Der Dekalog: Rektoratsrede gehalten zu Bonn und Rhein am 7. November 1926 9783111650722, 9783111267180


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German Pages 32 [36] Year 1927

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Hochansehnliche Versammlung!
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Der Dekalog: Rektoratsrede gehalten zu Bonn und Rhein am 7. November 1926
 9783111650722, 9783111267180

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Wolf Wilhelm Graf V. Baudissin

Kyrios als Gottesname im Judentum und seine Stelle in der Religionsgeschichte Herausgegeben von

Prof. D. Dr. Otto Eißfeldt in Halle I. Teil: Der Gebrauch des Gottesnamens Kyrios in Septuaginta II. Teil: Die Herkunft des Gottesnamens Kyrios in Septuaginta III. Teil: Der Gottesname Kyrios der Septuaginta und die Entwick­ lung des Gottesbegriffs in den Religionen der semitischen Völker.

Umfang des Werkes ist etwa 120 Bogen in Großoktavformat. Die Ausgabe erfolgt in 12 Lieferungen z. Subskriptionspreis von je 8 Mk. Die 1. Lieferung ist im Dezember 1926 zur Ausgabe gelangt. Ausführliche Prospekte über das Werk werden auf Wunsch gern gesandt.

Wolf Wilhelm Graf v, Baudissin Gedächtnisrede gehalten von Ernst Sellin 1926 - Gr. 8° - 80 Pfge.

Vorträge des Institutum Judaicum an der Universität Berlin Die erste Reihe (1925— 1926) erscheint im Frühjahr 1927 unter dem Titel:

Entwicklungsstufen der jüdischen Religion Greßmann, Prof. D. Dr.: Einführung. Eibogen, Prof. Dr.: Ezra und das nachexilische Judentum. Bergmann, Rabbiner, Dr.: Das Judentum in der hellenistisch­ römischen Zeit. Guttmann, Prof. Dr. (Breslau): Die Entstehung des Talmuds. Guttmann, Prof. Dr. (Berlin): Die religiösen Motive in der Philo­ sophie des Maimonides. Baeck, Rabbiner, Dr.: Die Mystik im Judentum.

ALFRED TÖPELMANN / VERLAG / GIESSEN

DER DEKALOG REKTORATSREDE GEHALTEN ZU BONN AM RHEIN

AM 7. NOVEMBER 1926

VON

HANS MEINHOLD

19 2 7 VERLAG VON ALFRED TÖPELMANN IN GIESSEN

von rnirnchow'sche Universitätsdruckerei Dtto Kindt in Gießen

Hochansehnliche Versammlung! Es geziemt dem ersten nach Abzug der feindlichen Be­ satzung erwählten Rektor unserer Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität bei dem heutigen Heraustreten vor die breite Öffentlichkeit, auch seinerseits der Freude und Genug­ tuung darüber Ausdruck zu geben, daß wir nunmehr frei atmen, frei reden und schreiben, frei handeln können. Denn nur in Freiheit gedeiht ein edles Volk. In der Freiheit allein wachsen und reifen der Kunst und Wissenschaft köstliche Früchte zu größter Vollkommenheit. Gewiß, es umflort sich unser Blick, wenn wir auf die vielen unserer rheinischen Brüder schauen, die auch heute noch und, gerade weil wir schon frei sind, heute erst recht unter dem Druck der feind­ lichen Gewalt seufzen und grollen. Aber wir nehmen unsere Freiheit als Angeld der auch ihnen erblühenden baldigen Erlösung und wollen von dieser Hoffnung nicht lassen. Darin bestärkt uns die Erinnerung an die ersten Novembertage des Jahres 1813, in denen sich die Franzosen nach Zer­ schmetterung der Napoleonischen Zwingherrschaft in der Schlacht bei Leipzig aus Deutschland heraus- und über den Rhein zurückgezogen. Damit setzte eine dann von Blücher beschleunigte rückläufige Bewegung ein,die mit dem schnellen Ende einer fast 20jährigen Unterdrückung und mit der völli­ gen Befreiung des rheinischen Landes endete. Das aber war die Voraussetzung für die Angliederung der Rheinpro­ vinz an Preußen und die Gründung einer preußischen Uni­ versität am Rhein. So ist unsere Bonner Universität ein preußisches Kind der Befreiung und hat die Verpflichtung in die Wiege gelegt bekommen, hier am Rhein und darüber hinaus für die Freiheit und Wahrheit in Wort und Schrift zu wirken und nach ihren Kräften und ihrer Art für die Erlösung der noch geknechteten rheinischen Gebiete und ihre Erhaltung für Preußen und Deutschland tätig zu sein. —

z

Als Friedrich Wilhelm der Dritte am 18. Oktober 1818 unsere Universität gründete, die er dann vermutlich bald darnach im November des gleichen Jahres in Begleitung des Kronprinzen Friedrich Wilhelm besuchte, tat er das mit dem ausdrücklichen Bemerken, daß er diese Universität als ein bleibendes Denkmal seiner damaligen Anwesenheit im Rhein­ land hinterlasse zu dem Ende, daß sie „wahre Frömmig­ keit, gründliche Wissenschaft und gute Gesinnung“ bei der Jugend fördere. Sie möge „an dem angemessensten Ort für eine Universität ihre Stelle im nordwestlichen Deutschland mit Würde und Erfolg behaupten und dadurch die Anhäng­ lichkeit der westlichen Provinzen an den preußischen Staat je länger je mehr befestigen“. Was der König wollte, ging in Erfüllung. Die Universität Bonn hat ihrem Begründer ein dauerndes Andenken bewahrt und zwar nicht bloß in Worten, sondern auch in der Tat. Sie wird das auch weiterhin tun. Unsere alma mater, die nach kleinen Anfängen allmählich zu voller Schöne, zu stattlicher Größe erblühte, hat im Sinne des königlichen Stifters mit Erfolg und Glanz für Wissen­ schaft und Kunst, für Frömmigkeit und Sitte gekämpft und gearbeitet. Hier in Bonn war stets eine Stätte für die Pflege echt vaterländischer Gesinnung und Betätigung. So hat die Universität als Hüterin preußischen und deutschen Geistes treu die Wacht am Rhein gehalten und also des Königs Andenken geehrt, wie das die Bilder unserer Kriegsgefallenen in den Wandelgängen, wie es das wuchtige Denkmal im Arkadenhof der Universität öffentlich kündet. Die Zeiten wandeln sich, aber unwandelbar bleibt der Dank und das Gedächtnis an den König, der unserer Univer­ sität das Leben gab. Es bleibt, wenn auch die neue Univer­ sität in dem vor unseren Augen heraufwachsenden präch­ tigen Bau ein Kind der zweiten Befreiung ist. Möge auch in den Hallen dieses großartigen Neubaues, den der neue Staat uns schenkt, der alte Geist preußischer Schlichtheit und Pflichttreue, deutscher Bildung und Gesittung umgehen und heimisch sein. Möchte die Universität auch in der neuen Form den alten Geist deutschen Könnens und Strebens hegen und pflegen, ihn und damit auch deutsches Selbstbewußtsein in besetzten und unbesetzten rheinischen Landen und da­ rüber hinaus stärken und stählen und also an ihrem Teile dazu helfen, daß das Band mit Preußen und Deutschland immer fester, ja unzerreißbar wird. Von dem heiligen Feuer geistigen Wesens, Wissens, Könnens, dessen Pflegerin

und Priesterin unsere alma mater ist, mögen unsere studie­ renden Jünglinge und Jungfrauen wie einst unsere germa­ nischen Vorväter taten, wenn sie in die Welt zogen, bren­ nende Funken hinausnehmen in die Lande und zu glühender Lohe entfachen. Also genügen wir der Pflicht an unseren noch nicht erlösten Brüdern, also ehren wir das Andenken unseres königlichen Stifters.

Der Dekalog Ho chan sehn liehe Versammlung! Auch in der Wissenschaft gibt es Moden. Und auch hier ist die Mode wechselnd, tyrannisch, oft gar wunderlich. Das Fach, welches ich zu vertreten die Ehre habe, macht davon keine Ausnahme. Und so möge an einem Gegenstand, der auf das Interesse weiterer Kreise rechnen darf, gezeigt werden, wie auch hier die Tagesmeinungen, -Stimmungen und -gefühle sei es hemmend sei es fördernd auf die wissen­ schaftliche Forschung eingewirkt haben. Dabei wird zu­ gleich ein deutliches Bild von der Art des wissenschaftlichen Betriebes auf diesem Gebiet herausspringen. Es handelt sich um die Arbeit an dem uns allen von Kindheit an aus dem Katechismus bekannten Dekaloge 2. Mose 20, 2-17 und da­ mit auch um das in „der Geschichte schwankende Charakter­ bild“ des Mose. I. Wer kennte ihn nicht diesen ganz Großen, den Stifter der israelitischen, damit im letzten Grunde auch der christ­ lichen und der islamischen Religion, dessen Tun und Reden das A. T. uns so lebhaft vor Augen führt; dessen Bild darnach durch den Griffel der Geschichte, durch den Meißel der Bild­ ner, den Pinsel der Maler für die Ewigkeit unverlierbar und unwandelbar, so scheint es, festgelegt ward; ihn, der von Jahve selbst auf dem Gipfel des wolkenumkränzten, blitzeumzuckten Gottesberges die mit göttlicher Hand in Stein gemeißelten Gebote empfing! Ergreifend, wie er im rasenden Zorn über des Volkes Abfall diese göttlichen Tafeln zer­ trümmerte, sie aber auf seine Fürbitte hin für eben dies Volk wieder ersetzt bekam! Kann und darf die Kritik an diesem Bilde rühren, ohne großen Schaden anzurichten? Moses, der Begründer der israelitischen Religion und Geistes­ kultur: gewiß ist es kühn und übertrieben, an seiner Person selbst und an dieser seiner Bedeutung für die Geschichte

seines Volkes zu zweifeln. — Aber ist nicht mit seiner Stellung als des Anfängers der Religion Israels die ihres Gesetzgebers untrennbar verbunden? Wie es mit der von ihm begrün­ deten Religion beschaffen war, zeigen ja eben, so sagt man, die Gesetze, welche der Pentateuch uns bietet! Vor allem und vornehmlich der Dekalog Ex. 20, 2—17! Enthält er doch nach jüdischer Auffassung und nicht nur nach dieser die „Grundprinzipien der Einzelgesetze“!1 — In der Tat wird im A. T. alles, was es mit dem fas und jus zu tun hat, auf Mose zurückgeführt. Und wo die Herkunft eines Gebotes von Mose sich aus dem A. T. nicht erweisen ließ, berief man sich wohl bis in die neutestamentliche Periode hinein auf eine mündlich weitergegebene „mosaische“ Ueberlieferung1. Kein Wunder, daß Mose selbst wie der Berg, auf dem er bei der Gottheit weilte, als eine in den Himmel ragende Größe, ja vielleicht als eine gleich dem Elias in diesen entrückte Ge­ stalt erschien. Galt den Späteren die Weisheit als ein vorwelt­ liches himmlisches Wesen, das sich in der Thora, d.h. dem Gesetze Mosis zu Israel herabgelassen hat8, so wuchs auch der Mittler dieses Gesetzes weit über Menschenmaß hinaus, wohl gar zu einer schon vor ihrer Menschwerdung bei Gott weilenden Persönlichkeit*. Der Priesterberuf ältester Zeiten birgt ja neben dem Amt des Theologen auch das des Juristen wie des Arztes, des Medizinmannes, in sich. Kein Wunder, wenn Israel von seinem ersten Jahvepriester ein Gleiches aussagt. Mose, der Theolog und Prophet, erscheint in der Gesetzgebung als Urheber und Quelle des Zivil-, des Strafund des kultischen Rechtes, somit als hervorragender Rechts­ lehrer. Er tritt aber auch in dem sich um seine Person rankenden Sagen deutlich genug als großer Zauberer und Medizinmann hervor5. Nimmt man hinzu, daß er in diesem allen als Spender tiefster Weisheit alle Weltweisen über­ strahlt, wie ihn denn ein Philo als größesten Philosophen bezeichnet6, so haben wir in ihm einen Doktor aller 4 Fakul­ täten vor uns. Und werden die naturwissenschaftlich-mathe­ matischen Fächer als besondere Fakultät von dem ordo philosophorum abgetrennt, so kann auch diese Fakultät den Mose als einen der Ihren in Anspruch nehmen, wenn man Neueren folgen will, die ihn vermittelst tiefer theoretischer und praktischer Kenntnisse auf dem Gebiete der Physik und Chemie seine „Wunder“ verrichten lassen7. Natürlich sind im Laufe der Zeit hier gewaltige Ab­ striche vorgenommen worden. Die christliche Kirche, die 6

nicht sowohl nach „Philosophie, Juristerei und Medizin“ fragte, als vielmehr nach wahrer Gotteserkenntnis und Sitt­ lichkeit, hat darum von Moses Geboten der Hauptsache nach nur noch den Dekalog festgehalten, sah in diesem die Quelle der Religion und Sittlichkeit und das obwohl die Urgemeinde von dem israelitischen Religionsstifter stark abgerückt war und dem Gesetzgeber Mose auf dem Berge Sinai den Gesetz­ geber Jesus auf einem Berge am See Genezareth gegenüber gestellt hat, und auch dies nicht einmal ganz im Sinne Jesu, der nicht ein neuer Gesetzgeber, sondern vielmehr der Ver­ künder und Bringer des Reiches Gottes sein wollte. — Wenn die Christenheit von der großen Masse angeblich mosaischer Gesetze der Hauptsache nach nur das Zehntwort festhielt, christlich auslegte und umdeutete, so folgte sie bei dieser Auswahl ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse und kümmerte sich nicht sehr darum, daß im N. T. unter Mose noch das Ganze des Gesetzes verstanden wird8. Auch schien es der Kirche für die Einprägung der wahren religiösen und sittlichen Grundsätze wichtig und wuchtig, daß die Gottheit selbst sie dem Mose verkündete und in Steintafeln einmeißelte, damit sie ihm und seinem Volke, ja der ganzen Menschheit für ewig als Kundgebung göttlichenWillens vor Augen stünden. Darum hat sie auch diesen sagenhaften Zug beibehalten.

II. Es fragt sich nur, ob das wissenschaftlich haltbar ist. Hat man ein Recht, aus der Fülle angeblich mosaischer Gesetze, die wie z. B. das sog. Bundesbuch 2. Mose 21-23 durchaus agrarischen Charakters sind, mit dem Bauern und seinem Leben, seinem Ochsen und Esel, den festgesteckten Grenzen seines Gütchens rechnen, also nicht der Nomaden­ zeit Israels vor der Eroberung Kanaans, vielmehr seiner kanaanäischen Periode entstammen9 — oder gar aus den zahlreichen Anweisungen über Stiftshütte, Priestertum und -recht, Opfer und Feste, die wir 2 Mose 25 ff. 3 Mose vor uns haben und die zum Teil älteres Material in ganz später nachexilischer Verarbeitung bieten — hat man, sage ich, ein Recht, den Dekalog aus dieser Masse willkürlich heraus­ zugreifen? Darf man hier der Versicherung mosaischer Herkunft Glauben schenken und dort nicht? Es fragt sich weiter, ob nicht bei Bejahung dieser Frage mehr der Wille, das Gefühl als die klare Einsicht in die richtige Lage der Dinge das Wort führt. Wie stehts denn mit der mosaischen 7

Herkunft des Dekalogs? Was sagen die alttestamentlichen Quellen dazu, wie reimt sich das Zehntwort selbst nach Form und Inhalt mit solcher Annahme?

1. Die Quellen Wenn es wahr ist, daß ,Jedes Volk seinen Tag in der Geschichte hat“10, so ist das für Israel der Tag gewesen, an dem sich verschiedene Beduinenstämme der Sinaihalb­ insel und der syrisch-arabischen Wüste in dem Kulte eines Gottes mit Namen Jahve zusammenfanden. Dieser Gott und seine Verehrung band sie aneinander, schied sie von den übrigen Stämmen und Völkern der Umwelt und machte aus ihnen eine Nation. Der Auszug aus Aegypten und die damit irgendwie in Verbindung stehende gemeinsame Ver­ ehrung Jahves, des Retter- und Kriegsgottes dieser Stämme, welche danach mit dem Namen Israel bezeichnet wurden: das ist nach dem A. T. der Mutterboden für die Geschichte und Religion des israelitisch-jüdischen Volkes. Gewiß scheint, daß bei diesem Verhältnis, antiker Anschauung gemäß, die Gottheit zuerst und allein der handelnde, die Menschheit der empfangende Teil war11. Jahve, in Israel stets als eine heldenhafte, willensstarke, männliche Persönlichkeit empfun­ den12, hat sich diese Stämme aus welchem Grunde auch immer erwählt, hat seine Sache zu Israels, Israels Sache zu seiner gemacht. Dadurch ward dieser Gott für Israel ein in der Geschichte mit bestimmtem Plan und Willen hervor­ tretender und handelnder Gott, verlor er je länger je mehr dämonische Züge; dadurch wurde Israel aus dem Dämmer­ zustand der Primitiven in das helle Licht der Geschichte erlebenden und machenden Völker geführt Darf man ein solch einseitig von der Gottheit hergestelltes Verhältnis schon einen „Bund“ nennen und ist mit ihm notwendig eine die „Bundesbedingungen“ bietende Gesetzgebung verbunden? a. Die Quelle J1 (um 850 v. Chr.) Die älteste der 4 zum Pentateuch verarbeiteten Schrif­ ten18, die man wegen ihrer schon für die Patriarchen — ja die Urzeit beliebten Verwendung des Gottesnamens , Jahve“ eine jahvistische Schrift nennt (Jund in der Zeit von 900 —850 v. Chr. entstanden nimmt, weiß nichts von einem Bundes­ schluß, einer Gesetzgebung am Sinai. Nach ihr hat Jahve sein Volk in den Patriarchen erwählt und die von diesen stam­ menden Israeliten durch die Hand des Mose aus Aegypten

zum Sinai geführt, daß sie ihm dort an seinem Sitz dienen d. h. Opfer und Feste darbringen. So hören wir denn auch, daß Mose, Josua und die 70 Aeltesten, die Israel zu seinen Vertretern erwählt hatte, den Berg besteigen, wo sie die Gottheit auf einem Saphirgebilde von himmlischer Klarheit schauen dürfen, ohne dadurch den Tod zu erleiden. Denn Jahve ist ihnen wohlgesinnt14. Hier essen und trinken sie vor der Gottheit, das will sagen, sie veranstalten ein feier­ liches Opfermahl18 und steigen dann herab, während Mose und Josua von Jahve noch zu besonderer Verhandlung ent­ boten werden (2. Mose 24, 9 ff.). Währenddessen verfällt das führerlose Volk in zügelloses, wüstes Treiben, so daß Jahve es von sich und von seinem Berge in die Wüste verweist. Hier mag ihm des Moses Schwäher Chobab, der die Pfade der Wüste kennt, als Führer dienen16. Deutlich genug ist, daß für den Dekalog in dieser Er­ zählung kein Platz ist. Weder die Uebermittlung von Ge­ setzen noch gar der Wortlaut der Gesetze selbst wird hier geboten. Der erste Jahvist läßt „die Sitten und Rechte Israels, soweit er sie im Einzelnen berücksichtigt, aus einer Reihe von zufälligen Anlässen der Urgeschichte entstehn“, sagt Smend mit Recht. (Die Erzählung des Hexateuch 1912 S. 177). Wenn daneben Mose bei Qadesch (J1 Ex. 15, 25) Josua bei Gilgal (J1 Jos. 24,25) dem Volke Satzungen und Rechte in größerem Umfange vorlegen, so hat Jahve ihnen solche wohl eigens offenbart (vgl. Ex. 24, 13a, 15—15a), aber ihren Text teilt unser Verfasser nicht mit. Gewiß ist, wie auch allgemein zugestanden wird, daß sie mit dem Dekalog nichts zu tun haben. Wohl redet diese Quelle auch einmal von einem Bund und von Gesetzen, die bei seiner Schließung gegeben wurden; aber die sind anderer Art: Josua, so hören wir, schließt vor Jahve einen Bund der Volkshäupter unter einander, nicht mit Jahve, und trägt die dabei verlesenen Rechte und Satzungen in ein Buch ein, daß sie auch nach seinem Tode noch Be­ stand und Geltung haben. Es handelt sich da vornehmlich und zunächst um die feierliche Verpflichtung, Jahve und nur ihn zu verehren und um die aus solcher Allgemeinverpflich­ tung sich ergebenden Sonderbestimmungen. — Einen Deka­ log, Zweitafelgesetz also erwähnt, ja kennt diese Quelle nicht,

b. Die Quelle J2 (um 750 v. Chr.) Anders die Zweitälteste Schrift des Pentateuch, die man auf einen zweiten Jahvisten zurückführt und um 750 9

v. Chr. ansetzt. (J*). Sie erzählt von einem „Bund“ Jahves mit Israel, aber sie setzt diesen in die Patriarchenzeit. Unter Vornahme einer sehr altertümlichen, von der Gottheit so verordneten Blutzeremonie empfängt Abram von Jahve die freiwillig ihm dargebotene eidliche Versicherung, daß Jahve ihm und seinem Erben das Land Kanaan geben werde. Damals „schloß Jahve mit Abram diesen Bund“ heißt es (1 Mos. 15, 8-12a, 17—18a). Es liegt hier also eine durch­ aus einseitige, an keine Leistungen des Menschen gekettete Selbstverpflichtung der Gottheit vor. — Man erwartet — und diese Erwartung trifft auch zu - daß diese Quelle in der Wüsten- und Eroberungszeit nicht mehr von einem „Bunde“ redet. Der steht ja noch in Kraft und über seinen etwaigen Bruch berichtet unser Erzähler nichts. Das Verhältnis zwischen Jahve und Israel erfährt nach ihm am Sinai keine Trübung. So führt denn Jahve, der irgendwie auf oder in der Jahvelade als gegenwärtig gedacht wird, sein Volk selbst nach Kanaan und leitet die Eroberung17. Was aber wollte dies denn am Sinai? Ihm dienen d. h. Opfer und Feste darbringen? Unsere Quelle berichtet das nicht. Was sie aber bringt, ist ein Anderes: sie enthält einen Dekalog18. Mose, der den heiligen Bezirk des Berges hat absperren müssen, um ihn vor jeglicher Entweihung durch Betreten von Menschen oder Vieh zu schützen, erhält Befehl zwei unbeschriebene Steintafeln anzufertigen und mit ihnen den Berg zu besteigen. Er tut also. Da erscheint ihm Jahve und offenbart ihm den Text der auf die Tafeln zu schreibenden Gebote. Wir haben ihn 2 Mose 34, 14—26. Die Gebote be­ ziehen sich von Anfang bis zu Ende nur auf kultische Dinge. Jahve, von dem man nur althergebrachte Stein- oder Holz­ bilder, nicht aber nach kanaanäischer Art gegossene Metall­ bilder haben oder machen darf, ist und bleibt Israels einziger Gott. Ihm und ihm allein hat Israel seine Opfer, Gaben und Feste in der bestimmt angegebenen Weise darzubringen. — Diese ausdrücklich „Zehntwort“ genannten Gesetze (34, 28) schreibt Mose göttlichem Befehl gemäß auf Steintafeln und steigt mit ihnen zu Israel herab. Er verliest sie dem ver­ sammelten Volk, das sich auf die Worte Jahves verpflichtet (24, 3.). Danach zieht man weiter durch die Wüste. — Daß es sich hierbei um eine aus Israels kanaanäischer Zeit stam­ mende Sammlung handelt, bedarf kaum eines Beweises. Der Israelit ist angesiedelt, er hat feste Häuser und Tempel. Er bebaut das Feld und bringt Jahve dessen Erstlinge dar.

Wünschte er von Jahve noch ein Bildnis, so mag es ein nach alter Weise aus Holz geschnitztes oder aus Stein ge­ hauenes sein, keinesfalls aus Metall gegossen, wie es der Israelit bei den Gottesbildern der Kanaanäer vorfand. Wer das nachmachte, war des Abfalls von Jahve, des Dienstes kanaanäischer Götzen verdächtig19. — Diese schon von dem jungen Goethe als ein besonderes Zehntwort neben dem be­ kannten Dekalog angesprochene Gesetzessammlung stand also nach unserer Quelle (J9) auf den „mosaischen“90 Steintafeln,

c. Die Quelle E (etwa 650 v. Chr.) Aber woher haben wir denn ihren Text noch? Die Steintafeln, auf denen er stand, wurden doch von dem er­ grimmten Mose zerschlagen, zu Staub gemahlen und mit Wasser gemischt dem Volke zu trinken gegeben, daß es durch diesen Gifttrunk erkranke und also am eigenen Leibe für die Nichtachtung Jahves und seines Dekaloges bestraft werde! Der Zusammenhang und die Tendenz dieser Erzäh­ lung (Ex. 32) schließen den Gedanken an eine Anfertigung neuer Tafeln mit gleichem Text vollkommen aus! Nun, der Widerspruch zu dem oben Vorgeführten erklärt sich daraus, daß wir es hier mit einer anderen Form der Sage zu tun haben. Sie wird uns in einer Schrift geboten, die bis auf Mose den Jahvenamen vermeidet und vorher nur den allge­ meinen Ausdruck „Elohim“ d. h. Gottheit gebraucht. Sie wird daher die „elohistische“ Schrift genannt und mag in der ersten Hälfte des 7ten vorchristlichen Jahrhunderts ver­ faßt sein. Der Elohist konnte nicht wohl von einem „Bund“ Jahves mit den Patriarchen reden, weil zu einem solchen die Kenntnis des göttlichen Namens Voraussetzung ist, diese nach ihm aber erst von Mose an datiert. Erst von da ab konnte also ein Bund geschlossen werden. Und das geschieht denn auch. Mose führt die Israeliten zu dem Berge, auf dem Jahve sich ihm einst mit Namen offenbart hatte (Ex. 3). Er reinigt und heiligt sie. So können sie nun, und das ist der Wille Jahves, auf dem, hier Horeb genannten, heiligen Berge vor die Gottheit treten und aus ihrem Munde selbst unmittelbar die göttlichen Befehle erfahren. Doch das furcht­ bare Donnern und Krachen, das Erbeben des Berges bis in seine Wurzeln hinein füllt das Volk mit Bangen und Ent­ setzen. Es bittet, daß Mose die Worte Jahves entgegen­ nehmen und übermitteln möge. Jahve gewährt die Bitte und gibt nun Mose seinen Willen, der augenscheinlich auch in

10 Gebote gefaßt war, zunächst mündlich kund. Es handelt sich in ihnen gleichfalls nur um kultische Dinge. An der Spitze steht das Verbot der Abgötterei und der Herstellung silberner und goldener, nicht aber steinerner und hölzerner Gottesbilder. Darnach gibt Jahve Verordnungen über den rechten Kultort, die rechte Kultart, die rechte Kultzeit in ähnlicher Weise, ja vielfach mit den gleichen Worten wie bei dem Dekalog des Jahvisten. Auffällt das Gebot, die Altäre aus Erde oder aus unbehauenen Steinen stufenlos herzustellen. Das wird sich aus einer noch von der Wüstenzeit her im Norden Israels bewahrten alten Gepflogenheit erklären, die im Süden angesichts des salomonischen Tempelbaues ver­ schwand. — Dieses durch den ungeschickten späteren Ein­ satz des fälschlich so genannten Bundesbuches Ex. 21—23,13a zerrissene Gesetz (20,23—26; 23,13 b—19) schreibt Mose in ein Buch, steigt mit ihm zum Volk herab und liest es ihm vor. Israel erklärt sich zu seiner Annahme bereit. So wird denn nun unter feierlichem Opfer und Blutbesprengung ein Jahve wie Volk verpflichtender Bund geschlossen und die Israel für die Aufrechterhaltung des Bundes geltenden und von ihm innezuhaltenden Bestimmungen werden „Bundesbuch“ genannt (Ex. 24, 4—8). Darnach ersteigt Mose noch einmal den Gottesberg um Jahve die Bereitwilligkeit des Volkes zu verkünden und dafür als göttliche Gegenäußerung die von Jahve selbst mit „Gotteshand“ beschriebenen Stein­ tafeln zu empfangen. Diese soll er dann, das ist doch wohl der Gedanke, zu ewiger Dauer und eindringlichster Ein­ schärfung vor dem Volke aufstellen. Das Volk aber bildet sich das goldene „Kalb“ und verehrt es, wird also abtrünnig. So zertrümmert Mose die Tafeln: auch Jahve tritt vom Bunde zurück21. Die elohistische Quelle kennt demnach eine kurze Zusammenstellung angeblich „mosaischer“ Gesetze. Aber auch diese entstammen zumeist der kanaanäischen Periode von Israel22. Wenn man sie trotz der Zertrümmerung der Tafeln noch in ihrem Wortlaut besitzt, so erklärt sich das aus der erstmalig in ein „Buch“ eingetragenen Niederschrift des Mose. Er bewahrte sie wohl in einer eigens zu diesem Zweck auf göttlichen Befehl hin hergestellten „Lade“ die darum (von dem Eholisten) „Bundes“» oder besser übersetzt „Gesetzeslade“ genannt wird28. Erst die Verschmelzung der zweiten ,Jahvistischen“ und dieser „elohistischen“ Schrift, von denen jene die Stein­ tafeln erhalten, diese sie zertrümmert werden läßt, hat den

Zusammenarbeiter zu dem naheliegenden Ausweg einer neuen Herstellung des Tafelgesetzes geführt, einem Ausweg, der doch nur möglich war, wenn die beiden Dekaloge sich in der Hauptsache deckten. Und tatsächlich ist der Unter­ schied zwischen ihnen kaum größer als der von den 2 Re­ censionen unseres bekannten Dekaloges in Ex. 20, 2 ff. und Deut. 5,6 ff. — Wenn also im 8. und 7. Jahrhundert von einem ZweiTafel-Gesetz und dem in ihm gebotenen Dekalog die Rede ist, so kann man nur an dies kultische Zehntwort denken. Die heute noch bei vielen herrschende Anschauung, daß der bekannte Dekalog von Ex. 20,2—17 eine von der elohistischen Quelle gebotene kurze Aneinanderreihung der prophetischen Forderungen vorführe, ist darnach abzulehnen. d. Das Deuteronomium Sie ist auch darum abzulehnen, weil das am Schluß der prophetischen Entwicklung vor dem oder während des Exils entstandene Deuteronomium (5. Mose) diesen sog. prophetisch-elohistischen Dekalog nicht kennt, weder in seinem gesetzlichen Teil (K. 12—26) noch in seiner das Gesetz um­ rahmenden Einleitung und Abschließung. Zwar haben wir das Zehntwort von Ex. 20 ff. wenngleich in einer etwas ab­ weichenden Form, auch im 5. Kapitel des Deut. (5, 6—18). Aber der Zusammenhang dort zeigt deutlich genug, daß da ein später eingesetzter den Fluß der Erzählung sprengender Fremdkörper vorliegt. Die in Einleitung und Schluß des Deuteronomiums zu Worte kommenden Schriftsteller ver­ stehen unter dem Gesetz, das hier auf 2 Steintafeln geschrieben (Deut. 10,1—4 a, 5) oder in ein Buch eingetragen wurde (31,9), das deuteronomische Gesetz, das wir, allerdings nur dem Kerne nach, in dem Abschnitt von Deut. 12—26 besitzen84. Dieses Gesetz soll also nur als eine Umarbeitung, ein „Er­ satz“ des jahvistisch-elohistischen Dekalogs gelten, an dessen Stelle es in die Lade gelegt wurde25. e. Propheten Ein scharfes Verhör der Pentateuchquellen führt dem­ nach zu dem Schluß, daß die vorexilitischen Schriftsteller in den 5 Büchern Mose unseren Dekalog nicht enthielten, das heißtauch: nicht kannten. Dasselbe gilt aber auch von den anderen Schriften des A. T. aus der Zeit vor der Ver­ bannung. Alle, neuerdings wieder besonders lebhaft und eindringlich vorgetragenen, Versuche, bei den Propheten

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deutliche Anspielungen auf das Zehntwort oder die Geschichte seiner Uebermittlung zu finden, sind ebenso wohlgemeint wie irreführend: Es ist ganz und gar nichts damit16. Es ist aber auch nichts mit der vorher schon berührten, in der Wellhausenschen Schule seinerzeit fast zu einem Dogma gewor­ denen Meinung, der elohistische, will sagen der uns bekannte und vertraute Dekalog verhalte sich zudemjahvistischenwie „Amos zu seinen Zeitgenossen“ (Wellhausen Composition des Hexateuch 1885 8. 85, Anm. 2), oder anders ausgedrückt wie die verfeinerte Prophetenreligion zu der hauptsächlich im Kultischen stecken gebliebenen Volksreligion, sei also eine etwa um 650 entstandene kurze Zusammenfassung der pro­ phetischen Gedanken und Forderungen17. Aber ganz abge­ sehen von der schon eben zurückgewiesenen Behauptung „elohistischer“ Herkunft: die große Fülle und Tiefe prophe­ tischer Gedanken sucht man in ihm vergeblich. Es ist wahr: unser Dekalog verwirft jegliche Darstel­ lung Jahves im Bilde. Das Gleiche tut ein Hosea. Er und seine Gesinnungsgenossen bekämpfen den äußerlichen Jahve­ kult auf das Ingrimmigste88. Opfer und Feste gebietet auch das Zehntwort nicht, mit einer einzigen, aber bedeutungs­ vollen Ausnahme: es legt auf den Sabbat und seine Heilig­ haltung größestes Gewicht und nennt diesen Tag geradezu: Jahves Tag. Jahve aber will nach der Propheten Aussage (Jesaja 1, 10 ff. Hos. 2, 13 ff.) von Sabbat- und Neumondfeier ebenso wenig etwas wissen wie von den anderen kultischen Verrichtungen und Festen. Die Propheten bleiben mit ihren sittlichen Forderungen auch nicht bei der mageren Aufzählung einiger Verbote, also bei der bloßen Verneinung stehen. Man braucht nur das klassische Wort Micha 6,5 zu hören: „Es ist dir oft19 gesagt, was Jahve von dir fordert: das Recht ausüben, Liebe erweisen und demütig zu wandeln vor dei­ nem Gott," um es mit Händen zu greifen, wie weit der Dekalog hinter dieser treffenden und schönen Zeichnung des prophetischen Wollens zurückbleibt.

2. Der Dekalog selbst Die Mode ist wandelbar. War es früher „wissenschaft­ lich“, in dem Dekalog eine „Summe“ prophetischer Gebote und Gedanken zu sehen, so ist das jetzt von der „Forschung“ „längst überholt“. Ihr ist das—allerdings stark gekürzte und von den verschiedenen Gelehrten in recht verschiedener Weise zusammengestrichene — Zehntwort80 jetzt wieder „uralt“,

am Ende „mosaisch”. Es scheint gar, daß es Mode werden will, den Dekalog so doch wieder an den Anfang der Reli­ gionsgeschichte Israels zu stellen und Widersprechende etwas mitleidig als wissenschaftliche Hinterwälder zu betrachten. — Echte Forschung darf sich auch von einem solchen Vorwurf nicht schrecken lassen. Fragt man nach Gründen — und die allein kommen für die wissenschaftliche Behandlung in Frage —, so ergibt sich aus dem Dekalog selbst schon (ganz abgesehen von seiner „Bezeugung“ oder Nichtbezeu­ gung), daß er ein jüngeres ziemlich künstliches Gebilde ist. Erkennbar genug ist er aus zwei ursprünglich für sich stehen­ den Teilen zusammengeflochten. In der ersten Hälfte redet Jahve: „Ich, Jahve, bin dein Gott; du sollst nicht andere Götter neben mir haben“81. Gewiß, ein Satz dieser Art steht auch an der Spitze des kultischen Dekalogs, steht ebenso an der Spitze der Religion Israels. Er kann also mosaisch sein. Aber seine Verarbeitung mit dem Verbote jeglichen Schnitz­ bildes, ja überhaupt jeglicher bildlichen Darstellung irgend eines himmlischen, irdischen, unterirdischen Wesens und seiner göttlichen Verehrung — „bete sie nicht an und diene ihnen nicht“ — zeigt eine das einfache Verbot metallner Gottes­ bilder weit hinter sich lassende Religionsstufe, ganz abge­ sehen von der dem alten Israel kaum so vertrauten Drei­ teilung der Welt. Mit diesem Kopf des Dekalogs sind nun eine Reihe von Vorschriften, vornehmlich in der Form von Verboten, zusammengefügt worden, die anderer Herkunft sind. Reden sie doch von Jahve in dritter Person: „du sollst den Namen Jahves deines Gottes nicht zum Truge aussprechen» dennjahve wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen trüglich gebraucht“. Der Sabbat ist, Jahves Tag“ „in 6 Tagen hat Jahve die Welt geschaffen“ , Jahve hat dich aus Aegypten geführt“ und das „Land, das Jahve dir gibt“ heißt es. Hier haben wir, scheint es, eine Zusammenstellung priesterlicher Worte und Belehrungen, die den Laien über seine kultischen und sittlichen Pflichten unterrichten sollen. Natürlich können auch da recht alte Gedanken und Gesetze vorliegen. Aber mit dem Hinweis, daß Völker der primitiven Stufe schon Aehnliches hatten82, ist es nicht getan. Es kommt auf die Sammlung als Ganzes an, und da kann nun gar kein Zweifel sein, daß wir es mit einem Werke der sogenannten deuteronomischen Schule zu tun haben, deren eigenartige Sprache überall leicht zu erkennen ist und die nun auch unseren Dekalog von An­ fang bis zu Ende durchzieht88. Und zwar wird es, da der

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Dekalog den um 600 schreibenden deuteronomischen Schrift­ stellern noch nicht bekannt war, die Zeit der Verbannung oder die unmittelbar dann folgende Periode sein, der unser Zehntwort seine Entstehung verdankt. Damals waren die deuteronomischen Federn überhaupt außerordentlich tätig. Zu Babel in der Verbannung hatten die Juden viel Bildnisse allerlei himmlischer (Gestirne), irdischer (Tierdämonen), unterirdischer (Urweltdrache) Wesen oder Fabelwesen vor Augen, deren Nachbildung und Verehrung strengstens zu untersagen Grund gepjig war. Aus dieser Zeit und Umgebung versteht sich auch die alleinige Nennung des Sabbatsgebotes. Die Feste, welche der kultische Dekalog und die deuteronomische Gesetzgebung nennen, sind die 3 Erntefeste: vom „Sabbat“ reden sie nicht. Jene Feste mit ihren Opfern können Jahve nur im „reinen Land“, das heißt in seinem Wohnland Kanaan gefeiert werden. So müssen sie in einem für die Verbannten zusammengestellten Gesetzbuch verschwinden, ohne daß damit ihre Aufhebung für alle Zeit ausgesprochen würde. Anders mit dem Sabbat, wenigstens in der hier ge­ botenen Form. Er ist der „Tag Jahves“. Andere Religionen und Götter haben ihn nicht. Man soll ihn nicht sowohl durch Opfer, als durch Ruhe und Arbeitsenthaltung feiern. Das konnte man im fremden Lande wohl tun. An solchem Feiern des Sabbats erkannte man den Juden, erkannte dieser sich selbst als Jahve zugehörig und dadurch von allen Heiden abgesondert. Wenn aber neben dem Sabbat das 2. dem Sabbat gleichstehende Sakrament des Juden, die Beschneidung, im Dekaloge fehlt, so dürfte auch das für exilische Entstehung des Zehntwortes sprechen. Denn dieser, in Babel zur Zeit der Verbannung noch nicht so gewertete, Brauch ist anscheinend erst bald darauf zu dem 2. Kennzeichen geworden, durch das sich der Jude von allen anderen Menschen schied. (Gen. 17.) — Nehmen wir nun den Dekalog als Ganzes, so dürfte der Forscher recht haben, der da sagt: (Steuernagel, Das Deut.8 1923 S. 29 f.) „Der Dekalog will . . nicht eine Liste der Pflichten sein, die der fromme Israelit zu erfüllen hat, sondern eine Liste der Freveltaten, die er zu meiden hat“. Seine „Absicht ist also nicht die, das religiöse und sittliche Niveau in der Gemeinde möglichst zu heben, als vielmehr die, es nicht gar zu tief sinken zu lassen. Recht verständlich ist der Dekalog nur aus einer Zeit, in der ein religiöser und moralischer Zusammenbruch schlimmster Art zu bekämpfen war, wie etwa im Anfang des Exils infolge des nationalen

Zusammenbruchs, der Entwurzelung aus dem Lande der Väter und der Verpflanzung in heidnische Umgebung.” Hier war eine solche Zusammenstellung am Platze. Hier hat sie anscheinend ihre Schuldigkeit getan und sich dadurch ein über den Tag, ja über die Jahre der Verbannung hinaus dauerndes Ansehen errungen. So hielt man es für nötig, den Dekalog an hervorragender Stelle in das deuteronomische Werk einzufügen, und ihn so vor allen deuteronomischen Gesetzen und über ihnen bedeutsam herauszustellen. (Deut.5,6 ff.). Ja, das große priesterliche Werk, welches etwa in der Mitte des 5. Jahrhunderts entstand und dengrößesten Teil der mittleren Bücher Mosis einnimmt, der „Priestercodex“ (PC) hebt ihn vor allen anderen Geboten Jahves auf das Nachdrücklichste und Eindringlichste hervor. Jahve ist seiner Zeit — so weiß die Schrift zu melden — dem Abram unter dem Decknamen eines „El Schaddaj d. h. machtvoller Gott" erschienen und hat mit ihm unter Einführung der Beschneidung einen für ganz Israel geltenden „Bund” ge­ schlossen (Gen. 17). Darnach gab er dem Mose bei dem ersten Weilen am Gottesberge seinen eigentlichen Namen „Jahve" kund. Er tat nun aber, da Mose zum 2. Male, jetzt mit dem ganzen Volke Israel, zu ihm kam, ein Uebriges. Er „offen­ bart" seinem Volke am Sinai unmittelbar seinen Willen, schreibt ihn darnach selbst auf Steintafeln und übergibt diese „Gesetzesoffenbarungstafeln" dem Mose, daß er sie in einer eigens für sie zu verfertigenden Lade berge und mit ihr im Allerheiligsten der Stiftshütte aufstelle14. So geschiehts auch. Damit tritt dieser Dekalog an die Stelle des kultischen Deka­ loges von J1 und E und des Deuteronomiums. Und wenn es dem Verfasser auch nicht gelang, die vorhandenen älteren Erzählungsschriften und Gesetzessammlungen zu Gunsten seines Werkes gänzlich zu beseitigen, wie er wohl wünschte, so drängte sich doch sein Dekalog bei der Zusammenarbeit der in dem Pentateuch verwobenen Schriften an die Spitze aller Gesetze und gab sich damit als die erste und wichtigste aller Sammlungen. Welche Bedeutung ihm der Verfasser des Priestercodex beilegt, zeigt sich auch darin, daß dieser Dekalog und nur er von Jahve dem Volke unmittelbar ver­ kündet, daß er und nur er von der Gottheit selbst nieder­ geschrieben und von Mose im Allerheiligsten niedergelegt ward. Die große Masse der kultischen und ceremoniellen Anweisungen dagegen, die im PC an die Stelle der Kult­ gesetze früherer Schriften treten, werden dem Mose nur 17

mündlich und von diesem ebenso mündlich dem Volke mitgeteilt88. Die hohe Wertung, welche er also dem von ihm über­ nommenen und wohl für uralt, am Ende für „mosaisch“ gehaltenem Zehntwort beilegte, hat nun doch nicht dazu geführt, diesem in der nachexilischen Gemeinde ein ganz besonderes, einzigartiges Ansehen zu sichern. Es wird in dem jüngeren Schrifttum des A.T. selten genug erwähnt 8% verlor sich vielmehr in der Fülle der Gesetze, in die es ein­ gebettet war. Wenn die jüdische Gemeinde vom „Gesetze"» von den „Verordnungen des Höchsten" redet, so meint sie das Gesetz des Pentateuchs als Ganzes, ohne den Dekalog besonders herauszuheben. Selbst zur Zeit Jesu ist das nicht viel anders gewesen. Jesus selbst aber, wenn er auch das Zehntwort erwähnt und schätzt, weiß doch, daß die „Schrift“ etwas Höheres und Tieferes zu bieten hat. Mit dem sicheren Takt des Genius greift er zwei ziemlich versteckte Worte des A. T. heraus, vertieft sie und bindet sie so zu einer Ein­ heit zusammen: „Liebe Gott von ganzem Herzen und deinen Nächsten als dich selbst. Daran hängt (nach ihm) das ganze Gesetz und die Propheten" (Matth. 22, 37—39). Wenn die christliche Kirche dem Zehntwort in Predigt wie Unterricht eine stärkere Stellung zuweist als das Urchristentum, so kann und darf sie das nur in der Höhenlage dieses „Zweigebots" tun, darf sie den Dekalog nur christlich auslegen, wie Luther das in klassischer Weise bei seinen Katechismen getan hat. Sie wird sich aber dabei immer bewußt bleiben müssen, daß man Liebe nicht befehlen, sondern nur schenken und em­ pfangen kann. Jesus steht über Mose, das Evangelium über dem Gesetz. Nicht das „ich muß", sondern das „ich will" ist das Größere. So ist denn die „Liebe des Gesetzes Erfüllung".

Anmerkungen. 1 So Philo, über den Dekalog § 19 (Uebersetzung von Cohen 1909). 2 Pirqe Abot I. 1. s. Schürer, Geschichte des jüd. Volkes 3 1898 II. 332. 3 s. Meinhold, Die Weisheit Israels in Spruch, Sage und Dich­ tung 1908, 280 ff. 4 s. Bousset, Die Religion des Judentums im neutestamentl. Zeit­ alter 2 1906. 8.140. 5 siehe besonders Gressmann, Mose und seine Zeit 1913. 6 Philo, Leben des Mose § 21-33. 7 vgl. Jens Jürgens (Der biblische Moses, Pulver — Sprengöl — Dynamitfabrikant. 1921.), nach dem das schreckliche verzehrende Feuer, in dem Jahve den Israeliten erschien, „nichts anderes war als bren­ nendes Pulver, Nitroglyzerin und Dynamit, die Bundeslade aber die sorgsam behütete und getragene Pulver- und Dynamitkiste des Moses und die Stiftshütte endlich die Pulver- und Dynamitfabrik des Mo­ ses" (8. 4.)! 8 Auch die Bergpredigt hat es mit dem ganzen Gesetz, nicht nur mit dem Dekalog zu tun. 9 Ein vorübergehendes Siedeln der Kleinnomaden etwa in Qadesch und die damit gegebenen Anfänge der Ackerbearbeitung reichen für die Entstehung einer Sammlung wie des Bundesbuches nicht aus. Gegen Eerdmans alttestamentl. Studien II. 1908. III. 1910, bes. 8.121 ff. 10 Schiller, aus dem unvollendeten Gedicht „Deutsche Größe" 1801. 11 Das betont mit Recht Hans Duhm in seiner Schrift: Der Ver­ kehr Gottes mit den Menschen im A. T. 1926. 18 Der „Alte der Tage mit weißem Haar und weißem Kleid" in Dan. 7 ist keine ursprl. Israel., wohl eher eine persische Vorstellung s. m. Einführung ins A. T. 21926 S. 334. “ Es ist ja leider nicht überflüssig anzumerken, daß ich an den Grundlagen der Hexateuchkritik festhalte. Gewiß hatte die Überliefe­ rung und Sage in Israel schon eine wechselreiche Geschichte hinter sich, als sie von den pentateuchischen Schriftstellern übernommen und geformt wurde. Und cs ist reizvoll und nötig dem nachzugehen. Aber der feste Boden, von dem aus man sich weiter tasten kann, ist doch das, was wir in den von der Literarkritik erkannten und heraus­ geschälten Quellen haben. Verläßt man diesen Boden, so verliert man

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sich leicht ins Uferlose. Das gilt vornehmlich von der Gesetzgebungs­ geschichte. Gibt man die Quellenscheidung auf, die ja die verschie­ denen Schichten und Fäden immer klarer erkannt und freigelegt hat, so langt man glücklich wieder bei Vaters Fragmentarhypothese an. " Wer die Geheimnisse der Gottheit an sich reißt, ihre Gestalt schaut, ihren Namen erhascht, muß sterben (Gen. 32, 30 ff. Richt. 13,18 ff. Jes. 6, 5). Aber Gott kann von sich aus seinen Lieblingen erscheinen, sich ihnen mit Namen offenbaren. Da geschieht ihnen denn kein Schaden. 15 Man muß nach dieser Quelle die Erwähnung eines feierlichen Opfermahls am Sinai erwarten (vgl. Ex. 4, 23.). Deshalb ist der Vor­ schlag von Holzinger (Kautzsch 4 z. d. St.) anstatt des „sie aßen und tranken” (wajjistü wajjdkelü) nach 24,1 „sie brachten ihre Verehrung dar” (— wajjistahawü) zu lesen, doch wohl abzulehnen. 16 Die scharfe Ausscheidung und Verteilung der j atavistischen Teile auf die 2 Jahvisten ist nicht ganz leicht. Man sehe nur, wie oft Smend nach Ja den Mose auf den Berg herauf und heruntersteigen läßt, als wolle er sich im Bergsteigen üben, und wie oft Jahve vom Himmel auf den Sinai herabfährt, als ob er nichts anderes zu tun hätte (Die Erzählung des Hexateuch 1912. 8.162 f.). — Hier liegt gewiß ein Fehler in der Zuteilung der einzelnen Stücke vor. Die erste j atavisti­ sche Schrift erzählt, daß die Israeliten von Rephidim, wo sie Amaleq schlugen (K. 17), weiter zogen zur Wüste Sinai. Dort lagerten sie (19,2 a). Da fuhr Jahve herab zum Berge Sinai, der stark erbebte und wie ein Schmelzofen rauchte (19,18.). Nun ertönt Jahves Befehl, daß 70 er­ wählte Ältesten mit Mose hinaufsteigen, um Jahve von ferne zu hul­ digen (24,1.). So geschieht es (24,9—11.). Während sie vor Jahve, den sie von weitem schauen, ein Opfermahl halten, steigen Mose und Josua unmittelbar zur Gottheit empor (13 a. 14.15 a.). Inzwischen versündigen sich die Israeliten in wüstem Treiben (32,17 f. 25), so daß Jahve sie von sich wies (33,3 b 4.). Chobab aber ward ihnen Führer durch die Wüste (Num. 10,29. 31—33.). — Daß er sich der Führerschaft nicht ent­ zog, geht aus Richt. 1,16 (J1) hervor, wo sein Geschlecht mit den ein­ ziehenden Israeliten in Kanaan seinen Anteil erhält (vgl. z. d. Text Moore, Judges. 1895 S. 30, Budde, z. d. St.). Seine Weigerung (Num. 10,30) steht nicht in J \ sondern in Ja. Die Lade scheint J1 nicht zu haben. Die Führung durch Chobab stößt sich mit der Führung Jahves bei der Lade. Die Stellen aus J1, in denen in Josua K. 4 u. 6 von der Lade die Rede sein soll, erwähnten sie ursprünglich nicht (s. Steuernagel z. d. St). 17 Die 2te jahvistische Schrift in Ex. 19 ff. klar herauszuschälen, ist nicht leicht (siehe dazu Smend a. a. O. und Eissfeldt Hexateuchsynopse 1922). An ihr hat sich der Redactor (bes. in K. 34.) sehr stark beteiligt und versündigt. Man wird sich den Gang der Erzählung fol­ gendermaßen vorstellen dürfen. Mose erhält am Sinai durch Jahve „vom Berg her” (2b) den Befehl, jegliche Berührung und Betretung des heiligen Berges zu verbieten, ja durch Aufrichtung eines Geheges zu verhindern. Er tut das. Darnach fährt Jahve bei immer mehr an­ schwellendem Posaunenschall, unter Donner und Blitz auf den heiligen

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Berg herab und ruft Mose zu eich (19,11b. 12. 16 z. Th. 20? 34,1.), daß dieser auf 2 mitzubringenden Steintafeln den für Israel geltenden Willen der Gottheit aufschreibe. Wenn Wellhausen (Compos. des Hexateuchs S. 84) mit Recht betont, daß K. 34, 5 in „völlig gleicher Linie mit 19,18.20. stehe”, so erklärt sich das nicht sowohl aus anderer Quellenzugehörig­ keit der betr. Verse, als vielmehr aus der Tätigkeit des R., der nach der Abreißung des K. 34. von 19. durch die K. K. 20—24. 32 f. einfach den Faden wieder aufnimmt, indem er dort Gesagtes wiederholt. Mose war nach J2 nur einmal auf dem Berg (nämlich K. 34.). Vorher gab ihm Jahve vom Berge herab den Befehl der Vorbereitung. Nun steigt er herauf, stellt sich dem Befehl gemäß vor Jahve auf (das , Jahve stieg in einer Wolke herab” v. 5 a ist ein ganz ungeschickter Nachtrag des R., der den Zusammenhang verwirrt; Jahve war nach 19,16 z.Th. schon auf den Berg herabgestiegen!) und empfängt dort das „Zehnt­ wort”. Also: 34,1. 2. 4 (unter Ausscheidung der Bezugnahme auf die früheren Tafeln) 5a« b«. — Die Theophanie, das Sichniederwerfen des Mose (V. 6 ff.) gehört zu dem Einsatz des Redactors, der ungeschickt genug mit dem „Du” V. 11 das Volk meint, während doch Mose an­ geredet ist. Durch diesen Eingriff ist dann aber auch die Einleitung zum eigentlichen Dekalog weggeschnitten, in der sich Jahve durch Mose an die Israeliten wendet. Es muß da etwa wie 20, 22 a (E.) ge­ standen haben: Also sollst du den Israeliten sagen: 14ff. Nach Emp­ fang dieser Satzungen (15—26.) weilt Mose noch 40 Tage und 40 Nächte bei Jahve, meißelt die 10 Worte auf die mitgebrachten Steintafeln (34, 28.) und steigt dann mit ihnen zum Volk herab. Er liest diesem die göttliche Befehlsworte vor und erhält Israels Zustimmung (24,3). Den Abschied vom Sinai, der ja nun, da das Nötige geschehen, zu er­ folgen hat, erleichtert Jahve dem Moses durch die Erklärung, daß er selbst, in seinem 2ten Ich, seinem „Antlitz” (= panim) mit Israel gehen und es führen werde, wie denn auch in der neuhergestellten Lade ge­ schieht (das stand irgendwie in den Teilen von J2, die in Ex. 33 stecken vgl. Eissfeldt und Smend z. d. St., Num. 10, 33 b ff.). Wo bei Ja von einem „Bund” Jahves die Rede ist (K. 34 V. 10. V. 27. V. 28.), geschieht das entweder durch R. (V. 10.; Zusatz „die Bundesworte” V. 28., den schon Wellhausen a. a. O. Nachträge 1889 8.331. Anm. 1. an der späteren nota accusativi gegenüber dem einfachen „Zehntwort” ebenda ohne diese als solchen erkannt hat), oder es gehört zu E, so Vers 27., der von einer Privatniederschrift des Moses redet, und wohl zu E. (nach 23,19 und vor 24,4) paßt, aber nicht zu J, mit dessen Bericht in V. 28 sich V. 27 stößt. 18 Wichtig ist, daß gerade diese Sammlung in K.34 aus­ drücklich als „Zehntwort” bezeichnet wird (34,28.). Es ist allerdings nicht ganz leicht, die Zehnzahl herauszubekommen. Nach dem Vor­ gang von Wellhausen a.a. O. nimmt man meist das Sabbatgebot und die überflüssige Wiederholung, „3 x im Jahre sollt Ihr vor Jahve er­ scheinen”, aus der Zwölfzahl heraus (vgl. Smend a. a. O. 8.179. Eiss­ feldt z. d. St. u. a. m.). Aber so einfach liegt die Sache nicht. So hat Cornill in der Wellhausenfestschrift S. 109 (Beiheft z. ZAW 27, 1914)

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einen etwas abweichenden ansprechenden Versuch vorgelegt. Er sieht in Ex. 34,15ff. je 5 Gesetzespaare: ( 1. nur ein Gott X 2. keine Götzenbilder i 3. alle Erstgeburt zu opfern X 4. die menschliche zu lösen / 5. Feier von Wochenfest X 6. Feier von Lesefest / 7. kein Gesäuertes beim Opfer X 8. keine Reste des Passaopfers < 9. das Beste der Erstlinge für Jahve X10. das Böcklein nicht in der Milch der Mutter). Aber wenn er meinte, damit das Problem „des jahvistischen Dekalogs gelöst" zu haben, so war das wohl etwas vorschnell. Die Sache ist dadurch so kompliziert, daß der R. auch in den Text des „Dekalogs“ stark eingegriffen hat, wie das in Bezug auf 14 b—16. 18 b. 20 auch schon längst angenommen wird. Aber das genügt noch nicht. Die Vermutung liegt doch nahe, daß der R., der den Dekalog von J* als eine Wiederholung von dem in E. vorführt, ihn auch noch etwas dem von E. angeglichen hat, aber auch umgekehrt; das läßt sich auch erweisen. Die Zerschlagung der zusammengehörigen und in E. auch zusammen abgehandelten Feste in K. 34. zeigt das. Steuernagel (Die Entstehung des deuteronomischen Gesetzes 1896. S. 90—92.) und Cornill (a. a. O. 8.112.) meinen, daß in 2. Mose 34,18 gerade wie in Deut. 16 ursprl. das Passa genannt und der Name Massot dann erst nach der Gesetzgebung von E. (24, 13 ff.) statt dessen eingesetzt ward. Das wird richtig sein. Aber man muß auf dem Wege weitergehen. Wie in Deut. 16 ursprünglich nur xlas Passa verordnet war (vgl. Guthe, Baudlssinfestschrift 1918. 8. 217ff. Eihorst, Zeitschr. f. a. t. Wissensch. 1924 8.136 ff.), so auch hier. Auf das Passa führen nicht bloß die Be­ stimmungen über die Erstgeburt (34,19f.), die ja mit Massot nichts zu tun haben und bei E. (23,14 f.) auch fehlen, sondern auch die Verord­ nungen in 34,25, wo das Passaja ausdrücklich genannt wird und nicht, wie viele wollen, als späterer Eintrag zu streichen ist. Für Passa, aber nicht ursprl. für die anderen Feste und Opfer (Lev. 7,13. Amos 4,5) gilt das Fernhalten des Gesäuerten und das Gebot der vollkommenen Aufzehrung des Opfers am Festtage. Es hieß also ursprünglich in Ja „Gebot 3: Du sollst mir das Passa feiern. 4: Alle Erstgeburt ist mein. 5: Die Erstgeburt vom Esel sollst du lösen oder töten. 6: Die Erstgeburt des Menschen sollst du lösen. 7: Du sollst das Blut meines Opfers nicht über Gesäuerten schlachten. 8: Von dem Passabraten soll nichts bis zum nächsten Morgen bleiben. Es folgen dann noch 2 allgemeine Kultbestimmungen. 9: Das Vorzüglichste, die Erstlinge deines Ackers sollst du zum Hause Jahves deines Gottes bringen.

10: Du sollst das Böcklein nicht in der Milch seiner Mutter bereiten." In dies für Judäer oder für kanaanäische Proselyten in Juda, wie Budde will, zusammengestellte Zehntwort ist nun die nordisraelitische Fest­ ordnung hineingekommen. Massot verdrängt das Passa, nicht aber die für Massot-Passa gültigen Bestimmungen betr. die Erstgeburt. Die schieben sich also in das von E. herübergenommene Massot-gesetz hinein. Die Schlußbestimmung desselben („nicht soll man vor mir mit leeren Händen erscheinen") steht nun nach der Erstgeburtsverord­ nung, weil sie auch für die anderen sofort folgenden Feste gilt. Wenn die übrigen Passabestlmmungen hinter diesen erscheinen (34,25), so versteht sich das wohl daraus, daß man sie nun auf alle Feste bezog, wie denn aus dem Festbraten des Passa, von dem nichts übrig bleiben soll bei Ja, das „Fett meines Festopfers" in E. geworden ist (23,18), das ja Jahve gehörte und sofort ganz zu verbrennen war. — Es zeigt sich also, daß nicht bloß die Gesetzgebung des Jahvisten durch die des Elohisten, sondern auch die des Elohisten durch die des Jahvisten irgendwie beeinflußt wurde. — Unklar ist nur die Sache mit dem je 7ten Ruhetag in der Pflüge- und Erntezeit (V. 21.). Wenn obige Ausführung zutrifft, so ist dies Gebot, das sich störend in die Festordnung eindrängt, ein Fremdkörper, und man muß in obiger Weise zählen, um die Zehn­ zahl herauszubekommen. Auffallend ist allerdings, daß es sich hier nicht um das bekannte Gebot des Sabbats zu handeln scheint, dessen Name ja auch nicht genannt wird, sondern um einen Ruhetag während der Hauptarbeitszeit des Jahres. In den übrigen Monaten hatte man Ruhe genug. Da bedurfte es keines besonderen Ruhetages und Ruhe­ gebotes. Der „Sabbat" aber rollte doch gleichmäßig durch das ganze Jahr durch. So sieht die Verordnung hier nicht gerade als eine Erfindung und Zutat eines Redactors aus. Hält man an ihr als ursprünglich fest, so ist oben Gebot 5 und 6 als eins und das Ruhegebot als Gebot 6. zu nehmen. Die Zehnzahl der Gebote steht nach V. 28 für den jahvistischen Dekalog fest, selbst wenn es nicht gelingen sollte, sie sicher heraus­ zustellen, wofür man die Redaction verantwortlich machen wird. 19 Wie das Genießen von Pferdefleisch im frühen Mittelalter den Verdacht des Dienstes der germanischen Götter, denen man Pferde opferte, nahe legte, weshalb dann sein Genuß überhaupt verboten wurde, so läßt das Vorhandensein gegossener Gottesbilder in Israel kanaanäisches Heidentum vermuten — wenn es sich 34,18 überhaupt um Jahve- und nicht um Götzenbilder handelt. 20 Goethe, Zwo biblische Fragen: was stund auf den Tafeln des Bundes? 1773. 21 Die Quelle E. bietet für die Gesetzgebung folgenden Gang: Die Israeliten lagern am Horeb-so heißt hier der Gottesberg (19,2 b). Als Moses zur Gottheit hinaufstieg, erscholl vom Berge her Gottes Befehl, daß er dem Volke, das Jahve bis hierher geführt und wie auf Adlers Flügeln getragen und nun zum Gottesberg gebracht habe, künden möge: Jahve will sich Israel erwählen, mit ihm einen Bund schließen und es zu einem „heiligen" Volk machen, d. h. aus der Schar der profanen

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Völker (= Heiden) herausheben (V. 3—8.). Wenn auch in 4—6 deutetenomische Sprache durchschimmert, auch nach deuteronomischer Weise mit dem Bunde, der doch erst geschlossen werden soll, als mit etwas Bekanntem, schon Vorhandenem gerechnet wird, so ist es doch kaum richtig, das Ganze als deuteronomische Zutat zu streichen, ebensowenig nun aber auch das Ganze E. zu belassen (so Smend a. a. 0.163 ff. Eissfeldt a. a. 0.146*). Es wird ein Kern von E. zu Grunde liegen, so Klopfer ZAW. 1898 8. 201 ff. Mose erhält nun den Befehl, das Volk sich heiligen, die Kleider waschen und sich der Weiber enthalten zu lassen, und am 3ten Tage auf den Lärmruf eines Jubelhorns stuf den Berg zu führen, wie denn auch geschieht (19,10.11a. 13 b. 14 f. 16 a z.Th.b, 17.19 b); [der Vers 15 b wird vielfach J2 zugeteilt, Klopfer a. a. O. 212, Steuernagel, Studien und Kritiken 1899 8. 323f.; Smend a. a. O. 162; Eissfeldt, 147*, kaum mit Recht. Für den Verkehr mit der Gottheit, also für ein Betreten des Berges, ist eine solche „Heiligung“ nötig. J1 und Ja aber sperren den Zugang zum Berge ja ab für das Volk], Aber die vom Berge herabtönende gewaltige Donnerstimme jagte dem Volke einen furchtbaren Schrecken ein (19,19 b. 20,15 a z. T. 18 b.). So bittet es Mose, den Vermittler zu machen (20,19). Dieser tut es, nach­ dem er das Volk darüber beruhigt hat, daß Jahwe nicht gekommen sei, es zu vernichten (lies statt l*baabur nassdt mit Klostermann, Pentateuch­ studien 1907. S. 465: loba’abur hakkot). Das Volk bleibt nun in ange­ messener Entfernung stehen. Mose aber geht in das Jahve verhüllende Wolkendunkel hinein (20,20a 21). Da sprach Jahve zu Mose: „So sollst du zu den Israeliten sprechen“ (22a)... Hier müssen nun die eigent­ lichen Grundgesetze folgen. Vorher ist für sie kein Platz. Also ist der vorher stehende Dekalog (20,2—17) ein Einschub. Die von Mose in Empfang genommenen Gesetze folgen nun auf 22 a auch wirklich (20,23 ff.). — Der in 20,22 a abgerissene Erzählungsfaden findet sich 34,27.24,14 ff. wieder. 22 Der elohistische Dekalog: Es ist leicht zu ersehen, daß die Gebote 20,24—26. für sich stehn, mit den folgenden, die man als „Bun­ desbuch“ zu bezeichnen pflegt (21,1 ff.), garnichts zu tun haben. Denn hier beginnt eine neue Überschrift: Dies sind die Satzungen und Wei­ sungen usw. Diese duldet keine Satzungen unmittelbar vor sich! Es ist nun Baentsch (vgl. auch Eerdmans alttest. Studien III 1910. S. 92 f. und Cornill, Wellhausenfestschrift 1914 S. 113) schon aufgefallen, daß 23,13 a einen deuteronomischen Abschluß der Sammlung geben will und gibt. Tatsächlich schließt sich nun 23,13 b—17 mit 20, 24—26 klar und gut zu einem Zehntwort zusammen, einem Zehntwort, das in Inhalt wie Form dem jahvistischen Dekalog so nahe steht, daß der Redactor diesen mit einiger Nachhilfe gut als Wiederholung des ersteren geben konnte, was betreffs des Dekaloges Ex. 20, 2—17 ganz und garnicht möglich war. Der „elohistische Dekalog“ lautet also: 1. Du sollst dir keine fremden Götter (d. h. Götterbilder) machen (23 a). 2. Du sollst keine silbernen und goldenen Gottesbilder anfertigen (23 b). 3. Du sollst deinen Altar aus Erde oder unbehauenen Steinen bauen. (24 a. b. 25).

4. Du sollst nicht auf Stufen zu meinem Altar hinaufsteigen (26). 5. An jedem Ort, an dem du mich herbeirufst, werde ich zu dir kom­ men und dich segnen, nicht aber sollst du fremde Götter herbei­ rufen, noch überhaupt erwähnen (20,24 c. 23,13 b.). 6. Dreimal im Jahre, am Masset = Ernte» und Lesefest sollst du vor Jahve erscheinen und zwar nicht mit leeren Händen (23,14a. 16). 7. Du sollst das Blut meiner Opfer (1. z'bachach) nicht auf Gesäuertem darbringen (23,18). 8. Vom Fett meiner Festopfer soll nichts bis zum Morgen übrig bleiben (1. beleb haggaj statt: beleb haggi). 9. Das Beste der Erstlinge* deines Landesertrages sollst du mir bringen (23,19 a). 10. Du sollst dasBöcklein nicht in der Milch der Mutter kochen (23,19 b).— Es liegt hier deutlich ein guter Gedankenfortschritt vor. Vom Verbot der Abgötterei geht es zum Gebot des rechten Jahvedienstes fort. Der rechte Altar, der Anruf der rechten Gottheit zum Opfer, die rechte Handlungsweise am Altar, das rechte Besteigen des Altars vornehmlich zu den 3 Hauptfesten und die rechte Darbringung der rechten Gaben und Opfer! Wir besitzen also in Ja und E. eine alte, angeblich mosaische Zusammenstellung kultischer Gebote. Im Süden (J2) und Norden (E) nahm diese entsprechend den anderen Verhältnissen eine andere Form an. In E. scheint vielfach das Ältere vorzuliegen. Im einzelnen merke noch folgendes an: Der Israelit ist Ex. 20,23ff. angeredet. Man hat also durchweg die 2te Person Sing, zu lesen. So 20,23: lo ta’aseh statt: lo ta’asu, so 23,13b tazkir statt tazkiru. In 20,23 verbietet das Wort: „Du sollst dir keine anderen Götter (1. elohim aherim) machen", die An­ fertigung anderer als der Jahvebilder. Aber auch diese dürfen keinen Sil­ ber- oder Goldüberzug haben. Anderejahvebilder gelten als selbstverständ­ lich. Es liegt demnach hier nicht direkt wie 34,14, aber doch indirekt ein Verbot der Vielgötterei vor. Immerhin konnte der R. doch meinen, daß 20,23 und 34,14 a und 18 im wesentlichen Dasselbe aussagen. — Bei der Einfügung des „Bundesbuches“ 21,1—23,13 a ist Gebot 5 durch­ schnitten und die erste Hälfte an falsche Stelle (20,24 b st. hinter 26) ge­ raten und dann vielleicht auch deuteronomisch geändert worden, so daß man jetzt verstehen soll, „an dem ganzen Ort (nämlich des Tempels in Jerusalem), über dem ich meinen Namen '„nennen"werde" (azkir; genau echt deuteronomisch ausgedrückt „wohnen lassen werde“ — ’aschakken) werde ich erscheinen „und dich segnen" (siehe Merx, Mose und Josua S. 41.). Es ist trotz der verzweifelten Versuche Königs dem jetzigen verzwickten Text 24b einen erträglichen Sinn abzuringen (ZAW 1925. S. 337 ff.), anzunehmen, daß es ursprl. lautete: b*kol maqöm ’aser tazkir semi ’abo* usw. Daß tazkir (so noch in LXX) gegenüber dem azkir im hebr. Text das Ursprl., ergibt sich deutlich aus dem tazkir der 2ten Hälfte des Verses, der gegensätzlich auf ein tazkir der ersten Hälfte hinweist: „Mich sollst du mit Namen (zum Opfer rufen), nicht sollst du andere Götter mit Namen rufen usw. 25 Von einer Herstellung der Lade als Trägers der göttlichen Gegen-

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wart verlautet bei E., wie überhaupt in Ex. 33. nichts. Aber während man mit Recht annimmt, daß in J*(nicht aber J1!) davon ursprl. hier die Rede gewesen sein muß, sintemal nach ihm von nun an Jahve mit und in der Lade bei Israel weilt, es führt und mit ihm Kanaan erobert, ist das bei E. nicht so glatt zu behaupten. Durch die Fürbitte des Mose (32,30—33) und durch das bußfertige Benehmen des schwer heim­ gesuchten Volkes bewogen erklärt Jahve, daß er nicht inmitten des unreinen Volkes ziehen könne: der Heilige würde und müßte die Unhei­ ligen verzehren. Er will aber doch nicht völlig von ihnen weichen. So soll Mose ein mit dem von den Israeliten gelieferten Goldschmuck ver­ ziertes Zelt außerhalb des Lagers herstellen, in dem Jahve sich jeweils, in einer Wolke verhüllt, zum Besuche Moses und Israels einfindet. Das „heilige Zelt“ also und nicht die Lade ist Träger der göttlichen Gegen­ wart. Und so heißt es denn auch „Offenbarungszelt“ (öhel mo°ed). In diesem Zelt hat der Jüngling und Diener des Mose Josua die Wache; hier, in der Zelttür, erscheint die göttliche Wolke bei allen wichtigen Gelegenheiten (33,5—11. Nurn. ll,16f. 24 b—30.12,4 f. 10. Deut. 31,4 f. [E.!])—. Wenn nun die Lade bei E. daneben auch noch erwähnt wird (aber nur in Josua! Jos. 3, 6. 8.15; kaum 4, 5.11b. [wohl J2?] 6,4? 6.8b.), so zeigt schon der dort beliebte Ausdruck „Bundeslade“ = ’arön berit, den man irriger Weise für deuteronomisch hält, was E. darunter versteht: die „Gesetzeslade“, wie man den Ausdruck am treffendsten wiedergibt. Er hätte also wie öfters Vorstellungen und Gegenstände aus seinen Quellen oder der Volksüberlieferung bei ihrer Übernahme umgedeutet und entheidnischt. Nimmt man Deut. 10,5 den Befehl an Mose, eine Lade von Akazienholz zur Aufnahme des Gesetzes zu zimmern als aus einer Quelle übernommen an, was ja zumeist geschieht, so kommt dafür nur E. in Frage. Es muß der Bericht davon durch R. weggeschnitten sein. Mose fertigt nach E. also auf Jahves Geheiß eine Lade von Akazienholz an und legte sein Gesetzesbuch hinein vgl. Deut. 31, 9, wo Mose mit dem Deut, verfährt, wie er einst mit dem elohistischen Dekalog tat. Denn wenn er es den „Priestern gibt, die die Lade tragen“, so ist na­ türlich gemeint, daß sie es in der Lage bergen, während das „Lied Mosis“ seinen Platz neben der Lade finden soll (V. 26, wo mit Sevensma und Steuernagel sefer hassir statt: hattora hazzot zu lesen ist.)Der Aus­ druck: ’aron berit = Bundeslade kommt also von E. und nicht von der deuteronomischen Schule her. 34 Zu der Frage, ob die K.K. Deut 1—11. den Dekalog von Ex. 20,2 ff. oder wenigstens Anspielungen auf ihn enthalten, darf ich auf Steuer­ nagels Kommentar3 1921 verweisen, mit dem ich diese Frage verneine. 35 Daß unser deuteronomisches Gesetz (Deut. = 12—26) eine sehr komplizierte Größe ist, bedarf keiner weiteren Bemerkung (s. meine Einführung ins A.T. *1926 8. 200 ff.) Gewiß hat Hölscher, ZAW 1923. 8. 161 und folg, insoweit Recht, als sehr vieles, aber nicht alles, wie er will, der persischen Zeit angehört. Wenn die deuteronomischen Erzähler es als eine Neuauflage des Zweitafelgesetzes ausgeben, so konnten sie das nur, wenn es nicht wesentlich umfangreicher war. Ja, man sollte meinen, auch sie hätten eine Zusammenstellung von

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10 Geboten vor sich gehabt, die nun noch irgendwie in Deut. 12—26 stecken mögen. 86 Man lese die krampfhaften Versuche bei Sellin (Mose 1922. 8. 31 ff.) und H. Schmidt (Gunkelfestband I 1913 8.103 f.), das Gegenteilige Lu beweisen. 27 So noch Nowack, in der Baudissinfestschrift 1918 S. 381 ff. 88 Hosea 8,4ff. 10,5. 13,2. Amos 5, 21 ff. Hosea 6,6. Jesaja 1,10ff. 29,13. Jer. 7, 21 ff. 89 Ich lese hier statt des befremdlichen: es ist dir gesagt Mensch (’adam): es ist dir vielmals (m *od) gesagt. 30 Der Dekalog sah nach Kittel (Geschichte des Volkes Israel I5.*. 1923 8.383) ursprl. so aus: 1. Ich bin Jahwe dein Gott, du sollst keine anderen Götter neben mir haben. 2. Mache dir kein Götterbild. 3. Führe den Namen deines Gottes nicht für Nichtiges im Munde. 4. Gedenke des Sabbattages, ihn zu heiligen. 5. Ehre Vater und Mutter. 6. Morde nicht. 7. Brich nicht die Ehe. 8. Stiehl nicht. 9. Rede nicht Lügen­ zeugnis gegen deinen Nächsten. 10. Begehre nicht das Haus deines Nächsten. — Dagegen gibt ihm Schmidt (a.a.0.1923. S.107) folgende Form: Ich bin Jahve, ein Gott voll Leidenschaft, Der die Schuld der Väter straft an den Kindern, Ein­ Ja, noch an Enkeln und Urenkeln; führung Der aber auch Tausenden Huld erweist.

neben mir keine Götter haben! dich nicht vor ihnen niederwerfen! ihnen keinen Dienst halten! dir kein hölzernes Bild machen! den Namen „Jahve“ nicht zu einem Frevel sprechen. Du sollst nicht morden. Dekalog Du sollst die Ehe nicht brechen. Du sollst nicht stehlen. Du sollst gegen deinen Volksgenossen nicht als Lügen­ zeuge sprechen. Du sollst nichts neiden von alledem, was deinen Volks­ genossen gehört. Anders dagegen wieder Sellin (Geschichte des israelitisch-jüdischen Volkes 1924 S. 84): Ich, Jahve, bin dein Gott, der dich aus Ägypten ge­ führt habe: Du sollst keine anderen Götter außer mir haben. Du sollst dir kein Gottesbild machen. Du sollst den Namen Jahves nicht mißbrauchen. Du sollst nicht irgend eine Arbeit tun am Sabbat (und Neumondtag?) Du sollst deinem Vater und deiner Mutter nicht fluchen. Du sollst nicht töten. Du sollst nicht ehebrechen. Du sollst nicht stehlen. Du Du Du Du Du

sollst sollst sollst sollst sollst

Du sollst nicht falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten. Du sollst nicht begehren ein Haus. Angesichts solcher „Wiederherstellungsversuche“ und dessen, was der Dekalog dabei erleiden muß, kann man nur mit dem Propheten aus» rufen: „Der Gerechte muß viel leiden und niemand nimmt es zu Herzen!“ (Jes. 57,1) Wissenschaftlichen Wert haben meines Erachtens solche Versuche nicht. Sie sind alle von dem Bestreben eingegeben, alles zu streichen, was an den Bauern und seine Siedlung erinnert. So soll nach Kittel „bajit“ (— Haus) hier „Zelt“ bedeuten, was es nach dem arabischen Sprachgebrauch könnte, nach dem hebräischen nicht; darum macht Sellin daraus: ein Haus. Du sollst immer als Nomade im Zelt leben; drum streicht Schmidt den Sabbat und das Elterngebot. — vgl. über die Geschichte der Dekalogforschung Barnes, Expositor 1924. IX. 7. 81 Ich fasse das Wort „Du sollst nicht andere Götter haben: 'al panaj* (wie allgemein geschieht) in dem Sinne „neben mir“ und nicht mit Eerdmans (a. a. 0.136 f.): „beim Erscheinen vor meinem Bilde“. Daß ’panim*-„Angesicht“ geradezu die Bedeutung „Person“ bekommen hat, steht trotz Eerdmans fest. Nicht bloß Ex. 33.14 ist es so zu fassen, sondern auch Jes. 63,9. Gewiß wird das 'ra'a p*ne p*loni‘ = das Ange­ sicht jemandes sehen wollen“=jemanden besuchen, wenn es von Jahve gebraucht wird (Ex. 23,15 = 34,20 b) in alten Zeiten wohl auch in dem Sinne von dem Aufsuchen seines im Tempel befindlichen „Angesichts“ — Bildes zu verstehen sein, ebenso wie 'hilla et pene‘ '•lohim* ursprl. das Besänftigen d. h. Streicheln des Gottesbildes bedeuten mag. Doch ist beides im Lauf der Zeit abgeblaßt, [so daß ’p*ne‘ eben — Person ward. Wenn die Judäer in Jerusalem die ’p*ne‘ Jahves besuchten (Jes. 1,12), so kamen sie nicht zu seinem Bilde, ein solches hatte der Tempel nicht, sondern zu Jahve, der dort unsichtbar thronte (vgl. Jes. 6.). Daß sie nicht „in der Gegenwart Jahves“, aber sonst wohl andere göttliche Wesen verehren durften, will unser Wort gewiß nicht sagen. 33 So Kittel a. a. O. I S. 446. 83 Auf den deuteronomischen Stil hat s. Z. schon Franz Delitzsch (Genesis 1887 8.19) hingewiesen und eingehender noch O. Meissner in seiner Dissertation über den Dekalog (Halle 1893). Es ist natürlich nicht schwer, alles, was deuteronomisch klingt, zu streichen — ob be­ rechtigt: ist eine andere Frage. Wenn man sich und andere glauben macht, damit etwa einen „uralten“, gar mosaischen Dekalog zu gewinnen, so ist das willkürlich. Es wird schon so sein, wie Badö (the döcalogue in ethical development 1914 Californ. Chronicles.) ausführt, daß ganz Altes mit recht Jungem zusammengearbeitet wurde — und zwar meine ich durch deuteronomische Fäden. 34 In den anderen Pentateuchquellen hat, wie gezeigt, der Dekalog von Ex. 20,2 ff. keinen Platz. Sie boten überhaupt keinen (J1) oder einen anderen Dekalog (Ja und E.). Da nun aber P. C. ein Zweitafelgesetz kennt und auch dem Wortlaut nach gegeben haben muß, so liegt es von vornherein nahe, da an den Dekalog von Ex. 20,2 ff. zu denken, wobei übrigens zu bemerken ist, daß er den Ausdruck „Zehntwort“, überhaupt

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die Angabe, daß es gerade 10 Gebote sind, nicht bringt. Er fand den Dekalog Ex. 20,2 ff. vor und übernahm ihn, griff auch wohl, wie die für den P. C. bezeichnende andere Begründung des Sabbats (mit dem Schöpfungssabbat) gegenüber 5. Mose 5,12 beweist, in den Text selbst ein. Übrigens gibt sich der Dekalog als eine Gesetzessammlung, die Israel vor der Eroberung Kanaans —also wohl durch Mose — erhielt: das Land, „welches Jahve im Begriff ist, dir zu geben", lesen wir Ex. 20,12. Und so mag ihn der Verfasser des P. C. am Ende für mo­ saisch gehalten haben. “ Der Erzählungsfaden des Priesterkodex ist noch am leichtesten in 2. Mose herauszulösen. Am 15. des 2ten Monats gelangen die Israe­ liten zur Wüste Sin (16,1). Hier verweilen sie zum mindesten 7 Tage (16,22). Von dort brechen sie auf und ziehen stationenweise weiter (17,1a). Da setzt nun 19,1 ein: im 3ten Monat nach dem Auszug an dem ? Tage kommen sie zur Sinai wüste und lagen daselbst (19,1.2a 8). Es muß hier natürlich ein bestimmter Tag genannt worden sein. Da kann nicht der „3. Monat" (— Neumond) als 3. Neumonds tag gemeint sein, (gegen Eerdmans a. a. O. S. 61). Das verbietet ein Vergleich mit 16.1, wo ’chodesch* (= Neumond) in der gleichen Redensart nur Monat nicht Neu­ mond bedeuten kann, sintemalen der 15te des ’chodesch4 genannt wird. Auch würde nach der Weise des P. C. der in 19,1a genannte feste Ter­ min, also Neumondstag, nicht mit einem ’bajjom hazzeh‘ = an diesem Tage, sondern mit einem‘bassem hajjom hazzeh‘ = an eben diesem Tage ausgenommen werden (Gen. 7,13.17,23, 26. Ex. 12,41. Lev. 23,21. 28—30. Dt. 32,48. Jos. 5,11). Ich lese ’bajjom harisch'on' — am ersten Tage. Das „ersten" wurde nach aramäischer Art mit einem 1 ( = 1) geschrie­ ben, also hebt, in, woraus irrtümlich HTH geworden ist (siehe dazu Bewer, Der Text des Buches Esra 1922 8. lf.). Als sie dort gelagert waren, nahm die Herrlichkeit auf dem in Wolkendunkel gehüllten Berge Wohnung und bedeckte den Berg 7 Tage. Die Israeliten sahen die Herrlichkeit Jahves auf der Spitze des Berges gleich fressendem Feuer (24,15 b 16 a. 17). Da sprach Jahve (so statt „Elohim" zu lesen mit dem Griechen und dem Targum) folgende Worte (20, 1) und nun folgt der Dekalog 20, 2—17. Die Offenbarung der Herrlichkeit Jahves vor den Israeliten läßt seine Mitteilung an das Volk unmittelbar vermuten. Auch wird dem Mose, der nun am 7ten Tage hinaufsteigt, befohlen, daß er für die ,,'edut" (— luchot ha «edut d. h. Gesetzestafeln) eine besondere „Lade" herstellen soll. Das Gesetz selbst wird K. 25,16.21 als schon bekannt vorausgesetzt. — Nimmt man den 7ten Tag 24,16 mit dem ersten Tage des dritten Monats (19,1) zusammen, so haben wir den 7ten Tag des dritten Monats für die Gesetzgebung, mit anderen Worten: die Meinung der jüdischen Gelehrten (vgl. Nowack, Archäologie II S. 179), daß die Gesetzgebung auf das 7-Wochenfest (am 7. Tag des 3. Monats) fiel, geht auf den Priesterkodex zurück. Sie lasen vermutlich 19,1 noch richtig: „am ersten Tage.."—Nach der Mitteilung des Deka­ loges geht Mose zu besonderer mündlicher Unterweisung über Stiftshütte und Lade, Opfer und Priester zu Jahve und verweilt bei ihm 40 Tage und 40 Nächte. Darnach stieg er mit den ihm von Jahve überlieferten

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Zeugnistafeln zu Israel herab, das an seinem Angesicht noch einen Widerschein des göttlichen Glanzes gewahrte (34, 29 ff.). Es ist noch zu bemerken: 1. daß auf diesen Tafeln nicht das Stifts* hüttengesetz stand. Das setzt ja mit seiner Verordnung betr. die Her­ stellung einer Lade für die „Zeugnistafeln" dieses „Zeugnis" selbst als etwas anderes voraus. 2. Neu ist nur, daß dies Zeugnis auf zwei Tafeln geschrieben und dann dem Moses ausgehändigt wird. 3. Unter der „edut" ist nicht wie hier und da in den Psalmen das ganze Gesetz, die Thora zu verstehen (Ps. 19,8. 119,88. 13212.). Vielmehr ist diese „feierliche Bezeu­ gung des göttlichen Willens" etwas Besonderes und für den Verfasser von solcher Bedeutung, daß von ihr nicht bloß die alte Lade, sondern auch die Wohnung Jahves (= miskan ha — edut) und das heilige Zelt (ohgl ha—edut) benannt worden. Es ist also etwa „das Stiftungs­ gesetz" (Dillman, Exodus8 zu 25,16 S. 312.). ,eduf ersetzt bei ihm den in E. und Deut, gebrauchten Ausdruck ,berit\ Also: aron edüt d. h. Zeugnislade in P. C. — aron bertt d. h. Bundes- oder Gesetzeslade bei E. Das hängt wohl damit zusammen, daß nach P. C. das Bundes?gebot in der Verordnung der Beschneidung besteht (Gen. 17.) Jahve hat da mit Abram (für Israel) einen Bund geschlossen. Kraft dieses Bund­ schlusses befreit er Israel aus Ägyptenland (Ex. 6.1 ff.) Dieser Bund wirkt weiter fort. So erübrigt sich die Schließung einer ,berif ( — Bund) am Sinai, wovon E. berichtet. Aber auf Grund des alten Bundes hat Jahve ein Weiteres geboten. Er hat Mose und durch ihn Israel anstatt seines Decknamens ,el Saddaj’= mächtiger Gott (Gen. 17) seinen eigentl. Namen „Jahve" offenbart. Und nun gibt er ihnen in der Selbst­ offenbarung am Sinai seinen Willen kund (24,17). Und diese Kund­ gebung wird passend ,edut’= Bezeugung genannt, d. h. die vor Zeugen gegebene Verordnung. Bei dieser großen Bedeutung die P.C. dieser „Willensäußerung der Gottheit" gibt (und die nebenbeigesagt doch davor warnt, die kultzeremoniellen Gesetze mit den sittlich religiösen als nach Meinung des P. C. ganz gleich zu werten) ist die Ansicht, er habe sie als bekannt vorausgesetzt und nicht weiter mitgeteilt (Bäntsch zu Ex. 25,16. Krätzschmar, Bundesvorstellung im A.T. 1896 S. 185) vollkommen ausge­ schlossen. P.C. will doch an Stelle des jatavistischen Geschichtswerks (J. E.) treten, wird also schwerlich dies nach seiner Wertung wichtigste Stück der Gesetzgebung im Hinblick auf ein doch zu verdrängendes Werk seinen Lesern und Hörern vorenthalten haben — wenn anders es, wie diese Forscher annehmen, überhaupt in J.E. enthalten war. Man wird nicht nur nach der Stelle von der Mitteilung des Dekalogsr sondern auch nach diesem selbst in P.C. suchen müssen, denn die Meinung, er sei in P.C. gestrichen (Holzinger, Kommentar zu Exodus 25,16; 1900) befriedigt nicht. Der letzte Redactor (Rp) pflegt — vor allem in wichtigen Dingen — P.C. durchaus J.E. vorzuziehen. Die Stelle, an der das Zehntwort in P.C.stand, hat Holzinger (a.a.O.)ganz richtig zwischen 24,17 und 18 gefunden. Nachdem Jahve auf dem Berge Sinai, an dem Israel lagerte (19,2), Wohnung genommen, offenbarte sich seine Herrlichkeit ganz Israel und er redete diese Worte (20,1—17). Dieser Dekalog, der ja allein übrig blieb (gegenüber J1, J- und E.), ist

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also die von P.C. mitgeteilte ,edut’. Seine Hand verrät sich auch in der Begründung des Sabbatsgebotes (gegenüber der in 5. Mose 512 ff.) aus dem Schöpfungssabbat Gen. 1 (P. C.). — Wir haben also in P. C. den terminus ad quem des Zehntwortes (also etwa um 450). Aber es entstammt der vor P. liegenden deuteronomischen Schule. — Daß der Dekalog bei der Zusammenarbeit aller Quellen von seiner ursprüngl. Stelle zwischen 24,17 und 18 fort und nach K. 20 versetzt wurde, ist verständlich. Rp. handelte da ganz im Sinne des P. C., indem er den Dekalog allen Gesetzen (auch zeitlich und örtlich) voranstellte. 86 Es ist auffallend und bemerkenswert, wie gering die Zahl der Anspielungen auf den Dekalog in der nachexilischen Literatur ist. Bei Haggai, Sacharja, Maleachi findet sich keine klare Anspielung auf Ex. 20,2ff. Das fällt namentlich bei Sacharja auf; der verweist wieder­ holt auf die „früheren“ Propheten und die ihnen von Jahve gegebenen und an Israel übermittelten Offenbarungen und Weisungen (1, 4ff.; 7, 6f. 9 b ff.) und erklärt die Not der Zerstreuung des Volkes aus ihrer Nicht­ achtung. Bei diesen Propheten haben wir, wie die Anspielungen auf ihre Worte zeigen, an Männer wie Jesaja, Hosea, Amos, Micha, Jeremia zu denken, nicht an Mose. Warum stellt Sacharja nicht die Verachtung der „mosaischen Grundgesetze der israelitischen Religion“ als Haupt­ sünde und Hauptgrund der Strafe hin? In dem späten Einsatz eines späten dem Jeremia in den Mund gelegten Gebetes (Jer. 32,18) findet sich eine deutliche Bezugnahme auf Ex. 20,5 vor. Ob Sirach 1,26; 24,23 gerade den Dekalog und nicht das ganze Gesetz meint, ist unklar. — Aus all dem ist nicht zu schließen, daß der Dekalog damals noch nicht vorhanden war, sondern nur, daß ihm nicht die zentrale Bedeu­ tung gegenüber den anderen Gesetzen beigelegt wurde wie später. Das Gesetz als Ganzes ist es doch, was die heilige Schrift ausmacht. Wenn von der Thora, ihrer Erhabenheit und Kostbarkeit im Psalter (Ps. 1.19 B. 119) auch Nehemia (9,13) die Rede ist, so hat man dabei nicht einfach an den Dekalog, sondern vielmehr an das Gesetz als Ganzes zu denken, von dem der Dekalog nur ein Teil ist. Das gilt bis zu Jesus Sirach, ja bis ins Neue Testament hinein. In der Bergpredigt z. B. sind neben den Geboten des Zehntwortes, ohne daß ein Unterschied gemacht würde, Gesetze des „Bundesbuches" (Matth. 5, 38 — Ex. 21, 24) oder aus dem Leviticus (Matth. 5, 43 — Lev. 19,18) angeführt und abgelehnt. Zwar weist Jesus den ihn befragenden reichen Jüngling auf die Gebote des Deka­ loges hin (Mr. 10,17), aber der Schriftgelehrte wie Jesus sind darin einig, daß in den Worten Deut. 6,4 f. „du sollst Gott deinen Herrn lieben von „ganzem Herzen" usw. und Lev. 19,18: „du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst", also nicht in Vorschriften des Dekalogs die vornehmsten Gebote zu sehen sind (Mr. 12,28 ff.). Und wenn Paulus zu dem Verbot des Ehebruchs, des Diebstahls, der sündigen Begierde Röm. 13,10 noch hinzufügt „Und so ein Gebot mehr ist, das wird in diesem Worte zu­ sammengefaßt: du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst", so ist keineswegs gesagt, daß diese „anderen Gebote" gerade im Dekalog und nur in ihm zu suchen seien.

Erst Philo macht einen scharfen Strich zwischen Dekalog und anderen Gesetzen („Über den Dekalog" I. 8. 375 in der Übersetzung von Cohen). Er empfindet als wichtig, daß Ex. 20,2 ff. allen Sinaigeboten vorangestellt und von Gott unmittelbar dem Volke mitgeteilt wird. Hier liegen die „Grundprinzipien der Einzelgesetze vor". Aber schon diese Bezeichnung deutet an, daß auch bei ihm die Thora ein ungeschiedenes Ganzes ist. Ebenso hebt Josephus nicht bloß die „Unsterblichkeit des Gesetzes" hervor, dem, wie er Deut. 4, 2 LXX folgend sagt, niemand etwas nehmen oder zufügen dürfe (contra Apionem 1.42. II. 277), wobei man wohl am richtigsten an die Thora als Ganzes denkt: er gibt doch dem Dekalog inmitten der ganzen Gesetzgebung seine besondere Stelle und Bedeutung (Antiqu. III. 91 ff.). Aber daß die jüdischen Theologen nach der Zerstörung des Tempels und dem Aufhören des Kultes diese Ge­ bote gegenüber denen kultischer und zeremonieller Art ganz besonders hervorgehoben hätten, was man eigentlich erwarten sollte, kann man nicht behaupten. Ihr Studium und Interesse gilt der Thora als einem Ganzen (s. Weber *, jüd. Theologie2 1897 8.14ff.).

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ALFRED TÖPELMANN / VERLAG / GIESSEN

Einführung in dar Rite Testament Geschichte, Literatur und Religion Israels von

prof. d. Johannes Meinhold Bonn 2., völlig neubearb. stuft 1926. 360 Zeiten. Geheftet 7.40 Mark, gebunden 9 Mark stuf knappem Raum wird alles gesagt, was gesagt werden mußte, und dabei bewahrt eine leicht lesbare und glatte Darstellung den Leser vor der Gefahr, von der Stoffmenge erdrückt zu werden Die profangeschichte, die Literatur und die Religion Israels, sonst üblicherweise in drei Disziplinen behandelt: Israelitisch-jüdische Geschichte, Einleitung ins st. T., stlttestamentliche Theo­ logie, sind hier zu einer einheitlichen Darstellung zusammen­ gearbeitet. Die einzelnen Abschnitte, in die der Geschichtsverlauf zerlegt ist, werden eingerahmt von einer Darstellung der politischen Vorgänge, und in diesen Rahmen wird hineingestellt, was zur Literatur und zur Religion der jeweiligen Epoche zu sagen ist. Diese zusammenfassende Darstellung verdient, wie jeder Rundige zugeben wird, vordergesondertenBehandlung der einzelnen Gegenstände den Vorzug. Der vorliegende Entwurf zeigt, daß sie auch im Lernbuch möglich ist. Lernbeflissene Theologen, die mit grauem haar nicht minder als die mit blondem, werden von diesem Buch viel, viel Nutzen haben. (lV. Cißfeldt in der Deutschen Literaturzeitung, 1921, Nr. 6.)

Cs ist wirklich eine erstaunliche Fülle belehrenden Stoffes, der dem Leser auf diesen 300 Seiten zugeführt wird, und überall verrät sich der Forscher, der die einzelnen Fragen selbständig durchgerungen hat... Gerade bei solchen Gesamtdarstellungen tritt es einem immer ins Bewußtsein, daß trotz aller Meinungsverschiedenheiten im einzelnen des verbindenden in der atl. Forschung heutzutage schon unendlich mehr ist als des Trennenden. So wünsche ich dem Buche von Herzen recht viele Leser. (E. Sellin in d. Theol. d. Gegenwart, 1919, h. 5 u. 1920, h. 3.) Der Verfasser war zur Erfüllung seiner Aufgabe wohlvorbereitet: er neigt von Natur zu einer ruhigen, verhältnismäßig unparteiischen Untersuchung der Fragen .. . So wird der Fachgenosse gern ein Buch in die Hand nehmen, das mit so viel Sachkenntnis und Besonnenheit verfaßt worden ist. (h. Gunkel in der Theol. Litztg., 1920 ) hätten wir doch, wir jetzt alten Seme st er, für unser akademisches Studium solche Anleitungen gehabt! Mit Neid und Wehmut werden wir erfüllt auf solche pädagogie, aber auch mit Antrieb und Begeisterung, noch einmal und besser zu studieren. (Kartell-Zeitung, Gkt. 1919.) Mit besonderer Freude sieht man, wie M. mitten im Strome der gegenwärtigen Arbeit steht, wie sich hier in besonnener weise alte und neue Ergebnisse mit modernsten Fragestellungen mischen. So wird man über die tatsächlichen Forschungen unterrichtet und zugleich zu eigenem Suchen gedrängt. (h. Gr. in der Evang. Freiheit, 1920. h. 1.) Nicht nur der am N. T. sich bildende Theologe, sondern auch der noch mehr über das st.T. hinauswachsende praktische Seelsorger wird darum mit Freuden ein solches Hilfsmittel der doch immerhin unerläßlichen Einführung in den jetzigen Stand der atl. Wissenschaft ergreifen ... Nirgends wird ihm eine so klare und umfassende Zusammen st ellung aller einschlägigen Probleme geboten. (Internat. Ricchl. Zeitschrift, 1920, h. 4.)

Ich wüßte kein anderes Buch zu nennen, durch welches man so schnell und klar über die augenblicklichen Ergebnisse unterrichtet würde. Dazu kommt eine anziehende und anschauliche Form der Darstellung. (Neuberg in den Pastoralblättern, 1926.)

Sammlung ?Cöpelmann: vie Theologie im Abriß, Banb 1