Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt: Band 2 [7. Aufl. Reprint 2020] 9783112320303, 9783112309148


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Table of contents :
INHALT DES ZWEITEN BANDES
DES GEGENSATZES ANDERE SEITE i ENTWICKLUNG DES BEWUSSTSEINS DER GNADE
EINLEITUNG
Erster Abschnitt: Von dem Zustande des Christen, sofern er sich der göttlichen Gnade bewußt ist § 91—112
Zweiter Abschnitt: Von der Beschaffenheit der Welt bezüglich auf die Erlösung § 113—163
Dritter Abschnitt: Von den göttlichen Eigenschaften, welche sich auf die Erlösung beziehen § 164—169
Schluß: Von der göttlichen Dreiheit § 170—172
ANHANG DES HERAUSGEBERS
VERGLEICHENDES REGISTER DER SEITENZAHLEN DER 2.-7. AUFLAGE
LEITSÄTZE DER i. UND 2. AUFLAGE
VERZEICHNIS DER PERSONEN
VERZEICHNIS DER BIBELSTELLEN
VERZEICHNIS WICHTIGER STICHWÖRTER
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Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt: Band 2 [7. Aufl. Reprint 2020]
 9783112320303, 9783112309148

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DER CHRISTLICHE GLAUBE

n

DER CHRISTLICHE

GLAUBE

NACH DEN GRUNDSÄTZEN DER EVANGELISCHEN KIRCHE IM ZUSAMMENHANGE DARGESTELLT VON

FRIEDRICH

SCHLEIERMACHER

SIEBENTE AUFLAGE ZWEITER

BAND

AUF GRUND DER ZWEITEN AUFLAGE UND KRITISCHER PRÜFUNG DES TEXTES NEU HERAUSGEGEBEN UND MIT EINLEITUNG ERLÄUTERUNGEN UND REGISTER VERSEHEN VON

MARTIN

WALTER

DE

REDEKER

GRUYTER i960

& CO. /

BERLIN

Archiv-Nr. 322160/IX Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohoe ausdrückliche Genehmigung des Verlages 1st es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. ©

i960 by Walter de Gruyter 4c Co., Berlin W 3$ Printed in Germany

Satz und Druck: Walter de Gruyter «c Co., Berlin W 3;

DER CHRISTLICHE

GLAUBE

NACH DEN GRUNDSÄTZEN DER EVANGELISCHEN KIRCHE IM ZUSAMMENHANGE DARGESTELLT VON

DR. F R I E D R I C H

SCHLEIERMACHER

ZWEITE UMGEARBEITETE AUSGABE ZWEITER BAND

Neque enim quaero intelligere ut credam, sed credo ut intelligam. — Nam qui non crediderit, non experietur, et qui expertus non fuerit, non ¡ntelliget. A n s e l m , Prosol*.

de fide trin. z.P

BERLIN 1831

G E D R U C K T U N D V E R L E G T B E I G. R E I M E R a

MSL 158, 227.

P MSL 158, 264.

* Prosi. (Stange cj.)

INHALT

V

DES ZWEITEN BANDES Des Gegensatzes andere Seite: Entwicklung des Bewußtseins der Gnade § 86—169

"

Einleitung § 86—90

"

Erster Abschnitt: Von dem Zustande des Christen, sofern er sich der göttlichen Gnade bewußt ist § 91—112

• • • •

Einleitung § 91

29 29

Erstes HauptstUck\ Von Christo § 92—ioj Einleitung $ 92

31 31

Erstes Lehrstück: Von der Person Christi $ 93—99 Einleitung § 93—95 Erster Lehrsatz § 96 Zweiter Lehrsatz § 97 Dritter Lehrsatz § 98 Anhang $ 99

34 34 49 58 77 8z

Zweites Lehrstück: Von dem Geschäft Christi § 100—105 . . . . Einleitung $ 100—102 Erster Lehrsatz $ 103 Zweiter Lehrsatz $ 104 Dritter Lehrsatz § 105

90 y i 90 108 118 136

Zweites Hauptstück: Von der Art, wie sich die Gemeinschaft mit der Vollkommenheit und Seligkeit des Erlösers in der einzelnen Seele ausdrückt § 106—112 147 Einleitung § 106 147 Erstes Lehrstück: Von der Wiedergeburt § 107—109 Einleitung §107 Erster Lehrsatz: § 108 Zweiter Lehrsatz: § 109

150 150 153 171

Zweites Lehrstück: Von der Heiligung § 110—112 Einleitung § 110 Erster Lehrsatz: § m Zweiter Lehrsatz: § 1 1 2

182 182 189 198

8 Zweiter Abschnitt: V o n der Beschaffenheit der Welt bezüglich auf die Erlösung § 1 1 3 — 1 6 3

*°7

Einleitung § 113. 114

*°7

Erstes Haupt stück: V o n dem Entstehen der Kirche § IIJ—125 . . 2 i j Einleitung § 115. 116 215 VII

Erstes Lehrstück: V o n der Erwählung § 117—120 Einleitung $ 117. 118 Erster Lehrsatz: $ 119 Zweiter Lehrsatz: § 120 Zusatz

220 220 231 238 238

Zweites Lehrstück: V o n der Mitteilung des heiligen Geistes § 1 2 1 —125 Einleitung § 121. 122 Erster Lehrsatz $123 Zweiter Lehrsatz $ 124 Dritter Lehrsatz $ 1 2 ;

248 248 239 264 270

Zweites Hauptstück: V o n dem Bestehen der Kirche in ihrem Zusammensein mit der Welt $ 126—156 274 Einleitung § 126 274 E r s t e H ä l f t e : Die wesentlichen und unveränderlichen Grundzüge der Kirche § 127—147 278 Einleitung § 127 278 Erstes Lehrstück: V o n der heiligen Schrift $ 128—132 Einleitung § 128. 129 Erster Lehrsatz: $ 130 Zweiter Lehrsatz $ 1 3 1 Zusatz § 132 ' Zweites Lehrstück: V o m Dienst am göttlichen Wort $ 133—135 Einleitung § 133 Erster Lehrsatz § 1 3 4 Zweiter Lehrsatz § 13; ral

284 284 291 299 304 . . 308 312 312 315

Drittes Lehrstück: V o n der Taufe § 136—138 Einleitung $ 136 Erster Lehrsatz $137 Zweiter Lehrsatz § 1 3 8

318 318 326 335

Viertes Lehrstück: V o m Abendmahl § 139—142 Einleitung § 139—140 Erster Lehrsatz § 141 Zweiter Lehrsatz $ 142 Anhang zum dritten und vierten Lehrstück: $ 143

340 340 355 361 363

Fünftes Lehrstück: V o m Amt der Schlüssel $ 144. 14; Einleitung § 144 Lehrsatz § 145

367 367 369

9 Sechstes Lehrstück: Vom Gebet im Namen Jesu § 146. 147 . . . Einleitung § 146 Lehrsatz § 147 Z w e i t e H ä l f t e : Das Wandelbare, was der Kirche zukommt vermöge ihres Zusammenseins mit der Welt $ 148—156 Einleitung $ 148. 149 Erstes Lehrstück: Von der Mehrheit der sichtbaren Kirche in bezug auf die Einheit der unsichtbaren $ 150—15z Einleitung $ 150 Erster Lehrsatz § 1 5 1 Zweiter Lehrsatz $ 152 Zweites Lehrstück: Von der Irrtumsfähigkeit der sichtbaren Kirche in bezug auf die Untrüglichkeit der unsichtbaren § 153—155 . . Einleitung $ 1 5 3 Erster Lehrsatz § 1 5 4 Zweiter Lehrsatz §155 Zusatz zu beiden Lehrstücken § 156 Drittes Hauptstück: Von der Vollendung der Kirche § 157—163. . Einleitung § 157—159

376 376 379 384 384 391 391 393 39; 398 398 400 402 404 408 408

Erstes prophetisches Lehrstück: Von der Wiederkunft Christi § 160 . 421 Zweites prophetisches Lehrstück: Von der Auferstehung des Fleisches § 161 423 Drittes prophetisches Lehrstück: Vom jüngsten Gericht $ 162 . . 429 Viertes prophetisches Lehrstück: Von der ewigen Seligkeit § 163 . . 4 3 3 Zusatz zu den prophetischen Lehrstücken 439 Dritter Abschnitt: V o n den göttlichen Eigenschaften, welche sich auf die Erlösung beziehen § 1 6 4 — 1 6 9 44 1 Einleitung § 164—165 441 Erstes Lehrstück: Von der göttlichen Liebe § 166. 167 446 Einleitung § 166 446 Lehrsatz § 167 449 Zweites Lehrstück: Von der göttlichen Weisheit § 168. 169 . . . 4 5 1 Einleitung § 168 451 Lehrsatz § 169 455 Schluß: V o n der göttlichen Dreiheit § 1 7 0 — 1 7 2

458

Anhang des Herausgebers Vergleichendes Register der Seitenzahlen der 2 . — 7 . Auflage • • Synopse der Leitsätze der 1. und 2. Auflage mit bisher unveröffentlichten Zusätzen aus Schleiermachers Kollegheft . . . Verzeichnis der Personen Verzeichnis der Bibelstellen Verzeichnis der wichtigsten Stichwörter

476 497 564 566 572

DES GEGENSATZES A N D E R E SEITE

i

ENTWICKLUNG DES BEWUSSTSEINS DER G N A D E EINLEITUNG § 86. J e bestimmter wir uns bewußt sind, d a ß die mit d e m natürlichen Zustand verbundene Unseligkeit weder durch die Anerkennung, die Sünde sei unvermeidlich, n o c h durch die Voraussetzung, sie sei v o n selbst i m A b n e h m e n , beseitigt werden kann, u m desto höher steigt der Wert der Erlösung.

i. Von dem Bewußtsein dieser Unzulänglichkeit finden sich fast in allen andern Glaubensweisen aller Stufen deutliche Zeugnisse, insofern sie alle entweder Opfer und Reinigungen oder Kasteiungen und Bußübungen oder beides vorschreiben. Alles dieses sind offenbar Einrichtungen, um die aus der Sünde entstehende Unseligkeit, wie sie sich nach Maßgabe einer jeden Glaubensweise verschieden gestaltet, von einer Zeit zur andern hinwegzunehmen; und an dem Grade, in welchem dieses wirklich geschieht, unterscheidet sich der Gläubigere von dem minder Gläubigen. Denn mit Ausnahme derjenigen Opfer, welche auf das Böse gar keine Beziehung haben, 2 liegt bei allen Opfern und Reinigungen, wenn man sie nicht auf den verworrensten Aberglauben zurückführen will, dieses zum Grunde, daß eine zur wenn auch nur symbolischen Tat sich gestaltende Anerkennung zu beiden Zugeständnissen hinzukommen müsse, um die Unseligkeit aufzuheben. Nur ist dieses in einer teleologischen Glaubensweise nicht statthaft, welche die Unwirksamkeit des Gottesbewußtseins selbst als Tat setzt, und also hier nur einen Widerspruch findet, von dem keifte Wirkung ausgehen kann, so daß nur ein Zeugnis des Zustandes übrigbleibt1. Selbstpeinigungen und willkürliche Übungen, wie sie weniger symbolisch sind, sondern mehr einen realen Gehalt darbieten, haben wohl überall die Abzweckung, 1

Daß dies auch der Sinn von Hebr. 10, 1—3 sei, wird niemand bezweifeln.

12

daß eine Gewalt über das Fleisch dargelegt werden soll in solchen Handlungen, wozu die Aufgabe nicht im Verlauf des Lebens von selbst entsteht, um nämlich etwas hinzuzubringen zu der Unvollkommenheit dieser Gewalt in den von selbst entstehenden Lebensaufgaben, welches überflüssig wäre, wenn die Unvermeidlichkeit hinreichende Beruhigung gewährte. Auch zeigt sich überall der wildeste Aberglaube, wo die Behandlung dieser Übungen dem angegebenen Zusammenhang nicht entspricht. Allein da im gemeinsamen Leben in jedem Augenblick sich Aufgaben entwickeln und uns als Pflicht in Anspruch nehmen: so müssen jene willkürlichen Ergänzungshandlungen, indem sie Zeit erfordern, eine Lücke in der Pflichterfüllung hervorbringen; und es entsteht wieder neue Unseligkeit durch die Handlungen, welche die Unseligkeit hinwegnehmen sollen. — Ist aber, auch ganz abgesehen davon, ob die Leistungen beider Art nicht gewöhnlich mehr zur Abwendung der Strafe gemeint werden als zur Aufhebung der Schuld, die Nichtigkeit derselben als Beruhi3 gungsmittel nicht zu verkennen: so ist jede unbefriedigte Sehnsucht, welche dabei noch zurückbleibt, der Ausdruck einer Hinneigung zum Christentum, indem sich darin die Wahrscheinlichkeit ausspricht, daß ein Erlöser, in welchem sich das Wesen darbietet statt des Schattens, werde angenommen werden. 2. Betrachten wir nun das fromme Bewußtsein des Christen, wie es zusammengesetzt ist aus dem eben entwickelten Bewußtsein der Sünde und dem noch zu entwickelnden aber doch als bekannt vorauszusetzenden Bewußtsein der Gnade: so finden wir darin ebenfalls beides. Die Anerkennung zuerst, daß uns die Sünde unvermeidlich sei, insofern wenigstens, als es nicht von uns abhängt, im Augenblick unsündlich zu sein. Aber ebenso auch die Voraussetzung, daß sie im Abnehmen begriffen sei, insofern ja diese wesentlich zusammenhängt mit dem Bewußtsein, daß die Kräftigkeit des Gottesbewußtseins im Zunehmen ist. Allein ohnerachtet dieser letzten Verbindung gehören doch beide Momente nicht zu dem Bewußtsein der Gnade, oder zu dem, wodurch die Unseligkeit aufgehoben wird, sondern vielmehr zum Bewußtsein der Sünde oder zu der Unseligkeit selbst. Denn sich des Verschwindens der Sünde als eines künftigen bewußt sein, heißt nichts anders, als sie noch wirklich gegenwärtig haben; und noch vollständiger ist das Bewußtsein ihrer Unvermeidlichkeit auch das ihrer Gewalt über uns. Beide sprechen also

13 die Erlösungsbedürftigkeit aus, und können mithin die Aufhebung der Unseligkeit nicht in sich tragen; es müßte denn auf besondere Weise begründet und nachweisbar sein, daß das Bewußtsein der Sünde durch sich selbst könne aufgehoben werden. — Denken wir uns hingegen die Unseligkeit anderwärts her aufgehoben, und fügen hinzu, daß selbst das Bewußtsein der Unvermeidlichkeit eines Bleibens der Sünde bei ihrem allmählichen Verschwinden jene Aufhebung nicht hemme: so steigt eben dadurch der Wert der Auf- 4 hebung. Dieses aber kann nur recht erkannt werden, wenn wir beide Momente betrachten in dem natürlichen Zustande des Menschen, wie er dem Gesamtleben der Sünde angehört. In diesem aber kann nicht die Meinung, daß die Sünde, weil unvermeidlich, keine Schuld sei noch Strafe verdiene, aus dem Gottesbewußtsein entwickelt werden; vielmehr müßte dieses erst zerstört, nämlich das Bewußtsein, daß Gott heilig und gerecht sei, ausgetilgt werden, welches eine neue Schuld wäre. Ebensowenig kann Schuld- und Straflosigkeit daraus geschlossen werden, daß das Künftige schon in dem Gegenwärtigen, also das Verschwundensein der Sünde in dem Fortbestehen derselben gesetzt sei. Denn man hätte, wenn über den zeitlichen Gehalt des Selbstbewußtseins hinausgegangen werden soll, dasselbe Recht, mithin auch die gleiche Notwendigkeit zu sagen, daß in dem Künftigen auch das Gegenwärtige, also die Unseligkeit werde mitgesetzt sein. Daher können wir nicht anders als behaupten, daß alle ähnlichen Sätze, wie daß Gott ihrer Unvermeidlichkeit wegen die Sünde vergebe, wenn sie nur im Abnehmen begriffen sei, welche immer auf ein eigenmächtiges Selbstvergeben der Sünde hinauslaufen, und höchstens ein Zurückgehen auf die göttliche Barmherzigkeit1 sind, aber ohne die Erlösung vorher gesetzt zu haben, also auch ohne daß die Barmherzigkeit mit der Gerechtigkeit identifiziert wäre, zwar die Aufhebung der Unseligkeit überreden wollen, aber sie nicht begründen können. Denn wenn wir auch zugeben, daß in dem natürlichen Zustand eine Zunahme in der Kräftigkeit des Gottesbewußtseins stattfinde, wenn auch nur, sofern es auch mitwirkt bei dem Streben nach bürgerlicher Gerechtigkeit 2 : so muß auch hieraus hervorgehen, daß je mehr die Sünde abnimmt, um so mehr das Gefühl für Recht und Unrecht sich schärft, mithin keine zunehmende Befriedigung entsteht, welche auch nur 1 J

S. § 85, 2. Vgl. § 70,2.3.

14 6 mit einigem Recht für die Aufhebung der Unseligkeit Gewähr leisten könnte. Wobei noch zu bemerken ist, daß diejenigen, welche auf diesem Wege die Unseligkeit aufzuheben gedenken, auch ohne Erlösung, am wenigsten darüber einig sind, ob das menschliche Leben sich im Ganzen zu einer größeren Vollkommenheit entwikkelt, so daß die Rohheit, wo einmal überwunden, auch nicht wiederkehrt, oder ob das Geschlecht bestimmt ist, teilweise, durch welche Umwälzungen es auch sei, immer wieder zurückgeworfen zu werden, um die Laufbahn von vorn zu beginnen. j . Wenn dennoch ähnliche Darstellungen vom Sündevergeben sich als christlich geltend machen: so muß schon seit langer Zeit und weit umher das eigentümlich Christliche zurückgestellt worden sein, ehe sich so wenig christliche Vorstellungen einschleichen können ; oder es müßte angenommen werden, daß die Wirksamkeit der Erlösung erst anfange, nachdem die Unseligkeit schon aufgehoben ist, welches um so weniger möchte auszuführen sein, als doch bei jener Beruhigung schon ein Abnehmen der Sünde, mithin ein Zunehmen gottgefälliger Tätigkeit vorausgesetzt wird, so daß auch diese zu zeigen und hervorzurufen nicht dem Erlöser zukäme. Indessen läßt sich auf der andern Seite auch denken, daß über diesen Punkt ein solcher unchristlicher Schein sich verbreiten kann auch bei einer wahrhaft christlichen Frömmigkeit, wenn nämlich nur, um falsche Vorstellungen von der Art, wie durch die Erlösung die Unseligkeit aufgehoben werden soll, zu bekämpfen, lieber eine andere Erklärung aufgestellt wird, bei welcher doch vorbehalten bleibt, daß die Wirksamkeit des Gottesbewußtseins, aus welcher das Abnehmen der Sünde entsteht, durch den Erlöser bedingt sei. Am nächsten steht jener falschen Selbstberuhigung, und stellt daher den geringsten denkbaren Wert der Erlösung dar, die Ansicht, daß eine zunehmende Wirksamkeit des Gottesbewußtseins von dem natürlichen Zustande « des Menschen aus ohne eine besondere göttliche Hülfe möglich sei, daß aber ohnerachtet der Unvermeidlichkeit der Sünde die Sünder doch kein Recht hätten, sich über die noch zurückbleibende Sünde zu beruhigen, ohne eine besondere göttliche Versicherung hierüber; wonach im wesentlichen der Erlöser nur als der Herold dieses göttlichen Versprechens dargestellt wird. Es bedarf keiner Darlegung davon, wie wenig diese Ansicht sich als in der christlichen Kirche geschichtlich geltend rechtfertigen kann, sondern nur der Bemer-

§«7

15

kung, wie wenig die Forderung, einem solchen bloßen Verkündiger zu glauben, motiviert werden könnte, und wie wenig sich begreifen ließ, warum eine solche Zusicherung erst nach solcher Zeiterfüllung und in solcher Art und Weise sollte stattgefunden haben. Von diesem kleinsten Wert an steigt der Gehalt der Erlösung, je größer der Anteil des Erlösers gedacht wird an dem Aufhören der Unseligkeit sowohl als dem Entstehen einer Annäherung an den Zustand der Seligkeit. § 87. Wir sind uns aller im christlichen Leben vorkommenden Annäherungen an den Zustand der Seligkeit bewußt als begründet in einem neuen göttlich gewirkten Gesamtleben, welches dem Gesamtleben der Sünde und der darin entwickelten Unseligkeit entgegenwirkt. 1. Unser Satz erscheint allerdings noch nicht als eine vollständige Aussage der eigentümlichen christlichen Frömmigkeit, weil darin noch nicht mitgesetzt ist, daß jede Annäherung an den Zustand der Seligkeit wesentlich eine Beziehung auf Christum in sich schließt. Doch sagt er unleugbar den Inhalt des Bewußtseins der göttlichen Gnade aus, so wie es dem Bewußtsein der Sünde entgegengesetzt ist. Denn die Annäherung an den Zustand der Seligkeit ist das reale Gegenteil der Unseligkeit, und diese Annäherung wird als göttliche Gnade aufgenommen in demselben Sinn und Maß, in ^ welchem das Gesamtleben, in welchem uns dergleichen Momente entstehen, als ein göttlich gewirktes gesetzt wird. Daher sich alle weitere Entwicklung auch des eigentümlich Christlichen an unsern Satz mit Leichtigkeit anschließen wird. Das Verhältnis zwischen Annäherung zur Seligkeit und Aufhebung der Unseligkeit läßt sich freilich zwiefach aufstellen. Einmal so, daß auch nicht die mindeste Annäherung an Seligkeit stattfinden kann, solange noch die mindeste Unseligkeit da ist, welches darauf hinausläuft, solange noch Sünde, mithin auch Übel, oder umgekehrt, in dem Gebiet des menschlichen Lebens vorkommt; und dies ist freilich die wiewohl zum Glück niemals folgerecht durchgeführte Ansicht derer, welche die Erde auch unter dem Einfluß der Erlösung nur als ein Jammertal ansehen wollen. Diese Ansicht, wonach strenggenommen alle Wirkungen der Erlösung sich erst jenseit dieses Lebens entwickeln könnten, soll hier nicht bevorwortet werden, wie schon aus den

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Ausdrücken des Satzes hervorgeht, wenn doch dem neuen Gesamtleben die werdende Seligkeit zugeschrieben wird, schon sofern es dem der Sünde nur entgegenwirkt, dieses also noch in dem Kreise seiner Wirksamkeit vorhanden ist. Aber jene Vorstellung drückt auch die von Anfang an bezeugte Wahrheit des christlichen Bewußtseins nicht aus 1 . Vielmehr ist in jeder Kräftigkeit des Gottesbewußtseins auch in demselben Maß Seligkeit; und schon diese werdende Seligkeit hebt die Unseligkeit auf, welche zwar mit der Sünde wieder entstehen kann, aber nur um wieder aufgehoben zu werden*. So daß man beides völlig gleichsetzend sagen kann, derselbe Zustand sei Aufhebung der Unseligkeit, sofern wir den Menschen in seinem Verhältnis zum Gesamtleben der Sünde betrachten, und werdende Seligkeit, sofern er dem neuen Gesamtleben angehört. 8

2. Wenn wir diesen Annäherungen ihren Ort nur ganz im allgemeinen im christlichen Leben anweisen: so soll dadurch zunächst allen einseitigen Vorstellungen vorgebeugt werden, als ob solche nur unter einer gewissen Form von Tätigkeiten oder Zuständen vorkommen könnten, und etwa auf die Momente der andächtigen Betrachtung oder der asketischen Übungen beschränkt wären. Vielmehr ist in den Momenten der Andacht nur ein Seligkeitsgehalt, wenn sie in Gedanken oder Tat übergehen; und in den asketischen Übungen nur, sofern sie dies nicht eigentlich, wenigstens nicht ausschließend sind, sondern irgendwie mit der berufsmäßigen Tätigkeit zusammenhängen. Der Seligkeitsgehalt ist vielmehr ebensogut in den eigentlich Handelnden und in den eigentlich Denkenden, aber freilich in jenen nur, sofern sie nicht von solchen Motiven ausgehn, die ganz in dem Weltbewußtsein wurzeln und mit denen sich die bürgerliche Gerechtigkeit begnügt, und ebenso in den Denkenden nicht, sofern sie nur das Weltbewußtsein entwickeln, sondern in beiden nur, sofern das lebendig wieder erwachte Gottesbewußtsein ihnen zum Grunde liegt. Denn ohne dieses kann der Fromme keine werdende Seligkeit erkennen. 3. Wollte nun jemand sagen, unser Satz an sich betrachtet sei eigentlich noch in allen Glaubensformen, sofern sie nur eine Gemeinschaft postulieren, einheimisch: so ist das nur insofern richtig, als ihnen dadurch die Pflicht aufgelegt wird, ihr Gesamtleben als ein 1 2

Joh. i, 16; 1. Joh. 3,14. 21; Phil. 4,4. Vgl. § 74, x.

17 göttlich gewirktes nachzuweisen. Ein Unterschied aber zwischen der dermaligen Entstehung der werdenden Seligkeit in der christlichen Gemeinschaft und der von Christo selbst unmittelbar ausgegangenen soll dadurch keinesweges angenommen werden. Denn so wie wir gleich darauf kommen werden, daß unser Gesamtleben als ein göttlich gewirktes ansehn, und es von Christo als einem göttlich gegebenen ableiten ganz dasselbe ist, ebenso war auch damals glauben, daß Jesus der Christ sei, und glauben, daß das Reich Gottes, 0 d. h. das von Gott zu bewirkende neue Gesamtleben gekommen sei, eines und dasselbe, mithin hatte auch damals alle werdende Seligkeit in diesem Gesamtleben ihren Grund. Ebensowenig kann man es als eine Annäherung zu der römisch-katholischen Denkweise ansehen, daß diese Umkehrung des persönlichen Zustandes gleichsam dem Gesamtleben unmittelbar zugeschrieben wird; sondern der Gegensatz zu dieser kann nur hier noch nicht ans Licht treten, sondern erst bei der näheren Beschreibung auf der einen Seite des Herganges im Einzelnen, auf der andern der Beschaffenheit des Gemeinwesens. Und so ist der Satz überhaupt noch ein für die verschiedensten Auffassungen des Christentums gemeinsamer. Nur zweierlei wird dadurch ausgeschlossen. Zuerst dieses, als ob es einen Anteil an der Erlösung und eine Beseligung des Menschen durch Christum geben könne außerhalb des von ihm gestifteten Gesamtlebens, so daß der Christ dieses entbehren und mit Christo gleichsam allein sein könne. Dieser Separatismus, den wir, weil er beiseitestellt, daß das ursprünglich göttlich Gewirkte doch nur als ein geschichtlich Erscheinendes aufgenommen werden konnte, und auch nur als ein Geschichtliches fortwirken muß, allerdings als fanatisch zu bezeichnen haben, und der folgerichtig immer nur vereinzelt entstehn kann und auch so immer wieder verschwinden muß, zerstört das Wesen des Christentums, indem er eine Wirksamkeit Christi ohne räumliche und zeitliche Vermittlung postuliert, und er sich selbst zugleich so isoliert, daß auch kein Fortwirken des in ihm Gewirkten stattfinden kann. Das zweite, was ausgeschlossen wird, ist die Annahme, als ob ohne ein neu hinzutretendes und innerhalb des Gesamtlebens der Sünde selbst die besseren Einzelnen zu einer die Unseligkeit aufhebenden Annäherung an die Seligkeit gelangen könnten. Wenn dies streng genommen wird: so muß entweder der Erscheinung Christi eine andere Abzweckung untergelegt werden, abgesehen von dem Selig- 10 keitszustand der Menschen, und dann wäre diese wenigstens keine Schlciexnucher Glaubenslehre II

2

18 religiöse, oder sie hätte gar keine eigentümliche Bedeutung, und es wäre dann unrecht, irgend etwas nach Christo zu benennen. Die Aussage des christlichen Bewußtseins über diese Annahme kann von unserm Standpunkt aus nur die sein, daß dabei ein unzureichendes Bewußtsein der Sünde zum Grunde liegt. Denn ist diese als Gesamttat und Gesamtschuld gesetzt: so bleibt auch nicht nur alle Tätigkeit des Einzelnen ein Mithervorbringen und Erneuern der Sünde, wenn es auch noch so starke Gegenwirkung gegen einzelnes Sündliche in sich schließt; sondern auch alles Zusammentreten der bezüglich besten Einzelnen bleibt doch nur eine Organisation innerhalb jenes Gesamtlebens der Sünde selbst. Soll aber die Annahme nicht streng verstanden werden, so kann sie in dem Maße christlich sein, als sie Christum als ein neu Hinzutretendes und das Gesamtleben als ein aus dem der Sünde Herausgesetztes ansieht. § 88. In diesem auf die Wirksamkeit J e s u zurückgehenden Gesamtleben wird die Erlösung durch ihn bewirkt vermöge der Mitteilung seiner unsündlichen Vollkommenheit. i. Es kann in der gegenwärtigen Zeit nicht behauptet werden, daß diese Art, die Erlösung zu begreifen, die einzige in der evangelischen Kirche geltende sei; und wir wollen uns keinesweges weigern, auch diejenigen für evangelische Christen zu erkennen, die eine solche Mitteilung nicht annehmen, wenn sie nur alle Annäherung an die Seligkeit auf Christum' zurückführen, und in einer solchen Gemeinschaft finden wollen, die sich zur Regel macht, zu diesem Behuf nichts außer seiner Wirksamkeit aufzusuchen, aber auch nichts 11 von derselben zu vernachlässigen. Wir aber halten uns an diese Auffassung als an die ursprünglich aus der ersten Kirche in die unsrige herübergenommene und als zugleich diejenige, welche sowohl am bestimmtesten alle erschlichene Selbstberuhigung ausschließt, als sie auch der strengeren Auffassung des Gesamtlebens in der Sündhaftigkeit einzig angemessen ist, wie aus dem unmittelbar Vorhergehenden deutlich erhellt. Beides hängt auf das genaueste zusammen. Je weniger eigentümliche und absolute Vollkommenheit wir dem Urheber des neuen Gesamtlebens zuschreiben, und doch auch nichts Neues, über ihn Hinausgehendes erwarten, um desto leichter überwindlich muß uns das erscheinen, wogegen es keiner größeren Zurüstung bedarf; und je leichter man es mit dem nimmt,

19

was sich aus dem natürlichen Zustand der Menschen entwickelt, um desto weniger ist Ursache, etwas eigentümlich Verschiedenes in dem vorauszusetzen, welcher das Bessere beginnt. Zur Entwicklung der einen Ansicht — und weiter geht die Aufgabe der Glaubenslehre nicht, denn daß die Ansicht geltender werde, muß nur ein Ergebnis der Darstellung sein — gehört aber gar nicht die Widerlegung der anderen, sondern nur, daß auch das zwischen beiden obwaltende Verhältnis mit dargestellt und an den bedeutendsten Punkten wieder vors Auge gebracht werde. Ebensowenig kann hier von eigentlichen Beweisen die Rede sein. Nicht deshalb freilich, weil die evangelische Glaubenslehre als ein Unternehmen innerhalb der evangelischen Kirche auch den evangelischen Glauben schon voraussetzt; aber auch keine einzelne Modifikation desselben ist beweisbar, sondern sie ist nur eine Aussage über den stärkeren oder schwächeren Eindruck, den eine Tatsache in Beziehung auf eine andere macht. Der Fall einer solchen Verschiedenheit kommt uns überall auf dem geschichtlichen Gebiet vor und überall so, daß jeder eine ganz feste Überzeugung haben kann, sein Eindruck sei der richtige, aber daß keiner diese Richtigkeit zu beweisen vermag. 2. Wenn aber auch jeder Gedanke an Beweis aufgegeben wird — 12 was auch von dem Schriftbeweise gilt, nicht nur wegen der Vieldeutigkeit der meisten Ausdrücke, sondern weil dadurch doch nur die Behauptung erwiesen würde, daß dies die ursprüngliche Gestalt des christlichen Glaubens ist — so bleibt auch das schwierig genug, was hier unerläßlich ist, nämlich die Entstehungsweise des Glaubens mit seinem Inhalt zugleich zu entwickeln, das heißt, ohne daß man zu einer Nötigung durch Wunder oder Weissagungen als etwas ganz Fremdartigem Zuflucht nehme, zu zeigen, wie ursprünglich und auch jetzt noch die Überzeugung entstehen konnte, daß Jesus eine unsündliche Vollkommenheit habe und daß in der durch ihn gestifteten Gemeinschaft eine Mitteilung derselben sei. Denn daß in der gleichmäßigen und sich aufeinander beziehenden Gewißheit über beides dann die Aufhebung der Unseligkeit und die werdende Seligkeit sei, versteht sich von selbst. Unser Satz nun will zuerst keinesweges so verstanden werden, als ob es zu einer Zeit, wo das Bewußtsein der Sünde sowohl als persönliches als auch als Gesamtbewußtsein in vielen kräftig erregt wurde, nur einer sich in einem öffentlichen Leben gehörig kundgebenden ausgezeichneten sittlichen 2*

20 Vortrefflichkeit bedurft hätte, um einem solchen Individuum die als einzig mögliche Hülfe ersehnte unsündliche Vollkommenheit beizulegen; welches sich so ausdrücken ließe, daß der Glaube Jesum zum Erlöser gemacht habe. Denn in diesem Glauben wäre die Willkür bei jeder Übertragung desselben, der nicht mehr der ursprüngliche Eindruck der Person zu Hülfe gekommen wäre, größer, mithin auch die Gewißheit geringer geworden, und hätte allmählich immer mehr dem Gedanken Raum geben müssen, es könne ein anderer kommen, auf welchen jene Vorstellung mit größerem Recht hätte übertragen werden können, so daß auf diesem Wege nur ein abnehmender Glaube an Jesum, mithin ein zunehmender Unglaube ent18 stehen konnte. Und diesem könnte nur abgeholfen werden, wenn der unmittelbare Eindruck der Gemeinschaft ein solcher wäre, daß in sie und dann um ihretwillen auch in ihren Urheber die unsündliche Vollkommenheit gesetzt würde. J a auch das genügt nicht, daß die reine und vollkommne Kräftigkeit des Gottesbewußtseins in Jesu wirklich gewesen sei, der Glaube an dieselbe aber doch nur das Werk jener ihrer Befriedigung zueilenden Sehnsucht; denn auch so wäre er nur durch die Gläubigen zum Erlöser geworden 1 . Vielmehr geht unser Satz auf die Voraussetzung zurück, daß auch das Anerkennen jener Vollkommenheit ihr eignes Werk war, so daß auch das vollständige Bewußtsein der Sünde und die damit zusammenhängende Sehnsucht ebensogut in einigen erst vermittelst jenes Anerkenntnisses sich entwickeln 2 , als auch in andern schon vorher vorhanden sein konnte. Auf diese Weise -allein ist auch die Stiftung des neuen Gesamtlebens nicht etwa ein besonderer Akt, ohne welchen dennoch jene ausgezeichnete Eigentümlichkeit könne in Jesu gewesen sein; sondern wie diese nur als Tat kann erschienen sein, so ist auch jene ihr wesentliches Werk. — Soll aber nun der Glaube der späteren Geschlechter, mithin auch der unsrige, derselbe sein wie der ursprüngliche und nicht etwa ein anderer — in dem letzteren Fall aber wäre auch die Einheit der christlichen Kirche nicht nur, sondern auch alle Berufung auf die ursprünglichen Zeugnisse des Glaubens gefährdet: — So muß auch jetzt noch dieselbige Erfahrung gemacht werden können, und die zum neuen Gesamtleben entschieden hintreibende Anerkennung der unsündlichen Vollkommenheit in Jesu Christo muß ebenso sein Werk sein. Nun aber ist uns statt seiner 1

Gegen den Ausspruch Christi Joh. i ; , 16. • Vgl. § 14. 2-

21 persönlichen nur die Wirksamkeit seiner Gemeinschaft gegeben, sofern auch das von ihm noch in den Schriften vorhandene Bild ebenfalls nur durch diese entstanden ist und fortbesteht. Unser Satz geht also auf die Voraussetzung zurück, daß diese Wirkung der Gemeinschaft, denselben Glauben hervorzubringen, auch nur die Wirkung jener persönlichen Vollkommenheit Jesu selbst ist1. 3. Nicht minder schwierig ist der zweite Teil unseres Satzes zu entwickeln, daß nämlich in dem von Christo gestifteten Gesamtleben eine Mitteilung seiner unsündlichen Vollkommenheit ist, indem wir diese ja keinem Einzelnen in der Gemeinschaft außer Christo beilegen. Ja, seitdem die Lebensgenossen Christi nicht mehr sind, und wir keiner Versammlung von Einzelnen, wie gut sie auch ausgewählt sein möchten, um einander zu ergänzen, auch nur das Recht zugestehen, Lehrsätze, also Regeln des Glaubens oder des Lebens, mit irgendeinem Anspruch auf Untrüglichkeit oder beharrliche Gültigkeit aufzustellen; vielmehr auch unserer geschichtlichen Auffassung die Ansicht zum Grunde liegt, daß der Einfluß ausgezeichneter Einzelner auf die Masse im Abnehmen zu denken ist: wo und welcher Art soll diese Mitteilung gedacht werden ? Denn betrachtet man die Masse im ganzen, so zeigt sie einen so reichen und zu gewissen Zeiten sich noch besonders verstärkenden und gewaltig hervorbrechenden Anteil an der' allgemeinen Sündlichkeit, daß man zweifeln muß, ob deren hier weniger sei als anderwärts, und ob es also nicht besser gewesen sein würde für die Gestaltung der menschlichen Dinge, daß das Christentum nicht ein so weit verbreitetes geschichtliches Motiv geworden wäre. Gegen diese von den Gegnern mit vielem Schein vorgebrachten Ausfälle muß der Glaube allein aufkommen, mithin annehmen, daß dies alles nur das Nichtsein des neuen Gesamtlebens ist, also das Sein des sündlichen, in welchem das neue zwar ist, aber nur verborgen. Mithin geht unser Satz auf die Voraussetzung zurück, daß in der äußerlich so beschaffenen christlichen Gemeinschaft jene Mitteilung des absolut kräftigen Gottesbewußtseins in Christo dennoch sei als ein innerliches, allerdings aber, da der Glaube nur auf einem empfangenen Eindruck ruht, erfahrbares. Diese Erfahrung besteht aus zwei Elementen, deren eines dem persönlichen, das andere dem Gemeinbewußtsein angehört. Jenes daß der Einzelne auch jetzt noch aus dem Bilde 1

Vgl. S 14. i-

22 Christi, welches als eine Gesamttat und als ein Gesamtbesitz in der Gemeinde besteht, den Eindruck der unsündlichen Vollkommenheit Jesu erhält, welcher ihm zugleich zum vollkommnen Bewußtsein der Sünde und zur Aufhebung der Unseligkeit wird; und dieses ist an sich schon eine Mitteilung dieser Vollkommenheit. Das andere, daß in allen jenen, wenn auch dem sündlichen Gesamtleben noch so ähnlichen Verwirrungen doch eine von jener Vollkommenheit ausgehende Richtung gesetzt sei, die zwar in jeder Erscheinung, ja immer auch noch in der Aufstellung der Begriffe des Wahren und Guten mehr oder minder jenem Nichtsein anheimfällt, als Innerstes aber oder als Impuls ihrem Ursprung angemessen ist und sich eben deshalb trotz aller Reaktionen auch in der Erscheinung immer mehr herausarbeiten wird. Und dieser ganz innerlich betrachtet auch vollkommen reine Impuls des geschichtlichen Lebens ist ebenso wie das erste Element eine wahre und wirksame Mitteilung der Vollkommenheit Christi. 4. Eine ungehemmte Kräftigkeit des Gottesbewußtseins in Jesu kann nun nicht begriffen werden aus dem Gesamtleben der Sündhaftigkeit, weil in diesem sich naturgemäß die Sünde fortpflanzt, sondern so geworden sein, wie er sich in dieser Kräftigkeit zeigt, kann er nur außerhalb des sündlichen Gesamtlebens; und da dieses das ganze menschliche Geschlecht umfaßt, so wird auch so nur an 16 ihn geglaubt als an einen übernatürlich gewordenen, wiewohl nur in dem oben 1 schon in Anspruch genommenen Sinn. Ebenso ist auch das neue Gesamtleben in Beziehung auf den Erlöser selbst zwar kein Wunder, sondern schon das sittliche Naturwerden des Übernatürlichen, denn jede ausgezeichnete Kraft zieht Masse an sich und hält sie fest: aber in Beziehung auf das bis dahin alles umfassende und alle Formationen beherrschende Gesamtleben der Sündhaftigkeit ist das neue auch ein übernatürlich gewordenes. Das nämliche gilt auch von dem Übergang jedes Einzelnen aus dem alten Gesamtleben in das neue. Denn in Beziehung auf das neue selbst ist ein solcher Ubergang nicht übernatürlich, denn es übt seiner Natur gemäß solche Wirkungen aus; aber er ist etwas übernatürlich Gewordenes in bezug auf das frühere Leben dieses Einzelnen selbst. — Fassen wir nun dies alles zusammen, so setzen wir hier überall auf der einen Seite eine anfangende göttliche Tätigkeit 1

S. § 13,1.

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als etwas Ubernatürliches, zugleich aber eine lebendige menschliche Empfänglichkeit, vermöge deren erst jenes Übernatürliche ein geschichtlich Natürliches werden kann. Ist nun diese das verbindende Glied zwischen dem Gesamtleben vor der Erscheinung des Erlösers und dem in der Gemeinschaft mit dem Erlöser, um die Selbigkeit der menschlichen Natur in beiden zur Anerkenntnis zu bringen: so ist für diesen Gesamtumfang auch die Erscheinung des Erlösers mitten in diesem Naturverlauf nicht mehr ein übernatürliches, sondern nur durch das Vorherige bedingtes Hervortreten einer neuen Entwicklungsstufe, deren Zusammenhang mit dem Vorigen freilich nur in der Einheit des göttlichen Gedankens liegt. § 89. Da in dem Sinn, in welchem man sagen kann, daß die Sünde nicht von Gott geordnet und für ihn nicht sei 1 , auch für diese neue Mitteilung eines kräftigen Gottesbewußtseins der Ausdruck Erlösung nicht angemessen wäre: so würde von jenem Gesichtspunkt aus die Erscheinung Christi und die Stiftung dieses neuen Gesamtlebens als die nun erst vollendete Schöpfung der menschlichen Natur zu betrachten sein. 1. Das bedarf keiner weiteren Erläuterung, daß der Begriff der Erlösung sich auf das genaueste auf das Bewußtsein der Sünde bezieht, und daß, wenn er als Ausdruck für die Gesamtwirkung Christi gilt, auch die werdende Seligkeit unter der Aufhebung der Unseligkeit, welche allein eigentlich durch Erlösung bezeichnet werden kann, mitgesetzt ist. Ist nun schon insofern der Ausdruck unzureichend, und ein uneigentlicher auf die Weise, daß das Ganze, nämlich die Mitteilung der Seligkeit, durch ein Wort bezeichnet wird, welches eigentlich nur den Anfang davon aussagt: so ist doch hiegegen, wenn man sich nur darüber versteht, nichts zu erinnern. Denn so gewiß in unserm christlichen Bewußtsein die göttliche Gnade als solche immer auf die Sünde bezogen wird, diese aber immer zugleich als Unfähigkeit zu dem in unserm Gottesbewußtsein Aufgegebenen und Angestrebten gesetzt wird: so wird nichts in der göttlichen Gnade übergangen, wenn sie als Aufhebung der Sünde, sofern sie jene Unfähigkeit ist, bezeichnet wird. Soll aber der Ausdruck nicht mehr nur von der Wirkung gebraucht werden, sondern auch die Absicht der Erscheinung Christi, sofern diese eine 1

Vgl. § 81.

17

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göttliche Anordnung ist, bezeichnen: so ist, weil er von der Beziehung auf die Sünde und das Bewußtsein derselben nicht zu trennen ist, dies nur insofern möglich, als auch jenes, nämlich das Bewußtsein der Sünde, als eine göttliche Anordnung kann betrachtet werden. Inwiefern nun dieses möglich ist, wurde schon früher 1 auseinandergesetzt, erhellt aber jetzt noch deutlicher, daß nämlich Gott geordnet hat, die frühere unübersteigliche Unkräftigkeit des Gottesbewußtseins solle uns als eigene Tat zum Bewußtsein der Sünde werden, um diejenige Sehnsucht zu schärfen, ohne welche auch die Begabung Jesu keine lebendige Empfänglichkeit gefunden hätte zur Aufnahme seiner Mitteilung. Da nun aber diesem gegenüber auch jenes nicht nur strenge Wahrheit ist, sondern auch ebenso in der kirchlichen Lehre bevorwortet, daß Gott nicht Urheber der Sünde ist, wozu der eigentliche Grund am besten in der Formel ausgesprochen wird, daß das Böse nicht kann ein schaffender Gedanke Gottes sein: so folgt auch, daß der Ausdruck Erlösung sich nicht auf dieselbe Weise dazu eignet, den göttlichen Ratschluß zu bezeichnen, wie er die Wirkung desselben bezeichnet, weil der Allmächtige nicht etwas ordnen kann um eines andern willen, welches er nicht geordnet hat. Für diesen auch kirchlichen Standpunkt nun scheint der göttliche Ratschluß nicht besser bezeichnet werden zu können als durch einen ebenfalls biblischen zugleich auf die Gesamtwirkung hinweisenden Ausdruck. Wie nämlich alles in dem menschlichen Gebiet durch Christum Gesetzte als die neue Schöpfung* dargestellt wird: so ist dann Christus selbst der zweite Adam, der Anfänger und Urheber dieses vollkommneren menschlichen Lebens, oder die Vollendung der Schöpfung des Menschen, womit zugleich am bestimmtesten ausgedrückt ist, daß durch den von Adam aus sich entwickelnden Naturzusammenhang zu diesem höheren Leben nicht zu gelangen war. 2. Daß nun diese Formel mit der ersten von völlig gleichem Gehalt ist, und Jesu, als dem, in welchem die menschliche Schöpfung vollendet wurde, dieselbe eigentümliche Würde und Beschaffenheit beilegt wie jene, wenn sie ganz verstanden wird, bedarf keiner großen Erörterung. Denn ist dieser zweite Adam allen vom ersten Abstammenden vollkommen gleich, nur daß ihm ein schlechthin kräftiges Gottesbewußtsein ursprünglich mitgegeben ist; und tritt 1 1

S. S 8o. 2 Kor. 5,17.

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er als ein solcher vermöge einer schöpferischen göttlichen Ursächlichkeit in den bestehenden Geschichtszusammenhang der menschlichen Natur ein: so muß auch nach dem Gesetz von diesem seine höhere Vollkommenheit auf die gleiche Natur erregend und mitteilend wirken, zuerst, um an der Differenz das Bewußtsein der Sündhaftigkeit zur Vollendung zu bringen, dann aber um durch die Assimilation auch die Unseligkeit aufzuheben. Ist nun dieser zweite Adam, wiewohl nicht aus diesem früheren Zusammenhang her, sondern in bezug auf ihn als ein übernatürlich gewordener, doch in den geschichtlichen Zusammenhang, und zwar nur als ein einzelner Mensch gestellt: so steht er auch mit seiner ganzen Wirksamkeit unter dem Gesetz der geschichtlichen Entwicklung, und sie vollendet sich durch die allmähliche Verbreitung von seinem Erscheinungspunkt aus über das Ganze. — Daß aber auf diese Weise die Schöpfung des Menschen gleichsam in zwei Momente zerteilt wird, hat sowohl Analogie genug in der Geschichte1 als es auch schon immer von der materiellen Schöpfung ist gesagt worden, wenn man eine erste und zweite Schöpfung unterschied. Und zugleich dient diese Formel den Verwirrungen zum Korrektiv, die nur zu leicht durch unrichtigen Gebrauch der andern entstehen. Denn wie leicht kehrt immer die schon von Paulus bestrittene Ansicht2 wieder, daß die Sünde heilsam sei, wenn doch Christus um der Sünde willen mußte gesendet werden, und hievon zugleich die 20 Mitteilung der Seligkeit abhängt. Auch ist sie wohl, genauer betrachtet, ein ebenso richtiger und unmittelbarer Ausdruck unsers christlichen Selbstbewußtseins als die erste. Denn vorher zwar ist für den Zustand außer der Gemeinschaft mit Christo der richtigste Ausdruck der des Bewußtseins der Sünde und der Erlösungsbedürftigkeit, weil und sofern auch dieses von Gott geordnet ist. In* der Gemeinschaft mit Christo aber ist alles, was der nicht mehr produktiven Sündhaftigkeit angehört, eben deshalb auch nicht mehr in demselben Sinne ein Bewußtsein der Sünde, weil nicht mehr ein Fleischlichgesinntsein, sondern nur ein Unvermögen der noch jungen Gegenwart, und das Bewußtsein des Erlösers ist das Bewußtsein dessen, der uns kräftig macht3. 1 A u c h hierher gehört, was oben § 1 3 , 1 gesagt ist. * R o m . 6, 1 . 8 Philipp. 4, 1 3 .

* ci. nach 3. A u f l . ; 2. A u f l . Jeder

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3. Für diesen Ausdruck ist nun aber die Forderung allerdings nicht abzuweisen, daß auch hier der Begriff der Schöpfung auf den der Erhaltung müsse zurückzuführen sein. Wie nun nicht nur der Mensch Jesus der zweite Adam heißt, welches doch nur sagen kann, der zweite Gottgeschaffene, sondern auch alle Wiedergeborenen die neue Kreatur heißen, und also auch das noch als Schöpfung aufgestellt wird, was wir mit vollem Recht ursprünglich als Erhaltung darstellen, nämlich als Erhaltung der sich immer weiter bewährenden Kräftigkeit Christi zur Erlösung und Beseligung: so ist auch umgekehrt die Erscheinung Christi selbst anzusehen als Erhaltung, nämlich der von Anbeginn der menschlichen Natur eingepflanzten und sich fortwährend entwickelnden Empfänglichkeit der menschlichen Natur, eine solche schlechthinnige Kräftigkeit des Gottesbewußtseins in sich aufzunehmen. Denn kam gleich bei der ersten Schöpfung des Menschengeschlechtes nur der unvollkommne Zustand der menschlichen Natur zur Erscheinung: so war doch das Erscheinen des Erlösers ihr auf unzeitliche Weise schon eingepflanzt. So daß die Einheit des göttlichen Ratschlusses auch in dem Sinne, wie er immer hat müssen in der Erfüllung begriffen sein, gleich deutlich erhellt, ob wir sagen, Gott habe den Menschen die Sünde geordnet mit Beziehung auf die Erlösung, oder ob wir sagen, er habe die menschliche Natur auch in dem Sinn unter das Gesetz des irdischen Seins gestellt, daß so wie in jedem Einzelnen das sinnliche Selbstbewußtsein sich früher entwickelt, das Gottesbewußtsein aber erst später hinzutritt und sich jenes allmählich bis zu einem gewissen Grad aneignet und unterwirft: so auch in dem Geschlecht das Gottesbewußtsein früher unzureichend gewesen sei und unkräftig, und erst hernach sei es vollkommen hervorgebrochen in Christo, von welchem aus es sein Regiment immer weiter erstrecke, und seine Kraft den Menschen zum Frieden und zur Seligkeit zu bringen bewähre. — Auch schließt sich von hier aus, was doch immer eine wichtige Frage für die christliche Betrachtung gewesen ist, die Beziehung Christi auf diejenigen, welche vor seinem Erscheinen gelebt haben, oder räumlich von dem durch ihn beseelten Gesamtleben getrennt sind, deutlicher auf. Wenn nämlich der erste Schöpfungsmoment von Gott nur mit Beziehung auf den zweiten geordnet ist: so muß offenbar das nämliche auch gelten von allem, was mit ihm einen und denselben Naturzusammenhang bildet. Demzufolge muß in der göttlichen ordnenden Anschauung alles der ersten Weltzeit Angehö-

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rige einen Anteil haben an der Beziehung auf den Erlöser. Zugleich erscheint dann um so natürlicher, daß diese sonst verborgene Beziehung auch an einzelnen Punkten besonders heraustrete, welche Voraussetzung eben das Aufsuchen von Vorbildern und Weissagungen motiviert. § 90. Die Lehrsätze, welche den hier dargelegten Gehalt des Bewußtseins der Gnade nach den drei § 30 aufgestellten Gesichtspunkten entwickeln, vollenden zugleich die christliche Glaubenslehre in den ihr hier gesteckten Grenzen. 1. Wenn wir den im folgenden zu bearbeitenden Inhalt an jene drei Formen halten : so ist über die erste und ursprüngliche an und für sich nichts zu erinnern, und es leuchtet von selbst ein, daß bei einem irgend richtigen Verfahren uns nichts irgend Bedeutendes von christlicher Lehre wird entgehen können. Schwierig aber scheint es, wie wir von dieser ersten, der unmittelbaren Beschreibung des Gnadenstandes der Erlösten, die zweite, die Beschreibung dessen, was durch die Erlösung in der Welt gesetzt ist, zu scheiden haben. Denn nichts anderes ist darin gesetzt, als das durch Christum gestiftete Gesamtleben und dessen Verhältnis zu demjenigen Teil der menschlichen Welt, der sich davon ausgeschlossen findet. Nun ist aber der Gnadenstand der Erlösten nichts anderes als ihre Tätigkeit in eben diesem Gesamtleben und die Art, wie sie von dem dagegen noch bestehenden Gegensatz affiziert werden, so daß beides ganz zusammenzufallen scheint. Damit hängt nun auch zusammen, daß hier weniger deutlich hervorgeht, daß die Beschreibung des Zustandes vorangehen müsse. Denn jedem Einzelnen kommt auf der einen Seite die Mitteilung der göttlichen Gnade nur aus diesem neuen Gesamtleben; daher scheint auch dieses zuerst erkannt werden zu müssen. Auf der andern Seite besteht das Gesamtleben nur aus den Erlösten als solchen, und scheint also gar nicht verstanden werden zu können, wenn nicht deren eigentümliche Beschaffenheit vorher eingesehen ist. Indes erledigen sich durch die nähere Betrachtung der Sache beide Schwierigkeiten zugleich. Das Gesamtleben besteht nämlich allerdings nur aus den erlösten Einzelnen, was es aber in der Welt bedeutet, das ist es durch seine Organisation. In dieser betrachtet fällt es mithin der zweiten Darstellungsweise anheim. Die Zustände des Einzelnen hingegen als solchen, wie sie den Gegensatz bilden zu seinen Zuständen im Gesamtleben der Sünd-

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haftigkeit, sind von dem ersten Gesichtspunkt aus zu entwickeln. Ist dabei auch in gewissem Sinn die Kenntnis des Gesamtlebens vorauszusetzen: — was insofern nicht einmal behauptet werden kann, als doch dieselben Zustände hervorgerufen wurden durch die erste Verkündigung mit dem Gesamtleben zugleich, ja noch vor demselben: — so ist es doch nicht die dogmatische Erkenntnis desselben. Mithin lassen sich beide Darstellungsweisen ordnen und scheiden, wenn auch wechselseitige Beziehungen dabei unvermeidlich sind. 2. Was endlich die in dem letzten Abschnitt zu entwickelnden göttlichen Eigenschaften betrifft, so würde es sehr stark gegen die Richtigkeit unserer ganzen Anlage beweisen, wenn nach Vollendung desselben noch göttliche Eigenschaften zurückblieben, die einen Moment unseres christlichen Selbstbewußtseins repräsentieren, und sich von den hier abgehandelten bestimmt unterscheiden ließen. Dies also wollen wir vorläufig in Abrede stellen, hingegen es als ein gutes Zeichen ansehen, wenn wir auf der einen Seite die große Menge unbestimmter Ausdrücke dieser Art auf eine geringere Zahl aber fester Formeln zurückführen konnten, auf der andern Seite aber auch alles rein Spekulative bestimmt ausgeschlossen haben. Dies nun muß die Sache zeigen. Es ist aber hier nicht nur Fehlendes zu ergänzen, sondern, wie auch schon oben 1 bemerkt worden, da wir uns erst jetzt auf dem Gebiet eines kräftigen Gottesbewußtseins befinden, so müssen auch alle im ersten Teil nur unbestimmt zu beschreiben gewesenen Regungen des absoluten Abhängigkeitsgefühls hier ihren vollen Gehalt bekommen, indem es im Christentum kein anderes Bewußtsein der göttlichen Allmacht und Ewigkeit und der daran hangenden Eigenschaften gibt, als nur in bezug auf das Reich Gottes. Eine andere Frage aber ist die, ob wirklich die ganze dem christlichen Glauben entsprechende Lehre von Gott sich abhandeln läßt durch die Aufzählung der göttlichen Eigenschaften, und ob nicht vielmehr außerdem noch ein Inbegriff göttlicher Ratschlüsse aufgestellt werden müßte. Diese Frage entsteht indes nur durch das Hinübersehen auf andere Behandlungen der Glaubenslehre. Denn ein Satz, der einen göttlichen Ratschluß ausspricht, ist nicht ein Ausdruck des unmittelbaren Selbstbewußtseins. Wenn aber richtig und vollständig zum Bewußtsein gebracht wird, was in der Welt durch die Erlösung gesetzt ist: so ist eben damit auch der Inbegriff der göttlichen Ratschlüsse gegeben. 1

§ 29, i und S. 357 f.

ERSTER

ABSCHNITT

VON DEM ZUSTANDE DES CHRISTEN, SOFERN ER SICH DER GÖTTLICHEN GNADE BEWUSST IST § 9 1 . Wir h a b e n die Gemeinschaft mit G o t t 1 n u r in einer solchen Lebensgemeinschaft mit dem Erlöser, worin seine schlechthin unsündliche V o l l k o m m e n h e i t und Seligkeit die freie aus sich herausgehende T ä t i g k e i t darstellt, die E r lösungsbedürftigkeit des Begnadigten aber die freie in sich aufnehmende Empfänglichkeit. 1. Dies ist das Grundbewußtsein eines jeden Christen von seinem Gnadenstande, auch bei der allerverschiedensten Auffassung des Christentums. Denn bezieht einer die Kräftigkeit des Gottesbewußtseins, die er in sich findet, gar nicht auf Jesum, so ist auch sein Bewußtsein kein christliches; oder tut er zwar dieses, aber ohne in irgendeinem Grade diesen Gegensatz anzuerkennen, so muß er, nicht nur keine Sünde, sondern auch keine Unvollkommenheit in sich findend und mit seiner Tätigkeit ganz aus sich herausgehend, auch den Stand der Gnade hinter sich gelassen haben, und selbst ein Christus geworden sein. Bezieht einer hingegen seinen Zustand, die Gemeinschaft mit Gott anlangend, zwar auf Jesum, aber ohne eine lebendige Empfänglichkeit für ihn in sich zu finden: so glaubt er zwar an Christum, sofern er bei ihm eine beseligende Wirksamkeit voraussetzt, aber er findet sich selbst noch nicht als einen Begnadigten, indem er noch keine Veränderung durch Christum kann erfahren haben. Denn keine Veränderung in einem Lebendigen ist ohne eigne Tätigkeit, ohne welche daher, auf vollkommen leidentliche Weise, auch keine Einwirkung eines andern wirklich kann aufgenommen werden. Oder wäre gar die eigene Tätigkeit entgegengesetzt, nämlich Widerstand gewesen: so müßte die Mitteilung wider Willen, d. h. gewaltsam erfolgt sein, und wäre dann keine Seligkeit. Aller wirkliche Lebenszusammenhang mit Christo, bei 1

Vgl. S 6?.

30 welchem er irgend als Erlöser gesetzt sein kann, hängt also daran, daß lebendige Empfänglichkeit für seine Einwirkung s c h o n und daß sie n o c h vorhanden sei. Und dies gilt gleichmäßig für alle Momente, weil an der Grenze angelangt, der Zusammenhang sich v o n selbst lösen müßte. — Ebensowenig aber ist zu leugnen, daß unser Satz noch einen großen Spielraum für die verschiedensten Auffassungen dieses Verhältnisses zuläßt, die sich doch alle innerhalb der aufgestellten Grenzen halten. Denn der eine kann das Verhältnis auch in allen Momenten für vollkommen dasselbe halten, so daß alle schon erfahrenen Einwirkungen den Exponenten desselben nicht ändern, wogegen ein anderer glauben kann, es entstehe in dem Begnadigten allmählich eine mitwirkende Selbsttätigkeit, so daß das neue Ich, in seiner Sichselbstgleichheit betrachtet, ein selbsttätiges sei und sich als solches immer mehr entwickle, und nur die Person überhaupt, als das veränderliche Subjekt betrachtet, der Sitz der bloßen Empfänglichkeit sei, daher er sich der Kräftigkeit des Gottesbewußtseins als seiner ihm stetig eigenen, nur allerdings von Christo 27 abgeleiteten, bewußt sei. J a wenn einer wollte auf den Unterschied zwischen dem persönlichen Selbstbewußtsein und dem Gemeinbewußtsein zurückgehn, und unsern Satz gelten lassen als den Ausdruck des christlichen Gemeinbewußtseins, dabei aber sagen, jeder erwachsene Christ könne und solle sich seiner selbst persönlich als eines Freien und Selbsttätigen im Reiche Gottes bewußt sein, zugleich aber, daß er ein solcher nur geworden sei in dem Gesamtleben, für dessen Bewußtsein unser Satz den richtigen Ausdruck darbiete: so liegt auch diese Auffassung noch innerhalb der Grenzen desselben. N u r sind freilich nicht alle diese Auffassungen gleich geltend in der Kirche. 2. Wenn nun diese Aussage für alle noch so weit auseinanderliegenden Momente in dem von Christo gestifteten Gesamtleben gleichgültig ist: so ist keine andere Teilung darin angedeutet als nur, daß zuerst entwickelt werde, wie vermöge dieses Bewußtseins der Erlöser gesetzt ist, dann aber wie der Erlöste. Denn die Ordnung ergibt sich von selbst, da, was in dem Zustande des Christen dem Früheren in der Gemeinschaft der Sündhaftigkeit entgegengesetzt ist, nur aus der Wirksamkeit des Erlösers verstanden werden kann. Der Inhalt dieses Abschnittes erfüllt sich also in zwei Hauptstücken. In das erste gehören alle Sätze über Christum, welche unmittelbare

31 Ausdrücke unseres christlichen Selbstbewußtseins sind; und was in anderweitigen Behandlungen der evangelischen Glaubenslehre von Christo vorkommt, hier aber nicht, das ist nicht etwa durch die Auslassung willkürlich dafür erklärt — denn wenn es unserer Anlage nach vorkommen könnte, so müßte es bei ünserm Verfahren auch von selbst seinen Ort finden — sondern es erklärt sich selbst dafür, daß der rein dogmatische Gehalt ihm fehlt und daß es daher nur einen untergeordneten erklärenden oder kombinatorischen Wert haben kann. Das zweite Hauptstück muß alle Sätze enthalten, welche unmittelbar das Verhältnis der Gnade zur Sündhaftigkeit in der menschlichen Seele beschreiben, und zwar als durch den Zutritt des Erlösers vermittelt. Wie dieses Hauptstück gegen den zweiten Abschnitt schon oben1 abgegrenzt worden, so muß hier zwar alles vorkommen, wodurch der Einzelne an dem Bestehen der christlichen Gemeinschaft Anteil bekommt und nimmt, aber nur als seine persönliche Beschaffenheit oder Handlungsweise. ERSTES HAUPTSTÜCK : VON CHRISTO

§ 92. Die eigentümliche Tätigkeit und die ausschließliche Würde des Erlösers weisen aufeinander zurück, und sind im Selbstbewußtsein der Gläubigen Unzertrennlich eines. 1. Mögen wir nun Christum lieber den Erlöser nennen, oder ihn lieber als denjenigen betrachten, in welchem die Schöpfung der bis dahin nur in einem vorläufigen Zustand vorhanden gewesenen menschlichen Natur vollendet worden ist: beides hat nur so viel Bedeutung, als ihm eine eigentümliche Wirksamkeit zugeschrieben wird, und zwar im Zusammenhang mit einem eigentümlichen geistigen Gehalt seiner Person. Denn wirkt er nur auf eine Weise wie auch andere, wenn auch noch soviel vollkommner und umfassender : so wäre doch auch der Erfolg, nämlich die Beseligung der Menschen, ein gemeinschaftliches Werk seiner und der andern, wenn auch sein Anteil der größere wäre, und es gäbe nicht einen Erlöser gegenüber den Erlösten, sondern viele, unter denen nur einer der erste wäre unter Gleichen. Und ebensowenig wäre dann die menschliche Schöpfung durch ihn vollendet, sondern durch jene insgesamt, die sich, sofern ihr Werk eine eigentümliche Beschaffenheit voraus1

S 9°.

32

§ 9*

setzt, gleichmäßig von den übrigen unterschieden. Nicht anders verhält es sich aber auch, wenn seine Wirksamkeit zwar ihm ausschließlich zukäme, aber dies hätte seinen Grund weniger in einer ihm eignen innern Beschaffenheit, als nur in einer eigentümlichen Lage, in welche er gesetzt worden. Der zweite Ausdruck, daß die menschliche Schöpfung in ihm vollendet worden, hätte dann gar keinen Gehalt, indem eher vorauszusetzen wäre, daß es viele seinesgleichen gebe, die nur nicht in dieselbe Lage gekommen seien. Aber auch Erlöser wäre er dann nicht eigentlich, wenn man auch sagen könnte, daß die Menschen durch seine Tat oder durch sein Leiden, wie es sich eben verhielt, wären erlöst worden. Denn der Erfolg, die Beseligung, könnte nicht etwas von ihm Mitgeteiltes sein, weil er nichts Eigentümliches gehabt, sondern nur durch ihn aufgeregt oder entbunden. — Ebensowenig aber würde die Annäherung an den Zustand der Seligkeit auf ihn zurückgeführt werden können, wenn er zwar in einer ausschließlichen Würde dagewesen wäre, aber er hätte sich damit leidend verhalten, und keine ihr entsprechende Wirksamkeit ausgeübt. Denn abgesehen davon, daß sich nicht einsehn läßt, wie seine Zeitgenossen, und wir ihnen nach, dann dazu gekommen sein sollten, ihm eine solche beizulegen, zumal bei seiner Art des Auftretens: so müßte, falls etwa durch das bloße Anschauen dieser Würde die Seligkeit sollte mitgeteilt werden können, wenn mit dieser keine aus sich herausgehende Tätigkeit verbunden gewesen wäre, doch in den Anschauenden mehr als Empfänglichkeit gewesen sein; vielmehr wäre seine Erscheinung nur als die Veranlassung anzusehen zu der Vorstellung, welche sie selbsttätig hervorgebracht hätten. 2. Kann sonach die aus dem Zustand der Unseligkeit gewordene Annäherung an die Seligkeit als durch Jesum vermittelte Tatsache nicht erklärt werden aus dem einen dieser Elemente ohne das andere: so folgt auch, daß beide ganz ineinander aufgehen müssen und sich gegenseitig messen. So daß es vergeblich ist, dem Erlöser eine höhere Würde beizulegen, als die Wirksamkeit, die ihm zugleich zugeschrieben wird, erfordert, indem aus dem Überschuß der Würde doch nichts erklärt wird, und ebenso ihm eine größere Wirksamkeit zuzuschreiben, als aus der Würde, die man ihm zugestehen will, folgen kann; denn was aus dem Überschuß von Wirksamkeit folgt, kann doch nicht in demselben Sinn, wie das andere, auf ihn zurückgeführt werden. Daher ist jede Lehre von Christo unzusammenhängend,

33

§ 9*

welcher diese Gleichheit nicht wesentlich ist, mag sie nun das Entziehen der Würde verkleiden wollen durch große aber denn doch fremde Wirkungen, die sie ihm nachrühmt, oder umgekehrt, daß sie ihm weniger Einfluß zugesteht, dadurch gut machen wollen, daß sie ihn hoch, aber denn doch auf unfruchtbare Weise, erhebt. 3. Halten wir nun diese Regel fest: so könnten wir die ganze Lehre von Christo behandeln, entweder nur als die von seiner Wirksamkeit, denn die Würde müßte daraus von selbst folgen, oder auch nur als die von seiner Würde, denn die Wirksamkeit müßte sich dann von selbst ergeben. Wie dieses auch schon die obigen beiden allgemeinen Formeln zeigen. Denn daß die Schöpfung der menschlichen Natur in seiner Person vollendet worden, ist an und für sich nur eine Beschreibung seiner Würde, größer oder geringer, je nachdem man den Unterschied zwischen vorher und nachher stellt; aber die Wirksamkeit folgt, wenn anders die Schöpfung fortbestehen soll, von selbst. Ebenso, daß er der Erlöser ist, beschreibt auf dieselbe Weise seine Wirksamkeit, aber die Würde folgt in demselben Maß von selbst. Dennoch ist es nicht ratsam, zwischen einer von beiden Behandlungsweisen zu wählen, wenn wir nicht zugleich die kirchliche Sprache verlassen, und die Vergleichung unserer Aus- 31 sagen mit andern Behandlungen der Glaubenslehre erschweren wollen. Denn da von den kirchlichen Formeln einige auf die Wirksamkeit Christi gehen, andere seine Würde betreffen: so besteht die sicherste Gewährleistung dafür, daß auch beide zusammenstimmen, darin, daß der Gegenstand von beiden Gesichtspunkten aus abgesondert betrachtet werde; und je mehr in beiden das Eigentümliche aufeinander bezogen wird, um so wahrscheinlicher, daß die aufgestellten Sätze ein ursprüngliches Selbstbewußtsein rein wiedergeben. Das gemeinsame Maß für beides, wie groß nämlich in einer Darstellung Wirksamkeit und Würde angenommen sind, findet sich dann in der Darstellung des Erfolgs zunächst in den Einzelnen, dann aber in der Darstellung der Kirche, welche ebenso die vollständige Offenbarung der Würde des Erlösers sein muß, wie die Welt die vollständige Offenbarung der Eigenschaften Gottes. — Das Hauptstück zerfällt uns demnach in zwei Lehrstücke, das von der Person Christi und das von seinem Geschäft. Beide sind den einzelnen Sätzen nach ganz verschieden, ihr Gesamtinhalt aber ist derselbe, so daß aus jedem von beiden sowohl des zweiten Hauptstücks als des zweiten Abschnittes Inhalt als das durch Christum Gewordene verstanden werden kann. Schleiermacher Glaubenslehre II

s

34 Erstes Lehrstück: Von der Person Christi § 93. Soll die Selbsttätigkeit des neuen Gesamtlebens ursprünglich in dem Erlöser sein und von ihm allein ausgehen: so mußte er als geschichtliches Einzelwesen zugleich urbildlich sein, d. h. das Urbildliche mußte in ihm vollkommen geschichtlich werden, und jeder geschichtliche Moment desselben zugleich das Urbildliche in sich tragen. 82

1. Wenn die eigentümliche Würde des Erlösers nur gemessen werden kann durch seine gesamte auf ihr beruhende Wirksamkeit, diese aber vollständig nur anzuschauen ist in dem v o n ihm gestifteten Gesamtleben; wenn ferner auf der einen Seite in dieses alle andern frommen Gemeinschaften bestimmt sind überzugehen, so daß alles außer derselben vorhandene religiöse Leben ein unvollkommenes ist, in diesem aber die Vollkommenheit, dieses selbst aber auf der andern Seite sich zu allen Zeiten, also auch in seiner höchsten Entwicklung zu dem Erlöser, nur in dem oben 1 angegebenen Verhältnis befindet, alles, was es ist, nur zu sein vermöge der Empfänglichkeit für seine Einwirkung: so muß die Würde des Erlösers so gedacht werden, daß er dieses zu bewirken vermag. Indem nun aber seine Wirksamkeit, so wie wir sie unmittelbar und ausschließend auf seine Person beziehen können, in seinem öffentlichen Leben zunächst zu betrachten ist; hier aber keinesweges einzelne Taten hervorragen, die sich von dem übrigen bestimmt aussonderten: so ist auch die wahre mit der gemeinschaftstiftenden Wirksamkeit identische Manifestation seiner Würde nicht in einzelnen Momenten, sondern in dem Gesamtverlauf seines Lebens. Dieses beides nun ist das, was in Unserm Satz nicht nur aufgestellt, sondern auch vollständig und durchgängig aufeinander bezogen wird. 2. Leben wir nun in der christlichen Gemeinschaft mit der allen Christen gemeinsamen Überzeugung, daß dem menschlichen Geschlecht keine vollkommnere Gestaltung des Gottesbewußtseins bevorsteht, sondern jede neue nur ein Rückschritt wäre; und daß in derselben jeder* Wachstum an Wirksamkeit des Gottesbewußtseins nicht aus irgendeiner neu hinzutretenden K r a f t hervorgeht,

* jedes (Wehrung cj.)

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sondern immer nur aus der regebleibenden Empfänglichkeit für seine Einwirkung: so muß offenbar jeder gegebene Zustand dieses Gesamtlebens nur Annäherung bleiben zu dem, was in dem Erlöser selbst gesetzt ist, und eben dieses verstehen wir unter seiner urbildlichen Würde. Nun aber handelt es sich in diesem Gesamtleben nicht um die tausenderlei Beziehungen des menschlichen Lebens, so daß er auch für alles Wissen oder alle Kunst und Geschicklichkeit, die sich in der menschlichen Gesellschaft entwickelt, urbildlich sein müßte, sondern nur um die Kräftigkeit des Gottesbewußtseins, zu allen Lebensmomenten den Impuls zu geben und sie zu bestimmen, und weiter dehnen wir auch die Urbildlichkeit des Erlösers nicht aus. Man könnte hiegegen freilich noch einwenden, da die Kräftigkeit des Gottesbewußtseins in dem Gesamtleben selbst immer nur unvollkommen bleibt: so müsse dem Erlöser allerdings eine vorbildliche Würde zukommen; die Urbildlichkeit aber, die eigentlich das Sein des Begriffes selbst aussagt, also die schlechthinnige Vollkommenheit würde ihm auch nach der obigen Regel nicht zukommen, da sie nicht notwendig sei, um das immer nur unvollkommne Resultat zu begreifen. Vielmehr sei dieses die ursprüngliche Hyperbel der Gläubigen, wenn sie Christum in dem Spiegel ihrer eignen Unvollkommenheit betrachten; und diese setze sich auch immer auf dieselbige Weise fort, indem die Gläubigen zu allen Zeiten, was sie als urbildlich in diesem Gebiet aufzufassen vermochten, in Jesum hineinlegten. Allein zweierlei ist in dieser Beziehung zu bemerken. Zuerst daß mit dieser Ansicht, wenn sie sich selbst klar wird, unausbleiblich ein Wunsch wenigstens — weil doch das schlechthin Vollkommne so mindestens immer angestrebt wird — ja, je mehr der Einzelne sein persönliches Bewußtsein dem Gattungsbewußtsein unterordnet, auch eine Hoffnung sich entwickeln muß, das Menschengeschlecht werde noch einmal, wenn auch nur in seinen Edelsten und Trefflichsten, über Christum hinausgehen und ihn hinter sich lassen; dieses aber ist offenbar die Grenze des christlichen Glaubens, welcher im Gegenteil für die reine Auffassung des Urbildlichen keinen andern Weg kennt, als das sich immer mehr vervollkommnende Verständnis Christi. Kommt hingegen diese Folge nicht zum Bewußtsein, oder wird sie bestimmt abgeleugnet: so kann auch diese Beschränkung des Urbildlichen auf das Vorbildliche nur eine mißverstandene Vorsichtsmaßregel sein, für welche sich der scheinbare Grund hernach ergeben wird. Zweitens, wenn man auf s*

36 der einen Seite bedenkt, daß, sobald man die Möglichkeit einer beständigen Fortschreitung in der Kräftigkeit des Gottesbewußtseins zugibt, aber daß die Vollkommenheit derselben irgendwo sei, leugnet, man auch nicht mehr behaupten könne, die Schöpfung des Menschen sei oder werde vollendet, weil ja in der beständigen Fortschreitung die Vollkommenheit immer nur als möglich gesetzt bleibt, und dann von dem Menschen weniger ausgesagt wird, als von andern Geschöpfen — denn von allen mehr gebundenen Arten des Seins kann man sagen, daß ihr Begriff vollkommen wirklich wird in der sich einander ergänzenden Gesamtheit der Einzelwesen; von einer freien* sich entwickelnden Gattung aber kann dies nicht gelten, wenn die Vollkommenheit einer wesentlichen Lebensfunktion im Begriff gesetzt ist, aber in keinem einzelnen gegeben, denn das Unvollkommne kann sich nicht untereinander ergänzen zur Vollkommenheit — und man nun auf der andern Seite hinzunimmt, wie schwierig es sein müßte, einen Unterschied anzugeben zwischen einem wahren Urbild und einem solchen Vorbild, in welchem zugleich die Kraft liegt, jede mögliche Steigerung in der Gesamtheit zu bewirken, da ja schon die Produktivität nur in dem Begriff des Urbildes liegt und nicht in dem des Vorbildes: so ergibt sich wohl, daß nur die Urbildlichkeit der angemessene Ausdruck ist für die ausschließliche persönliche Würde Christi. — Was indes den obigen 35 Ausdruck betrifft, daß der Gedanke über Christum hinausgehen zu wollen oder zu können die Grenze des christlichen Glaubens bezeichne: so ist es auch hieb'ei nicht leicht, unter den eine Perfektibilität des Christentums zulassenden Auffassungen desselben solche, die, wiewohl sie nicht so scheinen, doch noch christlich sind, von solchen zu unterscheiden, die es nicht sind, aber doch dafür gelten möchten, es zu sein. Soviel wohl sieht jeder, daß ein großer Unterschied ist zwischen denen, welche sagen, es sei nicht nur möglich, sondern liege uns auch ob, über vieles von demjenigen hinauszugehen, was Christus seine Jünger gelehrt, weil er selbst, indem es menschliches Denken ohne Worte nicht gibt, durch die Unvollkommenheit der Sprache wesentlich verhindert worden sei, den innersten Gehalt seines geistigen Wesens ganz in bestimmten Gedanken zu verwirklichen, und dasselbe gelte in einem andern Sinne auch von seinen Handlungen, in welchen sich immer die Verhält* freier (Clemen cj.)

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nisse, durch welche sie bestimmt werden, mithin auch die Unvollkommenheit abspiegele, wobei noch immer bestehen kann, daß ihm seinem innern Wesen nach die schlechthinnige Urbildlichkeit zukomme, so daß jenes Über-seine-Erscheinung-Hinausgehen zugleich immer nur eine vollkommnere Darlegung seines innersten Wesens werden könne, und zwischen denen, welche der Meinung sind, Christus sei auch seinem innern Wesen nach nicht mehr als von ihm habe erscheinen können, aber die von ihm ausgehende Gemeinschaft der Lehre und des Lebens mit den in ihr aufbewahrten Zeugnissen von Christo habe vermöge einer besondern göttlichen Leitung eine so glückliche Organisation, daß sich beide, Lehre und Leben, nach jedem vollkommneren Urbilde, welches spätere Menschengeschlechter aufstellen könnten, mit Leichtigkeit umbilden lassen, ohne daß die Gemeinschaft ihre geschichtliche Selbigkeit aufzugeben brauche, so daß nun für alle Zeiten die Notwendigkeit aufgehoben sei, neue religiöse Gemeinschaften zu stiften. Denn hier 30 fehlt, um auch die ersten Voraussetzungen des christlichen Glaubens aufzuheben, nur noch ein einziges Glied, auf welches sich ganz folgerecht zurückgehen läßt. War nämlich Christus so in die Schranken des bei seiner Erscheinung Gegebenen eingezwängt: so muß er auch und nicht minder sein ganzes Erzeugnis aus dem, was ihm geschichtlich gegeben war, begriffen werden können, das ganze Christentum also aus dem Judentum auf der Entwicklungsstufe, auf welcher es damals stand und auf welcher ein Mensch wie Jesus aus seinem Schoß hervorgehn konnte; so daß das Christentum nur eine neue Evolution, wenn auch eine mit fremder damals gangbarer Weisheit gesättigte, des Judentums war, und Jesus nur ein mehr oder weniger origineller und revolutionärer jüdischer Gesetzverbesserer. 3. Wenn aber auch noch so sehr feststeht, daß die Quelle eines solchen in der Kräftigkeit des Gottesbewußtseins sich immer steigernden Gesamtlebens nur in dem Urbildlichen sein kann: so wird dadurch nicht besser begreiflich, wie eben das Urbildliche in einem wirklich geschichtlich gegebenen Einzelwesen soll zur Wahrnehmung und Erfahrung gekommen sein. Denn schon im allgemeinen können wir nicht anders als beides auseinanderhalten, und wir betrachten, sowohl wenn von Werken der Kunst die Rede ist als wenn von Gebilden der Natur, jedes einzelne nur als die andern ergänzend

38 und selbst der Ergänzung durch sie bedürftig. Ist aber nun gar die Sünde als Gesamttat des menschlichen Geschlechts gesetzt: wie bleibt dann eine Möglichkeit, daß sich aus dessen Gesamtleben ein urbildliches Einzelwesen hätte entwickeln können. Ja auch der Ausweg ist schon abgeschnitten, daß das Urbild könne gedacht und auf Jesum nur mit mehr oder weniger Willkür übertragen sein. Denn wäre das Christentum auf ein unvollkommnes Urbild gegründet: so müßte es die Ansprüche fahren lassen, alle Glaubensweisen in sich aufzunehmen und aus sich selbst immer mehr Vollkommenheit und Seligkeit zu entwickeln. Wollte man aber der menschlichen Natur vor Christo und ohne ihn das Vermögen einräumen, ein reines und vollkommnes Urbild in sich zu erzeugen: so könnte sie wegen des natürlichen Zusammenhanges zwischen Verstand und Willen nicht in dem Zustand allgemeiner Sündhaftigkeit gewesen sein. Soll daher der Mensch Jesus urbildlich gewesen oder soll das Urbild in ihm geschichtlich und wirklich geworden sein — der eine Ausdruck gilt was der andere — um ein neues Gesamtleben zu stiften innerhalb des alten und aus ihm: so muß er zwar in das Gesamtleben der Sündhaftigkeit hereingetreten sein, aber er darf nicht aus demselben her sein, sondern muß in demselben als eine wunderbare Erscheinung anerkannt werden, aber doch nach Anleitung der schon oben1 geltend gemachten Analogien nur in der hier schon ein für allemal fixierten Bedeutung des Wortes. Sein eigentümlicher geistiger Gehalt nämlich kann nicht aus dem Gehalt des menschlichen Lebenskreises, dem er angehörte, erklärt werden, sondern nur aus der allgemeinen Quelle des geistigen Lebens durch einen schöpferischen göttlichen Akt, in welchem sich als einem absolut größten der Begriff des Menschen als Subjekt des Gottesbewußtseins vollendet. Da wir nun aber doch den Anfang des Lebens nie eigentlich begreifen: so geschieht auch der Forderung einer vollkommnen Geschichtlichkeit dieses vollkommen Urbildlichen vollkommen Genüge, wenn er nur von da ab auf dieselbe Weise wie alle anderen sich entwickelt hat, so daß sich von der Geburt an seine Kräfte allmählich entfalteten, und sich vom Nullpunkt der Erscheinung an in der dem menschlichen Geschlecht natürlichen Ordnung zu Fertigkeiten ausbildeten. Dieses gilt nun auch von seinem Gottesbewußtsein, worauf es hier vornehmlich ankommt, welches zwar 1

Vgl. $ i 3 , i.

39 auch andern ebensowenig als ihm etwan* erst durch die Erziehung eingeflößt wird, sondern dessen Keim in allen schon ursprünglich liegt, welches sich aber auch in ihm wie in allen erst allmählich nach menschlicher Weise zum wirklich erscheinenden Bewußtsein entwickeln mußte, und vorher nur als Keim, wenngleich in gewissem Sinne immer als wirksame Kraft, vorhanden war. Daher konnte es auch während dieser Entwicklungszeit, selbst seitdem es Bewußtsein geworden war, sein Ansehn über das sinnliche Selbstbewußtsein nur in dem Maß ausüben, als des letzteren verschiedene Funktionen schon hervorgetreten waren, und erschien also auch von dieser Seite angesehen selbst als ein nur allmählich zu seinem vollen Umfang sich Entfaltendes. Glaubt man irrigerweise des Urbildlichen wegen dieses leugnen und etwa annehmen zu müssen, er habe schon von seinem ersten Lebensanfang an das Gottesbewußtsein als solches in sich getragen: so müßte er auch schon ursprünglich sich selbst als Ich gesetzt, ja, wie sehr leicht zu folgern ist, auch die Sprache wenigstens ihrem abstraktem Teile nach ursprünglich, und ehe er äußerlich sprach, innegehabt haben, mithin müßte seine ganze erste Kindheit ein Schein gewesen sein, wobei kein wahres menschliches Leben gedacht werden kann, sondern die doketische Abweichung völlig entschieden ist; man müßte denn dasjenige, worin Christus allen Menschen gleich war, von dem Urbildlichen in ihm der Zeit nach trennen, jenem die ganze Entwicklungszeit bis zur anfangenden Reife des männlichen Alters allein einräumen, und dann erst das Urbildliche hinzukommen lassen, welches letztere aber dann ohne ein absolutes Wunder nicht vorstellig zu machen ist. Ja auch Sünde wäre dann vorher in ihm wenigstens möglich, und also auch gewiß, wenn auch als Kleinstes, wirklich vorhanden gewesen, und Jesus also Erlöser und Erlöster in einer Person, und was hieraus weiter folgt. — 30 Zu der reinen Geschichtlichkeit der Person des Erlösers gehört aber auch dieses, daß er sich nur in einer gewissen Ähnlichkeit mit seinen Umgebungen, also im allgemeinen volkstümlich, entwickeln konnte. Denn da Sinn und Verstand nur aus dieser ihn umgebenden Welt genährt wurden, und auch seine freie Selbsttätigkeit in dieser ihren bestimmten Ort hatte: so konnte sich auch sein Gottesbewußtsein, wie ursprünglich auch die höhere Kraft desselben sei, doch nur ausdrücken und mitteilen in Vorstellungen, die er sich aus diesem Gebiet angeeignet hatte, und in Handlungen, welche in demselben * =

irgendwann

40 ihrer Möglichkeit nach* vorherbestimmt 'waren1. Wollte man diese Abhängigkeit der Entwicklung von den Umgebungen leugnen: so müßte man folgerechterweise eine empirische Allwissenheit in Christo annehmen, vermöge deren ihm alle menschlichen Vorstellungsweisen mithin auch Sprachen gleich bekannt und geläufig gewesen wären, so daß er auch in dem Wahren und Richtigen, das einer jeden eignet, ebenso gelebt hätte wie in dem Vaterländischen; und dieselbe Allwissenheit müßte man auch in bezug auf die verschiedenen menschlichen Verhältnisse und deren Behandlung hinzufügen. Die wahre Menschheit ginge aber auch hiebei verloren. 4. Mit dieser rein menschlichen Auffassung seines geschichtlichen Daseins muß aber auch vereinbar sein, was die Urbildlichkeit seines persönlichen Geistesgehaltes mit sich bringt. Zuerst also seine Entwicklung muß ganz frei gedacht werden von allem, was sich nur als Kampf darstellen läßt. Denn es ist nicht möglich, daß, wo ein innerer Kampf irgendeinmal stattgefunden hat, die Spuren desselben ganz 40 sollten verschwinden können; und ebensowenig hätte das Urbildliche können angeschaut werden, wo auch nur die leisesten Spuren dieses Kampfes sich zeigten. Die Macht, mit welcher das Gottesbewußtsein, wie weit es eben jedesmal entwickelt war, jeden Moment bestimmte, durfte daher niemals zweifelhaft sein noch von der Erinnerung an einen früheren Kampf getrübt. Auch durfte er sich nie in einem Zustand befinden, durch den ein Kampf in der Zukunft wäre begründet worden; d. h. es konnte in ihm auch ursprünglich keine Ungleichheit sein in dem Verhältnis der verschiedenen Funktionen der sinnlichen Natur des Menschen zum Gottesbewußtsein. Er mußte also in allen Momenten auch seiner Entwicklungsperiode frei sein von allem, wodurch das Entstehen der Sünde in dem einzelnen Menschen bedingt ist2. Auch ist dies beides sehr gut zugleich möglich, daß alle Kräfte, sowohl die unteren zu beherrschenden, als die leitenden höheren, nur allmählich fortschreitend hervorgetreten sind, so daß diese sich jener nur nach dem Maß, wie sie sich entwickelten, bemächtigen konnten, und daß doch die Bemächtigung selbst in jedem Augenblick in dem Sinn vollständig 1

Dies erkennt wohl jeder dafür, mit enthalten zu sein in dem Ausdruck Gal. 4. 4, daß Christus sei unter das Gesetz getan gewesen. « v g l . s 67—69* cj. nach 3. Aufl. 2. Aufl. noch

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war, daß nie etwas in der Sinnlichkeit gesetzt sein konnte, was nicht schon gleich als Werkzeug des Geistes gesetzt gewesen wäre, so daß weder ein Eindruck bloß sinnlich bis in das innerste Bewußtsein aufgenommen und ohne Gottesbewußtsein zu einem Lebensmoment verarbeitet worden, noch auch eine Handlung, die wirklich als eine solche, und zwar als eine ganze angesehen werden kann, je allein von der Sinnlichkeit ausgegangen wäre und nicht vom Gottesbewußtsein. Was wir oben1 nur als möglich aufstellen konnten, nämlich eine unsündliche Entwicklung eines menschlichen Einzellebens, das muß in der Person des Erlösers, vermöge dieser ungestörten Identität des Verhältnisses, wirklich geworden sein, so daß wir das Werden seiner Persönlichkeit von der ersten Kindheit an 41 bis zur Vollständigkeit seines männlichen Alters uns vorstellen können als einen stetigen Ubergang aus dem Zustand der reinsten Unschuld in den einer rein geistigen Vollkräftigkeit, welche von allem, was wir Tugend nennen, weit entfernt ist. In dem Zustand der Unschuld nämlich gibt es auch eine, aber nur indirekte, Wirksamkeit des Gottesbewußtseins, daß es nämlich, wiewohl noch latitierend, jede Bewegung in der Sinnlichkeit hemmt, welche in eine Opposition ausschlagen müßte. Die Annäherung hiezu, die doch nicht selten in unserer Erfahrung vorkommt, pflegen wir durch den Ausdruck „eine glückliche kindliche Natur" zu bezeichnen. Die männliche Vollkräftigkeit aber, wenngleich auch allmählich erwachsen und also auch durch Übung entstanden, unterscheidet sich von der Tugend dadurch, daß sie nicht Resultat eines Kampfes ist, indem si^ sich weder durch den Irrtum noch durch die Sünde, ja auch nicht uurch die Neigung zu einem von beiden, hindurchzuarbeiten brauchte. Und diese Reinheit darf keinesweges als eine Folge äußerer Bewahrung angesehen werden, sondern in ihm selbst, nämlich in dem höheren, ihm ursprünglich mitgegebenen, Gottesbewußtsein muß sie sich gründen. Sonst wäre, da eine solche Bewahrung doch auf Handlungen anderer zurückgeht, das Urbildliche in ihm mehr erzeugt als erzeugend, und er selbst ebensowohl der erste von der Gesamtheit Erlöste, als hernach selbst der Erlöser. — Was nun zweitens das Volkstümliche in seiner Person betrifft: so könnte freilich Christus schwerlich ein vollständiger Mensch sein, wenn seine Persönlichkeit nicht volkstümlich bestimmt wäre, aber diese Bestimmtheit betrifft keinesweges das eigentliche Prinzip seines Lebens, sondern

»$68,1.

42 nur den Organismus. Die Volkstümlichkeit ist keinesweges der Typus seiner Selbsttätigkeit, sondern nur der seiner Empfänglichkeit für die Selbsttätigkeit des Geistes; auch kann sie nicht als ein abstoßendes oder ausschließendes Prinzip in ihm gewesen sein, sondern nur vereinigt mit dem offensten ungetrübtesten Sinne für alles andere Menschliche und mit der Anerkennung der Identität der Natur und auch des Geistes in allen menschlichen Formen; also auch ohne Bestreben, das Volkstümliche über die ihm angewiesene* Grenzen hinaus zu verbreiten. Und nur so sich bewahrend kann man sagen, daß auch die Volkstümlichkeit auf urbildliche Weise, sowohl an sich als auch in ihrem Verhältnis zu dem Ganzen der menschlichen Natur bestimmt sei. 5. Hier kann nur beiläufig im voraus aufmerksam darauf gemacht werden, welchen Einfluß die Vorstellung von dieser Urbildlichkeit des Erlösers in der vollkommen natürlichen Geschichtlichkeit seines Lebensverlaufes auf alle in der Kirche geltenden christlichen Lehren ausübt, die alle, wenn man von jener mehr oder weniger abläßt, sich auch anders gestalten müssen. Denn zuerst, daß alle Lehren und Vorschriften, welche sich in der christlichen Kirche entwickeln, nur dadurch ein allgemeingültiges Ansehn erhalten, daß sie auf Christum zurückgeführt werden, gründet sich nur auf seine vollkommne Urbildlichkeit in allem, was mit der Kraft des Gottesbewußtseins in Verbindung steht. In dem Maß, als diese aufgehoben wird, muß auch die Möglichkeit zugegeben werden von Lehren und Vorschriften auf dem Gebiet der Frömmigkeit, welche über die Aussprüche Christi hinausgehen. Ebenso können die Predigt des geschriebenen Wortes, sofern es nur Verklärung Christi enthält und das Sakrament des Altars, nur als ewige Institutionen in der christlichen Kirche angesehen werden, wenn vorausgesetzt wird, daß alle Entwicklung und Unterhaltung christlicher Frömmigkeit immer von der Lebensgemeinschaft mit Christo ausgehen muß. Auch konnte Christus nicht als allgemeines Vorbild aufgestellt werden, wenn er sich nicht zu allen ursprünglichen Verschiedenheiten der Einzelnen auf gleichmäßige Art verhielte — indem er ja sonst für einige mehr Vorbild sein müßte als für andere — welches nur durch seine Urbildlichkeit möglich ist. Aber ebensowenig konnte er allgemeines Vorbild sein, wenn nicht jeder Moment seines Lebens urbildlich wäre; denn sonst * 3. Aufl. angewiesenen

43 müßte das Urbildliche von dem nicht Urbildlichen erst geschieden werden, welches dann nur nach einem fremden Gesetz geschehen könnte, das folglich über ihm stände. Dasselbe würde eintreten, wenn das Volkstümliche in ihm nicht, wie die Urbildlichkeit es mit sich bringt, beschränkt gewesen wäre, man müßte denn auch alles lediglich Jüdische aus seinem Leben doch in die christliche Lebensnorm aufnehmen wollen. Diese Hauptpunkte für die christliche Gemeinschaft sind nun nicht etwa erst durch spätere Entwicklungen geltend gewordene Lehren, sondern die ursprünglichen seiner Jünger, mit der Art, wie sie die Idee des Messias auf Jesum anwendeten, genau zusammenhängend, und mit seinen eignen, auch uns noch zugänglichen Äußerungen leicht in Verbindung zu bringen. § 94. Der Erlöser ist sonach allen Menschen gleich, vermöge der Selbigkeit der menschlichen Natur, von allen aber unterschieden durch die stetige Kräftigkeit seines Gottesbewußtseins, welche ein eigentliches Sein Gottes in ihm war. 1. Daß der Erlöser von aller Sündhaftigkeit gänzlich frei gedacht wird, hindert keinesweges die vollständige Identität der menschlichen Natur, da schon festgestellt worden ist 1 , die Sünde gehöre so wenig zum Wesen des Menschen, daß wir sie immer nur als eine Störung der Natur ansehen können; woraus folgt, daß die Möglichkeit einer unsündlichen Entwicklung mit dem Begriff der menschlichen Natur an und für sich nicht unverträglich ist, ja in dem Bewußts^n der Sünde als Schuld, wie es allgemein gefaßt wird, liegt diese Möglich- 44 keit als anerkannt mit eingeschlossen. Diese Gleichheit ist aber so allgemein zu verstehen, daß auch der erste Mensch vor der ersten Sünde dem Erlöser nicht näher stand, oder ihm in einem höheren Sinne gleich war, als alle anderen. Denn wenn wir auch in dem Leben der ersten Menschen eine Zeit ohne erscheinende Sünde annehmen müssen: so führt doch jede erste Erscheinung derselben auf eine sündliche Vorbereitung 2 zurück. Derselben Ungleichmäßigkeiten aber, ohne welche wir auch in Adam das Hervortreten der Sünde in einem bestimmten Augenblick uns schwerlich denken könnten, war auch der Erlöser teilhaftig, weil sie der menschlichen Natur wesentlich sind; überdies aber war der erste Mensch von allen 1

Oben S 68. » Vgl. § 7*-

44

ansteckenden Einflüssen einer sündlichen Geselligkeit ursprünglich frei, der Erlöser hingegen mußte in das schon in der Verschlimmerung fortgeschrittene Gesamtleben hineintreten, so daß es kaum möglich wäre, seine Unsündlichkeit einer äußeren Bewahrung zuzuschreiben, was man allerdings von dem ersten Menschen auf gewisse Weise zugeben muß, wenn man sich nicht in Widersprüche verwickeln will, von dem Erlöser aber im Gegenteil, daß er den Grund seiner Unsündlichkeit nicht außer sich gehabt hat, sondern daß sie eine wesentliche in ihm selbst begründete war, wenn er doch durch das, was er war, die Sündhaftigkeit des Gesamtlebens aufheben sollte. Daher denn, was die Sünde betrifft, Christus von dem ersten Menschen nicht minder unterschieden ist als von allen andern. — Zu der Selbigkeit der menschlichen Natur gehört aber auch dieses, daß auch die Art und Weise, wie sich Christus von allen andern unterscheidet, in dieser ihren Ort hat. Dieses wäre nicht der Fall, wenn es nicht zur menschlichen Natur gehörte, daß die Einzelnen auf ursprüngliche Weise, was das Maß der verschiedenen Funktionen betrifft, voneinander unterschieden wären, so daß in jedem abgeschlossenen Gesamtleben, räumlich sowohl als zeitlich betrachtet, mehr und minder Besitzende zusammengehören, und man die Wahrheit des Lebens nur erreicht, wenn man die voneinander verschiedenen so aufeinander bezieht. Auf dieselbe Weise gehören daher alle diejenigen, die in irgendeiner Beziehung ein Zeitalter oder eine Gegend charakterisierend bestimmen, mit denen, über welche als in derselben Beziehung mangelhaft ihre bildenden Einflüsse sich erstrecken, zusammen, wie Christus mit denen, welche sein überwiegend kräftiges Gottesbewußtsein zu dem hiedurch bezeichneten Gesamtleben bindet. Je größer nun die Differenz und je eigentümlicher die Wirksamkeit, um desto mehr müssen auch diese" sich gegen die hemmenden Einflüsse nichtiger Umgebungen festgemacht haben, und sind nur aus dieser sich differentiierenden Eigenschaft der menschlichen Natur1, nicht aber aus dem Kreise, in welchem sie stehn, zu begreifen, gehören jedoch mit diesem nach göttlichem Recht zusammen, wie der Erlöser mit dem ganzen Geschlecht. 2. Dadurch aber, daß wir zugeben, auch das Eigentümliche in der Art der Wirksamkeit des Erlösers gehöre einem allgemeinen 1 a

Vgl. § 13. In der i. Aufl. (§ n 6 , 3; S. 195) heißt es: diese Helden.

45 Ort in der menschlichen Natur an, wollen wir keinesweges diese Wirksamkeit und die persönliche Würde, durch welche sie bedingt ist, auf dasselbe Maß mit anderen zurückführen. Dies erledigt sich schon dadurch, daß im Glauben an Christum wesentlich eine Beziehung desselben auf das ganze Geschlecht gesetzt wird, wogegen alles Analoge immer nur für bestimmte einzelne Zeiten und Räume gilt. Denn es ist noch keinem gelungen, und wird auch nicht, sich in irgendeinem Gebiet des Wissens oder der Kunst als ein allgemein Belebendes für das ganze Menschengeschlecht ausreichendes Haupt geltend zu machen. — Für diese eigentümliche Würde Christi aber . fides Christum rccipit. 1

a

Niem. 49J.

* 2. Aufl. Belehrung; cj. nach i . Aufl. S. 331

156

188

Genugtuung, wovon die erste recht verstanden schon in der Reue liegt, die andere aber unmöglich ist, dies hat teils seinen Grund in ihrer Lehre von der Kirche, teils darin, daß diese Kirche das Wort Glauben anders gebraucht, indem sie nur die göttlich mitgeteilte und von uns angenommene Kenntnis von des Menschen Bestimmung darunter versteht, weshalb sie denn auch behauptet, der Glaube gehe der Buße und Bekehrung voran 1 . Nun ist freilich diese Verschiedenheit des Sprachgebrauchs unangenehm, weil sie die Auseinandersetzung der Differenzpunkte erschwert: so wie auch das unangenehm ist, daß im gemeinen Leben dasselbe Wort so oft von einer nicht nur ebenfalls keine Bewegung des Willens in sich schließenden, sondern auch unzureichend begründeten Überzeugung gebraucht wird. Demohnerachtet dürfen wir das Wort nicht fahren lassen, sondern müssen es bei seinem wohlerworbenen Recht um so mehr schützen, als einerseits die Sprachgemäßheit unserer Gebrauchsweise leicht nachzuweisen und der Ausdruck unter uns völlig einheimisch geworden ist als Ubersetzung des Wortes, wodurch die Ursprache der Schrift den Gemütszustand des Menschen bezeichnet, welcher sich in der Gemeinschaft Christi zufriedengestellt und kräftig fühlt, andrerseits aber er im Streit gegen die Werktätigkeit der römischen Kirche einen neuen geschichtlichen Wert für uns gewonnen hat. 2. Betrachten wir Buße und Glaube in ihrer Bedeutung als das Ganze der Bekehrung umfassend: so muß in beiden zusammen, wie jeder Wendepunkt zugleich das Ende der einen Richtung ist und der Anfang der entgegengesetzten, auch das Sein des Menschen in dem Gesamtleben der Sünde aufhören und das Sein desselben in der Gemeinschaft Christi anfangen. Da wir aber in beiden nur als Selbsttätige sein können, entgegengesetzte Tätigkeiten aber nur nacheinander sein können: so ist der Wendepunkt zwischen beiden eine zwiefache Untätigkeit in der Form eines Nichtmehrtätigseins in jener und Nochnichttätigseins in dieser. Für sein geistig lebendiges Sein bleibt daher dem Subjekt nur übrig, statt der verschwindenden 1 C a t e c h . t o m . p r a e f. 27°. Cum enim finis qui ad beatitudinem homini propositus est altior sit, quam ut humana mentis acie perspici possit, necesse ei erat ipsius a Deo Cognitionen! accipere. Haec vero cognitio nihil aliud est nisi fides. — ibid. P. II d c p o e n i t. 8?.Verum in eo quem poenitet, fides poenitentiam antecedat necesse est . . . . ex quo fit, ut nullo modo poenitentiae pars recte dici possit. a

Catechismus romanus, Pars I, Caput I, 1. P a. a. O. Pars. II, Caput V, 5.

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Tätigkeit der leidentliche Nachklang derselben im Gefühl, und in bezug auf die noch nicht begonnene als leidentliche Vorahnung das Verlangen. Das erste nun ist die Reue, welche allerdings das Sein in der Gemeinschaft der Sünde aussagt, aber nicht als selbsttätig, denn Reue ist immer nur, wo der bereute Zustand abgestoßen wird, sondern als Festhalten eines Vergangenen im Selbstbewußtsein. Dieses Bewußtsein ist in jedem Moment, welcher auch nur Annäherung an den Ubergang sein soll, nur Aussage einer Störung und Hemmung des eigentlichen Lebens, also Unlust; und die der Bekehrung angehörige Reue, welche sich nicht auf einzelnes, sondern auf den Gesamtzustand bezieht, und ihn für immer abstößt, ist mithin für sich allein betrachtet die reinste, vollkommenste Unlust, welche in ungestörter Steigerung gedacht allerdings das Leben auflösen könnte1. Und hier ist zu bemerken, daß die Reue, welche mit der aus dem Gesetz entstehenden Erkenntnis der Sünde zusammenhängt, nicht die unmittelbar der Bekehrung angehörige sein kann. Denn einesteils vereinzelt das Gesetz seiner Natur nach, und so kann auch die Reue nur auf die einzelnen Richtungen gehen, nicht auf den Gesamtzustand und seinen innersten Grund; andernteils ist in diesem Zusammenhang nichts, woraus sich eine entgegengesetzte Richtung entwickeln könnte, und diese Reue müßte also in ihrer Fortentwicklung ertöten oder verzweifeln machen. Wieviel also auch von dieser Reue vorangegangen sein mag, die wahre Bekehrungsreue muß immer zuletzt entstehn aus der Anschauung der Vollkommenheit Christi, und so auch dieser Anfang der Wiedergeburt auf seiner erlösenden Tätigkeit beruhen. Und nur unter dieser Voraussetzung versteht sich auch die Zusammengehörigkeit von Buße und Glaube, indem sich beide aus derselben Quelle entwickeln. Christus kann nur die vollkommenste Reue erwecken, indem seine sich mitteilende Vollkommenheit uns in ihrer Wahrheit entgegentritt, welches eben geschieht in der Entstehung des Glaubens; und er kann uns nur mit seiner aufnehmenden Tätigkeit wirklich ergreifen, wenn infolge seiner uns bewegenden Selbstdarstellung unser bisheriger Zustand gänzlich abgestoßen wird. Scheinen nun gleich 1

Apol. Conf. V. p. 169°. Mortificatio significat veros terrores quos sustinere natura non posset, nisi erigeretur fide. Ita hic (Col. 2, 11.) exspoliationem corporis peccatorum vocat, quam nos usitate dicimus contritionem, quia in illis doloribus concupiscentia naturalis expurgatur. o BB 260.

158 auf diese Weise Reue und Glaube unmittelbar zusammenzuhängen: so beginnt doch auch das Sein in der Lebensgemeinschaft mit 190 Christo, weil wir uns dabei nicht anders verhalten können, als die menschliche Natur Christi sich in dem Akt der Vereinigung verhielt, mit dem ruhenden Bewußtsein des Aufgenommenseins, welches nicht nur ursprünglich ein freudiges und im Gegensatz gegen die Reue aufrichtendes ist 1 , sondern sich auch durch stetige Fortbewegung, indem es eine Anregung des Willens schon in sich schließt, zur Willenstätigkeit ausbildet, weshalb auch mit der Entstehung des Glaubens die Bekehrung sich vollendet. Doch aber tritt zwischen jenes ruhende Bewußtsein und die wirkliche Tätigkeit das Verlangen, und zwar in zwei zusammengehörigen Formen als das fortwährende von der Reue zurückbleibende Abstoßen der Gemeinschaft des sündlichen Lebens und als das Aufnehmenwollen der von Christo ausgehenden Impulse. Und dieses zweistrahlige Verlangen ist die von Christo gewirkte Sinnesänderung, welche Reue und Entstehung des Glaubens verbindend die wahre Einheit der Bekehrung darstellt. Man kann sie daher mit gleichem Recht, wenn man sich mehr an den ersten abstoßenden Strahl hält, mit der Reue unter dem Begriff der Buße befassen, oder wenn man sich an den positiveren anziehenden Strahl hält, mit zur Belebung ziehen, als man sie auch als ein eignes Mittelglied aufstellen kann. — Gehen wir aber etwas weiter zurück in das Gesamtleben der Sündhaftigkeit, so finden wir mancherlei Reue in dem Gebiet der christlichen Frömmigkeit — denn von anderer außerhalb des Christentums oder gar ohne Bezug auf das Gottesbewußtsein kann hier nicht die Rede sein — welche also näher oder entfernter auch auf die Anschauung Christi zurückgeht, und nicht immer auf einzelnes sich beschränkt, sondern sich als Unlust an der allgemeinen menschlichen Sündhaftigkeit, wie diese in der eignen Person zum Vorschein kommt, wirklich be191

währt, sich aber doch nicht in einer Stetigkeit der inneren Bewegungen bis zur Entstehung des lebendigen Glaubens fortentwickelt. Demohngeachtet sind solche vom Einfluß des christlichen Gesamtlebens ausgehende Erregungen, wenn sie auch nur eine unzusammenhängende und als zufällig erscheinende Mannigfaltigkeit von 1

I b i d . Et vivificatio intelligi debet. . . consolatio quae vere sustentat fugientem vitam in contritione®. 19!

312

einerseits kann der H. Geist nie untätig sein und sich deshalb auch nicht mit allen seinen Tätigkeiten an bestimmte Zeiten binden lassen, da er vielmehr jeden treibt, alles zu tun, was vor Händen kommt. Andrerseits läßt sich auch eine so geistige Gesellschaft doch nicht als eine wohlgeordnete denken ohne alle Verteilung der Arbeit, indem sonst keine von den verschiedenen Gaben das Maximum ihrer Wirksamkeit erreichen könnte; zumal die Verteilung desto leichter und sicherer gemacht werden kann, je mehr der eine Geist auch die Urteile übereinstimmend leitet.

Erster

Lehrsatz

§ 134. Es gibt in der Kirche einen öffentlichen Dienst am Wort als eine unter bestimmten Formen übertragene Geschäftsführung; und von diesem geht auch alle Gliederung der Kirche aus. A u g s b . B e k . V a . Solchen Glauben zu erlangen hat Gott das Predigtamt eingesetzt . . . dadurch als durch Mittel der h. Geist wirkt und die Herzen tröst . . . . wo und wenn er will. — X I V . Vom Kirchenregiment wird gelehrt, daß niemand in der Kirchen öffentlich lehren oder predigen oder Sakrament reichen soll ohn ordentlichen Beruf. — C o n f . S a x o n . (p. 196. Tw.)ß. Agimus autem gratias Deo . . . quod . . . conservavit publicum ministerium et honestos congressus, qui ipse etiam distinxit quaedam témpora. E x p o s , s i m p l . X V I I I . p. 55Y. Deus ad colligendam vcl constituendam sibi ecclesiam eandemque gubernandam et conservandam Semper usus est ministris . . . p. 5 8 5 . Nemo autem honorem ministerii ccclesiastici usurpare sibi . . . debet. Vocentur et eligantur electione ecclcsiastica et legitima ministri ecclesiae . . . Eligantur autem . . . homines idonei etc. — C o n f . H e 1 v . X V * . p. 9 7 * . Atquc hancob causam ministros ecclcsiae cooperarios esse Dei fatemur, per quos ille cognitionem sui et peccatorum remissionem administret, homines ad se convertat, erigat, consoletur . . . ita tarnen ut efficaciam in his omnem Deo, ministerium ministris adscribamus. — C o n f . G a l l . X X I X . p . i 2 i £ . Crcdimus veram ecclesiam gubernari debere ea disciplina, quam Dominus noster Jesus Christus saneivit, ita videlicet ut in ea sint pastores presbyteri et diaconi, ut doctrinae puritas retineatur, vitia cohibeantur, pauperibus consulatur et sacri coetus habeantur. — C o n f . A n g l . X X I I I . p. 1 3 4 I . Nonlicctcuiquamsumercsibi munus publice pracdicandi . . . nisi prius fucrit legitime vocatus et missus. a 1

B B 57 (Ed. pr.). 66 Niem. 1 1 9 .

* Conf. Helv. X V I .

P CR 28, 442 5 Niem. 3 36t.

Y Nicm. 505. 1 Niem. 606.

6 Niem. 507.

313 1. Wenn wir, nach dem Ursprung dieses öffentlichen Dienstes fragend, auf den von Christo den Aposteln gegebenen Auftrag 1 zurückgehen, so war dieser überwiegend nach außen gerichtet; denn was von einem innern 2 vorkommt, kann auch von dem allgemeinen unbestimmten verstanden werden. Notwendig aber entstand der innere aus dem äußeren, da die Neubekehrten fortdauernder Belehrung und Zurechtweisung bedurften, und war mithin in dem Auftrag Christi als die natürliche Fortsetzung des äußeren mit enthalten. Als aber die Apostel selbst eine Teilung dieses Dienstes in Vorschlag brachten, und der Gesamtheit anheimgaben, den Dienst der Handreichung andern zu übertragen: 3 so wurde dadurch das Amt der Lehre ein ihnen von der Gemeine übertragenes, wie auch diese vorher schon beide Ämter vereinigt einem neuen Zwölften übertragen hatte. Und so bestehen beide fort in der Kirche als die Hauptzweige jenes öffentlichen Dienstes; denn das versteht sich von selbst, daß auch das Diakonat nur ein kirchliches Amt sein kann, sofern

389

es eine Darbietung des Wortes ist, nämlich eine Äußerung und Kundgebung der christlichen Bruderliebe durch die Tat. Die Dreiteilung aber, wie man sie auch konstruieren möge, ist etwas Willkürliches, und muß im wesentlichen auf jene Unterscheidung in Lehre und Handreichung zurückgehn, die ihren wahren Teilungsgrund darin hat, daß die zu dem einen Geschäft erforderlichen Gaben am wenigsten bedingt sind durch die Erfordernisse zu dem anderen. Wie denn auch von Anfang an das weibliche Geschlecht die öffentliche Handreichung immer mit versehen hat 4 , von der öffentlichen Verwaltung der Lehre aber immer ausgeschlossen gewesen ist. 2. J e weniger nun irgendein Einzelner oder einige wenige die Stelle Christi vertreten können, um desto mehr haben wir nur die Gesamtheit als die Quelle dieser Übertragung anzusehen; und der Gestaltung des Klerus als einer in sich abgeschlossenen und sich selbst ergänzenden Körperschaft fehlt es an aller schriftmäßigen Begründung. Bei dieser Ergänzung unterscheidet vielmehr die Schrift nur zwei Momente, die Bestimmung der zur Verrichtung eines 390 Geschäftes erforderlichen Eigenschaften, und die Auswahl aus denen, die als so Ausgerüstete bekannt sind. Hier bleibt demnach ein großer Spielraum, um Verschiedenen einen verschiedenen Anteil zuzuwei1 3

Matth. 10, 6 flgd. Ap.Gcsch. 6, 2.

4 4

Z . B. Matth. 18, 15—20. 1 Tim. 5, 9. 10. Luk. 8, 3.

314 sen, ohne daß das Prinzip verlorengehe, daß die Gesamtheit ihre Geschäftsführung organisiere und unter ihre Glieder verteile. Eine solche Übertragung ist nicht möglich ohne eine bestimmte Sonderung der Gegenstände und eine genaue Bestimmung des Umfanges, in welchem jeder sein Geschäft führen soll. Indem nun hiebei auch, was übertragbar ist und was nicht, muß festgestellt werden: so wird auf indirekte Weise auch der unbestimmte Dienst mit in die Organisation aufgenommen und der Gegensatz zwischen beiden stumpft sich ab; wie auch dadurch geschieht, daß zum Behuf des nicht Übertragenen auch jederzeit vorübergehende Vereinigungen von näher zusammengehörenden Einzelnen entstehen. Aber auch der Dienst des Wortes im engeren Sinn kann nie auf eine so ausschließende Weise übertragen werden, daß es nicht auch außerhalb des öffentlichen Dienstes ebensolche Selbstmitteilungen zwischen Einzelnen geben könne; denn dies hieße beides, die Gewissen beherrschen1 und den Geist dämpfen2. Aus der Übertragung aber entstehen doppelte Beziehungen, jedes Bedürftigen zu mehreren Mitteilenden nach der Verschiedenheit seiner Bedürfnisse und ihrer Verrichtungen, und ebenso jedes Mitteilenden zu vielen Empfänglichen in bezug auf ein bestimmtes Bedürfnis und innerhalb des ihm angewiesenen Kreises: so daß, wo wir uns eine große stetige Masse christlichen Lebens denken, durch beides zusammen sich Gemeinden begrenzen und sondern, jede als ein Umfang, in welchem alle zur Förderung des christlichen Lebens notwendige Gaben vorhanden, und alle übertragbaren Geschäfte zweckmäßig verteilt sind. Die Verzweigung der kirchlichen Ämter, so wie die Form, unter der sie übertragen werden, kann sehr verschieden sein und die Theorie derselben hat ihren Ort in der praktischen Theologie. Hier ist nur im allgemeinen zu sagen, daß sie gut sein werden in dem Maß, als einerseits die Verteilung als Tat der Gesamtheit mittelbar oder unmittelbar zustande kommt und erscheint, andrerseits aber der geistigste Dienst — nämlich die geordnete Darreichung des göttlichen Wortes — sich geltend erhält als der Mittelpunkt, von dem alles ausgeht und auf welchen sich alles bezieht. 3. Ohne diesen geordneten öffentlichen Dienst und die damit zusammenhängende Konstitution der christlichen Gemeinden wäre alle 1

z Kor. 2, 24*.

2

1 Thess. 5, 19.

* 2. Kor. 1, 24. (Clemen cj.)

315

christliche Mitteilung nur vereinzelt und zerstreut und dem Anschein nach zufällig. Aber auch der Wahrheit nach könnte es nicht ohne ein verwirrendes Schwanken abgehn, in welchem sich viele Kräfte vergeblich verzehren müßten, wenn kein Empfänglicher mit seinem Bedürfnis an bestimmte Mitteilende und umgekehrt kein Mitteilender mit seinen Gaben an einen bestimmten Kreis von Empfänglichen gewiesen wäre. Allein wenn man auch zugeben wollte, daß in der Kraft des Geistes jeder Begabte alles täte, um seine Gaben zum gemeinen Nutz zu verwenden, und ebenso jeder Bedürftige richtigen Sinn genug hätte, um die Geister zu prüfen, mithin von den Einzelnen alles geschähe, was auch durch die beste Verteilung der Kräfte nur unvollkommen erreicht zu werden pflegt: so beruhte doch alles nur auf Erregung des persönlichen frommen Selbstbewußtseins und des vereinzelten Mitgefühls; aber ein wahres Gemeinbewußtsein, eine lebendige Überzeugung von der Identität des Geistes in allen, kann auf diese Art nicht zustande kommen. Ohne diese aber gäbe es überall kein Selbsterkennen des H. Geistes in uns und ebensowenig ein richtiges Bewußtsein von der Art unserer Lebensgemeinschaft mit Christo, wenn wir uns nicht unsrer selbst als Glieder seines Leibes bewußt werden. Daher ist es nur einer ganz oberflächlichen Ansicht vom Christentum möglich, die christliche Gemeinschaft auf das häusliche Leben und auf stille Privatverhältnisse ohne Öffentlichkeit zurückzuführen. Vielmehr sind die öffentlichen Versammlungen zum gemeinsamen Bekenntnis und zur gemeinsamen Erbauung die Hauptsache, und die Ubertragung der überwiegenden und leitenden Tätigkeit darin an einige ausschließend bleibt nur Nebensache. Wie denn auch, was dies anlangt, eine Kirchengemeinschaft ganz im evangelischen Geiste bestehen kann, welche von einer solchen Übertragung nichts weiß, sondern jedem Christen die Befugnis zur leitenden Tätigkeit darin zugesteht. Zweiter

Lehrsatz

§ 1 3 5 . Der öffentliche Dienst in der K i r c h e ist in allen Stücken an das göttliche Wort gebunden. 1. Auch die vereinzelten und formlosen Mitteilungen der Christen, sofern sie etwas durch den H. Geist Bewirktes mitteilen, können ebenfalls nur Erläuterungen und Betätigungen des göttlichen Wor-

316

tes sein. Soll nun von dem öffentlichen Dienst dasselbe nicht nur auf dieselbe Weise gelten, sondern auf eine besondere an seiner Eigentümlichkeit haftende: so kann dies nur dadurch geschehen, daß diese Gebundenheit an das göttliche Wort in die Form der öffentlichen Mitteilung aufgenommen wird. Dies geschieht in bezug auf die Lehre teils unmittelbar dadurch, daß die einzelnen Akte der Darlegung religiöser Gedanken ihrer ganzen Einrichtung nach als Auslegung einzelner Stellen der Schrift erscheinen, teils mittelbar durch das Bekenntnis, welches ein kurzer auf die Schrift zurückgeführter Inbegriff der Lehre ist, welches unter Voraussetzung seiner Schrift3«3 mäßigkeit als immer gegenwärtig den Gang jedes Bewußtseins beherrschen soll und wonach alle Lehre soll können gemessen werden. Beides aber muß in leere Form, die auch immer mit Leichtigkeit umgangen werden kann, ausarten, wenn nicht in demselben Kreise auch die freie und formlose Mitteilung von selbst schriftmäßig ist. Gewöhnlich will sich alsdann das Bekenntnis als authentische Schrifterklärung geltend machen, damit ein noch weiteres Zerfallen mit der Schrift verhütet werde; allein dadurch entsteht ein unevangelischer Buchstabendienst und zugleich wird das tiefere Eindringen in die Schrift unmöglich gemacht. — Dieselbe Schriftmäßigkeit ist auch zu fordern von der christlichen Dichtkunst, insofern ihre Erzeugnisse, wenngleich ursprünglich nur für das einzelne Leben berechnet, in den öffentlichen Gebrauch der Gemeine übergehen sollen. Diese zeigt sich auf eine andere Art in dem psalmodischen Typus der christlichen Dichtung, welcher, an die paraphrastischen Übertragungen der Psalmen nach Art der ältesten christlichen Hymnen sich näher oder entfernter anschließend, einzelne Stellen und Situationen aus der Schrift behandelt, etwas anders in dem symbolischen, welcher, auf die allgemeinen Bekenntnisse zurückweisend, den Inbegriff der gemeinen Lehre in poetische Harmonien bringt. Je mehr sich die christliche Dichtung von diesen beiden Grundformen entfernt, und rein individuelle Momente des religiösen Lebens darstellt, um desto mehr beschränkt sie ihre Wirksamkeit auf kleinere gesellige Kreise. —• Haben wir aber auch alles, was Tat der Gemeine als solcher ist, in den Begriff des öffentlichen Dienstes aufgenommen: so muß die Forderung der Schriftmäßigkeit sich auch auf diese erstrecken. Und so zeigen auch diese tätigen öffentlichen Mitteilungen sich als an das Wort gebunden, teils unmittelbar, sofern die einzelnen Erweisungen sich iuf bestimmt in der Schrift ausgesprochene

317 Ermahnungen gründen und diese verwirklichen, oder sich an ein in der Schrift gegebenes Vorbild anlehnen, teils mittelbar in der Auf- 394 Stellung von Kirchenregeln, welche nach Art der Bekenntnisse aus der Schrift abgeleitet eine Ordnung christlichen Lebens auf den öffentlichen Dienst bezogen aufstellen wollen, nach welcher nicht nur alle öffentliche tätige Mitteilung sich gestalten soll, sondern woran auch erkannt werden kann, was für Handlungen der Einzelnen die Gemeine als ihre eigenen anerkennt und welche nicht. 2. Hieraus geht nun hervor, wie Bekenntnisse der* Symbole und Kirchenregeln oder Kanones in der Kirche entstehn, nicht sowohl als Maß für die verschiedenen Darstellungen des Glaubens durch Wort und Tat, sondern um desto sicherer die Angemessenheit des einzelnen zu den ursprünglichen Äußerungen des Geistes zu vermitteln; keinesweges aber folgt, daß sie zu allen Zeiten dieser Idee ebenso vollkommen entsprechen können als in der Periode ihrer Bildung. Daß dies nicht der Fall ist, geht schon daraus hervor, daß sie jedesmal ein Werk der ganzen Kirche sind, also — wenn wir diese in dem aufgestellten Gegensatz zusammenfassen — nicht nur der Selbsttätigen und Mitteilenden, sondern mittelbar wenigstens auch der Empfänglichen und Bedürftigen; nicht nur sofern sie, wenn auch von den Mitteilenden ausgehend, doch ihre Wirksamkeit nur der freien Anerkennung der Bedürftigen verdanken können; sondern auch weil das Mitwissen um den Zustand dieser, mithin der besondere Charakter des Moments als Bestimmungsgrund mitwirkte. Daher auch schon von vorneherein jedes solches Erzeugnis, weil bei dem oszillierenden Fortschreiten der Kirche in jedem Moment auch Folgen rückgängiger Bewegungen mitgesetzt sind, hinter der Idee zurückbleibt. Wie sie uns nun nur unter dem Vorbehalt Gültigkeit haben, daß ihre Schriftmäßigkeit immer ein Gegenstand der Prüfung bleiben muß: so muß sich auch mit dem öffentlichen Dienst der Kirche ein möglichst ausgebildeter Organismus verbinden, um das 3«5 kunstgerechte Verständnis der Schrift zu bewahren und durch fortgesetzte Beschäftigung zu vervollkommnen; ohne daß deshalb allgemein und für alle Zeiten folgte, daß diejenigen, welche den öffentlichen Dienst versehen, einen besonderen Stand in der christlichen Gemeinschaft bilden müssen. Vielmehr wenn aus unsern beiden * oder (cj.)

318 Lehrsätzen sich ergibt, daß der, wenn auch in einzelnen Fällen noch so stark hervortretende kirchliche Gegensatz zwischen denen, welche den öffentlichen Dienst verrrichten und denen, an welchen er verrichtet wird, doch immer untergeordnet bleibt auf der einen Seite der Einheit und Selbigkeit des Geistes in beiden, auf der andern der ihnen gemeinschaftlichen unmittelbaren Abhängigkeit von der Schrift: so liegt schon hierin und ebenso in der überall nachzuweisenden Verwandtschaft zwischen der zerstreuten formlosen und der amtlich verteilten und geordneten Wirksamkeit, daß der Gegensatz beider Glieder sich immer mehr abstumpfen muß. Nehmen wir nun dazu, daß die kritische Seite des normalen Gebrauchs der Schrift auch dereinst aufhören muß: so verschwindet dann der Gegensatz als ein persönlicher in einer beiden Gliedern gemeinsamen unmittelbaren Sicherheit über die Schriftmäßigkeit der Glaubenssätze und der Lebensregeln.

Drittes Lehrstück : Von der Taufe

396

§ 136. Die Taufe als Handlung der Kirche bezeichnet nur den Willensakt, vermittelst dessen diese den Einzelnen in ihre Gemeinschaft aufnimmt; insofern aber auf derselben die wirksame Verheißung Christi ruht, ist sie zugleich der Leiter für die rechtfertigende göttliche Tätigkeit, wodurch der Einzelne in die Lebensgemeinschaft Christi aufgenommen wird. 1. Schon oben 1 ist das Wesentliche in unserm Satz bevorwortet, daß nämlich die Aufnahme eines Einzelnen in die christliche Gemeinschaft und dessen Rechtfertigung oder Wiedergeburt nur ein und derselbe Akt sein könne. Sonst müßte auch, wenn die Aufnahme in die Kirche allein eine Handlung dieser sein sollte, da dieselbe ohne Teilnahme von dem Heiligen Geist nicht zu denken ist, das höchste Wesen sich bei der Vorbereitung seiner Vereinigung mit der menschlichen Natur unter der Form des Gemeingeistes leidend verhalten. Wie aber die Ausgießung des Heiligen Geistes durch Christum bedingt ist 2 und auf seiner Verheißung beruht: so muß auch dasselbe 1 2

§ 114, 2*. 3-

* § 124, 2 (Clemen cj.)

319

gelten von der Erteilung des Geistes an jeden Einzelnen, wenn doch auch der Geist, wie dies zur Einheit der Kirche notwendig ist, allen auf dieselbe Weise von Christo kommen soll. Die christliche Kirche ist also einer großen Unsicherheit dadurch enthoben, daß Christus selbst die Taufe als den Akt der Aufnahme in die Kirche angeordnet hat. Denn nun ist jede solche Aufnahme eine Tat Christi selbst, wenn sie auf die von ihm angeordnete Weise und seinem Befehl gemäß vollzogen wird. Daher nun kann die christliche Kirche ebensowenig auf der einen Seite von dieser Form der Aufnahme durch die Taufe abgehn, als auf der andern Seite zweifeln, daß in jedem Fall, wo der Befehl Christi gehörig vollzogen wird, nicht auch seine Verheißung, daß mit dieser Aufnahme die Seligkeit des Menschen beginne, in Erfüllung gehen solle. Denn wie das letzte ein Zweifel wäre an der erlösenden Macht Christi selbst: so wäre das erste ein Wagestück, welches nicht von dem göttlichen Geist ausgehn könnte, der alles von Christo nimmt. — Wenn nun hiedurch feststeht, daß die Taufe in der Kirche erhalten bleiben muß, wie sie sie überkommen hat: so kann doch keine Auskunft darüber verlangt oder erteilt werden, ob und wie das Äußerliche dieser Handlung mit dem innern Gehalt und Zweck derselben zusammenhängt. Vielmehr können wir hierüber nur sagen, daß wenn Christus zu demselben Zweck eine ganz andere äußere Verrichtung angeordnet hätte, wir diese ebenso heilig halten und dieselben Ergebnisse davon erwarten würden. Nur soviel ist gewiß, daß, wenn Christus hiezu etwas ganz Neues besonders eingesetzt hätte, uns obliegen würde, Beziehung, und zwar möglichst erschöpfende, zwischen diesem Äußern und dem angegebenen Inneren aufzusuchen, indem wir uns nur im äußersten Notfall dazu verstehen würden, bei einer Einsetzung Christi eine reine Willkür anzunehmen. Anders ist es, da Christus seine Einsetzung an etwas schon Vorhandenes angeknüpft hat und die Taufe schon geschichtlich bedingt war durch den Zusammenhang mit der Verkündigung des Johannes. Denn diese geschichtliche Begründung kann uns nun vollkommen genügen, ohne daß wir weder versucht sein dürfen, die auf ihrem Gebiet allgemein bekannte Symbolik weiter auszuspinnen als auch schon in der Schrift geschieht, noch auch dieselbe für so wesentlich zu halten, daß man behaupten könnte, die Handlung selbst sei nur vollständig und könne ihren Zweck erreichen, wenn sie auch äußerlich so eingerichtet ist, daß jene Bedeutsamkeit darin volllkommen hervortreten kann.

320 2. Ohnerachtet dieses unleugbaren Zusammenhanges aber zwischen der Taufe Christi und der des Johannes kann man doch, ohne jener etwas zu entziehen, schwerlich behaupten, daß sie völlig dasselbe gewesen mit dieser1. Denn wenn auch bei der Taufe Johannis 3»8 die Idee des Reiches Gottes durch die Erlösung zum Grunde gelegen: so war doch, ehe er selbst Jesum in dem Taufakt erkannt hatte, die Person des Erlösers für ihn selbst und seine Täuflinge eine unbestimmte. Man müßte daher wenigstens unterscheiden zwischen seiner Taufe vorher und seiner Taufe nachher, so daß die erste jedenfalls, um einer christlichen Taufe gleich zu sein, noch einer Ergänzung bedurft hätte. Allein dieser Unterschied würde doch nur von Bedeutung sein, wenn Johannes nachher auf den Namen Jesu getauft hätte, welches doch alle Umstände zusammengenommen2 eher zu verneinen ist als zu bejahen. Und so werde doch schwerlich zuzugeben sein, daß die Taufe Johannis schon habe können weder die Aufnahme in die christliche Kirche sein, noch auch ein Bad der Wiedergeburt; mithin würde sie auch nur können der Taufe Christi für identisch erklärt werden, entweder wenn man beide für gleich unwirksam erklärt3, oder wenn man, den Unterschied zwischen dem alten und neuen Bund so gut als aufhebend, behaupten wollte, Johannes habe auch ohne bestimmte Beziehung auf Christum doch schon dasselbe geben können, was Christus gab. — Wogegen auf der andern Seite nicht nur nicht behauptet werden kann, daß für die von Johannes Getauften die Anerkennung Jesu als des Christs nicht hinreichend gewesen sei als Ergänzung, sondern eine neue Taufe unerläßlich; sondern es erhellt auch überhaupt nicht, daß, solange der Erlöser noch lebte, die Taufe überall notwendig gewesen sei, um in Gemeinschaft mit ihm zu treten. Vielmehr scheint, wenn er 399 einem durch sein Wort Vergebung der Sünden erteilt und ihn zu seiner Nachfolge aufgefordert hatte: so war diese Aufnahme schon seine Tat und die Taufe würde nur als eine völlig inhaltsleere Hand1

S. G e r h . loc. I X . p. IOI sq a . • Vgl. Joh. }, 22. flgd. u. Ap. Gesch. 19, 3—5. 3 Wie Zwingli de ver. rel. p. 208?. Quid vero distent Joannis baptismus et Christi multa tum olim tum nunc est quaestio, sed inutilis plane, nam discrimen omnino nullum est . . . Nihil efficiebat Joannis tinctio. . . . nihil efficit Christi tinctio etc. ° Vgl. oben S. 62 Anm. a. ß CR X C , 765 f.

321

lung Hinzugekommen sein. Wie denn auch nicht behauptet werden kann, daß auch nur die Apostel, geschweige denn alle zumal galiläische Jünger Christi, die Taufe Johannis empfangen hätten, und noch weniger, daß Christus selbst auch nur einen getauft 1 , dem dann das Geschäft an andern obgelegen hätte. Daher ist hier vorzüglich der Unterschied anwendbar zwischen der noch einzurichtenden und der schon bestehenden Kirche, und gar nicht zu verwundern, wenn unter den Christen, die nicht durch die schon bestehende Kirche gewonnen worden, manche ungetauft waren. Denn die persönliche Erwählung Christi muß für sich als ein Akt seines Willens vollkommen hinreichend gewesen sein, um beides zu begründen, was unser Satz der Taufe zuschreibt, die Anwendung des göttlichen Ratschlusses der Erlösung auf den Einzelnen, und die Versetzung desselben in die Gemeinschaft mit allen schon Gläubigen. Woraus denn am besten erhellt, wie die Taufe als allgemeine Anordnung Christi an die Stelle seiner einzelnen persönlichen Erwählung getreten ist. 3. Halten wir nun diesen Gesichtspunkt fest und denken uns jeden Taufakt, damit er dieses leisten könne, als einen Beschluß der gesamten Kirche, dem folglich auch wegen der Wirksamkeit des H. Geistes in seiner ganzen Fülle das höchste kanonische Ansehen einwohnte: so daß die Kirche keinen taufen könnte, der nicht ebenso reif und bereit wäre, das neue geistige Leben in der Gemeinschaft mit Christo wirklich zu beginnen, wie dies von jedem gelten muß, den Christus selbst erwählte: so fehlte dann jede Veranlassung, Fragen aufzuwerfen, welche sich auf die Möglichkeit beziehen, daß Taufe und Wiedergeburt könnten getrennt sein; sondern wir könnten ohne weiteres behaupten, es werde jeder wiedergeboren in der Taufe und nur durch dieselbe. Denn indem der gesamten Jüngerschaft der Heilige Geist verliehen worden, habe sich auch die göttliche Tätigkeit zur Wiedergeburt und Rechtfertigung so ausschließlich an die Verwaltung der Taufe geknüpft, daß jeder, den die Kirche Gott in der Taufe darstelle, nicht nur deshalb gleichsam nachträglich von ihm anerkannt werde, sondern schon mit der Taufe selbst Anteil an dem H. Geist und Kindschaft Gottes erhalte. Nun aber ist dieses in der Wirklichkeit nicht der Fall, sondern die Taufe wird immer nur zuerkannt und verrichtet von einem relativ für sich abgeschlossenen Teil der Kirche, und zwar in einem Durchgangspunkt 1

Joh. 4, 2. Schleiermacher Glaubenslehre II

21

322 seiner Entwicklung, dem also keine solche kanonische Vollkommenheit in seinen einzelnen Handlungen zukommt. Daher werden auch alle einzelnen Taufhandlungen sich nur mehr oder weniger der vollkommenen Richtigkeit annähern; und wenn wir noch hinzunehmen, daß der Moment der Wiedergeburt des Einzelnen menschlicherweise nicht genau bestimmt, noch weniger genau vorausgesehen werden kann: so wird jene vorauszusetzende nur unvollkommene Richtigkeit in Darreichung der Taufe sich darauf zurückführen, daß die Kirche sich nicht ganz auf dieselbe Weise der Taufe eines Katechumenen nähert, wie die Seele desselben, wenngleich auch dieses durch Tätigkeiten der Kirche vermittelt wird, zur Wiedergeburt fortschreitet, so daß, was unter jener Voraussetzung der Kirche ein schlechthin Einfaches wäre, nun in zwei Reihen zerfällt, die auch in zwei verschiedenen Momenten endigen. Wenn nun wohl nachzuweisen wäre, daß die Reihe von Tätigkeiten der Kirche, welche die Annäherungen zur Wiedergeburt bewirkt, weil weniger persönlich und unmittelbarer von der Kraft des göttlichen Wortes ausgehend, auch genauer den Einfluß der Gesamtheit darstellte, als die andere, 401 und daher das Vollkommenste in diesem unvollkommnen Zustande dieses wäre, wenn die Verrichtung der Taufe sich jedesmal an den richtig erkannten Moment der Wiedergeburt anschlösse: so liegt doch unverkennbar in der Natur der Sache, daß die Neigung der Kirche zu taufen den innerlichen auf die Wiedergeburt abzweckenden Wirkungen des Geistes bald voraneilen wird und bald hinter denselben zurückbleiben, je nachdem diejenigen, welchen das Taufen obliegt, in ihrer Schätzung des innern Zustandes des zu Taufenden auf diese oder jene Seite hinüberschwanken. Daher finden wir gleichsam, um uns über diese Unvollkommenheit zu beruhigen, schon aus der apostolischen Zeit beide Formen des Auseinandertretens 1 , die Mitteilung des Geistes vor der Taufe und die Taufe vor jener, und daß die Differenz dieser Momente jetzt größer sein kann als damals, leuchtet von selbst ein. Aber in jedem Fall, wenn die entscheidenden Gnadenwirkungen des Geistes vorangehn, ist dies eine gebieterische Aufforderung, die Taufe als Aufnahme in die Gemeinschaft unmittelbar darauf folgen zu lassen j und umgekehrt ist das Vorangehn der Taufe nur zu rechtfertigen durch den festen und in der lebendigen Tätigkeit der Kirche begründeten Glauben, daß nun auch die Wiedergeburt des Aufgenommenen aus den Einwir1 Ap.Gesch. io, 44—47 vgl. mit I, 38. 41 u. 19, 6.

323 kungen der Gesamtheit hervorgehen werde. Im Ganzen betrachtet, würde also doch immer die Masse der Getauften und die der Wiedergebornen dieselbe sein, nur wird es, vermöge jener Schwankungen, aber immer je vollkommner die Kirche ist, in desto geringerem Verhältnis zum Ganzen, einige Wiedergeborne geben, die noch nicht getauft sind, die aber ein wohlbegründetes Recht hätten, schon in die Kirche aufgenommen zu sein, und ebenso Getaufte, die noch nicht wiedergeboren, aber der göttlichen Gnade zur Wiedergeburt durch das Gebet der Kirche auf das wirksamste empfohlen sind. Daher denn die* Beziehung beider Momente aufeinander als wesentlich immer dasselbe zum Grunde liegt und beide als schlechthin zusammengehörig gedacht werden müssen, wie sehr sie auch bisweilen in der Zeit auseinandertreten. 4. Hieraus nun ergibt sich leicht, wie weit die Meinungen über Wert und Wirksamkeit der Taufe auseinandergehen können, ohne daß wir berechtigt wären, weder die nach der einen noch die nach der andern Seite hin am weitesten auseinandergehenden für unchristlich zu erklären. Denn geht man zuerst davon aus, daß in dem dermaligen Zustand der Kirche Taufe und Wiedergeburt nicht immer zusammentreffen: so bezeichnet man dies nur am stärksten, wenn man sagt, auch wenn einmal beide zusammenträfen, sei dies nur zufällig und keinesweges werde einer dadurch wiedergeboren, daß man ihm die Taufe andient. Eben dieses aber, wogegen doch richtig verstanden nichts einzuwenden ist, läßt sich auch so ausdrücken, daß die Taufe an und für sich innerlich nichts bewirke, sondern nur ein äußeres Zeichen sei von dem Eintritt in die christliche Kirche 1 . Dieses nun ist ebenfalls wahr, aber nur, wenn man sich die äußere einzelne Handlung, wie ihr größtenteils ihr Zeitpunkt äußerlich bestimmt wird, entweder durch allgemeine gottesdienstliche Ordnungen oder durch besondere Verhältnisse, unabhängig denkt von der Tätigkeit des Geistes in der Kirche; das heißt, es ist wahr, aber nur als Beschreibung von der Unvollkommenheit der Kirche in dem Punkt der Taufe, soll es aber die ganze und allgemeine Beschreibung 1

Zwingl. 1. c. izoa. Externa vero res est quum tinguntur . . . ac verae rei Signum ac ceremonia . . . Sic sunt ceremoniae exteriora signa, quae accipientem aliis probant, eum se ad novam vitam obligavisse etc. « CR X C , 773. * der (Clemen cj.)

21*

402

324 403 der Taufe sein, so ist es falsch. Denn freilich ohne die Tätigkeit des Geistes ist die Wassertaufe nur eine äußerliche Verrichtung, die Christus selbst für unzureichend erklärt 1 ; aber die Taufe soll, wie am ersten Pfingsttage die erste in der eigentlichen Kirche so auch immer, durch die Tätigkeit des Geistes hervorgerufen werden, und mit derselben innig verbunden sein. Wird aber diese Behauptung deshalb, weil die Taufe doch an und für sich nicht die Wiedergeburt hervorbringe, alles aber allein auf die Wiedergeburt ankomme, bis dahin ausdehnt, daß man sagt, entweder die Taufe sei überflüssig und unterbleibe besser, oder wenigstens es gebe keinen andern Grund, sie beizubehalten, als nur die löbliche Ehrerbietung vor alten Institutionen: so dreht die letztere Ansicht das eben dargelegte Verhältnis zwischen der Johanneischen Taufe und der christlichen so weit um, daß die letzte nur als ein je länger fortgesetzt desto bedeutungsloserer Anhang zu der ersten erscheint; die zuerst angegebene Ansicht aber, indem sie den Zusammenhang zwischen den Einwirkungen der Gemeinschaft, welche durch die Taufe gekrönt werden, und der inneren Entwicklung des Einzelnen bis zur Wiedergeburt aufhebt oder wenigstens nicht gestatten will, daß er äußerlich hervortrete, hebt sie eigentlich die Kirche selbst, mindestens ihr äußeres Bestehen, auf, und die christliche Gemeinschaft kann in allem Äußeren nur so schattenartig und fast zufällig erscheinen, wie es in der Quäkerischen Gesellschaft der Fall ist. Aber schlechthin unchristlich kann auch diese Ansicht nicht genannt werden, weil sie die Taufe nur als ein Äußerliches herabsetzt, um den Wert des Inneren, nämlich derWie404 dergeburt allein zu erheben 2 . — Geht man auf der anderen Seite davon aus, daß Wiedergeburt und Eintritt in die Gemeinschaft der Gläubigen wesentlich miteinander verbunden und gegenseitig durch einander bedingt sind, um so mehr als von dieser Gemeinschaft auch alle Wirkungen des Geistes ausgehen, welche die Wiedergeburt her1 Und zwar, wie der Zusammenhang von Joh. 3, j . ergibt, auch wenn sie ein Bekenntnis der Bußfertigkeit ist. * So stellt sich das Verhältnis dieser Ansicht zur Kirche dar in der klassischen Stelle bei R o b . B a r c l a y Apol. Th. XII. p. 269°. Ea hac* in re sicut in plerisque atiis inter nos et adversarios stat differentia, quod frequenter nedum formam et umbram substantiae et virtuti praeponunt, sed umbram saepe opposite ad substantiam stabiliunt. a

Robert! Barclaii Theologiae Vere Christianae Apologia. Amsterdam 1676.

* et revera hac.

326 beiführen: so ist der nächste und ursprünglichste Ausdruck dafür der, daß eine und dieselbe Reihe von Handlungen der Kirche dieses doppelte Ende habe, die Taufe und die Wiedergeburt. Auch dieses nun ist allerdings wahr, aber nach dem obigen nur als Beschreibung von einer Vollkommenheit der Kirche, welche auf keinem einzelnen Punkte wirklich gegeben ist und in keiner einzelnen Handlung wirklich erscheinen kann. Wird nun aber hieraus weiter gefolgert, weil dann doch das eine Ende durch das andere müsse bedingt sein, die Taufe aber nicht könne bedingt sein durch die Wiedergeburt; — indem dies weil die Wiedergeburt nur an der Wirklichkeit des neuen Lebens erkannt werden könne, eine Wirksamkeit in der Kirche voraussetze vor dem Aufgenommensein in dieselbe, welches ungereimt sei, — so müsse im Gegenteil die Wiedergeburt bedingt sein durch die Taufe; und wie die früheren der Wiedergeburt vorarbeitenden Zustände des Einzelnen durch frühere Tätigkeiten der Kirche hervorgebracht wären, so sei auch die Wiedergeburt selbst nur hervorzubringen durch die letzte Tätigkeit der Kirche in dieser Reihe, nämlich durch die Taufe: so ist auch dieses wahr und richtig, wenn es in einem rein geistigen Sinn genommen und auch bei der Taufe als letztem Ende jener Reihe nur auf das innere, an einen bestimmten Moment nicht Gebundene gesehen wird, nämlich auf die Neigung der Kirche, sich zu verbreiten, welche nur durch die Wiedergeburt neuer Glieder zum Ziel gelangt. Nehmen wir nun noch dazu, daß auch dem eignen Bewußtsein die innere Tatsache der Wiedergeburt nicht eher auf zeitliche Weise zur völligen Gewißheit kommt als durch die fortschreitende Heiligung1, und daß es eine Zeitlang immer wieder gefährdet werden kann durch alles, was die Heiligung unterbricht und hemmt: so muß auch in dieser Beziehung zugegeben werden, daß allerdings die Wiedergeburt als inneres Besitztum bedingt ist durch die Taufe. Denn nun kann sich das persönliche Selbstbewußtsein, wenn es unsicher hin und her schwankt, an dem in der Taufe ausgesprochenen und durch das Gebet im Namen Christi geheiligte Gemeinbewußtsein stärken und befestigen2. Falsch i Vgl. § 108,3. 1 Ita baptismus intuendus est et nobis fructuosus faciendus, ut in hoc *freti corroboremur et confirmemur, quoties peccatis aut conscientii gravamur. L u t h . Catech. maj.°. 5 506

507

509

457

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464 465 467

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400 401

406

S 1J7

IJ8

»59

160

161

162

163

Absatz

2. Aufl.

3.—5.Aufl.

6. Aufl.

7. Aufl.

1 2

5" 5" 5"

468 469 470

440 440 441

408 408 409

1 2 3

Ji4 514 Ji7 j 20

47i 471 474 477

443 443 446 448

410 410 413 415

1 2 3

5** 522 5*4 526

478 479 481 482

450 450 45* 453

416 417 418 420

1 2

5*7 528 5*9

484 484 585

455 455 456

4*i 421 422

1 2 3

53° 53i 534 536

486 487 489 49*

457 458 460 462

4*3 4*4 426 428

1 2 3

53» 53« 540 54*

493 494 496 497

464 464 466 467

4*9 4*9 43i 43*

1 2

544 544 546

499 499 JOI

469 469 47i

433 434 435

553 553 554 556

507 507 508 509

477 477 478 479

441 441 44* 443

558 558 559

5" 5" 5"

481 481 482

444 444 445

164 1

2 3 165 1

2 .

496

§

Absatz

2. A u f l .

j . — j . Aufl.

6. A u f l .

7. Aufl.

559 560

5 "

483

446

i

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519 j 20

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166

167 I Z 168 I

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2

567 569

I

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523 524

2

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3

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493 494

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575

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2

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3

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L E I T S Ä T Z E DER i. UND 2. A U F L A G E (1821/22 und 1830/31) Synopse

Den Leitsätzen der ersten Auflage der Glaubenslehre ist als Erläuterung eine kleine Auswahl aus bisher ungedruckten handschriftlichen Randbemerkungen Schleiermachers beigefügt. Diese Randbemerkungen befinden sich in einem Exemplar des ersten Bandes der ersten Auflage, das mit Schreibpapier durchschossen ist und von Schleiermacher anscheinend für sein Kolleg und für die Vorbereitung der zweiten Auflage benutzt wurde. Dieses Exemplar ist im Besitze des Schleiermacher-Archivs in Berlin. Die genannten Randbemerkungen stellen eine Parallele zu den Marginalien der zweiten Auflage der Glaubenslehre dar, die seinerzeit Thönes veröffentlichte. Das von Thönes benutzte Exemplar ist inzwischen anscheinend verloren gegangen. Der Herausgeber beabsichtigt, die oben genannten Randbemerkungen Schleiermachers zur ersten Auflage sobald wie möglich vollständig zu veröffentlichen.

Schlcicfmachct Glaubenslehre I I

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EINLEITUNG Dogmatische Theologie ist die Wissenschaft von dem Zusammenhange der in einer christlichen Kirchengesellschaft zu einer bestimmten Zeit geltenden Lehre. Die Wissenschaft vom Zusammenhang der Lehre wird gesucht, teils um den verworrenen Zustand des Denkens über die frommen Gemütszustände aufzuheben, teils um es von anders entstandenem Denken, welches auf denselben Inhalt hinausläuft, desto bestimmter zu unterscheiden. Die Glaubenslehre beruht also auf zweierlei: einmal auf dem Bestreben, die Erregungen des christlich frommen Gemütes in Lehre darzustellen; und dann auf dem Bestreben, was als Lehre ausgedrückt ist, in genauen Zusammenhang zu bringen. Die Vorschriften also, wonach eine jede Dogmatik, welcher Kirche sie auch angehöre, muß angelegt werden, würden diese sein. Einmal: nichts als Lehre darzustellen, was nicht in dem Ganzen frommer Erregungen, dessen Abbild das Lehrgebäude sein soll, gewesen ist, aber auch alles, was sich in diesen findet, gradezu oder einschlußweise in das Lehrgebäude aufzunehmen. Dann aber: jede Lehre so darzustellen, wie sie im Zusammenhange mit allen übrigen erscheint, und eben deshalb nichts aus dem Lehrgebäude auszuschließen, was nötig ist, um diesen Zusammenhang zur Anschauung zu bringen. In der gegenwärtigen Lage des Christentums dürfen wir nicht als allgemein eingestanden voraussetzen, was in den frommen Erregungen der Christenheit das Wesentliche sei oder nicht. (Hs zu § j : ) Die Charakteristik der Frömmigkeit § 5 — 1 1 ist so konstruiert: § 5—7 sind Präliminarien, 5 Notwendigkeit einer neuen Untersuchung, 6 Methode derselben, 7 Prinzip der Methode, § 8—11 die ableitende Erklärung selbst in ihrer Gliederung. Die Notwendigkeit der Untersuchung liegt darin, daß man Punkte bedarf für die Konstruktion, daß man sicher sein muß, nichts Fremdartiges hineinzubringen. — Inwiefern es ein Eingestandeneres geben würde, wenn dergleichen in den symbolischen Büchern vorkäme (vgl. § 6).

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19 Dogmatische Theologie ist die Wissenschaft von dem Zusammenhange der in einer christlichen Kirchengesellschaft zu einer gegebenen Zeit geltenden Lehre. IJ Christliche Glaubenssätze sind Auffassungen der christlich frommen Gemütszustände in der Rede dargestellt. 16 Dogmatische Sätze sind Glaubenssätze von der darstellend belehrenden Art, bei welchen der höchst mögliche Grad der Bestimmtheit bezweckt wird.

17 Dogmatische Sätze haben einen zwiefachen Wert, einen kirchlichen und einen wissenschaftlichen; und durch beide und das Verhältnis beider zueinander wird ihre Vollkommenheit bestimmt.

18 Die Zusammenstellung dogmatischer Sätze, um sie miteinander zu verknüpfen und aufeinander zu beziehen, geht von dem nämlichen Bedürfnis aus wie die dogmatische Satzbildung selbst und ist nur eine natürliche Folge von dieser, i Diese Einleitung hat keinen andern Zweck als teils die dem Werke selbst zum Grunde liegende Erklärung der Dogmatik aufzustellen, teils die in demselben befolgte Methode und Anordnung zu bevorworten. In der x. Auflage faßt Schleiermacher die Paragraphen IJ—19 unter folgender Überschrift zusammen: IV. Vom Verhältnis der Dogmatik zur christlichen Frömmigkeit. In der z. Auflage hat § 1 die Überschrift: Erklärung. § 2—19 bilden das erste Kapitel der Einleitung: Zur Erklärung der Dogmatik. § 2 hat die Überschrift: Einleitung. 32»

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6 U m auszumitteln, worin das Wesen der christlichen Frömmigkeit bestehe, müssen wir über das Christentum hinausgehn und unsern Standpunkt über demselben nehmen, um es mit andern Glaubensarten zu vergleichen. 7 Einer solchen Vergleichung liegt die Voraussetzung zum Grunde, daß es etwas Gemeinsames gebe in allen Glaubensweisen, weshalb wir sie als verwandt zusammenstellen, und etwas Besonderes in jeder, weshalb w i r sie v o n den übrigen sondern; beides aber vermögen wir nicht als bekannt und gegeben nachzuweisen. 8 Die Frömmigkeit an sich ist weder ein Wissen noch ein T u n , sondern eine Neigung und Bestimmtheit des Gefühls.

9 Das Gemeinsame aller frommen Erregungen, also das Wesen der Frömmigkeit, ist dieses, daß wir uns unsrer selbst als schlechthin abhängig bewußt sind, d. h., daß wir uns abhängig fühlen v o n Gott. (Hs zu § 6 : ) Schwatz tadelt dies (S. 962), teils, weil er nicht versteht, daß ich über nur logisch nehme, vom allgemeineren oder höheren Begriff, teils, weil er meint, ich wolle auf diese Weise die Glaubenlehre begründen. Ich will aber nichts, als das Prinzip für die Konstruktion des Zusammenhanges finden. Die ganze Untersuchung soll die, welche eigentlich draußen stehen, ebensowenig angehen als die Dogmatik überhaupt. — Als der Darstellung selbst vorangehend und diese bedingend ist die Untersuchung allerdings propädeutisch und exoterisch. (Hs zu § 7:) Insofern die Dogmatik als wissenschaftliche Behandlung mit andern Wissenschaften zusammenhangt, so kann sie auf die Religionsphilosophie einwirken, um ihr den allgemeinen Ort des Christentums nachzuweisen. (Hs zu § 8:) Unter unmittelbar . . . verstehe ich ursprünglich, daß es nämlich nicht an einem Wissen oder Tun haftet. — Es ist dem Gefühl wesentlich, Wissen und Tun zu erregen, und für die Empfindung ist es die Einheit dieser beiden. Weder Vernunft noch Geist noch Gemüt kann ich als die Einheit zu diesen dreien ansehen, sondern bin eher zufrieden mit dem Ausdruck „der tiefste Grund" ohne weiteres. Vernunft ist freilich in allen drei Formulierungen; allein das Gesetztsein Gottes im vernünftigen Wissen ist die philosophische Richtung. Das Gesetztsein Gottes im vernünftigen Tun ist die sittliche Richtung. — Glaube ist besonders die im Selbstbewußtsein gesetzte Gewißheit von dem Mitgesetzten. (Hs Stu § 9:) Durch den Ausdruck, daß schlechthin abhängig und abhängig von Gott gleich ist, ist der verderbliche Pantheismus, der den Menschen als ein Teil Gottes setzt . . . schon ausgeschlossen. — (Fortsetzung S. 501 unten.)

601 2 Da die Dogmatik eine theologische Disziplin ist, und also lediglich auf die christliche Kirche ihre Beziehung hat: so kann auch nur erklärt werden, was sie ist, wenn man sich über den Begriff der christlichen Kirche verständiget hat.

} Die Frömmigkeit, welche die Basis aller kirchlichen Gemeinschaften ausmacht, ist rein für sich betrachtet weder ein Wissen noch ein Tun, sondern eine Bestimmtheit des Gefühls oder des unmittelbaren Selbstbewußtseins. 4 Das Gemeinsame aller noch so verschiedenen Äußerungen der Frömmigkeit, wodurch diese sich zugleich von allen andern Gefühlen unterscheiden, also das sich selbst gleiche Wesen der Frömmigkeit ist dieses, daß wir uns unsrer selbst als schlechthin abhängig, oder, was dasselbe sagen will, als in Beziehung mit Gott bewußt sind. In der i . Auflage faßt Schleiermacher die Paragraphen j—6 unter folgender Uberschrift zusammen: I. Zum Begriff der Kirche, Lehnsätze aus der Ethik.

(Fortsetzung von S. 500.) — Das Selbstbewußtsein als bloßes Getroffensein der Empfänglichkeit ist Abhängigkeitsgefühl . . . als Person Selbsttätigkeit, Freiheitsgefühl. — Diese Gleichsetzung zwischen schlechthin abhängig und abhängig von Gott ist zugleich die Aufstellung des Begriffs von Gott. Er ist das Eine, worauf die absolute Abhängigkeit bezogen wird, entgegengesetzt allem, was auch partielL — Das Mitbestimmende kann nicht äußerlich gegeben werden.

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0 Die Frömmigkeit ist die höchste Stufe des menschlichen Gefühls, welche die niedere mit in sich aufnimmt, nicht aber getrennt von ihr vorhanden ist. 1 Nur vermöge dieses Aufnehmens des sinnlichen Gefühls hat auch das fromme Anteil an dem Gegensatz des Angenehmen und Unangenehmen. 2 Die Frömmigkeit bildet sich zur Gemeinschaft durch die erregende Kraft der Äußerungen des Selbstbewußtseins; aber jede Gemeinschaft, die irgend als eine beständige vorkommt, zeigt sich auch als eine begrenzte. 3 Was die Gemeinschaftlichkeit der frommen Erregungen überhaupt begrenzt, ist die Verschiedenheit teils in der Stärke der Erregung, teils in der Beschaffenheit derselben. 4 Die in der Geschichte erscheinenden bestimmt begrenzten frommen Gemeinschaften verhalten sich gegeneinander teils als verschiedene Entwicklungsstufen, teils als verschiedene Arten. 5 Z u denjenigen Gestalten der Frömmigkeit, welche alle frommen Erregungen auf die Abhängigkeit alles Endlichen von Einem Höchsten und Unendlichen zurückführen, verhalten sich alle übrigen wie untergeordnete Entwicklungsstufen.

6 Als verschiedenartig entfernen sich am meisten voneinander diejenigen Gestaltungen der Frömmigkeit, bei denen in Bezug auf die frommen Erregungen das Natürliche in den menschlichen Zuständen dem Sittlichen untergeordnet wird, und diejenigen, bei denen umgekehrt das Sittliche darin dem Natürlichen untergeordnet wird. (Hs zu § io:) Höchste Stufe aus einem doppelten Grund, weil das höchste Wesen das Mitbestimmende ist, und weil die Welt in das sich selbst bestimmende Ich mit aufgenommen ist. — In jedem endlichen Sein ist das Verhältnis der Abhängigkeit gesetzt, aber nur das sich bewußte kann es aussprechen oder manifestieren. (Hs zu § 12—17:) § 1 2 : Deduktion der Gemeinschaft in der Frömmigkeit überhaupt. § 1 3 : Fließende Begrenzungsgründe. 1 4 — 1 7 : Vom Gegebenen aus. § 1 4 : Allgemeine Verhältnisse der gegebenen Formen. § i j : Maximum in der Subordination. § 16: Hauptteilung in der Koordination. S 1 7 : Prinzip der Eigentümlichkeit. N. B. Eigentlich sollte sich hier unmittelbar § 19 anschließen, weil dies ein allgemeines Merkmal ist. E r müßte aber dann wohl ganz umgearbeitet werden.

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5 Das Beschriebene bildet die höchste Stufe des menschlichen Selbstbewußtseins, welche jedoch in ihrem wirklichen Vorkommen von der niederen niemals getrennt ist, und durch die Verbindung mit derselben zu einer Einheit des Momentes auch Anteil bekommt an dem Gegensatz des Angenehmen und Unangenehmen. 6 Das fromme Selbstbewußtsein wird wie jedes wesentliche Element der menschlichen Natur in seiner Entwicklung notwendig auch Gemeinschaft, und zwar einerseits ungleichmäßige, fließende, andrerseits bestimmt begrenzte, d. h. Kirche.

7 Die verschiedenen in der Geschichte hervortretenden, bestimmt begrenzten frommen Gemeinschaften verhalten sich zueinander teils als verschiedene Entwicklungsstufen, teils als verschiedene Arten. 8 Diejenigen Gestaltungen der Frömmigkeit, in welchen alle frommen Gemütszustände die Abhängigkeit alles Endlichen von einem Höchsten und Unendlichen aussprechen, d. i. die monotheistischen, nehmen die höchste Stufe ein, und alle anderen verhalten sich zu ihnen wie untergeordnete, von welchen den Menschen bestimmt ist, zu jenen höheren überzugehen. 9 Als verschiedenartig entfernen sich am weitesten voneinander diejenigen Gestaltungen der Frömmigkeit, welche in Bezug auf die frommen Erregungen entgegengesetzt die einen das Natürliche in den menschlichen Zuständen dem Sittlichen, die andern das Sittliche dem Natürlichen unterordnen. In der z. Auflage faßt Schleiermacher die Paragraphen 7—10 unter folgender Überschrift zusammen: II. Von den Verschiedenheiten der frommen Gemeinschaften überhaupt; Lehnsätze aus der Religionsphilosophie.

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17 Das Eigentümliche einer Gestaltung gemeinschaftlicher Frömmigkeit ist zu entnehmen teils aus dem eignen geschichtlichen Anfangspunkt, teils aus einer eigentümlichen Abänderung alles dessen, was in jeder ausgebildeten Gestaltung derselben Art und Abstufung vorkommt. 18 Das Christentum ist eine eigentümliche Gestaltung der Frömmigkeit in ihrer teleologischen Richtung, welche Gestaltung sich dadurch von allen andern unterscheidet, daß alles Einzelne in ihr bezogen wird auf das Bewußtsein der Erlösung durch die Person Jesu von Nazareth. 19 Jeder frommen Gemeinschaft, welche auf einer eigenen Geschichte ruht, und in der die frommen Gemütszustände eine gemeinsame Eigentümlichkeit an sich tragen, also auch der christlichen, kommt zu, Positives zu enthalten und geoffenbart zu sein. 20 Die göttliche Offenbarung in Christo kann weder etwas schlechthin Ubernatürliches noch etwas schlechthin Übervernünftiges sein. 21 Es gibt keine andere Art, an der christlichen Gemeinschaft Anteil zu erhalten, als durch den Glauben; und daß die Entstehung des Christentums in Verbindung steht mit Weissagungen, Wundern und Eingebung, ist nur für diejenigen, welche glauben, ein Beweis der Wahrheit desselben. 22 Das Christentum ist ohnerachtet seines geschichtlichen Zusammenhanges mit dem Judentum doch nicht als eine Fortsetzung oder Erneuerung desselben anzusehen; vielmehr steht es, was seine Eigen§ 1 2 — 1 7 : Die Differenzierung der Frömmigkeit. § 1 2 : Deduktion der Gemeinschaft überhaupt. Ohne das Sympathische gäbe es keine Gemeinschaft. Zur Gemeinschaft aber gehört eine gewollte Konstanz der Sympathie. (Hs zu § 1 5 : ) Hiermit ist nicht g e s a g t , , , daß der Mensch sich von selbst zum Monotheismus erheben könne. Vielmehr nicht einmal zu irgendeiner gebildeten Religion, deswegen ich sie auch alle als Offenbarung setze. (Hs zu § 16:) Weil das Natürliche nicht bloß das Leidentliche ist, und das Sittliche nicht bloß das Tätige, sondern der Wille Prinzip der Differenz ist, so ist der Gegensatz ein eigentümlich menschlicher und kann also auch auf dem religiösen Gebiet seine Stelle finden. Anm.: Bei dieser Querteilung ist nun auf die Stufen keine Rücksicht genommen, und nicht notwendig, daß sie sich in allen finden.

605 10 Jede einzelne Gestaltung gemeinschaftlicher Frömmigkeit ist Eine, teils äußerlich als ein von einem bestimmten Anfang ausgehendes Geschichtlichstetiges, teils innerlich als eigentümliche Abänderung alles dessen, was in jeder ausgebildeten Glaubensweise derselben Art und Abstufung auch vorkommt, und aus beidem zusammengenommen ist das eigentümliche Wesen einer jeden zu ersehen. 11 Das Christentum ist eine der teleologischen Richtung der Frömmigkeit angehörige monotheistische Glaubensweise und unterscheidet sich von andern solchen wesentlich dadurch, daß alles in derselben bezogen wird auf die durch Jesum von Nazareth vollbrachte Erlösung. [Dem § 19 der 1. Auflage entspricht in der 2. Auflage § 10 Zusatz].

i j Die Erscheinung des Erlösers in der Geschichte ist als göttliche Offenbarung weder etwas schlechthin Übernatürliches noch etwas schlechthin Übervernünftiges. 14 Es gibt keine andere Art, an der christlichen Gemeinschaft Anteil zu erhaben, als durch den Glauben an Jesum als den Erlöser.

12 Das Christentum steht zwar in einem besonderen gechichtlichen Zusammenhange mit dem Judentum; was aber sein geschichtliches In der 2. Auflage faßt Schleiermacher die Paragraphen 1 1 — 1 4 unter folgender Überschrift zusammen: III. Darstellung des Christentums seinem eigentümlichen Wesen nach. Lehnsätze aus der Apologetik.

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tümlichkeit betrifft, mit dem Judentum in keinem anderen Verhältnis als mit dem Heidentum. 25 Der christlichen Glaubenslehre liegt ob, die frommen Gemütszustände, welche im christlichen Leben vorkommen, so zu beschreiben, daß die Beziehung auf Christum als Erlöser in der Beschreibung in dem Maß erscheine, wie sie in dem Gefühl hervortritt, und sie so zusammenzustellen, daß ihre Vollständigkeit daraus erhelle. 24 Um die Glaubenslehre zustandezubringen, muß man zunächst von allem, was im Umfang des Christentums unter der Form der Lehre vorkommt, das Ketzerische ausscheiden und nur das Kirchliche zurückbehalten. 25 Die natürlichen Ketzereien des Christentums sind die doketische und nazoräische, die manichäische und pelagianische. 26 Eine auf die jetzige Zeit und die abendländische Kirche Bezug nehmende Glaubenslehre kann sich nicht gleichgültig verhalten gegen den Gegensatz zwischen Katholizismus und Protestantismus, sondern muß einem von beiden angehören. 27 Der Protestantismus ist in seinem Gegensatz zum Katholizismus nicht nur als eine Reinigung und Rückkehr von eingeschlichenen Mißbräuchen, sondern auch als eine eigentümliche Gestaltung des Christentums anzusehen. 28 Vorläufig möge man den Gegensatz so fassen, daß der Protestantismus das Verhältnis des Einzelnen zur Kirche abhängig macht von seinem Verhältnis zu Christo, der Katholizismus aber umgekehrt das Verhältnis des Einzelnen zu Christo abhängig macht von seinem Verhältnis zur Kirche. 29 Jeder, zumal protestantischen, Dogmatik gebührt es, eine eigentümliche Ansicht zu enthalten, die nur in der einen mehr, in der andern weniger, und in einem Lehrstück stärker als in dem andern hervortritt. 30 Das Bestreben, ein Gemeinsames festzustellen, muß sich in der Glaubenslehre aussprechen durch Berufung auf die Bekenntnisschriften,

507 Dasein und seine Abzweckung betrifft, so verhält es sich zu Judentum und Heidentum gleich. 20 Da jedes System der Glaubenslehre als Darstellung der dogmatischen Theologie ein in sich abgeschlossenes und genau verbundenes Ganze von dogmatischen Sätzen ist: so ist in Bezug auf die vorhandene Masse von solchen Sätzen zuerst eine Regel aufzustellen, wonach die einen aufgenommen werden und die andern ausgeschlossen; dann aber auch ein Prinzip ihrer Anordnung und Verbindung. 21 Um ein Gebäude der Glaubenslehre zustande zu bringen, muß man aus der Gesamtheit des dogmatischen Stoffes zunächst alles Ketzerische ausscheiden, und nur das Kirchliche zurückbehalten. 21 Die natürlichen Ketzereien am Christentum sind die doketische und nazoräische, die manichäische und pelagianische. 23 Eine zu jetziger Zeit innerhalb der abendländischen Kirche aufzustellende Glaubenslehre kann sich zu dem Gegensatz zwischen dem Römischkatholischen und dem Protestantischen nicht gleichgültig verhalten, sondern muß einem von beiden Gliedern angehören. 24 Sofern die Reformation nicht nur Reinigung und Rückkehr von eingeschlichenen Mißbräuchen war, sondern eine eigentümliche Gestaltung der christlichen Gemeinschaft aus ihr hervorgegangen ist, kann man den Gegensatz zwischen Protestantismus und Katholizismus vorläufig so fassen, daß ersterer das Verhältnis des Einzelnen zur Kirche abhängig macht von seinem Verhältnis zu Christo, der letztere aber umgekehrt das Verhältnis des Einzelnen zu Christo abhängig von seinem Verhältnis zur Kirche. 25 Jeder evangelischen Dogmatik gebührt es, Eigentümliches zu enthalten, nur daß es in der einen mehr als in der andern, und bald in diesen, bald in jenen Lehrstücken stärker hervortritt. 27 Alle Sätze, welche auf einen Ort in einem Inbegriff evangelischer Lehre Anspruch machen, müssen sich bewähren teils durch Berufung In der 2. Auflage bilden die Paragraphen 20—31 das zweite Kapitel der Einleitung: Von der Methode der Dogmatik. § 20 hat die Uberschrift: Einleitung. Die Paragraphen 21—26 faßt Schleiermacher unter folgender Uberschrift zusammen : I. Von der Aussonderung des dogmatischen Stoffs.

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und w o diese nicht ausreichen, auf die Heilige Schrift und auf den Zusammenhang mit andern Teilen der Lehre. 31 Der Dogmatik ist wesentlich eine wissenschaftliche Gestaltung, welche sich zeigen muß in dem dialektischen Charakter der Sprache und in dem systematischen der Anordnung. 32 Bei der jetzt bestehenden Trennung der christlichen Sittenlehre von der christlichen Glaubenslehre bedürfen wir nur einer Anordnung zunächst für die christliche Glaubenslehre im engeren Sinn.

3 3 Da die christliche Frömmigkeit beruht auf dem gefühlten Gegensatz zwischen der eignen Unfähigkeit und der durch die Erlösung mitgeteilten Fähigkeit, das fromme Bewußtsein zu verwirklichen, dieser Gegensatz aber nur ein relativer ist: so werden wir den Umfang der christlichen Lehre erschöpfen, wenn wir das fromme Gefühl betrachten sowohl in den Äußerungen, worin der Gegensatz am stärksten, als in denen, worin er am schwächsten ist; und wir teilen daher die gesamte christliche Lehre in die Betrachtung des frommen Gefühls abgesehen von dem Gegensatz und in die Betrachtung desselben unter dem Gegensatz. 34 Alle dogmatischen Sätze können außer dem, daß sie Beschreibungen menschlicher Zustände sind, noch in einer zwiefachen Gestalt vorgetragen werden, als Begriffe von göttlichen Eigenschaften und als Aussagen von Beschaffenheiten der Welt; und diese drei Formen haben in der Dogmatik immer nebeneinander bestanden. 35 Indem wir also den ganzen Umfang der christlichen Frömmigkeit nach der oben (§ 33) angegebenen Einteilung verzeichnen, werden wir in jedem Teil alle drei Formen der Reflexion miteinander verbinden.

ERSTER TEIL E N T W I C K L U N G DES FROMMEN SELBSTBEWUSSTSEINS ALS EINES DER MENSCHLICHEN N A T U R EINWOHNENDEN, DESSEN E N T G E G E N G E S E T Z T E VERHÄLTNISSE Z U M S I N N L I C H E N S E L B S T B E W U S S T S E I N SICH E R S T E N T WICKELN SOLLEN

609 auf evangelische Bekenntnisschriften, und in Ermangelung deren auf die neutestamentischen Schriften, teils durch Darlegung ihrer Zusammengehörigkeit mit andern schon anerkannten Lehrsätzen. 28 Der dialektische Charakter der Sprache und die systematische Anordnung geben der Dogmatik die ihr wesentliche wissenschaftliche Gestaltung. 26 Wie schon seit langer Zeit in der evangelischen Kirche christliche Glaubenslehre und christliche Sittenlehre geschieden sind: so scheiden auch wir für unsere Darstellung aus der Gesamtheit des dogmatischen Stoffes diejenigen Glaubenssätze ab, welche Elemente der christlichen Sittenlehre sind. 29 Wir werden den Umfang der christlichen Lehre erschöpfen, wenn wir die Tatsachen des frommen Selbstbewußtseins betrachten zuerst so, wie der in dem Begriff der Erlösung ausgedrückte Gegensatz sie schon voraussetzt, dann aber auch so, wie sie durch denselben bestimmt sind.

jo Alle Sätze, welche die christliche Glaubenslehre aufzustellen hat, können gefaßt werden entweder als Beschreibungen menschlicher Lebenszustände, oder als Begriffe von göttlichen Eigenschaften und Handlungsweisen, oder als Aussagen von Beschaffenheiten der Welt; und alle diese drei Formen haben immer nebeneinander bestanden. 31 Die oben angegebene Einteilung wird also nach allen diesen drei Formen der Reflexion über die frommen Gemütserregungen vollständig durchzuführen sein, und zwar so, daß überall die unmittelbare Beschreibung der Gemütszustände selbst zum Grunde gelegt wird. In der 2. Auflage faßt Schleiermacher die Paragraphen 2 7 — J I unter folgender Überschrift zusammen: II. V o n der Gestaltung der Dogmatik.

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EINLEITUNG 36 Indem im unmittelbaren Selbstbewußtsein wir uns als schlechthin abhängig finden, ist darin mit dem eigenen Sein als endlichen das unendliche Sein Gottes mitgesetzt, und jene Abhängigkeit ist im allgemeinen die Weise, wie allein beides in uns als Selbstbewußtsein oder Gefühl eins sein kann. 37 Dies ursprüngliche Abhängigkeitsgefühl ist nicht zufällig, sondern ein wesentliches Lebenselement, ja nicht einmal persönlich verschieden, sondern gemeinsam in allem entwickelten Bewußtsein dasselbige. 38 Die Anerkennung, daß jenes Abhängigkeitsgefühl eine wesentliche Lebensbedingung sei, vertritt für uns die Stelle aller Beweise vom Dasein Gottes, welche bei unserm Verfahren keinen Ort finden. 39 Das ursprüngliche, ein höchstes Wesen mitsetzende Abhängigkeitsgefühl wird in uns Christen nicht anders zum wirklichen Bewußtsein als mit der Beziehung auf Christum; aber auch alle christlich frommen Gemütszustände schließen jenes Abhängigkeitsgefühl in sich. Daher im ganzen Umfang der christlichen Frömmigkeit Beziehung auf Gott und Beziehung auf Christum unzertrennlich sind. 40 Diejenige fromme Gemütserregung, in welcher der Gegensatz am wenigsten hervortritt, ist die, welche sich auf das Bewußtsein, daß wir in einen allgemeinen Naturzusammenhang gesetzt sind, bezieht. (Hs zu § 36 S. 174 Z. 18:) Diese Stelle widerspricht allem Pantheismus auf das bestimmteste. Vgl. mit § 4°. . . Die Beziehung auf die Welt kann nie absolute Abhängigkeit geben. (Hs zu § 37:) Ich leugne . . daß es in der Philosophie zu einer bestimmten Gotteslehre komme; . . . vielmehr kommt es nur zu einer bestimmten Weltlehre, und Gott bleibt die ewige Voraussetzung. (Hs zu § 39:) Sobald man die Beziehung auf Christum als im Verschwinden setzt, kommt man zu einer Ungleichartigkeit der christlichen Frömmigkeit, das Natürliche ist für sich, und das Geoffenbarte für sich. (Hs zu § 40:) § 40 soll auch meinen Pantheismus beweisen . . . Doch wird . . . hier das Abhängigkeitsgefühl dargestellt als das, durch dessen Entwicklung die Vorstellung von Gott und Welt sich trennen. Von allem Gegensatz von Lust und Unlust und aller Bestimmtheit des Weltbewußtseins abgesehen bleibt nur das allgemeine Weltbewußtsein als im Selbstbewußtsein mit dem Gottesbewußtsein überhaupt zu einigen: d. h. ich bin mir meiner selbst als Teil der Welt einer zwischen mir und der Welt gleich absoluten Abhängigkeit von Gott bewußt. Das Weltbewußtsein ist also hier mit dem Selbstbewußtsein eins, auf dieselbe Weise gesetzt; die Welt also nicht als das, wovon, sondern als das, worin und wo-

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32 In jedem christlich frommen Selbstbewußtsein wird immer schon vorausgesetzt und ist also auch darin mit enthalten das im unmittelbaren Selbstbewußtsein Sich-schlechthin-abhängig-Finden als die einzige Weise, wie im allgemeinen das eigne Sein und das unendliche Sein Gottes im Selbstbewußtsein Eines sein kann. 33 Die Anerkennung, daß dieses schlechthinnige Abhängigkeitsgefühl, indem darin unser Selbstbewußtsein die Endlichkeit des Seins im allgemeinen vertritt (Vgl. §8,2), nicht etwas Zufälliges ist, noch auch etwas persönlich Verschiedenes, sondern ein allgemeines Lebenselement, ersetzt für die Glaubenslehre vollständig alle sogenannten Beweise für das Dasein Gottes.

34 Das schlechthinnige Abhängigkeitsgefühl ist in jeder christlich frommen Erregung mit enthalten, in dem Maß als darin, vermittelst dessen, wodurch sie mit bestimmt wird, zum Bewußtsein kommt, daß wir in einen allgemeinen Naturzusammenhang gestellt sind, d. h. in dem Maß, als wir uns darin unsrer selbst als Teil der Welt bewußt sind.

512 41 In derjenigen frommen Gemütserregung, worin das Abhängigkeitsgefühl auf unser Gesetztsein in den allgemeinen Naturzusammenhang bezogen ist, stellt unser Selbstbewußtsein zugleich die Gesamtheit alles endlichen Seins dar. 42 Die Darstellung des so bestimmten Selbstbewußtseins nach der ersten Form wird also Aussagen enthalten von dem Verhältnis Gottes zur Welt, nach der zweiten Lehren von auf die Welt im allgemeinen sich beziehenden Eigenschaften Gottes, und nach der dritten Form Lehre von durch die Abhängigkeit von Gott in der Welt gesetzten Beschaffenheiten.

ERSTER

ABSCHNITT

DAS VERHÄLTNIS DER WELT ZU GOTT, WIE ES SICH IN UNSERM DIE GESAMTHEIT DES ENDLICHEN SEINS REPRÄSENTIERENDEN SELBSTBEWUSSTSEIN AUSDRÜCKT 45 Dies Verhältnis wird dargestellt in den beiden Sätzen 'die Welt ist von Gott erschaffen' und 'Gott erhält die Welt'; welche aber nicht gleichen dogmatischen Wert haben. 44 Beide Lehren sind auch in der Beziehung, auf die es hier ankommt, so wenig streng geschieden, daß sich vielmehr zeigen läßt, wie jede in der andern eingeschlossen ist und also eine von beiden entbehrt werden kann. 45 In den Bekenntnisschriften der evangelischen Kirchen sind beide Lehren nicht eigentümlich durchgearbeitet, und sie sind also auch nicht für kirchlich abgeschlossen anzusehen. 46 Solange beide Lehrstücke, das von der Schöpfung und das von der Erhaltung, abgesondert voneinander bestehen, muß man sich vorzüglich hüten, in der einen die göttliche Tätigkeit nicht geringer zu setzen als in der andern. mit wir abhängig sind, wogegen das höchste Wesen von dieser Gemeinschaft gänzlich getrennt ist .. . Wir sind uns unserer selbst als in der Welt selbsttätig und auch die Zustände durch Selbsttätigkeit mitbestimmend bewußt, mit dem allen aber schlechthin abhängig.

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[Zu § 41 der 1. Auflage vgl. § 33 der 2. Auflage] ) 5 Wir werden also nach Maßgabe der drei aufgestellten Formen (Vgl. § 30) hier zu beschreiben haben, zuerst das in jenem Selbstbewußtsein gesetzte Verhältnis zwischen dem endlichen Sein der Welt und dem unendlichen Sein Gottes; dann im zweiten Abschnitt, wie geeigenschaftet in jenem Selbstbewußtsein Gott in Beziehung auf die Welt gesetzt wird; endlich im dritten Abschnitt, wie beschaffen in demselben die Welt vermöge der schlechthinnigen Abhängigkeit von Gott gesetzt ist.

36 Der ursprüngliche Ausdruck dieses Verhältnisses, daß nämlich die Welt nur in der schlechthinnigen Abhängigkeit von Gott besteht, spaltet sich in der kirchlichen Lehre in die beiden Sätze, daß die Welt von Gott erschaffen ist, und daß Gott die Welt erhält. 38 Aus jeder von beiden Lehren kann alles entwickelt werden, was in dem ursprünglichen Ausdruck enthalten ist, wenn nur in beiden Gott ebenso allein bestimmend gedacht wird wie in jenem. 37 Da die evangelische Kirche beide Lehren aufgenommen, aber in ihren Bekenntnisschriften keine von beiden eigentümlich gestaltet hat: so liegt uns ob, sie so zu behandeln, daß sie zusammengenommen den ursprünglichen Ausdruck erschöpfen. [Zu § 46 der 1. Auflage vgl. § 38 der 2. Auflage]

Schlciennacher Glaubenslehre II

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514 47 Die dogmatischen Bestimmungen der Schöpfungslehre können, wenn nicht etwas Fremdes hineinkommen soll, nur verwahrend sein. Es kann nämlich nur verhütet werden sollen, daß das Entstehen nicht anderwärts auf eine solche Weise gedacht werde, daß dadurch etwas dem reinen Ausdruck unsres Abhängigkeitsgefühls Widersprechendes gesetzt werde. Dieses Gefühl selbst aber können wir nur in dem Lehrstück von der Erhaltung ausdrücken. Erstes Lehrstück: Von der Schöpfung 48 Die ursprünglichen Bestimmungen der Bekenntnisschriften sind einfache und reine Ausdrücke des allgemeinen Abhängigkeitsgefühls.

49 Bei den genaueren in den späteren Bekenntnisschriften angedeuteten und aus früheren Verhandlungen hervorgegangenen näheren Bestimmungen der Schöpfungslehre kommt es vorzüglich darauf an: 1) die Bestimmungen über die Schöpfung aus Nichts so zu fassen, daß keine Ähnlichkeit mit dem menschlichen Bilden unbewußt aufgenommen werde; 2) darauf, daß, indem die Vorstellung der Zeit auf den Schöpfungsakt angewendet wird, doch Gott selbst nicht in die Zeit gesetzt werde; und 3) darauf, daß, indem die Schöpfung als ein göttlicher Willensakt angesehen wird, dennoch Gott selbst nicht unter den Gegensatz von Freiheit und Notwendigkeit gestellt werde. 50 Die rechte Verwahrung wird also am besten so gestellt: Unserm allgemeinen Abhängigkeitsgefühl von Gott widerspricht jede Lösung der Frage nach dem Entstehen der Welt, durch welche deren gänzliche Abhängigkeit von Gott gefährdet würde, und ebenso jede, durch welche die Unabhängigkeit Gottes von allen erst in der Welt und durch die Welt entstandenen Bestimmungen und Gegensätzen gefährdet wird. ERSTER ANHANG: VON DEN ENGELN 51 Die Vorstellung von zwischenweltlichen, das heißt keinem Weltkörper bestimmt angehörigen geistigen Wesen, die sich nach der Beschaffenheit jedes Weltkörpers einen wenigstens scheinbaren Leib bilden können, schließt keine nachweisbare Unmöglichkeit in sich und hat sich deshalb auch im Christentum erhalten können.

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39 Die Lehre von der Schöpfung ist vorzüglich in der Hinsicht zu entwickeln, daß Fremdartiges abgewehrt werde, damit nicht aus der Art, wie die Frage nach dem Entstehen anderwärts beantwortet wird, etwas in unser Gebiet einschleiche, was mit dem reinen Ausdruck des schlechthinnigen Abhängigkeitsgefühls im Widerspruch steht. Die Lehre von der Erhaltung aber vorzüglich, um daran jenes Grundgefühl selbst vollkommen darzustellen.

40 Dem hier zum Grunde liegenden frommen Selbstbewußtsein widerspricht jede Vorstellung von dem Entstehen der Welt, durch welche irgendetwas von dem Entstandensein durch Gott ausgeschlossen, oder Gott selbst unter die erst in der Welt und durch die Welt entstandenen Bestimmungen und Gegensätze gestellt wird. 41 Wenn der Begriff der Schöpfung weiter entwickelt werden soll, so muß das Entstehen der Welt zwar ganz auf die göttliche Tätigkeit zurückgeführt werden, aber nicht so, daß diese nach Art der menschlichen bestimmt werde; und das Entstehen der Welt soll als die allen Wechsel bedingende Zeiterfüllung dargestellt werden, aber nicht so, daß die göttliche Tätigkeit selbst eine zeitliche würde.

[Zu § 50 der 1. Auflage vgl. § 40 der 2. Auflage]

42 Da diese in den alttestamentischen Büchern einheimische Vorstellung auch in das neue Testament hinübergekommen ist, und auf der einen Seite weder etwas Unmögliches in sich schließt, noch mit der Grundlage alles gottgläubigen Bewußtseins im Widerspruch steht, auf der andern Seite aber nirgends in den Kreis der eigentlichen christlichen 88»

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52 Die Bekenntnisschriften der protestantischen Kirche haben die Vorstellung von Engeln gelegentlich mit aufgenommen, und die Glaubenslehre darf sie also ganz ungewiß stehen lassen, ohne daß sie sich deshalb von den symbolischen Büchern entfernte. 5 j Im Alten Bunde ist die Vorstellung aus den Erzählungen der Sagenzeit in den dichterischen Gebrauch übergegangen. Im Neuen geben die Erzählungen von den Engeln keine Bürgschaft, welche allgemein anerkannt wäre, und übrigens zeigt der gänzliche Mangel einer Anwendung des Begriffs, daß Christus und die Apostel ihn nur so gebraucht, wie überall jeder sich jeden volkstümlichen Begriff aneignet. 54 Die einzige Glaubenslehre, welche in Bezug auf die Engel aufgestellt werden kann, scheint daher die zu sein, daß der Glaube an diese Wesen auf unser Betragen keinen Einfluß haben darf, und daß Offenbarungen ihres Daseins jetzt nicht mehr zu erwarten sind.

ZWEITER ANHANG: VOM TEUFEL

5$ Die Vorstellung von gefallenen Engeln, welche in der Verbindung mit Gott und bei hoher geistiger Vollkommenheit sich plötzlich in Widerspruch mit Gott gesetzt, und seitdem die höchste Bosheit mit dem höchsten endlichen Verstände verbinden, ist eine Vorstellung, die nicht zusammenhängend durchgeführt werden kann. 56 Die Bekenntnisschriften der evangelischen Kirche machen keinen ihnen eigentümlichen Lehrgebrauch von dieser Vorstellung, auch überhaupt keinen solchen, wodurch sie in unserm Lehrgebäude unentbehrlich würde. J7 Die Schriften des Neuen Bundes stellen nirgends eine eigentliche Lehre vom Teufel auf oder verweben ihn irgendwie in unsere Heilsordnung. j8 Das Einzige demnach, was vom Teufel zu lehren wäre, könnte dieses sein, daß, wenn von ihm geredet werden soll, es nur unter der Voraussetzung geschehen darf, daß jeder Einfluß desselben im Reiche Gottes aufgehoben sei. (Hs zu $ } 8 : ) Das dogmatische Resultat ist eigentlich ein zwiefaches und so zusammenzustellen: 1. Daß kein Zusammenhang darf festgestellt werden zwischen Glauben an Christum und Glauben an Satan. (Um die Gewissen derer, welche die Vorstellung nicht vollziehen können, nicht zu verwirren). 2. Daß im Reich Gottes kein Einfluß desselben sei.

517 Lehre hineingezogen ist: so kann sie auch ferner in der christlichen Sprache vorkommen, ohne jedoch daß wir verpflichtet wären, etwas über ihre Realität festzustellen.

43 Das Einzige, was als Lehre über die Engel aufgestellt werden kann, ist dieses, daß ob Engel sind, auf unsere Handlungsweise keinen Einfluß haben darf, und daß Offenbarungen ihres Daseins jetzt nicht mehr zu erwarten sind.

44 Die Vorstellung vom Teufel, wie sie sich unter uns ausgebildet hat, ist so haltungslos, daß man eine Überzeugung von ihrer Wahrheit niemandem zumuten kann; aber unsere Kirche hat auch niemals einen doktrinalen Gebrauch davon gemacht.

45 Da nun auch in den neutestamentischen Schriften der Teufel zwar häufig vorkommt, aber doch weder Christus noch die Apostel eine neue Lehre über ihn aufstellen, noch weniger diese 'Vorstellung irgend in unsre Heilsordnung verflechten: so dürfen wir über diesen Gegenstand nichts anderes für die christliche Glaubenslehre festsetzen, als daß, w.as auch über den Teufel ausgesagt werde, dadurch bedingt ist, daß der Glaube an ihn auf keine Weise als eine Bedingung des Glaubens an Gott oder an Christum aufgestellt werden darf, und daß von einem Einfluß desselben innerhalb des Reiches Gottes nicht die Rede sein kann.

518

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Zweites Lehrstück: Von der Erhaltung 59 Alles, was unser Selbstbewußtsein bewegt und bestimmt, besteht als solches durch Gott. 60 Das eben beschriebene Bewußtsein und die Einsicht in die Bestimmtheit dessen, was uns bewegt, durch den Naturzusammenhang sind auch in ihrer größten Vollkommenheit überall vollkommen vereinbar. 61 Hieraus geht hervor, daß auf dem ganzen Gebiet der Frömmigkeit ebensowenig eine Notwendigkeit entstehen kann, ein schlechthin Übernatürliches anzunehmen als dieses (nach § 20) mit der Tatsache einer bestimmten Offenbarung zusammenhängt. 62 Auch alles, was uns als Übel in dem weitesten Umfange des Wortes bewegt, ist unter dem allgemeinen Verhältnis der Abhängigkeit in Verbindung mit allem Übrigen mit befaßt und von Gott geordnet. 63 In bezug auf die Abhängigkeit von Gott entsteht kein Unterschied des Mehr oder Weniger daraus, ob einem endlich Wirkenden der höchste Grad der Lebendigkeit, die Freiheit, zukommt, oder ob es auf dem niedrigsten, dem sogenannten Naturmechanismus, zurückgehalten ist. ZWEITER

ABSCHNITT

V O N D E N G Ö T T L I C H E N E I G E N S C H A F T E N , W E L C H E SICH AUF D A S A B H Ä N G I G K E I T S G E F Ü H L , S O F E R N SICH NOCH K E I N G E G E N S A T Z DARIN ENTWICKELT, BEZIEHEN

64 Alle Eigenschaften, welche wir Gott beilegen, können nicht etwas Besonderes in Gott bezeichnen, sondern nur etwas Besonderes in der Art, wie wir unser absolutes Abhängigkeitsgefühl auf Gott beziehen. (Hs zu § 5 9:) Der Ausdruck Mitwirkung trägt im Verborgenen eine Spur von etwas unabhängig von Gott in den Dingen Gesetzten. Dies muß ganz vermieden werden. Entstanden aber daraus, weil wir erst die Verbindung der Dinge wahrnehmen und dann uns besinnen auf das Abhängigkeitsverhältnis. Die jedesmalige Tätigkeit des Dinges ist eben das in der Abhängigkeit von Gott Bestehende; und das von Gott Gewollte ist eben die Tätigkeit des Dinges selbst. (Hs zu $ 60:) Der pantheistische Schein: wenn Wirkung der Dinge und Wirksamkeit Gottes dasselbe ist, so ist Welt und Gott auch dasselbe, was aber offenbar falsch ist. Sondern die Wirksamkeit ist dasselbe, weil auch das Sein der Dinge als die Quelle ihrer Tätigkeiten durch die schaffende Wirksamkeit Gottes ist.

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46 Das fromme Selbstbewußtsein, vermöge dessen wir alles, was uns erregt und auf uns einwirkt, in die schlechthinnige Abhängigkeit von Gott stellen, fällt ganz zusammen mit der Einsicht, daß eben dieses alles durch den Naturzusammenhang bedingt und bestimmt ist. 47 Aus dem Interesse der Frömmigkeit kann nie ein Bedürfnis entstehen, eine Tatsache so aufzufassen, daß durch ihre Abhängigkeit von Gott ihr Bedingtsein durch den Naturzusammenhang schlechthin aufgehoben werde. 48 Erregungen des Selbstbewußtseins, welche Lebenshemmungen ausdrücken ,sind vollkommen ebenso in die schlechthinnige Abhängigkeit von Gott zu stellen, wie diejenigen, welche eine Lebensförderung ausdrücken. 49 Ob das, was unser Selbstbewußtsein erregt, mithin auf uns einwirkt, auf irgendeinen Teil des sogenannten Naturmechanismus zurückzuführen ist oder auf die Tätigkeit freier Ursachen: das eine ist vollkommen ebenso wie das andere von Gott geordnet.

50 Alle Eigenschaften, welche wir Gott beilegen, sollen nicht etwas Besonderes in Gott bezeichnen, sondern nur etwas Besonderes in der Art, das schlechthinnige Abhängigkeitsgefühl auf ihn zu beziehen.

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6; Gott kann als in dem absoluten Abhängigkeitsgefühl angedeutet nur s > beschrieben werden, daß auf der einen Seite seine Ursächlichkeit von der im Naturzusammenhang enthaltenen unterschieden, ihr also entgegengesetzt, auf der andern aber dem Umfange nach ihr gleichgesetzt werde.

Erstes Lehrstück: Die Ewigkeit Gottes 66 Die Ewigkeit Gottes ist nur zu verstehen als allmächtige Ewigkeit, d. h. als das mit allem Zeitlichen auch die Zeit selbst Bedingende in Gott.

Zweites Lehrstück: Die Allgegenwart Gottes 67 Die Allgegenwart Gottes ist nur zu verstehen als die allmächtige Gegenwart, d. h. als das mit allem Räumlichen auch den Raum selbst Bedingende in Gott.

Drittes Lehrstück: Die Allmacht Gottes 68 In dem Begriff der göttlichen Allmacht ist sowohl dieses enthalten, daß der gesamte Naturzusammenhang in allen Räumen und Zeiten in der göttlichen, als ewig und allgegenwärtig aller natürlichen entgegengesetzten, Ursächlichkeit gegründet sei, als auch dieses, daß die göttliche Ursächlichkeit, wie sie in unserm Abhängigkeitsgefühl ausgedrückt ist, in der Gesamtheit des endlichen Seins vollkommen dargestellt werde und also auch alles wirklich sei und geschehe, wozu es eine Produktivität in Gott gibt.

(Hs zu § 65:) Röhr . . . tadelt an meiner Behandlung der göttlichen Eigenschaften vorzüglich, daß alles sich nur auf die Allmacht bezieht und Modifikation von dieser wird, und ich wolle von Gott nichts übrig lassen als die abstrakte Vorstellung, welche ihn zum Urgrund alles Seins macht. — Das kann man nur sagen, wenn man vergißt, daß auf den ersten Teil der zweite folgt. In diesem Zyklus aber wird er selber nichts anderes zum Grund legen können, und es noch loben müssen, daß ich dennoch Ewigkeit und Allmacht gleichstelle. (Hs zu § 66:) Wenn auch das Substantiv in der Uberschrift bleibt: so wäre es leer, die Ewigkeit an sich zu definieren, weil sie nur in Gott ist.

521 j i Die schlechthinnige Ursächlichkeit, auf welche das schlechthinnige Abhängigkeitsgefühl zurückweiset, kann nur so beschrieben werden, daß sie auf der einen Seite von der innerhalb des Naturzusammenhanges enthaltenen unterschieden, ihr also entgegengesetzt, auf der andern Seite aber dem Umfange nach ihr gleichgesetzt wird.

52 Unter der Ewigkeit Gottes verstehen wir die mit allem Zeitlichen auch die Zeit selbst bedingende schlechthin zeitlose Ursächlichkeit Gottes.

5 3 Unter der Allgegenwart Gottes verstehen wir die mit allem Räumlichen auch den Raum selbst bedingende schlechthin raumlose Ursächlichkeit Gottes.

54 In dem Begriff der göttlichen Allmacht ist so sowohl dieses enthalten, daß der gesamte, alle Räume und Zeiten umfassende Naturzusammenhang in der göttlichen, als ewig und allgegenwärtig aller endlichen entgegengesetzten, Ursächlichkeit gegründet ist, als auch dieses, daß die göttliche Ursächlichkeit, wie unser Abhängigkeitsgefühl sie aussagt, in der Gesamtheit des endlichen Seins vollkommen dargestellt wird, mithin auch alles wirklich wird und geschieht, wozu es eine Ursächlichkeit in Gott gibt.

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Viertes Lehrstück: Die Allwissenheit Gottes 68 (b) Die göttliche Allwissenheit verhält sich zur göttlichen Allmacht nicht, wie sich menschlicherweise Verstand und Wille verhalten; sondern sie ist nur die Geistigkeit der göttlichen Allmacht selbst. Anhang: Von einigen anderen göttlichen Eigenschaften 69 Unter den gewöhnlich aufgeführten göttlichen Eigenschaften sind vorzüglich noch die Einheit, die Unendlichkeit und die Einfachheit solche, welche auf den in den wirklichen Erregungen des frommen Bewußtseins stattfindenden Gegensatz keine Beziehung haben; allein sie können auch nicht mit demselben Recht wie die bisher abgehandelten als göttliche Eigenschaften angesehen werden.

DRITTER

ABSCHNITT

VON DER BESCHAFFENHEIT DER WELT, W E L C H E I N D E M A B H Ä N G I G K E I T S G E F Ü H L A N SICH A N G E D E U T E T IST

70 Die Allgemeinheit des Abhängigkeitsgefühls enthält den Glauben an eine ursprüngliche Vollkommenheit der Welt. 71 Zufolge der teleologischen Betrachtungsweise zerfällt diese Lehre für uns in zwei Lehrstücke, das von der ursprünglichen Vollkommenheit der übrigen Welt in Beziehung auf den Menschen, und das von der ursprünglichen Vollkommenheit des Menschen selbst. (Hs zu § 68:) Röhr . . . will . . . finden, daß ich Allmacht und Naturzusammenhang identifiziere. Wie konnte ich dann aber sagen, daß die Allmacht den Naturzusammenhang konstituiert. Alles ist ganz durch den Naturzusammenhang, so daß jedes durch alles besteht. Alles ist ganz durch die Allmacht, so daß alles durch Eines besteht. — Indem Röhr den Naturzusammenhang ansieht als der ordnenden Allmacht dienend, endigt er damit . . . zu gestehen, daß ohne die von ihm selbst für spekulativ unrichtig erkannte Vorstellung, daß wir etwas von Gott Unabhängiges ihm als Gegenstand seiner Tätigkeit gewissermaßen entgegensetzen, gar kein religiöses Gefühl überhaupt möglich sei. Meine ganze Tendenz geht dahin, diese Klippe zu vermeiden. — Noch weniger kann mir mit Recht nachgesagt werden . . ., daß das tote Abstraktum der Kausalverknüpfung das einzige Element in meiner Vorstellung Gottes sei.

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j j Unter der göttlichen Allwissenheit ist zu denken die schlechthinnige Geistigkeit der göttlichen Allmacht.

56 Unter den gewöhnlich angeführten göttlichen Eigenschaften würden als keinen Bezug habend auf den in den Erregungen des frommen Bewußtseins statthabenden Gegensatz vornehmlich noch hieher gehören die Einheit, Unendlichkeit und Einfachheit Gottes; allein diese können nicht in demselben Sinn wie die bisher abgehandelten als göttliche Eigenschaften angesehen werden.

57 Die Allgemeinheit des schlechthinnigen Abhängigkeitsgefühls schließt in sich den Glauben an eine ursprüngliche Vollkommenheit der Welt. 5 8 Der beschriebene Glaube ist darzustellen in zwei Lehrstücken, deren eines von der Vollkommenheit der übrigen Welt in Beziehung auf den Menschen handelt, das andere von der Vollkommenheit des Menschen selbst.

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l8zi

Erstes Lehrstück: Die ursprüngliche Vollkommenheit der Welt in Be^ug auf den Menschen 72 Wenn das absolute Abhängigkeitsgefühl auf die Welt, sofern wir sie uns gegenüberstellen, bezogen wird: so liegt darin die zwiefache Annahme, zuerst, daß die Welt dem Menschen eine Fülle von Reizmitteln darbiete, um alle die Zustände zu entwickeln, an denen sich das Bewußtsein des höchsten Wesens verwirklichen kann; demnächst aber auch, daß sie in einer Fülle von Abstufungen sich von ihm behandeln lasse, um ihm teils als Organ, teils als Darstellungsmittel zu dienen. 7 3 Daß in dem ursprünglichenVerhältnis der übrigenWelt zu der menschlichen Organisation der Tod der menschlichen Einzelwesen, und was damit zusammenhängt, bedingt ist, tut der ursprünglichen Vollkommenheit der Welt in Bezug auf den Menschen keinen Eintrag. Zweites Lehrstück: Von der ursprünglichen Vollkommenheit des Menschen 74 Die ursprüngliche Vollkommenheit des Menschen besteht erstlich in der Belebungsfähigkeit seiner Organisation durch den Geist, oder in der Zusammengehörigkeit von Leib und Seele; zweitens in der Erregbarkeit seines Erkenntnisvermögens durch die umgebende Welt, oder in der Zusammengehörigkeit der Vernunft und der Natur; drittens in der Beweglichkeit des persönlichen Gefühls durch das Gemeingefühl, oder in der Zusammengehörigkeit des Einzelnen und der Gattung; endlich in der Vereinbarkeit jedes Zustandes mit dem Bewußtsein des höchsten Wesens, oder in der Zusammengehörigkeit des niedern und des höheren Selbstbewußtseins. 75 Die Vorstellung von einem ursprünglichen Zustande des ersten Menschen kann zu der einem Lehrbegriff notwendigen Bestimmtheit nicht erhoben werden; also kann auch an ihm der Begriff der ursprünglichen Vollkommenheit nicht didaktisch nachgewiesen werden. 76 Die symbolischen Bücher erläutern allerdings den Begriff der ursprünglichen Vollkommenheit an dem sehr unzusammenhängend vorgestellten ursprünglichen Zustand der ersten Menschen, dem wesentlichen Inhalte nach aber stimmen ihre Angaben mit dem § 74 Aufgestellten völlig überein. [Ein § 77 ist mit Rücksicht auf die Doppelzählung von § 68 nicht gezählt].

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j9 Jeder Moment, in welchem wir uns dem uns äußerlich gegebenen Sein gegenüberstellen, enthält teils die Voraussetzung, daß die Welt dem menschlichen Geist eine Fülle von Reizmitteln darbiete zur Entwicklung der Zustände, an denen sich das Gottesbewußtsein verwirklichen kann, teils die, daß sie sich in mannigfaltigen Abstufungen von ihm behandeln lasse, um ihm als Organ und als Darstellungsmittel zu dienen.

60 Die Richtung auf das Gottesbewußtsein schließt als innerer Trieb das Bewußtsein des Vermögens in sich, mittelst des menschlichen Organismus zu denjenigen Zuständen des Selbstbewußtseins zu gelangen, an welchen sich das Gottesbewußtsein verwirklichen kann; und der davon unzertrennliche Trieb, das Gottesbewußtsein zu äußern, schließt ebenso den Zusammenhang des Gattungsbewußtseins mit dem persönlichen Selbstbewußtsein in sich, und beides zusammen ist die urprüngliche Vollkommenheit des Menschen.

61 Wie sich vermöge dieser ursprünglichen Vollkommenheit der menschlichen Natur ein jedes vermittelst der Erzeugung ans Licht tretende menschliche Leben entwickelt, das gibt die Fülle der Erfahrung im Gebiete des Glaubens: wie aber unter derselben Voraussetzung die ersten Menschen sich entwickelt haben, davon fehlt uns die Geschichte; und die darüber vorhandenen Andeutungen können keinen Glaubenssatz bilden in unserm Sinne des Wortes.

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ZWEITER TEIL E N T W I C K L U N G DES E I N W O H N E N D E N BEWUSSTSEINS V O N G O T T , SO WIE D E R G E G E N S A T Z SICH H I N E I N GEBILDET HAT, WELCHER VERSCHWINDEN SOLL EINLEITUNG 78 Der obige Ausdruck ist gleichbedeutend mit dem 'so wie es in erfüllten Augenblicken des einzelnen menschlichen Lebens wirklich vorkommt', s. § 1 1 . 79 Sofern das uns wesentlich einwohnende Bewußtsein Gottes in jedem wirklich fromm erfüllten Augenblick mit unserm Selbstbewußtsein vereinigt entweder in einem Gefühl der Lust oder in einem Gefühl d e ' Unlust vorkommt, sofern bringt der Charakter der teleologischen Ansicht mit sich, daß sowohl das Gehemmtsein des höheren Lebens als auch das Gefördertsein desselben, wie eines oder das andere in jedem Augenblick hervorragt, als die Tat des Einzelnen gesetzt wird. 80 Das Eigentümliche der christlichen Frömmigkeit besteht darin, daß wir uns des Widerstrebens unserer sinnlichen Erregungen, das Bewußtsein Gottes mit in sich aufzunehmen, als unserer Tat bewußt sind, der Gemeinschaft mit Gott hingegen nur als etwas uns vom Erlöser Mitgeteilten. 81 Wiewohl in jeder christlich frommen Erregung immer beides vereinigt vorkommt, die Sünde und die Gnade: so müssen wir doch, um die Erlösung zu verstehen, beides voneinander trennen und (mit dem Bewußtsein, daß wir nur der Betrachtung zuliebe trennen, was an sich immer vereinigt ist) zuerst von dem Zwiespalt zwischen dem sinnlichen und höheren Bewußtsein oder von der Sünde handeln, und dann durch das Hinzukommen der Gnade den eigentlichen Gehalt des wirklichen Bewußtseins als Aufhebung des Zwiespaltes, d. h. als Erlösung zu begreifen suchen. 82 Wenn wir in unsem frommen Erregungen unser Bewußtsein zu dem der Welt überhaupt erweitern: so ist in denselben zugleich ausgesagt, daß auch in der Welt überhaupt Entgegengesetztes entsteht durch die Sünde in den Menschen als durch die Gnade in den Menschen.

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61 Das bisher beschriebene Gottesbewußtsein kommt als wirkliche Erfüllung eines Momentes nur vor unter der allgemeinen Form des Selbstbewußtseins, nämlich dem Gegensatz von Lust und Unlust.

63 Wenn wir nun im allgemeinen die Art, wie sich das Gottesbewußtsein an und mit dem erregten Selbstbewußtsein gestaltet, nur auf die Tat des Einzelnen zurückführen können: so besteht das Eigentümliche der christlichen Frömmigkeit darin, daß wir uns dessen, was in unsern Zuständen Abwendung von Gott ist, als unserer ursprünglichen Tat bewußt sind, welche wir Sünde nennen, dessen aber, was darin Gemeinschaft mit Gott ist, als auf einer Mitteilung des Erlösers beruhend, welche wir Gnade nennen. 64 Unsere Darstellung erfordert, beides zu trennen, so daß wir zuerst von der Sünde, und hernach von der Gnade handeln, beides nach allen drei Formen dogmatischer Sätze.

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1822

8} Wenn aber Bewußtsein der Sünde als fromme Errregung, d. h. als Abhängigkeitsgefühl nur möglich ist in Verbindung mit dem Bewußtsein der Gnade: so können auch v o m Bewußtsein der Sünde aus keine Begriffe v o n göttlichen Eigenschaften gebildet werden, als nur in Beziehung auf die Gnade, und wegen des umgekehrten Satzes auch keine v o m Bewußtsein der Gnade aus als nur in Beziehung auf die Sünde.

ERSTE

SEITE

E N T W I C K L U N G DES BEWUSSTSEINS DER

SÜNDE

84 Das Bewußtsein der Sünde haben wir überall, wenn unser Selbstbewußtsein durch das mitgesetzte Bewußtsein Gottes als Unlust bestimmt wird. 85 Nur diejenige Entwicklung des Bewußtseins der Sünde kann die richtige sein, welche, sofern nur die Beziehung auf die göttliche Gnade nicht vernachlässigt wird, den scheinbaren Widerspruch dieses Zustandes sowohl mit dem allgemeinen Abhängigkeitsgefühl als auch mit dem oben aufgestellten Begriff der ursprünglichen Vollkommenheit des Menschen aufhebt.

ERSTER

ABSCHNITT

DIE SÜNDE ALS ZUSTAND DES MENSCHEN 86 Im Bewußtsein der Sünde liegt das Bewußtsein eines Gegensatzes zwischen dem Fleisch, oder demjenigen in uns, was Lust und Unlust hervorbringt, und dem Geist, oder demjenigen in uns, was Gottesbewußtsein hervorbringt. 87 Wir finden die Sünde in uns als die Kraft und das Werk einer Zeit, in welcher die Richtung auf das Gottesbewußtsein noch nicht in uns erschien. 88 Das Bewußtsein der Sünde ist bedingt durch die ungleiche Fortschreitung des Verstandes und Willens.

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66 Wir haben das Bewußtsein der Sünde, sooft das in einem Gemütszustand mitgesetzte oder irgendwie hinzutretende Gottesbewußtsein unser Selbstbewußtsein als Unlust bestimmt; und begreifen deshalb die Sünde als einen positiven Widerstreit des Fleisches gegen den Geist. 6; Alle hier aufzustellenden Sätze müssen mit denen gleicher Form des ersten Teils zusammenstimmen und sich auf sie beziehen, ebenso aber müssen sie auf die Sätze der zweiten Seite, welche das Bewußtsein der Gnade entwickeln, hinsehn, und diese dabei vorbehalten bleiben.

[Zum § 86 der i. Auflage vgl. § 66 der z. Auflage]

67 Wir sind uns der Sünde bewußt als der Kraft und des Werkes einer Zeit, in welcher die Richtung auf das Gottesbewußtsein noch nicht in uns hervorgetreten war. 68 Wir können die Sünde, wiewohl sie aus der ungleichmäßigen Entwicklung der Einsicht und der Willenskraft so zu begreifen ist, daß Schleiermacher G U u b c n s l e h f c II

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89 Wenngleich die Sünde, so gefaßt, den Begriff der ursprünglichen Vollkommenheit des Menschen nicht aufhebt und wir begreifen, wie sie in der zeitlichen Entwicklung derselben sich findet: so können wir sie doch nur als eine Störung der Natur ansehen. 90 Wir sind uns der Sünde bewußt teils als in uns selbst gegründet, teils als ihren Grund jenseit unseres eigenen Daseins habend. Erstes Lehrstück: Von der Erbsünde 91 Die §§ 87. 88. 90 beschriebene vor jeder Tat in jedem Einzelnen begründete Sündhaftigkeit ist in jedem eine, wenn wir von dem Zusammenhang mit der Erlösung absehen, vollkommne Unfähigkeit zum Guten. 92 Die Erbsünde ist aber zugleich so die eigene Schuld eines jeden, in dem sie ist, daß sie am besten nur als die Gesamttat und Gesamtschuld des menschlichen Geschlechtes vorgestellt wird. 93 Von dem Bewußtsein dieser Gesamtschuld ist unzertrennlich das Gefühl der Notwendigkeit einer Erlösung. 94 Wenn wir diese Sündhaftigkeit, die uns nur in den natürlich gebornen und in der Gemeinschaft mit andern lebenden Menschen wirklich gegeben ist, auch auf den ersten Menschen übertragen wollen: so müssen wir uns doch hüten, die Sündhaftigkeit in ihm als eine mit der menschlichen Natur überhaupt vorgegangene Veränderung zu erklären. Zweites Lehrstück: Von der wirklichen Sünde 95 Aus der Erbsünde geht in allen Menschen immer die wirkliche Sünde hervor. 96 Es ist in Bezug auf die Sünde kein wesentlicher Unterschied unter den Menschen als das Verhältnis, in welchem die Sünde in ihnen zur Erlösung steht. ZWEITER

ABSCHNITT

VON DER BESCHAFFENHEIT DER WELT IN BE2IEHUNG AUF DIE SÜNDE 97 Sofern die Welt der Ort des Menschen ist, ist auch mit der Sünde in dem Menschen verbunden, daß es Übel für den Menschen gibt, und dieser Abschnitt enthält daher das Lehrstück vom Übel.

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durch ihr Vorhandensein der Begriff der ursprünglichen Vollkommenheit des Menschen nicht aufgehoben wird, doch nur als eine Störung der Natur auffassen. 69 Wir sind uns der Sünde bewußt, teils als in uns selbst gegründet, teils als ihren Grund jenseit unseres eignen Daseins habend.

70 Die vor jeder Tat eines Einzelnen in ihm vorhandene und jenseit seines eignen Daseins begründete Sündhaftigkeit ist in jedem eine nur durch den Einfluß der Erlösung wieder aufzuhebende vollkommne Unfähigkeit zum Guten. 71 Die Erbsünde ist aber zugleich so sehr die eigene Schuld eines jeden, der daran Teil hat, daß sie am besten als die Gesamttat und Gesamtschuld des menschlichen Geschlechtes vorgestellt wird, und daß ihre Anerkennung zugleich die der allgemeinen Erlösungsbedürftigkeit ist. 72 Wenn wir die bisher entwickelte Vorstellung auch nicht geradeso auf die ersten Menschen übertragen können: so ist doch kein Grund vorhanden, die allgemeine Sündhaftigkeit aus einer in ihrer Person durch die erste Sünde mit der menschlichen Natur vorgegangenen Veränderung zu erklären.

75 Aus der Erbsünde geht in allen Menschen immer die wirkliche Sünde hervor. 74 Es besteht in Bezug auf die Sünde kein Wertunterschied unter den Menschen, abgesehen davon, daß sie nicht in allen in demselben Verhältnis zur Erlösung steht.

7j Ist die Sünde in dem Menschen gesetzt: so findet er auch in der Welt als seinem Ort beharrlich wirkende Ursachen von Lebenshemmungen, d. h. Übel; und dieser Abschnitt bildet daher das Lehrstück vom Übel. 34*

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98 Alles Übel ist in seinem Zusammenhang mit der Sünde als Strafe derselben zu denken, jedoch unmittelbar nur das gesellige, das natürliche hingegen nur mittelbar. 99 Die Abhängigkeit des Übels von der Sünde kann aber in der Erfahrung nur gefunden werden, wenn man ein gemeinsames Leben als ein Ganzes ins Auge faßt, nicht aber, wenn man eines Einzelnen Sünde und Übel aufeinander beziehen will. 100 Das Bewußtsein des Übels ist nicht ohne ein Bestreben, es aufzuheben; aber doch kann es keine besondere Tätigkeit geben, die auf die Aufhebung des Übels gerichtet ist, sondern jenes Bestreben löst sich auf in das Vertrauen, daß das Übel in dem Maß verschwindet, als die Sünde aufgehoben wird.

DRITTER

ABSCHNITT

VON DEN GÖTTLICHEN EIGENSCHAFTEN, WELCHE SICH AUF DIE SÜNDE UND DAS ÜBEL BEZIEHEN 101 Göttliche Eigenschaften, welche sich auf die Sünde und das Übel beziehen, und die ihren Ort nicht besser in dem Hauptstück von der Erlösung finden, kann es nur geben, sofern Gott Urheber der Sünde und des Übels ist. 102 Sofern in unserm Selbstbewußtsein Sünde und Gnade einander entgegengesetzt sind, kann die erste nicht ebenso wie die letzte auf die göttliche Ursächlichkeit zurückgeführt werden; und also Gott nicht ebenso als Urheber der Sünde gedacht, wie er Urheber der Erlösung ist. Sofern wir aber nie ein Bewußtsein der Gnade haben ohne Bewußtsein der Sünde und also jene bedingt ist durch diese, können wir nicht sagen, daß nicht auch das Sein der Sünde neben der Gnade von Gott geordnet sei. 10} Dieser Widerspruch wird in der kirchlichen Lehre ausgeglichen durch die Feststellung, daß Gott nicht Urheber der Sünde ist, sondern die Sünde in der Freiheit des Menschen gegründet.

104 Was von der Sünde, gilt auch wegen seines Zusammenhanges mit derselben vom Übel, und auch dessen ist Gott nicht Urheber, sondern es ist in der Freiheit des Menschen gegründet.

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76 Alles Übel ist als Strafe der Sünde anzusehen, unmittelbar jedoch nur das gesellige, das natürliche hingegen nur mittelbar. 77 Erfahrungsmäßig läßt sich aber die Abhängigkeit des Übels von der Sünde nur nachweisen, wenn man ein gemeinsames Leben in seiner Vollständigkeit ins Auge faßt; keinesweges aber darf man des Einzelnen Übel auf seine Sünde als auf ihre Ursache beziehen. 78 Das Bewußtsein dieses Zusammenhanges fordert weder ein leidentliches Erdulden des Übels um der Sünde willen; noch folgt aber daraus auch weder ein Bestreben, Übel um der Sünde willen hervorzurufen, noch das entgegengesetzte, das Übel an und für sich aufzuheben.

79 Göttliche Eigenschaften, welche sich auf das Bewußtsein der Sünde, wenn auch nur so, wie durch dieselbe die Erlösung bedingt ist, beziehen, können nur aufgestellt werden, sofern Gott zugleich als Urheber der Sünde betrachtet wird. 80 Sofern Sünde und Gnade in unserm Selbstbewußtsein entgegengesetzt sind, kann Gott nicht auf dieselbe Weise als Urheber der Sünde gedacht werden, wie er Urheber der Erlösung ist. Sofern wir aber nie ein Bewußtsein der Gnade haben ohne Bewußtsein der Sünde, müssen wir auch behaupten, daß uns das Sein der Sünde mit und neben der Gnade von Gott geordnet ist.

81 Wenn die kirchliche Lehre diesen Widerspruch auszugleichen sucht durch den Satz, daß Gott nicht Urheber der Sünde, sondern diese in der Freiheit des Menschen gegründet ist: so bedarf dieser doch der Ergänzung, Gott habe geordnet, daß die jedesmal noch nicht gewordene Herrschaft des Geistes uns Sünde werde. 81 Dasselbe, was von der göttlichen Ursächlichkeit in Bezug auf die Sünde gesagt ist, gilt auch in Bezug auf das Übel vermöge seines Zusammenhanges mit der Sünde.

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Erstes Lehrstück: Die Heiligkeit Gottes 105 Die göttliche Heiligkeit ist diejenige göttliche Eigenschaft, vermöge deren in dem menschlichen Gesamtleben mit dem Zustande der Erlösungsbedürftigkeit zugleich auch das Gewissen gesetzt ist. Zweites Lehrstück: Die Gerechtigkeit Gottes 106 Die göttliche Gerechtigkeit ist diejenige Eigenschaft, vermöge deren Gott in dem Zustande der gemeinsamen Sündhaftigkeit einen Zusammenhang des Übels mit der wirklichen Sünde ordnet.

Z W E I T E SEITE E N T W I C K L U N G D E S BEWUSSTSEINS D E R G N A D E 107 Alle im Leben des Christen vorkommende Annäherung an den Zustand der Seligkeit ist in seinem Selbstbewußtsein als eine göttlich bewirkte, in einem neuen Gesamtleben begründete Aufhebung der in dem Gesamtleben der Sünde entwickelten Unseligkeit vorgestellt. 108 In diesem Bewußtsein des Christen ist zugleich enthalten, daß die mit dem natürlichen Zustande verbundene Unseligkeit weder durch die Anerkennung, daß die Sünde unvermeidlich sei, noch durch die Voraussetzung, daß sie nach Ablauf einer unendlichen Zeit verschwinden werde, von uns könne hinweggenommen werden. 109 Die aufgehobene Unseligkeit ist in dem Bewußtsein des Christen zurückgeführt auf die in Christo wirklich vorhandene und von ihm mitgeteilte reine Unsündlichkeit und höchste Vollkommenheit. 110 In demselben Sinn, in welchem man nicht sagen kann, daß die Sünde als solche von Gott geordnet ist, kann man auch nicht sagen, daß die Erlösung als solche von Gott geordnet sei; sondern aus diesem Gesichtspunkt betrachtet ist die Erscheinung Christi nichts anders als die vollendete Schöpfung der menschlichen Natur. i n Die Lehrsätze, welche das hier allgemein Angegebene nach den drei § 34 aufgeführten Darstellungsweisen entwickeln, vollenden die christliche Glaubenslehre, sofern sie die Darlegung des unmittelbaren frommen Bewußtseins enthält.

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¡¡3 Unter der Heiligkeit Gottes verstehen wir diejenige göttliche Ursächlichkeit, kraft deren in jedem menschlichen Gesamtleben mit dem Zustande der Erlösungsbedürftigkeit zugleich das Gewissen gesetzt ist. 84 Die Gerechtigkeit Gottes ist diejenige göttliche Ursächlichkeit, kraft deren in dem Zustand der gemeinsamen Sündhaftigkeit ein Zusammenhang des Übels mit der wirklichen Sünde geordnet ist. 85 Gott Barmherzigkeit zuzuschreiben, eignet sich mehr für das homiletische und dichterische Sprachgebiet als für das dogmatische.

87 Wir sind uns aller im christlichen Leben vorkommenden Annäherungen an den Zustand der Seligkeit bewußt als begründet in einem neuen göttlich gewirkten Gesamtleben, welches dem Gesamtleben der Sünde und der darin entwickelten Unseligkeit entgegenwirkt. 86 Je bestimmter wir uns bewußt sind, daß die mit dem natürlichen Zustand verbundene Unseligkeit weder durch die Anerkennung, die Sünde sei unvermeidlich, noch durch die Voraussetzung, sie sei von selbst im Abnehmen, beseitigt werden kann, um desto höher steigt der Wert der Erlösung. 88 In diesem auf die Wirksamkeit Jesu zurückgehenden Gesamtleben wird die Erlösung durch ihn bewirkt vermöge der Mitteilung seiner unsündlichen Vollkommenheit. 89 Da in dem Sinn, in welchem man sagen kann, daß die Sünde nicht von Gott geordnet und für"ihn nicht sei (Vgl. § 81), auch für diese neue Mitteilung eines kräftigen Gottesbewußtseins der Ausdruck Erlösung nicht angemessen wäre: so würde von jenem Gesichtspunkt aus die Erscheinung Christi und die Stiftung dieses neuen Gesamtlebens als die nun erst vollendete Schöpfung der menschlichen Natur zu betrachten sein. 90 Die Lehrsätze, welche den hier dargelegten Gehalt des Bewußtseins der Gnade nach den drei § 30 aufgestellten Gesichtspunkten entwickeln, vollenden zugleich die christliche Glaubenslehre in den ihr hier gesteckten Grenzen.

536

1822 ERSTER

ABSCHNITT

VON DEM ZUSTANDE DES CHRISTEN, SOFERN ER SICH DER GÖTTLICHEN GNADE BEWUSST IST 12 Indem die Förderung des höheren Lebens in dem frommen Selbstbewußtsein des Christen dem Erlöser zugeschrieben wird: so wird in dieser Gemeinschaft beider das Sein des Erlösers als wirkend gedacht, das Sein des Begnadigten aber als empfangend und aufnehmend. ERSTES HAUPTSTÜCK: VON

CHRISTO

13 Die Tätigkeit des Erlösers und seine eigentümliche Würde sind in dem frommen Bewußtsein des Gläubigen als identisch gesetzt. Erstes Lehrstück: Von der Person Christi 14 Indem die Förderung des höheren Lebens in dem Bewußtsein des Christen auf den Erlöser zurückgeführt wird, so bezieht sich dieses auf das Geschichtliche und Urbildliche in seiner Person als unzertrennlich vereint. 1 $ Ist nun beides, Geschichtliches und Urbildliches, so im Erlöser vereint, so muß das Urbildliche in der Form des Geschichtlichen erscheinen, d. h. der Erlöser muß sich zeitlich entwickeln; aber jeder geschichtliche Augenblick muß zugleich das Wesen des Urbildlichen ausdrücken, also das zeitlich Unbedingte. 16 Vermöge dieser Vereinigung des Geschichtlichen und Urbildlichen ist der Erlöser auf der einen Seite, was die menschliche Natur betrifft, uns vollkommen gleich, auf der andern Seite als Anfänger eines zur Verbreitung über das ganze menschliche Geschlecht bestimmten neuen Lebens dadurch von allen andern Menschen unterschieden, daß das ihm einwohnende Gottesbewußtsein ein wahres Sein Gottes in ihm war. ERSTER LEHRSATZ 17 In Christo waren die göttliche Natur und die menschliche Natur zu e i n e r Person verknüpft.

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9i Wir haben die Gemeinschaft mit Gott (Vgl. § 63) nur in einer solchen Lebensgemeinschaft mit dem Erlöser, worin seine schlechthin unsündliche Vollkommenheit und Seligkeit die freie aus sich herausgehende Tätigkeit darstellt, die Erlösungsbedürftigkeit des Begnadigten aber die freie in sich aufnehmende Empfänglichkeit.

92 Die eigentümliche Tätigkeit und die ausschließliche Würde des Erlösers weisen aufeinander zurück und sind im Selbstbewußtsein der Gläubigen unzertrennlich eines. 93 Soll die Selbsttätigkeit des neuen Gesamtlebens ursprünglich in dem Erlöser sein und von ihm allein ausgehen: so mußte er als geschichtliches Einzelwesen zugleich urbildlich sein, d. h. das Urbildliche mußte in ihm vollkommen geschichtlich werden, und jeder geschichtliche Moment desselben zugleich das Urbildliche in sich tragen.

94 Der Erlöser ist sonach allen Menschen gleich vermöge der Selbigkeit der menschlichen Natur, von allen aber unterschieden durch die stetige Kräftigkeit seines Gottesbewußtseins, welche ein eigentliches Sein Gottes in ihm war.

95 Die kirchlichen Formeln von der Person Christi bedürfen einer fortgesetzten kritischen Behandlung. 96 In Jesu Christo waren die göttliche Natur und die menschliche Natur zu e i n e r Person verknüpft.

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[ZWEITER LEHRSATZ] 118 Christus war seiner Menschheit nach vor allen andern ausgezeichnet durch seine übernatürliche Zeugung, durch seine eigentümliche Vortrefflichkeit und durch die Unpersönlichkeit der menschlichen Natur in ihm, abgesehen von ihrer Vereinigung mit der göttlichen. DRITTER LEHRSATZ 119 Bei der Vereinigung des göttlichen Wesens mit der menschlichen Natur in Christo war das göttliche Wesen allein tätig oder sich mitteilend, und die menschliche Natur allein leidend oder aufgenommen werdend; im Vereintsein beider aber war auch jede Tätigkeit eine gemeinschaftliche beider. 120 Die Tatsachen der Auferstehung und Himmelfahrt Christi, sowie die Vorhersagung seiner Wiederkunft zum Gericht, stehen mit der eigentlichen Lehre von seiner Person in keinem unmittelbaren oder genauen Zusammenhang.

Zweites Lehrstück: Von dem Geschäft Christi 121 Die erlösende Tätigkeit Christi besteht in der Mitteilung seiner Unsündlichkeit und Vollkommenheit. 122 Die versöhnende Tätigkeit Christi besteht in der Aufnahme in die Gemeinschaft seiner Seligkeit. 123 Die kirchliche Lehre verteilt die Gesamttätigkeit Christi in drei Ämter, das prophetische, das hohepriesterliche und das königliche. ERSTER LEHRSATZ 124 Das prophetische Amt Christi besteht im Lehren, Weissagen und Wundertun. [ZWEITER LEHRSATZ] 125 Das hohepriesterliche Amt Christi schließt in sich: 1) seine vollkommne Gesetzerfüllung oder seinen tätigen, 2) seinen versöhnenden Tod oder seinen leidenden Gehorsam, und 3) die Vertretung der Gläubigen beim Vater.

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98 Christus war von allen andern Menschen unterschieden durch seine wesentliche Unsündlichkeit und seine schlechthinnige Vollkommenheit.

97 Bei der Vereinigung der göttlichen Natur mit der menschlichen war die göttliche allein tätig oder sich mitteilend, und die menschliche allein leidend oder aufgenommen werdend; während des Vereintseins beider aber war auch jede Tätigkeit eine beiden gemeinschaftliche. 99 Die Tatsachen der Auferstehung und der Himmelfahrt Christi, sowie die Vorhersagung von seiner Wiederkunft zum Gericht können nicht als eigentliche Bestandteile der Lehre von seiner Person aufgestellt werden.

100 Der Erlöser nimmt die Gläubigen in die Kräftigkeit seines Gottesbewußtseins auf (Vgl. § 88), und dies ist seine erlösende Tätigkeit. 101 Der Erlöser nimmt die Gläubigen auf in die Gemeinschaft seiner ungetrübten Seligkeit, und dies ist seine versöhnende Tätigkeit. 102 Die kirchliche Lehre verteilt die Gesamttätigkeit Christi in drei Ämter desselben, das prophetische, hohepriesterliche und königliche.

103 Das prophetische Amt Christi besteht im Lehren, Weissagen und Wundertun.

104 Das hohepriesterliche Amt Christi schließt in sich seine vollkommne Gesetzerfüllung oder seinen tätigen Gehorsam, seinen versöhnenden Tod oder seinen leidenden Gehorsam und die Vertretung der Gläubigen beim Vater.

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[DRITTER LEHRSATZ]

26 Das königliche Amt Christi besteht darin, daß alles, was die Gemeinschaft der Gläubigen zu ihrem Bestehen erfordert, immerwährend von ihm ausgeht. ZWEITES

HAUPTSTÜCK:

VON DER ART, WIE DIE ERLÖSUNG IN D I E S E E L E A U F G E N O M M E N W I R D 27 Die Analyse des Selbstbewußtseins, welches dem Erlösten als solchem eigentümlich ist, wird zusammengefaßt in den beiden Lehrstücken von der Wiedergeburt und von der Heiligung. Erstes Lehrstück: Von der Wiedergeburt 28 Die göttliche Tätigkeit, auf welcher der Anfang des neuen Lebens beruht, bezeichnen wir mit der Schrift durch den Ausdruck Rechtfertigung, die Veränderung aber, welche dabei in dem Menschen vorgeht, durch den Ausdruck Bekehrung. ERSTER LEHRSATZ: VON DER RECHTFERTIGUNG

29 Daß Gott den Menschen rechtfertigt, schließt in sich, daß ihm seine Sünden vergeben werden und er als ein Kind Gottes anerkannt wird. Die Rechtfertigung des Menschen aber ist nur gesetzt, sofern der Mensch den wahren Glauben an den Erlöser hat. ZWEITER LEHRSATZ: VON DER BEKEHRUNG

30 Die Bekehrung oder der Übergang aus der Gemeinschaft der Sünde in die Gemeinschaft der Gnade bekundet sich in jedem Einzelnen durch Buße, welche besteht in der Verknüpfung von Reue und Sinnesänderung, und durch Glauben, welcher besteht in der Aneignung der Unsündlichkeit und Seligkeit Christi. Zweites Lehrstück: Vom Leben des Erlösten in der Gemeinschaft mit Christo, oder von der Heiligung 31 Durch die Aufnahme in die Kindschaft Gottes entsteht in dem Wiedergebornen eine neue Kraft, welche sich immer mehr alle

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105 Das königliche Amt Christi besteht darin, daß alles, was die Gemeinschaft der Gläubigen zu ihrem Wohlsein erfordert, immerwährend von ihm ausgeht.

106 Das dem in die Lebensgemeinschaft Christi Aufgenommenen eigentümliche Selbstbewußtsein wird dargestellt unter den beiden Begriffen der Wiedergeburt und der Heiligung.

107 Das Aufgenommenwerden in die Lebensgemeinschaft mit Christo ist als verändertes Verhältnis des Menschen zu Gott betrachtet seine Rechtfertigung, als veränderte Lebensform betrachtet seine Bekehrung.

109 Daß Gott den sich Bekehrenden rechtfertigt, schließt in sich, daß er ihm die Sünden vergibt, und ihn als ein Kind Gottes anerkennt. Diese Umänderung seines Verhältnisses zu Gott erfolgt aber nur, sofern der Mensch den wahren Glauben an den Erlöser hat.

108 Die Bekehrung, als der Anfang des neuen Lebens in der Gemeinschaft mit Christo, bekundet sich in jedem Einzelnen durch die Buße, welche besteht in der Verknüpfung von Reue und Sinnesänderung, und durch den Glauben, welcher besteht in der Aneignung der Vollkommenheit und Seligkeit Christi.

IIO In der Lebensgemeinschaft mit Christo werden die natürlichen Kräfte der Wiedergebornen ihm zum Gebrauch angeeignet, woraus

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seine Tätigkeiten aneignet, um ein der Unsündlichkeit und Seligkeit Christi verwandtes Leben zu bilden, und das Wachstum dieses Lebens ist der Stand der Heiligung. 152 Die Fortschritte in der Heiligung entstehen aus der Tätigkeit des Glaubens durch die Liebe, die Hemmungen derselben aber aus den Nachwirkungen des früheren Fürsichgesetztseins einer fleischlichen Persönlichkeit. ZWEITER

ABSCHNITT

VON DER BESCHAFFENHEIT DER WELT IN BEZIEHUNG AUF DIE ERLÖSUNG 135 Was uns in der Welt anspricht als unmittelbar zusammengehörig mit der göttlichen Gnade in uns, und was wir daher auch auf die Erlösung zurückführen und als das Ergebnis derselben ansehen müssen, das ist die Gemeinschaft der Gläubigen in der Welt; und dieser Abschnitt enthält also die Lehre von der christlichen Kirche. 134 Da nun das Gesamtleben der Christen den Gegensatz bildet zu dem in der Sündhaftigkeit der Menschen gegründeten, und erst durch Christum beginnt: so ist dabei zuerst darauf zu sehen, wie uns die Kirche erscheint aus der Welt sich bildend und mehrend; und so handelt das erste Hauptstück von der Entstehung der Kirche. Demnächst müssen wir uns bestimmt bewußt werden, woran sich während des Zugleichbestehens beider die Kirche als der Welt entgegengesetzt und als in sich Eines zu erkennen gibt, und so behandelt das zweite Hauptstück die Lehre von der Kirche im engeren Sinn. Endlich wie die Kirche von Christo ausgeht, und durch seine göttliche Kraft wächst: so muß die ihr entgegengesetzte Welt abnehmen; und in diesem Bewußtsein von dem Zunehmen der Kirche und Abnehmen der Welt liegt zugleich die ahnende Vorstellung, daß das Zusammensein von Kirche und Welt ein Ende haben und dereinst die letzte ganz in der ersten aufgehen wird, und so behandelt das dritte Hauptstück die Lehre von der Vollendung der Kirche. ERSTES

HAUPTSTÜCK

VON DER ENTSTEHUNG DER

KIRCHE

13 j Sofern das Gesamtleben der Erlösten dadurch bedingt ist, daß Einzelne durch die rechtfertigende göttliche Tätigkeit in die Lebens-

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sich ein seiner Vollkommenheit und Seligkeit verwandtes Leben bildet, welches der Stand der Heiligung heißt. i n Die Sünden derer im Stande der Heiligung bringen ihre Vergebung immer schon mit sich und vermögen nicht die göttliche Gnade in der Wiedergeburt aufzuheben, weil sie schon immer bekämpft werden. 112 Die guten Werke der Wiedergebornen sind natürliche Wirkungen des Glaubens und als solche Gegenstände des göttlichen Wohlgefallens. 113 Alles, was durch die Erlösung in der Welt gesetzt wird, ist zusammengefaßt in der Gemeinschaft der Gläubigen, in welcher sich alle Wiedergeborne immer schon finden; und dieser Abschnitt enthält also die Lehre von der christlichen Kirche. 114 Wenn wir alle Aussagen unseres christlichen Selbstbewußtseins über die Gemeinschaft der Gläubigen zusammenfassen wollen: so müssen wir zuerst handeln von dem Entstehen der Kirche oder der Art und Weise, wie sie sich aus der Welt bildet, demnächst von der Art und Weise der Kirche, im Gegensatz gegen die Welt zu bestehen, und zuletzt von der Aufhebung dieses Gegensatzes oder von den Aussichten auf die Vollendung der Kirche.

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gemeinschaft Christi aufgenommen werden: so ist nur noch zu erläutern das gleichzeitig verschiedene Verhalten dieser göttlichen Tätigkeit gegen die Gesamtmasse der Einzelnen; und dies ist der Gegenstand der Lehre von der Erwählung. Sofern hingegen der Gegensatz eines jeden Einzelnen gegen die Welt dadurch bedingt ist, daß alle Gläubigen ein Gesamtleben bilden und also einen und denselben Gemeingeist haben: so ist noch zu erörtern die Art, wie ein jeder diesen Gemeingeist hat, und das Verhältnis seiner Art zu sein im Einzelnen und in der ganzen Gemeinschaft, und dies ist der Gegenstand der Lehre vom heiligen Geist. Erstes Lehrstück: Von der Erwählung 136 Daraus, daß Gott die Seligkeit der Menschen gewollt hat unter der Form eines Reiches Gottes, dessen Stifter Christus sei, folgt notwendig, daß, solange das Menschengeschlecht auf Erden besteht, niemals alle gleichzeitig Lebende in der Kirche sind. ij7 Das christliche Mitgefühl ist darüber in sich selbst beruhigt, daß einige früher und andere später in die Gemeinschaft der Erlösung aufgenommen werden; es bleibt aber in demselben ein unauflöslicher Mißklang zurück bei der Voraussetzung, daß ein Teil des menschlichen Geschlechtes ausschließend die Seligkeit dieser Gemeinschaft besitzen und ein anderer gänzlich davon soll ausgeschlossen bleiben. ERSTER LEHRSATZ

158 Es gibt nur eine göttliche Vorherbestimmung, nämlich derer, die gerechtfertigt werden, Erwählung zur Seligkeit in Christo. ZWEITER LEHRSATZ

139 Die Erwählung, abgesondert von der allgemeinen göttlichen Weltordnung betrachtet, beruht auf dem vorhergesehenen Glauben der Erwählten; betrachtet man sie aber in der allgemeinen Weltordnung und als deren eigentlichen Mittelpunkt, so erscheint sie nur bestimmt durch das göttliche Wohlgefallen. Zweites Lehrstück: Vom heiligen Geist 140 Jeder im Stande der christlichen Heiligung Befindliche ist sich in seiner Verbindung mit den Gleichgesinnten eines Gemeingeistes bewußt, welchen er auch nicht zur Natur, sondern zur Gnade rechnen muß.

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n j Die christliche Kirche bildet sich durch das Zusammentreten der einzelnen Wiedergebornen zu einem geordneten Aufeinanderwirken und Miteinanderwirken. 116 Das Entstehen der Kirche wird deutlich durch die beiden Lehren von der Erwählung und von der Mitteilung des heiligen Geistes.

117 In das von Christo gestiftete Reich Gottes können zufolge der Gesetze der göttlichen Weltregierung, solange das Menschengeschlecht auf Erden besteht, niemals alle gleichzeitig Lebende gleichmäßig aufgenommen sein. 118 Wenn sich das christliche Mitgefühl über die frühere und spätere Aufnahme der einen und andern in die Gemeinschaft der Erlösung beruhigt: so bleibt dagegen ein unauflöslicher Mißklang zurück, wenn wir uns unter Voraussetzung einer Fortdauer nach dem Tode einen Teil des menschlichen Geschlechtes von dieser Gemeinschaft gänzlich ausgeschlossen denken sollen.

119 Die Erwählung derer, die gerechtfertigt werden, ist eine göttliche Vorherbestimmung zur Seligkeit in Christo. 120 Die Erwählung, so betrachtet, wie sie auf die göttliche Weltregierung einwirkt, ist begründet in dem vorhergesehenen Glauben der Erwählten; so aber betrachtet, wie sie auf der göttlichen Weltregierung beruht, ist sie lediglich bestimmt durch das göttliche Wohlgefallen.

121 Alle im Stande der Heiligung Lebenden sind sich eines innern Antriebes, im gemeinsamen Mit- und gegenseitigen Aufeinanderwirken immer mehr Eines zu werden, als des Gemeingeistes des von Christo gestifteten neuen Gesamtlebens bewußt. Schleicfmachcr Glaubenslehre I I

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41 Dieser Gemeingeist konnte sich nicht eher vollständig entwickeln als nach der Entfernung des Erlösers v o n der E r d e ; seitdem aber ist diesen Gemeingeist in sich aufnehmen und in die Gemeinschaft Christi aufgenommen werden ganz dasselbe. ERSTER LEHRSATZ 42 Der Heilige Geist ist die Vereinigung des göttlichen Wesens mit der menschlichen Natur unter der Form des das Gesamtleben der Gläubigen beseelenden Gemeingeistes. ZWEITER LEHRSATZ 43 Wie überhaupt die Sendung des Geistes abhängig war v o n der E r scheinung und der persönlichen Wirksamkeit Christi: so ist nun für einen jeden Einzelnen Christum in sich haben und den Heiligen Geist haben eines und dasselbe. DRITTER LEHRSATZ 44 Die durch die gemeinheitbildende Vereinigung des göttlichen Wesens mit der menschlichen Natur bestehende christliche Kirche ist in ihrer Vollständigkeit das Abbild des durch die personbildende Vereinigung bestehenden Erlösers; und jeder, der in der Wiedergeburt ist des Heiligen Geistes teilhaftig geworden, ist ein ergänzendes Glied jener Gemeinschaft.

ZWEITES

HAUPTSTÜCK

VON DEM BESTEHEN DER KIRCHE IN IHREM ZUSAMMENSEIN MIT DER WELT 45 Die bisher beschriebene Gemeinschaft der Gläubigen ist in ihrem Verhältnis zu Christo und in Bezug auf den sie beseelenden Geist immer dieselbige, im Verhältnis zur Welt aber dem Wechsel und der Veränderung unterworfen. Erste Hälfte Die wesentlichen und unveränderlichen Grundzüge der Kirche 46 Inwiefern die Kirche nur besteht durch den Ubergang aus der E m pfänglichkeit f ü r Christum in die selbsttätige Gemeinschaft mit ihm: so ist sie immer sich selbst gleich, sofern dieser immer durch die-

547 i n Der Heilige Geist konnte als dieser Gemeingeist erst nach der Entfernung Christi von der Erde vollständig mitgeteilt und aufgenommen werden.

n j Der Heilige Geist ist die Vereinigung des göttlichen Wesens mit der menschlichen Natur in der Form des das Gesamtleben der Gläubigen beseelenden Gemeingeistes.

124 Jeder Wiedergeborene ist des Heiligen Geistes teilhaftig, so daß es keine Lebensgemeinschaft mit Christo gibt ohne Einwohnung des Heiligen Geistes und umgekehrt.

125 Die von dem Heiligen Geist beseelte christliche Kirche ist in ihrer Reinheit und Vollständigkeit das vollkommne Abbild des Erlösers, und jeder einzelne Wiedergeborne ist ein ergänzender Bestandteil dieser Gemeinschaft.

126 Die von dem Heiligen Geist beseelte Gemeinschaft der Gläubigen bleibt in ihrem Verhalten zu Christo und zu diesem Geist immer sich selbst gleich, in ihrem Verhältnis zur Welt aber ist sie dem Wechsel und der Veränderung unterworfen.

127 Die christliche Gemeinschaft ist ohnerachtet des von ihrem Zusammenbestehen mit der Welt unzertrennlichen Wandelbaren doch immer und überall sich selbst gleich, insofern erstlich das Zeugnis 36*

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selbige Einwirkung Christi erfolgt, und dies geschieht vermittelst der Heiligen Schrift und des Dienstes am göttlichen Wort. Inwiefern die Kirche nur dadurch besteht, daß der dem Sein Christi in jedem Einzelnen gleiche Anteil desselben an ihrem Gemeingeist auf der Tätigkeit dieses Geistes im Ganzen der Kirche beruht: so ist sie immer sich selbst gleich, insofern dieser Einfluß des Ganzen auf den Einzelnen immer in derselben Anordnung Christi gegründet ist, und dies stellt sich dar in den Sakramenten der Taufe und des Abendmahls. Inwiefern aber das Bestehen der Kirche und die Verbreitung derselben auf unserm gegenwärtigen Standpunkt nicht voneinander zu trennen sind: so wird sie immer sich selbst gleich sein, insofern alles, was zur Verbreitung derselben aus Antrieb des göttlichen Geistes von den Einzelnen geschieht, zugleich die Tätigkeit Christi selbst ist, und dies zeigt sich in der Ausübung des Amtes der Schlüssel und in dem Gebet im Namen Christi. Dies also sind die hier abzuhandelnden Lehren.

Erstes Lehrstück: Von der heiligen Schrift 147 Die Heilige Schrift ist auf der einen Seite das erste Glied in der fortlaufenden Reihe aller Darstellungen des christlichen Glaubens, auf der andern Seite ist sie die Norm für alle folgenden. 148 Das Ansehn der Heiligen Schrift begründet keinesweges zuerst den christlichen Glauben; sondern im Gegenteil dieser wird vorausgesetzt, wenn jemand der Heiligen Schrift ein eigentümliches Ansehen einräumt. ERSTER LEHRSATZ

149 Die heilige Schrift ist ihrem Ursprünge nach authentisch, und als Norm für die christliche Lehre zureichend. [ZWEITER LEHRSATZ]

150 Die einzelnen Bücher der heiligen Schrift sind von dem Heiligen Geist eingegeben, und die Sammlung derselben ist unter der Leitung des Heiligen Geistes entstanden. rZu § 132 der 2. Auflage vgl. in der 1. Auflage § 150, Zusatz.]

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von Christo in ihr immer dasselbige ist, und dies findet sich in der Heiligen Schrift und im Dienst am göttlichen Wort; zweitens insofern die Anknüpfung und Erhaltung der Lebensgemeinschaft mit Christo auf denselben Anordnungen Christi beruht, und diese sind die Taufe und das Abendmahl; endlich insofern der gegenseitige Einfluß des Ganzen auf den Einzelnen und der Einzelnen auf das Ganze immer gleich geordnet ist, und dieses zeigt sich im Amt der Schlüssel und im Gebet im Namen Jesu.

129 Die heiligen Schriften des neuen Bundes sind auf der einen Seite das erste Glied in der seitdem fortlaufenden Reihe aller Darstellungen des christlichen Glaubens; auf der andern Seite sind sie die Norm für alle folgenden Darstellungen. 128 Das Ansehen der heiligen Schrift kann nicht den Glauben an Christum begründen, vielmehr muß dieser schon vorausgesetzt werden, um der heiligen Schrift ein besonderes Ansehen einzuräumen.

131 Die neutestamentischen Schriften sind ihrem Ursprung nach authentisch und als Norm für die christliche Lehre zureichend.

130 Die einzelnen Bücher des Neuen Testamentes sind von dem H.Geist eingegeben, und die Sammlung derselben ist unter der Leitung des H. Geistes entstanden. 132 Die alttestamentischen Schriften verdanken ihre Stelle in unserer Bibel teils den Berufungen der neutestamentischen auf sie, teils dem

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Zweites Lehrstück: Von dem Dienst am göttlichen Wort 51 In der Gemeinschaft der christlichen Frömmigkeit müssen einige Mitglieder der christlichen Kirche sich überwiegend als empfänglich verhalten und andere überwiegend als mitteilend. Die Letzteren verrichten den Dienst des göttlichen Wortes, welcher teils ein unbestimmter ist und zufälliger, teils ein förmlicher und geordneter. ERSTER LEHRSATZ 5 2 Es gibt in der christlichen Kirche einen öffentlichen Dienst, der eine unter bestimmten Formen übertragene Geschäftsführung ist, und von welchem alle Gliederung der Kirche ausgeht. ZWEITER LEHRSATZ 53 Der öffentliche Kirchendienst ist überall an das göttliche Wort gebunden. Drittes Lehrstück: Von der Taufe 54 Insofern die Taufe eine Handlung der Kirche ist, so bezeichnet sie nur den Willensakt der Kirche, vermittelst dessen sie den Einzelnen in ihre Gemeinschaft aufnimmt; insofern aber auf derselben die Verheißung Christi ruht, welche nicht unwirksam sein kann: so ist die Taufe zugleich der Leiter für die rechtfertigende göttliche Tätigkeit, wodurch der Einzelne in die Lebensgemeinschaft Christi aufgenommen wird. ERSTER LEHRSATZ 55 Die nach der Einsetzung Christi erteilte Taufe verleiht mit dem Bürgerrecht in der christlichen Kirche zugleich die Seligkeit in Beziehung auf die göttliche Gnade der Wiedergeburt. ZWEITER LEHRSATZ 5 [b] Die Kindertaufe ist nur eine vollkommne Taufe, wenn man das nach erfolgtem Unterricht hinzukommende Glaubensbekenntnis als den letzten dazu gehörigen Akt ansieht.

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geschichtlichen Zusammenhang des christlichen Gottesdienstes mit der jüdischen Synagoge, ohne daß sie deshalb die normale Dignität oder die Eingebung der neutestamentischen teilen. 133 Diejenigen Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, welche sich überwiegend selbsttätig verhalten, verrichten durch Selbstmitteilung den Dienst am göttlichen Wort bei denen, die sich überwiegend empfänglich verhalten; welcher Dienst teils ein unbestimmter und zufälliger ist, teils ein förmlicher und geordneter.

134 Es gibt in der Kirche einen öffentlichen Dienst am Wort als eine unter bestimmten Formen übertragene Geschäftsführung; und von diesem geht auch alle Gliederung der Kirche aus.

135 Der öffentliche Dienst in der Kirche ist in allen Stücken an das göttliche Wort gebunden.

136 Die Taufe als Handlung der Kirche bezeichnet nur den Willensakt, vermittelst dessen diese den Einzelnen in ihre Gemeinschaft aufnimmt; insofern aber auf derselben die wirksame Verheißung Christi ruht, ist sie zugleich der Leiter für die rechtfertigende göttliche Tätigkeit, wodurch der Einzelne in die Lebensgemeinschaft Christi aufgenommen wird.

137 Die nach der Einsetzung Christi erteilte Taufe verleiht mit dem Bürgerrecht in der christlichen Kirche zugleich die Seligkeit in Bezug auf die göttliche Gnade in der Wiedergeburt.

138 Die Kindertaufe ist nur eine vollständige Taufe, wenn man das nach vollendetem Unterricht hinzukommende Glaubensbekenntnis als den letzten dazu noch gehörigen Akt ansieht.

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Viertes Lehrstück: Vom heiligen Abendmahl 156 Das heilige Abendmahl ist als Genuß des Leibes und Blutes Christi nach seiner Einsetzung, indem eine Stärkung der gegenseitigen Lebensgemeinschaft der Christen untereinander, zugleich auch eine Stärkung der Lebensgemeinschaft eines jeden mit Christo und umgekehrt. ij7 In Absicht auf die Verbindung zwischen dem Brot und Wein und dem Leib und Blut Christi stellt sich die evangelische Kirche nur bestimmt entgegen auf der einen Seite denen, welche diese Verbindung unabhängig machen wollen von der Handlung des Genusses, auf der andern Seite denen, welche dem leiblichen Genuß des Brotes und Weines gar keinen Zusammenhang zugestehen wollen mit dem geistigen des Leibes und Blutes Christi. ERSTER LEHRSATZ

158 Der Gebrauch des Sakramentes gereicht allen Gläubigen zur Befestigung ihrer Vereinigung mit Christo. ZWEITER LEHRSATZ

ij9 Der unwürdige Genuß des Abendmahls gereicht dem Genießenden zum Gericht. Anhang

den letzten beiden Lehrstücken

Vom Begriff Sakrament überhaupt 160 Wir können unter diesem sowohl dem biblischen Sprachgebrauch als auch der Bildungsweise des Lehrbegriffs fremden Namen nur diese beiden von Christo selbst eingesetzten und seine hohepriesterliche Tätigkeit repräsentierenden Handlungen begreifen.

Fünftes Lehrstück: Vom Amt der Schlüssel 161 Nur wegen ihres Zusammenseins mit der Welt kommt der Kirche eine gesetzgebende und eine ausführende Gewalt zu, welche ein wesentlicher Ausfluß aus der königlichen Gewalt Christi ist.

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ij9 Die Christen erfahren bei dem Genuß des Abendmahls eine eigentümliche Stärkung des geistigen Lebens, indem ihnen darin nach der Einsetzung Christi sein Leib und sein Blut dargereicht wird.

140 In Absicht auf den Zusammenhang zwischen dem Brot und Wein und Leib und Blut Christi im Abendmahl stellt sich die evangelische Kirche auf der einen Seite nur denen bestimmt entgegen, welche diesen Zusammenhang für unabhängig ansehen von der Handlung des Genusses, auf der andern Seite denen, welche auch ohnerachtet dieses Zusammenhanges keine Verbindung zugestehen wollen zwischen dem Genuß des Brotes und Weines und dem geistigen Genuß des Fleisches und Blutes Christi.

141 Der Genuß des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl gereicht allen Gläubigen zur Befestigung ihrer Gemeinschaft mit Christo.

142 Der unwürdige Genuß des Abendmahls gereicht dem Genießenden zum Gericht.

143 Die evangelische Kirche gebraucht den Namen Sakrament nur für diese beiden von Christo selbst eingesetzten und seine hohepriesterliche Tätigkeit repräsentierenden Institutionen Taufe und Abendmahl.

144 Wegen ihres Zusammenseins mit der Welt besteht in der Kirche eine gesetzgebende und eine verwaltende Macht, welche ein wesentlicher Ausfluß ist aus dem königlichen Amt Christi.

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LEHRSATZ

162 Die Kirche übt das Recht aus, zu bestimmen, was zum christlichen Leben gehört, und über jeden Einzelnen nach Maßgabe seiner Angemessenheit zu diesen Bestimmungen zu urteilen. Sechstes Lehrstück: Vom Gehet im Namen Jesu 162 [b].Es gebührt der christlichen Kirche, ein richtiges Vorgefühl zu haben von dem, was in ihrem Zusammensein mit der Welt heilsam ist, und dieses wird natürlich zum Gebet. LEHRSATZ

16) Jedes Gebet im Namen Jesu wird erhört, aber auch nur ein solches hat diese Verheißung. ZWEITE HÄLFTE DAS WANDELBARE IN DER KIRCHE VERMÖGE IHRES ZUSAMMENSEINS MIT DER WELT

164 Sofern das Zusammensein der Kirche mit der Welt Einwirkungen der Welt auf die Entwicklung der Kirche in sich schließt, so ist dadurch ein Gegensatz zwischen der sichtbaren und unsichtbaren Kirche begründet. 165 Der Gegensatz läßt sich aber zusammenfassen in diesen beiden Gliedern, daß die sichtbare Kirche eine geteilte ist, die unsichtbare aber ungeteilt Eine, und daß die sichtbare Kirche immer dem Irrtum unterworfen ist, die unsichtbare aber immer untrüglich. Erstes hehrstück: Von der Mehrheit der sichtbaren Kirchen in Be^ug auf die Einheit der unsichtbaren 166 Die christliche Kirche ist niemals ohne Trennungen gewesen, aber es kann auch niemals in ihr das Bestreben fehlen, das Getrennte wieder zu vereinigen. ERSTER LEHRSATZ

167 Die gänzliche Aufhebung der Gemeinschaft zwischen zwei Kirchengesellschaften ist unchristlich.

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145 Das Amt der Schlüssel ist die Macht, vermöge deren die Kirche bestimmt, was zum christlichen Leben gehört, und über jeden Einzelnen nach Maßgabe seiner Angemessenheit zu diesen Bestimmungen verfügt. 146 Das richtige Vorgefühl, welches der christlichen Kirche zu haben gebührt von dem, was ihr in ihrem Zusammensein heilsam ist, wird natürlich zum Gebet.

147 Jedes Gebet im Namen Jesu hat die Verheißung Christi, daß es erhört wird, aber auch nur ein solches.

148 Dadurch, daß die Kirche sich aus der Welt nicht bilden kann, ohne daß auch die Welt einen Einfluß auf die Kirche ausübt, begründet sich für die Kirche selbst der Gegensatz zwischen der sichtbaren und unsichtbaren Kirche. 149 Der Gegensatz zwischen der sichtbaren und unsichtbaren Kirche läßt sich in den beiden Sätzen zusammenfassen, daß die erste eine geteilte ist, die andere aber ungeteilt Eine, und daß die erste immer dem Irrtum unterworfen ist, die andre aber untrüglich.

150 So oft sich in der christlichen Kirche Trennungen wirklich hervortun, kann auch das Bestreben, das Getrennte zu vereinigen, niemals fehlen.

151 Die gänzliche Aufhebung der Gemeinschaft zwischen verschiedenen Teilen der sichtbaren Kirche ist unchristlich.

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i82Z ZWEITER LEHRSATZ

168 Alle Trennungen in der christlichen Kirche sind vorübergehend. ZUSATZ

169 Wenn behauptet wird, daß es vom ersten Anfang des menschlichen Geschlechtes an nur Eine wahre Kirche gegeben habe, welche auch immer eine und dieselbe bleiben werde: so ist dies nicht so zu verstehen, als ob die eigentlich so zu nennende christliche Kirche nur Teil eines größeren Ganzen wäre. Zweites Lehrstück: Von der Irrtumsfähigkeit der sichtbaren Kirche mit Be^ug auf die Untrüglichkeit der unsichtbaren 170 In jedem Teil der sichtbaren Kirche ist der Irrtum möglich, und also auch irgendwie wirklich; es fehlt aber auch nirgend in derselben an der berichtigenden Kraft der Wahrheit. ERSTER LEHRSATZ

171 Keine von der sichtbaren Kirche ausgehende Darstellung christlicher Frömmigkeit trägt lautere und vollkommne Wahrheit in sich. ZWEITER LEHRSATZ

172 Alle Irrtümer in der sichtbaren Kirche werden aufgehoben, während die Wahrheit, welche das Wesen der unsichtbaren Kirche ausmacht, auch in der sichtbaren immer bleibt. DRITTES

HAUPTSTÜCK

VON DER VOLLENDUNG DER KIRCHE

173 Die Vollendung der Kirche in dem oben (s. § 134) vorläufig angegebenen Sinn ist in dem Verlauf des menschlichen Erdenlebens nicht zu errreichen, und die Darstellung hat also unmittelbar nur den Wert eines Ideals. ' 7 4 In dem Glauben an die ewige Fortdauer der Vereinigung des göttlichen Wesens mit der menschlichen Natur in der Person des Erlösers ist der Glaube an die ewige Fortdauer der menschlichen Persön-

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152 Alle Trennungen in der christlichen Kirche bestehen nur als vorübergehende.

156 Die Behauptung, daß die wahre Kirche mit dem Anfang des menschlichen Geschlechtes begonnen habe, und bis ans Ende desselben auch eine und dieselbe bleibe, darf nicht so verstanden werden, als ob die eigentlich so zu nennende christliche Kirche selbst nur Teil eines größeren Ganzen sei.

15 3 Wie in jedem Teil der sichtbaren Kirche der Irrtum möglich, mithin auch irgendwie wirklich ist: so fehlt es auch in keinem an der berichtigenden Kraft der Wahrheit.

154 Keine von der sichtbaren Kirche ausgehende Darstellung christlicher Frömmigkeit trägt lautere und vollkommne Wahrheit in sich.

15 j Alle Irrtümer, welche sich in der sichtbaren Kirche erzeugen, werden durch die in derselben immer fortwirkende Wahrheit aufgehoben.

157 Da die Kirche in dem Verlauf des menschlichen Erdenlebens nicht zur Vollendung gelangen kann: so hat die Darstellung ihres vollendeten Zustandes unmittelbar nur den Nutzen eines Vorbildes, welchem wir uns nähern sollen. 15 8 Wie in dem Glauben an die Unveränderlichkeit der Vereinigung des göttlichen Wesens mit der menschlichen Natur in der Person Christi auch der Glaube an das Fortbestehen der menschlichen Per-

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lichkeit überhaupt schon mit enthalten. Daher entsteht auch dem Christen noch besonders die Aufgabe, sich den Zustand nach dem Tode vorzustellen. 175 Beide hier angegebenen Vorstellungen, die von der Vollendung der Kirche und die von dem Zustande der Menschen nach dem Tode, sind vereinigt in den christlichen Vorstellungen von den letzten Dingen, denen aber derselbe Wert wie den übrigen Glaubenslehren nicht kann beigelegt werden. Erstes prophetisches Lehrstück: Von der Wiederkunft Christi 176 Christus hat während seines Lebens seinen Jüngern tröstliche Verheißungen seiner Wiederkehr gegeben, welche sie durch die Tage seiner Auferstehung nicht für erfüllt halten konnten, und wir glauben, daß diese Verheißungen in Erfüllung gehen werden in Verbindung mit der Beendigung des irdischen Zustandes der Menschen. Da nun hiemit in Verbindung gesetzt wird die Scheidung der Guten und Bösen, so ist unsere Erwartung die der Wiederkunft Christi %um Gericht. Zweites prophetisches Lehrstück' Von der Auferstehung des Fleisches 177 Christus sanktionierte die unter seinem Volk herrschende Vorstellung von der Auferstehung der Toten, d. h. von der Wiedervereinigung der hier auf Erden ins Leben gekommenen menschlichen Seelen mit ihren Leibern, nicht nur in bildlichen Reden, sondern auch lehrend insofern, als ohne Wiederbeleibung keine Fortdauer der Seelen als Einzelwesen gedacht werden kann. Auch daß Christus die Toten auferweckt und daß dies gleichzeitig allen geschieht, ist aus seinen eignen Reden genommen, und es ist nur eine ganz natürliche weitere Ausbildung dieser Vorstellung, daß diese Totenerweckung den gewöhnlichen Fortgang des menschlichen Erdenlebens auf eine plötzliche Weise unterbricht. Drittes prophetisches Lehrstück: Vom jüngsten Gericht 178 Da die Vollendung der Kirche bedingt ist durch das Aufhören aller Einwirkungen der Welt auf sie: so muß auch der Zustand der Voll-

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sönlichkeit schon mit enthalten ist: so entsteht hieraus dem Christen die Tendenz, den Zustand nach dem Tode vorzustellen. 159 Die Lösung beider Aufgaben, die Kirche in ihrer Vollendung und den Zustand der Seelen im künftigen Leben darzustellen, wird versucht in den kirchlichen Lehren von den letzten Dinge», denen jedoch der gleiche Wert wie den bisher behandelten Lehren nicht kann beigelegt werden.

160 Da die Jünger Christi die tröstlichen Verheißungen seiner Wiederkehr nicht konnten durch die Tage seiner Auferstehung für erfüllt halten, so erwarteten sie diese Erfüllung am Ende der irdischen menschlichen Dinge. Da sich nun an dieses zugleich die Scheidung der Guten und Bösen knüpft: so lehren wir eine Wiederkunft Christi Gtricht.

161 Christus hat nicht nur die unter seinem Volk herrschende Vorstellung von Auferstehung der Toten teils in bildlichen Reden, teils auch lehrend sanktioniert, sondern er schreibt auch in seinen Reden sich selbst diese Auferweckung zu; und nur dies ist eine wiewohl ganz natürliche und aus verwandten Reden hergenommene weitere Ausbildung dieser seiner Lehre, daß die allgemeine Totenerweckung den gewöhnlichen Fortgang des menschlichen Erdenlebens auf eine plötzliche Weise unterbricht.

162 Die Vorstellung vom jüngsten Gericht, wozu die Elemente sich ebenfalls in den Reden Christi vorfinden, will die gänzliche Schei-

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endung anfangen mit der gänzlichen Absonderung der Kirche; und diese in Verbindung mit den Hauptvorstellungen der vorigen Lehrstücke gibt die Vorstellung von dem jüngsten Gericht, wozu sich die Elemente ebenfalls in den Reden Christi vorfinden. Viertes prophetisches Lehrstück: Von der ewigen Seligkeit und der ewigen Verdammnis 179 Von der Auferstehung an werden sich diejenigen, welche in der Gemeinschaft mit Christo gestorben sind, in einem Zustand unveränderlicher und ungetrübter Seligkeit im Anschauen Gottes befinden, welchem Zustande den einer nicht zu vermindernden Unseligkeit als den Zustand derer, welche außer der Gemeinschaft mit Christo gestorben sind, gegenüberzustellen wir durch bildliche Reden Christi, wiewohl nicht hinreichend, veranlaßt sind. DRITTER

ABSCHNITT

VON DEN GÖTTLICHEN EIGENSCHAFTEN, WELCHE SICH AUF DIE GNADE UND DIE ERLÖSUNG BEZIEHEN

180 Wenn wir unser Bewußtsein von der durch die Wirksamkeit der Erlösung wiederhergestellten Gemeinschaft mit Gott als Abhängigkeitsgefühl auf die göttliche Ursächlichkeit zurückführen: so ist der Inhalt desselben der, daß die Pflanzung und Verbreitung der christlichen Kirche der Gegenstand der göttlichen Weltregierung ist. 181 Die göttliche Tätigkeit in der Weltregierung stellt sich uns dar als Liebe und als Weisheit. Erstes Lehrstück: Von der göttlichen Liebe 182 Die göttliche Liebe ist die Eigenschaft des göttlichen Wesens, vermöge deren es sich mitteilt, und wird in dem Werk der Erlösung erkannt. 183 Gott ist die Liebe. Zweites Lehrstück: Von der göttlichen Weisheit 184 Die göttliche Weisheit ist die in der Erlösung betätigte göttliche Selbstmitteilung als das die Welt ordnende und bestimmende Prinzip.

1831

561

dung der Kirche von der Welt darstellen, sofern die Vollendung der ersten alle Einwirkungen der letzteren ausschließt.

163 Von der Auferstehung der Toten an werden sich diejenigen, welche in der Gemeinschaft mit Christo gestorben sind, durch das Anschauen Gottes in einem Zustand unveränderlicher und ungetrübter Seligkeit befinden.

164 Wenn wir unser Bewußtsein von der durch die Wirksamkeit der Erlösung wiederhergestellten Gemeinschaft mit Gott auf die göttliche Ursächlichkeit zurückführen: so setzen wir die Pflanzung und Verbreitung der christlichen Kirche als Gegenstand der göttlichen Weltregierung. 165 Die göttliche Ursächlichkeit stellt sich uns in der Weltregierung dar als Liebe und als Weisheit.

166 Die göttliche Liebe als die Eigenschaft, vermöge deren das göttliche Wesen sich mitteilt, wird in dem Werk der Erlösung erkannt. 167 Gott ist die Liebe.

168 Die göttliche Weisheit ist das die Welt für die in der Erlösung sich betätigende göttliche Selbstmitteilung ordnende und bestimmende Prinzip. Schleiermacher Glaubenslehre II

36

562

i8zz

185 Die Welt ist als der Schauplatz der Erlösung die vollkommne Offenbarung der göttlichen Weisheit oder die beste Welt. SCHLUSS VON DER GÖTTLICHEN DREIHEIT

186 Alles Wesentliche in dem beendeten zweiten Teil unserer Darstellung ist auch das Wesentliche in der Lehre von der Dreieinigkeit, und insofern ist sie der wahre Schlußstein der christlichen Glaubenslehre. 187 Der kirchliche Lehrsatz aber, daß in dem Einen und ungeteilten göttlichen Wesen drei Personen von gleichem Wesen und gleicher Macht bestehen, hat, so gefaßt, nicht gleichen Wert mit den übrigen eigentlichen Glaubenslehren, sondern ist nur ein verknüpfender Satz. 188 Da diese Lehre bei der Feststellung der evangelischen Kirche keine neue Bearbeitung erfahren: so ist um so weniger Grund, sie für abgeschlossen zu halten, als ihre dermalige Gestaltung schon aus den ersten Jahrhunderten herrührt. 189 Jene Dreiheit kann in dem göttlichen Wesen als etwas Ewiges von uns nicht anders gedacht werden, als daß uns entweder die Einheit oder die Dreiheit geringer erscheint, die eine als die andere, also immer der Sache unangemessen und gegen die Voraussetzung. 190 Damit die Lehre dem frommen Selbstbewußtsein, welches in Christo und dem Heiligen Geist das Höhere als das wahrhaft und eigentlich Göttliche erkennt, ganz entspreche, sollen die Personen vollkommen gleichgesetzt werden; allein dieses wird zwar überall gefordert, ist aber in keiner kirchlichen Darstellung wirklich geleistet.

563

1831

169 Die göttliche Weisheit ist der Grund, vermöge dessen die Welt als Schauplatz der Erlösung auch die schlechthinnige Offenbarung des höchsten Wesens ist, mithin gut.

170 Alles Wesentliche in dieser andern Seite des zweiten Teils unserer Darstellung ist auch in dem Wesentlichen der Trinitätslehre gesetzt; diese Lehre selbst aber in ihrer kirchlichen Fassung ist nicht eine unmittelbare Aussage über christliches Selbstbewußtsein, sondern nur eine Verknüpfung mehrerer solcher.

172 Da wir diese Lehre um so weniger für abgeschlossen halten können, als sie bei der Feststellung der evangelischen Kirche keine neue Bearbeitung erfahren hat: so muß ihr noch eine auf ihre ersten Anfänge zurückgehende Umgestaltung bevorstehen. 171 Die kirchliche Dreieinigkeitslehre fordert, daß wir jede der drei Personen sollen dem göttlichen Wesen gleich denken und umgekehrt, und jede der drei Personen den anderen gleich; wir vermögen aber weder das eine noch das andere, sondern wir können die Personen nur in einer Abstufung vorstellen, und ebenso die Einheit des Wesens entweder geringer als die drei Personen oder umgekehrt.

38»

VERZEICHNIS DER PERSONEN Anmerk.: Die Zahlen beziehen sich auf Paragraphen und Unterabschnitte. (Th) hinter einer Zahl bedeutet, daß die betreffende Stelle sich in den von Thönes herausgegebenen handschriftlichen Anmerkungen Schleiermachers findet, die hier im textkritischen Apparat abgedruckt sind.

Abraham 12,2 42,1 45,1 132,1 156,» Abälard 54,1 Adam 61,j 7 1 , 1 (Th) 72,51?. 89,1«. 9 4 , 1 . 3 98,1 99, Zus. 104,3 1 1 7 , 1 156,3 Ambrosius 6o,j 72,2 72,4 Ammon 83,3 Anselm Titel 41 50,1 55,1, 170, Zus. Aristoteles 41,1 Athanasius 97,3 Augusti 37,1 (Th) 96 Augustin 33,*f. 4 1 5 0 , 1 52,if. 5 3 , ' f . 54, jf. j 5,1 ff. 56,2 61,5 66,2 70,2 72,2.) 73 74,2f. 81,1 (Th) 109.3 m,i 118,1 119,3 123,1 151,2

Christus (Jesus) 10, iff. 1 1 12, iff. 13,iff. 14 16,2fr. 17,iff. i8,iff. 22,2ff. 24 32,iff. 34,3 42,if 43,2 45 47i' f f - 61, j 62,3 63,2 64,1 66,2 71,3 72,4 76,3 77,2 81,4 82,2 83,2 84,. 85,2 87ff. Chrysostomos 43,1 98,2 Ciccro 71,2 Clemens Alexandrinus 12,3 33 Cornelius 42,1 Cudworth 52,2 Daub 170, Zus. Delbrück 4 Dionysius Areopagita 50,1

171,i Barclay 136,4 139,3 Basilius 54, 2 1 7 1 , 3 Baumgarten 74,2 Baumgarten-Crusius 3,2 Bellarmin 61, j Bernhard v. Clairvaux 44,1 Bileam 42,1 Böhm(e) 35,2 (Th) Boethius 5 2,1 Braniß 5,3 Bretschneider 19, Zus. Buddeus 47,2 83,3 Calvin 37 4 0 , 2 4 3 , 1 44,2 45,2 55,1 72,4 73,2 81,1 108,4 109,3 1 1 9 , 2 119,3 140,4 141

Eckermann 52,2 Endemann 50,2 Erigena 55,1 Ernesti 104.6 Euseb 1 3 1 , 1 Eva 72,3 ff. Fichte 5, Zus. (Th) Flacius 72,5 Fries 28,1 (Th) Gerhard, Joh. 5 3,2f. 54,4 55,2 66,2 72,2 97,2 108,6 109,3 120,2 136,2 137.* Gideon 42,1 Gregor von Nazianz 171,3

565 H a n n a 156,1 Henke 85,3 Heß 1 0 4 , 4 Hieronymus 72,4 Hilarius 41 50,. 53,2 55,1 83,3 97,1 Hiob 45,i Hippolyt 41,1 H u g o de St. Victor 73,5 74,1 Jakob 42,1 Jehovah 10,1 10, Zus. 103,3 104,1 Jesus s. Christus Johannes 14,1 45,1 97,1 99,1 124,» 162,1

136,1fr.

Josef 97,1 Irenaus 131,1 Judas 4 j , 1 f. Lactantius 56,2 Leibniz 59, Zus. Lot 4 2 , 1 Lücke Vorrede 61,5 4 0 , 1 f.

72,1

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43,1-44,1 108,6

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140,iff. s. auch Katechismus. Lyra 72,2 Maria 97,2 Melanchthon 32,3 33 61, j 63,2 71 7 3 7 4 , if. 8 0 , 2 81 108 111,1 119,3 141 143,2

Paulus 10, Zus. 12,2 72,4 74,3 76,3 89,2 99,1. ZUS. I 0 5 , Zus. 1 1 2 , 3 1 1 7 , 3 1 2 0 , Zus. 1 2 4 , 2 1 3 0 , 2 133,2 *37,2 156, J 160,1

Pelagius 22,1 61,; Petrus 42,if. 45,1 102,1 130,2 137,2 Philippus 42,1 Philon 40,» Photius 41 Pisecius 53,2 Piaton 8, Zus. Quenstedt

170,2

Johannes Damascenus 41 32,1 53,1 f 54,J f - 55.» 9 6 . ' 97.» 97,Jf. Johannes der Täufer 103,1 f. 117,2

Luther

Origenes 41,2 72,2 162,1 171,3

156,1

Mendelssohn 10, Zus. Michaelis 59, Zus. Morus 41,2 46, Zus. 47,2 Moses 10,1 11,4 12,1 42,1

103,2

156,1

Mosheim 44,2 47,2 Zus. 54,4 5 6 , 1 8 3 , 3 Muhamed 10,1 11,4

50,2 f 52,2 53,

Nemesius 37 Nitzsch 13, (Th) 14, Zus. (Th) 26,2 (Th)

4 6 , 4 7 , 2

61,4

72,3

83,3

Rechenberg 37,1 (Th) 69, Zus. Reinhard 33,3 4 2 , l f 43.« 5°,3 5*, 1 Zus. 5 3 , Zus. 5 4 , Zus. 55,» 5 6 , 2 6», i 7 I . J 73.* 74,3 8 1 , 4 9 6 , 1 97,» 97.« 104,4 i n , 1 1 1 8 . 3 Rufinus 56,2 Sack 2 Schott 50,3 Schwarz Vorrede Simeon 156,1 Simson 42,1 Smalcius 53,2 Sozin 52,2 53,2 55, 2 56, » 61, 4 Steffens 3,2 Stephanus 133,2 Steudel 3 (Th) 42 (Th) 43,2 (Th) Storr 47, i f. Theodoret 171,3 Theophilus 53,» Thomas v. Aquin 47,2 55,2 Twesten 13 (Th) 14,1. Zus. (Th) 37,1 (Th) Vorst 56,2 Wegscheider 54,4 De Wette 61,3 Wolff 28,. (Th) Zwingli

143, 1

33 1 3 6 , .

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VERZEICHNIS DER BIBELSTELLEN Genesis i i.» i,ii. Ii. 24 1,'6.

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2,16. 17—19 3,11—'3 3,14. 16—i« 3.'5 8," 19 Exodus 17.7 20, J 31.»-5 32,14

36,2 40,2 123,1 61,4 59,1 61,1 61,4 57,» 59, Zus. 61,2 72,> 76,3 59, Zus. 61,2 81,1 75,' 82,1 13,' 67,' 43,' 74,3 77,1 123,1 52, Zus.

Deuteronomium 6,16 43-1 103,4 13. "3 Hiob 36,16 }8,4 161,1

JO-J 2 2 2 , J7-J9 24,10

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105, Zus. 45.' 98,. 45.' 104,4 76,3 77. 2 98,1 18,1 99, Zus. Zus. 103,. 99, Zus. 103,4 104,4 45.' 18,. 139.3 70.3 160,1 32,3 122,1 99, Zus.

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i. P e t r u s

I. J o h a n n e s

1,14-iS 2,J-io 2,9 2,21 2, 22

i,». » 1,8-10

2,14 3,'9f. 4.S-7. '5 5.7 5.»- 9

83.' 121,1 104,6 1 2 1 , 1 1 0 2 , 1 104,5 99,Zus. 100, i 99. 1 1 6 1 , » 160, i 147.3 43.' 45."

1,9 2,1. 2 3.» 3.» 3,14. 2"

80,2 1 0 1 , 1 148,1 84,2 IOI,l I02, 1 1 4 , 2 125,

4.1 4,16

45.1 87.' 151,2 167

5.>9

"3.J

Jakobus

2. P e t r u s

1,12

1.4 1,11

96,1 1 3 0 , 1 13 2. 2

4. J

i. * 3.« 3.10

45," 51.1 5».1 160,1

6

45." 123,2

Judas 45.'

VERZEICHNIS WICHTIGER STICHWÖRTER Abbild Christi 125 126,1 127,3 Abendländisch 23,1 Abendmahl 127 1 3 9 — 1 4 2 143 Aberglauben, Superstition 8, Zus. 1 78.2 86,x 1 0 1 , 4 103,4 1 4 1 , 2 Abfall 155,2 Abgötterei (s. auch Götzendienst) 68,1 Abhängigkeit, Abhängigkeitsgefühl 4,2fr. 5 30,1 32—34 36 46—48 50 57 90,2 u . ö . Absolution 1 4 1 , 1 143,3 Adoption — s. Kindschaft Ägypter 10, Zus. Allgegenwart 5 1 , 1 53, 84,4 u . ö . Allmacht 47,1 5 1 , 1 52,1 54 55 57,1 6 1 , ) 65,1 7 9 , i f . 80,4 81,3 83,3 167,2 u. ö. Allwissenheit 51,2 5583,3 84,4 168,1 u. ö. Altes Testament 39» 1

4 * 45.»

12,3

14, Zus. 27,3

59.Zus-

61.1

61,4

99, Zus. 103,1 1 1 0 , 1 128,2 130,1 1 3 2 143,3 156,1 170,3 Amerika 172,2 Ämter Christi 102—105 127,3 Andacht 87,2 Anfang der Welt (s. auch Schöpfung) Anschauen Gottes 163 Antichristlich 22,2 Apokalypse 103,3 Apokatastasis — s. Wiederbringung Apokryph 129,2 130,2 ff. Apologeten, Apologetik 2,2 ff. 1 1 1 2 , 3 28.3 Apologie 42,2 61, j 70 71 7 2 , 1 . 4 74 104,1 108 109,3 1 1 2 140 1 4 1 , 1 142 156 Arianisch 123,2 170,2

Armut 61, j Articuli Smalcaldici 42,2 71 72,1. 4 108,5 1 1 2 1 3 1 137 138 140 1 6 1 , 2 Aseitas 54, Zus. Ästhetisch 9,1 f. 29,2 63,1 76,1 u . ö . Athanasianisch 172,3 Atheismus — s. Gottlosigkeit Atom 49,1 Auferstehung Christi 98,1 99 103,2 1 1 4 , 1 1 2 2 , 1 159,2 170,3 Auferstehung der Toten 159,3 161 163 Bann — s. Kirchenbann Barmherzigkeit 85 86,2 1 1 8 , 2 u . ö . Begierde 61,5 73,2 74,2 Bekehrung 107 108 u. ö. Bekenntnis 16,1 138 u . ö . Bekenntnisschriften, Symbole, Symbolisch 27 37 135,2 u . ö . Berufung 100,2 116,2 Beschneidung 143,3 Beseelung 100,2 Bestehen der Kirche 1 1 4 126—156 Beste Welt 59, Zus. Beweise 14,3 14, Zus. 33 u . ö . Bewußtsein 51,2 53,1 56 u . ö . Bösartigkeit 69,1 Böses, Urböses 22,2 f 44,2 45, Zus. 48,1 ff. 89,1 167,2 Bürger 100,3 Bürgerrecht in der Kirche 137 Buße 108 Bußkampf 108,3 Bußübungen, Kasteiungen 86,1 87,2 u. ö. Canones Synodi Dordrechtanae 120 Catechismus Genevensis 36

573 Catechesis Heidelbergensis 137,2 147 Catechismus maior 104,4 136,4 141

142 137

Catechismus minor 43,1 Catechismus Racoviensis 140,5 Catechismus Romanus 108,1 137,3 141.1 Christentum 8,4f. 9,"f. 1 1 1 2 6 3 1 2 1 , 3 15 2,1 u. ö. Colloquium Lipsiense 120 137 Communicatio idiomatum — s. Mitteilung der Eigenschaften Confessio Anglicana 37 70 80,2 96 97,2 104,1 1 1 2 1 1 9 1 3 1 134 140 Confessio Augustana 37 44,2 63,2 66,2 70 71 72,1. 4 81 96 97,2 105.2 108 108,5 109 I T I , 1 134 137 138 140 145 156 170 1 7 1 Confessio Basileensis 71 145 166 Confessio Belgica 41 44,2 6 1 , 5 70,2 71 72,iff. 96 97,2.4 98,1 104,3 108,j 109 1 1 1 , 1 1 1 2 1 1 8 , z 130 1 3 1 137 138 141 142 145 147 156 160 171

Confessio Bohemica 36 71 82 Confessio et Expositio simplex 37 70 74,1 81 96 97,2 104,4 105,2 108 109 n i 1 1 2 1 1 9 120, Zus. 1 3 1 134 137 138 140 141 147 156 160 1 6 1 , 1 170 Confessio Gallicana 37 70 71 72,1. 4 73 96 97, 2 - 4 104,6 108,5 109 i i i . i 112,5 1 1 8 , 2 130 1 3 1 134 137 138 140 145 170 1 7 1 , 3 Confessio Helvetica 44,2 61,5 72,1. 3. 4. 96 97,2 108,5 130 134 Confessio Hungarica 37 81 170 Confessio Marchica 1 1 9 120 1 3 1 Confessio Miihlhusana 104,4 1 1 2 Confessio Saxonica (Repetitio Confessionis Augustanae) 70 108 1 1 9 ' 3 4 1 3 9 . 2 1 4 1 , 1 145 156 Confessio Scoticana 37 104,4 130 141 156 Confessio Tetrapolitana 104,1 109 145 Cynisch 77, Zus.

Darstellungsmittel 59 Declaratio Thoruniensis 1 0 4 , 1 130 138 Dekalog 1 1 2 , 5 Demiurg 81,1 Diakonen, Diakonat 133,2

111,1

134,1

145.2 Dialektisch 28 u. ö. Dichter, Dichterisch, Dichtung 45, Zus. 50,1 5 1 , 1 52,1 53,1 55,2 59, Zus. 85 97M 1 2 9 , 1 1 3 5 , 1 Dogmatik, Dogmatisch 15 16 17 18 19 20 21 25 27,4 28 128,3 8, Zus. 2 (Th) u. ö. Dogmengeschichte 97,4 Doketisch 22 93,3 96,2f. 97,1 100,3 158,2 Donatisten 137,3 Dreieinigkeit, Trinität 96,1 97,2 99, Zus. 1 2 1 , 1 122,2 1 2 3 , 1 1 7 0 — 1 7 2

Ebenbild Gottes 61,4 Ebionitisch, Nazoräisch 22 96,2 Ehe 143,2 Eigenschaften, göttliche 30 3 1 , 1 35,2 50 56 64,2 65,1 79 82, Zus. 90,2 164—169 u. ö. Eigentümliches in der Dogmatik 25 Einfachheit Gottes 56 Eingebung (Inspiration) 14, Zus. 130 Einheit Gottes 56 Einheit der Kirche 127 150 Einsicht — s. Verstand Einwohnung des Geistes 124 Einzelner (s. auch Individuum) 54,2 63 69,' 77 125 127 136 145 Empfänglichkeit 4,1 91 Empirisch 100,3 1 0 1 , 3 Endlichkeit, Endlichkeitsbewußtsein 8,2 33 Engel 42 43 44,1 45,2 61,3 England 172,2 Entstehen der Kirche 1 1 4 1 1 5 — 1 2 5 Entwicklung 7,2 8,2 10,1 1 3 , 1 33, if. 68 72,5 u. ö. Epitome 69, Zus. 71 1 1 1 , 2 1 1 2 , 1

574 Erbsünde 69, Zus. 70 71 73 81, i 97,2 1 4 1 . 1 u. ö. Erfahrung 61 64 88,5 100,3 i o i . j u. ö. Erhaltung 36 37,1 ff. 38,1 39 46 47,1 48,^ 49,*f. 59, Zus. 89,3 99, Zus. 164, z u. ö. Erkenntnis der Sünde 68,3 108,2 1 1 2 , j Erleuchtung 107,2 Erlösung, Erlöser 1 1 13 14 22,2 29 6} 70 74 86 87,1 88 89 91—94 99,1 100 101 102,3 106,1 109 1 1 3 118 125 158,2 164 166 168,2 u. ö. Erlösungsbedürftigkeit 70 72,4 83 86,1 91

Erneuerung 107,2 Erwählung 116—120 Erziehung 69,1 Eschatologie (s. auch Letzte Dinge) I59» 1

Ethik, Ethisch 2,2. 3. Zus. 3 16, Zus. 48,1 Ewigkeit, Ewiges Leben 51,1 52 53,1 103.2 u. ö. Ewige Zeugung 171,2 Expositio Fidei 140,3 Familie 6,4 7, • Fanatisch 80,4 87,3 96,2 1 1 1 , 2 Festigkeit des Herzens 108,3 Fetischismus 8,1 ff. 33,2 Firmelung 138,2 141, if. 143,2 Fleisch 66 67,1. 2 68,1 71,2 74,1 86,1 96,3 u. ö. Formen der Reflexion 31 Fortdauer nach dem Tode (s. auch Ewigkeit) 118 158 Freiheit, Freiheitsgefühl 4,2 ff. 5 49, iff 55,3 63,1 74,3 81 u. ö. Frömmigkeit 3 4 46, iff 47 54,1 154 u. ö. Fuß waschen 139,3 Gattungsbewußtsein 6,2 60 61,1 Gebet, Gebetserhörung 47,1 104,5 127 136,4 143,2 146—147 157,2 u. ö. Gehorsam Christi 104

Geist 34,1 42,1 55,1 56,1 59 60,1 61, j 66 67,1. 2 68,1 71,2 76,2 81 94,5 96.1 97,2 u. ö. Geist, heiliger 61, j 99, Zus. 105, Zus. 1 1 6 121—126 130 144,1 157,1 u. ö. Geistigkeit Gottes 5 5 Gemeingeist 1 2 1 — 1 2 3 u. ö. Gemeinschaft, Gemeinsam 6 7 14 60,2 77 91 105 1 1 0 , 1 1 1 3 141 1 5 1 163,1 u. ö. Genugtuung 104,4 Gerechtigkeit 61,1 82, Zus. 84 85,2 86.2 104,3 118,2 u. ö. Gerechtigkeit, bürgerliche 70,3 87,2 Gericht 99,1 142 u. ö. Gesamtleben 82,3 83 86,1 87—89 90,1 1 2 1 123 u. ö. Gesamtschuld 70 Gesamtwunder 103,4 Geschäft Christi (s. auch Tätigkeit Christi) 92,3 125,1 u. ö. Geschäftsführung 134 Geschichte, Geschichtlich 7 10 13 33, Zus. 39,2 40,2 49, Zus. 50,1 55,2 57,2 59, Zus. 61 79,1 89,2 93 97,i 108,j 126, if. 155,2 Geschichtskunde 2,2 Geschlecht, menschliches 71 Geschlechtstrieb 97,2 161,1 Gesetz 66,2 68,3 83,2 103,2 104,3 i i 2 , j 144 145,1 f. Gesetzerfüllung 104 Gesinnung 48,3 56, Zus. u. ö. Gesundheit Christi 98,2 Gewissen 6,2 68,2 74,2 83 84,4 1 1 0 , 1 134,2 145,1 163, Anh. Glaube 3,4 10 1 1 14 61 108 109 1 1 2 120 126,2 128 129 1 3 1 , 2 u. ö. Glaubenslehre, Glaubenssätze — s. Lehre Gnade 63 64 65 70,2 79,2 80 84,1 86 87,1 89,1 90 105,2 108,2 110,2 i n u. ö. Goldenes Zeitalter 59, Zus. Gottesbewußtsein 5, Zus. 6,1 ff. 50,1 59 60 62 63 66 67 74,2 80, if. 83,1fr. 89 94 100 106,1 u. ö.

575 Gottlosigkeit, Gottvergessenheit, Atheismus 1 1 , 2 3 3,2 f. Gottmensch 99, Zus. Götzendienst 7,1 8 Griechische Kirche 1 4 1 , 2 1 4 3 , 1 Gut und Böse 28,1 48,3 72,5 Häresie — s. Ketzerei Heidenchristen 14,3 150,1 Heidentum, Heidnisch 12 24,4 74,4 76,> 7 7 . 1 95»' 96,1 9 7 , 1 98. 1 I 0 3 , 5 104,4 108,4 117,3 129,2 1 3 1 , 2 150,1 162.2 164,2 172,1 Heilige 43,1 Heiligkeit 82, Zus. 83 84,1fr. Heiligung 70,2 100,1 106 108,2 1 1 0 — 1 1 2 1 1 9 , 1 1 2 1 138,2 162,1 Hellenen 10, Zus. Hellenismus 9,2 Hermeneutik, Hermeneutisch (s. auch Schriftauslegung) 10, Zus. 27,3 130,2 131,1fr. Heterodox 25, Zus. Heuchelei 74,3 Himmelfahrt Christi 99 103,2 1 1 4 , 1 1 2 2 , i f . 158,1 161,3 170,3 Hirt 102,1 Hoherpriester, Hohepriesterlich 102 120, Zus. 143 u. ö. Höllenfahrt Christi 99,1 Homiletisch (s. auch Predigt) 85 Jammertal 87,1 Ich 52,2 Idee 32,2 61,4 83,1 1 1 8 , 1 Indier 10, Zus. 1 5 1 , 2 Individuum, Individuell (s. auch Einzelner) 2,2 10,2f. 72,3fr. 1 0 1 , 1 Inneres-Äußeres 60,2 Innerlichkeit 51,2 Inspiration — s. Eingebung Intelligenz 48,2 84,2 Intercessio — s. Vertretung Irrtum 98,1 99,2 149 153 155 Islam, Mohammedanisch 8,4 9,2 32,3 158.3

Judentum, Jüdisch 8,4 9,2 10, Zus. 1 2 14,5 27,3 32,3 42,. 45,1 50,1 76,' 7 7 , J 93, 2 -5 94, 2 95, 1 97, 2 I02,1 ff. 103,3f. 104,4 108,4 H7,3 123.1 129,2 1 3 1 , 2 150,1 158,3 161,2 164.2 Jünger 99,2 122,2 u. ö. Jungfräuliche Empfängnis 97,7 Jüngstes Gericht 159,3 161,2 162 Kalvinisch 142,3 Kampf 93,4 98,1 Kanon, Kanonisch 129,2 130 1 3 1 , 1 Kasteiungen — s. Bußübungen Katechismus — s. Catechismus Katholizismus, Katholik, Katholisch, Römisch 19,2 2 1 , 1 22,3 23 24 27,1fr. 28.2 34,2 43,1 6 1 , j 87,3 102,3 103,4 104,4 108,1 109,1 1 1 1 , 2 127,1 128,1 140,2fr. 1 4 1 , 2 143,1fr. 145,2 Kausalität 51,1 Kerygma, Verkündigung 15,2 16, ifT. 18,1 ff. Ki tzerei, Ketzerisch, Häresie, Häretisch 21 22 25, Zus. 27,2 1 3 7 , 1 1 5 1 , 1 Kinder, Kindheit 5,1 33,2 61,3 7 1 , 1 93.3 Kindertaufe 108,4 138 Kindschaft (Adoption) 109 Kirche, Kirchlich 2 3 6 1 1 , 1 12,3 1 4 , 1 16,1 17 19 20,2 23 24 26 64,1 95 113 114 115—163 Kirchenbann 145,2 Kirchengeschichte 19, Zus. Kirchenrecht 105,2 Kirchenväter 27, Zus. Kirchenverbesserung — s. Reformation Klerus (s. auch Priester) 134,2 145,2 Knechtschaft 74,3 81,2 Konfession — s. Confessio König, Königlich 102 104,3 105 106,2 144 Konsubstantiation 140,2 Kraft, ewige 52,1 Krankheit 6 1 , j 75,2 81,2 Kritik, Kritisch 95

576 Kunst,

Künstler,

Kunstwerk

5 5,1 ff.

95.» 9 4 . 1 168,' Lebensförderung 48 u. ö. Lebenshemmung 48 u. ö. Lehre, Glaubenslehre 10, Zus. i j 16 17 18 19 20 21 23 26 27 29 30 64 6; 81 88,) 90 91,2 95,1 103 u. ö. Leib Christi 125,1 Leiden 78,1 82,2 97,5 101,1. 4 104,4 u. ö. Leidentlichkeit, Leidentlich 51,1 55,1 59.'65.-78 Letzte Dinge 159 Liebe 97,3 112,sff. 165 166 167 u. ö. Logos 13,1 Lohn 1 1 2 , ; Lust und Unlust 50,4 62 66 Lutherisch 24,4 27,1 97,5 142,)

Magisch 47,2 75,) 77,1 100,3 108,4

127,3

136,4

i37,*f.

101,3 138,2

140,2 2

578 Seligkeit 5,4 15,2 62,1 80,1 87 91 101 108 1 1 9 137 159,5 Separatismus, Separatistisch 87,5 100,3 102.3 108,5 1 2 1 , 1 126,1 1 3 3 , ' Sicherheit 74,3 Sinnesänderung 108 Sinnlichkeit 69,3 72,1 84,3 u. ö. Sittenlehre 6,2 9,» 10, Zus. 26 29,1 56, Zus. 58,1 60,3 78,1 98,1 105,1 1 1 1 . 4 1 1 2 , 1 126,1 133,» 169,3 Sittlich 9 50,3 u. ö. Sohn Gottes 4 1 , 1 96,1 u. ö. Solida Declaratio 44,2 61,5 70,1 72,3 81 82 96 97,4 104, jf. 105, Zus. 108,6 1 1 1 , 1 1 1 2 , j 1 1 9 120,2 Sozinianer 140,4 Spekulation (s. auch Metaphysik, Philosophie) 4,4 (Th) 50,2 56,2 (Th) 90,2 1 1 4 , 2 126,2 167,1 Sprache 1 5 , i f . 16,1 ff. 17,2 1 8 , z f . 28 61,1 Staat 2,2 3,1 17,1 100, j 105,3 122,2 Stand der Erniedrigung und Erhöhung 105, Zus. Störung der Natur 68 Strafe 71,2 76 78,1 82,1 84,1 f. 86,1 f. Strafleiden 101,3 Streitende Kirche 157,1 1 5 9 , ' Substanz-Accidenz 52, Zus. 81,1 Sünde 59, Zus. 61,5 63—65 67—69 72—82 84 86 87 89 94 1 0 1 , 1 n i Sündenfall 76,3 Sünde wider den heiligen Geist 74,2 Sündhaftigkeit 70, 7 1 , 1 ff. 72 84 u. ö. Supernaturalismus 19,3 (Th) 22, Zus. Superstition — s. Aberglauben Symbol, Symbolisch 24,2 76,3 Symbole — s. Bekenntnisschriften Symbolum Nicaenum 96 97,2 99,1 Symbolum Quicunque 96 99,1 170 1 7 1 Symbolum Romanum 97,2 99,1 Synagoge 132 Tätigkeit Christi, Wirksamkeit Christi 92 93,1 99,1 100 101 Taufe 103,2 108,4 i n , 1 136—138 1 4 1 , < f. 143

Teleologisch 9, i f . 1 1 48,2 56 Zus. 59,1 63, i f . 7 1 , 4 72,3 76,1 IOO, i 1 0 1 , 1 Teufel, Satan 43,1 44 45 72,2 s. Theokratie 105,2 1 2 3 , 1 Theologie 10, Zus. 1 3 , Zus. 16, 40,1 60,3 u. ö. Theophanie 42,1 Tiere 61,2 Tod 48,2 59, Zus. 98,1 104 158 Todsünden 74,2 Transsubstantiation 140,1 1 4 1 , 2 Trinität — s. Dreieinigkeit Triumphierende Kirche 15 7,1 Trennungen in der Kirche 152 Tugend 61,4 93,4 Tyrannei 105,1

58,1 8$, 1 81,1 Zus.

Übel 48,1 ff. 49, Zus. 75—78 82 84 85.1 87,1 104,4 Übergehen 119,2 Übernatürlich 13, 47,1 ff. 88,4 94,3 97,2 u. ö. Übervernünftig 13 u. ö. Unabhängigkeit 54, Zus. Unendlichkeit 50,3 56 Unermeßlichkeit Gottes 53, Zus. Union Vorrede 140,1 Unitarier 10, Zus. (Th) 172,2 Unpersönlichkeit 97,2 Unseligkeit 86 87 Unsichtbare Kirche 148 149 150 1 5 1 153—155 l 6 2 . ' Unsterblichkeit 98,1 158,iif. 1 6 1 , 1 Unterricht 138 Untrüglichkeit der Kirche 149 1 5 3 — 155 Unveränderlichkeit 52, Zus. Unwürdiger Genuß des Abendmahls 142 Urbild, Urbildlich 10, Zus. 55,1 93 94.2 97,2 125,1 u. ö. Urböses — s. Böses Ursächlichkeit 50,3 51—-54 55,1 81,1 ff. 82—84 165 u. ö. Ursünde 7 1 , 1

579 Vaterländisch,

Vaterlandsliebe

70, j

9 3 . 5 105,5

Verdammnis 1 4 2 , 1 159,3 163, Anh. Verdienst 63,1 Vereinigung 96,1 97 Verfolgungen 8,3 Vergebung, Vergeben 84,2 86,3 1 0 1 , 1 109 i n 1 2 7 , 1 u. ö. Vergeltung 1 5 8 , 1 159,1 Verkündigung — s. Kerygma Vernunft 2,iff. 1 1 , 4 1 3 , i l . 33,2 50,2 61,3 94, 1 " 2 , 5 " 3 . 3 u - ö. Versöhnung 101 102,3 104 u. ö. Verstand, Einsicht 61,3 68 96,1 u. ö. Verstockung 74,3 80,2 81,4 Versuchungsgebiet 1 1 1 , 4 Versuchungsgeschichte 98,1 Vertretung (Intercessio) 104 109,5 Vervollkommnungsfähigkeit — s. Perfektibilität Verwerfung 1 1 9 , 2 Vielgötterei, Polytheismus 5, Zus. 7,1 7.3 8,1 ff. 9,2 10,1 32,3 33,2 50,1 56,2 94,2 96,1 99, Zus. 120,2 Volkstümlichkeit, Volkstümlich 93,5ff. 97,2 103,2 Vollendung der Kirche 1 1 4 1 5 7 — 1 6 3 Vollkommenheit 57 58 60 61 65,1 68 7 5 , i f . u. ö. Vollkommenheit, unsündliche 88 91 98 108 u. ö. Vorbild, Vorbildlich 93,2. 5 1 5 7 u. ö. Vorgefühl 146 Vorherbestimmung (Prädestination) 119 Vorsehung 58,3 164,2 Weisheit 55,1 84,1 165 167,1 168 169 Weissagung 14, Zus. 88,2 89,5 103

Welt 30 34—36 37,3 38,3 40—41 46. 1 ff- 57—59 75 94, 1 " 6 148 162 169 u. ö. Weltliches Regiment 105,2 1 2 1 , 1 Weltregierung, göttliche 1 1 7 120 164 165 Weltweisheit — s. Philosophie Werke, gute 1 1 2 u. ö. Wertunterschied unter den Menschen 74 Wesen und Dasein Gottes 56,2 Wiederbringung (Apokatastasis) 162,1 163, Anh. Wiedergeburt 47,1 106 107—109 1 1 0 , 1 i n 1 1 5 , 1 1 1 6 , 2 1 1 9 , 1 120,2 124 125, Zus. 136,3'. 137

148,1

Wiederkunft Christi 99 158,2 159,3 160 Wiedertäufer 138,2 Wille 68 80,4 8 1 , 1 96,1 1 1 2 , 1 u. ö. Willensfreiheit 49,1 54,4 72,2 81,2 u. ö. Wind 108,2 Wirklich-Möglich 54,2 55,2 Wissen 3 55,1 ff. 93,2 94,2 u. ö. Wissenschaft 3,1 16,}(. 17 19 27,4 28 30.2 f. 33, Zus. 37,2 40,1 47,3 49, Zus. 50.1 59,1 60,3 u. ö. Wohlgefallen, göttliches 120 Wort 55,1 96,5 108,5 127 1 3 3 — 1 3 5 Wundentheologie 104,4 Wunder 14, Zus. 34,2 47, iff. 49, Zus. 88.2 93,3 103 u. ö. Würde Christi 92 93,1 Zeit 41,2 5 1 , i f . 52 53,1 54 Zeugung, übernatürliche 97,2 f. Zorn Gottes 84,3 85,2 104,4 109,4 Zulassung 81,4 Zweinaturenlehre — s. Natur Zwischenzustand 1 6 1 , 2

ANMERKUNG Der Herausgeber weist darauf hin, daß Schleiermacher neben den altkirchlichen und lutherischen Bekenntnisschriften in großem Umfange sich mit den Bekenntnisschriften der reformierten Kirche auseinandergesetzt hat. E s handelt sich um folgende Schriften: A m häufigsten werden zitiert: Expositio simplex, Conf. Belg.; Conf. Gall. 37«

680 Außerdem, aber weniger häufig, werden herangezogen: Conf. Angl.; Conf. Basil.; Conf. Bohem.; Canon Dordr.; Cat. Heidelberg; Conf. Helv.; Conf. Hung.; Coli. Lips.; Conf. March.; Conf. Mylh.; Conf. Scot.; Conf. Thor. Die entsprechenden Stellen sind mit Hilfe des Stichwortverzeichnisses leicht zu finden. Da es eine vollständige, moderne, kritische Gesamtausgabe der Bekenntnisschriften der reformierten Kirche zur Zeit noch nicht gibt, mußte auf die Ausgabe von H. A. Niemeyer zurückgegriffen werden, die in den vergangenen Jahrzehnten am häufigsten gebraucht wurde und noch in den meisten wissenschaftlichen Bibliotheken vorhanden ist. Die Ausgabe von E . F. K . Müller (1903) enthält leider nicht alle von Schleiermacher zitierten Bekenntnisschriften.