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German Pages 264 Year 1829
Denkwürdigkeiten
005
Grafen
von
M ....
cine
Wirente Schiloerung feines Lebens und ſeiner Chickſale zu ben Zeiten des nordamerikaniſchen Sefreiungskrieges, der franzöſichen Revolution bis zur Reſtauration .
aus denn Franzöfifchen überfekt
A.
Leva
ſeu
in Paris.
eau
1829.
Druck und Berlag von 3. C. Fritſche und Sohn.
M834mig
nha
I
!
t.
Erftes Kapitel.
Meine Geburt. Erziehung.
Meine Wiege .
Seite Erſte
Erſcheinung in der Welt. -
Königlicher Befehl , der mich nad Pierre- en Cize ſhidt..
3 weites Kapitel. Uchtzehnmonatlicher Aufenthalt. Flucht.
Ausführung.
Entwurf zur
Ausfall mitten
Gaft: am Sage und mit bewaffneter Sand. freundſchaft eines Kaufmanns in lyon. Unkunft in der Auvergne. - Familienvertrag, Abreiſe nach der ſogenannten Jufurgentena"
Armee in Amerika.
16
Drittes Rapitel. Schiffbruch. - Williamsburg. - Serr Jeffers Beſchreibung der amerikaniſchen Ar: fon . Mein Empfang beim General la mee . Ich werde Adjutant. 367485
Die Wilden :
IV MWWW
Seite
Oneidas . Lager von Walley - Forges . Scheinausfall der engl. Armee. sphiladels
G
phia wird geräumt. Niederlage bei Rare: ton- Rivers. Schlacht und Sieg bei Mont Belagerung von New York, mouth. Arnolds Verrätherei. –
Gefangenehmung,
Verurtheilung und Tod des jungen Major An dre', - Graf Carlisle und Herr v. La F .... Angriff Graf Eſtaing vor New - York. Aufhebung der Belage: auf Rew : Port. tưng •
Abreiſe nach Frankreich. – Sturm. Ein engl. Verſchwörung an Bord. Corfar wird genommen. Ankunft in Breft.
43
il
Viertes Kapitel. Beſuch bei meinem Vater. - Unkunft zu Paris. Ich bekomme ein Rittmeiſterdiplom . über Paul Jones und den Hauptmann Lan Wiedereinſchiffung. Rückehr dais.
d
Landais, wird
$
zut amerikaniſchen Armee.
Feldzug während der überfahrt verrüdt. von 1781. - York- Zown. - Capitulation. Ende des amerikaniſchen Landkrieges. -
fc an
Id tehre nach Frankreich zurüd . - Xriumph.
R
Feſte und Bälle daa Wir lichten Anker . C - Ankunft
einzug in Corogna. felbft, 34 Lorient,
104
Konto
PAE
Fünftes Kapitel. Seite Entwurf einer Erpedition nach dem Senegal. — Der Cincina Beſuch zu Pierre- en- Cize. natusorden . – Bergnügungen des Friedens. Das Jahr Reiſe nach Cochindiina. 1789 . Schwindelgeiſt zu Paris und Ber: Herr v. la F .... nimmt Partei failles. Ich wandre mit mei: für die Nevolution, Feldzug in der Cham nem Bruder aus.
pagne. -
Niederlaſſung zu Lauſanne.
Gründung eines der größten wandlungshäufer. Eine Schuld Unverhoffte Neuigkeit. ruft mich nach Amerita . -
Ich diffe mid
129
zu bamburg ein.. Sedeftes Kapitel. Philadelphia ift in ein neues Salent verwan: delt, Gleiche Einfachheit der Sitten .
Sr. Mac : Henry , Kriegeminifter. Herrn Duportail.
über
über Moreau de St.
Mery. – Vorſchläge, die man mir macht. – Deputation an das Direktorium wegen Ents Der Paftetenbäder Marino Tchädigung. and ør. v . Volney. Die Fürften von D. Obrift Samilton . Reiſe nach New - York. über die Bereinigten Staaten . Bus
ſammentreffen mit dem Chevalier . , -
VI WWW Seite Erinnerungen an Herrn 6. la .... und Nachridhten über ſeine Entweichung aus Pl. müs. -
Meine Rüdtebe nach Europa.
163
Siebentes tapitel.
Unkunft in Bamburg. - Abreiſe nach Frank: teid . -- Die Zollbeamten zu Antwerpen . Mein Aufenthalt in Frankreich. - Reiſe nach Irieft. Jofeph de la Broffe. Die Statthalter 3., B. und F. Gerzog von D. -Guſtawfon . - bieronymus Bonaparte. +
208
Er ſte $ Meine Geburt. bung .
Kapitel .
Meine Wiege. -
Erfte Erzie:
Erſcheinung in der Welt.
Königlicher
Befehl, der mich nach Pierre - en - Cize fchidt.
ch erinnere' mid ),, geleſen zu haben ,, daß 1637 Ich die Königinn Anna von Öſterreich Paris bewohnte ; der König Ludmig XIII . , von Vincennes nach St. Germain zurückkehrend, Gewitter überraſcht,
warb von einem heftigen
und ſchlief in den Tuilerien .
Ludwig der Große ward den 5ten Sept. 1638 ge boren. Wenn ich beim Leſen der franzöſiſchen Ges ſchichte dieſe Bemerkung und diefe Übereinſtimmung fand , innern ,
konnte ich mich nie ohne Lachen daran er: daß mein verſtorbener Vater ,
der mich
nicht fehr liebte , mir mehr als einmal geſagt hat :
Junger Herr , Du wäreſt nicht auf der Welt , hätte ich nicht in der und der Nacht, in dem und dem Jahre, Flöhe in meinem Bett gefunden !" Das Ehes 1
2
bett ward der natürliche und geſegliche Zufluchtsort meines
Herrn Baters ;
ich
bin
auf die recht:
lichſte Weiſe vou der Welt die Wirkung dieſer Ur: ſache geworden ,
und ward ,
unter den Aufpicien
der Flöhen , geboren den 21ſten April 1758 ; mein Vater war Cäfar v . m
Graf von
... Ch .
P. , und meine Mutter M ... Ch .. : V. S. eine junge , ſchöne Frau , wie man mir geſagt hat, denn ich war ſo unglücklich ,
ſie zu verlieren ,
ehe
ich ſie kannte. Das edle
Erbgut
meiner Ättern
mit ſeinen
dicken Mauern und Feinen großen, fdwarzen , ächt geſchichtlichen Thiirmen hat mir ſeinen Namen ge geben ,
iſt aber
deßwegen nicht weniger traurig.
Mein Vater, Herr einer kleinen Stadt und vieler Kirdyſpiele, hatte neben feinen bürgerlichen Rechten auch das geiſtliche, die Prediger in den ihm anges hörigen Dörfern zu ernennen .
Der Graf Ch . lebte
mit ſeiner Gattinn mitten unter ſeinen Unterthanen, und dieſe von Beider Wohlthaten . die Rechte der Menſchen ,
Niemand kannte
aber alle kannten
und
übten die Pflichten der Dankbarkeit und Ehrfurcht. Es iſt Thatſadje,
daß , wenn meine Mutter aus:
3 YA WWW ging , Frauen und Kinder auf die Kniee ſanken und den Himmel und ihre Gutsfrau fegneten .
Männer
und Greiſe nahmen von fern ihre Hüte ab , wenn ſie ihren Herrn kommen ſahen , und man läutete War dieſer Austauſch von Schus die Gloden. und Liebe tadelnswerth ?
War es etwas anderes,
als Kinder , die ihre Ältern verehren ? Das alte ,
ungeheure Schloß
beherrſchte den
Flecken und das reiche Thal der Sioule , das von den Gipfeln der monts d'or majeſtätiſch bekränzt wird ; aber alle unſere reizenden ,
lieblichen Gegen:
den der Auvergne , lo ſchön , wenn die Natur ruhig iſt, bieten oft in einer Nacht ein ganz verändertes Schauſpiel
dar ;
unſere
Bäche
durch ein einziges Gewitter ,
werden
Ströme
und das Schwellen
des Waſſers erweckt Beſorgniß und Gefahr. wohnheit macht verwegen ;
Ge
darum laufen die Ein
geborenen häufiger Gefahr, als Reifende , weil ſie zu viel wagen.
So wollte eines Abends ein Nach
bar und Freund meiner Ältern nach Hauſe zurück kehren ;
er war zu Pferde,
verfehlte die Furth,
die er wohl zu kennen glaubte ,
und ertrank
der Sioule , die damals einem Strome glich.
in
Dieſe
4
ſchreckliche Begebenheit,
die man meiner jungen
Mutter ohne Vorſicht meldete ,
war die Urſache
ihres faſt plöblichen Todes . Dieſe Vorfälle abgerechnet ,
die auch in an
deren Familien ſich ereignen können ,
erinnere ich
mich nid )ts Bemerkenswerthen von meiner Geburt bis zu meinem 10. Fahre, außer daß ich eine ge wiffe Karakterſtärke befaß ,
etwas von dem ,
was
Plutarch, vom Alcibiades , als Kind , anmerkt , ober was der Geſchichtſchreiber des guten
Sonnetable
Bertrand von ihm als kleinen Knaben erwähnt. Ich ward faſt ganz bei meiner Großmutter, Eines Tages erzogen .
der Präſidentinn v. S. ,
fragte man mich beim Mittagseſſen : ner ,
willſt du
Spinat ? "
Spinat nicht. " -
Mein Klei
i, Ich liebe den
,, In deinem Uiter muß man
alles lieben ; du ſouft den Spinat eſſen . " Ich 1) will ihn nicht eſſen !" ,, Du ſollſt ihn eſſen ! " und der Spinat warb mir vorgeſegt.
Ich muß
aber alles bekennen , da ich mich deſſen erinnere ; es ſcheint, als habe ich den Teller genommen und den Spinat meiner guten Großmutter , großen Entſegen , ins Geſicht geworfen .
zu ihrem Man ſagte
5
mir : „ Junger Herr, gehen Sie in ihre Stube. " Meine Großmutter , eine fromme, ehrwürdige Frau, ward bald betrübter , das Unrecht,
als id );
denn ich fah nur
was man gehabt ,
mich zwingen zu
wollen , Spinat zu eſſen , da ich erklärt hattē , id ) tiebe ihn nicht.
Die gute Präſidentinn ,
alles Gott anyeim ftellte , Ulter [chob , ,, Lepage ,
die dies
und auf mein jartes
ſagte zu ihrem alten Kammerdiener :
geht zu meinem Enkel ,
fagt ihm ,
er
folle mich um Verzeihung bitten ; hier iſt ein Louis für ihn . "
Der Diener zweifelt nicht am Erfolge,
hält eine Rede nach ſeiner Art, die mit den Wor ten ſchloß : ,, da iſt ein Louis , mein Herr Junker, den Shnen die Frau Großmutter ſchickt, wenn Sie fie um Verzeihung bitten , und Spinat effen wol ten .“
Der Louis hatte daſſelbe Schickſal, wie der
Teller ;
ich warf
den Kopf. ich ,
ihn ſtolz dem atten Diener an
Glaubt meine Großmutter , "
fragte
daß ich für Geld um Verzeihung bitte ?."
Ich mußte wohl damals mit der Untwort Tehr zur frieden ſein , da ich ſie mir gemerkt habe.
Die Bez
gebenheit endigte wahrſcheinlich , wie alle der Art: der junge Herr bat , die Großmama verzieh ; aber
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trok dem ſind der Spinat und ich nie gute Freunde geworden. Im Jahre 1773 vertauſchte ich die toga prae texta mit der toga virilis, d. h. ich erreichte mein 16tes Jahr , und hier beginnen die Stürme mei: nes Lebens. Der Leſer muß wiſſen , 88 fagen ,
und darum muß ich
daß mein Vater zwei Schwäger hatte ;
beide waren mir treffliche Oheime ,
die mir mit
dem beſten Willen von der Welt alles mögliche übel zugefügt haben ;
ihrer guten Abſicht halber
werden ſie es wohl nicht vor Gott zu verantworten haben .
Der eine war der Präſident v. S. ,
andere M. H. , rath ,
welcher
Baron von u ., als Wittwer
Fräulein v . St. S. ,
der
Sberrechnungs
mit dem geborenen
der Wittwe des Herrn P.;
von dem ſie eine Tochter hatte ,
vermählt war .
Frau P. , meine Stieftante, verheirathete ihre Tod ): ter mit meinem älteſten Bruber , und ich weiß nicht, ob aus Berechnung; ich aber ward keineswegs der Gegenſtand der Zärtlichkeit oder der Nachricht mei ner zufälligen
Tante,
welche durch den Einfluß
des Kopfeiffens in Kurzem meinem eigenen Oheim,
9 1
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ihrem leichtgläubigen Manne ,
alle ihre Empfin =
dungen der Gehäſſigkeit und ihre Vorurtheile gegen mich einzuflößen wußte . junge Schwägerin Vorſichtigkeit
überzeugt,
theilten nicht im geringſten die
meiner
Schwiegermutter. das
Mein Bruder und meine
Tante ,
Es
ſcheint
ihrer Mutter mir ,
und
ja ich bin
dem Mangel ihrer Liebe zu mir
eine Berechnung ihres mütterlichen Sinnes zum Grunde lag. Ich war nur ein jüngerer Sohn aus uns ;
ſcheint es denn ,
daß durch die Anwendung einer
der vier Regeln der Rechenkunſt, das Abziehen ge nannt , zu meinem Schaden angewendet , nach ihrer Meinung ihre einzige , mit meinem Bruder verhei = rathete Tochter , zufolge gewiſſer Maßregeln , einzige Erbin werden würde ; dies zeigte ihr ein anmuthigeres Familiengemälde, und in Zukunft eine ungeſchmälerte Erbſchaft. Meine Eante arbeitete nach dieſem Ziele, ich werde meiner Treue nicht ſagen , in allen Ehren ; aber es war nicht ihre Schuld , wenn das Ende das Werk nicht krönte.
Der Leſer urtheile ſelbft.
Seit ſeinem Mittwenſtande kam mein Vater nicht inehr nach Paris ; er blieb in ſeinem alten Schloffe,
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um Schäge aufzuhäufen ,
und bezog die Renten
ſeiner weitläuftigen Güter. ich nicht irre ,
Ich verlebte ,
wenn
zwei oder drei Jahre zu Juilly,
unter der mehr oder weniger forgſamen Oberaufſicht meines Sheims , Frau.
zweiten Mannes
einer zweiten
Es ſcheint, als habe ich die Erziehung der
ehrwürdigen Sratorianiſchen Brüder nommen ;
denn ich verließ ſie ,
verkehrt
ges :
ohne mich durch
meine Studien beſonders ausgezeichnet zu haben ; ich hatte Anlagen gezeigt , aber zu etwas ganz an berm , als dem Griechiſchen oder Latein ,
oder der
Pflege der Rednerblumen . Ich kam aus dem Collegium in das Haus meines Dheims ,
der ,
ziehung übernahm ;
wie er ſagte ,
meine
Er
im Grunde aber nahm ſich
Niemand dieſe Mühe.
In den Augen der Welt,
die nichts unterſucht,
ſchien ich im Schooße und
unter der Obhut meiner Familie , gentlich ohne Rathgeber , im 16ten mår.
während ich ei
meiner eigenen Einſicht
Fahre und mir ganz allein überlaſſen
Jung, kräftig , leidenſchaftlich neugierig , den
Werth keiner Sache kennend , und , wie ein Seder, dazu verurtheilt ,
Erfahrung
auf eigene
Koſten
zu ſammein ,
ohne Führer , ohne Freund ,
ich ein Kürbisherz in Schnee
müßte
zugerichtet gehabt
haben , hätte ich keinen Fehler begangen , wäre es nur aus Unthätigkeit und langer Weile geweſen . Man verfolgte und beobachtete mich mit liebloſen Blicken , man erwartete meine erſte Leichtfertigkeit, überzeugt ,
daß die zweite bald nachfolgen würde,
weil bei einem Schüler von 16 Sahren eine Un = - vorſichtigkeit
die
andere
Meine
erzeugt.
Tante
machte es ſich zum Geſchäft, meine Handlungen zu vergiften ,
meine Fehler zu vergrößern ,
fie in den
Augen meines Oheims zu Verbrechen umzugeſtalten , und mithin auch in den Uugen meines Vaters, der 50 Meifen von der Hauptſtadt entfernt lebte. Alle Gefeße der Natur waren dem Unſehn nach auf dem Punkte ,
vernichtet zu werden ,
weil ein
Knabe von 16 Jahren , gedankenlos , thöricht, wenn man will ,
von der Braunen
und die bereitwillige Liebe ,
zur Blonden eilte, ohne über die Wohls
feilheit des Preiſes zu erſchrecken ,
kaufte.
Ohne
Zweifel mußte ich zu den Wucherern meine Zuflucht nehmen ,
die einen jungen Mann findent , ohne
daß er ſie ſucht ;
ich gebe ſogar zu ,
ich habe ſie
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geſucht: mit einem Worte , meine Sünden ſtiegen nicht höher , als Freubenmädchen beſucht und Sdul: den gemacht zu haben , gab ,
weil man mir kein Geld
und id , doch gewiß keine falſche Münze ver: Wie dem auch ſei, ich weiß nicht ,
Fertigte.
was
fie gethan , was ſie geſagt , wie endlich meine Stief tante ihre Rechnung gemacht habe ; dennoch iſt es daß man ,
geiviß nicht weniger wahr ,
nicht nur
mit Zuſtimmung, ſondern auf Befehl meines Va ters ,
der gegen mich wie
empört war ,
gegen
ein Ungeheuer
meinetwegen einen Familienrath ver
Ich verſichere jedoch auf mein Gewiſſen,
fammelte.
daß ich hätte beichten können , wie la Hire , und zu fammengenommen fagen : ich habe nicht mehr und nicht weniger gethan , als was ein ſich ſelbſt über taffener ,
Techzehnjähriger
thun kann ; daß
Leichtſinniger
in
Paris
denn man muß mir ſchon zugeſtehen,
und } der Hauptverbrechen mit fremd wa
ren ; meine Tante hatte jedoch das Wahre mit dem Falſchen , das Falſche mit dem Wahrſcheinlichen fo gut vermiſcht, daß mein alter Vater keinen Hu: genblick zweifelte ,
ich Fei aller Verbrechen fähig,
und werde mit dem Vatermorde nicht endigen , nein ,
beginnen .
Ich finge nicht zu viel ; es iſt aber zum
Lachen , das muß man geſtehen . Zu meinem großen Unglücke waren damals alle Väter der Auvergne in der größten Unruhe , und ein paniſcher Schrecken hatte ſich ihrer aller be: 1 mächtigt. Die Geiſtesſchwäche bewohnt die Paläſte, ſo wie die Hiitten ,
und es giebt gemeines Volk
in den Sälen ſo gut, als in den Bodenkammern des rechſten Stockes der großen Stadt.
Zu jener
Zeit waren , wie man ſagt , mehrere Kinder geraubt worden ,
der Dauphin war von einer ſonderbaren
Krankheit befallen , und ſo hatten dieſe beiden Ums ſtünde das Gerücht verbreitet und ſogar bei
den
guten Bürgern glaublich gemact, man habe dem Dauphin Blutbäder verordnet ,
und alle die ver
fchwundenen Unſchuldigen ſeien beſtimmt, die Bade wanne zu füllen ; alle Mütter in Hobidhahen, wie leicht zu begreifen , verſteckten ihre Kinder, wie zu Herodes Zeiten . Gleichzeitig ging auch in der Auvergne das öf= fentliche Gerücht ün Schwange , ein junger Graf Habe
ſeiner
Vater mit
gerührten .
12
Eiern vergiften wollen .
Ob dieſe abſcheuliche Bes
ſchuldigung wahr ſei, oder nicht, habe ich nie er: fahren können ;
die Wahrheit aber iſt ,
daß alle
Bäter in der Auvergne die Sache in vollen Ernſi nahmen . Der Berdacht lebte am väterlichen Heerde; es gab keinen Sohn ,
den man nicht des Vater
mordes beſchuldigte, und alle Familienväter wollten leben ,
ohne zu eſſen ,
aus Furdt vor gerührten
Eiern. So befand ich mich alſo damals unter dem Drucke dieſer unerklärlichen Vorurtheile , und in dieſer lie: benswürdigen Stimmung der Gemüther verſammelte ſich auf unſuchen meines Vaters und nach feia nem Ultimatum , der Familienrath , ohne daß man mich hörte ; man ließ mir , ich verſichere es ,
das
ganze Vergnügen der überraſchung.
Ich warb von
allen
ausgenommen ,
meinen Verwandten ,
einen
den Markis von M. , meinen Vetter , beſchuldigt, gerichtet und verurtheilt. - Man wird dabei nicht fas gen, der Familienrath ſei, wie der der falſchen Ugnes, zuſammengeſetzt geweſen.
Es war mein Oheim,
der Oberrechnungsrath , mein heim , der Präſident v. S. , der Markis v. R. ,
Brigadier der königl.
13
Armeen ,
mein
und
weiſer
ehrwürdiger
Wetter
M. Th ...., Hauptmann der königl. Leibwache. Ich beſinne mich nicht mehr auf die anderen Haupt: perſonen ; aber meine Tante flüſterte in der Eou liffe,
und das Gewicht des 'väterlichen unwillens
ſchwebte über der Berathung.
gewöhnter
der
ein junger an Kriegsgerichte
Markis'p .Min Soldat ,
Mein Vetter ,
der
jedoch
die Strafe
dem
Vergeben anzumeſſen wußte , war der Einzige, der es verweigerte , die Verdammung eines Kindes , viel leicht
fürs Leben ,
Ich muß allen
ſo leichthin zu unterzeichnen .
meinen anderen Verwandten die
Gerechtigkeit angedeihen laſſen ,
daß fie es bereut
und ſeitdem auch bewieſen , haben , meine Stieftante, hat ,
ausgenommen
die mir niemals etwas geſagt Gott
die ich aber auch nie darum befragte.
ſei ihrer Seele gnädig !
Es iſt aber deßwegen nicht minder wahr ,
daß
durch die Sorgfalt meiner guten Verwandten , von denen jeder in Verzweiflung geweſen wäre , irgend jemandem eine ungerechtigkeit anzuthun , Königl. Befehl ausgefertigt wurde, ſtand und Opfer ich war,
deſſen
folgender Gegen
14
8. 1ften Febr. 1775 . „ Der Herr Chevalier v . P .... , von finſterm und wildem Charakter , der keine Art von Be:
( chäftigung ergreifen will, ſoll auf Koſten feines Vaters nach St. Lazare gebracht werden ." — Am Rande des Königl. Befehls habe ich im Archivregiſter die Worte geleſen : ,, Nach Pierre
en- Cize abgeführt ,
den 19ten Febr. 1775 !!"
Gewiß war die lettre de cachet nach dem Datum La Prilliere unterzeichnet geweſen ;
denn ſein das
maliger Nachfolger , Herr von Malesherbes , hätte R$ wohl verweigert , feinen Namen darunter zu Tegen . Wo warſt du ,
Gerechtigkeit der Menſchen !
Weisheit der Familienväter!
Stimme des Blutes ! - in
Wahrheit ,
Stimme der Natur !
Und doch , id ) verſichere es
waren meine Verwandten ,
aus
dem hohen Range der bürgerlichen Geſellſchaft , alle die ehrlichſten Menſchen von der Welt , voller Milde , Rechtlichkeit und Güte ; es iſt mir indeſſen wohl erlaubt zu ſagen , ausgenommen für mich , ausge nommen an dieſem Tage. urtheils !
Traurige Folge des Vor=
Mög't ihr auch noch fo wadere Menſchen
15
zu Richtern haben ; ' ſie können ſich irren , und dann ſtrafen ſie nicht immer recht,
aber oft hart.
Indeſſen Tehen meine Leſer , daß ich mich nach der einzigen Anklage , im 16ten Sabre einen finſtern, wilden Charakter zu haben und keine Beſchäftigung wählen zu wollen ,
den 19ten Febr. 1775 auf dem
Wege von Paris nach, Lyon , oder , um deutlicher zu reden , auf dem Wege nach Pierre - en - Cize befand.
Das Kind hatte ſeine Wärterinn , nämlich
einen Gefreiten der Mared auſſee neben ,
und die
ſüße Ausſicht vor fich , vielleicht während ſeines gan zen Lebens eingeſperrt zu bleiben . -
16
itapitel.
3weites
Achtzehnmonatlicher Aufenthalt. - Entwurf zur Flucht. -- Uusführung. Uusfall mitten am Lage und mit bewaffneter sand . - Gaſtfreundſchaft eines Kauf, manno in Lyon. Ankunft in der Auvergne. Familienvertrag . - Abreiſe nach der ſogenannten Infurgenten - Urmee in merita.
Dögleid , id
glaube ,
daß Redermann den Uus
ſpruch Boileau's kennt ,
,,daß ein Schriftſteller,
der von ſeinem Gegenſtande zu voll iſt , eher verläßt,
ihn nicht
als bis er ihn erſchöpft bat : "
fo
halte ich es doch zum Verſtändniß meiner Erziihlung für unumgänglich nothwendig und ihrem Intereſſe angemeſſen ,
daß ich ein wenig zur nähern
Be
( dyreibung des Schloſſes Pierre - en - Cize übergehe, meiner neuen Wohnung auf Erbpacht,
oder viel
mehr auf unbeſtimmte Zeit, denn ich hatte ſie nicht
17
gewählt. Ich muß alſo über die Örtlichkeit einigen Aufſchluß geben .
Man lieſt im Piganiol de la Force bung von Frankreich ): Pierre- Scise ,
( Beſchrei
, Pierre - en - Cize , oder
Schloß- und Staatsgefängniß in
Frankreich , nahe der Saône , Lyon gegenüber.
In
dieſem Schloſſe ſind ein beſoldeter Hauptmann , eine Compagnie von 30 Mann Fußvolk , ein Lieutenant und ein Sergeant." Dies iſt alles , was ein Geſchichtſchreiber, Rei ſender oder Dichter von Pierre - en - Cize ſagen konnte ,
bem es nicht vergönnt war ,
kennen zu lernen . können ,
Um mehr davon
muß man dort gelebt ,
mit einem Worte ,
es näher ſprechen zu
dort wohnhaft,
Staatsgefangener geweſen ſein,
und deßhalb wird mich Niemand um das
Glück
beneiden , die innere Einrichtung kennen gelernt zu haben.
Das Schloß Pierre - en - Cize war ehemals das Luftſchloß der Erzbiſchöfe von Lyon ; deßwegen bot auch der Unblick nichts Düſteres oder rige$ dar.
Trau
Es war nicht, wie das Schloß Lourdes,
von neblichten Felfen umgeben , gleich einer Erpreſſe
18
mitten
in
glaubt ,
einer
zerſtörten
Natur ,
man
die Titanen haben dafelbſt gefochten ;
war nid)t ,
wie der Berg St. Michel,
e8
von wo
aus man während der Hälfte des Jahres aller ſechs Stunden die Wellen des Meeres ſieht,
die den
Fuß cures Gefängniſſes beſpülen ; wo die Stürme zu euren Füßen toben , ternder
Schiffe in
und wo das Echo . fchei
eurem
Gefängniß widerhallt.
Ohne Vorurtheil gebe ich zu , daß , was die Uus: ficht betrifft, Pierre- en- Cize unendlich angenehmer iſt ; aber doch iſt es kein ſchönes Gefängniß , und wenn man es genau nimmt , blick der Wieſen , Heerden ,
ſo iſt ſelbſt der Un
der Ernten ,
der Wälder ,
der
der frei hin und hergehenden Menſchen
dieſes ganzen Köſtlichen eine Qual mehr.
Gemäldes
eigentlich
nur
Dies iſt auf meine Art und nach eigener An ſchauung die topographiſche und maleriſche Beſchrei bung
von Pierre - en - Cize,
Uußen ;
nach Innen
und
man kann ſie mir aufs Wort glauben ;
denn ich kann fagen : ich fah .
Das Schloß
liegt auf dem Kaider Saone,
wenn man durch die Vorſtadt Vaize
nach
Lyon
19 min
1
geht , auf
auf einem hohen , ſteilen Felſen ; man ſteigt in
den
Felfen
gehauenen
Stufen
hinauf.
Beim Eingangsthore befand ſich die Wache ; ſtehend
aus
einer Compagnie vom
Regimente , theilweiſe Veteranen ,
Lyonenſiſchen außerdem aber
noch eine gute Anzahl junger Soldaten , aus Gunſt zuließ.
die man
Mithin war auf dieſem Punkte
kein Befreiungsplan ausführbar; durften
be
die Gefangenen
überdies nur in einem kleinen Hofe ſpa
ziren gehen ; die Schildwache würde ſie angehalten haben , hätten ſie die Grenze überſchritten , welche ein dicker Kaſtanienbaum war ,
den ich noch fehe.
Das Schloß iſt ein viereckiges Gebäude ,
mit
einem auf der nordweſtlichen Ede befindlichen gro : Ben Thurme , " rechts im Hintergrunde des Hofes ; die Mauern ſind alle ſehr hoch ; der nach der Vaize Vorſtadt gehende Theil iſt nach Nord - Oſten und nur auf einer in den Berg gehauenen Straße zu: gänglich ,
auf welcher man durch Maulefet
nöthigen Vorräthe an Holz ,
die
Wein und anderen
nöthigen Lebensmitteln herbeiſchafft;
es gab daher
nach dieſer Seite zu einige Thüren ;
aber wenn
man jene Gegenſtände hereinbringen wollte, fo trat
20
die ganze Wadje unters Gewehr und vertheilte ſich halb außer- , halb innerhalb der für den Augenblick offnen Thüren.
Nach dieſen Beobachtungen bildete
ich mir eine Vorſtellung von der Natur des Bo dens außerhalb kamt war ,
des Schloſſes ,
wo er mir unbe
weil man midi auf dem nach
Saone gehenden Wege hereingeführt hatte ,
der auf
dem man , wie ſchon oben geſagt, eine Befreiung für unmöglich hielt. Nadybem ich ben Felfen erſtiegen , führte man mich durch den eben beſchriebenen Hof ; ich befand mich am Fuße des dicken Thurmes , ſtieg darin ver möge. einer Wendeltreppe auf einen hölzernen Gang, und ward in die Stube No. 1. eingeſchloſſen , die an
den Thurm grenzte ,
Theil derſelben einnahm .
beffen Halbzirkel
einen
Ich fand in dieſer lieb :
lichen Wohnung die vorgeſchriebenen Möbeln , ein in den Winkel der runden Thurmmauer geſtelltes, elendes Lager , einen Stuhl, einen Tiſch und einen großen Waſſerkrug ; das Tageslicht erhielt ich aus dem innern Hofe , durch ein auf den Gang aus: gehendes ,
wohl vergittertes Fenſter.
So war die
Eintheilung des Schloſſes , und dies die Hinderniſſe ;
21
die ſich der Flucht entgegenſekten.
Ich hatte aber
kaum den innern Hof betreten ,
als ich den Ent
ſchluß faßte ,
um mich ſo bald
alles zu wagen ,
als möglich zu befreien. duld ,
Die Berechnung ,
Ger
Arbeit und Kühnheit meiner Entweichung
am hellen Tage und mit bewaffneter Hand , haben mich in der Geſchichte von Pierre - en - Cize , man kann ſagen , berühmt gemacht.
Das Schloß ward
1791 in der Revolution zerſtört; dafür ,
hätte man von
aber ich ſtehe
1777 bis zur Vernicha
tung
dieſes Gefängniſſes
einen jungen Gefange
nen ,
ſo wie den großen Conde', gefragt:
len Sie Jeſus Chriſtus nachahmen ? "
,, Wol er nicht,
wie dieſer Prinz: ,, laßt mich dem Hrn . v . Beau fort nachahmen ; " fondern : 9. P .... nachahmen , "
,, laßt mich dem Hrn. geantwortet hätte.
Alles in der Welt iſt verhältnismäßig ,
und die
Leſer werden zugeben , daß ein achtzehnjähriger Ges fangener des Folgenden ſich fchon rühmen kann . -
Ein Schüler Vauban's macht nicht mehr Bes rechnungen und Beobachtungen , um in eine Feſtung zu bringen , fliehen .
als ich ,
um aus der meinigen zu
Zuerſt ſagte ich mir :
dieſes Schloß iſt
22 Mw auf der Stelle zugänglich ,
wo
ich wohne , ich muß alſo den Winkel der Mauer durchbrechen , die an den Thurm ſtößt; derſelben Zeit ; barten Steinen ,
die Bauart iſt nicht aus
iſt die Bekleidung aus behauenen , ſo muß die Mitte aus bröcklid ):
tem Geſtein fein ,' und mein Mauerwinkel geht nicht in den Thurm , welcher rund iſt. Man braucht hier alſo nur Zeit und Geduld ,
und die
Toll nicht fehlen. : lerei,
ein wahres Liebhabertalent ,
noch Liebe zur Botanik ;
und außerdem
er hatte ſich vergnügt,
auf die Mauern alle Urten von Blumen zu malen, und , was mir ſehr zu Statten kam , das Zimmer rund herum 21 Fuß hoch blau anzuſtreichen . Man bewundere außerdem bas fonderbare Zuſam mentreffen : einer meiner Vorgänger , ziemlich weit zurück, war Herr Þ. geweſen , ein naher Ver wandter meiner Stieftante ; ich will nicht behaup ten , daß ſie auch zu ſeiner Einfperrung beigetragen hatte , nach deren Urſachen ich nie gefragt, und fie. auch nicht erfahren habe ; die geſellſchaftliche Stellung der beiden Gefangenen gab aber meiner
23
Wohnung das Anfehn eines Familienzimmers. Der Ankauf einer Quantität blauen Papiers , von dem ,
ward
in welches man den Puder wickelt ,
alſo eine meiner Vorbereitungen ;
denn der Minirer
Vor allem fehlte mir
mußte eine Kappe habent.
Geld iſt der Nerv des Krieges, ſagt Trivulce ;
Geld .
es iſt der Nerv aller großen Unternehmungen , und es gab gewiß in meinen Augen keine größere ,
als
die , welche meine ganze Geele beſchäftigte. Ich
erhielt monatlich
50 Fr.;
um
meine
ſchlechte Nahrung zu verbeſſern und um Bücher zu leihen ; auch fand ich ein Mittel, dieſes Sümmchen zu vermehren :
am Tage drieb idi Noten ab.
Die Amphione von Lyon haben von meiner Hand geſchriebene Partituren und ich von ihrem Gelde ohne es zu wiſſen ,
gehabt ; ſie ſind ,
id)
Laden
meine hal
Ich verſchaffte mir Pappe , woraus
ben Befreier.
vor
meine
Fenſter
verfertigte ,
Abends 10 Uhr die Schildwache uns befahl, Licht auszulöſchen ;
ich
weil das
kaufte unter verſchiedenen
Borwänden kleine Meſſer, und da wir im Winter Holz hatten ,
fo fdynißelte ich aus
Stücken kurze Hebel ,
den größten
um die Mauer ohne den
24 mu geringſten Lärm zu zerſtören , indem id) ſie zwiſchen die Steine ſtemmte.
Endlich verſchaffte ich mir
durch meine Wäſcherinn Kugeln , Pulver und eine Vertraut euch den Frauen und
zweiläufige Piſtole.
ihr werdet es nicht bereuen ; willigen ,
euch zu dienen ,
mals verrathen ;
wenn ſie einmal ein
ſo werden ſie euch nie
ſie werden euer Geheimniß ,
mit den Männern der Fall.
Führt man mir die
Mutter des Papirius Präteftatus an , ich Epicharis ,
fo nennte
und was die Männer betrifft,
meine gute Wäſcherinn verſchwiegener ,
war
To
Dies iſt nicht immer
wie die ihrigen bewahren.
ſo als
Turenne. Ich brauchte alſo nur noch Hand ans Werk zu legen ; der Winkel der Mauer und des Thurmes war durch mein Bett verſteckt.
Ich arbeitete in
der Form eines Brüickenbogens und Hütete mich wohl, die Höhe der blauen Malerei zu überſchrei ten ; mein blaues Papier verſteckte meinen geheimen Weg ;
jede Nadt minirte ich 4 Stunden ,
dann recht reinlich aus ,
und klebte jedesmal das
Papier wieder vor meine Thür des Heils. Schutt
widelte
ich
kehrte
ſorgfältig
in
Den
Sdnupftücher
25
und warf ihn mit leichter Mühe in die Schleuſen, die ſich unten an der innern Thurmtreppe befanden . Ich bewohnte No. 1. und ſo konnte ich , cher Nähe , ohne bemerkt
bei fol:
Zivanzig Mal des Tages hinabſteigen, zu werden ;
überdies , waren
Sdlotten zufällig von feltener Ein Umſtand erleichterte die Mauer war ,
dieſe
Liefe. meine Arbeit ſehr;
wie ich es gehofft hatte ,
vom
Thurme ungefähr 2 oder 3 Zoll breit losgetrennt, und während der ganzen Zerſtörung dieſer 9 bis, 10 Fuß dicken Mauer ſtieß ich nur auf einen gro : Ben Stein ;
er ward der Gegenſtand einer tiefen
Betrübniß und einer ernſten Berathung mit mir ſelbſt.'
Dieſer ungeheure Stein zeigte mir eine
ſcharfe Ecke,
und hoffnungslos griff ich ihn durch
Umgrabung an ; man tenke ſich meine Freude, als ich
ihn unter meinen ſchwaden Hebein wie einen
Zahn tvackeln ſah ; ich war ſo glücklich, ihn loszus löſen ,
und ihn endlich durch meinen kleinen Maul:
wurfsreg herauszuſchaffen ; ich dachte nidyt daran, ihn zu zerbrechen oder zu theilen , ſondern verſteckte ihn, wie er war, in meinem Bettſtroh. Man fand ihn ſpäterhin , und er ward in dem Berichte über meine
2
26
Befreiung mit angeführt;
aber
während
meiner
Gefangenſchaft hat ei mein Bett nicht weicher ges macht.
Der Anfang war ſchwer ,
Zoll dicker Kalk midy verhinderte , Steine zu ſehen , mußte , ten .
weil 9 bis 10 die Lage der
die ich mit Vorſicht angreifen
um die blaue Malerei nicht zu überſchrei
Ich grub ſo , daß , wenn ich auf dem Bauche
hineingekrochen war ,
ich meine Beine nachziehen
? und mich in meinem Loche wie ein Schneidergeſell nieberſeken konnte .
Für Licht hatte ich bei meiner
Urbeit gut und ſchlecht, wie man will , durch Po: madentöpfe geſorgt,
in die ich Unſchlitt und einen
Docht that , und ſie ſo in Lampen verwandelte. - Die Trennung zwiſchen der Mauer und dem Thurme fing an ,
mir die äußere Luft zuzulaſſen ,
was für mich eine große Erleichterung war ; berechnete , hatte.
ich
daß ich noch gegen 4 Fuß einzureißen
Ich war mit meiner Urbeit halb fertig,
als ich gegen Mitternacht eine Stimme hörte , die folgende Schredensworte rief :
„ Papa, fieh doch, Es war ein Licht am Fuße des Thurmes ! " ein Kind , der Sohn des Gärtners . Das Blut ſtarzte in meinen Udern , ich drüfte die Hand auf
27
meine Lampe und kam mit der Furcht und einer tüchtigen Blaſe davon .
Der gute Mann glaubte,
ſein Sohn habe ſich geirrt, und dieſer Zufall , der mich verderben konnte , hatte weiter gar keine Folge. Endlich iſt meine Arbeit beendigt , nur 45 Nächte gekoſtet.
und hat mir
Welch eine Menge von
Gedanken ſtrömen auf mich herein !
Diefe dicke
Mauer braucht nur noch einen Stoß,
und
die
dünne Scheidewand zwiſchen mir und der Freiheit verfdwindet.
Was aber ſoll ich thun , von allem
entblößt und nur 10 Franken in der Taſche ? ich allein fliehen ,
Soul
oder wäre es nicht ehrenvoller,
auch meinen Mitgefangenen die Freiheit zu geben ? Sie ſind alle unſchuldig , ja
verſichert.
denn ſie haben es mir
Welche Verbindlichkeit werden ſie
gegen mich haben !
Träte aber der Pchlimmſte Fall
ein und wir würden angegriffen ,
nun ,
To find
wir in ſtart genug , uns zu vertheidigen. Dieſen edlen Gedanken beſchließe ich , führen ;
auszu
aber ich will nichts im Voraus fagen
wenn man mich verriethe! Den folgenden Tag hielt ich mit aller Arbeit inne, und in dem Augenblick, wo wir in unſere Zimmer 2*
2
28
zurückkehren mußten, ſagte ich zu fünfen unter ihnen, daß fie in dem Augenblick,
wo man ihre Zimmer
öffnen würde , nach No. 1. kommen ſollten , wo ich ihnen ein ficheres Befreiungsmittel mittheilen wolle. Ich konnte ſie nicht während der Nacht retten ; wir hätten dazu alle Mauern von einer Stube in die andere durchbrechen müſſen ,
und dadurch uns
aülen Gefahren des Verraths oder der Entdeckung ausgeſellt.
Die Ordnung im
ſtiikte meinen andern Plan :
Gefängniſſe unter: man
öffnete unſere
Thüren jeden Morgen um 7 Uhr und brachte unfere Lebensmittel um 10 Uhr ; während 3 Stunden alſo gab Niemand auf uns Ucht. Die Nacht vor der Flucht konnte ich kein Auge ſchließen ;
id) erwartete die beſtimmte Stunde mit
ſo viet Unruhe ,
ſo viel Ungeduld !
Id ges.
ſtehe fogar, daß mir der Gedanke einige Mal tam, mich allein zu retten ; derſtehen .
aber id) wußte ihm zu wi:
Ich wußte nicht ,
ſteigen müßte ,
wie hoch id) hinab
daher ſchnitt ich meine Betttücher
und Wäſche in Stücken , um mir ein Seit daraus zu verfertigen .
Endlich ſchlägt die Stunde ; die Riegel werden
29
zurückgezogen ; gewöhnlich ,
der Gefangenwärter ſagt mir ,
guten Morgen.
ten treten ein ;
einer unter ihnen fragt mich mit
höhniſchem Tone : Plan ? "
Nun , ivo iſt denn der ſchöne
,, Der Plan , " anticortete ich , ift
hier in dieſer Ede, Papier iſt; lich ? "
hinter der Mauer ,
laßt uns eilen ! " -
riefen Alle.
funden ;
es iſt
ſchichte !
die von
Iſt es mögs
„ Er hat das Loch ge
nicht fertig !
Eine ſchöne Gez
1. Es iſt nicht fertig ;
es mit einem Stoße fein ; mir ! "
wie
Meine fünf Gefähte
aber es wird
wver midy tiebt ,
folge
Wir befeſtigen meine Betttiicher am
Fuße des Betted ; ich erfaſte das Ende dieſes Seils und krieche in den engen Weg . Nankingweſte, ſtole ,
Ich trug eine
in der Taſde eine zweiläufige Pi
ſechs Patronen und ein ſtarkes Meffer mit
einer Springfeder.
Meinen Zuſtand zu beſchreiben,
wäre mir unmöglich ; Hoffnung und Furcht machten meinen ganzen Körper erzittern.
man :
Hinter mir rief
,,Mach , daß du fertig wirſt !"
In wenig
Augenblicken rollte die dünne Scheidewand hinab ; aber die Öffnung war ſo klein , daß ich mit der Schulter 2 oder 3 Minuten ſtecken
blieb - R$
30 www waren ſo viel Sahrhunderte für meine Ungeduld ; denn ich hatte keinen Augenblick zu verlieren .
Beim
Lärm der hinabrollenden Steine läuft der Gärtner, der unten arbeitete , genden Hauſe,
nach ſeinem am Schloſſe lies
und läutet die Sturmglode.
Die
Mache tritt heraus und befekt den einzigen Punkt, durch den ich entfliehen konnte , denn ich brauchte 9 bis ſteigen ;
10 Minuten ,
um vom Thurme herabzu
ich befand mich alſo zwiſchen der Mache
und den Thüren bed Schloffe8. Ein einziger Gefangener ,
Herr von la ...
wagte es , mir zu folgen , die anderen traten beim Unblick der Gefahr zurück ;
mein armer Geführte
hatte aber keine andere Waffe, als einen an beiden Enden
zugeſpißten Beſenſtiel.
Die Sturmglocke
tönt immer fort; alle auf dieſe Seite ausgehenden Schloßfenſter füllen fich mit Menſchen ; der Major eilt mit nackten Füßen und in Unterhoſen herbei 'und ruft :
Ladet's Gewehr ! "
Er befiehlt mir,
zurückzukehren , mit der Drohung , auf mich feuern zu laſſen .
Anſtatt aller Antwort ſtrecke ich ihm
meine Piſtole entgegen , kehren .
und befehle ihm ,
umzu
Der Herr Major läuft davon und ſchreit :
31 11 ,, Feuer auf die Berbrecher !! noch den alten Sergeanten ,
Hier ſehe ich mit dem ich bekannt
war , wie er , die in ſeinen Händen zitternde Flinte an der Backe ,
mich umzukehren bat.
nicht Acht darauf. aus einander
Ich gebe
Wir waren nicht 15 Schritte 10 bis 12
ich trete muthig vor
Flintenſchüſſe fallen mit einem Male - ich ant worte mit einem einzigen , unter
fie binein .
Von
und ſtürze
allen
Fenſtern
Bravorufen und Beifallklatſchen . Kolben- und Fauſtſtöße ,
wüthend erſchallt
Man giebt mir
die lange auf meinen
Rippen gezeichnet blieben ; man reißt mir die Haare aus und die Weſte in Stücken.
La ...,
mein
armer Gefährte , ſtürzt verwundet nieder , nachdem er einem Soldaten ein Auge ausgeſtoßen und einem andern den Finger mit ſeinen Zähnen abgebiſſen hat ;
alle werfen ſich auf ihn - ich bin gerettet.
Incidit
in
Scyllam : “
ich
befinde mich auf
einem ziemlich engen Wege zwiſchen zwei Mauern, die ich nicht zu überſteigen wagte ,
weil mich die
Süngſten von den Soldaten verfolgten und beſtän dig fchrieen : allen ,
,, halt an , halt an ! " -- ich ſtredte
die mich aufhalten wollten ,
meine Piſtole
32
entgegen ,
und ſo bekam ich mehr Verbeugungen,
als je in meinem Leben.
Der oft gewundene Weg
war wohl eine Viertelſtunde lang ; wenigens ſchien es mir ſo. hörte , fo
Da ich nicht mehr hinter mir rufen nahm ich
mit einen Augenblick Zeit,
auszuruhen und meine Piſtole wieder zu laden , als plöglich vier der Soldaten , die mich verfolgten , um die Belohnung zu bekommen ,
zehn Schritt weit
vor mir ſtanden. Ich lehnte mit dem Rücken an der Mauer ; fie blieben ſtehen . ,, Nun ; mein Herr , " ſagte einer von ihnen , gen ,
,, Sie ſind gefan:
Sie können nicht weiter gehen .
Sie haben
eine wackere that verübt , weil Sie Ihre Mit: gefangenen retten wollten ; tapfer ,
als Sie ,
zu ſein ,
die brauchten nur ſo und es wäre Ihnen
gelungen ; aber das ſind Haſenherzen.
Kehren Sie
um , mein Herr , Sie wagen nichts , Ihre Ältern werden Sie befreien . Niemanden verwundet ;
Überdies haben Sie auch unſere
beiden Gefährten
wurden es durch den Herrn v . la ..."
Idi
hörte ihn ruhig bis zum Ende an , weil ich Athem nöthig hatte ,
und antwortete ihnen :
ich will euch nichts thun ;
aber wißt ,
„Zurück ! daß keine
33
menſchliche Gewalt mich lebend aufhalten kann ; ihr feið vier ; ich verſpreche, zwei davon zu töbten !" In einer Hand , hielt ich die Piſtole, in der an dern das Meſſer.
an .
lebt wohl ,
Sie fahen ſich unter einander ihr ſeid ein braver Menſch ;
gute Reiſe und gutes
und ſie gin
Glüc ! "
gen fort, Ich entfernte mich , wo ich
hinging .
ohne
gerade zu wiſſen ,
Der Schall der Sturmgloce,
der Lärm des Schießens , die hundert Stimmen des Gerüchts ,
die in der ganzen Vaize -Vorſtabt die
Worte ,, Gefangener " und ,, Befreiung " ausriefen ; die mehr oder minder beſtimmte Nachricht dieſes Vorfalls war meinen Schritten ,
meiner Flucht,
meinem Laufe vorausgeeilt ; ich fah Frauen an den kommen Fenſtern und Thüren , welche riefen :
Sie , Herr , kommen Sie ins Haus , wir wollen Sie retten . " Id hütete mich woll , ſtehen zu bleiben , ich war nocy dem ſchrecklichen Gefing niſſe zu nahe und lief nur um ſo geſchwinder ; aber dieſe Weiberſtimmen brangen mir zum Her zen ; ohne die Frauen anzuſehen , allerliebſt ;
ſie beklagten mich ,
fand ich ſie aue sie wollten einen
34 MAMMU Marzellinen , Sufannen oder
Unglüdlichen retten ! Gräfinnen
von Almaviva ,
ich ſah ſie mit den
Augen des Herzens ; ich hätte ſie alle umarmt -aber ich hatte keine Zeit dazu. Die Wohnungen lagen da , wo ich jegt hinlief, ohne zu wiſſen warum , nicht mehr ſo dicht neben einander ,
und ſo ,
immer
gehend
oder laufend,
befand ich mich endlich vor einem dichten Gehölze. Ich drang hinein , wie in ein Aſyl; in der Mitte war eine kleine Wieſe ; niß war ,
mein dringendſtes Bedürf
mich auf das Gras auszuſtrecken und
ein wenig auszuruhen.
Eine tiefe Stille herrſchte
um mich herum ;
ich genoß mit Entzücken dieſe
reine ,
Mein erſter Gedanke war eine
freie Luft.
Empfindung von Stolz ; ich ſagte mir , dieſe Bes gebenheit wird Uuffehn machen , Theilnahme erwecken ,
und
wird allgemeine
vielleicht meiner
Zu :
kunft im Waffenhandwerke nüßlich werden ; aber alle dieſe Gedanken führten mid ) zu meiner augens blicklichen Lage zurück.
Was roll aus mir werden ?
Ich wußte nicht , wo ich war ; meine ganze Klei dung beſtand in einer elenden , zerriffenen Nanking: weſte, ich hatte keinen Hut auf dem Kopfe; meine
35
Beine waren von den Dornen zerriffen , in die ich vom Thurme hinabgeſprungen war , Weg bedeckten ,
den ich durchlaufen mußte ,
ich an den Kampfplas kam.
1
?
Bekleidung ,
und die den ehe
Dieſe unordentliche
dieſe blutigen Lappen gaben mir das
Unſehn eines Böſewichts, der ſo eben einen ſchlech ten Streid, begangen hat.
Mein guter Genius
zeigte mir ein Haus nahe bei meiner Lagerſtätte, und 1 und mit der Eigenthümer
fchien .
Es war unge
fähr gegen 9 Uhr bes. Morgens im Monat Juli und fing an , fehr warm zu werden . mich auf der Stelle ,
Ich entſchließe
trete dem Unbekannten ents
gegen ? der zu meinem Glück der wackerſte Mann war ,
Herr Bontems , Kaufmann in Lyon ; fpä
terhin war ich ſo glücklich , für den mir geleiſteten Dienſt erkenntlich fein zu können . mich erſt ,
1
Er bemerkte
als ichy 8 oder 10 Schritte weit vor
ihm war ; er war ſchön gebaut und hatte eine Tehr muntere Geçiditsfarbe ; bei meinem Anblid ward der arme Mann leichenblak, rah zitternd nach dem Pis ſtolenkolben , der aus meiner Taſche hervorragte, und blieb unbeweglich , ohne ein Wort ſagen zu können .
36
Mein lieber Herr , " tebete ich ihn an ,
,, be:
ruhigen Sie ſich ; hören Sie mich an und vergeſſen Sie einen Uugenblick den ſchrecklichen Zuſtand , in dem Sie mich vor fich Teben ; lichſte Menſch, der erlangt ;
denn ich habe meine Freiheit wie:
die Sturmglode,
und die Sie deutlich hören , geläutet.
ich bin der glücks
die dort oben tönt wird
meinethalben
So eben komme ich aus Pierre- en - Cize ;
mein Körper muß von den Schlägen , einem Gefecht
die ich in
mit der Schloßwache bekam ,
ſchwarz wie der eines Negers ſein.
TO
Dieſe Wohs
nung gehört wahrſcheinlich Ihnen ; gewähren Sie mir darin eine Zuflucht bis zur Nacht; von Ermüdung und Hunger erſchöpft;
ich bin
ich würde
Ihnen augenblicklich die Waffe ausliefern ,
die fie
erſchredt, fürchtete ich nicht, ohne Vertheidigungs mittel überraſdht zu werden . lichkeit ,
mich aufzunehmen ,
Haben Sie die Menſcha ſo führen Sie mich
auf einem Wege in ihr Haus , we ich von Niemand geſehen werde ." -
Mein Zutrauen und meine Worte rührten die Fen trefflichen Mann ; durch ſeinen Garten ,
er zeigte mir einen Weg und ich erreichte ſein Haus,
37
ohne von irgend jemand geſehen worden zu ſein . Herr Bontems führte mich in ein Zimmer im Erde geſchoſſe,
wo fich ſeine gute alte Mutter befand .
Sie fchien nicht ſo zu erſchrecken , wie ihr Sohn ; aber ſie weinte bei der Erzählung meiner Begeben heit ; fie brachte mir Erfriſchungen , deren ich ſehr beburfte. Mein Wirth hatte während der Zeit die ſehr natürliche Vorſicht gehabt,
nach Lyon und in die
Umgegend des Schloſſes zu ſchicken ,
um die Urs
fache des Lärmens zu erfahren ; die Berichte ſtimm ten mit dem meinigen überein ; das Intereſſe , das man an mir nahm , weil ich faſt ein Opfer meiner Großmuth , die Underen retten zu wollen , geworden wäre ,
war
Bontems ,
allgemein .
vollkommen beruhigt,
Unerbietungen : verſtecken ;
Nun machte mir Herr alle
möglichen
er wollte mich in ſeinem Hauſe
dieſen Beweis feiner Güte nahm id )
nicht an , und bat ihn nur , mit einige Kleidungs ſtüde ,
einen Hut und ein Pferd zu verſchaffen ,
damit ich auf der alten einſamen Straße von fyon nad, dem Schloſſe meines Vaters reiſen könnte , das nur 15 Meilen davon entfernt lag. ' Herr Bontems
38
und überdies einen Führer
verſchaffte mir Alles , und Geld ;
der Leſer kann ſich denken ,
mit wel
cher Rührung ich von ihm und der guten alten Mutter am Abend Abſchied nahm.
Ich verließ
dies gaſtfreundliche Dach und richtete meinen Weg nach Clermont. Die Zukunft lag vor mir ;
ich wendete den
denn ſonſt hätte ich das ver
Stopf nidt um , dammte Schloß geſehen , chaudern machte ;
deſſen
Andenken mich
ein Rückblick auf eine vergan
gene Gefahr macht mehr Eindruck , als die Gefahr ſelbſt. men ,
Einige unbeſtimmte Beſorgniſſe ausgenom beren ich mich nicht erwehren konnte ,
legte
ich meine Reiſe ungeſtört zurück ; aber ich bebadyte, daß ich Gefahr liefe,
meinem Vater in ſeinem
hohen Ulter durch meine plöbliche Erſcheinung einen und
über
dieſes Unglück wäre ich untröſtlich geweſen .
Ich
ſchädlichen
S dyrecken
zu
verurſachen ,
Fa hielt 1 es für klug , milie , 2 St. von P. , abzutreten . Am Tage meiner bei einem Freund unſerer
Ankunft zu 2. fand ich alles voller Menſchen . Meine Befreiung war in der Auvergne nod; nicht bekannt ;
in jeder Hinſicht fiel ich ihnen wie aus
39
den Motken herab ;
denn man wußte ,
ich ſei in
Pierre- en-Cize und mein armer Vater fange an, von Zeit zu Zeit zu fragen , warum . Es war ein wahrer Theaterſtreich ; die Diener, dieſe zweite Familie unſerer Verwandten und Freunde in den entlegenen Provinzen , umgaben mich , und in ihrer Mitte betrat ich den Saal ; er war über voll, und ich wußte nicht, wem ich antworten ſollte ; Männer und Frauen ,
Jung und Alt ; die einen
lachten über meinen Unzug ,
einige Nachbarinnen
weinten bei meiner Erzählung , alle nahmen an theil daran : ein wahres Gemälde. Ich gab das Gegenſtück zum Telemach ,
wie er ſeine Be
gebenheiten in der Grotte der Calypſo erzählt , jedoch mit dem Unterſchiede,
daß in meiner Geſchichte
nichts Fabelhaftes war.
Die Nachbarn und Nach
barinnen , Herren und Diener , alle hatten Thränen in den Augen ;
damals waren die Herzen durch
die Gewohnheit , Unglück zu ſehen oder zu erfahren, noch nicht verhärtet ;
fpäterhin lernte dies gang
Frankreich in der Schule der Revolution. Man billigte meine Vorſicht, vor meinem Vater nicht unvorbereitet erſcheinen zu wollen ;
der Herr
40 WWW des Hauſes übernahm dieſe Sorge .
Die lachendſte
Ausſicht öffnete fich noch denfelben Abend vor meis nen Blicken ; ich erfuhr,
daß England mit ſeinen
amerikaniſchen Provinzen Krieg führe , und zugleich, daß der Markis von La F .. + Provinz ſtammte ,
der aus unſerer
ſchon Ruf erlangt habe ; man
fagte mir , ich würde ſehr wohl thun , unter ſeinen Befehlen zu dienen . mit Feuer ,
Dieſen Gedanken ergriff ich
und mein Bevollmächtigter fuhr ab,
um mit meinem Vater zu unterhandeln. Herr v. at .... kam an , zählung ſtufenweiſe ein ,
leitete ſeine Ers
und machte ſeinen alten
Freund mit den kleinſten Vorfällen meiner Beges benheit bekannt.
Es giebt oft in den ernſteſten
Sachen etwas Luſtiges ; ſo hörte dieſer Greis , der mir das Leben gegeben hatte ,
den Bericht meines
Unternehmens und deſſen faſt wunderbaren Gelin gens mit vieler Ruhe an.
In ſeiner vollkommenen
Kaltblütigkeit fiel ihm nur die Verſchiedenheit des Sarakters zivifchen meinem Bruder , von Verdienſt,
und mir ,
dem Manne
dem verdorbenen Mens
ſchen , auf ; er erinnerte ſich der Zeit , wo er felbft Musketier geweſen war, und ſagte lächelnd :
1
n Der
41
loſe Wicht; ſehen Sie , mein Freund , ich peke den Fall,
ich hätte den Älteſten anſtatt des Jüngſten
einſperren laſſen ,
der älteſte wäre geblieben . "
Der Friede ward geſchloſſen , alle Bedingungen zugeſtanden , ausgenommen die des Wiederſehens, die mein Vater verweigerte;
aber aus einem gang
andern Grunde , alş den des Zorns , der ſich ſehr abgekühlt hatte.
Mein Vater war ein alter Soldat,
der die Verordnungen kannte ;
er ließ mir ſagen ,
ich hätte nach den königl. Truppen geſchoſſen , man könne deßwegen Nachſtellungen anfangen ,
und er
wolle die unangenehmen Beſuche der Marechauſſee nicht in ſeinem
Schloſſe haben.
Es ward beſtimmt,
daß ich nach dem nördli
chen Amerika gehen ſollte;
mein Vater wollte mir
regelmäßig alle Jahre 100 Louisd'or geben ,
und
in dem Hafen , wo ich mich einſchiffte, folle man mir 6000 Franken auszahlen. Ich reiſte ſogleich nach Rochelle ab , mit einem Empfehlungsbriefe an Heren Seigneur ,
Artillerie
commiffarius. Man hatte geglaubt,
daß ich daſelbſt leicht
eine Gelegenheit zur Überfahrt finden würde ;
ich
42
ſie in Nantes zu ſuchen.
war indeſſen genöthigt,
Zwei Tage nach meiner Ankunft zu La Rochelle erhielt der commandirende Offizier den Befehl, mich gefangen zu nehmen ; v. M .... dig ;
damals war es der Baron
Wie vielen
Dank bin ich ihm ſchul
denn er hatte die Güte ,
Herrn Seigneur
davon zu benachrichtigen , ließ mich zu ſich kommen, und überhäufte mich mit Beweiſen der Theilnahme. Schreiſte darauf nach Nantes mit einem Em pfehlungsbriefe des Heren Seigneur an Herrn von la Ville - Helio , Ordonanzcommiſſarius ,
ab.
Nie
werde ich den liebenswürdigen Empfang vergeſſen, den ich von dieſem Manne erhielt ; er war ſo gütig, in alle Einzelheiten meiner Lage einzugehen ,
gab
mir treffliche Rathſchläge über die Benukung meis nes Geldes , über die Mittel, es durch die Wahl der meinem künftigen Lande angemeſſenen Waaren zu
vermehren ,
verſchaffte
mir endlich eine ſehr
wohlfeile überfahrt auf dem Schiffe bogen " ,
der Regent
ausgerüſtet von den Herren Minier und
Struckmann , und empfahl mich dem Schiffskapitän. So ſchiffte ich mich nach der neuen Welt ein . -
43
Drittes 1
2
ſapitel
Schiffbruch . - Williamsburg . - Gerr Jefferfon . Beſchreibung der amerikaniſchen Armee. - Mein Ich werde Empfang beim General la F .... Lager von Adjutant. - Die Wilden Dneïdag .
7
Ballen - Forges. - Scheinausfall der engl. Urmee. Niederlage bei Rars: Philadelphia wird geräumt .
1
ton-Rivers. - Schlacht und Sieg bei Montmouth . Belagerung von New York. - Urnoldo Berrätherei. Gefangennehmung , Verurtheilung und Tod des jungen Graf Carlisle und Ferr von la Major Undre'. Una Graf Eſtaing vor New - York. F ... .
D
1 1
griff auf New - Port. - Aufhebung der Belagerung . Sturrr . Berfdwos Abreiſe nach Frankreich. Ein engl. Corfar wird genoma rung am Bord. Ankunft in Breſt. men .
Unſere überfahrt toährte 67 Tage und war äußerſt beſchwerlich ;
ein Sturm erhob ſich auf der Höhe
44
der Bermuden , und engliſche Raubſchiffe verfolg ten uns häufig.
Endlich erblickten wir die Vorges
birge Karl und Heinrich , von Chezapeak. Der Tag neigte fich ,
gezogen ,
am Eingange der Bar
die Segel wurden eins
um den folgenden Morgen einzufahren ;
wir hatten guten Wind und erwarteten vergebens die Steuermänner . werden ,
Uus Furcht,
genommen zu
entſchloß fich der Kapitän,
zu fahren , welche ſehr breit iſt; des Schiffes war nach Baltimore .
in die Bay
die Beſtimmung Wir mußten
den Famesfluß hinaufregeln ; der Himmel war bes deckt , man rah nicht hundert Schritte weit.
Nach
wenigen Augenblicken klärt fich die Luft auf,
die
Sonne ſcheint, und wir finden uns zwei Kanonen ſchüſſe weit von der Iſis, Tonnen , Anker lag .
welches
am
einem Schiffe von 64
Eingange des Fluſſes vor
Wir konnten uns durch Scheitern an
der Küſte retten ; die Iſis konnte uns wegen des entgegengelegten Windes nicht verfolgen . Der Ras pitän verliert den Kopf , läßt den Regenbogen bis unter Schußweite der Sſis nahe kommen , ſcheitert im Waſſer nahe beim Lande.
und
Die Engs
45
länder zweifeln nicht länger,
daß wir Feinde find,
und geben auf unſer Schiff Feuer. Küſtenräuber eilen auf Kähnen herbei , um uns zu pliindern ; nung.
Dieſe
nun beginnt die fchrecklichſte Unord Meerwölfe ,
faſt alle Neger
oder
Mulatten , ungefähr 60 an der Zahl , ſteigen an : Bord unter dem Vorwanbe, uns zu retten . Sie beſchäftigen ſich nur mit Plündern , Branntivein - und Weinfäſſer ,
zerbrechen die
und noch ehe
ſię
in die Kajüte des Kapitäns dringen , iſt die Mehr zaht dieſer Räuber ſchon betrunken .
Ich bemerkte,
daß fie ihre Kähne mit ziemlich ſchwachsen Seilen angebunden hatten , und berede einen Schiffsjungen und einen Matroſen ,
mir meinen Koffer ,
der
meine Maaren - mein ganzes Vermögen ! - nebſt meine anderen Sachen enthielt ,
auf das Verdeck
tragen zu helfen ; wir warfen ihn in einen Kahn der mit Trinken und Stehlen beſchäftigten Wüth riche,
ſchneiden das, fchwache Tau ab ,
das ihn
hielt, und in wenig Zugenblicken waren wir auf dem Lande. Die Kugeln pfiffen hoch über unſeren Köpfen , Doch wir waren gerettet ; ich glaubte wenigſtens , es
46 WWW mit aller meiner Habe zu ſein . ſīkend,
Auf meinem Koffer
die Füße auf amerikaniſchem Sande ,
be:
trachtete ich die in wenig Stunden vollendete Ver: nichtung unſeres Schiffel.
Wir wußten nicht, was
wir thun , wohin wir gehen ſollten , oder auf wel cher Seite die Wohnungen lagen .
Wir verſtanden
die Landesſprache nicht und ſahen auch keinen ein : zigen Bewohner.
Endlich kommen mehrere , mit
der Schiffsbeute beladene Raubkähne Berbei ; einige unſerer Matroſen waren mit ihnen. lift aus der nächſten Stadt ,
Ihr Anführer
Hampton ,
Wagen
holen , und alles darauf laden , meinen Koffer nicht ausgenommen ; magazine , hoffte ,
daß ,
melt wären ,
ich hörte nur die Worte :
was mich etwas beruhigte ,
public denn ich
wenn alle Reiſenden wieder verſam : es jedem erlaubt ſein würde,
fein
Eigenthum anzuerkennen und zurück zu nehmen. Nach dreitägigem Warten
zu Hampton verei
nigten ſich alle Schiffbrüchigen , ausgenommen zwei Getödtete und einige Ertrunkene , des public magazine
und die Thüren
öffneten ſich uns.
Mit
freudigen Blicken erkenne ich meinen Koffer wieder, der alle meine Reichthümer enthielt,
und deſſen
47
Schlüſſel ich in der Taſche trug.
Ich nähere mich
aber ach , welch ein Unblick !
das Vorlege
chloß iſt abgenommen , das Schloß erbrochen , und anſtatt der ſchönen holländiſchen Leinwand , die ich gewiß mit großem Gewinn verkauft hätte ,
finde
id, die Flaggen des Schiffes , Steine und Segel lappen !! --
Man kann ſich meine Beſtürzung denken ; taus Fend Stunden von meinem Vaterlande , ohne an deres Vermögen ,
als die Kleidungsſtücke,
die ich
trug , und 9 oder 10 Louisd’or im Beutel. Bon der langen überfahrt und von ſo harten Unglücksfällen ermüdet und geſchwächt,
ruhte ich
zwei Tage aus ; da ich aber mein weniges Geld in dem Gaſthofe zu Hampton
nicht verzehren wollte,
ſo machte ich mich auf den Weg zur Armee , ' und ging nach Williamsburg , der Hauptſtadt von Vir ginien ,
8 bis 10 Stunden von Hampton.
Bei der Armee angelangt , war ich wenigſtens ficher ,
nicht Hungers zu ſterben ;
noch weit bis zur Urmee ; ob
aber es war
und ich war ungewiß,
50 Stunden davon das Hauptquartier fei.
Ich mußte einen Ward durchreiſen , und wußte nicht,
48
wem ich darin begegnen würde , ob Bären ,
Pan
thern oder Klapperſdılangen ; dieſes Bild erzeugten die Reiſebeſchreibungen , die ich in meinem Ges fängniſſe
geleſen hatte.
Landes ſah
ich voraus ,
Nach
dem Anblic des
daß ich oft unter freiem
Himmel würde ſchlafen müſſen ,
was im Monat
November in einem vom Äquator ſo weit entfernten Lande gewiß weder ſicher, noch angenehm iſt ; eben fo machte ich mich gefaßt , Mittag zu eſſen .
nicht alle Tage
Mitten unter dieſen
zu
Betrach
tungen erreichte ich Williamsburg auf einer foge: nannten Straße ,
d. h. einem elenden Fußwege,
ohne von meinem Gepäck im geringſten beläſtigt zu werden . Hier fand ich ſchon einige Franzoſen , denn es giebt deren überall ; man zeigte mir Landkarten, und ich machte mir eine Reiſeroute.
Ich erfuhr,
daß die Hauptarmee , bei der der Markis La .... ſtand,
ſich zu Walley - Forges ,
3 Stunden von
Philadelphia , befinde ; das war weit für einen Fuß reifenden .
Ich erzählte die Umſtände meines Schiff
bruchs in der Bay von Chezapeaf, und da guter Rath nichts koſtet, bekam ich ihn von aller Welt ;
49
man rieth mir auch
mich wegen der Plünderung
meiner Sachen bei Herrn Jefferſon , damals Statt halter von Virginien ,
zu beklagen.
Nach meinem Auftreten in der alten und fo kürzlich in der neuen Welt , hatte ich bei Betrach tung der Gegenſtände kein Prisma mehr vor den Augen , und nur vom Pflichtgefühl getrieben ,
bez
gab ich mich mit einem Dollmetſcher zum Statt halter .
Herr Jefferſon war von unſerm Unglück
ſchon unterrichtet ; klagte mich , über ,
er empfing mich ſehr gut ,
bes
und zeigte mir wahren Kummer bar:
in dieſen Zeiten der Unruhe mir nicht die
fchuldige Gerechtigkeit widerfahren laſſen zu können . Er befahr in meiner Gegenwart ſeinem Sekretär, mir ein Beglaubigungsſchreiben auszufertigen. merkwürdige Schrift war engliſch ,
Dieſe
was ich weder
redete , noch las ; ſpäterhin ſah ich , daß der Herr Statthalter ſeinen Paß damit beſchloſſen hatte , mid der Mildthätigkeit der Vorübergehenden zu empfeh len ! Welches Spiel des Schicfals !
Im 19ten Jahre
war ich aus Pierre - en - Cize entſprungen , litt zwei Monate darauf Schiffbruch , 1000 Stunden 3
50
von meinem Vaterlande ;
aller Habe entblößt in
einem gaſtfreundlichen Lande , mit zu erobern kam ,
deſſen Freiheit ich
begebe ich mich jekt mit
einem Bettelbriefe nach der Hauptarmee.
Glück
licher Weiſe reichte mein weniges Geld aus ,
und
id ) war nicht genöthigt, von dem erbarmungsvollen Worte : to assist , Gebrauch zu machen , das man ohne mein Wiſſen in den Paß gelegt hatte. Von Williamsburg
bis
nach Wallen - Forges
ſind es nicht mehr als 80 Stunden ;
man muß
aber nicht glauben , daß ich übermenſchlich gelitten habe. Ich tvadete ein wenig im Schmuke , darauf war ich gefaßt; das Wetter war nicht immer ſchön , es regnete oft ; im Monat November und December regnet es auch in Frankreich). Unannehinlichkeiten,
Mitten unter dieſen
deren Ende ich voraus ſah,
ermuthigte und tröſtete mich der Gedanke der Frei heit ; bazu rechne man die Kraft und Geſundheit meines Uiters , und man wird fich nicht darüber wundern , daß faſt bei jedem Schritte ein für mich ganz neues Schauſpiel mich vor traurigen Gedanken bewahrte.
Meine Blicke
wurden
von einer Menge
in
51
Frankreich unbekannter Vöget, aufgeheitert, Reichthum und berounderte ;
Verſchiedenheit des
und
in
den
Wäldern ,
durch
mich faſt unausgeſekt mein Weg führte , ich es nicht ſatt werden ,
deren
Gefieders ich die
konnte
lachend tauſend kleine
Eichhörnchen zu beobachten ,
die um mich herum
von Zweig zu Zweig, von Baum zu Baum hüpf ten.
Sie
ſchienen
den Triumphzug eines jungen
Kriegers zu begleiten ; eines Ballets zu
ich glaubte ,
Tehen .
die Eröffnung
Gewiß iſt,
daß dieſe
leichten , geſchickten Tänzer mit ihren Sprüngen und Spielen mich
in meiner Reiſe aufgehalten haben ;
ich betrachtete ſie mit wahrem Vergnügen.
So iſt
man im 19ten Jahre; man lebt nur für den Wu genblick . Meine Reiſe legte ich mit einem einzigen Hemde zurück ; trug in einer Taſche eine umwundene Flaſche, die ich mit Gin füllte, andern
ſchlechtes
wo ich ihn fand ,
Maisbrot ,
in der
fünf Louisd'or im
Beutel , und den von Jefferſon unterzeichneten Paß. Sand und Wälder , Wälder und Sand , war
:!
1
alles ,
was ich von Williamsburg bis zum Lager
bei Waller - Forges fand ;
ich erinnere mich nicht, 3*
52
wie viel Tage ich brauchte , um dieſen Beſchwerlichen Weg zurückzulegen . hin
langſam
Schlecht genährt und mit:
gehend ,
brachte ich wenigſtens ſechs
Nächte unter den Bäumen zu , Wohnung
antraf ;
weil
ich
keine
da ich übrigens die Sprache
nicht verſtand, habe ich nothwendig mehrere Male den Weg verfehlt, verbunden war.
was jedesmal mit Zeitverluſt
Endlich kam ich zu Walley - Forges
in den erſten Tagen des Novembers an. Die amerikaniſche Armee war ungefähr 3 oder 4 Stunden von der engl. Urmee entfernt,
welche
Philadelphia befekt hielt , und ſo die Vorausſagung des Dr. Franklin beſtätigte.
Dieſer berühmte
Mann , dieſer Geſandte , der ſich mit den Wiffen: ſchaften vergnügte , *)
da er ſie ſo geſchickt zum
* ) Im Beiſein Caſanova'd ſprach man von Rubens, der Geſandter geworden war ; ein Herr fragte: 1 Dieſer Nubens war alſo ein Geſandter , der ſich Nein ," antwortete mit Malerei vergnügte ? Caſanova , ner war ein Maler , der fich mit der Gefandtſchaft vergnügte. " So verwandelt ein Mann von Geiſt eine Dummheit in mis. Mein Onkel war bei den Jeſuiten erzogen ; Pater
53
Nugen ſeiner Geſandtſchaft anzuwenden
verſtand ,
fagte, als man ihn zu Palſy wegen der Einnahme von Philadelphia beklagte :
„ Sie irren ſich , die
engtiſche Armee hat nicht Philadelphia genommen ; < ondern Philadelphia hat die engliſche Armee ein genommen . "
Der Fluge ,
erfahrene Greis hatte
Recht . Die Hauptſtadt Penſylvaniens war ſchon für die Engländer das , was Capua in wenig Mo naten den Soldaten Hannibals ward.
Die Ume
rikaner , die Aufrührer , wie man ſie nannte , waren bei Wallen - Forges gelagert ; die engliſchen Offiziere überließen ſich in der Stadt allen Vergnügungen ; unaufhörlich wurden Bälle gegeben , weichlichten ſich die Truppen ,
und ſo ver
und die Generale
unternahmen nichts während des ganzen Winters. Sobald meine Uugen das Lager erblickten , ſtellte meine Einbildungskraft mir eine Armee, Uniformen,
Ferrier ſagte zu ſeinen Schülern : ,, Denn , meine kleinen Freunde , in unſern Orden nimmt man nur Perſonen aus gutem þauſe oder von Genie auf." ,, Der Zeufel, " ſagte mein ( damals vier: jehnjähriger ) Onkel ,
o mein ehrwürdiger Vater,
Tie find gewiß aus ſehr gutem pauſe !" -
1
54
den ganzen Glanz der Krieger,
Standarten , mit
einem Worte , alle militäriſche Pracht vor.
Unſtatt
dieſes ſchönen Schauſpiele , das ich erwartete , rah ich , einzeln oder in Gruppen dete Soldaten ,
ziemlich ſchlecht geklei
die meiſten ohne Schuhe,
viele
ſchlecht bewaffnet, aber alle gut mit Lebensmitteln verſehen , und ich bemerkte , das Thee und Zufer nicht fehlte;
ich wußte nicht,
daß dies Gebrauch
fei, dachte aber mit Fachen an die Werber auf dem Kai der Ferraille, welche zu den Gelbſchnäbeln , die ſie anwarben , fagten : „ man befindet ſich ſehr wohl beim Regimente ; ſollte indeß das Kommißbrod feh len , ſo werden ſie ſich entſchließen müſſen , Kuchen fu eſſen . "
Indem ich das Lager durchging,
Tah ich auch Soldaten ,
den Hut auf dem Kopfe
und darüber eine baumwollene Müße , und um die Schultern anſtatt des Mantels oder des überrods, eine grobe wollene Decke , gerade wie fie in den franzöſiſchen Hospitälern die Kranken trugen.
Spä
terhin lernte ich in ihnen Offiziere und Generale kennen.
So war ,
bei meiner Ankunft,
gennu
die Eracht und das äußere dieſer bewaffneten Na tion ,
deren Unführer den Namen Waſhington ro
55
berühmt gemacht hat.
So waren dieſe Koloniſten
aller Stände Krieger , ohne es zu wiſſen ,
die in
wenig Jahren die kräftigſten Truppen der britanni ſchen Majeſtät beſiegen lernten ;
ſo groß war die
Urmuth der aufrühreriſchen Armee ;
ſo groß war
endlich , beim kleinen Anfange des Unabhängigkeits krieges,
der Geldmangel und die Schwachheit der
Hülfsquellen einer Regierung, welche jept ro reich und mächtig iſt ,
daß ihr damaliges Geldpapier,
continental paper money genannt, faſt gar keis nen Werth hatte , ganz wie die franzöſiſchen Ufiignate im Jahre 1795 . Von dieſen Eindrücken , die ſo ſchlecht den glän zenden Vorſtellungen entſprachen , macht hatte ,
die ich mir ge
ergriffen , und mitten durch dieſe font
derbare Armee gelangte ich endlich zu dem Haupt= quartier des Markis La F ....
Dieſer junge
General war damals , glaube ich , erſt 20 oder 21 Jahre alt.
Ich ſtellte mich ihm vor und erzählte
ihm mit Offenheit meine ganze Geſchichte ; er hörte mich mit Wohlwollen an , und empfing mich , auf meine Bitte ,
als Freiwilliger.
Er
Tchrieb
nach
Frankreich und erhielt von dort aus in Kurzem die
56 www Beſtätigung alles beffen , was ich ihm geſagt hatte, nahm mich zu ſeinem Adjudanten mit Majorsdiplom auf , und hörte von da an nicht mehr auf, mich mit Beweifen der Güte und des Vertrauens zu überhäufen . La F .... ſtellte mich als Adjudant dem befehlshaber vor ;
Ober
dieſer Mann war eine der ſchön
nen Bildungen der Natur ,
die auf den
erſten
Anblid Ehrfurcht und Vertrauen einflößen , und die alle äußeren Vortheile beſißen , welche zum Befehlen geſchickt machen :
eine hohe Geſtalt,
edle Züge,
Milde im Blic und Anmuth im Sprechen ,
Eins
fadyheit in den Bewegungen und im Ausdruck ; dazu eine Ruhe und Feſtigkeit , die alle dieſe Eigen ( chaften in die reinſte Harmonie brachte. Waſhington , den ich hörte und fah. neral,
Es war Dieſer Ge
den ſeine Talente und ſein Glück feitdem
To berühmt machten , begann damals die Laufbahn, die er von Jahr zu fahr als Soldat ,
Bürger
und Politiker fo ruhmvoll vollendet hat ;
ich will
jedoch hier nur vom
General ſprechen.
damals von ſeinen Offizieren , wie idy,
Er war
welche meiſtentheils,
ihren erſten Feldzug mad,ten ,
und von
denen viele durch ſoldatiſchen Inſtinkt und Liebe
1
57
zur Freiheit die von Gott eingeflößte Weisheit und mit
ihr
Ruhm erhalten fouten ,
den
umgeben .
Mehrere von ihnen waren weit entfernt, Krieger beſtimmt zu glauben.
fich zum
Ich ſah um Waſ
hington den General Gates , den Sieger von Sa ratoga ;
er tvar zwei Jahre vorher ein guter dicker
Pachter , klein und etwas über 50 Jahre alt ; dies war der einfache Mann ,
der fchon der Geſchichte
angehörte, ohne etwas davon zu ahnen ; dies par der Landbauer ,
zum
Soldaten umgewandelt ,
der,
eine wollene Müße , und darüber einen Pachterhut auf dem Kopfe,
den Degen von
dem glänzenden
General Burgoyne in
großem Goſtüme und
Bruſt
mit
Orden
hatte.
Neben ihm war Arnold ,
treulos , fchuß ,
engliſchen
Zeitlebens
fahm
bedeckt,
durch
die
erhalten
ſo tapfer , einen
als
Flinten
den er vor Saratoga empfing, als er mit
Gates die Gefahren und den Ruhm theilte .
Einige
Monate vor ſeinem ſoldatiſden Ruhme war Arnold nichts weiter ,
als ein Robbändler.
Der General
Lee war Soldat ſchon vor dem unabhängigkeits kriege;
der General Sullivan Advokat ;
nach dem
Friedensſchluſſe ergriff er wieder , nicht ſeinen Pflugur
1
58 WWW fondern feine Feder. Freund Waſhingtons,
Der Oberſt Hamilton ,
der
ward nach dem Kriege Ud
vokat und proceſſirte in Philadelphia. Stark verwaltete fein Landgut felbft.
Der General Der tapfere
General Knor beſaß vor dem Kriege eine handlung , und befehligte dann die Artillerie.
Buch Unter
ihm diente der junge Dupleſſis - Mauduit , ungefähr 26 Jahre alt , ein tapferer Soldat, von dem ich oft ſprechen werde , und der zu St. Domingo umkam , wo er von ſeinen eigenen Soldaten ſchändlich er
8
mordet wurde. Ich fah auch den Obriſten Urmand , * ) welcher *) . Urmand bildete den Aufſtand der Royaliſten der ganzen Bretagne , und befahr, im März 1793 zu
den Waffen zu greifen , 6 Wochen nadı dem 21ften Ungeklagt, verfolgt, einziger Gegen: ſtand des Mißtraueng der Convention , war die Zhätigkeit dieſes Anführers fo groß , daß er mitten
Januar.
unter ſeinen Feinden und auf dem Punkt, ſeinen ungeheuren plan außzuführen , 6 Monate in Rennes in beſtändiger Arbeit zubrachte , Tag und Nacht auf den Füßen, als krüpplichter Bettler verkleidet, mit einem Pflaſter auf dem Zuge ; kein feindlicher Blid konnte ihn entdecken .
Leider verfiel et aus .
59
ein Corps leichter Truppen befehligte , im Haupt= quartier ankommen , das , in Vorbeigehen Dieſer junge Franzoſe , damals
einer Mühle war.
24 Jahr alt , führte , fo wie ich , ein unbeſtimmtes, Offizier in der franzöſiſchen
wild bewegtes Leben.
Garde , Neffe des Markis von la Belinaie , zweifelter Liebhaber der Dem . Beaumesnil, tänzerin ,
Opern
hatte er ſich nach La Trappe begeben,
und verließ dieſes Kloſter , die
ver=
zu
Gefahren
briſt Urmand
um neben Waſhington
ſuchen .
Unter
dem
Namen
tvar er damals ſchon berühmt, war
und dies war die frühere Laufbahn des ſpäterhin in der
franzöſiſchen Revolution to bekannt gewor
denen Markis de la Rounrie. Endlich faly ich hier auch , Herrn du P .... , nachher beim
zum erſten Male,
Ingenieurbefehlshaber ,
der
Beginn der franzöſiſchen Revolution,
Kriegsminiſter Ludwigs XVI. war . Mitten unter dieſen Offizieren aus ſo verfdier
Erſchöpfung und Gram über den mod des Königs in ein hißiges Fieber , und ſtarb vor Husführung feiner Verſchwörung.
60
denen Ländern ,
fragte ich , wer der Ehrfurcht ein
flößende Mann Fei,
vor dem fich alle aus Gefühl
und Pflicht verneiyten ; ich fragte , wer der General Waſhington ſei. ſein ,
Er mochte damals 40 Jahr alt
hatte unter den engliſchen Truppen gedient,
und war derſelbe Major Waſhington , der 175 .. in der Feſtung Neceſſity befehligte,
als Herr v.
Sumonville , franzöſiſcher Offizier und. Parlementär, durch den beklagenswertheſten Zufall ermordet wurde . Es iſt entſchieden , das Sumonville durch Unwiſſen: heit , oder Verſehen , oder durch den böfen Willen eines Soldaten getödtet wurde , möge er ihn nun für einen Parlementär gehalten haben , oder nicht , aber ich wiederhole , daß es gewiß iſt , der Befehlshaber der Feſtung habe den Befehl dazu nidyt gegeben, und
der
ſicherſte
Beweis
davon
iſt
die Milde,
Großherzigkeit und Güte des Generals Waſhington, die fich niemals während des ganzen Krieges ver: leugneten ,
und
ſich unter allen Prüfungen des
Glücks und Unglücks gleich blieben.
Herr Thomas
fand es poetiſcher und nationaler , dieſe unglückliche Begebenheit unter einem verhaften Lichte für den engtiſchen Offizier
darzuſtellen .
Der Name des
61
Major Waſhington wäire dunkel unwürdigen
Verdachte
übergegangen ;
befieckt
und mit einem in
die
Geſchichte
Niemand fand ęs für nöthig ,
den
Irrthum aufzuklären ; aber jede Entſchuldigung hieße einen der ſchönſten und edelſten der bekannten Cha raktere beleidigen , und aller Verdadyt muß vor dem Namen , den Tugenden und dem Ruhme des Ge nerals Waſhington verſchwinden . Der Mörder Jumonville's wäre niemals ein großer Mann ge worden. George Empörung
Waſhington ein
reicher
war
beim
Landbeſiger
Beginne der in Virginien ;
daher brachte er auch eine große Anzahl prächtiger Pferde zur Armee.
In die einfachſte Uniform ge
kleidet , ohne das geringſte Zeichen des Oberbefehls, gab er den Soldaten viel ,
die ihn auch ſehr liebs ,
ten ; aber er gab auf Soſten ſeines väterlichen Erb gutes ,
denn er empfing und wollte von der Re :
gierung keine Beſoldung empfangen .
So muß ich auch zum unbeſtreitbaren Ruhme des Markis La F .... ſagen , daß er , nach dem Beiſpiele Waſhington's, ſtritt ,
Tehr große Ausgaben
bez
indem er mit ſeinem eigenen Gelde alles
62
kaufte , was zur Bekleidung , Uusrüſtung und Bes waffnung der Truppen nüglich war ;
dieſer Strieg
hat ihm daher auch ungeheure Summen gekoſtet, und gewiß kann man ihm keinen andern
Bewe
gungsgrund unterlegen , als die edle Begierde nach Ruhm ; denn das Wiederbezahlen war damals nicht Tehr wahrſcheinlich.
Geviß war an dieſen groß
müthigen Uufopferungen alles rein , und man kann ſie ſich nur durch den Zauberglanz der Freiheit, oder den in Frankreich immer lebenden Rittergeiſt erklären ; der Enthuſiasmus , die Liebe zu den Ge fahren und etwas Ruhm waren die einzigen Entz, Das Vergnügen , ju befehlen , Krieg
ſchädigungen . zu führen ,
ſich auszuzeichnen ,
war ohne Zweifel
von einigem Gewicht in der Wagſchale ; es iſt ver nünftig, zu berechnen ,
aber es iſt verdienſtlich , es
auf eine edle Weiſe zu thun. jener Zeit , dunkele
Überdies war zu
wo der amerikaniſche Krieg nichts als
Gefahren ,
Entbehrungen ,
Arbeit,
Bes
ſchwerden aller Art darbot , Markis la F .... doch der Einzige von allen den jungen Herren am fran: zöſiſchen Sofe,
welcher den Gedanken und
den
Muth hatte , die Vergnügungen und Patäfte zu
63
verlaſſen ,
um
im
18ten Jahre auf den
Ruhm ,
ohne Gewinn , zu ſpekuliren .
Unter dem General Waſhington alle Tage Gelegenheit dar ,
bot ſich nicht
Ruhm zu erwerben ;
denn es lag gar nicht in ſeinen Berechnungen , ſich leicht mit dem Feinde einzulaſſen ; er erwartete alles von der Zeit und von den Fehlern ſeiner Gegner, die er bekämpfen ,
untergraben ,
es war fein tägtiches Studium , Hand Zeit zu gewinnen ,
und
zerſtören ſollte ; mit bewaffneter deßwegen nannte
man ihn mit Recht den Fabius Amerikas. Die
zu Philadelphia
mit Vergnügungen
bes
ſchäftigten Engländer ließen uns den Winter über ziemlid) ruhig ; dem Lager zu geahnt ,
ſie ſprachen nur mit Spott von Wallen - Forges ; man hätte kaum
daß wvir uns ſo nahe ſtanden ,
als wir
zur Erinnerung daran einen nachbarlichen Beſuch erhielten .
Wir faßen im Hauptquartier ,
der ziemlich bequemen Mühle ,
d. h. in
beim Eſſen ,
ein ſchöner verirrter Jagdhund herbeikommt ,
als und
uns um ein Mittagseſſen bat ; auf dein Halsbande ſtanden die Worte: ' General How e . Man ſchickte diefen Hund , ber dem Oberbefehlshaber der
64
engliſchen Armee gehörte , ſeinem Herrn durd , einen Parlementär zurück ;
der General war über dieſe
Artigkeit
ſehr
General ,
feinem Feinde ,
erfreut ,
antwortete
unſerm
in einem ſehr
liebens
und
würdigen Briefe. Man erinnert ſich, in welchem elenden Zuſtande ich im Lager angekommen war ;
der Markis la
F .... hatte die Güte , mir Mittel zum Unkauf der Pferde und der nöthigen Uusrüſtung zu ver Tchaffen.
Gegen die Mitte Sanuars wollte man
eine Diverſion durch den Angriff auf Canada ma chen ,
wo wir ſchon Verbindungen angeknüpft und
wenig Feinde gegen uns hatten ,
und La f ...
reiſte ab , um den Oberbefehl der Truppen zu über: nehmen , die in der Umgegend von Albany ſtanden.
Wir machten dieſe Reiſe in Schlitten auf dem Nordfluffe mit großer Schnelligkeit , aber bei einer außerordentlichen Kälte ; einer unſerer Reiſegefährten war der tapfere Dupleſſis Mauduit , Artillerie befehligen follte.
der unſere
Ehe man jedoch das
Unternehmen tragte , hielt man es für nöthig , ſich der Verbindung der wilden Völker zu
verſichern,
die zwiſchen Canada und Neu : England wohnen.
65
Nach einigen Ruhetagen zu
albany brangen
wir bis zum Monkflüſſe und bis zur Wohnung des - Herrn Johnſton vor ,
der nächſten bei den
Hütten der verſchiedenen Stämme, unter den Nas men Tuſcaroros , Oneïdas , u . f. w. bekannt. waren mit den
gewöhnlichen
Wir
Geſchenken verſehen ,
um uns der Wilden Freundſchaft zu erwerben ; man kann hier in Wahrheit ſagen , daß kleine Andenken ſie unterhalten .
Unſere Gaben , die man prachtvoll
fand , beſtanden aus wollenen Decken , kleinen Spie geln und beſonders in Farben ,
die die Wilden
ſehr ſchägen , weil ſie ſich derſelben bedienen , Geſidht damit zu bemalen ; überdies Pulver, Kugeln und einige franzöſiſche Geldſtücke , lieben ,
das Blei,
die ſie
weil ſie das Bild des Königs von Frank
reich tragen ,
den nach alten Sagen die Wilden
noch ihren Großvater nennen. 2000 an der Zahl,
Sie begaben fich,
Männer und Frauen ,
nach
dem beſtimmten Orte der Zuſammenkunft, und mit Hülfe der Geſchenke und der geiſtigen Waſſer , die ward der Vertrag fehr bald ab :
wir austheilten , gerdsloffen .
Ich war ſehr neugierig , die Gebräuche
und Lebensart , dieſes Volkes zu beobachten ,
deſſen
66 Muu Unblic mir ſo neu war ; in wenig Tagen war ich deſſen ſatt.
Der europäiſche Bettler ſchien mir
weniger widerwärtig ,
als der amerikaniſche Wilde ;
man bemerkt überbies , es ſei aus welchem Grunde es wolle , daß ihre Bevölkerung abnimmt. Mir trafen unter ihnen einen alten Soldaten aus der Urmez des Markis v. Montcalm ; er war ganz Wilder geworden , . hatte das Franzöſiſche faſt vergeſſen und lebte ganz ' wie fie , nur hatte er ſich niemals die Ohrenränder ausſchneiden laſſen wollen , was das Zeichen der Krieger iſt. Wir verließen $ diefe Stämme gegenſeitig gleid ) zufrieden . Der entworfene Angriff auf Canada ward aus Gründen verſchoben ,
die mir unbekannt blieben ,
und wir
kehrten nach dem Lager von Walley - Forges zurück. Ich habe jedoch bei unſeren Verhandlungen mit den Kindern der Natur beinerkt ,
daß beide Theile
das Mißtrauen für die Mutter der Sicherheit hiel ten , denn wir nahmen 50 junge Krieger mit uns, um an Ort und Zeit für die Erfüllung des Ver trags zu ſtehen ,
und einer der unſern blieb als
Bürge ; doch ich war es nicht.
Späterhin ſah ich Wilde mitten unter unfere
67
Urmee kommen , und ich will davon zwei fonderbare Beobachtungen mittheilen.
Eines Tages faßen wir im
Hauptquartier beim Eſſen ; ein Wilder trat in das Zimmer ,
ging rund um den Tiſch herum ,
fah
ein ungeheures Stück roost - beaf kochend heiß in der Mitte , aus ,
ſtreckte feinen langen tätowirten Urm
ergriff das dampfende Stück mit der Hand,
und ging , es an der Thüre zu eſſen. alle überraſcht;
Wir waren
der General Waſhington ließ ihn
ruhig gehen und fagte lachend ,
es ſei wahrſchein
lich jekt Eßzeit fiir dieſen Mucius Scävola der neuen Welt.
Ein anderes Mal erlaubte ſich
ein Anführer ,
einzutreten ,
während die Generale
Kriegsrath hielten ; Waſhington , groß und kräftig, ſtand ruhig
auf und fchob den Wilden bei den
Schultern zur Thüre hinaus ; der Waldmenſch nahm es keineswegs übel ,
ſondern ſchloß bloß daraus,
man wolle ihm durch dieſes Zeichen Tagen , hier nicht an ſeinem Plake.
er ſei
Eines Tages be
ſtimmte man ihnen eine Zuſammenkunft auf einer Heide ; weit
die Anführer mit ihren Kriegern wohnten
davon
nach
verſchiedenen Richtungen ,
und
hatten große und dichte Wälder ohne alle Fußwege
68
zu durchgehen . Ohne Wegzeiger oder Kompas fin : den ſie ihren Weg durch nur ihnen bekannte Mittel ; in der That verkiindeten auch am beſtimmten Tage und zur beſtimmten Stunde der Gefang und das Geſchrei ihre Ankunft ,
und wir fahen die verſchies
denen Stämme , jeden von ſeiner Seite ,
faſt zua
gleid, aus dem Walde treten. Bei unſerer Rückkehr war ich ſehr über Vorſtellung verwundert ,
die
fich die
die
Einwohner
Neu - Englands von den Franzoſen machten .
Ich
ſtieg eines Tages bei einem Pac ,ter vom Pferde, in deſſen Hauſe mir meine Wohnung angewieſen war ; kaum bei dieſem wackern Manne angekommen , fagt er mir : ,, ich bin recht froh , einen Franzofen bei mir zu haben . "
Ich frage ihn , ſehr geſchmei
,, oh, " chelt, nach der Urſache dieſer Vorliebe. antwortete er , weil der Barbier weit von hier wohnt, und Ihr mir den Bart abſcheerenwerdet ! " -„ Ei, "
ſagte ich),
,, ich kann mich felbft nidyt ra:
ſiren ; aber ich habe dazu einen Bedienten ,
und
der ſoll Euren Bart ſo gut wie den meinigen ver ſorgen ."
,, Das iſt ſonderbar , "
entgegnete der
Mann ;
man hat uns verſichert,
alle Franzoſen
69 mw feien Barbiere und
Geiger."
Ich habe wohl in
meinem Leben niemals 'herzlicher gelacht.
Kurz
darauf fah mein Wirth die mir beſtimmten Lebens mittel und darunter ein großes Stück Rindfleiſch ankommen, er ,
Wie glücklich ſeid ihr doch ,"
ſagte
,, hier in Amerika Rindfleiſch zu eſſen ! "
Ich
verſicherte ihm , treffliches äßen .
daß wir auch in Frankreich vor ,, Das iſt nicht möglich ;
dann
wäret ihr nicht ſo mager." Dies war beim Morgenroth der Freiheit die Nichtigkeit und Erhabenheit der Vorſtellungen , die fich die amerikaniſchen Republikaner von den Frans goſen machten ;
dieſe Schiefheit des Urtheils kam
von der wenigen Verbindung , in der ſie mit Europa ſtanden ; bloß Boſton und Philadelphia hatten mit den Engländern einige Berührungspunkte ,
an den
Küſten war man faſt eben ſo unwiſſend ,
als im
Innern des Landes .
In weniger als 20 Jahren
iſt man dort um mehr als ein Sahrhundert vor geſchritten .
Heute wird man mir kaum glauben,
wenn ich verſichere ,
daß ,
als damals einer der
Unſern auf dem Lande ein Paar Reitſtiefeln vergeſſen hatte , die Umerikaner ſie gleich einem Wunder im
70
Muſeum von New - York aufſtellten ; der , welcher fie vergaß ,
kann ſie mit der Aufſchrift:
french
boots ( franzöſiſche Stiefeln ) wiederfinden . Wir trafen im Lager von Walley - Forges gegen den 15ten März ein . zu Philadelphia ,
Der Feind lebte ſehr ruhig
auf engliſche Manier in größter
Sicherheit tanzend und trinkend. hinreichende Sträfte ,
Wir hatten nicht
um ihn zu vertreiben ,
und
mußten den 15ten April abwarten , wo unſere Nes kruten und Verſtärkungen ankommen ſollten ; blieben alſo
bis dahin in Unthätigkeit ,
Wetter war auch noch ſehr kalt . Landes iſt ſo ſonderbar ,
wir
und das
Das Klima dieſes
daß es oft keinen Früh
ling giebt ; der Mangel dieſer reizendſten Jahreszeit macht,
daß man nach einem langen und ſtrengen
Winter plöglich
zu
unerträglicher Hiße ohne die
geringſte Abſtufung übergeht.
Der Herbſt im Ge
gentheil iſt lang und ſehr ſchön.
Den 15ten April waren unſere Verſtärkungen angekommen , und unſere Vorrüſtungen zum
Feld
fuge gemacht, als wir mit eben ſo viel Erſtaunen als Vergnügen hörten , den Befehl erhalten ,
die engliſche Armee habe
Philadelphia zu räumen und
71
nach Neid : York zu gehen .
Sie war inteſſen aus
geregelten Truppen gebildet, uns an Zaht überlegen Wir vermu
und durch Verſchanzungen gebedt. theten ,
das Londoner Kabinet habe wahrſcheinlich
Nachricht von der Uusrüſtung der Flotte des Grafen Eſtaing.
Was auch die Urſache ſei, die Räumung
Philadelphia's begann auf New Händen der Engländer war. den bis dahin , bei Philadelphia ,
York , das in den
Sie hatten 30 Stun
und zwei Flüffe,
den Delaware
und vor New - York den Nord
fluß , zu paſſiren ; man traf Maßregeln , um ihren Nachzug anzugreifen und zu beunruhigen.
Der General Waſhington , der aus Freundſchaft und Politif wünſchte,
dem General La f ...
jede Gelegenheit ſich auszuzeichnen , fen ,
gab ihm Befehl,
ſich
zu verſchaf
mit einem ſtarken
Detaſchement über Skulkitt hinaus zu begeben , das mit er zuerſt angreife und ihren Nachtrab , möglich , in Unordnung bringe.
wo
Herr v. La F ....
hatte ſich ſchon in einem glänzenden Treffen aus gezeichnet und in der Schlacht bei Brandywine einen Schuß in das Bein bekommen.
Wir marſchirten
gegen Mitternacht ab , fekten in größter Stille über
72
den Skuifitt und ftellten uns in einem , Philadels phia ſehr nahen Gebüſche auf , um mit Tagesan : bruch den Feind zu erkennen und anzugreifen . Haupttheil unſerer Armee war bereit , redete Zeichen
Der
auf verab
in weniger als 2 Stunden uns zu
Hülfe zu kommen.
Die Engländer ,
welche - unter
uns Spione hatten , und deren größter Theil noch in der Stadt war , wurden von unſerm Plane be nachrichtigt; ſie gingen ihrer Seits heraus , hoben den ziemlich ſchwachen Poſten auf ,
den wir bei
der Skulkitt , um unſern Rückzug zu decken , gelaſ fen hatten , und rückten mit der Hoffnung vor , uns ſo zwiſchen zwei Feuer zu bringen.
Unſere kleine
Truppe und wir ſelbſt ahneten die Gefahr nicht, und wir waren nahe daran ,
in einem Neke ge
fangen zu werden . Es kam aber ganz anders . wenig aus ,
Wir ruhten ein
indem wir im Bivuak ſchlummerten.
Glücklicher Weiſe hatte ein Feldarzt, ich weiß nicht wie ,
den
nächtlichen
Rückmarſch
der
engliſchen
Truppen ,
die uns den Rückzug abſchneiden wollten ,
erfahren .
Dieſer Mann , vielleicht aus Sorge für
feine
eigene Erhaltung,
war den Fluß
entlang
73
gelaufen ,
und hatte eine Furth von nicht mehr
als 3 oder 4 Fuß Tiefe entdeckt.
Ich lag auf der
Erde neben meinem chlafenden General, äsculapius , unſer rettende Gott ,
als der
mich aufweckte
und mir die Nachricht und die Entdeckung der Furth ins Ohr flüſterte.
Herr v . La F .... wacht über
unſer Geſpräd gleichfalls auf , zählung wiederholen ,
läßt fich die Er
und gab hier einen vollen
Beweis der bei einem Unführer ſo nöthigen Stalt blütigkeit.
Er befiehlt ruhig dem Arzte , an ſeinen
Poſten zurück zu kehren , und ſchickt mich zu Pferde ab ,
um
ſelbſt nachzuſehen .
weit zu gehen , ſtätigt zu
um
finden ;
Ich
brauchte nicht
die Ausſage des Üsculap be ich erblickte
die Spige
einer
Kolonne, und ſprengte mit verhängtem Zügel zurüd . In demſelben Augenblicke wird der Rückzug ſo ſchnell, als ruhig angeordnet und ausgeführt; unſere kleine Ýrmee rekt über den Fluß in beſter Ordnung und an
der
vom Feldarzte
bezeichneten Stelle ;
wir
ſtellen uns auf dem rechten Ufer in Schlachtordnung auf und gaben die verabredeten Zeichen ; alle unſere Soldaten glaubten , dieſer Vor- und Rückmarſch ſei nach einem vorentworfenen Plane;
4
der Feind
74
ſelbſt wagte es nicht, ſich zu zeigen , tete ,
tveit er fürch
in einen Hinterhalt gefallen zu ſein.
So
brwarben unſere Bewegung, die dem Feinde aur eine Kriegstift ſchien , und unſer ſehr gut ausges führter Rückzug meinem General das größte Lob, daß er auch verdiente ,
ohne Beeinträchtigung des
Dankes , den wir dem Mahndoktor fchuldig waren , der die Furthen fo glicklich zu entdecken wußte; aber von ihm wurde nicht geſprochen . Wenige Tage nachher räumte die engliſche Armee wirklich Philadelphia ;
wir folgten ihr faſt unter
ihren Augen , und beim übergange über den Ratos tonfluß griff der General Lee am Morgen feindlichen Nac trab an. Mann ,
unter ihnen der Kern der Truppen ,
Regiment engliſcher Garden . Gefechte
den
Er beſtand aus 7000 das
Ich war bei dieſem
gegenwärtig , wo Herrv. La F ....
unter den Befehlen des General Lee ftand ; wurden gänzlich geſchlagen ,
wir
unſere Soldaten er :
griffen die Flucht in der größten Unordnung,
wir
konnten ſie nicht wieder zuſammenbringen , auch on nidht 30 Mann wollten Stand halten , und , wie es immer zugeht,
beſchuldigte man auch hier den
75
kommandirenden General der
Verrätherei.
Dies
war mein erſtes Gefecht. Die Flüchtlinge verſammelten ſich indeſſen hinter der großen Armee , der wir begegneten ,
während
auf einen Erfolg ſtolz,
der doch
die Engländer ,
nichts weiter war , als eine theilweiſe Flucht unſerer Soldaten , die Unklugheit begingen , uns mit ihren, aus dem Vortrabe gezogenen Verſtärkungen zu vera Der General Waſhington erwartete ſie in
folgen .
einer feſten Stellung, mit allen unſeren, in Schlacht: ordnung
Die
Engländer
tiefen Graben paſſiren ,
ehe ſie zu
aufgeſtellten
mußten einen
Truppen .
uns gelangen konnten ; ihr tapferes Fußvole zögerte nicht und marſchirte mit vorgeſtrecktem Bajonett auf uns ein ;
es ward durch unſer grobes Geſchük
vernichtet ;
das prächtige Garderegiment verlor die
Hälfte ſeiner Mannſchaft;
ſein Obriſt ward tödt:
lich verwundet. Dieſe Schlacht bei Montmouth , von dem nahen Dorfe ſo benannt , begann um 10 Uhr des Mor gens ;
die Hiße war ſo außerordentlich ,
daß wir
Soldaten ohne Verwundung todt fanden .
Das
erſte Schlachtfeld hatte ich nicht genau beobachten
76
können ,
weil wir ziemlich fern davon waren , als
Sieger auf demſelben zu bleiben ; Montmouth ,
mitten unter dem Stolze und dem
Jubel des Sieges , ſtere
ließ in meinem Gemüthe bü
Eindrücke zurück ,
bariiber ,
nie
aber. 098 von
und ich table mich midst
die Unempfindſamkeit des Mannes
begriffen zu haben ,
der bei Eilau ,
mitten unter
80000 leichnamen der Beſiegten und Sieger, ſagte : ,, welch eine ſchöne Menſchenvernichtung ! "
Wir
ſchliefen auf dem Schlachtfelde unter den Todten, die man noch nicht hatte beerdigen können .
Der
Tag war in jeder Hinſicht ſo heiß geweſen ,
daß
wir alle der Ruhe bedurften .
Die engliſche Armee zog ſich gegen Mitternacht in der tiefſten Stille zurüd ;
wir zogen in das
Dorf ungefähr um 6 Uhr des Morgens ein .
Der
Feind hatte einiges Gepäck und alle Verivundete zurückgelaſſen ; ſie lagen in der Kirche und faſt in allen Häuſern ; man leiſtete ihnen alle nur mögliche Hülfe; ich konnte nicht ohne inniges Mitleid junge Offiziere der engliſchen Garde ſehen , denen man ſo eben ein Glied abgeſchnitten hatte ; einer der ſchönſten Männer ,
ihr Obriſt,
die ich je rah ,
60
77
Sahr alt , mit den edelſten und ehrwirdigſten Zügen , ſtarb an ſeinen Wunden nach 24ſtündigem Leiden . Sonſt fiel kein Gefecht vor , bis die Engländer New York erreichten .
Wir kamen vor dieſer Stadt
faſt zu gleicher Zeit an ,
als ſie einrichten ,
und
nahmen eine feſte Stellung. Die Belagerung bot die größten Schwierigkeiten dat ; eine engliſche Flotte lag im Hafen vor Anker ; die Stadt war von einer Seite durch den Nordfluß ,
von der andern durch
den Weſtfluß vertheidigt; beide ein wenig breiter , als die Seine oder die Loire. Um auf der angreif baren Stelle etwas ausridten zu fönnent, man 100,000 hatten
Mann
haben müſſen ,
nicht mehr als 15000.
bätte
und wir
Die amerikaniſche
Urinee beſchränkte ſich daher aufs Beobachten und ſuchte den Feind daran zu verhindern , Ausfälle in das Land zu
machen und Lebensmittel zu rauben .
Während man ſich fo von beiden Seiten beoba achtete ,
brütete man über einer Berrätherei ,
die
verderblichſten Folgen für die amerikaniſche Republie haben konnte. Ich ſpreche vom General
die
Arnold , der den Engländern die Feſtung Weſtpoint ausliefern wollte .
78
Weſtpoint, ungefähr 20 Stunden von News York , auf dem rechten Ufer des Nordfluſſes , war der Waffenplag der amerikaniſchen Regierung.
Hier
betvahrte man das vorräthige grobe Geſchüg , wie das , hatte.
ſo
welches man vor Saratoga genommen
Durch die Vorſicht der Regierung und die
Sorgfalt der Herren Duportail unb v. Gouvion, franzöſiſche Offiziere, war dieſe Feſtung mit Schanzen umgeben worden , welche den Eingang verſchloffen ; die Höhen tvaren
mit Batterien und furchtbaren
Rebouten bedeckt, deren Feuer fich an vielen Stellen des Fluſſes kreuzte , der , wie der Hafen von Kon ftantinopel unter den griechiſchen Kaiſern , mit einer Kette geſchloſſen war , von welcher jedes Glied über 400 Pfund wog. die Freiheit halfen ,
Zu den Haupturſachen ,
der Vereinigten
kann
Feſtungswerke mit rechnen . nicht hoffen ,
Staaten
man vielleicht diefe
welche
begründen
unnehmbaren
Die Engländer konnten
ſich Weſtpoints mit offnez. Gewalt
zu bemächtigen , da ihre Schiffe nicht herankommen 1konnten , ohne fid
1 Stunde lang dem furchtbaren
Kreuzfeuer der Küſten und benachbarten Höhen aus zulegen.
Sie verſuchten alſo ,
den goldbeladenen
7 17
:1
79
Efet des Königs Philipp hineinzubringen .
Die
Einnahme Weſtpoints hätte dem Feinde erlaubt, uns alle Verbindungen mit den nördlichen Provinzen , aus denen wir viel Lebensmittel , beſonders Odſen , bezogen ,
abzuſchneiden .
Der Verluſt dieſer Stel
lung wäre für uns das größte Unglück geweſen und hätte nicht zu berechnende Folgen gehabt.
Der
General Arnold befehligte daſelbſt. Ein
jurrger offizier,
jubant in der André',
ein
geborner
engliſchen Armee ,
Franzoſe
der Major
hatte mehrmals Gelegenheit gehabt ,
das amerikaniſche Lager zu kommen ,
in
um wegen
des Austauſches der Gefangenen zu unterhandeln . Aus Zufall oder Berechnung war er mit dem Ge neral Arnold bekannt geworden ; diefer Legte hatte durch ſeinen ſeltenen Muth große Dienſte geleiſtet, fand ſich aber wahrſcheinlich nicht nach ſeinen Wün chen dafür belohnt.
Der Major Andre fand ihn
unzufrieden und zur Beſtechung zugänglich ; Vertrag ward geſchloſſen :
der
man verſprach Arnold
viel Geld , gleichen Rang in der engliſchen Armee, mit den dazu gehörigen Emolumenten ; ſeiner Seits verband er fich,
die Feſtung auszuliefern.
Der
80
Feind
ſollte während der Nacht den Fluß herauf und Arnold wollte ſich überrumpeln laſs
kommen , fen .
Wahrſcheinlich waren noch einige Punkte zu
ordnen , die die Gegenwart des Majors verlangten, denn er begab ſich zu einer Zuſammenkunft mit Er kehrte verkleidet zurück und ward
dem General.
von dreien unſerer Mitizen angehalten ,
die vor
unſerer Linie patroullirten und ihm die gewöhn lichen Fragen vorlegten. Der Major, wie die Land: bewohner bekleidet und ſchlecht beritten , antiportete Unfangs
ruhig
urid
einfach ;
die drei Männer,
ziemlich ſchlecht bewaffnet, da ciner von ihnen nidyt einmal einen Hahn an der Flinte hatte, ihn ſchon gehen laſſen , fidh zu beklagen , aufhalte “, anzubieten ; dann , Teinem
wollten
als er unklug genug war,
daß man ihn in ſeiner
und die Ungeſchicklichkeit beging, dies eriveckte Verdacht.
Reiſe Geld ,
Er verlangte
daß man ihn nach Weſtpoint fiihre;
zit
Unglück aber bemerkte einer der Soldaten,
28 fei 2 Stunden weit ,
und in Kurzem iverde der
General Waſhington über den Nordfluß regen , und daß bis Kingsferry , wohin er von einer Unterhandlung zu Hartford zuriickkehre ,
nur eine halbe Stunde
81
Weges lei.
Sie führten alſo den Gefangenen dahin
ab , ohne zu wiſſen , wer er ſei ,
und erwarteten
daſelbſt vor dem Wirthshauſe den General. Arnold hatte jedoch , als vorſichtiger Mann , dem Major Undre ' in einiger Entfernung
einen
Land
befißer folgen laſſen , um über den Erfolg der Reife ſidher zu ſein . Von der Begebenheit durch ſeinen Abgefandten benadhrichtigt,
eilte er in einen ,
am
Fuße der Feſtung bereit liegenden Kahn , deſſen Ru derer verkleidete engliſche Matroſen waren ,
und fo
erreichte er bald den Geyer , ' eine engliſche Corvette, die zivei Kanonenſchüſſe weit davon lag . der unglückliche Major
So ward
Andre' das einzige Opfer
der Verrätherei Arnolds . Alles dies fiet unfern unſeres Neugierde hatte mich getrieben ,
Lagers vor ;
die Ankunft uns
ſerer Generale zu Tehen , und ſo ward ich Zeuge. dieſes ſchrecklichen Auftritts. Der Wirth des Gaft: hofs fagte mir , drei unſerer Soldaten hätten einen Tehr verdächtigen Mann angehalten , der ihnen Geto angeboten habe , wenn ſie ihn geben Caffen wollten ; er zeigte mir den Ort , bsfond ; ich ging hin ,
wo ſich der Unbekannte um ihn zu ſehen und mit
82 mw ihm zu ſprechen . geſehen hatte ,
Da ich den Major Andre' nie
vermuthete ich ,
der Mann ſei ein
engliſcher Spion ; ich war nicht allein eine Viertel ſtunde ſpäter verwundert.
Der General Waſhington
kommt an , mit ihm ſein Generalſtab ; was er hört,
nach dem ,
befiehlt er dem Obriſten Hamilton,
den Gefangenen auszufragen ; id folgte dem Obri ften ;
das Zimmer war niedrig und dunkel und
die Dämmerung brach herein ; Der Obriſt prallt zurück ,
vor
man bringt Licht.
Erſtaunen und
Schmerz
als er auf den erſten Blick den Major
André erkennt. Er findet unter dem Kleide nicht das geringſte militäriſche Zeichen ; eine Uniformweſte unter ſeinem überrocke hätte ihn retten können .
Von
Schmerz durchdrungen , befiehlt Hamilton den Sol daten ,
den Gefangenen nicht aus den Augen zu
laffen ; er eitt zum General : André' !"
„ Es iſt der Major
ruft er mit dem Tone der Verzweiflung.
Das erſte Wort Waſhington's war :
Nehmen
Sie 50 Reiter und bringen Sie mir Arnold lebend oder todt."
Uugenblicklich läßt er die Armee unter
die Waffen treten ; den Gefangenen durchſuchen zu laſſen , war nur fein zweiter Gedanke ;
man fand
83
bei
ihm
den
entworfenen Plan )
die Einnahme
Weſtpoints , den gleichzeitigen Angriff auf unſere Urmee . Gott weiß , was aus der Freiheit der Amerikaner geworden , wäre dieſer Entwurf gelungen !
Der Major ward unter ſtarker. Bedeckung nach dem Lager abgeführt;
man mußte ihn richten und
verurtheilen ; die geringſte Nachricht gegen ihn hätte, bei der damaligen Lage der Dinge , einen Uufſtand verurſacht.
in der Urinee
Wenig Strafbare der neuern Geſchichte haben eine allgemeinere Theilnahme eingeflößt und verdient , als dieſer unglückliche junge Mann ;
er war ein
ausgezeichneter Offizier , voller Feuer und Thätigkeit, mit ſchönen Zügen und liebenswürdigem Charakter, 26. Jahr alt.
Wir erhielten einen Zug engliſcher
Unterhändler ;
die
Generale kamen ſelbſt ;
bot Alles , um ihn zu retten ;
man
eine einzige Bedin
gung konnte
angenommen werden :
uns Arnold
auszuliefern ;
die Engländer verweigerten ſie mit
Schmerz ; fie konnten nicht einwilligen .
Der Major Undre' ward gerichtet und Strange verurtheilt ; Vergünſtigung ,
zum
et erhielt nicht einmal die
erſchoffen
zu werden .
Ich kann
84
bezeugen ,
daß beim Uustritt aus dem Kriegsrathe
unſere Generale den Ausdruck des tiefſten Sdymerzes trugen ; der Markis La F .... hatte Thränen in den Augen.
Der unglückliche junge Mann ging mit
vielem Muthe zum Richtplab , und ſagte laut , er glaube nicht gegen die Ehre gefehlt zu haben ,
in :
dem er gegen Rebellen To handelte , wie er es gethan. Das unvermeidliche Schickſal des Major Audre ' vermehrte den Hab und die Verachtung, die der Name Urnord verdiente.
Der Verräther erhielt von der
engliſchen Politik den verſprochenen Lohn ; aber man vermied , ihn als General- Major dienen zu laſſen , weil
der Widerwille der Offiziere
zu groß gegen ihn war. wohnten auf dem walt.
und Soldaten
Seine Frau und Kinder
Lande und waren in unſerer Ge
Er hatte Niederträchtigkeit genug , zu glau
ben , man würde ſeine Familie für ſein Verbrechen büßen laſſen , und war ſo unverſchämt,
dem Ge
neral Waſhington zu ſchreiben und ihm zu drohen, das Land , und beſonders des Generals ſchöne Bes Fitungen in Virginien , verwüſten zu laffen ,
mit Feuer und Schwert wenn
man
es wage ;
85 nuwu irgend einem
der Seinigen Rache zu nehmen .
Ana
ſtatt aller Untivort ließ Waſhington Madame Arnold und ihre Kinder von ihrer Wohnung aus mit aller möglichen Achtung zu Arnold geleiten ;
ich glaube
rogar, es war ' der Obriſt Hamilton , den er damit beauftragte,
um ihnen unter dieſem Schuße alle
Unannehmlichkeiten auf der Reiſe zu erſparen . Mehrere Wochen lang fiel keine wichtige Bez gebenheit vor ;
wir hörten nur ,
die engliſche Re
gierung habe Bevollmächtigte abgeſandt , um über den Frieden zu unterhandeln ; gleich ſehr jung ,
Lord Carlisle ,
befand ſich unter ihnen ;
ob
er ver
urſachte einen Skandal , der nur ihn traf und nur ihn liderlich machte.
Milord erlaubte ſich ,
in
die Zeitungen , die man zu Netv - York erhielt , die Neuigkeit einrücken
zu laffen ,
der Markis v . La
Fi ...
ſei kurz vor ſeiner Reiſe nady Amerika
in dem
Hofe von St. James ſehr gut empfangen
worden ,
und es fei höchſt undankbar von ihm,
den Don Quirotte in dieſem
Kriege der Empörer
gegen ihren Herrſcher zu machen .
La F .... hielt
ſich für perſönlich beleidigt , und glaubte eine Recht fertigung verlangen zu müſſen .
Die Herausforderung
86
ward durch einen Parlementär überſandt ;, der edle fich herabzuwir:
Lord glaubte wahrſcheinlich nicht, digen ;
aber
er antwortete , dieſer Streit werde
zwiſchen dem Lord Howe und dem Grafen Eſtaing
1
ausgemacht werden ,
Da Milord
dem Rufe eines fashionable
zu London in
( Stußers ) ſtand,
ſo ließen wir dagegen in
die Zeitungen reken ,
fei ganz natürlich ,
ein
daß
es
junger Herr , - der
Sdyminke und Pflaſterchen auflegte , fich nicht ſchla gen wolle ,
und ſo waren die facher auf unſerer
Seite. Bald darauf kam der Graf Eſtaing vor News York mit einer Flotte von 12 Linienſchiffen und mehreren Fregatten an .
Die amerikaniſche Armee,
durch die Gegenwart des franzöfiſchen Admirals ers higt;
Tchloß die Stadt dichter ein.
Herr v.
Eſtaing hatte ſich geſchmeichelt, die engliſche Flotte im Hafen ſelbſt angreifen zu können , fich mit überlegenen
Kräften zeigts.
indem
er
Die Flotte
des Admirat" Howe beftand nur aus 6 oder 8 Schiffen von 50 Sfanonen ; aber die Franzöſiſchen Fahrzeuge , obgleich viel ſtärker, gingen zu tief im Waſſer ,
und liefen daher Gefahr ,
zu fcheitern ;
87 MUN der Languedoc , auf dem Eſtaing ſeine Flagge hatte, führte 110 Kanonen am Bord .
Man mußte auf
dieſe Unternehmung Verzicht leiſten ,
und den ent
worfenen Plan ändern.
Der Markis La F .... übergab mir Briefe für den Grafen Eſtaing ,
und ich ſollte alſo als
beauftragte Perſon jegt einen Mann kennen lernen , der dem
Bilde gleichen würde,
das ich mir von
dem Oberbefehlshaber einer franzöfiſchen Flotte ge macht hatte.
Er empfing mich auf's Beſte ,
mir viele Fragen , antwortete , ihm .
that
auf die ich ohne Verlegenheit
und ich blieb wohl zwei Stunden bei
Ich fand am Bord ſeines Schiffes die aus !
geſuchteſte Tafel ,
und war ſehr verwundert ,
ihn
über Mangel am Nöthigen klagen zu hören , wäh= rend man gar nichts davon bemerkte.
Ich ver
kündete die baldige Ankunft von 50 fetten Ochſen und verurſachte dadurch eine allgemeine Freude , und kaum hatte ich meine Rede geendigt,
als ſchon
Sprachröhre und Zeichen dieſe große Neuigkeit der ganzen Flotte meldeten . Atle Offiziere umgaben und überſchütteten mich mit Fragen über unſere Stellung und Kräfte; ich
88 Vw
war ein ſehr wichtiger, fehr geſuchter und ſehr be fragter Mann .
Der Herr v . Suffren ,
der das
mals nur ein Schiff von 50 Kanonen befehligte, ließ mich bitten , auf fein Schiff zu kommen ; ich mußte dort, um ihm zu gefallen , ſo viel Punſch trinken ,
daß ich beim
Abſchiede fürchtete , das Meer
zu berithren . Außerordentliche Freude gewährte mir das Zu fammentreffen mit meinem Vetter ,
dem Chevalier
von F. , jekt Grafen F. , Großkreuz des St. Louis ordens und Viceadmiral;
damals war er Schiffs
Fähndrich auf der Provence.
Er kannte meine Flucht
aus Pierre - en - Cize , und wir fanden uns 900 Meiten weit , mitten im Kriege , in unſerm eigent: lichen
Elemente wieder ;
et überhäufte mich mit
Zärtlichkeiten , die ich mit Dank empfing , beſonders als er mir einen kleinen Porrath Wiſde anbot, mit dem Seeoffiziere immer reichlich verfehen ſind, und die mir gar fehr za fehlen anfing ;
ich hütete
mich auch wohl , es auszuſchlagen .
Endlich ging id , vom Grafen Eſtaing Worchied zu nehmen ,
der mir ſeine Depeſchen einbändigte.
Ich erinnere mich noch , daß er mir für Waſhington
89
und La F .... Kiſtdhen voller Citronen und Anas nas gab , die von einem erbeuteten Schiffe kamen . Ich mußte während der Nacht mehrere Meilen in der Schaluppe zurücklegen , um reichen ,
und
das Lager zu ers
empfand einen ſolchen Hunger , daß
ich mehrere Ananas verſchlang und faſt daran ge ſtorben wäre. -
Der Kriegsplan füle 1778 warb alio gerinnert, und mach einer berechneten Bewegung blokitte die franzöſiſche Flotte New - Port auf Rhode Island, ziviſchen New - York and Boſton , während ein Theil der Armee , unter den Befehien des Generals Sullivan , mit der Diviſion des Generals La F .... vorrückte ,
um
die Belagerung zu beginnen.
Un
Tere Landung auf dieſer ſchönen Inſel geldyah mit der größten Ordnung und ohne Hinderniß unter dem Schube der drei Fregatten , die uns der Graf Eſtaing gab .
Kaum waren die Linientruppen aus :
geſchifft, als gegen 10000 Milizen herbeieitten, theils zu Pferde, theils zu Fuße; fie gewährten einen lächer lichen Anblid ; alle Schneider und Upotheker ſchienen dem Aufrufe gefolgt zu ſein ,
denn man erkannte
ſie an ihren runden Perücken und chlechten Pferden .
90 M Das Fußvolk
her ,
der Reiterei
ging vor
ſchien nach demſelben Schnitte verfertigt.
und
Ich ver
muthete, daß dieſe Krieger den Feind nicht zu ſehr in der Nähe ſehen wollten , ſondern nur gekommen waren , die Lebensmittel verzehren zu helfen , und ich irrte mich nicht ;
ſie verſchwanden mit dem
Überfluſſe. Wenig Tage nach der Landung begannen wir die Schanzarbeiten mit vielem Eifer ,
als die eng
liſche Flotte vor New : Port erſchien . Der Graf Eſtaing befaht Segel aufzuziehen ; günſtig.
augenblicklich ,
der Wind war ſchwach ,
die aber
Wir fahen dieſe ganze Flotte majeſtätiſch
vor den Erdſchanzen der feindlichen Redouten vor überſegeln ,
und jedes
Schiff eine volle Labung
zum Gruße geben ; es waren 36 und 24 - Pfünder, denen man aus den Redouten mit kleinen 10 und 12 - Pfündern antwortete.
Unſere Flotte verfolgte
die engliſche, welche mit vollen Segeln floh ; bald verloren wir beide aus dem Geſicht, und behielten die Hoffnung eines großen Sieges .
Ein furchtbarer
Sturm erhob ſich vor Beginn des Gefechts ; unſere Flotte
ward
zerſtreut,
das Admiralſchiff,
ſeiner
91
Maſten beraubt, war nahe daran , durch ein feinds liches Schiff von 50 Kanonen genommen zu wer den ; der Gäſar , von Herrn v . Raimondis befehligt, mit 74 Kanonen am Bord , ward von überlegenen Kräften angegriffen und lieferte ein Gefecht; Kapitän
verlor dabei ſeinen rechten Arm ;
der / man
hielt den Cäfar ſchon für verloren , als er ſich den anderen wieder verſammelte. Mitten
mit
unter dieſem Sturm kam der Admiral Byron beim Admiral Howe an ; der Feind war uns nun über legen . Die Belagerung dauerte fort ; der Graf Eſtaing erſchien wieder vor New - Port ;
er hatte uns die
drei Fregatten gelaſſen , Rückzug zu decken ; ihm unmöglich ,
um nöthigen Fal's unſern ale aber er meldete uns , es fei
die Belagerung fortzuſeßen ;
Eſtaing führte die Flotte nach Boſton , auszubeſſern Der General Sullivan ,
wüthend,
franzöſiſchen Flotte verlaffen zu ſein ,
wir
Der Graf
mußten alſo an den Rückzug denken .
um ſie
von
der
erlaubte ſich ,
in einem Tagesbefehl unſere Nation zu beleidigen und die Franzoſen Verräther zu nennen ;
ich fah
92
den Augenblic ,
wo unſere beiden Generale fich
ſchlagen würden.
Der Markis La F .... Beklagte
1 ſich bitter und mit Recht beim General Waſhington . Der Rückzug geſchah in guter Ordnung und wir erreichten unſere Armee. Von dieſer Unternehmung kehrten alſo die Land und Seebefehlshaber gegenſeitig unzufrieden zuriidk ; ich meines Theils fand dabei viel Angenehmes und erhielt ſogar ſo zahlreiche , als aufrichtige Lobſprüche; der Grund war dieſer.
Der Chevalier v . Preville,
der die drei franzöſiſchen Fregatten befehligte, die uns ſere Verbindung mit dem Feſten Lande decken ſollten , ſchrieb mir , um zu fragen ,
ob er für ſeine Ma
troſen nyt einige Erfriſchungen bekommen könnte ; id) theilte den Brief dem Murkis la F .... mit, und der General Sullivan beauftragte mich, einem
Detachement
ziviſchen
den
beiden
mit
Lagern
Lebensmittel aufzuheben .
So bin id, alſo auf 24 Stunden Anführer eines Corps , und mache demnach meine militäriſchen und gaſtronomiſchen Anordnungen ;
der Zwiſchens
raum vom Lager nach der Feſtung war mit Gärten und Wohnungen angefüllt , die die Bewohner ver :
93 Muuu laſſen hatten , um ſich nicht zwiſchen zwei Feuern zu befinden .
Mein Auftrag mußte im Ungeſicht des
Feindes ausgeführt werden ; ich glaubte , Kanonen fchüſſe aushalten zu müſſen ,
und ließ alle Karren
zuſammenbringen ,
finden konnte ;
die
man
füllten ſie mit Obſt und Gemüſen ,
wir
und da der
Himniel alle gute Werke beſchüßt , ſo ſchoß man nicht eine Flinte auf uns ab. Die Fregatten , von meinem glücklichen Erfolge benachrichtigt,
ſchickten
eine Menge Kähne ab und ich begleitete die Sen: dung ſchüßend bis zum Ufer.
Man mußte den
Eifer fehen ,
mit welchem die Matroſen die Äpfel
verſchlangen ,
und die Wagen von den Möhren,
Platanen und anderen Gemüſen befreiten ;
ſie bez
dankten ſich alle um ſo mehr , da fie eine Zeitlang Mangel gelitten hatten.
Ich ward am Bord wie
der Pflegevater der Fregatte empfangen , und man erklärte mich einſtimmig für den Reſtaurator der Seemacht. Die franzöſiſche Regierung entſchloß fich nun , die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten anzus erkennen , und Herrn Gerard als Bevollmächtigten zum Congreſſe zu
ſchicken .
Es war Zeit,
denn
94
man war wenig mit der Hülfe zufrieden , die Frank reich durch Herrn Caron de Beaumarchais men ließ.
zukom
Der Briefwechſel dieſes Mannes belei:
digte allgemein durch
ſeine Leichtfertigkeit, die an
Unverſchämtheit grenzte.
Ich habe die Abſchrift
eines ſeiner Briefe bewahrt : Meine Herren , müffen ,
ich glaube ihnen melden zu
daß das Schiff l'Amphitrite,
von 400
Tonnen , mit dem erſten guten Winde nach dem nächſten amerikaniſchen Hafen regeln wirb . Die Ladung deſſelben ,
die ihnen beſtimmt iſt ,
aus 4000 Flinten ,
80 Fäſſern Pulver;
beſteht 8000
Paar Schuhen , 3000 wollenen Decken ; außerdem noch einige Ingenieure und Artillerieoffiziere ; item einem deutſchen
Baron ,
ehemals Adjudant des
Prinzen Heinrich von Preußen ; ich denke , fie wer: den einen General aus ihm machen können , und bin ihr ergebener Diener,
E. de Beaumarchais." Dieſe Schreibart empörte den Congreß , und •
dieſer ,
givar ſehr,
aber doch noch weniger unver
ſchämte Brief, als das ganze Leben des Schreibers, ward uns allen bekannt.
95
Der deutſche Offizier ,
von dem er fo obenhin
ſprach , war der Baron v. Steuben , Taktiker ,
ein großer
den der Chevalier v. Ternan ,
ausgezeichneter Offizier,
begleitete;
'mals noch wenig Franzoſen .
ein ſehe
wir hatten das
Ich habe die Herren
Duportail , Dupleſſis - Mauduit und de la Rouairie genannt.
Dieſer Lekte war beim Congreß mit ſeiz
nem Bedienten, einem gewiſſen Lefevre,
einem
ſehr ſchönen und tapfern Manne, erſchienen ; Herr 0. Rouairie erhielt fogleich ein Obriſtdiplom , und die Einfachheit der regierenden Verſammlung war damals ſo groß , daß man dem Dienet ein gleiches Diplom auf ſein gutes Ausſehn ausfertigen wollte, hätte dieſer nichts zuerſt es verweigert und den Herren des Congreſſes dafür gebankt. ner ,
Dieſe Män
mit von den unſrigen fo verſchiedenen Gea
wohnheiten , bildeten eine Verſammlung von 13 Perſonen ,
in gleicher Zahl mit den Provinzen der
Union ; fie gingen zur Sigung, zum Congreß, ſo wie man in Paris in ein Leſekabinet geht ,
und
die Weisheit ihrer großherzigen Beſchlüſſe übertraf noch die Einfachheit ihrer Sitten . Nach der Aufhebung der Belagerung von New
06
Port und unſerer Rückkehr zur Armee beſchloſſen der General Waſhington und der Congreß , Markis La
F ...
um Unterſtügung , und Geld zu
nach Frankreich
den
zu fenden,
ein franzöſiſches Truppenkorps weil das Papiergeld ohne
erbitten ,
allen Werth war. Man eilte , den Bau der Fregatte Autance zu vollenden , die trefflich ſegeln und 36 Zwölfpfünder Der Oberbefehl wurde
am Bord führen
ſollte.
einem Franzoſen ,
dem Kapitän
Landais de St.
Malo , ertheilt ; das Fahrzeug ſtand unter der Leis tung
des Warkis La F .... ,
ſollte ihn ausſchiffen ,
und der Kapitän
wo er es wünſchen würde.
Unglücklicher Weiſe nahm man , um die Mannſchaft vollzählig zu machen , trofen ;
70 gefangene engliſche Mas
treffliche Seeleute an ,
son deren Treue
man ſich verſichert hielt, weil man ihnen einen Eid leiſten , ließ . Der Winter war ſehr ſtreng; ward erſt Ende Boſton fror zu ,
Januars fertig ;
die Ausrüſtung der Hafen
und wir waren genöthigt ,
Sdyiffe einen Weg durch das Eis zu hauen. lichteten die Unker bei einem
von dem Wir
günſtigen , aber äußerſt
97
heftigen Winde , und obgleich nur das große Segel gebraucht wurde,
ſo legten wir doch 2 deutſche
Meilen in einer Stunde zurück.
Mehrere franzö
ſiſche Offiziere waren mit uns am Bord ,
unter
andern Herr v . Raimondis , Befehlshaber des Gä far ,
der in dem legten Gefecht den rechten Arm
verloren hatte. Ein furchtbarer Sturm erhob ſich bei der Bank Terra nova;
er dauerte ſo lange und unter ſo
gefährlichen Umſtänden , daß Angſt und Schrecken Utle erfaßte.
Herr v. La F ... war auf dem
Meere gewöhnlich krank , und ſchickte mich oft, um unſern alten Kapitän Raimondis zu befragen , an ſeinem
der
Stümpfe ſehr litt , was durch das be
ſtändige Wanken des Schiffes noch vermehrt wurde . Der alte Seemann beruhigte mich nicht außerors dentlid ) ; er ſagte ſogar, lichen Sturm
noch nie einen To, ſchreck
ausgehalten zu haben .
dieſe Nachrichten dem
Ich brachte
Herrr v. la .... wieder ,
fügte aber jedesmal , um ihn und mich zu tröſten, hinzu ,
der Zuſtand Raimondis müſſe nothwendig
auf ſein Urtheil Einfluß haben , Fehen ,
mit einem
Worte ,
ihn Alles ſchwarz
Alles aufs Schlimmſte
5
98
nehmen laſſen .
Herr v. La F ....,
Lager ausgeſtreckt,
auf ſeinem
brachte dann den Nebel des
Ruhmęs auf ſeine einfachſte Wahrheit zurück : ,, der Teufel, “
rief er philoſophiſch aus ,
,, es war der
Mühe werth , daß ich im 20ſten Jahre , bei meinem Namen , meinem Range , meinem Reichthume, und nachdem ich Fräulein v . Noailles geheirathet hatte, Alles verließ , um hier den Stockfiſchen als Frühſtück zu dienen ! "
Ich meines Theils ,
war glück=
licher , hatte nichts zu verlieren , nichts zu bedauern, und kehrte zum alten Seemann zurück ; er wohnte unter dem Zimmer des Herrn v . La F wela ches das Berathungszimmer war,
ſo daß ich auf
dieſem Wege oft fiel und mir meine Botſchaften eine tüchtige Menge großer Beulen koſteten . Es war unmöglich , ſich bei den Stößen ,
die nach
allen Richtungen mit furchtbarer Schnelligkeit folg ten ,
auf den Füßen zu erhalten ;
man wollte die
Maſten kappen. Einer der Unſern ,
Herr v. N.
war fo angegriffen , daß ich ihn ſeine Piſtolen laden ſah , um ſich lieber zu erſchießen , als zu ertrinken ; ich hätte die Wahl für eine Stecknadel gegeben , aber noch hatten wir nicht Umen geſagt.
Der
99
arme Gefährte war zum Selbſtmorde beſtimmt, denn im Jahre 1792 entzog er ſich , als Offizier der con ſtitutionellen Garde , den patriotiſchen Henkern , die ihn nach der Abtei ſchleppen wollten ,
indem er
ſich den Degen in den Leib ſtieß.
Nach drei ,
für uns unendlich langen Dagen
hörté der Sturm auf ,
und das Wetter blieb von
da an günſtig.
Aber der Wille des Himmels be
hielt
andere Prüfung vor.
uns
eine
wir beim Effen Taßen ,
Während
und weder an die böſen
Tage , noch an das böfe Better , ſondern an Frank reich dachten , von dem wir nur noch 100 Meilen entfernt waren ,
verlangte ein Matroſe ,
mit La
F .... zu ſprechen ; er nahm ihn bei Seite , um ihm mit wenig Worten viel zu ſagen.
Er flüſterte
ihm ganz heimlich ins Ohr , die engliſchen Ma trofen hätten den Entſchluß gefaßt, uns zu ermor den ,
ſich des Schiffes zu bemächtigen und ihn,
La F ...,
nach England zu führen ;
dies ſollte
um 5 Uhr Abends geſchehen , wo unſere Leute fie ablöſten ;
überdies könnte man die Meiſten , und
beſonders die Unführer , Hängebetten finden ;
ganz bewaffnet
er fulgte hinzu ,
5*
in ihren
er habe an
100
der Verſchwörung nur deßwegen Theil genommen, um uns zu retten. Man durfte keinen Augenblick verlieren ; waren zuſammen an ,
wir
14 Offiziere , und fingen damit
uns des Berichterſtatters zu verſichern .
pleſſis - Mauduit ,
die Piſtole in der Hand ,
ihn nicht aus den Augeit .
ließ
Mehrere von uns holten
uſere tapferſten und ſicherſten Matroſen , waffnet herbeieilten .
Dus
die be:
Wir ſtiegen , 30 an der Zahl,
in den Unterraum hinab ;
ſo wie der Ungeber das
Hängebett eines Anführers bezeichnete, wurden mit einem Beile die Strice durchgehauen , der noch ſchlaftrunkene Mann fiel herab , ward ergriffen und geknebelt.
Ulle dieſe Schurken waren ſo erſchrocken ,
daß ſie nicht den geringſten Widerſtand leiſteten . Zuerſt leugneten ſie alle ; mochte ſie die Furcht ,
aber einzeln befragt ver auf der Stelle gehangen
zu werden , ihr Verbrechen zu geſtehen ; einer ihrer Beweggründe ſchien der zu ſein , daß ſie unter dem Gepäck des Herrn v . La F .... ſehr ſchwere Kiſien geſehen und geglaubt hatten , Sdäße. Der Ungeber ward belohnt , verdiente.
ſie enthielten wie er es
101 mm Von dieſem Augenblick an legte ſich keiner von uns mehr ſchlafen , denn wir hatten 60 geknebelte Männer im Unterräume zu bewachen ; man fah im Berathungszimmer nichts weiter , als geladene Ge wehre und bloße Degen.
Wir trafen beim Anbruch
des Tages ein Schwediſches Kauffarthei - Schiff auf unſerm Wege ;
der Kapitän landais ließ den Bes
fehlshaber an Bord kommen ;
man kann ſich von
dem Schrecken des armen Mannes keinen Begriff machen , als er in unſer Zimmer trat und dieſe Todeswerkzeuge Fah ; er glaubte, ſeine legte Stunde habe geſchlagen .
Er verſtand kein Wort Franzöſiſd ),
wir ſuchten ihn durch Zeichen zu beruhigen , jebody wollte er faſt zwei Tage lang weber elfen , noch trinken ; endlich entſchloß er ſich dazu , und fand unfer Effen gut und den Wein vortrefflich. Landais behauptete, der Schwede ſei eine gute Priſe; in Frankreich mußte er . ihn aber doch loslaſſen . Wir fehnten uns immer mehr , das feſte Land zu ſehen ; denn wir waren von Ermüdung erſchöpft, von der Furcht gequält, ein uns überlegenes feind fiches Schiff zu begegnen , und hatten noch überdies die Gewißheit , daß ſich dann die Gefangenen von
102
Neuem empören würden . der Maſtförbe beraubt ;
Der Sturm hatte uns wir wußten jedoch ,
wir dem Lande nahe waren ,
daß
obgleich wir es noch
nicht ſehen konnten ,
als ein engliſcher Corfar von
16 Kanonen anfing ,
auf uns Sagd zu machen .
Da unſere Stücpforten feſt geſchloffen waren , zweis felte der Corfar nicht, daß wir ein Schiff der Weſt indiſchen Compagnie und eine gute Priſe feien ; er war deſſen ſo gewiß , daß ein Theil ſeiner Mann: fchaft auf die Rahen ſtieg , und unter Hurrahrufen feuerte er in halber Schußweite eine Kanone auf uns ab ,
um unſere Flagge zu ſehen ; wir zogen
augenblicklich die amerikaniſche auf ,
und begriißten
ihn mit einem halben Dugend Kugeln. bald
Er kam
von ſeinem Irrthum zurück und ſtrich feine
Flagge.
Er war über die Begebenheit troſtlos.
Wir begnügten uns damit , ſeine Kanonen und ſein Pulver ins Meer werfen zu laſſen , ſeinen Madera Wein zu nehmen ,
und ließen ihn in dieſem kläg
lichen Zuſtande geben ;
in unſerer Lage konnten
wir uns gegen ihn nicht mehr erlauben. Im Angeſicht der franzöſiſchen Küſten bemerk ten wir,
daß unſer
Kapitiin nach
dem Kanal
103
ſteuerte ;
er wünſchte wahrſcheinlich ,
Malo , ſeiner Geburtsſtadt,
ſich zu St.
ſehen zu laſſen ;
meldete es dem Herrn v. la ....,
ich .
der ihm
verbot , dieren Weg zu nehmen ; und wir landeten
ju Breſt .
104 wwww
Viertes
Kapitel.
Beſuch bei meinem Vater .
Ankunft zu Paris. über Paul Ich bekomme ein Rittmeifterdiplom . Wiederein: Jones und den Sauptmann Landais.
fchiffung. – Müdtehr zur amerikaniſchen Armee. Landais wird während der überfahrt verrückt. Feldzug von 1781 . York- Jown. -- Capitulation .. -- Ende des amerikaniſchen Landkrieges. - Ich kehre nach Frankreich zurück. — Triumpheinzug in Corogna. Wir lichten Anker. Feſte und Bälle daſelbſt. Ankunft zu Lorient.
Unſere erſte Sorge war, die ſchurkiſchen Matroſen im Gefängniſſe der Stadt abzugeben ; kehrungen wurden getroffen ,
alle Vor:
um ſie nach Amerika
zu ſenden und dort nach den Landesgeſetzen richten zu laſſen . aufs Beſte ;
Die Herren Seeoffiziere 'empfingen uns aber wir konnten uns zu Breſt nicht
105
aufhalten .
Jeder eilte nach ſeinem
der Markis v. la ...., dung nicht mehr ans
Heerde ,
d. h .
der ſeit unſerer Lan=
Philoſophiren
dachte , war
fchon in ſeinem Hôtel Noailles abgeſtiegen ;
feine
Ankunft
und
Verſailles.
war
die
Tagesneuigkeit
zu Paris
Die Königinn von Frankreich
erzeigte
ihm die Gunſt, ihn in ihrem eigenen Wagen Frau + zuzuführen , die von der Ankunft
V. La F
ihres Mannes nichts gewußt und dieſelbe erſt , wie alle Welt , erfahren hatter Was mich betrifft, ſo beſtieg ich den Eilivager, und reiſete nach Clermont und von da nad, mei nem väterlichen Dache.
Die Natur empfing jedoch
nicht meine erſte Huldigung , ſondern die Danes barkeit ; ich ging ſtationenweiſe.
Zuerſt dankte ich
zu Nantes dem Herrn Ville - Helio ; zu Rochelle dem Herrn Seigneur",
und da ich durch
ſchung nichts gewinnen konnte,
überra
To trug ich große
Sorge', meinen Vater' meine Unkunft wiſſen zu Laffen , und meinen unterthänigen Brief durch einen fehr liebenswürdigen Brief des Maukis v . La F..r an meinen Vater ſelbſt zu verſtärken . Iroß aller dieſer Borkehrungen konnte ich midy
106
beim Eintritt in feine Stube und beim erſten Er: ( dyeinen vor ihm einer gewiſſen Furcht nicht er wehren ; wir waren gegenſeitig gleich verlegen .
Auf
ſeiner umwölkten Stirn ſtand ein Gewitter ,
aber
kein
das
beginnendes,
ſondern ein
abziehendes ,
nur noch von fernher donnert ; denn die Vorwürfe, die er mir machte,
betrafen die großen Ausgaben,
die ich ihm durch meine Reiſe von Paris Pierre - en - Cize
und durch
nadi
meinen Aufenthalt
daſelbſt verurſacht hatte. Hierauf bemerkte ich ihm ganz natürlich , wenn er mir das Geld gegeben hätte , übler gethan geweſen wäre ;
daß,
es nicht
der väterliche Ernſt
konnte gegen eine ſo ſcharfſinnige und von der Ers fahrung beſtätigte Bemerkung nicht Stich halten ; feine Stirn entrunzelte ſich gänzlich und nur mit Mühe unterdrückte er ein lautes Lachen .
Nach zwei Stunden war er nicht mehr derſelbe Mann ;
die Neugier ſiegte und
ich mußte meine
ganze Odyſſee erzählen ; er wollte Alles ausführlich wiſſen .
Er ließ ſich mehrere Mare den Brief des
Herrn 6. LA
... wiederholen , von dem meine
Erzählungen nur die Ergänzungen waren ; ich ſage.
107
er ließ ſich ihn leſen , denn von ſeinen beiden Augen hatte er das eine ſchon längſt in der Schlacht von Dettingen verloren , und das andere fing an , ſehr fchwach zu werden .
Ich blieb 14 Tage bei ihm ;
alle trüben Wolken verflogen , blau ,
der Himmel ward
und mein Vater ſchenkte mir ſo ſehr von
Neuem ſeine Liebe , daß er mir bei meiner Rückkehr nach Paris,
wo ich Dienſt ſuchen wollte,
200
Louisd'or gab , meinen Fahrgehalt auf 1000 Thaler erhöhte und mir einen Banquier anwies , Vorſchüffe
abtragen
ſollte ,
die
der alle
der Markis
La
F .... fo gütig geweſen war , mir zu machen ; er erbot ſich ſogar eine Schwadron Cavallerie zu bezahlen , wenn ich eine erhalten könnte. Überdies gab
er mir
einen
Dankſagungsbrief an meinen
General mit und vergaß nichts in ſeiner Güte für mich.
Ich verließ ihn , von Dankbarkeit durch
drungen und eilte nach Paris. Die neun Seligkeiten erwarteten mich daſelbſt ; es giebt gewiß eine Verbindung zwiſchen Himmel und Erde ;
denn kaum war ich bei meinem ehrs
würdigen Vater wieder in Gunſten , als das Glück mir folgte .
108 www Ich ſtieg zu Paris in einem hôtel garni ab, und wußte nicht,
wo ich einen meiner zahlreichen
Verwandten finden würde , welche ich noch überdies zu jener Jahreszeit auf ihren Gütern glaubte.
Der
Präſident von S. , mein Dheim , kam ſelbft, führte und richtete mich in ſeinem Hauſe ein , meinige wurde.
das das
Diefer treffliche Mann (was nicht
verhinderte , nein , was verurſachyte", daß er in der Revolution ermordet ward ) Freundſchaftsbeweiſen ,
überhäufte mich mit
die aus ſeinem Herzen ka
men , und mit derſelben Gewiſſensrube, als er in den böſen Tagen mich ſeine ganze Strenge fühlen ließ , die in ſeinem ,
durch fremde Intriguen er:
regten Vorurtheile begriindet war.
Nachdem er mich
umarmt , gab mir der gute Oheim ,
der liebens
würdigſte ; lebhafteſte und beſte der Menſchen , einen Brief von meinem Bater , aus P , den 19ten April 1779 datirt ;, ich kann nie den
Tag und die über
Tchrift vergeſſen : albo dies notanda lapillo .
Ich
drückte dieſen an meinen Oheim gerichteten Brief an mein Herz , der mich überzeugte, daß die jebige Güte meines war.
Vaters auf Gerechtigkeit gegründet
,, Der Herr Graf , "
ſchrieb fein. Sekretär,
109 mw denn der edle
Greis konnte
nur
nods
diktiren, /
,, will,
daß dem Herrn Chevalier nichts fehle,
da
er keinen andern Wunſch hat , als ihm die Schmer zen reichlich zu vergelten ,
die ihm die angethane
Ungerechtigkeit verurſacht hat ;
er war das Opfer
einer zu ſpät entdeckten Habgier." Von dem mir zugefügten Unrechte waren mir nur fchmeichelhafte Erinnerungen geblieben ; ich be trachtete die ganze Begebenheit , vom Tage meiner Befreiung an ,
als einen Feldzug.
Ich war weit
davon entfernt , die Gunſt zu. ahnen , die mir das Glück noch vorbehielt.
Nach einem dreiwöchentlichen
Aufenthalte zu Paris , meldete mir der Markis la Fr ... ,
daß der König ihm ein Dragoner - Regi
ment gegeben , habe.
und mich zum Rittmeiſter ernannt
Der Miniſter begleitete das Diplom mit
einem ſehr ehrenvollen Briefe , und durch die Sorg falt eines ungenannten
Gönners , den ich jedoch
errieth , erließ man mir die Bezahlung der Stelle, d. h. damals
7000 Fr.
Ich
konnte nicht mehr
wünſchen ; denn ſeit dem ſiebenjährigen Kriege hatte Frankreich Friede ,
und die militäriſche Laufbahn
wimmelte von jungen Offizieren mit den ſchönſten
110
Namen ,
und es war ſchwerer,
Rittmeiſter,
im Jahre 1779
als 20 Jahre früher oder 30 Jahre
ſpäter Obriſt zu werden .
Ich brauchte nun alſo
nichts weiter , als Beſchäftigung. Eine bedeutende Arinee war in der Bretagne und Normandie unter den Befehlen des Grafen Vaur verſammelt ;
eine große Anzaht Transport
idriffe lagen zu St. Havre und St. Malo bereit. Herr v. La F .... läßt mich holen , und verkündet mir , daß ich mit dem Chevalier v. Gimat, einem ſeiner Adjudanten im amerikaniſchen Kriege ,
nach
Lorient gehen und ſeine Befehle daſelbſt erwarten Das Herz
follte ; es betraf einen geheimen Plan. fehlug mir vor Freude. fährte,
Der Obriſt,
Offizier , , war im Geheimniß ; reden , immer ,
mein Gez
weit älter als ich und ein ſehr erfahrener ich hatte aber gut
er verrieth nichts und wiederholte mir nur daß ich ſehr glücklich ſei,
und daß die
Unhänglichkeit des Markis v . la .... mich weit führen würde ;
damit fagte er mir nichts Neues.
Mehrere Kriegsſchiffe erwarteten uns im Hafen von Lorient : der Bon -Homme Richard , die Alliance, auf der wir nach Frankreich zurückgekommen waren ,
die Pallas ,
von
dem
Kapitän Gottineau ,
einem
trefflichen Marine - Offizier, befehligt , ſtanden unter dem Oberbefehl des berühmten amerikaniſchen Com modore , Paul Jones , auf dem Richard ; mehrere Briggs' und Corvetten machten die
kleine Flotte
vollzählig. Wir ſollten an Bord dieſer und einiger Trans portſchiffe ungefähr 3000 Mann aus verſchiedenen franzöſiſchen
Regimentern
aufnehmen ,
und
Markis La .... den Oberbefehl führen . habe ſeitdem erfahren ,
der Ich
was ich damals ſo ſehr zu
wiſſen wünſchte, nämlich daß der Zweck dieſer Un ternehmung eine Landung in Irland ſei , die Armee des Grafen Vaur ,
während
unter dem Schube
der Flotte des Grafen Orvilliers und der ,ſpaniſchen , einen Ungriff auf England verſuchte.
Mir unbe
kannte Urſachen verzögerten dieſen Plan ,
auf den
die franzöſiſche Regierung endlich ganz Verzicht leiſtete. Während eines ſechswöchentlichen Müßigganges zu Lorient , ward ich Augenzeuge eines höchſt fücher lichen , ſonderbaren , ja faſt unglaublichen Auftritts. Ein Offizier eilt meine Treppe herauf ,
ſtürzt in
meine Stube und bittet mich mit zerſtörten und
112
verivirrten Zügen um Schus und Zuflucyt. war Niemand anders ,
als der höchſt unerſchrockene
Commodore , der berühmte Paul Laſſen Sie uns die Thür lieber Freund , “
ES
ruft er aus ,
feligen Kapitän landais in
Jones. ſchließen , nich bin dem
der Stadt
mein une
begegnet,
der Naufbold will, ich ſoll mich mit ihm ſchlagen ; er verfolgt mich durch alle Straßen ,
den Degen
in der Hand ; id ) verſtehe nicht, mich zu ſchlagen, und will mich durch den Sdyurken nicht umbringen laſſen ."
Ich verriegelte die Thür von innen dop
pelt ; aber der Kapitän kam nicht , und Paul Jones Hatte ſehr Recht ; die Parthie war ungleich und er hätte nur Schläge einzuerriten gehabt. gebenheit fdhabet ſeinem Rufe in
Dieſe Bes
keiner Hinſicht;
fein Gefecht mit der Seraphis , die er mit Entern mahm , erhob ihn über allen Verdacht , und ſtellte ihn den verwegenſten ,
glücklichſten und tapferſter
Seeleuten der alten und neuen
Zeit gleich .
Nach
einem vierſtündigen , hartnäckigen Gefechte faßte der Bon - Homme Richard
Feuer ,
doppelt ſo viel Soldaten,
Paul
Jones , der
als die Seraphis hatto,
ſprang mit allen ſeinen Leuten auf das Feindliche
113
Schiff und nahm es im Sturme;
kaum hatte er
fich deſſen bemächtigt, als der Bon - Homme Ri chard unterging. Sein Streit mit dem Ra pitän Landais kam wegen worüber ſie
ſich
dieſes
gegenſeitig
Gefechtes
beſchuldigten .
her, Sie
kämpften nicht um den Beſit einer Helena, fons dern um den Oberbefehl der Fregatte, die Alliance, auf der ich , neuen Befehlen zufolge , ſogleich nach Amerika zurückkehren ſollte ;
denn Alles war durch
die Veränderlichkeit unſeres politiſchen und militä riſchen Compaſſes verwandelt. Sechs tauſend Franzoſen ,
unter den Befehlen
des Grafen Rochambeau , unter welchem , felbſt als 1 Freiwillige , zu dienen eine Menge junger Herren vom Hofe als Gunſt erlangt hatten ,
wurden den
Amerikanern zu Hülfe geſchickt und Tchifften fich auf der Flotte des Chevalier v. Ternan ein ,
die
von Breſt abſegeln ſollte. Herr 0. La F ... hatte Teinen Abſchied als Dragonerobriſt genommen , ſich vom Könige in der Uniform eines amerikaniſchen ? Generalmajors beurlaubt , und befand ſich ſchon auf der franzöfiſchen Fregatte, Leitung des Herrn
v.
der Adler ,
unter der
Touche - Trevitre ,
um in
114
Amerika den Befehl über eine Diviſion der Armee Waſhingtons zu übernehmen ,
weldie damals in
der Provinz Serſen , bei " New-York , gelagert war ; wir hatten den Befehl,
uns zu ihm zu begeben,
auf der Fregatte, die Alliance , eingeſchifft , welche ohne Verzug abſegeln
ſollte ,
und
ſo hatte der
Kapitän Landais den Oberbefeht erlangt , ohne einen Schlag zu thun . Kaum meinem ſchügenden Dache enteilt , zeigte ſich der Sieger der Seraphis zu Paris ; alle Welt lief an die Fenſter oder in die Oper , um ihn zu Tehen ; der Marſchall. v. Biron , der allen Großen die Honneurs der Stadt machte ,
empfing Paul
Sones mit wahrer Gefallſucht, und ließ das fran : zöſiſche
Garderegiment unter die
Waffen treten ,
um es dem Befehlshaber des Bon - Homme Richard zu zeigen ; unterdeſſen blieb jedoch der Hauptmann landais zu Lorient , und der amerikaniſche Miniſter, der uns begleiten ſollte , zur Abreiſe genöthigt , nahm es über ſich ,
Paul Jones nicht zu erwarten und
Landais an ſeiner Stelle zu ernennen . Acht Tage nach unſerer Abfahrt kam Paul Jones von Paris zurück und fand ſich ohne Schiff. -
115
Wir hatten zwei Abgeſandte des Congreſſes am Bord und richteten uns nach Boſton . beſtimmt zu ſein ,
Es ſchien
daß ich bei meinen überfahrten
immer ungewöhnliche Dinge erleben ſollte ; bei diez fer 8. B. ward unſer Schiffs - Kapitän verrückt. Wir bemerkten ſchon lange , daß in ſeinem Kopfe einige Unordnung ſei,
und bald erhielten wir Ge
wißheit darüber.
Seine Narrheit brach beim Mittagseſſen über einen Truthahn aus , Lee ,
den er ſelbſt zerlegte.
ein Commiſſarius,
Herr
der an ſeiner Seite fas,
nahm die Leber und wollte ſie effen ; Landais ſpringt withend auf , und droht , zu ermorden .
ihn mit ſeinem Meſſer
Alle ſtehen auf;
zwei Neffen des
Commiſſarius rufen die ganze Mannſchaft ihrem Dheim zu Hülfe herbei ; Landais brüllte beſtändig, das beſte Stück gehöre ' von Rechts wegen dem Kapitän ; die andere.
er ſagte und verübte eine Tollheit über Ich hatte mein Tiſchmeſſer zu mei
ner eigenen Vertheidigung ergriffen , mich zukommen wollte,
weil er auf
um ſich zu rächen ,
daß
ich überlaut lachte ; er war ein eigentlich wüthender Narr. Unſere Matroſen liefen herbei ; die Gom
116 w miſſarien des Congreſſes befahlen ihnen , pitän zu binden , was auch geſchah.
den Mas
Wir ſekten
die Begebenheit ſchriftlich auf , und der Befehl des Schiffes ward dem erſten Lieutenant übergeben.
Der neue Kapitän beſchloß die, Reife glücklich und wir landeten 10 oder 12 Tage nachher ; unſer Urtheil ward durch die Regierung von Boſton be: ſtiitigt.
So
endigte
der Kapitän Landais ,
Nebenbuhler des Paul Jones ;
wenigſtens
der habe
ich ſeitdem nichts von ihm vernommen . Ich eilte zur amerikaniſchen Urmee , welche drei Wochen nach meiner Ankunft nach Virginien ab : ging. Wir waren im Jahre 1780. Die kleine Armee des Grafen Rochambeau war zu Rhodes Jsland feſtgehalten ,
wo ſie gegen die Mitte des
Fahres gelandet war, und konnte vor der Ankunft der großen franzöſiſchen Seemacht nichts unternehmen. Erſt 1781 ,
faft ein Jahr ſpäter, -landete die
Flotte des Grafen Graſſe in der Bay von Cheza peat ; dieſer lange Zwiſchenraum ward bei dem ame rikaniſchen Armeekorps , bei welchem ich ſtand , durch kein außerordentliches Ereigniß bezeichnet ; Gefahren und den
an den
abwechſelnden Erfolgen dieſes
117
Feldzuges , der größtentheils in Märſchen ,
Gegen
märſchen und Vorpoſtengefechten beſtand , habe ich, wie jeder andere , mein Theil gehabt;
es war ein
Beobachtungskrieg. Da die Annäherung der franzöſiſchen Flotte einen ausgedehntern Plan begünſtigte , der mit einem all gemeinen und entſcheidenden Gefechte endigen ſollte , To verließ der Graf Rochambeau
Rhode Island.
Die Armee Waſhington's ſchiffte ſich ein , vereinigte ſich
mit der franzöſiſchen ,
und wir ſuchten die
engliſche Hauptarmee , welche Virginien und York Town befekt hielt , einzuſchließen . Cornwallis ,
Oberbefehlshaber ,
Der Markis v.
ward daſelbſt den
6ten October von uns angegriffen .
Eine
ſeiner
beiden Hauptredouten ward durch Herrn v. La F ... und die Amerikaner genommen ;
wir drangen eine
Viertelſtunde früher in dieſelbe ein , 30ſen ,
als die Frans
deren erſte Linie aus den Grenadieren des
Zweibrückiſchen Regiments beſtand , ſich der andern bemächtigten ;
die Franzoſen und Amerikaner bea
Tebte ein bewundernswerther Wetteifer im Muth und in der Unerſchrockenheit;
dies war auch fehr
nöthig , denn die Engländer ſchlugen ſich wie Ver
118
ziveifelte.
Der brittiſdie Stolz mußte ſich als beſiegt
bekennen ; der Markis v. Cornwallis war genöthigt, eine Eapitulation zu verlangen . Die beiden
Gmerale ſchickten ihm den glän:
jungen Herzog von Lauzun , um die Bez
zenden ,
dingungen aufzuzeichnen .
Er
erſchien
allein
als
Unterhändler und wehte mit ſeinem weißen Schnupf tuche; denn damals that der ritterliche Herzog nichts, wie ein anderer.
Die engliſche Urmee marſchicte
nicht unter Trommelſchlag, mit fliegenden Fahnen und allen kriegeri djen Ehren vorbei , fondern burd) eine doppelte Reihe von Franzoſen und nern ,
und jene tapfern ,
daten
legten
beſchämt
Amerika
aber unglüdlichen Sol Waffen
die
nieder.
Der
Markis v. Cornwallis hätte ſehr gern feinen Degen dem Grafen von Rochambeau übergeben ; aber der franzöſiſche General zeigte ihm mit der Hand , daß dieſe Ehre dem General en Chef, Waſhington, gebühre. Die
Engländer ,
zuſammengedrängt,
in der Provinz New - York waren nicht mehr vermögend,
ihre Stellung zu behaupten ;
eine Art
ſtillſchwei
genden Waffenſtillſtandes ging 18 Monate lang dem allgemeinen Frieden voran.
Die vereinigte Armee
119
Waſhington's und Rodhambeau's war zur Unthätig keit beſtimmt; da die Übergabe von York - Town die Frage über die amerikaniſche Unabhängigkeit ents ſchieden hatte ,
ſo
brauchten die Engländer und
Franzoſen ſich nur noch einige Monate auf dem Meere zu ſchlagen . Unbekannt mit der Staatsklug heit ,
die ſich durch Kanonenſchüſſe ,
Flotte ,
ſchlägt ,
Flotte gegen
und keine weiteren Gefechte auf
dem amerikaniſchen Feſtlande, deſſen Unabhängigkeit von nun an gerettet war, vor fich ſehend, ging Der Markis La F ... wieder nach Frankreich zurück und ich that deßgleichen ; denn wir hatten mit der kleinen Armee ,
die bis auf weitere Befehle unter
Rochambeau blieb , nichts gemein . Die offiziere dieſer Urmee hatten , nichts Beſſeres zu thun , reiſen .
Wenn man
glaube ich,
als das Land zu durcha
an die falſchen Begriffe über
Regierung und Menſchentiebe denkt ,
deren Gift
diefe jungen Leute in Amerika einſogen ,
um es
ſpäterhin in Frankreich mit Enthuſiasmus und eis nem ſo unſeligen Erfolge zu verbreiten ,
daß es ,
zivar nicht die einzige , aber eine der Haupturſachen der Revolution ward : To muß man geſtehen ,
alle
120
dieſe jungen Philoſophen mit rothen Abfäßen bätten für ſich und uns weit beſſer gethan , bleiben .
am Hofe zu
Dieſe Gedanken ſchreibe ich in keiner an
dern Abſicht,
als zum Unbenken und zur Erinne
rung nieder. Im Herbſte 1781 benußte ich die Abreiſe mei nes Freundes ,
des Chevalier Capellis ,
Kapitäns
der Fregatte Ariel, der mich an Bord nahm .
Der
Ariel war eine vom Eſcadre des Grafen Eſtaing gemachte
Priſe ,
ein guter Segler,
führte aber
nur 18 neunpfiindige Stanonen . Wir fuhren mit günſtigem Winde ab ; Tage nachher erhob ſich ein Sturm,
wenig
die in jenen Freund fchwor
Gegenden Fehr häufig find.
Mein
mir , fo wie ałe Seefahrer,
dies folle feine lekte
Reiſe ſein ; er fei reich und wolle fich ganz beſtimmt nicht wieder den Gefahren des verdammten Hand werks ausſehen ; ich glaubte nicht ein Wort davon , und hatte Redit.
Er erzählte mir die Geſchichte:
feines Bruders , der auf offener See umgekommen war ; die Erinnerung kam ihm immer bei fdylechtem Wetter. Indeſſen war dieſer Sturm mit dem wäh rend meiner erſten überfahrt nicht zu vergleichen.
121 wwww Nach einer 55 tägigen Schifffahrt erblidten wir Spaniens Küſten .
Ich darf nicht vergeſſen ,
daß
wir ungefähr 25 Meilen vom Lande das Vergnügen hatten ,
dem Schiffe Dublin ,
digen Kanonen ,
mit 12 neunpfün
zu begegnen .
Er hielt uns mit
Recht nach der Bauart für Engländer ; kam bald ,
zu unſerer ,
aber er
aber nicht zu feiner Zus
friedenheit , von ſeinem Irrthum zurück.
Nachdem
wir gegenſeitig und der Flagge verſichert hatten , begann ein Kanonenfeuer ; nach
Stunden ;
mal ſo ſtark,
der Dublin ergab ſich
unſere Equipage war noch eins
als die feinige.
Dies Schiff wat
mit Waaten angefüllt , und die Ladung gehörte nun dem Ariel; mir war die Komödie höchſt lächerlich , die mein Freund Capellis dabei aufführte; während des Gefechtes war er überall , feuerte Feine Kanoniere an , fluchte , ſchrie, die Stücke würden nicht ſchnell und nicht oft genug abgefeuert ;
als der Dublin
fich ergab , ſchoffen die Kanoniere des intern Ber: dedes , im Rauche und unter einem hölliſchen Lärm , immer fort;
Capellis , deſſen Eigenthum das feino:
liche Schiff nun war und dem jeder Schuß jest Herzweh verurſachte,
mochte fid) noch ſo ſehr die
.6
122
Kehle mit: n Hört auf zu feutern ! 311 feueru !"
hört doch auf
wund ſchreien , man ' hörte ihn nicht.
Er ſah einen Kanonier , Ivelcher einen wohlgeladenen Schuß nicht verlieren wollte ,
und ihn in ſeiner
Entzückung mit den Worten abfeuerte :
,, Ei, mei:
mer Treu , den müſfen ſie noch haben ! " glaube ,
Ich
Capellis hätte , . in ſeinem wahrhaft komi
ſchen Zorne , den ehrlichen Kanonier getödtet, hätte er ihn gehabt. Siegreich zogen wir mit unſerer Priſe in den Hafen von Corogna ein ,
wo wir uns nahe beim
Argonaut, einem franzöſiſchen Schiffe von 74 Ras nonen , vor Anker legten. Herr Caqueray ,
Der Anführer deſſelben,
gab gerade an dieſem Tage ein
ſchönes Feft und wir bekamen eine Einladung. Noch ehe wir lanbeten ,
genoß ich ſchon im Voraus der
Ehre und des Vergnügens,
das ganze ſchöne Sea
ſchlecht aus Corogna und die Edelfrauen des Landes gleichſam für uns zuſammengebeten zu ſehen ; abec ſchon vor dem
Ball wurde uns ein ganz unvor
bergeſehenes Schauſpiel, worüber wir ſehr veripun bert svaren .
Während wir die Unker warfen , erſchienen eine
123
Menge mit Frauen beladener Kähne,
die Früdjte
trugen-und wie Schiffsjungen kletterten ; viele junge und hübſche unter ihnen trugen nichts , als ihren niedlichen Körper ;
tros der Befeble
enterten fie
unſer Schiff, und da die Matroſen ſie begünſtigten, wurden wir bald davon überſchwemmt; ausgenom men in der Pulverkammer überall Frauert,
waren ,
glaube
ich,
ſo daß wir endlich ſelbſt darüber
lachen mußten , Das Feſt des Herrn v. Eaqueray war ſehr ſchön ;
die Frauen ſchienen mir allerliebſt ;
meine
Uugen waren ihrer ſeit ſo lange entwöhnt !
Über die Stadt Corogna war ich nicht ganz ſo entzlickt, als über ihre ſchönen Bewohnerinnen.
Ich
Bantl aus Umerika ) einem neuen lande mit neuen Städten , wo die höchſte Reinlichkeit die Wohnung des kleinſten Beſikers verſchönert, wo nichts Ekel haftes fich dem
Auge darbietet; man ſieht weder
Lumpen , noch Bettler. Häuſer ,
Su Corogna fand ich alte
Bettelei bei jedem
Rauch verpeſtete Luft ;
Schritte
eine vom
den Geruch der Ölkuchen ;
endlich die angeerbte Unreinlichkeit der Einwohner, die im Schmuke wie in ihrem Elemente leben ; 6*
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Dazu rechne man noch den Lärm unbeſchlagene Räder auf dem der Erde wiederhallen.
unebenſten Pflaſter
Sean - Jacques hätte Corogna
einer Stunde verlaſſen ,
nach
der Wagen , deren
er
der behauptet,
ſeine Wohnung, zu Paris bloß deßwegen verlaſſen zu haben, weil auf der Straße ſein Waſſerträger die Worte : à l'eau ! in einem falſchen Zone ſchrie. Da ich aus Amerika zurüdlehrte , ſich denken ,
ſo kann man
wie viel Tauſend Fragen ich zu bez
antworten hatte.
Der Herzog von Medina Celi,
Obriſt eines Regiments zu Çorogna ,
überſchüttete
mich bamit wie ber fragende Amtmann im Ingénu ; außerdem war er ein Mann. in
Wir lebten ,
ſehr liebenswürdiger jünger Frangoſen
und Spanier,
beſten Brüderſchaft ; , unſere beiden
der
Höfe
hatten ſich gegen England vereinigt , und die Trups pen trugen die vereinigte franzöſiſche und ſpaniſche Cocarde , halb weiß , halb roth und ſchwarz. Wir wurden durch einen widrigen Wind zurüds gehalten
und benußten dies ,
um
den Hafen und
das Zeughaus von Ferrol zu ſehen .
Man ſagte
ụng , es fei Breſt im Kleinen ; ich fah , daß man durch
einen engen Eingang eintrat,
ſo wie bei
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unſerer erſten Seeſtadt;
ich will fie übrigens nicht
vergleichen ; ich kann nur ſagen : ich
ſah Breft
und auch Ferrol. Bei unſerer Rückkehr nach
Corogna benugten
mit die Einladungen zu Bällen , die uns beim Sefte des
Herrn
» . Caqueray
gemacht worden
warena
Die Intendantinn , Madame Tenorio , hatte jeden Ubend einen Pharaotiſch ; ich erinnere mich , daß idh mir herausnahm , Louisd'or zu verlieren ,
fu
ſpielen und über 100
ungefähr alles , was ich
von meinem Feldzuge jenſeits des Meeres mitges bracht hatte.
Ich ſah meine Goldſtücke Tchwinden,
ohne ein Wort
der Ungeduto" auszuſtoßen ; aber
der Teufel verlor nichts dabei ,
ich war ingerlich
tafend ; meine Stirne war beiter und doch war ich
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beßwegen nicht weniger auf dem Punkte , den ver's
-
dammten Spieltiſch umzuwerfen , als ich wie durch Zauberei davon
zurückgehalten wurde;
nämlich deutlich ſagen : gut ſpielt !
ich
hörte
,,wie der junge Offizier
er verliert und ſagt nicht ein Wort ! "
Meine Gedanken erhoben fich augenblicklich bis zur
?
Helbenſtärke ;
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Rods aufrecht halten müffe.
-
ich fühlte , daß ich die Ehre meines Ich legte die Hand
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wieder auf den Tiſch ;
hätte ich aber meine Weſte
geöffnet , ſo hätte man meine andere Hand geſehen, deren Nägel durch die Haut bis ins Fleiſch ges brungen waren .
Deſſenungeachtet ließ ich zu