Das zwanzigste Buch der Pandekten: Heft 1 Titel 1 [Reprint 2021 ed.] 9783112434826, 9783112434819


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Das zwanzigste Buch der Pandekten: Heft 1 Titel 1 [Reprint 2021 ed.]
 9783112434826, 9783112434819

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Das

zwanzigste Buch der Pandekten.

Das

zwanzigste Buch der

Pandekten als Beispiel klassischer Jurisprudenz

für Studirende erläutert von

M. A. von Bethmann-Hollweg.

Erstes Heft. Titel 1.

Bonn,

bei Adolph Marcus. 1877.

Meinem lieben Enkel

The«iald

von Bethmann-Hollweg zur Ermunterung und Förderung in seinem Rechtsstudium

gewidmet.

Vorwort.

Au einem andern Ort*) habe ich an den Nutzen, ja die Nothwendigkeit unmittelbarer Beschäftigung mit den Quellen für das Studium des römischen Rechts erinnert. In der glücklichen Zeit, da ich als akademischer Lehrer mit einer

strebsamen Jugend verkehrte, habe ich für diesen Zweck mehr­ mals exegetische Vorlesungen über das zwanzigste Buch der

Pandekten gehalten, weil dieses Stück klassischer Jurisprudenz mir besonders geeignet, schien,

die Zuhörer in ihre Methode

einzuführen, und im juristischen Denken zu üben, wobei es mir

auch an erfreulichem Erfolg nicht fehlte. daran hat mich veranlaßt,

Die Erinnerung

die damalige Vorarbeit für die

Vorlesung in der Muße des Alters wieder aufzunehmen und

das Resultat schriftlich für denselben Zweck zu veröffentlichen. Daß die Werthschätzung der klassischen Jurisprudenz der Römer

als eines durch nichts Anderes zu ersetzenden Mittels juristischer

Bildung für die moderne Welt kein civilistisches Vorurtheil ist,

sondern für diesen Zweck dem, was die alte Welt uns für Phi­ losophie, Historie, Poesie und Kunst überliefert hat, würdig an die Seite tritt, kam mir dabei wieder zu freudigem Bewußtsein.

Möchte die kleine Arbeit dazu beitragen, auch Andern, insbe­ sondere der akademischen Jugend, diese Ueberzeugung mitzu-

theilen.

*) Ueber Gesetzgebung und Rechtswissenschaft als Aufgabe unserer Zeit.

Bonn 1876. Abschnitt V. Die Ausgabe der Deutschen Rechtswissenschaft.

Zunächst veröffentliche ich nur ein erstes Heft, welches

den ersten Titel jenes Buches erläutert, und dem die Fortsetzung folgen kann, wenn Kenner den Versuch gelungen und dem Zwecke dienlich finden,

auch geneigt sind, ihm Eingang unter

den Studirenden zu verschaffen. Die reiche Literatur dieser Lehre habe ich nicht angeführt,

weil sie den jugendlichen Leser mehr verwirren als fördern

würde.

Die wichtigsten abweichenden Ansichten findet er in

dem trefflichen Werk von D ern burg, das Pfandrecht, 2 Bde., Leipzig 1860. 1864. Um so unerläßlicher war die Anführung von Parallelstellen, um in den Zusammenhang der Quellen einzuführen.

Berlin, November 1876.

Nechtsgeschichtliche Einleitung.

Die klassische Jurisprudenz der Römer unterscheidet be­ kanntlich

aufs Schärfste zwei

Arten

der Vermögensrechte:

einer Seits Eigenthum (dominium) und die davon abgeleite­

ten beschränkten dinglichen Rechte (iura in re) und andrer Seits die Schuldverhältnisse (obligationes), und gründet diese Unter­ scheidung darauf, daß bei jener eine körperliche Sache absolut

oder in einer bestimmten Beziehung, bei dieser der Wille einer Person, des Schuldners, dem Willen des Berechtigten, des

Gläubigers, in Bezug auf eine bestimmte thatsächliche Willens­

äußerung, eine Leistung von Vermögens- oder Geldeswerth (Z. 9. § 2. D.

de statu lib. 40, 7) unterworfen, d. h. der

Schuldner dem Gläubiger dazu verpflichtet ist. L. 3. pr. D. de dbl. et oct. (44, 7.) Obligationum substantia non in eo con-

sistit, ut aliquod corpus nostrum aut servitutem nostram

faciat, sed ut alium nobis obstringat, ad dandum aliquid vel faciendum, vel praestandum.

Eine Folge dieses Unterschiedes ist, daß der dinglich Be­

rechtigte der willenlosen Sache gegenüber sofort in den Genuß seines Rechtes treten kann, während der Gläubiger die Erfül­ lung der Schuld von dem Willen des Schuldners in näherer

oder fernerer Zukunft zu erwarten hat.

Die hierin liegende

Unsicherheit wird zwar dadurch überwunden, daß der Gläu­

biger mit der Hülfe des Richters die Leistung, oder wenn diese nicht mehr möglich sein sollte, die Zahlung ihres Aequi-

valents in Geld (litis aestimatio) vom Schuldner erzwingen

kann. Vorbereitet wurde Letzteres nach klassischem römischen Recht dadurch, daß bei allen Schuldklagen der Judex in der Formula zu einer Condemnation in Geld ermächtigt wurde i

Rechtsgeschichtliche Einleitung.

2

Gai. IV. § 48.

Die Vollstreckung des condemnatorischen Ur­

theils geschah dann durch den Verkauf des ganzen Vermögens des Schuldners im Interesse seiner Gläubiger (bonorum ven-

ditio Gai. III. § 78), also im Concursprozeß, oder durch ge­ richtliche Pfändung einzelner Sachen des Schuldners (Z. 15 D. de re iud. (42, 1) Cod. 8, 23. si in causa iudicati pignus captum sit), durch deren Verkauf dem Gläubiger Befriedigung in Geld

verschafft wurde.

Allein auch dem vorsichtigsten Gläubiger kann es begeg­

nen, daß der ursprünglich vermögende Schuldner, dem er creditirt hat, später durch Verschwendung oder Unglücksfälle sein

Vermögen ganz oder theilweise verliert, so daß dieses zu sei­ ner Befriedigung nicht mehr zureicht. Hiergegen könnte der Gläubiger gesichert werden, wenn der Schuldner ein einzel­ nes Stück

seines Vermögens,

vor

Allem

eine körperliche

Sache von entsprechendem Werth, der eignen Disposition ent­ zöge und der ausschließenden Disposition des Gläubigers über­ gäbe mit dem Recht, sie im Nichtzahlungsfall zwar nicht für

sich zu behalten, aber zu verkaufen und den Erlös zu seiner Befriedigung zu verwenden, d. h. wenn er diese Sache ihm

zum Pfand gibt.

Die Römer, bei denen von jeher eine andere Art der Sicherheitsleistung, die Bürgschaft (fideiussio), sehr beliebt war, kannten doch schon in ältester Zeit eine zwiefache Form

des Pfandes, pignus im weitern Sinne. 1) Das Pignus im engern Sinne oder Faust­ pfand. Der Schuldner gibt dem Gläubiger den Besitz und zwar den juristischen,

durch die Unterbiete geschützten Besitz,

einer ihm eigenthümlichen Sache, gewöhnlich einer beweglichen (Z. 238. § 2. D. de verb. sign. 50, 16), entzieht sie dadurch faktisch seiner Disposition, insbesondere dem Verkauf, der nicht

ohne Tradition möglich ist,

und kommt mit dem Gläubiger

überein (Contractus pigneraticius), daß dieser sie gcgen^Zahlung

der Schuld zurückgeben (Big. 13, 7. Cod. 4, 24. de pigneratida actione), im Nichtzahlungsfalle zum Behuf seiner Be-

Rechtsgeschichtliche Einleitung. sriedigung

zu

verkaufen

berechtigt

und

3 nur

den

Ueber-

schuß (hyperocha) dem Schuldner zurück zu zahlen verpflichtet sein soll. 2) Die Fiducia mit einem Gläubiger als Pfand. (Fiducia cum creditore pignoris iure.

Gai. II. § 59. 60. 220. III. § 201. Bruns, Fontes. J. B. A. p. 180.) Der

Schuldner gibt hier dem Gläubiger das Eigenthum ex iure Quiritium durch Mancipatio oder in Jure Cessio zum Pfande,

also

gleichfalls nur zur Sicherung der Forderung,

mit der

Verpflichtung zur Rückgabe, wenn die Schuld erfüllt ist (actio

fiduciae) und dem Recht, im andern Fall durch Verkauf der Sache sich zu befriedigen und nur den Ueberschuß dem Schuld­

ner zurück zu zahlen.

Das Eigenthum gab dem Gläubiger die

vollständigste Sicherheit nicht bloß gegen Dispositionen

des Schuldners, sondern auch durch die Vindication gegen jeden Dritten, namentlich gegen andere Gläubiger im Concurs. Den Besitz konnte er durch Precarium oder Miethe dem Schuldner lassen, oder wenn er ihn auch überkommen hatte, die gezogenen

Früchte auf die Schuld aufrechnen. Diese Art des Pfandrechts,

obgleich in den Formen des ältesten Rechts vollzogen, war auch noch zur Zeit der klassischen Juristen unter römischen Bürgern

und für Sachen im quiritarischen Eigenthum, namentlich ita­ lische Grundstücke, in vollem Gebrauch, wie nicht bloß die Er­ wähnung bei Gaius, sondern auch die ausführliche Erörte­

rung darauf bezüglicher Rechtsfragen in Paul. rec. sent. I. 9.

§ 8. II. 13. III. 6. § 16. V. 1. § 1. 26. § 4. beweist.. Im Justinianischen Recht ist sie mit jenen Formen verschwunden.

Allein schon unter der Republik wurde durch das prä­ torische Edict eine dritte Form des Pfandrechts, das ius pig­

noris oder hypothecae als ius in re zunächst für einen einzel­

nen Fall eingeführt, welche dieselben Vortheile gewährte und

um ihrer großen Bequemlichkeit willen dann die allgemeinste Anwendung fand. Der Pächter eines landwirthschaftlichen Grundstücks konnte zum Behuf der gewöhnlichen Pachtcaution sein landwirthschaft-

4

Rechtsgeschichtliche Einleitung.

liches Inventar und die Früchte des Grundstücks, welche regel­

mäßig sein einziges Eigenthum bilden, dem Verpächter weder zum Faustpfand geben, weil er ihren Besitz nicht entbehren kann, noch mit vielen Umständen die förmliche Fiducia daran

bestellen.

Ein

Prätor

Salvius erfand das Auskunfts­

mittel, daß er, wenn der Pächter durch formlosen Vertrag

Eins oder das Andere dem Verpächter zum Pfand

gesetzt,

diesem im Nichtzahlungsfall im schleunigen Jnterdictsprozeß den Besitz und mit diesem das Recht zum Verkauf des

Pfandes

gewähren wolle.

Diesem

Salvianum

interdictum

(Gai. IV. § 147. Big. 43, 33. Cod. 8, 9 de Salviano interdicto) fügte, wahrscheinlich später, für denselben Zweck ein Prätor Servius eine in rem actio hinzu, die von ihm den

Namen Serviana actio erhielt und dann als utilis oder quasi

Serviana actio auf Schuldverhältnisse aller Art übertragen, auch mit dem Faustpfande verbunden lvurde § 7. I. de act. (4, 6). L. 1. C. de precario (8, 9). L. 1. § 2. D. de pign.

(20, 1) u. s. tu. Die griechische Benennung vno^r^ri für dieses Pfandrecht, für den Ueberschuß des Erlöses

beim Verkauf der Pfänder und dwlypijoig für den ausnahms­ weise dem Gläubiger eingeräumten -Fruchtgenuß macht es wahrscheinlich,

daß der in den griechisch redenden Provinzen

des römischen Reichs erweisliche Rechtsgebrauch zur Einführung und dann zur Ausbreitung desselben beigetragen hat. Die klassische Jurisprudenz der Kaiserzeit (Labeo in L. 35. D. de pign. 20, 1) kam durch Entwicklung und weitere Aus­ dehnung dieses Instituts auf Grund der prätorischen Vorschrift

(ad formulam hypothecariam) mehr dem praktischen Bedürf­ niß des Geldverkehrs entgegen, als daß sie dieselbe nach all­ gemeinen juristischen Gesichtspunkten erfunden hätte.

Da der Prätor dem Pfandgläubiger eine in rem actio

gab, die doch keine Eigcnthumsklage ist (L. 16. § 5. D. de

pign. 20, 1), so mußte ihm als Grundlage derselben ein be­ schränktes dingliches Recht (ins in re L. 19. pr. D. de damno

ins. 39, 2. L. 30. D. de nox. act. 9,4) zugeschrieben werden,

Rechtsgeschichtliche Einleitung.

6

Welches als vom Eigenthum abgeleitet, voraussetzt, daß zur Zeit seiner Entstehung die Sache im Eigenthum des Schuld­

ners und Verpfänders (res in bonis debitoris L. 15. § 1.

D. de pign. 20, 1) gewesen sei,

aber als dingliches auch

gegen Dritte, auf die das Eigenthum oder der Besitz der

Sache übergeht, geltend gemacht werden kann (L. 1. § 2. D. de pign. 20,1). Von andern Rechten dieser Art unterscheidet es sich zunächst dadurch, daß es nicht seinen Zweck in sich selbst trägt, sondern an ein Schuldverhältniß sich anschließt, dessen Gültigkeit also

voraussetzt (L. 5. pr. D. depign. 20,1) und weil es dessen Er­

füllung sichern soll, als Recht auf den Besitz (ius possidendi) zum Behuf des Verkaufs der Sache durch die Serviana Actio erst dann ausgeübt werden kann, wenn die Schuld fällig und nicht

bezahlt ist (L. 13. § 4. D. de pign. 20, 1). Auch seinem Inhalt nach unterscheidet sich das Pfandrecht

von andren iura in re, insbesondere den Servituten, dadurch, daß es nicht zu irgend welchem Gebrauch der Sachen, sondern zum Verkauf derselben im Namen des Eigenthümers berechtigt

(ius distrabendi. Gai. II § 64. L. 29. D. fam. erc. 10, 2. — ac si debitor per procuratorem egisset), also nicht die Sache in ihrer concreten, diesen oder jenen Gebrauch bedin­

genden Gestalt,

sondern in ihrem abstracten Geldwerth zum

Gegenstand hat. Hiermit hängt es zusammen, daß die Verpfändung der­ selben Sache an Mehrere nicht bloß zu ideellen Theilen, wie das Eigenthum, sondern auch in solidum zugelassen werden

konnte, so jedoch, daß durch die spätere Verpfändung das frü­ here einem andern Gläubiger gegebene Pfandrecht nicht ge­

schmälert werden durfte (prior tempore potior iure), ein Grund­

satz der Gerechtigkeit, von welchem die klassische Jurisprudenz nur zwei Ausnahmen zuläßt, nehmlich den billigen Vorzug des

spätern Pfandgläubigers, mit dessen Gelde das frühere Pfand­ recht erst möglich, oder erhalten, oder verbessert worden, und

die durch das Staatsinteresse motivirte Begünstigung gewisser

6

Rechtsgeschichtliche Einleitung.

fiskalischer Forderungen.

Dig. 20, 4. de his, qui potiores in

pignore vel hypotheca habeantur. Ferner wurde es vermöge jener Auffassung des Gegen­ standes möglich, nach Analogie dieses dinglichen Pfandrechts, das seinem Begriff nach nur an körperlichen Sachen gedacht

werden konnte, der Verpfändung anderer Vermögensrechte, inso­ fern sie Geldeswerth haben und verkauft werden können, die

von Credit

bedürftigen Schuldnern versucht wurde,

gleiche

Wirkung zuzuschreiben.

Endlich konnte man noch einen Schritt weiter gehen und die Verpfändung eines ganzen Vermögens, d. h. aller jetzt und in Zukunft zu demselben gehörigen körperlichen Sachen und

Rechte,

letztere unter

der Bedingung ihres Erwerbes, zu­

lassen, welche insbesondere dadurch veranlaßt wurde, daß der

Schuldner dem Gläubiger, wenn die speciell verpfändete Sache zu seiner Befriedigung nicht zureichte, das Recht gab, sich auch

an sein übriges Vermögen zu halten (L. 15. § 1. D. de pign. 20, 1). Hierdurch war freilich dem Pfandrecht eine für die Sicherheit des Verkehrs bedenkliche Ausdehnung gegeben, indem jede Sache, die nur einmal im Eigenthum des Schuldners ge­ wesen, vom Gläubiger gegen den dritten und vierten Besitzer

verfolgt werden konnte. In derselben Hinsicht bedenklich war auch die Formlosig­

keit der Uebereinkunft (conventio L. 4. D. de pign. 20, 1), durch welche dies dingliche Pfandrecht begründet wird. Die beiden Pfandrechte der ältesten Zeit, das Faustpfand

und die Fiducia, waren nicht nur auf eine specielle körperliche Sache beschränkt, sondern auch für Dritte erkennbar, jenes durch

den Besitz des Gläubigers, diese durch die in Jure Cessio vor Gericht oder durch die Mancipatio vor fünf Zeugen als Ver­

tretern des Volks. Die Begründung des dinglichen Pfandrechts durch formlosen Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger bleibt Dritten unbekannt,

werden soll,

für die cs doch wirksam

gibt also zu Täuschungen oder doch Benachthei-

ligung unwissender Dritter häufige Veranlassung.

Ja noch

7

Rechtsgeschichtliche Einleitung.

mehr! In gewissen Fällen war die Bestellung von Pfandrecht

so gewöhnlich, daß sie auch ohne mündliche oder schriftliche Erklärung der Partheien als stillschweigende Uebereinkunft von

der Jurisprudenz angenommen oder gesetzlich vorgeschrieben werden konnte (Big. 20, 2 in quibus causis pignus vel hypofheca tadte contrdhitur), womit also eine noch unsichtbarere

Klasse, gesetzlicher Pfandrechte, wenn auch zunächst in beschränk­

tem Umfang, eingeführt war. Endlich lag auch darin eine Abweichung von den Prin­ cipien des ältern Rechts, welches das Eigenthum, namentlich

das Grundeigenthum, möglichst rein zu erhalten bedacht war, daß dieses vielmehr jetzt durch Hypotheken sozusagen „ausgemünzt",

d. h. im Geldverkehr verflüchtigt werden konnte.

Aber alles

dieß freilich nur als Frucht einer volkswirthschaftlichen Entwick­

lung, nehmlich des Wachsthums eben jenes Geldverkehrs im römischen Weltreich und des Uebergewichts, welches Handel,

Schiffahrt und städtische Gewerbe über die Landwirthschaft gewonnen hatten. Die klassische Jurisprudenz, so wie die gleich­ zeitige, doch nur sparsame Gesetzgebung diente, wie gesagt, nur

den daraus hevorgehenden praktischen Bedürfnissen. Die spätere

Kaisergesetzgebung aber war weit entfernt,

im Interesse des

freien Grundeigenthums oder der Sicherheit des Verkehrs die­ sem Entwicklungsgang Schranken zu setzen. Sie hat vielmehr

durch möglichste Vermehrung der gesetzlichen, generellen und der privilegirten Pfandrechte das verwickelte System geschaffen,

dem nach Reception des römischen Rechts in Deutschland mit Recht widersprochen und dessen Uebeln durch Einführung der Specialität und Publicität der Hypotheken abgeholfen, die Mo-

bilisirung des Grundeigenthums freilich noch mehr befördert

worden ist. Das zwanzigste Buch der Pandekten, dessen Erläuterung

durch diese geschichtliche Einleitung vorbereitet werden soll, ent­ hält nur Bruchstücke der klassischen Jurisprudenz, in welchen die Meisterschaft technischer Rechtsentwicklung um so mehr her­ vortritt, als das Pfandrecht dieser Zeit weder durch historische

8

Rechtsgeschichtliche Einleitung.

Formen, noch durch die Natur

der verschiedenen Objekte be­

schränkt ist, sondern den allgemeinsten juristischen Gegenstand,

einen abstrakten Geldwerth in freiester Verfügung durch Pri-

vatwillkühr repräsentirt.

Die hierdurch bedingte Feinheit dieser Rechtslehre, welche die Anschaulichkeit Anderer entbehrt,

war

ohne Zweifel mit

Veranlassung, in Justinian's Studienplan, seinen Liber Singularis ad formulam hypothecariam zur Grundlage des

Unterrichts erst im dritten Studienjahr zu machen, und da früher Papinian's Schriften diese Grundlage gebildet, des­ halb die Studirenden auf dieser Stufe den Namen der Papinia-

nisten geführt und einen Festtag zu Ehren dieses berühmtesten Juristen gefeiert, so wurden, um die neue Codification dieser

Sitte anzupassen, jedem Titel dieses Buchs, abweichend von der sonstigen Ordnung der einzelnen Stellen, ein oder mehrere Bruchstücke aus Pqpinian's Schriften voran gestellt. (Const. Omnem rei publ. § 4.) Auch für den heutigen Leser geben diese Bruchstücke dem zwanzigsten Buch der Pandekten ein besonderes Interesse, denn

es erscheint darin dieses Größten der klassischen Juristen eigen­ thümliche Denk- und Schreibweise, nehmlich die feine Auf­ fassung des Reichthums juristischer Beziehungen eines Rechts­

falls in gedrängtem und präcisestem Ausdmck.

Sie dienen

zum Beweise, daß nicht bloß Mängel, sondern auch die Vir­ tuosität juristischer Formgebung der Interpretation schwierigere,

in diesem Fall um so interessantere Aufgaben stellt.

Vergleicht

man damit die leichtfaßliche, aber nicht immer exacte Darstel­

lung derselben Lehren

von Gaius, die Eleganz, Fülle und

Präcision Ulpian's und die Stellen des Marcian, Pau­ lus und Modestin, welche in diesen Beziehungen die Mitte

halten, so überzeugt man sich, daß die klassischen Juristen, die bei oberflächlicher Lectüre als völlig „fungible" Personen erschei­

nen, zwar nach derselben Methode an dem Ausbau des natio­ nalen Rechts arbeiteten und deshalb im Resultat nur selten

von einander abwichen, dennoch

Schriftsteller von sehr ver-

Rechtsgeschichtlrche Einleitung. schiedener Begabung

9

waren, daß ihrer Literatur also auch

das Interesse der Individualität und Mannichfaltigkeit nicht abgeht. Das zwanzigste Buch der Pandekten handelt nur von dem dinglichen Pfandrecht.

Da dieses aber auch mit dem Faust­

pfand verbunden ist und bei der Hypothek, wenn der Pfand­ gläubiger den Besitz der Sache erlangt hat, zwischen ihm und

dem Schuldner dieselben Obligationen entstehen, wie aus dem

Contractns pigneraticius, so

enthält auch

der Titel

Dig.

13, 7 de pigneraticia actione manche darauf bezügliche Stel­

len.

Auch die Rescripte der Kaiser vor Constantin in den

entsprechenden Titeln des

Justinianischen Codex, 4, 24, und

enthalten noch

klassisches Recht und sind gleich­

8, 14. flg.

falls zur Erläuterung heran zu ziehen. Den abgedruckten Pan­ dektenstellen liegt der Text der Ausgabe von Th. Mommsen

Berol. 1870. 4. zum Grunde.

Liber vicesimus. Tit. I.

de pignoribus et hypothecis et qualiter

ea contrahantur et de pactis eorum.

Vsm Pfandrecht (pignus, hypotheca) überhaupt,

seiner Begründung durch Vertrag (conventio)

und den zufälligen Nebenbestimmungen desselben.

L. I. Papinianus, libr. XI. Responsorum. Prine. Conventio generalis in pignore dando bonorum vel postea quaesitorum recepta est: in speciem autem alienae rei collata conventione, si non fuit ei, qui pignus dabat, debita, postea debitori dominio quaesito difficilius creditori, qui non ignoravit alienum, utilis actio dabitur, sed facilior erit possidenti retentio. Das Pfandrecht als beschränktes dingliches, vom Eigen­ thum abgeleitetes Recht an einer körperlichen Sache (ins in re) setzt voraus, daß die Sache zur Zeit der Verpfändung im Ei­ genthum des Schuldners war. (L. 15 § 1. h. t. cum conveniebat, rem in bonis debitoris fuisse). Inwiefern die zunächst ungültige Verpfändung einer fremden Sache durch den späteren Erwerb des Eigenthums convalescirt? diese Frage beantwortet Papinian in seinem Responsum, nicht in Be­ zug auf einen einzelnen Fall, sondern allgemein für verschiedene denkbare Fälle in bewunderungswürdiger Kürze und Klarheit.

Big. 20, 1. L. 1. pr.

11

Conventio generalis bonorum — recepta est] Zn Papiniau's Zeit hatte das Pfandrecht, das ursprünglich seinem

Begriff nach nur an körperlichen Sachen im Eigenthum mög­

lich war, bereits eine erweiterte Anwendung auf unkörperliche Sachen, die Rechte, und auf das ganze Vermögen des Schuld­ ners, jedoch nicht als Ganzes (universitas), sondern auf alle

dazu gehörigen körperlichen Sachen und Rechte, erfahren. Vgl. L. 15. § 1. h. t. — perinde atque si

specialiter hae res

fuissent obligatae. bonorum vel postea quaesitorum] Auch

Vermögen d. h. Alles was der

das künftige

Schuldner später erwerben

werde, ausdrücklich zu verpfänden, war gebräuchlich und gül­ tig, unter der in diesem Fall selbstverständlichen Bedingung,

daß er es erwerben werde.

L. 15. § 1. eit. — quae cotidie

inseri solet cautionibus —, quae nunc habet et quae postea adquisierit. Nach L. 9. fin. C. quae res pignori (8, 17) Ju­

stinian. soll Letzteres, auch wenn nicht ausgesprochen, ver­ muthet werden. in speciem autem alienae rei collata conventione] Anders, wenn die Verpfändung sich auf eine specielle fremde Sache bezog, diese ist ungültig. si non fuit ei, qui pignus dabat, debita] Ausgenom­ men, wenn sie dem Verpfänder geschuldet wurde, er also ihren

Erwerb erwartete, weil auch hier angenommen werden mußte,

daß er sie unter dieser Bedingung verpfändet habe; mit dem Eintritt der Bedingung, d. i. mit dem Erwerb der Sache ent­

steht das Pfandrecht an ihr.

Vgl. L. 16. § 7. h. t. L. 7. § 1.

p. qui pot. (20, 4). Wie aber, wenn, wie Papinian voraussetzt,

die Sache

dem Verpfänder nicht geschuldet wurde? und er später das Eigenthum erwirbt? postea debitori dominio quaesito] Convalescirt dadurch die Verpfändung?

Schon die vorher angedeutete ausnahms­

weise Gültigkeit der Verpfändung läßt eine Verneinung die­

ser Frage

erwarten und die nur

bedingte Gültigkeit, die

Big. 20, 1. L. 1. pr.

12

Papinian im Folgenden ihr zuschreibt, bestätigt dieß.

Er

sagt:

difficilius creditori, qui non ignoravit alienum, utilis actio dabitur, sed facilior erit possidenti retentio] Er macht also eine gewisse Wirkung der an sich ungültigen Verpfändung

davon abhängig, ob der Gläubiger wußte oder nicht wußte, daß ihm eine fremde Sache verpfändet werde, also ob er in

bona oder in mala fide in Bezug auf das Eigenthum war. Auf das dingliche Recht bezogen, könnte man annehmen,

daß wie dem Käufer in gutem Glauben die Publiciana Actio gegeben wird, so auch dem Gläubiger um seiner bona fides

willen eine der Publiciana ähnliche Pfandklage.

Allein dies

wird, wenigstens implicite, geleugnet L. 13. § 1. D. de Publ. in rem act. (6, 2); nur wenn der Verpfänder bonae fidel

possessor, prätorischer Eigenthümer war, also in diesem Sinne

die Sache in bonis hatte, soll der Pfandgläubiger die Pfand­ klage, Serviana actio, in demselben Umfang haben, wie Jener

die Publiciana, d. h. gegen jeden Dritten, nur nicht gegen den wahren Eigenthümer, der sich durch die exceptio dominii im

Besitz behauptet L. 18. K. t. Ist also die bona oder mala fides des Pfandgläubigers ohne Bedeutung für das dingliche Recht gegen Dritte, so kann

sie doch in seinem Verhältniß zum Schuldner und Verpfänder,

der jetzt als Eigenthümer (debitori dominio qaaesito) das Pfandrecht des Gläubigers bestreiten könnte, obligatorisch wirk­

sam sein nach dem Princip der exceptio doli, nehmlich nach dem Grundsatz,

daß, wer die eigne Handlung ableugnet oder

nicht gelten läßt, bewußtes Unrecht oder Dolus begeht, der

nicht zugelassen werden kann.

Der Pfandgläubiger wird also,

wenn er gegen den Schuldner und Besitzer des Pfandes klagt und dieser die Verpfändung ableugnet oder durch die exceptio dominii bestreitet, durch eine replicatio doli gegen ihn durch­

dringen, gerade so wie der bona fide emptor gegen den Ver­ käufer einer fremden Sache, deren Eigenthum dieser nachher erworben

hat.

L. 4. § 32. D. de doli mali exe. (44, 4),

13

Dig. 20, 1. L. 1. pr.

ja auf Grund derselben vom Prätor eine utilis actio, in deren Formula eine gültige Verpfändung fingirt oder die in factum concipirt wird, zu demselben Zweck erhalten. Vgl. L. 21. § 1.

L. 22. h. t. L. 41. D. depign. act. (13, 7) — si convenisset

de pignore, ut ex suo mendacio arguatur, improbe resistit, quominus utilis actio moveatur. L. 5. C. si aliena res pign.

(8, 16). Aber freilich nur in der Voraussetzung, daß er selbst nicht in dolo, sondern in bona fide in Bezug auf die Ver­ pfändung der fremden Sache sei; denn in pari dolo geht der Beklagte vor und behauptet sich im Besitz.

L.

154. D. de

regulis iuris (50, 17). L. 4. § 13. D. deddlimali exe. (44, 4). Hierauf beruht Papinian's Unterscheidung, in der wir zunächst mit der Glosse des Accursius facilior und difficilius für unbedingte Bejahung und Verneinung nehmen wollen.

Hiernach heißt:

facilior erit possidenti retentio] der Pfandgläubiger, obgleich er wußte, daß ihm eine fremde Sache verpfändet wor­ den, kann, wenn er die Sache besitzt, sich gegen den Schuldner, der jetzt Eigenthümer geworden ist und die Sache von ihm vindi-

cirt, im Besitz erhalten,

nehmlich durch die exceptio doli,

gegen welche der Schuldner mit der replicatio doli nicht zuge-

lasscn wird. L. 7 § 2. I), de S. C. Maced. (14, 6). Wenn dagegen der Schuldner besitzt und der Pfandgläu­ biger gegen ihn auf Herausgabe der Sache klagt, so wird er,

weil er wußte, daß ihm eine fremde Sache ungültig verpfändet

worden, also in dolo ist, mit der exceptio doli zurückgewiesen werden, gegen welche er nicht de dolo repliciren kann.

Doch ist bei Papinian's prägnanter Ausdrucksweise fa­

cilior und difficilius buchstäblich zu nehmen und in folgender Weise zu erklären.

Die beiden Partheien sind in Bezug auf

Dolus doch nicht in ganz gleicher Lage.

Der Schuldner, der

die Verpfändung nicht ableugnen kann, muß sie auch als seine eigene Handlung unbedingt anerkennen, wird also vom Pfand­ gläubiger, wenn er besitzt, unter allen Umständen mit der exceptio doli zurückgewiesen. Der Pfandgläubiger aber, wel-

Dig. 20, 1. L. 1. § 1.

14 cher wußte,

daß ihm eine fremde Sache verpfändet werde,

ist deshalb nicht nothwendig in dolo; er konnte glauben, der Schuldner sei bonae fidei posaessor oder erwarte den Erwerb der Sache, verpfände sie also unter dieser Bedingung, vielleicht hatte dieser selbst, um Credit zu erlangen, ihm das Eine oder

andere vorgcspiegelt; der Pfandgläubiger wird also zwar nicht

immer, nicht so leicht (difficilius), aber Hoch unter diesen Vor­ aussetzungen,

wenn er sie dem Prätor glaublich macht, die

actio utilis von ihm erlangen.

§ 1. Servo pignori dato peculium eius creditor citra conventionem specialiter super eo conceptam frustra distrahit, nec interest, quando servus domino peculium adquisierat. Der Sklave, als Sache im Eigenthum seines Herrn, kann

von diesem verpfändet werden.

Es fragt sich aber,

ob mit

dem Sklaven auch sein Peculium, d. i. das von ihm für den Herrn erworbene,

aber von diesem ihm zum Besitz, zur Ad­

ministration und Disposition überlassene Vermögen, gleichsam als juristische Accession oder Pertinenz des Sklaven, mit ver­ pfändet sei?

Der Herr konnte es verpfänden,

weil cs dem

Rechte nach sein Vermögen ist und die Concession jeder Zeit

von ihm zurückgcnommen werden kann.

Papinian entscheidet,

daß die Mitverpfändung des Peculiums nicht anzunehmen sei, wenn sie nicht ausdrücklich erfolgt ist. Ebenso bei dem Ver­ kauf des Sklaven L. 29. D. de contr. emptione (18, 1). frustra distrahit] Der Gläubiger wird also an dem Pe­ culium, das ihm nicht verpfändet ist, sein Verkaufsrecht er­ folglos, weil nullo iure ausüben. nec interest, quando] Es gilt dieß nicht bloß von dem

nach der Verpfändung durch den Sklaven dem Herrn erwor­ benen Peculium,

welches, weil damals nicht in bonis debi-

toris, von diesem gar nicht verpfändet werden konnte, sondern

auch von dem früher erworbenen, weil es keine mit dem Eigen­

thum an dem Sklaven nothwendig verbundene Accession ist. Gilt doch dasselbe auch für die Früchte der Sache. S. § 2.

Dig. 20, 1. L. 1. § 2.

§ 2.

16

Cum praedium pignori daretur, nominatim, ut

fructus quoque pignori essent, convenit. eos consumptos bona

fide emptor utili Serviana restituere non cogetur: pignoris etenim causam nec usucapione peremi placuit,

quoniam

quaestio pignoris ab intentione dominii Separator: quod in

fructibus dissimile est, qui numquam debitoris fuerunt. Das Pfandrecht an den Früchten der verpfändeten Sache

erörtert Papinian in Bezug auf einen bestimmten Rechtsfall,

dessen angegebene Umstände weder durch willkührliche Voraus­ setzungen zu ergänzen sind, noch überall vermöge des argumen­ tum .e contrario zu allgemeinen Folgerungen berechtigen.

Die

Nichtbeachtung dieser exegetischen Grundsätze und Pap inian's auch hier bewährte Feinheit und Kürze des Ausdrucks hat viele falsche Auslegungen veranlaßt.

Das römische Recht bestimmt das Eigenthum der Frucht darnach, daß sie bei ihrer Entstehung eine Erweiterung der fruchttragenden Sache (accessio) ist und als Theil derselben

auch nach der Trennung kein anderes Recht haben kann, der

Eigenthümer der fruchttragenden Sache wird Eigenthümer der

Frucht als einer Sache für sich durch Separation. Dieß gilt auch für den prätorischen Eigenthümer (bonae fidei possessor),

der auch schon durch Separation, nicht erst durch Perception,

natürlich nur prätorisches Eigenthum,

das im Conflict dem

wirklichen Eigenthum weicht, an den Früchten erwirbt (fructus separatione eins fiunt). Auch das Pfandrecht ergreift die

Erweiterungen der

Sache z. B. Alluvien (L. 16 pr. h. t. L. 18 § 1 D. de pign.

act. 13, 7) Superficies (L. 29 § 2. L. 35 I). h. t. L. 21 D. depign. act. 13, 7), also auch die Früchte, so lange sie mit

der'fruchttragenden Sache Zusammenhängen (fructus pendentes) als rei pars L. 44 D. derei vind. (6,1). Die separirte Frucht aber wird in Bezug auf das Pfandrecht als eine neue Sache betrachtet, die nur dann demselben haftet, wenn sie als solche

verpfändet ist, wie sie auch nur dann eine res furtiva ist, wenn

das Furtum an ihr begangen wurde L. 10 §2. D. de usurp.

16

Dig. 20, 1. L. 1. § 2.

(41, 3) L. 26. D. de verb. sign. (50, 16). Die Pfandklage

(formula hypothecaria) ist als prätorische nicht in ins, son­

dern in factum concipirt (si paret eam rem — pignori obli-

gatam esse), daher dieThatsacheder Verpfändung die Frucht

selbst betroffen haben muß, damit sie hafte.

Paul. II 5 § 2

fetus — eins rei, quae pignori data est, pignoris iure non retinetur, nisi hoc inter contrahentes convenerit. Doch wird bei der Verpfändung einer fruchttragenden Sache die stillschwei­ gende Mitverpfändung der Früchte, weil gewöhnlich, präsumirt.

L. 3. C. in quibus causis pignus tacite (8, 15) L. 1. 0. de partu pign. (8, 25). Gültig natürlich nur, wenn die frucht­ tragende Sache zur Zeit der Verpfändung

Eigenthum

des

Schuldners war L. 11 § 3 D. qui pot. (20, 4); weil nur dann zu erwarten ist, daß die Frucht durch Separation sein

Eigenthum werden wird, und wenn diese Bedingung wirklich eintritt L. 29 § 1 k t. Cum praedium pignori daretur, nominatim, ut fructus quoque pignori essent, convenit] Der Rech tsfall: Bei der Verpfändung eines ländlichen, also fruchttragenden Grundstücks wurde zwischen dem Schuldner und Eigenthümer desselben und

dem Pfandgläubiger zur Verhütung jedes Zweifels ausdrück­

lich verabredet, daß auch die zuwachsenden Früchte, wenn sie

Eigenthum des Schuldners geworden, mit verpfändet sein soll­ ten. Daß die ausdrückliche Mitverpfändung der Früchte nach Papinian's Ansicht nothwendig gewesen, ist daraus nicht

zu folgern. Vgl. L. 1. C. de partu pign. dato (8, 25). Alex.

— olim placuit. Paul. L. 29 § 1 k t. 608 consumptos bona fide emptor utili Serviana re-

stituere non cogetur] Fortsetzung des Rechtsfalls. Der

Pfandgläubiger, um seine Befriedigung, die er vom Schuldner nicht erhalten, durch den Verkauf des verpfändeten Grundstücks

zu sichern, findet dieses im Besitz eines Dritten und klagt mit

der actio Serviana utilis oder hypothecaria (§ 7. J. de act. (4,6) gegen diesen auf Herausgabe der Sache. Die Rechts­ frage ist nun, ob er auch die Herausgabe der Früchte ver-

17

Dig. 20, 1. L. 1. § 2.

langen kann, da er Voraussicht, daß der Werth des Grund­ stücks zu seiner Befriedigung nicht zureicht, und zwar nicht

noch vorhandene Früchte (fructus exstantes), sondern Ersatz für vom Besitzer verzehrte

oder veräußerte Früchte (fructus

consumptos) ? Papinian's Entscheidung leugnet dieß, und zwar mit

Hervorhebung des Umstands, daß der Besitzer ein bona fide emptor, Käufer in gutem Glauben sei, ein Umstand, den wir also als Grund seiner Entscheidung betrachten dürfen.

Wo­

rauf bezog sich nun der gute Glaube des Käufers?

Wird er auf das Eigenthum des Grundstücks bezogen,

so müssen wir annehmen, daß er nicht von dem Schuldner, der nach Papinian's Voraussetzung (wasseine Schlußworte:

qui numquam debitoris fuerunt ergeben) zur Zeit der Ver­ pfändung Eigenthümer war, sondern nachdem dieser den Besitz

durch irgend einen Zufall verloren hatte, von einem dritten

Besitzer, den er für den Eigenthümer hielt, gekauft habe.

Wir

müssen also diesen ganzen Hergang, den Papinian nicht er­ wähnt, in die Stelle hineintragen, und eben deshalb ist diese

Annahme verwerflich, wenn bona fide emptor einen andern

Sinn haben kann. Die natürlichere Annahme ist, daß der gegenwärtige Be­ sitzer vom Schuldner gekauft hat, und weil dieser Eigenthümer war, das Eigenthum des Grundstücks erworben hat, aber in

Bezug auf das Pfandrecht in bona fide war, d. h. nicht wußte, daß es verpfändet sei. Vgl. L. 9. § 3. D. qui pot. (20,4), si bona fide — praedium accepit, id est, si ignoravit — obli-

gatum esse. Papinian's Entscheidung geht also dahin, daß der dritte Besitzer, der bei Erwerb der Sache vom Schuldner in Bezug

auf deren Verpfändung

in bona fide war,

durch die actio

hypothecaria zwar zur Herausgabe der Sache, nicht aber zum Ersatz der von ihm consumirten Früchte gezwungen werden kann. Die Pfandklage folgt hierin der Analogie der Eigen­ thumsklage, bei welcher gleichfalls der bonae fidei possessor 2

Dig. 20, 1. L. 1. §. 2.

18

die consumirten Früchte nicht zu ersetzen braucht, also lucrirt

§ 35. J. de rer. div. (2, 1) fructus consumptos suos facit L. 40. D. de acq. rer. dom. (41, 1). pignoris etenim causam nec usucapione peremi placuit]

Diese Worte beziehen sich auf einen möglichen Einwand gegen

Papinian's Entscheidung, den er zu beseitigen nöthig findet.

Derselbe kann aber noch in doppelter Weise gedacht werden. 1) Die überraschende Erwähnung der Usucapion führt zu­

nächst doch wieder auf die so eben verworfene Voraussetzung,

daß der gegenwärtige Besitzer des Pfandes nicht vom Schuld­ ner, sondern von einem dritten Nichteigcnthümer gekauft, also

selbst nicht Eigenthümer, Der hypothetische

sondern nur Usucapions-Besitzer sei.

Einwand wäre dann so zu denken:

Dem

Eigenthümer gegenüber lucrirt die consumirten Früchte nur

der bonae fidei possessor, der rücksichtlich der Sache selbst durch Usucapion gegen die Eigenthumsklage geschützt ist. Gegen die Pfandklage ist der bonae fidei possessor durch Usucapion

nicht geschützt, also kann er auch die Früchte nicht lucriren. Abgesehen von

den

schon angeführten Gründen

gegen

jene Voraussetzung, ist diese Erklärung auch deshalb verwerf­ lich, weil dem Eigenthümer gegenüber nicht blos der Usu­ capions-Besitzer, sondern auch der Besitzer in fremdem Namen, der in gutem Glauben dem vindicirenden Eigenthümer die Sache vorenthält, die Früchte lucrirt z. B. der Faustpfandgläubiger,

nach L. 22. § 2. D. de pign. actione (13, 7). Gegen diese Erklärung sprechen endlich die Schlußworte der Stelle: qui numquam debitoris fuerunt, wenn man nicht die aller Rechts­

analogie widersprechende Meinung annimmt, daß der Usu­ capions-Besitzer an der Frucht durch Separation nicht dasselbe Recht erwirbt, das er an der fruchttragenden Sache hat, sondern

wahres Eigenthum. Die Annahme aber, daß nur von den nach Vollendung der Usucapion separirtcn Früchten die Rede sei,

trägt noch mehr nicht ausgesprochene Voraussetzungen in die

Stelle hinein.

Die Erwähnung der Usucapion ist also anders

und der hypothetische Einwand so zu denken:

Dig. 20, 1. L. 1. § 2. S.

19

2) Der Uebergang des Eigenthums vom Schuldner auf einen Dritten, zerstört das Pfandrecht nicht und zwar nicht bloß im Falle des Verkaufes, (L, 18. § 2. D. de pign. act. (13, 7) sondern auch des originären Erwerbes durch Usucapion nicht (nec — ne quidem usucapione): quoniam quaestio pignoris ab intentione dominii sepa­ rate] weil die Frage des Pfandrechts von der Behauptung und dem Schicksal des Eigenthümers unabhängig ist. quod in fructibus dissimile est, qui numquam debitoris fuerunt] Bei den hier in Frage kommenden Früchten ist es an­ ders, trifft dieß.nicht zu, denn, da sie nicht beim Schuldner, sondern beim dritten Eigenthümer entstanden, separirt und von ihm consumirt sind, waren sie niemals, im Eigenthum des Schuldners, die Bedingung ihrer Mitverpfändung: si extiterint et debitoris facti fuerint, ist nicht eingetreten; sie wa­ ren nicht Gegenstand des Pfandrechtes, der Einwand, daß die­ ses durch den Uebergang des Eigenthums auf einen Dritten nicht afficirt werde, findet also keine Anwendung. Papinian's präciser Ausdruck und die Hervorhebung der Konsumtion der Früchte (eos consumptos) läßt aller­ dings vermuthen, daß die fructus exstantes selbst vom bona fide emptor, obgleich nicht verpfändet, aus einem andern Grunde restituirt werden müssen, wovon bei L. 16. § 4 D. h. t. zu sprechen sein wird. § 3. Facto placuit, ut ad diem usuris non solutis fructus hypothecarum usuris compensarentur fini legitimae usurae. quamvis exordio minores in stipulatum venerint, non esse tarnen irritam conventionem placuit, cum ad diem minore faenore non soluto legitimae maiores usurae stipulanti recte promitti potuerunt. Der Fall eines pactum antichreticum, avTixg^aig, da dem Pfandgläubiger mit dem Besitz des Pfandes auch das Recht gegeben ist, anstatt Zinsen des geschuldeten Kapitals (in vicem usurarum) die Früchte des Pfandes sich anzueignen. Vgl. L. 11. § 1. h. t. L. 33. D. de pign. act. (13, 7).

Dig. 20, 1. L. 1. § 3.

20

Pacto placuit] Bei der Verpfändung und Uebergabe der Sache als Faustpfand (pignus) wurde- dem seiner Natur nach

unförmlichen Pfandvertrag (contractus pigneraticius) eine Ne­

benabrede (pactum contractui adiectum) über die von dem Gläubiger statt Zinsen zu ziehenden Früchte hinzugefügt. ut ad diem usuris non solutis] Jedoch nicht unbedingt,

sondern nur für den Fall, daß die von dem Kapital stipulirten

Linsen nicht an dem Verfalltag gezahlt würden. fructus hypothecarum usuris compensarentur] Als­ dann soll der Gläubiger die von der verpfändeten Sache ge­ zogenen Früchte mit den nicht gezahlten Zinsen compensircn,

d. h. auf die Zinsen verzichten und dafür die Früchte, nicht wie er sonst müßte, dem Schuldner herausgeben, sondern be­

halten.

Es handelt sich also nicht um das dingliche, sondern

um das obligatorische Verhältniß, die Rechnung und Gegen­

rechnung zwischen dem Schuldner und Faustpfandgläubiger, fini legitimae usurae]

Aber nicht nur bis zur Höhe der

stipulirten Zinsen, denn auf dieses Maaß ist der Fruchtgenuß des Gläubigers bei der dvuxQi]ig. 20, 1. L. 11. pr. § 1.

jedem Gläubiger nur einen ideellen Theil der Sache zu ver­ pfänden, so wird jeder gegen Dritte und gegen den Andern mit der actio hypothecaria nur den Besitz des ihm verpfändeten ideellen Theils erhalten und nur diesen verkaufen können. Vgl. L. 16. § 8. D. K. t. L. XI. Marcianus, libro singulari ad formulam hypothecariam. Prine. Si is, qui bona rei publicae iure administrat, mutuam pecuniam pro ea accipiat, potest rem eins obligare. Verpfändung durch einen Stellvertreter des Schuld­ ners ist möglich, gleich wie andere formlose Rechtsgeschäfte, qui bona rei publicae iure administrat] Der rechtmäßig durch ein Decret der Decurionen zum Verwalter städtischen Vermögens bestellt ist. mutuam pecuniam pro ea accipiat] Wenn er ein Dar­ lehn für die Stadtgemeinde, zu ihrem Vortheil (in rem eius) L. 3. C. si ediena res pignori data sit (8,16) genommen und verwendet hat (ad utilitatem eius versae. L. 27. D. de reb. cred. (12, 1) so wird die Stadtgemeinde Schuldnerin. potest rem eius obligare] Dann kann er auch eine der Stadt eigenthümlich gehörige, also ihm fremde Sache mit recht­ lichem Erfolg verpfänden, als ihr Stellvertreter, wie auch der Vormund die Sache seines Mündels L. 3. C. eit. § 1. Si avu%Qrtaig facta sit, et in fundum aut in aedes aliquis inducatur, eo usque retinet possessionem pignoris loco, donec illi pecunia solvatur, cum in usuras fructus percipiat, aut locando aut ipse percipiendo habitandoque: itaque si amiserit possessionum, solet in factum actione uti. Rechte der Antichre.se. Vgl. auch L. 1. § 2. K t. in fundum aut in aedes aliquis inducatur] Die Antichrese ist immer mit Faustpfand, Uebergabe des Besitzes, auch an unbeweglichm Sachen, einem ländlichen Grundstück oder einem Hause, verbunden. retinet possessionem pignoris loco, donec illi pecunia solvatur] Aus doppeltem Grunde, als Pfand für das Kapital,

Dig. 20, 1. L. 11. § 1. 2.

37

bis dieses gezahlt ist, und um die Früchte an Stelle der Zinsen zu ziehen. aut locando aut ipse percipiendo habitandoque] Er kann entweder selbst die Früchte des ländlichen Grundstücks ziehen, das Haus bewohnen L. 14. G. de usuris (4, 32) oder auch verpachten und vermiethcn, sein Gebrauchsrecht ist kein höchst persönliches L. 23. pr. h. t. si amiserit possessionem, solet in factum actione uti] Wenn der Pfandgläubiger den Besitz verliert, nehmlich an den Schuldner, wie kann er ihn im Interesse seines Gebrauchs­ rechts wieder erlangen ? Gegen einen dritten Besitzer würde er mit der actio hypothecaria klagen können L. 14. pr. h. t. Nicht gegen den Schuldner, denn da ist ihre Bedingung, daß die Schuld fällig und nicht bezahlt sei, um durch Verkauf der Sache seine Befriedigung zu erhalten. Wie in andern Fällen, wo eine benannte Klage fehlt, gibt der Prätor eine actio in fac­ tum concepta, worunter die prätorische dem einzelnen Falle angepaßte Klage L. 11. D. de praescr. verbis (19, 5) oder auch die civilis in factum actio oder praescriptis verbis ge­ meint sein kann L. 1—4. D. eod. denn die Antichrese geht über die gewöhnlichen Bedingungen des contractus pigneraticius hinaus, kann also als Jmmonialcontract behandelt werden. § 2. Usus fructus an possit pignori hypothecaeve dari, quaesitum est, sive dominus proprietatis convenerit, sive ille, qui solum usum fructum habet, et scribit Papinianus libro undecimo Responsorum, tuendum creditorem et si velit cum creditore proprietarius agere, non esse ei ius uti frui invito se, tali exceptione eum Praetor tuebitur „si non inter creditorem et eum, ad quem usus fructus pertinet, con­ venerit, ut usus fructus pignori sit“: nam et cum emptorem usus fructus tuetur Praetor, cur non et creditorem tuebitur? eadem ratione et debitori obicietur exceptio Ist das Pfandrecht, das seiner Natur nach sich auf körper­ liche Sachen im Eigenthum des Schuldners bezieht, analog auf andereVermögensreck)te (res incorporales), insbesondere Usus-

Dig. 20, 1. L. 11. § 2.

38

fructus

anwendbar?

Vgl.

L. 1. C. si pignus pign. dat.

(8,24).

quaesitum est]

Wurde zu Marcian's Zeit unter den

Juristen gefragt und zwar unter zwiefacher Voraussetzung, sive dominus proprietatis convenerit] Wenn der Eigen­ thümer nicht die Sache selbst, sondern nur den Ususfructus

an ihr verpfändet hat.

Civilrechtlich kann

der Ususfructus

nur durch in iure cessio constituirt werden, Gai. II. § 30. Ulp. 19. § 11. und zur Sicherung einer Schuld konnte dieß ohne Zweifel auch als Fiducia

geschehen.

Gai. II. § 60.

Da aber Marcian eine formlose conventio zwischen dem

Eigenthümer und Pfandgläubiger voraussetzt, so hat er wohl,

wie in dem zweiten Falle, nur prätorische Gültigkeit des Usus­

fructus (tuitione Praetoris) angenommen, was freilich außer dem Vertrag auch Tradition voraussetzt, eine Voraussetzung die auch dem zweiten Fall zum Grunde liegt.

L. 1. pr. D.

guibus modis usus fr. (7, 4.). sive ille, qui solum usum fructnm habet] Der Usufruc-

tuar verpfändet seinen Ususfructus. et scribit Papinianus libro undecimo Responsorum] Da Papinian seine Responsa nicht auf akademische, sondern auf praktische Fragen bezog,

so erhellt auch hieraus,

daß die

Verpfändung von Vermögensrechten, insbesondere des Ususfruc­ tus im Leben vorkam' und daß die Juristen nur auf Mittel sannen, dem praktischen Bedürfniß zu dienen.

tuendum creditorem] Der Ususfructus selbst als ein höchst persönliches Recht kann nicht übertragen werden, sondern nur

seine Ausübung, die iuris quasi possessio, und wer sie mit dem Willen des Usufructuars hat, den schützt der Prätvr durch ein

von ihm erfundenes Rechtsmittel. Welches dieß sei, sagt die Folge,

et si velit cum creditore proprietarius agere, non esse

ei ius uti frui invito se] Der Eigenthümer hat gegen den Pfandgläubiger, der sich tut Besitz und in Ausübung des Usus­ fructus befindet, die actio negatoria L.b.pr.D. si ususfruc­ tus pet. (7, 6) und würde damit durchdringen; denn der Be-

Dig. 20, 1. L.,11. § 2. 3.

39

klagte kann nicht beweisen, daß ihm der Ususfructus selbst zu­

stehe.

Allein:

tali exceptione eum Praetor tuebitur: „si non inter creditorem et eum, ad quem usus fructus pertinet, convenerit, ut usus fructus pignori sit“]

Durch eine exceptio in factum

concepta, durch welche der Beklagte sich auf den Ususfructus seines Schuldners und die Verpfändung desselben beruft, schützt ihn der Prätor im Besitz gegen den Eigenthümer. nam et cum emptorem usus fructus tuetur Praetor, cur non

et creditorem tuebitur?]

Obgleich der Ususfructus selbst als

höchst persönliches Recht unübertragbar ist, schützt der Prätor den Käufer vom Usufructuar in der ihm übertragenen Ausübung

desselben L. 12. § 2. L. 67. I). de usu fr. (7, 1) Ebenso hier den Pfandgläubiger.

besteht.

Natürlich nur so lange der Ususfructus

L. 8. pr. D. quibus modis pignus solvitur (20, 6)

eadem ratione et debitori obicietur exceptio]

Durch

dieselbe Exceptio schützt er ihn auch gegen die actio confessoria

des Schuldners im Besitz, bis die Schuld bezahlt ist. Wie aber wenn die Schuld fällig ist und nicht bezahlt wird? Dann muß der Pfandgläubiger seine Befriedigung durch Verkauf der Früchte, welche ihm

mittelbar verpfändet

sind (vergl. L. 15. pr. h. t.) oder auch durch Verkauf des ihm verpfändeten Ususfructus suchen können und der Prätor wird auch in diesem Fall den Käufer in der Ausübung des Usus­ fructus schützen, so lange dieser besteht, d. h. regelmäßig bis zum Tode des Usufructuars d. i. hier des Schuldners.

Und da der Käufer des Ususfructus vom Prätor auch durch eine actio confessoria utilis geschützt wird, _L. 5. pr. D. quib. modis usus fr. (7, 4), so muß wohl dasselbe auch für den Pfandgläubigcr bis zu seiner Befriedigung gelten, obgleich Marcian nur die Exception erwähnt.

§ 3. Iura praediorum urbanorum pignori dari non pos-

sunt: igitur nee convenire possunt *) ut hypothecae sint.

*) Hal. conveniri potest

Big. 20, 1. L. 12.

40

Können Prädialservituten verpfändet werden?

Für

iura praediorum urbanorum d. h. solche, die nur zu Gunsten von Gebäuden (aedificia) möglich sind (Z. 1. pr. I). comm.

praed. 8, 4), leugnet es Marcian; weil ein Faustpfand nicht möglich sei, so könne auch eine Hypothek daran nicht consti-

tuirt werden.

Sie setzen eine bleibende Einrichtung des Ge­

bäudes, des herrschenden Grundstücks voraus, welche kaum vor­

übergehenden Besitz (Z. 3. D. de precario 43, 26) also in so fern pignus, keines Falls aber Uebertragung auf ein an­

deres Gebäude, also Verkauf der pfandweise constituirten Ser­ vitut und Hypothek zuläßt.

Z. XII. Paulus, libro sexagesimo octavo ad Edictum. Sed an viae, itineris, actus, aquae ductus pignoris conventio locum habeat, videndum esse Pomponius ait, ut talis pactio fiat, ut quamdiu pecunia soluta non sit, eis servitutibus creditor utatur (scilicet si vicinum fundum ha­ beat) et, si intra diem certum pecunia soluta non sit, vendere eas vicino liceat: quae sententia propter utilitatem contrahentium admittenda est. Auch der Verpfändung der einem ländlichen Grundstück

zustehenden Servituten, (iura praediorum rusticorum) der Wegegerechtigkeiten und der Wasserleitung, scheint entgegen zu

stehen, daß sie durch ihren wesentlichen Zweck (vicino praedio utilia) rechtlich mit dem Eigenthum desselben verknüpft sind, also auf einen Andern nicht übertragen, nicht verkauft werden können. Indeß war, wie schon Pomponius, also in Hadrians

Zeit schrieb, und Paulus utilitatis causa d. h. um auch in

dieser Weise den Credit und Geldverkehr zu fördern, ihre Ver­ pfändung zugelassen.

Ueber das Wie? drückt sich die Stelle

kurz und dunkel aus, daher verschiedene Auslegungen versucht

worden sind.

Das Richtige möchte Folgendes sein:

pignoris conventio] Der Schuldner und Eigenthümer eines ländlichen Grundstücks schließt mit seinem Gläubiger, der ein benachbartes ländliches Grundstück besitzt, einen Pfand­

vertrag, durch

welchen er ihm bis zur Zahlung der Schuld

Dig. 20, 1. L. 13. pr. § 1.

41

[quamdiu pecunia soluta non sit] den Besitz z. B. einer Wege­ gerechtigkeit als Pfand und das Recht sic dem Eigenthümer eines andern benachbarten ländlichen Grundstücks zu verkaufen [pcssidere et vendere eas vicino liceat] cinräumt. In dieser allerdings beschränkten und künstlichen Weise ist die Verpfän­ dung möglich gemacht und das Wesen der Prädialservitut gewahrt. Wie der Pfandgläubiger und später der Käufer der Ser­ vitut in deren Besitz geschützt worden, sagt weder Pomponius noch Paulus. Nach Analogie des Ususfructus aber ist anzu­ nehmen, daß sie, da die Servitut nicht civilrechtlich durch mancipatio oder in iure cessio, sondern nur durch Vertrag und Tradition constituirt ist, vom Prätor durch eine Exceptio und actio confessoria utilis geschützt wurden. L. XIII. Marcianus, libro singulari ad formulam hypothecariam. Prine. Grege pignori obligato, quae postea nascuntur, tenentur: sed et si prioribus capitibus decedentibus totus grex fuerit renovatus, pignori tenebitur. Wie das Eigenthum an einer Gesammtheit gleichartiger körperlicher Sachen, der s. g. Universitas rerum, möglich ist, L. 1. § 3. L. 2. L. 3. pr. D. de rei vind. (6, 1) so auch das Pfandrecht z. B. an einer Heerde. quae postea nascuntur] sc. et submittuntur, d. h. der Heerde hinzugefügt werden, haften nicht als Früchte, sondern als Theil der Heerde.. totus grex renovatus] Die durch Substituirung der jun­ gen Thiere ganz erneuerte Heerde ist keine andere, sondern die­ selbe Sache, hastet also dem Pfandrechte. § 1. Statuliber quoque dari hypothecae poterit, licet condicione existente evanescat pignus. Statuliber] Ein im Testament unter einer Bedingung freigelassener Sklave (statuliber) ist pendente condicione in der Potestas und dem Eigenthum seines Herrn (ülp. fragm. II.), kann also verpfändet werden.

42

Dig. 20, 1. L. 13. § 2.

condicione existente evanescat pignus] Tritt die Be­ dingung ein, so wird er ein freier Mensch, an dem als extra commercium das Pfandrecht nicht ferner - möglich ist, also erlöscht. 8 2. Cum pignori rem pigneratam accipi posse placuerit, quatenus utraque pecunia debetur, pignus secundo creditori tenetur et tarn exceptio, quam actio utilis ei danda est: quod si dominus solvent pecuniam, pignus quoqne peremitur. sed potest dubitari, numquid creditori nummorum solutorum nomine utilis actio danda sit, an non: quid enim si res soluta fuerit? et verum est, quod Pomponius libro septimo ad Edictum scribit, si quidem pecuniam debet is, cuius nomen pignori datum est, exacta ea creditorem secum pensaturum: si vero corpus is debuerit et solverit, pignoris loco futurum apud secundum creditorem. Wie alle Vermögensrechte, so kann auch das Pfandrecht verpfändet werden, das pignus pignori datum Cod. 8, 24. si pignus pignori datum sit. Cum pignori rem pigneratam accipi posse placuerit] Für das pignus pignori datum ein ungenauer Ausdruck in doppelter Hinsicht, denn, 1) dem Wortsinn nach könnte es von einer zweiten Verpfändung durch den Eigenthümer verstanden werden und 2) der Pfandgläubiger verpfändet nicht sowohl die Sache, dieß kann nur der Eigenthümer, sondern sein Pfand­ recht an derselben. Mar eia n behauptet die allgemein ange­ nommene Möglichkeit derselben. Die Wirkung bestimmt er im Folgenden. quatenus utraque pecunia debetur, pignus secundo cre­ ditori tenetur] Zwei Schuldverhältnisse werden vorausgesetzt. Der Eigenthümer der Sache schuldet dem ersten Pfandgläu­ biger und dieser dem Zweiten, dem er sein Pfandrecht ver­ pfändet hat. Nnr insofern beide Schuldverhältnisse bestehen und auf denselben Betrag gehen, besteht mit dem, ersten Pfand­ recht auch das zweite, weil dieses durch jenes bedingt ist. pt tarn exceptio, quam actio utilis ei danda est] Der

Dig. 20, 1. L. 13. § 2.

43

zweite Pfandgläubiger übt vermöge der Verpfändung das Recht

des Ersten aus in Bezug auf den Besitz der Sache und ihren Verkauf; im Besitz behauptet er sich durch eine Exceptio nicht

nur gegen den Ersten, seinen Schuldner, sondern auch gegen den Eigenthümer, und hat gegen Beide auch die Pfandklage als actio utilis. quod 8i dominus solverit pecuniam, pignus quoque pere-

mitur] Durch Zahlung des Eigcnthümers, natürlich nicht an den zweiten Pfandgläubiger, dem er nichts schuldet, sondern an den Ersten, geht das Pfandrecht dieses Ersten, und damit auch das

des zweiten Pfandgläubigers, das kein Objekt mehr hat, unter. Auf diesen Zweiten scheint quoque zu deuten.

numquid creditori nummorum solutorum nomine utilis actio danda sit, an non] Der zweite Pfandgläubiger hat an

der verpfändeten Sache kein Recht mehr; aber, fragt Marcian, hat er auf die gezahlten Geldstücke als ihm verpfändet

eine Klage? natürlich, nur so lange sie nicht mit anderm Gelde vermischt und damit als Species untergegangen sind.

quid enim si res soluta fuerit] Praktisch bedeutender

ist deshalb die Frage, und geleistet wurde.

wenn eine specielle Sache geschuldet

Kann der zweite Pfandgläubiger diese

als Pfand von seinem Schuldner einklagcn? Die Frage erscheint ganz willkührlich, wenn nicht voraus­

gesetzt wird, daß der erste Pfandgläubiger dem Zweiten nicht

nur sein Pfandrecht, sondern auch seine Forderung verpfändet

habe, was möglich, nomen pignori datum (Z. 20. Z>. h. t. L. 4. C. quae res pignori (8, 17) Z. 7. C. de her. vel oct. vend. (4, 39) und bei der Zusammengehörigkeit von Pfand­ recht und Forderung selbst zu vermuthen ist. Die Verpfändung

der Forderung ist selbst als Hauptsache zu denken, welcher das

Pfandrecht als Accessorium nur folgt.

Diese Voraussetzung

des Juristen bestätigt die Folge. et verum est, quod Pomponius — sribit, si quidem peöuniam debet is, cuius nomen pignori datum est] Wie kam Marcian darauf, die Aussage des Pomponius über

44

Big. 20, 1. L. 13. § 3.

"das nomen pignori datum anzuführen, wenn er nicht eben diesen Fall auch hier vorausgesetzt hätte? exacta ea creditorem secum pensaturum] Im Fall der verpfändetem Forderung kann der Pfandgläubiger das vom Schuldner seines Schuldners an diesen gezahlte Geld auch nach der Vermischung mit anderm Gelde einklagen und sich für seine Forderung also bezahlt machen. L. 18. pr. D. de pign. act. (13, 7). si vero corpus is debuerit et solvent, pignoris loco futurum apud secundum creditorem] Wenn aber eine Sache geschuldet und geleistet wird, so kann der Pfandgläubiger zwar nicht das Eigenthum derselben in Anspruch nehmen, aber als Pfand einklagen und zum Verkauf bringen. L. 18. pr. cit. Ebenso schließt Marcian auch in diesem Falle, weil ange­ nommen werden muß, daß mit dem Pfandrecht auch die For­ derung verpfändet worden ist. § 3. Et in superficiariis legitime consistere creditor potest adversus quemlibet possesorem, sive tantum pactum conventum de hypotheca intervenerit, sive etiam possessio tradita fuerit, deinde amissa sit. Das Pfandrecht an der Superficies als ius in re L. 16. § 2. D. de pign. act. (13, 7). in superficiariis] sc. aedibus. Der Eigenthümer des Grund und Bodens ist auch Eigenthümer des darauf errichte­ ten Gebäudes, er kann aber einem Andern an Beidem gegen Zahlung eines Pachtgeldes (Solarium) ein vererbliches und verkäufliches Nutzungsrecht als ius in re constituiren. Dig. 43, 18. de superficiebus. Da es verkäuflich ist, so kann der Superficiar es auch verpfänden. legitime consistere creditor potest adversus quemlibet possessorem] Wie der Superficiar sein dingliches Recht gegen jeden dritten Besitzer durch eine prätorische in rem actio gel­ tend machen kann, L. 73. L. 74. L. 75. D. de rei vind. (6,1) so auch der, dem dies Recht verpfändet ist, durch eine actio hypothecaria utilis L. 16. § 2. cit. gegen jeden dritten Be-

Dig. 20, 1. L. 13. § 4.

45

sitzer, also nicht bloß gegen den Superficiar und Verpfänder, sondern auch gegen den Eigenthümer als Kläger auftreten (legitime consistere). de hypotheca] Es mag nun durch Vertrag eine Hypo­ thek constituirt sein, um wegen Nichtzahlung der fälligen Schuld den Besitz zu erlangen und die Superficies verkaufen zu können, sive etiam possessio tradita fuerit] oder es mag als Faustpfand dem Gläubiger auch der Besitz des Gebäudes gegeben und wieder verloren sein, um sich wieder in Besitz zu setzen und im Nichtzahlungsfall die Superficies verkaufen zu können. § 4. Etiam si ereditor iudicatum debitorem fecerit, hypotheca manet obligata, quia suas eondiciones habet hypothecaria actio: id est si soluta est pecunia aut satisfactum est, quibus cessantibus tenet. et si cum defensore in personam egero, licet is mihi satisdederit et damnatus sit, aeque hypotheca manet obligata. multo magis ergo si in personam actum sit, sive cum reo sive cum fideiussore, sive cum utrisque pro parte, licet damnati sint, hypotheca manet obligata nee per hoc videtur satisfactum creditori, quod habet iudicati actionem. Untergang des Pfandrechts durch Zahlung (solutio) oder Befriedigung (satisfactio) des Gläubigers, nicht aber durch Contumation des Schuldners L.un. C. etiam ob chir. pec. (8, 27). si ereditor iudicatum debitorum fecerit] Der Pfand­ gläubiger ist mit der persönlichen Klage gegen den Schuldner aufgetreten und hat dessen Condemnation, welche rechtskräftig (res iudicata) geworden, erlangt. Der vemrtheilte Schuldner heißt technisch iudicatus z. B. bei Gai. IV. § 21. III. § 78. 199. hypotheca manet obligata] Schon durch die litis contestatio und dann durch die condemnatio wird die ursprüng­ liche Schuld aufgehoben und eine neue, die obligatio iudi-

46

Dig. 20, 1. L. 13. § 4.

cati, wie durch novatio, ihr substituirt Gai. III, § 180. 181. IV. 107. 108., so jedoch daß, anders als bei der willkührlichen Novation, alle Vortheile der ursprünglichen Obligation auf die neue übergehen L. 29. D. de novat. (46, 2) L. 86. L. 87. D. de reg. iur. (50, 17) also auch das Pfandrecht bei der Litiscontestation L. 11. pr. § 1. D. de pign. act. (13, 7) und bei der Condemnation, was Marcian hier bezeugt. quia suas condiciones habet hypothecaria actio] Denn die Pfandklage hat ihre eigenthümlichen, in der Formula aus­ gedrückten Bedingungen, welche auch die Bedingungen der Fort­ dauer oder des Untergangs des Pfandrechts selbst sind. id est si soluta est pecunia ant satisfactum est] Als Bedingung der Pfandklage hieß es in der formula hypothe­ caria: Si paret eam rem — ob pecuniam debitoris pignori obligatam eamque pecuniam neque solutam neque eo no­ mine satisfactam esse; wodurch indirect gesagt war, daß durch Zahlung oder eine andere Befriedigung des Gläubigers die Pfandklage ausgeschlossen werde, weil die Hypothek erloschen sei. quibus cessantibus tenet] Fehlt es an diesen Bedingungen, d. h. ist der Gläubiger weder bezahlt noch sonst beftiedigt, welches Beides hier nicht der Fall ist, so haftet das Pfand­ recht und die Klage. et si cum defensore in personam egero] Wenn der Gläubiger gegen einen Defensor, der den abwesenden Beklagten als Negotiorum Gestor im Prozeß vertritt, geklagt hat, so hat dieser durch die Litiscontestation, wie durch Expromission die Schuld übernommen und der Schuldner ist liberirt L. 23. D. de solid. (46, 3) L. 10. § 1. D. de in rem verso (15, 3). licet is mihi satisdederit] Der Kläger braucht sich keinen Vertreter des Beklagten, der schon durch die Litiscon­ testation an dessen Stelle sein Schuldner wird, gefallen zu lassen, der ihm nicht Bürgschaft wegen der Bezahlung, satisdatio iudicatum solvi, gibt. Gai. IV. § 101. L. 76. D. de procur. (3, 3) L. 63. D. de iudiciis (5, 1).

Dig. 20, 1. L. 13. § 5.

et damnatus sit]

47

Das condemnatorische Urtheil wird der

Formula gemäß, (Gai. IV. § 87,) auf den Vertreter des Be­

klagten gerichtet (L. 8. § 2. D. ad S. G. Veil. (16, 1) und gegen den Defensor auch die actio iudicati gegeben. L. 61. L. 28. fin. D. de procur. (3, 3.)

aeque hypotheca manet obligata] Gleichviel bleibt auch in diesem Fall das Pfandrecht bestehen. Fornrell ist durch Litiscontestatiön und Res judicata die Hypothek nicht liberirt;

aber man kann die Aufhebung auch daraus nicht folgern, daß

der Gläubiger durch die Klage gegen den Defensor, durch des­

sen Bürgschaft und Condemnation, also durch Annahme einer

neuen Sicherheit wie im Falle der L. 5. § 2. D. quibus modis pignus solvitur (20, 6) auf die Hypothek verzichtet habe;

denn durch die Klage gegen den Defensor, dessen Zulassung gar nicht von seinem Willen abhängt (L. 3. fin. D. fam. erisc.

10, 2.) sucht er erst seine Befriedigung zu erhalten. multo magis ergo] Um so viel mehr muß also die Hy­

pothek fortbestehen, wenn der Pfandgläubiger persönlich gegen

den Schuldner und seinen Bürgen geklagt und ihre Verurtheilung erlangt hat,

wo jene Annahme des Verzichtes auf das

Pfandrecht nicht denkbar ist. nee per hoc videtur satisfactum creditori, quod habet

iudicati actionem] Die actio iudicati, die der Pfandgläubi­ ger anstatt seiner ursprünglichen Forderung erhalten, ist keine

satisfactio, sondern das Mittel sie zu erlangen.

§ 5. Si sub condicione debiti nomine obligqta sit hy­ potheca, dicendum est ante condicionem non recte agi, cum nihil interim debeatur: sed si sub condicione debiti condicio venerit, rursus agere poterit. sed si praesens sit debitum, hypotheca vero sub condicione, et agatur ante condicionem hypothecaria, verum quidem est, pecuniam solutam non esse, sed auferri hypothecam iniquum est: ideoque arbitrio iudicis cautiones interponendae sunt: „si condicio exstiterit, nec pecunia solvatur, restitui hypothecam, si in rerum natura sit“.

48

Big. 20, 1. L. 13. § 5.

Erfolg der actio hypothecaria bei bedingter Schuld und bedingter Verpfändung. Si sub condicione debiti nomine obligata sit hypotheca] Für eine bedingte Schuld ist eine Sache unbedingt verpfändet worden. ante condicionem non recte agi] Vor Eintritt der Be­ dingung wird nicht bloß mit der Schuldklage, sondern auch mit der Pfandklage nicht richtig, d. h. zu früh geklagt (plus petitur tempore) Gai. IV. § 53. cum nihil interim debeatur] Weil vor Eintritt der Be­ dingung die Schuld nicht existirte L. 213. pr. D. de verb. sign. (80, 16) und auch das Pfandrecht erst mit der Schuld entsteht L. 5. pr. h. t., und daher die formula hypothecaria in den Worten: Si pareteamrem — ob pecuniam debitam obligatam esse, die Existenz der Schuld ausdrücklich zur Be­ dingung der Condemnation machte, der Beklagte also in diesem Fall absolvirt und dem Kläger das Pfandrecht abgesprochen werden mußte. sed si sub condicione debiti condicio venerit, rursus agere poterit] Aber wenn die Bedingung der bedingten Schuld eingetreten, also die Schuld entstanden ist, soll der Pfand­ gläubiger wiederum mit der actio hypothecaria klagen können. Aber wie ist dieß möglich? da dieselbe Klage nicht zweimal angestellt werden darf (bis de eadctn re agere non licet), da die actio hypothecaria schon durch die litis contestatio in dem ersten Prozeß consumirt und durch die res iudicata das Pfandrecht ihm abgesprochen worden, die zweite Klage also zwar, weil die actio hypothecaria als prätorische Klage in factum concipirt wird, nicht ipso iure ausgeschlossen ist, aber durch die exceptio rei iudicatae vel in iudicium deductae zurückgewiesen werden kann, Gai. IV. § 106. 107., also auch in diesem Fall, wer zu früh klagt, nicht nur den Prozeß, sondern die Sache selbst verliert (causa cadit atque rem perdit. Gai. IV. §53.) Marcian's Entscheidung scheint mit diesen sicher bezeugten Grundsätzen in Widerspruch zu stehen.

Dig. 20, 1. L. 13. § 5,

49

Sie erklärt sich aber daraus, daß dieß einer der Ausnahme­

fälle war, wo die spätere klassische Jurisprudenz das rein formelle Consumtions-Princip im Interesse der Aequitas durch in integrum restitutio oder exceptio doli unschädlich zu ma­ chen suchte. In der That beruhte die Ausschließung der zweiten Klage in diesem Fall auf dem rein formellen Grunde der Consnmtion der ersten durch die Litiscontcstation und darauf,

daß der Judex nach Maßgabe der Formula nur condemniren oder unbedingt absolviren,

nicht, wie heutzutage der Richter

„zur Zeit" die Klage für unbegründet erklären konnte.

Da­

gegen, die Sache angesehen, konnte gerechter Weise der Beklagte,

wenn die Schuld nur jetzt bestand und nicht bezahlt wurde, die Herausgabe des Pfandes an den Gläubiger zum Behuf ihres

Verkaufes nicht verweigern, seine exceptio rei iudicatae vel in iudicium deductae konnte von dem Gläubiger durch die replicatio doli zurückgcwiesen werden, welche der Judex oder

Arbiter, da die Pfandklage eine actio arbitraria war, auch ohne

ausdrückliche Instruktion in der Formula berücksichtigen mußte. Als Regel galt der Verlust der Sache zur Strafe der plus pe-

titio tempore noch in späterer Zeit Paul. rec. sent. I. 10. § 33. J. äe oct. (4, 6.)

sed si praesens sit debitum, hypotheca vero sub condicione, et agatur ante condicionem hypothecaria] Wie aber

wenn im Fall unbedingter Schuld und bedingter Verpfändung vor Eintritt der Bedingung mit der actio hypothecaria ge­ klagt wird? Auch hier scheint der Kläger, dessen Pfandrecht

noch nicht entstanden ist, durch plus petitio tempore den Pro­

zeß und die Sache verlieren . zu müssen.

Daß dieß nicht der

Fall sei, setzt Marcian stillschweigend voraus und es ist zu­

nächst aus der freien Natur der Pfandklage als actio arbitraria und ihrer formula in factum concepta zu erklären; denn

wenn es darin heißt: si paret AA. cum N. N. convenisse de pignore oder auch:

si paret eam rem obligatam esse, so

konnte unter dieser Thatsache auch die bedingte Verpfändung begriffen und diese Bedingung der Klage als vorhanden be4

big. 20, 1. L 13. § 5. ü.

60 trachtet werden.

Frage über,

Marei an geht deshalb unmittelbar zu der

ob dem Beklagten nicht die

Herausgabe des

Pfandes durch das Arbitrium Judicis auferlegt

und wenn

sie nicht erfolgt, derselbe condemnirt werden müsse.

verum quidem est, pecuniam solutam non esse] Denn die andere Bedingung der Klage und der Condemnation: pe­

cuniam debitam neque solutam esse, die in dem ersten Fall fehlte, ist in dem zweiten vorhanden, also müßte hiernach jene Frage bejaht werden. sed auferri hypothecam iniquum est] Dieß aber, nehm­

lich das Pfand dem Schuldner zu nehmen und dem Gläubiger zum Besitz und Verkauf zu übergeben, würde unbillig sein, da der Schuldner die Sache nur bedingt verpfändet und der Gläu­

biger selbst sich mit der bedingten Verpfändung begnügt hat, die Bedingung aber noch nicht eingetreten ist. Aber da die Klage zugelassen worden, so mußte doch Etwas für den Pfand­

gläubiger geschehen. ideoque arbitrio iudicis cautiones interponendae sunt: „si condicio exstiterit nee pecunia solvatur, restitui hypo­ thecam“] Die freie Natur der actio hypothecaria als actio arbitraria und die Analogie der actiones bonae fidei (L, 41. D. de iudicüs 5, 1) bot einen

mittleren Ausweg dar.

Der

Judex kann in seinem Arbitrium dem Beklagten eine Caution auferlegen, daß er, wenn die Bedingung eintritt, das Pfand

dem Gläubiger herausgeben wolle, dem Gläubiger also schon jetzt eine höhere Sicherheit geben, die

er durch den Besitz

des Pfandes nicht erlangen konnte. si in rerum natura sit]

Eine natürliche, also eigentlich

überflüssige Clausel der Caution;

denn durch den Untergang

der Sache ist nicht nur deren Herausgabe unmöglich, sondern

auch das Pfandrecht erloschen. L. 8. pr. D. quibus modis pign. (20, 6.) § 6.

Propter usuras quoque si obligata sit hypotheca,

usurae solvi debent: idem et in -poena dicemus. Ohne Zweifel das Fragment einer größern Schriftstelle,

Dig. 20, 1. L. 14. pr.

51

das nur in seinem ursprünglichen Zusammenhang einen erheb­ lichen Sinn hat. propter usuras] Auch für die Zinsobligation, die als obli­ gatio sub die erst mit dem Eintritt des dies fällig wird, kann eine Hypothek bestellt werden. usurae solvi debent] Das Pfandrecht entsteht unmittel­ bar, kann aber durch die actio hypothecaria erst dann geltend gemacht werden, wenn die Zinsen gezahlt werden müssen, d. h. der Zinstermin gekommen und nicht bezahlt ist. idem et in poena dicemus] Die poenae stipulatio ist eine bedingte, wenn Etwas geschehen oder nicht geschehen ist, soll der Promissor zur Strafe eine Summe Geldes zahlen. Das Pfandrecht ist hier mitbedingt und die actio' hypothecaria kann erst angestellt werden, wenn die poena fällig und nicht gezahlt worden ist. L. XIV. Ul pi an ns, libro septuagesimo tertio ad Edictum. Prine. Quaesitum est, si nondum dies pensionis venit, an et medio tempore persequi pignora permittendum sit. et puto dandam pignoris persecutionem, quia interestmea: et ita Celsus scribit. Ob die gerichtliche Verfolgung der Pfänder vor demZahlungstermin der Schuld stattfinde? si nondum dies pensionis venit] Der Ausdruck pensio, Miethgeld, zeigt, daß das stillschweigende oder gesetzliche Pfand­ recht des Vermiethers eines praedium urbanum an den Her­ ei ngeb rächten Mobilien (invecta et illata) des Miethers, wel­ ches ursprünglich Localrecht der Stadt Rom war und dann allgemeines Recht wurde, in diesem Fall vorausgesetzt wird. Vgl. L. 2. D. in quibus causis pignus vel hypotheca tacite contrahitur (20, 2.) L. 7. C. eod. (8, 15.) Da das Miethgeld in bestimmten Terminen und zwar postnumerando gezahlt zu werden pflegte, so entsteht auch hier die Frage: an et medio tempore persequi pignora permittendum sit] Ob der Vermiether auch vor Eintritt des Zahlungstermins

die Pfänder verfolgen könne? Der Ausdruck persequi deutet bei Ulpian's gewohnter Präcision nicht auf die actio hypo-

thecaria, auch nicht das Jnterdictum Salvianum (Big. 43, 33. de Sdlviano

interdicto), sondern

auf eine

extraordinaria

cognitio, (L. 178. § 2. De verb. sign. (50,16). Ulp. — per-

secutionis verbo extraordinarias persecutiones puto contineri) wie denn in der That eine solche wegen der invecta et illata, wenn der Miether sie vor oder bei dem Auszuge aus

dem Hause gebracht hatte,

der Vermiether also sein Reten­

tionsrecht nicht mehr üben konnte (Big. 43, 32 de migrando)

von einer Polzeibehörde der Stadt Rom (Praefectus vigilum? L. 56. B. locati (19, 12). L. 1. § 2. B. de migrando (43, 32) gegen den Miether oder auch gegen den dritten Besitzer stattfand. et puto

dandam pignoris

persecutionem]

Ulpian

sagt also nicht Salvianum interdictum oder formulam hypothecariam, sondern persecutionem pignoris dandam, der

betreffende Beamte hat die Klage auf die Pfänder zuzulassen, quia interest mea]

Es wird vorausgesetzt, daß der Mie­

ther invecta et illata vor dem Termin, an dem der Mieth-

zins fällig wurde, aus dem Hause weggebracht und entweder

selbst noch besaß oder auf einen Andern veräußert hatte. Obgleich also sonst der Pfandgläubigcr den Besitz der verpfändeten Sache vom Schuldner nicht ante diem solutionis, sondern erst

wenn pecunia debita non soluta est (L. 13. § 4. B. h. t.)

fordern, d. h. die Hypothek nicht in ein Faustpfand verwan­ deln und noch weniger die Sache verkaufen kann, so soll er doch in diesem Fall, weil er ein ersichtliches Interesse hat, daß

der Miether oder der. dritte Besitzer die Pfänder nicht auf

Seite bringe, den Besitz vor der Polizeibehörde einklagen kön­ nen.

Daß freilich auch die actio hypothecaria oder das in­

terdictum Salvianum in diesem Fall aus demselben Grunde

und zu diesem Zweck gebraucht werden konnte, leidet keinen Zweifel. Der Verkauf der Pfänder aber war noch von der Verpflichtung des Miethers zur Zahlung des Miethgeldes und

Dig. 20, 1. L. 14. § 1. L. 16. pr.

53

der Nichtzahlung abhängig, also von dem Eintritt des Ter­ mins oder dem Ende des Miethverhältnisses durch den Auszug des Miethers vor demselben L. 55. § 2. D. locati (19, 2). § 1. Ex qüibus casibus *) naturalis obligatio consistit, pignus perseverare constitit **). Mit dem Untergang der Schuld erlischt auch das Pfand­ recht, weil es als ein accessorischcs Rechtsverhältniß ohne die obligatio, deren Erfüllung es sichern soll, nicht bestehen kann und zwar ohne Unterschied, ob die Schuld ipso iure oder per exceptionem aufgehoben ist L. 8. pr. D. quibus modis pig­ nus vel Jiypotheca solvitur (20, 6.). Da aber das Pfandrecht auch für eine nicht klagbare Schuld (obligatio naturalis) mög­ lich ist (L. 5. pr. h. /.).

ex quibus casibus naturalis obligatio consistit] so ist klar, daß auch in den Fällen, da nur die Klage untergeht, die Schuld als obligatio naturalis fortbesteht, z. B. durch Ver­ jährung der persönlichen Klage L. 2. C. de luitione pignoris (8, 31) — personal! actione submota pignus perseverare constitit] das Pfandrecht fortdauern, der Pfandgläubiger also durch die actio hypothecaria vom Schuldner den Besitz des Pfandes fordern und durch Verkauf desselben seine Befriedigung erlangen kann. Deshalb konnte Justinian verordnen, daß die persönliche Klage in 30, die actio hypothecaria erst in 40 Jahren verjähren, also 10 Jahre länger als jene dauern soll. L. 30. § 1. G. de praescript. trigint. (7, 13).

L. XV. Gaius, libro singulari de formula hypo­ thecaria. Prine. Et quae nondum sunt, futura tarnen sunt, hypothecae dari possunt, ut fructus pendentes, partus ancillae, fetus pecorum et ea quae nascuntur sint hypothecae obligata: idque servandum est, sive dominus fundi convenerit

*) causis? **) eonstat?

Dig. 20, 1. L. 15. pr.

54

aut de usu fructu aut de his quae nascuntur, sive is, qui

usum fructum habet, sicut Iulianus scribit. Die Möglichkeit zukünftige Sachen zu verpfänden, be­ spricht Gaius in seiner leichten, nicht immer logischen und

präcisen Manier. quae nondum sunt] Was noch nicht als für sich bestehende

Sache existirt, kann nicht Gegenstand eines dinglichen Rechts, also auch nicht des Pfandrechts sein.

futura tarnen sunt] Wohl können körperliche Sachen, deren

Entstehung erwartet wird, unter der selbstverständlichen Be­ dingung ihrer Entstehung im Eigenthum des Schuldners ver­ pfändet werden, und mit dem Eintritt dieser Bedingung ent­ steht das Pfandrecht L. 11. § 3. D. qui pot. (20, 4).

Ein nicht glücklich gewähltes Bei­ Denn nicht bloß schon entstandene und mit der Haupt­

ut fructus pendentes] spiel !

sache noch zusammenhängende Früchte werden, weil zur Zeit

nur Theile derselben (L. 44. D. de rei vind. (6, 1), erst durch Separation für sich bestehende Sachen, sind also insofern res futurae und Gegenstand der bedingten Verpfändung, sondern dasselbe gilt auch von den zur Zeit der Verpfändung noch gar nicht erzeugten Früchten. Vgl. L. 1. § 2. D. h. t. partus ancillae]

Gleichfalls ungenau, insofern nicht er­

sichtlich ist, ob Gaius die Entstehung des Sklavenkindes als Gegenstand der Verpfändung von der Erzeugung an rechnet,

wie es in L. 18. § 2. D. de pig. act. (13, 7) und L. 1. pr. D. de Sdlviano interdicto (43, 33) geschieht oder von der Ge­ burt, wie in L. 29. § 1. D. h. t. fetus pecorum et ea quae nascuntur] Unter den Er­ zeugnissen

des Heerdenviehs (fetus pecorum) sind auch die

Jungen der Thiere (ea quae nascuntur) begriffen. Diese waren also nicht als ein Zweites zu nennen. Vgl. Gaius in

L. 28. § 1. D. de usuris (22, 1). sive dominus fundi convenerit] Nur wer Aussicht hat, Eigenthümer der Frucht zu werden, kann sie verpfänden, also zunächst der Eigenthümer der fruchttragenden Sache.

L. 11.

Dig. 20, 1. L. 15. § 1.

55

§ 3. D. qui pot. (20, 4) dieser aber, sagt Gaius, noch auf doppelte Weise. aut de usu fructu] Der Eigenthümer kann den Ususfructus an seiner Sache zum Pfand für seine Schuld constituiren. L. 11. § 2. h. t. Abgesehen von einem Pactum antichreticum erhält der Gläubiger aber dadurch nicht das Recht, die Früchte sich anzueignen, sondern nur durch ihren Verkauf sich zu be­ friedigen, also mittelbar ein Pfandrecht an dem Objekt des verpfändeten Rechts, wie bei der verpfändeten Forderung nach L. 13. § 2. Ji. t. aut de bis quae nascuntur] Die einfache, unmittelbare Verpfändung der künftigen Früchte. sive 18, qui usum fructum habet] Auch der Usufructuar kann die zukünftigen Früchte unter der Bedingung verpfän­ den, daß sie sein Eigenthum werden, L. 11. §.3. h. t. welches jedoch erst durch ihre Perception, die Apprehension geschieht L. 13. I). quib. mod. usus fr. (7, -4). § 1. Quod dicitur creditorem probare debere, cum conveniebat, rem in bonis debitoris fuisse, ad eam Conven­ tionen! pertinet, quae specialiter facta est, non ad illam, quae cottidie inseri solet cautionibus, ut specialiter rebus hypothecae nomine datis cetera etiam bona teneantur de­ bitoris, quae nunc habet et quae postea adquisieyit, perinde atque si specialiter hae res fuissent obligatae. Eigenthum des Schuldners zur Zeit der Ver­ pfändung als zu beweisende Bedingung der actio hypothecaria bezeichnet Gaius als eine bekannte Rechtsregel, die aber- nicht zutreffe bei der generellen Verpfändung des gesammten gegenwärtigen und zukünftigen Vermögens des Schuldners nehmlich deshalb nicht, weil die zukünftigen Güter unter der stillschweigenden Bedingung ihres Erwerbs verpfändet sind und das Pfandrecht erst mit dem Eintritt dieser Bedingung ent­ steht, also der Beweis dieses spätern Erwerbs genügt. Zugleich berichtet er, daß schon zu seiner Zeit diese generelle Verpfän­ dung üblich war und zwar als subsidiarische neben der speciellen,

Dig. 20, 1. L. 15. § 2.

66

und also dem Schuldinstrument

eingerückt zu werden pflegte.

Man vergleiche die fließende mehr auf die praktische Erfah­

rung gehende

Rede dieses beliebten Rechtslehrers mit Pa­

pini an's inhaltreicher Kürze in L. 1. pr. h. t. die das­ selbe sagt.

§ 2. Qui res suas iam obligaverint et alii secundo obligant creditori, ut effugiant periculum, quod solent pati qui saepius easdem res obligant, praedicere solent alii nulli rem obligatam esse quam forte Lucio Titio, ut in id quod excedit priorem obligationem res sit obligata, ut sit pignori hypothecaeve id quod pluris est: aut solidum, cum primo debito liberata res fuerit ? de quo videndum est, utrum hoc ita se habeat, si et conveniat, an et si simpli­ citer convenerit de eo quod excedit ut sit hypothecae? et solida res inesse Convention! videtur, cum a primo creditore fuerit liberata. an adhuc pars? sed illud magis est, quod prius diximus. Wie ist die mehrmalige Verpfändung derselben

Sache anzusehen? ut effugiant periculum] Der Schuldner, der die frühere Verpfändung der Sache dem zweiten Gläubiger, der jedes Falls dem ersten nachsteht, verschweigt, begeht einen Betrug,

der als crimen stellionatus bestraft werden kann L. 3. § 1.

D. stellionatus (47, 20) L. 16. § 1. D. de pign. act. (13, 7). praedicere solent]

Um dieser Strafe zu entgehen, pflegte

der Schuldner bei der zweiten Verpfändung dem Gläubiger

ausdrücklich zu erklären, daß bereits eine Hypothek, aber auch

nur diese Eine auf der Sache hafte. ut in id quod excedit priorem obligationem res sit obli­ gata] So daß die Sache dem zweiten Gläubiger nur für das

die erste Verpfändung übersteigende, d. h. insoweit haften solle, als sie zur Befriedigung des

ersten Gläubigers nicht dient.

Dieser gewöhnliche Ausdruck kann aber noch einen doppelten Sinn haben.

ut sit pignori hypothecaeve id quod pluris est] Entwe-

Dig. 20, 1. L. 15. § 2. L. 16. pr.

57

der soll nur der Theil der Sache, um welchen sie mehr werth

ist,

als die Forderung und Hypothek des ersten Gläubigers

beträgt, dem Zweiten haften. aut solidum, cum primo debito liberata res fuerit] Oder die ganze Sache unter der Bedingung, daß sie durch Befrie­

digung des ersten

Gläubigers von dessen Hypothek befreit

sein wird.

de quo videndum est] Und die weitere Frage ist, ob nur dann die ganze Sache für diesen Fall verpfändet ist, wenn es ausdrücklich verabredet wurde, oder ob dieß als die Absicht der Partheien anzunehmen sei, wenn die zweite Verpfändung ein­

fach in id quod excedit gerichtet wurde. et solida res inesse conventioni videtur]

Gaius ent­

scheidet für dieses Letztere, die ausdrückliche Erwähnung des

Ganzen ist nicht nothwendig. an adbuc pars ?] Oder ob doch nur der Theil nach Be­ friedigung des ersten Gläubigers hafte? Für adbuc bergt

L. 3. § 9. D. de in rem verso (15, 3). G aius kommt auf die Frage nochmals zurück, um den Gegensatz ganz klar zu machen, bestätigt aber das zuerst Gesagte.

Sehr natürlich!

Denn die Absicht konnte nur sein, das Recht des zweiten Pfand­

gläubigers im Interesse des ersten, nicht im Interesse des Schuldners auf einen Theil der Sache zu beschränken. Auch

bei dieser Absicht der zweiten Verpfändung, als einer bedingten, ist die spätere Jurisprudenz nicht stehen geblieben, sondern hat

im Interesse des zweiten Gläubigers die sofortige Entstehung seines Pfandrechts, aber als eines schwächer» angenommen, wo­ durch auch das Interesse des ersten vollkommen gewahrt ist.

L. 12. pr. § 7. D. qui pol. (20, 4).

L. XVI.

Marcianus, libro singulari ad formulam

hypothecariam.

Prine. Si fundus hypothecae datus sit, deinde alluvione maior factus est, totus obligabitur. Was einem Grundstück durch Alluvien zuwächst, ist blei­

bender

Theil

desselben,

haftet

also als

Theil ipso jure

Dig. 20, 1. L. 16. § 1. 2.

58

dem Pfandrecht am Ganzen L. 18. § 1. D. de pign. oct.

(13, 7).

§ 1. Si nesciente domino res eins hypothecae data sit, deinde postea dominus ratum habuerit, dicendum est hoc ipsum*), quod ratum habet, voluisse eum retro recurrere ratihabitionem ad illud tempus, quo convenit. voluntas autem fere eorum demum servabitur, qui et pignori dare possunt. Eine fremde Sache kann mit dem Willen des Eigenthümers gültig verpfändet werden, denn dieser verpfändet damit eigentlich seine Sache für die fremde Schuld. L. 5. § 2. K t.

Ebenso wird die ursprünglich ungültige Verpfändung der frem­ den Sache gültig durch die nachherige Einwilligung des Eigenthümers und zwar wird Ratihabition hier wie sonst (L. 56. D. de iudiciis (5, 1) zurückbezogen auf den Zeitpunkt der Ver­ pfändung L. 20. pr. D. de pign. act. (13, 7). Vorausgesetzt

natürlich, daß er dazu die nöthige Handlungsfähigkeit, habe,

namentlich veräußern und intercediren könne. L. 8. pr. D. ad

S. C. Veil. (16, 1).

§ 2. Si res hypothecae data postea mutata fuerit, aeque hypothecaria actio competit, veluti de domo data hypothecae et horto facta: item si de loco convenit et domus facta sit: item de loco dato, deinde vineis in eo positis. Durch den Untergang der Sache erlischt das Pfandrecht

wie das Eigenthum L. 8. pr. D. quib. modis pignus solvitur (20, 6). Die Veränderung der Gestalt eines Grundstücks aber, auch wenn sie eine wesentliche Aenderung des Gebrauchs zur Folge hat, macht dasselbe zwar in Bezug auf den Ususfructus zu einem andern, gilt also wie die Specification einer beweg­

lichen Sache dem Untergang gleich L. 5. § 2. D. quibus mo­

dis usus fr. (7, 4) nicht aber in Bezug auf Eigenthum und Pfandrecht, bei dem nur der abstractc Geldwerth der Sache in Betracht kommt. L. 29. § 2. K. t. *) Mommsen: ipso?

Dig. 20, 1. L. 16. § 3.

59

§ 3. In vindicatione pignoris quaeritur, an rem, de qua actum est, possideat is cum quo actum est. nam si non possideat, nec dolo fecerit quo minus possideat, absolvi debet .* si vero possideat et aut pecuniam solvat aut rem restituat, aeque absolvendus est: si vero neutrum horum faciat, condemnatio sequetur. sed si velit restituere nec possit (forte quod res abest et longe est, vel in provinciis) solet cautionibus res explicari: nam, si caveret se restituturum, absolvitur. sin vero dolo quidem desiit possidere, summa autem ope nisus non possit rem ipsam restituere, tanti condemnabitur, quanti actor in litem iuraverit, sicut in ceteris in rem actionibus: nam si tanti condemnatus esset- quantum deberetur, quid proderat in rem actio, cum et in personam agendo idem consequeretur. Das Officium Judicis bei der actio hypothecaria wesentlich nach Analogie der Rei Vindicatio und den Prozeß­ grundsätzen der actiones arbitrariae bestimmt § 31. J. de act. (4, 6). in vindicatione pignoris] Die actio hypothecaria als in rem actio ist eine vindicatio (Gai. IV. § 5) nur nicht ipsius rei oder dominii (L. 16. § 5r h. /.), sondern pignoris, der Sache als Pfand. quaeritur, an rem possideat — is cum quo actum est] Als in rem actio geht sie gegen jeden dritten Besitzer, auch gegen den Schuldner nur als solchen, und diesen Fall setzt Marcian voraus, wie insbesondere der Schluß der Stelle beweist. Die erste vom Judex zu untersuchende Frage ist also, ob der Beklagte besitzt. Vgl. L. 9. D. de rei vind. (6, 1). Officium autem iudicis in hac actione in hoc erit, ut iudex inspiciat, an reus possideat. Der Prätor befaßte sich also auch mit dieser Untersuchung nicht, sondern ertheilte, auch wenn der Beklagte den Besitz ableugnete, dem Kläger die Formula uvd ordnete das Judicium an. Daher heißt es hier rem de qua actum est und is, cum quo actum est sc. apud Prae* torem.

Dig. 20, 1. L. 16. § 3.

60

nam si non possideat, nee dolo fecerit quo minus pos-

sideat, absolvi debet] leugnet, so muß

Wenn der Beklagte den Besitz ab­

der Kläger als Bedingung

seines Klag­

rechts beweisen, daß Jener dennoch besitze, oder daß er dolo

malo sich des Besitzes entschlagen habe, weshalb er nach Ana­ logie der Rei Vindicatio als fictus possessor haftet. L. 36. pr. L. 27. § 3. L. 22. D. de rei vind. (6, 1) L. 131. D. de reg. iuris (50, 17). Kann er weder das Eine noch das Andre

beweisen, so wird der Beklagte absolvirt. si vero possideat et aut pecuniam solvat aut rem re-

stituat, aeque adsolvendus est]

Wenn der Beklagte besitzt

und das Recht des Klägers durch Geständniß oder Beweis fest­

steht, so erfolgt nach dem Prozeßgang der actio arbitraria nicht sofort die Condemnation, sondern der Beklagte kann diese durch

Befriedigung des Klägers abwenden. Bei der actio hypothe-

caria zunächst durch Zahlung dritte

Besitzer berechtigt ist.

der Schuld, zu der auch der L. 12. §

1. D. guib. mod.

pignus (20, 6). Denn damit ist die Bedingung der actio hypothecaria: eam pecuniam neque solutam neque eo nomine satisfactum esse (Vergl. L. 13. § 4. K t.) und das Pfand­ recht selbst aufgehoben, der Beklagte also zu absolviren. Wenn

der Beklagte sich dieses Rechtes nicht bedient, so muß er die

Sache restituiren und dieß wird ihm durch das Arbitrium Ju-

dicis auferlegt §. 31. Inst. eit.

Leistet er Folge, so wird er

gleichfalls im Endurtheil absolvirt. si vero neutrum horum faciat, condemnatio sequetur]

Wenn er weder zahlt, noch dem Restitutionsbefehl des Judex Folge leistet, so wird dieser letztere wie Mareian bezeugt, nicht exequirt, sondern es erfolgt eine Geldcondemnation. Daß

diese im Fall seiner contumacia durch den Eid des Klägers

(ins iurandum in litem) bestimmt wird (L. 1. L. 2. D. de in lit. iurando 12, 3.), hat Marcian ohne Zweifel auch ge­ sagt und ist von den Compilatoren gestrichen worden, weil zu ihrer Zeit die Restitution erzwungen wurde. Vgl. die in die­ ser Beziehung interpolirte L. 68. D. de rei vind. (6, 1). Ul-

Dig. 20, 1. L. 16. Z 3.

61

pian, der Zeitgenosse Marcian's, kann so nicht geschrieben haben. sed si velit restituere nec possit, forte quod res abest] Ist der Beklagte zur Restitution bereit, diese aber kann wegen Entfernung der Sache nicht sofort erfolgen, so legt der Judex ihm eine Caution auf, daß er die Sache herbeischaffen und dann restituiren wolle, und wenn er diese leistet, wird er gleichfalls absolvirt. Vgl. L. 11. L. 27. § 4. D. de rei vind. (6, 1). sin vero dolo quidem desiit possidere] Der Beklagte hat in böser Absicht, nehmlich eben um dem Kläger die Sache zu entziehen, oder während des Prozesses den Besitz aufgegcben, die Sache auf Seite geschafft u. s. w., so haftet er zur Strafe seines Dolus als wenn er besäße L. 36. L. 27. § 3. eit. summa autem ope nisus non possit rem ipsam resti­ tuere] Doch kann er noch jetzt die Sache wieder herbeischaffen und restituiren und dadurch der Condemnation entgehen, und nicht nur die Strafe seines Dolus, sondern auch dieß ist der Zweck der ihm drohenden höher» Condemnation. tanti condemnabitur, quanti actor in litem iuraverit] Dem Kläger wird dann vom Judex erlaubt sein Interesse zu beschwören, wonach es höher zu stehen kommt, als wenn er es beweisen müßte und der Richter es ermäßigen könnte L. 1. I). de in litem iurando (12, 3) — ultra rei pretium. sicut in ceteris in rem actionibus] L. 5. pr. D. de in litem iurando (12, 3). nam si tanti condemnatus esset, quantum deberetur, quid proderat in rem actio] Der Hauptvortheil der actio hypothecaria als in rem actio besteht darin, daß der Gläu­ biger die Sache vom Dritten fordern und zu seiner Befrie­ digung verkaufen kann, während der Schuldner vielleicht insol­ vent ist, er also mit der persönlichen Klage seine Befriedigung nicht erhalten würde. Wenn Marei an diesen Vortheil der in rem actio außer Betracht läßt, so ist klar, daß er die An­ stellung der actio hypothecaria gegen den Schuldner als Be­ sitzer des Pfandes voraussetzte.

62

Dig. 20, 1; L. 16. § 4.

cum et in personam agendo idem consequeretur] Von diesem würde er den Betrag seiner Forderung auch durch die persönliche Klage erhalten; die in rem actio gewährt ihm aber den Vortheil, daß er zur Strafe des Dolus des Schuld­ ners mehr, nehmlich so viel, als er sein Interesse eidlich bestimmt, erhält. § 4. Interdum etiam de fructibus arbitrari debet iu­ dex, ut ex quo lis inchoata sit, ex eo tempore etiam fructi­ bus condemnet. quid enim si minoris sit praedium, quam debetur ? nam de antecedentibus fructibus nihil potest pronuntiare, nisi exstent et res non sufficit. Das Officium Judicis in Betreff der Früchte, interdum] Also nicht immer, wenn das Pfand Früchte trägt, sondern unter bestimmten juristischen Bedingungen, etiam de fructibus arbitrari] Nicht bloß bei dem Resti­ tutionsbefehl, dem Arbitrium im formellen Sinne, sondern auch bei der Condemnation zum Interesse soll der Judex die Verpflichtung des Beklagten rücksichtlich der Früchte vermöge seines liberum officium bei der actio arbitraria bestimmen. § 31. J. de act. (4, 6) — permittitur iudici ex bono et aequo secundum cuiusque rei de qua actum est, naturam aestimare, quemadmodum actori satisfieri oporteat. Schon hieraus ergibt sich, daß Marcian nicht von verpfändeten, sondern auch von nicht verpfändeten, also nach strengem Recht nicht verhafteten Früchten handelt und zwar bei Gelegenheit der Klage auf die Hauptsache; daher: etiam de fructibus, ut ex quo lis inchoata sit, ex eo tempore etiam fructi­ bus condemnet] Nach dem ganz allgemeinen Grundsatz, daß der Kläger durch das Endurtheil erhalten muß, was er haben würde, wenn der Beklagte den Prozeß gleich Anfangs durch seine Befriedigung abgewandt hätte, daß also der Kläger durch die Dauer des Prozesses keinerlei Nachtheil erleiden soll (L. 20. D. de rei vind. L. 6, 1) L. 31. pr. D. de reb. cred. (12,1). L. 75. L. 246. § 1. D. de verb. sign. (50, 16), mußten dem Pfandgläubiger vom Schuldner und von jedem dritten Be-

Big. 20, 1. L. 16. § 4.

63

sitzer die nach der Litiscontestation separirten und noch vor­ handenen oder consumirten, ja Ersatz für die Früchte, die der Schuldner hätte ziehen können und sollen (fructus percipiendi)

durch die Condemnation verschafft werden. quid enim si minoris sit praedium, quam debetur] Wenn die verpfändete Sache weniger werth ist als die Schuld

beträgt, so hat der Kläger ein Interesse auch die Früchte in Anspruch zu nehmen; durch die frühere Herausgabe der Sache

wäre

ihm auch der Verkauf früher,

also mit den Früchten

möglich gewesen und der also durch den Prozeß ihm entgan­ gene Vortheil muß ihm ersetzt werden.

Denn auch bei der

Klage gegen den drittten Besitzer beträgt das Interesse des Gläubigers wenigstens so viel als die Schuld.

Vgl. L. 21.

D. h. t.

nam de antecedentibus fructibus nihil potest pronuntiare] Wegen der vor Anfang des Prozesses gezogenen oder zu zie­ henden Früchte kann er in seinem Urtheil, Arbitrium und Con­

demnation, nichts aussprechen, d. h. dem Beklagten nichts auf­ legen, Einen Fall ausgenommen. nisi exstent et res non sufficit] Also die vor der Litis­

contestation separirten Früchte, auch wenn sie ursprünglich nicht verpfändet oder, weil beim dritten Besitzer entstanden,

vom Pfandrecht nicht ergriffen sind, (L. 1. § 2. h. t. — qui

nunquam debitoris fuerunt), sollen dem Kläger mit der actio hypothecaria officio iudicis herausgegeben werden, in sofern sie vorhanden sind und die Sache zur Befriedigung des Gläu­

bigers nicht zureicht. Da das dingliche Recht diese Forderung nicht begründet, so liegt offenbar ein obligatorischer Grund

der Aequitas, den der Judex bei der actio arbitraria berück­

sichtigen muß, vor und zwar ein ähnlicher, wie rücksichtlich der nach der Litiscontestation gezogenen Früchte, daher M arcian diesen Grundsatz vorausschickte. Sobald nehmlich die Schuld fällig ist, hat der Gläubiger den Anspruch auf den Besitz des Pfandes, der Schuldner oder der dritte Besitzer selbst in gutem Glau­

ben also kein Recht mehr auf denselben, kein Recht auf die

64

Big. 20, 1. L. 16. § 5.

Früchte, und insofern die Sache zur Befriedigung des Gläu­ bigers nicht zureicht, dieser also einen Verlust erleiden würde, ist es billig, daß dieser durch die Früchte gedeckt wird, aber nur durch fructus exstantes. Denn weder der Schuldner noch der dritte rechtmäßige Besitzer war verpflichtet die früher ge­ zogenen Früchte aufzuspeichern, er konnte sie bona fide consumiren, während der malae fidei possessor oder praedo, was Marcian in seiner Voraussetzung der Klage gegen den Schuld­ ner allerdings nicht erwähnt, sie gewiß ersetzen mußte. Vgl. L. 1. § 2. D. h. t. § 5. Creditor hypothecam sibi per sententiam adiucatam quemadmodum habiturus sit, quaeritur: nam domi­ nium eins vindicare non potest. sed hypothecaria agere potest, et si exceptio obicietur a possessore rei iudicatae, replicet „si secundum me iudicatnm non est.“ Wirkung der Pronuntiatio bet ber actio hypothecaria. hypothecam sibi per sententiam adiudicatam] Bei allen in rem actiones wurde, wenn der Kläger sein Recht bewiesen, dieses vom Judex durch ein Urtheil (pronuntiatio, sententia) anerkannt, welchem das arbitrium de restituendo und die Condemnation oder Absolution folgte L. 9. L. 35. § 1. D. de rei vind. (6, 1) L. 40. § 2. I). de procur. (3, 3). So also wird auch bei der actio hypthecaria dem Gläubiger die Hypo­ thek durch ein Urtheil zugesprochen. Vgl. L. 12. pr. D. qui pot. (20, 4) — adiudicari ei poterit hypotheca. quemadmodum habiturus sit, quaeritur] Die Frage setzt voraus, daß dem Gläubiger zwar die Hypothek zugespro­ chen ist, daß er sie aber nicht besitzt, und geht darauf, aus welchem Rechtstitel und mit welchem Rechtsmittel er den Besitz erlangen könne und zwar, wie die Folge zeigt, von dem Schuld­ ner, der sie besitzt? Von Execution der Pronuntiatio und des arbitrium de restituendo war zu Marcian's Zeit keine Rede. Also ist seine Voraussetzung ferner, daß der Gläubiger, nach­ dem sein Pfandrecht in dem ersten Prozeß anerkannt worden, den Besitz vom Schuldner zu fordern veranlaßt sei. M ar-

Dig. 20, 1. L. 16. § 5. 6.

65

cian's Frage setzt nur diese Möglichkeit voraus, bestimmt aber den Fall nicht, der noch in verschiedener Weise gedacht werden kann, z. B. wie in L. 9. § 1. D. de exe. rei iud. (44, 2), wo dem Kläger das Eigenthum zugesprochen worden, der Be­ klagte aber im Endurtheil absolvirt werden mußte, weil es sich jetzt erst zeigte, daß der Beklagte sich irrthümlich für den Besitzer des streitigen Grundstücks gehalten hatte, oder in un­ serm Fall, daß das Pfand dem Gläubiger restituirt, der Be­ klagte also absolvirt worden und nachher wieder in den Besitz gekommen, oder er ist condemnirt, der Gläubiger aber zieht das Pfand vor, weil der Schuldner insolvent ist, oder wie im folgenden § 6 u. s. w. nam dominium eins vindicare non potest] Da ihm nur das Pfandrecht zugesprochen ist, so kann er die Sache natür­ lich nicht als sein Eigenthum vindiciren. Vielleicht im Gegen­ satz der Fiducia. sed hypothecaria agere potest] Der Gläubiger kann die actio hypothecaria zum zweitenmal anstellen. et si exceptio obicietur a possessore rei iudicatae] Der Beklagte kann sich zwar dagegen auf den Grundsatz be­ rufen : bis de eadem re agere non licet, die Konsumtion des Klagerechts durch die exceptio rei iudicatae vel in iudicium deductae geltend machen. Aber: replicet „si secundum me iudicatum non est“] Der Gläubiger kann sich gegen dieß rein formale Princip auf den Inhalt des frühern Urtheils berufen, durch welches ihm das Pfandrecht zugesprochen wurde. Es ist dieß einer der Fälle, wo die negative und positive Function der exceptio rei iudi­ catae in Conflict gerathen und die letztere den Vorzug hat. Ebenso in L. 9. § 1. eit. Denn L. 16. D. de exe. rei iud. (44, 2) — evidenter iniquissimum est, proficere rei iudicatae exceptionem ei, contra quem iudicatum est. § 6. Si pluris condemnatus sit debitor non restituendo pignus, quam computatio sortis et usurarum faciebat, an, si tantum solvent, quantum debebat, exoneretur hypotheca? 5

66

Dig. 20, 1. L. 16. § 7. 8.

quod ego quantum quidem ad suptilitatem legis et auctoritatem sententiae non probo: semel enim causa transire videtur ad condemnationem et inde pecunia deberi: sed humanius est non amplius eum, quam quod re vera debet, dando hypothecam liberare. Zah lung der Schuld vor oder nach der Condemnation mit der actio hypothecaria. si pluris condemnatus sit debitor] Bei der Pfandklage gegen den Schuldner beträgt die litis aestimatio regelmäßig nur so viel als die Schuld an Kapital und Zinsen. L. 21. § 3. h. t. Eine höhere Condemnation ist jedoch möglich durch das ins iurandum in litem des Klägers im Fall der Contumacia oder des Dolus L. 16. § 3. h. t. an, si tantum solverit, quantum debebat, exoneretur hypotheca?] Durch Zahlung der Schuld konnte der Schuldner die Condemnation abwendcn, weil das Pfand dadurch liberirt wird. L. 16. § 3. K. t. Ob aber auch nach seiner Condem­ nation die Zahlung der Schuld nicht nur das Pfand, sondern ihn selbst von der obligatio iudicati liberirt? quod ego — non probo] Allerdings nicht nach der Strenge des Rechts und der Rechtskraft des Urtheils, denn in der Condemnation ist eine neue, von der ursprünglichen Schuld und dem Bestand des Pfandrechts unabängige causa debendi gegeben. sed humanius est] Aber aus Rücksichten der Billigkeit und Menschlichkeit läßt Marcian doch durch Zahlung der ursprünglichen Schuld in diesem letzten Termin dennoch die Liberation nicht nur des Pfandes, sondern, was er stillschwei­ gend annimmt, des Schuldners von der obligatio iudicati zu. § 7. Aliena res utiliter potest obligari sub condicione, si debitoris facta fuerit. Vgl. L. 1. pr. h. t. L. 7. § 1. 2). qui pot. (20, 4). § 8. Si duo pariter de hypotheca paciscantur, in quantum quisque obligatam hypothecam habeat, utrum pro quantitate debiti, an pro partibus dimidiis, quaeritur. et

Big. 20, 1. L. 16. § 8.

6?

magis est, ut pro quantitate debiti pignus habeant obligatum. sed uterque, si cum possessore agat, quemadmodum ? utrum de parte quisque, an de tote, quasi utrique in solidum res obligata sit? quod erit dicendum, si eodem die pignus utrique datum est separatim: sed si simul illi et illi, si hoc actum est, uterque recte in solidum aget, si minus unusquisque pro parte. Willensinterpretation der gleichzeitigen Verpfän­ dung einer Sache an zwei Gläubiger, ob Jedem die ganze Sache oder nur ein ideeller Theil verpfändet sei? Von dem verschiedenen Recht handelt L. 10. K t. Si duo pariter de hypotheca paciscantur] Wenn zwei Gläubiger in gleicher Weise von ihrem Schuldner sich eine Hypothek bestellen lassen d. h. an derselben Sache und zu gleicher Zeit, also auch zu gleichem Rechte, dann entsteht die Frage: in quantum quisque obligatam hypothecam habeat] in wie weit die Sache ihm hafte und also zum Behuf seiner Befriedigung verkauft werden könne? utrum pro quantitate debiti] ob für den Betrag der Schuld nicht ein verhältnißmäßiger Theil, sondern die ganze Sache hafte, an pro partibus dimidiis] oder Jedem nur ein Theil und da sie gleiches Recht haben, die ideelle Hälfte. et magis est, ut pro quantitate debiti pignus habeant obligatum] Im Zweifel ist anzunehmen, daß ihnen für den Betrag der Schuld die ganze Sache verpfändet sei, also Jeder durch den Verkauf der Sache seine volle Befriedigung suchen könne, womit auch die folgende Entscheidung Marcian's übereinstimmt. sed uterque, si cum possessore agat, quemadmodum ?] In wie weit aber kann Jeder mit der actio hypothecaria vom Besitzer die Sache einklagen? In Bezug auf den Besitz der Sache muß es sich erst recht entschieden zeigen, ob sie Jedem ganz oder nur zur Hälfte hafte.

68

Dig. 20, 1. L. 16. § S.

utrum de parte quisque, an de toto, quasi utrique in solidum res obligata sit?] Ob also Jeder mit der actio hypothecaria von dem Besitzer nur die Restitution eines Theils oder die ganze Sache verlangen kann. quod erit dicendum, si eodem die pignus utrique da­ tum est separatim] Die solidarische Verpfändung ist als Ab­ sicht der Partheien anzunehmen, wenn dieselbe Sache vom Schuldner Zweien zwar an demselben Tage, also gleichzeitig, aber durch verschiedene Handlungen verpfändet wurde. Dieß ist z. B. auch der Fall rücksichtlich der durch verschiedene Ver­ träge zweier Gläubiger verpfändeten bona futura, an denen am Tage ihres Erwerbes die beiden Pfandrechte entstehen, sed si simul illi et illi] Wenn durch dieselbe Handlung dem Einen und Andern, also gemeinschaftlich, si hoc actum est, uterque recte in solidum aget] auch dann kann es die Absicht der Partheien sein, daß Jedem das Ganze verpfändet sein soll, und wenn diese Absicht bewiesen werden kann, so wird Jeder gegen den Besitzer richtig auf das Ganze klagen. si minus, unusquisque pro parte] Wenn dieß aber nicht bewiesen werden kann, also in der Regel, wird die gemeinschaft­ liche Verpfändung als eine partielle auszulegen sein. Den Collisionsfall der beiden Pfandgläubiger unter sich zieht M arcian nicht, wie U lp i an in L. 10. k t. in Betracht. § 9. Potest ita fieri pignoris datio hypothecaeve, ut, si intra certum tempus non sit soluta pecunia, iure emptoris possideat rem iusto pretio tune aestimandam: hoc enim casu videtur quodammodo condicionalis esse venditio. et ita Divus Severus et Antoninus rescripserunt. Lex commissoria als Nebenvertrag der Verpfändung ist die Uebereinkunft, daß wenn der Schuldner zur bestimmten Zeit nicht zahlt, der Gläubiger Eigenthümer werden, also das Pfand ihm verfallen sein soll, nach klassischem Recht gültig als bedingter Verkauf für Kapital und Zinsen als dem schon jetzt bestimmten Kaufpreise Fr. Vat. § 9. Erst Constantin erklärte sie

Dig. 20, 1. L. 17. 18.

69

für ungültig, wegen der möglichen Bedrückung des Schuldners L. un. C. Th. de commissoria rescindenda (3, 2) L. 3. C. 'J. de pactis pignorum (8, 35). Mit Rücksicht hierauf ist der Satz: iusto pretio tune aestimandam, interpolirt, d. h. der bedingte Verkauf soll gültig sein, wenn der Kaufpreis erst dann nach billiger Abschätzung der Sache durch einen Dritten be­ stimmt werden soll, wodurch die Bedrückung des Schuldners verhütet wird. Vgl. Gai. III. § 140. L. 15. C. de contr. empt. (4, 38). L. XVII. Ulpianus, libro quintodecimoad Edictum. Pignoris persecutio in rem parit actionem creditori. Ulpian gebraucht das Wort persecutio hier im weitern materiellen Sinne für die gerichtliche Verfolgung des Pfandes durch eine actio, also nach der formula hypothecaria in einem Judicium; aber obgleich diese in factum concipirt ist, also nur den Pfandvertrag mit dem Schuldner erwähnt, ist sie in rem, d. h. geht gegen jeden dritten Besitzer. L. XVIII. Paulus, libro nono decimino ad Edictum. Si ab eo, qui Publiciana uti potuit, quia dominium non habuit, pignori accepi, sic tuetur me per Servianam Prae­ tor, quemadmodum debitorem per Publicianam. Bedingung einer gültigen Verpfändung, also auch der Pfandklage ist, daß die Sache zur Zeit der Verpfändung in bonis debitoris war L. 15. § 1. h. t. Unter dem Ausdruck in bonis begreift der Prätor aber nicht bloß das bonitarische, sondern auch das prätorische Eigenthum, d. h. die bonae fidei possessio, den Usucapions-Besitz, L. 49. D. de verb. sign. (50, 16) und schützt den Pfandgläubiger durch die actio 8erviana (utilis) wie den Schuldner und Verpfänder durch die Publiciana vergl. L. 21. § 1. h. t. L. 29. D. de pign. oct. (13, 7) also auch mit derselben Einschränkung, daß der wahre Eigenthümer ihm die exceptio dominii entgegensetzen kann. L. L pr. L. 16. L. 17. D. de Piibl. in rem. oct. (6, 2) Der Ausdruck: Publiciana uti potuit, quia dominium non habuit, ist nicht präcis; die Meinung ist: der nur die Publiciana,

70

Dig. 20, 1. L. 19, 20. 21 pr.

nicht die civile Rei Vindicatio gebrauchen konnte, weil er nur bbnae fidei possessio, nicht dominium hatte, denn auch der wahre Eigenthümer kann ja diese Klage gebrauchen, wenn er das Recht seines Auctors nicht beweisen will. L. XIX Ulpianus, libro vicesimo primo adEdictum. Qui pignori plures res accepit, non cogitur unam liberare nisi accepto universo quantum debetur. Das Pfandrecht auch an mehreren Sachen erlöscht nur durch Zahlung der ganzen Schuld, durch Theilzahlung so we­ nig an den einzelnen Sachen als an verhältnißmäßigen Thei­ len Einer verpfändeten Sache L. 6. 0. de distr. pign. (8. 28) L. 2. C. debit. vend. pign. (8, 29). L. XX. Idem, libro sexagesimo tertio ad Edictum. Cum convenit, ut is, qui ad refectionem aedificii credidit, de pensionibus iure pignoris ipse creditum recipiat, etiam actiones utiles adversus inquilinos accipiet cautionis exemplo, quam debitor creditori pignori dedit. Die Verpfändung einer Forderung, die durch Uebergabe des Schuldinstruments (cautio) zu geschehen pflegte, gibt dem Pfandgläubiger, gleich dem Käufer und Cessionar einer Forderung (L. 7. L. 8. C. de bered. Del act. vend. 4, 39) eine actio utilis gegen den Schuldner seines Schuldners. L. 13. § 2. h. t. L. 8. pr. D. de pign. act. (13, 7). L. 4. 0. quae res pignori (8, 17) L. 7. C. de bered, vel act. vend. (4, 39). Wenn also der Eigenthümer und Vermiether eines Hauses dem Gläubiger, der ihm zur Herstellung desselben Geld geliehen, das Recht eingeräumt hat, sich aus den fällig werdenden Miethgeldern bezahlt zu machen, so hat er damit seine Forderungen gegen die Miether verpfändet und der Gläubiger wird direkt gegen diese actiones utiles anstellen können. L. XXL Idem, libro septuagesimo tertio ad Edictum. Prine. 81 inter colonum et procuratorem meum convenerit de pignore, vel ratam habente me conventionem, vel mandante, quasi inter me et colonum meum convenisse videatur.

Dig. 20, 1. L. 21. § 1. 2.

71

Die Verpfändung als unförmliche Handlung läßt Reprä­ sentation durch einen Bevollmächtigten zu L. 2. C. per quas personas (4, 27). Unter procurator ist hier, wie sonst häufig, ein Generalbevollmächtigter zu verstehen L. 1. pr. § 1. D. de procur. (3, 3), dessen Verpfändung daher nur dann gültig ist, wenn sie ratihabirt wird, oder wenn er auch dazu für bevollniächtigt gelten kann. § 1. 81 debitor servum, quem a non domino bona fide emerat et pignoravit, teneat, Servianae locus est et, si adversus eum agat creditor, doli replicatione exceptionem elidet: et ita Iulianus alt, et habet rationem. Servianae locus est] Vgl. L. 18. h. t. et si adversus eum agat creditor] Der Schuldner ist jedes Falls, wenngleich die Verpfändung der fremden Sache ungültig war, an die eigne Handlung gebunden. doli replicatione exceptionem elidet] Daher der Gläu­ biger, wenn er besäße, dem Schuldner die exceptio doli ent­ gegensetzen könnte, die für ihn als Kläger eine replicatio wird L. 10. 0. de except. (8, 36), durch welche er die exceptio dominii des Schuldners, der durch Vollendung der Usucapion nach Einem Jahr Eigenthümer geworden, zurückweisen kann. Doch wird ihm, auch wenn der Schuldner nicht Eigenthümer geworden, auf Grund dieser replicatio doli eine actio utilis gegen denselben gegeben L. 1. pr. L. 22. h. t. § 2. Quidquid pignori commodi sive incommodi fortuito accessit, id ad debitorem pertinet. Nach den Grundsätzen des contractus pigneraticius trifft zufälliger Vortheil oder Schaden des Faustpfandes den Schuld­ ner, denn der Gläubiger hat, abgesehen von der Antichrese, kein Recht auf Früchte und andern Gewinn, muß diesen also bei Rückgabe der Sache mit herausgeben oder auf die Schuld aufrechnen (L. 9. § 4. L. 22. § 2. D. de pign. act. 13, 7) und gibt nur für die durch seinen Dolus oder seine Culpa verursachte Verschlechterung der Sache Ersatz L. 13. § 1. L. 14. D. eod. (13, 7). Dieselben Grundsätze gelten auch für die

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Dig. 20, 1. L. 21. § 3. L. 22.

Hypothek, insofern der Gläubiger Gewinn von der Sache ge­ habt oder Schaden verschuldet hat. L. 4. C. de pign. act. (4, 24) vgl. § 3. § 3. 81 res pignorata non restituatur, lis adversus possessorem erit aestimanda, sed utique aliter adversus ipsum debitorem, aliter adversus quemvis possessorem: nam adversus debitorem non pluris, quam quanti debet, quia non pluris interest, adversus ceteros possessores etiam plu­ ris, et quod amplius debito consecutus creditor fuerit, restituere debet debitori pigneraticia actione. Bei der actio hypothecaria wird der Beklagte, der die Sache nicht restituirt, zum Interesse condemnirt. Dieß beträgt, wenn der Schuldner als Besitzer beklagt ist, abgesehen von dessen Dolus und Contumacia (vgl. L. 16. § 3. h. t.) nach Schätzung des Richters (litis aestimatio) nicht mehr als die Schuld, weil sein Interesse nur so viel beträgt; bei der Klage gegen den dritten Besitzer den vollen Eigenthumswerth der Sache, und den die Schuld übersteigenden Betrag muß der Gläubiger, wie beim Verkauf der Pfänder, dem Schuldner als einen von der Sache gezogenen Gewinn vermöge der actio pigneraticia herauszahlen, und eben weil er als Stellvertreter des Schuldners dies Plus demselben herauszahlen muß, beträgt sein Interesse so viel. Daß der dritte Besitzer als Käufer vom Schuldner diesen zur Evictionsleistung anhalten kann, kommt hier nicht in Betracht, es ist eine res Inter alios acta. L. XXII. Modestinus, libroseptimoDifferentiarum. 81 Titio, qui rem meam ignorante me creditori suo pignori obligaverit, heres cxstitero, ex postfacto pignus directo quidem non convalescit, sed utilis pigneraticia dabitur creditori. Die ungültige Verpfändung einer fremden Sache couvalescirt dadurch, daß der Eigenthümer Erbe des Verpfänders wird, zwar nicht in Bezug auf das dingliche Recht und die actio hypothecaria directa; da aber der Erbe die Handlung seines Erblassers anerkennen muß, so wird dem Gläubiger, der

Dig. 20, 1. L. 23. 24. 25.

73

als Besitzers die exceptio doli gegen ihn hätte, auf Grund der replicatio doli die actio hypothecaria utilis gegen ihn gegeben. Vgl. L. 41. D. de pign. act. (13, 7). L. XXIII. Idem, libro tertio Regularum. Prine. Creditor praedia sibi obligata ex causa pignoris locare recte poterit. Zum Faustpfand gegebene Grundstücke kann der Gläubi­ ger verpachten im Fall der Antichrese, was hinzu zu denken ist. L. 11. § 1. h. t. § 1. Pignoris obligatio etiam inter absentes recte ex contractu obligatur*). Die Verpfändung, weil ein formloser Vertrag, kann auch unter Anwesenden durch Briefe oder Boten geschlossen wer­ den. L. 4. h. t. L. XXIV. Idem, libro quinto Regularum. In quorum finibus emere quis prohibetur, pignus accipere non prohibetur. Allen Provinzialbeamten war, um Mißbrauch ihrer Ge­ walt zu verhüten, der Ankauf von Grundstücken innerhalb der Provinz verboten L. 62. pr. D. de contr. empt. (18,1). Auf den Erwerb einer Hypothek konnte dieß Verbot weder nach seinem Buchstaben noch der ratio legis bezogen werden. L. XXV. Idem, libro octavo Regularum. Cum vitiose vel inutiliter contractus pignoris intercedat, retentioni locus non est, nec si bona creditoris ad fiscum pertineant. Eine ungültige Verpfändung gibt dem Gläubiger weder die Klage noch ein Retentionsrecht, und wenn das ganze Ver­ mögen des Gläubigers dem Fiscus zu fällt, kann dieser sein gesetzliches Pfandrecht an dem Vermögen derer, mit denen er contrahirt hat, (L. 2. C. inquibus causis pignus tacite (8,16) L. 3. C. de privil. fisd (7,73) Fr. de iure fisci § 5) in die­ sem Fall nicht geltend machen. *) recte contrahitur?

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Dig. 20, 1. L. 26. pr. § 1.

L. XXVI. Idem, libro quarto Responsorum. Prine, Fideiussor impetravit a potestate, ut et ante quam solveret, pignora ipse possideat, quasi satisfacturus creditoribus, nee satisfecit: modo heres debitoris paratus est solvere creditoribus: quaero, an pignora fideiussor restituere cogendus sit? Modestinus respondit, cogendum esse. Der Bürge hat das Recht vom Gläubiger gegen Zahlung der Schuld, wie überhaupt die Abtretung seiner Rechte gegen den Schuldner (s. g. beneficium cedendum actiones) so ins­ besondere seines Pfandrechts zu verlangen L. 2. C. de fideiuss. (8. 41) und schon gegen das Anerbieten der Zahlung (offerre) kann der Besitz des Pfandes ihm durch den Richter eingeräumt werden, vgl. L. 11. § 4. D. quipot. (20,4), damit er sicher zah­ len könne. Erst durch die wirkliche Zahlung aber erwirbt er das Pfandrecht, daher, wenn sie nicht erfolgt, der Schuldner oder sein Erbe durch Zahlung der Schuld das Pfand noch lösen und von dem Bürgen zurückfordern kann. § 1. Pater Seio emancipato filio facile persuasit, ut, quia mutuam quantitatem acciperet a Septicio creditore, chirographum perscriberet sua manu filius eius, quod ipse impeditus esset scribere, sub commemoratione domus ad filium pertinentis pignori dandae: quaerebatur, an Seins inter cetera bona etiam hanc domum iure optimo possidere possit, cum patris se hereditate abstinuerit, nec metuiri ex hoc solo, quod mandante patre manu sua perscripsit instrumentum chirographi, cum neque consensum suum accommodaverat patri aut signo suo, aut alia scriptura? Mo­ destinus respondit: cum sua manu pignori domum suam futuram Seins scripserat, consensum ei Obligation! dedisse manifestum est. Rechtsfall: Ein emancipirter Sohn hat auf den Wunsch des Vaters das Schuldinstrument über ein von diesem aufge­ nommenes Darlehn, worin ein dem Sohne eigenthümlich ge­ höriges Haus zum Pfand gesetzt wurde, mit seiner Hand nie­ dergeschrieben. Die Frage war: ob der Sohn nach dem Tode

Dig. 20, 1. L. 26. § 2.

76

des Vaters, dessen Erbschaft er ausgeschlagen, also nicht als Erbe die Verpfändung anerkennen mußte, das Haus als freies

Eigenthum (optimo iure) besitzen könne, da er seine Ein­

willigung zu dessen Verpfändung Mieder mündlich noch schrift­ lich, noch auch durch Aufdrückung seines Siegels zur Urschrift der Urkunde (signo suo)

erklärt hatte ?

Modest in rcspon-

dirte, daß, weil er die Verpsändungsurkunde mit eigner Hand niedergeschrieben, also die Verpfändung gekannt und zu der­

selben, wenn auch nur äußerlich ohne Widerspruch mitgewirkt

habe, sein Consens anzunchmen, die Hypothek also gültig sei. Denn die Verpfändung einer fremden Sache ist nur insofern

ungültig, als der Eigenthümer nicht irgendwie eingewilligt oder Erbe des Verpfänders geworden.

§ 2. Lucius Titius praedia et mancipia, quae in praediis erant, obligavit: heredes eins praediis inter se divisis illis mancipiis defunctis alia substituerunt: creditor postea praedia cum mancipiis distraxit. quaeritur, an ipsa man­ cipia, quae sunt modo in praediis constituta, hoc est in hypothecis, emptor vindicare recte possit ? Modestinus respondit, si neque pignorata sunt ipsa mancipia, neque ex pignoratis ancillis nata, minime creditoribus obligata esse. Rechtsfall: Ein Schuldner verpfändet ihm eigenthüm­

lich gehörige ländliche Grundstücke und die darauf befindlichen,

ohne Zweifel zur Bewirthschaftung nöthigen Sklaven.

Nach

seinem Tode theilen seine Erben das Grundstück unter sich und, da jene Sklaven verstorben sind, ersetzen sie dieselben

durch andere.

Nun verkauft der Pfandgläubiger in Ausübung

seines Pfandrechts die Grundstücke mit den jetzt darauf befind­ lichen Sklaven.

Die Frage war: ob der Käufer die gekauf­

ten und ihm tradirten Sklaven mit Recht vindiciren könne? M od esti n respondirte: die erst von dem Erben in die Grund­

stücke gebrachten Sklaven, die also weder von dem Erblasser ver­

pfändet noch Kinder der von ihm verpfändeten Sklavinnen sind, seien nicht Gegenstand des Pfandrechts gewesen, also von dem Gläubiger ungültig verkauft und deshalb nicht Eigenthum des

76

Dig. 20, 1. L. 27.

Käufers geworden. — Modest in bezieht also die Verpfändung nicht, wie etwa die Verpfändung einer Heerde, auf die (Uni­ versitas rerum) Gesammtheit der zum Wirthschaftsinventar gehörigen Sklaven, also auch nicht auf die den verstorbenen Sklaven substituirten, sondern auf die Einzelnen, die Eigen­ thum des Erblassers und mithin verpfändet waren und die Kinder der Sklavinnen, die im Eigenthum der Erben ge­ boren waren, also auch nach L. 29. § 1. D. k t. dem Pfand­ recht haften. L. XXVII. Marcellus, libro quinto Digestorum. Servum, quem quis pignori dederat, ex levissima offensa vinxit, mox solvit, et quia debito non satisfaciebat, creditor minoris servum vendidit: an aliqua actio creditori in debitorem constituenda sit, quia crediti ipsius actio non sufficit ad id, quod deest persequendum? quid, si eum interfecisset aut eluscasset ? ubi quidem interfecisset, ad exhibendum tenetur: ubi autem eluscasset, quasi damni iniuriae dabimus actionem ad quantum interest, quod debilitando aut vinciendo persecutionem pignoris exinanierit. fingamus nullam crediti nomine actionem esse, quia forte causa ceciderat: non existimo indignam rem animadversione et auxilio Praetoris. Ulpianus notat: si, ut creditori noceret,' vinxit, tenebitur, si merentem^ non tenebitur. Rechtsmittel des Pfandglänbigers, wenn der Schuldner die verpfändete Sache verschlechtert. ex levissima offensa vinxit, mox solvit] Der Schuldner besitzt den verpfändeten Sklaven und vermöge seines Rechtes kann er ihn wegen grober oder kleiner Vergehen züchtigen, insbesondere fesseln. creditor minoris servum vendidit] Der Sklave, der ein­ mal gefesselt worden, ist weniger werth L. 48. § 4. D. de Aed. edicto (21. 1). Der Pfandgläubiger hat ihn deshalb für weniger als die Schuld betrug verkauft. quia crediti ipsius actio non sufficit] Könnte der Gläu­ biger mit der persönlichen Klage den Ausfall vom Schuldner

Dig. 20, 1. L. 27.

77

erhalten, so hätte er keinen Schaden. Wie aber, wenn diese Klage nicht ansreicht, ist ihm eine Schadensklage zu geben? Wie wenn der Schuldner den Sklaven getödtet oder ein­ äugig gemacht hätte? ubi quidem interfecisset, ad exhibendum tenetur] Wegen Tödtung haftet der Schuldner der actio ad exbibendum, die zur Vertretung jeder in rem actio und gegen den Besitzer qui dolo desiit possidere auf das vom Kläger be­ schworene Interesse geht. L. 9. § 2—4. D. ad exhib. (10. 4). ubi autem eluscasset, quasi damni iniuriae dabimus actionem] Die actio legis Aquiliae stand eigentlich nur dem Eigenthümer der beschädigten Sache zu. Als actio utilis wurde sie auch dem Usufructuar (L. 11. § 10. I). ad Leg. Aquil. 9, 2) und dem Pfandgläubiger gegeben (L. 30. § 1. D. eod.) daher hier quasi damni iniuriae actionem. ad quantum interest, quod debilitando aut vinciendo persecutionem pignoris exinanierit] Die Schadensklage geht auf so viel, als der verpfändete Sklave entwerthet, also der Pfandgläubiger bei seinem Verkauf einen Ausfall an seiner Forderung erlitten hat; debilitando, Verstümmelung, geht auf eluscasset, vinciendo auf den vorliegenden Fall, wo ohne körperliche Verletzung (damnum corpori datum) doch der Sklave moralisch entwerthet ist, so daß auch in dieser Beziehung die actio utilis anwendbar ist. § 16. J. de lege Aquilia (4, 3). fingamus nullam crediti nomine actionem esse, quia forte causa ceciderat] Bedingung des Schadens, also auch der Schadensklage ist, daß der Pfandgläubiger den Ausfall bei Verkauf des Pfandes nicht durch die persönliche Klage gegen den Schuldner decken kann. Faktisch unmöglich ist dieß neben Fortbestand des Pfandrechts, wenn der Schuldner insolvent ist, rechtlich, wenn nur die persönliche Klage aufgehoben ist, die Schuld also nur nicht klagbar (obligatio naturalis) und deshalb das Pfandrecht besteht. Letzteres z. B. durch Ver­ jährung oder wenn die persönliche Klage durch Litiscontestation consumirt ist L. 60. pr. D. de eond. indebiti (13, 6) L. 11.

78

big. 20, 1. L. 28.

j)r. § 1. Z>. depign. act. (13,7) z. B. wenn durch Zeitablauf das Judicium erloschen ist, vgl. L. 30. § 1. D. ad legem Aquiliam (9, 2) — litem tempore amisit Gai. IV. § 104. sq. oder das absolutorische Urtheil aus einem formellen Grunde ergan­ gen ist, also die positive Funktion der exceptio rei iudicatae gegen die actio hypothecaria nicht begründet, was hier unter causa ceciderat zu verstehen ist. ülpianus notat] Note des Ulpian zu den Digesten des Marcellus. si, ut creditori noceret] Die Absicht den Sklaven durch Fesselung zu entwerthen und dadurch dem Pfandgläubiger zu schaden (animus nocendi) also Dolus verpflichtet den Schuldner unbedingt zum Schadenersatz. si ut merentem non tenebitur] Wenn, weil der Sklave es verdiente, so haftet er nicht, denn dazu war er berechtigt, es ist keine culpa. Vgl. L. 96. D. de verb. dbl. (45, 1). Der Fall der saevitia ist nicht berücksichtigt, den aber Marcellus in den Worten ex levissima offensa auch im Auge hatte. Vgl. L. 15. § 3. D. de usufr. (7, 1) L. 5. § 3. L. 6. D. ad leg. Aquil. (9, 2). L. XXVIII. Paulus, libro tertio Quaestionum. Si legati condicionalis relicti filio familias pater ab be­ rede rem propriam eins pignori accepit et mortuo patre vel emancipato filio condicio legati exstiterit, incipit filio legatum deberi et neque pater potest pignus vindicare, neque filius, qui nunc habere coepisset actionem, nee ex praecedente tempore potest quicquam iuris habere in pignore, sicut in fideiussore dicitur. Das Pfandrecht steht nur dem Gläubiger zu. Vgl. L. 33. h. t. Rechtsfall: Einem Filiusfamilias ist ein bedingtes Damnations-Legat hinterlassen und der Erbe, dem es auferlegt ist, in der Voraussetzung, daß bei Eintritt der Bedingung der Sohn noch in der väterlichen Gewalt stehen, also die Forde­ rung aus dem Legat dem Vater erwerben werde, stellt diesem

Dig. 20, 1. L. 29. pr.

79

seine Sache zum Pfand. Diese Erwartung aber erfüllt sich nicht. Bei Eintritt der Bedingung ist der Sohn bereits durch den Tod des Vaters oder durch Emancipation sui iuris ge­ worden und das Legat wird also nun ihm geschuldet (incipit filio legatum deberi). Denn bei Legaten wird in Bezug auf den Berechtigten der Eintritt der Bedingung nicht retrotrahirt. L. 18. D. de reg. iuris (50.17) L. 14. § 3. I). quando dies legati (36, 2) L. 78. pr. D. de verb. obl. (45, 1). Frage: Wer hat die actio hypothecaria? Entscheidung: Weder der Vater (im Fall der Eman­ cipation) denn er ist nicht Gläubiger, noch der Sohn, weil die Sache ihm nicht verpfändet worden, qui nunc habere coepisset actionem] sc. hypothecariam, er würde jetzt, nachdem die Forderung für ihn entstanden ist, auch die Pfandklage haben, wenn ihm die Sache verpfändet wäre. nec ex praecedente tempore potest quicquam iuris ha­ bere in pignore] Aus der frühern Verpfändung hat er kein Recht, weil sie nicht ihm, sondern dem Vater geschehen, sicut in fideiussore] Dasselbe gilt natürlich auch, wenn dem Vater ein Bürge bestellt worden wäre, weder er noch der Sohn würde gegen diesen klagen können. L. XXIX. Idem, libro quinto Responsorum. Prine. Paulus respondit, generalem quidem conventionem suffieere ad obligationem pignorum: sed ea, quae ex bonis defuncti non fuerunt, sed postea ab berede eins ex alia causa adquisita sunt, vindicari non posse a creditore testatoris. Umfang des pignus generale. Die generelle Ver­ pfändung genügt zur Verhaftung aller Güter des Schuldners auch nach seinem Tode im Besitz der Erben L. 26. § 2. h. t. Auf das aber, was dieser aus einem andern Grunde erworben, erstreckt sie sich nicht, dieses zu verpfänden lag gar nicht in der Absicht des Erblassers; daher dessen Gläubiger sie mit der actio hypothecaria nicht vindiciren kann.

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Dig. 20, 1. L. 29. § 1.

§ 1. 8i mancipia in causam pignoris ceciderunt, ea quoque, quae ex his nata sunt, eodem iure habenda sunt, quod tarnen diximus, etiam agnata teuer!, sive specialiter de his convenerit, sive non, ita procedit,- si dominium eorum ad eum pervenit, qui obligavit, vel heredem eins: ceterum si apud alium dominum pepererint, non erunt obligata. Vom Pfandrecht am Partus Ancillae. si mancipia in causam pignoris ceciderunt] Genau ge­ nommen scheinen diese Worte nur den Fall anzudeuten, wo Sklaven und Sklavinnen zufällig unter ein allgemeines Pfand­ recht fallen, z. B. eine Generalhypothek, oder als invecta et illata. Allein das Folgende: sive specialiter de his sc. agnatis convenerit, zeigt, daß Paulus auch den Fall specieller Verpfändung im Auge hatte. quae ex his nata sunt] Auch die Kinder der verpfän­ deten Sklavinnen werden zwar nicht iure accessionis vom Pfandrecht ergriffen, aber sind als stillschweigend mitverpfän­ det anzunehmen. si dominium eorum ad eum pervenit, qui obligavit] Jedoch nur dann, wenn sie Eigenthum des Verpfänders wur­ den, denn nur unter dieser Bedingung konnten sie mit ver­ pfändet werden; wie auch die Früchte. L. 1. § 2. D. h. t. vel heredem eins] Wenigstens insofern der Erbe ihre Verpfändung nach dem Grundsatz der exceptio doli anerken­ nen muß. L. 41. D. de pign. act. (13, 7) L. 22. L. 26. § 2. D. K t. ceterum si apud alium dominum pepererint, non erunt obligata] Die bei einem andern Herrn gebornen Sklavenkin­ der waren niemals Eigenthum des Verpfänders, konnten also auch von diesem nicht verpfändet werden; auch dieß wie bei den Früchten. L. 1. § 2. cit. Derselbe Paulus aber sieht in L. 18. § 2. D. depign. act. (13, 7) und Julianus in L. 1. pr. D. de Sdlviano interdicto (43, 33) auf die Conception des Sklavenkindes bei dem Herrn der Sklavin, nimmt also eine Verpfändung des

Big. 20, 1. L. 29. § 2. S.

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Kindes im Mutterleibe an, wie auch das Furtum abweichend von dem Recht der Früchte auf dieses bezogen wird L. 26. D. de statu hom. (1, 5) und L. 49. § 5. D. de furtis (47, 2), ein Widerspruch, der noch seiner befriedigenden Lösung harrt. § 2. Domus pignori data exusta est, eamque aream emit Lucius Titius et exstruxit; quaesitum est de iure pignoris.? Paulus respondit, pignoris persecutionem perseverare et ideo ius soli superficiem secutam videri, id est cum iure pignoris: sed bona fide possessores non aliter eogendos creditoribus aedificium restituere, quam sumptus in exstructione erogatos, quatenus pretiosior res facta est, reciperent. Das Gebäude theilt nur das Recht des Gmnd und Bo­ dens, auf dem es ruht, als Erweiterung (accessio) und Theil desselben, wird also auch von der darauf haftenden Hypothek ergriffen, ohne Unterschied ob der ursprüngliche Eigenthümer und Verpfänder oder ein späterer Eigenthümer das Gebäude errichtet hat. L. 35. h. t. L. 21. D. de pign. act. (13, 7.) Wenn dieser aber das Grundstück bona fide, d. h. ohne die Hypothek zu kennen (L. 9. § 3. De qui pot. (20, 4) — si ignoravit rem obligatam esse) — gekauft und das Gebäude auf seine Kosten errichtet, also den Werth des Grundstücks um soviel erhöht hat, so kann er durch die exceptio doli gegen die actio hypothecaria des Gläubigers die Erstattung dieser impensae utiles fordern, wie ja auch der bona fide emptor einer fremden Sache, deren Erstattung vom Eigenthümer fordern kann. Kannte er die Hypothek, so mußte er sich vor­ sehen, d. h. wegen der Baukosten mit dem Pfandgläubiger verständigen, sonst braucht dieser sie nicht anzuerkennen. § 3. Si sciente et consentiente domino servus, ut omnia bona domini pignori obligata essent, convenit, ipsum quoque, qut cavit, obligatum esse pignoris iure. Die Verpfändung, weil formlos, kann auch durch einen Stellvertreter des Schuldners und Eigcnthümers, einen freien Mandatar oder seinen Sklaven mit dem Willen des Herrn

6



Dig. 20. 1. L. 30. L. 31. pr.

geschehen; in der generellen Verpfändung ist dann dieser Sklave, weil Eigenthum des Schuldners, mit begriffen. L. XXX. Idem, libro sexto Responsorum. Perieulum pignorum nominis venditi ad emptorem pertinere, si tarnen probetnr eas res obligatas fuisse. Beim Verkauf einer Forderung (nomen venditum) kann der Käufer vom Verkäufer die Cession seiner Klage d. h. ver­ langen, daß er ihn zum procurator in rem suam bestelle, oder auch unmittelbar diese Klage als actio utilis gegen den Schuld­ ner des Verkäufers anstellen. Sind Pfänder für diese Forderung bestellt, (pignorum no­ minis venditi) so kann er auch diese mit der actio hypothecaria utilis einklagen L. 6. D. de her. vel oct. vend. (18, 4) L. 6. L. 7. C. de dbl. et oct. (4, 10) L. 8. C. de novat. (8, 42) und zum Behuf seiner Befriedigung verkaufen. Wie aber, wenn die Pfänder zu seiner Befriedigung nicht aus­ reichen? Für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners steht der Verkäufer nicht ein, sondern nur dafür, daß er sein Schuld­ ner ist. L. 4. D. de her. vel act. vend. (18, 4) L. 74. § 3. D. de evict. 21, 2). Ebenso steht er auch nicht für den Werth der Pfänder ein (perieulum pignorum ad emptorem pertinet) sondern nur für ihre Verpfändung (si tarnen probetur eas res obligatas fuisse). L. XXXI. Scaevola, libro primo Responsorum. Prine. Lexvectigali fundo dictaerat, ut, si post*) certum temporis vectigal solutum non esset, is fundus ad dominum redeat: postea is fundus a possessore pignori datus est: quaesitum est, an recte pignori datus est? Respondit, si pecunia intercessit, pignus esse. Agri vectigalesheißen in Scaevola's Zeit die ländlichen Grundstücke städtischer Gemeinden, welche in perpetuum oder auf unbestimmte Zeit, d. h. auf so lange verpachtet wurden, als der Pächter und sein Erbe das Pachtgeld (vectigal) zahlten. *) Mommsen: per?

Dig 20, 1. L. 31. § 1. L. 32.

83

Dieser hatte ein zwar sehr ausgedehntes, aber dem Eigen­ thümer gegenüber doch nur beschränktes dingliches Recht (ius in agro vectigali) mit einer in rem actio gegen jeden dritten Besitzer, das indeß von der Zahlung des Pachtgeldes abhängig war, also im Fall der Nichtzahlung erlosch. D. 6, 3. Si ager vectigalis — petatur. Das Eigenthümliche dieses Falles war nur, daß eine Zahlungsfrist bestimmt war, nach deren Ablauf, wenn die Pacht nicht gezahlt worden, das Recht des Erbpächters erlöschen sollte. Dieses dingliche Recht konnte der Erbpächter, der weil er den juristischen Besitz hat, hier possessor genannt wird, so gut wie der Usufructuar (L. 11. § 2. I). h. t.) und Superficiar das Seinige (L. 13. § 3. D. h. t.) verpfänden. Scaevola respondirt, daß das Pfandrecht zu Recht bestehe, (pignus esse) natürlich unter Voraussetzung einer gültigen Schuld (si pecunia intercessit) L. 16. § 2. D. de pign. act. (13, 7). § 1. Item quaesiit, si, cum in exsolutione vectigalis tarn debitor quam creditor cessassent et propterea pronuntiatum esset, fundum secundum legem domini esse, cuius potior causa esset? Respondit, si, ut proponeretur, vectigali non soluto iure suo dominus usus esset, etiam pignoris ius evanuisse. Wenn das Pachtgeld innerhalb der bestimmten Zeit weder von dem Erbpächter als dem Schuldner, noch von dessen Gläu­ biger an seiner Statt, um sein Pfandrecht zu erhalten, bezahlt worden, und der Eigenthümer sein Recht geltend gemacht hat, also, daß das Grundstück ihm verfallen sei, gerichtlich ausgesprochen worden, so ist mit dem Recht des Erbpächters auch das darauf gegründete Pfandrecht erloschen. Der Gläubiger hat über­ haupt kein Recht mehr an der Sache, der Eigenthümer geht ihm vor, weil er allein berechtigt ist. Ebenso bei der Super­ ficies nach L. 15. D. qui pot. (20, 4). L. XXXII. Idem, libro quinto Responsorum. Debitor pactus est, ut quaecumque in praedia pignori

Dig. 20, 1. L. 33.

84

data inducta, invecta, importata, ibi nata paratave essent, pignori essent: eorum praediorum pars sine colonis fuit, eaque actori suo colenda debitor ita*) tradidit, adsignatis et servis culturae necessariis: quaeritur, an et Stichus vilicus et ceteri servi ad culturam wissi et Stichi vicarii obligat! essent? Bespondit, eos dumtaxat, qui hoc animo a domino inducti essent, ut ibi perpetuo essent, non temporis causa accommodarentur, obligatos. Rechtsfall: Verpfändung von ländlichen Grundstücken, mit Allem, was vom Eigenthümer hinein gebracht, darin ent­

standen oder angeschafft worden (Inventar und Früchte). Ein Theil derselben war nicht verpachtet, sondern wurde von seinem

Sklaven Stichus, als Verwalter (actor, villicus) bewirthschaftet

L. 8. L. 18. § 1. D. de instructo 33, 7), dem die zum Acker­ bau nöthigen Sklaven überwiesen wurden. Rechtsfrage: Ob auch der Stichus selbst und die an­

dern für den Ackerbau gesandten Sklaven und die eignen Skla­

ven des Stichus (vicarii) nach der Absicht des Eigenthümcrs uud Schuldners verpfändet seien? Responsum: Nur die von

dem Eigenthümer nicht bloß vorübergehend, sondern zu blei­ bender Bestimmung in

das Grundstück gebrachten, also zum

Inventarium gehörigen Sklaven, wozu nach Scaevola's Ansicht wohl alle Genannten gezählt werden.

Vgl. L. 242. § 4. I).

de verb. sign. (50, 16) L. 35. § 3. D. de her. inst. (28, 5). Liest man mit Mommsen interea, so wären sie ausgeschlossen. L. XXXIII.

Tryphoninus, libro octavo Disputa-

tionum.

Is, qui promisit tibi aut Titio solutum quidem Titio repetere non potest, sed pignus ei datum et ante solutionem recipit. Nur dem Gläubiger kann ein Pfandrecht bestellt werden,

qui promisit tibi aut Titio] Durch die Stipulation: mihi

aut Titio dare spondes? spondeo, erwerbe nur ich eine For-

*) ita] interea? Mommsen.

Dig. 20, 1. L. 34. pr.

85

derung gegen den Promissor; Titius ist nur adiectus solutionis causa, L. 10. L. 95. § 5. L. 98. § 5. D. de solut. (46. 3), d. h. der Schuldner hat iure stipulationis, also nicht bloß durch ein revocables Mandat des Gläubigers, das Recht an den Titius oder an den Stipulator zu zahlen L. 12. § 3. L. 106. D. de solut. (46, 3). solutum quidem Titio repetere non potest] Nachdem er durch die Zahlung an den Titius von diesem Recht Gebrauch gemacht hat, kann er das Gezahlte nicht als Jndebitum zurück­ fordern. pignus ei datum et ante solutionem recipit] Ein Faust­ pfand aber, das nur dem Gläubiger gegeben werden kann, ist dem adiectus solutionis causa, der keine Forderung hat, un­ gültig gegeben, kann also auch vor der Zahlung zurückgefordert werden. L. XXXIV. Scaevola, libro vicesimo septimo Digestorum. Prine. Cum tabernam debitor creditori pignori dederit, quaesitum est, utrum eo facto nihil egerit, an tabernae appellatione merces, quae in ea erant, obligasse videatur ? et si eas merces per tempora distraxerit et alias comparaverit easque in eam tabernam intulerit et decesserit, an omnia quae ibi deprehenduntur creditor hypothecaria actione petere possit, cum et mercium species mutatae sint et res aliae illatae? Respondit: ea, quae mortis tempore debitoris in taberna inventa sunt, pignori obligata esse videntur. Berpfändung einer Universitas rerum. Vgl. L. 13. pr. h. t. utrum eo facto nihil egerit] Nicht rechtlich ungültig, weil die Taberna in solo publico errichtet war, sondern faktisch, weil die Bretterbude kein Objekt der Befriedigung für den Gläubiger sein konnte. tabernae appellatione merces, quae in ea erant] Ob unter dem Ausdruck taberna die enthaltenen Waaren ver­ pfändet werden sollten, und zwar nicht die einzelnen, sondern

86

Dig. 20, 1. L. 34. § 1. 2.

das Waarenlager als Ganzes, so daß die den verkauften substituirten Waaren, und Alles was nach dem Tode des Schuld­ ners in der Bude gefunden wird, von dem Gläubiger mit der actio hypothecaria in Anspruch genommen werden kann? Sc ae Vota bejaht dieß, weil nicht angenommen werden konnte, daß die werthlose Taberna selbst, sondern daß unter diesem Namen das Waarenlager als Ganzes verpfändet werden sollte, welches auch bei Veränderung der einzelnen Bestandtheile das­ selbe bleibt. § 1. Idem quaesiit, cum epistula talis emissa sit: J«veiGaiAevoQ miqd oov dr^vaota ■rrevraxöota, Ttaqexakeod ae [trt ßeßauOTrp’, dkl? wto&rpti]v nag' euov kaßelv' oldag -ydg

dxQtßwg, OTi xai rj raßeqva, xai ol öovkol. fiov ordert xateXovrai ri aoi’ xai tSg evaxypovt

dv&Qtämp enlatevaag: an

pignus contractum sit, an vero ea epistula nullius momenti sit, cum sine die et consule sit? Respondit, cum convenisse de pignoribus videtur, non idcirco obligationem pignorum cessare, quod dies et consules additi vel tabulae signatae non sint. Formlosigkeit des Pfandvertrags L. 4. L. 23. 8 1. D. h. t. L. 17. § 2. D. de pactis (2, 14). Einen Brief, worin der Schuldner seinen Gläubiger bittet für das ihm gezahlte Darlehn von 500 Denaren keinen Bür­ gen, sondern Hypothek anzunehmen, da er wohl wisse, daß sein Waarenlager und seine Sklaven Niemandem außer ihm verpfändet seien, und daß er einem anständigen Mann creditirt habe, erklärte Scaevola, der natürlich voraussetzt, daß der Gläubiger den Brief empfangen und sich dabei beruhigt habe, für eine gültige Verpfändung, wofür es genüge, daß die Partheien über die Pfänder übereingckommen seien. Weder das Datum noch der übliche Verschluß der Urkunde durch die Siegel von Zeugen und Partheicn mit Beischreibung ihres Namens sei nothwendig, Paul V. 25. § 6. Sueton Nero 17. § 2. Creditor pignori accepit a debitore quidquid in bonis habet habiturusve esset: quaesitum est, an corpora

81

Dig. 20, 1. L. 35.

pecuniae, quam idem debitor ab alio mutuam accepit, cum in bonis eins facta sint, obligata creditori pignoris esse coeperint? Respondit, coepisse.

Die Geldstücke, welche der Darleiher seinem Schuldner zahlt, werden dessen Eigenthum und

eben dadurch die For­

derung auf Zurückzahlung einer gleichen Summe Geldes be­

gründet L. 2. § 2. D. de reb. ered. (12, 1). Als Eigenthum

des Schuldners werden sie von der Hypothek ergriffen, die dieser einem andern Gläubiger an seinem ganzen Vermögen, ge­

genwärtigem und zukünftigem, constituirt hat, L. 7. § 1. Z>. qui pot. (20, 4), können aber natürlich als Pfand nur in sofern vindicirt werden, als sie speciell

erkennbar,

also nicht mit

anderm Gelde vermischt sind.

L. XXXV.

Labeo, libro primo Pithanon a Paulo

epitomatorum. Si insula, quam tibi ex pacto convento licuit vendere,

combusta est, deinde a debitore suo*) restituta, idem in nova insula iuris habes. Worte des berühmtesten Juristen aus der Zeit des K.

Augustus, Antistius Labeo, die jedoch Justinian's Kom­ pilatoren nur in dem Auszuge des Paulus Vorlagen — In ihrer Kürze bezeugten sie Dreierlei:

1) die formlose Uebereinkunft zwischen

dem Schuldner

und seinem Gläubiger, wodurch er diesem das Recht einräumt durch Verkauf einer Sache des Schuldners sich zu befriedigen,

begründet ein

Pfandrecht an derselben L. 3. § 2. D. qui

pot. (20, 4) — pignus intellegi contractum.

2) Die Hypothek an einem Hause haftet an dem Grund

und Boden (area), wird also durch Zerstörung des Hauses nicht aufgehoben und ergreift ein auf demselben errichtetes neues Haus (superficies cedit solo). 3) Die Worte: idem in nova insula iuris habes, be­

sagen aber noch mehr, nicht bloß dem Schuldner, sondern auch *) St. suo l. tuo. Mommsen ins. aere ober de.

Dig. 20, 1. L. 35.

88 Dritten gegenüber

hat der Gläubiger dasselbe Recht.

man statt des jeden Falls unrichtigen

Liest

suo der Florentina a

debitore tuo, so wird damit der Fall ausgeschlossen, daß das neue Haus von einem Andern, etwa wie in L. 29. § 2. cit.

von einem Käufer des Grundstücks erbaut sei, der durch die exceptio doli die Baukosten vom Gläubiger fordern kann, also insofem ihm vorgeht.

Nach Mommsen's sinnreicher Resti­

tution des ausgefallenen Wortes aere oder de würde der andre Fall ausgeschlossen, daß der Schuldner das Haus mit

dem Gelde eines andern

Gläubigers erbaut hätte, dem nach

L. 1. D. in quibus causis pignus (20, 2) ein gesetzliches und nach L. 5.

L. 6. pr. D. qui pot. (20, 4) ein priviligirtcs

Pfandrecht zusteht. Aber zu Lab eo's Zeit bestand weder jenes,

das durch ein Senatusconsult unter M. Aurel eingeführt wurde, noch dieses,

das zuerst um dieselbe

Zeit von Scae-

»010 in L. 21. § 1. D. qui pot. (20, 4) erwähnt wird.

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2. Vom 8. bis 11. Jahrh.

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1. Vom 5. bis 8. Jahrhundert.

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1. Abth. Der germanisch-romanische Civilprozeß. 3. Vom 12. bis 15. Jahrhundert. 1. Abth.

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