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German Pages 372 Year 1988
HERMAEA GERMANISTISCHE FORSCHUNGEN NEUE FOLGE HERAUSGEGEBEN VON HANS FROMM UND HANS-JOACHIM MÄHL BAND 54
MANFRED EIKELMANN
Denkformen im Minnesang Untersuchungen zu Aufbau, Erkenntnisleistung und Anwendungsgeschichte konditionaler Strukturmuster des Minnesangs bis um 1300
MAX N I E M E Y E R V E R L A G T Ü B I N G E N 1988
Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds der VG Wort und mit Unterstützung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Eikelmann, Manfred: Denkformen im Minnesang : Unters, zu Aufbau, Erkenntnisleistung u. Anwendungsgeschichte konditionaler Strukturmuster d. Minnesangs bis um 1300 / Manfred Eikelmann. — Tübingen : Niemeyer, 1988 (Hermaea ; N.E, Bd. 54) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1985 NE: GT ISBN 3-484-15054-8
ISSN 0440-7164
© Max Niemeyer Verlag Tübingen 1987 Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus photomechanisch zu vervielfältigen. Printed in Germany. Satz: pagina GmbH, Tübingen. Druck: Allgäuer Zeitungsverlag, Kempten. Einband: Heinr. Koch,Tübingen
D E M A N D E N K E N MEINER ELTERN
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
IX
Abkürzungen
XI
Einleitung
ι
1.
Fragestellung und Forschungsstand
9
1.1 Geprägte Sprachelemente als D e n k f o r m e n
9
1.2 Die Forschung z u sprachlichen Aussagemustern und Sprechweisen des Minnesangs 2. Z u m K o n d i t i o n a l i m M i n n e s a n g
36 61
2.1 Z u r Klassifikation von Aussage- und D e n k f o r m e n des Minnesangs
61
2.2 Voraussetzungen der Analyse
71
2.3 Z u r H e r k u n f t und Entwicklung des Konditionals
82
2.4 Verallgemeinernde Aussagemuster
95
2.4.1 Zur Verbreitung und Anwendung der swer-der-Korrelation: Verhaltensmuster und Wertkonzepte in typisierender Rollendarstellung . .
95
2.4.2 Paralleltypen zum swer-äer-Gefüge (swenne-sö; swä-dä; swaz-daz) .
121
A.) ra>en»e-j0-Korrelationen: Wahrnehmungserlebnis und individualisierte Erfahrung in der Begegnung von Mann und Frau . . . .
121
B.) swä-dä- und swaz-daz-Korrelationen: Die Gegenseitigkeit und die Gemeinsamkeit der Minnepartner als zentrale Motive
13/
2.5 Partikularisierende Aussagemuster: D i e Reflexion und Erörterung der individuellen Situation mit Hilfe des Konditionalsatzes . . . .
156
3. D i e K o n f i g u r a t i o n des L i e b e s t o d e s
189
3.1 Die Liebestodkonfiguration als Pointe
196
3.2 Die schicksalhafte Abhängigkeit des Ichs
203
3.3 Witzstruktur und Einseitigkeit des Liebestodkonzeptes
213
VII
3-4 Die Zurechenbarkeit und der Gesellschaftsbezug des Liebestodes .
221
3.5 Der Tod beider Minnepartner und der Lohnanspruch des Mannes.
231
3.6 Zur Anwendung und Entwicklung des Liebestodschemas bis zum Ende des 13. Jahrhunderts
239
4. K o m b i n a t i o n e n des Konditionalschemas
249
4.1 Die Minneerfahrung als Verunsicherung und tödliche Verstrickung des Ichs
254
4.2 Erlebnisintensität und Selbsterfahrung in der Begegnung von Sänger und Frau
263
4.3 Formen des Problemdenkens: Alternative, Dilemma, Gedankenexperiment
273
4.4 Erörterung und Entwurf elementarer Bedingungen der Minne . .
287
4.5 Gedankenexperiment, Systementwurf, Verhaltensdidaxe Selbstreflexion als Darstellungstypen im 13. Jahrhundert
295
und
5. Z u s a m m e n f a s s u n g
317
Literaturverzeichnis
323
Stellenregister
341
VIII
Vorwort
Gegenstand dieser Arbeit sind geprägte Sprachelemente des mittelhochdeutschen Minnesangs. Dieser Gegenstandsbereich bietet in besonderem Maße die Möglichkeit, über eine systematische Beschreibung kleinerer literarischer Einheiten die Bedeutungsleistung des Minneliedes in den Blick zu bringen. Dieses Ziel versuche ich zu erreichen in Materialerhebungen und detailorientierten Textanalysen, die auf die Form und die Anwendungsgeschichte bestimmter konditionaler Strukturmuster gerichtet sind. Die Arbeit wurde im November 1985 von der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertationsschrift angenommen. Für den Druck habe ich die ursprüngliche Fassung um ein Kapitel gekürzt und leicht überarbeitet. Angeregt zur Beschäftigung mit dem Fragenkomplex der Untersuchungen wurde ich zuerst im Sommersemester 1979 durch ein Minnesang-Seminar meines Lehrers Klaus Grubmüller. Seinen Denkanstößen, seiner Kritik und seinem Rat verdanke ich auch die entscheidenden Hilfen bei der Entwicklung der Fragestellung und des Untersuchungsansatzes. Ohne seine großzügige Förderung wäre die Arbeit nicht möglich gewesen. Zugute gekommen, wie ich hoffe, sind der Arbeit auch die Einzelhinweise, die ich Gesprächen mit Hans-Joachim Behr und mit JanDirk Müller sowie einer Minnesang-Vorlesung Franz Josef Worstbrocks im Sommer 1983 verdanke. Den Teilnehmern zweier von Klaus Grubmüller geleiteter Kolloquien in Rothenberge verdanke ich wichtige Gelegenheiten, die Arbeit einem größeren Diskussionskreis vorstellen zu können. Gerne danke ich auch Hans Fromm und Hans-Joachim Mähl für die Aufnahme der Arbeit in die H E R M A E A . Andreas Ernst und Marion Bockelmann unterstützten mich bei den Korrekturen; Renate Geisenheyner half immer wieder bei verschiedenen Arbeiten während der Typoskriptherstellung und Drucklegung. Ihnen sei herzlich gedankt, nicht zuletzt aber meiner Frau, die mit Sorgfalt und Engagement das IX
Typoskript der Arbeit geschrieben hat. Vor anderem fühle ich mich ihr jedoch verpflichtet für das Verständnis und die Geduld, mit denen sie stets den Einschränkungen, die die Arbeit auch sonst nach sich zog, begegnet ist. Münster, im August 1987
X
Manfred Eikelmann
Abkür2ungen
Für Literatur- und Zitatnachweise bei Zeitschriften, Reihen und Nachschlagewerken habe ich durchweg auf die üblichen Abkürzungen zurückgegriffen. Daneben seien die folgenden Kurztitel eingeführt: BMZ
Bertau: L G I/II de Boor: L G II
de Boor: L G III.i
BSM
Burdach: Reinmar und Walther
Fromm (Hg.): Minnesang Haupt/Wiessner: Neidhart KLD
Mittelhochdeutsches Wörterbuch mit Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke ausgearbeitet von Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke. 3 Bde. Leipzig 1854-1866. Unv. Nachdruck: Hildesheim 1963. Karl Bertau: Deutsche Literatur im europäischen Mittelalter. Bd. I. u. II. München 1972/73. Helmut de Boor: Die höfische Literatur. Vorbereitung, Blüte, Ausklang 1x70-1250. Zehnte Aufl. bearb. von Ursula Hennig. München 1979. ( = Geschichte der deutschen Literatur von den Anfangen bis zur Gegenwart. Begründet von Helmut de Boor und Richard Newald; Bd. 2). Helmut de Boor: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter. Zerfall und Neubeginn. Erster Teil: 1250-13 50. Vierte Aufl. mit einem bibliographischen Anhang von Klaus P. Schmidt. München 1973. ( = Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart. Begründet von Helmut de Boor und Richard Newald; Bd. 3.1). Die Schweizer Minnesänger. Mit Einleitung und Anmerkungen hrsg. von Karl Bartsch. Frauenfeld 1886. Unv. Nachdruck: Darmstadt 1964. Konrad Burdach: Reinmar der Alte und Walther von der Vogel weide. 2., berichtigte Aufl. mit ergänzenden Aufsätzen über die altdeutsche Lyrik. Halle (Saale) 1928. Hans Fromm (Hg.): Der deutsche Minnesang. Aufsätze zu seiner Erforschung. Bd. 1. 5., unv. Aufl. Darmstadt 1972. ( = WdF; Bd. 15). Neidharts Lieder. Hrsg. von Moriz Haupt. 2. Aufl. neu bearb. von Edmund Wiessner. Leipzig 1923. Deutsche Liederdichter des 13. Jahrhunderts. Hrsg. von Carl von Kraus. 2 Bde. 2. Aufl. durchgesehen von Gisela Kornrumpf. Tübingen 1978.
XI
Kraus: Des Minne- Carl von Kraus: Des Minnesangs Frühling. Untersusangs Frühling / chungen. Leipzig 1939. Wieder als: Kommentare zu Untersuchungen >Des Minnesangs FrühlingDes Minnesangs FrühlingFehdenSonderfalle< wie Neithart oder Steinmar, aber auch die Alterslyrik Walthers oder die Herbst- und Erntelieder Hadlaubs (vgl. dazu jeweils die genauen Einzelhinweise). Berücksichtigen konnte ich noch nicht den neuen Fund von drei Pergament-Blättern einer unbekannten Liederhandschrift (ca. 1300): vgl. Andräs Vizkelety/Karl-August Wirth: Funde zum Minnesang: Blätter aus einer bebilderten Liederhandschrift. P B B 107 (i9 8 5), S. 366-375. Dort, wo ich nur die Einzelbelege zusammengestellt habe, konnte ich gerade bei den älteren Ausgaben aus Gründen der Arbeitsökonomie allein die Hss.-Apparate einsehen, einzelne Belege aber nicht am Faksimile prüfen oder gar textkritisch erörtern. Ich habe mich daher nicht ohne Bedenken auf den Standpunkt gestellt, daß der Leser, der jeweils nur wenige Belege ins Auge faßt, dies, wenn nötig, ohne allzu große Mühe nachholen könne. Für ausführlichere Analysen von einzelnen Belegen oder Texten gilt das Gesagte selbstverständlich nicht.
6
lagen schließlich die Voraussetzungen - im besonderen die Auswahl der Untersuchungsbeispiele - vor, um die Analyse zweier größerer Textreihen (Kap. 3: Die Konfiguration des Liebestodes; Kap. 4: Kombinationen des Konditionalschemas) durchzuführen. Die Untersuchungen beziehen Fragen der Metrik erst am Rande ein; auch wenn ich glaube, daß die Auseinandersetzung mit der artistischen und besonders der semantischen Wertigkeit von Vers, Rhythmus und Reim ein wesentliches Desiderat der Minnesang-Forschung darstellen, so forderte meine Themenstellung doch zunächst andere Schwerpunkte.
Bei allen Problemen und Risiken der Analyse, die nicht zuletzt von der Fülle des Materials und einem nur allzuoft uneinheitlichen Forschungsstand ausgehen, darf aber nicht der Zweck dieser Untersuchungen in Frage stehen: die Texte in ihrer Verbindlichkeit für die personale und soziale Selbstdeutung des Ichs ernst zu nehmen und dabei in ihrer Erkenntnisleistung, wie sie sich nicht zuletzt im Umgang mit den als Denkformen zu beschreibenden Sprachelementen zeigt, zu kennzeichnen.
7
ι
Fragestellung und Forschungsstand
ι. ι
G e p r ä g t e S p r a c h e l e m e n t e als D e n k f o r m e n
D a ß der mittelhochdeutsche M i n n e s a n g d u r c h feste G a t t u n g s k o n ventionen und die Variation eines Bestandes v o r g e g e b e n e r A u f b a u elemente gekennzeichnet ist, kann als selbstverständlich und allgemein akzeptierte V o r a u s s e t z u n g der mediävistischen F o r s c h u n g gelten: 1 » M i n n e s a n g realisiert sich gattungsspezifisch darin, daß bei seiner A u f f ü h r u n g dem höfischen P u b l i k u m festgelegte Rollen und Rollen1
Vgl. zu diesem Aspekt mit unterschiedlichen Zugängen beispielsweise: Marianne von Lieres und Wilkau: Sprachformeln in der mittelhochdeutschen Lyrik bis zu Walther von der Vogelweide. München 1965. S. Vllf.; Dieter Fortmann: Studien zur Gestaltung der Lieder Heinrichs von Morungen. Diss. Tübingen 1966. S. Martha Mayo Hinman: Rhetoric and Ornamentation in the Songs of Walther von der Vogelweide. Diss. University of California/Berkeley 1968. S. 95f.; Rolf Grimminger: Poetik des frühen Minnesangs. München 1969. S. 86-88; Alois Kircher: Dichter und Konvention. Zum gesellschaftlichen Realitätsproblem der deutschen Lyrik um 1200 bei Walther von der Vogelweide und seinen Zeitgenossen. Düsseldorf 1973. S. Des Minnesangs Frühling< und von Walther von der Vogelweide. Berlin 1980. S. 79; Newton A. Perrin: Reification and the Development of Realism in Late Minnesang. Göppingen 1982. S. if.; Viola Bolduan: Minne zwischen Ideal und Wirklichkeit. Studien zum späten Schweizer Minnesang. Frankfurt a. M. 1982. S. 4-6; Jutta Goheen: Mittelalterliche Liebeslyrik von Neidhart von Reuental bis zu Oswald von Wolkenstein. Eine Stilkritik. Berlin 1984. S. iof. Bes. auch als zusammenfassende Darstellungen: de Boor: L G II. S. 2i8f.; Schweikle: Minnelyrik. 1. S. 70-72; Hugo Kuhn: Determinanten der Minne. In: Η. K.: Liebe und Gesellschaft. Stuttgart 1980. S. 52-59 u. 182-186, hier S. 55; Wolfgang Haubrichs: Reiner muot und kiusche site. Argumentationsmuster und situative Differenzen in der staufischen Kreuzzugslyrik zwischen 1188/89 u n d 1227/28. In: Stauferzeit. Geschichte, Literatur, Kunst. Hrsg. von Rüdiger Krohn, Bernd Thum, Peter Wapnewski. Stuttgart 1978. S. 295-324, hier S. 30if.; der Aufsatz von Haubrichs bietet ausführliche Literaturhinweise und Ausblicke auf die rhetorische Ausrichtung des Minne- und Kreuzliedes.
9
beziehungen v o n geringer Variationsbreite in ebenso festgelegten A r gumentationsabläufen v o r g e f ü h r t und zur Identifikation angeboten werden.« 2 Vorausgesetzt ist mit dieser Kennzeichnung immer schon eine L i teratursituation, in der die Herstellung und die kollektive Rezeption v o n Minnelyrik auf einen gemeinsam verfügbaren und relativ festen Hintergrund v o n Darstellungstypen oder literarischen Modellen bezogen sind. 3 In besonderem Maße gilt schon w e g e n dieser Rahmenbedingungen, daß die Leistung des einzelnen Minneliedes über sein Verhältnis zu den vorgegebenen Darstellungstypen und M o d e l l v o r stellungen zu erschließen ist. Dabei w i r d die Verflechtung eines Textes mit diesen Bezugszusammenhängen nicht allein die Verbindlichkeit v o n Sprachelementen und Darstellungsabläufen zeigen. D i e jeweilige A n w e n d u n g der typischen F o r m e n und Vorstellungen kann neben der Situationsabhängigkeit zugleich die Publikumsbezogenheit dieser L i e beslyrik ausweisen — ihre B i n d u n g an die Öffentlichkeit der A u f f ü h rung und ihre A u s r i c h t u n g darauf. 4 V o r allem aber sollte der U m g a n g mit den gewählten Aussageelementen die Darstellungsprinzipien und die besondere inhaltliche Leistung des einzelnen Textes deutlich w e r den lassen. 5 2
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Gerhard Hahn: Zum sozialen Gehalt von Walthers Minnesang. Einige Beobachtungen am Text. In: Medium aevum deutsch. Hrsg. von Dietrich Huschenbett, Klaus Matzel, Georg Steer, Norbert Wagner. Tübingen 1979. S. 121-138, hier S. 1 2 1 ; knappe Zusammenstellungen von Gattungsmerkmalen des Minnesangs bieten: Hugo Kuhn: Aspekte des 13. Jahrhunderts in der deutschen Literatur (Akademievortrag). In: Η. K.: Entwürfe zu einer Literatursystematik des Spätmittelalters. Tübingen 1980. S. 1-18, hier S. i4f.; Schweikle: Minnelyrik. 1. S. 72-74; ausschließlich genetische und sozialgeschichtliche Aspekte berücksichtigt: Helmut Brackert: Nachwort zu: Minnesang. Mittelhochdeutsche Texte und Übertragungen. Hrsg., übersetzt und mit einem Anhang versehen von Η. B. Frankfurt a. M. 1983. S. 259-276. Vgl. hierzu auch von Lieres und Wilkau: Sprachformeln in der mittelhochdeutschen Lyrik; wie Anm. 1. S. 8-10; Ehlert: Konvention-Variation-Innovation; wie Anm. 1. S. 74-80. Vgl. hierzu Burdach: Reinmar und Walther. S. 75-84; Wilmanns/Michels: Leben und Dichten Walthers von der Vogelweide. S. 191-193 u. 350-356; Hans-Hermann Röhrig: Dichter und Hörer. Studien zum Formproblem des Minnesangs bis zu Walther von der Vogelweide. Diss, masch. Kiel 1954; Röhrig bezieht sich auf Thesen Wolfgang Möhrs: dazu W. M.: Minnesang als Gesellschaftskunst. In: Fromm (Hg.): Minnesang. Bd. 1. S. 197-228, bes. S. 214-228; Fortmann: Studien zur Gestaltung der Lieder Heinrichs von Morungen; wie Anm. 1. S. 129-144 u 183-188; Haubrichs: Reiner muot und kiusche site\ wie Anm. 1. S. 296^, bes. auch die Literaturhinweise in Anm. 14; Horst Wenzel: Typus und Individualität. Zur literarischen Selbstdeutung Walthers von der Vogelweide. I A S L 8 (1983), S. 1-34, hier S. i6f.
Wenn mit diesen Konsequenzen also zutrifft, daß Minnesang auf eine weitgehend festgelegte Typik von Aussagemitteln zurückgreift, dann muß ebenso für die einzelnen Darstellungstypen richtig sein, daß sie nicht als isolierte Fakten, sondern erst im Gefüge der inner- und außertextlichen Beziehungen, in dem sie ihre Funktion besitzen, spezifische Leistungen erweisen.6 Denn diese Leistung des einzelnen Aussageelementes kann nur im Verhältnis zu den genau umrissenen Gattungs- und Typenvorstellungen, den Hörererwartungen, aber auch über die Rolle im jeweiligen Textzusammenhang bestimmt werden.7 Dies bedeutet für die Einzelanalyse, die nach der Rolle geprägter Aussageelemente in verschiedenen Texten fragt, daß der Zusammenhang zwischen dem poetischen Mittel und der inhaltlichen Einheit des Werkes als Untersuchungsaspekt ins Zentrum tritt. Die Gattungskonventionen und die Darstellungstypen des Minnesangs vergegenwärtigen bei diesem Zugang daher nicht nur die Beschränkungen, denen der einzelne Text unterliegt. Gerade wegen ihrer hohen Verbindlichkeit eröffnen sie nämlich den Weg, Anwendungsbedingungen und Darstellungsprinzipien, sofern sie sich im Gebrauch der vorgegebenen Größen ausprägen, zu untersuchen. Der Vorhersehbarkeit des Darstellungszusammenhanges entspricht dann, daß sich der Gestaltwandel und die Funktionsgebung eines Textelementes besonders deutlich abzeichnen können.8 5
6
7
8
Vgl. zu den Voraussetzungen, mit denen dabei zu rechnen ist: Kuhn: Determinanten der Minne; wie Anm. i. S. 52-56. Vgl. dazu die Begründung bei Jurij M. Lotman: Zur Distinktion des linguistischen und des literaturwissenschaftlichen Strukturbegriffs. In: Formalismus, Strukturalismus und Geschichte. Hrsg. von Aleksandar Flaker und Viktor Zmegac. Kronberg/Ts. 1974. S. 105-120, bes. S. 113-120. Lotman zeigt u. a., daß vorstrukturierte Sprachelemente in verschiedenen literarischen Zusammenhängen mit unterschiedlich tiefer Bedeutung versehen werden können, und zwar so, daß der sprachliche Kontext nicht nur die Eindeutigkeit, sondern auch die Vielschichtigkeit dieser Semantik bedingt (vgl. bes. S. 115). Das Sprachelement erhält seine besondere Semantik im literarischen Text dadurch, daß es in ein System von Beziehungen eintritt, die immer neue Korrespondenzen mit anderen Textelementen und dem Werkganzen aufdecken können (116). Eben dazu auch J . M. L.: Vorlesungen zu einer strukturalen Poetik. Einführung, Theorie des Verses. München 1972. S. 15 u. S. 69-72. Vgl. ders.: Vorlesungen; wie Anm. 6. S. 55-66; ders.: Die Struktur des künstlerischen Textes. Hrsg. mit einem Nachwort und einem Register von Rainer Grübel. Frankfurt a. M. 1973. S. 15 if. Vgl. die grundsätzliche Erörterung des Problems bei Hans Robert Jauss: Alterität und Modernität der mittelalterlichen Literatur. In: ders.: Alterität und Modernität der mittelalterlichen Literatur. München 1977. S. 9-47, hier S. 35.
11
Nur am Rande ist dabei zu ergänzen, daß die Beziehungen der Texte und Verfasser zur lateinischen Poetik bislang weitgehend ungeklärt geblieben sind.9 Auch dieser Gesichtspunkt legt es nahe, die typischen Formen und Vorstellungsinhalte der Minnelyrik als Konventionen des Literaturgebrauchs zu verstehen: als typische Sprech- und Denkweisen, die allgemeiner anzutreffende Aussagemöglichkeiten darstellen können und nur im Rahmen ihrer Anwendungsgeschichte zu verfolgen sind.10 Dennoch ist der Minnesang auch auf einen Kunstbegriff hin beschrieben worden, wie ihn die Tradition der antiken Rhetorik vorgibt und der in den Bereich der mittelalterlichen artes hineinweist.11 Eine zusammenfassende, allerdings auch stark systematisierende Darstellung des ars- oder τέχνη-Begriffs der Rhetorik bieten Heinrich Lausbergs Darstellungen: 12 Kunst definiert sich hier als »ein System aus der Erfahrung 9
Vgl. dazu die recht allgemeinen Hinweise bei: Gabriela Präsent: Rhetorik, Poetik und Topik bei Walther von der Vogelweide. Studien zur rhetorischen Textanalyse mittelhochdeutscher Dichtung. Diss. Graz 1980. S. 1 0 - 1 6 u. 6 8 - 8 7 ; für das Verhältnis zum höfischen Zeremonialhandeln: Erich Kleinschmidt: Minnesang als höfisches Zeremonialhandeln. Archiv für Kulturgeschichte ;8 ( 1 9 7 6 ) , S. 3 5 - 7 6 , hier S. 45U. 5 ju. speziell zum Minnesang S. 6 3 - 6 5 . Im Rahmen von Materialsammlungen und Textanalysen diskutieren den Aspekt: Anthonius Hendrikus Touber: Rhetorik und Form im deutschen Minnesang. Groningen 1964. bes. S. 44f.; Hinman: Rhetoric and Ornamentation; wie Anm. 1. S. 8-22 (bes. auch S. 22: »It is hardly possible to claim that Minnesang was created and allowed to mature while hermitically separated from the rest of European literary community«.); Schmaltz: Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Alten; wie Anm. 1. S. 27f. Angesichts dieser Forschungssituation ist um so mehr zu bedauern, daß die Habilitationsschrift von Franz Josef Worstbrock zum Minnesang des 13. Jahrhunderts nicht zugänglich ist; vgl. vorerst F. J. W.: Rhetorische Formtypen der mittelalterlichen Lyrik. DVjs 49 ( 1 9 7 5 ) , S. 8-31; ders.: Das >Kindheitslied< des Wilden Alexander. Zur Poetik allegorischen Dichtens im deutschen Spätmittelalter. In: Medium aevum deutsch. Hrsg. von Dietrich Huschenbett, Klaus Matzel, Georg Steer, Norbert Wagner. Tübingen 1 9 7 9 . S. 4 4 7 - 4 6 5 .
10
Vgl. hierzu Hugo Kuhn: Minnesangs Wende. 2., vermehrte Aufl. Tübingen 1967. S. 88-90; ders.: Gattungsprobleme der mittelhochdeutschen Literatur. In: Η. K.: Dichtung und Welt im Mittelalter. 2., unv. Aufl. Stuttgart 1969. S. 41-61 u. 251-254, hier S. 46-51; Strukturmerkmale literarischer Typen beschreibt: Paul Zumthor: Essai de poetique medievale. Paris 1972. S. 82-96. Vgl. dazu beispielsweise: Kleinschmidt: Minnesang als höfisches Zeremonialhandeln; wie Anm. 9. bes. auch S. 6jf.; zuletzt vor allem Kuhn: Determinanten der Minne; wie Anm. 1. S. 53-56; ders.: Liebe und Gesellschaft in der Literatur. In: Η. K.: Liebe und Gesellschaft. Stuttgart 1980. S. 60-68 u. 186, hier S. 6 5 - 6 7 . Vgl. hierzu H. L.: Elemente der literarischen Rhetorik. Eine Einführung für Studierende der klassischen, romanischen, englischen und deutschen Philologie. 4., durchgesehene Aufl. München 1971. § 28; ders.: Handbuch. §§ 1-41. Allgemein zu Lausbergs Darstellung die kritischen Bemerkungen von Klaus Dock-
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(έμπειρία) gewonnener, aber nachträglich logisch durchdachter, lehrhafter Regeln zur richtigen Durchführung einer auf Vollkommenheit zielenden, beliebig wiederholbaren Handlung, die nicht zum naturnotwendigen Geschehensablauf gehört und nicht dem Zufall überlassen werden soll« (Lausberg: Handbuch. § 3). Die Kompetenz des Künstlers erweist sich in der virtuosen Beherrschung und Anwendung vorgegebener Regeln. Dabei bilden Lehr- und Lernbarkeit der Regeln eine ebenso grundlegende Voraussetzung (vgl. ebd. § 4) wie der auf Virtuosität gerichtete Kunstanspruch (ebd. §§ 7 u. 8). Die Kunstpraxis besteht einerseits in der Vermittlung von Mustern und Prinzipien an den Schüler (ebd. § 2) und andrerseits in der virtuosen Anwendung der künstlerischen Kompetenz durch den Meister (ebd. §§ 7 u. 8). Hinzu tritt die sozial elitäre Grundlage der nicht an Arbeit und Gelderwerb gebundenen Künste (ebd. § 1 1 ) im Rahmen der artes liberales (ebd. § 12). Die verschiedenen Künste erscheinen als »Bildungsgut und Erziehungsprogramm der freien Bürger« (ebd. § 12); sie sind »das ausschließliche Privileg der Freien« 1 ', und dies bedeutet hier der politischen Führungsschicht, die darin einen von Arbeit und Herrschaft freien Raum besitzt.14 F ü r das Minnelied, bleiben Sonderfälle wie Neidhart zunächst beiseite, kann dies einen Kunstanspruch verdeutlichen, der nicht primär die Reflexion und Verneinung literarischer oder sozialer N o r m e n fordert, 1 ' sondern zunächst die auf artistische Perfektion zielende Beherrschung und A n w e n d u n g vorgegebener Muster. D e m entspricht, was der Strukturalist J u r i j M . L o t m a n als >Ästhetik der Identität< bezeichnet hat. E r klassifiziert unter diesem Titel diejenigen Texte und Darstellungstypen, deren Wert »nicht an der Verletzung, sondern an horn: Rez. H. L.: Handbuch der literarischen Rhetorik. Göttingische Gelehrte Anzeigen 2 1 4 (1962), S. 1 7 7 - 1 9 6 ; zur Bedeutung der Darstellungen Lausbergs für ma. Literatur M a x Wehrli: Literatur im deutschen Mittelalter. Eine poetologische Einführung. Stuttgart 1984. S. 1 2 4 - 1 2 9 ; bes. zum ma. Kunstbegriff ebd. Kap. V I ; weiterhin Hennig Brinkmann: Z u Wesen und Form mittelalterlicher Dichtung. 2., unv. Aufl. Darmstadt 1979. bes. S. 2-29; Bruno Boesch: Die Kunstanschauung in der mittelhochdeutschen Dichtung von der Blütezeit bis zum Meistergesang. Bern u. Leipzig 1936. U n v . Nachdruck Hildesheim/New York 1976. bes. S. 1 1 - 2 6 . 13
Lothar Bornscheuer: Topik. Z u r Struktur der gesellschaftlichen Einbildungskraft. Frankfurt a. M . 1976. S. 47; vgl. ebd. weiterhin S. 46-60.
14
F ü r den Minnesang betont H u g o K u h n neben der institutionellen Verankerung (>Interaktion von Meisterschaft und Schülerschaft) die damit einhergehende D i stanz zur Praxis von Herrschaft und Arbeit; vgl. ders.: Determinanten der Minne; wie A n m . 1. S. 53; ders.: Liebe und Gesellschaft in der Literatur; wie A n m . 1 1 . S. 6 j f . Vgl. hierzu die einzelnen Kategorien des Begriffs der Negativität, der für autonome Literatur grundlegend ist. Einen Überblick bietet: Hans Robert Jauss: Negativität und Identifikation. Versuch zur Theorie der ästhetischen Erfahrung. In: Harald Weinrich (Hg.): Positionen der Negativität. München 1975. ( = Poetik und Hermeneutik; Bd. V I ) . S. 2 6 3 - 3 3 9 , hier S. 2 6 j f .
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der Beachtung bestimmter Regeln«' 6 gemessen worden ist. Das Verhältnis zwischen dem Textablauf und der Hörererwartung wird durch einen Kunstanspruch gesteuert, der die überraschende Anwendung bestimmter Regeln verlangt: »Die Regeln für die Auswahl der Lexik, die Regeln für die Metaphernkonstruktionen, das Ritual des Erzählens, die streng definierten und dem Publikum im voraus bekannten Möglichkeiten der Sujetverbindungen, die loci communes - ganze Teile eines erstarrten Textes - bilden ein ganz besonderes literarisches System, wobei das Publikum, was besonders wichtig ist, nicht nur mit einer Ansammlung von Möglichkeiten, sondern auch mit einer dieser paarig entgegengestellten Ansammlung von Nichtmöglichkeiten für jede Ebene der literarischen Konstruktion ausgerüstet ist. Die Zerstörung der vom Publikum erwarteten Struktur, die entstände, würde der Autor eine vom Standpunkt der Kode-Regeln >nicht-mögliche< Situation auswählen, riefe bei dem vorliegenden System der literarischen Erziehung die Vorstellung von einer geringen Qualität des Werkes, von der Unkenntnis und der Ungebildetheit des Autors oder sogar die Vorstellung von einer Lästerung und von sündhafter Dreistigkeit hervor.«' 7
Grundlegend bleibt daher für den Textablauf die Angleichung der darzustellenden Inhalte an die vorgegebenen und verbürgten Aussagemuster, deren Wahrheitswert über die Tradition begründet ist.' 8 Die Anwendung des eingewöhnten Schemas leistet die Verarbeitung unterschiedlicher Themen im Rahmen eines verbindlichen Aussage- und Ordnungsgefüges. In dieser Weise sind die Darstellungs- und Aussagetypen dann aber auch als Formen der Realitätsbewältigung zu verstehen: sie können als stabile Denk- oder Vorstellungsschemata ergriffen werden, die wechselnde Vorstellungsinhalte, Problemlagen und Erfahrungen über die Zusammenführung mit festen Modellvorstellungen verarbeiten lassen. Gerade die Rückbeziehung der einzelnen Erfahrung auf den Typus bleibt dabei Zielvorstellung, 19 und die Kraft »der künstlerischen Erkenntnis liegt hier darin, daß das abstrakte Modell Α vom Künstler mit den ganz unerwarteten, für das nicht 16 17 18
'9
14
Lotman: Vorlesungen; wie Anm. 6. S. 188. ebd. Vgl. dazu ebd. S. 83. Entscheidend ist, daß der Wahrheitswert über den Traditionsbezug, nicht über das Verhältnis zur abgebildeten Realität begründet wird; dazu auch: Hans Blumenberg: Wirklichkeitsbegriff und Möglichkeit des Romans. In: Nachahmung und Illusion. Hrsg. von Hans Robert Jauss. München 1964. ( = Poetik und Hermeneutik; Bd. I). S. 9-27, hier S. n f . u. ιοί.; Wenzel: Typus und Individualität; wie Anm 4. S. i6f. u. 52. Vgl. dazu auch Brinkmann: Z u Wesen und Form mittelalterlicher Dichtung; wie Anm. 12. S. 82; Lotman: Vorlesungen; wie Anm. 6. S. 83.
künstlerische Auge dem Modell Α nicht ähnlichen Lebenserscheinungen A', A", A ' " usw. identifiziert wird. Die Einförmigkeit an dem einen Pol der Identität wird durch die ungebändigte Mannigfaltigkeit an dem anderen kompensiert.«20 Die Anwendung eines Aussageschemas erbringt deshalb die poetische Erkenntnisleistung dort, wo die verbindliche Modellvorstellung mit abweichenden Inhalten konfrontiert und die Bewältigung dieser Inhalte zur Aufgabe wird. Dies schließt ein, daß mit den wechselnden Anwendungsbedingungen und Problemlagen auch das Schema selbst erst in seinen Aussagemöglichkeiten entwickelt werden kann. Zwei grundsätzliche Gesichtspunkte sind damit in den Vordergrund getreten: die Frage nach der inhaltlichen Leistung der typischen Aussageelemente und ihre Beschreibung als Denkformen. Dabei meint der Ausdruck der typischen Aussageform in meinem Zusammenhang nicht Liedgattungen wie Tagelied oder Wechsel und auch nicht Strophenformen wie etwa die Kanzone. Angesprochen sind demgegenüber elementare und textabhängige Aufbaueinheiten, die als geprägte Sprachelemente den Argumentations- oder auch Erzählzusammenhang eines Liedes konstituieren können. Dazu gehören grammatische Formen wie beispielsweise kausale oder konditionale Satzmuster, rhetorische Figuren wie die Antithese und der Parallelismus oder auch kleinere literarische Typen wie Formeln oder Spruchformen. Es geht also um solche literarischen Beobachtungsmaterialien, die in der Minnesang-Forschung traditionell dem Bereich des Sprachstils, dabei zumeist dem der Syntax und der poetischen Technik zugeordnet werden.21 Gerade für diese elementaren Aufbaueinheiten muß eine der Eingangsüberlegungen ihre Berechtigung besitzen: daß nämlich die spezifische Leistung der vorgeprägten Sprachelemente nicht erfaßt ist, solange sie als isolierte Fakten bewertet werden; sie kommt erst dann in den Blick, wenn die Elemente im Gefüge ihrer inner- und außertextlichen Beziehungen auf ihren Stellenwert und ihre Bedeutung hin untersucht werden. Zu dieser Frage nach der Bedeutungsleistung von Sprach- und Darstellungsformen des Minnesangs finden sich in der Forschung nur Einzelhinweise.22 Die Begründung und die Durchführung konkreter, 2C 21
22
Lotman: Vorlesungen; wie Anm. 6. S. 189. Vgl. hierzu Burdach: Reinmar und Walther. S. 55-100; Wilmanns/Michels: Leben und Dichten Walthers von der Vogelweide. S. 3 50-388. Vgl. hierzu auch unten Kap. 1.2.
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im Material weiterreichender Analysen ist noch nicht in Angriff genommen. 23 Greift man nun einen Hinweis auf, den Hans Robert Jauss allerdings generell für den Werkcharakter mittelalterlicher Lyrik gibt, so kann die Bedeutungsleistung der lyrischen Texte in den Blick kommen, wenn auch die Bedingungen ihrer Entstehung und ihres Vortrags gesehen werden. Dazu gehören die publikumsbezogene Ausrichtung des einzelnen Textes, seine Darbietung vor wechselnden Hörerschaften, und seine wesentliche Unabgeschlossenheit im Gebrauch. Beide Größen so die Begründung bei Jauss — ermöglichten die Bildung neuer Bedeutung, weil der lyrische Text kein autonomes Werk ist, »sondern ein plurale tantum, d. h. auf Variation und fortschreitende Konkretisation von Bedeutung angelegt ist«*4. Jauss denkt dabei in erster Linie an das Nebeneinander verschiedener Fassungen eines Textes, in denen sich der Wandel von Aussageintentionen und Publikumsbezügen manifestiert. Inwieweit auf dieser Ebene ein allgemein gültiger Zugang zur Bedeutungsbildung des Liedes überhaupt zu gewinnen ist, dies muß jedenfalls für den Minnesang zunächst noch offen bleiben. 2 ' Bei sprachlichen Aussagemustern, die durch ihr Vorkommen in verschiedenen Texten ihre Offenheit für erneute Anwendungen ausweisen, wird dagegen leichter einzuräumen sein, daß sie von vorneherein als plurale tantum darauf angelegt sind, nicht nur formale Variationen zu ermöglichen, sondern auch neue Bedeutungen zu tragen. Die Anwendung bestimmter Sprachelemente in verschiedenen Textumgebungen und Situationen wird ja in vielen Fällen mit der Modifizierung von Kontext und sprachlicher Gestalt auch Änderungen des Aussagesinns herbeiführen. Zu fragen ist dann also nicht allein, inwiefern der >artistische< Kunstanspruch des Minneliedes Ausdruck findet, sondern ob nicht auch sein Diskussionscharakter und seine Rolle für die Selbstdeutung des Adels veränderte Inhalte bedingen. 26 Die Analyse muß für all diese Aspekte Vgl. ebd. bes. die Besprechung der Arbeit von Schmaltz. Jauss: Alterität und Modernität mittelalterlicher Literatur; wie Anm. 8. S. 22; vgl. auch ders.: Ästhetische Erfahrung als Zugang zu mittelalterlicher Literatur. Zur Aktualität der >Questions de litterature< von Robert Guiette. In: H. R. J.: Alterität und Modernität der mittelalterlichen Literatur. Gesammelte Aufsätze 1956-1976. München 1977. S. 411-427, hier S. 415-419. 2 ' Vgl. zum Problem für den Minnesang vor allem Schweikle: Minnelyrik. 1. S. 26-34, bes. auch die Literaturhinweise S. 34, Anm. 12. 26 Vgl. Hugo Kuhn: Die Voraussetzungen für die Entstehung der Manesseschen 24
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vom einzelnen Text ausgehen, und sie kann dort die Aussagemuster auffinden, die »als zweite, verdeckte Sprachschicht« den Bedeutungswandel wahrnehmen lassen: denn »die konventionellen Gebrauchsmuster, die artistische Brillanz der Formensprache, die Topoi einer generellen Rhetorik der Huldigung und der Zeitkritik sind hier die verborgene Sprachschicht, auf deren Hintergrund erst die persönlichen Nuancen und inhaltlichen Ausfüllungen der Muster verständlich werden.« 27 Aussagemöglichkeiten, die dann auch solche Darstellungselemente besitzen können, die zunächst eher stereotyp und inhaltsleer erscheinen, hat Friedrich Ohly am Beispiel textgebundener Sprachformeln aus dem weiteren Bereich der Minnediktion vorgeführt. Die Zueignungsformel >Du bist mein, ich bin dein< gibt ein Beispiel, denn ihr Sinn und ihr Bedeutungspotential kommen erst mit Beachtung der wechselnden Text- und Situationszusammenhänge, in welche die Formel eintritt, ins Blickfeld. Für sie ist deutlich, »daß ein formaler Gleichklang und eine Verwandtschaft der Gedankenbewegung, selbst eine Gemeinsamkeit im Erfahrungsgrund der Liebe nicht schon eine Identität der Aussage, ja nur eine Gleichartigkeit des durch die Sprache in eine ähnliche Gestalt gefaßten Sinns bedeute.«28 Die Offenheit der Formel für abweichende Sinngebungen läßt gerade wegen der oft ähnlichen Ausdrucksseite die Frage nach ihrer Leistung im jeweiligen Textgefüge notwendig werden.
Handschrift und ihre überlieferungsgeschichtliche Bedeutung. In: Η. K.: Liebe und Gesellschaft. Stuttgart 1980. S. 80-105 u. 188-192, hier S. 84f.; zur Lyrik im 13. Jahrhundert Thomas Cramer: So sint doch gedanke f r i . Zur Lieddichtung Burgharts von Hohenfels und Gottfrieds von Neifen. In: Liebe als Literatur. Aufsätze zur erotischen Dichtung in Deutschland. Hrsg. von Rüdiger Krohn. München 1983. S. 47-61, bes. S. 4γί. u. ; 3. 27
Kuhn: Die Voraussetzungen für die Entstehung der Manesseschen Handschrift; wie Anm. 26. S. 83 u. S. 8 jf. Kuhns Begründung bleibt im Rahmen seiner späteren Aufsätze zum Minnesang nicht durchweg eindeutig; vgl. Determinanten der Minne; wie Anm. 1. S. 55: auch für die Produkte der Minnelyrik muß demnach gelten: sie sind »serielle Variationen von Gebrauchsmustern und Rhetoriken, die nicht Inhalte aussagen oder Funktionen reflektieren«. Erst mit der Problematisierung der Artistik kommen bei diesem Ansatz inhaltliche Entwicklungen in den Blick, und zwar in der Legitimation der Artistik durch die Berufsmeister (55) und entsprechend in der sekundären, meisterlichen Wertauffüllung der Artistik (5 8).
28
Friedrich Ohly: >Du bist mein, ich bin dein/Du in mir, ich in dir/Ich du, du ich.< In: Kritische Bewahrung. Hrsg. von Ernst-Joachim Schmidt. Berlin 1974. S. 3 7 1 - 4 1 5 , hier S. 372; vgl. zum Minnesang ebd. S. 391 f.
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Daher kann es auch kein beliebiger methodischer Schritt sein, nach den Intentionen zu fragen, die im Einzelfall die Auswahl und Verwendung der typischen Sprachelemente bestimmen. Zur Untersuchung dieser Schicht, die nun das Bewußtsein und den Situationshintergrund des Textes betrifft, wird zunächst der Hinweis auf die Mächtigkeit der literarischen Tradition und Vorprägung, die dann aber spezifisch modifiziert werden können, genügen. Denn die auffalligen Umgestaltungen des sprachlich vorgeprägten Schemas sind schließlich auf geschichtlich spezifische Anwendungsbedingungen und -prinzipien hin zu befragen/ 9 Die besondere Wertigkeit, die sich damit auch für die Darstellungstypen der Minnelyrik andeutet, hat vielleicht zuerst Konrad Burdach diskutiert. Mehr in seinen Analyseansätzen als im Rahmen methodischer Klärungen hat er versucht, die Untersuchung geprägter Sprachelemente mit der Frage nach den Denkstrukturen zu verbinden, die diesen Elementen zugrunde liegen können. 30 Burdach richtet sein Interesse auf eine Ebene des literarischen Werks, die er als dessen >innere Form4 ebd. " Die >Bedeutsamkeit< geprägter Formen begründet - auch für meinen Zusammenhang instruktiv - im Rahmen seiner Studien über den Mythos: Hans Blumenberg: Arbeit am Mythos. 2., durchgesehene Aufl. Frankfurt a. M. 1981. bes. S. 77-80; >Bedeutsamkeit< betrifft zunächst den Wirklichkeitsbezug und objektiven Rang dieser Formen, dann vor allem auch die Vermehrung ihres Bedeutungspotentials, die sich im geschichtlichen Ablauf einstellt und den besonderen Wert der Formen begründet. 36 Vgl. auch ebd.
*9
Burdach berührt diesen Aspekt am ehesten in seinen Aussagen zur Antithese. Diese werde in der Entwicklung des Minnesangs »zu einem hauptsächlichen Kennzeichen des poetischen Stils«37 und bringe dabei Gegensätze und Widersprüche in der Erfahrung des Einzelnen zum Ausdruck. Gegensatz und Widerspruch gelangten aber erst dann ins Bewußtsein, wenn der Mensch gelernt habe, »sich aus der Masse der ihn umgebenden Erscheinungen herauszuheben und sich als selbständiges Einzelwesen zu fühlen. Er lässt dann nicht mehr die Wirkungen der Aussenwelt unbewusst über sich ergehen, sondern versucht, ihre Eindrücke reflectirend festzuhalten und von sich loszulösen.«' 8 Die Anwendung dieser Überlegung: die Entwicklung des Minnesangs lasse »dies allmähliche Erwachen der Reflexion beobachten.«59 Burdach betrachtet in dieser Weise Antithesen nicht nur als stilistisches Beiwerk der Texte, sondern befragt sie auf die geistigen Operationen hin, die ihnen zugrunde liegen. Er versteht sie als Hinweis auf Einsatzpunkte der Reflexion und als Ausdruck des Versuchs, Gegensätze und Widersprüche der individuellen Erfahrung mit Hilfe der Sprache zu erfassen. Einen wichtigen Beleg für diese Überlegungen liefert ihm die Antithese von Ich und höfischer Gesellschaft {diu werlde, die liute, si, diu huote, die merkaere, die lügenaere)*° die gerade auch in der jüngsten Minnesangforschung zum Ansatzpunkt weiter ausgreifender Deutungsversuche genommen worden ist: Gerhard Hahn hat mit dem Blick auf die Konstellation nach der Rolle von Gesellschaft in Walthers Minnelyrik gefragt, Jan-Dirk Müller nach den allgemeinen Voraussetzungen, die höfisches Sprechen über Person und Gesellschaft im Minnesang begründen. Klaus Grubmüller schließlich erörtert an dem Gegensatz das Problem von Subjektivität im Minnesang. 4 ' 37
Burdach: Reinmar und Walther. S. 66. " ebd. " ebd. 4 ° Vgl. etwa die Zusammenstellung bei Hahn: Zum sozialen Gehalt von Walthers Minnesang; wie Anm. 2. S. IZI. 41 Vgl. Hahn: Zum sozialen Gehalt von Walthers Minnesang; wie Anm. 2. S. 122-126; Jan-Dirk Müller: Strukturen gegenhöfischer Welt: Höfisches und nicht-höfisches Sprechen bei Neithart. In: Höfische Literatur - Hofgesellschaft - Höfische Lebensformen. Hrsg. von Gert Kaiser und Jan-Dirk Müller. Düsseldorf 1986. S. 409-45 3, hier S. 416-425; Klaus Grubmüller: Ich als Rolle. >Subjektivität< als höfische Kategorie im Minnesang? In: Höfische Literatur - Hofgesellschaft - Höfische Lebensformen. Hrsg. von Gert Kaiser und Jan-Dirk Müller. Düsseldorf 1986. S. 387-406; dazu bes. auch mit Hinweisen zur älteren Literatur Katharina Wallmann: Minnebedingtes Schweigen in Minnesang, Lied und Minnerede des 12. bis
20
D i e s e n D e u t u n g e n g i n g die E i n s i c h t v o r a u s , daß M o t i v k o m p l e x e , w i e sie sich e t w a u m den B e g r i f f der merkaere oder den der buote gruppieren, nicht als direktes A b b i l d höfischer Realität, sondern als g e p r ä g t e literarische G r ö ß e n gesehen w e r d e n müssen. D i e s e r E i n s i c h t entsprechen dann o f t allgemein gehaltene H i n w e i s e auf einen Darstell u n g s m o d u s , der auch f ü r die Antithese v o n I c h und sozialem B e z u g s feld B e d e u t u n g besitzt: das gesellschaftliche B e z u g s f e l d fungiert n ä m lich zumeist als negativer G e g e n p o l der M i n n e , als a n o n y m bleibender Widerpart, der im K o n t r a s t das Besondere, das Positive, ja das E x klusive der M i n n e herausstreichen läßt. 42 G e g e n den H i n t e r g r u n d früherer Positionen (vgl. M F :
13,14-20;
1 3 , 2 7 - 2 9 ; 1 6 , 8 - 1 x; 1 6 , 2 3 ) beschreibt B u r d a c h die G e s t a l t u n g der K o n stellation bei Friedrich v o n Hausen: » H a u s e n zuerst stellt die Antithese auf nicht zwischen der eigenen Lage und der Gesellschaft, sondern zwischen der eigenen A n l a g e und der der Gesellschaft. Nicht mehr leitet er die Sonderstellung, die er einnimmt, davon her, dass äussere Umstände ihn in eigentümliche, von den allgemeinen abweichende Verhältnisse gebracht haben, sondern von der eigenartigen Beschaffenheit seiner Natur, die ihn von vornherein in Gegensatz bringt zu allen anders angelegten Menschen. [. . .] Man beachte ζ. B. Haus. 43,36 mangen herben ist von huote we ... so engert da^ mine . . . nibtes me wan miies si ltden un^ an
42
16. Jahrhunderts. Frankfurt a. M./Bern/Las Vegas/Nancy 1985. S. 16, 23-25, 29-54 (bes. Anm. 6 bis 1 1 ) u. ö. Vgl. neben Wallmann bes. Winfried Hofmann: Die Minnefeinde in der deutschen Liebesdichtung des 12. und 13. Jahrhunderts. Eine begriffsgeschichtliche und sozialliterarische Untersuchung. Diss. Würzburg. Coburg 1974; Einzelhinweise finde ich bei: Wilmanns/Michels: Leben und Dichten Walthers von der Vogelweide. S. 192^; Julius Schwietering: Einwirkung der Antike auf den frühen deutschen Minnesang. In: J . Sch.: Philologische Schriften. Hrsg. von Friedrich Ohly und Max Wehrli. München 1969. S. 237-253, hier S. 249; Kraus: Walther/Untersuchungen. S. Xf.; Kuhn: Minnesangs Wende; wie Anm. 10. S. 19, Anm. 62; Hennig Brinkmann: Der deutsche Minnesang. In: Fromm (Hg.): Der deutsche Minnesang. Bd. 1. S. 85-166, hier S. 13 5 f.; Herbert Kolb: Der Begriff der Minne und das Entstehen der höfischen Lyrik. Tübingen 1958. S. 197-199 u. 364-378; Grimminger: Poetik des frühen Minnesangs; wie Anm. 1. S. 62f.; Burghart Wachinger: Sängerkrieg. Untersuchungen zur Spruchdichtung des 13. Jahrhunderts. München 1973. S. 96-98; Schmaltz: Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Alten; wie Anm. 1. S. 70 u. S. 81-85; Marquis: Sprachliche Kommunikation als besprochenes Handeln; wie Anm. 1. S. 194-199; Kleinschmidt: Minnesang als höfisches Zeremonialhandeln; wie Anm. 9. S. 6 ; . Zu beachten wären vielleicht auch die Ähnlichkeiten, die in einzelnen Belegen mit dem Kompositionsmodell der scholastischen quaestio zu beobachten sind; vgl. die Hinweise zu Gottfried von Strassburg bei Hans Fromm: Gottfried von Strassburg und Abaelard. Hrsg. von Dietrich Schmidtke und Helga Schüppert. Tübingen 1973 ( = PBB. 95. Sonderheft). S. 196-216, hier S. 2 i i f .
21
minen tot; ebenso Reinm. 162,18jon wirbe ich niht mit kündekeit. . ., als vil maneger tuot«."' In zugespitzter Form, die dann schon auf die paradoxe Umkehrung allgemein akzeptierter Maßstäbe zielt, zeige sich der Gegensatz bei Reinmar von Hagenau; Burdachs paraphrasierende Deutung einiger Belegstellen (vgl. MF: 162,25^; 163,25f.; 166,39; I 9 2 > I I _ I 7 ) : »Andere sind traurig, wenn sie unglücklich, und freudig, wenn sie glücklich sind. Wie langweilig ist das! Warum sollte nicht auch einmal das Laub im Frühling rot oder blau statt grün werden?« 44 Als Denkschema läßt sich der Gegensatz von Ich und anderen schon in diesen Beispielen erkennen, indem das Ich jeweils die eigene Position mit dem Verhalten und Handeln einer typisierten Gruppe anderer kontrastiert. Die Gruppe der anderen dient als Argumentationsfolie, um das Individuelle gegen den Rahmen dessen, was allgemeiner anzutreffen sei, abzuheben. Das Schema stellt die starre Antithese der vorgezeichneten Rollen von Ich und Kollektiv heraus, lenkt damit aber immer auch den Blick auf die wechselnden Thesen und Positionen, Handlungs- und Verhaltenskonzepte, die in der Besetzung des Musters ausgesagt werden. Den besonderen Aufschlußwert des Denkschemas bringt indes erst die Beobachtung einer längeren Belegreihe in den Blick. Erst dann nämlich sind neben der allgemeinen gedanklichen Struktur des Sprachelementes die Modifizierung der Denkform im einzelnen Exemplar, die Bedeutungsleistung und die Funktionsbindungen, aber auch der Ton und Ausdruckswert einer konkreten Prägung genau zu fassen. Neben den Besonderheiten der Sprachgestalt kann dann auffallen, daß zahlreiche Prägungen darüber hinaus das Sprechen der anderen, der vielen und der liute selbst zum Thema haben. Auch dadurch deutet sich in den Belegen eine besondere Aufmerksamkeit für das Sprechen im Spannungsfeld von Ich und Gesellschaft an. Dies zeigt schon eine Strophe Dietmars von Aist, wenn der Eingangsvers ausdrücklich wiedergibt, was >viele sagendes enmac ich niht gelouben, sit min herze ist unerlost.< also redeten zwei geliebe, do si v o n ein ander schieden, o w e minne, der din äne möhte sin, daz waeren sinne. ( M F 32,5-8)
Mit dem Zitieren dessen, was >viele< über die Zuversicht gewährende Beständigkeit sagen, sucht der erste Dialogpartner durch den Bezug auf allgemeiner Anerkanntes und Bewährtes eine verbindliche Perspektive, die das Abschiedsleid und die Trennungserfahrung bewältigen ließe. (MF 32,5) Die innere Erfahrung des zweiten Dialogpartners (MF 32,6: ... sit min her^e ist unerlost.) läßt aber das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit und in die Gültigkeit der allgemeinen Aussage schwinden. Angesichts seiner nun als individuell empfundenen Lage kann der betroffene Einzelne in der vorgegebenen Regel keine Hilfe entdecken und ist deshalb auf die eigene Reflexion verwiesen. Die Reflexion der Minnepartner wird dann auch in den beiden anderen Strophen des Liedes (MF 32,1/32,9) zur bestimmenden Größe. Während dieser Text die Antithese noch indirekt ausgestaltet, weil ein vergangenes Geschehen nur in der wörtlichen Rede der Figuren berichtet wird, erscheint sie in späteren Beispielen durchweg ohne epischen Rahmen als Mittel rhetorisch-argumentativen Sprechens und monologischer Reflexion. Nur um die Verbreitung der Antithese auch über den Minnesang hinaus anzudeuten, sei eine gnomisch-didaktische Strophe Heinrichs von Rugge zitiert, die wegen ihrer Themenstellung (>Das unwahrhaftige Verhalten scheinbarer FreundeUnmutslied< (MF 216,29). Der Verzicht auf die Aufwartung vor den höfischen Damen wird im Kontrast der Grußwendung (MF 216,29 u. 3 if.) mit dem ironisch eingefärbten Kommentar (MF 216,30) formuliert; die einschränkende Bewertung der Grußgeste dient als Ausgangspunkt für die Absage an die >ritterlichen Damen< (MF 216,32): Maniger grüezet mich also - der gruoz tuot mich ze maze vrö - : »Hartman, gen wir schouwen ritterliche vrouwen.« mac er mich mit gemache län und lie er zuo den vrowen gan! bi vrowen triuwe ich niht vervan, wan daz ich müede vor in stän. ( M F 216,29-36)
Anders als bei Rugge geht es nicht um die direkte Kritik von Täuschung und Wahrheit im Sprechen der anderen. Ironie und Karikatur bestimmen Hartmanns Text. Das wörtliche Zitat (MF 216,3 if.) lenkt mit der Apostrophierung des Autornamens auf die Praxis des Frauendienstes selbst hin, indem der Autor sich als Ansprechpartner in die berichtete Szene einbezieht. Auf das Reglement der Hohen Minne, die Aufwartung vor den Damen, verweist dann der Reim schouwenjvrouwen besonders deutlich, weil später im Text die Hinwendung zu den armen wiben herausgehoben wird (vgl. MF 216,39^: . . . ba^ vertribenj die mit armen wiben.). Entscheidend für das Darstellungsverfahren ist aber, 24
daß die Kommentierung des Zitats (MF 216,30 u. 33-36) gerade auch in Ton und Sprechweise Distanz zu Anspruch und Ernst der Hohen Minne artikuliert: dazu gehört der gelassene Hinweis auf die eigene Bequemlichkeit (MF 216,33), die im Kontrast den betonten Übereifer der anderen (MF 216,34) zur Karikatur geraten läßt. Dazu gehört auch die überhöhende Darstellung der eigenen Unfähigkeit, dem Leistungsund Verhaltensanspruch der Hohen Minne auch nur entfernt zu genügen (MF 216,3 5 f.). Hartmanns Kreuzlied leb var mit iuweren bulden (MF 218,5) nutzt die Antithese - bei ähnlicher Formulierung - gegenläufig als polemischagonale Form, die nun in der Auseinandersetzung mit dem Verhalten der minnesinger (MF 218,21), mit ihrem rüemen vor allem, nach der persönlichen Leistung im Minnedienst (MF 218,13^) fragen läßt. Als rüemen ist dabei die Sprechweise der Hohen Minne kritisiert, die Diskrepanz nämlich zwischen pathetisch vorgetragenem Anspruch und Realität, zwischen dem unverbindlichen Sprechen über die persönliche Leistung im Minnedienst und dem tatsächlichen Einsatz. Die Sprache des Textes setzt diese Kritik an der Hohen Minne ostentativ um, indem die Übereinstimmung von were und rede (MF 218,14) als Problem herausgehoben und der Anspruch einer weiterreichenden Minneverpflichtung selbstgewiß betont wird: Sich rüemet maniger, waz er dur die minne taete. wä sint diu were? die rede hoere ich wol. doch saehe ich gern, daz si ir eteslichen baete, daz er ir diente, als ich ir dienen sol. ez ist geminnet, der sich durch die minne eilenden muoz. (MF 218,13-17)
Dort, wo Minnesang sich selbst reflektieren muß, läßt die Antithese auch den grundlegenden Bezug zwischen Publikum und Sänger gestalten. Ein Text Heinrichs von Morungen erörtert dieses Verhältnis, indem der Sprecher eine kritische Vorhaltung (MF 13 3,2if.) zitiert, die den Erfahrungsgrund des Minneliedes, die Leiderfahrung des Ichs, in Frage stellt. Der Vorwurf der Unaufrichtigkeit provoziert zunächst die Zurückweisung der Kritiker (MF 133,23), motiviert dann aber auch die Rechtfertigung des Gesangs (MF 133,25-27): Maniger der sprichet: »nu sehent, wie der singet! waere ime iht leit, er taete anders danne so.« 2
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der mac niht wizzen, waz mich leides twinget. nu tuon aber ich rehte, als ich tet aldö. do ich in leide stuont, do huop si mich gar unho. diz ist ein not, diu mich sanges betwinget. sorge ist unwert, da die liute sint vro. (MF 133,21-27) Während Hartmanns Kreuzlied den Kontrast von rede und were scharf in den Vordergrund rückt (MF 218,14), u m den Redegestus von Minnesang in seinem illusionierenden Charakter zu kritisieren, ist in Morungens Strophe der Sänger selbst durch die Polemik, die Authentizität und Wahrhaftigkeit des Singens zum Problem macht (MF 133,22), betroffen. Mit Hilfe der Zitatform (MF 1 3 3 , 2 1 ^ ) ist nun auch im Ton die Redeweise dessen fingiert, der den Sänger vor der Gemeinschaft bloßstellen will {nu sehent, wie der singet!). Dargestellt wird indes kein Dialog, in dem auch der Gegenspieler als gleichberechtigter Gesprächspartner agieren könnte. Aber szenisch umgesetzt ist doch die konkrete Vorstellung des Sängers, der schon in der vorhergehenden Strophe von seiner Furcht vor der schimpfaere %orn (MF 133,16) spricht, w o er die Möglichkeit erwägt, das eigene Leid erneut zum Gegenstand des Liedes zu machen. Die Furcht vor den Spöttern gewinnt dann in dem zitierten Abschnitt lebendige Gestalt, weil vor allem auch die emotionale Haltung der Gegenspieler, damit die Direktheit und Intensität, die sonst nur in der räumlich und zeitlich gebundenen Gesprächssituation gegeben sind, fingiert werden. Im Rahmen der monologisch gehaltenen Reflexion bleibt die Antithese dabei zugleich das Mittel, die Rechtfertigung und die Selbstreflexion des eigenen Standpunktes zu inszenieren: dies durch den eher zurückhaltenden und bedachten Hinweis auf die Unwissenheit der Spötter, denen die Einsicht in die besondere Leiderfahrung des Ichs fehlt (MF 133,23), und durch den Hinweis auf die eigene unverwechselbare Minneerfahrung, die auch den Grund für die Liedkunst hergibt (MF 133,24-27). All diese Strophen gehören in einen größeren Liedzusammenhang und wären noch auf ihre Leistung im Gesamtgefüge der Texte zu befragen. Für den Text Heinrichs von Morungen lag dies nahe, weil in der Fassung von Hs. C - vor allem die erste Strophe (MF 1 3 3 , 1 3 ) mit dem Thema des Singens (vgl. M F 1 3 3 , 1 7 ) Hinweise auf die Furcht vor den Spöttern (MF 133,16: der schimpf aere \orrt), die Aufrichtigkeit des Sängers (MF 133,18: triuwe) und die existentielle Bedeutung des Ge26
sangs (MF 133,19) verbindet. Die Spezifik der Textbeispiele tritt zum anderen durch Vergleiche mit Parallelbelegen genauer hervor. Anzuführen sind Belege, die sich durch ihre Formulierung in die bisherige Beispielreihe einfügen: maniger sprichet »si ist mir lieber«, daz ist ein list. (MF 173,29) M e n i g e r swüere w o l , der nu hie bestat, er hete allen sinen willen mit den wiben. geloube er mir, daz ez so lihte niht ergät. ( M F 1 8 1 , 5 - 7 ; vgl. auch 1 8 0 , 3 6 - 3 8 ) W e , daz sie so maniger siht, der sinen willen reden wil, ze allen ziten und ich niht! daz ist mir ein swaere spil. ( M F 201,26-29)
Während diese Belege die Identität der Angesprochenen nahezu völlig unbestimmt lassen, kann bei anderer Formulierung typisierend auf Gruppierungen {die hochgemuoteri) hingelenkt werden. Damit kann auch die polemische Zuspitzung in der Antwort des Ichs einhergehen. Die Beschuldigung (sjhen) der Gegenspieler ruft den Gegenvorwurf hervor (vgl. M F 165,21): D i e hochgemuoten zihent mich, ich minne niht so sere, als ich gebäre, ein w i p . si liegent und unerent sich: (MF 165,19-21)
Demgegenüber tritt in einzelnen Beispielen auch das Verhalten der Kontrahenten selbst deutlicher und breiter ins Zentrum: die Unangemessenheit und Boshaftigkeit ihrer Äußerungen, die Dauer und Insistenz ihrer verletzenden Nachstellungen konkretisieren in der Sicht des Ichs den Konflikt (vgl. bes. M F 197,9 u. 167,13-16): U n g e v ü e g e r schimpf bestet mich alle tage: si jehent des, daz ich ze vil gerede v o n ir, und diu liebe si ein luge, die ich v o n ir gesage. o w e , w a n läzent si den schaden mir ? ( M F 1 9 7 , 9 - 1 2 ; s. a. Fass, b) E i n rede der liute tuot mir w e , da enkan ich niht gedulteclichen zuo gebaren. nu tuont siz alle deste me: 2
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si vrägent mich ze vil von miner vrowen jaren und sprechent, welcher tage si si, dur daz ich ir so lange bin gewesen mit triuwen bi. si sprechent, daz es möhte mich verdriezen. nu la daz aller beste wip ir zuhtelöser vräge mich geniezen. (MF 167,13-21)
Der Verweis auf die Rücksichtslosigkeit der Fragen (MF 167,21) zeigt noch einmal, wie sehr die Verhaltensweise des gesellschaftlichen Umfeldes zum Problem geworden ist. Vor allem der zweite Text verwischt dabei fast vollständig die Prägnanz der antithetischen Gegenüberstellung. Aber grundsätzlich bleibt auch dann die Antithetik der Rollen in ihrer Unvermitteltheit unbestrittene Voraussetzung. Das Sprechen der liute ebenso wie das des Einzelnen rückt nun stärker als zuvor in den Mittelpunkt der Reflexion: den Spott der anderen qualifiziert der Sprecher als ungeviiege (MF 197,9), ihre insistierenden Fragen als %uhtelos (MF 167,21). vuoge und %uht, Angemessenheit und Höflichkeit im Miteinandersprechen erweisen sich als Forderungen, gegen die - in der Sicht des Sprechers - das Verhalten des sozialen Umfeldes aufs äußerste verstößt. Vor allem die Strophe MF 167,13 bringt durch die parallelisierende Nennung der Fragen und Vorhaltungen (si vrägent. . . und sprechent. . . si sprechent) die Direktheit und die Insistenz im Auftreten der anderen zum Ausdruck, die der Sprecher als unangemessen empfindet, die ihn verletzen und zur Kritik provozieren (MF 167,13f.). Dabei beleuchten die Reaktionen des Publikums zugleich die Anstößigkeit, die auch dem Verhalten des Ichs zuzuschreiben ist (MF 197,1 of.; 167,16-18). Der Konflikt aber vergegenwärtigt in dieser Weise die sensiblen Erwartungen, die auf das Sprechen in der Öffentlichkeit gerichtet sind.45 Vgl. zu Reinmar weiterhin M F : 1 5 0 , 1 9 - 2 3 ; 1 5 1 , 3 6 - 3 8 ; 1 5 8 , 1 1 - 1 4 ; 162,25f.; 162,i8f.; 1 6 7 , 3 1 - 3 4 ; 168,36-169,2; 170,26-28 u. 170,29-35; 1 8 5 , 3 2 - 1 8 5 , 3 7 (a u. b); 188,18-28; 188,9-17; 1 9 2 , 1 1 - 1 5 ; 196,29-32; 197,14": 1-6; 197,36-198,3.
Eigene Kontur gewinnt die Sprechhaltung der Reinmar-Strophen wiederum, wenn ich ihnen einige Verse Walthers von der Vogelweide gegenüberstelle, in denen beinahe parallel (vgl. MF 167,16-18) die Fragen nach der Identität der Dame und nach der Dauer des Dienstes gestellt werden: 45
28
Wichtige Hinweise für diesen Zusammenhang finden sich bei Jan-Dirk Müller: Strukturen gegenhöfischer Welt; wie Anm. 41.
Vil maneger fraget mich der lieben, wer si si, der ich diene und allez her gedienet hän. so des betraget mich, so spriche ich >ir sint dri, den ich diene: so hab ich zer Vierden wän.< (L 98,26-31)
Das Verhalten des Sprechers (L 98,3of.) gibt nicht die Empfindlichkeit und Verletzbarkeit zu erkennen, mit der das Ich der Reinmar-Strophen reagiert. Stattdessen führt nun die parallele Problemstellung zur witzigen Abwehr der Fragen, die aber schon im Ansatz die innere Distanz zur direkten und affektbestimmten Antwort voraussetzt. Die offensichtliche Übertreibung von den vielen Damen, denen der Sprecher diene oder dienen wolle, stellt einen überraschenden Zusammenhang her, der dem Ausschließlichkeitsanspruch der Hohen Minne alle Verbindlichkeit abspricht und den Vorwürfen von außen jeden Grund nimmt. Gerade so aber (vgl. L 98,32-35) gewinnt der Sprecher eine >Maskierung Μartiger sprichetj. . . grüe. . waenet\. . . vrägetGegenseitigkeit< von Mann und Frau bietet Schmaltz: Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Alten; wie A n m . 1. S. 86-94.
33
Dazu können Formen der Reflexion gehören, in denen das Ich die eigenen Bedürfnisse und Möglichkeiten deutet,'0 oder auch programmatische Vorgriffe, in denen die Ausrichtung von Handlungen und Wertvorstellungen ausgesagt wird.' 1 Diese Hinweise sollten auch verdeutlichen können, was der Begriff der Denkform hier und im weiteren bezeichnet.'2 Denkformen sind Deutungsschemata personaler und sozialer Realität. Sie dienen der Auffassung, der Verarbeitung und sinngerichteten Organisation vorgestellter Wirklichkeit (Erfahrungen, Problemlagen, Konzepte)," und ihre Leistung zeigt sich in eben diesem Verhältnis: in Auswahl und Anordnung bestimmter Aspekte eines Zusammenhanges, in der Weglassung und Hervorhebung von Gegenstandsmerkmalen, im besonderen aber der Herstellung der gedanklichen Beziehungen, in denen die ausgewählten Aspekte und Merkmalfc ihren spezifischen Zusammenhang erhalten.'4 Zugänglich sind Denkformen einer Analyse, die über die formale Beschreibung von Sprachelementen und ihrer Beziehungen im Text hinaus nach dem Verhältnis zwischen der »geprägten sprachlichen Form und der Wirklichkeit, deren Erfahrung in ihr signalisiert wird«", fragt. Denkformen sind diese Elemente nämlich, insofern sie Vgl. hier ebenfalls Brinkmann - im Anschluß an Burdach - : Der deutsche Minnesang; wie Anm. 42. S. 157-162, bes. S. iJ9f. '' Vgl. zum Bereich programmatischer Aussagen, aber mit Beschränkung auf das Werk Reinmars Schmaltz: Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Alten; wie Anm. 1. S. 213-243. ,z Zum Begriff der Denkform vgl. die Zusammenfassung und Diskussion der älteren philosophischen Forschung bei Hans Leisegang: Denkformen. 2., neu bearbeitete Aufl. Berlin 1951. S. 1-43; die jüngere, im besonderen auch linguistisch und psychologisch orientierte Forschung bespricht Hans Aebli: Denken, das Ordnen des Tuns. Bd. 1: Kognitive Aspekte der Handlungstheorie. Stuttgart 1980. S. 35-81. " Vgl. zu diesem Aspekt Leisegang: Denkformen; wie Anm. 52. S. 14-16 (bes. S. 14: »Alles Denken ist aber Bearbeitung einer vorgestellten Wirklichkeit.«). 54 Zur Untersuchung des Aufbaus und der Erkenntnisleistung literarischer Modellvorstellungen vgl. Lotman: Vorlesungen; wie Anm. 6. S. 19-44, bes. S. 34-44; dazu für die ältere Diskussion Andre Jolles: Einfache Formen. Legende-Sage-MytheRätsel-Spruch-Kasus-Memorabile-Märchen-Witz. 6., unv. Aufl. Tübingen 1982. S. 11-22; unter Aspekten der Textpragmatik zu Jolles jetzt auch die kritische Würdigung von Karlheinz Stierle: Geschichte als Exemplum - Exemplum als Geschichte. Zur Pragmatik und Poetik narrativer Texte. In: K . S.: Text als Handlung. Perspektiven einer systematischen Literaturwissenschaft. München 1975. S. 14-48, hier S. i f i . ' 5 Josef Kopperschmidt: Allgemeine Rhetorik. Einführung in die Theorie der Persuasiven Kommunikation. 2. Aufl. Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1976. S. 1 7 1 . 34
»als geprägte sprachliche Formen die Wirklichkeit strukturieren sowie deren Erfahrung beeinflußen«' 6 . Eigenen Wert behält dabei, daß Denkformen in Sprache niedergelegt sind und in ihrer Darbietung von den Gestaltungsmöglichkeiten der Einzelsprache abhängen; die Formulierung des Gedankenschemas bleibt daher auch ein selbständiger Untersuchungsaspekt. 5 7 Denkformen sind geistige Möglichkeiten, sich gegenüber einer vorgefundenen Situation zu verhalten; mit ihrer Hilfe kann das Ich auf die historische Situation, in der es sich vorfindet, reagieren.' 8 Die Analyse von Denkformen hat deshalb ebenso an den Erfahrungshintergrund, aus dem diese entwickelt werden, 59 zu denken wie an ihre Leistung, »verschiedene Ansprüche der Wirklichkeit zu thematisieren und zu bewältigen, so daß der Mensch mehr und mehr Abstand zu ihren Forderungen gewinnen« 60 kann. Beide Seiten, die Wirklichkeit, auf die ein Denkschema bezogen ist, und die organisierende Kraft der Form, die sich in der Aneignung dieser Wirklichkeit zeigt, erschließen den Verwendungssinn der Muster. Neben der Sammlung der Materialien bleibt dieser Zusammenhang für die Analyse geprägter Sprachelemente grundlegend, wenn auch ihre Erkenntnisleistung und geschichtliche Funktion erfaßt werden sollen. Dies schließt sowohl die Frage nach den formalen Merkmalen des Sprachelementes wie auch die nach seinem Aufbauschema — den abgebildeten Wirklichkeitsaspekten und ihrem Verknüpfungszusammenhang - ein. Erst in einem weiteren Untersuchungsschritt sollte 56
ebd. " Vgl. zum Verhältnis von Sprachgestalt und Denken allgemein: die Zusammenstellung von Grundpositionen bei Hans Blumenberg: Sprachsituation und immanente Poetik. In: Η. B.: Wirklichkeiten, in denen wir leben. Aufsätze und eine Rede. Stuttgart 1981. S. 137-156, hier S. 137-139; Leisegang: Denkformen; wie Anm. 52. S. 15f.; zur Auswertung des Verhältnisses im Rahmen der Textlinguistik: Egon Werlich: Typologie der Texte. Entwurf eines textlinguistischen Modells zur Grundlegung einer Textgrammatik. 2., durchgesehene Aufl. Heidelberg 1979. S. 39-43; Eugenio Coseriu: Textlinguistik. Eine Einführung. Hrsg. und bearbeitet von Jörn Albrecht. 2., durchgesehene Aufl. Tübingen 1981. S. 43-45; Robert-Alain de Beaugrande/Wolfgang Ulrich Dressler: Einführung in die Textlinguistik. Tübingen 1981. S. 88-117, bes. S. 100-103. ' 8 Vgl. dazu auch Ferdinand Fellmann: Gelebte Philosophie in Deutschland. Denkformen der Lebensweltphänomenologie und der kritischen Theorie. Freiburg/München 1983. S. 28f. " Vgl. Leisegang: Denkformen; wie Anm. 52. S. 14-16 u. 2; f. 60 Jauss: Alterität und Modernität mittelalterlicher Literatur; wie Anm. 8. S. 40.
35
dann für einzelne Typenexemplare ihre Rolle in verschiedenen Textzusammenhängen geklärt werden können. Zusammen mit der Frage nach der jeweiligen Besetzung des Denkschemas und der nach seinem Rang im Begründungsgefüge eines Textes müßten sich dann auch Hinweise auf Anwendungsabsichten und zugrundeliegende Konzepte ergeben.61
ι. 2
Die Forschung zu sprachlichen Aussagemustern und Sprechweisen des Minnesangs
Typische Sprachelemente und ihre Aussageleistung haben die Forschung nach Burdach immer wieder, aber doch mit deutlich wechselndem Erkenntnisinteresse beschäftigt. Hatte Burdach nämlich bevorzugt die Kennzeichnung geschichtlicher Abläufe im Blick,6z so sind um Beispiele zu geben — solche Elemente in der Folge ebenso als Signale für Rückbezüge zwischen Werken oder Autoren 6 ' wie auch als poetische Mittel, an denen die artistische Brillanz eines Textes zur Geltung komme,64 aufgefaßt worden. Darin zeigt sich nicht allein der Aufschlußwert, den einzelne Aussagemuster für das Verständnis der Werke besitzen können. Denn gerade auch die methodischen Voraussetzungen und Gefahren, die dann schon für die Herstellung der Materialbasis Gewicht erhalten können, treten in diesem Zusammenhang hervor. Einen Überblick für die Materialbereiche von Syntax und poetischer Technik ermöglichen am ehesten die älteren Standardwerke: die historische und systematische Übersicht in Burdachs >Reinmar der Alte und Walther von der Vogelweide< (Reinmar u. Walther. S. 33-55 u. 55-100) oder die Zusammenstellung stilistischer Elemente bei Wilmanns und Michels (Leben und Dichten Walthers von der Vogelweide. S. 350-388). Burdachs Inventar syntaktischer Formen (Parataxe; Temporal-, Kausal-, Konsekutiv- und Konditionalsätze) 61
62 6j
64
Zur Analyse vgl. etwa Hans Robert Jauss: Literaturgeschichte als Provokation. 6. Aufl. Frankfurt a. M. 1979. S. u. 197-199; grundlegend bleibt dabei Jurij Tynjanov: Das literarische Faktum; ders.: Über literarische Evolution. Beides in: J . T.: Die literarischen Kunstmittel und die Evolution in der Literatur. Frankfurt a. M. 1967. S. 7-36 u. S. 37-60. Vgl. Burdach: Reinmar u. Walther. S. 5 5. Vgl. bes. die kritische Übersicht bei Wachinger: Sängerkrieg; wie Anm. 42. S. 96-101. Vgl. zuletzt bes. Marquis: Sprachliche Kommunikation als besprochenes Handeln; wie Anm. 1.
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und rhetorischer Figuren (Antithese, Oxymoron, Revocatio, Ausrufe, Apostrophe, Typen der Wiederholung) kann exemplarisch für die Reihe von älteren, aber auch noch jüngsten6' Untersuchungen stehen, die sich - etwa mit Hilfe der Kategorien der rhetorischen Figurenlehre - um die Isolierung und Klassifikation von Aussageelementen bemüht haben. Problematisch ist dieses Vorgehen dann, wenn über die Sammlung der Materialien hinaus auch ihre Qualität textunabhängig beurteilt wird. Die Materialbasis erweitern in diesem Rahmen: Dieter Fortmann in seinen >Studien zur Gestaltung der Lieder Heinrichs von Morungen< (wie Anm. i. S. 104-201), die neben Elementen der Bildlichkeit auch Redeformen einbeziehen; Wiebke Schmaltz (Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Alten; wie Anm. 1), die kursorisch auch auf die Tradition vor Reinmar eingeht, systematisch aber nur für dessen Werk Formen der Antithese (Kap. I u. II), hypothetischen (Kap. III) und verallgemeinernden (Kap. IV) Sprechens behandelt. Durch Vermehrung und genauere Gliederung der Materialien löst sie Zusammenstellungen zur Antithese wie die von Anthonius H. Touber (Rhetorik und Form im deutschen Minnesang; wie Anm. 9. S. 36-43; vgl. Schmaltz; wie Anm. 1. S. 36-71, bes. S. 37; »Toubers umfangreiche Aufstellung erweist sich als knappe Auswahl.«)66 ab. Ergänzend können auch die Sammlungen von Ernst F. Paul Wigand zur Charakteristik des Stiles Walthers von der VogelweideDes Minnesangs Frühling< von Trude Ehlert (wie Anm. 1. S. 2 5 7-290). 79 Dem Index liegt ein weit gefaßter Motiv-Begriff zugrunde, so daß auch Sprachformeln (vgl. ebd. S. 263), Metaphernfelder (vgl. ebd. S. 270) oder rhetorische Figuren (vgl. ebd. S. 278 u.
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74 71
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J . H.: Die Kausalsätze der deutschen Lyriker im X I I . Jahrhundert. Diss. Berlin 1903. S. 5-7; vgl. erweiternd zu Heymann Thomas Klein: Veldeke und die scholastische Logik. ZfdPh 90 (1971) Sonderheft, S. 90-107, hier S. 100-102. Vgl. parallel zu den Arbeiten von Heuck und Heymann Ernst Friedrich Fritzsche: Gebrauch der Negation bei Walther von der Vogelweide. Programm Wismar 1885; Joseph Knepper: Tempora und Modi bei Walther von der Vogelweide. Diss. Münster. Lingen 1889. Vgl. zum Ansatz Brinkmanns ausführlicher unten. Vgl. F. O.: Cor amantis non angustum. Vom Wohnen im Herzen. In: ders.: Schriften zur mittelalterlichen Bedeutungsforschung. Darmstadt 1977. S. 128-155, hier S. i2 8f.; Olive Sayce: The Medieval German Lyric. 1150-1300. The development of its themes and forms in their European context. Oxford 1982. S. 29-36; daneben Martha Mayo Hinman: The Quickened Cliche: Towards a better understanding of illustrative diction in early Minnesang. PBB (Tüb.) 101 (1979), S. 45-6;. F. M.: Heinrich von Morungen und die Troubadours. Ein Beitrag zur Betrachtung des Verhältnisses zwischen deutschem und provenzalischem Minnesang. Strassburg 1880. S. 194-228. Vgl. Ε. K.: Liebeskrieg. Zur Bildersprache der höfischen Dichtung des Mittelalters. Stuttgart/Berlin 1935. Vgl. daneben auch Alfred Hahn: Bildhafte Elemente im deutschen Minnesang. Diss, masch. Bonn 1939. Vgl. daneben auch Erich Schmidt: Reinmar von Hagenau und Heinrich von Rugge. Eine litterarhistorische Untersuchung. Strassburg 1874. S. 79-121; Peter Dronke: Medieval Latin and the Rise of European Love-Lyric. Vol. II. 2. Aufl. Oxford 1968. S. 599-603 (>Motifs and ImagesFehde< in die Schicht der Probleme oder Programme, deren Entwicklung auf diesem Weg in den Blick käme. Die Untersuchung polemischer oder parodistischer Zusammenhänge ist dabei keinesfalls ausgeschlossen, aber die Beobachtung von Gegensätzen, Korrekturen oder Entwicklungen eben auch nicht immer schon dem Kriterium ausdrücklich signalisierter und bewußter Beziehungen unterworfen. Verbinden läßt sich dieser Zugang auch mit Konsequenzen, die sich aus der genetischen Erforschung des Minnesangs ergeben haben.93 Hans Fromm hat die Forschungslage mit Bezug auf Thesen Peter Dronkes94 zusammengefaßt: 9 ' die >tradition orale< als ursprüngliche Daseinsweise der höfischen Lyrik entziehe sich, »wie seit je bekannt, dem wissenschaftlichen Zugriff weitgehend, und so gelte es, die literarische Entwicklung der typischen Elemente zu studieren«96. Fromms weitergehende Forderung bezieht dann ein, daß neben den 9
* Vgl. dazu jetzt auch Silvia Ranawake: G a b es eine Reinmar-Fehde? Z u der These von Walthers Wendung gegen die Konventionen der hohen Minne. In: Walther von der Vogelweide. Twelve Studies. Hrsg. von Timothy McFarland und Silvia Ranawake. O x f o r d 1982. ( = O x f o r d German Studies 13). S. 7 - 3 5 , bes. S. i8f. O b aber die These, daß die antithetische Sprach- und Denkstruktur des Minnesangs der Vorstellung widerspreche, es gebe in sich geschlossene Minneauffassungen einzelner Autoren (vgl. ebd. S. 19), triftig ist, bliebe noch nachzuweisen. D a v o n hängt die weitergehende Folgerung ab, es sei dann auch unwahrscheinlich, daß die Sänger eine solche Auffassung »bei anderen vermuteten und dagegen zu Felde zogen.« (ebd.)
"
Vgl. zuletzt den Überblick bei Brackert: Nachwort zu: Minnesang; wie A n m . 2. S. 260-262.
94
Vgl. Peter Dronke: Medieval Latin and the Rise of European L o v e - L y r i c . Vol. I; wie A n m . 79. S. V I I I - X ; dazu parallel als Beispielanalyse zum Minnesang ders.: Die Lyrik des Mittelalters. Eine Einführung. München 1977. S. 1 4 0 - 1 5 2 , bes. S. 1 4 5 - 1 4 7 .
9!
Vgl. H. F.: Minnesang-Forschung 1 9 6 1 - 1 9 6 6 . Bibliographische Hinweise zur dritten Auflage. In: F r o m m (Hg.): Minnesang; S. X I - X V I I , hier S. X V f .
96
ebd. S. X V .
41
Herkunfts- und Funktionsbereichen der Typen auch ihre Vermittlung durch die individuelle Werkgestalt zu untersuchen sei.97 Wenn damit auch inhaltliche Aspekte angesprochen sind, dann wären solche Entwicklungen - jedenfalls in begrenzten Abschnitten - als problemgeschichtliche Zusammenhänge zu interpretieren, nämlich dort, wo im geschichtlichen Ablauf die Begründung kontroverser oder alternativer Argumentationsstandpunkte hervortritt und die Unabgeschlossenheit übergreifender Probleme gegenwärtig bleibt. Die Voraussetzung einer solchen Deutung hat dann aber auch zu sein, daß die fraglichen Aussagemuster als poetische Mittel beschrieben wären, die Denkinhalte, Erfahrungen oder Problemlagen zu artikulieren erlauben. Sie wären als Formen zu kennzeichnen, die in der Gestaltung der Minnethematik die Bearbeitung erfahrener Wirklichkeit zulassen. Die Beziehung zwischen typischen Sprachelementen und dem Problemhintergrund des Minnesangs hat Hennig Brinkmann am Beispiel syntaktischer Formen diskutiert.'8 Seine Studien zu Friedrich von Hausen, die einen »wirkliche(n) Einblick in die Geschichte des deutschen Minnesangs«99 vorbereiten wollen, grenzen sich eben durch diesen Aspekt gegenüber Burdach ab: »Der gesamte Satzstil der Spanne bis Walther ist v o n Hausen entscheidend beeinflußt. Burdach hat vieles dazu aufgedeckt. Wir begreifen die sprachlichen F o r m e n tiefer, wenn wir die Situation kennen, der sie entspringen: die Situation der Fremdheit, auf die der Dichter als seine Wirklichkeit stößt.« 100
Die zentrale Leistung Hausens bestehe nämlich im besonderen darin,
57
Vgl. ebd. S. X V I . Vgl. hierzu Η. B.: Friedrich von Hausen. Minden 1948; ders.: Geleitwort zu: Liebeslyrik der deutschen Frühe in zeitlicher Folge. Hrsg. von Η. B. Düsseldorf 1952. S. 5-9;, bes. S. 83-95; ders.: Der deutsche Minnesang; wie Anm. 42. S. 144-166; ders.: Dietmar von Eist und Friderich von Hüsen: Minnelieder. In: Η. B.: Studien zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Bd. II. Düsseldorf 1966. S. 151-162; dazu außerdem die Besprechung von Günther Jungbluth zur Ausgabe der >Liebeslyrik der deutschen FrüheGeleitwort< Brinkmanns nur am Rande ein, kritisiert aber nicht ohne Grund den Sprachstil der Einleitung (vgl. ebd. S. 203 u. Anm. 42). 99 ders.: Friedrich von Hausen; wie Anm. 98. S. 1 (Vorwort). 100 ebd. S. 148. 98
42
»daß er die Fremdheit als die neue Situation des Menschen in der hochmittelalterlichen Gesellschaft darstellte, daß er sich von der Welt der Erfahrung löste und unabhängig von der Erfahrung ein Reich des Geistes errichtete, eine Welt des Möglichen, nicht des Wirklichen, eine Schöpfung, die nur für den Denkenden besteht, der sich aufzuschwingen mag in die luftige Höhe des Alsob.«101
Läßt man sich durch die emphatische Sprache nicht irritieren, so bleibt im Kern deutlich, wie in dieser Interpretation die Erfahrung einer entfremdeten Wirklichkeit und das Möglichkeitsdenken der Texte einander entsprechen sollen. Die Zitate belegen auch, daß Brinkmann diese Konstellation als Angelpunkt in der Entwicklung des Minnesangs verstehen will. In Konsequenz dieses Ansatzes hat er die für das Werk Hausens entwickelte These wieder aufgenommen und verallgemeinert.102 Sie bestimmt auch seine Typologie zweier stilistischer Grundformen der Minnelyrik; den Handlungs- und Verhaltensmustern des Minnesangs 10 ' entsprechen danach »verschiedene Grundformen des Liedes. Das Lied der Verbundenheit wächst aus einer gemeinschaftlichen Erfahrungswelt; das Lied der Fremdheit baut ein geistiges Reich, das unabhängig von der Erfahrung besteht. Beide Formen haben ihren eigenen Aufbau und ihre eigene Sprache. Wir wollen sie als >Erfahrungsstil< und >Gedankenstil< unterscheiden; mit diesen Bezeichnungen deuten wir die Bereiche an, aus denen sie ihre Kräfte holen, und die Satzformen, die sie verwenden.« 104
Dem Erfahrungsstil, demonstriert an Texten des frühen Minnesangs, ordnet sich als sprachliche Form der >Erfahrungssatz< zu, der in spruchhafter Formulierung erscheinen kann: >Vil lieben vriunt verkiesen, daz ist schedelich; swer sinen vriunt behaltet, daz ist lobelich. die site wil ich minnen. . . .< (MF 7 ,I-3)· 05
Die parallel formulierten Eingangssätze bewerten das Verhalten dem vil lieben vriunt gegenüber und sie erheben durch die verallgemeinernde Aussageform den Anspruch, in der bewertenden Einordnung typischen Verhaltens eine allgemeine und verbindliche Norm auszuspre1C1 102 IO} 104 105
ebd. Vgl. Vgl. ebd. Vgl.
S. 145. die in A n m . 98 zusammengestellten Titel. Brinkmann: D e r deutsche Minnesang; wie A n m . 42. S. 144. S. 144. zu dieser Textstelle die Hinweise ebd. S. 148.
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chen. Gerade auch der nahezu selbstverständliche Inhalt der beiden Sätze (vgl. M F 7,2: >Wenn jemand seinem Freund die Treue hält, so ist das lobenswerte) begründet die Verbindlichkeit des ausgesagten Verhaltensmodells, das in dieser Weise die Argumentation der sprechenden Frau fundieren kann.106 Beide Verse vertreten daher den Typus des Erfahrungssatzes, »der durch sich selbst überzeugt. Dichter und Hörer finden sich im Bekenntnis zu seiner Wahrheit zusammen. Es sind schlichte Sätze, denen jeder aus dem Zuhörerkreis zustimmen wird.« 107 Als Voraussetzung des Erfahrungssatzes und der Aussageformen, die parallele Funktionen erfüllen können (Natureingang; Bericht),'08 sei daher ein >Weltgefühl< zu sehen, »in dem die Menschen aus ihrem Erfahrungskreis und aus ihrer gemeinschaftlichen Lebensordnung noch nicht herausgetreten sind. Als Glieder dieser Welt, die sie miteinander verbindet, fühlen sie sich gesichert; zwischen Dichter und Hörer besteht eine selbstverständliche und fraglose Zusammengehörigkeit, die ein teilnehmendes Verstehen verbürgt.« 109
Dies wird allerdings nur gelten, wenn der Sprecher sich an einen vorgegebenen Ordnungszusammenhang anschließt, nicht jedoch dort, wo der Erfahrungssatz zunächst nur eine Ausgangsbasis herstellt, die aber dann durch die weitere Textaussage in Frage gestellt wird. Eine Konsequenz dieser Überlegung hätte die genauere Analyse der einzelnen Textkonstellationen zu sein; sie erhält bei Brinkmann nur eng begrenzten Raum. 110 Der Hintergrund einer gemeinschaftlichen Lebensordnung< fehlt zudem für jene Texte des frühen Minnesangs, in denen die Vereinzelung des Ichs zum Problem wird, schon im Ansatz. Anders als der Textausschnitt aus der Kürenberger-Strophe, in dem die sprechende Frau den Bezug auf die vorgegebene Ordnung ausdrücklich sucht (vgl. M F 7,3), rücken zwei Strophen des Burggrafen von Regensburg gerade nicht die Integration des Einzelnen in ein verbindendes Ordnungsgefüge ins Zentrum, sondern die Betroffenheit von Frau und 106
Vgl. z u r besonderen Rolle zustimmungsfähiger Aussagen für die Eröffnung von Argumentationen: Chaim Perelman: Das Reich der Rhetorik. Rhetorik und Argumentation. München 1980. S. 30-40.
107
Brinkmann: Der deutsche Minnesang; wie Anm. 42. S. 147. Vgl. die Hinweise ebd. S. i 4 6f. 109 ebd. S. 149; zur Terminologie Brinkmanns bleibt zu vermerken, daß der Unterschied zwischen Autor, Autorrolle im Text und lyrischem Ich durchweg vernachlässigt wird. Ich lese seinen Text so, daß mit dem >Dichter< das lyrische Ich angesprochen sein soll. 110 Vgl. etwa die Hinweise und Beispiele ebd. S. i48f. 108
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Mann. Die Rückbindung an eine allgemein verbindliche Ordnung muß fehlen, weil die Einschränkung der Person durch die soziale Instanz der merkaere (vgl. M F 16,17) z u r Vereinzelung führt. In der ersten Strophe löst dies die Selbstreflexion des Mannes aus, dem nun die Verbindlichkeit der Liebeserfahrung (vgl. M F 16,18) bewußt wird. Ebenso ist es die Erinnerung der Frau an das Beisammensein (vgl. M F 17,1-3), die in der zweiten Strophe dann aber die Selbstbehauptung gegen die Sanktion begründet: Ich lac den winter eine, wol tröste mich ein wip, vore si mir mit vröiden künde die bluomen und die sumerzlt. daz niden merkaere. dest min herze wunt. ez enheile mir ein vrowe mit ir minne, ez enwirt niemer gesunt. >Nu heizent si mich miden einen ritter: ich enmac. swenne ich dar an gedenke, daz ich so güetlichen lac, verholne an sinem arme, des tuot mir senede we. von im ist ein als unsenftez scheiden, des mac sich min herze wol entsten.< ( M F 1 6 , 1 5 - 1 8 u. 1 6 , 2 3 - 1 7 , 3 )
Mit verschiedenen Konsequenzen stellen beide Strophen die Erfahrung von Vereinzelung dar, in der die Übereinstimmung mit einem allgemeineren Verhaltens- und Wertekonsens nicht mehr gegeben ist. Und diese Konstellation findet sich häufiger schon im frühen Minnesang. 1 1 1 Auch sonst ordnen sich Konstellationen, die die Betroffenheit des Einzelnen aussagen, 112 allenfalls jenen Voraussetzungen zu, die Brinkmann erst mit Hausen ansetzt. In dieser veränderten Situation gehörten die Minnepartner »nicht sich allein, sondern zugleich der Gesellschaft, in der sie sich begegnen. Damit sind sie in die Lage der Fremdheit versetzt, die sie auseinanderhält. Die Welt, in der sie stehen, ist nicht einfach gegeben, so daß sie sich zu ihr nur zu bekennen brauchten, sondern ihnen aufgegeben, da sie erst durch die Haltung des Menschen zustande kommt. Der Dichter ist nicht durch eine gemeinschaftliche Erfahrung gesichert, an die er sich nur anzuschließen braucht, sondern immer wieder von neuem auf sich selbst gestellt.«"' 111
Vgl. K . G . : Ich als Rolle; wie A n m . 4 1 ; dazu weiterhin Grimminger: Poetik des frühen Minnesangs; wie A n m . 1. S. 6 i f . E s bleibt insgesamt bedauerlich, daß die Arbeit Grimmingers weder in diesem Zusammenhang noch bei der Analyse des Wechsels oder des Liedschematismus die Erkenntnischancen ergreift, die eine Auseinandersetzung mit den Ergebnissen Brinkmanns (vgl. D e r deutsche Minnesang; wie A n m . 42. S. 1 5 4 - 1 5 7 u. S. 1 6 1 - 1 6 6 ) hätte bringen können.
112
Vgl. etwa M F : 7 , 2 i f . ; 8,17-20; 8,25-28; 14,4; 3 2 , 1 - 4 ; 3 2 , 9 - 1 2 . Brinkmann: D e r deutsche Minnesang; wie A n m . 42. S. 1 5 7 .
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Dieser Erfahrung entspreche der Eventualsatz mit der Leistung, das »Reich des Geistes, das überall sein kann, weil es unabhängig von aller Erfahrung ist«" 4 , auszusagen. Denn gerade weil das Ich »sich zurückgeworfen sieht, wird die Freiheit des Geistes entbunden, der im Möglichen findet, was das Wirkliche verweigert.«" 5 Es muß auffallen, daß genau an dieser Stelle Bestimmungen wiederkehren, die auf Brinkmanns Hausen-Analyse zurückweisen. Dies braucht nicht zu überraschen, denkt man nur an die zentrale literaturgeschichtliche Stelle, die Brinkmann diesem Autor zumißt. Indessen bleibt zu überlegen, ob auch die Leistung Hausens, eine erfahrungsunabhängige Gegenwirklichkeit oder Ersatzrealität zu entwerfen, als grundlegendes Kennzeichen für den Minnesang zu übernehmen ist. Einwände müssen sich nicht bevorzugt auf die emphatische Deutung dieser Gegenwirklichkeit beziehen (>Freiheit des GeistesReich des GeistesWeltgefühlRhetorik und Form im deutschen Minnesang^23 in den Abschnitten zur Rhetorik weitgehend auf Beispiel- und Belegsammlungen für Redefiguren, 124 die dann durch Hinweise auf Vorschriften der mittellateinischen Poetik erläutert werden können.125 Differenzierter und eingehender, mit Ausblicken auf Variationstechniken und typische Verwendungsweisen arbeitet Marianne von Lieres und Wilkau ihren Materialbereich der > Sprachformeln in der mittelhochdeutschen Lyrik bis zu Walther von der VogelweideWirklichkeitsgestaltungVollzugsformtrostDie Legitimität der Neuzeitwirklichen Erlebnissen< und einer epischen Darstellung von Geschehensabläufen im Minnesang nicht selbstverständlich aufgehen. Textbeispiele etwa aus dem Werk Hausens (MF 48,23: In minem troume ich sach) oder Morungens (MF 145,1: Mir ist geschehen als einem kindeline) belegen gar, daß im Hohen Minnesang die Zerstörung von Traumbildern oder die Überbietung von Erwartungen, insgesamt also subjektive Erfahrungsabläufe, an die Schmidt wohl nicht denkt, erzählerisch umgesetzt werden können: In minem troume ich sach ein harte schoene wip die naht unz an den tach: do erwachete min lip. do wart si leider mir benomen, daz ich enweiz, wä si si, von der mir vröide solte komen. daz täten mir diu ougen min, der wolte ich äne sin. (MF 48,23-31) Hausens Traumbericht etwa geht von der Begegnung mit dem Minnepartner aus, die mit Hilfe des Verbuns sehen (MF 48,23) bezeichnet ist, so daß der Aspekt des authentischen Wahrnehmungserlebnisses zentrale Bedeutung gewinnt. Als Geschehen, das die Nähe zur Frau aufhebt, verbinden sich damit das desillusionierende Erwachen (MF 48,26) und - als Konsequenz für das Ich - die Erfahrungen von Verlust und Entbehrung (MF 48,27-29), die vor allem durch das Fehlen von vröide verursacht sind. Das Erzählschema verknüpft in diesem Text eine 14
Schmidt: Reinmar von Hagenau und Heinrich von Rugge; wie Kap. 1, A n m . 79. S. 39.
' ' Vgl. dazu auch die Zusammenfassung bei Schmaltz: Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Alten; wie Kap. i, A n m . i. S. 2 4 7 - 2 5 1 .
67
vergangene Ausgangslage, in der die Begegnung mit dem Minnepartner möglich war, mit dem ebenfalls zurückliegenden Ereignis des Verlustes, das nicht auf eine soziale Sanktion zurückgeht, das aber schließlich die Betroffenheit der Person als noch gegenwärtige Konsequenz des Verlustes aussagen läßt. Daß Hausens Text im besonderen auch nach dem Grund für diesen Verlust fragt, beweisen die zwei Schlußverse. Sie lenken auf die ougen als Urheber des Verlustes hin (MF 48,30) und geben als Kommentar zur berichteten Situation den zentralen Hinweis auf die Textintention. Während in dieser Darstellung mithin das, was geschehen ist, eine Erklärung finden soll, kann in einem Text Reinmars die Frage wichtiger werden, warum etwas geschehen müßte. Dabei zeichnet sich der Ubergang des Erzählens zu Reflexion und Argumentation ab, wo die Frau, die sich dem Mann inrehalp der tür entzieht, zu Entgegenkommen und Gegenseitigkeit gebracht werden soll: D ö liebe kom und mich bestuont, wie tet gnade so, daz si ez niht vil endelich beschiet? do tet ich, als alle tuont, die gerne waeren vro wan der trost vil manigen wol beriet daz si mir daz selbe taete. inrehalp der tür hat si Hoffnungen, Sorgen, Wünschegenre subjectifWenn es nicht regnet, wird der Boden austrocknen.Wenn er nicht hart arbeitet, wird er die Prüfung nicht bestehen.< Demgegenüber verweisen aktuelle Konditionale auf ursächliche Beziehungen der gegenwärtigen Erfahrungswelt: >Weil es in diesem Sommer nicht geregnet hat, ist der Boden ausgetrocknete; >Er ist zu Schaden gekommen, weil er falsch gehandelt hat.< Vgl. zum hypothetischen Konditional van Dijk: Text and Context; wie Anm. 19. S. 76-79. Vgl. ebd. Hierher gehören dann Beispiele wie: >Wenn es diesen Sommer geregnet hätte, wäre der Boden nicht ausgetrocknete; >Wenn du geschwiegen hättest, wärest du ein Philosoph geblieben.< - Vgl. zum kontrafaktischen Konditional neben van Dijk (Text and Context; wie Anm. 19. S. 79-81) vor allem auch Dieter Wunderlich: Studien zur Sprechakttheorie. 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1978. S. 290-292. Vgl. hierzu mit ausführlichen Literaturhinweisen die Zusammenstellung von Grundpositionen bei Theodor Lewandowski: Linguistisches Wörterbuch. Bd. 3. 3., verb. u. erw. Aufl. Heidelberg 1980. ( = UTB; Bd. 300). S. 951-954.
als funktionale Elemente auffaßt: als Gefüge von Verweisbeziehungen mit minimalen inhaltlichen Füllungen. Diese Gefüge sind semantisch in verschiedener Weise deutbar, so daß im besonderen die gedankliche und insgesamt inhaltliche Leistung der konkreten Prägungen nicht einer Substanz der syntaktischen Form zuzurechnen ist, sondern der Determination dieser Form durch den Gebrauch. Der Bereich der Syntax soll damit in diesen Untersuchungen unterschieden sein von Redeteilen mit eigentlich lexikalischer Füllung. Umgekehrt bleibt aber für die Sprachgestalt eines Textes wichtig, daß die Wahl bestimmter Satzkonstruktionen Vorgaben für die konkreten Aussage- und Ausdrucksmöglichkeiten (ζ. B. hypotaktisch-hierarchisch vs. parataktisch-nebenordnend; persönlich vs. unpersönlich) einführt. Deutungsmöglichkeiten einzelner Satzformen habe ich, soweit erforderlich, besprochen. Wo in Einzelfällen einer Aussageform eine weitergehende inhaltliche Substanz zugesprochen wird (vgl. ζ. B. die Hinweise zum indikativischen Konditionalsatz in Kap. 2.5), sollte der Leser dies nicht auf die syntaktische Form beziehen, sondern davon ausgehen, daß konkrete und vorstrukturierte Sprachelemente, in die immer schon gedankliche Leistungen investiert worden sind, zur Diskussion stehen. Bei diesen Voraussetzungen können Konditionale in Funktionen eintreten, die mit dem Hinweis auf Begründungen und Erklärungen, Folgerungen und Einschränkungen, Gedankenexperimente und H y pothesen/ 9 aber auch mit dem Blick auf Ratschläge und Handlungsanweisungen, Kommentare, Erörterungen, Warnungen und D r o h u n gen 3 0 in ihrer Variationsbreite nur angedeutet sein sollen.' 1 Dieses Feld v o n Aussage- und Anwendungsmöglichkeiten erhält im Minnesang zahlreiche Entsprechungen. Hinweise dazu gibt v o r allem auch die ältere Forschung. N e b e n Wilhelm Scherers Bemerkungen zur »neuen Reflexion« 5 1 und zum hypothetischen S a t z " bei Meinloh v o n Sevelingen bleiben Beobachtungen Erich Schmidts zu Reinmar v o n Hagenau 3 4 , dann auch die Typensammlung Burdachs (Reinmar u. 29
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Vgl. Albrecht Schöne: Aufklärung aus dem Geist der Experimentalphysik. Lichtenbergsche Konjunktive. München 1982. S. 8 1 - 1 0 1 ; Chaim Perelman: Logik und Argumentation. Königstein/Ts. 1979. S. 1 1 3 . Vgl. hierzu Wunderlich: Studien zur Sprechakttheorie; wie Anm. 27. S. 264-290. Vgl. schließlich zur Rolle kausaler Abläufe in Erzählzusammenhängen Elisabeth Gülich/Wolfgang Raible: Linguistische Textmodelle. Grundlagen und Möglichkeiten. München 1977. S. 226. Wilhelm Scherer: Deutsche Studien. II. Die Anfange des Minnesangs. Wien 1874. S. 22, weiterhin S. 26. Vgl. ebd. S. 2Öf. Vgl. Schmidt: Reinmar von Hagenau und Heinrich von Rugge; wie Kap. 1, Anm. 79. S. 39-42. 73
Walther. S. 5 7-6 3 u. S. 64-66) sowie Brinkmanns Deutung des Eventualsatzes" zu beachten.'6 Obwohl sich mit diesen Hinweisen früh der Aufschlußwert des Konditionals gezeigt hatte, sind sie nicht für Untersuchungen, die auf breiterer Materialbasis nach der Leistung dieser Sprach- und Denkform gefragt hätten, aufgenommen worden. Eine Untersuchung konditionaler Strukturmuster, die dann - jedenfalls in einzelnen Beispielen - die Lyrik neben und nach Walther von der Vogelweide berücksichtigen will, muß sich aber schon wegen der Fülle von Untersuchungsmaterialien37 auf ausgewählte und aussagekräftige Typen oder Belegreihen konzentrieren können. Und selbst dann sind die Gefahren, die sich zumal aus einem oft uneinheitlichen Forschungsstand ergeben, - der beispielsweise Lyriker aus der Zeit nach 1230 kaum einmal mit Reinmar oder Walther zusammensehen läßt - schwerlich zu überschätzen. Eine primär am Material begründete Auswahl empfiehlt sich daher auch als Voraussetzung der Einzelanalyse. Diese Auswahl muß sich auf eine Übersicht stützen können, die zwar nicht alle erreichbaren Materialien, wohl aber auf breiter Textbasis58 diejenigen Aussagemuster sichert, die sich ebenso durch ihre Häufigkeit wie ihren gezielten Gebrauch auszeichnen. Schon im Ansatz stößt der Versuch einer solchen Übersicht auf das Problem der Chronologie. Es stellt sich, bei genauerem Hinsehen, sowohl für die zeitliche Reihenfolge der Verfasser als auch für die innere Gliederung der jeweiligen (Euvres. Dabei scheinen sich die Schwierigkeiten für den Zeitraum nach 1230 nochmals zu vergrößern. So hat Carl von Kraus die alphabetische Anordnung seiner >Deutschen Liederdichter des 13. Jahrhunderts< mit den unzureichenden Informationen über die Lebensverhältnisse und literarischen Beziehungen vieler Autoren begründet. Sein skeptisches Fazit: eine Anordnung 35
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Vgl. Brinkmann: Friedrich von Hausen; wie K a p . 1, A n m . 98. S. i47f.; ders.: Der deutsche Minnesang; wie K a p . 1, Anm. 42. S. 1 5 9 - 1 6 1 . Vgl. außerdem Fortmann: Studien zur Gestaltung der Lieder Heinrichs von Morungen; wie K a p . i, A n m . 1. S. ι6ηί. u. 185-188; Schmaltz: Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Alten; wie K a p . i , A n m . 1. S. 1 3 1 - 1 8 0 . Vgl. schon die nicht annähernd vollständigen Übersichten bei Burdach: Reinmar u. Walther. S. 55-63. D e n Materialerhebungen lege ich im weiteren folgende Textausgaben zugrunde, so daß der Minnesang bis in die Zeit um 1300 berücksichtigt ist: M F ; L ; K L D ; B S M ; (Haupt/Wiessner: Neidhart;) Siebert: Tannhäuser; Schröder: K o n r a d von Würzburg; Strauch/Brackert: Marner; Stackmann/Bertau: Frauenlob.
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lasse »sich weder nach zeitlichen oder räumlichen Gesichtspunkten noch nach Stilen und Vorstellungswelten folgerichtig durchführen« ( K L D I.S.X). 39 Weniger eindringlich stellen sich die Probleme für die Dichter aus >Des Minnesangs FrühlingBesitzern kleiner Liederhefte< zugeschriebenen Namen (vgl. die Zusammenstellung bei Bumke: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. 50 u. Anm. 271-275: Kunz von Rosenheim/Hug von Mülndorf, Geltar, Niuniu, Rubin von Rüedeger, K o l von Niunzen, Alram von Gresten, Friedrich der Knecht). 61 Die Klammern hinter den Verfassernamen erschließen neben den wichtigsten Kurznachweisen (VL 2 ; de Boor: L G ; K L D II; BSM) die Datierungsansätze der Forschung, die sich aber oft recht unterschiedlich auf Lebensdaten, urkundliche Bezeugungen oder auf Abschnitte der lyrischen Produktion beziehen. Die Anmerkungen sollen vor allem auf problematische Identifizierungen und Datierungen hinweisen. 62 Worstbrock (VL 2 . 4. Spp. 12-17) plädiert aus stilgeschichtlichen Erwägungen für eine frühe Datierung, die vielleicht Probleme bereitet, wenn Nr. I X die Lyrik Neitharts voraussetzt. 6 ' Vgl. zu Otto K L D II. S. 358-380, hier S. 358-362; de Boor: L G II. S. 308-310; darüber hinaus wenig ergiebig Klaus Dieter Jaehrling: Die Lieder Ottos von Bodenlouben. Diss. Hamburg 1970. S. 2f.; Zweifel an der bisherigen Identifizierung meldet Bumke an: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. 50 u. Anm. 280; ebd. die Literaturhinweise Anm. 169 u. Anm. 276; weiterführend auch Bumke: Mäzene; wie Anm. 46. S. 15 3 u. 375 (Anm. 474); zur Frage der Datierung der lyrischen Produktion bes. ebd. S. 26; (»um oder bald nach 1200«), S. 402 (Anm. 172: Fraglichkeit d. Datierung). 64 Vgl. die Literaturhinweise bei Touber, wie Anm. 41. 6 ' Vgl. aber einschränkend die Hinweise bei Bumke: Mäzene; wie Anm. 46. S. 64, 167 u. 215.
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- Markgraf von Hohenburg (VL 2 : 1220-1240/ 5 o)66 - Christan von Hamle ( V I / : um 1225) - Friedrich von Leiningen (VL 2 : gest. 1237; de Boor: L G II. S. 339) - Rubin (de Boor: L G II. S. 3 i8f.) 6 7 - Wachsmut von Künzich (de Boor: L G III/1. S. 317f.) 68 - Burkhart von Hohenfels (VL 2 : 1 2 1 2 - 1 2 4 2 ) - Gottfried von Neifen (VL 2 : 1234-125 5) - Ulrich von Winterstetten (de Boor: L G II. S. 336-339: 1241-1280) 6 9 - Ulrich von Lichtenstein (1227-1274) 7 0 - Leuthold von Seven ( V L 2 : um die Mitte d. 13. Jh.s) 71 Um 1250: - Friedrich der Knecht (VL 2 : 1. Hälfte des 13. Jh.s) 72 - Ulrich von Munegiur ( K L D II. S. 303; de Boor: L G III/1. S. 317) - Reinmar der Fiedler ( K L D II. S. 396)" - Geltar u. Gedrut (VL 2 : um 1250) 74 - von Stamheim (de Boor: L G III/1. S. 349) - Der von Buochein ( V L 2 : viel. 1 2 5 1 - 1 2 8 2 ) - König Konrad der Junge (VL 2 : 1252-1268) - Schenk von Limburg (i256-i28o; 7 ' anders V L 2 : 1230-1249). - Bruno von Hornberg (VL 2 : 1. Hälfte oder Ende des 13. Jh.s; de Boor: L G III/1. S. 31 of.) - Hugo von Mühldorf (VL 2 : nach 1230-1270) 7 6 - Albrecht von Haigerloch (VL 2 : 1235-1298)
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Vgl. aber die Vorbehalte bei Bumke: ebd. S. 15 3 u. 375 (Anm. 474 m. Lit.). Vgl. zur Identifizierung des Verfassers die Einschränkungen bei Bumke: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. 45 u. Reg.; zur Einordnung auch den Hinweis bei Kuhn: Die Voraussetzungen für die Entstehung der Manesseschen Hs.; wie Kap. i, Anm. 26. S. 98. Vgl. aber zur Identifizierung die Einschränkungen bei Bumke: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. syf. u. Anm. 331. Vgl. im Anschluß an K L D II Kuhn: Minnesangs Wende; wie Kap. 1, Anm. 10. S. 5 f.: »Ulrichs Sang wird hauptsächlich in den Jahren von 1240 bis 1260 entstanden sein« (6); Zweifel an der Zuordnung begründet Bumke: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. 6 5 f. (m. Lit.). Vgl. zusammenfassend Bumke: ebd. S. 63 u. Anm. 362; während die Entstehung des >Frauendienstes< um 1249/5 ο oder 1255 anzusetzen sein wird, datiert die lyrische Produktion vielleicht bis in die zwanziger Jahre zurück; mit de Boor (LG II. S. 319) ließe sich U. auch vor die Gruppe des spätstaufischen Kreises stellen. Vgl. zur Datierung Wachinger: Sängerkrieg; wie Kap. 1, Anm. 42. S. 128-130. Vgl. oben Anm. 60; Kornrumpf (VL 2 . 2. Spp. 950-952) ordnet F. in die NeidhartNachfolge, insgesamt in die erste Hälfte des 13. Jh.s ein. Vgl. zur Datierung Wachinger, wie Anm. 71. Mertens (VL 2 . 2. Spp. 1187-1189) stellt G. in die Neidhart- und WinterstettenNachfolge; vgl. zur Zuordnung der Gedrut-Sammlung ders. in VL 2 . 2. Sp. 1135. Vgl. Bumke: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. 64 u. 65. Vgl. oben Anm. 60.
-
Hugo von Werbenwag (VL 2 : 1258-1279) Wachsmut von Mülnhausen ( K L D II. S. 606)77 Heinrich von der Mure (VL 2 ) 7 8 Reinmar von Brennenberg (viel. 1238-ca. 1276) 79 Rudolf der Schreiber (de Boor: L G III/1. S. 314) von Stadegge (de Boor: L G III/1. S. 315: 1243-1261)®° Burggraf von Lüenz (1231-1269) 8 1
- Walther von Breisach ( K L D II. S. 624: 1256-1303; de Boor: L G I I I / i . S. 545) - von Wissenloh (de Boor: L G III/i. S. 345)' 1 - von Obernburg (de Boor: L G III/1. S. 3i4f.) - von Sachsendorf (de Boor: L G III/1. S. 31 j) 8 ' - von Suonegge (de Boor: L G III/1. S. 315) 84 - Hartmann von Starkenberg (de Boor: L G III/1. S. 315; V L 2 : um 1250) - von Scharpfenberg ( K L D II. S. 496)" - Rudolf von Rotenburg (de Boor: L G III/i. S. 318f.: 1257) - von Wildonie (1248-1278 oder i 2 8 i - i 2 9 i ) 8 S Zweite Hälfte des 13. Jh.s: - Walther von Mezze (de Boor: L G III/i. S. 316) 87 - Brunwart von Aughein (VL 2 : 1272-1303 oder 1272-1296) - Wilhelm von Heinzenburg (de Boor: L G III/i. S. 317: 1263-1281) 8 8 - Konrad von Kirchberg (VL 2 : 2. Hälfte d. 13. Jh.s) - Konrad von Hohenburg/Püller ( K L D II. S. 382f.: 1 2 7 6 - 1 3 0 1 ) - Der Kanzler ( V L 1 : letztes Drittel d. 13. Jh.s) - Der Schulmeister von Esslingen ( K L D II. S. 63: 1 2 7 9 - 1 2 8 1 ) - Der Wilde Alexander (VL 2 : letztes Viertel d. 13. Jh.s) 8 ' 77
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De Boor (LG III/1. S. 330) kennzeichnet W. als Zeitgenossen Konrads v. Würzburg; Bumke (Mäzene; wie Antn. 46. S. 215) hält eine Zuordnung zur >Thüringer Gruppe< für problematisch. Vgl. die Darstellung Schweikies (VL 2 . 5. Sp. 837^), der sich vor allem auch auf von Kraus bezieht; dazu Bumke: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. ; 5. Vgl. zur Einordnungsproblematik Bumke: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. 28f., 61 u. 64. Vgl. aber die Zweifel Bumkes: ebd. S. 54f. Vgl. zur Einordnung ebd. S. 64; zur literaturgeschichtlichen Einordnung de Boor: L G III/i. S. 345; auf sie nehme ich mit der Zuordnung zu Walther von Breisach und von Wissenloh Rücksicht. Die Identifizierung W.s muß offenbleiben; vgl. K L D II. S. 644. Bumke bezeichnet die Identifizierung und Lokalisierung des Autors, wie sie auch bei de Boor vorliegt, als unbegründet; vgl. J. B.: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. 5 6. Vgl. zur Problematik bisheriger Identifizierungen ebd. S. 5 6f. Vgl. zur Identifizierbarkeit ebd. S. 57, 60 u. Anm. 321. Vgl. zur Datierung ebd. S. 63. Vgl. aber kritisch zu bisherigen Identifizierungsversuchen ebd. S. 5 5 f. Vgl. kritisch zu bisherigen Identifizierungsversuchen ebd. S. 12 u. Anm. 3 5. Vgl. aber die frühere Datierung (um 1250) von Norbert Wagner (ZfdA 104 [197;], S. 33 8 -344)· 81
- Der Dürner ( V L 2 : zu Ende des 13. Jh.s) - Goesli von Ehenhein (VL 2 : zu Ende des 13. Jh.s) 9 ° - Hawart (de Boor: L G III/i. S. 320; V L 2 : Dat. fragl.) (Vertreter des ostdeutschen Minnesangs in der zweiten Hälfte des 13. Jh.s) 9 ' - Otto Markgraf von Brandenburg mit dem Pfeil (de Boor: L G III/1. S. 3 3 3f.: 1266-1308) 9 2 - Heinrich von Breslau (VL 2 : viel. 1270-1290) - Der Düring (VL 2 : Späteres 13. Jh.) - Wenzel II. von Böhmen (de Boor: L G III/1. S. 33zf.: 1278-1305) 9 ' - Christan von Luppin (VL 2 : 1292-1312) 9 4 - Heinrich Hetzbolt von Weißensee (VL 2 : 1319-1345) 9 5 - Günther von dem Forste (VL 2 : unsicher)
2.3
Z u r Herkunft und Entwicklung des Konditionals
»Man wird wol nicht irren, wenn man annimmt, dass die hypothetische Satzform dem Minnesang von der volksmässigen Gnomendichtung gekommen 1st.«96 Konrad Burdach hat dabei vor allem an solche hypothetischen Konditionalgefüge gedacht, die zumeist in verallgemeinernder Form einen angenommenen Fall in seinen als unvermeidlich gesehenen Folgen beleuchten. Der Vers 2 einer Strophe des Kürenbergers, die wohl zur ältesten Minnesang-Überlieferung gehört, kann als Beispiel dienen: 90
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Vgl. aber zur ständischen Einordnung Bumke: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. 61 f. Diese Gruppe läßt sich neben den Lyrikern des spätstaufischen Kreises (Burkhart von Hohenfels; Gottfried von Neifen; Ulrich von Winterstetten) auch im Rahmen der vorgeschlagenen Anordnung ohne Not ausgrenzen. Vgl. de Boor: L G III/1. S. 328-335; daneben bes. die Artikel aus V L 2 zu Heinrich von Breslau, zum Dürinc, zu Christan von Luppin, Hetzbolt von Weißensee und Günther von dem Forste. Einbezogen sind an dieser Stelle neben Morungen nicht Christan vom Hamle, Frauenlob, der tugendhafte Schreiber und Wachsmut von Mülnhausen. Als Ordnungsprinzip der Hss. beurteilt regionale Zuordnungen einschränkend Bumke: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. 80, Anm. 82. Vgl. zu O. (Otto IV. von Brandenburg) Bumke: Mäzene; wie Anm. 46. S. 226f.; S. 227: er »ist ca. 1238 geboren und hat 1262 die Gräfin Heilweg von Holstein geheiratet. Er war also wohl, als Tannhäusers Leich [6. Leich; Μ. E.] entstand, bereits ein erwachsener Mann, und seine Lieder sind sicher nicht erst im Alter gedichtet worden.« (227) Vgl. zu Wenzel II. und bes. zu Zweifeln an seiner Verfasserschaft für die 3 Lieder in C ebd. S. 202 u. 398f. (Anm. 132). Vgl. weiterhin Bumke: Ministerialität und Ritterdichtung; wie Anm. 44. S. 62 u. 6 5. Vgl. ebd. S. 62 u. 65. Burdach: Reinmar u. Walther. S. 59.
Wip unde vederspil diu werdent lihte 2am. swer si ze rehte lucket, so suochent si den man. als warb ein schoene ritter umbe eine vrouwen guot. als ich dar an gedenke, so stet wol hohe min muot. (MF 10,17-20) Burdach hat seine Annahme zur Entstehung der hypothetischen Satzform nur auf eine schmale Materialbasis, die zudem in ihrem größeren Anteil aus Belegen der frühen Spruchdichtung gewonnen ist, gestellt.97 Dabei fällt auf, daß es letztlich sehr wenige Belege aus dem frühen Minnesang sind,98 die auch nur in die Nähe vorliterarischer, gnomisch-didaktischer Formen 99 führen - wenn ζ. B. Lebens- und Erfahrungsregeln, die hypothetische Satzformen aufweisen, gemeint sind. Burdach kann zwar auf den Reichtum hypothetischer Relativsätze »mit swer, swelh, swä«100 in der älteren Spruchdichtung hinweisen, im Falle des Minnesangs aber setzen sich die angeführten Belege aus dem Korpus des Burggrafen von Rietenburg schon formal und die Belege aus dem Werk Heinrichs von Rugge schon zeitlich von dem Hintergrund der älteren Gnomik (vor 1 1 5 0 ) deutlich ab. 101 Ähnliches gilt auch für Hennig Brinkmann und Wolfgang Mohr, die ebenfalls genetische Zusammenhänge zwischen Erfahrungssätzen oder spruchhaften Formen des Minnesangs und vorliterarischen Traditionen annehmen; auch bei ihnen fehlen sowohl Hinweise auf eine breitere Materialgrundlage als auch genauere Vorstellungen und weitergehende Argumente, die den gewiß wahrscheinlichen Entstehungs- und Entwicklungszusammenhang konkret begründen könnten. 102 Die Fragestellung scheint daher schon im Bereich der Fakten- und Materialgrundlage auf Probleme zu stoßen, die weitergehende Analysen im Ansatz stören. Andrerseits muß aber einem Vergleich einzelner Aussageelemente des frühen Minnesangs mit solchen der gnomisch-didaktischen Tradition vor 1 1 5 ο nichts im Wege stehen, wenn ein literaturhistorisches 97
Vgl. ebd.
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Vgl. ebd. die Belege zu Dietmar v o n Aist und Meinloh von Sevelingen. 99 Vgl. hierzu Wehrli: L G . S. 3 2 8 - 3 3 4 . ,0 ° Burdach: Reinmar u. Walther. S. 59. 101 102
Vgl. ebd. Vgl. Brinkmann: D e r deutsche Minnesang; wie Kap. i, A n m . 42. S. 148; im A n schluß an Brinkmann Wolfgang Mohr: Minnesang als Gesellschaftskunst; wie Kap. 1, A n m . 4. S. 2 i 4 f . u. bes. A n m . 17.
83
Modell, wie es Kurt Ruh für die Ausgangsphase der mittelhochdeutschen Sangspruchdichtung und Minnelyrik vorgeschlagen hat, zur Grundlage genommen wird.103 Minnesang wäre dann historisch begründet vor dem Hintergrund des älteren Komplexes >unterliterarischer KleinformenSpruchdichtung< als übernationale und nationale Erscheinung. In: Η. M. (Hg.): Mittelhochdeutsche Spruchdichtung. Darmstadt 1972. S. 405-440, hier S. 420-427. 112 Vgl. zur Deutung des Relativsatzes als konditionale Beziehung Grubmüller: Die Regel als Kommentar; wie Anm. 107. S. 28. Dazu den Hinweis bei Brinkmann: Der deutsche Minnesang; wie Kap. 1, Anm. 42. S. 148. Bezieht man auch Kasusabwandlungen und Parallelformen (s. die Klammer-Hinweise) ein, ergibt sich in MF folgendes Bild: Anonyme Lieder: 3,15f.; von Kürenberg: 7,2; 10,18; Meinloh von Sevelingen: 11,4 (er-denJ; 12,1; 12,5; 12,14 ( E z m a c niht beiden mmne-der); 13,31-33 (Smlhiu-der)\ 14,14-16; i4,i8f. (der-der·, er-der); Der Burggraf von Regensburg: 16,jf. (der-der); Dietmar von Aist: 32,ji. (der-da^ waeren)\ 33,9-12; 33,32; 34,1; 35,32f.; Kaiser Heinrich: 5,20-22; 5,37f. 114 Vgl. de Boor: L G II. S. 228-231; Brinkmann: Der deutsche Minnesang; wie Kap. 1, Anm. 42. S. i48f.; Wehrli: L G . S. 336-340. " ' V g l . dazu zu Denkformund Leistung des Sprichworts Jolles: Einfache Formen; wie Kap. 1, Anm. 54. S. 150-170; dazu bes. die Darstellung von Karl August Ott: Lessing und La Fontaine. Von dem Gebrauche der Tiere in der Fabel. In: G R M . 40. 1959. S. 23 5-266, hier S. 25 3-257; einen Uberblick über Grundmerkmale gibt Jauss: Alterität und Modernität mittelalterlicher Literatur; wie Kap. 1, Anm. 8. S. 43 u. bes. der Annex, Sp. 1.
85
Die eingangs zitierte Strophe des Kürenbergers stellt sich in diesen Rahmen, weil in ihr ein verkürzt erzähltes Geschehen (MF 10,19) eine allgemeine Erfahrung (MF 10,17) und eine Verhaltensregel (MF 10,18) rückschauend bezogen werden kann; aber die bruchlose Entsprechung von vorgegebener Regel und konkretem Fall verbindet sich nicht mit dem Verhaltensmuster resignativer Einsicht, sondern bewirkt in der Erinnerung die positive Grundstimmung des Ichs (MF 10,20). Ein zweiter Beleg aus dem Kürenberg-Korpus (vgl. Kap. 2.1 zu MF 7,1) thematisiert demgegenüber deutlicher die Bereiche von persönlich verantworteter Handlung und moralischer Wertung," 6 wobei auch in diesem Text die Übereinstimmung des Ichs mit den vorgeordneten Verhaltenssentenzen hervortritt (MF 7,3). Die inhaltlich antithetischen Eingangsverse führen Verhaltensalternativen vor, 1 1 7 aus denen positive oder negative Wertungen mit apodiktischem Anspruch gefolgert werden (vgl. M F 7,1 f.). Die Verse sind nicht auf einen gegebenen Fall bezogen, den sie rückschauend einordnen, sondern sie formulieren einen allgemeinen Maßstab, der im Blick auf zukünftiges Geschehen die Bewertung und Orientierung von Verhalten leiten kann. Verhaltensempfehlungen, mit lehrhaftem Gestus durch einen anonymen Sprecher dargeboten, treten bei Meinloh von Sevelingen ins Zentrum:" 8 Swer werden wiben dienen sol, der sol semelichen varn. ob er sich wol ze rehte gegen in kunne bewam, so muoz er under wilen seneliche swaere tragen verholne in dem herzen; er sol ez nieman sagen, swer biderben dienet wiben, die gebent alsus getanen solt.
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Vgl. hierzu anders das Modell des Sprichworts: Jolles: Einfache Formen; wie Kap. 1, Anm. 54. S. 157-159. 117 Ich bespreche die Eingangsverse zusammenfassend, obwohl nur MF 7,2 den Typus des konditionalen Smr-der-Gefüges vertritt; die formale Parallelität beider Sentenzen scheint mir ein solches Vorgehen zu rechtfertigen. " ' V g l . zu Problemen der Textherstellung und -deutung für MF 12,1 u. 14,14 vor allem auch Ittenbach: Der frühe deutsche Minnesang; wie Kap. 1, Anm. 81. S. 91-97; Schweikle: Minnelyrik. 1. S. 383-38;; zusammenfassend MF II. S. 67 u. 68; daneben bes. Karl-Heinz Schirmer: Die höfische Minnetheorie und Meinloh von Sevelingen. In: Zeiten und Formen in Sprache und Dichtung. Fs. Fritz Tschirch. Hrsg. von Karl-Heinz Schirmer und Bernhard Sowinski. Köln/Wien 1972. S. 52-73.
86
ich waene, unkiuschez herze wirt mit ganzen triuwen werden wiben nierrier holt. (MF 12,1-7) Drie tugende sint in dem lande, swer der eine kan began, der sol stille swigen und sol die merkaere län reden, swaz in gevalle. so ist er guot vrouwen trüt, so mac er vil triuten, sweder er wil, stille und überlüt. der da wol helen kan, der hat tugende alremeist. er ist unnütze lebende, der allez gesagen wil, daz er weiz. (MF 14,14-19) Beide Textbeispiele weisen jeweils mehrere Konditionalgefüge auf, unter denen spruchhafte Formulierungen dominieren und nur in einem Fall (vgl. M F 12,2-4) das korrelative Swer-der-(der-der-) Gefüge durch die rein konditionale o£-.ro-Relation ersetzt wird. 1 1 9 Die Strophe 12,1 erweist sich als didaktisch auch durch die Besetzung des zugrundeliegenden konditionalen Schemas von Bedingung und Folge; denn die Anwendung des Konditionalgefüges folgt in den ersten beiden Exemplaren (vgl. M F 12,1 u. 12,2-4) der Überlegung, »auf welche Weise ein erstrebtes oder unerwünschtes Ergebnis erreicht oder vermieden werden könnte« I2 °. Das Konditionalgefüge entspricht dem jeweils, »indem es das Beabsichtigte als Vorgegebenes im >Wenndannobjektive< Demonstration der Verhaltensweisen und der Wertinhalte zurücktreten. Das Mittel des verallgemeinernd formulierten Relativgefüges entspricht diesen verschiedenen Aussageabsichten genau. Das Verhalten des Mannes im Spannungsfeld von Minnebeziehung und Öffentlichkeit - konkretisiert im Verhaltensmuster des helen — kann mit Hilfe dieses Aussageschemas sowohl in den geforderten Voraussetzungen wie in seiner Bedeutung für die Person, immer aber mit der Konzentration auf die Bereiche von Verhalten und personalem 124
88
Vgl. bes. auch das H i l f s v e r b >so!m in M F 1 2 , 1 u. 12,4; Ittenbach (Der f r ü h e Minnesang; w i e K a p . 1, A n m . 8 1 . S. 92) faßt die A u s s a g e f o r m v o n Zeile 1 2 , 1 als >Mahnung< auf. Z u z u o r d n e n wäre beiden Texten w o h l auch Meinlohs Strophe M F 1 2 , 1 4 .
Wert126 modellhaft dargestellt werden. Der Häufigkeit des konditionalen Denkschemas in beiden Strophen korreliert diese Differenzierung von Aussagemöglichkeiten, die im Ansatz auch schon - vor allem durch das Schema der Alternative 127 - Formen der Diskussion und Reflexion von Werten entwickelt. Freilich ist die Verknüpfung der einzelnen Sätze dabei noch weitgehend durch Analogiebeziehungen bestimmt.128 Weitere Belege für das konditionale Smr-der-Gefüge heben sich von diesen Beispielen dadurch ab, daß die formulierten Verhaltens- und Erfahrungsregeln deutlicher auf den persönlichen Horizont des Sprechers bezogen sind: Als Folgerung mit programmatischer Ausrichtung (MF 13,31-33) schließt eine weitere Strophe Meinlohs die persönliche Reflexion der Frau ab. Die Frau formuliert ihr Handeln gegenüber möglichen Konkurrentinnen (vgl. MF 13,31) als Verhaltensprogramm aus, das nun gerade nicht den Konflikt mit den Gegenspielern sucht:129 >Mir erweiten miniu ougen einen kindeschen man. daz nident ander vrowen; ich hän in anders niht getan, wan ob ich han gedienet, daz ich diu liebeste bin. dar an wil ich keren min herze und al den sin. swelhiu sinen willen hie bevor hat getan, verlos si in von schulden, der wil ich nü niht wizen, sihe ich si unvroelichen stän.< (MF 13,27-33)
Dietmars von Aist Lied Nr. II (Seneder vriundinne bote) rückt die Souveränität des Sprechers, der sich als Erfahrungs- und Urteilsinstanz exponiert (vgl. MF 33,8 u. 33,1 if.), in den Blick. Ähnlich wie in der Strophe MF 10,17 des Kürenbergers knüpft auch in diesem Text die spruchhafte Swer-der-Korrelation (MF 3 3,9f.) an einen feststellenden Erfahrungssatz an. Im Kontext des gesamten Liedes erscheint die Strophe als Kommentar eines unbeteiligten Sprechers, der die Situation der Liebenden vor dem Horizont allgemein gültiger Erfahrung deuten und einordnen kann: 126
Vgl. M F 12,5, w o der persönliche L o h n im Vordergrund steht; objektivere Werte bieten dagegen M F 7 , i f . ('lobelich\schedelich) und M F i 4 , i 8 f . (fugende hätijunnütze lebende).
127
Vgl. auch M F 7,1 f.
,2
' V g l . hierzu bes. Ittenbach: D e r frühe deutsche Minnesang; wie K a p . 1, A n m . 81.
129
S. 93 u. 96. Vgl. parallel auch M F 1 6 , j f .
89
Ez getet nie wip so wol an deheiner slahte dinge; daz al die welt diuhte guot. des bin ich wol worden inne. swer sin liep dar umbe lat, daz kumet von swaches herzen rät. dem wil ich den sumer und allez guot widerteilen durch sinen unstaeten muot. (MF 33,7-12) Die Souveränität des Sprechers gründet sich zunächst auf eine Erfahrungsaussage, die in ihrer weitgehenden Verallgemeinerung (. . .da£ al die weit diuhte guot.) kaum Widerspruch auslösen könnte. Aber die in diesem Sinne triviale Aussage dient im weiteren nur als Kontrastfolie für die Argumentation des Sprechers. Er verwendet das konditionale Aufbauschema, um in der Prämissenposition den Inhalt des einleitenden Erfahrungssatzes durch einen zusammenfassenden Verweis, der zugleich die mögliche Begründungsfunktion der Erfahrung anzeigt {dar umbe), mit dem Thema der Beständigkeit in der Minne zusammenzuführen. Das hintere Glied des Schemas bietet dabei als Folgerung die Deutung des beschriebenen Verhaltens: Wenn jemand den Geliebten verläßt, weil er mit seinem Verhalten ohnehin keine allgemeine Zustimmung erlangen könnte, so liegt dies an seiner inneren Schwäche. Anders als bei Meinloh ist so ein Verhalten gefordert, das Beständigkeit in der Minne unabhängig vom allgemeinen Konsensus realisiert; nicht Verschwiegenheit, sondern Unabhängigkeit im gesellschaftlichen Zusammenhang ist gemeint. Und auch die Haltung des Sprechers ändert sich, indem er nun - in seinem zweiten Folgerungsschritt (MF 33,11 f.) - Sanktionen in Aussicht stellt. Im Vergleich mit dem Ausgangspunkt der Beispielreihe ist deutlich, daß die Anwendung vorgegebener Erfahrungsaussagen und Verhaltensregeln abgelöst wird durch die Problematisierung eben dieses Bezuges: denn gerade die Rechtfertigung von Verhalten mit Hilfe des vorangestellten Erfahrungssatzes steht jetzt in Frage. Problematisch ist nun, was beim Kürenberger noch unbestritten schien, nämlich der Rückbezug des Ichs auf das, was zunächst mit dem Anspruch einer allgemein verbindlichen Vorgabe erscheint. Diese Entwicklung findet ihren Ausdruck ebenso in der veränderten Form des konditionalen Denkschemas wie seiner relativischen Formulierung. Denn die Folgerungsposition des Aussageschemas (MF 33,10) beinhaltet nun den Ansatz für die Frage nach Gründen und Motiven, die Handlungen oder Verhaltensweisen verstehen lassen. An die Stelle der passiven Hinnahme von Geschehen und Verhalten tritt so die Aktivität des 90
Sprechers, der diese Bereiche auf ihren Begründungszusammenhang hin befragt. Erst so bekommt die Sprecherrolle als Urteilsinstanz Kontur, indem diese deutend und wertend verbindliche Verhaltensprinzipien aufdeckt. Einen Schritt weiter, vielleicht in Richtung »des entwickelten Minnesangs« 1 ' 0 Reinmars, führt eine Frauenstrophe aus dem Textkorpus Dietmars von Aist. Überliefert in Zusammenhang mit den beiden anderen Strophen des Liedes MF 35,16 (Der winter waere mir ein %if) ist sie nur in Handschrift A, dort aber nicht Dietmar, sondern Heinrich von Veltkilchen zugeschrieben: 1 ' 1 >Swer meret die gewizzen min, dem wil ich dienen, obe ich kan; und wil doch mannen vremede sin, wand ich ein senede herze han. ez waere mir ein groziu not, wurde er mir äne maze liep. so taete sanfter mir der tot, liez er mich des geniezen niet.< (MF 35,32-36,4)
Auffällig könnte schon sein, daß bei einer Textsituation, wie Handschrift Α sie bietet, konditionale Denkabläufe sich als strukturelle Dominante erweisen (vgl. M F 35,16-19 u. 2of.; 3 5,20f. u. viel. 35,3of.; 35,32-34; 36,if. u. 3f.). Dabei thematisieren die konjunktivischen Konditionalsätze der zwei ersten Strophen hypothetisch die Vorstellung von Liebeserfüllung und -Vereinigung (MF 35,16-19 u. 2of.; 35,z6f.). In beiden Strophen hat dieser Ausgriff auf mögliche Entwicklungen seinen Hintergrund in der Betroffenheit des Ichs (vgl. MF 3 5,2zf.; 3 5»*4f·)· Das siver-der-Gefügc der Strophe MF 35,32 formuliert dagegen ein Verhaltensprogramm der Frau aus. 1 ' 2 Im Schema von Leistung und Gegenleistung sagt es zunächst die Erwartung der Frau an den Minnepartner, dann ihr Dienstversprechen aus (MF 3 5,3 2f.). Versteht man das doch in MF 3 5,34 als Verstärkung, so bietet der Vers zusätzlich einen 130
Tervooren, in: V I A 2. Spp. 95-98, hier Sp. 95; T. ordnet MF 35,16 neben 34,19; 36,5; 36,23; 40,19 den jüngsten Liedern des Dietmar-Korpus, die bereits Merkmale des entwickelten Minnesangs zeigen, zu. 1,1 Vgl. zur Diskussion um den Text die zusammenfassenden Hinweise in MF II. S. 72. 132 Vgl. zum Schlüsselwort gewissen auch Kraus: Des Minnesangs Frühling/Untersuchungen. S. 88.
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Hinweis auf die Bedeutung der Minnebe2iehung, die als emotionale Erfahrung (MF 35,35) die Beziehungen zu anderen Partnern ausschließen läßt. Die Entwicklung des Aussageschemas ermöglicht dabei den selbstbestimmten Verhaltensentwurf der Frau: vor allem die Folgerungen lenken mit dem Modalverb wellen auf die Zukunftsperspektive der Sprecherin. Ihr Verhalten erweist sich nicht als außenbestimmt, sondern ist selbst verantwortet; es reflektiert zudem schon im Vorgriff auch die Rolle des Mannes in der Liebesbeziehung (MF 35,32). Nicht in ihrer Form, wohl aber ihrer Funktion entsprechen diesem Zusammenhang auch die Konditionalsätze der folgenden Verse (MF 36,1 f. u. 3f.). Und es ist aufschlußreich, daß diese Übereinstimmung gerade an diesem Entwicklungspunkt auftritt. In hypothetischer Reflexion konkretisieren beide Sätze mögliche Entwicklungen der Liebesbeziehung und ihre negativen Wirkungen. In die Reflexion kommt so zum einen das Risiko der zu intensiven, extremen Liebesbindung (MF 36,2), zum anderen die Gefahr der Enttäuschung durch den Geliebten (MF 36,4) - Selbstverlust und emotionale Abhängigkeit, die gleichermaßen Betroffenheit bedeuten könnten. Die alternativ entwickelten Perspektiven sagen nicht mehr Wunschvorstellungen aus, welche - wie in den ersten beiden Strophen - der Mangelerfahrung des Ichs entspringen, sondern sie formulieren nun Befürchtungen der Frau aus. Deren Hintergrund sind das entworfene Verhaltensmodell und die emotionale Bindung (MF 35,35). Denn zugleich mit der Möglichkeit des selbstbestimmten Entwurfs muß auch die Erfahrung von Verantwortung und Sorge, die sich über das Bewußtsein negativer Konsequenzen einstellt, akut werden. Wichtig ist also, daß mit dem entschiedenen Abrücken von vorgegebenen Verhaltens- und Wertmodellen nun auch die Erkenntnis negativer Konsequenzen durch die Reflexion des Ichs freigesetzt wird. Diese komplexere Situation, die Möglichkeiten und Belastungen des Einzelnen einbeschließt, bedingt in diesem Text auch die Ausdifferenzierung des konditionalen Denkschemas: es fungiert nicht mehr nur als verallgemeinernde Erfahrungsregel, sondern auch als Form, die das Verhaltensprogramm des einzelnen Ichs ausarbeiten läßt. Es erscheint zugleich als Form der individuellen Reflexion, die nicht allein präsumptiv Wünsche oder irreale Möglichkeiten (vgl. dazu etwa Meinloh von Sevelingen, MF 13,6f.), sondern in der Konkretion von negativen 92
Ausblicken ebenso Befürchtungen und Sorgen zu verarbeiten ermöglicht. Aufs ganze gesehen, kann auffallen, daß bereits früh mit einer Ausdifferenzierung des konditionalen Denkschemas zu rechnen ist. Vor anderem überrascht die wohl gleichzeitige Weiterentwicklung der Erfahrungsregel und Etablierung von Reflexionsmustern, die sowohl hypothetische wie auch kontrafaktische Aussagen ermöglichen. Auch wenn dabei die Genese des konditionalen Reflexions schemas nicht direkt mit dem Typus des verallgemeinernden hypothetischen Satzes in Zusammenhang zu bringen ist, zeichnet sich doch ein gemeinsamer Erfahrungshintergrund ab. Denn die Situation des einzelnen Ichs, das nun auch die Risiken, nicht nur die Chancen der Vereinzelung zu verarbeiten hat, läßt die Anwendung dieser wie auch jener Aussagemuster verstehen. Dies gilt für die Erörterung vorgegebener Normen und Werte, aber auch für die Bewältigung von Befürchtungen oder die Konkretion von Wunschvorstellungen. Das Konditionalschema scheint bereits in dieser Situation sehr genau unterschiedlichen Ausdrucksbedürfnissen und Denkansätzen entsprechen zu können. Wenn also nicht die Zahl der Belege den Stellenwert des Schemas bereits für den frühen Minnesang ausweisen kann, so dokumentiert doch die Qualität einzelner Belege ein deutlich differenziertes Repertoire der Denkform.' 53 Darin zeichnen sich auch Unterschiede zur frühen Spruchdichtung, die ihren Grund in der Aktivität und dem Erfahrungsraum des persönlichen Ichs haben, ab. Ein älterer Beleg für diese Aussagen kann zusätzlich in Beobachtungen Wilhelm Scherers zu Meinloh von Sevelingen gesehen werden. 1 ' 4 Scherer sieht Beziehungen zur vorliterarischen Gnomik zurückhaltender als Burdach und setzt seine Argumente anders an, weil es ihm um die Besonderheit dieser Lyrik geht: Meinloh stelle sich nämlich »auf den Boden einer neuen Reflexion, die ihre einheimische Vorbereitung und Anknüpfung h ö c h s t e n s [Hervorhebung von mir; Μ. E.] in der Gnomik der Fahrenden findet«.1" Formen der
'"Vgl. MF: von Kürenberg: 7,12-14; 9,16; io,iof.; Meinloh von Sevelingen: 12,2-4; i2,28f. (exzipierendes Kond.); 15,6f.; Burggraf von Regensburg: i6,iof.; 16,18 (exzipierendes Kond.); Burggraf von Rietenburg: 18,if.; 18,4f.; 19,if.; 19,9f.; 19,25^; Dietmar von Aist: 53,26; 34,25^; 35,16-19; 35,2of.; 35,20f.; 36,if.; 36,3f.; 38,26f. (exzipierendes Kond.); 40,17^; 40,33f.; Kaiser Heinrich: 4,37; diese Ubersicht wäre vor allem noch durch kausale Verbindungen zu ergänzen. 1,4 Vgl. Scherer: Deutsche Studien; wie Anm. 32. S. 18-27, bes. S. 22 u. 26f. ""ebd. S. 22. 93
Begründung und Rechtfertigung, in denen das Ich die eigene L a g e reflektiert, seien für dessen Werk ebenso kennzeichnend wie die Formulierung v o n Maßstäben und Regeln, die Verhalten und Handeln des Einzelnen beurteilen lassen. 1 ' 6 Damit deutet sich ein Spektrum der Aussagemöglichkeiten an, die in der Verwendung des hypothetischen Konditionals und aufgrund besonderer Denkansätze entbunden werden. Dies zeigt ζ. B. auch die Bezeichnung verschiedener Realitätsgrade, wenn neben »möglichen und wirklichen Fällen«' 57 bei Meinloh die Formulierung irreal-unmöglicher Zusammenhänge und damit kontrafaktische Konditionale 1 ' 8 zu beobachten sind.' 59
Es kann also deutlich sein, daß bereits im frühen Minnesang ein Repertoire von Aussagemöglichkeiten dieses Denkschemas erarbeitet ist,140 in dem sowohl die Demonstration von Normen und Werten als auch die Möglichkeit von Ausgriffen auf zukünftiges Geschehen oder in eine alternativ-irreale Wirklichkeit bereitstehen. Die Sprecherrolle kann dabei nicht nur als Reflexion des werbenden Ichs, sondern auch als Erörterung eines unbeteiligten, souveränen Sprechers Gestalt gewinnen. Das Denkschema wird in wechselnder Formulierung ergriffen, um Erfahrungen in ihren Bedingungen und Folgen zu erkennen, zugleich um die Begründung von Verhaltensmustern und Wertkonzepten durchzuführen.
136 137 138 139
140
Vgl. ebd. S. z6f. ebd. S. 26. Vgl. dazu oben S. 72. Vgl. als Beispiel bes. M F 15,6f.; Scherer (vgl. ebd. S. 27) zieht noch M F 13,19f. heran, eine Stelle, deren Auffassung allerdings umstritten ist: gegen die Auffassung Scherers stellen sich im Anschluß an Argumente Burdachs zuletzt Moser/Tervooren (vgl. den Text M F S. 30): Burdach hatte sich vehement gegen Scherers Text gewandt, weil er »durchaus keinen befriedigenden Sinn« gebe ( Κ . B.: Reinmar u. Walther. S. 58). Burdach macht seine Ablehnung davon abhängig, daß »das Augenausstechen in ähnlicher Bedeutung sich wird nachweisen lassen« (58). Wichtig bleibt daneben, daß Burdach den angesprochenen Typus des kontrafaktischen Konditionals auch unabhängig davon belegt (vgl. ebd. S. 5 7f.). - Der Textherstellung Scherers folgen demgegenüber von Kraus in seiner Ausgabe von M F (S. 9) und zuletzt auch Schweikle: Minnelyrik. 1. S. i32f. u. 386; zusammenfassend, aber ohne entscheidende Argumente M F II. S. βηί. Vgl. auch Burdach: Reinmar u. Walther. S. 57-61; Schmaltz: Z u r poetischen Technik Reinmars des Alten; wie Kap. 1, Anm. 1. S. i62f.
94
2.4
Verallgemeinernde Aussagemuster
2.4.1
Zur Verbreitung und Anwendung der ,r»w-Der blideschaft sunder riuwe hat mit eren hie, der ist riche. daz herze, da diu riuwe inne stät, daz lebet jämerliche. er ist edel unde vruot, swer mit eren
.'·»' Vgl. parallel auch die Literatur zu Sprichwort und Sentenz im Minnesang: Wigand: Zur Charakteristik des Stiles Walthers von der Vogelweide; wie Kap. 1, Anm. 67. S. 68-75; Michel: Heinrich von Morungen u. die Troubadours; wie Kap. 1, Anm. 76. S. 172-193; Hinman: Rhetoric and Ornamentation; wie Kap. 1, Anm. 1. S. 135-144; Paul Salmon: The Underrated Lyrics of Hartmann von Aue. The Modern Language Review 66 (1971), S. 810-825, hier S. 8i4f.; Schmaltz: Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Alten; wie Kap. 1, Anm. 1. S. 181-212.
95
kan gemeren sine blitschaft, daz ist guot.< ( M F 6o,i3-2o)" 42 Swer ze der minne ist so vruot, daz er der minne dienen kan, und er durch minne pine tuot, wol im, derst ein saelic man! (MF 61,33-36)"" Swes vröide an guoten wiben stät, der sol in sprechen wol und wesen undertan. daz ist min site und ouch min rat, als ez mit triuwen sol. daz kan mich niht vervän ( M F 206,19-24) E z ist niht, daz tiure si, wan habe ez deste werder, wan den getriuwen man. der ist leider swaere bi. er ist verlorn, swer nü niht wan mit triuwen kan. des wart ich vil wol gewar, ( M F 128,35-39)
Im Zusammenhang größerer Kontexte kann der Rang des einzelnen Elementes unterschiedlich akzentuiert werden; danach ζ. B., ob es in Strophenendposition einen Gedankengang zusammenfassend pointiert (vgl. MF 60,18-20) oder ob es lediglich einen Zwischenschritt des dargebotenen Argumentationsablaufes ausmacht (vgl. MF 128,38). Die Prägnanz des Aufbauschemas selbst kann daneben durch die Einschaltung von Gliedsätzen oder Anreihung von Satzelementen (vgl. MF 61,33-36; 206,19-21) zurückgenommen werden. Solche Tendenzen auf die Differenzierung der Form hin lassen sich ebenso an Sprecherkommentaren verfolgen, in denen die Funktion und die Beglaubigung der Aussage (vgl. MF 206,22f.), aber auch ihr Verhältnis zur persönlichen Erfahrung des Sprechers thematisch sind (vgl. MF 206,24; 128,39). Hinzutreten schließlich noch Möglichkeiten der stilistischen Gestaltung, die in den gebotenen Textbeispielen sich nur 142
I4i
96
Vgl. auch Strophe 2 des Wechsels, die in M F 60,25-28 parallel zum Abgesang der ersten Strophe formuliert ist. Vgl. zur Textherstellung - vor allem von M F 6 1 , 3 6 - auch Schweikle: Minnelyrik. 1. S. 182.
in einem Fall (MF 60,13) klar andeuten; die Reihung mehrerer Konditionale sowie ihre Koordination durch grammatischen Parallelismus und inhaltliche Antithese gehören vor allem dazu.'44 Erhalten bleibt aber in jedem Fall die Konzentration der Aussage auf die Themenbereiche von Verhalten und Handeln in der Minnebeziehung. Diese thematische Zentrierung verdankt sich dabei vor allem dem Verzicht auf die Darstellung individualisierter Personen wie auch konkreter Zeit- und Raumumstände. Stattdessen sind in der dargestellten Realität Personengruppen verallgemeinernd (swer, swes) angesprochen. Sie figurieren als Träger von typischen Verhaltensweisen, Handlungen und Einstellungen, so daß sie vereinzelt auch als Typus benannt werden können (vgl. M F 61,36: saelic man). Die Ausklammerung von Raum- und Zeitumständen ebenso wie die typisierende Rollendarstellung begründen das Abstraktionsniveau des Schemas: es ermöglicht eine Darstellung mit dem Anspruch kollektiver Verbindlichkeit und allgemeiner Geltung, die Verhaltens- und Wertkonzepte eines persönlichen Ichs erörtert. Im Zentrum der exemplarischen Darstellung stehen ganz konsequent Rollenmerkmale (Handlungsträger, -fahigkeit und -ziele), nicht Individualmerkmale. In diesen Voraussetzungen festgelegt, können die Strukturstellen des Schemas unterschiedlich besetzt werden, so daß etwa als Vorderglied des Konditionals nicht stets eine auslösende Handlung, als Folge nicht in jedem Fall eine Bewertung erscheinen muß (vgl. MF 206,19-21). Als Grundmerkmal des Aussageschemas bleibt zuletzt nur noch die Verknüpfungsbeziehung des hypothetischen Konditionals in Erinnerung zu rufen. Sie fügt sich als Leistungsmoment der ganzen Form ein, indem sie sowohl die notwendige Verbindung der ausgewählten Themenaspekte (Verhalten, Wertung) herstellt als auch durch ihren weiten Geltungsumfang die Formulierung allgemein gültiger Zusammenhänge ermöglicht. Diese Verknüpfungsrelation verbindet sich also mit der formelhaften Prägnanz und zweigliedrig-relativischen Satzstruktur des Aussageschemas zum einen, mit dessen direktem Denkgestus und hohem Abstraktionsniveau zum anderen. Mit diesen Merkmalen kann das hypothetische Konditional dann ergriffen werden, um Verhaltensempfehlungen oder Erfahrungsregeln auszusagen, Einzelfälle verallgemeinernd einzuordnen oder Verhaltensweisen in ihrem Wert für die Person zu beleuchten und zu erörtern. Das Schema beschränkt die ,44
Vgi. ζ. B. MF 58,11-16; XXXIV,2,if. u. 7 f.; 134,14-20. 97
Darstellung der Minne weitgehend auf die Aspekte von Verhalten und personalen Werten; gerade aber durch diese Hervorhebung der beiden Aspekte erweisen sie sich als grundsätzliche Kennzeichen und Problembereiche der Minnewirklichkeit. Im Rahmen dieser Beobachtungen liegt auch der Hinweis auf die Abstraktheit der sprachlichen Ausgestaltung des Schemas. Es scheint nämlich zuzutreffen, daß gerade bei ihm die Formulierung oft durch Verwendung semantisch weiter und Individualität vermeidender Prägungen, die sich bei der Auswahl des sprachlichen Materials im Rahmen enger Konventionen bewegen, 14 ' gekennzeichnet ist. Dies gilt vor allem für die häufige Anwendung bestimmter Wert- und Gefühlsabstrakta (vgl. etwa: riuwe; ere; riebe; edel; vruot; guot; saelic; vröide; triuwe), aber auch für Verba abstracta wie sin und wesen, ban, stän, tuon oder kunnen, schließlich für feststehende Wendungen, wie sie ζ. B. im Bereich der Dienstterminologie {dienen; wesen undertän) anzutreffen sind. Hinzuzunehmen bleibt noch der intensive Gebrauch von weitgehend inhaltsleeren Funktionswörtern (Artikel, Präpositionen, Konjunktionen) und Pronomina. Unter diesen Vorgaben ergeben sich bei einer Darstellungsperspektive, die bevorzugt auf das Verhalten und Handeln des sich selbst bestimmenden Ichs ausgerichtet ist, dennoch differenzierte Aussagemöglichkeiten. So können Verbalwendungen mit finitem Hilfsverb mehr das Handlungsvermögen (vgl. MF 6o,i8f.; 61,34; 128,38) oder aber Verhaltensgebote (vgl. MF 206,2of.) ansprechen lassen; früher angeführte Textbeispiele (MF 14,19 u. 35,33^) rücken stattdessen auch mehr Handlungsabsichten und -zwecke in den Vordergrund. Aussagen über Haltungen und Orientierungen des Ichs können dagegen durch präzisierende Zusätze - etwa Adverbialbestimmungen (vgl. MF 60,14; 60,18; 128,38) oder Präpositionalobjekte (vgl. MF 61,33; 2 °6,i9) - formuliert werden. Auch sie tragen dazu bei, daß die Minnethematik primär unter Kategorien des Handelns und Verhaltens aufgearbeitet wird, indem die Darstellung sich dem agierenden Ich, seiner Handlungsfähigkeit und seinen Wertvorstellungen, seinen Absichten und Erfolgen zuwendet. 145
98
Vgl. Hans Fromm: Der oder die Dichter des Nibelungenliedes? In: Acta IV. Congresso latino - americano de estudos germanisticos. Säo Paulo 1974. S. 51-66, hier S. 56; dazu auch Ehlert: Konvention-Variation-Innovation; wie Kap. 1, Anm. 1. S. 6ii. u. 7Öf.
Die Sprecherrolle ordnet sich diesem Zusammenhang durch Verhaltensweisen zu, die zwischen dem Extrem objektiven Sprechens und weitgehenden Zurücktretens zum einen (vgl. MF 60,13-20), dem Bezug des Sprechers auf die eigene Erfahrung - wobei letztlich auch die Verbindlichkeit der allgemeinen Aussage in Frage stehen kann (vgl. MF 206,24) ~ z u m anderen liegen.146 Souveränität und Urteilsfreiheit des Sprechers stehen dabei entweder in Bezug zur Verbindlichkeit der jeweils vorgegebenen Wertordnung oder in Bezug zum Anspruch der persönlichen Erfahrung. Im Minnesang bis um 1200 (MF) finden sich j^fr-^r-Korrelationen mit der größten Anwendungsdichte bei Heinrich von Veldeke, Heinrich von Rugge und Hartmann von Aue. Während bei diesen Autoren durchschnittlich rd. in jeder vierten Strophe mit einem Beleg zu rechnen ist, gilt dies bei Heinrich von Morungen und Reinmar von Hagenau nurmehr für rd. jede neunte beziehungsweise zehnte Strophe. Ein Beleg in den 17 Liedern Hausens bietet das schlechteste Zahlenverhältnis (vgl. MF 53,35 Anders als im Falle Hartwigs von Rute, wo der geringe Umfang des Liedkorpus (4 Lieder) keine weitergehende Aussage zuläßt (vgl. als einzigen Beleg MF n6,8f.), könnte aber die Vermeidung der verallgemeinernden Rede auch als quantitativer Befund für Hausens syntaktischen Stil und Reflexionsgestus bezeichnend sein. Heinrich von Veldeke weist in 37 Liedern (64 Strophen) 17 Belege auf:147 58,11-13; 58,14-16; 58,32; 59,29-31; 6o,i3f. (der-der); 60,17-20; 60,25-28; 6i,22f.; 6i,29f.; 61,33-36; 62,10; 65,21 f.; 65,25f.; 67,33f.; XXXIV,2,if.; XXXIV,2, 7 f.; X X X V I , 1-4. Bei Heinrich von Rugge sind 6 Belege für den Kreuzleich (120 Verse) und 12 für 12 Lieder (48 Strophen) nachzuweisen: Kreuzleich: 96,6-8; 96,13f.; 96,19^; 97,2of.; 97,3 5; 98,2if.; Lieder: 101,26-28; 104,13f.; 104,1 jf. (Entstein . . .-diu)·, 104,19f.; 104,26f. (swes-den); 105,28-32 (der-ich ml . . .); 107,19^ (er-der); 107,3 jf. (er-der)\ 109,if.; 109,4; 109,43f. (swes-er); 110,8-11 (dem-den).
146
147
Vgl. auch die Beobachtungen bei Schmaltz: Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Alten; wie K a p . 1, Anm. 1. S. 190-201. Z u r Zählweise der Materialerhebungen: die Zählung der ganzen Lieder berücksichtigt nicht die Doppelfassungen eines Liedes. Dagegen erfaßt die Zählung der Strophen und der Einzelstellen Dubletten oder Varianten aus den Doppelfassungen als eigenständige Nachweise, die wie jeder normale Beleg gerechnet werden. Ebenso verfahre ich bei Mehrfachbelegen aus Liedrefrains. A l l diese Belege sind in der Regel durch Kurzhinweise erläutert.
99
Hartmann von Aue ordnet sich dem mit 15 Belegen in 18 Liedern (62 Strophen) zu: 206,7 (er-der); 206,19-21 (swes-der); 207,7-10; 207,15-18; 208, 209,if.; 210,3-6 (swes-der); 210,7-10 (swem-da211,20-24 (sweleb vrowe-diu); 211,27^ (der-der)\ 211,35; XII,5,if.; 216,if. (swes-der)·, 218,17 (eK üt-der)\ XVIII,2,7. Heinrich von Morungen bietet 13 Exemplare in 35 Liedern (121 Strophen): i26,34f.; i27,3f.(Tass. au. b :der-der); 128,28; 128,38; 130,3-8; 130,16-18 (derder); 131,9-12 (der-dem); 134,i4f.; 134,i6f.; 134,18-20; 136,37^; 138,25. Im Vergleich zu Morungen ändern sich die Zahlenverhältnisse bei Reinmar von Hagenau nur geringfügig; 68 Liedern mit 294 Strophen entsprechen 30 Belege. Insgesamt erreichen aber die swer-der-Gefüge nicht annähernd jene Häufigkeit und Konsequenz, die sich für Reinmar im Bereich indikativischer und konjunktivischer Konditionalsätze (vgl. dazu Kap. 2.5) ergeben werden: 150,10-13 (E^wirt. . .-der hat. . .); 150,i6f. (ist ieman, der-da^ ist. . .); 15 5,5 f. fFass. au. b: ime ist wol-der); 159,1 yf.; 162, n f . ; 162,30-32; 162,36-38; 163,2-4; 164,3f. (der-der); 165,33f. (swes-der)·, 166,11-14; 169,8 (ern-dem); 171,15f.; 172,3of.; 176,33-36; 180,4f.; 180,9; 181,2; 182,4f. (wol im si-der); 188,29^; 191,2of. (swem-der); 192,1 Bf.; 195,3^ (swem-der); 195,7-9 (wol im, er ist-der); 196,4; 198,28f. (wol im, der-der); 198,30-34 (der-dem)·, 200,11-13; L X V I I I , 1,1-4 (swel wtp-des). Sollen zunächst nicht allgemeinste Ordnungsaspekte - wie etwa die Thematik v o n Verhalten und personalem Wert oder die Anwendungstypen des Ratschlags und der Ermahnung - für die Gruppierung der Belege herangezogen werden, dann heben sich in der Reihe der einzelnen (Euvres 1 4 8 vor allem auch stilistisch-formale Besonderheiten ab: der gezielte Gebrauch des Elementes zeigt sich bei Veldeke in der Koordinierung zweier Exemplare durch syntaktischen Parallelismus und durch Gleichstellung in entsprechenden Strophenpositionen (vgl. M F : 5 8 , 1 1 - 1 3 u. 14-16; 60,17-20 u. 25-28; 65,2if. u. 25f.; X X X I V , 2 , i f . u. 7f.). Ähnliche Beobachtungen lassen sich wiederholen und modifizieren in M F bei Rudolf v o n Fenis (84,19-21 u. 28f. u. 32-35), Bernger von Horheim ( 1 1 2 , 1 9 ^ u. 21 f. [swes-die]), Bligger von Steinach ( 1 1 8 , 1 5 £ . u. 1 1 8 , 1 8 [sweme-derjy4,9, Hartmann v o n A u e (208,37f. u. 209,if.; 210,3-6 u. 7-10) und Reinmar v o n Hagenau (162,36-38 u. 163,2f.); besonders auffällig ist dabei eine Strophe wie Morungens M F 1 3 4 , 1 4 , w o Burdach die Parallelstellung der Sätze und Verse als »äusserst künstlich« (Reinmar und Walther. S. 98) bewertet hat. Wenn schließlich das Anakoluth in M F 5,37-43 1 5 0 nicht als Einwand gelten 148
Die Mehrzahl der zehn, weniger wichtigen Belege Johansdorfs ist auf die Kreuzzugsthematik bezogen: MF 87,7 (ern-der); 87,25f.; 88,2;f./IIIa (der-dem)·, 88,25f.b; 88,33-35; 89>3°f· (swen-da%); cio.jf. (swem-war); 92,3-6; 92,i4f. (der-der); 95,9f. 149 Vgl. in MF daneben auch: 118,19Γ (er-der); 119,4f.; 119,18-20. 1,0 Vgl. insgesamt für Wolfram: MF 3,29^ (swelch-des); 6,1-5; 6,31-34; 10A^· (swem-des); 100
muß, dann erweist sich Wolframs Der beiden minne (MF 5,34) als zudem wichtiger Beleg (MF 5,37-38 u. 6,1-6). In diesem Text kann nämlich die Form des verallgemeinernd-hypothetischen Sprechens den Kontrast zum primär episch-dialogischen Tagelied begründen und durch die formale Korrespondenz der zwei Strophen (vgl. swer minne und wipltcb grüe^enj . . .; swer pfliget oder ie gepflacj da% er bi lieben wtben lac) den inhaltlichen Gegensatz zweier Minnekonzepte herausheben. Mit dem Blick auf Themenstellung und inhaltliche Besetzung des Schemas lassen sich dann zuerst jene Belege aussondern, in denen von richtigem, klugem oder auch vollendetem Verhalten in der Minne und als Minnepartner die Rede ist. Vgl. MF: Veldeke: 6o,i}f. u. 1 7 - 2 0 U . 2 5 — 2 8 ; 6 1 , 3 3 - 3 6 u. 6 2 , 1 0 ; Rugge: 1 0 1 , 2 6 - 2 8 ; 104,il-y> Morungen: 126,34^; 127,rf. (Fass, a u. b); 128,28; 130,3-8; 138,25^; Reinmar: 150,16-18; 159,i7f.; 166,11-14; 169,8; 180,4f. - Als Sondertypus fallen bei Reinmar zudem Belege auf, die den glücklichen anderem ansprechen: 15 5,;f. (Fass, a u. b); 182,4f.; I95.7-9; i9 8 . 2 8 f · Spezifische Akzentsetzungen deuten sich in diesen Belegen etwa bei Morungen an, der polemisch auf das Verhalten der anderen hinlenkt, weil sie den Anblick der Frau stören (MF i26,34f.); ein anderer Beleg greift das Motiv vom Wohnen im Herzen 1 ' 1 auf, um die Intimität der Liebeserfahrung gerade im Dialog mit dem Publikum auszuspielen und bewußtzumachen (MF 127,3f. [Fass, a u. b]). Eine besondere Schärfe und Hyperbolik scheint sich daneben bei Morungen in Drohungen, Warnungen und Verwünschungen des Sprechers durchzusetzen (MF 126,35; 128,28; 1 3 1 , 1 1 ; 136,38; 138,26); indes bleibt dieser Redegestus allgemeiner zu beachten (vgl. z. b. Veldeke: MF 58,1 zf.; XXXIV,2,2). Bei aller Wichtigkeit dieser Materialien im einzelnen wie auch im allgemeinen setzt sich dann aber doch der intensive Gebrauch des swer-der-Gefüges im Werk Walthers von der Vogelweide, Ulrichs von Lichtenstein und Johannes Hadlaubs klar gegen die Lyriker bis um 1200 ab. Walther von der Vogelweide(L) 1 ' 2 ordnet sich aufgrund der Zahlenverhältnisse zwischen Heinrich von Veldeke oder Hartmann von Aue einerseits, Reinmar von Hagenau und Heinrich von Morungen zum anderen ein. 36 Belegen stehen 71 Lieder mit 286 Strophen gegenüber, wobei Lachmanns Gruppe der zweifelhaften und unechten Lieder nicht eingerechnet ist:
151
1,2
Vgl. bes. auch zur mariologischen D e u t u n g der Textstelle Ohly: Cor amantis non angustum. Vom Wohnen im Herzen; wie Kap. 1, Anm. 75. S. 131-133. Auch im folgenden bleiben neben der politischen Lyrik und der Spruchdichtung der Leich, das Palästinalied und die Reflexionslyrik Walthers, die nicht dem Minnesang zuzuordnen ist (L 59,37; 66,21176,22; 100,24; 121,33; " 2 , 2 4 ; IZ 4> 1 ), ausgeklammert. 103
14,3-5; 4°»29^· (der-das^ was)·, 41,23; 42,15f.; 44,2-4 (der-dem); 46,34 (er-der); 53,nf.; 57,9; 57,11-13; 59,iof. (der-wie vil)·, 59,18 (dem-dem-, vgl. Hs. A :swem); 62,26-28; 64,2f. (der-der); 65,1-4 (der-); 69,(der-der; vgl. Hss. AC: swer sich); 73,37-74,1 (swen-da^kumt)·, 90,9-12; 9i,23f. (er-der); 92,23^ (swelch-da^ ist); 92,30-32; 92,33^ (der-deti)·, 93,4-6 (swelch-so); 93,i7f.; 95,37 (er/si-der)·, 96,4-6 (er-der)\ 96,1 (dem-dem)·, 96,15f.; 96,17^ (swen-der); 96,21-23; 99,8f. (er-der)·, 102,36-103,2; 103,3f. (des-swes); 103,8f. (swen-der)·, m,36f.; 118,i6f. (swemdeme)\ 217,xof.'" Unechte Lieder: XVI,2zf.; XVII, 14 (der-dem)·, XVII, 15f. (der-dem). Signifikant scheinen indes bei Walther einzelne Ausgestaltungen und Kombinationen des Aussageschemas. Vor allem die mehrmalige Wiederkehr des Musters in einem Text ist jetzt zu beobachten; sie kann ebenso strukturelle Bedeutsamkeit wie auch formtypologische Absichten anzeigen. So gibt es Konstellationen, die zwei Konditionale im direkten Kontakt oder doch im engeren Zusammenhang aufeinander beziehen: Husche man sint wol gezogen, rehte als engel sint diu wip getan, swer si schildet, derst betrogen: ich enkan sin anders niht verstän. tugent und reine minne, swer die suochen wil, der sol komen in unser lant: . . . (L 57,7-13) Die Bewertung von Verhalten (L 57,9) zum einen, zum anderen die lehrhafte Verbindung von Zielvorstellung (L 5 7,11 f.) und Verhaltensempfehlung (L 5 7,13) sind formal ähnlich gebaut, entwickeln aber antithetisch das ausgesagte Verhältnis zu den deutschen Frauen. Verhaltensnorm und Empfehlung vermitteln den Anspruch eines verbindlichen Wertgefüges. Auffällig sind aber vor allem drei Texte (L 92,9; 95,17; 102,29), die jeder mehrmals das Denkschema aufweisen. Für Mirst diu ere mmaere (L 102,29) m a g dabei die Zuordnung zur Minnelyrik problematisch bleiben;'54 Hinweise auf die Minnethematik fehlen aber nicht (vgl. L 102,33-35; I0 3,3f-)> auch wenn die allgemeine Lebenslehre über-
Ii4
Vgl. den Beleg auch bei Hartmann von Aue XII,5,1 f. Vgl. hierzu den Hinweis bei Kurt Herbert Halbach: Walther von der Vogelweide. 4., durchgeseh. u. erg. Aufl. bearb. von Manfred Günter Scholz. Stuttgart 1985. S. 68 u. 69.
104
wiegt. Aber vielleicht ist der Text auch gerade daher für Beobachtungen zu dieser Form beachtenswert. Alle drei Lieder werden von Maurer der Produktion nach 1205 z u g e w i e s e n , 1 " Ein
niuwer sumer (L 92,9) u n d
ich doch gegen der
schoenen (L 9 5,17) stellen sich in den Kontext der Neuen Hohen Minne. Lassen sich nun im Falle von L 92,9 auch die Verse 92,3 jf. auf die konditionale Verknüpfung zurückführen (der Anblick macht froh . . ., wenn eine Frau . . .), bietet der Text fünf Belege (vgl. auch L 92,23^; 92,30-32; 93,4-6; 93,17f.; vielleicht auch 92,35-37?). Dabei fällt auf, daß verallgemeinernde Formulierungen wie L 92,30-32; 93,4-6 und 93,1 als Zusammenfassung und Folgerung die Strophen 2 bis 4 abschließen. Der didaktische Impetus des Textes 1 ' 6 gewinnt dann Prägnanz, wenn mit dem Zurücktreten des Ich-Sprechers Zielvorstellungen (vgl. L 92,32) und ihre Voraussetzungen (L 92,3if.), aber auch die Wertinhalte und Konsequenzen von Leistungen (vgl. L 93,4-6 u. i j i . ) Geltung bekommen. Die argumentative Leistung, die das Schema im Zusammenhang einer Wertediskussion 157 erbringen kann, zeigt sich mit der Erörterung und Darbietung allgemein gültiger Bedingungen und Folgen: Exemplarisch geschieht dies in Strophe 3, wenn zunächst zwei unterschiedliche Voraussetzungen und Inhalte von vröide vergleichend eingeführt (vgl. L 92,3 3f. u. 3 5f.) und in ihrem Wert gegenübergestellt werden (L 92,37^), um zuletzt - ebenfalls in der Reflexion auf Bedingung und Folge (L 93,1-3: Was ist auch den Freuden zu vergleichen, wo . . . ? ) — das Wertideal in seinen wesentlichen Merkmalen (vgl. L93,2f.) darzulegen. Die abschließende Verallgemeinerung kann dieses Ideal als Prämisse aufnehmen (L 93,4) und sein Erreichen in der Bedeutung für die Person ausweisen (L 93,5f.). Ähnlich ordnen sich auch Formulierungen zu, die als Voraussetzung die praktische und ethische Vollkommenheit der Frau nennen, um sie folgernd als Ideal zu identifizieren (vgl. L 92,23^). Dabei deutet sich noch einmal die rhetorische Leistung des Elementes an, Verhaltensmuster und Wertinhalte mit dem Anspruch von Allgemeingeltung und Vgl. Maurer: Die Lieder Walthers von der Vogelweide; Bd. 1, S. 6herzeliebe< und die höfische Minnedoktrin. In: Helmut Birkhan (Hg.): Minnesang in Österreich. Wien 1983. S. 109-152, hier S. 116-118. 157 Vgl. wie Anm. 156.
1.5
105
Objektivität zu demonstrieren und dabei gerade die direkte Zugänglichkeit von Zielen oder Werten zu unterstellen. Dennoch hält der Text auch den idealen Anspruch der entwickelten Normen und Werte bewußt. Was also die konditionalen Denkschemata des Textes vor allem ermöglichen, ist die Entwicklung und Transparenz eines verbindlichen Ordnungsgefüges, das in seinen Voraussetzungen und Möglichkeiten erhellt, in seiner Zugänglichkeit für den Einzelnen, aber auch seiner Idealität offensichtlich wird. Parallele Beobachtungen erlaubt das Lied Wa^ ich doch gegen der schoenen v>it (L 9 5,17). In diesem Text häufen sich Belege des Schemas in den drei letzten Strophen, so daß unter veränderten Vorzeichen auch in ihm die Entwicklung eines verbindlichen Wertgefüges und allgemeingültiger Verhaltensmuster als Zielvorstellung ins Zentrum tritt. Die Argumentation, darauf kommt es an, rekurriert nicht einfach auf vorgegebene Normen oder Werte, sondern lenkt auf Begründungen und Implikationen hin. Die sechs Belege des Liedes (vgl. L 95,37^; 96,4-6; 96,1 96,15^; 96,17^; 96,21-23) ordnen sich diesem Ansatz zu, indem sie der Erörterung von Bedingungen für Werte und Normen, der Auseinandersetzung mit negativen Gegenbildern, schließlich der Formulierung von Verhaltensempfehlungen dienen können: E r saelic man, si saelic wip, der herze ein ander sint mit triuwen bi! ich wil daz daz ir beider Ιΐρ getiuret und in hoher wirde si. er ist ouch saelic sunder strit, der nimt ir tugende rehte war, so daz ez in sin herze get.
(L 95,37-96.2 u · 96.4-6) Während die zwei ersten Strophen des Liedes (L 95,17-36) die Situation des Sprechers, dessen Erwartungen und Bedürfnisse in der Minne unerfüllt geblieben sind, exponieren, setzt gegenläufig mit Strophe 3 eine allgemeine Erörterung der Voraussetzungen ein, unter denen die saelde beider Minnepartner eingelöst wäre: die aufrichtige Gemeinschaft der Liebenden (L 95,38), ihre soziale Integration (L 96,1 f.), aber auch die Erkenntnis der Eigenschaften und Fähigkeiten des Minnepartners (L 96,5 f.) gehören dazu; wobei der Sprecher neben der Darlegung von Bedingungen auch als Instanz sozialer Forderungen 106
(L 96, ι f.) hervortritt. Die Erörterung gewinnt Kontur mit der Abgrenzung gegen das Verhalten des typisierten lihtgemuoten (L 96,13f.), der den Wert der Liebe nicht zu erkennen vermag (vgl. bes. auch L 96,9-12): dem liht gemuoten dem ist iemer wol mit lihten dingen, als ez sol: swer wirde und fröide erwerben wil, der diene guotes wibes gruoz. swen si mit willen grüezen muoz, der hat mit vröiden wirde vil. (L 96,13-18)
Der Leichtsinnige weiß nichts von dem Weg, der für den, der zugleich soziale Anerkennung und personale Erfüllung anstrebt, offensteht (L 96,15f.). Im Kontrast wertet das negative Gegenbild die folgenden Verhaltensanweisungen auf: die Verbindung sozialer wirde und personaler vröide erscheint als erstrebenswertes Ziel gerade auch wegen der tieferen Verbindlichkeit und der besonderen Energie, die ein Erreichen dieses Ideals verlangt. Das Bemühen um die Zuwendung der Frau im Minnedienst erscheint dabei als Weg für die Realisierung des idealen Anspruchs, wie dann die abschließende Regel bestätigen soll, die den Willen der Frau als Prämisse einbezieht (L 96,17). Ja herre, wes gedenket der dem ungedienet ie vil wol gelanc? ez si ein sie, ez si ein er, swer also minnen kan, der habe undanc, und da bi guoten dienest übersiht. (L 96,19-23)
Die persönliche Leistung im Minnedienst, aber ebenso die Urteilskraft des Einzelnen, der den Dienst des anderen in seinem Wert zu erkennen und anzuerkennen vermag, sind am Ende von Frau und Mann gefordert. Die verschiedenen Argumentationsschritte verankern so in den Voraussetzungen für das Glück beider Liebender nicht nur die Forderung einer gesellschaftlichen Anerkennung (vgl. L 96,1 f.), sondern die Fähigkeit der Minnepartner zur Einsicht in die Leistung und die Eigenschaften des anderen (vgl. L 96,24-26). Ein Stichwort des Textes dabei: sich versten (vgl. L 96,7 u. 11); Urteilskraft und die Fähigkeit zur Einsicht in die Möglichkeiten der Minne (vgl. L 96,9-12), aber auch die Erkenntnis des anderen (vgl. 107
L 96,5 f. u. 7) sind Thema einer Erörterung, die in Reflexion und Argumentation selbst auf Voraussetzungen und Möglichkeiten der Minne gerichtet ist. Die Diskussion des Sprechers bemüht sich um ein Konzept der Minne, das wirde und vröide integriert, zugleich auch den Glücksanspruch von Mann und Frau gleichermaßen einbezieht; die kritische Unterscheidung zwischen klugem und törichtem Verhalten (vgl. L 96,9-14 u. 21-28) fehlt ebenso nicht. Was der Text inhaltlich reflektiert, findet so eine Entsprechung in der Darstellungsform, die - in dem besprochenen Textstück jedenfalls - in auffälliger Häufung das verallgemeinernd und relativisch formulierte, konditionale Denkschema beobachten läßt. Und das Denkschema ermöglicht eben die Reflexion und Prüfung von Bedingungen, kritisches Unterscheiden wie auch die Einsichtnahme in Wertinhalte und Normen. Eingesetzt werden diese Möglichkeiten um ein allgemein verbindliches Ordnungs- und Wertgefüge der Minne mit dem Anspruch eines gültigen Ideals zu entwickeln. Die Leistung des verallgemeinernden Konditionalgefüges deutet sich damit nicht nur in verschiedenen Aussagefunktionen (Erörterung von Prämissen, Verhaltensempfehlung, Typisierung von Verhaltensweisen), sondern auch in der variablen inhaltlichen Besetzung des Schemas an. Es kann gerade dort ins Zentrum treten, wo die Erörterung und die wirksame Darbietung von Verhalten in der Minne oder von idealen Wertkonzepten dominieren. Dies erweist sich, wenn nun nach den Bedingungen gefragt ist, die das Glück beider Liebender herbeiführen könnten, und zugleich die Einheit von sozialer Anerkennung und individuellen Bedürfnissen zum Thema wird. Es muß nach diesen Ergebnissen nicht überraschen, daß ähnliche Resultate für einen Text wie L 102,29: Mir st diu ere unwert zu erwarten sind (vgl. L 102,36-103,2; 103,3f.; 103,8f.). Die Entwicklung verbindlicher Verhaltensprinzipien und Wertinhalte wird, wo sie allgemeine Geltung anstrebt, in Lebenslehre wie Minnereflexion Berührungspunkte gerade in der Formensprache aufweisen können. Ähnliche Anwendungsweisen des Schemas sind auch sonst in Einzelbelegen zu verfolgen. Dies gilt etwa für Verhaltensempfehlungen (L 4 2 , 1 5 ^ 57,11-13; 62,26-28; 69,3f.; m , 3 6 f . ) , Erfahrungssätze (53, n f . ; 57,9; 73,37-74,1; 90,19-21; 118,i6f.) und die erörternde Darstellung (44,2-4; 65,1-4; 9 1 > 2 3f·; 99, 8f ·)·
108
Die »Deutschen Liederdichter des 13. Jahrhunderts< (KLD) zeigen eine breitere Anwendung des konditionalen Swer-der-Gefüges allein im Werk von fünf Verfassern. Denn außer bei Rubin, Burkhart von Hohenfels, Ulrich von Winterstetten, Ulrich von Lichtenstein und dem Kanzler bekommt ein intensiverer Umgang mit dem Schema bei anderen Verfassern, für die mehrere Belegstellen nachzuweisen sind, zumeist nur in auffälligen Einzelbelegen oder wenigen Belegkombinationen Kontur. Dennoch scheint sich auch in diesen Fällen die Entwicklung spezifischer Aussagemöglichkeiten zu ergeben. Im Rahmen der Übersicht sei indessen die Masse der Nachweise, für welche dies kaum gilt, nur statistisch behandelt: Hiltbolt v o n S c h w a n g a u : X V I I , 1 , 5 f . ; Otto v o n Botenlauben: V I I I , 5 f . ; E n gelhart v o n A d e l n b u r g , M F 148,25-27; D e r tugendhafte Schreiber: 1 1 , 2 , i f . ; I I I , 1,5 f.; I X , 3,5 -7; M a r k g r a f v o n H o h e n b u r g : V I , 4 , 1 - 5; Friedrich v o n Leiningen: I , i f . (swes-der); L e u t h o l d v o n Seven: V I I , 2 , 9 ; R e i n m a r der Fiedler: Ι , ι , ι ο u. R e f r a i n in Str. 2-4; I I I , 3 , 1 f. (er-der); v o n Stamheim: 3,1 f. (nieman-smlh)·, v o n Buochein: 1 1 , 2 , j f . ; V , i , 6 ; V , 3 , i o f . (er-der); B r u n o v o n H o r n b e r g : I I I , 1 , 1 f.; H u g v o n Werbenwag: 1 , 1 , 5 f . (swem-der); Wachsmut v o n Mülnhausen: I I I , 2 , 3 f . (swem-der)·, R e i n m a r v o n Brennenberg: I V , i , n f . (swem-dem); I V , 10,5f. (swem-den); V , i , i f . (-swem); v o n Stadegge: 1,4,2 (swelch)·, B u r g g r a f v o n Lüenz: 1 , 3 , 3 ; v o n Wissenlo: I , i , i f . ; I I I , 1 , 5 - 8 ; v o n Sachsendorf: 1 , 1 , 4 - 6 ; I V , 1 , 5 - 7 ; V I I , 2 , 2 ; v o n Scharpfenberg: 1,6,3 (dem-dem); v o n O b e r n b u r g : II, 4,7f.; 1 1 1 , 3 , 2 ; Wilhelm v o n Heinzenburg: I I I " , 1 - 4 ; K o n r a d v o n K i l c h b e r g : I, 2,7f.; 1 , 4 , i f . (swem-der)·, I V , j , 5 f . ; D e r Püller: V , 2 , i 2 f . ; Schulmeister v o n Esslingen: V I I , 1 , 1 3 - 1 5 ; D e r D ü r n e r : 4,7f. (swelhen-der); Heinrich v o n Breslau: 1,2,4 (-swes); D e r Dürinc: V I I , 3 , 7 (swem-des); Christan v o n L u p p i n : I V , i , 7 f . (swem-); Υ,ί,ι-y, Heinrich Hetzbolt v o n Weissensee: 1 , 2 , 1 f.; I I , 2 , i f . ; I V , 3 , 1 f.; V , 1 , 4 - 6 ; V , 2 , 5 " 8 ; V I I , 2 , 1 ; Wenzel v o n B ö h m e n : I I , 1 , 5 ; I I , 2 , 3 f . ; G ü n t h e r v o n dem Forste: I I , i , i f . ; 1 1 , 4 , j f . ; V , i , 6 f . ; V , i 2 , i f . ; V , 2 1 , 1 - 4 ; N a m e n l o s e Lieder: a 40-43: i , i f . ; a 4 6 : i 2 f . u. 40-44; η: 1 1 4 η , 1 0 - 1 2 (swem-); 1 1 1 3 η , 2 f . (swelch-der) u. 10; I I I i 4 n , ι i f . ; ρ: i 3 p , 3 , i f . (-dem); s: e i ' . i . j f . ; χ: X X V 2 , 2 f . ; Waltram v o n Gresten: 1 , 4 , i f . ; I I I , 2 , 3 f . (er-dem).
Spezifische Akzentuierungen des Aussagemusters finden sich in der Zeit vor 1250 zunächst bei Christan von Hamle, Heinrich von Meissen und dem Markgrafen von Hohenburg, weniger dagegen — trotz der hohen Belegzahl 1 ' 8 - bei Rubin. Christan von Hamle gestaltet das Konditionalgefüge als Verhaltensregel aus, um die Begegnung der Liebenden in ihrem unüberbietbaren Glück (I,2,3f. u. 7-9)159 darzustel1,8
I!9
Rubin weist in 22 Liedern (78 Strophen) 12 Belege auf: IIA,1,4-6; V , i , 6 (er-der); VIIA,2,1-3; X / X I , 1 , 1 - 3 ; XIII, 1,1 f. ( W im-dem); X I V , 1 , 6 ; X I V , i , 8 f . ; XVI,2,2 (der-der); X V I I I , 4 , 3 f . ; X X I , 2 , 5 f . ; XXII,2,1-4; XXII,4,7. Vgl. hierzu auch den Artikel von Franz Josef Worstbrock, V L 2 . Bd. 1. Sp. i2oif.; als weiteren Beleg für Christan: IV,2,1-4.
109
len. Die Steigerung kommt in der variierenden Wiederholung und Intensivierung des einen Gedankenganges, der das Liebesglück als höchste Erfüllung der Person ([vröide) deutet, auch formal zum Ausdruck, da die Verse 1,2,5f. ebenfalls ein Bedingungsgefüge beinhalten:
swer sie sol schouwen sunder h u o t e smerze, fröid obe aller fröide er vindet da ho. swä sich vier arme gesliezen enein, nie süezer fröide der sunne überschein, swer solhen tröst weiz an lieplichem wibe, ja enist ze der werlte niht bezzerre fröide da mite man baz die sorge vertribe. ( K L D 1,2,3-9) Wie in diesem Textbeispiel so tritt auch in Lied V Heinrichs von Meissen ( V , 1 , 1 0 - 1 2 ; 2,3f.; 2,9-12; 3,1 if.) nicht die argumentative Entwicklung von Verhaltensmustern und Wertinhalten in die Mitte; das Verhalten gegenüber vollkommenen Frauen (vgl. 2,6) wird in seinen Alternativen angesprochen und durch Stellungnahmen wie auch Verhaltensanweisungen des Sprechers eingeordnet. Daneben fehlen nicht Belege, die deutlicher die Definition des Minnebegriffes (Markgraf von Hohenburg, V I , 4 , 1 - 5 ) und die Diskussion von Verhaltenskonzepten (Wachsmut von Künzich 1,3,5f.; vgl. auch 3,i-4) i 6 ° weiterführen. 161 Aber sie treten, nimmt man einmal Ulrich von Lichtenstein aus, insgesamt in den Hintergrund. Dies gilt mit A u s n a h m e des Liedes X I I I auch f ü r Burkhart von Hohenfels. In dessen 18 Liedern (81 Strophen) sind immerhin 15 Exemplare nachzuweisen; n i m m t man zum Vergleich die 5 Belege aus den 51 Liedern Gottfrieds von Neifen (IX,4,4f.; IX,4,7-10 [smm-daXX,3,2if.; XXII,2,4-6 [der-demj; X X X I X , 2 , 4 f . ) , so ist das bemerkenswert: II, 1,5f.; III, 1,6f.; I V , i , i f . ; V , 5 , i f . (siven-der); IX,4,8-10 (swes-den); IX,5,9f.; XI,3,6f.; XI,5,4; XIII,2,1-3 (er-der); XIII,3,6; XIII,3,8f.; XIII,5,1-3 (swelch-diuJ; XV,4,iE; X V , 5 , 6 f . (der-dem)·, X V I I , 5,1 f. Eine auffallige Dichte der Belegzahl weist allein das Lied X I I I auf; sie ist motiviert durch den Themenbereich der dargestellten Gesprächssituation (vgl. X I I I 1,1-5 u · 3>I_4)> mit dem gesellschaftliches Verhalten und öffentliche A n e r k e n n u n g der Frau als Probleme zentriert werden. N e b e n einigen Sprichwörtern u n d Sentenzen' 6 2 ist es dabei das verallgemeinernde Swer-der-Gefüge, ,6
° Vgl. weiterhin für Wachsmut K L D IF.z.jf.; IP,4,1-3 u. 4,4. Vgl. für diese Gruppe auch das Lied IV (2,3; 2,5f.; j,if.) Ottos von Brandenburg. 162 Vgl. den Hinweis von Kuhn: Minnesangs Wende; wie Kap. 1, Anm. 10. S. 11. 161
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das in der Erörterung den Bezug auf durchschnittliche Erfahrungen, typische Verhaltensweisen und allgemeine Verhaltensmaßstäbe ermöglicht.' 6 ' - Mehrere Einzelbelege (II, 1,5f.; III,i,6f.; V,5,if.; ΙΧ,4,8-ιο; XI,5,4) haben daneben die Wirkung der Frau auf den Mann zum Thema. Die Hervorhebung des Aussagemusters oder die Akzentuierung eines bestimmten Themenkreises scheinen demgegenüber bei Verfassern wie Ulrich von Winterstetten oder dem späteren Rudolf von Rotenburg kaum beabsichtigt. Auch wenn bei Winterstetten einzelne Konstellationen, die das Schema im Strophenrefrain (IX,1,11-13 u · Strophen 2-5)164, mehrmals auch im Tagelied (VII, 1,1 f.; XIII,1,4-6; XXVII,1,2-4 u. 6-8)16' oder in Einzelstrophen (VIII,ι,η{. u. 8f.; XXIV,5,1-3; 5,4f.; 5,8) aufweisen, einbezogen werden, so bekommt dies kaum Gewicht gegenüber der Intensität, mit der dann Ulrich von Lichtenstein die Form ausgestaltet und entwickelt, und zwar gerade auch in Auseinandersetzung mit bestimmten Problemfragen. Während bei Ulrich von Winterstetten die Anzahl der Belege auffallen kann, ist es bei Ulrich von Lichtenstein vor allem der gezielte Gebrauch, der bei früheren Verfassern wie Christan von Hamle oder Burkhart von Hohenfels nur an einzelnen Konstellationen festzumachen war: Ulrich von Winterstetten (8 Belege in 5 Leichs; 23 Belege in 40 Liedern mit 155 Strophen): Leichs: II: 67^; III: 71-73; 116; 117; 124; IV: if.; 104; 18if. (er-der); Lieder: VII,i,if.; VIII,i, 7 f.; VIII,i,8f. (im-der); VIII,3, 7 f.; IX, 1,11-13 u. Refr. in 2-5; XII,5,if.; XIII,1,4-6; XIV,4, 9 f.; XV,3,4; XVIII, I,7-11; XIX,4, 3 f. (er-den); XXIV,5,1-3; XXIV,5, 4 f. (der-der); XXIV,5,8 (dem-der); XXV,1,7-9; XXVII,1,2-4; XXVII,1,6-8; XXXV,2,zf. (swem-); XXXVII,3, 3 f. Rudolf von Rotenburg (7 Belege in Leich I-V; 1 Beleg in 11 Liedern mit 44 Strophen): Leichs: II: 32; IV: 43 (-swes); V: 7f.; 48; 112-114; i40f. (so-swelch); 2.jji. (er-der); Lieder: XVI, 1,5-7. Ulrichs von Lichtenstein Werk weist in 5 8 Liedern (331 Strophen) 44 Belege auf; eingerechnet ist dabei nicht der Leich (97 Verse; Nr. X X V : i j f . ; 22-25,27-30). Das Zahlenverhältnis von Strophen und Belegstellen kommt dem bei Walther v o n der Vogelweide festgestellten nahe: II,2,if. (er-der); 111,6,1 f. (er-dem); La. 60,25 (5^·; 9f·); VII,2,7f. (swen-dem); XVI,2,if.; XVIII, 1,1 f. (er-des); XVIII,x, 5 f.; XVIII,1,7; XXII,2,if.; XXII, 2,6f. (swes-des); XXII,6, 3 f.; XXII,6, 5 f.; XXIII,i,6f.; XXIII,3,3-5; XXIII, 3,6f.; XXIII,5, 4 f.; X X I V , i , i f . (der-der); XXIV,3,if.; XXVII,2,if.; XXVII, 6,5f.; XXIX,1,12-15; XXIX,2,1-5 (smm-der); XXIX,2,12-14 (-swem); ' 6 > Burkharts Lied N r . X V scheint in Strophe ; u. 4 parallele Beobachtungen zuzulassen. 164 l6
Vgl. parallel auch den Refrain in Ulrichs Lied N r . X V I .
' Vgl. parallel Bruno von Hornberg I I I , i , i f . ; Burggraf von Lüenz: 1,3,3; Namenlos: a 4 o - 4 3 , i , i f . ; von Wissenlo: 1 , 1 , i f . ; 1 1 1 , 1 , 5 - 8 .
III
X X I X , 3 , 1 - 8 (smm-daz); X X I X , 3 , 1 2 - 1 5 (-srvem)·, X X X I V , 2 , 5 ; X X X I V , 5,1-3; X X X V , 2 , 5 - 7 ; X X X V I I I , 3 , 3 - 5 (smn-der); X X X V I I I , 4 , i f . ; X X X V I I I , 5,3-5; X X X I X , 2 , i f . (swem-der); X L I I I , 4 , 5 f . (swen-der)\ X L V I , 1,3-5; X L V I I ,
2,5-7 (swelhiu-)·, XLVII,3,1-4 (swem-der)\ LI,i,5f. (swelh-diu)·, LI,3,1-4 (sivelch-
diu)·, LI,5,1-4 (swelch-der)·, LI,6,3f.; LI,6,5f. (swelch-an den)\ LII,2,2.
Auffällig und aufschlußreich erscheint dann die Verteilung der Belege auf einzelne Lieder (Strophen): La. 60,25: 5F.; ηΐ.\ Frauendienst< Ulrichs von Bedeutung ist. Denn es sind eben diese Lieder, in denen - wie Klaus Grubmüller in seiner Deutung des Romans geklärt hat - Minnesang sich als Instrument von Wirklichkeitserkenntnis erweist und sich in der Reflexion auf die eigenen Bedingungen vollzieht;'66 das verallgemeinernde Swer-der-Gefüge kann daher bei diesen Verwendungsprinzipien immer wieder an zentralen Stellen auftreten, oftmals neben anderen Typen des Konditionals. In Strophe 3 des Liedes Nr. X X I I I werden mit Hilfe des Swer-derGefüges Bedingungen, die den Minnebezug konstituieren, entwickelt: die Einheit von staete und triuwe muß durch den Einzelnen als unabdingbare Voraussetzung erbracht werden: Minne niender sich enthaldet äne triuwe und staeten muot. swer diu niht zesamen valdet, alse ot vil manc valscher tuot, dän ist minne niender bi. er unfuoget und gewaldet, swer giht daz da minne si. ( K L D XXIII,3,1-7)
Die Handlung des Ineinanderbegreifens (3,3) erscheint als Prämisse, ohne die Minne nicht möglich wird (3,5). Gerade auch der Hinweis auf das falsche Verhalten (3,4) und auf diejenigen, die Minne anders auf166
Vgl. K . G.: Minne und Geschichtserfahrung. Zum >Frauendienst< Ulrichs von Lichtenstein. In: Geschichtsbewußtsein in der deutschen Literatur des Mittelalters. Tübinger Colloquium 1983. Hrsg. von Christoph Gerhardt, Nigel F. Palmer und Burghart Wachinger. Tübingen 1985. S. 37-51, bes. S. 46.
112
fassen, (3,6f.) geben der Position des Sprechers, der souverän auf eine verbindliche Wertordnung zurückgreifen kann, Kontur. Solche Reflexion auf gültige Bedingungen, aber auch auf falsches Verhalten dominiert besonders klar in Lied Nr. X X I X (Sumervar. . .): saelic man, swer so kan dienen daz sin arebeit im liebe leit. ( K L D X X I X , i , 12-15) Swem got git daz er lit liebe, der mac wol sin sunder leit. (KLD XXIX.2,1-5) Swem ein wip sinen lip minneclich umbevät, ob der niht saelden giht, daz ist groz missetät. imst geschehen, wil ers jehen, da von im wirt truren kranc. sunder meil ist sin heil, swem von linden armen blanc wirt umbevanc. (KLD XXIX,3,1-15)
Das gesamte Lied greift auch sonst mit deutlicher Präferenz auf Konditionalformen zurück (vgl. z.B.: 4,1-8; 5,1-9; 5,12-16). Insgesamt erörtert der Textablauf Voraussetzungen für die saelde (1,12; 3,6; 4,1) undfröide (2,552,11 u. 1255,10) der Liebenden, so daß die Erfüllung des Minnedienstes (1,12-15), der Gottesbezug (2,1-5) u n d die Liebesbegegnung selbst (3,1-8), die als vollkommenes Heil bewertet werden kann (3,12-15), in fortschreitender Differenzierung des Komplexes als Prämissen erscheinen. 11
3
Wichtig ist daneben bei Ulrich die Verwendung des Elementes f ü r Verhaltensempfehlungen und Ratschläge. In L i e d N r . L I steht sie in einem Rahmen, den programmatisch die Eingangsverse fixieren: Ich wil durch die frouwen min guoten wiben raten einen rät, daz si vro mit zühten sin. ( K L D LI,1,1-5) D e m entspricht die Darbietung v o n Wertprinzipien und Verhaltensmaßstäben: swelch wip ist mit zühten hoch gemuot, diu hat eren vil, und ist si guot. ( K L D LI, 1,5 f.) swelch wip güetlich lachen kan schon mit zühten, hat diu roten munt, diu mac einem werden man siuften bringen üz des herzen grünt. ( K L D LI,3,1-4) swelch man sich vor missetat hat behuot und immer hüeten wil, swa ein wip sich an den lät, der lip darf gesorgen nimmer vil. ( K L D LI,5,1-4) swer nie groz untat begie, der ist werdem wip ze friunde guot. swelch man siner eren hüeten kan, an den sol ein wip ir ere län. ( K L D LI,6,3-6) D i e verallgemeinernden K o n d i t i o n a l g e f ü g e erscheinen so als Elemente einer Verhaltenslehre f ü r Mann und Frau, in der %uht, ere, schoene,güete und hoher muot als Werte und N o r m e n die Gegenseitigkeit der Minnepartner regulieren sollen. Bewußtseinshaltung (1,5), Erscheinung, Habitus (3,1-4) und gutes Handeln (5,1-4; 6,3-6) werden als Voraussetzungen f ü r den Minnebezug eingeführt. L y r i k e r der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ergänzen den Z u sammenhang in Einzelaspekten: Walther v o n Mezze etwa verbindet 3 Exemplare (X,2,5-8; $, 1 f.; 3,3-8) in einem Gedankenexperiment, das
114
den inneren Wert des Zuhörers als Voraussetzung für den Gesang erörtert. 107 Der Kanzler verwendet das Schema fast ausschließlich für Publikumsappelle und Verhaltensempfehlungen: V , 1 , 1 - 3 ; ^ , 2 , 1 - 3 ; V , 2,7-11
(swem-der); V I , 2 , 5 - 7 ; X I , 2 , 1 1 - 1 4 ; X I I I , 2 , 1 - 5
3,5f.; X V , 3 , i 2 f .
168
Das Swer-der-Gefüge
(-swem);
XIV,
erscheint im Leich des Wilden
Alexanders in 6 Belegen (VII: 29^; 4 1 - 4 3 ; 45-48; 59-62;
133-140;
1 4 1 - 1 4 4 ) , die im besonderen die Negativität und die Ambivalenz der Minne beschreiben; dabei scheint die einheitliche Thematik Rückbezüge zwischen den einzelnen Belegen aufzubauen. Unter den Schweizer Minnesängern ( B S M ) ist es nur noch Johannes Hadlaub, der sowohl durch die Anzahl als auch die Qualität der Belege deutliche Eigenständigkeit beweist. Das Aussagemuster kann indessen auch allgemeiner nachgewiesen werden; eine höhere Belegzahl bei Ulrich von Singenberg und Konrad Schenk von Landeck: Singenbergs QEuvre (ohne Nr. 19,20,30,32,33) weist in 29 Liedern 30 Belege auf: 4,22; 5,i2f.; 5,19-21; 6,if.; 8,if. (swen-der); 9,5f. u. Refrain in: 9,1 if.; 9,i7f.; 9,23f.; 1 0 , j f . (der-der); 1 0 , 1 3 - 1 7 ; 1 1 , 1 3 f . (swelh-da); 12,31 (er-der)·, 13,4; 1 3 , 1 3 ^ 14,1-3; 1 8 , 1 7 ^ 21,8f. (der-der)·, 22,15 (er-der); 24,19; 24,2of. (des-dem); 24,23f. (swen-dem); 24,27; 24,3if. (swei-da^j; 26,18; 27,6 (swes-der); 27,zjf.; 28,12; 34,40. Wie bei Ulrich (vgl. Nr. 9,10,24) so wären auch bei Konrad von Landeck, der in 22 Liedern 16 Nachweise bringt, einzelne Liedzusammenhänge (vgl. bes. Nr. 3) und Typenkonstellationen genauer zu beachten: i,7of.; 3,9-12; 3,13-19; 3,25-28 (swem-dä); 4,33f. (swen-der); 7,8f.; 10,14-16 (swen-der)·, i o , 3 i f . (swender)·, i i , n f . (swen-der)\ 11,27-30; 13,29-32; 15,45-47; 1 7 , 1 2 - 1 4 ; 19,1-4; 21,49-56 (swen-der); 22,34^ (swem-der; vgl. aber Hs. C: wem). Für einzelne Belege gilt dies insgesamt, wenn etwa Kombinationen aus Teschlers Lied 1 ( i , i f . u. 5-8), Walthers von Klingen Nr. 3 (3,24f. u. 26-28), Winlis Nr. 7 (7,1-3; 7,7f. u. 7 , n f . ) , Steinmars Nr. 7 (7,10 u. Refrain in: 20,30,40,50) oder Wernhers von Honberg Nr. 6 (6,8f. u. iof.) beachtet werden. Wernher von Teufen: 5,5f. (swes-da); Kraft von Toggenburg: 1,33f.; 2,38-40; Heinrich Teschler: i , i f . (swem-der); 1,5-8; 7,2f.; Walther von Klingen: 2,i7f. (e^-dem); 3,24f. (swem-); 3,26-28 (-swem); 5,iof.; 7,5-8 (swelh-wie); 8,19E; Goeli: 2,51-53; Heinrich von Frauenberg: 1,14-16; Winli: 4,14-16; 7,1-3; 7,7f. (swem-); 7,1 if.; Otto zu dem Turne I.: 2 } £ ; 46 (-swem); Steinmar: 3,3-6; 3,12-16; 5,1-5; 7,10 u. Refrain in: 7,20; 7,30; 7,40; 7,50; 9,10 (-swen); 9,13-15; 1 1 , 3 0 (swem-dast); Der von Gliers: i,78f.; i,io4f.; 2,77; 2,99-102; 2,1 z8f.; Der 167
168
Vgl. bei Walther von Mezze außerdem: II, 1,7 (swen-der)\ 11,4,1-5 (er-der); VIII, 1,1 f.; IX,10. Vgl. beim Kanzler außerdem die Belegstellen X,2,5-8 (-swem) u. 3,4-7 (woldem-der).
" 5
von Buwenberg: 6,47f.; Konrad von Altstetten: 2,19-21; 3,1 if. (swel-diu); Der von Trostberg: 4,1 zf.; Wernher von Honberg: 5,12 (smm-der); 6,8f. (der-der); 6,iof. (der-dem); Otto zu dem Turne II.: 1,1-5. Ohne die Erzähllieder (1,2,4,5,6), die Erntelieder (22,24,43) u n d das Lied von der Haussorge (7), die als Sonderfälle von mir zu vernachlässigen sind,'69 begründen 35 Belege in 42 Liedern (156 Strophen) und 3 Leichs (Nr. 52-54: 298 Verse)170 die Ausnahmestellung Hadlaubs: 8,23^ (swem-des); 9,6 (swem-dem); 11,65f.; 12,if.; 12,8f. (er-der); 17,1-4; i7,nf. (swele); 17,28-30 (swen-dert); i8,24f.; i8,27f.; 19,4; 23,9-12; 27,2; 31,29^ (dem-der); 33,if.; 35,5f.; 36,27-29; j6,38f.; 37,4L·, }7,z}f.; 42,14-16 (-der); 4i,ij{. (dem-dett); 42,21-23 (er-der)·, 44,3; 48,1-11; 48,12-17 (stvert-dem); 48,34-39; 48,40-44; Leichs: 52,1-5 (swem-dem); 52,43-45 (swel-der); 52,87-89; 52,1 i8f.; 52,131-133; 53,72-74; 53,89^ Wie bei Walther von der Vogelweide oder Ulrich von Lichtenstein heben sich daraus einzelne Texte schon durch die Anzahl der Belege ab: 1-1 I2_I 17: 1-4,1 if. u. 28-30; 42: 14-16,17L u. 21-23; 7> 34-39, 40-44; 52: 1-5, 43-45, 87-89, n 8 f . , 1 3 1 - 1 3 3 · Der Anblick der Frau in seinen Wirkungen auf den Mann, auch allgemeiner die Begegnung und der Kontakt mit der Frau kennzeichnen als Themenstellung die Mehrzahl der Belege: 11,6 5 f.; 12,if.; 12,8f.; 3i,29f.; 36,27-29 u. 36,38f.; 42,14-16; 42,21-23; 48,1-11; 48,12-17; 48,34-39; 48,40-44; 52,1-5; 5 2 ,43-46; 52,87-89; 52,131-153; 53,72-74; 5 3,89f. Daneben ist die Wahrnehmung von Natur Thema: 19,4; 23,9-12; 27,2; 37,4. Beide Themenstellungen bestimmen allgemeiner die Lyrik Hadlaubs;' 71 das konditionale Swr-der-Gefüge läßt sie indessen spezifisch artikulieren, wie dies vielleicht am klarsten das Kurzverslied 48 zeigt (vgl. dazu die ausführliche Analyse in Kap. 4.5).
169
170
171
Vgl. zu den verschiedenen Gattungstypen im Werk Hadlaubs Günther Schweikies Artikel in V L Z . 3. Spp. 3 7 9 - 3 8 3 , hier Sp. 380; vor allem aber Renk: D e r Manessekreis, seine Dichter und die Manessische Handschrift; wie A n m . 16. S. i 4 i f . u. 15 of. Die Leichs sind bei der Strophenzählung nicht eingerechnet; in den ausgeklammerten Texten finden sich noch folgende Belege: 7 , i f . (er-der); 22,3f.; 2 2 , 2 3 - 2 5 ; 4 3 , 1 - 4
(swem-der); 43,10 (ivolim-swes).
Vgl. hierzu Renk: Der Manessekreis, seine Dichter und die Manessische Handschrift; wie A n m . 16. S. 1 4 2 - 1 4 4 ; zu Lied 48 ebd. den Hinweis S. 150; weiterhin, aber doch insgesamt wenig ergiebig Hedwig Lang: Johannes Hadlaub. Berlin 1959. S. 8 5 f.
116
Die geringe Zahl von Belegen beim Tannhäuser und bei Frauenlob scheint jede weitergreifende Aussage von vorneherein aus2uschließen: (erst-der); I V : (swem-des); X V , 2 , 3 o f . XIV,4,-/f.; X I V , 8 , 3 f . (swem-dem).
Tannhäuser: L e i c h s : I I I : 1 8 , 9 2
1 2 , 5 2 ; 2 0 , 8 6 f . ; 2 7 , 1 3 3 f. u. 1 3 6 -
139; Lieder: X I , 3 , 3 i f . Frauenlob:
Dies gilt andrerseits nicht für den Marner und Konrad von Würzburg. Denn während für den Marner in 8 Minneliedern mit 29 Strophen (Strauch/Brackert: M. Nr. II, III, IV, V, VII, VIII, IX, X) 11 Belege nachzuweisen sind, so für Konrad 20 Belege in 23 Liedern (64 Strophen) und einem Minneleich.172 Marner: 11,1,4-6; I I , i , n f . ; I V , 3 , 2 4 - 2 6 ; V I I , 1 , 3 - 5 ; V I I I , 3 , 2 1 - 2 6 ; V I I I , 3 , 2 7 - 3 0 ; VIII,4,38-40; VIII,5,44-46
(swem-der);
IX,1,1-4; IX,3,3if.; X,2,i3f.
K o n r a d v o n W ü r z b u r g : 3 , 2 1 - 2 3 ; 8,9f.; 9 , 2 i f . ; 1 0 , 1 2 - 1 4 ; 1 1 , 2 4 - 2 7 ;
11,47-50
(smn-der); i 2 , 2 o f . ; 1 3 , z 6 f . ; 1 3 , 3 1 - 3 3 (swen-J; 1 4 , 5 - 7 ; i 5 , 3 " 6 ; 1 5 . 2 1 f -i 1 7 » 1 5 " i 8 ; i7,33"36i l7,37-39; 2 0 , 1 2 - 1 4 ; 2 0 , 1 5 - 1 8 ; 2 1 , 1 2 - 1 4 ; 2 6 , i 3 f . (dem-swem); )o,jf. Beide Verfasser setzen zudem bevorzugt das Swer-der-Gefüge für die Formulierung von Lehrsätzen, Verhaltensempfehlungen, kommentierenden Erfahrungssätzen und Appellen ein, wobei dann auch das Zurücktreten des lyrischen Ichs hinter die dargebotenen Inhalte zu fassen ist (vgl. beim Marner bes. die Lieder Nr. VIII u. IX; dazu die ausführlichen Hinweise in Kap. 4.5). Dies belegt vielleicht schon ein knapper Hinweis auf das Lied Nr. 17 Konrads (Jarlanc wil diu beide mit leide), in dessen dritter Strophe tugent und ere als Voraussetzungen für die Minne gesehen werden;175 die Fähigkeit des Mannes, sich um Ansehen und Anerkennung in der Öffentlichkeit zu bemühen, erscheint als Bedingung für die Minne zu einer vollkommenen Frau (17,37-39): . . . swer vehen k ü n n e tugentrichen m u o t , d e m w e r d iemer v o r b e h u o t h o c h g e l o p t e r w i b e minnesüeze. s w e r niht ere meinen kan, w i e sol der g e m i n n e n reinez w i p mit sinnen g e t r i u w e n ?
172
Vgl. den Überblick von Horst Brunner in V L 2 . 5. Spp. 272-304, hier Sp. 28of. ' ' Vgl. hierzu die Hinweise Cramers, der sich allerdings kaum um eine genauere Aufhellung der konkreten Anwendungsverfahren und Aussageinhalte bemüht; T . C.: Minnesang in der Stadt; wie Anm. 46. S. 98. 7
ll
l
wizzent daz unertec man liep von gründe nie gewan, wan sin triuten bringet leidez riuwen. (Schröder: Konrad von Würzburg 17,33-42)
Der Appell am Ende (i7,4of.) faßt den Aussageinhalt zusammen und sichert durch den Hinweis auf die Erfahrung die vorhergehende prinzipielle Darlegung ab. 174 Im Zentrum steht unangefochten die Minnethematik, die im Hinblick auf die Werteinstellung und das praktische Engagement des Mannes erörtert wird. Was die zwei reihend aneinandergefügten swer-der-Gefüge unter wechselnden Aspekten ausbreiten, das wird zuletzt vom Sprecher mit ausdrücklich belehrendem Gestus (17,40: wisgent. . .) dem Hörer nahe gebracht. Es liegt nahe, dort, wo sich solche Entwicklungen andeuten, eine Annäherung von Minnesang und Spruchdichtung zu vermuten. Thomas Cramer zieht diesen Schluß für Konrad von Würzburg, und er hat ihn gerade auch mit Textstellen 17 ' belegt, die das verallgemeinernde Swer-der-Gciüge. realisieren: insgesamt aber sei es die Vielzahl von Sentenzen und Lehrsätzen, die bei Konrad »hinter der Fassade des Minneliedes Sprüche mit objektiv belehrenden Informationen über Leiden und Freuden der Liebe«' 76 erkennen ließen. Eine solche Auffassung wird berücksichtigen müssen, daß ein Aussageelement wie das konditionale swer-der-Schema auch im vorhergehenden Minnesang und in diesem doch kontinuierlich die Möglichkeit offenhält, didaktisch-objektiv und in spruchhafter Gestalt Inhalte darzubieten. Dabei kann — wie schon der Entstehungszusammenhang zu erkennen gibt — ein solches Schema häufiger Berührungspunkte mit der Spruchdichtung vermuten lassen. Oder: gerade es bietet die Möglichkeit, Merkmale der Spruchdichtung und vor allem der Spruchdichterrolle in den Minnesang einzuführen. Meinloh von Sevelingen,' 77 Heinrich von Rugge, Walther von der Vogelweide und Ulrich von Lichtenstein178 174
Vgl. parallel auch Lied Nr. 20 (bes. v. 12-21), wo Verhaltensempfehlungen im Vordergrund stehen. 175 Vgl. Cramer: Minnesang in der Stadt; wie Anm. 46. S. 97; für meinen Zusammenhang beispielsweise: 3,21-23; 8,9f.; 9,2if.; 11,47-50; 13,26f.; 15,3-6; 20,12-14 u · 15-18. 176 ebd. 177 Vgl. oben Kap. 2.3; Ittenbach (Der frühe deutsche Minnesang; wie Kap. 1, Anm. 81. S. 91-100) ordnet M F 12,1; 14,14 u. 12,14 den Minnesprüchen zu. 178 Vgl. den Hinweis bei Grubmüller: Minne u. Geschichtserfahrung; wie Anm. 166. S. 47. 118
vertreten neben dem Marner und Konrad von Würzburg diese Tendenz. Dennoch bleibt zu bedenken, wie genau das Schema der verallgemeinernden Verhaltensregel in verschiedenen Phasen genuin Aussageintentionen von Minnesang entspricht: es erscheint im frühen Minnesang als Erfahrungssatz, durch den die Position des Einzelnen Verbindlichkeit gewinnt, von dem das Ich sich aber auch schon abgrenzen kann. In der weiteren Ausdifferenzierung des Elementes - bei Meinloh, Veldeke, Rugge zunächst - eröffnet es die Möglichkeit, Modelle mit Allgemeingeltung für das persönliche Ich zu formulieren, Erfahrungen des Ichs mit exemplarischem Anspruch, Verhaltensempfehlungen, Wertediskussionen und die Reflexion auf gültige Bedingungen der Minne auszusprechen. All dies sind schließlich Möglichkeiten, um den Komplex von Verhalten und Handeln des einzelnen Ichs in der Liebe im Rahmen eines verbindlichen Wert- und Ordnungsgefüges zu entwickeln. Im Zusammenhang damit entwickeln sich auch Formen und Funktion der Sprecherrolle, die in Abhängigkeit zu vorgeordneten Normen erscheinen, aber ebenso souverän auf Normen und Prinzipien zurückgreifen kann, um so Urteilskompetenz und Eigenständigkeit zu betonen. Dabei zeigt sich, welche Möglichkeiten die ausgesagten Ordnungsprinzipien für den, der sich auf sie beziehen kann, eröffnen. Dieser Aspekt differenziert sich noch einmal dadurch, daß der Sprecher nicht nur als unbeteiligter Repräsentant von Werten und Normen, sondern auch - oft parallel - als werbendes Ich auftritt. Der Erkenntnisanspruch einer allgemein gültigen Aussage, den das Abhängigkeitsverhältnis von Bedingung und notwendiger Konsequenz gerade durch den Verzicht auf jeden Erfahrungsbezug freisetzt, wird vor allem bei Walther von der Vogelweide und Ulrich von Lichtenstein bewußt aufgenommen. Diese Entwicklung bringt gleichermaßen Verpflichtungen wie auch Chancen mit sich: denn in der Problemdiskussion von Voraussetzungen und Konsequenzen der Minne kann und muß bei ihnen die Verbindlichkeit von Vorstellungen oder Werten geprüft werden. Anders als im frühen Minnesang erweist sich also dann die Entwicklung von Ordnungsprinzipien und Wertmaßstäben als Zielvorstellung und nicht als fraglose Vorgabe der einzelnen Texte. Diese Anwendungszusammenhänge akzentuieren sich beim Marner und auch bei Konrad von Würzburg deutlich auf didaktische Funktionen hin, wenn bei diesen Verfassern Verhaltensempfehlungen, Lehrsätze und Appelle breiter hervortreten. 119
Dieser Überblick zur Anwendungsgeschichte der Swer-der-Vztknüpfung hat gleichermaßen den häufigen Gebrauch wie auch das Spektrum von Verwendungsmöglichkeiten des Aussagemusters belegt. Schwerpunkte der Anwendung liegen dabei durchaus nicht nur im Rahmen der großen CEuvres: Heinrich von Morungen oder Reinmar von Hagenau erreichen bei Vergleichen der Zahlenverhältnisse nicht die Werte, die etwa bei Heinrich von Veldeke, Heinrich von Rugge oder Hartmann von Aue anzutreffen sind. Umgekehrt setzen sich Reinmar und Morungen aber ihrerseits deutlich von Autoren wie Hausen ab, der fast vollständig auf das Aussageelement verzichtet. Wichtig bleibt aber vor allem, daß die Sprach- und Denkform sogleich mit den Anfängen beim Kürenberger neben anderen Typen den Erfahrungsstil der Frühphase begründet, um doch zugleich schon bei Meinloh und Dietmar wichtige Ausdifferenzierungen zu erfahren. Präsent ist das Element auch dann, wenn mit Hausen die vielzitierte neue Entwicklung der Syntax des Minnesangs einsetzt;'79 zentrale Anwendungsschwerpunkte liegen nämlich gerade nach diesem Einschnitt und finden sich kontinuierlich nach 1170 (Heinrich von Rugge, Hartmann von Aue, Walther von der Vogelweide) bis zu Ulrich von Lichtenstein, Konrad von Würzburg oder Johannes Hadlaub. Walther von der Vogelweide, Ulrich von Lichtenstein und Johannes Hadlaub sind es dann auch, die - neben Konrad von Würzburg und dem Marner - die Anwendungsgeschichte des Schemas durch die Erweiterung des Aussagepotentials entscheidend bestimmen. Freilich zeigen diese Erhebungen nicht nur wegen fehlender Vergleichszahlen für konkurrierende Aussageelemente (ζ. B. konzessive oder rein kausale Verknüpfungsbeziehungen) ,8 ° deutlich genug, daß die angesprochenen Zahlenverhältnisse nur allererste Orientierungswerte vermitteln können: über die Qualität des einzelnen Textelementes ist mit all dem wenig gesagt; sie kann nur in Textanalysen zur Geltung kommen, soll nicht vorschnell die Ähnlichkeit einzelner Exemplare zur Identität verkürzt werden.
179
Vgl. Burdach: Reinmar u. Walther. S. 61; Günther Schweikle: Friedrich von Hausen; in V L \ 1. Spp. 93 5-947, hier Sp. 944. ,8o D i e Ergebnisse Trude Ehlerts (Konvention-Variation-Innovation; wie K a p . 1, A n m . 1. S. 46-54 u. 74f.) können vor allem wegen der schmalen Materialbasis kaum Abhilfe schaffen.
120
2.4-2
Paralleltypen zum swer-der-Gefüge
{swenne-so; swä-da; swatζ-
Der Aufschlußwert des verallgemeinernd und relativisch formulierten Konditionalschemas gewinnt nun durch den Vergleich mit Paralleltypen weiter Kontur. Drei andere Korrelationen, die ebenso durch die Allgemeingeltung der Aussage wie das zugrundeliegende konditionale Denkschema gekennzeichnet sein können, sind zu berücksichtigen: die temporale und konditionale swenne-so-Beziehung, swä-dä-Gefüge, die zunächst auf räumliche Zusammenhänge hinlenken, schließlich Relationen, die mit Hilfe des Pronomens s ( s w a ^ - d a ^ ) eingeleitet sind und in konditionaler oder konzessiver Bedeutung neben der Allgemeinheit vor allem die Unbestimmtheit eines Sachverhaltes aussa-
A.)
j-B'iÄÄe-jo-Korrelationen: Wahrnehmungserlebnis und individualisierte Erfahrung in der Begegnung von Mann und Frau
Als satzeinleitende Konjunktion zeigt swenne im Mittelhochdeutschen anders als das rein konditionale oblil - nicht primär und kaum ausschließlich das Bedingungsverhältnis an.' 83 Gegenüber Behaghel hat Schröbler den grundsätzlichen Stellenwert des temporalen Bedeutungsaspektes unterstrichen. 184 Bedenkt man aber die Hinweise, die Hennig Brinkmann allerdings nur für w»»-Sätze des modernen Deutsch gibt, 18 5 so erweist sich zunächst als Auswahlkriterium für meinen Zusammenhang das ausgesagte Bedingungsverhältnis, in dem gegenüber zeitlichen Folgeverhältnissen oder Entsprechungsrelationen 186 die innere Abhängigkeit und der untrennbare Zusammenhang von Grund und Folge den Bezug zweier Größen bestimmen. 181
Vgl. zu dieser Gliederung auch die Hinweise bei Gerhard Peukes: Untersuchungen zum Sprichwort im Deutschen: Semantik, Syntax, Typen. Berlin 1977. ( = Philologische Studien u. Quellen; H. 86). S. 76-82, bes. S. 76. 182 Vgl. hierzu Lexer: Mhd. Handwörterbuch II. 127^; B M Z II. 185 Vgl. hierzu Lexer: Mhd. Handwörterbuch II. 1537 (>wann irgend, wann auch, sobald, wennMinnesangs Frühling< bestätigt. Sie liegen teils über den Vergleichswerten des vorhergehenden Kapitels (Hausen: 6/1), teils deutlich darunter wie Heinrich von Veldeke (5/17) oder Hartmann von Aue (2/15), wobei sich im ganzen eine geringere Verbreitung der swenne-so-Verknüpfung andeutet: Friedrich von Hausen: 45,33f.; 46,i4f.; 51,36-52,2; 53,37f.; 54,8f. (a/b); Heinrich von Veldeke: 65,28-32 (alse-so); 67,1 (als-)·, 67,9-12; X X X I V , i , i f . ; X X X V I I , 2 , 1 - 4 ; Ulrich von Gutenburg: Leich: 70,21-24; 74,5; 74,15f.; 76,17^; Lied: 79,8-10 (als-so); Rudolf von Fenis: 8i,32f. (so-so); 82,5f.; 82,9 (so-des); 82,12 (so-); 82,16; 82,17; 84,5; Albrecht von Johansdorf: 87,9f.; 9o,28f.; 92,3 if.; 93,2f.; 95,11-14; Heinrich von Rugge: 100,26-28; 103,9f.; 105,4f. (-so); Bernger von Horheim: 112,i2f. (als-da^J; 113,27^; 114,39f. (als-); 115,28; Hartwig von Rute: ii7,26f. (als-); 117,3of. (-so); 117,33f. (so-); Hartmann von Aue: 212,i3f.; 213,25; Gottfried von Straßburg: 11,1,2-5; 11,3,1-4; II, 3,7-9; H>3>10·
Auch für diese Beleggruppe hebt sich das Thema der Begegnung von Mann und Frau in seinen Schattierungen als Anwendungszentrum ab: 125
M F 4 5 , 3 3f·; 54,8f. (a/b); Veldeke X X X I V , i , i f . ; 72,15-19; 74,5; 7 4 , i j f · ; 8i,32f.; 82,5£.; 82,9; 82,12; 82,16; 82,17; ; 95,11-14; 100,26-28; 103,9f.; 105,4f.; ι ι ζ , ι ζ ί . ; 117,2Öf.; 117,jof.; 212,ijf.; Gottfried v. Straßburg: 11,3,1-4; 11,3,7-9; H , 3 , 1 0 · Darunter fallen drei kleinere Beleggruppen auf, die das Element mit ähnlicher stilistischer Qualität und Problemstellung wie Kaiser Heinrich M F 5,23-26 ausgestalten: Rudolf von Fenis, M F 82,5-82,17 (bes. 82,16 u. 17), Gottfried von Straßburg, M F 11,3 u n d Hartwig von Rute, M F 117,26-117,34. Gerade solche Konfigurationen, die das Thema der Minnebegegnung in zwei (oder mehreren) koordinierten Konditionalsätzen entwickeln, scheinen für weitergreifende Analysen ergiebig. In chiastischer Stellung der Satzhälften (y',x'—x\y 2 ) und als alternative Gegenüberstellung zweier Erfahrungsabläufe ist dieser Typus zuerst bei Kaiser Heinrich zu fassen: Mir sint diu riche und diu lant undertan, swenne ich bi der minneclichen bin; und swenne ich gescheide von dan, so ist mir al min gewalt und min richtuom da hin; ( M F 5,23-26)
Chiasmus und Alternative ebenso wie die Thematik kehren bei Rudolf von Fenis wieder: swenne ich bi ir bin, daz toetet mir den muot, und stirbe aber rehte, swenne ich von ir kere, ( M F 82,i6f.; vgl. auch M F 8 2 , 5 - ! 2 )
Bei Heinrich von Morungen ändern sich deutlich diese formalen Merkmale, aber thematisch bleibt auch bei ihm die Minnebegegnung, die in ihren Konsequenzen für das Ich beschrieben wird: Ich weiz vil wol, daz si lachet, swenne ich vor ir stän und enweiz, wer ich bin. sa zehant bin ich geswachet, swenne ir schoene nimt mir so gar minen sin. (MF 135,19-22)
Deutlicher an Kaiser Heinrich und Rudolf von Fenis schließen sich die folgenden Belege an: Ich unverdähter man, war tuon ich wort, war tuon ich sinne, 126
swanne ich bi der schoenen bin, daz ich niht reden kan? so gar verstummet mich ir minne, daz ich bin gar äne sin. swanne ich sprechen sol ze not, so kan ich harte kleine, des mich vrume; so wird ich blue, von schämen rot. dar nach besunder kan ich wunder, swanne ich von ir kume. (Gottfried von Straßburg, M F II,3,1-10) swenne ich von der lieben scheiden sol, so hän ich deheine fröide me. swenne ichs aber mac gesehen, sone künde mir an fröiden niemer baz geschehen. (Wachsmut von Künzich, K L D 1,4,3-6) Ich fröiwe mich deich mac gedenken, swenne ich wil, der herzelieben frouwen. si kan sendez trüren krenken, mir tuot wol, swenn ich ir lip sol schouwen, (Heinrich von Meissen, K L D IV,2,1-4) swenne ich von ir bin, so hab ich vil guote sinne; kum ich zuo ir, so ist hin der sin. (Haupt/Wiessner: Neithart, 72,32-34) Vgl. in K L D außerdem Burkhart von Hohenfels, VI, 1,1-6; Waltram von Gresten, 111,1,3-6; dazu auch Schenk von Limburg: 11,2,1-3,2. F ü r Walther v o n der Vogelweide (L) deutet sich nun ebenso eine im Vergleich zu den swer-der-Geiügen
entschieden geringere Häufigkeit
an; 36 Belegen in 71 Liedern und 286 Strophen stehen 20 Exemplare gegenüber: 4i,37-42,i (als-sd); 42,jf.; 48,i8f.; 5°,33 f · 50,35-37; 54, 2 4~ 2 6; 59,5-7 (soso); 184,ic,{.; 66,3; 73,4; 73,5f.; 9 1 , j f . (so-so); 93,25-27; 98,2of.; 98,29-31 (sd-so); 99,i7f.; 103,3; 1 1 n ? , 2 2 ' 2 * (als-s6)\ 115,26-29. Konstellationen, wie sie im Zusammenhang des vorigen Abschnitts zu fassen waren, fehlen, sieht man einmal von Kombinationen wie L 50,33f. u. 35-37; 73,4 u. 5f.; 115,22-25 u. 26-29 ab. Auch bei Walther bleibt dann die Thematik der Begegnung von Mann und Frau in ihrer spezifischen Ausformung zu beachten: 50,33^; 5°,35"37; 54,24-26; 184,19^; 93,25-27; 98,20^; 99,17^; 112,17-19; 115,22-25; 115,26-29. Ähnliches gilt auch f ü r die Mehrzahl der Belegnachweise aus den >Deutschen Liederdichtern des i j . Jahrhunderts< ( K L D ) : 127
Otto von Botenlauben: VII,6; XI,105; XI,n8f.; XIII,3,6 (so-so)·, XIV,1,12 (so-so); Der tugendhafte Schreiber: 1,5,5f.; Markgraf von Hohenburg: IV, 2,4f.; Christan von Hamle: III,2,1-5; 111,4,1-3; Rubin: V,2,9f.; Gottfried von Neifen: III, 4 , 9 f.; V,2,i- 4 ; XXXIV,3,if. (-so); XXXIV,3,4-6 (so-da); XLV, 2,4-6; XLVIII,2,4f. (-sö); Friedrich der Knecht: 1,4,1-3 (so-so); von Munegiur: III,2,3f. (so-); von Buochein: I,i,6f. (-so); König Konrad der Junge: II, 3,if.; Bruno von Hornberg: II,2,5f. (so-); Hug von Werbenwag: 1,6,1-3; Wachsmut von Mülnhausen: V,1,7-9; Reinmar von Brennenberg: IV,3,1-6 (alse-so); IV,5,5f.; IV,14,4; IV,15,6 (-so); von Obernburg: III,i,6f.; von Sachsendorf: 1,2,1-4; Rudolf von Rotenburg: Leichs: II,i6-i8; Lieder: VII, 3,1-4; ΙΧ,ι,ιί.; XII,5,3-6 (so-so); XV,1,1-6 (so-so); Walther von Mezze: VI, 3,9f. (so-so); VII,1,5-7 (ahe-); Konrad von Kilchberg: 1,4,8; 11,4,if.; Der Wilde Alexander: IV,2,9-14 (so-da^ ist); IV,2,17-20; VI,$,if.; VII,VI,38-40; Dürinc: Il.j^f.; Christan von Luppin: VII,1,6-8; Heinrich Hetzbolt von Weißensee: I,3,if.; II,i,3f.; Günther von dem Forste: 11,2,6; III,2,3f.; V, 10,5f.; V, 14,2-4; V, 16,3-6 (-so); Wenzel von Böhmen: I,i,3f.; 1,3,2; 1,5,5f.; III, 3,5f.; 111,3,7; Kol von Niunzen: II,1,6; Namenlos: EL: 2,3f.; η: ιιη,ιι-15; s: 38,2,3^; 81,1,12-14 u · Refr. in Str. 2 u. 3; χ: XXV,3,5f".; LXII,2,i9-2i; Niune: I,5f. (-so); V, 5 f. Auch aus diesem Komplex seien die Belege herausgezogen, die die Beziehung von Frau und Mann als Beisammensein, als Wahrnehmung oder Vorstellung - immer aber in der Perspektive des lyrischen Ichs thematisieren: Der tugendhafte Schreiber: 1,5,5F.; von Hohenburg: IV,2,4f.; Christan von Hamle: 111,2,1-5; 111,4,1-3; Gottfried von Neifen: III,4,9f.; V,2,i- 4 ; X X X I V , 3,if.; XLV,2,4-6; König Konrad der Junge: II,3,if.; Bruno von Hornberg: II, 2,5f.; Wachsmut von Mülnhausen: V,1,7-9; Reinmar von Brennenberg: IV, 3,1-6; IV,5,5f.; IV,14,4; IV,15,6; von Obemburg: III,i,6f.; Rudolf von Rotenburg: Leichs: II,16-18; Lieder: VII,3,1-4; ΙΧ,ι,ιί.; Konrad von Kilchberg: II,4,if.; Der Wilde Alexander: VI,5,if.; Dürinc: II,3,9f.; Christan von Luppin: VII,1,6-8; Heinrich Hetzbold von Weißensee: I,3,if.; II, 1,3f.; Günther von dem Forste: 11,2,6; V,10,5-7; V,14,2-4; V,16,3-6; Wenzel von Böhmen: I,i,}f.; 1,5,5 f. - Namenlos: EL: 2,3f.; s: 81,1,12-14 u · Refr. in Str. 2 u. 3; Niune: 1,5f. Im Vergleich mit den Zahlenverhältnissen zum smr-der-Gefüge zeichnet sich für die größeren GEuvres durchweg eine geringere Verbreitung ab: Rubin weist gegenüber 12 Belegen nurmehr 1 auf, Burkhart von Hohenfels gegenüber 15 nun 4, und Ulrich von Winterstetten geht von vorher insgesamt 31 (Leichs: 8; Lieder: 23) auf 7 Belege (Leichs: 1; Lieder: 6) zurück. Während Gottfried von Neifen mit 6 Exemplaren das alte Ergebnis (5) nahezu wiederholt, wächst die Häufigkeit bei Hiltbolt von Schwangau an (6:1). 128
Bei Hiltbolt von Schwangau verteilen sich die 6 Belege auf 22 Lieder mit 46 Strophen: VIII,5f.; X I I I , 2 , i f . ; X V , i f . ; XVI,2,6f.; X X . i . j f . ; X X , 2 , i f . Burkhart von Hohenfels weist mit 4 Belegen in 18 Liedern und 81 Strophen vor allem beim Verhältnis von Beleg- und Strophenzahl die geringere Häufigkeit aus: III,5,5f. (s6-J; V I , 1,1-3; V I , 1,4-6; XI,5,2f. (so). Die Verbreitungsdichte bei Ulrich von Winterstetten liegt schließlich deutlich unter der Burkharts (1 Beleg in 5 Leichs; 6 Belege in 40 Liedern mit 15 5 Strophen): Leich 11,73; Lieder: III,2,7-9; X V I I I , 3 , 7 - 1 1 ; X X I , 3 , 1 - 3 ; X X V , 3 , i f . ; X X V , 3 , 7 - 9 (so-so)· X L , i , 3 f . (so-). Dieses Gesamtbild bestätigt sich auch bei Ulrich von Lichtenstein, der in 5 8 Liedern (der Leich weist keinen Beleg auf) mit 3 3 1 Strophen nurmehr 18 Belege (swer-der: 47) bietet: I,I,3-7; I,3>5-7; 11,2,4-7; Π,4,Ι-4 (so-so); VIII,7,3-6; XIV,5,5-7; X I X , 5 , 5 - 7 ; X X X V , 5 , 6 f . ; X X X I X , 3 , 3 - 6 ; X L I I I , 2 , 5 f . (so-so); X L I I I , 4 , i - 4 ; X L I I I , 5 , 3 - 6 (-alse); X L V I , 5 , 3 f . (so-so); X L V I I I , 1 , 3 - 6 ; X L I X , 1 , 5 - 7 L V I , 3 , i f . (so-so); LVIII,2,5F.; LVIII,4,I-4 (alse-sö). Ulrichs Sonderstellung erweist sich indessen ähnlich wie bei Morungen durch die Konsequenz der thematischen Bindung des Schemas, das fast ohne Ausnahme auf die Minnebegegnung bezogen ist, dabei bevorzugt das Wahrnehmungserlebnis des Mannes artikuliert: 1 , 1 , 3 - 7 ; 1,3,5-7; 11,2,4-7; VIII,7,3-6; X I V , 5 , 5 - 7 ; X X X V , 5 , 6 f . ; X X X I X , 3 , 3 - 6 ; XLIII,2,5f.;
XLIII,4,I-4;
XLIII,5,3-6;
XLVI,5,3f.;
XLVIII,1,3-6;
LVI,3,if.; LVIII,2,5f.; LVIII,4,I-4. Dabei findet sich durchaus eine differenzierende Ausgestaltung dieses Situationstyps, so daß sowohl die Erscheinung der wahrgenommenen Frau als auch das Bewußtsein und das Erlebnis des wahrnehmenden Ichs zum Ausdruck kommen: si machet mich gar sorgen bar, swenn ich si sihe gekleidet stan und also schoene vor mir gan alsam ein engel wol getan. ( K L D 1,1,4-7) swanne ich in ir ougen schouwe mich, so blüet mir fröiden jugent. (KLD XXXV,5,6f.) swanne ich in ir spilnden ougen schouwe mich, so blüet min hoher muot rehte als in des meien zit tuont die rosen. . . . (KLD XXXIX,3,3-6) 129
Der Blick auf Kleidung und Gang bedeutet die Befreiung von Sorge, vor allem aber die Wahrnehmung des eigenen Spiegelbildes in ihren Augen verändert im Moment das Selbstgefühl. und lobe den tac, swenn ich si mac sehen, diu mir wol heilet sorgen slac. ( K L D 11,2,5-7) des tages swenn ich dich sehen sol, so wart nie manne mer so wol, und ist min herze fröiden vol. ( K L D 1,3,5-7) so du also schoeniu vor mir gast, sost mir alse ich in dem himel si. ( K L D XLVI,5, 3 f.) swenne ich sihe ir liehte varwe klär, so sint mir geheilet mine wunden gar. (KLDLVIII,2,5f.) Die Wirkung des Anblicks, ihrer glänzenden Erscheinung oder ihres Gangs erfährt das Ich als Aufhebung der Betroffenheit (LVIII,2,5f.), aber auch als einzigartiges Erlebnis (1,3,5-7) und Entrücktsein aus Raum und Zeit ( X L V I . j . j f . ) · Klarer noch als in den >Deutschen Liederdichtern des 13. Jahrhunderts< konzentriert sich bei den Schweizer Minnesängern (BSM) die Anwendung des Schemas auf einen Autor - Johannes Hadlaub bei dem dies andrerseits nach den Ergebnissen im vorhergehenden Kapitel nicht überraschen kann. Im Gesamtbild heben sich ansonsten nur noch Ulrich von Singenberg (5), Der von Gliers (4) und der Schenk von Landeck (4) ab: Ulrich von Singenberg: 3,3-7; 15,if.; 1 7 , 1 1 - 1 3 (soso); 25,3f. (soso); 25,24 (so); Pfeffel: 45-50; Graf von Toggenburg: 1,28-32; Heinrich Teschler: 6,12-18 (als-sö); Walther von Klingen: 4,38f.; Goeli: 3,13f. (so); 4,4-6; Heinrich von Frauenberg: I,i6; Winli: 3,44-48; 4,24-26; Heinrich von Tetingen: 2 . 1 1 - 1 3 ; Steinmar: I,i8f.; 2,if.; 13,13-15; Der von Gliers: 1,25 (als-sö); 1,120-122; 2,i32f.; 3,56-59; Schenk von Landeck: 5,18-20; 12,15f.; 17,18-22; 19,50-52; Der von Buwenberg: 3,21 f.; von Trostberg: 1,8-11 (so-sd); Otto zu dem Turne II: 3,23f.; Rost Kilchherre zu Samen: 6,17-20. Davon thematisieren die Minnebegegnung: Ulrich von Singenberg: 15,1 f.; 1 7 , 1 1 - 1 3 ; Pfeffel: 45-50; Graf von Toggenburg: 1,28-32; Heinrich Teschler: 6.12-18; Winli: 3,44-48; 4,24-26; Heinrich von Tetingen: 2 , 1 1 - 1 3 ; Steinmar: 130
2,if.; 1 3 , 1 3 - 1 5 ; Schenk von Landeck: 5,18-20; 1 7 , 1 8 - 2 2 ; Der von Trostberg: 1,8-11.
Johannes Hadlaub liegt ebenso wie Ulrich von Singenberg (30:5) oder Konrad von Landeck (16:4) deutlich unter den Vergleichswerten für das swer-der-Gefüge; aber mit 28 Belegen - gegenüber vorher 35 in 42 Liedern (156 Strophen) und 3 Leichs - besitzt das Element bei ihm eine signifikante Häufigkeit: 3,27^; 10,1-5 (ais-); 1 1 , 1 2 - 1 4 ; 1 1 , 1 8 - 2 2 ; n , 3 8 f . (soso); 12,4-7; 12,19^·; 1 3>7"9i i 7 , i 4 f . ; 1 8 , 1 4 - 1 6 (soso); 23,17-20; 3 o , n f . ; 3 1 , 1 5 f . ; 36,14-19; 42,24-26; 4 8 , 1 5 - 1 8 ; 51,4-6 (sSso); 51,9f. (sd-so); 5 1 , 1 4 ^ ; Leichs: 52,7; 52,93-98;
53>27-3i; 5 3.33f·; 53>65"69; 54,18; 54,27^ 54>31_34; 54,43·
Auch in diesen Belegen ist die Minnebegegnung primär als Wahrnehmungserlebnis thematisch: 10,1-5; I I , I 2 _ I 4 ; 11,18-22; 12,4-7; 2 3 , 17-20; 30,1 if.; 31,15f.; 36,14-19; 42,24-26; 48,15-18; 52,93-98; 53, 27-31; 5 3,3 3 f.; 53,65-69; 54,18; 54,27f. Stehen dabei entweder mehr die Gestalt und das Verhalten der Minnedame oder die Intensität und die Wirkungen des Wahrnehmungserlebnisses im Vordergrund, so wird in einer zweiten, kleineren Beleggruppe die Minnebegegnung nur als Beisammensein oder als Trennung angesprochen: 3,27f.; i2,i9f.; 52,7. Das gedenken, das früher schon beim Kürenberger zu beobachten war, ist einmal belegt (54,31-34). Die Konzentration auf einzelne Lieder fallt allein für das Lied Nr. 1 1 , die Leichs Nr. 5 3 (27-31; 65-69) und vor allem Nr. 54 (18,27^, 31-33, 43) auf: In kund mich erweren nie, swanne ich ie sach schoene frouwen, ez gieng in mins herzen grünt. swanne ich sihe ir wiplich losen sitte, ir hende wiz, ir kelen blanc, so ist min herze an allen wane in so lieplich danne mitte und ist wilde min gedanc. ( B S M 1 1 , 1 2 u. 18-22; s. ähnlich 36,14-19)
Die Empfänglichkeit und Sensibilität des Ichs, aber auch die durchdringende Intensität der Wahrnehmung (11,12-14) bilden ein Spannungsfeld, das sich noch genauer artikuliert, wenn die Korrespondenz zwischen dem anmutigen Habitus der Dame, dem Faszinosum ihrer Hände und ihres Halses, und der inneren Erfahrung, die sich als widersprüchliches Nebeneinander (min her^e an allen wanejwilde min !3i
gedanc) intellektueller und emotionaler Kräfte aufbaut, konkret hervortritt. All diese Aspekte entwickeln sich im Rahmen der dargestellten Minnebegegnung, die auch in diesem Beispiel auf das Grundschema von vorausgesetzter Wahrnehmung und ihren bis zum Zwang gesteigerten Wirkungen im Ich aufbaut. Dies gilt ähnlich und doch nicht ohne weitere Differenzierungen für eine Konstellation, in der das Schema mit einem Exemplar des sweri&r-Gefüges zusammentritt: S w e r nimt schoener f r o u w e n dür ir w u n n e w a r , der get dar gern swa er si sehen mac; w a n daz süeze schouwen in sin herze gät: suoze enpfat ez doch senlichen slac, swenn er ir wunnen inret sich, die so loslich sint und so wiplich gemeit: ( B S M 12,1-6)
Während die Eingangsverse (12,1 f.) mit Tendenz zur Erfahrungsregel die typische Verhaltensweise ausformulieren, beschreibt der Abschnitt 12,4-6 den Ablauf der Bewußtwerdung (inren), der zugleich die Betroffenheit des Herzens (12,4) mitbedingt; gerade die Innerlichkeit der Erfahrung, das Bewußtwerden und die emotionale Spannung, können als Problem und Möglichkeit des Ichs ins Zentrum treten. Ich siufte sere und minnencliche und wandelt sich min staetiu var, swenn ich si sich so wunnen riche und si min nimt so kleinen war. ( B S M 23,17-20) Wer möhte mir gelouben w i e mir senden ist, swenn ich si sihe so schon gebären und so w o l gestalt? ( B S M 30,1 if.) S w a n n diu zart- liehen w i p hant so loslich ir lip, die so w o l sint gestalt (ach wie manicvalt si w u n n e hänt!), w e w a z wart schoener ie? ( B S M 52,93-98) S w e n n ein schoen w i p ir schoenen lip so schöne treit und w o l bekleit, so kumt si dann so gar
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lieplich clär, so wol ze prise, als üz dem paradise kom ir lip. (BSM 53,65-69) swann ich si sich so rechte wol getan, vil lieben wän ich danne hän. swann ich bi fröiden von gedanken bin von ir so fin, der frouwen min, so muoz ich sin doch ouch in not: mich jamert nach ir munde rot. Swenn ich ir wünsche, küm ich si verbir. doch tuot dan mir so wol gein ir diu süeze gir: . . . (BSM 54,27 f ·. 31-34 u · 43-45) E s würde den Rahmen dieser Bestandsaufnahme sprengen, wollte ich die Belege in ihren weiteren Kontexten besprechen; aber auch die isolierende Darbietung - und vielleicht gerade sie - läßt die unterschiedlichen, ja teils gegenläufigen, teils korrespondierenden Themenaspekte erkennen, die im Werk Hadlaubs mit Hilfe der swenne-söBeziehung und der Frage nach den Erfahrungsinhalten des Wahrnehmungserlebnisses entwickelt werden: dazu gehört die Leiderfahrung des Mannes, die sich an der Diskrepanz zwischen der Schönheit und der Indifferenz der D a m e entzündet (23,17-20), dazu gehören auch die Unsagbarkeit des Erfahrenen (30,1 if.) ebenso wie die E r f a h r u n g vielfältiger und unüberbietbarer Schönheit (52,93-98). D e r Reflexion auf die Idealität der erfahrbaren Schönheit, die in ihrer Vollkommenheit keine innerweltliche Herkunft vorstellen läßt, (53,65-69) kann eine Selbsterfahrung (54,27-45) zugeordnet werden, in der das einzelne Ich mit der Ambivalenz v o n Zuversicht und Enttäuschung, Verlangen und Leid, das aber den Reiz des Begehrens bedeutet, zu einem differenzierten Bewußtsein seiner selbst gelangt. D a s Gesamtergebnis, das sich damit abzeichnet, kann durch K o n r a d v o n Würzburg und Frauenlob in einzelnen Aspekten Differenzierungen erfahren: Tannhäuser (V,2o,86f.; Χ Ι , ι , ^ ί . [ so-so J; X V , 3 , 4 9 ^ und Marner ^ 1 1 , 3 , 2 9 - 3 1 ) im besonderen verwenden das Schema kaum. K o n r a d s v o n Würzburg L y r i k weist im Vergleich auch um mehr als die Hälfte weniger Belege auf (7 gegenüber 20 in 23 Liedern und 1 Leich); bei ihm und bei Frauenlob hebt sich aber der U m g a n g mit dem Aussageelement deutlicher ab: 133
Konrad v. W.: 5,8-11 (so); 5,12-14; 7,45-50 (so); 9,31-34; 12,15-17; i5,37f.; 16,13f. (so). Frauenlob: XIV,3,if.; X I V , n , 5 f . ; XIV,16,5-10; XIV,27,14-17. Konrad von Würzburg thematisiert die Abhängigkeit zwischen Naturgeschehen und seelischer Verfassung der Person: Sendez herze wird ermant herzeclicher ungehabe, so der linden ir gewant valwet unde riset abe. sende swaere ein sendebaere vinden kan, swenne enbloezet sich der tan und die winde stözent dran. (Schröder: Konrad von Würzburg 5,8-11 u. 12-14) liep nach herzeliebe denket und midet leiden pin, so diu bluot ir gelfen schin sinen ougen schenket (ebd. 7,45-48) minne zwein gelieben git süezen wünneclichen rät, so der wait gezieret lit (ebd. 9,31-33) der vergizzet wol der zitelösen, swenne er bi dem trüte sin nähe und wünnecliche dise lange nehte liget: (ebd. 12,15-17; s. a. 16,13f.) Frauenlob akzentuiert in zwei Belegen das Alleinsein und die innere Erfahrung des Ichs, in einem dritten Exemplar die Kraft und Wirkung des Wahrnehmungserlebnisses, das dem Mann in der Begegnung mit der Frau zuteil werden kann: Swenn ich aleine bin bi mir, so frege ich minen mut, wa sie, die schöne si. (Stackmann/Bertau: Frauenlob XIV,3,1 f.) swenn ich bi mir bin aleine, so tut swere mich mit senden leiden in (ebd. XIV, 11,5 f.)
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Ja muz ich sunder riuwe sin, swenne ich an sihe die rosen und der liljen schin, der ab ir liechten wangen durch die ougen min gewaltiglichen brehet unde drehet zu dem herzen: >la mich in!< (ebd. XIV, 16,5-10; vgl. zum Text aber F" F2) Als typische Merkmale erweisen sich also insgesamt die feste sprachliche Formulierung und die thematische Besetzung des Schemas, wo Grundsituationen der Minnebeziehung von Mann und Frau zum Gegenstand der Aussage werden; Prägnanz erhalten solche formal wie auch inhaltlich fixierten Einheiten im besonderen dann, wenn das Aussageschema in Konstellationen von zwei oder mehreren Einzelbelegen auftritt. Im Bereich des frühen Minnesangs fallen das umbevangen(MF 16,2 u. ähnl. i7,if.), Azs gedenken (MF 8,18; 17,1; 10,20) und das Alleinsein (MF 8,17), das sehen (MF i2,j2f.; 34,32f.; 35,30; 36,21) und die Dialektik von bisin und scheiden (MF 5,23-26) auf. Hinzukommen in der weiteren Entwicklung Ausdifferenzierungen dieses Kernbestandes (daneben auch die Verdrängung des umbevangen-Motivs): so können bei Morungen die Erscheinung der Frau (MF 123,1-3; 126,32-35) und die seelische Verfassung des Mannes (MF 13 5,2if.), die besondere Art der Begegnung (MF 135,19^: swenne ich vor ir stän . . .) oder der Wahrnehmung (MF 1 38,27^: swen ich eine bin, sischint mir vor den ougen·, 141,32-36: swenne ich si hoere sprechen) zum Ausdruck kommen, ohne daß der Hintergrund des Ausgangsmotivs verloren gehen müßte. Und dies gilt dann auch noch für Belege, die bei Ulrich von Lichtenstein oder vor allem später bei Johannes Hadlaub nachzuweisen sind. In dieser Weise typisierend und verallgemeinernd, bringt das Schema vorwiegend Erfahrungsmöglichkeiten des einzelnen Ichs, die in ihrer allgemeinen Struktur und ihrer Regelhaftigkeit, nicht aber in ihrer einmaligen und unverwechselbaren Besonderheit vorgeführt werden, zur Darstellung. Dabei bleibt diese Darstellungsweise auch dadurch bestimmt, daß die ausgesagten Situationen und Abläufe weitgehend nur insofern abgebildet werden, wie sie als Anlaß oder auslösende Realität für das Ich Bedeutung gewinnen. Der Zweck oder Wert, den die dargestellte Minnebegegnung für das Ich besitzt, bestimmt den Blickwinkel der Darstellung. Diese Reduzierung komplexer Erfahrungsrealitäten wie der Minnebegegnung zeigt sich am klarsten dort, wo die Darstellung nurmehr allgemeinste Merkmale, etwa Zusammen-
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sein und Trennung (vgl. MF 5,23-26), berücksichtigt. Situationen der authentischen Erfahrung {hoeren, sehen, bi sin) oder Selbstbegegnung (swenne ich eine bin. . .) gehören ebenso zum Kernbestand dieser Darstellungstypik. Dem entspricht konsequent das Zurücktreten einer Objektivität beanspruchenden Darstellungsform, die in didaktischen Aussagen, Verhaltensempfehlungen, Ratschlägen oder Werte-Diskussionen konkrete Gestalt annehmen könnte. Die Konzentration der swenne-so-Vügungcn auf den Erfahrungsraum des einzelnen Ichs kann zugleich dem prinzipiellen Unterschied zwischen konditionalen Aussagen, die Bedingungsverhältnisse mit notwendigem Geltungsanspruch formulieren, und Erfahrungssätzen, die im Einzelfall auch nur eingewöhnte Folgeverhältnisse meinen, die Strenge nehmen. Schwerpunkte der Anwendungsgeschichte verteilen sich im Vergleich mit den Jwr- l 5f·; 109. 1 9 ί ·> 117.36-118,1. Die >Liederdichter des 13. Jh.s< ( K L D ) bieten insgesamt 95 Belege (swer-der: rd. 220; swenne-so: rd. 110), wenn die Refrains (Günther von dem Forste!) in allen Wiederholungen einzeln gerechnet werden: Der tugendhafte Schreiber: V,5,if.; V,5,5"7; Christan von Hamle: 1,2,5f.; I,3,if.; Wachsmut von Künzich: IIb,3f.; Burkhart von Hohenfels: VII,5,3f.; XIII,5,4-6; von Buochein: V, 2,1-3; Reinmar von Brennenberg: IV,i2,7f.; Burggraf von Lüenz: II,i,if.; 1
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Walther von Breisach: II,3,3f.; Rudolf von Rotenburg: XV,2,if.; von Wildonje: III,2,if.; Brunwart von Aughein: IV, 1,5-8; Konrad von Kilchberg: V, 2,6f.; Der Kanzler: XV,2,9-13; XV,3,1-4; Der Wilde Alexander: VI,1,6-8; V I I , X V , i i i - i i 4 ; VII,XVII,129-132; Hawart: III,4,3f.; Otto von Brandenburg: I V , i , i f . ; VI,2,i£; Christan von Luppin: VII,3,if.; Heinrich Hetzbolt von Weißensee: III,3,1; Wenzel von Böhmen: II,I,9f.; Günther von dem Forste: V,i,9f. u. Refr. in Str. 2-23; V,23,3f.; Namenlos: a 46: 58-62; χ: LXII',7. Gottfried von Neifen hebt sich aus diesem Komplex mit 11 Einzelbelegen in 51 Liedern (191 Strophen) ab. Sein Werk bietet mehr Belege als in beiden vorhergehenden Beispielen (swer-der: 5; swenne-so: 6): 111,2,5f.; IH,4,i-4; III, 4, 7 f·; VI,3, 9 f.; VIII,4,5-7; XHI.s.jf-; XV,3,4-6; X X I I I , 4 , 9 ^ XXIII,5,8-10; XXIX,2,if.; XXXIX,i,3f. Ulrichs von Winterstetten Lyrik liegt mit 13 Belegen (5 Leichs; 40 Lieder mit 15 5 Strophen) deutlich über den Exemplaren für die swenne-so-Rtziehung (7), aber unter denen für die swer-der-Satzformel (31): Leichs: I V , 1 5 1 ; Lieder: V, 3,6f.; XIV,4,1-4; XVI,i,8f. u. Refr. in Str. 2-5; X X X I , i , 9 f . u. Refr. in Str. 2-5· Ulrich von Lichtenstein bietet daher die höchste Belegzahl (19 in 58 Liedern mit 331 Strophen; swer-der: 47; swenne-so: 18): XXII,7,5 f.; X X I I I , 1,5-7; X X I V , 5,if.; XXVII,6,if.; X X V I I I , 2 , i f . ; XXVIII,2, 5 f.; XXVIII,3,1-6; X X V I I I , 5,1-3; X X I X , 5 , 1 - 9 (-da)·, X X X I , 5 , 1 - 5 ; X X X I V , i , 3 f . ; XLV,2,i- 4 ; XLVII, 2,1-3; X L I X , 2 , i - 4 ; LI,4,if.; LI, 5 ,3f.; LIII, 4 , 3 f.; LVII,5,i- 3 ; LVII,5,6f. (-da). Für die Schweizer Minnesänger (BSM) bleibt die geringe Belegzahl (23; swer-der: rd. 130, swenne-so: rd. 60) bemerkenswert: Ulrich von Singenberg: 9,9f.; i2,35f.; 25,4; Pfeffel: 28-30; Kraft von Toggenburg: 6,nf.; 7,24-26; Walther von Klingen: 4,17-19; Goeli: 2,4of.; Otto zu dem Turne I.: 47-49; Der von Gliers: 2,144-146; 3,126f.; 3,168f.; Schenk von Landeck: 1,65; i7,4of.; 21,44-48; 22,39f.; Johannes Hadlaub: 12,15-17; 19,19; 37,12-14; 42,28-30; 48,23-28; 5 2,59f.;Otto zu dem Turne II.: 1,8-11. Hinzuzunehmen ist die Gruppe der selbständig veröffentlichten CEuvres: Tannhäuser (swer-der: 7; swenne-so: 3): 111,11,59; IV,15,62-16,66; IV,i6,73f.; IV,23,103-106; IV,24,115-118. Marner (swer-der: 1 1 ; swenne-so: 1): V,i,8f.; V,3,2if.; V,3,26f.; VIII,2,16-18. Konrad von Würzburg (swer-der: 20; swenne-so: 7): 4,39-43; 22,23-28. Frauenlob (swer-der. 2; swenne-so·.4): 111,12,1-3 u. 4-6; 111,20,1-3. Im ganzen rd. 150 Exemplare lassen also wenig mehr als ein Viertel der Belegzahl erheben, die für die swer-der-Prägung
(rd. 575 Belege) fest-
zustellen war. Im Verhältnis zu den swenne-so-Sätzen (rd. 310 Belege) liegt das Ergebnis knapp unter der Hälfte des Vergleichswertes. - Die konzessive Verwendung der Satzform (vgl. K L D : der tugendhafte Schreiber, XI,2,9: si sol da^ wi^en,
swä ich bin; ähnlich Reinmar von
Brennenberg: IV,2,8 u. 7,10) ist dabei insgesamt ausgeklammert.
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Die thematische Bindung des Schemas stellt sich nicht so eindeutig wie für die swenne-so-Fügungen dar, aber Gruppenbildungen sind dennoch zu fassen. Dies gilt zunächst für das Thema der Minnebeziehung: Swä zwei herzeliep gevriundent sich, und ir beider minne ein triuwe wirt, die sol nieman scheiden, . . . (Albrecht von Johansdorf, MF 91,29-31) Swä so liep bi liebe lit gar von allen sorgen fri, ich wil daz des winters zit den zwein wol erteilet si. (Walther von der Vogel weide, L 117,3 6-118,1) swä sich zwei also vereinen mit ir hübscheit und daz meinen wol, dä bist du bi. (Der tugendhafte Schreiber, K L D V,j,5-7) swä sich vier arme gesliezen enein, nie süezer fröide der sunne überschein. (Christan von Hamle, K L D 1,2,5f.) swä sich vier ougen so gerne gesehen, dä müezen zwei herze ouch ein ander holt si. (ebd. 1,3,if.) Vgl. weiterhin: KLD: Gottfried von Neifen: 111,2,5-8; VI,3,9f.; VIII,4,5-7; XXIII,4, 9 f.; XXIII,5,8-10; Ulrich von Winterstetten: Lied XXXI,i,9f. u. Refr. in Str. 2-5; Ulrich von Lichtenstein: XXVIII,2,if.; XXVIII,2, 5 f.; XXVIII,3,1-6; XXVIII,5,1-3; XXIX,5,1-9; XLV,2,1-4; XLIX,2,i- 4 ; LI, 5,3 f.; LVII,5,I-3; LVII,5,6f.; Burggraf von Lüenz: II,i,if.; Walther von Breisach: II,3,3f.; Konrad von Kilchberg: V,2,6f.; Kanzler: XV,2,9-13; XV,3,1-4; Der Wilde Alexander: VI,i,6-8; VII,XV,i 11-114; Hawart: 111,4,3-8; Wenzel von Böhmen: II,i,9f.; Günther von dem Forste: V,i,9f. u. Refr. in Str. 2-23; V,23,3f.; Namenlos: a.46: 58-62; n: I,i4n,if.; BSM: Ulrich von Singenberg: 9,9f.; Der Schenk von Landeck: 1,65; 17,40^; 22,39^ - Tannhäuser: IV, 24,115-118; Marner: VIII,2,16-18. Die Belege thematisieren im Vorderglied der konditionalen Schemata die Liebesbegegnung oder auch zurückhaltender die Gemeinsamkeit der Liebenden, die sich als triuwe (MF 91,29-31) und als Begegnung der A u g e n (Christan von Hamle, I,3,if.) manifestiert. Stellungnahmen und Folgerungen des Sprechers verbinden sich damit im Hinterglied des Schemas; der Sprecher tritt als Unbetroffener für die Liebenden ein, indem er die Unantastbarkeit ihrer Beziehung (MF 91,31) kategorisch formuliert oder nachhaltig den Freiraum für ihre Liebe fordert 1
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(L 117,36-118,1). Die Folgerung kann ebenso auf die Definition des Minnebegriffes gerichtet sein, wie der Beleg aus dem Werk des tugendhaften Schreibers zeigt (vgl. dazu noch V,5,i-4). Die Belege aus Christan von Hamle lassen demgegenüber die steigernde Wertung (1,2,5 f.) und die Forderung des Sprechers an die Liebenden (1,3,1 f.) hervortreten. Anders als bei den .rww/e-.ro-Korrelationen, die ja ebenso die Begegnung von Mann und Frau thematisieren, steht nun aber nicht mehr die Wahrnehmungs- oder Vorstellungsaktivität des einzelnen Ichs im Zentrum. Die Perspektive der Darstellung hat sich überhaupt verschoben, so daß die Liebesvereinigung und die Gemeinsamkeit in der gegenseitigen Zuwendung beider Liebenden angesprochen sein kann. Der Sprecher fungiert als unbeteiligte Instanz, der nicht die Wirkungen von Wahrnehmung und Anblick zuzuordnen sind, sondern die mit Forderungen, Definitionen und Wertungen von allgemeiner Verbindlichkeit hervortritt. Eine zweite Gruppe rückt mit ähnlicher Darstellungsform das Verhalten und die Erscheinung der Frau in den Vordergrund, um Wertungen und Verhaltensempfehlungen anzuschließen: ez wart nie niht so lobesam, swä düz an rehte güete kerest, so du bist. (Reinmar von Hagenau, M F 165,3of.) Swä ein edeliu schoene frowe reine, wol gekleidet unde wol gebunden, dur kurzewile zuo vil liuten gät, waz ist da so wünnecliches under, als ir vil minneclicher lip? (Walther von der Vogelweide, L 46,10-18) swä nü deheiniu si diu sich ir wipheit schäme, diu merke disen sanc und kiese denne. (ebd. L 49,1 f.) Ich gesach von rotem munde nie so lachelichez lachen als diu minnecliche lachet, swä si liebe lachen wil.
swä si liebe liebe machet, da hebt sich der wunnen spil. (Gottfried von Neifen, K L D 111,4,1-4 u. 7f.)
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Swa ein werdez wip an lachet einen minne gernden man unde it munt ze küssen machet, des muot muoz geliche stän hoch der sunne. (Ulrich von Lichtenstein, K L D X X X I , 5 , 1 - 5 ) Swa manic wiplich bilde ze semne get vil wol bekleit, da ist der weite wunne vil. (Johannes Hadlaub, B S M 37,12-14) der alden suln wir hie gedagen Und loben mine guoten, swa si get an dem tanze mit ir rosenkranze (Siebert: Tannhäuser, IV, 15,62-16,66) Vgl. weiterhin: M F 109,38f.; L 9 i , 8 ; K L D : Burkhart von Hohenfels: XIII, 5,4-6; Ulrich von Lichtenstein: X X I I , 7 , 5 ^ ; X X I V , 5 , i f . ; LI,4,if.; LIII,4,3f.; Reinmar von Brennenberg: IV,i2,7f.; Der Wilde Alexander: V I I , X V I I , 129-132; Otto von Brandenburg: IV,i,if.; Namenlos: x: LXII,3,7; BSM: Kraft von Toggenburg: 7,24-26; Otto zu dem Turne I.: 47-49 — Tannhäuser: IV,23,103-106.
Die Breite der Aussagemöglichkeiten ist im besonderen an der Prämissenposition festzumachen, wo der Sprecher Eigenschaften und Vorzüge der Frau erörtert (MF 165 ,jof.; L 49,1) oder ihre Erscheinung beschreibend vorführt (£46,10-18; Tannhäuser, IV,15,62-16,66), schließlich wo er die aktive Zuwendung der Frau anspricht (Neifen, III,4,i-4 u. γί.; Lichtenstein, XXXI,5,1-5). Die Folgerungsposition entspricht dem durch prononcierte Verhaltensempfehlungen (L 49,1 f.) oder durch wertende Feststellungen (L 46,10-18; Neifen, III, 4,7f.; Hadlaub, 37,12-14). Dabei fällt auch für diese Gruppe ein Sprecherverhalten auf, das die Beteiligung am Minnegeschehen weitgehend ausschließt und sich auf die Darbietung der als objektiv hingestellten Geschehensabläufe, Empfehlungen und Wertinhalte konzentriert. Hinweise auf den konkreten Situationsrahmen erscheinen bei alledem nur am Rande, wenn in Walthers Lied £ 4 5 , 3 7 das Bild der Dame, die dur kur^ewile %uo vil liutengat (L 46,12), entworfen wird oder beim Tannhäuser die Situation des Tanzes angesprochen ist (IV, 16,65). Eine letzte Reihe enthält Belege, in denen das Ich sein Verhältnis zu anderen gesellschaftlichen Gruppen reflektiert oder aber Erfahrungs141
sätze und Prinzipien formuliert werden, die Verhalten in der Gesellschaft ansprechen: swä man wiste einen valschaften man, den solten gerne alliu wip vermiden; (Ulrich von Gutenburg, M F 78,3of.) waz ob mir min sanc daz lihte noch erwirbet, swä man minen kumber sagt ze maere, daz man mir erbunne miner swaere? (Heinrich von Morungen, M F 1 3 9 , 1 6 - 1 8 ) rüemaere unde lügenaere, swä die sin, den verblute ich minen sanc, (Walther von der Vogelweide, L 4 1 , 2 5 f.) Swä man minnecliche lachet, hät dä Minne niht gewalt, sost ir hoher pris verswachet, (Ulrich von Winterstetten, K L D , X I V , 4 , 1 - 3 ) Vgl. weiterhin: Heinrich von Veldeke, M F X X X I V , 2 , 5 f . ; M F 125,9; Walther von der Vogelweide: L 65,1-4; 92,15F.; K L D : Ulrich von Winterstetten: V , 3,6f.; X X X V I I , 1 , 5 - 7 ; Otto von Brandenburg: V I , 2 , i f . ; B S M : Ulrich von Singenberg: 25,4; Pfeffel: 28f.; Kraft von Toggenburg: 6,1 if.; Goeli: 2,4of.; Johannes Hadlaub: 1 2 , 1 5 - 1 7 ; 52,59^ - Tannhäuser: III, 11,59f.
Mit allgemeinem Geltungsanspruch werden so Sanktionen (Gutenburg, M F 78,30^; Walther, L 41,25) und zeitkritische Äußerungen gegen die typisierte Allgemeinheit (boese, valschaft; rüemaere, lügenaere) formuliert; neben diesen Inhalten können auch das Publikumsverhalten gegenüber dem Sänger (Morungen, M F 139,16-18) oder die gesellschaftliche Situation der Minne (Winterstetten, X I V , 4 , 1 - 3 ) beleuchtet werden. Nicht größer als für diese Gruppe stellt sich die Belegzahl für jene Relativgefüge dar, die mit Hilfe des verallgemeinernden Pronomens swav^ eingeleitet werden. Ausgeklammert seien auch hier die Schemata mit konzessiver Bedeutung (vgl. etwa M F 7 1 , 1 4 ^ ; 15 3,2; 202,iof.). Mit insgesamt 15 2 Belegnachweisen treffen auch für die Gruppe der Formulierungen, die auf eine Konditionalstruktur zurückzuführen sind, im Gesamtvergleich die Aussagen zu, die zum sivä-dä-Gefüge (153 Belege) zu machen waren. Freilich gilt dies nicht ebenso für die einzelnen Entwicklungsstufen; zunächst nicht für MF: 142
Meinloh von Sevelingen: 15,9; Burggraf von Rietenburg: 19,24; Dietmar von Aist: 33,25; 35,γί.; 39,25; Friedrich von Hausen: 44,3if.; Heinrich von Velde ke: X X X V I I , 4 , i f . ; Ulrich von Gutenburg: 74,36; 76,8; 76,13 (-swes); Albrecht von Johansdorf: 89,yf.; Heinrich von Rugge: 107,1 if.; Heinrich von Morungen: 125,26f.; XII,226,5; 145,37-146,1; 146,i9f.; Reinmar von Hagenau: 152,iof.; IV,3,7-9; 160,21; 162,21; 164,2; 165,iof.; 169,3if.; 170,15-17; 174,19; 178,2of.; 181,39-182,1; 182,31 (swes-des); 184,8f.; 186,19-21; 195, 9\v.3f.; 199,6f.; 199,36-38; 200,14-16; 200,25-29 (swes-)·, 203,36f. (swes-); Hartmann von Aue: 206,i2f.; 206,5; 206,6; 211,30; 214,9-11; 215,6f.; 215,i2f. (swes-da^); 215,35; Gottfried von Straßburg: II,i,5f.; 11,5,4-6; 11,5,7-10; Wolfram von Eschenbach: 4,38-40; I X , 1,7-10. - Nicht einbezogen ist darin die Strophe V I (Swa% hie gat um be) aus Hs. Μ (f. 67"). Während nämlich der Minnesang bis Walther vorher nur 10 E x e m plare des sivä-dä-Schemas
bot, finden sich nun 49 Belege; bei Walther
(L) sind es 14 statt 12 Belege: 4i,33f·; 42,9 f ·; 48,9f·; 184,14 (swes-da%); 72,36 (swes-da%); 73,13^; 86,23-25; 91,9f.; 9 1 , 1 1 f.; 95,19^; no,22f. (da^-swes); no,24f.; m , 2 f . ; 116,19^; [MF: 215,6f.; 215,iif.]. Andrerseits geht die Belegzahl der >Deutschen Liederdichter des 13. Jahrhunderts< ( K L D ) v o n 95 auf 51 Belege zurück: Hiltbolt von Schwangau: XII,2,9; XII,2,10; Otto von Botenlauben: 111,2,1-3; VIII,7f.; Der tugendhafte Schreiber: VIII,3,3-5; Christan von Hamle: VI,1,3; Rubin: IV,1,1-4; I V . i . j f . ; XIV,2,7-9; XVIII,2, 9 f.; Burkhart von Hohenfels: VIII,2,5-8; XII,4,7; Gottfried von Neifen: Ι,ζ,ζί.; X V I I I , i , 4 f . ; XVIII,1,6-8; X X I V , 4 , i f . ; X X V I , 2 , i f . ; X X X I V , 5 , i f . ; Ulrich von Winterstetten: Lieder: VI,3,3f.; VI,3,5f.; X X V I , i , j f . ; X X X V , 3 , η ί . \ Ulrich von Lichtenstein: X X I I , 2,5-7 (swes-des); XXIII,7,5-7; X X V I , 4 , 3 f . ; X X X I , 3 , } f . ; XLI, 4 ,6; X L I V , 7 , 5 ; LI,7,if. (sms-des); LIV,i,3f.; LIV,5,if.; L V I I I . i . j f . ; von Buochein: I,2,6f.; Hug von Werbenwag: III,2,9f.; Reinmar von Brennenberg: IV,5,4; von Obernburg: I , i , i f . ; von Sachsendorf: 111,3,5; Rudolf von Rotenburg: Leichs: 11,5!» V,107-109; Lied VIII,3,7f.; Walther von Mezze: II,2,4f.; Wilhelm von Heinzenburg: V, 3 ,6f.; Der Kanzler: V,3,7-11; VII,2, 5 f.; I X , 1 , 1 - 3 ; Der Wilde Alexander: VII,XIb,9if.; Hawart: IV,3,3f.; Heinrich von Breslau: 1,2,4 (-swes); Christan von Luppin: 1,3,2 (swes-); Wenzel von Böhmen: I,3,4f·; Rubin u. Rüedeger: 1-4. Bei den Schweizer Minnesängern ( B S M ) ändert sich der Bestand kaum (swa-da: 23; swa^-da^: 27): Ulrich von Singenberg: 18,if.; 24,36; 25,1; 34,17 (-swes); Wernher von Teufen: 4,34; Kraft von Toggenburg: 1,35f.; 1,37-40; 2,2if.; Heinrich Teschler: 8,35; i3,2f.; Walther von Klingen: 3,3f.; Heinrich von Frauenberg: 2,9-11; Heinrich von Sax: 1,57-60; Steinmar: 1,3if.; n,24f.; Der von Gliers: 2,6; 2,7of.; 2,15 of.; 3,10 if.; Schenk von Landeck: 3,4jf.; Jacob von Warte: 5,5;Der 143
von Buwenberg: 6,1-5; 6,28f.; Johannes Hadlaub: ζο,ζηΐ.\ 35,2; 35,35^ (swesdasO\ 49,3 3 f·
Marner (swä-dä: 4): IV,1,8-10; VIII,3,28f. (-sives) Tannhäuser (swä-da: 5): IV,2,7f.; IV,3,10; IV,9,4if.; VI,2,5f.; VIII,3,i; XI, 3,36 (swes-des). Frauenlob (swä-dä: 3): XIV,6,6f.; XIV,25,1-5; X I V , 2 5 , 1 jf.; X I V , 2 6 , 1 5 - 1 7 . Unter den frühesten Belegen sind dabei zwei Exemplare, die zwar auf der Formulierungsebene den konzessiv verwendeten Korrelationen ähnlich erscheinen können (vgl. ζ. B. M F 7 1 , 1 4 ^ ) , die aber in ihrer Grundbedeutung unterschieden sind: durch daz wil ich mich vlizen, swaz si gebiutet, daz daz allez si getan. (Meinloh von Sevelingen, M F 15,8f.) swaz du gebiutest, daz leiste ich, vriundin mm. (Dietmar von Aist, M F 39,25) Die Zitate entstammen Textzusammenhängen, die deutlich gegeneinander abgesetzt sind; während die Stelle aus Meinloh 1 8 9 nämlich als Schlußformel die lobende Beschreibung der Frau ( M F 1 5 , 1 - 7 ) in ein Verhaltensprogramm des Mannes ( M F 15,8f.) umsetzt, bestimmt im zweiten Beispiel der Kontext des Tageliedes den Sinn des Elementes, das die A n t w o r t des Mannes auf den Weckruf der Geliebten beschließt. Gemeinsam ist beiden Exemplaren, daß sie die Mann-Frau-Beziehung unter den Aspekten von Forderung (gebieten) und Leistung ansprechen. Dabei bringt die formelhafte Aussage jeweils die freiwillige Unterwerfung des Mannes zum Ausdruck; diese besitzt bei Meinloh ihren G r u n d in der Idealität der Frau (vgl. M F 15,7), im Tagelied Dietmars meint
sie
das
Einverständnis
des
Mannes
mit
der
Frau
(vgl.
M F 39,22-24). Die Verallgemeinerung rückt das Element in die Nähe zur rhetorischenpermissio (vgl. Lausberg: Handbuch § 857), die einem Gesprächs- oder Ansprechpartner freistellt, zu handeln, wie er will, und dem Angeredeten so uneingeschränkte Freiheit zubilligt. D e r Unterwerfungsgestus wird akzentuiert, indem alle denkbaren Forderungen des Gegenübers von vorneherein eingeräumt sind. Das Bedingungsgefüge (>Wenn du irgendetwas forderst, dann erfülle ich es.a% si mir gehie^.jswa^ si mir solde, . . .). Diese Zuordnung lenkt auf die formale Parallelität der Satzabschnitte hin (Relativpron. SOV/Relativpron. SOV) und betont damit vor allem die Rolle der Frau, die jeweils als Handlungs- und Geschehensträger angesprochen ist. Gerade der doppelte Aspekt, unter dem die Leistung der Frau gesehen werden muß, tritt auf diese Weise in den Blick: sie hat sowohl eingelöst, was sie selbst versprochen (geheimen) hat, als auch die Verpflichtungen erfüllt, die gegenüber dem Manne bestanden (soln). Die Konstellation stellt daher zwei Aspekte der Minnebeziehung unterscheidend heraus, die in den folgenden Zeilen noch deutlicher aus der Sicht des Sprechers zusammengefaßt werden: er ist ein tump man, der iht anders gert. si londe mir, als ich si dühte wert. ( M F 206, 7 f.)
146
Die Angemessenheit des Geleisteten soll unwidersprechlich gelten, ebenso wie die genaue Entsprechung von Lohn und Einschätzung des anderen unbestritten ist. Die vorausgehende Strukturbestimmung des Minneverhältnisses liefert die Basis für diese Aussagen und für die zentrale Schlußfolgerung der Strophe: michn sieht niht anders wan min selbes swert. (MF 206,9) Gegenseitigkeit bestimmt bei Hartmann die Struktur der Minnebeziehung, insofern die Frau ihre Versprechungen eingelöst und die Erwartungen des Mannes erfüllt hat. Als formales Grundschema kann das Verhältnis der Gegenseitigkeit in den weiteren Exemplaren durchaus gegenläufige Sinnrichtungen annehmen: bei Walther von der Vogelweide (L 73,1 jf.) im besonderen, weil dort nicht zurückblickend, sondern in prinzipieller und programmatischer Ankündigung die reziproke Geltung all dessen, was die Frau dem Mann zufügt, ausgesagt ist. Hiltbolts von Schwangau Lied Nr. XII (2,9 u. 2,1 o) betont dagegen die Übereinstimmung der Gefühlsempfindung bei Frau und Mann (vgl. auch 2,8): Was die Freude des einen Minnepartners bewirkt, bedeutet immer auch die des anderen. Der bündig durchgeführte syntaktische Parallelismus in den Versen 2,9 und 10 bringt diese Gegenseitigkeit durch den Kontrast der Personal- und Reflexivpronomen (si-icb mich\mich- si sich) zur Aussage, so daß die formale Symmetrie des Grundschemas auch bei Umkehrung der Rollen sichtbar werden kann. Ulrich von Winterstetten nutzt die gleiche Denkfigur der Alternative, um die Einseitigkeit der Leiderfahrung festzuhalten (VI,3,3-6). Während die Dame nämlich die Liebe des Mannes gar nicht (trage) aufwiegt, handelt sie bei der Leiderfahrung genau umgekehrt. Die Gegenseitigkeit zwischen Frau und Mann bleibt so ohne Basis, weil die paradoxen Ansprüche der Dame (3,7: min leit da% ist ir herben gir) das Verhältnis dominieren. Das Aussageschema stellt in den meisten der angeführten Belege die Konsequenzbeziehung zwischen Forderung und Leistung, Wunsch und Erfüllung, Versprechen und Einlösen, Verpflichtetsein und Gewähren her; zugleich lenkt es auch umgekehrt auf die reziproken Folgen und Gegenleistungen hin, die sich mit einer bestimmten Verhaltens- oder Handlungsweise verbinden. Dies alles aber mit unterschiedlichen Akzentsetzungen, um das Ganze der Mann-Frau-Beziehung in seiner Struktur als Abhängigkeit (freiwillige Unterwerfung) und Entsprechung, als Zugemessenheit oder Gegenseitigkeit zu deuten.
147
Die Mehrzahl der Belegnachweise für die swa^-dat^-Prägung gibt indessen keine ähnlich durchgreifenden Anwendungsgesichtspunkte zu erkennen. Kleinere Gruppen mit gemeinsamer Themenstellung lassen sich aber ausgliedern.'90 Dies gilt zunächst für jene Exemplare, die das Singen und vor allem den Inhalt des Gesangs zum Thema machen: swaz ich singe, daz ist war: (Burggraf v o n Rietenburg, M F 19,24) swaz ich nü gesinge, daz ist allez umbe niht; mir weiz sin nieman danc. (Albrecht von Johansdorf, M F 89,9f.) swaz ich ir gesinge deist gehärphet in der mül; (Haupt/Wiessner: Neithart, 69,38; vgl. auch 7 3 , 3 2 ; 88,16; 9 5 , 3 3 ) Vgl. weiterhin: Reinmar von Hagenau: M F 1 6 2 , 2 1 ; 1 6 5 , 1 of.; K L D : Gottfried v o n Neifen: X X V I , 2 , i f . ; X X X I V , 5 , if.; Ulrich v o n Winterstetten: X X X V , 3,7f.; H u g v o n Werbenwag: III,2,9f.; Rudolf v o n Rotenburg: VIII,3,η{.\ Namenlos: ρ 1 5 , 1 f.; χ X I I I , 1,5; B S M : K r a f t von Toggenburg: 2,21 f.; Heinrich v o n Sax: 1,5 7f. — Tannhäuser: V I , 2 , 5 f .
Als Wahrheitsbeteuerung oder Liedansage tritt bei diesem Element die Minnethematik zurück; es lenkt die Aufmerksamkeit des Hörers auf den Akt des Singens selbst, das in seinem Wahrheitsanspruch (Rietenburg, MF 19,24), in seinem (äußeren) Zweck (Johansdorf, MF 89,yf.; Neithart, 69,38 u. 73,32) oder seiner Intention und Form reflektiert werden kann. In den Blick kommen so die Voraussetzungen des Liedes, und sie werden am ehesten dann zum Thema, wenn sie nicht weiterhin als selbstverständliche Vorgaben gelten können. Dies zeigen gerade die negativen Aussagen, die in der Folgerungsposition des Gefüges unerfüllte Erwartungen des Sängers (MF 89,9f.; Neithart 73,32) oder Mängel des Gesangs (Neithart, 88,16) festhalten. Auch Erwartungen des Publikums können angesprochen und dementiert werden; bei Reinmar kommt auf diesem Wege der Informationswert des Liedes zur Sprache: S w a z ich nu niuwer maere sage, des endarf mich nieman vrägen: ich enbin niht vrö. (Reinmar von Hagenau, M F 1 6 5 , 1 of.) "9° Vgl. auch drei Formulierungen, die Geschehensabläufe in ihrer Unvermeidlichkeit beschreiben: M F 74,36; 160,21; 164,2.
148
Im Vorderglied des zugrundeliegenden Konditionalschemas läßt sich also der Anschluß an die vorgegebene Vortragssituation herstellen, die gerade als bekannter Hintergrund die Folie für überraschende Umdeutungen und die Irritation eingewöhnter Erfahrungen abgeben kann. Dem entspricht, daß der Bezug auf Singen und Vortragssituation häufiger durch stereotype sprachliche Wendungen (swa% ich nägesinge, . . .) ausgesprochen wird, während erst die folgende Einordnung ist, deist) des in allgemeinster Form eingeführten Themas inhaltlich wichtige Bestimmungen anschließt. Eben diesen Ablauf der Bezugnahme auf den Situationskontext und dessen unerwarteter Belichtung vermag die ja^-i/^-Relation in ihrer direkten Verbindung von Setzung und Folgerung, von semantisch unbestimmter Themeneinführung und inhaltlicher Füllung in den Blick zu bringen. Neben dieser Ausprägung des Elementes heben sich weiterhin jene Belege ab, in denen verallgemeinernd Requisiten der Naturdarstellung, Lebewesen, Dinge und Vorgänge der natürlichen Umwelt angesprochen werden: swaz wol den ougen tuot und sich den liuten lieben kunne, daz miiez ir diu saelde geben. swaz grüenes üf von erde ge oder touwes obenan nider risen muoz, loup, gras, bluomen unde kle, der vogele doenen gebe der schoenen minneclichen gruoz. (Gottfried von Straßburg, M F 11,5,4-6 u. 5,7-10) swaz üz siiezem done erklinget, swaz der wait des loubes treit, swaz diu heide bluomen bringet, swaz diu nahtegal gesinget, dast gen wiben ungereit. (Der Kanzler, K L D V , 3 , 7 - i 1) Vgl. daneben M F : Gottfried von Straßburg: II,i,5f.; Wolfram von Eschenbach: I X , 1 , 7 - 1 0 ; K L D : Rubin: I V , 1 , 1 - 4 ; Gottfried von Neifen: X V I I I , i , 4 f . ; X V I I I , 1 , 6 - 8 ; X X X V I , i , i f . ; Ulrich von Winterstetten: X X V I , 1 , 3 - 5 ; von Obernburg: I , i , i f . ; Der Kanzler: VII,2,5f.; I X , 1 , 1 - 3 ; Namenlos: 14p,5f.; B S M : Kraft von Toggenburg: 1,35f.; 1,37-40; Der von Gliers: 2,6; Der von Buwenberg: 6,1-5; Johannes Hadlaub: 35,2 —Marner: I V , 1 , 8 - 1 0 ; Frauenlob: XIV,25,1-5.
Die Jw^-i/a^-Korrelation kommt dabei einem Darstellungsverfahren entgegen, das die angesprochene Wirklichkeit sowohl in ihrer umfas149
senden Ganzheit als auch ihrer detailreichen Fülle vergegenwärtigen will. In den zitierten Textbeispielen betonen die Anaphern den Gestus des verallgemeinernden Sprechens, mit dem die reihende Darstellung von Naturdetails einhergehen kann, um pointiert auf die Minnethematik zurückbezogen zu werden (Gottfried v. Straßburg, 11,5,6 u. 10; Kanzler, V , 3 , i i ) . Begrifflich bleibt dagegen die Sprache jener Formulierungen, die mit Hilfe von Gefühls- und Wertabstrakta (vröide, liebe, Zeit) den Anteil oder Umfang eines bezeichneten Gefühls oder Wertes ansprechen, der dem Ich oder anderen zuzurechnen ist, von ihnen erfahren wurde oder erwartet wird. Stellungnahmen des Ichs und des unbeteiligten Sprechers ordnen dabei diese Aussagen über seelische Situationen und Erfahrungen durch Wertungen, Feststellungen, Erklärungen oder Hinweise auf Verhaltensreaktionen ein: Ich weiz wol, daz er mir niemer des entwenket, swaz min herze vröiden an sinen lip gedenket, (Heinrich von Veldeke, MF XXXVII, 4 ,if.) von ir schoene kumt, swaz ieman vröiden hat. (Heinrich von Morungen, MF XII,22b, 5) swaz ich durch si liden sol, daz ist kumber, den ich harte gerne dol. (Reinmar von Hagenau, MF 169,31 f.) Vgl. weiterhin: MF: Dietmar von Aist: 3 5,7f.; Reinmar von Hagenau: 152,iof.; IV,3,7f.; 170,15-17; 178,2of.; 186,ia%) bestimmt ist. Stattdessen sind Denkschemata zu behandeln, die in ihrem Geltungsumfang auf partikuläre Konstellationen beschränkt sind. Sie werden im Minnesang zumeist als Reflexion oder Erörterung des Ich-Sprechers erscheinen, dabei häufiger so, daß dieses Ich seine individuelle Situation zum Thema macht. Anders als für die Gruppen des verallgemeinernden Typs, wo als sprachliche Form etwa das relativische swerder-Gefüge zu beobachten war,' 96 entspricht dem Denkschema in diesem Bereich nicht nur die Funktion, sondern auch die grammatische Form des Konditionalsatzes, der mit oder ohne Einleitung (Wortstellung des direkten Fragesatzes bzw. ob, als, und, et\ot) formuliert sein kann.' 97 Dabei beinhaltet dann schon die sprachliche Form eine Unterscheidung des Beobachtungsfeldes in indikativische und konjunktivische (Konjunktiv I u. II) Varianten.' 98 Wie sich in diesem Zusammenhang dem grammatischen Verbmodus die Denkkategorien der hypothetischen oder kontrafaktischen Aussagegeltung zuordnen, wird erst noch zu fragen sein.' 99 K u r z angesprochen seien dagegen jene Problem- oder Grenzfälle, in denen beispielsweise bei Verwendung der Partikel ob — eine uneigentliche Verwendung der konditionalen Aussageform zu beobachten ist: ob kann in solchen Fällen Sätze einleiten, denen die Funktion eines mhd. ίώ^-Satzes zukommt 200 196
Vgl. hierzu Paul/Moser/Schröbler/Grosse: Mhd. Grammatik. § 347. Vgl. ebd. §§ 338.340 u. 352,1-4. 198 Vgl. auch Schmaltz: Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Aken; wie Kap. i., Anm. 1. S. 131 f. ' " V g l . zunächst Paul/Moser/Schröbler/Grosse: Mhd. Grammatik. § 369, AA. u. BB.; dazu bes. für das moderne Deutsch die Erörterung zum Konjunktiv bei Schöne: Aufklärung aus dem Geist der Experimentalphysik; wie Anm. 29. S. 24-27. IC0 Vgl. hierzu ebd. §§ 352,icu. 369,AA 5 d; als Belegbeispiel erscheint in § 3;2,iceine Stelle aus Morungen (MF 137,27-30), bei der die uneigentliche Verwendung des Konditionals doch nicht offensichtlich ist und der Begründung bedürfte; dazu auch die Ubersetzung von Helmut Tervooren in: Heinrich von Morungen: Lieder. Mittelhochdeutsch und neuhochdeutsch. Text, Ubersetzung und Kommentar von Η. T. Stuttgart 1978. S. 101. 197
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und in denen das Bedingungsverhältnis zwischen den ausgesagten Inhalten überhaupt fehlt. 2 " 1 Z u berücksichtigen sind weiterhin Formulierungen, bei denen ein Übergang zu konzessiver Bedeutung vorliegt. 202 Ähnlich wie bei den swenne-so- oder den .w/z-. . . Sol ich der järe werden alt, daz giltet sich mit leide tüsentvalt.< (Hartmann von Aue, M F 218,
Nicht ausschließlich negativ bewertete Perspektiven also gelangen zur Darstellung. Als übergreifender Aspekt aber erweist sich die Reflexion der Zeit-, Lebens- und Sinnerfahrung des einzelnen Ichs. Wie in den Textbeispielen aus dem frühen Minnesang bilden dabei die Sorge des Ichs, seine Einbindung in die Minnebeziehung und seine Aktivität, die sich im Vorgriff auf mögliche Entwicklungen zeigt, entscheidende Momente. Sind diese Voraussetzungen einmal beschrieben, so kann die überraschende Umbesetzung solcher Exemplare, die aus den vorgegebenen Bedingungen ausbrechen, genauer erkannt werden. Heinrich von Morungen akzentuiert die Unbetroffenheit durch den Liebestod (MF 147,8-11), indem er die Perspektive einer Fortsetzung des Minnedienstes im Jenseits eröffnet: sol mir hie niht guot geschehen von iuwerm werden übe, so muoz min sele iu des verjehen, dazs iuwerre sele dienet dort als einem reinen wibe. (MF 147,12-15) 168
Im Kontrast von irdischer und jenseitiger, physischer und seelischer Existenz gibt die paradoxe Folgerung dem Risiko des möglichen Liebestodes eine überraschende Konsequenz, in der die (unterstellten) Absichten der Frau (vgl. MF 147,4-9) entscheidend relativiert sind. Diese Problemlösung, die vielleicht nur als ironische Einschränkung und Erweiterung des Liebestod-Konzeptes gelesen werden kann, besitzt ihre polemische Entsprechung im Werk Walthers von der Vogelweide, wenn dort nicht nur das Altern beider Liebenden thematisch, sondern auch die Rache des verlassenen Mannes als Sinnersatz in die Darstellung einbezogen wird: sol ich in ir dienste werden alt, die wile junget si niht vil. so ist min har vil lihte also gestalt, dazs einen jungen danne wil. so helfe iu got, her junger man, so rechet mich und get ir alten hüt mit sumerlaten an.
(L 73,i7-") Die Anwendungsgeschichte dieser Konfiguration wäre weiter im 13. Jahrhundert zu verfolgen: bei Otto von Botenlauben, Engelhart von Adelnburg, Ulrich von Winterstetten oder Ulrich von Lichtenstein, aber auch anderen. Belege aus dem Werk dieser Verfasser können nun aber zugleich dokumentieren, daß die Konditionalform zusammen mit der Frage nach Lebenssinn und Zukunftsperspektive immer wieder die Thematik existentieller Betroffenheit (vgl. Morungen, M F 147,4-15) ausprägt. Das erste Beispiel sei als einer der selteneren Belege für die Verwendung des Konjunktivs II in diesem Kontext verstanden (vgl. Otto von Botenlauben, K L D V,3,if.): Solte ich sterben von so grozen leiden, daz waere mir ein angestlichiu not. (vgl. ebd. V , 3 , 5 ) owe, sol ich niht geniezen gotes willen, dest der tot. (Engelhart von Adelnburg, M F i48,7f.) Sol ich niht herzeliep bejagen noch hohe fröide erwerben, so mac ich doch von schulden klagen und muoz von leide ersterben. (Ulrich von Winterstetten, K L D V , 4 , i - 4 ) ach owe, sol min leben 169
klagenden sorgen sin gegeben, sölhiu not ist der tot. (Ulrich von Lichtenstein, K L D XXI,i,6-10) Vgl. weiter ζ. B. Gottfried von Neifen: K L D VII.z.i; VII,2,4; VII,4, 4 f.; X I , if.; XV,5,1-3; XVIII,2,6-8; XXIX,5,5-7; X X X I I , 3 , 7 ; XXXVIII,2,5-7; XLVIII,4,i; XLVIII,4, 4 ; L, 1,1-3.
Die Erfahrung des Existenzverlustes dient - zumeist in metaphorischer Bedeutung - als Kategorie, die den extremen Grad der Betroffenheit bezeichnen soll. Seltener erscheinen Tod und Sterben des Ichs dagegen als auslösendes Geschehen (vgl. Otto von Botenlauben, V , 3,1 f. u. 3,5), das im Bedingungssatz des Konditionals ausgesagt wird. Der Extremwert negativer Erfahrung, der sich im Sprechen von Tod und Sterben ausdrückt, entspricht einem Formulierungsschema, in dem immer wieder die weitgehende Betroffenheit und Abhängigkeit des Ichs hervortreten. In vielen Fällen lenkt die unpersönliche Formulierung (vgl. ζ. B. Ulrich von Lichtenstein, X X I , 1,6-10) auf die Passivität des Ichs ebenso wie auf die Anonymität und Fremdbestimmung des angesprochenen Geschehens hin. Und eben diese Darstellungsweise, die den Einzelnen nicht als Geschehensträger, sondern als hinnehmendes Subjekt sieht, findet ihr negatives Extrem in der Erfahrung des Existenzverlustes. Es griffe zu kurz, wollte man diesen Formulierungstyp, bei dem die »Darstellung des Geschehens vom handelnden Menschen« 217 absieht, als allgemeines Merkmal höfischen oder >ritterlichen< Sprechens begreifen. Dies zeigt die alternative Formulierungstypik, die in der Verwendung des Hilfsverbums wellen Absichten und Ziele des Ichs oder andrer Personen zum Thema macht: wil aber si mich von ir vertriben, ir schoener gruoz scheid et mich von ir übe. (Rudolf von Fenis, MF 80,2if.) und wil si, ich bin vro; und wil si, so ist min herze leides vol. (Albrecht von Johansdorf, MF 9i,2of.)
2,7
Hennig Brinkmann: Geschehen, Person und Gesellschaft in der Sprache des deutschen Rittertums. In: Η. B.: Studien zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Bd. I. Düsseldorf 1965. S. 343-356, hier S. 344; vgl. ebd. weiterhin
S. 344-346.
170
waz mac si des, wil ich unsanfte leben? (Reinmar von Hagenau, MF 171,28) geloube er mir, daz ez so lihte niht ergät, wil er die, diu sinne und ere hat, von beiden also lihte vertriben. (ebd. 181,7-9)
Zu berücksichtigen ist dabei, daß in solchen Formulierungen überwiegend der Wille und die Absichten der Frau angesprochen sein werden, so daß auch dann häufiger die Abhängigkeit des werbenden Mannes ausgesagt ist (vgl. beispielhaft M F 9i,2of.). Vgl. etwa in MF: Heinrich von Morungen: 126,11-14; 137,1 of.; 143,2^; 143,21; 146,31-33 (Fass, a u. b); Reinmar von Hagenau: 152,247V. 7-10; 160, 25-27; 165,7-9; i7i» 2 8; i7 2 ,4; 181,7-9; i 8 3.3* 6 ; 183,1 if.; 188,3f.; 189, 14-17; 198,2f.
Aber grundsätzlich besteht im Minnesang doch die Alternative, entweder die Zurechenbarkeit und Selbstbestimmung von Handlungen zu thematisieren oder stattdessen die Fremdbestimmung von Geschehensabläufen hervorzuheben, die dann durch die Anonymität des Verursachers gekennzeichnet sein kann. Wenn im Minnesang Reinmars nun gerade auch die Distanz der Liebenden zum zentralen Problem wird, so kann das konditionale Schema wichtige Aspekte dieser Erfahrung entwickeln. Die Frage nach der zeitlichen Dauer des Dienstes, die nach dem Grad des erfahrenen Leides und den Erwartungen, die sich mit der Betroffenheit bilden, schließlich aber der Wert des Minneverhältnisses stellen mögliche Themenansätze dar: Mir ist komen an daz herze min ein wip, sol ich der vol ein jär unmaere sin, und sol daz C · · ) alse lange stan, daz si min niht nimet war, so muoz min vröide von ir gar vil lihte an allen trost zergan. (MF 157,15-20) sol min vröide also zergan, sone gebe ich niht dar umbe, swaz ich her gelebet hän. (MF 182, 3 8f.)
Die authentische Erfahrung und die Intensität des Minneleides (vgl. M F 1 5 7 , 1 1 - 1 4 ) bringen zugleich die Bedingungen ins Bewußtsein, 171
unter denen die Freude des Ichs zunichte gehen muß. Anders als in den bisher gebotenen Belegen wird dabei nun die Indifferenz der Frau (vgl. MF 157,16 u. 18) als Ursache benannt. Akzentuiert ist dazu die mögliche Dauer dieses Verhaltens. Umgekehrt kann die Erfahrung von Leid und Sorge den Wert der vröide für die Lebensbewältigung des Einzelnen in den Blick bringen (vgl. MF 182,34^: westich, wä man vröide enpßaege, / darrvolte ich —ine mac niht susgeieben - ; weiterhin M F 18 3,1 f.), und zwar so, daß die personale Erfüllung als Konstituens von Lebenssinn behauptet wird (vgl. MF i82,38f.). Gerade auch diese Reflexion, die dann den absoluten Wert der Minne für die Person aufdeckt (vgl. auch MF 183,21-26 u. 27-32), kennzeichnet Texte Reinmars. Zu beachten bleibt indes, daß der Konflikt zwischen solchem Wertbewußtsein und der letztlich doch unaufgehobenen Leiderfahrung zwar unterschiedliche Lösungsversuche freisetzt, als Problem aber offenbleibt: sol min dienest also sin verswunden, so sin doch geret elliu wip, sit daz mich einiu mit gedanken vreut an manegen stunden. ( M F 189,29-31) sol aber ich verderben, son verdarp nie lobelicher man denne also. ( M F i99,2f.) Min gloube ist, sol ich leben, ich wirde endelichen alt; diu mir vröide hat gegeben und sorge manicvalt, der diene ich die selben tage. mine jär diu müezen mit ir ende nemen, so mit vröiden, so mit klage. ( M F 199,18-24)
Wo die Vollkommenheit und Beständigkeit des Dienstes als Ansprüche des Ichs bewußt gesetzt werden (vgl. MF 189,23f.), so daß auch die Negativität der Minne als Komponente oder gar als Voraussetzung dieses Programms zu verstehen ist (vgl. MF 189,2 5f.), muß der erfahrene Mangel nicht den Verlust von vröide bewirken: so verlius ich niemer vröiden vil, j sit diuguote mich niht sanfte stillen wil. (MF i89,27f.)Die Frage nach dem unerfüllten Dienst (MF 189,29^ wird konzessiv formuliert, weil die innere Erfüllung (vgl. M F 189,31 mit gedanken) der Person eigene Wertigkeit erhält. - Liegt dann freilich jene Textsituation der Deutung zugrunde, die Handschrift C vertritt, so bleibt diese Lösung 172
nicht unangefochten und wird mit dem Beginn der nächsten Strophe relativiert (vgl. MF 189,$zf.). Ähnlich bedingt in Lied M F 198,28 ein Bewußtsein, das die Sorge der Person als zentralen Wert umversteht (vgl. MF 198,3 5f.: Man sol sorgen: sorge ist guot; j arte sorge ist nieman wert.), die Neubesetzung des konditionalen Schemas. Einhergehen kann damit auch die Relativierung der negativen Perspektive durch eine alternative Möglichkeit (vgl. M F 198,37-199,1); der Schaden des Ichs bleibt immer noch mit dem Hinweis auf die einzigartige Werthaftigkeit des Betroffenen als sinnvoll zu integrieren (vgl. MF i99,2f.). Wenn nun im weiteren Textablauf auch diese Lösung revoziert worden ist (vgl. MF 199,9^, weder der Anspruch auf Liebeserfüllung noch der auf unverwechselbare Werthaftigkeit zu beseitigen ist, dann kommt auch eine Position in Reichweite, welche die gegensätzlichen Erfahrungswerte in ihrer Widersprüchlichkeit hinnimmt und als Faktizität im Zentrum der eigenen Lebensperspektive beläßt (MF 199,18-24). 218 Die Beispiele sollten verdeutlichen, daß spezifische Leistungsmomente des vorgeprägten Schemas festzumachen sind, wenn auch die inhaltlichen Vorgaben, unter denen es steht, gesehen werden. Erklärungen für die jeweilige Besetzung deuten sich mit dem Blick auf diese Prämissen an: die extreme Dauer der leidvoll erfahrenen Distanz (vgl. M F 157,15-20), andrerseits das Selbstbewußtsein besonderer Werthaftigkeit und Verdienstlichkeit, das der Entsagung entspringen soll (vgl. MF i99,2f.), schließlich auch die Akzentuierung der vröide als zentralem Lebenswert (vgl. MF 182,38^) - diese unterschiedlichen Positionen machen stets erneut die Frage dringlich, was sie denn bedeuten, wenn sie nur einmal auf die Lebensperspektive des Ichs bezogen werden. Das Schema artikuliert ja die zunächst naive Frage danach, welche günstigen oder ungünstigen Folgen ein Geschehen oder eine Handlung für das Ich haben kann. Damit entspricht es einem alten Topos der Argumentationslehre. 219 Wichtiger ist indes, daß mit 218
Vgl. ausführlich zu diesem Text Schmaltz: Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Alten; wie Kap. 1, A n m . 1. S. Kjof. u. S. 2 3 4 - 2 3 7 . - Einer MinnesangVorlesung, die Prof. Franz Josef Worstbrock im Sommersemester 1983 gehalten hat, verdanke ich den Hinweis, daß dieses Lied zunehmend die Lebensreflexion des Ichs ins Zentrum rückt, während die Huldigung der Dame als Thema entschieden zurücktritt. Dazu stimmt die zweimalige Wiederholung des konditionalen sol-soSchemas.
219
Vgl. hierzu Lausberg: Handbuch. § 3 8 1 ; Perelman: L o g i k und Argumentation; wie A n m . 29. S. 1 1 3 .
173
dieser Leistung ein Kriterium für die Beurteilung von Argumenten oder Positionen gewonnen werden kann, gerade weil eine angesprochene Situation oder ein Verhalten in ihren weitreichenden Auswirkungen bewußt werden." 0 Im größeren Argumentationsablauf können mit Hilfe des Elementes vermeintlich unfragwürdige Ausgangspositionen oder offene Problemfragen zur Konsequenz gebracht werden. Auch Reinmars Texte kennen diese Möglichkeit, w o das Schema im Zusammenspiel mit einer Alternative Extrempositionen ausmessen läßt (vgl. M F 182,38-183,6; 198,37-199,3) oder als Zwischenschritt einer Begründung Widerspruch provoziert (vgl. M F 189,29-33). Im Rahmen meiner Belegreihe zeigen die besprochenen Beispiele aus Morungen (vgl. M F 147,12-15) und Walther (L 73,17-22) zudem die Attraktivität für Anwendungen, denen es um die Hervorhebung überraschender Konsequenzen geht: etwa in der Weise, daß scheinbar aussichtslose oder entschiedene Situationen am Ende dennoch eingeschränkt oder umgekehrt werden könnten. Parallele Analyseversuche wären nun nicht nur für weitere Formulierungsmuster des indikativischen Konditionalsatzes durchzuführen, sondern auch für die Gruppe der Konjunktivformen. Im Bereich des Indikativs könnten dann noch solche Aussagen behandelt werden, die den hypothetischen Charakter eines Falles betonen (vgl. ζ. B. M F 150,16-18: ist ieman, der da£ nide, / da·.ζ ist. . .; weiterhin MF: 152,34-37; 159,37-40 u. 160,1-5; 173,5; 185,10-12; 190,23-26). Und auch Beispiele, in denen das Konditionalgefüge als abhängiger Satz erscheint (vgl. z. B. M F 157,31-33: Unde wiste ich niht, da£ si mich macjvor al der weite wol wert gemachen, obe si wil, /. . weiterhin M F 1 8 3 , 1 4 ) , " ' wären zu beachten, weil sich in dieser Form ein Sprechen andeuten könnte, das zunehmend Einschränkungen und Indirektheit, Rücksichtnahme oder auch Unsicherheit auszudrücken sucht. 222 Im Bereich der konjunktivischen Varianten 22 ' fallen Exemplare auf, die ex negativo Bedingungen für den Minnedienst klären, indem eine " ° V g l . hierzu auch Perelman: Das Reich der Rhetorik; wie Kap. 1, A n m . 106. S. 88-90. 221
Vgl. dazu auch Paul/Moser/Schröbler/Grosse:
Mhd. Grammatik. § 3 6 9 , B B (S.
47 3 f·)· 222
225
Vgl. auch Burdach: Reinmar und Walther. S. 6z{. u. j i f . ; Schmaltz: Beiträge zur poetischen Technik Reinmars des Alten; wie Kap. 1, A n m . 1. S. 97-102. Vgl. ebd. den Überblick S. 1 4 6 - 1 5 7 ; zu Morungen Fortmann: Studien zur Gestaltung der Lieder Heinrichs von Morungen; wie Kap. 1, A n m . 1. S. 1 8 5 - 1 8 8 .
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Voraussetzung, die zum Abbruch der Beziehung führen würde, als irreal ausgeschlossen werden kann (vgl. dazu wie oben MF 15 7,31-3 3). Ähnlichen Funktionen dienen auch solche Prägungen der Vergewisserung und Standortbestimmung, in denen versuchsweise Verhaltensmöglichkeiten erwogen und zugleich als unwahrhaftig oder unangemessen abgelehnt werden (vgl. MF 158,15 u. 16; 171,4^; 189,5 f.). Dieser Anwendungstyp akzentuiert sich noch einmal anders, wo die Frage nach den Ursachen für das erfahrene Leid mögliches Fehlverhalten (vgl. ζ. B. M F 160,38-161,1) reflektieren läßt oder auch kritisch die Grenzen der eigenen Klugheit und des eigenen Wissens (vgl. MF 201,38 u. 202,7-9) den Blick bringt. Neben Gedankenexperimenten (vgl. z. B . M F 170,29-35), Hyperbeln (vgl. MF i82,24f.u. 26f.) oder Konfigurationen von idealer Vorstellung und Faktizität, in denen das Defizit der Beziehung zutage tritt (vgl. ζ. B. MF 195,28-31), bleiben diese Ausprägungen wichtig, weil sich mit ihnen - auch gegenüber Hausen - spezifische Formen der Selbstreflexion ausbilden. Aufs ganze lassen sich beinahe ebensoviele Indikativ- wie Konjunktivformen des Konditionals für die Zeit von Hausen bis Wolfram nachweisen (Indikativ: rd. 230; Konjunktiv: rd. 200). Gegenüber den verallgemeinernden Aussagetypen (rd. 280 Belege) ergibt sich quantitativ im Gesamtvergleich beider Bereiche eine deutliche Differenz. War im Werk Reinmars schon deutlich die Dominanz indikativischer Konditionalsätze festzustellen, so verstärkt sich diese Tendenz noch bei Walther von der Vogelweide, wo 71 Lieder (286 Strophen) 97 Belege für den Indikativ, aber nur 5 5 für den Konjunktiv aufweisen. Einher geht damit auch hier die entschieden größere Häufigkeit dieses Bereiches gegenüber den verallgemeinernden Aussagemustern (88 Belege; swer: 36; swenne: 20; swa: 12; swa%: 14). Hatte ich vorher schon auf die Gruppe der indikativischen so/so— Formulare hingewiesen, so ist nun vor allem der Hinweis auf Belege hinzuzusetzen, die zwei Konditionalsätze koordinieren. Auf die Wiedergabe der Konjunktivbelege bei Walther wie auch bei den späteren Autoren verzichte ich; diese Belege dienen nur dem statistischen Vergleich: L:
1 4 , 1 3 ; i4,i6f.; 40,4-6; 4o,2if.; 4 i , i ° f . ; 4 1 , 2 7 ^ 4 3 , 3 l f · ; 44,5*8;
44,14-16;
1 7 1 , 1 3 - Π ; i 7 I , 2 3 f · ; 45,9; 46,6-9; 4 7 , 1 ; 4 7 , 1 2 ; 48,5f-i 5 0 , 1 3 - 1 6 ; 5 0 , 1 7 ^ ;
50,18;
50,i9f.;
54,5f.;
5o,29f.;
52,4-6;
52,13^;
53,3f.;
53,5f.;
53,7f.;
53,34;
54,if.;
54> I S>f·; 5 4 , 3 5^·; 5 5 , 2 3 f · ; 5 6 , i 9 f . ; 5 7 , 3 5 " 3 7 ; 5 8 , 2 5 ; 5 9 , 2 6 f . ; 1 8 4 , 2 3 - 2 5 ;
184,26f.;
175
184,28-30; 62,3-5; 6z,6f.; 62,32; 62,22; 62,25; 63,12; 63,27-29; 69,2; 69,5; 69,6; 6 9 , 1 1 ; 69,i2f.; 69,16; 69,24-26; 70,31 [vgl. auch Hs. Cgewunne]; 71,ηί.\ 7 i , i 4 f . ; 7 2 , i f . ; 72,24f.; 73,10; 73,1 jf.; 73,16; 73,17-22 [vgl. auch Hs. A so/de]; 74,if·; 74,8f.; 74,35; 75.4J 86,4-6; 86,7f.; 86,34; 89,9-12; 91,1-4; 9 1 > 2 9 f ·; 9 I >35"9 2 » 1 ; 94,10; 95,27f.; 95,29-34; 97,1-3; 97,4-6; 99,36-100,2; 100,4; 1 1 0 , 9 - 1 1 ; 1 1 1 , 3 8 - 1 1 2 , 2 ; 1 1 2 , 2 9 ^ ; 113,4-6; 1 1 3 , 1 1 - 1 4 ; 1 1 3 , 3 6 ; 1 1 6 , 3 f . [vgl. aber Hs. C E zu 116,4]; n 6 , 7 f . ; 1 1 6 , i j f . ; 1 1 6 , 1 9 ^ ; 1 1 7 , 5 - 7 ; I I 7 > 2 4 f · ; i i 8 , j f . ; 1 1 8 , y f . ; 1 1 9 , i 2 o , i 4 f . ; 1 2 1 , 1 1 - 1 4 ; X I I I , 3 f . ; X V , 1 7 - 2 0 ; X V , 2 4 ; XVI,26-28; X V I , 3 if.; X V I I , 9 f.; X V I I , 1 9 - 2 1 ; X V I I , 2 3 f . ; X V I I I , 6 f . Auffallig ist in diesem Rahmen nicht nur die Zahl, sondern gerade die Qualität der Konfigurationen zweier Konditionalsätze: wirbe ich nidere, wirbe ich hohe, ich bin verseret. (L47,i) Hast du triuwe und staetekeit, so bin ich sin an angest gar daz mir iemer herzeleit mit dinem willen widervar. hast ab du der zweier niht, son müezest du min niemer werden, owe danne, ob daz geschiht! (L 50,13-18) minne ist minne, tuot si wol: tuot si we, so enheizet si niht rehte minne. (L 69,5 f.) teilent sie geliche, sost diu minne da: sol abe ungeteilet sin, so enkans ein herze alleine niht enthalten. (L 6 9 , 1 1 - 1 3 ) wellest du mir helfen, so hilf an der zit. si abe ich dir gar unmaere, daz sprich endeliche: so läz ich den strit, (L 69,16-18) Vgl. weiterhin: 53,3f- u. 5f. u. 7f.; 184,23-25 u. 26f. u. 28-30; 7 3 , i j f . u. 16; 95,27^ u. 29-34; 97,1-3 u. 4-6; n 6 , i f . u. 3f. [vgl. aber Hss. C E zu 116,4!]; n 6 , i 7 f . u. 19f.; X V I I , 1 9 - 2 1 u. 23f. Mit einzelnen Ausnahmen bieten diese Belege nicht die bloß additive Reihung v o n Konditionalsätzen, sondern ihre Koordination als Alternative oder Dilemma, aber so, daß einzelne Teile der Satzgefüge durch Korrespondenzen, Parallelismus oder Chiasmus etwa, in zusätzliche Beziehungen eintreten können (vgl. L , 4 7 , i ; 50,13 u. 17; 69,5 f.). Im besten Fall kann dies eine Einheit v o n Gegensätzen und Entsprechun-
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gen begründen, die diesem Element eigene Bündigkeit und Geschlossenheit zukommen läßt. Während so in L 47,1 der Blick auf die gegensätzlichen Formen der Minne Werbung und ihre in jedem Fall unvermeidliche, negative Konsequenz für den Sänger gelenkt wird, müssen in L 50,13-18 mit den alternativen Ausgangsbedingungen (L 50,13 u. 17) die verschieden akzentuierten Konsequenzen (L 50,14-16 u. 18) in den Vordergrund treten: zunächst die Sorge (angest) des Ichs, die dann - in der zweiten Folgerung - als Kriterium für die Minneverbindung (L 5 ο, 18) umgesetzt und zuletzt als Befürchtung ausdrücklich wird (owe danne, ob geschiht!). Exemplare wie L 69,5 f. betonen demgegenüber mit Hilfe des Chiasmus der Satzhälften nicht nur den besonderen Stellenwert der seelischen und emotionalen Wirkung von Minne (. . . tuot si wol:\tuot si we . . .), sondern vor allem auch die Umkehrbarkeit der ausgesagten Gesetzmäßigkeit, deren logische Symmetrie so konkreten Ausdruck gewinnt. Das letzte Beispiel meiner Belegreihe (L 69,16-18) kann schließlich zeigen, wie in den Prämissen der korrespondierenden Bedingungssätze die Rolle der Frau unterschiedlich angesprochen wird, indem zunächst der Wille und die Aktivität (helfen) der Minnepartnerin, dann aber ihre Passivität und Indifferenz (unmaere sin) erörtert werden. Diese abweichende Füllung der Voraussetzungen läßt die formale Parallelität der entsprechenden Satzhälften vernachlässigen, die im vorhergehenden Exemplar (L 69,5 f.) gerade der Durchsichtigkeit des Gedankenablaufs sprachliche Gestalt gab. Mit diesen Hinweisen zu ästhetischen Möglichkeiten des Schemas kann dessen Leistung nur angedeutet sein. Zu ihr gehört auch, daß schon in den wenigen Beispielen unterschiedliche Aspekte und Ebenen der Minnethematik entwickelt werden. Der besondere Wert dieser Konfiguration zeichnet sich ja auch ab, weil zunächst das Thema der Minnewerbung (L 47,1), dann die Eigenschaften der Frau, aber auch ihr Verhalten (L 50,13-18), schließlich noch das Verhältnis beider Liebender (L 69,11-13) und der Begriff der Minne selbst (L 69,5f.) zur Diskussion kommen können. Immer rückt dabei die Frage nach Bedingungen und Konsequenzen, die sich erst mit dem Blick auf die Alternativen einstellen, ins Zentrum. Weil so das Ganze des jeweiligen Themenbereiches in seinen Extremen erfaßt werden kann, bleibt das Schema für die Erörterung oder Reflexion von Bedingungen, Prinzipien und dilemmatischen Widersprüchen attraktiv. Und ein Bewußtsein von diesem Potential manifestiert sich in den Texten am ehesten
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dort, wo ein Liedzusammenhang zwei oder mehrere Konstellationen aufweist. Walthers Saget mir ieman, n>a% ist minne? (L 69,1) gibt vielleicht das eindringlichste Beispiel, da drei der soeben besprochenen Belege allein aus diesem Text stammen (L 69,5f.; 69,11-13; 69,16-18), also dort auch die Variabilität der Form besonders deutlich hervortreten kann. Ist dies aber einmal aufgefallen, dann heben sich in diesem Text auch weitere Typen des Konditionals ab (vgl. L 69,2 u. 69,8f.; 69,24-26), so daß in der Abfolge der einzelnen Elemente die Wiederholung, die Umgestaltung und die wechselnden Inhaltsebenen dieses einen Denkschemas bewußt werden. Ähnliche Feststellungen erlaubt vor allem noch L 72,31 (Lange swigen des hat ich gedaht), wenn auch in diesem Text die verschiedenen Typen des Konditionals als strukturell wirksame Momente in ihrem Zusammenhang gesehen werden (vgl. L 72,36; 73,4 u. 73,10; 73,13f.; 73,15f. u. 16; 73,17-20). Bevorzugt für die Sätze mit exzipierender Bedeutung gilt dies zudem in Die mir in dem winter fröide hänt benomen (L 73,23; vgl. 73,37-74,1 u. 74,2f.; 74,6f. u. 8f.; 74,i2f. u. i4f. u. i6f. u. i8f.). Nur im Ausblick seien diese Beobachtungen durch den Hinweis ergänzt, daß im Bereich der Konjunktivformen nicht ebenso häufig und so klar Konstellationen des Konditionalsatzes zu fassen sind (vgl. L 42,3f. u. 5f.; 65,25-28 u. 29^; 70,17^ u. 19 u. 2of.; 97,12-14 u. i8f.; 112,3-6 u. 7-9; 114,34-36 u. 37-115,1). Wichtiger scheinen dagegen wieder jene Prägungen, mit denen die Distanz von idealer Vorstellung und Faktizität, aber auch die irreale Möglichkeit von Bedingungen herausgestellt werden kann (vgl. L i4,22f.; 39,4f.; 40,10-12; 42,3f.; 49,27f.; 5M5-38; 55,4; 64,4-6; 74,24-26; 93,35-38). Sind diese Ergebnisse nun auch als leitende Aspekte für die weitere Auswertung anzuwenden, so kann sich die Übersicht im folgenden zum einen auf jene indikativischen Konditionalsätze, die Zukunftsund Lebensperspektiven eröffnen, konzentrieren, zum anderen auf die zweigliedrigen Konfigurationen des eben beschriebenen Typus. Bei den >Deutschen Liederdichtern des 13. Jahrhunderts< ( K L D ) heben sich im Hinblick auf indikativische Konditionalformen ab: Hiltbolt von Schwangau (9 Belege in 22 Liedern/46 Strophen), Otto von Botenlauben (13 in 13 L./22 Strr. u. 1 Leich), Rubin (24 in 22 L./78 Strr.), Burkhart von Hohenfels (19 in 18 L./81 Strr.), Gottfried von Neifen (53 in 5 τ L./191 Strr.), Ulrich von Winterstetten (72; 178
3o in 5 Leichs; 42 in 40 L./i 5 5 Strr.), Ulrich v o n Lichtenstein (52 in 58 L./3 31 Strr. u. ι Leich), Rudolf von Rotenburg (43; 27 in 5 Leichs; 16 in 1 1 L./44 Strr.). Hiltbolt von Schwangau: IV,if.; VI,3,3-5; VI,3,6-8; VII,3,6f.; XVI,1,7; XVIII,2,1-3; XVIII,2, 4 f.; XX,2,5; XXII,1,5-7; XXII,3,jf- - Die Gruppe der Konjunktivformen ist beinahe ebenso groß (11 Belege; vgl. bes. XIX,4,3f. u. 5-8). Für Prägungen, die mit Hilfe der W-w-Formulierungen Zukunftsausblicke suchen, findet sich nur ein Beleg (XXII, 1,5-7); Konfigurationen sind ausschließlich in 2 Fällen zu fassen (VI,3,3-5 u. 6-8; XVIII,2,1-3 u. 4 f.). Den insgesamt 21 Konditionalsätzen stehen nur 9 Belege aus dem Bereich der verallgemeinernden Typen gegenüber. Otto von Botenlauben: III,3,1; V,2,4; V,3,5; VI,6f.; XI,4; XI,2if.; XI,5 5f.; XI,6 7 f.; XI,74-76; XI,8of.; XII,2,7; XIII,i,8f.; X I V , 1,1-4. - Die Mehrzahl der 7 Konjunktiv-Belege gehört ebenso in den Leich (v. 16-19, 49"5 J> 87-89, io6f.). Unter meinen Auswertungsaspekten bleiben die Prägungen V,3,if. u. XI,67f., zudem die Konstellationen V,2,3 u. 4 sowie XI,4 u. 5 f. festzuhalten. Aufs ganze dominieren auch bei diesem Verfasser deutlich 21 Konditionalsätze gegenüber 8 Belegen aus dem Bereich der Verallgemeinerungen. Und diese Tendenz gilt - außer bei Ulrich von Lichtenstein - allgemeiner. Rubin: IIb,4,8f.; IIb,4,nf. [vgl. aber Hs. a2 wurde in v. 11]; IIb,5,7f.; IIb,5,nf.; IIb,6,iif.; IIb, 7 , 7 f.; V,2, 5 f.; VI,1,8; VIIB, 4 , 7 f.; VIIB, 4 , 9 f.; IX,2, 9 f.; Χ.ΧΙ,ι,4; XII,if.; XVA,1,8-10; XVA,2, 5 f.; XVI,1,1-4; X V I , 2 , 1 ; XVI,3,if.; XVI,3, 7 f.; XVI,4, 5 f.; XVI,4,jf.; XXI,2,1-4; XXI,2, 7 f.; X X I I , 3,7f.; Dem stehen 18 Konjunktiv-Belege gegenüber. Neben 3 Konfigurationen (11,4,8f. u. n f . ; VIIB,4,7f. u. 9 f.; XVI,4,3f. u. 5f.) sind auch 3 sol-so-Yrkgungen (IIB,6,nf.; XVI,3,if.; XXII,3,7f.) festzuhalten. Burkhart von Hohenfels: I,i,3f.; 1,2,2; III,5,3£.; V,i,6 [vgl. aber d. hs. Fass, in C]; VI,1,7-9; VI,i,iof.; VI, 4 , 7 f.; VII,3, 5 f.; VII,3,7; VII,4,if.; VII,4,7; X I V , 5 , 7 f.; XVI,5,10; XVII,2,if.; XVII,2,4-6; XVII,3,6; XVII,3,8f.; XVII,4, 4 f·; XVII,5,8-10. Bemerkenswert scheint daneben Burkharts Anwendung der Konjunktiv-Form (16 Belege; vgl. bes. 111,3,5-7 u. 4,6f.; XII,1,7), dies zumal in zwei groß angelegten Gedankenexperimenten (vgl. V,4,3f. u. 5-8 u. gf.; XVI,4,1-6 u. 7-10; XVII,1,5-7 u · 8f.), die inhaltlich parallel Voraussetzungen der Liebeserfüllung modellhaft entwickeln. Konfigurationen heben sich ebenso im Indikativ-Bereich ab (vgl. VI,1,7-9 u · Ι0 ^·ί VII,3,;f. u. 7; X V I I , 2,if. u. 4-6; XVII,3,6 u. 8f.). Auszuwerten blieben daher Strophen und Texte, in denen sich die Typen konzentrieren (vgl. bes. Nr. V, V I u. XVII). Gottfried von Neifen: I,2,iof.; 1,4,5-8; 111,3,11-13; 111,4,11-13; V,3,7f.; V, 5, 3 f.; VI,4,iof.; VII,2,1; VII,2,4; VII,2, 7 ; VII,3, 4 f.; VII,3,7; VII, 4 ,4; VII,4,5; X,2,4-6; XI,if.; XIV,2,15f.; XV,5,1-3; XVI,1,8-10; XVI,4,8f.; XVIII,2,6-8; XVIII,2, 9 f.; XXII,2, 7 f.; X X I V , 3 , i f . ; XXIV,3,6; X X V , 2 , i 3 f . ; X X V , 4 , i 3 f . [s. aber zu Vers 13 Hs. C ich muos\, XXVI,2,5-8; X X I X , 1 , 3 - 5 ; X X I X , 3 , 3 f · ; X X I X , 5 , 3 f . ; XXIX,5,5-7; X X X I I , 2 , i f . ; X X X I I , 3 , 7 ; XXXII,3,8f.; X X X I I , 5, 4 f.; XXXII,5,8f.; X X X I I I , 1 , 9 ; XXXIII,2,9; XXXIII,3,3-5; XXXIII,3,6; X X X V I I , 2 , 7 ; X X X V I I I , 2 , 5 - 7 ; X X X V I I I , 3 , 1 - 4 ; X X X V I I I , 3 , 7 f . ; XLIV,2,6; J
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XLVII,5,4; XLVIII,4,I; XLVffl,4,4; XLVIII,4,6; XLVIII,5,7-10; XLIX,3,2;
L,I,I-J. Für die Konjunktivformen finden sich dagegen 41 Nachweise. Mit ihrer Hilfe werden - teils minutiös artikuliert — die Zuwendung der Frau, ihr Lachen, ihre Gunst oder Ermutigung als erwünschte Möglichkeiten reflektiert (vgl. bes. IV,5,1-6; IX,3,1-4 u. 8-10; XVI,2,1-3 u. 3,1-3; XVII,2,1-6; . XVIII,4,7-10; XXI,4,1-8; XXIV,4,6; XXIX,2,6f.; XXXII,2,6f.; X X X V I I , 1,1-7; XXXVIII,2,i-4; XLIX,2,5-8). Die Konzentration auf einen Aussagetypus und eine Thematik scheint offensichtlich; nur eine einzelne Konfiguration wie in Nr. X X X I I (4,3-5 u. 6 u. 9) gewinnt daneben eigene Wertigkeit durch das kontrafaktische Konditional und die Bildlichkeit der Strophe. - Im Bereich der indikativischen Konditionalsätze zeichnet sich eine ähnlich konsequente Anwendung für jene Typen ab, die Zukunftsperspektiven oder auch das Motiv des Liebestodes ausgestalten (111,3,11-13; V,3,7f.; VII,2,1; VII,2,4; VII,4,4; VII,4,5; XI,if.; XV,5,1-3; XVI,4,8f.; XVIII,2,6-8; X X V , 2 , i 3 f . ; X X I X , 1 , 3 - 5 ; XXIX,5,5-7; X X X I I , 3 , 7 u. 8f.; XXXVIII,2,5-7; XLVIII,4,1 u. 4 u. 6; L,1,1-3). Sie bilden ihrerseits in einigen Fällen die Basis für Konfigurationen (VII,3,4f. u. 7; VII,4,4 u. 5; XVIII,2,6-8 u. 9 f.; X X I V , 3 , i f . u. 6; X X I X , 5 , 3 f . u. 5-7; X X X I I , 3 , 7 u. 8f.; XXXIII,3,3-5 u. 6; XXXVIII,2,1-4 u. 5-7). Deutet sich dabei dann eine konsequente Reduzierung dieses Typus auf bestimmte inhaltliche Motive und Aussagefunktionen an, so gewinnt dieses Verfahren besondere Prägnanz in Lied VII. Auffällig bleibt schließlich die quantitative Diskrepanz zu den verallgemeinernden Aussageformen (94:28), die bei Neifen kaum Gewicht bekommen. Ulrich von Winterstetten: Leichs: I: 29-31; 33f.; 42; II: 27f.; 31-33; 54f.; 65; 8of.; 98; 99f.; 108; III: 33f.; 48; 56; IV: 3if.; 51 f.; 53; 57f.; 105-107; io8f.; 110-114; 130; 138; 159f.; V: 3f.; 15f.; 53; 61; 62; 78-80. Lieder: 1,1,9-12; IV, 2,1 if.; V,4,i- 4 ; V, 4 ,5- 7 ; VI,i, 9 f. u. Refr. in Strr. 2-5; VI, 5 ,if.; VI,5,3-5; VII, i,4f.; VIII, 1,5f.; X,5,if.; XII, 1,1 if. u. Refr. in Strr. 2-5; X I V , 1,17f. u. Refr. in Strr. 2-5; XIV,4,7f.; XIV,5,if.; XIV,5, 3 f.; XIV,5,13; XV,3,5-7; X X I I , 1,13-15; XXIII,3,9; XXIV,3 ) 9 f.; XXIV,4,4f.; XXVIII,2,6-9; X X I X , i , 4 f . ; X X I X , 3 , 5 f . ; XXX,2,3f.; XXXIII,2,5-7; X X X V I , 2 , 7 f . ; X X X I X , if.; X X X I X , 5 ; X X X I X , 6 . Diesem Bestand von 30 Belegen in den Leichs und 42 in den Liedern stehen rd. gerechnet nur 3 5 Exemplare für den Konjunktiv gegenüber. Die Dominanz der indikativischen Konditionalsätze gründet dabei teils in der Präferenz für den Aussagetyp, der Zukunftsperspektiven entwickeln läßt und dabei gerade auch mit dem Motiv des Liebestodes verbunden sein kann (Leichs: II,99f.; 111,48; I V . j i f . u. 53; IV,57f.; IV, 105-107; IV,io8f. u. 110-114; V,5 3; V,6i; V,02; Lieder: 1,1,9-12; V,4,i-4 u. 5-8; VI,i, 9 f. u. Refr. in Strr. 2-5; X I I , i , n f . u. Refr. in Strr. 2-5; X I V , i , i 7 f . u. Refr. in Strr. 2-5; X X I I , 1 , 1 3 - 1 5 ; XXVIII,2,5-9; X X I X , 3 , 5 f . ; X X X I X , i f . ) . Hinzutreten auch hier einige Konfigurationen (Leichs: IV: 5 if. u. 5 3; 105-114; V: 61 u. 62; Lieder: V , 4 , i - 4 u. 5-8; V I , 5 , i f . u. 5,3-5; VIII, 1,5f.; XIV,5,if. u. 3f.; X X X I X , 5 u. 6). Und dem stehen im Bereich des Konjunktivs kaum durchgehende Anwendungsansätze gegenüber. 180
Ulrich von Lichtenstein: VI,1,5-10; VI,i,nf.; VII,2,3-6; VII,4,iL·, IX,2,5-8; X,2,5-7; X,j,if.; X, 4 , 5 f.; XI,4,1-4; ΧΠΙ,4,ι-5; XIV,4,i-4; XV,2,1-6; XVI, 1,1-5; XIX,3,1-4; XIX,4,1-4; XIX,4,5-7; XIX,5,1-4; XX,7,ι; XXI,1,6-10; XXIV,4, 3 f.; XXIV,6,5; XXV, 9 f.; XXV,77-81; XXV,90; XXVI,5,1-3; XXVII )3)3 f.; XXIX,3,5-8; XXIX,3,9-11; XXIX,5,12-16; XXX,1,5-7; XXX,4,5-7; XXX,6, 3 f.; XXXII,4,5-7; XXXIII,2,1-4; XXXIII,4,1-4; XXXIII,4,5-7; XXXV,2,zf.; XL,3,5-7; XL,4,5; XL, 4 ,6f.; XLI,2,6; XLII,i, 5 ; X L I I , 2 , 7 ; XLII,5,9; X L I X , 3 , I - 4 ; L H , 1 , 3 ; L I I I , 3 , I - 4 ; L I V , 1,5-7; LIV,2, 5 f.; LIV,3,5f.; LIX,2,9-11; LIX,2,i2. Den 52 Belegen ordnen sich 29 Konjunktiv-Formen zu. Übergreifende Anwendungsansätze wie bei Winterstetten deuten sich allenfalls an (vgl. zur jW-jd-Prägung: VI,1,5-10; XXI,i,6-io; XXX,6,3f.; XLIX,3,i-4; LIV,2,5f.; zur Konfiguration zweier Sätze: VI, I,5-10 u. nf.; X,2,5"7 U. 3,Ι£; XIX, 3 ,1-4 U. 4,1-4 U. 4,5-7; LIX,2,9-11 u. 12). Wichtig bleibt auch, daß die verallgemeinernden Aussagetypen in diesem einen Fall überwiegen (94:85 Belege). Rudolf von Rotenburg: Leichs: 1,5-8; 1,23-30; 1,42-45; Il.jif.; II,35f.; H,36f.; II,46f.; 11,5 5f·; ΠΙ,8; ΠΙ,ιι-15; III,29f.; 111,54-56; IV,9-12; IV,5 5-58; V, 4 i; V, 42; V,44; V,5 5f.; V,8 3 ; V,i 15-118; V,i2if.; V,143-146; V,200; V,20if.; V, 2 4 if.; V,251-256; V,26 3 f.; Lieder: VII,3,5-8; VIII,2,if.; VIII,3,9; IX,i, 3 f.; X,2, 3 f.; X,2,5-7; XII,3, 5 f.; XIII,3,3f.; XIII,3,6; XIII,4,3f. [vgl. aber Hs. C in Vers 3 wolde]·, XV,3,5-7; XV,4,1-6; XV,4,7-10; XV,5,1-5; XV,5,6-8; XVII, 2,6f. 27 Belegen in der Leichdichtung und 16 in den Liedern stehen rd. 35 Exemplare im Bereich der Konjunktivformen gegenüber. Ins Auge fällt sogleich die mitunter dickichthaft anmutende Konzentration des Konditionals in den Leichs (vgl. ζ. Β. I,v. 1-16; ΙΙ,ν. 10-20 u. 31-47). Wichtiger für meinen Zusammenhang ist indes der Hinweis auf Indikativformen, die auch bei Rotenburg Zukunftsperspektiven eröffnen (Leichs: V,5 5 f.; V,2oo u. 201 f.; Lieder: VII,3,5-8; IX,i,3f.; XIII,3,6; XV,4,1-6), schließlich auf einige Konfigurationen (Leichs: III,8-10 u. 11-15; V,2oo u. 2oif.; Lieder: X,2,3f. u. 5-7; XV,4,I-6 U. 7-10; XV,5,1-5 u. 6-10). Diese Einzelbeispiele aus KLD vergegenwärtigen die breite Materialbasis, mit der sowohl im Falle der auf Antizipation und Projektion ausgerichteten Indikativ-Formen als auch in dem der Konfigurationen zweier Konditionalsätze zu rechnen ist. Dabei liegt durchweg die quantitative Häufigkeit der Indikativ-Gruppe über der des Konjunktivbestandes, aber auch die Dominanz dieses Bereiches von Indikativund Konjunktivformen gegenüber den Typen verallgemeinernden Sprechens zeichnet sich im Durchschnitt ab. Zu ergänzen sind diese Inventare noch durch die Übersicht zu den antizipierenden Konditionaltypen und zu Konfigurationen, die sich bei den restlichen Verfassern in KLD finden. Engelhart von Adelnburg: MF 148,7f.; Der tugendhafte Schreiber: 11,4,3f-; 11,5,3; Heinrich von Meissen: VI,1,8; VI,2,5-7 u. 8; Markgraf von Hohen181
b u r g : V , 3 , 7 ; Christan v o n H a m l e : V I , 3 , 4 ; W a c h s m u t v o n K ü n z i c h : I I I , ι , 1-6; V I , 2 , 4 f . ; L e u t h o l d v o n Seven: I V , 8 f . ; U l r i c h v o n M u n e g i u r : 111,5.jf.; S c h e n k v o n L i m b u r g : I V , 3 , 1 - 5 ; H u g v o n W e r b e n w a g : I,2,6f.; I,3,6f.; R e i n m a r v o n B r e n n e n b e r g : I I , 2 , i f . ; R u d o l f der Schreiber: 11,4,3f-i B u r g g r a f v o n L ü e n z : I, 3,5f.; v o n Sachsendorf: 1 1 , 2 , i f . ; v o n S c h a r p f e n b e r g : 1 , 5 , i f . ; Walther v o n M e z z e : V I , 2 , 9 ^ ; VI,3,4-8; V I I , 2 , 1 - 3 ; V I I , 3 , 5 f . ; B r u n w a r t v o n A u g h e i n : V , з , i f . u. 3,3f.; Wilhelm v o n H e i n z e n b u r g : III b ,3-5; O t t o v o n B r a n d e n b u r g : II, 2,3f.; H e i n r i c h v o n Breslau: II,5,4f.; Christan v o n L u p p i n : I . i . j f . ; u. 5; G ü n t h e r v o n d e m Forste: 1,2,3f.; V I , 2 , 1 - 3 u. 6f.; Waltram v o n G r e s t e n : II, 2,3f.; N a m e n l o s : LI,1,6-8; η: 14η,3f.; p: 1 4 p , 2 , j f . ; χ: X I I I , ι , γ ί . ; XIII,5,ηί.\ XXXVI,2,5-7. K o n f i g u r a t i o n e n : D e r t u g e n d h a f t e Schreiber: 11,4,1 f. u - 3 f-; H e i n r i c h v o n Meissen: V I , 2 , 1 - 4 u. 5 "7 u · 8; Christan v o n H a m l e : V I , 1,4 u. 5; W a c h s m u t v o n K ü n z i c h : I I I , 1 , 1 - 6 u. jf.; v o n Stamheim: 6,7 u. 8-10; v o n B u o c h e i n : I I , 3 , i f . u. 3f.; Schenk v o n L i m b u r g : 1,4,7 u · v o n O b e r n b u r g : 1,2,9-11 u. 3,1-4; V l . j f . и. 5f.; v o n Sachsendorf: III, 1,1 f. u. 1,4; V I , 3 , i - 3 u. 4f.; Walther v o n M e z z e : V I , 2 , 9 f . u. i i f . ; V I I , 2 , i - 3 u. 5 f.; B r u n w a r t v o n A u g h e i n : V , 3 , 1 f. u. 3f.; K o n r a d v o n K i l c h b e r g : V I , 3 , 5 f . u. 7f.; Püller: I V , 2 , 1 0 u. 3,1-3; I V , 3 , 6 u. 7f.; H a w a r t : I I I , i , i f . u. 3-5; O t t o v o n B r a n d e n b u r g : II,2,}f. u. 5-7; H e i n r i c h v o n Breslau: 11,5,4-6 u. 7-9; Christan v o n L u p p i n : I , i , 3 f . u. 5; V I , 3 , 5 f . u. 6f.; V I I , 3 , 6 u. 7f.; N a m e n l o s : s: 81,3,8f. u. 10; χ: X I I I , 4 , j f . u. 8; K o l v o n N i u n z e n : I V , 3 u. 4-6. D e m lassen sich u n m i t t e l b a r die e n t s p r e c h e n d e n B e l e g g r u p p e n aus d e n >Schweizer Minnesängern< ( B S M ) , w o
sich U l r i c h v o n
Singenberg
(42 B e l e g e i n 29 L i e d e r n m i t 1 1 5 S t r r . ) , d e r S c h e n k v o n L a n d e c k ( 1 9 i n 22 L . / 1 0 2 S t r r . ) u n d J o h a n n e s H a d l a u b ( 1 8 i n 4 2 L . / i 5 6 S t r r . u . 3 Leichs) deutlicher abheben, anfügen: Indikativische xe/-JO-Formulierungen: Wernher v o n Teufen: 3,41-44; 3,53-56; K r a f t v o n T o g g e n b u r g : 5,3 i f . ; H e i n r i c h Teschler: 3,8f.; Heinrich v o n Frauenberg: 2 , 2 i f . ; H e i n r i c h v o n Sax: 1,3yf.; 4,48-50; Winli: 3,2-4 u. Refr. in 20-23 u 38-41 u. 56-59; H e i n r i c h v o n Tetingen: i , n f . ; Steinmar: 4,3f.; (>,ijf.; 7,37f.; K o n r a d v o n Altstetten: 1,22-25; Wernher v o n H o n b e r g : 4,7-14; O t t o z u d e m T u r n e II.: 2,29^; 2,3 i f . ; R o s t K i l c h h e r r e ze Sarne: 2,3f. K o n f i g u r a t i o n e n : W e r n h e r v o n Teufen: 4,36 u. 37; H e i n r i c h Teschler: 6,31 u. 32; Walther v o n K l i n g e n : 4,10-12 u. i3f.; 6,5 u. 6f. u. 8; H e i n r i c h v o n Sax: 4,25f. u. 27f.; Winli: 1,40 u. 41-43; J a c o b v o n Warte: 2,41-45 u. 47-49; 3,31-33 u. 35f.; v o n T r o s t b e r g : 4,15-18 u. 19-21 [vgl. aber z u 4,15 auch Hs. C Wy\, 6,24f. u. 26f.; 6,31-33 u. 34f.; O t t o zu d e m T u r n e II.: 2,29^ u. 31 f. U l r i c h v o n S i n g e n b e r g (ohne N r . 19, 2 0 , 3 0 , 3 2 , 33): 5,17^; 5,27^; 6,3f.; 6,17^; 7 , 1 1 ; 7 , 1 7 ; 7,18; 7 , 2 i f . ; 8,iof.; 8,22-24; 8,36f. [bei Lesart w i e Hs. Cgeruochet]·, 10,29^; 1 1 , 7 ; n , 2 7 f . ; 12,5f.; i 2 , 2 i f . ; 1 4 , 1 7 ^ ; 14,28-30; 1 4 , 3 ^ · ; 15,5f-i 16,12; 1 7 , 7 f · ; τ 7 , 1 7 ^ 9 ' > i 8 , i 2 f . ; i 8 , i 4 f . ; 18,21-24; 2 1 , 2 9 t ; 22,19^; 23,5; 23,31-34; 23,3 5f.; 23,42; 26,25^; 27,16; 27,32; 28,3-5 [s. a. z u 28,3 H s . C wendir]\ 28,30; 2 9 , i f . ; j i , i f . ; 31,5-7; 34,25^; 34,3 jf. - D a b e i finden sich e b e n s o indikativische F o r m e n , die die antizipierende joZ-j-o-Annahme ausprägen (vgl. 10,29^; 182
14,28-30; i8,i2f.; i8,i4f.; 23,35f.; 26,25^ 27,16; 31,if.), wie einzelne Konfigurationen (17,15f. u. 17-19; i8,i2f. u. i4f.; 23,31-340. 35f.; 28,30). Schenk von Landeck: 1,43; 4,2of.; 4,25^; 6,31-33; 8,19^; 8,21-24; 8,49-52; io,33f.; 11,20; 14,49^; i5,48f.; 15,j4f.; 19,41-44; 20,57-62; 20,63-67; 21,60-64; 22,i9f.; 22,26f.; 22,48-50. Indikativische sol-so-Prägungen: 8,21-24; 8,49-52; i4,49f.; 20,57-62; 21,60-64; Konfigurationen: 8,i9f. u. 21-24; 20,57-62 u. 63-67. Johannes Hadlaub (42 Lieder ohne Nr. 1; 2; 4; 5; 6; 7; 22; 24; 43): 9,29f.; 10,9-11; 10,12-14; i2,i7f.; 14,25f.; 16,22-24; 23,25-28; 23,29-32; 23,39^; 26,12-17; 28,23f.; 32,15 f.; 34,17^; 42,24-26; 47,21; 5°,6; 52,134-136; 54,51 f. Indikativische W-w-Prägungen: 23,25-28; 23,39^; 54,5 if.; Konfigurationen: 10,9-11 u. 12-14; 23,25-28 u. 29-32. Tannhäuser (ohne Siebert: T. Nr. I, V , V I , X I I , X I I I , X I V ) : Leichs: I I , i , i f . ; II,2,if.; 11,20,75; 11,20,76-21,78; II,27,io3f.; III,i9,96f.; IV,21,98; IV,2i,99f.; IV,24,11 if. Lieder: V l l . i . i j f . ; VII,2,25f.; VIII,1,8-10; VIII,2,20; IX,1,13; IX,2,3of.; IX,2,34-39; IX,3,43f.; X,1,8-10; X,2,i9f.; X,2,2if.; X,3,40-43; X V , 3,35-39; XV,40-43; XV,3,44-46. - Vor allem die Lieder setzen dann nicht nur indikativische Konditionalsätze gezielt ein (15 Belege in 20 Strr. der Lieder V I I - X u. X V ; Konjunktivformen: VII,3,36-38; VIII,3,2 5 f.; IX,3,56; X,2,23-29; X,3,32-34; XI,i,7f.), um zumeist Hyperbeln und Adynata, die unerfüllbare Forderungen der Minnedame aussagen, zu formulieren. Indikativische W-xo-Prägungen: VII,2,25f.; X,2,i9f.; Konfigurationen: II, 1,1 f. u. 2,1 f.; 11,20,75 u. 77-79; X,2,i9f. u. 21 f.; XV,3,35-39 u. 40-43 u. 44-46. Der Marner: III,2,2 4 f.; 111,2,3if.; IV,4, 5 if.; IV,4,37-40; VII,2,2of.; V I I , 3,2 7 f.; VII,3,32f.; X,2,9-11. Konrad von Würzburg: Leich: 2,73^; Lieder: 10,18-22; 13,17; 14,12-14; 15,17-20; 15,5 if. Sowohl Marner wie Konrad bleiben fast ohne Konjunktivbelege (je 3) und bieten für die von mir entwickelten Zusammenhänge keinen Ansatzpunkt. Frauenlob: XIV,14,1-3; X I V , i 4 , 5 f . ; XIV,15,1-3; XIV,15,7-10; XIV,2o, 7 f.; XIV,21,7-10; XIV,23, 4 f.; XIV,2 7 ,8f.; XIV,28,8-10; XIV,29,10-12; X I V , 32,1-3; XIV,33,2f.; XIV,33, 7 f.; XIV.33.9f.; XIV.34.2f.; Minneleich: 111,2, 3 f.; III,6,if.; 111,29,7-9. Konjunktivformen des Konditionals bleiben auch bei Frauenlob ohne breitere Anwendung. Wichtig in meinem Zusammenhang: die jo/-xo-Prägungen ( X I V , 14,1-3; X I V , 15,7-10; XIV,23,4f.), einzelne Konfigurationen (XIV,15,1-3 u. 7-10; XIV,33,7f. u. 9f.; XIV.34.9f.) und dabei auch die häufigere Anwendung des Liebestod-Motivs.
Zusammenfassung Für den Vergleich der einzelnen Formenbereiche bleibt zunächst nur anzufügen, daß die indikativischen und konjunktivischen Konditionalsätze zusammen durchschnittlich (außer im frühen Minnesang, bei Ulrich von Lichtenstein oder Johannes Hadlaub) über der Häufigkeit liegen, die für verallgemeinernde Aussagetypen nachzuweisen war. 183
Besonders deutlich zeigt sich dies bei Reinmar von Hagenau. Außer in Einzelfällen (vgl. bes. Friedrich von Hausen) zeichnet sich im internen Vergleich der Konditionalsätze eine deutliche Dominanz der Indikativformen ab. Insgesamt aber ordnen sich die angesprochenen Aussagemuster in eine Systematik konditionaler Denkformen, die in ihrer geschichtlichen Spannweite bis in die Zeit um 1300 breit zu belegen sind. In ihren Extremen umfaßt diese Systematik auf der einen Seite Schemata verallgemeinernden Sprechens, die auf Normen, Prinzipien und Werte für die Person zielen, dabei aber ebenso die Frage nach der Verbindlichkeit von Ordnungszusammenhängen wie die nach der Integration des Einzelnen stellen lassen. Auf der anderen Seite steht dem ein Sprechen gegenüber, das die Reflexion des vereinzelten Ichs ins Zentrum rückt. Der Erörterung von Bedingungen, Möglichkeiten und Perspektiven entspricht dabei die Auseinandersetzung mit der individuellen Situation und Erfahrung, die zum Problem geworden ist. Gegenüber den Typen der allgemein gültigen Aussage (vgl. dazu die Zusammenfassung S. 1 5 1 - 1 5 5 ) weisen die Formen des indikativischen und des konjunktivischen Konditionalsatzes keine explizite Verallgemeinerung auf; das Konditional ist zudem nicht nur in der Aussagefunktion, sondern auch der grammatischen Form festzumachen. Damit geht zumeist die Darstellung der Reflexion oder Erörterung des Ichs einher, so daß dann individuelle oder partikuläre Situationen und Abläufe in der Sicht des Einzelnen vorgeführt werden. Dies schränkt die Aussagemöglichkeiten der Sprecherrolle vorab ein; indes zeigt sich im Vergleich mit den verallgemeinernden Formen nun klarer die Möglichkeit, durch die Wahl zwischen hypothetischer und kontrafaktischer Aussage das Verhältnis des Sprechers zur ausgesagten Realität genau zu kennzeichnen. Indikativische Konditionalsätze ermöglichen in hypothetischer Aussage den Blick auf Zukunftsperspektiven, deren Inhalte befürchtet, erwartet oder auch erhofft werden können. Das Schema läßt nicht allein die Artikulation von Affektzuständen (Furcht, Hoffnung) zu, sondern auch die Frage nach den Konsequenzen und dem Wert stellen, die ein Geschehen zuletzt für das Ich oder einen anderen haben wird. Seiner Funktion nach rückt dieses Element daher auch weniger die Betroffenheit des Einzelnen ins Zentrum als die Aktivität des Ichs, das ein Bewußtsein möglicher Fremdbestimmung oder Abhängigkeit ent184
wickelt. Während dann Aussagemuster dieses Typs bevorzugt das Hilfsverb soltt verwenden können, um das mögliche Geschehen als außenbestimmt und unpersönlich zu kennzeichnen, sagen konkurrierende Formen das Wollen oder die Fähigkeit {wellen, mugeri) eines Geschehensträgers aus. Die dargestellte Welt ist zwischen den Polen von Fremdbestimmung und selbstverantwortetem und zurechenbarem Handeln ausgespannt. Hypothetische Konditionale können auch realisierbare, aber nicht notwendig wahrscheinliche, also nur erwünschte, ungewisse, denkbare Bedingungen entwickeln (vgl. MF 9,16; 35,16-19 u. 2of.; 45,1-7; 45,15-18), wo der Konjunktiv den hypothetischen Charakter der Aussage modifiziert. Im Minnesang wird dabei der Entwurf von Wunschund Idealvorstellungen immer wieder durch das Bewußtsein davon begleitet, daß dieser Entwurf der Faktizität nicht entspricht. Häufiger geht es darum, gerade die Differenz von Realität und Wunsch (Bedürfnis) auszumessen (vgl. die Beispiele bei Burdach: Reinmar u. Walther. S. 61 f.). Die Zusammenstellung von Textbeispielen bei Dieter Fortmann zeigt aber auch, daß im besonderen Morungen neben dieser Konfrontation von Ideal und Realität Formen entwickelt, in denen das »Ausdenken einer Situation«" 4 oder gar das »Beschwören scheinbar realer Vorgänge«"' aussagbar wird. Typen kritischer Reflexion erweitern dieses Repertoire schon ab Hausen (vgl. MF 53,24-27; 52,7-12). Sie bieten häufiger bereits Prämissen einer real nicht mehr zugänglichen Welt und gehören daher in den Bereich kontrafaktischer Aussagen (vgl. ζ. B. M F 52,7-12). Neben dem Entwurf von Problemlösungen und alternativen Realitäten kommen damit Formen in den Blick, die auf die Erörterung und Prüfung von Wirklichkeit zielen, die - vor allem bei Reinmar dann - nach realen Möglichkeiten des Ichs und deren weiteren Konsequenzen fragen lassen. Reinmar ist es auch, der nicht nur das Potential des konditionalen Gedankenexperiments ausschöpft, sondern den Umgang mit Konfigurationen intensiviert, die antithetisch zwei Konditionalsätze koordinieren, um systematisch Zukunftsperspektiven und Problemlösungen durchzuspielen und auszuschöpfen. Es kann deutlich sein, daß mit diesen Gruppen entwerfender und kritischer Reflexion dann das Extrem zu solchen Aussagetypen beFortmann: Studien zur Gestaltung der Lieder Heinrichs von Morungen; wie Kap. 1, A n m . 1. S. 186 (Zitat im Original kursiv). 225
ebd. S. 1 8 7 (Zitat im Original kursiv).
185
schrieben ist, die gegenläufig in allgemein gültiger Formulierung gerade die Verbindlichkeit einer erfahrbaren Realität und Ordnung aussagen. Zu ergänzen ist nur der Hinweis auf jene kontrafaktischen Formen, die bewußt irreale Bedingungen formulieren, um hyperbolisch die Unüberbietbarkeit von Werten und Einstellungen auszusprechen. Freilich weist dieser Typus in seiner Funktion durchaus auf affirmative Darstellungszusammenhänge, die auf Bestätigung von Werten zielen, so daß auch unter diesem Aspekt der Unterschied zu den übrigen Gruppen deutlich ist. Der gemeinsame Index all dieser Formen ist aber zunächst in einem Verwendungszusammenhang zu suchen, der die Lebensorientierung und Wirklichkeitsaneignung des Ichs in den Vordergrund rückt und als Leistung dieses einzelnen Subjekts fordert. Erfahrungen wie die Trennung der Liebenden oder die soziale Einschränkung der Minne lassen schon im frühen Minnesang fragen, aus welchen Richtungen Risiken zu erwarten sind, welche Bedingungen und Zukunftsperspektiven Liebe beinhaltet, aber auch welche Normen und Werte das Verhalten und Handeln der Person orientieren können. Die geschichtliche Entwicklung dieses Zusammenhangs war in einzelnen Beispielen zu verfolgen. Im Kern sind die verschiedenen Leistungsmomente des Konditionals auf die notwendige Verknüpfungsbeziehung von Grund und Folge zurückzuführen. Mit der hierarchisierenden Unterscheidung von Gründen und Konsequenzen bedeutet dies immer schon eine Wirklichkeitsdarstellung, die nicht auf den abbildenden Nachvollzug anschaulicher und konkreter Details noch auf die Logik eines zeitlichen Nacheinanders oder räumlichen Nebeneinanders gerichtet ist. Ebensowenig beschränkt sich der bewußte Umgang mit dem Element auf eine bloß additive Reihung von Teilaspekten der Erfahrung. Während nämlich der Erfahrungssatz oder der Spruch, die hier begründet als Folie herangezogen werden können, immer noch das faktische Nach- und Nebeneinander der dargestellten Welt betonen können und - wie Andre Jolles gezeigt hat - Empirie bleiben," 6 zielen Konditionale auf die Einordnung der ausgesagten Fakten in ein Abhängigkeitsverhältnis, das in Regeln, Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten die innere Ordnung einer Wirklichkeit darstellen soll, ohne auf die Ähnlichkeit 226
Vgl. hierzu Jolles: Einfache Formen; wie Kap. 1, Anm. 54. S. 156.
186
im Detail angewiesen zu sein. Die Abstraktheit der Form entspricht einem Aussagebedürfnis, dem es um Einsicht in die Notwendigkeiten und typischen Abläufe einer Wirklichkeit geht. Dazu gehört auch die Intensivierung des begrifflichen Denkens, das in der Wirklichkeitsdarstellung des Sprichworts gerade noch fehlt.227 Das Konditional entspricht daher voll einem Denkansatz, der auf die allgemein gültige oder die notwendige Ordnung einer Wirklichkeit zielt, der auf dem Wege der Abstraktion und oft mit Hilfe antithetischer Gegenüberstellungen das Ganze der Minneerfahrung erfragen will. Ganz konsequent verbindet sich damit das besondere Interesse für Rollenmerkmale und -funktionen, dem aber in der Abstraktion die unverwechselbare Individualität des persönlichen Ichs entgehen muß ebenso wie die Besonderheit der empirischen Realität insgesamt. Die Aussagemuster konzentrieren den Blick auf Rollen- und Situationsmerkmale; nicht die Unwiederholbarkeit des Einzelnen, dessen Eigenschaften als dauernder Charakter erkennbar würden, kommt zur Geltung. Die dargestellten Rollen inkorporieren Funktionen (Handlungsträger, -wille, -ziel, -fähigkeit u. m.), die dann oft in ihrem Zweck oder ihrem Wert für die Person eingeordnet werden, weil sie als Rollenmerkmale nicht etwa auf konkrete Handlungszusammenhänge bezogen sind, sondern auf ein personales Wertsystem. Insgesamt ist mit diesen Sprach- und Denkformen deshalb eine funktionsbezogene und systemhafte Darstellungstypik, die konsequent das Besondere der Person wie auch konkreter Situationen ausklammert, zu beschreiben. In den Blick kommt ein Denkansatz, der die Erkenntnis der inneren Einheit und funktionalen Zweckmäßigkeit einer Ganzheit ins Zentrum stellt, um die allgemein gültige Situation des einzelnen Ichs im Spannungsfeld verbindlicher Werte und personaler Bedürfnisse exemplarisch zu entwickeln.
" 7 Vgl. hierzu ebd. 187
3
Die Konfiguration des Liebestodes
Ein Ziel des vorangegangenen Kapitels war es, mit dem Überblick zum Bereich konditionaler Denkschemata die begründete Auswahl solcher Analysebeispiele und Belegreihen zu ermöglichen, die gleichermaßen dem Kriterium einer auffälligen Häufigkeit wie dem des entschiedenen Gebrauchs entsprechen. Zu fragen war deshalb auch nach den vorgeprägten Sprachelementen, deren häufige Wiederkehr und deren unverwechselbare Sprachgestalt auf eine spezifische Bedeutsamkeit hinweisen. Solche typischen Formen der Aussage, die in der Beobachtung konkreter Prägungen auffällig werden und dann erst als allgemeiner anzutreffende Denkmöglichkeiten zu kennzeichnen sind, bieten einen Ansatzpunkt für die Einzelanalyse. Neben konjunktivischen Konditionalsätzen, denen die Forschung schon des öfteren Aufmerksamkeit zugewendet hat (Burdach, Brinkmann, Fortmann, Schmaltz), heben sich vor allem zwei weitere Gruppen ab, für welche dies nicht ebenso gilt: zunächst indikativisch formulierte Konditionalsätze, die Zukunfts- und Lebensperspektiven entwickeln lassen, und zwar so, daß im Ausblick auf unpersönlich dargestellte Geschehensabläufe zumeist die mögliche Fremdbestimmung des Ichs thematisch wird. Darüber hinaus spielen Konfigurationen jeweils zweier Konditionalsätze eine wichtige Rolle. Diese Konfigurationen weisen ihre eigenwertige und bündige Form nicht so sehr durch die Beziehung auf eine feste Themenstellung aus, sondern wegen ihrer Aufbaustruktur, die in alternativen, parallelisierenden oder antithetischen Gegenüberstellungen eine Problemlage in ihrer Ganzheit umfassen kann. Gerade die formale Geschlossenheit und die inneren Korrespondenzen des Schemas begründen nämlich auch in diesem Fall »keinen Haufen Einzelheiten, sondern eine Mannigfaltigkeit, deren Teile [. . .] eine Gestalt, eine Form ergeben« 1 . Als Einheit von Gegensätzen gewinnt dieses Element eine prägnante Struktur, die zumal durch Stilmittel wie den 1
Jolles: Einfache Formen; wie Kap. i, Anm. 54. S. 22.
189
Parallelismus oder den Chiasmus sprachlich entwickelt werden kann. Das Element war sowohl im Bereich der verallgemeinernden Relativgefüge als auch dem der indikativischen Konditionalsätze mit partikulärem Geltungsbereich in einer breiteren Materialbasis zu belegen.
Für die Gruppe der Zukunfts- und Lebensperspektiven, um mit ihr den Anfang zu machen, kann nun zunächst die Beobachtung wichtig werden, daß dieses Schema häufiger einen festen Zusammenhang mit der Vorstellung des Liebestodes, dem Motiv also, die Liebeserfahrung könne einen existentiellen Verlust bewirken, eingeht: das Sterben und der Tod des Ichs fügen sich dem Sinn der Aussageform ein, weil sie in Hypothesen über negativ bewertete Entwicklungen einen extremen Grad personaler Betroffenheit zur Sprache bringen können. Nicht diese Beziehung ist indes zuletzt überraschend, sondern die Beobachtung der Gemeinsamkeiten, welche die Prägung mit drei bekannteren Exemplaren der Liebestodvorstellung verbindet: stirbet si, so bin ich tot. (Reinmar von Hagenau, M F 158,28) stirbe ab ich, so bin ich sanfte tot. (Walther von der Vogel weide, L 86,34) stirbe ab ich, so ist si tot. (ebd. L 7 3 , 1 6 )
Alle drei Prägungen formulieren einen Konditionalsatz aus (vgl. MF 158,28: >Wenn sie stirbt, dann bin ich tot.Hohn< auf Reinmar, »gipfelnd in der Parodie seiner rührseligen Huldigung: stirbet si, so bin ich tot.« ( L G . Bd. II. S. 287). Ebenso sieht Peter Wapnewski die Pointe in der Wendung gegen Reinmar, der »sanft vergehend gesungen [hatte; Μ. E.]: stirbet si, so bin ich tot (158,28). Diesen trivialen Gedanken wendet Walther in sein Gegenteil, [. . .] voll herrischen Selbstbewußtseins ganz unminnesängerisch bekundend: stirbeab ich, s6 ist si tot«". Karl Bertau akzentuiert den Aspekt ähnlich, aber mit Ausrichtung auf die Gattungspolemik so, daß Walther »die ganze Richtung der absoluten Stilisierung in einem Lied, das die Liebestod-Metapher Morungens (MF 147,4) und Reinmars (MF 158,28) - wenn sie stirbt, dann bin ich tot - auf den K o p f stellte« (Bertau: L G . Bd. I. S. 751), erledigt habe. Dabei produziert die Forschungsgeschichte ihre eigenen Pointen, wo dann die materiellen Forderungen des Berufssängers Walther als Deutungshintergrund fungieren: Walther habe in der Kontroverse mit Reinmar dessen bedingungslose Verehrung nämlich ebenso »vom K o p f auf die Füße« 9 gestellt. 10 ' 6
Kraus: Die Lieder Reinmars des Alten; wie A n m . 4. S. 14. ders.: Walther/Untersuchungen. S. 295 (im Original mit einfachen Anführungszeichen).
7
Wachinger im Anschluß an H u g o K u h n (Sängerkrieg; wie Kap. 1, A n m . 42. S. 101); Silvia Ranawake stellt die polemische Funktion der Stelle aus L 7 2 , 3 1 noch entschiedener in Frage; vgl. S. R.: G a b es eine Reinmar-Fehde? Wie Kap. 1, A n m . 92. S. i8f.
8
Vgl. Wapnewski: Walther; wie Kap. 2, A n m . 43. S. 242. Kircher: Dichter und Konvention; wie Kap. 1, A n m . 1. S. 79, vgl. weiterhin S. 32.
9
Vgl. weiterhin Dronke: Lyrik d. Mittelalters; wie Kap. 1, A n m . 94. S. i46f.; Hahn: Z u m sozialen Gehalt von Walthers Minnesang; wie Kap. 1, A n m . 2. S. 129; Wehrli: L G . S. 379; Brackert: Minnesang; wie Kap. i, A n m . 2. S. 3 1 2 ; mit weiteren Literaturhinweisen: J o e r g Schaefer: Walther von der Vogelweide und Frauenlob. Beispiele klassischer und manieristischer Lyrik im Mittelalter. Tübingen 1966. S. 30-35.
192
Auf der Basis dieser und ähnlicher Überlegungen konnte dann die zentrale Bedeutung der Prägungen für die Entwicklung der Minneidee bei Reinmar und Walther ins Blickfeld treten: denn der »eine Gedanke in seinen wenigen Varianten moduliert den Weg von der Minne über die Liebe zur Absage, zum Ende«" - wie Peter Wapnewski in seinem Kommentar zu Vers L 86,34, dem er eine Mittelstellung zwischen Reinmar und Walther L 73,15 zuweist, 12 zusammenfaßt. Zu bedenken ist dann allerdings auch, ob diese Zusammenstellung der Einzelbelege, wie sie in Darstellungen der Forschung immer wieder gesucht wird, nicht allzu einseitig einen agonalen Schlag-aufSchlag-Ablauf und eine Direktheit von Position und Gegenposition suggeriert, die mit kaum ähnlicher Eindringlichkeit hervortritt, wenn die Zitate im Kontext des einzelnen Werkes gesehen werden. Die unmittelbare Konfrontation der zitierten Wendungen kann jedenfalls eine Qualität des Einzelbelegs betonen, die im Liedzusammenhang hinter konkreten Textfunktionen und besonderen Formstrukturen zurücktritt. Es muß mir indes nicht darum gehen, die Frage polemischer Literaturbezüge weiter zu diskutieren. Wichtig bleibt nämlich auch unabhängig davon die Untersuchung von Kontext- und Werkbeziehungen, die mit dem Blick auf polemische Zusammenhänge zumeist aus dem Beobachtungsfeld geraten. Eine Analyse, die eine breitere Materialbasis aufsucht und die drei Prägungen sowohl im Verhältnis zu dem zugrundeliegenden Denkschema der Zukunfts- und Lebensperspektive verstehen will wie auch in ihren konkreten Textfunktionen und Bedeutungsleistungen, muß mit anderen Schwerpunkten und Gegenstandsaspekten rechnen. Die Anspielung auf vorausgegangene Literatur erscheint dabei als ein Moment in einem komplexeren Funktionsgefüge. 13 Im Kern geht es daher dann um die Frage nach dem besonderen Wert, den das Denkschema der Zukunfts- und Lebensperspektive ebenso wie die Prägungen des Liebestodes in verschiedenen Textkonstellationen gewinnen.
" Wapnewski: Walther; wie Kap. 1, Anm. 43. S. 240. 12 Vgl. aber die abweichende Anordnung bei Wolfgang Mohr: Ursprinc bluomen . . . In: Heinz Rupp (Hg.): Wolfram von Eschenbach. Darmstadt 1966. ( = W D F ; Bd. 57). S. 570-584, hier S. 578. 15 Vgl. zu Funktionen der Anspielung grundsätzlich die Hinweise bei Wolfgang Iser: Der Akt des Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung. München 1976. S. 132 u. 135. 193
Für eine Analyse des umrissenen Gegenstandsbereiches ist nur am Rande auf all die weiteren Ausprägungen der Liebestod-Motivik, die der Minnesang kennt, hinzuweisen: anzutreffen sind etwa Formulierungen, die die Vorstellung in einem Komparativ verwenden (vgl. MF 19,34-36; senfter waere mir der tot, jdanne da% ich ir diene vil, /undsi des niht wiegen wil,).14 Auffälliger erscheinen Vergleiche, die das Motiv des sterbenden Schwans oder parallele Bildvorstellungen auf die Situation des Sängers beziehen.1' Insgesamt aber bleibt es eine grundlegende Möglichkeit, mit Hilfe der Motivik Affekte und Erfahrungen der Person in ihrer elementaren Verbindlichkeit auszudrücken,'6 indem der Tod als kreatürliches Geschehen, als objektivierte Macht oder als Metapher Bedeutung erhält.17 Festzuhalten ist dabei, daß vor allem mit dem Substantiv oder Adjektiv /o/eine feste Kategorie der Einordnung und Wertung von Situationen oder Geschehensabläufen gegeben ist. Auch im Minnesang begegnet das Abstraktum häufig zusammen mit not als Reimpartner (vgl. etwa MF: 66,33 u · 35ί 67,if.; 125,10 u. 12; 148,6 u. 8; 15 8,28 u. 30) und entsprechend auch in Reimendposition. 18 Die vorgeprägte und stabile Begriffsgröße tot erscheint dann als Grundelement einer Selbstdeutung, die sich mit Hilfe vorgegebener und verbindlicher Kategorien vollzieht. Das kodifizierende Einordnen von Situationen und Geschehensabläufen bestimmt den Zugang des begrifflichen Verstehens. Als Tendenz deutet sich dies auch in den teils formelhaften Satzverbindungen des Abstraktums tot mit dem Verbum substantivum sin an (dest der tot u. ä.; vgl. etwa in MF: 148,8; 178,29; 197,17). 19
14 I!
16
'7
Vgl. weiterhin in M F : 36,1-4; 66,$z{.; 107,Tristan und Isolde Vgl. ebd. 20 21
Tod in mhd. Dichtungen; wie Anm. 17. S. 150. H. W.: Sprache in Texten. Stuttgart 1976. S. 295-316, bes. S. 3i2f. ebd. S. 306-310; bes. S. 308.
J
95
zifisch eingesetzt werden. Die ambivalente Anwendung beider Ebenen in Walthers Gesprächslied L 85,34 (vgl. 86,15-38)24 zeigt ebenso wie der Bedeutungswandel des metaphorisch zu verstehenden Adjektivs tot im sumerlaten-Lied (vgl. L 73,16) 2 ', daß Funktion und Gehalt des Elementes stets neu zu reflektieren sind.
3.1
Die Liebestodkonfiguration als Pointe (Heinrich von Veldeke, M F 66,13-15 und 67,if.)
Bereits in Belegen, die noch dem frühen Minnesang zuzurechnen sind, artikuliert die Form des hypothetischen Konditionals Sorge und Befürchtungen des Ichs. Diese Affekte sind dann auf den möglichen Verlust und das soziale Risiko der Minnebeziehung oder auch die Erwartung einer dauernden Trennung der Liebenden bezogen. Wenn dabei die bis zum Existenzverlust reichenden Konsequenzen durch den Einzelnen reflektiert werden, dann bringt der präventive Ausgriff auf das zukünftige Geschehen zugleich die Bedrohung durch Fremdbestimmung, aber auch den besonderen Wert der Minne für die Person in den Blick (vgl. dazu oben Kap. 2.5). Auch zwei Stellen aus dem Werk Heinrichs von Veldeke lassen sich auf diesen Hintergrund beziehen, ohne daß die Gemeinsamkeiten sogleich offensichtlich wären. Die Texte seien jeweils nur in der mittelhochdeutschen Fassung, wie sie die Handschriften Β und C überliefern, wiedergegeben, weil diese Fassungen auch den Ausgangspunkt für die Fragen der Textherstellung bieten. Das erste Beispiel findet sich am Ende der Strophe Die minne bit ich unde man (MF 66,9): g e s c h i h t m i r als d e m s w a n , der da singet, als er sterben sal, s o v e r l i u s e ich ze v i l dar an.
(MF 66,13-15) 24
Vgl. dazu auch den Hinweis bei Rolf: Der Tod in mhd. Dichtungen; wie A n m . 17. S. 144, bes. A n m . 54; zu Walthers Text die genaueren Hinweise bei Wapnewski: Walther; wie Kap. 2, A n m . 43. S. 239. Vgl. zuletzt Ranawake: G a b es eine Reinmar-Fehde? Wie K a p . 1, A n m . 9 1 . S. 17 u. A n m . 40.
196
Für meine Diskussion muß der mögliche Zusammenhang des Textes mit der Strophe MF 64,34 (vgl. zusammenfassend M F II. S. 83) nicht erörtert werden. Von den Texteingriffen, die Carl von Kraus vorschlägt/ 6 bleibt der in Vers M F 66,15 (·" s t a t t problematisch, weil er sich ausschließlich auf Geschmackskriterien stützt,17 während der Eingriff in M F 66,11 {st statt ich) die inhaltliche Stimmigkeit28 des Textes betrifft. Will man nun aber auch im Falle von MF 66,11 bei den Handschriften bleiben, so ist ein Textverständnis zu erwägen, bei dem der Erfolg des Sängers letztlich auch dann von der Minne abhängig ist, wenn er sich selbst um die Zuneigung der Frau bemühen muß.' 9 Das zitierte K o n d i t i o n a l g e f ü g e kontrastiert im Textablauf ganz unvermittelt mit den vorangehenden Versen ( M F 66,9-12). Diese entwickeln nämlich nicht auch eine negative Zukunftsperspektive, sondern die Z u n e i g u n g der Frau wird als Ziel v o r Stellung des Sängers ausgesagt. Schon mit dem unpersönlich gebrauchten, einleitenden Verbum (geschiht mir) lenkt der Konditionalsatz gegenläufig in den Bereich schicksalhafter E r f a h r u n g e n , die dem Subjekt keine Handlungsperspektive eröffnen. U n d auch der Aspekt, unter dem das direkt anschließende Schwanengleichnis' 0 zu lesen ist, liegt mit dieser Einleitung fest. D e n n die Vergleichsbeziehung w i r d ausdrücklich durch das gleichsetzende als ( M F 66,13) hervorgehoben und der A s p e k t des schicksalhaften Geschehens damit als Tertium deutlich. I m Hinblick auf spätere Exemplare des Gleichnisses oder auch parallele Typen 5 ' ist dabei weniger die explizite Herstellung der Vergleichsbeziehung, als vielmehr der Vergleichsaspekt wichtig:
26
V g l . Kraus: D e s Minnesangs Frühling/Untersuchungen. S. 186.
27
V g l . ebd. zu M F 6 6 , 1 5 : »Ferner ist der Schluß banal und plump zugleich«; ebenfalls kritisch zu K r a u s Gertrud Weindt: Die Lieder Heinrichs v o n Veldeke. Studien zu einer Zykluskonzeption des Minnesangs und zu Veldekes A u f f a s s u n g v o n >rechter< und >unrechter Minnewie< Peter Wapnewski: Z w e i altdeutsche Frauenlieder. In: P. W . :
Was^ ist minne.
Studien zur Mittelhochdeutschen
L y r i k . 2., unv. A u f l . München 1 9 7 9 . S. 9 - 2 2 , hier S. 1 5 .
Ich tuon sam der swan, der singet, swenne er stirbet. (Heinrich von Morungen, MF 139,15) Reht als der swan der wizzen kan daz in an kumt sin tot, dem singe ich glich. (Der Wilde Alexander, K L D , VII, III, 17-20) Ja singe ich als der swan, der gein dem ende so süzen sang gewinnet, ein swinendez fro. (Frauenlob, XIV, 19,1 f.; vgl. zu 19,2 die Varianten aus F'F 1 ) Denn erschließt der Vergleich in diesen Exemplaren durchgehend die Situation und das Selbstverständnis des Sängers, so akzentuiert der einzelne Beleg unterschiedlich das Handeln (Morungen), das Bewußtsein, welches den Gesang begleitet, (Der Wilde Alexander) oder die Qualität des Gesangs (Frauenlob) als Vergleichsgesichtspunkt. Bei Veldeke rückt als Spezifisches die Betroffenheit durch ein unverfügbares Schicksal in den Vordergrund, wie auch das Hilfsverb soln in M F 66,14 (Λ/Γ er sterben sal) betont. Damit ist auch schon deutlich, daß sich diese Version des Gleichnisses den Voraussetzungen der konditionalen Denkfigur, die im Ausgriff auf negative Entwicklungen die mögliche Betroffenheit des Ichs erfragt, einfügen kann. Das Tiergleichnis erscheint entsprechend im Vorderglied des Schemas, in dem sonst die Trennung der Liebenden oder die soziale Einschränkung der Beziehung thematisch werden konnten. Dabei rückt nun die Situation des Sängers in den Blick. Auffällig kann zudem die inhaltliche Füllung der konditionalen Konsequenzposition sein. Denn dort, wo eher der Verweis auf die negative Folge des angenommenen Geschehens zu erwarten wäre (vgl. etwa M F 7 , 1 2 - 1 4 oder 4,37), erscheint nun nicht der Ausblick auf Unabdingbares, sondern die wertende Stellungnahme des Sprechers. Diese Umbesetzung wird möglich, weil bereits das Schwanengleichnis - auch als Typus - alle Information über die mögliche Entwicklung bereithält. Motiviert aber ist die Besetzung des Denkschemas durch die inhaltliche Position des Sprechers, der die extreme Unangemessenheit der hypothetisch entwickelten Möglichkeit benennt. Diese Distanzsetzung des Sprechers läßt am Ende noch einmal genauer nach der Funktion des Schwanen-Vergleichs fragen. Denn die als sprachliches Mittel »aufdringliche Gleichsetzung«' 2 durch das als "
ebd.
198
bedeutet bei Veldeke nicht die uneingeschränkte Übernahme des Gleichnisses als Modell für die Situation des Ichs. Auch dies ein Unterschied zu den späteren Belegen, in denen sich das Ich bruchlos dem vorgegebenen Vorstellungstyp zuordnet. Nur bedingt erfüllt das Schwanengleichnis bei Veldeke eine Beweisfunktion, die in der Zuordnung des Einzelfalls zum bekannten Modell, dessen Sinn zugänglich und dessen Geltung anerkannt ist, erfüllt wäre.33 Nicht der Beweis vom Zugestandenen auf das noch nicht zugestandene Besondere vollzieht sich, sondern durch die Einführung des Schwanengleichnisses veranschaulicht der Text zunächst nur die Zukunftsperspektive des einzelnen Ichs in einem literarischen Modell, das zusammen mit der angesprochenen Schicksalssituation auch eine als Typus vorgeprägte Vorstellung aufruft. Wenn dann der Schlußvers mit dem Verbum Verliesen, das ja in diesem Kontext - wie sonst die Liebestod-Metapher auf den Verlust von ideellen und materiellen Werten hinlenkt, die nun doch überraschende Distanzsetzung des Ichs ausspricht, so bezieht sich diese Korrektur zugleich auf die schicksalhafte Betroffenheit der Person und auf die Norm des Modells, das die Sängerrolle als Typus festzulegen sucht. Das hypothetische Konditional läßt in der Zuordnung von Voraussetzung und Folge dieses Spannungsverhältnis von typischer Erwartung und einschränkender Bewertung prägnant aufbauen. Durch die Plazierung am Strophenende gewinnt die pointierte Distanzsetzung zugleich einen deutlichen Akzent; vor allem aber findet die Selbstbehauptung des Ichs ihren genauen Ausdruck in der Abweisung des vorgeprägten Modells. Das zweite Textbeispiel aus dem Werk Veldekes (MF 67,1 f.) führt zu ähnlichen Ergebnissen, es hält sich aber näher in dem beschriebenen Horizont der frühen Lyrik, da das Verhältnis von Frau und Mann zentrales Thema bleibt; auch in diesem Fall möge die Wiedergabe der mittelhochdeutschen Fassung genügen: Ir stüende baz, daz si mich tröste, danne ich durch si gelige töt. wan si mich wilent e getroste üz maniger angestlicher not.
"
Vgl. zur Beweisfunktion von Beispiel und Gleichnis Perelman: Das Reich der Rhetorik; wie Kap. i, A n m . 106. S. 1 1 1 - 1 1 3 ; Lausberg: Handbuch. §§ 4 2 2 - 4 2 ; .
199
als siz gebiutet, ich bin ir töte, wan iedoch so stirbe ich note. (MF 66,32-67,2) Die Textherstellung bereitet nicht so sehr wegen einer Variante zu Vers MF 66,}4 (Hs. C: erlöste), die auch Moser und Tervooren im Anschluß an Vorgänger und gegen ihre Leithandschrift als bessere Lesart erwägen (vgl. den Hss.-App.), Probleme.' 4 Gravierender ist die auf von Kraus zurückgehende Auffassung, wegen »der grammatischen Reime [. . .] diese Strophe unter Ergänzung zweier Schlußverse«" zusammen mit MF 66,24 als einen Text zu betrachten.'6 Zu bedenken ist dabei aber, daß die inhaltliche Verbindung beider Strophen nicht reibungslos aufgehen kann, wenn in MF 66,3 of. das missetroesten der Frau und zugleich in MF 66,34 ihre Hilfe für die Vergangenheit der Beziehung behauptet werden. Ist aber der Zusammenhang beider Strophen auch dann zu berücksichtigen, so können die rekonstruierten Schlußverse MF 67,2 a u' b kaum als Basis einer Deutung dienen.37 Ich beziehe mich daher allein auf die in Β und C überlieferte Fassung, berücksichtige aber, daß die Verse MF 67,1 f. nur bedingt den Strophenabschluß bilden. F ü r das Textverständnis ist - über die Hinweise Schweikies hinaus (vgl. Minnelyrik. i . S . 4 4 5 ) ' ' - n o c h das einleitende als in Vers M F 67,1 zu besprechen. Denn nur mit Einschränkungen könnte es bei dem vorgegebenen historisch-zeitlichen Rahmen der »Einleitung v o n Sätzen eindeutig konditionalen Inhalts« 39 dienen; als(0) in der Bedeutung v o n neuhochdeutsch >wenn< »ist spät« 40 . Daher bietet sich v o m sprachlichen B e f u n d zunächst die temporale Bedeutung an (»wann, so o f t alstödlicher Bedrückung< (not) und dem Tod als >notvoll verstandenem GeschehenÜbertrumpfungswitz< bei Lutz Röhrich: D e r Witz. Seine Formen und Funktionen. Mit tausend Beispielen in Wort und Bild. z. Aufl. München 1980. S. 14)?.
216
die Anrede eine Erfahrung fest, die zugleich das Angezogensein durch die geliebten Eigenschaften wie die Betroffenheit durch das Verhalten der Frau umfaßt. Walther setzt das Paradoxon des >süßen Todes< nicht ein, um hyperbolisch ein Wertbewußtsein noch um die extreme Ambivalenz der Minneerfahrung zu artikulieren. In seinem Gesprächslied bewirkt die Verknüpfung mit der Zweitsetzung der Liebestod-Vorstellung einen komischen Kontrast. In diesem Kontext fungiert das sanfte zugleich als Anspielung 6 7 und Pointe: als Anspielung suggeriert der Hinweis auf den positiven Gefühlswert den ergänzenden Kontext der erotischen und sexuellen Erfahrung, wie er durch den mehrdeutigen Gebrauch v o n lip in Strophe 3 vorbereitet ist. Als Pointe, die mit dem Kontrast auch die Überraschung des Hörers bewirkt, gewinnt die Darstellung eine Form, in der das Verstehen erst auf den unausgesprochenen Deutungshintergrund hingelenkt wird. 68 D i e Pointe stellt den Hinweis auf den positiven Gefühlswert so dar, daß dies Bedeutete selbst zum Signifikanten (für die erotische Erfüllung) wird, dessen Bedeutung es als Sinn zu entdecken gilt. 09 Mit diesem Ausblick auf die Verstehensleistung, die der Text verlangt, aber auch durch das Zusammenwirken v o n Anspielung und Pointe, das den auslösenden Kontrast herstellt und damit den Sinngehalt der Zeile andeutet, ordnet sich die Liebestodkonfiguration dem Formtypus des Witzes und dem Darstellungsprinzip der K o m i k zu. 7 ° Die Struktur des Witzes verbindet Anspielung, Pointe und komischen Kontrast, um in der unerwarteten Verknüpfung zweier sich ursprünglich ausschließender Bedeutungsebenen einen bislang unbemerkten Sinnzusammenhang aufzudecken. 7 1 Die Erkenntnis dieser neuen Verbindung fordert die Verstehensleistung des Zuhörers, so daß sich die
70
Vgl. hierzu bereits Burdach: Reinmar und Walther. S. 149; Meyer: Die Strophenfolge und ihre Gesetzmäßigkeiten; wie Anm. 63. S. 94. Vgl. zur Leistung von Anspielung und Pointe Wolfgang Preisendanz: Über den Witz. Konstanz 1970. S. 23-25. Vgl. ebd. S. 23f. Vgl. hierzu ebd., bes. auch die Hinweise zur Forschungsgeschichte S. 7-16; weiterhin Jolles: Einfache Formen; wie Kap. 1, A n m . 54. S. 247-261; Hermann Bausinger: Formen der >VolkspoesieTod< der Frau herbeiführen können. Dieser Zusammenhang kann mit Hilfe der konditionalen Beziehungen, deren Aussagen nach und nach in Verbindung gebracht werden, prägnant artikuliert werden. Deutlich wird dabei, daß die Ursache für den Verlust des sozialen Ansehens und der Publikumsfreude letztlich im Verhalten der Frau zu suchen ist. Die Frauenrolle muß ihre Handlungen in der Minnebeziehung daher nun auch im sozialen Bezugsfeld reflektieren. Sie kann ihre Anerkennung realisieren, wenn sie auf die Bedürfnisse des Mannes eingeht, der als Minnepartner von ihr abhängt, als Sänger aber die Selbständigkeit des Schaffens besitzt und darin durch das Publikum gesichert ist. Die Wiederholungen des einen Denkschemas entwickeln also auf den verschiedenen Aussageebenen des Textes das fragliche Bedingungsverhältnis (L 73,4 u. 5f.: Singen - sozialer Rang der Frau; 73,10: Minneverhältnis - Freude des Publikums; 73,15f.: Handlungsverhalten der Frau im Minnebezug - ihre ere). Am Ende der vierten Strophe kann so ein Aufbau durchsichtig werden, der sowohl die Abhängigkeit wie auch die Selbständigkeit der Minnepartner in prinzipieller Darle229
gung vor Augen führt, alles aber in einem Beziehungsgefüge, dessen Verbindlichkeit durch den Publikumsentwurf der ersten Strophe abgesichert ist. Dieser Darbietung verbindlicher Prinzipien und Bedingungen der Minne ordnet sich eine Sprecherrolle zu, die in den Publikumsentwurf der Eingangsstrophe auch die Bedürfnisse des werbenden Ichs zu integrieren weiß (L 72,36), die in der Wendung gegen die Frau eigenes Wissen und Urteilsgewißheit ausspielen kann (L 73,4: jon wet% siniht. . .; 73,7) und die Selbständigkeit der Sängerrolle (L 73,2-6) akzentuiert. Solche Souveränität verbindet sich mit dem Wissen um die gültigen Bedingungen und Prinzipien der Minne, die der Text systematisch aufzudecken sucht und in ihrer Einheit ausweist. Diesen Ansatz führt auch die letzte Strophe des Textes fort; und auch sie rekurriert auf das Denkschema des hypothetischen Konditionals, nämlich auf jenen Typus, der im Ausgriff auf unverfügbare Geschehensabläufe die Zukunfts- und Lebensperspektive des Ichs artikulieren läßt. Für den Text der ersten Zeile wäre auch in diesem Fall die Α-Lesart solde zu erwägen, 98 aber wohl kaum zwingend zu begründen: Sol ich in ir dienste werden alt, die wile junget si niht vil. so ist min här vil lihte also gestalt, dazs einen jungen danne wil. so helfe iu got, her junger man, so rechet mich und get ir alten hüt mit sumerlaten an. (L 73.17-22) Die Prämisse des Denkschemas nimmt nun das Motiv des Alterns im Minnedienst 99 auf, um folgernd eine Reihe von Konsequenzen durchzuspielen - bis hin zur Pointe des letzten Verses. Im Textzusammenhang gestaltet dieser Ablauf noch einmal die Frage nach dem Begründungsverhältnis aus, in dem die Situation des Mannes und die der Frau zueinander stehen. Aber das Konditional der letzten Strophe lockert dabei doch zugleich die starre Antithetik, die vor allem mit der Alternative in den Versen L 73,15f. ausgeprägt war. Die Oppositionen von Erlösung und Liebestod, ere und sozialem >Tod< werden mit der Per98
Vgl. auch Meyer: Die Strophenfolge und ihre Gesetzmäßigkeiten; wie A n m . 63. S. 1 4 1 , A n m . 10.
w
Vgl. den Motiv-Index in: E h l e n : Konvention-Variation-Innovation; wie K a p . i, A n m . 1. S. 259 (>im Dienst alt werdengraue Haaresich rächenwennParzival Roswitha Wisniewski: Stil und Gehalt der (unechten?) Wolframlieder V I I I und I X . In: Philologische Studien. Gedenkschrift für Richard Kienast. Hrsg. von Ute Schwab und Elfriede Stutz. Heidelberg 1978. S. 4 1 - 5 3 , hier S. 50. 104 Vgl. Wachinger: Rez. zu >Des Minnesangs FrühlingWa^ ist vür da% trüren guot . . .?< oder eine Wendung der zweiten Strophe (v. 5 f.: der ich mine tage)habe gedienet der mä^e ) mit Morungen, MF 138,8 disiu sorge get mir vür der mä\e in Zusammenhang gebracht werden (vgl. K L D II. S. 705). Oder wenn Kraus die Benutzung der Morungen-Strophe MF 138,3 als Vorlage für unzweifelhaft hält, weil partielle Überschneidungen in der Formulierung zweier Zeilen zu beobachten sind (vgl. MF 13 8,3f.: Vrowe, ob du mir niht die werlt erleiden wil,\s6 rät unde hilf. . IX,3,1.: Hilf, hilf, guotwip, la besehen, job . . .). Selbst wenn solchen Ähnlichkeiten oder Parallelen Evidenz zukommt, wäre aber immer noch zu fragen, ob sie in ihrem neuen Kontext nicht spezifische Funktionen tragen können und eine besondere Bedeutungsleistung erbringen. - Auch die Belege, die Wisniewski anführt, um den Parodiecharakter von Nr. I X zu fundieren, überzeugen nicht durchweg. So wenn Nr. IX,2,1-3 - aufgrund welcher Kriterien? - als >meisterliche PersiflageKönigslied< (MSF 5,16). In: U. P.: Kleine Schriften. Mit einem Geleit hrsg. von Wolfgang Bachofer und Karl Stackmann. Berlin 1979. S. 132-144; Schweikle: Minnelyrik. 1. S. 507^ Vgl. zur Frage der Verfasseridentität zusammenfassend ebd.; Wapnewski: Kaiserlied u. Kaisertopos; wie Kap. 2, Anm. 209. S. 49-51. ebd. S. 63. Vgl. ebd. S. 60-63.
254
Für meinen Zusammenhang ist wichtiger, daß mit dem dritten Vers dann sogleich die Darstellung der Trennungserfahrung einsetzt. Die Minnebegegnung erscheint auch in diesem Abschnitt als Konstituens des Selbstgefühls in der sozialen Rolle; erst Trennung und Verlust des Minnebezuges machen dies voll bewußt (vgl. MF 5,2 5 f.). Auffallig ist nun indes ebenso die Koordinierung der vier Verse mit Hilfe des Chiasmus (y 1 : Mir sint. . .; x 1 : swenne ich . . .; x2: und swenne ich . . .; y2: so st mir . . .)." Ins Zentrum rückt damit ein Erfahrungsablauf, der einerseits durch den Kontrast von Liebesgemeinschaft (bi sin) und Trennung (scheiden), andrerseits durch den extremen Umschwung vom Gewinn zum Verlust sozialer Macht bestimmt ist. Die Minneerfahrung umfaßt in diesem Modell — wie die Verallgemeinerung der Aussage anzeigt — stets die Erfahrung von Trennung und gewinnt ihre Struktur gerade aus dem direkten Kontrast im Nacheinander von bi sin und scheiden. Betont der Chiasmus zunächst also diesen Kontrast in der Minneerfahrung, so läßt er zugleich die den beiden ausgesagten Erfahrungsabläufen gemeinsame Logik hervortreten. Die Erfahrung der Trennungssituation bestätigt in ihren negativen Konsequenzen die Gesetzmäßigkeit, die auch den verbindlichen Zusammenhang zwischen Liebesbegegnung und sozialer Rolle in den zwei Eingangsversen bestimmt hatte. Die Verse 3 und 4 stehen als inhaltliche Umkehrung des ersten Satzgefüges in genauer formaler Symmetrie zu diesem und heben gerade auch so das parallele Verknüpfungsmuster hervor. Nimmt man schließlich hinzu, daß die Verallgemeinerung der Aussage das dargestellte Geschehen als typischen und wiederholbaren Vorgang ausweist, dann kommt insgesamt eine Abfolge von Zusammensein und Erfüllung, Trennung und Verlust zur Geltung, die in ihrer Regelhaftigkeit zwar vorhersehbar ist, dem betroffenen Ich aber doch unverfügbar und unbeeinflußbar erscheint. In ihrer Gestaltung und ihrem Gehalt entspricht die Konfiguration damit genau der Glücksrad-Metaphorik 12 , wie sie in den zwei Schluß' 1 Burdach ordnet die Verse - ohne einen Widerspruch zu sehen - als Parallelismus ein; 12
vgl. Reinmar u. Walther. S. 86. Vgl. dazu Wapnewski: Königslied und Kaisertopos; wie Kap. 2, A n m . 209. S. 6of.; vorher auch: Karl Korn: Studien über >Freude und Trüren< bei mittelhochdeutschen Dichtern. Beiträge zu einer Problemgeschichte. Leipzig 1 9 3 2 . ( = V o n deutscher Poeterey; Bd. 12). S. i j f . ; Bertau: L G . I. S. 1 6 1 u. 583.
255
versen der Strophe eingesetzt wird. Dem jähen Wechsel von Liebeserfüllung und Trennungsschmerz ordnet sich das an vröiden stigen üj und ouch abe (MF 5,28) zu; und die Verknüpfungsbeziehung der koordinierten Satzgefüge artikuliert am Ende auch jenen Erfahrungsablauf, den der Text selbst als wehsei (MF 5,29) zusammenfaßt: die Konfrontation mit dem Ephemeren und Unbeständigen der Liebeserfüllung, die als glückhaftes Geschehen dem Ich das positive Selbstgefühl ebenso wie dessen Verlust zuteil werden läßt, wobei die Person insgesamt den Wechselfällen einer unverfügbaren Erfahrungsrealität begegnet. Nicht die Alternative zwischen positiver und negativer Erfahrung wird ausgestaltet, sondern ein zusammenhängendes Geschehen, dessen Kontraststruktur die Erfahrungsdifferenz von höchstem Glück und dessen völligem Verlust als Identitätsproblem des Betroffenen vergegenwärtigt. Die Verse des Abgesangs zeigen dann aber, daß die Beziehung zur Frau und die Verbindlichkeit der Liebeserfahrung dieses Problem bewältigen lassen (vgl. MF 5,29: >und dieses Auf und Ab werde ich um ihrer Liebe willen bis zum Grabe ertragene). Im Gefüge des gesamten Textes steht diese Struktur des Minnebezuges neben den Begründungsabläufen der Strophen 3 und 4. Die dritte Strophe fragt nach dem Sinn des Minnedienstes, um zuletzt die Beglückung durch die Frau als Wert über den ßesitz der höchsten Macht zu stellen; die letzte Strophe zentriert die hypothetische Frage nach dem Verlust der Geliebten (vgl. M F 6,2) und bestätigt mit dem Hinweis auf die Konsequenzen (vgl. M F 6,3 f.) erneut den besonderen Wert der Minnebeziehung. Unter verschiedenen Aspekten erschließen die Strophen 2, 3 und 4 also die spezifische Verbindlichkeit der Liebesbeziehung, indem diese zunächst die Erfahrung von Trennung und Leid bewältigen läßt (Str. 2), dann in ihrem Wert über die politische Macht gestellt (Str. 3) und schließlich als zentraler Lebenswert (Str. 4) bewußt wird. Die Konfiguration der konditionalen Denkschemata erhält in diesem Ablauf ihren Rang sowohl durch die auffallige stilistische Gestaltung als auch ihre inhaltliche Leistung, die Minneerfahrung als Ganze in ihrer Struktur zu deuten und den Verlust der Liebeserfüllung als Problem des Ichs zu artikulieren, das die Sicherheit der sozialen Identität in Frage stellt.13 ' ' Vgl. zur Interpretation des Textes weiterhin - für meine Analyse aber kaum ergiebig - Peter Bründl: unde bringe den wehsel, als ich waen, durch ir liebe ^e grabe·, wie Kap. i, A n m . 83. S. 4 1 1 - 4 1 5 .
256
Chronologisch und literaturgeschichtlich wird sich das Lied MF 81,30 (Mit sänge wände ich mine sorge krenken) aus dem CEuvre Rudolfs von Fenis in engem Zusammenhang mit dem Text Kaiser Heinrichs sehen lassen. Beide Lieder ordnen sich um 1180 in die Phase des Minnesangs ein, die vor allem auch durch die Aneignung der romanischen Liedtraditionen bestimmt ist. 14 Ähnlichkeiten von Formulierungen und Minnekonzept mögen bei diesem Hintergrund zunächst weniger überraschen: swenne ich bi ir bin, daz toetet mir den muot, und stirbe aber rehte, swenne ich von ir kere, (MF 82,i6f.) Die Ähnlichkeit zu Kaiser Heinrich bleibt indes beschränkt auf die Koordinierung der durch swenne eingeleiteten Satzgefüge, die Thematik von bi sin und scheiden (von ir keren) und die Frage nach der Bedeutung, die Begegnung und Trennung der Minnepartner für den Mann besitzen. Auffällig ist zugleich aber, daß sowohl die inhaltliche Besetzung der Folgerungspositionen als auch die Art der chiastischen Gestaltung verändert sind. Beide Folgerungen weisen nun Aussagen über die tödliche Betroffenheit des Ichs auf (. . . toetet mir den muot, jund stirbe aber rehte,. . .), und eben dieser Aspekt des Existenzverlustes wird herausgehoben, indem der innere Tod (MF 82,16) und das Sterben des Ichs (MF 82,17) dem Zentrum des Chiasmus zugeordnet sind. Sie verdrängen im Vergleich mit Kaiser Heinrich die bedingenden Gliedsätze und die Antithese von Trennung und Begegnung aus dieser Position. Nicht der jähe Wechsel von bi sin und scheiden wird daher betont, sondern die negativen Wirkungen der Minnebegegnung. Dabei ist unmittelbar auffällig, daß gegenüber Heinrichs Text auch die Möglichkeit einer positiven Liebeserfüllung nun überhaupt ausgeschlossen ist. Begegnung und Trennung bewirken gleichermaßen die extreme Betroffenheit des Mannes; untereinander schließen sie aber die Steigerung der Leiderfahrung ein: während nämlich das Zusammensein nur den inneren Tod des Ichs bedingt, zieht die Trennung den wirklichen Tod (und stirbe aber rehte . . .) nach sich. Dieser Komparativ der Leiderfahrung fixiert die ausweglose Situation des Mannes, dessen Betroffenheit mithin unvermeidlich erscheint. Die Konfiguration reflektiert die Verstrickung des Ichs in die Minnebeziehung. 14
Vgl. hierzu zusammenfassend die Hinweise S. 4 5 1 - 4 5 7 u · 4·6Ι£; weiterhin ebd. S. )οη{.
bei
Schweikle:
Minnelyrik, i.
257
Freilich zeichnet sich am Ende der vierten Strophe noch ein positiver Wertakzent ab, wenn dort das sehen der Frau als Grund für die Verbindlichkeit der Beziehung deutlich wird: wan mich da^ sehen dunket also guot (MF 82,18). Diese Wertbesetzung der unmittelbaren Begegnung erscheint zuletzt als Motiv, das ein Gegengewicht zur Erfahrung des inneren Todes (vgl. M F 82,16) einsichtig werden läßt. Die Beobachtung lenkt auch schon auf den weiteren Begründungszusammenhang des Textes hin. Für ihn ist von grundsätzlicher Bedeutung, daß die temporal-konditionalen Sätze, wie die Verse M F 82,i6f. sie aufweisen, in ähnlicher Gestaltung und häufiger im Text anzutreffen sind. 1 ' Nachdem Strophe 1 den Zweck des Gesangs, der ursprünglich die Aufhebung der Sorgen leisten sollte, dann aber die Verstrikkung in den wan (vgl. M F 81,34) erbrachte, zum Thema hatte, formuliert die zweite Strophe erneut die Erwartung des Sängers auf Erhörung und Liebeserfüllung (vgl. bes. M F 82,jf.). Die Irritation über die Wirkungen der Minnebindung (vgl. M F 82,5: Mich wundert. . .) motiviert in Strophe 3 dann die Reflexion der Trennungssituation und der Aussichten, die sich mit der Begegnung verbinden: Mich wundert des, wie mich min vrowe twinge so sere, swenne ich verre von ir bin. so gedenke ich mir - und ist min gedinge —, mües ich si sehen, min sorge waere dahin. >so ich bi ir binDer blideschaft sunder riuwe hat mit eren hie, der ist riche. daz herze, da diu riuwe inne stät, daz lebet jämerliche. er ist edel unde vruot, 260
swer mit eren kan gemeren sine blitschaft, daz ist guot.< (Heinrich von Veldeke, MF 60,13-20; vgl. auch MF 60,21-28) Swer so staeten dienest künde, des ich mich doch troesten sol, dem gelunge lihte wol. Swer so langez biten schildet, der hat sichs niht wol bedäht. dem, der wol biten kan, daz er mit zühten mac vertragen sin leit und nach genaden klagen, der wirt vil lihte ein saelic man. (Rudolfvon Fenis, MF 84,19-21; u. 84,28f. u. 32-55) Bei Heinrich von Veldeke wie bei Rudolf von Fenis steht die allgemein gültige Erörterung von gutem und erfolgreichem Verhalten im Vordergrund, wobei dann gerade die persönliche Erfahrung des Sprechers weitgehend ausgeschlossen bleibt (vgl. aber MF 84,20). Der Text Veldekes eröffnet die Alternative zwischen einer erfüllten und einer leidbestimmten Existenz (vgl. M F 60,14 u. 16), indem die positive und negative seelische Erfahrung des einzelnen Ichs ebenso wie dessen gesellschaftliches Ansehen (vgl. MF 60,14 w// eren) als Voraussetzungen eingeführt werden. Wenn der Text so die emotionale Erfahrung des Einzelnen (vgl. M F 60,13 u · J 5) Prämisse gelungener Lebensführung erörtert, dann geht es nicht um die Bewältigung dessen, was als akute Realität noch präsent wäre, sondern um die Entwicklung eines Verhaltensmusters (auch der inneren Erfahrung), das als verbindliche Orientierungsgröße dienen kann. Dies verdeutlicht auch der Abgesang (MF 60,17-20), wo die Fähigkeit des Einzelnen, seine Freude in Übereinstimmung mit den sozialen Normen zu steigern, als vorbildlich hingestellt wird. Die seelische Erfahrung fungiert als Bezugsfeld für die Erörterung von verbindlichen Handlungs- und Verhaltensmodellen. Ähnliches zeigt der zweite Text, in dem nun die Fähigkeit zu Selbstbeherrschung und -kontrolle, aber auch die Beständigkeit der Person als Verhaltensideale gefordert (vgl. MF 84,19: staeten dienst; 84,28 u. 32: lange^ bitenfbiten), nicht aber als Problem der Selbsterfahrung akut sind. 261
Den Gewinn der Distanznahme zu direkteren Erfahrungssituationen weisen ebenso die Konfigurationen aus, in denen das einzelne Ich mit dem Entwurf von Zukunfts- und Handlungsperspektiven zur Bewältigung von Problemlagen gelangen kann: >Owe, tuo ich, des er gert, da von mac ich gewinnen leit und ungemach. laz aber ich in ungewert, daz ist ein Ion, der guoten mannen nie geschach, mich riuwet erst nu, daz ich in und er mich ie gesach. . . .< (Friedrich von Hausen, MF 54,19-23/Fass. b) Ich wil gesehen, die ich von kinde her geminnet hän vür elliu wip. und ist, daz ich genäde vinde, so gesach ich nie so guoten lip. obe aber ich ir waere vil gar unmaere, so ist si doch, diu tugende nie verlie. • (Albrecht von Johansdorf, MF 90,16-22) Die Frauenstrophe Friedrichs von Hausen besitzt zwar als Hintergrund die Erfahrung der Minnebegegnung (vgl. M F 5 4,23), das ausgesagte Dilemma (vgl. M F 54,19^ u. 21 f.) reflektiert aber zukunftsbezogen die Handlungs- und Verhaltensperspektiven der Frau, die im Konflikt zwischen den Ansprüchen des Mannes und sozialen Sanktionen steht. Ebenso bleibt auch das zweite Beispiel auf eine Situation bezogen, die die Minnebegegnung nur im Ausgriff auf die nähere Zukunft (vgl. M F 9o,i6f.) erörtert; Thema ist das Verhalten der Frau gegenüber dem Mann, nun aber so, daß der Mann die Erhörung wie letztlich auch die Abweisung als Hinweis auf die Vollkommenheit verstehen kann (vgl. M F 90,19 u. 22). In beiden Beispielen steht nicht die Aufarbeitung von Wirkungen, Emotionen und seelischen Situationen, die auf die konkrete Begegnung oder Trennungserfahrung zurückgingen, im Vordergrund. Stattdessen wird die Bewältigung von Konflikten wichtiger, die in antizipierender Reflexion geklärt und zugleich auf Lösungen hin befragt werden können. Wichtig bei alledem, daß sich mit diesen verschiedenen Anwendungsansätzen wohl alternative Aussage- und Denkmöglichkeiten ausdifferenzieren, diese aber durchaus nebeneinander vorzufinden 262
sind und nicht in jedem Fall schon spezifische Entwicklungsstufen anzeigen.
4.2
Erlebnisintensität und Selbsterfahrung in der Begegnung v o n Sänger und Frau
Nicht als Alternative, die in der Selbstreflexion des Ichs gegensätzliche Möglichkeiten durchspielen ließe, nicht auch als Entwicklung von Verhaltens- und Normvorstellungen gestaltet ebenso ein Lied Hartwigs von Rute ausschließlich die unmittelbare Begegnung des Mannes mit der Frau aus: Als ich sihe daz beste wip, wie küme ich daz verbir, daz ich niht umbevahe ir reinen lip. und twinge si ze mir. ich stän dicke ze sprunge, als ich welle dar, so si mir so suoze vor gestet. naeme sin al diu werlt war, so mich der minnende unsin ane get, ich mohte sin niht Verlan, der sprunc wurde getan, trüwet ich bi ir einer hulde durch disen unsin bestan. (MF 117,26-36)
Auffallig kann in diesem Text die Dominanz der mit als und so eingeleiteten Satzgefüge (vgl. MF 117,26 u. 1 1 7 , 3 1 u. 33) sein; dabei wird mit der Darstellung der als typisch gekennzeichneten Situation die temporale Bedeutung der Satzformen überwiegen. Die Verse M F 1 i7,3of. zeigen mit Hilfe des Adverbs dicke besonders deutlich an, daß eine gängige Verhaltensreaktion angesprochen sein soll, die sich in der Mehrzahl der Fälle, keinesfalls aber notwendig mit dem vorgegebenen Situationstyp verbindet. Wichtig bleibt der Text im Rahmen der bisherigen Typenreihe, weil er die Grundkonstellation der Minnebegegnung sowohl mit dem Problem der Erlebnis- und Reizintensität als auch mit dem der Selbstkontrolle und Mächtigkeit des Ichs verbindet. Die Situation der Begegnung wird bei diesem Ansatz als Ablauf in drei Einzelaspekte zerlegt: mit dem Sehen der idealisierten Frau entsteht sogleich das Problem der Selbstkontrolle (vgl. MF 117,27: . . . wie küme ich verbir, /. . .), das dem Bedürfnis nach körperlicher Nähe und Gemeinschaft mit der Frau 263
(vgl. M F ii7,28f.) entspringt. Das emotionale Erlebnis und die Reizintensität gewinnen ihren Ausdruck in Körperhaltung und physischer Anspannung (vgl. M F 117,3of.); sie provozieren mit den Erfahrungen von Raserei und Wahnsinn (vgl. M F 1 1 7 , 3 3 ) e i n e Haltung, die keine gesellschaftlichen Rücksichten mehr kennt und nur durch die Unsicherheit über die Gunst der Frau ausbalanciert werden kann. Die Erlebnisse des sehen und des vor ir statt, die beide noch die Distanz zur Frau kennen, werden in ihrer extremen emotionalen Wirkung und Reizintensität offensichtlich, wenn die unerfüllten Bedürfnisse und die Sehnsucht des Mannes das Risiko des Selbstverlustes freisetzen. Liebe erweist sich so nicht nur als Erfahrungsraum, der ein Bewußtsein von Individualität aufbauen ließe, sondern der dann auch - wie schon bei Fenis und Kaiser Heinrich - zur Erkenntnis der Gefährdungen des Ichs gelangen läßt. Die Entwicklung dieser Konstellation bei Heinrich von Morungen gewinnt dann aber auch neue Erfahrungsmöglichkeiten für den Einzelnen hinzu: Sten ich vor ir unde schouwe daz wunder, daz got mit schoene an ir Ιϊρ hat getan, so ist des so vil, daz ich sihe dä besunder, daz ich vil gerne wolt iemer dä stän. owe, so muoz ich vil trüric scheiden dan, so kumt ein wölken so trüebez dar under, daz ich des schinen von ir niht enhän. (Heinrich von Morungen, MF 133,37-134,4) Ebenso wie die Texte Kaiser Heinrichs und Rudolfs von Fenis thematisiert die Strophe den Gegensatz von Begegnung und Trennung (vgl. M F 133,37 u. i34,2);' 6 auf Hartwigs Lied verweist zum anderen die Ausgangssituation des vor ir stän zurück. Freilich gewinnen diese Vorgaben sogleich eigene Qualität, wenn mit dem Eingangsvers An16
U m Mißverständnissen vorzubeugen, sei deutlich betont, daß die Vetse M F 1 3 4 , 2 - 4 nicht unbedingt als temporal-konditionales soso-Gefüge (>Ach, dann muß ich mich leiderfüllt von ihr trennen, /wenn sich eine dunkle Wolke dazwischenschiebt. . .Wolke als Bedrohung des Lichts w * e sie ähnlich bei Kaiser Heinrich und Rudolf von Fenis anzutreffen war, als auch die Motive des Verstummens und des Ich-Verlustes, die auf Morungen zurückweisen, kombiniert sind. Anders als bei Heinrich und Rudolf geht es aber weder um die Identität des Ichs mit seiner sozialen Rolle noch um die Todesbetroffenheit, die dem Mann unvermeidlich zuteil wird; die Strophe aus der Gottfried-Sammlung thematisiert die Unbesonnenheit, die das Ich bei der Begegnung mit der Frau an sich selbst erfährt. Anders als bei Morungen geht es zudem um den Kontrast zwischen "
Vgl. zusammenfassend zur Echtheitsfrage und Bewertung des Liedes H u g o Kuhn: Gottfried von Straßburg. In: V L 2 . Bd. 3. Spp. 1 5 3 - 1 6 8 , hier Sp. 15 5f.
268
dem Versagen einerseits, den außergewöhnlichen Fähigkeiten des Mannes zum anderen, der im Nacheinander von Zusammensein und Trennung offensichtlich wird. In der Selbstreflexion des Mannes gewinnen die extremen, in ihren Gründen aber undurchschauten Wirkungen der Begegnung Ausdruck. Mit Hilfe der Topikalisierung hebt der Eingangsvers die Unbesonnenheit als zentrales Thema der Strophe heraus. Die direkt anschließende Frage (11,3,2-4) läßt dann die Irritation des Ichs über eigenes Verhalten und die Hilflosigkeit gegenüber dem an sich selbst erlebten Versagen deutlich werden. Die Begegnung bewirkt das Verstummen und den Verlust der Selbstkontrolle," und zwar bis hin zur vollständigen Verwirrung des Ichs (II,3,5f.). Die Befangenheit provoziert das Versagen, so daß der Mann kein Wort hervorbringt, stattdessen aber Scham und Verlegenheit (11,3,7-9) z u m Ausdruck kommen. Nicht die zentrale Affizierung und Verunsicherung des Ichs durch Schönheit und Anblick der Frau, die bei Morungen den Ich-Verlust auslösen, sind nun thematisch; das Problem der Anblicksminne bleibt ausgeklammert und die Darstellung der Frau weitgehend abstrakt. Im Text des Gottfried-Korpus ist es ir minne (11,3,5), die dem Mann das Gefühl der Wehrlosigkeit und des Ausgeliefertseins vermittelt. Die Anerkennung dieser Abhängigkeit von der Frau und von ihrer Zuneigung ebenso wie das Eingeständnis der eigenen Unterlegenheit äußern sich in der konkreten Situation als Versagen und Scham. Das Erlebnis von Abhängigkeit und fraglicher Anerkennung entspricht einer Minnesituation, in der die Idealisierung der Frau (vgl. II, 2,1-10), die Leiderfahrung des Mannes (vgl. 11,4,1-5) und sein Dienst (vgl. 11,4,7-10), der auch die Bitte um E r h ö r u n g (vgl. 11,6,1-10) einschließt, unbestrittene Größen bleiben. Die .r»'£»»tf-.r0-Relationen konkretisieren bei diesen Vorgaben, die dem Hohen Minnesang eng verpflichtet sind, die Selbsterfahrung und die emotionale Reaktion des Mannes in der direkten Begegnung mit der Frau. Gerade im Kontrast mit der alternativen Abschiedssituation (vgl. II,3,10) weisen die Befangenheit, die fragliche Selbstkontrolle und das Versagen des Ichs den 22
Vgl. zum Motiv des Verstummens Arnold Berger: Die volkstümlichen Grundlagen des Minnesangs. ZfdPh 19 (1887), S. 440-486, hier S. 465; Michel: Heinrich von Morungen u. d. Troubadours; wie Kap. 1, Anm. 76. S. 1 0 3 - m (>Beraubung der Sinnesozial-integrativer Absichten< von Ministerialen und Adel 1 führen. Dieser Denkansatz korreliert im Minnesang offensichtlich mit dem Hervortreten und der Aktivität eines persönlichen Ichs. Spuren davon weist zuerst die Ausdifferenzierung des verallgemeinernden swer-derGefüges im frühen Minnesang auf. Der Erkenntnis- und Wahrheitsanspruch, den das Ich selbst erhebt, der aber auch dort hervortritt, wo durch einen unabhängigen Sprecher die Situation des Einzelnen zum Thema wird, tritt entschiedener schon bei Dietmar von Aist hervor. Die sichernde Rückbeziehung des Ichs auf die vorgeordnete und verbindliche Erfahrungsregel steht bei ihm zur Diskussion, und mit dem Funktionswandel des swer-äer-Gefügts rückt die Frage nach Bedingungen und Gründen für ein Verhalten ins Zentrum (vgl. M F 33,7-12). In einem weiteren Text (MF 35,32-36,4), der nach Struktur und Gehalt aber schon in eine spätere Minnesang-Phase gehört, geht dann der Entwurf eines selbstbestimmten Verhaltensprogramms einher mit der Verwendung von Konditionalsätzen, in denen die Reflexion des Ichs auf Bedingungen, vor allem Risiken der eigenen Situation zur Aussage kommen kann. Die in ihrer Sprachgestalt verschiedenen Konditionaltypen stehen deutlich in paralleler Funktion. 1
Vgl. Ehlert: Konvention-Variation-Innovation; wie Kap. 1, Anm. 1. S. f j f .
319
In diesen Textbeispielen deutet sich damit auch schon die Möglichkeit einer Gruppierung konditionaler Strukturmuster an. Die Palette der konkreten Typen differenziert sich im Minnesang vor allem bei Hausen, Morungen und Reinmar aus, um aber bis zum Ende des 13. Jahrhunderts breite Anwendung zu finden. Die Opposition verallgemeinernder und auf partikuläre Konstellationen bezogener Aussagemuster zeichnet dabei einen Rahmen vor, der durch die sprachliche Gestaltung (verallgemeinerndes Relativgefüge vs. grammatische Form des Konditionalsatzes), im besonderen aber durch die Sprechsituation wie auch die Sprecherperspektive (unbeteiligter, souveräner Sprecher vs. betroffenes Ich) weitere Unterscheidungsmerkmale erhält. Zwischen solchen Extremen ist ein Spektrum einzelner Typen anzusiedeln. In der Gruppe der verallgemeinernden Aussagemuster steht das relativisch formulierte swer-der-G^inge. neben Paralleltypen (swa da%; swenne-sö; swä-dä) mit eigenen Aussageakzenten und spezifischen Themenstellungen (vgl. Kap. 2.4). Während swer-der-Geiüge. nämlich die Beziehung zwischen einem Verhalten (Handeln) und dessen Wert für die Person thematisieren, kann in den Parallelgruppen auch das gegenseitige Verhältnis der Minnepartner in dem Aspekt erwarteter und zugestandener Leistungen {swa^-da^-Gruppe) beleuchtet werden oder die Minnebegegnung im Hinblick auf ihre unmittelbaren Wirkungen (swenne-sd-Gruppe) angesprochen sein. Die Anwendungsgeschichte des swer-der-Gefüges — um diesem Beispiel zu folgen — bietet Schwerpunkte schon im frühen Minnesang (>Erfahrungsstil 36, 1 - 4 : 36, χ f.: 36, 3 f.: 36» 5 : 36,5-12: 36, 11 f.:
91 91, 158 «4f: S4f.
9'"°
159,l67
36, i 4 " 2 i : 36, 21: 36, 23 : 37.7-12: 38, 26f.:
«J I23f., 152, 154 91'»° 197'· 158"' 144
39. 22-24: 39. 2 5 : '44, Mi, 201 137 39. 3 5 _ 4 ° , 2: 40, 19: 91''° s.a.: 5 Γ » (Ind. Ks.); 8 5 " ' (swer-der); 93'» (Ks.); 135 (swenne-sS; Mot.: sehen)·, 143 158 (Ind. Ks.; Konj. Ks.) Der Dürinc (KLD) 128 H,3.9f·: 109 VII, 3, 7: Der Dürner (KLD) 109 4, 7f·: Engelhart von Adelnburg (MF) 148, 6: 194 148, 7 f.: 169, 181, 239 148, 8: 194 109 148, 2 5 - 2 7 : Schulmeister von Esslingen (KLD) VII, i, 1 3 - 1 5 : 109 Frauenlob (Heinrich von Meissen; Stackmann/Bertau: Frauenlob) XIV, 3, if.: 134 XIV, 4,7 f» "7 XIV, 6, 6f.: 146 XIV, 8, 3 f.: "7 XIV, 11, 5 f.: 134 XIV, 16, 5 - 1 0 : 135 XIV, 19, 1 f.: 194", 198 XIV, 20, 1 f.: 240"' XIV, 2 5 , 1 - ; : 149 XIV, 26, 1 j - 1 7 : 150 2 XIV, 32, 1 - 3 : 39 s.a.: 134 (swenne-so); 138 (swä-da); 144 183 (Ind. Ks.; sol-so·, Konf.; Mot.: Liebestod) Friedrich von Hausen (MF) 21 f. 43, 36-59: 162 44, 28 — 30: 44, 3 1 45»l-9: 45, 1 - 7 :
143 162 46"", /62, 185
45, 1 5 - 1 8 :
162, 185 126 162
45, 35f- : 47, 21 f.: 47, 34: 48,1 f.: 48, 23: 49, 1 7 - 2 0 : 52,7-12:
4 162 67f., 70 16ο 110 163 f., 185
52, 18 f.: 52, 33 f·:
4 161
53, 1 8 - 2 3 : 53, 24-28: 53, 2 4 - 2 7 : 5 3, 3 5 f·: 54, 7 - 9 : 54, 8 f. (a u. b):
163 if1
54, i2f·: 54, 19— 2 3 : 54, 19 f. (b):
185 99 161 126 161 262, 281 161, 1(1^262 161, 165,262
54, 21 f. (b): 54, 24 f. (a u. b): 167 s.a.: 5 1 ' « (Ind. Ks.); 7 0 " (Mot.: vs. Jetzt'); 125 (swenne-so)·, 160 f. Ks.; Konj. Ks.) Friedrich der Knecht (KLD) 128 I, 4, 1 - 3 : Friedrich von Leiningen (KLD) 109 I, 1 f.:
Geltar und Gedrut (KLD) 1, 8 f.: 240"' von Gliers (BSM) 1, 109— 114: 194" 2 1, 120— 122: 39 i6o 2, ° 1, 125 — 128: 160210 1, 129— 132: 2,6: 149 240'" 2, 2 5 - 2 7 : 150 2, 70f.: 2, 15of.: 146 150 3, 101 f.: s.a.: 115 (swer-der)·, 130 {swenne-so (swa-da)·, 143 (swa^-da^) Goeli (BSM) 138, 142 2, 40f.: 130 3, 13 f·· 4.4-6:
130 343
Hartmann von Aue 206, 5: 206, 6: 206, 7 f.: 206, 9: 206, 19 — 24: 206, 19 — 21: 206, 19: 206, 20f.: 206, 24: 208, I4f.: 209, 7: 212, 13 f.: 213, 25: 215, 12 f.: XII, 5> i f . (Wa. 217, iof.):
Gottfried von Neifen (KLD) III, 4, 1 - 4 : 140, 141 140, 141 111,4, 7f·: VII: 180, 242—244 2 VII, I, 1 - 3 : 43 242, 243, 244 VII, 2,4: VII, 2, 7: 242, 243, 244 VII, 3,4: VII, 3 , 7 : vii, 4:3-5: VII, 4,4: VII, 4, 5: XV, 5, 1 - 3 : XVIII, 2 , 6 - 8 : XXIV, 3, 1 - 6 : XXVI, 2, 1 f.: XXXIV, f.: XLVIII, 4, 1: XLVIII, 4, 4: s.a.:
2
243, 44 243, 2 44 242 2
4 2 , 243> 2 44 244 240 f. 240 296
148 148 243"' 243"'
1 1 0 ( s w e r - d e r ) ; 1 2 8 (swenne-sö;
Mot.:
Minnebegegnung); 138 ( s w a - d a ) ; 139 (Mot.: Minnebegegnung); 143 (ηνα' Λ >da%); 149 (Mot.: Natur); 150 (Mot.: Umfang/Anteil von Werten); 170 (Ind. Ks.; Mot.: Liebestod); 178 u. 179f. (Ind. Ks.; so/so; Konj. Ks.; Konf.; Mot.: Liebestod); 239 (Mot.: Liebestod); 296 (Konf.) Gottfried von Straßburg (MF; s. a. K L D ) II:
26S-2JO
II, 1,5 f.: II, 2 , 4 f . : II,3,I-IO:
149 ΙΟΐ·»° I26f-, 268 — 270 271,272 126 126 126 IOl"° 149 f. 149 f.
II,3,i-4: 11,3,7-9: II, 3, 10: II, 4, 5 f.: 11,5,4-6: II, 5, 7 - 1 0 : .Tristan', 1829818301: s . a . : 1 2 5 (swenm-so);
215, 35: 216, 7: 216,29-36: 216,29-32: 216,39 f.: 217,6-13: 218, 3 f.: 218,5: 218, 15 — 17: 218, 13 f.: 218, 21: ,Erec', 3160-3166: s.a.:
117,26: 117, 26f.: » 7 , 3°f·: Hawart (KLD) III, 1, if.: 111,1,3-5:
298" 143
(swa%-das$
Minnebegegnung); 138 {swä-da)\ 139 (Mot.: Minnebegegnung); 182 (Ind. Ks.)
III, 6 , 3 - 5 : IV, 3, 3 f.:
344
146 f. '47 96 97, 98 98
102
99 4 4 125,126 I2
5 145 104'
145, ι**· 154 167 24/., 30 31,33 24 70 167,168 25 2;, 26 30 25 165114 100 ( K o n f . ) ;
126,26)f.
126 126
s . a . : 1 2 ; (swenne
111,4, 3 - 8 : III, 4, 3 f.:
(swer-der);
145,146
100 (swer-der);
Mot.:
109
145,'-^
128
(swenne-sd;
101
(Mot.: Verhalten in der Minne); 143 (saia%-da%); 150 (Mot.: Umfang/Anteil von Werten); 298'® (Mot.: Herzenstausch) Hartwig von Rute (MF) 116, 8 f.: 99
Günther von dem Forste (KLD) s.:
(MF)
182 182 1
39 138 240 1 " 143, 150
Heinrich von Breslau (KLD) 109, 143, M6 239 182, 239 182 II, j , 4 f . : 182 11,5,7-9: Heinrich von Frauenberg (BSM) 1, 1 4 - 1 6 : 115 I, 2,4: II, 2 , 5 - 7 : 11,5,4-6:
1, 16: 130 2,9-11: 143 2, 21 f.: 182 Heinrich von Meissen, s. Frauenlob Markgraf Heinrich III. von Meissen (KLD) II, 1,6 f.: 160"° IV, 2, 1—4: 127 V: 110 VI, 2 , 1 - 8 : 2,2f. VI, 2, 5 - 7 : 239 s.a.: 110 (swer-der); 181 (Ind. Ks.); 182 (Konf.) Heinrich von Morungen (MF) 123,1-3: M5 124, 32: 204 τ 125,9: 37, Μ* 125,10-18: 256 125, 10—14: 204f. 125, 10: 194 125, 12 f.: 20) —20; 194 125, 12: 1*6, 3 2 - 5 5 : 135 126, 54f.: IO5 127, 5 f. (a u. b): IO5 I2
7> 127, 128, 128, 128, 128, 129, 130, 130, 151, XII,
3 4 - " 8 .4: 54-57: 5 —10: 11 —14: 55-39: }8: 36: 1 f.: 3 7 f.: 15 f.: 22 B, 5:
*33. J 3 : I33.i3-i9: 155, 16: 133,21-27:
2
74
2
74f· 27)f., 281 *74 96 98 4 4, 279'* IZ 5 125 150 26/., 265 26}. 26 /•> 3°
133,21-25: 133, 2 i f . : x
33» 3 7 " »34,4= 134, 2 - 4 :
134» I 4 _ 135.9:
2θ:
135, ix —15: '35, 1 9 - " · · I55,i9f.:
33 31 264/. 26 4 , S 97 ,+4 , 100, ioif. 266f., 272 266 126,266f., 268, 270, 271 125,155
'55, 21 f.: 135,29: '37, 2 7 - 3 0 : 137,28 — 30: 138,3: 138, } f . : 138,8: 138,17: 138,25: 138,27-29: 158, 2 7 f.: 158, 31 f.: 'S8, 33-35: 138, 36—139, 2: 158, 56 — 58: 139, 1 f.: 139,1;: 139, 16— 18: 141.26—31: 141,3^-36: 145,1: 147,4: 147.4-9: 147,4: 147,12-15:
125,155 267 156*°° 167 235 253 233 125,267f. 267 267 125,135 12;, 267 26 7 f. 268 125 125, 268 194", 198 137, 142 125 125,135 67 204,514 i6 9 \
1 f.:
9 7 ' « , 103
51139 (Ind. 101
145,150 K s . ) ; 9 9 (swer-der);
(Mot.:
Verhalten
in
100 der
gegenüber
H e i n r i c h Hetzbolt v o n Weissensee ( K L D ) I, 1,6 f.: I,
2,4:
37,12-14:
141
240
48:
116,
2
48,1-11:
joyf.
39
I , 3 , i f.:
128
48,12—22:
308
I I , i , 3 f.:
128
48,23-33:
308
138 I I I , 3, i: s.a.: 109 (swer-der)
48,34-44:
p8f.
48,45-50:
jo9
Hesse v o n Rinach ( B S M ) 1,21:
239
Hiltbolt v o n Schwangau ( K L D )
)0J—βίο
52, 59f.:
142
52,93-98:
132, 133
53:
I 5
VI, 3,1-8:
29Jf.
53,65-69:
I32f.
i
X I I , 2, 8:
147
54:
131
X I I , 2, 9:
143,145,147
54,27f.:
133
X I I , 2, 10:
143,145,147
H.31-34:
I
X V I I , 1,5 f.:
109
54,43-45:
T
3 I . I33 33
s.a.: 128f. (swenne-so); 178f. (Ind. K s , ; s o l -
s.a.:
so; K o n j . K s . ; K o n f . )
mungserlebnis; M i n n e b e g e g n u n g ) ;
Markgraf von Hohenburg ( K L D )
116
(swenne-so;
(swer-der; Mot.:
Mot.:
Wahrneh131
Wahrnehmungserleb-
I V , 2,4f.:
128
nis; M i n n e b e g e g n u n g ) ; 138 (swa-da)\ 144
V , 3,7f.:
181 f , 239
(swa^-da^)·,
V I , 4, 1 - 5 :
109, 110
239 ( M o t . : Liebestod)
183 ( I n d . K s . ; sol-so; K o n f . ) ;
H u g von Werbenwag ( K L D ) I , i , 5 f.:
109
I , 2, 6f.:
182
Kaiser Heinrich ( M F ) 4, I 7 f . :
124
1,3, 6f.:
182
4, 57:
5 1 ' " , 9 3 ' " , 158,
I , 5, 7: I , 6, 1 — 3:
239 128
I I I , 2, 9f.:
143,148
159, 167, 190 f., ,98 5, 11:
137 2^-2)6,
5,16: Jacob v o n W a r t e ( B S M ) 5, 5: s.a.: 182 ( K o n f . )
143
5, 2 0 — 2 2 :
85"'
5,23-29:
2)4-2)6
5, 2 3 - 2 6 :
4, 28:
240"'
1 2 3 , 1 2 6 , 1 3 5 f., 2)4—2)6,
Johannes Hadlaub ( B S M ) 10, 9 — 1 4 :
247
5,28:
131 f.
5, 29: 5,30-36:
w / 2,6 256
11, 18 — 22:
131 f.
12, 1 — 6:
132
5>37
12, 1 5 - 1 7 :
142
85"'
23, 1 7 - 2 0 :
132, 133
5, 3 7 f·: 5,38f.:
23, 21 f.:
240""
6, 2:
158
23, 2 5 - 3 2 : 23, 39f.:
247 247
V:
11
2;, 2 1 - 2 4 :
2 5 2, 2Jß
30, 11 f.:
132, 133 I49
V,3,7-11: V I I , 2, 5 f.:
'49/· 149
3 5 , 3 5 f·: 36, 1 4 - 1 9 :
260,
264, 265, 268
11, 12—14:
35, 2:
2J4 7
_6
>4:
256 158
Der Kanzler ( K L D ) 5
I X , 2, 1 - 3 :
149
I46
X V , 2,9-13:
138, 139
I}lf.
X V , 3, 1 - 4 :
139
347
s.a.: 115 u. Anm. 168 (swer-der); 143 (swa^-daz) Kol von Niunzen (KLD) II,i,6: 128 IV, 3: 182 IV, 4 - 6 : 182 König Konrad der Junge (KLD) II, 3 , i f.: 128 Konrad von Altstetten (BSM) 1,22 — 25: 182 2, 19-21: 116 3, 11 f.: 116 Konrad von Kilchberg (KLD) I,4,8: 128 II,4, 1 f.: V, 2, 6f.: i}8, i}9 VI, 3, 5 f.: 182 VI, 3 , 7 f . : 182 s. a.: 109 (smer-der) Schenk Konrad von Landeck (BSM) 3: 115 5, 45 f.: 143,146 5, 18-20: 131 17, 1 8 - 2 2 : 131 s.a.: 115 (smer-der); 130 (swenne-so)\ 138 (swa-da); 139 (Mot.: Minnebegegnung); 183 (Ind. Ks.; sol-so; Konf.); 239 (Mot.: Liebestod) Konrad von Würzburg (Schröder: Konrad von Würzburg) 138 4, 3 9 - 4 3 : 5,8-H: 5, 12-14: 7.45-48: 9. 3 1 - 3 3 : ".47-50: 12, 1 5 - 1 7 : 16, 13 f.:
134 134 134 134 240""
134 134 117 ,17f. 33-42: 20: pif. 20, 8 — 19: pjf. 22, 23 — 28: 138 s.a.: 117 u. n 8 ' 7 ' (swer-der); 134 {srvennesd); 183 (Ind. Ks.) Graf Kraft von Toggenburg (BSM) 1, 2 8 - 3 2 : 130 1,33 f·: 348
115
149
1,35 f.: —
1, 37 4
o:
'49
2, 21 f.: 148 2, 38—40: 115 ;, 31 f.: 182 6, 11 f.: 138, 142 7,24—26: 158,141 s.a.: 143 (swa%-da%) von Kürenberg (MF) 7,1-5: 62,86 86, 8 9 · ' 6 7 , i f.: 7.1-3: 43 f7. z : 7,3: 7,10-14: 7, 1 2 - 1 4 : 8,17-20:
44, 8 5 " ' , 8 6 " ' 44f., 86 62·», 6j 5 1 ' " , 158, 159, 167, 198, 206 63f., 122f.
8,17: 8,18: 9, 16: 10, 11: 10,17-20: 10,18: 10, 20: s.a.: 4 5 l , ! (Mot.: 93'» (Ind./Konj.
'35 135 1; 8, 185 158, 159 Sj,S6,fy 85"' 124, 135 Betroffenheit des Ichs); Ks.)
von Landeck, s. Konrad von Landeck Leuthold von Seven (KLD) 182 IV, 8 f.: 109 VII, 2, 9: Schenk von Limburg (KLD) 1,4,5-8: 1,4, 7: 1,4, 8: II, 2 , 1 - 3 , *
*5 2 , W / · 182 182
127 182 IV, 3, 1 - 5 : Burggraf von Lüenz (KLD) 109, I I i ' 6 ' 1,3,3: 182 1,3, 5 f·: II, 1, i f . : 137,139 Der Marner (Strauch/Brackert: IV, 1, 8 - 1 0 : 144,149 VII, 3 , 2 9 - 3 1 : 133 VIII: 117 ,)iof. 1 VIII, 2 , 1 6 - 1 8 : 39
VIII, 2, 2o: Vin, 3, 21-29: VIII, 3, 28 f.: IX: IX, 1,1—4: X, 2, 9—11:
jio βίοf.
144,146 117,310,311 pi 239
s . a . : 1 1 7 (swer-der)·, 1 3 8 (swä-dä); 183 (Ind.
Ks.) Meinloh von Sevelingen (MF) 12,1-7: Si-gf, 118"" 12, 2f.: 158, 159 12, 5: 89126 12,14-20: 8812', 118177 12,32f.: 124,135 13, 6f.: 92f., 94'", 158, 160 13,14-20: 21 I3,i9f.: 94'", M» 13,27—29: i3,32f.: 14,14-19: 14, 18 f.: 14, 19: 15,1-7: 15, 8 f.: M,9:
21 158 45 " 2 86 "%,g?-g9, 118' 77 89ιζ6 98 144 144, 201 i43,Mi
s . a . : 8 5 " ' (.mer-der); 9 3 ' » ( K s . )
von Munegiur, s. Ulrich von Munegiur Namenlose Lieder (MF; KLD) MF VI: Η3 158, 159 3.7~Ii: 85'" 5, 15 f.: 3,21: 157"' 6,9-11: 1*3 6, 30: 201 KLD a 40—43, ι, if.: III' 6 ' a46, 58 — 62: 138,139 LI: ι, if.: 240"' η I, 14η, ι f.: '39 149 Ρ MP, 5 ί·: 148 Ρ 15 Ρ, 1 f-: s 240"1 47> 3,6-9:
χ XIII, 1,5: xLXII, 3, 7:
148 138, 141
s . a . : 109 (swer-der); 1 2 8 (swenne-so; M o t . :
Minnebegegnung); 182 (Ind. Ks.; Konf.); 239 (Mot.: Liebestod) Neidhart (Haupt/Wiessner: Neidhart) 69, 38: 148 72,24-36: 171-Vi 7 Z ,}2 _ 34: Hl,27i-273 7 2 , 37:
272f.
73,2-7: 272f. 73,32: 148 88, 16: 148 s.a.: 31 (Antithese: Ich vs. andere); 148 (swa^-daz; M o t . : singen)
Niune (KLD) 1,5 f.: V, 5 f.:
128 128
von Obernburg (KLD) Ι , ι , ι f.: 143, 149 II,4, 7 f.: 109 III, i,6f.: 128 III, 3, 2: 109 s.a.: 182 (Konf.) Otto von Botenlauben (KLD) III, 2, 1 - 3 : '43. J45 V: 241/. V, 2, 6 f.: 194" V, 3, 1 — 5: 24lf. V, 3, if.: 169, 170, 239'", 24lf.
V.j.j:
169, 170, 239, 241/.
VI, 1 - 3 : VIII, 5 f.: VIII, 7 f.: XI, 67f.:
3° 109 143, 150 239
s . a . : 128 (smnm-s»); 1 7 8 f . (Ind. K s . ;
sä; Konj. Ks.; Konf.) Otto von Brandenburg (KLD) II, 2,3-5: 239 182 II, 2, 3 f.: 182 II, 2,5-7: 138,141 IV, 1, if.: 138,142 VI, 2, if.: s.a.: no' 6 ' (smr-der) 349
O t t o z u d e m T u r n e I. ( B S M ) 4-10:
160"0
142
15 3 , 2: 153,32-154,2:
25 f . :
11;
156,
46:
11;
157, Ii —14:
47-49:
138,141
O t t o z u d e m T u r n e II. ( B S M )
I
5
-
16:
116
157,
18:
1,8-11:
138
157. 3 1 - 3 3 :
2,29-32:
239,247""
2 , i35
16, 3 f.:
8; " 5 ,
89"'
16, 8 — 1 1 :
21
231,235 1 5 8 , 28:
190, 192,
I94,
20} — 212,
224,
22J, 246, 321
93'",
16,15:
44/
16,
93'",
158"
6
15810'
16, 23:
21
1 7 , X F·:
I23f.,
1 7 , 1:
155
13;
158,
29f.:
2 1 0 f., 233
1 5 8 , 30:
I94
^S»
JI-40:
2II'8
' 5 8,
35-40:
211
1 5 8 , 35 f . :
211
159,1:
285
159,
10-13:
3
182
1 ;9,
iof.:
I V , 2, 8:
138
i
IV,
143.'5°
Reinmar von Brennenberg I I , 2,
if.:
5,4:
I V , 7, 4:
z
I V , 7,
138
10:
I V , 12,
f.:
( K L D )
59»37-
160,
i 6 o
3 »5
21:
1 6 0 , 38 — 1 6 1 ,
39
161,
:
166,
1:
31-162,6:
175
68f. 55
1 6 2 , 18 f.:
22
s.a.: 109 (swer-der); 128 (swenne-sö; Mot.:
162,
21:
148
Minnebegegnung)
l 6 z
Reinmar der Fiedler
137. 2
141
39
(KLD)
s.: 109 (swer-der) Reinmar von Hagenau
(MF)
150,
10—13:
ΙΟΙ
150,
16—18:
J
I ; I , 31 f.:
350
74
i6o2,°
>
28)-28;
148''°
162,7:
7
I V , 1 4 , 8:
212
206—212, 214-216, 225,
Burggraf von Regensburg
18:
1 0 6
174,175
(Konf.)
iof.:
7
173.
1
2OJ—212, 213,
i ; 8 , 27 — 30:
V , 2, 1 2 f.:
16,
I
158, I —10:
( K L D )
s.a.: 182
'7'f;
158,1:
Pfeffel ( B S M ) 28-30:
171
">:
157,
1 , 1 — 5:
197'·
12—14:
i57»
7°
34-37:
///·
162,
34f.:
56
162,
36-38:
100, 101
162,
36f.:
56
163,
2-4:
101
163, 2f.:
100
163,4:
57
I6J, 3 2 - 3 8 :
166, 27J-277, i
i6,,32f.: 163, 37: 164, 1: 164, 2: 164, iof.: 165,10: 165, iof.: 165, 19—21: 165, 3 of.: 165,37-166,6: 166, 1: 166,16: 166,16-24: 166, 22 — 24: 166, 25 — 28: 166, 3 of.: 167,4-12: 167, 10—12: 167,13-21: 167, 1 3 - 1 9 : 169, 31 f.: 170, 2 9 - 3 5 : 171, 15 f.: 171, 28: 1
73» 29: 177. i 7 - i 9 : 177, 2 2 - 2 6 : *77» 2 7 - 3 3 : »77. 3 4 - 3 6 : 177. 3 4 - 4 0 : 178, 29: 180,9: 180, ΙΟ— I 5: 180,36-58: 181,5-7: 181,7-9: 182, 24f.: 182, 26f.: 182, 51: 182, 182, 182, 183,
34f.: 3 8 - 1 8 3 , 6: 38 f.: if.:
79 3. 4, 279 276 276 i48"9° 166 281-283 148 f.
2
7> 3° 140 166, 281—28 292/. 282 278-281, 285 f., 299 279-281 166, 279— 281 280
183, 14: 183, 21 — 26: 183,27-32: 184, 3 - 2 3 ( a ) : 189, 23 f.: 189, 25 f.: 189, 27 f.: '89. 189, 189, 189, 189, 190, 195, 19;,
29-33: 29-31: 29 f.: 31: 32 f.: 19 — 26: 15 f.: 28-31:
197, 7(a): 197,9-12(3): i97,9: 197, iof.:
3 2 3° 13, 3 } _ I 4 , 1: 13,33: 233 11
4i, 2 5 f.: 41, 29f.: 45» 37 : 46,10-18: 46, 12: 46,32: 47. 1: 49. 1 f - : 49. 25: 50,13-18: 50. 13: 5°, ' 7 : 57. 7 - 1 3 : 58,21: 59. 37= 64, 20f.: 65, 1 - 4 : 66,21: 69,1: 69,1-7: 69, 1: 69, 4: 69. 5 - 7 : 69, 5 f·: 69,8-14: 69, Ii —13: 69,15-21: 69, 1 6 - 1 8 : 69, 22—28:
72. 3 i _ 3 4 : 72, 3 5 f» 72, 36: 72> 3 7 - 7 3 . 4 : 73. 2 - 6 : 73.4: 73.5-IO: 73. 5 f» 73. 10: 73,11-16: 73. I 3 — '6: 73. ι j f · :
142
191, 193, 2 1 1 , 2 2 1 - 2 3 1 , 255, 258f., 521 f. 190, 191, 196, 225, 224, 227, 238
73. 1 5
29. 3° 141 140, 141 141
73. '6:
295" 176f., 295 140, 141 227»'; 295» 176 f., 295 176 176 104
73,17-22:
169,174,2)0/.,
236 227 178 I05 1 ' 2
73, 22: 73.23: 76,22:
196, 21) —220,
85.34:
321 I96
86,15-38: 86, 3 1 - 5 4 : 86, 51: 86,53: 86, 34:
30 103'" 4 142 103'"
214 219 219 190-19),
176-17$,
21)—220, 259,
2S/-2PJ, 306 288f., 290—293 287 291 29lf. '76> '77 > '7$,
290,2^7, 288f., 293 f.
'76,177·
'7*>
290, ^ 288f., 294 *7 '77, '7*3 290, 294
jo' 28 , 288f., 294 178, 221 — 2)1, 321 f. 221 221 227, 230 227 230 227, 229, 230 227 f•» 229 228, 229 22(f, 229 222 — 226, 22^f. 222
145, 147.
22), 226
321 216, 220 141
86,55-58: 91, 8: 92,9: 92, 92, 92, 92,
IO4—IO6
142 105 105 105 105 105 105 105
15 f.: 25 f.: 50-32: 33 f.:
92> 55 - 3 7 : 93. I _ 3 : 93.4-6: 93. i7f·: 95.17: 95, 37~9 6 . 95, 37f·: 96,4-6:
104/., 106—108 2:
96, 5 f·: 96, 7: 96, 9 - 1 2 : 96, 11: 96, 13 — 18: 96, 13 f.: 96, 15 f.: 96, 17 f.: 96, 19 — 25: 96, 21 — 25: 98, 26—31: 8
9 - 3 2 - 35: 100, 24:
106 106 106 108 107, 108 29, 50, I07 107 107 106, 107 106, 107 106, 107 107 106 29, 3°. 3 1 29 103"1
355
1 0 2 , 29:
1 0 4 , I08
4,37:
I°2, 33-35:
IO4
5 > 5 f· :
182
1 0 2 , 3 6 — 1 0 3 , 2:
ιο8
s. a.: 2 3 9 ( M o t . : L i e b e s t o d )
1 0 3 , 3 f.:
1 0 4 , 108
103, 8f.:
108
117, 1 - 3 :
30
11
5
von Wildonje ( K L D ) I I I , 2 , i f.:
138
Wilhelm von Heinzenburg ( K L D )
117,36—118,1:
139,140
I, 1 , 9 f . :
239
1 1 7 , 36:
152'9"
IIP, 1 - 4 :
109
1 1 7 . 37:
IJ2
IIIb, 3 - 5 :
182
121,33:
io3''J
V, 3,6f.:
143
1 2 2 , 24:
103"*
Winli ( B S M )
124,1:
ίο}1'*
1.40-43:
2471'8
s.a.: 30 (Antithese: I c h vs. andere); 1 0 3 f .
1,40:
182
(siver-der);
1.41—43:
182,239
3.z-4:
239
108
(Verhaltensempfehlung;
Erfahrungssatz; Erörterung); 1 2 7
(swen-
ne-so; M o t . : M i n n e b e g e g n u n g ) ; 1 3 7 -da)\
1 4 3 (swa^-da^)·,
150 (Mot.:
(swä
3.44-48:
130
Anteil/
4, 2 4 - 2 6 :
130
7:
115
U m f a n g v o n W e r t e n ) ; 1 6 7 (so/so); (Ind.
Ks.);
176
u.
178
(Konf.);
(Konj. Ks.) Waltram v o n Gresten ( K L D ) I , 4 , 1 f.:
109
I I , 2, 3 f.:
182
III,1,3-6:
127
I I I , 2, 3 f.:
109
Wenzel von Böhmen ( K L D )
1 7 5 f. 178
7.1-3:
" 5
7. 7 f· :
11
7, 1 1 f.:
115
5
s. a.: 1 1 5 (swer-der; K o n f . ) ; 1 8 2 ( K o n f . ) von Wissenlo ( K L D ) I, 1, 1 f.:
109, 1 1 1 ' 6 '
111,1,5-8:
109, i n ' 6 '
W o l f r a m v o n E s c h e n b a c h ( M F ; s. a. K L D )
I,i,3f·:
128
4 , 3 8 - -40:
>43
I,3.4f·:
143. ! 5 °
5.34=
101
I,5,jf·:
128
5, 3 7 "- 4 3 :
100 f. u. A n m .
ΙΙ,ι,,:
109
II, 1, 9 f.:
138, 139 109
II, 2, 3 f.: s.a.: 128
(swenne-so)
Wernher von Honberg ( B S M ) i,9f.:
2
150 5 . 3 7 ' -38: 6, ι - ·6:
101
6,10 (Nr. V):
302
101
8, 1 f.:
167
9 , 4 (Nr. VIII):
2
1 0 , 8 -- 1 1 :
161
32
4, 7 - 1 4 :
39 182
6:
11
IX:
2)1-2)9
6, 8 f.:
" 5
I X , i,, 3 f-:
2
33
6, 1 0 f.:
11
I X , 1,, 6 :
2
33
I X , 1,1 7 - i ° :
143. '49.
i x , 2, 1 - 1 0 :
2 3 4 f.
5 5
s. a.: 1 1 6 (swer-der; K o n f . ) Wernher von Teufen ( B S M )
2
34
3. 4 1 —44:
182
I X , 2., 1 - 3 :
2
53
3. 5 3 - 5 6 :
182
I X , 2,,5 f·:
2
33
4 . 14:
246
I X , 2,, 7 - 1 0 :
l6l,
2)I—2)f
4 , 20 f.:
246
I X , 2,
2)4f.,
238
4. 34:
'43 246,2)2f.
I X , 2., 8 - i o :
2 36 f.,238"°
4 , 3 6 f.:
I X , 2,, 8 :
258
4, 36:
182
i x , 3,, 1 — 10:
2
356
.Τ·
37
I X , 3, ι :
233
IX,3)7f.:
238
,Parzival', 114.5-116,3:
232
,Willehalm', 109.6-16:
298'®
s . a . : i o o ' 1 0 (saier-der)
357