καλοκἀγαθία  203 κανών  156 καταβολή  177, 186, 192, 203 καταμίγνυμι  170 κατασκευάζω  15 κατασκευή  15, 189 κατοικητήριον  144

276 κεραυνός  198 κεφάλαιος  203 κεφαλαιόω  203 κεφαλή  203 κίνησις, τονική  215 κινητικόν, τό  168 κλῆσις  52, 106, 115, 144–145 κοινωνία  156, 178–179 κοίρανος  220 κόλλησις  180 κοσμέω  171, 177–178, 204 κόσμος  8, 14–15, 90, 93, 100, 102, 126, 156, 168–170, 177–178, 181, 183–184, 186–192, 198–199, 203, 216–218, 220–222 κρᾶσις  180, 191 κρατέω  3, 152–155, 158, 199 κρατήρ  218 κτίζω  15, 36, 50, 53, 86, 90, 119, 127, 174, 177, 186, 203 κτίστης  104, 222–223 κυβερνάω  3, 199, 209 κύδιστος  200 κύριος  3, 8, 14–15, 26, 33, 38, 41, 60, 74, 77, 89–90, 100, 106, 116–117, 132, 137, 144–145, 158, 170–171, 174–175, 192–193, 195, 201, 209, 220, 222 λειτουργός  178 λογικός  219 λογισμός  169–170, 195, 219 λόγος  8, 15, 100, 170, 188, 198, 204, 208, 218–220, 224 – ~ τεχνικός  156 μακροθυμία  106, 115, 144, 194 μεθίστημι  176 μέλλησις  175 μεταβολή  171–172 μετριότης  168 μιμέομαι  158, 175, 201, 215, 221, 223 μίμημα  175–176, 201–202, 210, 218–219, 222 μίμησις  175 μιμητής  158, 175, 201–202, 210, 215, 218–219, 221–223 μονάς, ἡ  222 μόνιμος  179, 220

Sachregister μορφή  168 μορφόω  170 ναός  16, 78, 90 νοερός  3, 8, 100, 168, 171, 219 νόησις  3 νοητός  218 νόμος  8, 100, 199, 201–202 νοῦς  156, 167–171, 176–177, 181, 195, 219 – ~-δαίμων  157 οἰκητήριον  190 οἰκονομέω  189 οἰκονομία  202, 206 ὁμιλία  180 ὄμμα – θεῖον ψυχῆς ~  190, 195 ὅμοιος  16, 90, 157, 178, 192, 220–221 ὁμοίωσις θεῷ  176 ὁμολογέω  186, 191 ὁμολογία  191 ὁμόνοια  191–192, 194, 222–223 ὄν, τό  172–173, 175, siehe auch Seiende, das – τὸ μὴ ὄν  168 ὄντα, τά  169, 220 ὁρατός  218 ὄργανον  15, 103, 177 ὄρεξις  175 οὐρανός  90, 171, 177, 187–193, 202–203, 210 οὐσία  8, 100, 163, 184–185 οὐσιώδης  179 παγκρατής  198–201 πανδεχές, τό  168 πανηγεμών  104, 217 παράδειγμα  219 παραδειγματικός  218 παράδοξος  194 πατριά, ἡ  27, 39, 43, 85, 113, 117, 123 πείθω  199, 210 περισσά, τά  204 περιτομή  194 πίστις  8, 33, 45, 49, 100, 106, 116, 144–145, 180, 223, 226 πληγή  198 πλῆκτρον  198

Sachregister πληρόω  8, 49, 163, 172, 206, 214–217 πλήρωμα  49, 140, 163, 172, 202, 206, 214, 216 πλήσσω  198 πνεῦμα  3, 14, 26, 33, 38, 41, 45, 74, 82, 89, 95, 99–100, 106, 116–118, 126, 136, 144–145, 156, 167, 180, 185, 205, 215 ποθέω  222 ποιέω („schöpfen“)  90, 178, 216, 219 ποίημα  119, 177, 219 ποιητής  90, 93, 127, 170, 174, 177, 216, 219–220, 222–223 ποιότης  221 πόλις  179, 192, 218, 220 πολιτικός  165, 192 πολύθεος  220 πολυκοιρανίη  220 πολυφιλία  179–180 πολυώνυμος  190 πόρνη  222 πραότης / πραΰτης  106, 115, 144, 175, 194 πρόθεσις  207 προνοέω  221 προορίζω  158, 201 προφητεύω  195 πρυτανεύω  220 πῦρ, siehe auch Feuer – ~ ἀείζωον  198 – ~ τεχνικόν  198 πυρόεις  198 σάρξ  205, siehe auch Fleisch σοφία  3, 105, 224 σοφός  218 στάθμη 156 στοιχεῖα, τά  15, 179, 191 στοιχείωσις  151 συγκατατάσσω  8 συγκοσμέω  8 σύγκριμα  221 σύμπηξις  180 συμφωνία  205, 223 σύμφωνος  192 συναρμόζω  168, 170, 177, 204, 206 σύνδεσις  8 σύνδεσμος  8, 22, 106, 115–116, 144, 180 συνήθεια  180

277

σύνταξις  178 σύστασις  152–156, 158–162, 191 σῴζω  148, 177, 187 σῶμα – als Leib Christi / der Kirche  23, 33, 35, 41, 45–46, 49, 66–67, 74, 78, 89, 94–95, 97, 106, 109, 115–117, 120, 136–137, 144–145, 205 – als menschlicher Körper (Gefängnis der Seele)  159–160, 171 – als Weltkörper  169, siehe auch σωματικόν, τό σωματικόν, τό  168, siehe auch σῶμα als Weltkörper σωστικός  191 σωτήρ  91, 177, 188 σωτηρία  177, 186–189, 191, 194–195 τάξις  187 ταπεινοφροσύνη  106, 115, 144, 194 ταραχή  194 τάσσω  168, 177 τείνω  169, 216 τεκνόω  170 τελειότης  8, 100 τεταγμένως  194 τεύχω  187 τεχνίτης  156 τιμή  222 τονικός  215 τόνος  179, 215 τροπικός  215 τύχη  171 υἱοθεσία  158, 201 ὕλη  15, 170–171, 178 ὑλικόν, τό  168 ὕμνος  197, 223 ὕπατος  188, 190, 199 ὑποεργός  198 ὕψιστος  222 φθορά  172, 194 φιλία  179–180, 223 φίλος  16, 90, 204 φιλοσοφία  165, 195, 213 φιλόσοφος  171 φιλοφροσύνη  180 φοιτάω  189, 198, 210

278

Sachregister

φρονέω  177 φυλάσσω  178, 187, 194–195 φύσις  15, 157, 159, 161, 167, 170, 172, 178, 186–189, 192, 198–199, 215, 218–219, 221 φύω  188 χαρίζομαι  175 χάρις  179 χρόνος  172, 206, 222 χωρέω  3

ψυχαγωγία  151 ψυχή  156, 159, 168–171, 176, 181, 190, 195, 217–218, 221, siehe auch ἔμψυχος ψυχογονία 167 ὤν, ὁ  216, 221–222, siehe auch Seiende, der ὠφέλεια  194