Das US-amerikanische Discovery-Verfahren im Rahmen deutscher gerichtlicher Auseinandersetzungen: Eine Untersuchung unter rechtsvergleichenden Gesichtspunkten sowie unter besonderer Berücksichtigung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) als Beweisbeschaffungsmöglichkeit für Patentstreitigkeiten vor deutschen Gerichten 9783161546860, 9783161545528

Die Beweisermittlung oder Beschaffung von Beweisen, die in der Sphäre des jeweiligen Verfahrensgegners liegen, gestaltet

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German Pages 446 [447] Year 2016

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Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
§ 1 Einführung in den Gegenstand der Untersuchung
I. Problematik einer gesteigerten Informationsasymmetrie im Rahmen von Patentstreitigkeiten
II. Möglichkeit der Beseitigung von Informationsasymmetrien durch US-amerikanische Beweisbeschaffungsverfahren
III. Grundsätzliche zivilprozessuale Interessenkonflikte im deutschen Recht bei Anwendung ausländischer Beweisbeschaffungsverfahren
1. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme
2. Parteiöffentlichkeit und Anspruch auf rechtliches Gehör
3. Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz
4. Das Ausforschungsverbot
5. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes
6. Der Grundsatz der Prozessökonomie
7. Zwischenergebnis: Zivilprozessuale Interessenkonflikte bei Anwendung ausländischer Beweisbeschaffungsverfahren
§ 2 Forschungsstand und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes
I. Aktueller Forschungsstand
II. Konkreter Untersuchungsgegenstand
Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung in Deutschland und anderen europäischen Staaten – ein Rechtsvergleich
§ 1 Vorprozessuale Informationsbeschaffung im deutschen Recht – materiell-rechtliche und prozessuale Beweisermittlungsmöglichkeiten
I. Materiell-rechtliche Ausprägungen der Beweisermittlung im deutschen Recht
1. Der Vorlegungs- und Besichtigungsanspruch gemäß § 809 BGB
2. Der Besichtigungsanspruch gemäß § 140 c PatG
3. Zwischenergebnis: Materiell-rechtliche Ausprägungen der Beweisermittlung im deutschen Recht
II. Prozessuale Instrumente der Beweisermittlung im deutschen Recht
1. Das selbstständige Beweisverfahren gemäß §§ 485 bis 494 a ZPO
2. Urkundenvorlegung im deutschen Zivilprozess
a. Pflicht zur Vorlegung von Urkunden gemäß §§ 421 ff. ZPO
b. Anordnung der Vorlage von Urkunden gemäß §§ 142, 144 ZPO
3. Zwischenergebnis: Prozessuale Instrumente der Beweisermittlung im deutschen Recht
III. Ergebnis: Vorprozessuale Beweisermittlung im deutschen Recht
§ 2 Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich
I. (Vor-)Prozessuale Beweisermittlung im englischen Recht
II. (Vor-)Prozessuale Beweisermittlung im französischen Recht
1. Das selbstständige Beweisverfahren gemäß Art. 145 NCPC
2. Die Saisie Contrefaçon bei Urheber- und Schutzrechtsverletzungen
III. Zwischenergebnis: Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich
IV. Ergebnis des Systemvergleichs und Fortgang der Untersuchung
Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung – die Pre-Trial Discovery
§ 1 Historische Entwicklung, Ausprägungen und Ablauf des US-amerikanischen Discovery-Verfahrens
I. Historie und gesetzgeberische Ziele des Discovery-Verfahrens
1. Ursprung und Reformen des Discovery-Verfahrens
2. Grundprinzipien der Ausgestaltung des Discovery-Verfahrens
II. Die Pre-Case Discovery gemäß Rule 27 (a) FRCP
III. Einleitung und Ablauf der Pre-Trial Discovery gemäß der Rule 26 bis Rule 37 FRCP
1. Verfahrenseinleitende Schriftsätze (Pleading Stage)
2. Informationsgewinnung im Rahmen der Pre-Trial Phase
a. Aufforderung zur Aufbewahrung relevanter Informationen
b. Erörterung des weiteren Verfahrensverlaufs (Meet and Confer Stage)
c. Austausch prozessrelevanter Informationen (Required Disclosures)
d. Das eigentliche Beweisersuchen (Discovery Requests)
3. Abschluss der Pre-Trial Stage und Übergang zum Gerichtsverfahren
IV. Ergebnis: Ausprägungen und Ablauf des Discovery-Verfahrens
§ 2 Maßnahmen und Methoden im Rahmen der Pre-Trial Discovery (Discovery Devices)
I. Schriftliche Fragebögen (Written Interrogations)
II. Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen (Production of Documents or other Things)
1. Grundprinzipien der Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen
2. Die Vorlage sogenannter Electronically Stored Information (E-Discovery)
III. Ortsbesichtigung (Permission to enter upon Land or other Property)
IV. Aufforderung zum Geständnis (Requests for Admission)
V. Mündliche Vernehmungen (Depositions)
VI. Medizinische Untersuchung (Physical and Mental Examinations)
VII. Ergebnis: Maßnahmen und Methoden im Rahmen der Pre-Trial Discovery
§ 3 Reichweite der Pre-Trial Discovery-Maßnahmen
I. Inhaltliche Reichweite der Ermittlungstechniken
1. Weigerungsrechte und privilegierte Informationen
2. Gerichtlich angeordnete Beschränkungen der Pre-Trial Discovery
II. Geografische Reichweite der Ermittlungstechniken
III. Ergebnis und Fortgang der Untersuchung
1. Reichweite von Pre-Trial Discovery-Maßnahmen
2. Erkenntnisse zur Pre-Trial Discovery sowie Ausblick auf den Fortgang der Untersuchung
Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zur Unterstützung ausländischer Verfahren
§ 1 Grundlagen der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
I. Entstehungsgeschichte und historische Entwicklung der Beweishilfe
II. Rückgriff auf die Regelungen des Discovery-Verfahrens entsprechend der FRCP
1. Anwendbare Discovery-Instrumente
a. Bestehende Auslegungsmöglichkeiten
b. Stellungnahme
2. Rückgriff auf bestehende (Aussage-)Weigerungsrechte sowie Bedeutung gerichtlich angeordneter Beschränkungen
3. Durchsetzung und Rechtsmittelfähigkeit der Anordnungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
III. Ergebnis: Verortung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Kontext US-amerikanischer Discovery-Verfahren
§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
I. Leitentscheidung des US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD
II. Antragsbefugnis
1. Rechtshilfeersuchen und Antrag eines ausländischen oder internationalen Spruchkörpers
2. Antrag einer interessierten Person
III. Antragsgegner
IV. Zuständigkeitsregelungen
1. Sachliche Zuständigkeit
2. Internationale und örtliche Zuständigkeit
a. Entwicklung des amerikanischen Zuständigkeitsrechts
b. Residence der Beweisperson
(1.) Natürliche Personen
(a.) Bestehende Auslegungsmöglichkeiten
(b.) Exkurs: Verständnis der Residence und Verortung im deutschen Recht
(2.) Juristische Personen
c. Aufenthaltsort der Beweisperson
(1.) Natürliche Personen
(2.) Juristische Personen
3. Zwischenergebnis: Zuständigkeitsregelungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
V. Antragsgegenstand und Einschränkungen
1. Belegenheit von Beweismitteln außerhalb der USA
a. Auslandsbelegene Urkunden und andere Gegenstände
(1.) Bestehende Auslegungsmöglichkeiten
(2.) Stellungnahme
b. Beweispersonen mit ausländischem Aufenthaltsort
(1.) Relevante Konstellationen bei Beweisperson mit ausländischem Aufenthaltsort und hierzu vertretene Ansichten
(2.) Stellungnahme
(a.) Auswirkungen hinsichtlich der Erlangung einer eidlichen Aussage (Testimony)
(b.) Auswirkungen hinsichtlich der Erlangung einer uneidlichen Aussage (Statement)
c. Zwischenergebnis: Belegenheit von Beweismitteln außerhalb der USA
2. Berücksichtigung ausländischer Zeugnisverweigerungsrechte
a. Bestehende Auslegungsmöglichkeiten
b. Stellungnahme
3. Zwischenergebnis: Einschränkungen des Antragsgegenstands des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
VI. Absicht zur Verwendung der erlangten Beweiserkenntnisse
1. Bedeutung des for use-Kriteriums
2. Tribunal-Eigenschaft des ausländischen Spruchkörpers und Verfahrensstadium des Ausgangsverfahrens
a. Ausländischer Spruchkörper als Tribunal gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a)
b. Verfahrensstadium des Ausgangsverfahrens
VII. Ergebnis: Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
I. Entwicklung der Kriterien der Ermessensentscheidung
1. Ermessensausübung vor der Entscheidung INTEL v. AMD
2. Ermessensausübung nach der Entscheidung INTEL v. AMD
a. Beteiligtenstatus des Antragsgegners im Ausgangsverfahren (erstes INTEL-Kriterium)
b. Rechtsnatur des Spruchkörpers sowie Empfänglichkeit gegenüber der Beweishilfe (zweites INTEL-Kriterium)
c. Versuch der Umgehung ausländischer Beweisvorschriften (drittes INTEL-Kriterium)
d. Verhältnismäßigkeit der Durchführung der Beweisermittlung (viertes INTEL-Kriterium)
e. Zwischenergebnis: Ermessensausübung nach der Entscheidung INTEL v. AMD
3. Weiterentwicklung durch die Entscheidung in Sachen Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc.
a. Sachverhalt des Verfahrens Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc
b. Ermessensausübung im Rahmen des Verfahrens Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc.
c. Zwischenergebnis: Ermessensausübung nach der Entscheidung Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc.
II. Ergebnis und Fortgang der Untersuchung
1. Zusammenfassende Betrachtung der Ermessensausübung
2. 28 U.S.C. § 1782 (a) in der Gesamtschau sowie Fortgang der Untersuchung
Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse im Rahmen deutscher Zivilverfahren
§ 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung
I. Abgrenzung der einzelnen Methoden der Beweismittelerlangung
1. Beweismittelerlangung mittels Rechtshilfeersuchen
2. Beweismittelbeschaffung und beweisrechtlicher Direktzugriff
3. Zwischenergebnis: Methoden der Beweismittelerlangung
II. 28 U.S.C. § 1782 (a) im Kontext der Varianten der Beweismittelerlangung
1. Beweisaufnahme in den USA und das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
a. Grundzüge der Beweisbeschaffung im System des HBÜ
b. 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen der Rechtshilfe nach dem HBÜ
2. Beweisrechtlicher Direktzugriff und 28 U.S.C. § 1782 (a)
a. Charakter des HBÜ und Verbot der Beweismittelbeschaffung im Anwendungsbereich des HBÜ
(1.) Reichweite des HBÜ
(2.) Stellungnahme
b. Ablauf des Direktzugriffs mittels 28 U.S.C. § 1782 (a)
3. Ergebnis: Beweiskonstellationen im Zusammenhang mit dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
I. Einführung der Beweisergebnisse in das Ausgangsverfahren
1. Einführung der Beweisergebnisse nach Einleitung eines Rechtshilfeersuchens gemäß HBÜ
2. Einführung der Beweisergebnisse durch eine der Parteien des Ausgangsverfahrens im Wege des beweisrechtlichen Direktzugriffs
3. Zwischenergebnis: Einführung der Beweisergebnisse in das deutsche Ausgangsverfahren
II. Prüfungsmaßstab und Rechtsgrundlagen der Verwertung
1. Grundsätzliche Schranken der Verwertbarkeit von Beweisergebnissen
2. Der ordre public Vorbehalt als Schranke der Beweisverwertung
a. Normzweck und Ausprägung des ordre public Vorbehalts
b. Übertragung der Wertungen des ordre public Vorbehalts auf das Beweisrecht und die Frage der Beweisverwertung
3. Zwischenergebnis: Das Konzept des beweisrechtlichen ordre public
III. Prüfung des ordre public im Hinblick auf 28 U.S.C. § 1782 (a)
1. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme
2. Die Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme und der Anspruch auf rechtliches Gehör
3. Der Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz
4. Das Ausforschungsverbot
5. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes
6. Der Grundsatz der Prozessökonomie
7. Grundrechtsverstoß als Verwertungshindernis
8. Zwischenergebnis: Prüfung des ordre public und 28 U.S.C. § 1782 (a)
IV. Ergebnis: Verwertbarkeit der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
Teil 5: Die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten aus Parteiensicht
§ 1 Auslegung der für Patentstreitigkeiten maßgeblichen Tatbestands- und Ermessensvoraussetzungen des 28 U.S.C. § 1782 (a)
I. Die zwingenden Tatbestandsmerkmale im patentrechtlichen Zusammenhang
1. Antragsbefugnis
a. Antrag durch gerichtlichen Spruchkörper
b. Antrag durch interessierte Person
(1.) Verfahren in Patentstreitsachen gemäß der §§ 143–145 PatG
(a.) Als Antragsteller in Betracht kommende Personen
(b.) Relevante Konstellationen auf Antragstellerseite bei Verfahren in Patentstreitsachen
(2.) Nichtigkeitsverfahren entsprechend der §§ 81 ff., 110 ff. PatG
(3.) Sonstige (interessierte) Personen in patentrechtlichen Auseinandersetzungen
c. Zwischenergebnis: Antragsbefugnis nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im patentrechtlichen Zusammenhang
2. Antragsgegner
3. Zuständigkeitsregelungen
4. Antragsgegenstand
5. Verwendungsabsicht der erlangten Erkenntnisse
a. Verwendungsabsicht vor einem patentrechtlichen Spruchkörper
b. Verfahrensstadium des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens
(1.) Anspruchsberühmung durch Abmahnung als Indiz
(2.) Vorliegen einer Berechtigungsanfrage oder eines Aufforderungsschreibens als Indiz
(3.) Vorliegen eines Grenzbeschlagnahmeantrags als Indiz
(4.) Zwischenergebnis: Verfahrensstadium des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens
II. Die Ermessenskriterien im patentrechtlichen Zusammenhang
III. Ergebnis: Die Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) im patentrechtlichen Kontext
§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung
I. Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragstellers
1. Auswahl des Antragsgegners
2. Zeitlicher Zusammenhang zwischen der Antragstellung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und der Einleitung des Ausgangsverfahrens
3. Inhalt und Umfang des Beweisantrags nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
4. Risiken für den Antragsteller
5. Zwischenergebnis: Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragstellers
II. Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragsgegners
1. Verteidigungsmöglichkeiten in den USA
a. Formell-rechtliche Einwände gegen die Beweisanordnung als Verteidigungsstrategie
b. Vorwurf der Unzuständigkeit oder fehlender Zugriffsmöglichkeiten auf die Beweismittel
c. Beeinflussung der Ermessensentscheidung und Androhung einer Reciprocal Discovery
d. Beschränkung des Umfangs der Beweisermittlung
e. Verzögerung der Beweisermittlung als Verteidigungsstrategie
2. Verteidigungsmöglichkeiten im deutschen Ausgangsforum
a. Maßnahmen im Rahmen des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens
b. Einleitung eines selbstständigen Verfahrens zur Abwehr der Beweisermittlung
3. Zwischenergebnis: Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragsgegners
Teil 6: Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme und Ausgleich der involvierten Interessen
§ 1 Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme
I. Vergleich der Systeme des deutschen, englischen, französischen und US-amerikanischen Rechts
1. Mögliche (Anspruchs-)Gegner der Beweisermittlung
2. Reichweite der Beweisermittlung – Nachweis der Rechtsverletzung und Umfang der Konkretisierungspflichten
3. Schutz vertraulicher Informationen
4. Durchsetzung der angeordneten Beweisermittlung
II. Ergebnis: Vergleich der betrachteten Beweisbeschaffungssysteme
§ 2 Ausgleich der prozessualen Interessen von Antragsteller und Antragsgegner
I. Interessenausgleich im Zuge der Einleitung und Durchführung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
II. Interessenausgleich im Rahmen der Einführung und Verwertung der Ergebnisse der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
III. Ergebnis: Ausgleich der beteiligten Interessen im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)
Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Entscheidungsverzeichnis
Entscheidungen Deutschland
Amtsgericht Itzehoe
Bundesgerichtshof
Bundespatentgericht
Bundesverfassungsgericht
Kammergericht
Landgericht Berlin
Landgericht Düsseldorf
Oberlandesgericht Düsseldorf
Oberlandesgericht Frankfurt
Oberlandesgericht Köln
Oberlandesgericht München
Reichsgericht
Entscheidungen EPA
EPA (Große Beschwerdekammer)
Entscheidungen UK
England and Wales Court of Appeal (Civil Division)
Entscheidungen USA
Common Pleas Court of Philadelphia County, Pennsylvania, Civil Trial Section
Court of Chancery of Delaware (New Castle)
Court of Civil Appeals of Texas (Amarillo)
Superior Court of New Jersey, Law Division, Monmouth County
Supreme Court of Missouri
Supreme Court of Montana
Supreme Court of North Carolina
Supreme Court of Tennessee (Nashville)
US District Court for the Eastern District of Pennsylvania
US Court of Appeals for the District Court of Columbia
US Court of Appeals for the Eight Circuit
US Court of Appeals for the Eleventh Circuit
US Court of Appeals for the Federal Circuit
US Court of Appeals for the Fifth Circuit
US Court of Appeals for the Fourth Circuit
US Court of Appeals for the Ninth Circuit
US Court of Appeals for the Second Circuit
US Court of Appeals for the Seventh Circuit
US Court of Appeals for the Sixth Circuit
US Court of Appeals for the Third Circuit
US Court of Appeals of New York
US District Court for the Northern District of Alabama
US District Court for the Central District of California
US District Court for the District of Columbia
US District Court for the District of Connecticut
US District Court for the District of Delaware
US District Court for the District of Maine
US District Court for the District of New Jersey
US District Court for the Eastern District of Louisiana
US District Court for the Eastern District of Michigan
US District Court for the Eastern District of New York
US District Court for the Eastern District of Texas
US District Court for the Eastern District of Wisconsin
US District Court for the Middle District of Florida (Jacksonville Division)
US District Court for the Northern District of California
US District Court for the Eastern District of South Carolina
US District Court for the Northern District of Columbia
US District Court for the Northern District of Florida
US District Court for the Northern District of Georgia
US District Court for the Northern District of Illinois
US District Court for the Northern District of Indiana, South Bend Division
US District Court for the Northern District of New York
US District Court for the Southern District of California
US District Court for the Southern District of Florida
US District Court for the Southern District of New York
US District Court for the Southern Division of Florida
US District Court for the Western District of Michigan
US District Court for the Western District of Michigan, Southern Division
US District Court for the Western District of New York
US District Court for the Western District of North Carolina
US District Court for the Western District of Washington
US District Court of Minnesota
US Supreme Court
Sachregister
Recommend Papers

Das US-amerikanische Discovery-Verfahren im Rahmen deutscher gerichtlicher Auseinandersetzungen: Eine Untersuchung unter rechtsvergleichenden Gesichtspunkten sowie unter besonderer Berücksichtigung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) als Beweisbeschaffungsmöglichkeit für Patentstreitigkeiten vor deutschen Gerichten
 9783161546860, 9783161545528

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Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht Band 127 herausgegeben von Rolf Stürner

Florian Reiling

Das US-amerikanische Discovery-Verfahren im Rahmen deutscher gerichtlicher Auseinandersetzungen Eine Untersuchung unter rechtsvergleichenden Gesichtspunkten sowie unter besonderer Berücksichtigung des Verfahrens nach 28 U.S.C. §  1782 (a) als Beweisbeschaffungsmöglichkeit für Patentstreitigkeiten vor deutschen Gerichten

Mohr Siebeck

Florian Reiling, geboren 1984; Studium der Rechtswissenschaften mit wirtschaftswissenschaftlicher Zusatzausbildung an der Universität Bayreuth; 2010 erstes, 2012 zweites Juristisches Staatsexamen; Referendariat in Mönchengladbach mit Stationen in Hanoi und Paris; seit 2012 Associate im Bereich IP/Litigation bei einer internationalen Anwaltssozietät in Düsseldorf.

e-ISBN PDF 978-3-16-154686-0 ISBN 978-3-16-154552-8 ISSN 0722-7574 (Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Basler Dissertation 2015. © 2016  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­papier gedruckt und gebunden.

Meinen Eltern.

Vorwort »Mutual knowledge of all relevant facts gathered by both parties is essential to proper litigation. To that end either party may compel the other to disgorge whatever facts he has in possession. The depositiondiscovery procedure simply advances the stage at which the disclosure can be compelled from the time of trial to the period preceding it, thus reducing the possibility of surprise.«*

Die vorliegende Arbeit wurde im Frühjahrsemester 2014 von der Juristischen Fakultät der Universität Basel als Dissertation angenommen. Die mündliche Prüfung erfolgte am 8. Oktober 2015. Die Veröffentlichung befindet sich auf dem Stand von Juni 2015. Später erschienene Rechtsprechung und Literatur bis Januar 2016 konnten für die Drucklegung vereinzelt noch berücksichtigt werden. Meinem geschätzten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. iur. Dipl.-Biol. Herbert Zech, bin ich in vielerlei Hinsicht zu Dank verpflichtet. Neben der stets konstruktiven Begleitung meiner Dissertation, seiner Diskussionsfreude und seiner zahlreichen Hinweise, bin ich ihm vor allem für seine herzliche und unkomplizierte Art bei der Betreuung dieser Arbeit dankbar. Da die Promotionsschrift zeitgleich zu meiner Tätigkeit als Rechtsanwalt in Düsseldorf entstanden ist, war ich sicherlich in größerem Maße als andere Doktorierende darauf angewiesen, einen gesprächs- und hilfsbereiten Doktorvater an meiner Seite zu wissen, der überdies in großem Maße Verständnis für die mit der Erstellung der Arbeit einhergehende Doppelbelastung aufbrachte. Frau Prof. Dr. iur. Claudia Seitz danke ich ganz herzlich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens sowie für ihre Anmerkungen und Hinweise. Dank gebührt des Weiteren Herrn Dr. Michael Kock, der die Dissertation als externer Experte beurteilt und durch seine praktischen Erfahrungen rund um das Thema Discovery bereichert hat.

*

US Supreme Court, Entscheidung v. 13. Januar 1947, Hickman v. Taylor et al., 329 US, S. 507.

VIII

Vorwort

Ohne die Mithilfe und tatkräftige Unterstützung zahlreicher Freunde hätte diese Arbeit nicht fertig gestellt werden können. Zu nennen sind dabei insbesondere Herr Dr. David Georg, Herr Dr. Arne Hansen, Frau Dr. Carla Linse, Herr Dr. Philipp Reeb sowie Herr Dr. Deniz Tschammler, die mir in den verschiedenen Stadien der Arbeit und vor allem in der finalen Phase des Korrekturlesens wertvolle Hinweise gegeben haben. Meine Freundin, Laura Wollner, hat die Bürde auf sich genommen, meine Ausführungen in Gänze zu lesen und diese eines kritischen Blickes zu würdigen. Ihre Anregungen haben maßgeblich zum Gelingen dieses Werkes beigetragen. Euch allen sei an dieser Stelle noch einmal ganz ausdrücklich für Eure Mühen, sei es bei der Korrektur des Manuskripts oder auf andere Weise, gedankt. Schließlich und im Besonderen möchte ich mich bei meinen Eltern, Gertrud und Karl Reiling bedanken. Durch ihre vorbehaltlose Unterstützung meiner akademischen Ausbildung und ihren uneingeschränkten Rückhalt auf meinem bisherigen Lebensweg wurde mir überhaupt erst die Möglichkeit eröffnet, die vorliegende Dissertation zu verfassen und das Doktorat erfolgreich abzuschließen. Dafür, wie für so vieles Andere, gebührt ihnen mein aufrichtiger Dank. Ihnen ist die Arbeit gewidmet. Düsseldorf, im Februar 2016

Florian Reiling

Inhaltsübersicht Vorwort ...................................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis .............................................................................XXI

Einleitung................................................................................................... 1 § 1 Einführung in den Gegenstand der Untersuchung ................................... 2 § 2 Forschungsstand und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes......32

Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung in Deutschland und anderen europäischen Staaten – ein Rechtsvergleich ..........................................................................39 § 1 Vorprozessuale Informationsbeschaffung im deutschen Recht – materiell-rechtliche und prozessuale Beweisermittlungsmöglichkeiten ...42 § 2 Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich ........68

Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung – die Pre-Trial Discovery ......................83 § 1 Historische Entwicklung, Ausprägungen und Ablauf des US-amerikanischen Discovery-Verfahrens .............................................85 § 2 Maßnahmen und Methoden im Rahmen der Pre-Trial Discovery (Discovery Devices)..............................................................................103 § 3 Reichweite der Pre-Trial Discovery-Maßnahmen .................................120

X

Inhaltsübersicht

Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zur Unterstützung ausländischer Verfahren ...................................................................................137 § 1 Grundlagen der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ........................137 § 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) .............................................................................................157 § 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) .....222

Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse im Rahmen deutscher Zivilverfahren .................................251 § 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung ................252 § 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) .............................................................................................271

Teil 5: Die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten aus Parteiensicht ..............305 § 1 Auslegung der für Patentstreitigkeiten maßgeblichen Tatbestandsund Ermessensvoraussetzungen des 28 U.S.C. § 1782 (a).....................306 § 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung .....................................................................................336

Teil 6: Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme und Ausgleich der involvierten Interessen ................................367 § 1 Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme ............................................368 § 2 Ausgleich der prozessualen Interessen von Antragsteller und Antragsgegner ......................................................................................376

Zusammenfassung und Ausblick ......................................................381 Literaturverzeichnis ........................................................................................ 389 Entscheidungsverzeichnis .............................................................................. 407 Sachregister .................................................................................................... 417

Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis .............................................................................XXI

Einleitung................................................................................................... 1 § 1 Einführung in den Gegenstand der Untersuchung ................................... 2 I. Problematik einer gesteigerten Informationsasymmetrie im Rahmen von Patentstreitigkeiten ........................................................................... 6 II. Möglichkeit der Beseitigung von Informationsasymmetrien durch US-amerikanische Beweisbeschaffungsverfahren ...................................10 III. Grundsätzliche zivilprozessuale Interessenkonflikte im deutschen Recht bei Anwendung ausländischer Beweisbeschaffungsverfahren .......14 1. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme ...................17 2. Parteiöffentlichkeit und Anspruch auf rechtliches Gehör ....................19 3. Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz ........................................21 4. Das Ausforschungsverbot ...................................................................23 5. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes ...........................................25 6. Der Grundsatz der Prozessökonomie ..................................................29 7. Zwischenergebnis: Zivilprozessuale Interessenkonflikte bei Anwendung ausländischer Beweisbeschaffungsverfahren ..................31 § 2 Forschungsstand und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes......32 I. Aktueller Forschungsstand .....................................................................32 II. Konkreter Untersuchungsgegenstand ......................................................35

XII

Inhaltsverzeichnis

Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung in Deutschland und anderen europäischen Staaten – ein Rechtsvergleich ..........................................................................39 § 1 Vorprozessuale Informationsbeschaffung im deutschen Recht – materiell-rechtliche und prozessuale Beweisermittlungsmöglichkeiten ...42 I. Materiell-rechtliche Ausprägungen der Beweisermittlung im deutschen Recht.................................................................................43 1. Der Vorlegungs- und Besichtigungsanspruch gemäß § 809 BGB .......45 2. Der Besichtigungsanspruch gemäß § 140 c PatG ................................52 3. Zwischenergebnis: Materiell-rechtliche Ausprägungen der Beweisermittlung im deutschen Recht ................................................54 II. Prozessuale Instrumente der Beweisermittlung im deutschen Recht .......55 1. Das selbstständige Beweisverfahren gemäß §§ 485 bis 494 a ZPO .....56 2. Urkundenvorlegung im deutschen Zivilprozess ..................................59 a. Pflicht zur Vorlegung von Urkunden gemäß §§ 421 ff. ZPO ..........60 b. Anordnung der Vorlage von Urkunden gemäß §§ 142, 144 ZPO ....61 3. Zwischenergebnis: Prozessuale Instrumente der Beweisermittlung im deutschen Recht ............................................................................65 III. Ergebnis: Vorprozessuale Beweisermittlung im deutschen Recht ...........66 § 2 Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich ........68 I. (Vor-)Prozessuale Beweisermittlung im englischen Recht ......................70 II. (Vor-)Prozessuale Beweisermittlung im französischen Recht .................75 1. Das selbstständige Beweisverfahren gemäß Art. 145 NCPC ...............75 2. Die Saisie Contrefaçon bei Urheber- und Schutzrechtsverletzungen ...76 III. Zwischenergebnis: Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich .......................................................................................80 IV. Ergebnis des Systemvergleichs und Fortgang der Untersuchung ............81

Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung – die Pre-Trial Discovery ......................83 § 1 Historische Entwicklung, Ausprägungen und Ablauf des US-amerikanischen Discovery-Verfahrens .............................................85 I. Historie und gesetzgeberische Ziele des Discovery-Verfahrens ..............85 1. Ursprung und Reformen des Discovery-Verfahrens ............................86 2. Grundprinzipien der Ausgestaltung des Discovery-Verfahrens ...........90 II. Die Pre-Case Discovery gemäß Rule 27 (a) FRCP .................................93

Inhaltsverzeichnis

XIII

III. Einleitung und Ablauf der Pre-Trial Discovery gemäß der Rule 26 bis Rule 37 FRCP.........................................................................................95 1. Verfahrenseinleitende Schriftsätze (Pleading Stage) ..........................95 2. Informationsgewinnung im Rahmen der Pre-Trial Phase ...................96 a. Aufforderung zur Aufbewahrung relevanter Informationen ............97 b. Erörterung des weiteren Verfahrensverlaufs (Meet and Confer Stage).............................................................................................98 c. Austausch prozessrelevanter Informationen (Required Disclosures) ...................................................................................99 d. Das eigentliche Beweisersuchen (Discovery Requests) .................100 3. Abschluss der Pre-Trial Stage und Übergang zum Gerichtsverfahren .............................................................................101 IV. Ergebnis: Ausprägungen und Ablauf des Discovery-Verfahrens ...........102 § 2 Maßnahmen und Methoden im Rahmen der Pre-Trial Discovery (Discovery Devices)..............................................................................103 I. Schriftliche Fragebögen (Written Interrogations) .................................104 II. Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen (Production of Documents or other Things) .................................................................107 1. Grundprinzipien der Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen ...................................................................................108 2. Die Vorlage sogenannter Electronically Stored Information (E-Discovery) ...................................................................................110 III. Ortsbesichtigung (Permission to enter upon Land or other Property) ...112 IV. Aufforderung zum Geständnis (Requests for Admission) ......................112 V. Mündliche Vernehmungen (Depositions) .............................................114 VI. Medizinische Untersuchung (Physical and Mental Examinations) .......117 VII. Ergebnis: Maßnahmen und Methoden im Rahmen der Pre-Trial Discovery ...........................................................................................118 § 3 Reichweite der Pre-Trial Discovery-Maßnahmen .................................120 I. Inhaltliche Reichweite der Ermittlungstechniken ..................................122 1. Weigerungsrechte und privilegierte Informationen ...........................125 2. Gerichtlich angeordnete Beschränkungen der Pre-Trial Discovery ...128 II. Geografische Reichweite der Ermittlungstechniken ..............................131 III. Ergebnis und Fortgang der Untersuchung .............................................133 1. Reichweite von Pre-Trial Discovery-Maßnahmen ............................133 2. Erkenntnisse zur Pre-Trial Discovery sowie Ausblick auf den Fortgang der Untersuchung ..............................................................134

XIV

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zur Unterstützung ausländischer Verfahren ........................................................137 § 1 Grundlagen der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ........................137 I. Entstehungsgeschichte und historische Entwicklung der Beweishilfe ...140 II. Rückgriff auf die Regelungen des Discovery-Verfahrens entsprechend der FRCP ........................................................................143 1. Anwendbare Discovery-Instrumente .................................................145 a. Bestehende Auslegungsmöglichkeiten ..........................................145 b. Stellungnahme ..............................................................................147 2. Rückgriff auf bestehende (Aussage-)Weigerungsrechte sowie Bedeutung gerichtlich angeordneter Beschränkungen ......................151 3. Durchsetzung und Rechtsmittelfähigkeit der Anordnungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ..............................................153 III. Ergebnis: Verortung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Kontext US-amerikanischer Discovery-Verfahren ...........................156 § 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ....................................................................157 I. Leitentscheidung des US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD .....159 II. Antragsbefugnis ...................................................................................161 1. Rechtshilfeersuchen und Antrag eines ausländischen oder internationalen Spruchkörpers ..........................................................161 2. Antrag einer interessierten Person ....................................................166 III. Antragsgegner ......................................................................................169 IV. Zuständigkeitsregelungen .....................................................................170 1. Sachliche Zuständigkeit ....................................................................170 2. Internationale und örtliche Zuständigkeit ..........................................173 a. Entwicklung des amerikanischen Zuständigkeitsrechts .................174 b. Residence der Beweisperson.........................................................177 (1.) Natürliche Personen ..............................................................177 (a.) Bestehende Auslegungsmöglichkeiten ............................179 (b.) Exkurs: Verständnis der Residence und Verortung im deutschen Recht .........................................................180 (2.) Juristische Personen ..............................................................181 c. Aufenthaltsort der Beweisperson ..................................................183 (1.) Natürliche Personen ..............................................................183 (2.) Juristische Personen ..............................................................186 3. Zwischenergebnis: Zuständigkeitsregelungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ................................................................192

Inhaltsverzeichnis

XV

V. Antragsgegenstand und Einschränkungen .............................................194 1. Belegenheit von Beweismitteln außerhalb der USA ..........................194 a. Auslandsbelegene Urkunden und andere Gegenstände .................195 (1.) Bestehende Auslegungsmöglichkeiten ...................................195 (2.) Stellungnahme .......................................................................197 b. Beweispersonen mit ausländischem Aufenthaltsort ......................200 (1.) Relevante Konstellationen bei Beweisperson mit ausländischem Aufenthaltsort und hierzu vertretene Ansichten ..............................................................................200 (2.) Stellungnahme .......................................................................202 (a.) Auswirkungen hinsichtlich der Erlangung einer eidlichen Aussage (Testimony) ........................................204 (b.) Auswirkungen hinsichtlich der Erlangung einer uneidlichen Aussage (Statement).....................................206 c. Zwischenergebnis: Belegenheit von Beweismitteln außerhalb der USA .......................................................................................207 2. Berücksichtigung ausländischer Zeugnisverweigerungsrechte ..........208 a. Bestehende Auslegungsmöglichkeiten ..........................................209 b. Stellungnahme ..............................................................................210 3. Zwischenergebnis: Einschränkungen des Antragsgegenstands des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ..............................................213 VI. Absicht zur Verwendung der erlangten Beweiserkenntnisse .................214 1. Bedeutung des for use-Kriteriums ....................................................214 2. Tribunal-Eigenschaft des ausländischen Spruchkörpers und Verfahrensstadium des Ausgangsverfahrens .....................................217 a. Ausländischer Spruchkörper als Tribunal gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a).....................................................................................217 b. Verfahrensstadium des Ausgangsverfahrens .................................218 VII. Ergebnis: Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ...........................................................................220 § 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) .....222 I. Entwicklung der Kriterien der Ermessensentscheidung ........................222 1. Ermessensausübung vor der Entscheidung INTEL v. AMD ...............223 2. Ermessensausübung nach der Entscheidung INTEL v. AMD .............224 a. Beteiligtenstatus des Antragsgegners im Ausgangsverfahren (erstes INTEL-Kriterium) ............................................................225 b. Rechtsnatur des Spruchkörpers sowie Empfänglichkeit gegenüber der Beweishilfe (zweites INTEL-Kriterium) ...............227 c. Versuch der Umgehung ausländischer Beweisvorschriften (drittes INTEL-Kriterium) ...........................................................230

XVI

Inhaltsverzeichnis

d. Verhältnismäßigkeit der Durchführung der Beweisermittlung (viertes INTEL-Kriterium) ...........................................................232 e. Zwischenergebnis: Ermessensausübung nach der Entscheidung INTEL v. AMD .............................................................................234 3. Weiterentwicklung durch die Entscheidung in Sachen Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc. ............................................................236 a. Sachverhalt des Verfahrens Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc................................................................................................236 b. Ermessensausübung im Rahmen des Verfahrens Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc. ...................................................................237 c. Zwischenergebnis: Ermessensausübung nach der Entscheidung Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc. .........................................242 II. Ergebnis und Fortgang der Untersuchung .............................................245 1. Zusammenfassende Betrachtung der Ermessensausübung ................245 2. 28 U.S.C. § 1782 (a) in der Gesamtschau sowie Fortgang der Untersuchung ...................................................................................246

Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse im Rahmen deutscher Zivilverfahren .................................251 § 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung ................252 I. Abgrenzung der einzelnen Methoden der Beweismittelerlangung .........253 1. Beweismittelerlangung mittels Rechtshilfeersuchen .........................253 2. Beweismittelbeschaffung und beweisrechtlicher Direktzugriff .........255 3. Zwischenergebnis: Methoden der Beweismittelerlangung ................257 II. 28 U.S.C. § 1782 (a) im Kontext der Varianten der Beweismittelerlangung .........................................................................258 1. Beweisaufnahme in den USA und das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ................................................................258 a. Grundzüge der Beweisbeschaffung im System des HBÜ ..............259 b. 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen der Rechtshilfe nach dem HBÜ ............................................................................262 2. Beweisrechtlicher Direktzugriff und 28 U.S.C. § 1782 (a) ................263 a. Charakter des HBÜ und Verbot der Beweismittelbeschaffung im Anwendungsbereich des HBÜ ................................................264 (1.) Reichweite des HBÜ .............................................................264 (2.) Stellungnahme .......................................................................266 b. Ablauf des Direktzugriffs mittels 28 U.S.C. § 1782 (a) ................267 3. Ergebnis: Beweiskonstellationen im Zusammenhang mit dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a)................................................267

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XVII

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) .............................................................................................271 I. Einführung der Beweisergebnisse in das Ausgangsverfahren................271 1. Einführung der Beweisergebnisse nach Einleitung eines Rechtshilfeersuchens gemäß HBÜ ...................................................271 2. Einführung der Beweisergebnisse durch eine der Parteien des Ausgangsverfahrens im Wege des beweisrechtlichen Direktzugriffs ...................................................................................273 3. Zwischenergebnis: Einführung der Beweisergebnisse in das deutsche Ausgangsverfahren ............................................................275 II. Prüfungsmaßstab und Rechtsgrundlagen der Verwertung .....................276 1. Grundsätzliche Schranken der Verwertbarkeit von Beweisergebnissen ...........................................................................276 2. Der ordre public Vorbehalt als Schranke der Beweisverwertung ......280 a. Normzweck und Ausprägung des ordre public Vorbehalts ...........280 b. Übertragung der Wertungen des ordre public Vorbehalts auf das Beweisrecht und die Frage der Beweisverwertung .................282 3. Zwischenergebnis: Das Konzept des beweisrechtlichen ordre public ...............................................................................................284 III. Prüfung des ordre public im Hinblick auf 28 U.S.C. § 1782 (a) ............285 1. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme .................286 2. Die Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme und der Anspruch auf rechtliches Gehör .......................................................................288 3. Der Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz ................................290 4. Das Ausforschungsverbot .................................................................292 5. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes .........................................294 6. Der Grundsatz der Prozessökonomie ................................................296 7. Grundrechtsverstoß als Verwertungshindernis ..................................298 8. Zwischenergebnis: Prüfung des ordre public und 28 U.S.C. § 1782 (a) .........................................................................................301 IV. Ergebnis: Verwertbarkeit der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a).....................................................................301

XVIII

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Teil 5: Die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten aus Parteiensicht ..............305 § 1 Auslegung der für Patentstreitigkeiten maßgeblichen Tatbestandsund Ermessensvoraussetzungen des 28 U.S.C. § 1782 (a).....................306 I. Die zwingenden Tatbestandsmerkmale im patentrechtlichen Zusammenhang ....................................................................................307 1. Antragsbefugnis ................................................................................307 a. Antrag durch gerichtlichen Spruchkörper .....................................307 b. Antrag durch interessierte Person .................................................310 (1.) Verfahren in Patentstreitsachen gemäß der §§ 143–145 PatG .............................................................311 (a.) Als Antragsteller in Betracht kommende Personen ..........311 (b.) Relevante Konstellationen auf Antragstellerseite bei Verfahren in Patentstreitsachen .......................................314 (2.) Nichtigkeitsverfahren entsprechend der §§ 81 ff., 110 ff. PatG ...........................................................................315 (3.) Sonstige (interessierte) Personen in patentrechtlichen Auseinandersetzungen ...........................................................317 c. Zwischenergebnis: Antragsbefugnis nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im patentrechtlichen Zusammenhang ...........................................319 2. Antragsgegner ..................................................................................319 3. Zuständigkeitsregelungen .................................................................320 4. Antragsgegenstand ...........................................................................322 5. Verwendungsabsicht der erlangten Erkenntnisse ..............................325 a. Verwendungsabsicht vor einem patentrechtlichen Spruchkörper ..325 b. Verfahrensstadium des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens .....326 (1.) Anspruchsberühmung durch Abmahnung als Indiz ................326 (2.) Vorliegen einer Berechtigungsanfrage oder eines Aufforderungsschreibens als Indiz .........................................327 (3.) Vorliegen eines Grenzbeschlagnahmeantrags als Indiz ..........329 (4.) Zwischenergebnis: Verfahrensstadium des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens ..............................................................330 II. Die Ermessenskriterien im patentrechtlichen Zusammenhang ..............331 III. Ergebnis: Die Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) im patentrechtlichen Kontext .....................................................................333 § 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung .....................................................................................336 I. Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragstellers..........................338 1. Auswahl des Antragsgegners ............................................................338

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XIX

2. Zeitlicher Zusammenhang zwischen der Antragstellung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und der Einleitung des Ausgangsverfahrens ....340 3. Inhalt und Umfang des Beweisantrags nach 28 U.S.C. § 1782 (a).....343 4. Risiken für den Antragsteller ............................................................345 5. Zwischenergebnis: Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragstellers ...................................................................................348 II. Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragsgegners .......................349 1. Verteidigungsmöglichkeiten in den USA ..........................................351 a. Formell-rechtliche Einwände gegen die Beweisanordnung als Verteidigungsstrategie .................................................................351 b. Vorwurf der Unzuständigkeit oder fehlender Zugriffsmöglichkeiten auf die Beweismittel.................................352 c. Beeinflussung der Ermessensentscheidung und Androhung einer Reciprocal Discovery ..........................................................354 d. Beschränkung des Umfangs der Beweisermittlung .......................356 e. Verzögerung der Beweisermittlung als Verteidigungsstrategie .....358 2. Verteidigungsmöglichkeiten im deutschen Ausgangsforum ..............359 a. Maßnahmen im Rahmen des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens .....................................................................360 b. Einleitung eines selbstständigen Verfahrens zur Abwehr der Beweisermittlung .........................................................................361 3. Zwischenergebnis: Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragsgegners ................................................................................365

Teil 6: Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme und Ausgleich der involvierten Interessen ................................367 § 1 Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme ............................................368 I. Vergleich der Systeme des deutschen, englischen, französischen und US-amerikanischen Rechts ...................................................................368 1. Mögliche (Anspruchs-)Gegner der Beweisermittlung .......................368 2. Reichweite der Beweisermittlung – Nachweis der Rechtsverletzung und Umfang der Konkretisierungspflichten ......................................370 3. Schutz vertraulicher Informationen ...................................................372 4. Durchsetzung der angeordneten Beweisermittlung ...........................373 II. Ergebnis: Vergleich der betrachteten Beweisbeschaffungssysteme .......375

XX

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§ 2 Ausgleich der prozessualen Interessen von Antragsteller und Antragsgegner ......................................................................................376 I. Interessenausgleich im Zuge der Einleitung und Durchführung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ...........................................376 II. Interessenausgleich im Rahmen der Einführung und Verwertung der Ergebnisse der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ...................378 III. Ergebnis: Ausgleich der beteiligten Interessen im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ............................................379

Zusammenfassung und Ausblick ......................................................381

Literaturverzeichnis ....................................................................................389 Entscheidungsverzeichnis ...........................................................................407 Sachregister ................................................................................................417

Abkürzungsverzeichnis* AG AVR

Aktiengesellschaft / Amtsgericht Archiv des Völkerrechts

BB BGH BPatg

Betriebs-Berater Bundesgerichtshof Bundespatentgericht

CCZ CPI CRi

Corporate Compliance Zeitschrift Code de la Propriété Intelectuelle Computer Law Review International

DAJV DÖV DPMA DuD

Deutsch-Amerikanische Juristenvereinigung Die Öffentliche Verwaltung Deutsches Patent- und Markenamt Zeitschrift für Datenschutz und Datensicherheit

EPA EPG EuBVO

EuZW

Europäisches Patentamt Europäisches Patentgericht Verordnung des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivilund Handelssachen Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

FIW FPR FRCP FRE F. Supp.

Forum Internationale Wissenschaft Zeitschrift Familie, Partnerschaft, Recht Federal Rules of Civil Procedure Federal Rules of Evidence Federal Supplement

GG GRUR GRUR-Int.

Grundgesetz Zeitschrift für Gewerblichen Rechtschutz und Urheberrecht Zeitschrift für Gewerblichen Rechtschutz und Urheberrecht Internationaler Teil Zeitschrift für Gewerblichen Rechtschutz und Urheberrecht Rechtsprechungsteil

GRUR-RR HBÜ

Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen

IIC

International Review of Intellectual Property and Competition Law

*

Gebräuchliche Abkürzungen, die nachstehend nicht aufgeführt sind, ergeben sich aus dem Akürzungsverzeichnis der Rechtssprache von Kirchner, 8. Auflage, 2015.

XXII

Abkürzungsverzeichnis

IPRax

Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts

JR JURA JZ

Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristenzeitung

K&R

Kommunikation und Recht

MDR MittdtPatA MMR

Monatsschrift für deutsches Recht Mitteilungen der deutschen Patentanwälte MultiMedia und Recht

NCPC NJOZ NJW NZG

Nouveau Code de Procédure Civile Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

RDV RIW RoP

Recht der Datenverarbeitung Recht der Internationalen Wirtschaft Preliminary Rules of Procedure des Einheitlichen Patentgerichts

SchiedsVZ SJZ

Zeitschrift für Schiedsverfahren Schweizerische Juristenzeitung

TRIPS

The Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum)

USC / U.S.C.

United States Code

VersR VwVfG

Zeitschrift für Versicherungsrecht Verwaltungsverfahrensgesetz

WM WRP WuW

Wertpapier-Mitteilungen Wettbewerb in Recht und Praxis Zeitschrift für Wirtschaft und Wettbewerb

ZD ZDAR ZPO ZRHO ZUM ZZP ZZP Int.

Zeitschrift für Datenschutz Zeitschrift für Deutsches und Amerikanisches Recht Zivilprozessordnung Rechtshilfeordnung für Zivilsachen Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Zeitschrift für Zivilprozess Zeitschrift für Zivilprozess International

Einleitung Der vorliegenden Untersuchung liegt der folgende idealtypische Sachverhalt zugrunde: In Deutschland ist ein Gerichtsverfahren rechtshängig. Es wird vermutet, dass sich im Ausland, genauer gesagt in den Vereinigten Staaten von Amerika1, Beweise finden lassen, welche die im Rahmen des Verfahrens geltend gemachten Ansprüche – je nach Sichtweise der involvierten Parteien – zu stützen oder zu erschüttern vermögen. Fraglich ist nun, ob und wie die jeweilige Partei an die besagten Beweismittel gelangen und diese in den deutschen Prozess einführen kann.2

1

Die Bezeichnungen Vereinigte Staaten von Amerika sowie Amerika als auch deren Abkürzung USA, werden im Folgenden synonym verwandt. Gleiches gilt für die Umschreibungen als amerikanisch bzw. US-amerikanisch, die im weiteren Verlauf der Untersuchung ebenfalls stets mit Bezug zu den Vereinigten Staaten von Amerika Verwendung finden. 2 Die Untersuchung beschäftigt sich folglich mit der umgekehrten Ausgestaltung der in Junkers grundlegender Arbeit diskutierten Fragestellung der Beweisbeschaffung für ein US-amerikanisches Verfahren, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr.

§ 1 Einführung in den Gegenstand der Untersuchung Unabhängig von der Natur des jeweils rechtshängigen Verfahrens erfordert die Substantiierung des geltend gemachten Anspruchs – aber auch eine dem Anspruch entgegengehaltene Einwendung bzw. ein bloßes Bestreiten1 – eine hinreichende Tatsachenbasis, die entweder zur Begründung des Anspruchs oder zur Abwehr desselben herangezogen werden kann.2 Zumeist wird sich der Kläger bereits vor Einreichung der Klage informieren, ob ihm die zur erfolgreichen Durchsetzung des Anspruchs erforderlichen Beweise in dem zur Entscheidung der Rechtsstreitigkeit berufenen Staat (sogenannter Forumstaat3) zur Verfügung stehen und mit den dort vorhandenen prozessualen und materiell-rechtlichen Beweisbeschaffungsmöglichkeiten4 für das Verfahren handhabbar gemacht werden können.5 Entscheidend ist inso1

Jedenfalls ein substantiiertes Bestreiten erfordert entsprechend den Regeln der Darlegungslast eine konkrete Gegendarstellung und damit einen die Rechtsbehauptung stützenden Tatsachenvortrag, vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 138, Rn. 8a und Rn. 10a; so auch Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 38 und S. 167 ff.; vgl. zur a.A. Grüter, in: Formular-Bibliothek Zivilprozess-Schuldrecht, § 2, Rn. 137, der bereits für das einfache Bestreiten einen schlüssigen Tatsachenvortrag fordert, der dem klägerischen Vortrag entgegensteht. 2 Vgl. zu den hohen Anforderungen an die Substantiierung des Verletzungssachverhalts im Patentrecht die Entscheidung des OLG Düsseldorf, Urt. v. 24. August 2006, I-2 U 31/05 – Tandembetrieb von Druckgeräten. 3 Siehe zur Bedeutung der Wahl des Forums für den Ausgang des Prozesses Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 78a ff. 4 Hinsichtlich der (weiteren) Aufklärung des einer Verletzung zugrunde liegenden Sachverhalts ist zwischen der bloßen Beweissicherung und der Beweisermittlung bzw. Beweisbeschaffung zu unterscheiden. Während bei der Beweissicherung der relevante Sachverhalt zumindest in Umrissen bekannt ist, die Beweismittel jedoch in der Sphäre des Gegners belegen sind, fehlen in der Situation der Beweisbeschaffung bzw. der Beweisermittlung bereits die für einen Beweisantritt notwendigen Informationen. Es besteht folglich bereits ein Kenntnisproblem. Die vorliegende Untersuchung widmet sich maßgeblich der Beweisermittlung bzw. Beweisbeschaffung, d.h. der Situation eines noch nicht ausermittelten Sachverhalts; siehe hierzu ausführlich Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 43. 5 Vgl. zur Problematik der Forumswahl in den USA Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 279; siehe umfassend zur Problematik der Beweisermittlung im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht.

§ 1 Einführung in den Gegenstand der Untersuchung

3

weit, ob dem Kläger in dem in Betracht kommenden Forumstaat Mechanismen zur Verfügung stehen, die einerseits einen Zugriff auf die Beweise erlauben und andererseits die Möglichkeit eröffnen, die Beweise in das Verfahren einzuführen. Im Idealfall lässt sich ein Gerichtsstandort ausmachen, der die Faktoren der Beweisnähe und -verfügbarkeit mit weiteren, nicht minder bedeutsamen Kriterien wie z.B. positiv zu beurteilenden Vollstreckungsaussichten kombiniert.6 In der Vielzahl der Fälle existiert ein solch optimaler Gerichtsstandort allerdings nicht. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein. Während das Rechtssystem des einen Staates weitreichende Beweisbeschaffungsmöglichkeiten eröffnet, diese aber beispielsweise nur durch ein sehr kostenintensives Verfahren in Anspruch genommen werden können,7 erlaubt das Rechtssystem des anderen in Betracht kommenden Forumstaates lediglich einen zurückhaltenden Zugriff auf die Beweismittel. Dafür kann dieser Gerichtsstandort durch geringere Verfahrenskosten überzeugen. Für den Kläger stellt sich folglich die Frage, welchem der Vorzüge in der konkreten Situation größere Bedeutung zukommt. So wird ein Kläger jedenfalls dann den Faktor der Beweisnähe als essentiell erachten, wenn er seine Ansprüche ohne Zugriff auf die aus den Beweismitteln resultierenden Tatsachen nicht darlegen und folglich nicht durchsetzen kann. Allerdings stellt sich die Situation tatsächlich vielfach komplexer dar. Eine schlichte Abwägung zwischen den einzubeziehenden Kriterien ist in praxi nicht immer möglich. Dies kann daran liegen, dass für die in Rede stehende gerichtliche Auseinandersetzung bereits im Vorfeld eine Gerichtsstands- bzw. eine Schiedsgerichtsvereinbarung8 getroffen wurde oder aber ein ausschließlicher Gerichtsstand von Gesetzes wegen greift, der das maßgebliche Forum zwingend vor-

6

Vgl. zur Problematik der Beweisnähe und anderer für die Wahl des Gerichtsstandorts relevanter Kriterien Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 13; siehe zur Bedeutung der Nutzung ausländischer prozessualer Instrumente für die Ermittlung der passenden (grenzüberschreitenden) Prozessstrategie Koch, AnwBl. 2015, 456 ff. 7 Typischerweise wird von einer Vielzahl der Autoren das Rechtssystem der USA als Beispiel für ein besonders kostenintensives Gerichtsforum genannt; vgl. etwa zum Kostenrisiko eines US-Verfahrens Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007; kritisch zur Entwicklung einer sogenannten Kostenrechtsprechung Thole/Gnauck, RIW 2012, 422; grundsätzlich zur Kritik der Kosten des Discovery-Verfahrens Junker, RIW 1987, 3 f. m.w.N.: »Discovery verursacht Kosten, Verzögerung und Belästigung«; zum Aspekt der immensen Anwaltskosten und der Kostenverteilung nach gewonnenem Verfahren Adams, European Review of Private Law, Vol. 3, No. 1, 1995, 57 ff.; siehe schließlich zur Gefahr weitreichender Schadensersatzforderungen, sogenannten excessive damage awards, Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 ff. 8 Insbesondere im Außenhandel kommt Schiedsvereinbarungen eine herausragende Bedeutung zu. Entsprechend aktueller Schätzungen enthalten 80 bis 90% aller internationalen Handelsverträge eine Schiedsklausel, die ein zwingendes Schiedsforum mit den jeweils anzuwendenden Regelungen vorgibt, vgl. Hoffmann, SchiedsVZ 2010, 97.

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Einleitung

gibt. Ebenso wird nicht jedes Unternehmen und insbesondere nicht jede Privatperson die finanziellen Mittel aufwenden können, um beispielsweise ein Verfahren im Ausland mit den damit verbundenen Mehrkosten zu führen. Der Kläger ist damit faktisch an einen Gerichtsstandort gebunden und muss mit den dort vorherrschenden prozessualen und materiell-rechtlichen Besonderheiten umgehen. In einer vergleichbaren Situation befindet sich im Übrigen regelmäßig auch der Beklagte. Abgesehen von der oben beschriebenen Situation eines bereits vorab bestimmten und daher zwingend einschlägigen Gerichtsforums, ist der Beklagte ohne Einfluss auf die Wahl des Gerichtsstandortes und kann im Hinblick auf die Verfügbarkeit von für ihn relevanten Beweismitteln im Vorfeld der Klage keine strategischen Erwägungen vornehmen.9 Schließlich lässt sich die Notwendigkeit auf fremde Beweisbeschaffungsverfahren zuzugreifen und damit bestimmte Beweise einer Würdigung zuführen zu können, nicht auf einzelne gerichtliche Auseinandersetzungen begrenzen. Vielmehr besteht dieses Bedürfnis in sämtlichen gerichtlichen Auseinandersetzungen, die sich dadurch auszeichnen, dass entweder dem Kläger und/ oder dem Beklagten der Zugang zu solchen Tatsachen verwehrt ist, die Einfluss auf die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch den jeweiligen Spruchkörper haben können. Indiz für die Erforderlichkeit der Heranziehung ausländischer Beweisverfahren ist folglich das Vorliegen eines gewissen Informationsgefälles zwischen den beteiligten Verfahrensparteien. Anhand der vorgenannten Feststellungen sowie in Anbetracht der eingangs geschilderten Ausgangskonstellation lässt sich die folgende für den Fortgang der Untersuchung maßgebliche Fragestellung ableiten: Wie kann sich der – aus welchen Gründen auch immer – an einen Gerichtsstandort gebundene Kläger oder Beklagte trotz der Maßgeblichkeit eines bestimmten Forums die Vorzüge eines anderen Gerichtsstandortes bzw. eines anderen Beweisbeschaffungssystems zunutze machen? Konkret wird dabei im Folgenden untersucht, inwieweit und ob sich die Parteien einer patentrechtlichen gerichtlichen Auseinandersetzung in Deutschland ausländischer Methoden der Beweisbeschaffung bedienen können. Als besonders berücksichtigenswert erscheinen in diesem Zusammenhang die Beweisermittlungsmöglichkeiten des US-amerikanischen Rechts. Dieses verfügt mit dem System der sogenannten Discovery10 über ein Mittel zur Informationsbeschaffung, das insbesondere im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinanderset-

9 Vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen zwischen den Parteien oder anderweitig einschlägiger besonderer bzw. ausschließlicher Gerichtsstände entspricht der Gerichtsstand bei natürlichen Personen dem Wohnsitz des Beklagten (§§ 12, 13 ZPO) bzw. bei juristischen Personen deren Sitz (§ 17 ZPO), vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 12, Rn. 1 ff.; Zöller/ders., a.a.O., § 13, Rn. 1 ff.; Zöller/ders., a.a.O., § 17, Rn. 1 ff. 10 Der Begriff der Discovery bezeichnet nach vorliegendem Verständnis eine Mehrzahl von Möglichkeiten, einer Prozesspartei Beweismaterial zugänglich zu machen, welches sich

§ 1 Einführung in den Gegenstand der Untersuchung

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zung ein – im Weiteren noch genauer zu untersuchendes – Instrumentarium bereithält, das eine möglichst umfassende und bestenfalls vollständige Erforschung der Tatsachengrundlage des zugrunde liegenden Falles gewährleisten soll. Diese Grundlage dient den Parteien als Ausgangsbasis der Prozessvorbereitung und kann außerdem als Ansatzpunkt für Vergleichsgespräche herangezogen werden. Eines der (noch) verhältnismäßig unbekannten11 Instrumente zur Informationsgewinnung ist in der Vorschrift 28 des United States Code (U.S.C.) § 1782 (a) normiert.12 Die Vorschrift des 28 U.S.C. § 1782 (a) eröffnet – über den eigentlichen personalen Anwendungsbereich der Discovery hinaus – auch ausländischen Prozessparteien einen gewissen Zugriff auf die amerikanischen Beweisbeschaffungsmöglichkeiten und ist aus diesem Grund von besonderem Interesse für ausländische Gerichtsverfahren. Mittels des selbstständigen Beweishilfeverfahrens des 28 U.S.C. § 1782 (a) kann sich die in Beweisnot befindliche Partei des Ausgangsverfahrens in Deutschland Zugang zu den erforderlichen Beweisen in den USA verschaffen und damit nicht nur die Gefahr einer etwaigen Beweisnot im Ausgangsforum umgehen, sondern zugleich das entsprechende Ausgangsverfahren unterstützen. Die Voraussetzungen der Heranziehung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) werden anhand der konkreten Situation einer patentrechtlichen Auseinandersetzung vor einem deutschen Spruchkörper verdeutlicht. Die insoweit bestehenden und im Weiteren zu konkretisierenden Eigenheiten der Beweissituation im Rahmen eines patentrechtlichen Verfahrens erscheinen in besonderer Weise geeignet, die Anwendbarkeit des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zu erläutern. Ob sich das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) für die in ein deutsches patentrechtliches Verfahren involvierte Partei letztlich maßgeblich als strategisches Instrument erweisen wird, oder ob sich – im Vergleich zu den üblicherweise in Deutschland angewandten Methoden der Beweismittelerlangung – mittels 28 U.S.C. § 1782 (a) tatsächlich ein Mehr an Information gewinnen lässt, sind lediglich zwei der Fragen, die eine Fokussierung auf das selbstständige Beweisverfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) als sinnvoll erscheinen lassen. Darüber hinaus ist eine Konzentration auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auch deshalb notwendig, da die Methoden und Mechanismen zur Beweismittelerlangung in Deutschland (insbesondere im Bereich des Patentrechts) seit geraumer Zeit als unzureichend erachtet werden.13 Auch die Um-

im Besitz der anderen Partei oder eines Dritten befindet, vgl. zur Definition Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 184. 11 Vgl. zum aktuellen Forschungsstand hinsichtlich des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sogleich unter Einleitung, § 2, I. 12 Die Vorschrift des 28 U.S.C. § 1782 (a) ist Teil des Code of Laws of the United States of America (U.S.C.) und damit Bestandteil des kodifizierten Bundesrechts der USA. 13 Siehe hierzu umfassend unter Teil 1, § 1.

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setzung der sogenannten Enforcement-Richtlinie14 hat an diesem Zustand nur wenig geändert.15 Andere – aus Verlegenheit oder der Unzulänglichkeit der deutschen (patentrechtlichen) Beweisermittlungssystematik entstandene – Versuche, die Beweisnot in patentrechtlichen Verfahren zu lindern, wie etwa der Vorstoß der Düsseldorfer Patentkammern, mithilfe des sogenannten Düsseldorfer Verfahrens16 einen erweiterten Zugriff auf Beweismittel zu gewährleisten, sind grundsätzlich begrüßenswert, befriedigen die Anforderungen der Praxis jedoch ebenfalls nicht in Gänze. Im Übrigen handelt es sich bei diesen Ansätzen mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung weiterhin nur um Behelfskonstruktionen,17 die für eine dauerhafte Lösung des Konflikts nicht ausreichend sind. Ob das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) diese Lücke ausfüllen kann, oder ob der Rückgriff auf das amerikanische Recht der Beweishilfe gegebenenfalls auch nur ein (unzureichendes) Provisorium darstellt, gilt es zu überprüfen.

I. Problematik einer gesteigerten Informationsasymmetrie im Rahmen von Patentstreitigkeiten Unabhängig von der Ausgestaltung der patentrechtlichen Durchsetzungsinstrumente in den jeweiligen Forumstaaten und damit unabhängig von den jeweiligen rechtspolitischen Umständen bestehen für den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes grundlegende idealtypische Besonderheiten, welche die Annahme einer per se bestehenden Beweisnot stützen.18 Der gewerbliche Rechtsschutz und damit auch die Beziehung zwischen (Patent-)Verletzer und Schutzrechtsinhaber wird durch ein ausgeprägtes Informationsgefälle gekenn-

14 Vgl. Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des Geistigen Eigentums, in: Amtsblatt der Europäischen Union L 157 vom 30. April 2004 (Durchsetzungsrichtlinie); siehe zur Problematik der Durchsetzung gewerblicher Schutzrechte in Deutschland vor Erlass der Durchsetzungsrichtlinie Krieger, GRUR Int. 1997, 424 ff. 15 Siehe zum weiterhin bestehenden Umsetzungsbedarf der Durchsetzungsrichtlinie in Deutschland Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 377 ff., S. 393 ff. 16 Vgl. hierzu umfassend Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 423 ff. 17 Kritisch äußern sich etwa Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 145 ff.; Tilman, GRUR 2005, 738; ferner Eck/Dombrowski, GRUR 2008, 392. 18 Vgl. hierzu ausführlich Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 23 ff.

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zeichnet.19 Dieses aus der Ubiquität und Immaterialität der Rechte des geistigen Eigentums20 resultierende Gefälle führt regelmäßig dazu, dass sich der Schutzrechtsinhaber nicht imstande sieht, die begangene Rechtsverletzung sowie die relevanten anspruchsbegründenden Tatsachen in all ihren Facetten zu beweisen.21 Vielmehr ist der Schutzrechtsinhaber häufig nur zu der Feststellung der Tatsache in der Lage, dass überhaupt eine Schutzrechtsverletzung stattgefunden haben muss. So ist es beispielweise für den Inhaber eines Vorrichtungs- oder eines Verfahrenspatents zumeist nicht möglich, festzustellen, ob sein Patent im Rahmen einer anderen von einem Konkurrenten konstruierten und vertriebenen, größeren Gesamtvorrichtung Verwendung findet.22 Mangels Zugang zu den technischen Zeichnungen der Vorrichtung und mangels Sichtbarkeit des technischen Innenlebens der Maschine sind die Erkenntnismöglichkeiten des Patentrechtsinhabers limitiert. Hinsichtlich der vermeintlich verwandten Vorrichtung wird sich der Patentrechtsinhaber daher mit einer äußeren Besichtigung, z.B. auf einer Fachmesse, begnügen müssen. Eine weitergehende, detaillierte Inspektion der Maschine scheitert in der Regel bereits daran, dass die ausgelieferten Maschinen – häufig aufgrund bereits vorgenommener Spezifikationen durch den Käufer – nicht mehr für eine Besichtigung zur Verfügung stehen, da der Käufer die Offenbarung seiner Geschäftsgeheimnisse fürchtet. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass sich der Käufer in Anbetracht der bestehenden Lieferbeziehungen zu dem mutmaßlichen Patentverletzer nicht mit dem Patentrechtsinhaber solidarisieren und diesem freiwillig Zugang zu seinem Werksgelände und damit zu dem vermeintlichen Verletzungsgegenstand gewähren wird.23 Schließlich scheidet das Instrumentarium des Testkaufs als mögliche Beweisquelle in vielen Fällen bereits in Anbetracht der hohen Anschaffungskosten aus.24

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So u.a. McGuire, GRUR Int. 2005, 15; König, MittdtPatA 2002, 153; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 23; vgl. ferner grundlegend zur Problematik der Beweisnot im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen; dazu auch Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 6 ff. 20 Vgl. zur Bedeutung der Kriterien der Ubiquität (Allgegenwärtigkeit) und Immaterialität für den Begriff des Geistigen Eigentums, Götting, GRUR 2006, 358. 21 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 23; ausführlich hierzu auch Schramm/Schneider, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 10, Rn. 57 ff. 22 Eine Darstellung weiterer Fallkonstellationen findet sich bei Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 4 ff. 23 So auch Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 32 f. 24 Vgl. Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 5, siehe allgemein zur Eignung des Testkaufs zum Nachweis

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Vergleichbare Probleme bestehen – wie bereits erwähnt – im Bereich der Verfahrenspatente.25 Der Schutzrechtsinhaber hat ebenso wie ein gewöhnlicher Nachfrager lediglich Zugang zu den auf dem Markt angebotenen, aus der Anwendung des Verfahrens resultierenden Erzeugnissen. Allein anhand des für ihn verfügbaren Erzeugnisses und dessen Beschaffenheit wird der Patentrechtsinhaber das im Rahmen der Herstellung angewandte Verfahren jedoch nur selten mit Sicherheit bestimmen können.26 Anderweitige Erkenntnismöglichkeiten sind für ihn allerdings kaum verfügbar, da das konkurrentenseits zum Einsatz kommende Verfahren der Geheimhaltung unterliegt und ihm erwartungsgemäß der Zugang zu den Forschungseinrichtungen oder den Produktionshallen verwehrt werden wird.27 Zusammenfassend ergeben sich damit für den Patentrechtsinhaber folgende Probleme: In der Regel besteht nur eine eingeschränkte Möglichkeit, sich Zugang zu den zur Substantiierung der Patentverletzung erforderlichen Informationen zu verschaffen. Diese Informationen befinden sich nicht in der Sphäre des Patentrechtsinhabers und sind für diesen daher meist nicht verfügbar. Daraus folgt ein grundsätzliches Informationserlangungs- bzw. Informationsbeschaffungsproblem. Aus diesem Mangel an erforderlichen Informationen resulitert für den Patentrechtsinhaber im Folgenden auch ein Informationserkenntnisdefizit, das ihm einen substantiierten Klagevortrag erheblich erschwert und in Ausnahmefällen sogar unmöglich macht.28 Ausgehend von diesen (noch) theoretischen Feststellungen und der Beschreibung der insoweit bestehenden tatsächlichen Situation des Patentrechtsinhabers sieht sich dieser darüber hinaus mit den oben angedeuteten prozessualen und materiell-rechtlichen Konsequenzen der erläuterten Probleme konfrontiert.29 Bereits auf der Ebene der Anspruchsbegründung stößt der Patentrechtsinhaber als Kläger unter Umständen an Grenzen, wenn er die Einzelheiten der Verletzung und damit die anspruchsbegründenden Merkmale nicht kennt und dementsprechend hierzu auch keine Beweise vorlegen kann.

der Verletzungshandlung Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 361; siehe ferner Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 10 ff. 25 Weitere Beispiele im Bereich der Verfahrenspatente sowie zu sogenannten Productby-Process Ansprüchen finden sich bei Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 5; siehe ferner Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, 32 f. 26 Vgl. König, MittdtPatA 2002, 153 m.w.N. 27 Zur gesamten Problematik ausführlich Mes, GRUR 2000, 935 f. 28 Im Ergebnis identisch, jedoch mit unterschiedlicher Terminologie Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 33 f., der von einem Zugangs- bzw. Verfügbarkeitsproblem einerseits und einem Kenntnisproblem andererseits spricht. 29 Eine ausführliche Darstellung der Folgen des Informationsdefizits findet sich bei Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 34.

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Schließlich wird der Kläger – mangels ausreichender Kenntnis des Vorliegens von relevanten Unterlagen bei dem Beklagten – solche Beweisstücke, die sich außerhalb seiner Sphäre befinden, nicht hinreichend konkret bezeichnen können, geschweige denn deren Inhalt kennen, um den Verletzungstatbestand zu substantiieren (sogenannte Sphärenproblematik30). Kann der Kläger die Verletzungsform allerdings nicht mit Mustern aus einem Testkauf, Zeichnungen oder anderweitigen technischen Unterlagen belegen, genügt dem Beklagten ein einfaches Bestreiten im Sinne des § 138 ZPO, um die Schwelle des beachtlichen Vortrags zu erreichen, d.h. der Beklagte muss lediglich einen der klägerischen Tatsachenschilderung entgegenstehenden Sachverhalt vortragen.31 Auswirkungen hat diese Situation schließlich auch auf eine etwaige zweite Verfahrensinstanz. In Anbetracht der Regelung des § 531 ZPO ist die Möglichkeit, neuen Sachverhalt in das Verfahren einzuführen, stark eingeschränkt, so dass der Patentreechtsinhaber im Berufungsverfahren – abgesehen von gewissen Ausnahmen – auf den eigenen Vortrag sowie die richterlichen Tatsachenfeststellungen aus dem erstinstanzlichen Verfahren beschränkt ist.32 Damit ergibt sich aus einem in der ersten Instanz nicht vollständig aufgeklärten Sachverhalt für den weiteren Verfahrensverlauf ein nicht unerhebliches Risiko, das der Patentrechtsinhaber durch eine frühzeitige und umfassende Sachverhaltsaufklärung umgehen sollte.33 Es ist festzuhalten, dass im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und insbesondere im Bereich des Patentrechts eine besondere Beweiskonstellation in Gestalt einer ausgeprägten Beweisasymmetrie zwischen Kläger und Beklagtem besteht.34 Diese Beweisasymmetrie ist dem gewerblichen Rechtsschutz immanent. In Anbetracht des in Civil Law Staaten und damit auch in Deutschland geltenden Verbotes des Ausforschungsbeweises35 entsteht der Eindruck,

30 Vgl. umfassend zum Begriff der sogenannten Sphären-Problematik Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 30 ff. 31 Vgl. statt vieler Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn. 176 f. 32 Siehe hierzu Schramm/Schneider, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 10, Rn. 60. 33 Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn. 176; siehe ferner Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 351. 34 Auch in anderen Bereichen gibt es vergleichbare Asymmetrien, so z.B. im Kartellrecht zwischen den potenziellen Klägern und den Kartellanten, vgl. Lampert/Weidenbach, WRP 2007, 152. 35 Vgl. hierzu u.a. Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007 mit Verweis auf BGH GRUR 2002, 1048 – Faxkarte; ferner Müller-Stoy, GRUR Int. 2005, 563; ausführlich zur Ausforschungsproblematik auch Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 104 ff.; zur Thematik der Ausforschung im Rahmen des deutsch-amerikanischen Justizkonflikts Paulus, ZZP 1991, S. 397 f.; siehe zu den unterschiedlichen Aufklärungsphilosophien in Deutschland und den USA schließlich Wagner, in FS-Leipold, S. 814 ff.; vgl. zur Bedeutung des

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dass das deutsche Prozessrecht diesen Defiziten nicht angemessen begegnet. Scheinbar wird in der bestehenden nachteiligen Beweislage aber kein eklatanter Missstand erblickt. Fraglich ist allerdings, ob die geschilderten Defizite grundlegender Natur und dem System daher derart inhärent sind, dass die Parteien eines Gerichtsverfahrens mit diesen Unwägbarkeiten unweigerlich konfrontiert sind. Möglicherweise können die erörterten Informationsdefizite unter Zuhilfenahme in- oder ausländischer Beweisverfahren und -instrumente aber auch abgemildert und bestenfalls sogar beseitigt werden.

II. Möglichkeit der Beseitigung von Informationsasymmetrien durch US-amerikanische Beweisbeschaffungsverfahren Unabhängig von der im Detail noch zu klärenden Frage, inwieweit das deutsche Zivilprozessrecht den aufgefundenen Informationsasymmetrien begegnet, wird – als Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung – die grundsätzliche Eignung amerikanischer Beweisbeschaffungsverfahren zur Beseitigung der genannten Defizite knapp erörtert. Dabei soll aufgezeigt werden, welche konkreten Umstände der US-amerikanischen Beweisbeschaffungsmechanismen Anlass zu der Vermutung geben, dass ein Rückgriff auf diese Beweisverfahren – sofern möglich – zu einem Erkenntnisgewinn und damit zu einem Abbau der bestehenden Informationsasymmetrien führen könnte. Die US-amerikanische Rechtstradition und deren prozessrechtliche Institute befinden sich seit geraumer Zeit auf dem Vormarsch.36 Ermöglicht wurde diese Entwicklung nicht zuletzt durch die Erkenntnis, dass das im internationalen Zivilverfahrensrecht Geltung beanspruchende lex-fori-Prinzip37 Durchbre-

§ 142 ZPO hinsichtlich der Problematik des Ausforschungsbeweises Blechmann/Rieger, DAJV-Newsletter 2004, 142. 36 Vgl. zur Ausweitung der Rechtshilfe aus den USA Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1000; Favalli spricht von einer internationalen Amerikanisierung des Verfahrensrechts, vgl. Favalli, Dokumentedition im internationalen Verhältnis, S. 17 ff.; zur gesteigerten Bedeutung des amerikanischen Discovery-Verfahrens in Deutschland siehe Budras, in: FAZ v. 14. November 2006, 25; vgl. schließlich zur allgemeinen Rezeption des US-Rechts im Rahmen von internationalen Schiedsverfahren Elsing, in: Das deutsche Wirtschaftsrecht unter dem Einfluss des US-amerikanischen Rechts, S. 160 ff.; ebenso Kühne, in: Das deutsche Wirtschaftsrecht unter dem Einfluss des US-amerikanischen Rechts, S. 253 ff. 37 Zum lex-fori-Prinzip, d.h. der Maßgeblichkeit der eigenen Prozessordnung in Verfahren vor den eigenen Gerichten und dessen grundsätzlicher Ausgestaltung siehe u.a. Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 1, Rn. 42 ff.; Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 265 f. m.w.N.; zur Zulässigkeit grenzüberschreitender Anordnungen und der Geltung der lex-fori insoweit, vgl. Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 81 ff. m.w.N.

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chungen gestattet.38 Grundsätzlich werden auslandsbezogene Sachverhalte von den jeweiligen nationalen Gerichten nach dem dort geltenden Verfahrensrecht des Gerichtsortes entschieden, unabhängig von dem anzuwendenden Sachrecht. Wenngleich es für einen Großteil der Regelungsbereiche bei der strikten Anwendung des beschriebenen lex-fori-Prinzips und damit der Anwendung des nationalen Verfahrensrechts bleibt, so hat sich doch gezeigt, dass es in Teilbereichen – wie z.B. dem Beweisrecht39 – erforderlich sein kann, fremdes Prozessrecht anzuwenden. Insbesondere für den genannten Bereich des Beweisrechts kann es gleich in mehrfacher Hinsicht zu Durchbrechungen und damit zu einer Anwendung ausländischen Prozessrechts kommen.40 Dies geschieht zum einen, wenn die maßgebliche Beweisregel bereits dem fremden Recht zuzuordnen ist oder wenn das inländische Verfahrensrecht selbst die Berücksichtigung ausländischen Rechts vorschreibt.41 Zum anderen kommt eine Durchbrechung in jenen Konstellationen in Betracht, die eine starke materiell-rechtliche Verflechtung von Verfahrensregeln aufweisen und daher ebenfalls eine Berücksichtigung und Anwendung des ausländischen Verfahrensrechts rechtfertigen.42 Eine unbedingte Geltung des lex-fori-Prinzips ist somit jedenfalls nicht anzunehmen.43 Anknüpfend an die Feststellung, dass eine Anwendung der amerikanischen Beweisverfahren zumindest nach den internationalen zivilprozessualen Grundprinzipien auch in Zusammenhang mit ausländischen Verfahrenskonstellationen denkbar ist,44 wird im Folgenden auf die bereits angesprochenen sich in Verbreitung befindlichen Entwicklungslinien und -tendenzen der US-amerikanischen Rechtstradition einzugehen sein. Eine der bekanntesten und wohl auch am meisten gefürchteten Anleihen aus dem US-amerikanischen Recht stellt die Übernahme der Verpflichtung des 38

Vgl. zur Möglichkeit der Durchbrechung der lex-fori bei Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 1 f. m.w.N.; hierzu auch Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 265 f.; ferner Gottwald, in: FS-Habscheid, S. 125. 39 Statt vieler Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 21 ff. m.w.N. 40 Vgl. umfassend Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 64 ff.; ferner Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 1, Rn. 49 ff. 41 Siehe zur sogenannten ausdrücklichen Verweisung Gottwald, in: Nagel/GottwaldIZPR, 7. Auflage, § 1, Rn. 52; so auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 2 m.w.N. 42 Vgl. Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 78; siehe wiederum Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 2 m.w.N. 43 Siehe zu den Begründungsschwierigkeiten einer ausnahmslosen Geltung des lex-foriPrinzips bei Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Auflage, Rn. 45 ff. 44 Auf eine ausführliche Untersuchung der Einschränkbarkeit des lex-fori-Prinzips wurde im Hinblick auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand verzichtet; weiterführend wird u.a. verwiesen auf Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 64 ff., 325 ff.; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Auflage, Rn. 45 ff., 734 ff.; ferner Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 1, Rn. 49 ff.

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Gegners zur Offenlegung von Beweismitteln dar; im Übrigen häufig auch solcher Beweismittel, die lediglich die Argumentation der Gegenseite zu stützen vermögen.45 Das hinter dieser Verpflichtung stehende Verfahren zur Offenlegung – kurz: Discovery-Verfahren – eröffnet den Parteien einen weitreichenden Zugang zu solchen Dokumenten, die sich im Besitz der Gegenseite befinden, von dieser kontrolliert werden und für das Verfahren – wenn auch nur entfernt – relevant sein könnten.46 Interessant ist dabei, dass nicht lediglich diejenigen Dokumente den strengen Offenbarungspflichten unterfallen, die als Beweismittel selbst von Bedeutung sein könnten, sondern auch Dokumente, die beispielsweise nur einen Hinweis auf andere relevante Beweismittel liefern.47 Ergänzt werden diese weitreichenden Offenbarungsanforderungen durch eine umfassende Digitalisierung und Elektronisierung der zur Dokumentenvorlage anzuwendenden Verfahren. Das US-amerikanische Zivilprozessrecht eröffnet den Parteien seit dem Jahr 200648 mithilfe des Instruments der Electronic Discovery49 (kurz: E-Discovery) die Möglichkeit, sogenannte Electronically Stored Information, wie z.B. E-Mails, Dateien, Faxmitteilungen, Voice-Messages usw. von der Gegenseite herauszuverlangen, um die eigene Anspruchsbegründung zu untermauern.50 Entgegen der im deutschen Prozessrecht bestehenden grundlegenden Verpflichtung, vor Eintritt in die Beweisaufnahme zunächst den geltend gemachten Anspruch schlüssig darzulegen und die erforderlichen Beweismittel samt deren Inhalt konkret zu benennen,51 gilt im US-amerikanischen Recht das Prin45 Elsing, in: Das deutsche Wirtschaftsrecht unter dem Einfluss des US-amerikanischen Rechts, S. 162 f. 46 Ein Überblick der einzelnen Mechanismen und Regelungen des Discovery-Verfahrens findet sich u.a. bei Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 184 ff.; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 109 ff.; Lange/Black, Der Zivilprozess in den Vereinigten Staaten, Rn. 56 ff.; Hay, in: Assmann/Bungert, US-HGW, Kap. 8, Rn. 199 ff.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 388 ff. 47 Elsing, in: Das deutsche Wirtschaftsrecht unter dem Einfluss des US-amerikanischen Rechts, S. 163 m.w.N.; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 4 m.w.N.; vgl. zu dem durch Vergrößerung des verfügbaren Umfangs der Beweismittel – jedenfalls theoretisch – erhöhten Beweiswert der durch eine Discovery gewonnenen Beweismittel Brinkmann, Das Beweismaß im Zivilprozess, S. 16. 48 Am 1. Dezember 2006 wurde die E-Discovery in die Bundeszivilprozessregeln (Federal Rules of Civil Procedure; FRCP) eingeführt, vgl. Spies, MMR 2007, V. 49 Vgl. zur Anwendung der Electronic Discovery grundlegend Junker, Electronic Discovery gegen deutsche Unternehmen; zu den Auswirkungen auf deutsche Unternehmen auch Spies/Schröder, MMR 2008, 275 ff.; zur Frage der Anwendbarkeit im Rahmen von Schiedsverfahren Hilgard, SchiedsVZ 2008, 122 ff.; vgl. zu den datenschutzrechtlichen Implikationen der Anwendung der E-Discovery auch Spies, MMR 2007, V ff. sowie abermals ders., MMR 2008, XVIII. 50 Thole/Gnauck, RIW 2012, 417. 51 Siehe zur Erforderlichkeit des schlüssigen Vortrags Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, Vor § 284, Rn. 1; vgl. ferner die §§ 421 ff. ZPO (Urkundenvorlegung durch den Gegner)

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zip des Notice Pleading52 gemäß Rule 8 (a) der Federal Rules of Civil Procedure (FRCP). Die Klageschrift muss daher lediglich eine grobe Zusammenfassung des behaupteten Sachverhalts und einen Klageantrag enthalten.53 Die spätere Konkretisierung des Streitstoffes und die Ermittlung der Tatsachen erfolgt mittels des Discovery-Verfahrens, wobei auch dort lediglich eine oberflächliche (besser: an Oberbegriffen orientierte) Kategorisierung der vorzulegenden Dokumente vorzunehmen ist.54 Dabei können die Parteien grundsätzlich die Erforschung jeder Tatsache bewirken, die für das Verfahren relevant sein könnte, sofern die verlangte Information nicht einem berechtigten (Aussage-)Weigerungsrecht (Privilege55) unterliegt oder von Seiten des Gerichts eine Schutzanordnung (Protective Order56) erlassen wurde. Maßgebende rechtspolitische Intention dieser weitreichenden Offenbarungspflichten ist die grundlegende Idee, Waffengleichheit zwischen den Parteien herzustellen.57 So soll verhindert werden, dass der wirtschaftlich schwächeren Partei relevante Informationen vorenthalten werden und diese einer sogenannten Litigation in a Darkroom ausgesetzt ist.58 Ziel und Anspruch der amerikanischen Beweisbeschaffungsmechanismen ist damit eine möglichst große Annäherung an die auch als Ultimate Truth59 bezeichnete umfassende Offenbarung aller für das Verfahren erforderlichen und relevanten Informationen.60

und die damit verbundene Möglichkeit des Gerichts zur Prüfung der Beweiserheblichkeit Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 424, Rn. 2 m.w.N. 52 Teilweise auch als Code Pleading bezeichnet, im Gegensatz zum Fact Pleading, das dem dezidierten deutschen Sachvortrag am ehesten entspricht, siehe Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 317 f. 53 Die Klageschrift besteht im Wesentlichen aus einer Andeutung des Sachverhalts (short and plain statement of the claim) und dem Klageantrag, vgl. Schack, Einführung in das USamerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 99. 54 Vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 111; ferner Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 405 f. 55 Siehe grundsätzlich zum Umfang der Discovery und damit zur Bedeutung der Privileges bei Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 45 f.; zu den einzelnen Ausgestaltungen der Privileges vgl. auch Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 7 f. 56 Vgl. zur Bedeutung der Protective Orders für das Discovery-Verfahren Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 123 ff.; dazu auch Hay, in: Assmann/Bungert, US-HGW, Kap. 8, Rn. 206. 57 Zum Aspekt der Waffengleichheit vgl. Elsing, in: Das deutsche Wirtschaftsrecht unter dem Einfluss des US-amerikanischen Rechts, S. 163; ebenso Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 406. 58 Elsing, in: Das deutsche Wirtschaftsrecht unter dem Einfluss des US-amerikanischen Rechts, S. 163. 59 Siehe wiederum Elsing, in: Das deutsche Wirtschaftsrecht unter dem Einfluss des US-amerikanischen Rechts, S. 163. 60 Vgl. allerdings zu der mit der weitreichenden Offenlegung verbundenen Gefahr sogenannter Fishing Expeditions bei Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 83; Reimann,

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Einleitung

Basierend auf der (noch) oberflächlichen Feststellung, dass das US-amerikanische Rechtssystem mit dem Discovery-Verfahren ein umfangreiches Beweisbeschaffungsverfahren bereithält, kann man – bereits aufgrund der bisherigen Betrachtung – die These formulieren, dass die eingangs beschriebenen Informationsdefizite sowie die daraus resultierenden Informationsasymmetrien im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes in einem amerikanischen Gerichtsverfahren jedenfalls nicht in vergleichbarer Ausprägung wie in Deutschland zu erwarten sind.61 Aus Sicht des Verfassers ist daher eine weitergehende Untersuchung erforderlich, die sich zum einen der genauen Ausgestaltung des US-amerikanischen Beweisbeschaffungsverfahrens und dessen einzelner Verfahrenstypen widmet. Zum anderen muss beleuchtet werden, inwieweit diese Verfahren auch in Deutschland angewandt und die hieraus erlangten Erkenntnisse im Rahmen deutscher Gerichtsstreitigkeiten verwertet werden können. Damit einhergehend stellt sich allerdings die grundlegende Frage, inwieweit das deutsche Zivilprozessrecht sowie dessen tragende Verfahrensgrundsätze die Anwendung eines derart weitreichenden Offenbarungsinstrumentariums sowie die damit verbundenen umfassenden Offenlegungsverpflichtungen überhaupt gestatten.

III. Grundsätzliche zivilprozessuale Interessenkonflikte im deutschen Recht bei Anwendung ausländischer Beweisbeschaffungsverfahren Befinden sich die für ein deutsches Gerichtsverfahren maßgeblichen Informationen im Ausland und werden z.B. relevante Unterlagen nicht bereits freiwillig für das Verfahren zur Verfügung gestellt, ist die Möglichkeit eines Zugriffs auf die Beweismittel im Ausland in Betracht zu ziehen. Je nach Wahl und Ausgestaltung der konkreten Methode der Beweiserlangung kann eine Berücksichtigung ausländischen Verfahrensrechts unumgänglich sein. Die im Rahmen der IPRax 1994, 152; Bodungen/Jestaedt, in: FS-Stiefel, S. 80 f.; zu den insoweit bestehenden Besonderheiten bei Schiedsverfahren Sachs, SchiedsVZ 2003, 193 ff. 61 So im Ergebnis auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 20 f.; ebenso Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 81 ff.; zu vergleichbaren Resultaten gelangt Schönknecht hinsichtlich der Heranziehung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und spricht insoweit von »Chancen für Parteien in Beweisnot«, vgl. Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1009; eine vergleichbare Argumentation findet sich auch bei Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 989; für den Bereich des Kartellrechts gelangen Lampert/Weidenbach, WRP 2007, 162, im Hinblick auf die Anwendung US-amerikanischer Beweisbeschaffungsverfahren zu der Überzeugung, dass »Schadensersatzklagen gegen Mitglieder von Kartellen nicht an Beweismangel scheitern müssen«; Pfeiffer, GRUR Int. 1999, 604, geht davon aus, dass 80% aller begonnenen (Patent-)Verfahren während oder nach einer Discovery ihr gütliches Enden finden.

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bestehenden ausländischen Beweisverfahren zu berücksichtigenden Verfahrensgrundsätze entsprechen dabei häufig nicht den bekannten deutschen zivilprozessualen Verfahrensstandards. In diesem Zusammenhang gilt es, vorab potenzielle Kollisionsbereiche zu identifizieren und zu untersuchen, in welchen dieser Bereiche Konflikte am wahrscheinlichsten sind. Entscheidend sind insoweit die seitens des deutschen Gerichts und seitens der beteiligten Verfahrensparteien bestehenden Möglichkeiten, um auf die im Ausland (hier: den USA) belegenen Beweismittel zuzugreifen und diese für das Verfahren handhabbar zu machen.62 Zur Vornahme der entscheidungserheblichen Feststellungen ist zunächst an die Durchführung einer Beweisaufnahme im Ausland zu denken. Ausdrücklich vorgesehen ist diese Möglichkeit in den §§ 363, 364 ZPO,63 die in Verbindung mit den jeweils einschlägigen internationalen Beweishilfevorschriften die Erledigung von (Beweis-)Ersuchen durch ausländische (hier: US-amerikanische) Behörden regeln.64 Dabei wird das relevante Beweismittel durch Rückgriff auf die im entsprechenden Forum vorgesehenen inländischen Beweisverfahren im Zusammenspiel mit internationalen Beweishilfeübereinkommen65 zum Gegenstand der Beweisaufnahme.66 Daneben ist auch eine Beschaffung der Beweismittel aus dem Ausland in Betracht zu ziehen. Eine solche Beweisbeschaffung 62

Eine ausführliche Darstellung der prozessrechtlichen Methoden eines Zugriffs auf ausländische Beweismittel findet sich in Teil 4, § 1. 63 Bei der Beweisaufnahme im Ausland gemäß § 364 ZPO handelt es sich um eine Beweisaufnahme in eigener Initiative im Parteibetrieb. Da die internationalen Beweishilfevorschriften den Parteibetrieb allerdings nur selten vorsehen, ist ein Vorgehen nach § 364 ZPO selten erfolgversprechend, vgl. Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 364, Rn. 1 f. m.w.N. 64 Vgl. ausführlich Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 363, Rn. 1 ff.; ferner Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 363, Rn. 1 ff.; siehe zu den unterschiedlichen Möglichkeiten einer Einführung der Beweise je nach gewählter Beweisbeschaffungsmethode Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 256 ff. 65 Je nach geografischer Belegenheit der Beweismittel im Ausland kann das Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HBÜ) oder – sofern eine Beweisaufnahme in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vorgesehen ist – die Verordnung des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen heranzuziehen sein (EG-VO 1206/2001, EuBVO); vgl. grundlegend zum HBÜ und dessen Geltungsbereich statt vieler Trittmann/Leitzen, IPRax 2003, 7 ff.; Wazlawik, IPRax 2004, 396 ff.; Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, 2006; Hess, JZ 2003, 923 ff.; die EuBVO ist zwar stark an die Vorgaben des HBÜ angelehnt, ist diesen gegenüber jedoch vorrangig anzuwenden (vgl. Art. 21 Abs. 1 EuBVO), siehe hierzu Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 9. 66 Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 54 f.; vgl. ferner Musielak, in: FS-Geimer, S. 762; einen Überblick der grundsätzlich bestehenden Möglichkeiten an die im Ausland belegenen Beweise zu gelangen gibt Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 422 ff.; vgl. zur Abwicklung der Rechtshilfeverfahren in Deutschland die

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setzt allerdings eine gerichtliche Anordnung zur grenzüberschreitenden Herbeischaffung des Beweismaterials67 voraus. Nach erfolgter Bereitstellung können die Beweismittel dann einer (im jeweiligen Inland üblichen68) Beweisaufnahme unterzogen werden.69 Schließlich wird die Möglichkeit eines direkten Zugriffs auf die im Inland gängigen Beweishilfenormen – wie etwa 28 U.S.C. § 1782 (a)70 – diskutiert, ohne hierfür zunächst den Umweg über etwaige internationale oder bilaterale Beweishilfeabkommen beschreiten zu müssen.71 Mit Ausnahme der Varianten einer Beschaffung oder einer freiwilligen Bereitstellung der Beweismittel aus dem Ausland kommt es zur Heranziehung ausländischen Verfahrensrechts72 bzw. im Hinblick auf den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung zum Rückgriff auf die entsprechenden Normen des amerikanischen Rechts. Im Falle einer Beweisaufnahme im Ausland gilt dies nicht nur hinsichtlich der Beweisaufnahme selbst, sondern darüber hinaus für die zeitlich vorgelagerte Beweismittelerlangung. Bei direktem Zugriff auf die Beweismittel erfolgt eine Berücksichtigung des US-amerikanischen Rechts jedenfalls bei der Beweismittelerlangung gemäß des jeweils gewählten amerikanischen Beweisverfahrens. Die bei Anwendung des amerikanischen Rechts allgemeine Einführung in die Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) vom 28. Oktober 2011, die unter https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/IRZH/ZRH O.pdf?__blob=publicationFile&v=7 abrufbar ist (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 67 Vgl. zu den durch die Einwirkung auf das Territorium eines ausländischen Staates im Einzelfall möglichen Souveränitätsverletzungen Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 55 ff.; siehe zu den möglichen Empfängern einer solchen Anordnung ders., Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 55. 68 Die (direkte) Beweisbeschaffung führt folglich zur Maßgeblichkeit des inländischen (hier: des deutschen) Verfahrensrechts im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht des Ausgangsforums, vgl. Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2380. 69 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2380, spricht in diesem Zusammenhang von einem Import der Beweismittel aus dem Ausland; siehe dazu auch Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 27 ff. 70 Gleiches gilt für die Anwendung der in der vorliegenden Untersuchung nicht berücksichtigten Discovery-Instrumente nach den Gesetzen der US-amerikanischen Einzelstaaten; vgl. zu den insoweit bestehenden Unterschieden zwischen den einzelstaatlichen Ausprägungen des Discovery-Verfahrens sowie der damit verbundenen Gefahr eines Forum Shopping innerhalb des Bundesgebiets Hay, US-amerikanisches Recht, Rz. 188. 71 Zwar handelt es sich nach Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 247, bei dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) grundsätzlich auch um ein Verfahren der Rechtshilfe (vgl. § 2 ZRHO), allerdings erfolgt dabei nicht notwendigerweise ein Rückgriff auf ein internationales Rechtshilfeabkommen, so dass es sich bei der geschilderten Möglichkeit eines Direktzugriffs letztlich um eine dritte Variante der Erlangung ausländischer Beweismittel handelt; siehe zur Diskussion Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 41 ff. 72 Anwendung findet deutsches Recht außerdem bei Beweisersuchen i.S.d. § 363 Abs. 2 ZPO, die sich an den deutschen Konsul im Auslandsforum richten (vgl. Art. 15 und Art. 16 HBÜ), vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 363, Rn. 8; siehe zu den Nachteilen dieses Verfahrens Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 264 f.

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geltenden Grundsätze und Verfahrensmaximen unterscheiden sich – wie noch zu zeigen sein wird – häufig grundlegend von den Bestimmungen der ZPO. Im Folgenden werden daher die aus der Anwendung des ausländischen Verfahrensrechts resultierenden, besonders konfliktträchtigten Bereiche vorgestellt sowie grob skizziert, inwieweit bei der Anwendung US-amerikanischer Beweisbeschaffungsverfahren eine Beeinträchtigung des deutschen Verfahrensrechts gegeben sein könnte. Ebenso soll untersucht werden, ob bestimmte Prozessmaximen die (zusätzliche) Heranziehung weitreichenderer ausländischer Beweisermittlungsmethoden unter Umständen sogar gebieten oder einen derartigen Rückgriff zumindest als legitimes Mittel der Beweisermittlung erscheinen lassen. Der Fokus liegt dabei – mit Blick auf eine der Beweisbeschaffung nachfolgende Verwertung der Beweismittel im deutschen Verfahren – auf jenen prozessualen Grundsätzen, die einen engen Zusammenhang zum Beweisrecht der ZPO aufweisen.73 1. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme Von maßgeblicher Bedeutung für das gesamte Verfahren, insbesondere aber für das Beweisverfahren, ist der in § 355 Abs. 1 S. 1 ZPO statuierte Grundsatz74 der Unmittelbarkeit. Diese Prozessmaxime besagt, dass die Verhandlung des gesamten Rechtsstreits innerhalb einer Instanz vor demselben Gericht stattfinden muss. Das jeweilige Gericht trifft demzufolge ohne Einschaltung einer richterlichen Mittelsperson seine Entscheidung.75 Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verlangt im Zusammenspiel mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO eine sachgerechte Bewertung der Beweismittel anhand des unmittelbaren Eindrucks dieser Beweismittel durch das Gericht.76 Die Unmittelbarkeitsmaxime schützt damit maßgeblich vor einer Verfälschung der Beweisgrundlage und

73 Vgl. zum gesamten Themenkomplex zivilprozessualer Interessenkonflikte Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 57 ff.; im Verlauf der weiteren Untersuchung wird erneut auf die dargestellten Verfahrensgrundsätze einzugehen und zu erörtern sein, ob im Lichte der dann vorliegenden Erkenntnisse hinsichtlich des Discovery-Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) eine Verletzung der Verfahrensgrundsätze tatsächlich gegeben ist und sich hieraus Schlussfolgerungen z.B. hinsichtlich der Problematik der Verwertbarkeit der erhaltenen Beweismittel ziehen lassen; vgl. hierzu später in Teil 4. 74 Die Begriffe (Verfahrens-)Grundsatz und (Verfahrens- bzw. Prozess-)Maxime werden im Folgenden synonym verwandt. 75 Musielak, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, Einl., Rn. 47 ff.; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 128, Rn. 13; vgl. ferner Möller, JA 2010, 51. 76 In der Regel handelt es sich dabei um das Kollegialgericht, sofern der Rechtsstreit nicht gemäß § 348 Abs. 1 ZPO einem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen wurde, vgl.statt vieler Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 355, Rn. 1 ff.

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dient gleichzeitig der Verfahrensbeschleunigung.77 Insgesamt stellt der Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit einen der wichtigsten Verfahrensgrundsätze überhaupt dar.78 Das Außerachtlassen des (formellen79) Unmittelbarkeitsgrundsatzes ist folglich für die Qualität der Rechtspflege äußerst problematisch, so dass Ausnahmen vom Unmittelbarkeitsgrundsatz nur in engen Grenzen gegeben sind.80 Grundsätzlich gilt dabei, dass Ausnahmen nur dann zulässig sind, wenn diese durch die ZPO selbst ausdrücklich bestimmt werden.81 Im Hinblick auf die Anwendung ausländischer Beweisverfahren, deren Vollzug nicht selten von den jeweils zuständigen ausländischen Behörden ohne eine Einbindung des deutschen Spruchkörpers vorgenommen wird, stellt sich damit die Frage der Wahrung und Berücksichtigung der Maßgaben des Unmittelbarkeitsgrundsatzes. Dies gilt insbesondere angesichts des Fokus der vorliegenden Arbeit auf das Verfahren gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a), dessen Verfahrensausgestaltung – als Bestandteil der US-amerikanischen Beweisbeschaffungsmechanismen – einen besonders weitreichenden Umfang der Beweisermittlung erwarten lässt. Dabei sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen. Neben der Problematik des Bestehens ausreichender Beteiligungsmöglichkeiten des deutschen Gerichts wird ferner zu prüfen sein, welche konkreten Formen der Einführung der Beweismittel in Betracht kommen und inwieweit die unterschiedlichen Konstellationen den durch die Unmittelbarkeitsmaxime gestellten Anforderungen hinsichtlich der Beteiligung des Gerichts ausreichend Rechnung tragen. Sollte sich im Rahmen der weiteren Prüfung der Voraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und bei Prüfung der dabei vorhandenen Beteiligungsmöglichkeiten des deutschen Gerichts eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit abzeichnen, wird schließlich zu untersuchen sein, ob die Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes unter Umständen unvermeidbar ist und damit legitim sein könnte.82 So kann beispielsweise die Situation

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Vgl. statt vieler PG-ZPO/Prütting, 7. Auflage, § 355, Rn. 1. Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 355, Rn. 7 m.w.N.; siehe zur Bedeutung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 122 f. 79 Zur Unterscheidung von formeller und materieller Unmittelbarkeit vgl. Musielak, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 355, Rn. 5. 80 Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 355, Rn. 6 f.; vgl. zur Problematik der Gewährung von Ausnahmen vom (formellen) Unmittelbarkeitsprinzip wiederum Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 355, Rn. 13. 81 Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 355, Rn. 13; eine Auflistung der Durchbrechungen findet sich bei Musielak, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 355, Rn. 10; zur Erforderlichkeit der Ausnahmen vom Grundsatz der Unmittelbarkeit Musielak, in: FS-Geimer, S. 761 f. 82 Vgl. etwa zu den Durchbrechungen und Einschränkungen des Grundsatzes der Unmittelbarkeit bei Anwendung der §§ 363, 364 ZPO Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 363, Rn. 5. 78

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eintreten, dass neben der Beweisaufnahme im Ausland keine anderen Möglichkeiten der Beweiserhebung in Betracht kommen und daher allein durch Preisgabe des Grundsatzes der Unmittelbarkeit ein Verlust der Beweismittel für das Verfahren verhindert werden kann.83 2. Parteiöffentlichkeit und Anspruch auf rechtliches Gehör Einhergehend mit einer vermeintlichen Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit84 der Beweisaufnahme wird im Rahmen der Anwendung ausländischer Beweisverfahren ferner eine Verletzung des Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme85 diskutiert.86 Der in § 357 Abs. 1 ZPO verankerte Grundsatz statuiert das Recht der Parteien und ihrer Vertreter, bei der Beweisaufnahme anwesend zu sein und ist Ausprägung des weitergehenden Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit und damit ein weiterer wichtiger Grundsatz des Beweisrechts der ZPO.87 Durch die Sicherstellung der Teilnahme der Verfahrenssubjekte88 an der Beweisaufnahme wird nicht zuletzt das Grundrecht auf rechtliches Gehör89 (Art. 103 Abs. 1 GG) gewährleistet.90 Besondere Ausprägung findet der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme im Fragerecht der Parteien (§ 397 ZPO) und bei der Sachverständigen- und Parteivernehmung (§§ 402, 451 ZPO).91

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Siehe hierzu Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 66. Berger beschreibt den Grundsatz der Parteiöffentlichkeit als Seitenstück zum formellen Unmittelbarkeitsgrundsatz, siehe Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 357, Rn. 1 ff. 85 Vgl. eingehend zur Verletzung der Parteiöffentlichkeit im Zusammenhang mit extraterritorialer Beweisbeschaffung Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 73 ff. 86 Die ebenfalls denkbare Beeinträchtigung des Öffentlichkeitsgrundsatzes gem. § 169 GVG soll vorliegend nicht ausführlich thematisiert werden. Angesichts der im Rahmen von Patentstreitigkeiten häufig diskutierten sensiblen, der Geheimhaltung unterliegenden Informationen erfolgt ein Ausschluss der Öffentlichkeit (z.B. von der Beweisaufnahme) zumeist bereits entsprechend § 172 Nr. 2 GVG, um auf diese Weise eine Verletzung der schutzwürdigen (Geheimhaltungs-)Interessen des Patentrechtsinhabers zu verhindern, vgl. hierzu Zöller/Lückemann, GVG, 30. Auflage, § 172, Rn. 6, 8; siehe ferner Musielak, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, Einl., Rn. 49 ff. 87 Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 357, Rn. 1 ff. m.w.N. 88 Neben den Parteien und deren Vertretern sind entgegen dem Wortlaut der Vorschrift ferner Streitgehilfen sowie sogenannte sachkundige Berater, die den Parteien bei der Ausübung ihrer Mitwirkungsbefugnisse zur Seite stehen, zur Anwesenheit berechtigt, vgl. Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 357, Rn. 4. 89 Siehe zum Inhalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör v.a. im Hinblick auf die Möglichkeit zur Äußerung zu den Beweisergebnissen und zu Verfahrensfehlern bei der Beweisaufnahme Greger, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, Vor § 128, Rn. 6 f. 90 Greger, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 357, Rn. 1; ferner Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 357, Rn. 1 ff. 91 Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 73. 84

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Entsprechend dem geltenden Verständnis des § 357 Abs. 1 ZPO soll den Parteien die Anwesenheit, d.h. das physische Zugegensein bei der Beweisaufnahme, ermöglicht werden.92 Wird dieses Recht auf Anwesenheit durch die gegnerische Partei z.B. durch Verweigerung des Zutritts im Rahmen der Begehung eines Grundstücks unmöglich gemacht, so kann dieses Verhalten durch das Gericht als Beweisvereitelung gewertet werden und dementsprechend zu einer nachteiligen Beweiswürdigung führen.93 Die Berücksichtigung des Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit im Rahmen von inländischen gerichtlichen Auseinandersetzungen ist zumeist wenig problematisch.94 Schwierigkeiten können sich hingegen bei der Anwendung ausländischer Beweisverfahren ergeben. Zunächst können sich in rechtlicher Hinsicht Einschränkungen des Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit ergeben. Dies betrifft zum einen die Rolle der Parteien im Rahmen des US-amerikanischen Beweisermittlungsverfahrens und zum anderen die den Parteien in diesem Zusammenhang verliehenen Kompetenzen und Eingriffsbefugnisse. Je nach Ausgestaltung, d.h. je nach Art und Umfang der Parteirechte einerseits und der Rechte des Gerichts andererseits kann sich eine Beeinträchtigung der Maxime der Parteiöffentlichkeit ergeben. Zu beachten sind darüber hinaus Beschränkungen in tatsächlicher Hinsicht. Angesichts der Vornahme der Beweisermittlung im Ausland erfordert die Ausübung der sich aus dem Grundsatz der Parteiöffentlichkeit ergebenden Befugnisse zum einen die Übernahme der mit der Durchführung des ausländischen Beweisverfahrens verbundenen Kosten95 sowie zum anderen die Anwesenheit der Parteien vor Ort, um der Beweisaufnahme beizuwohnen. Inwieweit sich hieraus eine (weitere) Verletzung des Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit ergeben kann, wird ebenfalls Gegenstand der Untersuchung sein.

92 Einhergehend mit dem Recht auf Anwesenheit ergibt sich schließlich auch ein Recht auf Benachrichtigung hinsichtlich anstehender Beweistermine, vgl. Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 357, Rn. 3. 93 Greger, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 286, Rn. 14a; ferner Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 357, Rn. 2. 94 So im Hinblick auf das Erfordernis der Benachrichtigung Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 73 f. 95 Inwieweit sich durch die im Rahmen des US-amerikanischen Discovery-Verfahren anfallenden Kosten u.U. auch eine Beeinträchtigung des Grundsatzes sparsamer Prozessführung rechtfertigen ließe, soll vorliegend nicht gesondert erörtert werden. Es dürfte auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ankommen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme (hier: das Discovery-Verfahren) im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte, vgl. BGH, Urt. v. 9. September 2004, I ZB 5/04, in: NJW-RR 2004, 1724 – Unterbevollmächtigter II; vgl. ausführlich zum Grundsatz sparsamer Prozessführung Jaspersen/Wache, BeckOK ZPO, § 91, Rn. 119.

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3. Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz Der Verhandlungsgrundsatz96 betrifft die Berechtigung und zugleich die Verpflichtung der Parteien zur Beschaffung des Prozessstoffs.97 Das Gericht darf seiner Entscheidung allein das Tatsachenmaterial zugrunde legen, das seitens der Parteien vorgetragen wurde.98 Angesichts der gegenläufigen Interessen der Parteien und den insoweit (meist) einseitigen Schilderungen des Sachverhalts sowie der grundsätzlichen Pflicht zur Wahrheit ergibt sich für das Gericht die Möglichkeit einer bestenfalls objektiven Annäherung an das tatsächliche Geschehen.99 Dementsprechend sind übereinstimmend vorgetragene und damit unstreitige Tatsachen sowie Zugestandenes ohne Beweisaufnahme, also ohne gerichtliche Nachprüfung der Wahrheit, zu übernehmen.100 In Bezug auf streitige Tatsachen ergibt sich hingegen eine Beweisbedürftigkeit des Tatsachenstoffs.101 Die Beweiserhebung hinsichtlich solcher streitiger Tatsachenbehauptungen kommt allerdings nur in Betracht, wenn die Partei entsprechenden Beweis angeboten hat (Beibringungsgrundsatz).102 Zwar findet sich der Verhandlungsgrundsatz nicht ausdrücklich in den Bestimmungen der ZPO wieder, allerdings lässt sich aus unterschiedlichen Normen ableiten,103 dass die zivilprozessuale Beweisermittlung idealerweise nicht das Ergebnis einer staatlichen Untersuchung (Untersuchungsgrundsatz104) dar-

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Teilweise findet sich auch die (plastische) Bezeichnung als Beibringungsgrundsatz bzw. als Parteimaxime, vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 128, Rn. 10; siehe ferner Musielak, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, Einl., Rn. 37; vgl. ausführlich zu den Begrifflichkeiten und deren Nuancen Zettel, Der Beibringungsgrundsatz, S. 17 ff.; siehe außerdem zu den Bestrebungen, den Verhandlungsgrundsatz als Kooperationsmaxime auszugestalten Lorenz, ZZP 1998, S. 39. 97 Statt vieler Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 128, Rn. 10. 98 Vgl. den zugrunde liegenden Grundsatz da mihi factum, dabo tibi ius (»Gib mir den Sachverhalt, ich werde Dir das Recht geben«), Lorenz, ZZP 1998, S. 39; siehe auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 88; vgl. jedoch zu den Möglichkeiten des Gerichts, sich Erkenntnisse in gewissem Umfang selbst zu verschaffen, Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 128, Rn. 10. 99 In diesem Sinne auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 88. 100 Dies gilt auch bei Zweifeln an der Richtigkeit des Vortrags, siehe Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 128, Rn. 10; vgl. allerdings zu den Konsequenzen bei einer offenkundigen Verletzung der Wahrheitspflicht Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 286, Rn. 14. 101 Lorenz, ZZP 1998, S. 39. 102 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 88. 103 Einerseits handelt es sich um Normen, die – wie etwa §§ 128 Abs. 1, 285 Abs. 2 und § 333 ZPO – von »verhandeln« sprechen, andererseits ergibt sich als Umkehrschluss aus den §§ 616, 617 und § 640 ZPO, dass die ZPO den Untersuchungsgrundsatz lediglich als Ausnahme vorsieht, vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 89. 104 Ausführlich zur Abgrenzung des Untersuchungs- vom Verhandlungsgrundsatz Musielak, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, Einl., Rn. 37 ff.

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stellt, sondern sich bestenfalls durch »Darstellungen beider Parteien gemeinsam ein zutreffendes Bild der Sachlage [ergibt?]«.105 Das geschilderte Verständnis des Verhandlungsgrundsatzes steht einer aktiven Einbringung des Gerichts im Sinne einer materiellen Prozessleitung jedoch nicht entgegen. Vielmehr besteht in gewissem Maß eine Pflicht des Richters, Hinweise zu geben und die Parteien durch Fragen zu Konkretisierungen und Ergänzungen zu veranlassen.106 Schließlich führt die Geltung des Verhandlungsgrundsatzes auch nicht zu einer Beschränkung des Gerichts im Hinblick auf die Beweiswürdigung oder hinsichtlich der rechtlichen Würdigung des Parteivorbringens.107 Die Wirkungen des Beibringungsgrundsatzes unterliegen allerdings gewissen Einschränkungen.108 Insbesondere ergeben sich die Grenzen des Beibringungsgrundsatzes aus der Mitwirkungs- und Wahrheitspflicht der Parteien (§ 138 ZPO) sowie aus der Prozessleitungspflicht des Gerichts (§ 139 ZPO).109 Einschränkungen des Beibringungsgrundsatzes könnten schließlich auch bei der für die vorliegende Untersuchung maßgeblichen Durchführung eines ausländischen Beweisverfahrens auftreten. Angesichts der mit der Anwendung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) vermutlich einhergehenden weitreichenden Verpflichtung der Parteien zur Offenlegung und in Anbetracht der mutmaßlich bestehenden umfassenden Aufklärungs- und Informationspflichten, erscheint ein Konflikt mit den Maßgaben des Beibringungsgrundsatzes nicht ausgeschlossen. Fraglich ist insoweit, ob die seitens (einer) der Parteien veranlasste weitreichende ausländische Beweisermittlung mit den Prinzipien des Verhandlungsgrundsatzes überhaupt konfligiert. Schließlich könnte das Bestehen weitreichender Aufklärungspflichten und -obliegenheiten unter Umständen auch als Ausfluss des Verhandlungsgrundsatzes anzusehen sein und damit eine willkommene Folge der Anwendung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) darstellen.110 Offenbart die Prüfung der Voraussetzungen des US-amerikanischen Beweisverfahrens allerdings, dass tatsächlich Konfliktpotential im Hin-

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Siehe zu den Rechtfertigungsansätzen des Verhandlungsgrundsatzes Lorenz, ZZP 1998, S. 39. 106 Zum Vorstehenden insgesamt Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 128, Rn. 10. 107 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 88. 108 Zumeist resultieren diese Einschränkungen aus der Kollision des Verhandlungsgrundsatzes mit dem sich aus der Verfassung ergebenen Gebot des rechtsstaatlichen und fairen Verfahrens, vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 128, Rn. 10; weiterführend zu den Einschränkungen und Durchbrechungen Günther, Der Beibringungsgrundsatz, S. 69 ff. 109 Weitere Einschränkungen folgen aus der Möglichkeit der Anordnung des persönlichen Erscheinens (§ 141 ZPO) sowie der Vornahme einer Beweiserhebung von Amts wegen (vgl. §§ 144, 273 Abs. 2 und § 448 ZPO), vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 90. 110 Vgl. die Zusammenfassung der unterschiedlichen Sichtweisen bzw. zur Beurteilung der Verletzung des Verhandlungsgrundsatzes bei Schlosser, JZ 1991, 599, 603 ff.

§ 1 Einführung in den Gegenstand der Untersuchung

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blick auf die Geltung des Verhandlungsgrundsatzes besteht, kann eine Heranziehung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen deutscher Gerichtsstreitigkeiten nur zu rechtfertigen sein, wenn sich die Einschränkung des Verhandlungsgrundsatzes als vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommene Folge und damit als Ausnahme vom Verhandlungsgrundsatz darstellt. Insoweit bietet sich ein Vergleich zu den bereits erwähnten anderweitigen gesetzlichen Einschränkungen des Verhandlungsgrundsatzes an, um eine Einordnung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) vornehmen zu können. 4. Das Ausforschungsverbot Neben der Durchsetzung materiell-rechtlicher Rechtspositionen und dem vorrangigen Versuch des Erreichens einer gütlichen Einigung zwischen den Parteien verfolgt der Zivilprozess als Idealziel die Offenlegung der materiellen Wahrheit.111 Diese übergeordnete Verpflichtung prägt auch den Rechtsalltag der Eingangsinstanzen, deren Augenmerk in der Regel weniger komplexen Rechtsfragen als vielmehr der Ermittlung der Wahrheit von Tatsachenbehauptungen gilt.112 Dem Ideal der Wahrheitsfindung sind jedoch Grenzen gesetzt. Einerseits bestehen diese in der menschlichen Erkenntnisfähigkeit und andererseits ergeben sich Einschränkungen aus den prozessualen Verfahrensmaximen sowie dem geltenden Prozessrecht selbst.113 Eine der offensichtlichsten Grenzen114 hinsichtlich der Ermittlung der materiellen Wahrheit ist das Verbot des Aus-

111 Siehe zum Aspekt der Streitbeilegung als vorrangiges Ziel Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, Einl., Rn. 39. 112 Lorenz, ZZP 1998, S. 36. 113 Vgl. Lorenz, ZZP 1998, S. 36 f. 114 Als theoretische Grenze der Beweisermittlung kann auch der – von der überwiegenden Literaturmeinung allerdings abgelehnte – Grundsatz, dass niemand verpflichtet ist, »seinem Gegner die Waffen [für dessen Prozesssieg] in die Hand zu geben« (nemo tenetur edere contra se-Grundsatz) gewisse Anhaltspunkte für die Diskussion bieten, vgl. hierzu Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 40 und Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 20, die auf die Interpretation des Grundsatzes verweisen, dass niemand verpflichtet sei, »gegen sein eigenes Fleisch zu wüten«; siehe allerdings zur ablehnenden Haltung in der Literatur erneut Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 40 m.w.N.; hierzu auch Katzenmeier, JZ 2002, 534 mit Verweis auf BGH, Urt. v. 11. Juni 1990, II ZR 159/89, in: BGH NJW 1990, 3151; siehe ferner Schlosser, JZ 1991, 599 zugleich Besprechung von BGH, Urt. v. 11. Juni 1990, II ZR 159/89; im Hinblick auf die Geltung des Grundsatzes für die ZPO ebenfalls kritisch Lorenz, ZZP 1998, S. 63 m.w.N.; in diesem Sinne auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, Einl., Rn. 55; vgl. ferner Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Einf. § 284, Rn. 29.

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forschungsbeweises.115 Angesprochen ist damit die Trennlinie zwischen noch zulässigen Beweisanträgen einerseits und sogenannten Beweisfischzügen andererseits.116 Unzulässig sind demnach Beweisantritte, die allein darauf zielen, erst auf Grund der Beweisaufnahme die zur Konkretisierung des Vortrags benötigten eigentlichen beweiserheblichen Tatsachen in Erfahrung zu bringen, um diese sodann zur Grundlage neuen (Beweis-)Vortrags zu machen.117 Eine solche Konstellation ist insbesondere dann gegeben, wenn willkürlich118 Behauptungen aufs Geratewohl oder ins Blaue hinein aufgestellt werden, ohne dass konkrete Anhaltspunkte für einen bestimmten Sachverhalt vorliegen.119 Ebenso ist von einer Ausforschung im vorstehenden Sinn auszugehen, wenn die relevanten Beweismittel im Beweisantrag lediglich ungenau, weil nicht ausreichend konkret,120 bezeichnet sind oder die Bezeichnung als solche Mängel aufweist.121 Im Hinblick auf die für die vorliegende Untersuchung maßgeblichen Patentverletzungsverfahren kann sich der Patentrechtsinhaber folglich nicht mit dem Hinweis begnügen, die zur Substantiierung der Patentverletzung notwendigen Informationen lägen beim vermeintlichen Verletzer vor.122 Derartige willkürliche Behauptungen zum Verletzungsgegenstand dienen allein der Kenntisverschaffung hinsichtlich der eigentlichen beweisbedürftigen Tatsachen und sind entsprechend des zuvor geschilderten zivilprozessualen Verständnisses des

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Vgl. umfassend zum Ausforschungsbeweis in MüKo/ZPO/Prütting, 4. Auflage, § 284, Rn. 79 f.; ferner Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 284, Rn. 5; siehe zur Bedeutung des Ausforschungsbeweises bei Verpflichtung zur Vorlage von Urkunden Zekoll/Bolt, NJW 2002, 3129 f.; ausführlich zur Bedeutung im Kontext des US-amerikanischen Discovery-Verfahrens Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 139 ff., S. 180 ff., S. 208 f., S. 218; vgl. schließlich Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, S. 11 f. 116 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 139; siehe zu den Grundlagen, den Voraussetzungen und der Verletzung des Ausforschungsverbots weiterführend Hök, Discovery proceedings als Anerkennungshindernis, S. 245 ff. 117 Dölling, NJW 2013, 3124. 118 Willkür in diesem Sinne erfordert ein Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte für die behauptete Tatsache, d.h. der Beweisantritt erweist sich als rechtsmissbräuchlich, vgl. Dölling, NJW 2013, 3124. 119 Vgl. MüKo/ZPO/Prütting, 4. Auflage, § 284, Rn. 79 f.; ferner Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 284, Rn. 5 m.w.N.; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 142; Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, S. 11 f. 120 Unzulässig wäre es etwa, statt eines bestimmten Dokuments Einsicht in die gesamten Geschäftsunterlagen z.B. eines Jahres zu verlangen, hierzu PG-ZPO/Prütting, 7. Auflage, § 142, Rn. 8. 121 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 139 ff. 122 Er ist allerdings grundsätzlich nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten, über die er keine genauen Kenntnisse hat, sondern die er nach Lage der Dinge lediglich für wahrscheinlich hält, vgl. Dölling, NJW 2013, 3124.

§ 1 Einführung in den Gegenstand der Untersuchung

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Ausforschungsbeweises und der insoweit geltenden Konkretisierungserfordernisse nicht zulässig.123 In Anbetracht der zurückhaltenden Ausgestaltung der Beweisermittlung und der restriktiven Handhabung der Beweisausforschung im deutschen Zivilprozessrecht sind gewisse Konflikte mit den umfangreichen Sachverhaltserforschungsmechanismen124 des US-amerikanischen DiscoveryVerfahrens abzusehen. Diese Problematik gilt insbesondere für die Erforschung solcher Informationen, die nicht selbst als Beweismittel in Betracht kommen, jedoch bei der Beschaffung weiterer relevanter Beweismittel hilfreich sein könnten und bereits deshalb in den Fokus der US-amerikanischen Beweisermittlung geraten.125 Für die Beurteilung einer Beeinträchtigung des Ausforschungsverbots dürfte damit zweierlei entscheidend sein: Zum einen stellt sich die Frage, ob das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Elemente bereit hält, die die Pflicht zur Offenlegung prozessrelevanter Informationen dergestalt begrenzen, dass jedenfalls eine zwangsläufige Ausforschung der gegnerischen Partei und damit eine Aushöhlung des Ausforschungsverbots unterbunden werden.126 Zum anderen wird die Ausgestaltung des deutschen Rechts und dessen Haltung zum Ausforschungsbeweis zu berücksichtigen sein; ergibt sich dabei eine grundsätzlich ausforschungsfeindliche Haltung, ist die Prüfung eines Verstoßes an engere Voraussetzungen zu knüpfen und folglich insgesamt kritischer zu beurteilen.127 5. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes Anknüpfend an die Darstellung des Ausforschungsverbots kommt auch dem Verfassungsrecht und dem hieraus abzuleitenden128 Gebot des effektiven

123

Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, S. 11. Vgl. statt vieler Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1009; Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 989. 125 Siehe Elsing, in: Das deutsche Wirtschaftsrecht unter dem Einfluss des US-amerikanischen Rechts, S. 163 m.w.N.; vgl. auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 4 m.w.N. 126 Selbst im Falle einer (gelegentlich) anzunehmenden Beeinträchtigung des Ausforschungsverbots könnte sich die Verwertbarkeit der erlangten Beweismittel im Einzelfall ergeben, wenn sich für den besagten Einzelfall aus verfassungsrechtlicher Sicht und nach Vornahme einer entsprechenden Abwägung die Verpflichtung zur Ermittlung der Wahrheit als vorrangig darstellt, vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 143 ff. 127 Ähnlich auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 147 ff. 128 Siehe zum Ursprung des Grundsatzes auf effektiven Rechtsschutz Zuck, NJW 2013, 1132 ff.; siehe hierzu ferner Bruns, ZZP 2011, S. 33 f.; vgl. zu den einzelnen (zivilrechtlichen) Ausformungen des Gebots eines effektiven Rechtsschutzes Musielak, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, Einleitung, Rn. 34 m.w.N.; siehe dazu weiterführend Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, Einl., Rn. 48 ff. 124

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Rechtsschutzes eine maßgebliche Rolle hinsichtlich der Beurteilung der Rückgriffsmöglichkeiten auf ausländische Beweishilfesysteme zu. Der grundgesetzlich in Art. 19 Abs. 4 GG129 verbürgte Anspruch auf effektiven Rechtsschutz garantiert einen möglichst lückenlosen und effektiven Schutz gegen Verletzungen der Rechtssphäre des Einzelnen durch Akte öffentlicher Gewalt.130 Die Rechtsschutzgewährung bezieht sich – diesem Verständnis folgend – nicht lediglich auf die grundsätzliche Möglichkeit der Anrufung der Gerichte, sondern zielt auch auf eine tatsächlich wirksame Kontrolle innerhalb der einzelnen Instanzen ab.131 Verpflichtet wird demzufolge nicht nur die Gesetzgebung, die die Rechtsschutzgewährung durch normative Ausgestaltung einer Verfahrensordnung erst ermöglicht, sondern auch die Gerichte132 selbst.133 Die durch Art. 19 Abs. 4 GG verkörperten Anforderungen an das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes zeigen sich in der Praxis in dreierlei Ausgestaltung: Erfasst ist zunächst der Zugang zu den Gerichten,134 die dort vorzunehmende ordnungsgemäße Prüfung des Streitbegehrens sowie schließlich die in zeitlicher Hinsicht vertretbare Bearbeitung des Rechtsschutzbegehrens.135 Letzteres bedeutet, dass der Rechtssuchende einen Anspruch auf eine das Verfahren abschließende Entscheidung innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens hat.136 Den geschilderten Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes

129 Während der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gegen Akte öffentlicher Gewalt zumeist allein aus Art. 19 Abs. 4 hergeleitet wird, wird für den zivilprozessuales Justizgewährungsanspruch (hierzu sogleich) zusätzlich noch auf die Art. 2 Abs. 1, 101 Abs. 1, 103 Abs. 1 GG, Art. 6 EMRK i.V.m. dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip des GG rekurriert, vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, Einl., Rn. 48 ff. 130 Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Auflage, Art. 19, Rn. 30 m.w.N.; vgl. ferner Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage, Art. 19, Rn. 32 ff.; siehe auch Zuck, NJW 2013, 1132. 131 Sachs, in: Sachs-GG, 7. Auflage, Art. 19, Rn. 143. 132 Die Rechtsprechung gilt jedoch nicht als öffentliche Gewalt i.S.d. Art. 19 Abs. 4 GG, vgl. Sachs, in: Sachs-GG, 7. Auflage, Art. 19, Rn. 120 ff.; siehe weiterführend zur Auslegung des Begriffs der öffentlichen Gewalt Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Auflage, Art. 19, Rn. 45 f. 133 Siehe zum Aspekt der Sicherung eines effektiven Rechtsschutzes durch die Prozessordnungen Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Auflage, Art. 19, Rn. 31; ferner Zuck, NJW 2013, 1132. 134 Vgl. zu den verfahrensrechtlichen Möglichkeiten auf eine Gerichtsentscheidung Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Auflage, Art. 19, Rn. 40; vgl. hinsichtlich des Zugangs zum gerichtlichen Verfahren ferner Zuck, NJW 2013, 1133. 135 Vgl. aber zur Verfassungsmäßigkeit der zeitlichen Befristung des Rechtsschutzes Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Auflage, Art. 19, Rn. 42. 136 Siehe zum Gesamten Zuck, NJW 2013, 1132; vgl. zu den verschiedenen Aspekten verfassungsrechtlicher Effektivität des Rechtsschutzes Schmidt-Jortzig, NJW 1994, 2572 f.

§ 1 Einführung in den Gegenstand der Untersuchung

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ist erst dann Genüge getan, wenn dem Rechtsschutzanliegen des Bürgers adäquate staatliche Rechtschutzmöglichkeiten gegenüberstehen, die die Abwehr der Rechtsverletzung – jedenfalls grundsätzlich – ermöglichen.137 Die vorstehenden Ausprägungen des Art. 19 Abs. 4 GG gelten jedoch nur für den Rechtsschutz in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten.138 Die betroffenen Verfahrensbeteiligten müssen sich also gegen Akte der öffentlichen Gewalt wenden. Für das im Rahmen der vorliegenden Untersuchung interessierende Zivilverfahren ergibt sich damit eine Lücke.139 Angesichts des staatlichen Gewaltmonopols muss aber auch für zivilrechtliche Streitigkeiten eine Rechtsschutzmöglichkeit zur Verfügung stehen.140 Diese Bedenken aufgreifend hat das Bundesverfassungsgericht daher aus Art. 19 Abs. 4, 101 Abs. 1, 103 Abs. 1 GG, Art. 6 EMRK i.V.m. dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und Art. 2 Abs. 1 GG einen allgemeinen Justizgewährungsanspruch abgeleitet141 und den Inhalt des Gebots des effektiven Rechtsschutzes in seiner Gesamtheit auf diesen Justizgewährungsanspruch im Bereich des zivilrechtlichen Rechtschutzes übertragen.142 Damit ergibt sich – als Folge des staatlichen Selbsthilfeverbots143 – nunmehr auch für den Einzelnen144

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Sachs, in: Sachs-GG, 7. Auflage, Art. 19, Rn. 143. Huster/Rux, BeckOK GG, Art. 20, Rn. 199; siehe zur eingeschränkten Geltung der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nur gegenüber Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt auch Sachs, in: Sachs-GG, 7. Auflage, Art. 19, Rn. 115; Vollkommer spricht im Zusammenhang mit Art. 19 Abs. 4 GG insoweit von dem formellen Hauptgrundrecht, das die zentrale Verbürgung gerichtlichen Rechtsschutzes gegen jedweden Eingriff der öffentlichen Gewalt umfasst, vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, Einl., Rn. 47. 139 Zuck, NJW 2013, 1132; vgl. zu der früher bestehenden Rechtsschutzlücke, die nunmehr durch Einführung der sogenannten Verzögerungsrüge geschlossen wurde, Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, Einl., Rn. 48. 140 Vgl. Huster/Rux, BeckOK GG, Art. 20, Rn. 199. 141 Siehe zur früher umstrittenen Herleitung des Anspruchs Habscheid, ZZP 1983, S. 307; vgl. hierzu auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, Einl., Rn. 48; vgl. schließlich zur aktuellen rechtlichen Grundlage des Anspruchs in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG Zuck, NJW 2013, 1132. 142 Eine Übersicht der relevanten Entscheidungen des BVerfG findet sich bei Zuck, NJW 2013, 1132 (dort Fn. 12 f.); vgl. zur Erstreckung des Justizgewährungsanspruchs auf die Kontrolle des entscheidenden Richters den Beschluss des BVerfG, Beschl. v. 30. April 2003, 1 PBvU 1/02, in: NJW 2003, 1924 ff.; siehe hierzu auch die Anmerkung von Voßkuhle, NJW 2003, 2193 ff. 143 Siehe zum Charakter des Anspruchs als Substitut zur (verbotenen) Selbsthilfe Habscheid, ZZP 1983, S. 306 f.; vgl. ferner Bruns, ZZP 2011, S. 33, der das Recht auf zivilprozessuale Durchsetzung der Privatrechte als notwendige Kehrseite und Konsequenz des staatlichen Gewaltmonopols ansieht. 144 Siehe zur Geltendmachung der Verletzung über das Transportgrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG Zuck, NJW 2013, 1132 m.w.N.; hierzu auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, Einl., Rn. 48 ff.; vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen Jarass, in: Jarass/Pieroth, 138

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ein öffentlich-rechtlicher, gegen den Staat gerichteter Anspruch auf Rechtshilfe, dem staatlicherseits die Pflicht der Gerichte zur Herbeiführung einer sachgemäßen Entscheidung entspricht.145 In Anbetracht des Charakters des Justizgewährungsanspruchs als Ersatz für das Verbot der Selbsthilfe sowie als Ausgleich für das staatliche Gewaltmonopol muss der Anspruch auf ein Verfahren gerichtet sein, das eine effektive Durchsetzung der jeweiligen Rechte und damit einen tatsächlich effektiven Rechtsschutz auch zur Durchsetzung privater Rechte gewährleistet.146 Dies kann allerdings nur dann umfassend garantiert werden, wenn auch die Feststellung der Tatsachengrundlagen eines Rechts im gerichtlichen Verfahren sichergestellt wird. Angesprochen ist damit zugleich das Recht der Parteien auf eine Feststellung des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts.147 Erkennt man das Recht auf Tatsachenfeststellung folgerichtig als Ausfluss des Justizgewährungsanspruchs an, wird man darüber hinaus das Recht gewähren müssen, diese Tatsachen zu beweisen; schließlich erfordert die Feststellung der Tatsachen auch deren Beweis.148 Damit kommt aber nicht nur dem Justizgewährungsanspruch, sondern auch dem Recht auf Tatsachenfeststellung sowie der Durchführung einer diesbezüglichen Beweisaufnahme Verfassungsrang zu.149 Das Grundgesetz fordert damit dem Grunde nach eine weite, rechtsschutzfreundliche Sachverhaltserforschung.150 Angesichts des Verfassungsrangs dieses Gebots kann eine Einschränkung nicht ohne Darlegung einer ausreichenden Legitimation erfolgen.151 Liegen also nach Durchführung eines ausländischen Beweisermittlungsverfahrens – etwa nach 28 U.S.C. § 1782 (a) – Beweiserkenntnisse vor, die zur weiteren Aufklärung der Tatsachengrundlage beitragen könnten und werden diese Beweise – unter anderem mit Verweis auf den ausländischen Charakter des Beweisverfahrens oder unter Bezugnahme auf den (zu) weitreichenden Umfang der Beweisermittlung – nicht berücksichtigt,

GG, 13. Auflage, Art. 20, Rn. 91 ff.; siehe zu den Anforderungen an das Gebot der Rechtsschutzgewährung auch Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Auflage, Art. 20, Rn. 59 f. 145 Die Gerichte sind damit gehalten, alles Notwendige zur Erledigung des Rechtsschutzgesuchs zu unternehmen, vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, Einl., Rn. 48. 146 Habscheid, ZZP 1983, S. 307 f. 147 Habscheid, ZZP 1983, S. 307 f.; siehe zur Bedeutung des Justizgewährungsanspruchs für die Verfahrensgestaltung des Zivilprozesses Zuck, NJW 2013, 1133. 148 Vgl. erneut Habscheid, ZZP 1983, S. 308, der hieraus das sogenannte Recht auf Beweis als Bestandteil des Justizgewährungsanspruchs ableitet; hierzu auch Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Auflage, § 284, Rn. 53. 149 Habscheid, ZZP 1983, S. 308 m.w.N.; in diesem Sinne auch Eschenfelder, RIW 2006, 446 f. 150 Eschenfelder, RIW 2006, 446. 151 Ausführlich zu den Einschränkungsmöglichkeiten Habscheid, ZZP 1983, S. 308 ff.

§ 1 Einführung in den Gegenstand der Untersuchung

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könnte sich hieraus eine – im Weiteren zu untersuchende – Verletzung des verfassungsrechtlichen Justizgewährungsanspruchs und damit zugleich eine Beeinträchtigung des Gebots des effektiven Rechtsschutzes ergeben. 6. Der Grundsatz der Prozessökonomie Die Umrisse des Grundsatzes der Prozessökonomie152 sind noch nicht umfassend geklärt. Dies gilt gleichermaßen für den Stellenwert der Prozessökonomie in der Theorie der ZPO aber auch für deren Einordnung als (zentraler153) Verfahrensgrundsatz.154 Unbestritten gilt jedoch eine zweckmäßige Interpretation der ZPO als vorzugswürdig, d.h. das Verfahrensrecht verlangt – im Rahmen gewisser, noch zu spezifizierender Grenzen – die Berücksichtigung von Zweckmäßigkeit, Sachdienlichkeit, Praktikabilität, Effektivität und Wirtschaftlichkeit des Verfahrens.155 Kurzum: Die Zielrichtungen des Verfahrens sollen mit einem Minimum an Aufwand optimal verwirklicht werden.156 Stehen folglich in einer bestimmten prozessualen Situation verschiedene alternative Verfahrensweisen zur Verfügung, soll der zweckmäßigere (sachdienlichere157), einfachere, kostengünstigere158 und schnellere Weg vom Gericht und von den Parteien zu wählen sein.159 Daraus ergibt sich jedoch keine dem gesamten Verfahrensrecht generell innewohnende Verpflichtung hinsichtlich eines ökonomischen und/oder effizien-

152 Häufig findet sich auch die Bezeichnung der Verfahrensökonomie bzw. der Prozesswirtschaftlichkeit; Unterschiede ergeben sich aus der Verwendung der verschiedenen Begrifflichkeiten – soweit ersichtlich – allerdings nicht, siehe hierzu Hofmann, ZZP 2013, S. 83 m.w.N.; siehe ferner Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 23. Auflage, Vor § 1, Rn. 110 ff. 153 Dies bejahend Hofmann, ZZP 2013, S. 108. 154 Hofmann, ZZP 2013, S. 83 f., S. 85 ff., S. 99 ff. 155 Siehe hierzu Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, Einl., Rn. 95; ebenso Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 23. Auflage, Vor § 1, Rn. 110 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Grdz § 128, Rn. 14. 156 Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 23. Auflage, Vor § 1, Rn. 110. 157 Vgl. zu den unterschiedlichen Ausprägungen der Sachdienlichkeit etwa in den §§ 263, 533 Nr. 1 ZPO Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, Einl., Rn. 95. 158 Interpretiert man den Kostenaspekt als Verpflichtung zu ökonomischem Verhalten ist allerdings festzuhalten, dass gemäß des Grundsatzes der Prozessökonomie nicht jedes unökonomische Verhalten per se als unzulässig anzusehen ist; vielmehr gilt die Verpflichtung zur Orientierung an ökonomischen Grundsätzen nur dort, wo konkrete Normen des Verfahrensrechts tatsächlich eine Pflicht zur (ökonomischen) Effizienz gebieten und einer ökonomischen Verfahrensgestaltung damit eine rechtliche Relevanz zukommt, vgl. Hofmann, ZZP 2013, S. 89 ff., S. 97 f. 159 Vgl. statt vieler Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Grdz § 128, Rn. 14; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 23. Auflage, Vor § 1, Rn. 110; kritisch zu den vorstehenden Ansätzen einer Definition Hofmann, ZZP 2013, S. 86 ff.

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ten Handelns.160 Ein solcher Reflex ist dem Verfahrensrecht fremd. Maßgeblicher Ansatzpunkt des Grundsatzes der Prozessökonomie (im engeren Sinn161) sind vielmehr diejenigen Normen, die nicht lediglich aus allgemeinen Erwägungen zu einem effizienten Verfahrenshandeln anhalten, sondern die eine konkrete Verhaltensmaxime festlegen und sich insoweit an den Grundsätzen einer effizienten Verfahrensgestaltung orientieren.162 In Anbetracht dieses auf allgemeine Rechtsgedanken übertragbaren Verständnisses handelt es sich bei dem Grundsatz der Prozessökonomie auch nicht lediglich um eine allgemeine Auslegungshilfe, sondern um einen eigenständigen, zentralen Verfahrensgrundsatz.163 Schranken eines solchen Verständnisses der Prozessökonomie ergeben sich insbesondere dort, wo man grundlegende andere Erfordernisse preisgeben müsste, etwa weil der grundsätzliche Prozesszweck des Verfahrens dies gebietet.164 Vorbehaltlich einer Missbrauchskontrolle kann eine Klage daher aus Effizienzgesichtspunkten nicht allein deshalb als unzulässig abgewiesen werden, weil ihr nur marginale Erfolgsaussichten beschieden sind oder das eingeklagte Recht geringwertig ist.165 Schließlich ergeben sich Einschränkungen, wenn anderen Prozessrechtsgrundsätzen eine größere Bedeutung einzuräumen ist166 sowie dort, wo das Verfahrensrecht eine Einschränkung explizit statuiert.167 Geht man folglich von der Einordnung des Grundsatzes der Prozessökonomie als eigenständigem Verfahrensgrundsatz aus, stellt sich auch insoweit die Frage, wie die aus 28 U.S.C. § 1782 (a) erlangten Beweisergebnisse im Rahmen eines deutschen Zivilverfahrens verwertet werden können. Zunächst scheint der Gedanke naheliegend, dass der Grundsatz der Prozessökonomie – im Sinne der Vermeidung einer erneuten Beweisermittlung168 – der Verwer-

160 Vgl. hierzu Hofmann, ZZP 2013, S. 89 ff., der einen allgemeinen Effizienzgrundsatz bzw. ein dem Verfahrensrecht per se innewohnendes Effizienzprinzip ablehnt. 161 Siehe zur Begrifflichkeit Hofmann, ZZP 2013, S. 85, S. 109. 162 Hofmann, ZZP 2013, S. 89 ff. m.w.N. 163 Vgl. Hofmann, ZZP 2013, S. 107 f. 164 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Grdz § 128, Rn. 14. 165 Vgl. zum Rechtsschutzbedürfnis insoweit Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 253, Rn. 18 m.w.N.; siehe zum Aspekt der Geringwertigkeit Hofmann, ZZP 2013, S. 108. 166 Vgl. hinsichtlich des Vorrangs der Dispositionsmaxime Jauernig/Hess, Zivilprozessrecht, 30. Auflage, § 24, Rn. 5. 167 Vgl. Zöller/Lückemann, GVG, 30. Auflage, § 17, Rn. 10, zur Klagerücknahme (§ 269 ZPO) als ausdrückliche Ausnahme vom Prinzip der Vermeidung von Folgeprozessen sowie zur Möglichkeit der Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung, die ebenfalls zur Prozessverdopplung führen kann; siehe zum Streitstand umfassend Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, GVG, 73. Auflage, § 17, Rn. 6; vgl. ferner Hofmann, ZZP 2013, S. 108. 168 Die Durchführung einer weiteren Beweisermittlung stünde jedenfalls im Widerspruch zu den dargestellen Maßstäben einer effizienten Verfahrensgestaltung; vgl. zur Abgrenzung

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tung der Erkenntnisse aus 28 U.S.C. § 1782 (a) jedenfalls nicht entgegensteht. Allerdings könnte sich diese Überlegung bereits dann als hinfällig erweisen, wenn eine der genannten Einschränkungen des Grundsatzes der Prozessökonomie einschlägig ist und prozessökonomische Überlegungen damit als Argumentationsstütze bereits nicht zur Verfügung stehen. Der Inhalt des Grundsatzes der Prozessökonomie sowie die konkrete Ausgestaltung dessen Schranken werden daher im Lichte der Einzelheiten des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und im Hinblick auf eine durch die Verwertung der Beweisergebnisse potenziell ausgelöste Verletzung anderer Verfahrensgrundsätze näher zu untersuchen sein. 7. Zwischenergebnis: Zivilprozessuale Interessenkonflikte bei Anwendung ausländischer Beweisbeschaffungsverfahren Die knappe Darstellung der für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand maßgeblichen Prozess- und Verfahrensgrundsätze hat gezeigt, dass sich sowohl hinsichtlich der Anwendung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) als auch im Hinblick auf die Verwertung der gewonnenen Erkenntnisse Konflikte mit verschiedenen Verfahrensmaximen ergeben können. Maßgebliche Erkenntnis der bisher abstrakten Untersuchung ist jedoch, dass eine Beeinträchtigung grundlegender deutscher Rechtsprinzipien zunächst nicht zwingend erscheint und eine Heranziehung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) für den deutschen Zivilprozess damit jedenfalls nicht von vorne herein ausgeschlossen ist. Diese These wird insbesondere durch die Betrachtung des Gebots des effektiven Rechtsschutzes sowie die Untersuchung des Grundsatzes der Prozessökonomie gestützt. Die Untersuchung der beiden Prozessmaximen legt jeweils den Schluss nahe, dass das deutsche Zivilverfahrensrecht einer Anwendung umfassenderer, ausländischer Beweisverfahren durchaus offen gegenübersteht. Es gilt daher, die Voraussetzungen der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zu erarbeiten, um anhand der dann vorliegenden Erkenntnisse im Rahmen einer detaillierten Prüfung auf die Parameter der bisherigen Analyse erneut eingehen zu können.

der effizienten Verfahrensausgestaltung von einer effektiven Ausgestaltung i.S.d. Beschleunigungsvorschriften Hofmann, ZZP 2013, S. 97; vgl. ergänzend zum Beschleunigungsgrundsatz Möller, JA 2010, 52.

§ 2 Forschungsstand und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes I. Aktueller Forschungsstand Während das Thema der US-amerikanischen Discovery in verschiedensten Schattierungen bereits Gegenstand zahlreicher Abhandlungen war,1 die sich meist der im Rahmen der Discovery anwendbaren Instrumente, deren Anwendungsvoraussetzungen und Umfang annahmen, haben sich erst wenige Autoren explizit mit dem vorliegend relevanten Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) beschäftigt. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Untersuchung lagen Arbeiten von Eschenfelder,2 Rollin3 und Adler4 vor, welche die Voraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in unterschiedlicher Intensität und mit jeweils abweichender Schwerpunktsetzung behandelt haben. Während Eschenfelder die Funktionsweise des US-amerikanischen Discovery-Verfahrens sowie dessen Bedeutung für das deutsche Erkenntnisverfahren einer globalen Betrachtung zuführt und das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in diesem Gesamtkontext lediglich als eine Ausprägung der amerikanischen Discovery streift, nimmt sich Rollin des Themas der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) eingehender an und beleuchtet dabei insbesondere die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens sowie die Problematik der Anhängigkeit ausländischer Beweisverfahren für den deutschen

1 Vgl. statt vieler Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr; eingehend auch Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung im internationalen Wirtschaftsrecht; siehe auch die vergleichende Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des US-amerikanischen und des deutschen Rechts von Pfeil-Kammerer, Deutsch-amerikanischer Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen; vgl. ferner Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses im deutschen und U.S.-amerikanischen Zivilprozess und im Rechtshilfeverfahren; siehe zu den anerkennungsrechtlichen Problemen Hök, Discovery proceedings als Anerkennungshindernis. 2 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland und ihre Verwertung im inländischen Zivilprozess – Zur Bedeutung des US-amerikanischen discovery-Verfahrens für das deutsche Erkenntnisverfahren. 3 Rollin, Ausländische Beweisverfahren im deutschen Zivilprozess unter besonderer Berücksichtigung von 28 U.S.C. § 1782 (a). 4 Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess.

§ 2 Forschungsstand und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes

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Hauptprozess. Beiden Darstellungen liegt ein generalistischer Ansatz dergestalt zugrunde, dass das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bzw. dessen Anwendbarkeit und Relevanz für das im ausländischen Forum anhängige Verfahren allgemein betrachtet und untersucht wird. Dementsprechend erfolgen die Ausführungen jeweils losgelöst von einem bestimmten Verfahrenstyp sowie unabhängig von einem konkreten Themengebiet. Eine dahingehend angelegte Untersuchung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gewährleistet einerseits zwar einen umfassenden Überblick der einzelnen Anwendungsvoraussetzungen des Verfahrens und bietet damit auch die Möglichkeit einer Einordnung in die Systematik der US-amerikanischen Discovery. Andererseits bleiben dabei allerdings notgedrungen rechtsbereichsspezifische – etwa patentrechtliche – Besonderheiten auf der Strecke. Dieser Besonderheiten nimmt sich hingegen Adler für den Bereich des Patentrechts im Rahmen seiner Ausarbeitung zum Thema »US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess« in umfassender Art und Weise an. Der Untersuchung von Adler liegt dabei der Ansatz zugrunde, den (Kern-)Tatbestand sowie die maßgeblichen Voraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) für den Bereich des Patentrechts aufzuarbeiten und konkret aufzuzeigen, welche Besonderheiten sich bei einer Anwendung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Zusammenhang mit einem in Deutschland anhängigen patentrechtlichen Verfahren ergeben können. Der Fokus der Untersuchung von Adler liegt dabei insbesondere auf einer tatbestandslastigen und damit anwendungsbezogenen Betrachtung. Die mit der Geltendmachung des Verfahrens einhergehenden Probleme einer Verletzung deutscher Verfahrensmaximen, der Konfliktbereich der Verwertung und Einführung der Beweismittel sowie die aus einer rechtsvergleichenden Betrachtung resultierenden Erkenntnisse werden von Adler hingegen nur insoweit berücksichtigt als sie dem anwendungsbezogenen Ansatz dienlich erscheinen. Dementsprechend folgt die Untersuchung von Adler nahezu ausschließlich der Sichtweise der US-amerikanischen Rechtsanwendung, d.h. die patentrechtliche Einkleidung von Adlers Arbeit bezieht sich auf die Anwendungsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sowie deren Vorliegen aus Sicht des US-amerikanischen Rechts. Diese Prüfung kann jedoch richtigerweise nur den notwendigen ersten Schritt einer dezidiert patentrechtlichen Untersuchung darstellen. Eine vollständige patentrechtliche Betrachtung erfordert darüber hinaus als zweiten Schritt auch die Beleuchtung des Verfahrens gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) aus Perspektive des deutschen Rechts. Andernfalls bleiben die für den Rechtsanwender mitunter drängendsten Fragen nach der erforderlichen Beschaffenheit des deutschen Ausgangsprozesses und der deutschen Verfahrenssituation im Hinblick auf eine erfolgreiche Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) unbeantwortet. In diesen Themenkomplex gehört neben einer umfassenden Prüfung der Einführung und Verwertbarkeit der aus dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) resultierenden Erkenntnisse insbesondere

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Einleitung

auch die Frage nach der passenden, d.h. der typischerweise zugrunde liegenden Ausgestaltung des deutschen Ausgangsverfahrens, die einen Rückgriff auf die Beweishilfe als erfolgversprechend erscheinen lässt. Als weitere Ausprägung einer verstärkt auf das deutsche Recht Bezug nehmenden Betrachtung empfiehlt sich ferner eine eingehende Überprüfung der durch eine Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) möglicherweise tangierten deutschen Prozessmaximen. Schließlich kann sich die Beurteilung einer etwaigen Rückgriffsmöglichkeit auf 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht lediglich daran orientieren, ob die einzelnen Anwendungsvoraussetzungen erfüllt sind, sondern muss vor allem auch berücksichtigen, ob das deutsche Patent- und Prozessrecht einen solchen Rückgriff dem Grunde nach überhaupt zulässt. Der geschilderte Ansatz einer auch das deutsche Recht sowie die deutsche Verfahrenssituation in Bezug nehmenden Untersuchung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist vor diesem Hintergrund nicht allein deshalb lohnenswert, weil ein solcher Ansatz bisher offensichtlich nicht verfolgt wurde. Vielmehr wird die bisherige Diskussion durch den vorgeschlagenen Untersuchungsansatz, der die auf Seiten des deutschen Rechtsanwenders bestehenden Problembereiche bewusst miteinbezieht, sinnvoll ergänzt und verspricht gerade aus diesem Grund interessante Erkenntnisse. In Anbetracht der in den vergangenen Jahren gestiegenen Verfahrenszahlen und im Übrigen auch weiter zunehmenden Bedeutung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) insbesondere in Deutschland5 und dort maßgeblich im patentrechtlichen Bereich,6 ist es folglich angebracht, der bestehenden Diskussion um 28 U.S.C. § 1782 (a) eine 5

Eine Recherche auf dem Rechtsprechungsportal LexisNexis (http://www.lexis.com) vom 30. Oktober 2014 belegt, dass die Verfahrenszahlen der auf Ebene der Bundes- bzw. Einzelstaaten geführten (und online veröffentlichten) Verfahren, die einerseits in Zusammenhang mit der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) stehen und andererseits einen Bezug zu Deutschland bzw. deutschen Unternehmen aufweisen, in den vergangenen Jahren – bis auf einen Einbruch im Jahr 2012 – ein durchgängig hohes Niveau erreichten. So ergeben sich für das Jahr 2010 insgesamt 16 Verfahren, für 2011 wurden 24 Verfahren gezählt, im Jahr 2012 wurden 12 Verfahren geführt und schließlich entfallen auf das Jahr 2013 ganze 22 Verfahren bzw. auf das Jahr 2014 (bis Oktober) 20 Verfahren; siehe allgemein zu der gestiegenen und weiter zunehmenden Bedeutung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bei Brinkmann, IPRax 2015, 109 ff. 6 Eine weitere Recherche auf LexisNexis, die als zusätzliches Suchkriterium einen patentrechtlichen Bezug der Verfahren berücksichtigt, ergab folgende Verfahrenzahlen: Auf das Jahr 2010 entfallen lediglich 2 Verfahren, die sowohl in Zusammenhang mit deutschen Unternehmen, der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und dem Patentrecht stehen. Im Jahr 2012 stehen bereits 6 Verfahren zu Buche und im darauffolgenden Jahr 2012 wurden 8 Verfahren gezählt. Diese Tendenz bestätigt sich in den folgenden Jahren 2013 und 2014, während derer jeweils 14 Verfahren den genannten Suchkriterien unterfallen. Zu berücksichtigen ist dabei ferner, dass die Recherche auf LexisNexis lediglich einen Überblick der veröffentlichten Verfahren ermöglicht, die tatsächliche Anzahl der Verfahren dürfte höher liegen und den aufgezeigten Trend dementsprechend noch deutlicher belegen.

§ 2 Forschungsstand und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes

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weitere Komponente hinzuzufügen, die den zuvor beschriebenen Prüfungsparametern folgen und sich der insoweit ergebenden Besonderheiten annehmen wird.

II. Konkreter Untersuchungsgegenstand Um dem im vorigen Absatz geschilderten Untersuchungs- und Prüfungsansatz einerseits gerecht zu werden und um andererseits einen ausreichenden inhaltlichen und konzeptionellen Abstand zwischen den bereits vorliegenden Arbeiten von Eschenfelder, Rollin sowie Adler und der vorliegenden Untersuchung zu gewährleisten, wurden bereits eingangs die einer Heranziehung ausländischer Beweisverfahren potenziell entgegenstehenden zivilprozessualen Verfahrensgrundsätze beleuchtet. Weiterführend wurde mit der obigen Feststellung einer in Verfahren des gewerblichen Rechtsschutzes bestehenden Beweisnot, über den (vorsichtigen) Befund einer grundsätzlichen Eignung der US-amerikanischen Beweisverfahren zur Behebung dieser bestehenden Informationsasymmetrien aufgezeigt, dass mit der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ein nach deutschem Recht voraussichtlich anwendbares und grundsätzlich auch taugliches Instrumentarium zur Verfügung steht, mithilfe dessen die festgestellte Beweisnot möglicherweise zu beheben wäre. Basierend auf diesen Ausführungen ist es das Ziel der vorliegenden Untersuchung, zu prüfen, ob die im deutschen Recht bestehenden Instrumente vorprozessualer Beweisbeschaffung ausreichen oder im Einzelfall durch Rückgriff auf US-amerikanische Beweisbeschaffungsmechanismen ergänzt werden sollten bzw. ergänzt werden können, um das eingangs erläuterte Informationsdefizit im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes abzumildern oder bestenfalls auszugleichen. Hierzu wird der Fokus auf die Anwendung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen von patentrechtlichen Auseinandersetzungen gelegt. Die insoweit zu erörternden Aspekte betreffen insbesondere die Ausgestaltung und das Verständnis der Tatbestandsmerkmale des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sowie die Verwertung der auf diesem Wege erlangten Beweiserkenntnisse im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten. Aus einer derartigen thematischen Fokussierung ergeben sich schließlich konkrete Handlungsanweisungen und strategische Empfehlungen hinsichtlich der Beweisbeschaffung für patentrechtliche Verfahren, die sich von einer gewöhnlichen Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) unterscheiden und daher vorliegend einer gesonderten Untersuchung zugeführt werden. Um diesem Ansatz gerecht zu werden, wurden – basierend auf der eingangs geschilderten Ausgangskonstellation eines in Deutschland anhängigen gerichtlichen (Patent-)Verfahrens – bereits die grundsätzlichen Interessenkonflikte im Bereich der (vor-)prozessualen Beweisermittlung erläutert. Hieran anknüpfend

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Einleitung

schließt sich im Rahmen von Teil 1 die Darstellung der grundsätzlichen Bedeutung und Intention der Instrumente vorprozessualer Beweisermittlung an. Dargelegt werden dabei als Ausgangspunkt der Untersuchung insbesondere die Grundzüge der Beweisbeschaffungssysteme in Deutschland. Einen Kontrast zum deutschen System der Beweisermittlung bietet die vorgenommene Untersuchung der in England und Frankreich vorherrschenden Mechanismen der Beweisermittlung. Die dabei gewonnen Erkenntnisse hinsichtlich der Unterschiede der nationalen Beweisgewinnungssysteme münden in einen vorläufigen Systemvergleich, der die Notwendigkeit der Anwendung bestimmter ausländischer Beweisverfahren in Abhängigkeit von der Ausgestaltung des jeweils eigenen nationalstaatlichen Regimes verdeutlicht. Ausgehend von diesem Systemvergleich erfolgt in Teil 2 die Darstellung der US-amerikanischen Beweisermittlung. Das Hauptaugenmerk liegt dabei insbesondere auf der Erläuterung des grundsätzlichen Ablaufs der maßgeblich angewandten Methoden und der verschiedenen Modelle des US-amerikanischen Discovery-Verfahrens. Es folgt eine Bestimmung des Umfangs des DiscoveryVerfahrens, die einerseits die inhaltliche und geografische Reichweite als einschränkende Faktoren wählt, andererseits aber auch die Frage der Anfechtbarkeit und Durchsetzbarkeit der Discovery-Maßnahmen berücksichtigt, um den faktischen Anwendungsbereich des Discovery-Verfahrens bestimmen zu können. Eine weitere Fokussierung hinsichtlich der US-amerikanischen Beweisermittlung erfolgt in Teil 3, der die Einzelheiten des eingangs erwähnten Beweisverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) aufgreift und die einzelnen Tatbestandsmerkmale des Verfahrens sowie die Voraussetzungen der Ermessensentscheidung einer eingehenden Prüfung unterzieht. Die Betrachtung der Voraussetzungen orientiert sich dabei vornehmlich an den jüngsten Entscheidungen amerikanischer Gerichte und versucht, die tragenden Maßgaben dieser Entscheidungen herauszuarbeiten. Ansatzpunkt der Untersuchung ist auch hier die Frage, ob eine etwaige in Deutschland bestehende Beweisnot in patentrechtlichen Streitigkeiten durch das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) behoben oder zumindest abgemildert werden kann. Hinsichtlich der mittels des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gewonnenen Beweismittel wird in Teil 4 erörtert, wie die als relevant eingestuften Erkenntnisse in ein deutsches (Patent-)Verfahren eingeführt werden können und welche konkreten (auch internationalen) Verfahrensausgestaltungen hierfür grundsätzlich in Betracht kommen. Ausgehend von der Betrachtung der Einführung der Beweismittel werden im Weiteren die Verwertung der Beweismittel und damit einhergehend die bereits eingangs dargestellten und einer Verwertung potenziell entgegenstehenden Prozessrechtsgrundsätze untersucht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem als Prüfungsmaßstab in Betracht zu ziehenden ordre public Vorbehalt sowie der Prüfung der in diesem Zusammenhang relevanten Prozessmaximen.

§ 2 Forschungsstand und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes

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Nach der Klärung einer möglichen Verwertbarkeit der Beweismittel beinhaltet Teil 5 die Übertragung der allgemeinen Erkenntnisse hinsichtlich des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auf patentrechtliche Auseinandersetzungen vor deutschen Gerichten. Dabei werden die einzelnen Voraussetzungen des Beweisverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) explizit im Hinblick auf patentrechtliche Sachverhalte beleuchtet. Ausgehend von der Einordnung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in einen patentrechtlichen Kontext werden die als relevant festgestellten prozesstaktischen und sonstigen strategischen Erwägungen zusammengefasst und als Handlungsempfehlungen für künftige Antragsteller und Antragsgegner dargestellt. Anhand dieser Feststellungen wird in Teil 6 der Untersuchung der Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme erneut in den Blick genommen und in einem den sechsten Teil abschließenden Abschnitt untersucht, wie der Ausgleich der prozessualen Interessen von Antragsteller und Antragsgegner im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gelingt und inwieweit die erläuterten prozessualen Grundsätze bei diesem Ausgleich eine Rolle spielen. Die Untersuchung endet mit einer zusammenfassenden Bewertung der maßgeblichen Erkenntnisse. In Anbetracht dieser Ergebnisse wird die Frage beantwortet, ob das US-amerikanische Discovery-Verfahren und insbesondere das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) einen handfesten Vorteil für die Parteien einer deutschen Patentstreitigkeit bietet und daher zukünftig als fester Bestandteil der vorprozessualen Aufklärung im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten zur Anwendung gelangen sollte.

Teil 1

Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung in Deutschland und anderen europäischen Staaten – ein Rechtsvergleich In einer Vielzahl der Fälle findet eine umfassende Aufklärung des dem Verfahren zugrunde liegenden Lebenssachverhalts erst nach Einleitung des Verfahrens und damit häufig erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung und der dort erfolgenden Beweisaufnahme statt.1 Nicht selten ist es aber erforderlich, die Sachverhaltsaufklärung bereits vor diesem Zeitpunkt zu betreiben. So erscheint eine vorprozessuale Aufklärung jedenfalls dann unerlässlich, wenn eine Rekonstruktion des maßgeblichen Sachverhalts (für den Bereich des Patentrechts die Untersuchung und Besichtigung der relevanten Verletzungsgegenstände2) im Nachhinein nicht mehr möglich wäre3 oder dem Kläger schlicht die für die Verfahrenseinleitung notwendigen Informationen fehlen.4 Schließlich dient die vorherige Sachverhaltserforschung angesichts der ihr zu verdankenden (weiteren) Aufklärung der Sach- und Rechtslage auch der Verringerung des Prozess- und folglich auch des Kostenrisikos.5 Der Kläger kann die Beweisbarkeit des eigenen Begehrens somit unabhängig von der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast austesten.6 Die im Vorfeld erfolgende Aufarbeitung und Auswertung des zu-

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Siehe Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 97 m.w.N. Vgl. Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 14. 3 Die Durchsetzungsrichtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistiges Eigentums greift den Aspekt der vorprozessualen Beweissicherung in Art. 7 RL 2004/48/EG auf; vgl. zu dem insoweit bestehenden Regelungsbedarf im Patentrecht Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 397 ff.; siehe zu den Lösungsansätzen für das Urheberrecht Spindler/Weber, ZUM 2007, 263 ff. 4 Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 29 f., S. 49. 5 Aber auch nicht primär pekuniär quantifizierbare Risiken wie z.B. der mit einer Prozessführung einhergehende Zeitverlust sowie die für die (Natural-)Parteien verbundenen psychischen Belastungen sind zu berücksichtigen und könnten durch eine vorprozessuale Aufklärung zumindest teilweise vermieden werden; vgl. Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, S. 265 m.w.N.; ebenso Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 14 f. 6 Vgl. wiederum Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 29 f.; ferner Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, S. 261 ff. 2

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

grunde liegenden Sachverhalts erlaubt mithin eine weitaus bessere Prozessprognose, denn letztlich hat nicht allein das eigene, sondern maßgeblich auch das fremde Beweisrisiko Einfluss auf die Beurteilung der Erfolgsaussichten. Stürner stellt insoweit fest, dass es keinen Unterschied mache, »ob […] die Prozessniederlage durch eigene Aufklärungsunfähigkeit oder durch die gegnerische Aufklärungsfähigkeit verursacht« sei.7 Insbesondere im Hinblick auf das bereits genannte Kostenrisiko (§§ 91 ff. ZPO) erscheinen vorprozessuale Aufklärungsmechanismen als taugliches Instrumentarium, um die (wirtschaftlichen) Folgen der dem Kostenrecht zugrunde liegenden Unterliegenshaftung8 entweder abzumildern, diese absehbarer zu gestalten oder – etwa durch den Verzicht auf die Einleitung eines Verfahrens – in Gänze zu vermeiden. Tatsächlich führt die der Unterliegenshaftung geschuldete Risikozuteilung nicht selten zu einer faktischen Rechtswegsperre,9 die einen potenziellen Kläger aus Respekt vor den Folgen eines verlorenen Prozesses von einer Rechtswegbeschreitung grundsätzlich absehen lässt. Das Interesse an vorprozessualer Informationsgewinnung ist damit nichts anderes als ein Interesse an einem risikoärmeren Rechtsschutz, der durch die Verfassung grundsätzlich positiv bewertet wird.10 Die dargestellten Beweggründe der Einleitung eines Verfahrens sowie der Geltendmachung eines der vorprozessualen Beweisermittlung dienenden Anspruchs haben insofern für alle im Bereich der vorprozessualen Aufklärung bestehenden Beweisbeschaffungsinstrumente Bedeutung. Betrachtet man hingegen die Voraussetzungen der einzelnen Anspruchsnormen, lässt sich ein allgemeiner Teil, d.h. ein allen Instrumenten zugrunde liegender Katalog einheitlicher Tatbestandsmerkmale, nur sehr schwer formulieren. Den Parteien stehen zum Zwecke der vorprozessualen Aufklärung jurisdiktionsübergreifend zumeist sowohl materiell-rechtliche als auch prozessuale Ansprüche zur Verfügung.11 Wenngleich die materiellen und prozessualen Ansätze teilweise identische Ziele verfolgen,12 ist dennoch festzustellen, dass bis-

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Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, S. 261 ff. Statt vieler Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 91, Rn. 2. 9 Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, S. 262, weist darauf hin, dass die ursprüngliche Filterfunktion des Kostenrisikos, die zu einer Verhinderung mutwilliger Prozessführung führen soll, heutzutage immer mehr zu einer unbilligen Hürde und damit verfassungsrechtlich bedenklich geworden ist. 10 Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, S. 264. 11 Vgl. zu den einzelnen Ausgestaltungen materiell-rechtlicher und prozessualer Ansprüche umfassend Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 49 ff. 12 Vgl. hierzu beispielsweise die Verpflichtung zur Urkundenvorlage, die sowohl aufgrund einer materiell-rechtlichen Verpflichtung (§ 422 ZPO), aber auch aufgrund prozessualer Gesichtspunkte (§ 423 ZPO) geschuldet sein kann. 8

Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

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her keine Übereinkunft hinsichtlich grundlegender, gemeinsamer Voraussetzungen besteht.13 Dies überrascht umso mehr als etwa die Informationsbeschaffungsmöglichkeiten im deutschen Prozessrecht größtenteils an das materielle Recht geknüpft sind.14 Angesichts dieser unklaren Ausgestaltung15 insbesondere der prozessualen Informationsansprüche im deutschen Recht und der exzessiven rechtsfortbildenden Tätigkeit der Gerichte im Bereich der materiellrechtlichen Aufklärungsinstrumente16 ist eine Vereinheitlichung jedoch vorerst nicht zu erwarten. Solange der Entwicklung eines allgemeinen Informationsanspruchs daher weiterhin mit Skepsis begegnet wird, ist davon auszugehen, dass das aktuelle Nebeneinander17 prozessualer und materiell-rechtlicher Anspruchsnormen bestehen bleibt.18

13 Gemein ist jedoch zumindest den materiell-rechtlichen Anspruchsnormen das Erfordernis einer vertraglichen oder gesetzlichen Sonderbeziehung zwischen Informationsgläubiger und Informationsschuldner. Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes wird es sich dabei zumeist um das Bestehen eines Anspruchs aufgrund der Verletzung eines Immaterialgüterrechts handeln, vgl. Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 35 f. m.w.N. sowie Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, S. 326 ff. 14 Siehe Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 90 f., der insoweit von einem Primat der materiell-rechtlichen Informationsansprüche ausgeht. 15 Vgl. zur Kritik der Unklarheit Stürner, ZZP 1985, S. 239. 16 Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 92. 17 Vgl. zu den Bemühungen um einen allgemeinen Informationsanspruchs maßgeblich Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, S. 300 ff.; siehe zu den Grundlagen und der dogmatischen Konstruktion ders., a.a.O., S. 326 ff.; vgl. ferner zu den Voraussetzungen, dem Inhalt und den Grenzen des Anspruchs ders., a.a.O., S. 365; kritisch hierzu aber Lüderitz, Ausforschungsverbot und Auskunftsanspruch, S. 32: »Einen allgemeinen Auskunftsanspruch gibt es nicht – und kann es nicht geben, soll nicht der Bürger von Berufsneugierigen und Verdachtsbesessenen gegeißelt, das Gericht mit Stufenklagen überlastet werden.«; Lüderitz’ Kritik hingegen relativierend Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 92. 18 Die Aufspaltung der Informationsgewinnungsansprüche in prozessuale Mechanismen einerseits und materiell-rechtliche Instrumente andererseits führt schließlich auch zu einer uneinheitlichen Ausgestaltung der Durchsetzung der einzelnen Ansprüche; so ist eine Durchsetzung – je nach beanspruchter Norm und konkreter Verfahrenssituation – entweder mittels Leistungs- bzw. Stufenklage (vgl. § 254 ZPO) oder aber – bereits auf vorgeschalteter Ebene – im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes möglich, vgl. Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 49 f.

§ 1 Vorprozessuale Informationsbeschaffung im deutschen Recht – materiell-rechtliche und prozessuale Beweisermittlungsmöglichkeiten Die Beweisaufnahme im deutschen Zivilprozess und damit auch das System der vorprozessualen Informationsbeschaffung ist maßgeblich von zwei Prinzipien geleitet: Zum einen trägt jede Partei die Behauptungs- und Beweislast der für sie günstigen Tatsachen (Beibringungsgrundsatz1) und zum anderen ist die beweisführende Partei verpflichtet, die für sie maßgeblichen Beweismittel ausreichend konkret zu bezeichnen, um sich nicht dem Vorwurf einer lediglich willkürlichen Ausforschung verdächtig zu machen (Ausforschungsverbot2). Seitens des Beweisgegners besteht keine Pflicht, dem Beweisführer bei der näheren Substantiierung oder dem Zugang zu nötigen Beweismitteln behilflich zu sein, es sei denn das materielle Recht enthält eine entsprechende Anspruchsgrundlage.3 Diese zurückhaltende Einstellung der deutschen vorprozessualen Informationsbeschaffung macht zweierlei deutlich: Ein allgemeiner materieller Auskunftsanspruch ist im deutschen Recht weder anerkannt noch gewünscht.4 Des Weiteren stehen dem Schutzrechtsinhaber – wie bereits oben angedeutet – allein die prozessualen Lösungsmöglichkeiten oder Informations- und Auskunftsansprüche aus dem materiellen Recht zur Verfügung, um den der Schutzrechtsverletzung zugrunde liegenden Sachverhalt aufzuklären.5 Im Folgenden werden die für das Patentrecht wesentlichen materiell-rechtlichen und prozessualen Beweisermittlungsvorschriften beleuchtet. Maßgebliches Kriterium der Untersuchung ist dabei die Frage, ob sich für den Schutzrechtsinhaber durch Geltendmachung des betreffenden Instrumentariums eine 1

Siehe dazu die Nachweise unter Einleitung, § 1, III., 3. Vgl. hierzu die Ausführungen unter Einleitung, § 1, III., 4. 3 Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 20, S. 55, S. 69, S. 94 ff., S. 103 f. und S. 125; Katzenmeier, JZ 2002, 537, bezeichnet den nemo tenetur edere contra se-Grundsatz als Ausgangspunkt und Grundpfeiler der richterlichen Spruchpraxis; kritisch hingegen Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 35 m.w.N. 4 Siehe ausführlich Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 40 m.w.N. 5 Schlosser, JZ 1991, 606; Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 35 ff.; siehe umfassend zu den Möglichkeiten der Beweisermittlung im deutschen Zivilprozess Ahrens, in: FS-Kerameus, S. 1 ff. 2

§ 1 Vorprozessuale Informationsbeschaffung im deutschen Recht

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ausreichende, den Substantiierungsanforderungen genügende Grundlage ergibt.

I. Materiell-rechtliche Ausprägungen der Beweisermittlung im deutschen Recht Materiell-rechtliche Informationsmöglichkeiten können sich für den Schutzrechtsinhaber aus dem Patentrecht selbst, dem Bürgerlichen Gesetzbuch, aber auch aus richterlicher Rechtsfortbildung ergeben.6 Zumeist stellt sich der materielle Informationsanspruch als Hilfsanspruch zu dem als Hauptanspruch geltend gemachten Anspruch aufgrund der Verletzung des Patents dar.7 Zu unterscheiden ist dabei zwischen solchen (Hilfs-)Ansprüchen, die das Bestehen eines Hauptanspruchs, d.h. einer Sonderverbindung zwischen dem Informationsgläubiger und dem Informationsschuldner als feststehend erfordern und jenen Ansprüchen, die einen derartigen bestehenden Hauptanspruch jedenfalls nicht als bereits existent, aber zumindest als wahrscheinlich voraussetzen.8 Für den Patentrechtsinhaber vorteilhaft und damit im Weiteren maßgeblich berücksichtigt sind jene Ansprüche, die den Patentrechtsinhaber von dem Nachweis des Hauptanspruchs befreien und ihm insoweit eine möglichst umfassende Beweisermittlung und nicht lediglich eine Vervollständigung der bereits vorhandenen Informationslage ermöglichen. Als anschauliches Beispiel für die zuvor beschriebene Problematik eines als bereits existierend vorausgesetzten Hauptanspruchs kann der dem Richterrecht entsprungene und mittlerweile gewohnheitsrechtlich anerkannte auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung gerichtete Anspruch aus §§ 259, 260 BGB i.V.m. § 242 BGB herangezogen werden.9 Neben einer zwischen dem Informationsgläubiger und dem Informationsschuldner bestehenden vertraglichen oder gesetzlichen Sonderbeziehung wird im Rahmen des Anspruchs aus § 242 BGB verlangt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das 6

Zwar handelt es sich auch bei Art. 43 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (TRIPS; BGBl. II 1994, S. 1565 (englisch) bzw. S. 1730 (deutsch)) um eine materiell-rechtliche Vorschrift, allerdings mangelt es im deutschen Recht an einer Umsetzungsvorschrift im nationalen Recht; ebenso scheitert eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift an der insoweit zurückhaltenden Rechtsprechung des EuGH, siehe Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 353. 7 Siehe ferner zur Ausgestaltung als Anspruch auf Drittauskunft, um die Existenz weiterer ähnlicher Ansprüche gegen Dritte in Erfahrung zu bringen, Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 36. 8 Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 56 f. 9 Vgl. Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 36 m.w.N.; zur Anspruchsgrundlage allgemein Palandt/Grüneberg, 74. Auflage, § 260, Rn. 4 ff.; siehe schließlich Götting, GRUR Int. 1988, 741 f.

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und die erforderlichen Informationen durch den Berechtigten auch nicht in zumutbarer Weise selbst beschafft werden können. Schließlich muss der Informationsschuldner in der Lage sein, die Auskunft ohne unbillige Belastung zu erteilen.10 Das gemeinhin als größte Hürde11 zum Informationszugang beschriebene Erfordernis einer bestehenden Sonderverbindung wird insbesondere im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes problematisch, wo sich die Sonderverbindung – mit Ausnahme des Bestehens etwa einer lizenzvertraglichen Beziehung – in der Regel erst aus der maßgeblichen Verletzungshandlung ergibt.12 Die Verletzungshandlung, die folglich als essentiell für die Entstehung der Sonderverbindung anzusehen ist, stellt aber zumeist denjenigen Aspekt dar, der zwischen den Parteien umstritten ist. Kann der Schutzrechtsinhaber die Verletzung nicht durch konkrete Anhaltspunkte belegen oder zumindest erhärten, hilft ihm auch der Anspruch aus § 242 BGB nicht.13 Die bloße Vermutung, eine Rechtsverletzung habe stattgefunden, genügt nicht zur Annahme einer Sonderbeziehung.14 Zwar wurde das Erfordernis der Sonderverbindung in einigen Fällen vom BGH abgeschwächt,15 dennoch wird die Konstruktion von der Rechtsprechung auch weiterhin bemüht und damit weiterhin ein dem Grunde nach bestehender Leistungsanspruch gefordert.16 Angesichts der für den Anspruchsinhaber insoweit bestehenden Unsicherheit und in Anbetracht der zugrunde liegenden Annahme eines noch nicht, d.h. auch nicht im Hinblick auf den Anspruchsgrund, ausermittelten Sachverhalts 10 Vgl. zu den Voraussetzungen Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 55; vgl. schließlich zu den einzelnen Voraussetzungen Palandt/Grüneberg, 74. Auflage, § 260, Rn. 4 ff. 11 So auch Schlosser, JZ 1991, 606; Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 56. 12 Die Problematik besteht bei sämtlichen gesetzlichen Sonderverbindungen, da bei diesen der Anspruchsgrund, d.h. häufig die Verletzungshandlung, umstritten ist, vgl. Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 56; ebenso Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 36; siehe auch Palandt/Grüneberg, 74. Auflage, § 260, Rn. 6. 13 Der Anspruch aus § 242 BGB verhält sich damit ähnlich wie andere sondergesetzliche Ansprüche (z.B. §§ 1605 Abs. 1 BGB), die ebenfalls nur der Klärung eines dem Grunde nach bereits feststehenden Anspruchs dienen, vgl. Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 57; siehe zu den unterhaltsrechtlichen Auskunftsansprüchen und dem Erfordernis eines bestehenden Unterhaltsanspruchs Büte, FPR 2006, 463. 14 Vgl. wiederum Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 56 f. 15 Vgl. BGH, Urt. v. 27. Juni 1973, IV ZR 50/72, in: BGHZ 61, S. 185 sowie BGH, Urt. v. 6. Juli 1955, IV ZR 34/55, in: BGHZ 18, S. 70; siehe ferner Schlosser, JZ 1991, 606 mit Verweis auf BGH, Urt. v. 5. Juni 1985, I ZR 53/83, in: BGH GRUR 1986, 62 ff. – GEMAVermutung I. 16 Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 58 mit Verweis auf BGH, Urt. v. 27. Juni 1973, IV ZR 50/72, in: BGHZ 61, S. 185; scheint der Anspruch lediglich wahrscheinlich, genügt dies grundsätzlich nicht, so Palandt/Grüneberg, 74. Auflage, § 260, Rn. 6.

§ 1 Vorprozessuale Informationsbeschaffung im deutschen Recht

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wird sich die weitere Untersuchung lediglich denjenigen Ansprüchen widmen, die einen Anspruchsgrund nicht bereits als existent voraussetzen. Namentlich handelt es sich dabei auf materiell-rechtlicher Ebene um den Anspruch auf Vorlage und Besichtigung gemäß § 809 BGB17 sowie dessen patentrechtliches Pendant gemäß § 140 c PatG.18 Auf eine Darstellung des Auskunftsanspruchs nach Feststellung der Patentverletzung gemäß § 140 b PatG wird dementsprechend verzichtet, da dieser einen rechtswidrig festgestellten Schutzrechtseingriff bereits voraussetzt und daher hinsichtlich der Aufklärung des zur ersten Patentverletzung führenden Sachverhalts keinen Mehrwert bietet.19 1. Der Vorlegungs- und Besichtigungsanspruch gemäß § 809 BGB Die beiden Tatbestandsalternativen des § 809 BGB20 stellen dem Anspruchsteller zum Zwecke der Sachverhaltsaufklärung einen materiellen zivilrechtlichen Besichtigungsanspruch zur Verfügung,21 wenn er gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache geltend macht (§ 809 Alt. 1 BGB) oder sich über einen derartigen Anspruch Gewissheit verschaffen will (§ 809 Alt. 2 BGB).22 § 809 BGB ist dabei als Hilfsanspruch ausgestaltet, da er einen Hauptanspruch des Vorlegungsgläubigers als zumindest wahrscheinlich voraussetzt.23 Der Anspruch hat damit vorbereitenden Charakter und kann dem mutmaßlich Verletzen bereits im Vorfeld entscheidende Informationen hinsichtlich der Substantiierung seiner Klage aber auch allgemein im Hinblick auf ein etwaiges Kosten- und Prozessrisiko liefern.24 17

Einführend hierzu Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 354 ff. Siehe zu den Grundprinzipien ebenfalls Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 360 ff. 19 Vgl. ausführlich Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 34 f. 20 Siehe ergänzend zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 11 ff. 21 Maßgeblicher Anwendungsbereich des Anspruchs sind diejenigen Fälle, in denen zur Bejahung der Verletzung eine genauere Untersuchung bzw. Besichtigung des Verletzungsgegenstands erforderlich ist; im Kennzeichenrecht, wo die insoweit maßgeblichen Tatsachen i.d.R. im geschäftlichen Verkehr offenbar werden, ist der Anspruch aus § 809 BGB zumeist weniger relevant, vgl. Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 11. 22 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 354 m.w.N.; eine Ergänzung erfährt § 809 BGB in den §§ 810, 811 BGB, die die Einsichtnahme in Urkunden sowie die Modalitäten hinsichtlich des Vorlegungsortes, der Gefahrtragung und der Kosten der Vorlegung regeln, vgl. Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 52. 23 Götting, GRUR Int. 1988, 737 ff.; zur Frage des Grades der Wahrscheinlichkeit ferner BGH GRUR 1985, 512 ff. – Druckbalken und BGH GRUR 2002, 1046 ff. – Faxkarte. 24 Die Wirkung bzw. die Reichweite des § 809 BGB wird dabei begrenzt durch den Interessenausgleich zwischen dem Informationsinteresse des Besichtigungsgläubigers und dem 18

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

Die erste Alternative des § 809 BGB verlangt einen bestehenden Anspruch des Anspruchstellers gegen den/die Besitzer25 »in Ansehung der Sache«.26 Die Art des Hauptanspruchs ist dabei unerheblich, er kann sowohl dinglicher als auch schuldrechtlicher Natur sein.27 Zwar wird gefordert, dass der Hauptanspruch in einer rechtlichen Beziehung zur Sache28 stehen muss. Dies bedeutet aber nicht, dass der Anspruch die Sache selbst zum Gegenstand haben muss.29 Es genügt vielmehr, wenn das Bestehen des Hauptanspruchs in irgendeiner Weise von der Existenz oder der Beschaffenheit der Sache abhängt.30 Angesichts des im Rahmen von § 809 Alt. 1 BGB enthaltenen Erfordernisses eines bestehenden Anspruchs ist die zweite Tatbestandsalternative des § 809 BGB, die entsprechend des Wortlauts der Norm (»Wer […] sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht«) auf eine Beschaffung von Informationen hinsichtlich einer möglichen, aber keinesfalls sicheren Verletzung abzielt, von größerer praktischer Bedeutung.31 Der Wortlaut des § 809 Alt. 2 BGB darf jedoch keinesfalls so interpretiert werden, dass dem Anspruchsinhaber eine Möglichkeit zur grundlosen Ausforschung eingeräumt wird. Die Intention des Gesetzgebers bestand gerade nicht darin, mit § 809 Alt. 2 BGB einen allgemeinen Auskunfts- und Besichtigungsanspruch einzuführen.32 § 809 Alt. 2 BGB eröffnet dem Anspruchsinhaber folglich – mit gewissen, später zu erörternden Einschränkungen – die Möglichkeit, sich zu vergewissern, Geheimhaltungsinteresse des Besichtigungsschuldners einerseits sowie einer an § 242 BGB orientierten Interessenabwägung andererseits, vgl. Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 52. 25 Siehe zu der Problematik des Charakters des Anspruchsgegners als unmittelbarer bzw. mittelbarer Besitzer und der Frage der Anwendbarkeit der Vorschrift insoweit Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 22 ff.; ebenso Palandt/Sprau, 74. Auflage, § 809, Rn. 8 m.w.N.; Leppin, GRUR 1984, 556 f. 26 Vgl. zur begrifflichen Problematik der Formulierung Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 54 m.w.N. 27 Statt vieler Palandt/Sprau, 74. Auflage, § 809, Rn. 4 m.w.N.; zum Patent-, Softwareund Urheberrecht; vgl. ferner Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 55 m.w.N.; siehe schließlich Götting, GRUR Int. 1988, 737 ff. 28 Grundsätzlich wird der Sachenbegriff der §§ 90, 90 a BGB zugrunde gelegt, siehe zu den Einzelheiten Palandt/Sprau, 74. Auflage, § 809, Rn. 3; ferner Leppin, GRUR 1984, 555 f. 29 Palandt/Sprau, 74. Auflage, § 809, Rn. 4. 30 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 55: »Erfasst sind somit nicht nur Ansprüche auf Herausgabe oder Vernichtung […], sondern auch […] Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz.« 31 Vgl. Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 11 ff.; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 60. 32 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 60 m.w.N.

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ob ihm ein Anspruch gegen den mutmaßlichen (Schutzrechts-)Verletzer zusteht. Entscheidend im Hinblick auf die Anwendung des § 809 Alt. 2 BGB ist der konkret geforderte Grad der Wahrscheinlichkeit des Bestehens eines Hauptanspruchs.33 Die Ausgestaltung des Kriteriums der Wahrscheinlichkeit entscheidet über die Effektivität des Besichtigungsanspruchs und dessen Eignung zur Überwindung des oben beschriebenen strukturellen Informationsdefizits im Bereich des geistigen Eigentums.34 Einigkeit besteht jedenfalls insoweit, als vom Anspruchsinhaber weder die Erbringung eines Vollbeweises gefordert werden dürfe, noch die Voraussetzungen des § 809 Alt. 2 BGB so weit abgesenkt werden sollten, dass mittels Anwendung des § 809 Alt. 2 BGB eine Ausforschung des Anspruchsgegners betrieben werden könne.35 Häufig wird gefordert, dass die übrigen Voraussetzungen des Hauptanspruchs einer Aufklärung bereits zugeführt wurden und lediglich eine Besichtigung noch ausstehe, um endgültige Klarheit hinsichtlich der Frage der Verletzung zu erhalten.36 In der grundlegenden Entscheidung Druckbalken37 hatte der BGH in Ansehung der Gefahr des Missbrauchs insbesondere im Rahmen von Patentverletzungsfällen das Verbot des Ausforschungsbeweises38 als maßgebliches Prinzip gestärkt und verlangt, dass eine »erhebliche Wahrscheinlichkeit« einer Schutzrechtsverletzung vorliege.39 Damit sollte die im Patentrecht gegebene besondere Verletzlichkeit von Betriebsgeheimnissen Berücksichtigung finden und ein schrankenloser Zugriff verhindert werden.40 Der Anspruchsteller sah sich damit einer doppelten Hürde aus33 Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 24 ff. 34 Siehe hierzu unter Einleitung, § 1, I.; vgl. ferner Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 60. 35 Vgl. Götting, GRUR Int. 1988, 737; ferner Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 24 mit Verweis auf OLG Düsseldorf GRUR 1983, 741 ff. – Geheimhaltungsinteresse und Besichtigungsanspruch I; siehe hierzu auch Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 354 f.; vgl. zur Geltung des Ausforschungsbeweises schließlich BGH GRUR 1985, 515 f. – Druckbalken. 36 Vgl. zum Charakter der Besichtigung als letztes Glied der Beweiskette Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 61. 37 BGH, Urt. v. 8. Januar 1985, X ZR 18/84, in: BGH GRUR 1985, 512 ff. – Druckbalken; vgl. zum Verfahrensgang der Druckbalken-Entscheidung Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 37 ff., siehe auch Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 86 ff. 38 Hierneben wurde auch auf den bereits geschilderten nemo tenetur edere contra seGrundsatz rekurriert, vgl. BGH GRUR 1985, 516 – Druckbalken. 39 BGH GRUR 1985, 516 – Druckbalken. 40 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 61; ebenso Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patentund Urheberrechtsverletzungen, S. 42 ff.

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gesetzt: Zum einen der Darlegung eines erheblichen Grades an Wahrscheinlichkeit und zum anderen den vom BGH als Einschränkung angeführten Geheimhaltungsinteressen des Anspruchsgegners.41 Die Rechtsprechung des BGH wurde später im Rahmen der Faxkarte-Entscheidung42 zumindest für den Bereich des Urheber- und Wettbewerbsrechts teilweise wieder korrigiert.43 Dabei wurden sowohl die Anforderungen an als auch die Möglichkeiten des Besichtigungsanspruchs ausgeweitet, um den Anwendungsbereich des Anspruchs auch demjenigen zugänglich zu machen, der sich erst Gewissheit über das Vorliegen eines Anspruchs verschaffen möchte.44 Ein erheblicher Grad an Wahrscheinlichkeit könne – so der BGH – jedenfalls nicht durchweg verlangt werden.45 Die maßgebliche Erkenntnis aus der Entscheidung ist die Feststellung, dass die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit zwar ein wichtiges, jedoch keinesfalls das einzig relevante Kriterium im Hinblick auf die Zubilligung des Anspruchs darstellt. Vielmehr sind im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung neben dem weiterhin relevanten Kriterium der Wahrscheinlichkeit einer Schutzrechtsverletzung noch andere Fragen zu berücksichtigen.46 So ist etwa auch zu untersuchen, ob für den Gläubiger zumutbare Alternativen bestehen, die Rechtsverletzung zu beweisen. Entscheidend ist darüber hinaus ferner, ob durch die Gewährung des Besichtigungsrechts notwendigerweise berechtigte Geheimhaltungsinteressen des Schuldners beeinträchtigt werden, oder ob diese gegebenenfalls durch die Einschaltung eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten weitgehend ausgeräumt werden können.47 Schließlich ist nach der zweckgemäßen Verwendung der aus der Besichtigung gewonnenen Erkenntnisse zu fragen und zu überprüfen, ob eine solche zweckgemäße Verwendung umfassend gewährleistet ist. Kann man die oben stehenden Fragen im Sinne des Anspruchstellers beantworten, so wird nach dem BGH – vorbehaltlich einzelfallabhängiger Ausnah-

41 Vgl. Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 47. 42 BGH, Urt. v. 2. Mai 2002, I ZR 45/01, in: BGH GRUR 2002, 1046 ff. – Faxkarte. 43 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 65. 44 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 355; Tilmann/Schreibauer, GRUR 2002, 1016 ff.; siehe zu den Auswirkungen der Entscheidung des BGH Kühnen, GRUR 2005, 185 ff.; siehe auch Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 90 ff. 45 Siehe BGH GRUR 2002, 1048 f. – Faxkarte. 46 Vgl. zu den gesamten Kriterien BGH GRUR 2002, 1048 f. – Faxkarte; eine Zusammenfassung der Kriterien findet sich auch bei Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 356 ff.; ebenso Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 68 f.; Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 89 ff. 47 Siehe hierzu bereits Leppin, GRUR 1984, 560 f.

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men – bereits ein gewisser Grad der Wahrscheinlichkeit für die Schutzrechtsverletzung als ausreichend zu erachten sein, um den Anspruch nach Durchführung eines Abwägungsvorgangs48 zu gewähren.49 Hervorzuheben ist insbesondere, dass der BGH – entgegen den noch zur Druckbalken-Entscheidung ergangenen Feststellungen – die Maßnahme der Besichtigung bei Gefahr der Beeinträchtigung von Interessen des Anspruchsgegners nicht per se verhindern möchte, sondern im Rahmen der Gesamtabwägung zunächst berücksichtigt, ob die Beeinträchtigung unter Umständen durch anderweitige Maßnahmen abgemildert werden kann.50 Ist dies der Fall, können also Geheimhaltungsinteressen durch anderweitige Verfahrensausgestaltungen geschützt werden, soll die Besichtigungsmaßnahme durchgeführt werden dürfen. Unbeantwortet geblieben ist damit weiterhin die Frage der Übertragbarkeit der Feststellungen des BGH im Rahmen der Faxkarte-Entscheidung auf das Patentrecht.51 Auch wenn der Erste Senat des BGH an einzelnen Stellen52 erkennen lässt, dass eine Übertragbarkeit wohl gelingen würde, hat er die Frage dennoch offen gelassen. Auch die Hoffnungen und Wünsche der Literatur53 sowie der Rechtsprechung54 im Hinblick auf eine zügige Übernahme der Feststellungen der Faxkarte-Entscheidung änderten zunächst nichts daran, dass die Situation im Patentrecht nicht durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt war (bzw. ist) und eine Übernahme der Grundsätze auf das Patentrecht damit nicht zwangsläufig erschien.

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Zu den Einzelheiten des Abwägungsvorgangs Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 80 ff. 49 Vgl. BGH GRUR 2002, 1049 – Faxkarte; vgl. auch BGH, Urt. v. 1. August 2006, X ZR 114/03, in: BGH GRUR 2006, 962 ff. – Restschadstoffentfernung. 50 Der BGH fordert scheinbar bewusst keine Verhinderung der Beeinträchtigung, sondern lässt es ausreichen, dass die Beeinträchtigung von Geheimhaltungsinteressen »weitgehend ausgeräumt« wird; siehe hierzu Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 71 mit Verweis auf BGH GRUR 2002, 1049 – Faxkarte. 51 Eingehend zur Frage der Übertragbarkeit Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 69 f.; siehe ferner Tilmann/Schreibauer, GRUR 2002, 1020; hierzu ebenfalls Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 87 ff. 52 Eine Übersicht findet sich bei Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 69. 53 Vgl. z.B. Tilmann/Schreibauer, GRUR 2002, 1020; ferner Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 136 f.; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 69 f. 54 Das LG Düsseldorf hat durch Anwendung des sogenannten Düsseldorfer Verfahrens bereits deutlich gemacht, dass es eine Übernahme der Maßgaben der Faxkarte-Entscheidung auf das Patentrecht befürwortet, vgl. hierzu Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 423 ff.

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Das vom Landgericht Düsseldorf praktizierte – im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nur ergänzend darzustellende55 – sogenannte Düsseldorfer Verfahren, das eine Kombination des selbstständigen Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO mit einer einstweiligen Duldungsverfügung und dem Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB als Verfügungsanspruch darstellt,56 führt insoweit ebenfalls zu keiner anderen Einschätzung. Die vom Landgericht Düsseldorf vorgeschlagene Praxis überzeugt neben der unbestrittenen Effizienz57 und Schnelligkeit58 des Verfahrens insbesondere durch die ergänzende Heranziehung der Grundsätze des einstweiligen Verfügungsverfahrens und die mögliche zwangsweise Durchsetzung der Begutachtung und Inaugenscheinnahme.59 Darüber hinaus steht durch das – seitens des gerichtlich bestellten und zur Verschwiegenheit60 verpflichteten Sachverständigen – angefertigte Gutachten eine unabhängige und voll verwertbare Entscheidungsgrundlage zur Verfügung, die den Geheimhaltungsinteressen des Anspruchsgegners Rechnung trägt61 und von dem Gericht in Bezug genommen werden kann.62 Aller-

55 Der Umfang und Fokus der vorliegenden Untersuchung gestattet eine eingehende Beschäftigung mit dem Düsseldorfer Verfahren nicht. Allerdings soll anhand der knappen Ausführungen gezeigt werden, dass eine Übertragung der Faxkarte-Entscheidung auf das Patentrecht auch durch das Düsseldorfer Verfahren nicht – jedenfalls nicht basierend auf valider Rechtsgrundlage – erfolgt. 56 Vgl. zu den jüngsten Entwicklungen des Düsseldorfer Besichtigungsverfahrens Kühnen, MittdtPatA 2009, 211 ff.; siehe auch die Zusammenfassung bei Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 143 ff.; vgl. ferner Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 113 ff.; hierzu auch Enchelmaier, GRUR Int. 2012, 512 f.; siehe schließlich auch Müller-Stoy, GRUR-RR 2009, 161 f. zugleich Besprechung von OLG München, Beschl. v. 11. August 2008, 6 W 1380/08, in: GRUR-RR 2009, 191 ff. 57 Vgl. zu den Effizienzgesichtspunkten Eck/Dombrowski, GRUR 2008, 387. 58 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 145 f. 59 Ein Formulierungsbeispiel einer selbstständigen Beweisanordnung kombiniert mit einer auf § 809 BGB gestützten einstweiligen Duldungsverfügung findet sich bei Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 440 f.; vgl. hingegen zur Antragsfassung i.R.d. Hauptklage Leppin, GRUR 1984, 771. 60 Siehe zur Berücksichtigung geheimhaltungsbedürftiger Belange i.R.d. Düsseldorfer Verfahrens Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 458 ff. 61 Die Geheimhaltung von betriebsinternen Informationen kann etwa dadurch erreicht werden, dass der Besichtigungsschuldner dazu angehalten wird, ein Gutachtenexemplar so zu schwärzen, dass diesem keine sensiblen Erkenntnisse mehr entnommen werden können, Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 459. 62 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 143 f.

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dings handelt es sich bei dem Verfahren – so die Ansicht vieler Autoren63 – um eine Neuschöpfung, die jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Entstehung64 einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage entbehrte und die darüber hinaus zu einer vom Gesetzgeber nicht vorhergesehenen Kombination verschiedener Rechtsinstitute führt. Damit ist festzuhalten, dass eine Übernahme der Kriterien der Faxkarte-Entscheidung im Hinblick auf den Besichtigungsanspruch aus § 809 BGB auch weiterhin umstritten ist.65 Die Handlungsmöglichkeiten des Schutzrechtsinhabers sind ebenso wie die Reichweite der ihm zur Verfügung stehenden Instrumente nicht abschließend geklärt.66 Ob dem Patentrechtsinhaber mittels des Anspruchs aus § 809 BGB folglich ein ausreichendes Instrumentarium zur Verfügung steht, bleibt unklar.67 Angesichts des im Anschluss an die Durchsetzungsrichtlinie68 in das Patentrecht eingeführten, noch verhältnismäßig jungen § 140 c PatG69 ist der Patentrechtsinhaber allerdings auch nicht primär auf ein Vorgehen gemäß § 809 BGB angewiesen.70 Inwieweit und ob mit § 140 c PatG nunmehr allerdings ein taugliches Instrumentarium geschaffen wurde, soll im Folgenden untersucht werden.

63 So kritisch Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 145 ff.; siehe zu den Problembereichen und den möglichen Konflikten mit Verfahrensgrundsätzen ferner Tilman, GRUR 2005, 738; zu den Grenzen i.R.d. einstweiligen Verfügungsverfahrens und der Problematik der Dringlichkeit insoweit bereits früh Leppin, GRUR 1984, 703, 707 f.; ebenso kritisch zur Problematik des Verfügungsgrundes Eck/Dombrowski, GRUR 2008, 392. 64 Eine erstmalige Vorstellung des Prozedere erfolgte bei Kühnen, GRUR 2005, 185 ff. 65 Eine umfassende Analyse der Rspr. findet sich bei Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 36 ff. 66 Vgl. insoweit Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 148 ff.; eine andere Einschätzung befürwortend Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 137, der meint, dass der Dornröschenschlaf des Besichtigungsanspruchs gemäß § 809 BGB beendet sei. 67 Kritisch hierzu Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 49 m.w.N. 68 Vgl. zur Problematik der Durchsetzung gewerblicher Schutzrechte in Deutschland vor Erlass der Durchsetzungsrichtlinie Krieger, GRUR Int. 1997, 424 ff. 69 Vgl. zur Entstehung und zum Zusammenhang mit der Durchsetzungsrichtlinie Dörre/Maaßen, GRUR-RR 2008, 220 f.; ausführlich zu den Voraussetzungen und der Reichweite des Anspruchs Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, S. 361 ff. sowie ders., MittdtPatA 2010, 267 ff.; siehe zum Aspekt des Geheimnisschutzes für den potenziellen Verletzer Kather/Fitzner, MittdtPatA 2010, 327 f. 70 Tatsächlich wurde eine Übernahme der Maßgaben der Faxkarte-Entscheidung im Hinblick auf eine Anwendung des § 809 BGB im Patentrecht nie explizit vorgenommen. Allerdings dürfte angesichts der neuen Regelung des § 140 c PatG, die sich stark an den Kriterien der Faxkarte-Entscheidung orientiert, hiervon auszugehen sein.

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2. Der Besichtigungsanspruch gemäß § 140 c PatG Als eines der Ergebnisse der Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie wurde das Besichtigungsrecht in § 140 c PatG neu geregelt.71 Die Vorschriften der §§ 809 ff. BGB bleiben hierneben zwar weiterhin anwendbar,72 haben jedoch – jedenfalls im Patentrecht – einen weitaus geringeren Anwendungsbereich.73 Anspruchsberechtigt im Sinne des § 140 c Abs. 1 S. 1 PatG ist, wer Ansprüche aus dem Patent geltend machen kann. Das ist regelmäßig der originäre Rechteinhaber oder ein anderer Berechtigter, wie beispielsweise ein Lizenznehmer.74 Anspruchsgegner ist der mutmaßliche Patentbenutzer und somit derjenige, der die patentierte Erfindung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entgegen der §§ 9 bis 13 PatG benutzt hat75 und der die zu besichtigende Sache76 oder vorzulegende Urkunde im Zeitpunkt der Entscheidung des Besichtigungsverlangen in seiner Verfügungsgewalt hat.77 Weitere Voraussetzung ist das bereits im Rahmen der Faxkarte-Entscheidung78 angeklungene Kriterium des Vorliegens einer (gewissen) Wahrscheinlichkeit der Patentverletzung.79 In Anbetracht der zu § 140 c PatG vorliegenden Gesetzesmaterialien ist davon auszugehen, dass durch die nunmehr gewählte Formulierung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit kein sachlicher Unterschied zu dem zuvor verwandten 71

Ebenfalls neugefasst wurde der patentrechtliche Auskunftsanspruch in § 140 b PatG, der erheblich ausgeweitet wurde und nunmehr auch unbeteiligte Dritte erfasst bzw. anders als noch nach früherer Rechtslage auch eine Auskunft hinsichtlich der Preise ermöglicht, vgl. Dörre/Maaßen, GRUR-RR 2008, 219 f., siehe zur alten Rechtslage umfassend Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 34 ff. 72 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 360; ders., MittdtPatA 2009, 211. 73 Ein tatsächlicher Anwendungsbereich ergibt sich z.B. auch weiterhin im Bereich der Aufklärung von Entschädigungsansprüchen wegen rechtmäßiger Patentbenutzung; hier greift § 140 c PatG bereits mangels Vorliegens einer Patentverletzung nicht ein, vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 365 f.; ders., MittdtPatA 2009, 211. 74 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 363; ders., MittdtPatA 2009, 211; Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 362. 75 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 364: Umfasst ist damit jeder, der als Schuldner eines Anspruchs wegen Patentverletzung in Betracht kommt, d.h. abgesehen von den deliktisch Verantwortlichen (Alleintäter, mittelbarer Täter, Mittäter und Nebentäter) ist auch der Störer möglicher Anspruchsgegner; vgl. ferner ders., MittdtPatA 2009, 211 f. 76 Entgegen der Regelung des § 809 BGB ermöglicht § 140 c PatG auch die Besichtigung eines patentierten Verfahrens; die Auslegung des Wortlauts (»Sache«) ist insoweit nicht deckungsgleich mit derjenigen des § 809 BGB; vgl. Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 364. 77 Vgl. zum Erfordernis der tatsächlichen Sachherrschaft (mittelbarer Besitz) sowie zur Unerheblichkeit der Rechtmäßigkeit der Besitzposition Kühnen, MittdtPatA 2009, 212. 78 Vgl. BGH, Urt. v. 2. Mai 2002, I ZR 45/01, in: BGH GRUR 2002, 1046 ff. – Faxkarte. 79 Ausführlich hierzu Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 362 f.

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Maßstab der gewissen Wahrscheinlichkeit beabsichtigt war.80 Der als Eingangsvoraussetzung für den Besichtigungsanspruch gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab macht deutlich, dass eine Rechtsverletzung zwar nicht mit Sicherheit vorliegen muss, eine wahllose Besichtigung ohne konkrete Anhaltspunkte jedoch ebenfalls nicht vom Wortlaut der Norm gedeckt ist.81 Tatsachen, die die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit begründen, können z.B. Werbeaussagen in Bezug auf den Besichtigungsgegenstand oder aber etwaige parallel im Ausland vertriebene Produkte des Besichtigungsschuldners sein. Die Durchführung der Besichtigung muss ferner erforderlich sein, um einen Anspruch wegen Patentverletzung aufzuklären. Eine anderweitige Möglichkeit zur Beschaffung der durch die Besichtigung erhofften Informationen darf folglich nicht gegeben sein.82 Entsprechend § 140 c Abs. 2 PatG ist der Anspruch nach § 140 c Abs. 1 S. 1 PatG ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Das vom Anspruchsgegner zu beweisende Kriterium der Unverhältnismäßigkeit dient der Vermeidung der Geltendmachung umfangreicher Vorlageansprüche bei lediglich geringfügigen Verletzungen.83 Relevante Kriterien auf Seiten des Besichtigungsgläubigers sind in diesem Zusammenhang insbesondere eine geringe Benutzungsintensität, erhebliche Zweifel am Rechtsbestand des Antragsschutzrechts, die geringe Wahrscheinlichkeit der Patentverletzung sowie die Nützlichkeit der Vorlage- und Besichtigungsmaßnahem für die Rechtsdurchsetzung.84 Auf Seiten des Besichtigungsschuldners sind unter anderem der erhebliche Umfang des vorzulegenden Materials, die Schwere des Besichtigungseingriffs, die zu erwartende Beeinträchtigung von Betriebsgeheimnissen85 und schließlich der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen.86 Wenngleich auf Ebene der Tatbestandsvoraussetzungen eine Anpassung an die bereits zu § 809 BGB entwickelten Grundsätze stattgefunden hat, ist auf Rechtsfolgenseite und im Hinblick auf die Reichweite des Anspruchs aus § 140 c PatG, festzustellen, dass die durch die Durchsetzungsrichtlinie veranlasste Neuregelung eine erhebliche Erweiterung der Befugnisse des Anspruchsinhabers bewirkt hat. Zu nennen sind die bereits angesprochene, explizit aufgenommene Erweiterung der Besichtigungsbefugnisse hinsichtlich pa80

Siehe erneut Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 363 m.w.N. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 365 ff.; ders., MittdtPatA 2009, 212. 82 Ginge man davon aus, dass das Kriterium der Erforderlichkeit lediglich vorsehe, dass der Anspruchsteller die Besichtigung zum Nachweis der vermuteten Verletzung benötige, liefe die Voraussetzung weitestgehend leer, vgl. Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 363. 83 Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 363. 84 Kühnen, MittdtPatA 2009, 213. 85 Hierzu ausführlich Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 274. 86 Kühnen, MittdtPatA 2009, 213; vgl. zu den Möglichkeiten des Schutzes des Anspruchsgegners Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 267 ff. 81

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tentgeschützter Verfahren87 sowie die Möglichkeit einer näheren Untersuchung des Besichtigungsgegenstandes, z.B. durch Substanzeingriffe.88 Der nunmehr spezialgesetzlich geregelte Besichtigungsanspruch gemäß § 140 c Abs. 1 S. 1 PatG zeigt sich aufgrund der dargestellten Eigenschaften als brauchbares Instrument zur Beschaffung der für die Substantiierung der Verletzung erforderlichen Informationen.89 Insbesondere die unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit aufgenommene Interessenabwägung erfüllt eine Balancefunktion, welche die Interessen des Anspruchstellers an einer möglichst umfassenden Begutachtung des mutmaßlich verletzenden Gegenstands aber auch den etwaig bestehenden Geheimhaltungsinteressen des Anspruchsgegners Rechnung trägt.90 Soweit die Anforderungen der Praxis an das Merkmal der hinreichenden Wahrscheinlichkeit als der höchsten Hürde der Darlegung nicht vollkommen überzogen ausfallen, steht mit § 140 c Abs. 1 S. 1 PatG ein Besichtigungsanspruch zur Verfügung, der die in der Diskussion um § 809 BGB aufgekommenen Anregungen aufgreift und auch in der Bestimmung seiner Reichweite eine angemessene Ausgestaltung wählt. Die oben erörterten Unwägbarkeiten der Anwendung des § 809 BGB wurden damit jedenfalls in Teilen aus dem Weg geräumt. Allerdings muss der Anspruchsinhaber sein Vorlagebegehren auch weiterhin hinreichend spezifizieren, d.h., soweit die Vorlage bestimmter Unterlagen gefordert wird, sind diese konkret zu bezeichnen. Die schlichte Behauptung, entsprechende (allerdings nicht näher bezeichnete) Unterlagen lägen beim vermeintlichen Patentverletzer vor, genügt hierfür nicht. Da der Patentrechtsinhaber in der Praxis aber bereits kaum tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen bestimmter Unterlagen hat, misslingt zumeist auch die geforderte Substantiierung, so dass die Reichweite des § 140 c PatG erheblichen Einschränkungen unterliegt.91 3. Zwischenergebnis: Materiell-rechtliche Ausprägungen der Beweisermittlung im deutschen Recht Das deutsche Recht verfügt mit den materiell-rechtlichen Vorschriften § 809 BGB und § 140 c Abs. 1 S. 1 PatG über Instrumente, die lediglich eine eingeschränkte Beweisermittlung des Schutzrechtsinhabers bei inländischen Sach87

Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 364. Vgl. zur Problematik der Reichweite des Anspruchs aus § 140 c PatG Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 364 ff., der unter anderem auch ein unmittelbares Durchsuchungsrecht sowie die Möglichkeit zur Einbehaltung von Mustern und verletzender Ware annehmen will. 89 Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 366. 90 Entscheidend hinsichtlich der Wahrung der (Geheimhaltungs-)Interessen des Anspruchsgegners ist zum einen die konkrete Reichweite des Anspruchs, sowie zum anderen dessen prozessuale Durchsetzung, so dass ein Anspruchsausschluss eher die Ausnahme darstellt, vgl. Müller-Stoy, MittdtPatA 2009, 366. 91 Vgl. zur Problematik einer weitreichenden Substantiierungspflicht ausführlich Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 58 ff. 88

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verhalten zulassen.92 Die ermöglichte Sachverhaltsaufklärung wird maßgeblich durch drei Faktoren begrenzt: Dies ist zunächst die Auswahl möglicher Anspruchsgegner, d.h. der Kreis potenzieller Verletzer, ferner die auf Ebene der Verhältnismäßigkeitsprüfung bzw. im Rahmen der prozessualen Durchsetzung zu berücksichtigende Bedeutung etwaiger Geheimhaltungsinteressen des Anspruchsgegners sowie schließlich die Erforderlichkeit einer hinreichenden Substantiierung der vorzulegenden Unterlagen. § 809 BGB und § 140 c Abs. 1 S. 1 PatG gestatten eine Besichtigung nur gegenüber dem Besitzer einer Sache, soweit gegen diesen ein »Anspruch in Ansehung der Sache« besteht, und gegenüber demjenigen, »der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entgegen den §§ 9 bis 13 [PatG] eine patentierte Erfindung benutzt«. Dritte, die ebenfalls über maßgebliche Informationen zur Durchsetzung des Verletzungsanspruchs verfügen, sind folglich nicht taugliche Anspruchsgegner im Sinne der genannten Normen, sofern gegen diese kein solcher Anspruch besteht.93 Darüber hinaus kann aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, zumeist aufgrund des Vorliegens berechtigter Geheimhaltungsinteressen, ein Vorlage- oder Besichtigungsverlangen ganz oder jedenfalls hinsichtlich einzelner Maßnahmen erfolglos bleiben.94 Schließlich ist auf Ebene der Durchsetzung der Besichtigungsansprüche, also entweder im Hauptsacheverfahren, häufiger aber im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, zu beachten, dass dem Besitzer des zur Besichtigung vorgesehenen Gegenstands zugleich die Duldung der Besichtigung aufgegeben wird.95 Ist der Zugang zu dem Verletzungsgegenstand nicht öffentlich, lässt sich eine Untersuchung des Verletzungsgegenstands auch nicht durchführen.

II. Prozessuale Instrumente der Beweisermittlung im deutschen Recht Neben den oben dargestellten materiell-rechtlichen Instrumenten (vor-)prozessualer Beweisermittlung stehen dem Schutzrechtsinhaber im deutschen Recht auch verschiedene prozessuale Ausgestaltungen zur Verfügung, die der Beweisgewinnung im Vorfeld eines Prozesses oder der weiteren Informationsgewinnung bei bestehendem Prozessrechtsverhältnis dienen. Nachstehend findet sich eine Zusammenfassung der für den gewerblichen Rechtsschutz relevanten Instrumente. Dies sind zum einen das selbstständige Beweisverfahren nach §§ 485 bis 494 a ZPO, die Pflicht des Prozessgegners 92

So im Ergebnis auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 83 f. 93 Vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 382. 94 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 383 f. 95 Siehe zum Gesamten Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 421.

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zur Vorlegung von Urkunden gemäß §§ 421 ff. ZPO sowie die Möglichkeit der von Amts wegen ergehenden richterlichen Anordnung zur Vorlage von Unterlagen und Augenscheinsgegenständen und die Duldung ihrer Inaugenscheinnahme und Begutachtung im Sinne der §§ 142, 144 ZPO. 1. Das selbstständige Beweisverfahren gemäß §§ 485 bis 494 a ZPO Auf prozessualer Ebene steht zunächst das selbstständige Beweisverfahren gemäß §§ 485 bis 494 a ZPO zur Verfügung, um im Vorfeld einer Verletzungsklage die zur Substantiierung notwendigen Informationen zu sammeln.96 Dabei handelt es sich um eine vorweggenommene gerichtliche Beweisaufnahme, die einerseits der Abwehr eines drohenden Rechtsnachteils durch den zu befürchtenden Verlust eines Beweismittels dient97 (§ 485 Abs. 1 ZPO), andererseits die Möglichkeit einer vorprozessualen Beweiserhebung eröffnet,98 mittels deren Beweisergebnis etwa die Voraussetzung für eine erfolgversprechende Güteverhandlung (§ 492 Abs. 3 ZPO) geschaffen werden kann (§ 485 Abs. 2 ZPO).99 Im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens erfolgt allerdings eine Begrenzung der zulässigen Beweismittel. Entgegen der im Zivilprozess üblichen Ausgestaltung stehen den Parteien in Verfahren gemäß der §§ 485 bis 494 a ZPO der Urkundsbeweis (§§ 415 ff. ZPO) und die Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO) nicht zur Verfügung.100 Die Parteien sind demnach allein auf die Beweismittel des Augenscheins (§ 371 ZPO), des Zeugenbeweises (§ 373 ZPO) und des Sachverständigengutachtens (§§ 402, 411 ZPO) verwiesen.101 Vorrangige Intention des Verfahrens ist damit neben der grundsätzlichen Maßgabe der Beweissicherung die Vermeidung von Prozessstreitigkeiten sowie die Beschleunigung des Verfahrens durch vorherige Klärung der relevanten Tatsachenfragen.102 Ermöglicht wird diese Zielsetzung durch die Regelung des

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Zur allgemeinen Bedeutung selbstständiger Beweisverfahren im Wirtschaftsverkehr siehe Mankowski, JZ 2005, 1144 m.w.N. 97 Ein solcher Verlust droht laut Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 425, beispielweise bei einem bevorstehenden Umbau bzw. Export der Maschine ins Ausland. 98 Die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens kann sich für den Antragsteller im Übrigen auch dann lohnen, wenn der zugrunde liegende Sachverhalt bereits in vollem Umfang bekannt ist. Intention ist dabei häufig die Vermeidung eines Zeugenbeweises im nachfolgenden Verletzungsprozess bzw. zumindest die Entbehrlichkeit eines solchen Beweisantritts, vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 424. 99 Vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 485, Rn. 1, 6; vgl. ferner Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 150 f. m.w.N. 100 Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 485, Rn. 1. 101 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 426; hierzu ferner Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 485, Rn. 1. 102 Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 42 f.

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§ 493 Abs. 1 ZPO, die statuiert, dass das Ergebnis der selbstständigen Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Gericht gleich steht.103 Die Parteien des selbstständigen Beweisverfahrens sind daher notwendigerweise identisch mit den Parteien des Hauptprozesses.104 Der Tatbestand des § 485 Abs. 1 ZPO umfasst in Alt. 1 das sogenannte einvernehmliche Beweisverfahren, in dessen Rahmen allein die Zustimmung des Gegners zur Verfahrenseinleitung erforderlich ist. Das sichernde Beweisverfahren des § 485 Abs. 1 Alt. 2 ZPO findet hingegen Anwendung, wenn ein Beweismittelverlust zu befürchten ist. Angesichts dieser Zielsetzung ist der Umfang der Beweissicherung auf jene Bereiche begrenzt, hinsichtlich derer auch tatsächlich ein Beweismittelverlust oder zumindest ein (zu einem späteren Zeitpunkt) erschwerter Zugang zu den Beweismitteln zu erwarten ist.105 Im Gegensatz zu § 485 Abs. 1 ZPO kann § 485 Abs. 2 ZPO nur dann zur Anwendung gelangen, wenn das Verfahren noch nicht anhängig ist106 und der Antragsteller ferner ein rechtliches Interesse107 an der Beweissicherung hat; gesetzliches Regelbeispiel ist der in Anbetracht des Beweisverfahrens verhinderte Rechtsstreit. Vom Vorliegen dieser Voraussetzung dürfte häufig auszugehen sein, da je nach Ergebnis der Beweissicherung entweder der Verletzungstatbestand ausgeräumt und die Klage folglich obsolet wird oder der Verletzungsverdacht erhärtet werden kann und der Antragsgegner es dementsprechend nicht auf einen Rechtsstreit ankommen lassen wird.108 In jedem Fall steht den Parteien im Rahmen des Verfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO allein der Sachverständigenbeweis als Beweismittel zur Verfügung.109 Im Hinblick auf den aufzuklärenden, mutmaßlichen Eingriff in den Schutzbereich des Patents verlangt das selbstständige Beweisverfahren keine vorherige Schlüssigkeitsprüfung. Allein bei einer offensichtlich nicht vorliegenden

103 Voraussetzung der Gleichbehandlung ist lediglich die Identität der Beteiligten beider Verfahren sowie die Beteiligung des Prozessgegners am selbstständigen Beweisverfahren, vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 493, Rn. 1; vgl. zur Einführung des Ergebnisses eines ausländischen Beweissicherungsverfahrens in das deutsche Verfahren gemäß § 493 ZPO Meilicke, NJW 1984, 2017 f., zugleich Besprechung des Beschlusses des OLG Köln, Beschl. v. 5. Januar 1983 – 17 W 482/82, in: NJW 1983, 2779 f. 104 Zuzulassen sind auch die jeweiligen Rechtsnachfolger, vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Auflage, vor § 485, Rn. 31. 105 Vgl. zum gesamten Absatz Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 152. 106 Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 485, Rn. 1 m.w.N. 107 Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 55; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 427; Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 485, Rn. 7a. 108 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 427. 109 Auch insoweit soll eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit weitestgehend vermieden werden, Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 485, Rn. 8.

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Verletzung, ist das Besichtigungsverlangen zurückzuweisen.110 Detailliert darzulegen sind im Gegensatz dazu allerdings die jeweils zu sichernden Beweise. Hat der Antragsteller keine konkrete Vorstellung von der Existenz bestimmter Beweise oder kann er deren Beschaffenheit nur ungefähr beschreiben, verwehrt § 487 ZPO, der die Voraussetzungen des Inhalts des Beweisantrags enthält, die Durchführung der Beweissicherung.111 Die Geltung des Verbots des Ausforschungsbeweises ist auch insofern absolut (§ 487 Nr. 2 ZPO).112 Allerdings wird diskutiert, ob diese Maßgabe auch im Bereich des selbstständigen Beweisverfahrens, dessen Intention als Instrument der vorgezogenen Beweisaufnahme insbesondere in der Verhinderung von Rechtsstreitigkeiten besteht, vollumfänglich aufrecht zu erhalten ist.113 Ein Antrag, dessen alleiniger Zweck in der Ausforschung des Antragsgegners besteht, ist abzuweisen.114 Wie streng das Erfordernis der Bezeichnung der relevanten Tatsachen im Sinne des § 487 Nr. 2 ZPO ausgelegt werden muss, ist jedoch umstritten.115 Teilweise wird mittlerweile anerkannt, dass ein zu starres Festhalten am Grundsatz des Ausforschungsverbots dem eigentlichen Sinn des selbstständigen Beweisverfahrens entgegensteht und folglich geringfügig niedrigere Anforderungen an die Darlegungspflicht zu stellen sind.116 Andererseits ist die grundsätzliche Geltung des Ausforschungsverbots unumstritten.117 Festzuhalten bleibt damit, dass selbst bei einer anzunehmenden liberalen Handhabung durch die Gerichte eine eigentliche Beweisermittlung im Rahmen der §§ 485 ff. ZPO nicht erfolgt. Die Parteien sind darauf angewiesen, das Vorliegen einer Schutzrechtsverletzung anhand bestimmter Merkmale, jedenfalls aber anhand bestimmter Anknüpfungstatsachen konkret vorzutragen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass das Beweisverlangen mangels ausreichender Bestimmtheit des Antrags (§ 487 Nr. 2 ZPO) abgelehnt wird.118

110

Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 428. Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 153 ff. 112 Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 55 f.; Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 487, Rn. 4. 113 Siehe hierzu ausführlich Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 153 ff. 114 Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 487, Rn. 4; ebenso Kratz, BeckOK ZPO, § 487, Rn. 3. 115 Zum Streitstand eingehend Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 154 ff. 116 Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 487, Rn. 4; ferner Musielak, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 487, Rn. 3; so auch Kratz, BeckOK ZPO, § 487, Rn. 3; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 155 m.w.N. 117 Statt vieler Kratz, BeckOK ZPO, § 487, Rn. 3. 118 Vgl. Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 156 f. 111

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Das selbstständige Beweisverfahren ist damit zwar grundsätzlich ein zweckmäßiger Weg119 zur Beweissicherung, allerdings sind die Anforderungen an den Tatsachenvortrag des Schutzrechtsinhabers im Vorfeld verhältnismäßig hoch.120 Angesichts der Belegenheit des Verletzungsgegenstands beim Anspruchsgegner ergibt sich für den Anspruchsteller häufig das Problem, mangels ausreichender Informationen den Anforderungen an einen hinreichend detaillierten Vortrag nicht gerecht werden zu können. Der eigentliche Nutzen der § 485 ff. ZPO liegt demnach eher in der Sicherung bereits vorliegender oder zumindest in groben Zügen bekannter Beweismittel als in einer tatsächlichen (Neu-)Ermittlung von beweisrelevanten Informationen.121 2. Urkundenvorlegung im deutschen Zivilprozess Angesichts des im deutschen Prozessrecht verankerten Ausforschungsverbots122 sind die Mitwirkungspflichten der Prozessparteien im Hinblick auf eine Beweisbeschaffung begrenzt. Die ZPO-Reform im Jahr 2001123 hat allerdings zu einer erheblichen Erweiterung des Instituts der Urkundenvorlage (nach erfolgter richterlicher Anordnung) durch die Parteien geführt (§§ 142, 144 ZPO).124 Dennoch bleiben die Möglichkeiten, die gegnerische Partei zu einer Herausgabe streitentscheidender Urkunden zu bewegen, begrenzt.125 Den Parteien stehen maßgeblich zwei Instrumente zur Verfügung. Dabei handelt es sich einerseits um die Vorlagepflichten nach §§ 421 ff. ZPO, die einen entsprechenden Beweisantritt voraussetzen. Zum anderen können die Parteien auf das reformierte Institut der §§ 142, 144 ZPO, die Anordnung der Vorlage von Urkunden, zugreifen, das jedoch erst nach gerichtlicher Anordnung Anwendung findet und insoweit eine Beweiserhebung von Amts wegen ermöglicht.126

119

Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 423. Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 156 f. sowie S. 165 ff. 121 Siehe wiederum Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 166; kritisch auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 86 ff. 122 Siehe hierzu unter Einleitung, § 1, III., 4. 123 Vgl. das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001, BGBl. I, Nr. 40, S. 1887 ff.; siehe ferner Prütting, AnwBl. 2008, 157; schließlich Wagner, in: FS-Leipold, S. 815 f. 124 Kraayvanger/Hilgard, NJ 2003, 572; ferner Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 199. 125 Vgl. Kraayvanger/Hilgard, NJ 2003, 572. 126 Kraayvanger/Hilgard, NJ 2003, 572. 120

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a. Pflicht zur Vorlegung von Urkunden gemäß §§ 421 ff. ZPO Die Voraussetzungen der Urkundenvorlegung gemäß §§ 421 ff. ZPO sind verhältnismäßig eng. Ein Antrag auf Vorlage hat daher in der Regel nur geringe Erfolgsaussichten.127 Tritt der Anspruchsteller Beweis an und verlangt er die Vorlage einer Urkunde kann dem Antragsgegner gemäß § 421 ZPO deren Vorlegung aufgegeben werden. Allein aus diesem Antrag ergibt sich jedoch noch keine Pflicht des Antragsgegners, tätig zu werden. Eine tatsächliche Verpflichtung erfordert entweder das Bestehen eines materiell-rechtlichen Herausgabeoder Vorlegungsanspruchs zugunsten des Anspruchstellers (materieller Vorlageanspruch128 gemäß § 422 ZPO) oder aber eine Bezugnahme des Gegners auf die Urkunde (prozessualer Vorlageanspruch129 gemäß § 423 ZPO). Seit der ZPO-Reform genügt im Übrigen jede Bezugnahme zu Aufklärungszwecken, d.h. eine bloße inhaltliche Bezugnahme ist entgegen der früheren Regelung vollkommen ausreichend.130 Die mit §§ 422, 423 ZPO einhergehende Verpflichtung des Antragsgegners zur Vorlage von Urkunden ist jedoch angesichts der Regelung des § 427 ZPO nur ein schwaches Hilfsmittel in den Händen des Anspruchstellers.131 Kommt der Antragsgegner der Vorlageverpflichtung nämlich nicht nach, stehen dem Anspruchsteller keinerlei Zwangsmittel zu Verfügung.132 Dem Antragsgegner drohen in der Folge allein beweisrechtliche Nachteile, die im äußersten, jedoch seltenen Fall dazu führen, dass die fraglichen Tatsachen auch ohne Vorlage der Urkunden als erwiesen anzusehen sind.133 Die Pflicht des Gegners zur Urkundenvorlage ist damit allenfalls ein ergänzendes Instrumentarium der (vor-)prozessualen Beweisermittlung, das maßgeblich bei der Vorlage solcher bereits in Bezug genommener Urkunden von Vorteil sein kann. Angesichts des fehlenden Zwangselements ergeben sich für die gegnerische Partei in tatsächlicher Hinsicht jedoch zumeist keine gravierenden Auswirkungen.134

127 Vgl. Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 46; ebenso Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 199. 128 Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 46. 129 Siehe hierzu Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 46. 130 Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 423, Rn. 1. 131 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 199 m.w.N.; siehe hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 91. 132 Vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 427, Rn. 2. 133 Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 427, Rn. 2 f.; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 199; Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 46. 134 So auch Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 199.

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b. Anordnung der Vorlage von Urkunden gemäß §§ 142, 144 ZPO Die Beweiserhebung von Amts wegen nach §§ 142, 144 ZPO stellt eine Abweichung zu dem sonst im Zivilprozess geltenden Beibringungsgrundsatz dar.135 Hintergrund dieser prozessualen Besonderheit war die Absicht des Gesetzgebers, dem Gericht möglichst frühzeitig einen umfassenden Überblick über den Prozessstoff zu ermöglichen, um das Verfahren auf diese Weise effizienter zu gestalten und die materielle Prozessleitungsbefugnis des Richters zu stärken.136 Die Möglichkeiten der richterlichen Anordnung der §§ 142, 144 ZPO umfassen in § 142 ZPO zunächst die Vorlage von Urkunden im Sinne des §§ 415 ff. ZPO sowie in § 144 ZPO die Einnahme des Augenscheins als auch die Anordnung der Begutachtung durch Sachverständige.137 Entgegen der bereits zuvor für die materiell-rechtlichen Ansprüche festgestellten Beschränkung138 des Adressatenkreises auf den eigentlichen Verletzer, beziehen die §§ 142 Abs. 1 und 2, 144 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO auch Dritte mit ein und ordnen diesen gegenüber eine Vorlage etwa von Urkunden unabhängig vom Bestehen materieller Ansprüche an.139 Die insoweit geltenden Voraussetzungen des § 142 ZPO sowie des § 144 ZPO sind nahezu deckungsgleich und werden daher im Folgenden gemeinsam erörtert. Erforderlich ist zunächst, dass sich die – im Hinblick auf § 142 ZPO – vorzulegenden Urkunden im Besitz der Partei oder eines Dritten befinden.140 Gleiches gilt für die in § 144 ZPO in Bezug genommenen Objekte der Inaugenscheinnahme und der Sachverständigenbegutachtung. Während das Merkmal

135 Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 59 f.; siehe ferner Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 144, Rn. 1; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 202, verweist darauf, dass der Beibringungsgrundsatz jedoch nur variiert werden solle, eine Ersetzung durch die richterliche Untersuchungsmaxime sei hingegen nicht intendiert. 136 Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 1; kritisch zum Aspekt der Prozessleitung Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 201 mit Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drs. 14/4722, 58 ff., 78; siehe ferner Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 59 f.; eine vergleichende Darstellung der §§ 142, 144 ZPO mit der US-amerikanischen Discovery findet sich bei Prütting, AnwBl. 2008, 153 ff.; hierzu ebenfalls Wagner, in: FS-Leipold, S. 801, S. 815 ff.; so auch Blechmann/Rieger, DAJV-Newsletter 2004, 141 ff. 137 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 497 f. 138 Siehe die Ausführungen unter Teil 1, § 1, I., 3. 139 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 200. 140 So auch für den mittelbaren Besitz Stadler, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 142, Rn. 2; anders noch Kraayvanger/Hilgard, NJ 2003, 572.

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der Bezugnahme nach früherem Verständnis noch als weitestgehend überflüssig galt,141 kommt dem Tatbestandsmerkmal i.R.d. § 142 ZPO n.F. eine erhebliche Bedeutung zu. So verhindert das Erfordernis der Bezugnahme eine eigenständige richterliche Einführung neuer Tatsachen und Beweismittel in den Prozess. Hinweise auf etwaige rechtserhebliche Tatsachen sind folglich auch weiterhin von den Parteien beizubringen.142 Problematisch ist hingegen die im Hinblick auf den Vortrag der Bezugnahme konkret anzulegende Substantiierungslast. Die hierzu geführte Diskussion ähnelt der bereits oben erläuterten Problematik der Bezeichnung von relevanten Tatsachen im Sinne des § 487 Nr. 2 ZPO.143 Einerseits muss hinsichtlich der Bezugnahme ein hinreichend konkreter Tatsachenvortrag gefordert werden, andererseits kann jedoch nicht verlangt werden, dass die Partei die Existenz der Tatsachen bereits positiv kennt.144 Aus diesem grundsätzlichen Spannungsfeld wird in der Literatur geschlossen, dass eine Konkretisierung jedenfalls dergestalt vorliegen müsse, dass eine Identifizierung der Urkunde möglich ist.145 Dabei genügt die sogenannte konkretisierte Behauptung von Vermutungen, wohingegen eine bloße Vermutung ohne konkrete Anhaltspunkte als unzureichend angesehen wird.146 Als Ausfluss des Beibringungsgrundsatzes sind an die Bezugnahme insgesamt allerdings keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; so wird bereits ein sich aus dem Parteivortrag oder sonstigen eingereichten Unterlagen ergebender Hinweis als ausreichend erachtet.147 Anders als die Beweiserhebung nach förmlichem Parteiantrag oder Beweisantritt handelt es sich bei der Entscheidung über die richterliche Anordnung der Vorlage im Sinne des § 142 ZPO um eine Ermessensentscheidung, die dem Richter gewisse einzelfallabhängige Entscheidungsspielräume eröffnet.148 Ein

141

Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 204 f.; zum Verständnis der Merkmals der Bezugnahme ferner Kraayvanger/Hilgard, NJ 2003, 573. 142 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 204. 143 Siehe hierzu unter Teil 1, § 1, II., 1. 144 Ungeschriebene, aber selbstverständliche Voraussetzung bzw. Anforderung an die durch § 142 ZPO zu ermittelnden Tatsachen ist deren streitiger Charakter sowie Entscheidungserheblichkeit, vgl. Stadler, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 142, Rn. 1. 145 Insoweit allerdings auf eine konkrete Bezeichnung des Dokuments mit Datum etc. verzichtend Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 6 m.w.N. 146 Vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 6; sehr ausführlich Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 205; zum Aspekt der Individualisierbarkeit auch Kraayvanger/Hilgard, NJ 2003, 573. 147 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 207. 148 Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 8; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 209 mit zahlreichen weiteren Nachweisen;

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ordnungsgemäß ausgeübtes pflichtgemäßes Ermessen hat sich an den zuvor erläuterten Zielen der Neugestaltung des § 142 ZPO zu orientieren. Maßgebliche Leitlinie ist dabei die Frage, ob durch Anordnung der Vorlage tatsächlich eine frühere Sachverhaltsaufklärung gefördert wird. Daneben fließen in die Ermessensausübung unter anderem auch das Bestehen etwaiger geheimhaltungsbedürftiger Informationen sowie Belange des Persönlichkeitsschutzes mit ein.149 Handelt es sich bei der amtswegigen Aufklärung gemäß der §§ 142 ff. ZPO um die einzige zur Verfügung stehende Möglichkeit der Erlangung der entscheidungserheblichen Tatsachen, erfolgt eine Ermessensreduzierung auf Null.150 Dem Aufklärungszweck kommt in dieser Situation maßgebliches Gewicht zu, so dass – sofern keine gravierenden Gründe entgegenstehen – ein Absehen von der Vorlage ermessensfehlerhaft erschiene.151 Ebenso ist von einer gebundenen Entscheidung dann auszugehen, wenn die Anordnung gegenüber einem Dritten erfolgen soll und die beweispflichtige Partei gemäß § 428 Alt. 2 ZPO einen Antrag auf Erlass einer Vorlegungsanordnung nach § 142 ZPO stellt.152 Dem insoweit vorliegenden förmlichen Beweisantritt ist durch das Gericht zu entsprechen.153 Ausweislich des Wortlauts der §§ 142, 144 ZPO kann Adressat der entsprechenden Maßnahmen sowohl die auf die entsprechende Urkunde oder den Verletzungsgegenstand Bezug nehmende Partei, aber auch ein Dritter bzw. die nicht auf das Beweismittel Bezug nehmende Partei sein.154 Diese Ausdehnung durch den Reformgesetzgeber und insbesondere die Erweiterung der Mitwirkungspflichten der nicht beweisbelasteten Partei sowie die Entkopplung der Vorlagepflicht vom materiellen Recht und damit vom Bestehen eines materiellen Herausgabeanspruchs im Sinne des § 422 ZPO, war lange Zeit heftig umstritten.155 Aus der Entstehungsgeschichte und auch der grundlegenden Intention einer vorzeitigen Erfassung des Sachverhalts lässt sich jedoch ableiten, ferner Kraayvanger/Hilgard, NJ 2003, 573 ff.; Stadler, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 142, Rn. 1. 149 Vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 8; ferner Kraayvanger/Hilgard, NJ 2003, 574 f.; soweit es um den Schutz von Geschäftsgeheimnissen geht, wäre einem sogenannten in camera-Verfahren der Vorzug zu geben, bei dem auf die Vorlage der Dokumente nicht verzichtet wird, zunächst jedoch nur das Gericht selbst oder ein Sachverständiger Einsicht nehmen darf, vgl. Stadler, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 142, Rn. 7. 150 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 210. 151 Ders., a.a.O., S. 210. 152 Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 8; Stadler, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 142, Rn. 8. 153 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 213. 154 Vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 9 ff. 155 Eine ausführliche Darstellung des Streitstands findet sich bei Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 214 ff.

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

dass gerade auch die nicht auf das Beweismittel Bezug nehmende Partei zur Vorlage veranlasst werden sollte, solange zumindest eine Bezugnahme der jeweils anderen Partei vorliegt.156 Gegenüber Dritten kann eine Beweisermittlung jedenfalls dann vorgenommen werden, wenn diesen die Vorlage der Urkunde zumutbar ist. Die Beurteilung der Zumutbarkeit orientiert sich unter anderem daran, ob die Beweisermittlung einen erheblichen Aufwand verursacht, zu sonstigen massiven Störungen des Geschäftsbetriebs führt157 sowie danach, ob ein berechtigter Rückgriff auf ein Zeugnisverweigerungsrecht ausgeschlossen werden kann (§ 142 Abs. 2 ZPO).158 Wie bereits zuvor für die Urkundenvorlage der §§ 421 ff. ZPO ausgeführt, sind auch die Anordnungen nach §§ 142, 144 ZPO nicht erzwingbar.159 In § 144 Abs. 3 ZPO findet sich jedoch der Hinweis auf die angeordnete Einnahme des Augenscheins (§§ 371 ff. ZPO) und damit auch auf § 371 Abs. 3 ZPO sowie die dort geregelten nachteiligen beweisrechtlichen Folgen.160 Im Hinblick auf § 142 ZPO kann eine solch nachteilige Würdigung jedenfalls über §§ 286, 427 Satz 2 ZPO erfolgen.161 Die zahlreichen Neuerungen im Bereich der §§ 142, 144 ZPO haben zu einer Ausdehnung des Tatbestands und zu einer inhaltlichen Erweiterung der Befugnisse des Antragstellers geführt.162 Es bleibt jedoch die Problematik bestehen, dass für eine zielgerichtete Durchsetzung der Beweiserhebung keine Zwangsmittel zur Verfügung stehen.163 Der Antragsteller ist folglich auf die sich aus § 371 Abs. 3 ZPO und §§ 286, 427 Satz 2 ZPO ergebenden nachteiligen beweisrechtlichen Folgen angewiesen. Darüber hinaus verlangt die Rechtsprechung seitens der beweissuchenden Partei einen umfassend substantiierten Vortrag hinsichtlich der vorzulegenden Urkunde und knüpft die Beweisermittlung nach §§ 142, 144 ZPO damit an strenge Voraussetzungen.164 Im Hinblick auf die Vornahme der Ermessensentscheidung ist ferner die Orientierung der Rechtsprechung an den Maßgaben der Faxkarte-Entscheidung problematisch. 156

Vgl. zur insoweit maßgeblichen Intention der Absicherung des Beibringungsgrundsatzes Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 214 ff. 157 Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 12. 158 Vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 498; siehe zur Berufung auf Weigerungsrechte Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 12. 159 Statt vieler Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 15. 160 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 233. 161 Vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 15. 162 Siehe Blechmann/Rieger, DAJV-Newsletter 2004, 146, zu den Wertungsunterschieden zwischen § 142 ZPO und dem für die vorliegende Untersuchung relevanten 28 U.S.C. § 1782 (a). 163 Siehe Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 234. 164 Vgl. Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 101.

§ 1 Vorprozessuale Informationsbeschaffung im deutschen Recht

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Durch die Forderung einer gewissen Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Patentverletzung ergeben sich wiederum die bereits im Rahmen der Ausführungen zu § 809 BGB geschilderten Einschränkungen. Tatsächlich gewährt § 142 ZPO daher vergleichbare Beweisermittlungsmöglichkeiten wie die zuvor dargestellten § 809 BGB und § 140 c PatG.165 3. Zwischenergebnis: Prozessuale Instrumente der Beweisermittlung im deutschen Recht Die prozessualen Instrumente der Beweisermittlung wurden in den vergangenen Jahren durch den Gesetzgeber vorsichtig reformiert und neujustiert. Dabei fällt auf, dass die Anzahl der vorhandenen Schwachstellen der Instrumente der (vor-)prozessualen Beweisermittlung zwar reduziert wurden, jedoch dem Grunde nach in großen Teilen fortbestehen. So ist für die Anwendung des selbstständigen Beweisverfahrens im Rahmen von Patentstreitigkeiten zweifelhaft, ob es dem Antragsteller gelingen kann, die geforderten Darlegungs- und Konkretisierungspflichten zu erfüllen, um tatsächlich in den Genuss der Sicherung neuer Beweise zu gelangen. Es besteht die Gefahr, dass sich der Antragsteller in Anbetracht der aktuellen Ausgestaltung der Beweisermittlung mit der Sicherung der ihm bereits vorliegenden oder jedenfalls in Umrissen bekannten Tatsachen begnügen muss. Vergleichbare Probleme bestehen im Bereich der Urkundenvorlage. Kritik entzündet sich hier unter anderem an der fehlenden Erzwingbarkeit der Beweiserhebung, den überzogenen Konkretisierungs- und Darlegungspflichten sowie an der Abhängigkeit der Ermessensentscheidung vom Vorliegen der gewissen Wahrscheinlichkeit einer Rechtsgutsverletzung. Solange der Antragsgegner aber lediglich die für ihn nachteilige Beeinflussung der Beweiswürdigung fürchten muss, bleibt der Sanktionscharakter der beschriebenen Instrumente begrenzt. Noch schwerer wiegt allerdings die von der Rechtsprechung geforderte Darlegung einer gewissen Verletzungswahrscheinlichkeit. In Zusammenhang mit den auf Ebene der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigenden Geheimhaltungsinteressen, deren Beeinträchtigung lediglich glaubhaft zu machen ist, sind die tatsächlichen Beweisermittlungsmöglichkeiten des Patentrechtsinhabers stark eingeschränkt. Eine umfassende vorprozessuale Ermittlung des Sachverhalts ist dem Patentrechtsinhaber mit den aktuell zur Verfügung stehenden prozessualen Instrumenten jedenfalls nur bedingt möglich.

165

Siehe hierzu Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 101.

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

III. Ergebnis: Vorprozessuale Beweisermittlung im deutschen Recht Der Bereich der materiellen und der prozessualen Beweisermittlung im Vorfeld eines patentrechtlichen Verfahrens hat erhebliche Änderungen erfahren. Dabei wurde nicht zuletzt durch die ZPO-Reform des Jahres 2001 die Möglichkeiten der Parteien, eine vorprozessuale Aufklärung zu betreiben und solche Beweismittel zu beschaffen, die sich nicht in ihrem Besitz befinden, erweitert. Darüber hinaus hat sich die Tendenz einer europäischen Vereinheitlichung der Rechtsinstitute fortgesetzt. So wurden z.B. durch die Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie sowohl in prozessualer, aber auch in materieller Hinsicht neue Möglichkeiten der Beweisermittlung geschaffen. Die von einigen Vertretern der Literatur befürchtete Ausrichtung an den weitreichenden US-amerikanischen Beweisermittlungsverfahren und -methoden ist dabei aber ausgeblieben.166 Die Verhinderung eines Ausforschungsbeweises hat weiterhin große Bedeutung für den Ablauf des deutschen Zivilprozesses und ist nach wie vor eines der bestimmenden Motive der zivilprozessualen Beweisaufnahme.167 Entgegen der ursprünglichen Befürchtung einer vermeintlich unreflektierten Übernahme amerikanischer Beweismethoden ist heutzutage vermehrt zu vernehmen, dass die deutschen Reformbemühungen – ganz im Gegenteil – zu zaghaft waren und die aktuelle Ausgestaltung der vorprozessualen Beweisermittlung eine tatsächliche Beweisbeschaffung nur unzureichend ermögliche.168 Verwiesen wird dabei reflexartig auf die Ausprägung der Beweisermittlung in den USA, aber auch in anderen europäischen Jurisdiktionen, in denen eine erheblich umfassendere vorprozessuale Beweisermittlung möglich und vom Gesetzgeber auch gewünscht ist.169

166 Siehe hierzu Prütting, AnwBl. 2008, 159; ebenso Wagner, in: FS-Leipold, S. 801, S. 815 ff.; hierzu ebenfalls kritisch bzw. mahnend Kraayvanger/Hilgard, NJ 2003, 575. 167 Vgl. so auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 95, zu den Bedenken hinsichtlich des § 142 ZPO n.F. 168 So im Ansatz Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 20 ff.; kritisch insbesondere zu den prozessualen Möglichkeiten der Beweisermittlung Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 103 f.; vgl. ferner Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 148 ff., S. 165 ff., S. 234 ff., S. 240 ff. et passim.; für das Patentrecht im Hinblick auf die unzureichenden verfahrensrechtlichen Möglichkeiten Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 135 f.; zu einer Insensibilität (Unsensibilität) im deutschen System insoweit Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 93 f. 169 Vgl. zum englischen Recht Götting, GRUR Int. 1988, 742 ff.; hierzu ferner Enchelmaier, GRUR Int. 2012, 503 ff.; zum US-amerikanischen Recht Lorenz, ZZP 1998, S. 35, S. 65; so auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 275 ff.; zu den Vorzügen des deutschen bzw. des US-amerikanischen Systems sowie der Frage deren Vereinbarkeit, vgl. Reitz, ZZP 1991, S. 381 ff.

§ 1 Vorprozessuale Informationsbeschaffung im deutschen Recht

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Als Beispiele für europäische Rechtsordnungen, die eine umfassendere vorprozessuale Beweisermittlung gestatten, werden im Weiteren die Beweissysteme des französischen und des englischen Rechts beleuchtet, deren beweisrechtliche Ermittlungsmöglichkeiten einen aufschlussreichen Kontrast zu dem deutschen System bieten und daher einen geeigneten Unterbau für den sich anschließenden Systemvergleich darstellen.

§ 2 Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich Der Innovationsförderung und dem Schutz des hieraus resultierenden geistigen Eigentums wird europaweit ein hoher Stellenwert zugesprochen. Durch zahlreiche Maßnahmen hat die europäische Gemeinschaft gezeigt, dass ihr ein hohes,1 jedoch gleichermaßen ausgewogenes2 Schutzniveau insbesondere im Bereich der technischen Schutzrechte ein zentrales Anliegen ist. Die prozessuale Umsetzung dieser europäischen Maßnahmen, d.h. maßgeblich deren Durchsetzung, wurde hingegen den Nationalstaaten überlassen. Hierdurch entwickelte sich europaweit ein gewisses Gefälle.3 Insbesondere im Bereich der vorprozessualen Beweisermittlung stehen in den einzelnen Staaten unterschiedliche und in ihrer Reichweite stark voneinander abweichende Instrumente zur Verfügung. Unter Bezugnahme auf diese bestehenden Unterschiede der vorprozessualen Beweisermittlungssysteme kritisieren ausländische, insbesondere angelsächsische Beobachter des deutschen Prozessrechts im gewerblichen Rechtsschutz häufig, dass in Deutschland weder das Verfahrensrecht noch das materielle Recht die Möglichkeit einer hinreichenden vorprozessualen Beweisbeschaffung gewährleiste.4 Die in der englischen und französischen Rechtstradition

1

Vgl. statt vieler McGuire, GRUR Int. 2005, 15 m.w.N. Siehe zur Bedeutung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Art. 3 Abs. 2 der Durchsetzungsrichtlinie Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 310 ff. 3 Vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 99; ähnlich bereits vor Erlass der Durchsetzungsrichtlinie im Vergleich zur englischen Lösung Krieger, der darauf hinweist, dass das deutsche Zivilprozessrecht keine adäquaten Ersatzlösungen zur Anton-Piller-Order biete, vgl. Krieger, GRUR Int. 1997, S. 425 m.w.N.; kritisch hingegen Mes, der eine Benachteiligung nicht erkennen will und in der sachgerechten Anwendung des § 138 ZPO eine Lösung gefunden zu haben glaubt, vgl. Mes, GRUR 2000, 936; grundlegend zu den Vorzügen der Anton-Piller-Order gegenüber der Ausgestaltung im deutschen Recht Götting, GRUR Int. 1988, 742 ff.; grundsätzlich zur Problematik der unterschiedlichen Ausgestaltung der prozessualen Aufklärungspflicht im Rahmen des Zivilprozesses Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, S. 17 ff., S. 28. 4 Mes, GRUR 2000, 936. 2

§ 2 Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich

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bekannten Konzepte der Search Order5 bzw. der Saisie Contrefaçon6 und die mit diesen Mechanismen einhergehenden weitreichenden Aufklärungsinstrumente seien daher dringend auf das deutsche Recht zu übertragen, um eine adäquate Sachverhaltsaufklärung zu gewährleisten.7 Trotz des gewählten Fokus auf das US-amerikanische Discovery-Verfahren werden im Folgenden die Grundpfeiler der Beweisermittlungssysteme des englischen und französischen Rechts dargestellt, um aufzuzeigen, welche beweisrechtlichen Möglichkeiten sich für den Schutzrechtsinhaber in den jeweiligen Systemen bieten. Die Untersuchung konzentriert sich dabei auf die jeweils zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Beweisbeschaffung. Diese werden untereinander abgegrenzt sowie ein Vergleich zu dem zuvor dargestellten System der deutschen vorprozessualen Beweisermittlung gezogen. Als Ausgangspunkt werden die in England8 zur Verfügung stehenden Instrumente dienen, die weitreichende vorprozessuale Aufklärungsmöglichkeiten bieten und insoweit einen ersten Ausblick auf die dann folgende Betrachtung des französischen Systems vorprozessualer Beweisermittlung ermöglichen.9 Die rechtsvergleichende Untersuchung der unterschiedlichen Beweissysteme wird später als Maßstab der Gegenüberstellung mit dem US-amerikanischen Konzept der Beweisbeschaffung heranzuziehen sein.

5 Vgl. zu den (vor-)prozessualen Aufklärungsmöglichkeiten im englischen Recht allgemein Schaaff, Discovery und andere Mittel der Sachverhaltsaufklärung im englischen PreTrial-Verfahren im Vergleich zum deutschen Zivilprozess; siehe zu den Besonderheiten der Durchsetzung von Immaterialgüterrechten im englischen Zivilprozessrecht Enchelmaier, GRUR Int. 2012, 503 ff.; siehe zum ehemaligen Begriff der Anton-Piller-Order bei Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 162 ff.; ferner Krieger, GRUR Int. 1997, 425; so auch Götting, GRUR Int. 1988, 729 ff.; einen Überblick der Ausgestaltung der Search Order gibt ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 96 f. 6 Vgl. zum Inhalt und den Voraussetzungen Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 151 ff.; zur Anwendung der Saisie Contrefaçon im europäischen Patentverletzungsprozess Treichel, GRUR Int. 2001, 690 ff.; einen Überblick gibt ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 98 f.; vgl. in Abgrenzung zur Saisie Contrefaçon schließlich das selbstständige Beweisverfahren nach Art. 145 Nouveau Code de Procédure Civile (NCPC), das einen Ausforschungsbeweis gerade nicht kennt, siehe hierzu Dupeyron/Valentini, International Business Law Journal No. 6, 2013, 533 ff. 7 Siehe z.B. im Hinblick auf den Aspekt des Geheimnisschutzes Enchelmaier, GRUR Int. 2012, 513; hinsichtlich eines etwaigen Vorbildcharakters der Search Order bereits frühzeitig, jedoch einschränkend Götting, GRUR Int. 1988, 744. 8 England und Wales haben ein eigenes Rechtssystem, das sich (auch) im Prozessrecht von demjenigen der übrigen Untergliederungen des Vereinigten Königreichs unterscheidet. Das materielle Recht des geistigen Eigentums ist dagegen in allen Landesteilen weitgehend identisch, siehe Enchelmaier, GRUR Int. 2012, 503. 9 Ein Überblick weiterer Systeme europäischer Beweisermittlung findet sich bei MüllerStoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 317 ff.

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

I. (Vor-)Prozessuale Beweisermittlung im englischen Recht Die Sachverhaltsaufklärung im englischen Recht erfolgt für gewöhnlich nach Abschluss der Pleadings.10 Die Pleadings – die nach Klageerhebung zwischen den Parteien ausgetauschten förmlichen Schriftsätze – beinhalten den der Klage zugrunde liegenden Lebenssachverhalt, hinsichtlich dessen im weiteren Verlauf des Verfahrens Beweis zu führen ist.11 Da das Verfahren auf den Pleadings basiert (trial on the pleadings) und die Sachverhaltsaufklärung nicht über den in den Pleadings erläuterten Sachverhalt hinausgehen darf, sind die Pleadings gleichermaßen Grundlage wie auch Begrenzung der weiteren Sachverhaltsaufklärung: »[A party] is not permitted to try to ascertain, to find out, to discover facts and documents which may help or prove a cause of action or defence not yet pleaded. He has staked his all [sic!] on the facts which he has pleaded; [...].«12

Unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt das englische Recht im Hinblick auf den Zeitpunkt der Informationsbeschaffung Abweichungen vom Grundsatz einer nach den Pleadings einsetzenden Sachverhaltsaufklärung (close of pleadings). Dabei handelt es sich um besondere Verfahrenskonstellationen, die eine solche vorherige Sachverhaltsaufklärung erforderlich machen. Dies betrifft unter anderem den Fall, dass die Sachverhaltsaufklärung bereits für die Einreichung der Klage unumgänglich und damit essentielle Voraussetzung ist: »Essential is a very strong word. It means that the case effectively cannot proceed without the step sought, inspection of a chattel or inspection of documents as the case may be. It is not enough that it is sensible, that it is desirable, that it is reasonable to allow it, it has to be essential.«13

Denkbar sind etwa Situationen, in denen mit einem Verlust bzw. mit der Manipulation von Beweismaterial zu rechnen ist oder ein Informationsgefälle zwischen den Parteien besteht.14 Maßgebliches Instrument der in diesen Fällen stattfindenden vorprozessualen Aufklärung ist die Search Order.15 Der als An-

10 Regelmäßig gibt es drei verschiedene Arten von Pleadings: die Klageschrift (Statement of Claim), die Verteidiungsschrift (Defence) sowie die Erwiderung auf die Verteidungsschrift (Reply), vgl. Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 175. 11 Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 173 m.w.N. 12 Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S. 99. 13 Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 180 m.w.N. aus der Rspr. 14 Siehe wiederum Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 181 mit weiterführender Rspr.; zur Herkunft der Bezeichnung als Anton-Piller-Order auch Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 348 ff. 15 Vgl. zur grundsätzlichen Bedeutung und Ausgestaltung Schaaff, Discovery und andere Mittel der Sachverhaltsaufklärung im englischen Pre-Trial Verfahren im Vergleich zum deutschen Zivilprozess; Stauder, GRUR Int. 1982, 226 ff.; Götting, GRUR Int. 1988, 729 ff.;

§ 2 Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich

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ton-Piller-Order bekannt gewordene prozessuale Mechanismus16 stellt eine sehr weitreichende Möglichkeit der Sachverhaltsaufklärung dar17 und erlaubt dem Antragsteller, – ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners (ex parte oder without notice18) – eine Durchsuchung oder Besichtigung z.B. des Grundstücks des Antragsgegners sowie eine anschließende Beschlagnahme relevanter Beweismittel durch einen unabhängigen Dritten, den Supervising Solicitor, durchzuführen.19 Ursprünglich handelte es sich bei der Anton-Piller-Order um eine durch die Gerichte vorgenommene Erweiterung der Rechtsprechung, die ihren Namen durch die Entscheidung Anton Piller KG v. Manufacturing Processes, Ltd. erhielt.20 Heute findet sich eine Kodifizierung im 25. Teil der Civil Procedure Rules. Die Rule 25.1 (1) (h) erwähnt ausdrücklich die Search Order im Sinne des 7. Abschnitts des Civil Procedure Act 1997, wo die Anton-PillerOrder bereits zuvor geregelt war.21 Obwohl der Antragsgegner zum maßgeblichen Zeitpunkt der Durchführung der Beweissicherung mithilfe der Search Order formaljuristisch noch nicht den Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 96 f.; Krieger, GRUR Int. 1997, 421 ff.; Enchelmaier, GRUR Int. 2012, 503 ff.; Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 198 ff.; Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 162 ff.; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 271 ff. 16 Bei der Search Order handelt es sich nicht um einen materiell-rechtlichen Anspruch, sondern um ein dem Prozessrecht zuzuordnendes Element, vgl. Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 272. 17 Vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 96; Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 198; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 271. 18 Grundsätzlich kann die Search Order auch nach Einleitung des Verfahrens beantragt werden, allerdings ist die vorprozessuale Geltendmachung angesichts des eintretenden Überraschungseffekts die Regel, siehe hierzu Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 273. 19 Götting, GRUR Int. 1988, 729; zu den Rechtsfolgen ausführlich Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 191 ff.; vgl. zur Funktion des sogenannten Supervising Solicitor bei Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 202; neben dem Supervising Solicitor können auch weitere Personen in der Order benannt werden, denen Zutritt zu gewähren ist, vgl. Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 276. 20 Siehe die Entscheidung des England and Wales Court of Appeal (Civil Division), Entscheidung v. 8. Dezember 1975, Anton Piller KG v. Manufacturing Processes, Ltd., (1976) 1 All ER, S. 779 ff. 21 Die Grundlage der ursprünglichen richterrechtlichen Entwicklung der Anton-Piller-Order ergab sich aus Order 29 Rule 2 der Rules of the Supreme Court, die eine sicherstellende Verfügung von Eigentum oder dessen Besichtigung mit der Befugnis anordnen, dass der Kläger das Grundstück oder das Gebäude des Gegners betreten darf, vgl. Stauder, GRUR Int. 1982, 227; siehe zu den gesetzlichen Grundlagen weiterführend Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 180 ff.

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

Status einer Prozesspartei innehat, erlaubt das englische Recht einen weitreichenden Eingriff in seine Rechte.22 Um von der erwähnten umfassenden Wirkung der Search Order zu profitieren, muss der Antragsteller verschiedene Voraussetzungen – hier bezogen auf den Hauptanwendungsbereich23 der Search Order, die Verletzung eines Schutzrechts des geistigen Eigentums – glaubhaft darlegen.24 Zunächst muss ein extrem starker prima-facie-Anschein einer Schutzrechtsverletzung vorliegen (extremely strong prima facie case), der den Eintritt eines gravierenden (aktuellen oder potenziellen) Schadens des Antragsteller als wahrscheinlich erscheinen lässt (very serious or potential damage for the applicant). Ferner müssen Anhaltspunkte vorliegen, die nahelegen, dass sich belastendes Beweismaterial im Besitz des Antragsgegners befindet und es muss eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit bestehen, dass er dieses Material zerstört oder beiseite schafft, bevor ein Antrag inter partes gestellt werden kann (clear evidence of possession and real possibility of destruction). Schließlich darf die Anordnung der Durchführung der Beweissicherung dem Antragsgegner und dessen Verfahren keinen tatsächlichen Schaden zufügen (no real harm). Liegen die genannten Voraussetzungen vor, entspricht das Gericht dem Antrag. Das vierte Kriterium (no real harm) wird heutzutage allerdings weniger als echte Voraussetzung, sondern vielmehr als ein zu wertender Aspekt im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigt.25 Grundsätzlich kann der Erlass einer Search Order auch gegenüber einem Dritten, der nicht Partei des zukünftigen Hauptsacheverfahrens sein wird, erfolgen, allerdings bedarf es hierfür einer gewissen – wenn auch nur schuldlosen – Beteiligung an den behaupteten unerlaubten Handlungen des Verletzers.26 Bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen achtet das Gericht insbesondere darauf, ob die Detailtiefe der vorgetragenen Tatsachen zur Begründung des Antrags genügt, oder ob der tatsächliche Hintergrund der Beweissicherung in der Kenntniserlangung derjenigen Tatsachen besteht, die zu einer 22 Enchelmaier, GRUR Int. 2012, 505; vgl. darüber hinaus zu den Möglichkeiten eines Vorgehens gegenüber einem nicht am Verfahren beteiligten Dritten gemäß Section 34 des Supreme Court Act 1981 oder gemäß Section 53 des County Court Act 1984; siehe hierzu Elteste, Schaden und Bereicherung, S. 367. 23 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 96. 24 Eine Zusammenstellung und Übersetzung der ersten drei Voraussetzungen findet sich bei Götting, GRUR Int. 1988, 728 f.; bezugnehmend ferner Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 168 ff., der auch das vierte Kriterium beleuchtet (die Übersetzung bei Battenstein wurde vorliegend leicht abgeändert). 25 Vgl. Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 277. 26 Ausreichend ist bereits die Begünstigung der Handlungen des Verletzers, vgl. Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 200.

§ 2 Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich

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ordnungsgemäßen Klageerhebung erst notwendig wären (Fishing Expedition) und dementsprechend ein Missbrauch des Instituts der Search Order vorliegt. Das Gericht verlangt insoweit jedoch keine konkrete Benennung der einzelnen Beweisstücke (Relevance-Kriterium), sondern erwartet eine grobe, zumindest nach Sachklassen zusammengefasste Umschreibung der Beweismittel.27 Trotz des offensichtlichen Informations- und Ermittlungscharakters der Search Order ist ein Missbrauch und folglich die Durchführung einer Fishing Expedition seitens des Gerichts zu unterbinden.28 Diesem Ziel dient auch die Ausgestaltung der Rechtsfolge als Ermessensentscheidung des Gerichts (the court may grant), die den Richtern einen Entscheidungsspielraum insoweit belässt, als dass diese eine Search Order z.B. dann verweigern können, wenn ein milderes Mittel zur Erreichung des Aufklärungsziels zur Verfügung steht.29 In diesen Bereich fallen ferner etwaige Beschränkungen der Search Order im Hinblick auf betriebliche Geheiminteressen des Antragsgegners. Wird die Offenbarung derartiger Informationen befürchtet, führt dies zwar nicht zur Ablehnung der Maßnahme, es kann aber zum Schutz der zur Offenlegung verpflichteten Partei ein Zusatz dergestalt aufgenommen werden, dass lediglich eine Offenbarung gegenüber bestimmten Personen zu erfolgen hat (sogenannter Confidentiality Club).30 Verweigert der Antragsgegner nach Erlass der (beschränkten) Search Order deren Durchführung oder seine nötige Mithilfe bei der Umsetzung, ist eine unmittelbare Durchsetzung im Wege einer zwangsweisen Vollstreckung nicht vorgesehen.31 Dies wird allerdings dadurch kompensiert, dass eine mittelbare Durchsetzung über die dem Antragsteller drohenden erheblichen strafrechtlichen Sanktionen (Contempt of Court32) erfolgt.33 Diese

27 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 273 f.; vgl. zum Relevance-Kriterium ders., a.a.O., S. 279, S. 283 ff. 28 Vgl. zur Gefahr sogenannter Fishing Expeditions: Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 170 ff.; ebenso Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 200 f. 29 Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 177 ff. 30 Die Mitglieder des Confidentiality Club müssen meist Verpflichtungserklärungen unterzeichnen, in denen sie sich ausdrücklich verpflichten, die Informationen für keinerlei andere Zwecke zu verwenden als für den vorliegenden Rechtsstreit, vgl. hierzu ausführlich Elteste, Schaden und Bereicherung, S. 358. 31 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 280. 32 Vgl. ausführlich zu dem sich an die Weigerung anschließenden Verfahren wegen Contempt of Court sowie zu etwaig entstehenden Beweisnachteilen Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 190 f., S. 201 f., S. 210, S. 220, S. 250. 33 Vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 96; haftbar macht sich im Falle einer fehlerhaften Durchführung der Vollstreckung unter Umständen aber auch der durch den Antragsteller beauftragte Rechtsanwalt, vgl. ders., a.a.O., S. 97.

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

reichen von der Verhängung einer Geldstrafe über die Beschlagnahme des Vermögens bis hin zur Inhaftierung des Antragsgegners und führen dazu, dass sich der Antragsgegner der Beweisanordnung dauerhaft tatsächlich kaum widersetzen kann.34 Angesichts der weitreichenden Folgen des Erlasses der Search Order hat sich bereits früh die Neigung der Gerichte zu einer vorsichtigen und damit restriktiven Auslegung der Voraussetzungen gezeigt.35 Dies wird insbesondere durch die hohen Hürden für den Tatsachenvortrag des Antragstellers deutlich, der stichhaltige Anhaltspunkte sowie einen konkreten Hinweis auf das Vorhandensein etwaiger Beweisstücke erfordert. Dieser formalistische Ansatz und die insoweit zurückhaltende Ausgestaltung der Search Order werden jedoch durch das – bereits angesprochene – erheblich abgesenkte Maß an Bestimmtheit kompensiert.36 So genügt bereits ein nach (Gegenstands-)Kategorien unterteilter Vortrag des Antragstellers, der lediglich auf der abstrakten Kenntnis der Existenz oder Beschaffenheit eines bestimmten Vorlagegegenstandes fußt. Die Search Order trägt damit dem Umstand Rechnung, dass der Antragsteller eine weiter reichende Konkretisierung anhand der ihm zugänglichen Informationen in der Regel nicht vornehmen kann (sogenannte Sphärenproblematik37). Die allein durch Benennung der Sachkategorien vorgenommene Konkretisierung führt auch zu einem erheblich erweiterten Umfang der Besichtigungsund Durchsuchungsmaßnahme selbst.38 Eine Durchsuchung ist jedenfalls immer dann möglich, wenn sich die Sache gerade noch der im Antrag bezeichneten übergeordneten Kategorie zuordnen lässt. Damit ist eine Erlangung tatsächlich neuer und unbekannter Beweisstücke möglich.39 Letztlich handelt es sich bei der Search Order um ein – insbesondere für den Bereich des Patentrechts – effektives Instrument der Beweissicherung und Beweisermittlung. Es bietet umfassende Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung, die jedoch in Randbereichen teilweise bereits einer Ausforschung des Antragsgegners nahe kommen

34 Vgl. Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 210 f.; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 280 f. 35 Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 179 f. m.w.N.; häufig wird der Schutz des Antragsgegners im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens z.B. durch Anordnung einer Sicherheitsleistung gewährleistet, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 97; siehe ferner Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 274 f. 36 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 284. 37 Vgl. hierzu die Ausführungen unter Einleitung, § 1, I. 38 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 285 f. 39 Zur Kritik der Ausforschung siehe Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 285.

§ 2 Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich

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können.40 Kommt es – was grundsätzlich denkbar wäre – vor einem deutschen Gericht zu einer Verwertung von Erkenntnissen, die einer Search Order entstammen,41 ist daher umfassend zu überprüfen, ob etwaige Ausforschungselemente einer Berücksichtigung der Beweise entgegenstehen könnten.42

II. (Vor-)Prozessuale Beweisermittlung im französischen Recht Das französische Recht kennt ebenfalls weitreichende vorprozessuale Aufklärungsmechanismen (mesure d´instruction in futurum).43 Eines der grundlegenden Instrumente ist das selbstständige Beweisverfahren gemäß Art. 145 des Nouveau Code de Procédure Civile44 (NCPC). Hierneben steht das spezielle Verfahren der Saisie Contrefaçon für die Verletzung gewerblicher Schutzrechte sowie von Urheberrechten zur Verfügung. 1. Das selbstständige Beweisverfahren gemäß Art. 145 NCPC Das Verfahren nach Art. 145 NCPC ermöglicht die Vorlage von Unterlagen und anderen Beweisstücken durch die zukünftige Gegenpartei eines noch einzuleitenden Verfahrens. Antragsgegner kann ferner jeder Dritte sein, sofern der Antragsteller einen gegen diesen bestehenden Anspruch glaubhaft macht und die Maßnahme beantragt, um Zugriff auf konkrete Beweismittel zu erhalten. Schließlich muss von diesen Beweismitteln der Ausgang eines eventuellen gerichtlichen Verfahrens abhängig sein.45 Die Anordnung möglicher Aufklärungsmittel (mesures d´instruction46) ist im Rahmen des Art. 145 NCPC bereits ohne Anhängigkeit eines Rechtsstreits vorgesehen. Ausreichend ist insoweit allein das Vorliegen eines legitimen Grundes (motif légitime), solche Beweise

40 Insbesondere die Beteiligung der Anwälte des Antragstellers sollte kritisch hinterfragt werden, vgl. Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 286. 41 Vgl. zu der grundsätzlichen Möglichkeit, die aus einer Search Order stammenden Erkenntnisse vor einem deutschen Gericht zu verwerten, Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 127 ff. 42 Siehe hierzu umfassend, allerdings mit Fokus auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) unter Teil 4 § 2. 43 Hierzu ausführlich Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 116 ff.; siehe ferner Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 317 ff. 44 Eine Darstellung der Voraussetzungen des Verfahrens nach Art. 145 NCPC und dessen Abgrenzung zum US-amerikanischen Beweisverfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) findet sich bei Dupeyron/Valentini, International Business Law Journal No. 6, 2013, 533 ff. 45 Vgl. Elteste, Schaden und Bereicherung, S. 256. 46 Eine Übersicht gibt Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 101 f.

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

zu sichern, die für den Ausgang des nachfolgenden Gerichtsverfahrens entscheidend sein könnten.47 Maßgeblicher Gedanke hinter der Ausgestaltung des Verfahrens nach Art. 145 NCPC ist die Erlangung und Sammlung von Informationen, mittels derer Klage in einem Hauptverfahren erhoben oder jedenfalls eine Vergleichsverhandlung initiiert werden kann. Wie bereits durch das Institut der Search Order bekannt, ergibt sich auch für das Verfahren nach Art. 145 NCPC die Problematik einer hinreichenden Konkretisierung des Gegenstands der Beweisvorlage. Als zusätzliche Voraussetzung wird überdies verlangt, dass die relevanten Beweise bei Nichtdurchführung der mesure d´instruction in futurum entweder an Beweiskraft verlören oder aber zumindest unzugänglich würden.48 Die Voraussetzungen sind damit den Tatbestandsmerkmalen der Search Order stark angenähert. Dieser Gleichlauf der Beweisermittlungsinstitute zeigt sich auch auf Ebene der Durchsetzung des Beweisermittlungsverlangens. Mangels Möglichkeit einer zwangsweisen Durchsetzung der Beweisermittlung ergeben sich aber notgedrungen Einschränkungen der Beweisermittlungstätigkeit. Diesen Einschränkungen wird allerdings im französischen Recht durch das Institut der Saisie Contrefaçon begegnet. 2. Die Saisie Contrefaçon bei Urheber- und Schutzrechtsverletzungen Neben dem Verfahren nach Art. 145 NCPC wurde in Frankreich mit der Saisie Contrefaçon eine besondere Ausgestaltung der vorprozessualen Beweisermittlung für den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes geschaffen,49 die auch im Rahmen deutscher Verfahren mit Bezug zu Frankreich zur Anwendung gelangen kann; jedenfalls ist eine Verwertung der mittels der Saisie Contrefaçon gewonnenen Erkenntnisse möglich.50 Grundsätzlich handelt es sich um ein für die einzelnen Rechte des geistigen Eigentums separat geregeltes (privilegiertes51) ex parte Verfahren, das dem Inhaber eines entsprechenden Schutzrechts den Nachweis einer Verletzung erheblich erleichtert.52 Diese Erleichterung der 47 Insoweit auf das Risiko eines Missbrauchs hinweisend Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 116 ff. 48 Ausreichend ist bereits, wenn das spätere Verfahren bei unterlassener Durchführung der Beweissicherung weniger effektiv betrieben werden könnte, vgl. Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 120. 49 Vgl. eingehend zur Saisie Contrefaçon: Treichel, GRUR Int. 2001, 690 ff.; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 98 f.; Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 151 ff.; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 287 ff.; siehe schließlich Elteste, Schaden und Bereicherung, S. 261 ff. 50 Vgl. Véron/Agé/et al., Saisie Contrefaçon 2013/2014, S. 752 ff.; siehe auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 127 ff. 51 Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 151. 52 Eine Übersicht der die Saisie Contrefaçon betreffenden Normen der einzelnen Rechtsgebiete findet sich bei Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 98 f.

§ 2 Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich

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Beweisführung ergibt sich maßgeblich aus den – im Vergleich zur Search Order – geringeren materiellen Hürden der Geltendmachung des Beweisverfahrens. Die Regelung der Saisie Contrefaçon für das Patentrecht findet sich in Art. L. 615-5 des Code de la Propriété Intelectuelle (CPI)53 und gewährt dem Patentrechtsinhaber – unabhängig von der Zustimmung des Antragsgegners – Zugang zu Objekten, die sich in fremden Besitz befinden und das Ergebnis einer Verletzung eines Patentrechts darstellen. Antragsgegner kann damit jede Person sein, die sich vermeintlich im Besitz solcher Gegenstände befindet, die für das Verfahren von Bedeutung sein könnten, d.h. der Antrag muss nicht gegen den Rechtsverletzer selbst oder gegen den Beklagten des künftigen Verfahrens gerichtet sein, sondern kann auch gegenüber einem Dritten erfolgen.54 Angesichts der Reichweite der Saisie Contrefaçon und ihrer Zielsetzung, dem Inhaber des Schutzrechts eine Beschreibung der Umstände der Verletzung erst zu ermöglichen, wird in der Praxis zur Vorbereitung der Hauptsacheklage in großem Umfang auf das Verfahren der Saisie Contrefaçon zurückgegriffen.55 Die Saisie Contrefaçon wird durch einen Antrag des Patentrechtsinhabers eingeleitet, wobei dieser lediglich seine tatsächliche Berechtigung nachzuweisen hat. Eine Überprüfung der Rechtsbeständigkeit des Schutzrechts, erfolgt nicht. Der Bestand des Patents wird ausgehend von der formalen Registereintragung vermutet.56 Ebenso wenig ist die Glaubhaftmachung einer Rechtsverletzung erforderlich. Schließlich besteht der große Vorteil der Saisie Contrefaçon gerade darin, sich Gewissheit darüber verschaffen zu können, ob überhaupt eine Rechtsverletzung vorliegt.57 Gleiches gilt für die Anforderungen hinsichtlich der Bestimmtheit der Antragstellung. Während diese für eine Vielzahl der bereits erläuterten vorprozessualen Aufklärungsmechanismen die entscheidende Hürde darstellt,58 genügt für das Verfahren der Saisie Contrefaçon eine Beschreibung der zu besichtigenden und/oder zu beschlagnahmenden Gegenstände anhand einer Bezugnahme auf die Patentansprüche, so dass sich für den Antragsteller kaum Probleme bei der Darlegung der Bestimmtheit des Antrags ergeben.59 Durch die pauschale Bezugnahme auf die Patentansprüche un-

53

Siehe zur Gesetzgebungsgeschichte des Art. L. 615-5: Treichel, GRUR Int. 2001, 692. Adloff, Vorlagepflichten und Beweisvereitelung, S. 429. 55 Vgl. Véron/Agé/et al., Saisie Contrefaçon 2013/2014, S. 9 m.w.N. zu der Anzahl der bewilligten Saisie Contrefaçon Verfahren des Tribunal de Grande Instance de Paris aus dem Jahr 2007; siehe auch Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 288; ferner Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 151 f. 56 Siehe zum Gesamten: Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 152 m.w.N. 57 Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 152. 58 Vgl. hierzu Teil 1, § 1, II., 1. 59 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 289. 54

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

terfallen sämtliche potenziell relevanten Gegenstände, wie beispielsweise patentverletzende Vorrichtungen, verfahrensrelevante Dokumente, Pläne und andere dem Nachweis der Rechtsverletzung dienende Objekte, der Anordnung,60 so dass die Saisie Contrefaçon auch im Hinblick auf den zu erreichenden Umfang der Beweisermittlung zu überzeugen vermag.61 Eine Beschreibung der konkreten durch den zuständigen Gerichtsvollzieher (huissier de justice) durchzuführenden Maßnahmen findet sich in der richterlichen Anordnung.62 Grundsätzlich zu unterscheiden sind die Saisie Description bzw. Saisie Descriptive, d.h. die Basisverfügung, im Rahmen derer eine genaue Beschreibung der Beweisstücke erfolgt, sowie die Saisie Réelle, die zu einer Beschlagnahme der aufgefundenen Gegenstände führt.63 Die eigentliche Durchführung obliegt dabei dem Gerichtsvollzieher, wobei dieser insbesondere in patentrechtlichen Fragen von dem beizuziehenden Patentanwalt und zur Durchsetzung der gerichtlichen Duldungsanordnung auch von einem Polizeibeamten unterstützt wird.64 Das Einschreiten polizeilicher und sonstiger Hilfskräfte erklärt sich durch die in der Saisie Contrefaçon-Anordnung zusätzlich enthaltene gerichtliche Duldungsanordnung, die – sofern erforderlich – mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden kann.65 Bei erfolgtem Nachweis des (formalen) Bestehens eines Schutzrechts als einziger tatsächlicher Verfahrensvoraussetzung hat der Patentrechtsinhaber folglich einen Anspruch auf Erlass der Saisie Contrefaçon. Obgleich dem Richter insoweit kein Ermessensspielraum zukommt, hat er eine gewisse Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung der Maßnahme. Dies betrifft vor allem die Frage der Hinterlegung einer Sicherheitsleistung und dient auch der Beilegung anderer Interessenkonflikte zwischen den Parteien.66 Derartige Interessenkonflikte können sich unter anderem im Hinblick auf eine etwaige Verletzung betrieblicher Geheimhaltungsinteressen ergeben. Zumeist

60

Vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 98 f.; siehe auch Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 294. 61 Siehe umfassend zu den Wirkungen der Saisie Contrefaçon: Ibbeken, Das TRIPs-Übereinkommen, S. 179 ff. 62 Vgl. zu den Befugnissen des Gerichtsvollziehers ausführlich Treichel, GRUR Int. 2001, 695 f.; ferner Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 153 f. 63 Siehe zu den einzelnen Formen der Saisie Contrefaçon: Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 152 ff.; ferner Treichel, GRUR Int. 2001, 695; Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 293 f. 64 Siehe zu den weiteren Befugnissen, so z.B. zur Entnahme von Proben, deren Untersuchung im Labor und der anschließenden Verwahrung durch das Gericht Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 294 f. 65 Vgl. Ibbeken, Das TRIPs-Übereinkommen, S. 193; hierzu ferner Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 295. 66 Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 291.

§ 2 Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich

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werden die Interessen des Antragsgegners an der Geheimhaltung der Informationen dadurch geschützt, dass vertrauliche Unterlagen nur einem Sachverständigen oder den – auch gegenüber ihren Mandanten zur Verschwiegenheit verpflichteten – Rechtsanwälten der Parteien vorzulegen sind.67 Darüber hinaus kann ein Schutz betrieblicher Geheimnisse auch auf nachgelagerter Stufe, etwa nach Beschlagnahme durch den Gerichtsvollzieher, erfolgen. Dieser kann nach erfolgreicher Durchführung eines référé-Verfahrens (Art. 496 ff. NCPC) relevante Dokumente zurückhalten und damit eine Offenbarung gegenüber dem Antragsteller verhindern.68 Um die weitreichenden Konsequenzen der Saisie Contrefaçon abzumildern und die Zulässigkeit des Antrags einer Überprüfung durch die Gerichte zuzuführen, wird vom Antragsteller verlangt, dass dieser innerhalb von fünfzehn Tagen nach Abschluss der Maßnahme die eigentliche Verletzungsklage erhebt.69 Andernfalls wird das gesamte Verfahren nichtig und die erlangten Beweise dürfen nicht mehr vor Gericht verwendet werden.70 Finden sich Anzeichen für eine missbräuchliche Geltendmachung der Saisie Contrefaçon, stehen dem Antragsgegner regelmäßig Schadensersatzansprüche zu. Relevante Fallgruppen sind dabei z.B. der mangelnde Bestand des zugrunde liegenden Schutzrechts, das Nichtvorliegen einer Verletzung oder aber das Überschreiten der in der gerichtlichen Anordnung bestimmten Eingriffsbefugnisse.71 Das französische Verständnis der vorprozessualen Beweisermittlung orientiert sich stark an dem im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes bestehenden Informationsgefälle zwischen Patentrechtsinhaber und Schutzrechtsverletzer72 und löst das sich daraus ergebende Dilemma zugunsten des Patentrechtsinhabers, indem von diesem einzig der Nachweis der formalen Rechtsinhaberschaft gefordert wird. Zusammen mit der dem Antragsgegner auferlegten Duldung der Maßnahme, deren weitreichendem Umfang und den eingeschränkten Einflussmöglichkeiten des Gerichts ergibt sich einerseits ein hohes Maß an Ermittlungsintensität, das eine umfassende Beweisermittlung ermöglicht, andererseits aber auch eine Ausforschung des Antragsgegners wahrscheinlich 67

Vgl. Elteste, Schaden und Bereicherung, S. 262 m.w.N. aus der Rspr. Weiterführend zum référé-Verfahrens gemäß Art. 496 ff. NCPC: Treichel, GRUR Int. 2001, 694 f.; hierzu auch Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 296 ff. 69 Treichel, GRUR Int. 2001, 696; Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien, S. 154. 70 Vgl. zu den Rechtsfolgen einer unterbliebenen Durchführung des Hauptsacheverfahrens Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 300. 71 Vgl. ausführlich zur Problematik einer missbräuchlich angeordneten Saisie Contrefaçon: Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 300. 72 Siehe zum bestehenden Informationsgefälle die umfassenden Nachweise unter Einleitung, § 1, I. 68

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

macht. Eine Berücksichtigung etwaiger Geheimhaltungsinteressen des Antragsgegners findet erst nach Durchführung der Maßnahme statt und ist damit jedenfalls für die Frage des Ob der Maßnahme nicht von Belang.73

III. Zwischenergebnis: Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich Das System der vorprozessualen Informationsbeschaffung in England ist geprägt durch das Bestreben eines möglichst ausgewogenen Ausgleichs zwischen dem Interesse des Antragstellers an einer bestenfalls umfassenden Sachverhaltserforschung und den Interessen des Antragsgegners an einem Schutz seiner Geheiminteressen sowie an einer Verhinderung sogenannter Fishing Expeditions im Allgemeinen. Hierzu bedient sich das Institut der Search Order verschiedener Instrumente. Einerseits werden hohe Anforderungen an den Sachvortrag des Antragstellers gestellt. Diese Maßstäbe werden jedoch andererseits durch die erheblich geringeren Anforderungen im Rahmen der Konkretisierung der Beweisstücke wieder ausgeglichen. Seitens des Antragstellers wird damit jedenfalls eine gewisse Vorstellung hinsichtlich der für ihn relevanten Beweisstücke gefordert. Diese Forderung wird jedoch im Lichte der Sphärenproblematik dadurch relativiert, dass eine detaillierte Bezugnahme und damit eine erforderliche Konkretisierung auch durch bloße Angabe bestimmter Kategorien erfolgen können. Einer allzu umfassenden Konkretisierungspflicht des Antragstellers wurde damit eine Absage erteilt. Der französische Mechanismus der Saisie Contrefaçon löst den zwischen dem Schutzrechtsinhaber und dem vermeintlichen Verletzer bestehenden Interessenkonflikt auf andere Weise und entscheidet sich für eine Ausgestaltung, die überwiegend den Interessen des Schutzrechtsinhabers Rechnung trägt. So kennt das System der Saisie Contrefaçon keine Pflicht zur Konkretisierung der vorzulegenden Beweisstücke und enthält einen lediglich eingeschränkten Schutz der Geheimhaltungsinteressen. Während der Schutz der Geheiminteressen zumindest auf nachgelagerter Ebene adressiert wird, hat sich der französische Gesetzgeber hingegen bewusst gegen die Aufnahme etwaiger Bestimmtheitsanforderungen entschieden, um eine umfassende Aufklärung des (Verletzungs-)Sachverhalts zu ermöglichen. Ausgehend von der durch die Sphärenproblematik beschriebenen nachteiligen Informationslage des Schutzrechtsinhabers wurde im Übrigen auch die Glaubhaftmachung einer Rechtsverletzung für nicht erforderlich gehalten, da deren Bestätigung gerade durch den Rückgriff auf den Mechanismus der Saisie Contrefaçon gelingen soll.

73

Vgl. wiederum ausführlich Gniadek, Die Beweisermittlung im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 301 ff.

§ 2 Grundprinzipien der Beweisermittlung in England und Frankreich

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IV. Ergebnis des Systemvergleichs und Fortgang der Untersuchung Der vorstehende Systemvergleich der europäischen Aufklärungsmechanismen offenbart das in den einzelnen Jurisdiktionen vorherrschende Verständnis und die diesem Verständnis zugrunde liegenden Prinzipien vorprozessualer Beweisermittlung. Dabei wird deutlich, dass sich die Intensität der Beweisermittlung in den betrachteten Systemen stark unterscheidet. Im Hinblick auf die den Systemen eigene Ermittlungsintensität wurden zwei Kriterien identifiziert, die maßgeblich über die Reichweite und die Effektivität der Aufklärungsinstrumente entscheiden. Dabei handelt es sich einerseits um die im Rahmen der Antragstellung vorzunehmende Konkretisierung der Beweismittel, mithin die Frage der Bestimmtheit des Antrags sowie andererseits um die Problematik der Berücksichtigung bestehender betrieblicher Geheiminteressen des Antragstellers. Angesprochen ist in beiden Fällen die Frage des Umfangs der vorprozessualen Aufklärung und damit die Eignung zur Überwindung des für den gewerblichen Rechtsschutz typischen Informationsgefälles zwischen den Parteien. Das deutsche System vorprozessualer Aufklärung stellt hinsichtlich der aufgefundenen Kriterien hohe Anforderungen. So wird für die Geltendmachung des Anspruchs aus § 809 BGB neben einem (zumindest) gewissen Grad der Wahrscheinlichkeit einer Schutzrechtsverletzung auch die Berücksichtigung der Geheimhaltungsinteressen des Antragsgegners als grundlegende Voraussetzung gefordert. Gleiches gilt für § 140 c PatG, der ebenfalls eine weitreichende Berücksichtigung der Geheiminteressen des Antragsgegners verlangt. Die Effektivität der prozessualen Aufklärungsinstrumente des selbstständigen Beweisverfahrens und der Urkundenvorlage wird hingegen vor allem durch das Erfordernis einer möglichst konkreten Bezeichnung der relevanten Tatsachen und der vorzulegenden Urkunden begrenzt (§ 487 Nr. 2 ZPO). Häufig ist dem Antragsteller ein Zugang zu den insoweit erforderlichen Informationen jedoch bereits von vorneherein verwehrt (Sphärenproblematik). In England finden sich diese Bedenken in erheblich geringerer Ausprägung in den Voraussetzungen der vorprozessualen Search Order wieder.74 Insbesondere die von den Gerichten geforderte Bestimmtheit und Detailtiefe der darzulegenden Tatsachen ist durch die Zulassung einer anhand von Sachklassen vorzunehmenden Konkretisierung ein weitaus geringeres Hemmnis (RelevanceKriterium). Die im französischen Recht verankerte Saisie Contrefaçon verzichtet hingegen auf eine Konkretisierung der vorzulegenden Gegenstände nahezu gänzlich. Als ausreichend wird bereits die schlichte Bezugnahme auf die Patentansprüche erachtet. Ebenso eingeschränkt erfolgt eine Berücksichtigung 74

Ein Vergleich des Regelungsgehalts des § 809 ZPO mit der englischen Search Order findet sich bei Ibbeken, Das TRIPs-Übereinkommen, S. 141 ff.

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Teil 1: Instrumente (vor-)prozessualer Beweisermittlung

betrieblicher Geheiminteressen; jedenfalls für die grundsätzliche Frage der Durchführung der vorprozessualen Beweisermittlung kommt diesen keine Bedeutung zu. Im Vergleich zu den in England und Frankreich bestehenden Systemen sind die in Deutschland zur Verfügung stehenden Aufklärungsinstrumente damit für eine angemessene Sachverhaltserforschung als unzureichend zu bewerten. Jedenfalls finden sich die für das deutsche System aufgefundenen Schwachstellen in den anderen europäischen Systemen nicht oder zumindest nicht in vergleichbarer Ausprägung wieder. Dies betrifft nicht nur die Eignung zur Überwindung des auf Seiten des Antragstellers bestehenden Informationsdefizits, sondern auch die Handhabung existenter betrieblicher Geheiminteressen. Während in England und maßgeblich im französischen Recht Optionen vorhanden sind, die eine Sachverhaltsaufklärung trotz der Geltendmachung von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen ermöglichen, scheint für das deutsche Recht eine Alles-oder-Nichts-Mentalität zu bestehen, die eine Aufklärung bereits bei Gefahr der Beeinträchtigung bestehender Geheiminteressen dem Grunde nach untersagt. Fraglich ist damit, ob und wie es gelingen kann, diese bestehenden Unzulänglichkeiten auszugleichen oder zumindest abzuschwächen. Eine mögliche Vorgehensweise könnte darin zu sehen sein, die limitierten Handlungsmöglichkeiten des deutschen Systems der Beweisermittlung durch Rückgriff auf ausländische Beweisermittlungsmethoden oder unter Zuhilfenahme internationaler Beweisbeschaffungsmechanismen zu umgehen. So könnten die Schwächen des deutschen Systems der Beweisermittlung etwa in bestimmten Konstellationen abgemildert werden, wenn ausländische Beweisermittlungsverfahren zur Verfügung stünden, die einen Zugriff auf die für den Prozess in Deutschland relevanten Beweise zuließen und das deutsche System der Beweisermittlung dementsprechend ergänzen würden. Als geeignet für einen solchen Rückgriff könnte sich das US-amerikanische Discovery-Verfahren herausstellen. Angesichts dessen vermeintlich umfassender – im Detail jedoch noch zu prüfender – Ausgestaltung könnte eine Anwendung des Verfahrens und – sofern möglich – eine Verwertung der sich hieraus ergebenden Erkenntnisse im Rahmen deutscher Verfahren eine erhebliche (Beweis-)Erleichterung für die Schutzrechtsinhaber mit sich bringen.

Teil 2

Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung – die Pre-Trial Discovery Das amerikanische Zivilprozessrecht wird von einer strikten Trennung zwischen der Vorbereitung der Hauptverhandlung (»Pre-Trial«, Rule 3 bis Rule 37 FRCP) und der eigentlichen Verhandlung (»Trial«, Rule 38 bis Rule 53 FRCP) beherrscht.1 Auch das Beweisrecht wird von dieser Trennung dominiert. So erfolgt die Beweisermittlung und -beschaffung im Vorfeld des eigentlichen gerichtlichen Verfahrens, die Verwertung der Beweise hingegen erst im Verlauf der späteren Hauptverhandlung.2 Maßgebliche Bedeutung im Rahmen der vorprozessualen Beweisermittlung kommt der sogenannten Pre-Trial Discovery3 zu.4 Im Gegensatz zu der erläuterten Ausgestaltung der deutschen Beweisermittlungssysteme handelt es sich bei der durch das amerikanische Prozessrecht vorgesehenen Pre-Trial Discovery um ein denkbar weitreichendes Prozessund Beweisermittlungsmodell, das den Parteien die maßgebliche Rolle im Rahmen der Beweisermittlung zuweist.5 Das kontinentaleuropäische Verständnis

1

Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 97 f.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 534 f. 2 Maßgeblich für die Beweisverwertung im Rahmen der Hauptverhandlung sind die Federal Rules of Evidence (FRE), vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 162; siehe zu den Grundzügen des amerikanischen Beweisrechts Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 577 ff. 3 Während der Begriff der Discovery den gesamten Komplex der Beweisermittlung abdeckt und damit sowohl die vorprozessuale als auch jede weitere Form der Beweisermittlung umfasst, wird durch den engeren Begriff der (Pre-Trial) Discovery allein die vorprozessuale Beweisermittlung in Bezug genommen. Soweit allerdings im Folgenden die Bezeichnung der (Pre-Trial) Discovery bzw. der Discovery Verwendung findet, wird damit stets ein Zusammenhang zu einer Form der vorprozessualen Beweisermittlung hergestellt. 4 Die (Pre-Trial) Discovery steht sowohl in Verfahren vor den Bundesgerichten (Federal Courts), aber auch in Verfahren vor den Gerichten einzelner Bundesstaaten (State Courts) zur Verfügung. Trotz teilweise unterschiedlicher Rechtsgrundlagen ähneln sich die grundlegenden Strukturen stark; vgl. zu dennoch bestehenden Unterschieden Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rz. 404 ff. und Mentz, RIW 1981, 73; vorliegend soll allein eine Beschreibung der vor den Bundesgerichten praktizierten (Pre-Trial) Discovery erfolgen. 5 Statt vieler Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 79; Mentz, RIW 1981, 73; Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 63 f.

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Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung

des Gerichts bzw. des Richters als prozessleitender Instanz findet sich in diesem Konzept nur bedingt wieder.6 Dieser offensichtliche Kontrast zwischen dem heutigen Entwurf der PreTrial Discovery und der deutschen Vorstellung vorprozessualer Aufklärung hat verschiedene Ursachen. Die maßgeblichen Gründe hinter den divergierenden Auffassungen sind zwar rechtlichen Ursprungs, interessanterweise jedoch auch im geschichtlichen, kulturellen und sozialen Kontext zu verorten.7

6

Vgl. Varga, Beweiserhebung, S. 57 ff., S. 63 ff. Vgl. zum Einfluss der verschiedenen Faktoren Varga, Beweiserhebung, S. 57 ff.; ebenso Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 79. 7

§ 1 Historische Entwicklung, Ausprägungen und Ablauf des US-amerikanischen Discovery-Verfahrens Die Bedeutung der vorgenannten gesellschaftlichen Beweggründe der Konzipierung der US-amerikanischen Pre-Trial Discovery beschränkt sich nicht allein auf deren Einfluss hinsichtlich der grundsätzlichen Entwicklung zu einer von den Parteien dominierten Form der Beweisermittlung.1 Darüber hinaus ist festzustellen, dass die einzelnen Faktoren auch einen erheblichen Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung des amerikanischen Beweisermittlungsverfahrens haben, beispielsweise auf den im Rahmen der Pre-Trial Discovery vorgesehenen Ablauf,2 die dabei angewandten Methoden3 und schließlich auf den möglichen Umfang der Beweisermittlung.4

I. Historie und gesetzgeberische Ziele des Discovery-Verfahrens Während das deutsche Erkenntnisverfahren und die Erfolgsaussichten der beteiligten Parteien in großem Umfang durch die im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse bestimmt werden,5 erfolgen die grundlegenden Weichenstellungen des amerikanischen Zivilprozesses bereits im Vorfeld der Hauptverhandlung.6 Ermöglicht wurde diese Vorverlagerung und 1

Siehe zur Dominanz der Parteien im Rahmen der Beweisermittlung Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 388. 2 Siehe hierzu unter Teil 2, § 1, III. 3 Vgl. später unter Teil 2, § 2 sowie einleitend Götz, SJZ 2006, 270 f. 4 Siehe unter Teil 2, § 3. 5 Vgl. nur zur Bedeutung der nach der Beweiserhebung erfolgenden Schlusserörterung des Sach- und Streitstandes und der Bindung des Berufungsverfahrens an die insoweit getroffenen Feststellungen, siehe hierzu Greger, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 279, Rn. 5 f. 6 Die Bedeutung der Pre-Trial Discovery zeigt sich auch darin, dass ca. 90% aller in den USA anhängigen Rechtsstreitigkeiten ohne förmliche Gerichtsverhandlung, d.h. noch im Stadium der Pre-Trial Discovery, beendet werden, vgl. Paulus, ZZP 1991, S. 400 f.; Jungermann, WuW 2014, 7, geht von einer noch höheren Vergleichsquote aus, die bei 98% liegen soll; siehe ferner Lorenz, ZZP 1998, S. 49 m.w.N., der sich jedoch kritisch zur hohen Vergleichsquote äußert und diese als Produkt schlichter Erpressung beschreibt, a.a.O., S. 50; zum Vergleich finden sich bei Lorenz, ZZP 1998, S. 49 auch die Vergleichsquoten für die

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Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung

der damit einhergehende Bedeutungsgewinn der Pre-Trial Discovery durch das frühe Bestreben des amerikanischen Gesetzgebers, eine umfassende und kompromisslose Erforschung des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalts zu gestatten. Nicht zuletzt durch die zusätzliche Erfassung elektronischer Informationen (sogenannte Electronic Discovery oder E-Discovery7), die zu einer weiteren Ausdehnung des Umfangs der Pre-Trial Discovery führte, wurde versucht, der ursprünglichen gesetzgeberischen Intention einer Vereinfachung der Rechtsdurchsetzung auch weiterhin Rechnung zu tragen. Inwieweit dies gelungen ist und welche Methoden dabei zum Einsatz kommen, ist Gegenstand der weiteren Untersuchung. 1. Ursprung und Reformen des Discovery-Verfahrens Zur Durchsetzung der materiellen Wahrheit bedarf es adäquater, der Wahrheitsermittlung dienender gesetzlicher Instrumente. Lange Zeit verfügte das US-amerikanische Recht selbst nicht über entsprechende Regelungen. Vielmehr waren die Gerichtsverfahren geprägt durch strenge formale Anforderungen und eine begrenzte Auswahl an Aufklärungs- und Ermittlungsmöglichkeiten, die zu einer Offenlegung des tatsächlichen Geschehens hätten führen können.8 Der Ausgang eines Verfahrens war demnach maßgeblich davon abhängig, ob und inwieweit Beweise (zufällig) verfügbar waren und wie professionell der Prozessvertreter seiner Tätigkeit nachging.9 Die tatsächliche Substanz der Klage – oder einfacher gesagt, wer wirklich im Recht war – geriet dabei beinahe zur Nebensache. Das Zivilverfahren erschien manchem Beobachter daher als »a battle of wits rather than a search for the truth«10 und war mit dem

BRD, die im Jahr 1997 bei 10,5% für die erstinstanzlichen Verfahren lag, im Jahr 2007 konnte hingegen bereits eine Quote von 14,25% erzielt werden, vgl. http://www.in-medi ation.eu/vergleich#_ftn7 (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 7 Vgl. zu den Grundzügen der Electronic Discovery bei Junker, Electronic Discovery gegen deutsche Unternehmen; ferner Favalli, Dokumentedition im internationalen Verhältnis, S. 22 ff.; zu den Herausforderungen der Electronic Discovery insbesondere bei grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten Thole/Gnauck, RIW 2012, 417 ff.; vgl. zu den technischen Abläufen und der Optimierung der Prozesse i.R.e. Electronic Discovery bei Berndt/Aggeler/Teo, BB 2012, 173 ff.; siehe zur Anwendung des Verfahrens in Deutschland und den sich ergebenden Problemen Rath/Klug, K&R 2008, 596 ff.; vertiefend zu den datenschutzrechtlichen Implikationen bei Cross-Border Sachverhalten Geercken/Holden/Rath/Surguy/Stretton, CRi 2013, 44 ff. sowie bereits zuvor dies., CRi 2010, 65 ff. 8 Varga, Beweiserhebung, S. 57. 9 Vgl. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 79 f. 10 Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, § 2001 mit Verweis auf das Urteil des US District Court for the Eastern District of South Carolina, Entscheidung v. 20 Oktober 1950, In Re: Floe v. Plowden, 10 F.R.D. S. 514 ff., U.S. Dist. LEXIS 3511; teilweise wird auch von der Notwendigkeit der Überwindung der sogenannten sporting theory of justice gesprochen, vgl. Varga, Beweiserhebung, S. 57 sowie Mössle, Extraterritoriale Beweisbe-

§ 1 Historische Entwicklung, Ausprägungen und Ablauf des Discovery-Verfahrens

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eigentlichen Bestreben einer Erleichterung der Rechtsdurchsetzung nicht länger vereinbar.11 Um dieser vom US Supreme Court als Blindekuh-Spiel12 beschriebenen Ausgangslage Herr zu werden und zu einer fairen und vor allem tatsachenbezogenen gerichtlichen Auseinandersetzung zurückzukehren, kam es im Jahr 1938 zur Verabschiedung der amerikanischen Bundeszivilprozessordnung, der FRCP.13 Die neu gefassten FRCP enthielten in Rule 26 bis Rule 37 erstmals eine gesetzliche Regelung der Pre-Trial Discovery auf Bundesebene.14 In der Folgezeit kam es zu zahlreichen Novellierungen,15 die die Grundstruktur der Discovery-Regelungen zunächst weitestgehend unangetastet ließen. Durch die Maßgeblichkeit des Gedankens der Waffengleichheit16 zwischen den Parteien und die damit einhergehende, bereits angesprochene Verpflichtung zur Offenbarung der materiellen Wahrheit sollte – so die Idee der Pre-Trial Discovery – die Lücke zwischen Recht haben und Recht bekommen möglichst geschlossen werden.17 Es zeigte sich recht bald, dass diese theoretischen Vorzüge der PreTrial Discovery und insbesondere die nahezu unbeschränkten Möglichkeiten bei der Suche nach Beweismitteln in der Sphäre des Prozessgegners mit nicht unerheblichen Nachteilen verbunden waren. Abgesehen von der bereits angesprochenen Gefahr sogenannter Fishing Expeditions,18 der bewussten Ausforschung des Gegners zu dessen wirtschaftlichem Nachteil, erfolgte vermehrt ein strategischer Einsatz der DiscoveryInstrumente, um finanzielle und personelle Ressourcen des Prozessgegners zu

schaffung, S. 79 f.; siehe weiterführend zu den durch die Regelung der Anwalts- und Prozesskosten ausgelösten Missständen im amerikanischen Recht die ökonomische Analyse von Adams, 3 European Review of Private Law (1995), 53 ff. 11 Varga, Beweiserhebung, S. 57. 12 Vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 2. Juni 1958, United States v. Procter & Gamble Co. et al., 356 US, S. 682 f.: »[...] less a game of blind man’s bluff and more a fair contest with the basic issues and facts disclosed to the fullest practicable extent.« 13 Durch den Erlass der FRCP kam es zu einer Vereinheitlichung des Verfahrensrechts auf Bundesebene; zuvor hatten die Bundesgerichte noch das formelle Prozessrecht des Forumstaates und materielles Bundesrecht angewandt, vgl. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 79 m.w.N.; siehe ferner Mentz, RIW 1981, 73 m.w.N. 14 Ergänzende Bestimmungen hinsichtlich der Möglichkeit zur Vorladung im Rahmen der Pre-Trial Discovery finden sich in Rule 45 FRCP. 15 Vgl. beispielweise zu der am 1. August 1980 in Kraft getretenen Novellierung Mentz, RIW 1981, 73 kritisch zu den frühen Reformbemühungen Lorenz, ZZP 1998, S. 51 f.; siehe zu späteren Reformbestrebungen Pfeiffer, GRUR Int. 1999, 598. 16 Vgl. grundlegend Reitz, ZZP 1991, S. 388; bezugnehmend Lorenz, ZZP 1998, S. 48 f.; siehe auch Paulus, ZZP 1991, S. 400 f. sowie schließlich Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 89 f. 17 Paulus, ZZP 1991, S. 400 f. 18 Vgl. unter Teil 1, § 2, I.

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binden und diesen damit zu einem Vergleich zu drängen.19 So sind beispielsweise Fälle bekannt, im Rahmen derer die Vorlage einer ungeheuren Anzahl an Dokumenten20 und teilweise auch deren Übersetzung (unter anderem in das Japanische21) gefordert wurde, um die Gegenpartei bereits durch die schiere Masse an Unterlagen zu verwirren und das Auffinden der wirklich relevanten Informationen zu erschweren. Der in diesem Kontext häufig bemühte Begriff des Nuisance Value,22 also die Eignung, eine Belästigung für den Antragsgegner herbeizuführen, bringt anschaulich zum Ausdruck, welcher Zweck mit der Durchführung der Pre-Trial Discovery eigentlich verfolgt wurde. In Anbetracht der aufgezeigten Entwicklung erfolgte im Jahr 1993 eine umfassende Reform der Regelungen der Pre-Trial Discovery, die weitreichende Informations- und Kooperationspflichten zwischen den Parteien etablierte.23 Hauptanliegen der Novellierung war die Verschlankung des Verfahrens und die Eindämmung exzessiver Discovery-Begehren. Neben der Beschränkung der Anzahl der im Rahmen der Pre-Trial Discovery möglichen Maßnahmen24 kam es unter anderem zu einer Stärkung des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen.25 Durch die Einführung des sogenannten Required Disclosure Mechanismus in Rule 26 FRCP ermöglichte die Reform bereits vor Beginn des eigentlichen Discovery-Verfahrens eine Identifizierung sämtlicher Beweismittel,

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Lorenz, ZZP 1998, S. 50: »Damit ist die Zahl der Vergleiche […] allzu häufig ein Produkt schlichter Erpressung.« 20 Vgl. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 81 m.w.N., der als Beispiel einen Fall nennt, bei dem die insgesamt vorgelegten Dokumente den Umfang von 66 Mio. Seiten erreichten; Lorenz verweist auf andere Extremfälle, im Rahmen derer 4 Mio. Seiten Versicherungspolicen bzw. 35 Mio. Seiten an Schriftstücken ausgetauscht wurden, vgl. ZZP 1998, S. 50. 21 Lorenz, ZZP 1998, S. 50 m.w.N. 22 Siehe zum Begriff des nuisance value bei Lorenz, ZZP 1998, S. 50; Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 80, dort findet sich der Begriff des Belästigungsgrades; Paulus spricht vom Verärgerungswert, in: ZZP 1991, S. 400 f.; vgl. schließlich zum Aspekt der Kostenbelastung durch anfallende Anwaltsgebühren Reitz, ZZP 1991, S. 390 f. 23 Zum Charakter der Reform als vermeintliche Zeitenwende siehe Lorenz, ZZP 1998, S. 51; kritisch zur Neufassung und deren Auswirkungen auf die Praxis Pfeiffer, GRUR Int. 1999, 598; ebenso skeptisch Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 189; zu den Details der Reform Hay, in: Assmann/Bungert, US-HGW, Kap. 8, Rn. 205 ff., ferner Reimann, IPRax 1994, 152 ff. sowie Nolte, Betriebliche Dokumentation, S. 44 f.; siehe umfassend schließlich Junker, ZZPInt. 1996, S. 235 ff. 24 In Rule 30 und Rule 31 FRCP wurde eine Beschränkung der Anzahl möglicher Depositions (mündliche Vernehmungen) sowie Interrogatories (schriftliche Fragebögen) aufgenommen. Die Parteien können durch Vereinbarung allerdings von diesen Einschränkungen abweichen. Die Anzahl der Dokumente, deren Vorlage verlangt werden kann, bleibt weiterhin unbeschränkt, vgl. Hay, in: Assmann/Bungert, US-HGW, Kap. 8, Rn. 205 ff. 25 Lorenz, ZZP 1998, S. 52.

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die als relevant (»relevant to disputed facts alleged with particularly in the pleadings«) anzusehen waren.26 Der Reformvorschlag beinhaltete ferner die Verpflichtung der Parteien, die entsprechenden Beweismittel auch ohne Aufforderung durch die jeweilige gegnerische Partei zu benennen.27 Dadurch erhoffte man sich eine möglichst frühzeitige und bestenfalls umfassende Klärung des Sachverhalts und in Anbetracht der effektiveren Prozessvorbereitung die Vermeidung unnötiger und kostenintensiver Beweisermittlungen im Rahmen der eigentlichen Pre-Trial Discovery.28 Anknüpfend an die Reformbemühungen im Jahr 1993 erfolgte eine weitere Novellierung im Jahr 2000. Diese betraf nicht nur den Umfang der zuvor erläuterten Required Disclosures und die Begrenzung der im Rahmen der PreTrial Discovery zur Verfügung stehenden Maßnahmen, sondern auch den zeitlichen Umfang dieser Maßnahmen.29 Während man zuvor eine Offenlegung sämtlicher für das Verfahren relevanter Beweismittel während der Required Disclosures verlangt hatte, wurde diese Verpflichtung schließlich auf diejenigen Beweismittel begrenzt, die für die Unterstützung der eigenen Klage oder zur Substantiierung der für das Prozessgeschehen relevanten Einwendungen in Betracht kommen. Darüber hinaus wurde eine gegenständliche Eingrenzung der Pre-Trial Discovery vorgenommen, die nunmehr nur noch dann ohne Genehmigung des Richters durchgeführt werden kann, wenn es um die bereits angesprochene Aufklärung der eigenen Ansprüche oder der Einwendungen der Gegenpartei geht. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung allein durch die Prozessvertreter war damit nicht länger möglich.30 Die Einschätzungen, inwieweit die ursprünglichen Reformziele einer Verhinderung von Missbräuchen der Pre-Trial Discovery und der Ökonomisierung des Verfahrens erreicht werden konnten, gehen weit auseinander.31 Während die Einführung des Required Disclosure Verfahrens teilweise als erstes Anzeichen einer Annäherung an den kontinentaleuropäischen Zivilprozess und damit 26

Vgl. zu den Details der Initial Disclosure ausführlich Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 392 ff.; ferner Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 189; kritisch Pfeiffer, GRUR Int. 1999, 598. 27 Vgl. Rule 26 (a) (1) (A) FRCP: »Without awaiting a Discovery request.« 28 Vgl. zu den Beweggründen Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 88; ferner Reimann, IPRax 1994, 152 f.; Lorenz, ZZP 1998, S. 51 f.; siehe zu den durch das amerikanische Kostenrecht ausgelösten Missständen ausführlich auch Adams, 3 European Review of Private Law (1995), 53 ff. 29 Siehe zu den Reformbemühungen insgesamt Trittmann/Leitzen, IPRax 2003, 10 f.; vgl. zu den Beschränkungen der zur Verfügung stehenden Maßnahmen Müller-Stoy, GRUR Int. 2005, 562. 30 Vgl. zu den Einzelheiten der vorgenannten Reformansätze insgesamt Trittmann/Leitzen, IPRax 2003, 10 f. 31 Vgl. zu den verschiedenen Polen der Bewertung der Reformbemühungen einerseits Pfeiffer, GRUR Int. 1999, 598 sowie andererseits Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 88.

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als beginnende Abkehr von den klassischen Discovery-Grundsätzen wahrgenommen wurde,32 mehren sich auf der anderen Seite die Stimmen, die bezweifeln, dass die Änderungen zu den gewünschten Effekten führ(t)en.33 So könne beispielsweise die Verwendung lediglich allgemeiner Formulierungen im Rahmen der Pleadings dazu beitragen, dass die gegnerische Partei bereits keine Kenntnis der eigentlich relevanten disputed facts erlangt.34 Ferner sei die spätere Discovery auch weiterhin durch das extrem weit gefasste Relevanzkriterium35 bestimmt, so dass eine Einschränkung des Umfangs nicht ernsthaft erwartet werden könne.36 Letztlich, und darin stimmen die Vertreter der unterschiedlichen Meinungen überein, basiert das System der Pre-Trial Discovery auch weiterhin auf einer möglichst vollständigen, gegenseitigen Kenntnis aller relevanten Tatsachen. Der Grundsatz einer allein durch die Parteien betriebenen Sachverhaltsaufklärung wurde durch die Auferlegung der Pflicht, Informationen bereits im Vorfeld ungefragt offen zu legen (Required Disclosure), nicht unwesentlich gestärkt.37 Die ursprünglichen Grundprinzipien der Pre-Trial Discovery beanspruchen folglich auch nach der Reformierung des Verfahrens weiterhin Geltung und sind damit die eigentliche Richtschnur für die Auslegung des Systems der Discovery. 2. Grundprinzipien der Ausgestaltung des Discovery-Verfahrens Die legislativen Zielsetzungen der Pre-Trial Discovery ergeben sich – wie bereits einleitend ausgeführt – unmittelbar aus den geschichtlichen Erkenntnissen, die zur Einführung der FRCP geführt hatten.38 Maßgeblich für die Erarbeitung der gesetzgeberischen Absichten sind daher neben der Vereinfachung der Rechtsdurchsetzung, die Herstellung von Waffengleichheit zwischen den 32 So z.B. die Ansicht von Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 88; so in Ansätzen auch Reimann, IPRax 1994, 156. 33 Skeptisch insoweit Pfeiffer, GRUR Int. 1999, 598; siehe auch Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 189. 34 Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 189. 35 Siehe umfassend Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 117 ff.; vgl. hierzu später unter Teil 2, § 3, I. 36 Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 189. 37 Reimann, IPRax 1994, 156; eine vergleichbare Argumentation findet sich bei Lorenz, ZZP 1998, S. 52. 38 Junker vertritt hingegen die Auffassung, dass sich die Zielsetzungen der Discovery aus den Strukturmerkmalen des amerikanischen Zivilprozesses ergäben, zum einen der Streitbeilegung ohne Hauptverhandlung sowie zum anderen der detaillierten Vorbereitung der Hauptverhandlung; vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 108; letztlich unterscheiden sich die Ansichten nur marginal, da die von Junker genannten Strukturmerkmale wiederum eng mit den o.g. historischen Erkenntnissen zusammenhängen, vgl. in diesem Sinne Lorenz, ZZP 1998, S. 48 f.

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Parteien und die möglichst weitgehende Offenlegung des tatsächlichen Geschehens. Hieraus ergeben sich drei maßgebliche Zielsetzungen, die von den Parteien des Rechtsstreits entweder separat oder aber in Kombination verfolgt werden können:39 Zunächst dient das Discovery-Verfahren der Information der Parteien vor Beginn des eigentlichen Hauptsacheverfahrens. Die Parteien sollen durch Offenlegung des tatsächlichen Geschehens in die Lage versetzt werden, die eigenen Erfolgsaussichten anhand des sich offenbarenden Gesemteindrucks des Verfahrens und dessen Vorgeschichte realistisch einzuschätzen.40 Die Kenntnis der Stärken und Schwächen der eigenen wie fremden Position eröffnet dabei einen verhältnismäßig ungetrübten Blick für die etwaige Notwendigkeit einer vorgerichtlichen Streitbeilegung41 oder einer anderweitigen vorzeitigen Verfahrensbeendigung.42 Eine weitere grundlegende Aufgabe der Pre-Trial Discovery besteht in der Sammlung und entsprechenden Aufbereitung des Streitstoffes für die Hauptverhandlung.43 Die Präzisierung des Streitgegenstands und die damit einhergehende Konzentration auf die erheblichen Streitfragen helfen einerseits plötzliche und unangenehme Wendungen des Prozessgeschehens zu vermeiden und können andererseits zu einer Perpetuierung der Schilderung des Sachverhalts durch die Zeugen führen.44 Insbesondere im Rahmen des amerikanischen Jury Trials45 sind die Prozessvertreter bestrebt, überraschende Wendungen des Prozessverlaufs entweder vorherzusehen, um entsprechend vorbereitet zu sein oder diese durch ein ausreichendes vorprozessuales Aktenstudium bestenfalls ausschließen zu können. Die Gefahr eines Überraschungsangriffs und der dadurch entstehende Eindruck auf die Geschworenen, dass sich der Zeuge seiner Aussage nicht sicher sei oder diese unter Umständen gar frei erfunden habe, 39

Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 108; umfassend zu den Zielen des Discovery-Verfahrens auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 130 ff. 40 Vgl. u.a. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 80; ebenso Trittmann, AVR 1989, S. 199; umfassend schließlich Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 108 ff. 41 Siehe zur Förderung der Vergleichsbereitschaft Lorenz, ZZP 1998, S. 48 f.; hierzu ferner Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 7 f. 42 Vgl. hierzu später unter Teil 2, § 1, III., 3. 43 Siehe Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 42; Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 80; Trittmann, AVR 1989, S. 199; Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 111 ff. 44 Vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 42; Junker, Discovery im deutschamerikanischen Rechtsverkehr, S. 111 ff. 45 Vgl. zu den Einzelheiten des Jury Trials bei Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 151 ff. sowie Meyer, Der Sachverständigenbeweis, S. 138 ff.; siehe ferner zur Entscheidungsphase im Rahmen von Jury Trials Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 626 ff.

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kann verheerende Folgen für den Ausgang des Verfahrens haben und ist daher unbedingt zu vermeiden.46 Eng verbunden mit dem vorgenannten Aspekt der Vermeidung von Überraschungen ist das Bestreben amerikanischer Anwälte, die Ihnen zur Verfügung stehenden Zeugen möglichst frühzeitig auf eine »Version ihrer Geschichte« festzulegen, um die Verfahrensstrategie bereits in einem frühen Stadium auf einen bestimmten Sachverhalt zuschneiden zu können. Ändert ein Zeuge im weiteren Verlauf des Verfahrens und insbesondere im Rahmen der gerichtlichen Vernehmung seine Aussage kann durch Vorhalt des Protokolls der früheren Aussage die Glaubwürdigkeit des Zeugen massiv zu eigenen Gunsten beeinträchtigt werden (Impeachment).47 Die letzte wesentliche Zielsetzung, die gelegentlich mit dem vorgenannten Aspekt der Vermeidung von Überraschungen verwechselt wird, betrifft die Aufgabe der Pre-Trial Discovery zur Beweissicherung.48 Beweissicherung ist in diesem Kontext jedoch nicht als Möglichkeit zu verstehen, die zur Anspruchsbegründung erforderlichen Tatsachen (erst) zu beschaffen. Da auch im Rahmen der Pre-Trial Discovery ein bereits rechtshängiger Zivilprozess vorausgesetzt wird, ist eine allein der Klageerhebung dienende Sammlung von Informationen nicht durch die FRCP gedeckt.49 Vielmehr dient der Aspekt der Beweissicherung der Konservierung desjenigen Beweismaterials, welches in der Hauptverhandlung nicht mehr zur Verfügung stünde. Die Ursachen können dabei vielfältig sein. So bietet sich die Durchführung der Discovery zur Beweissicherung etwa dann an, wenn bereits im Vorfeld feststeht, dass der Zeuge zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen kann50 oder nicht erscheinen will. In diesen Fällen kommt es zur Verlesung des Vernehmungsprotokolls und der Einführung des Beweismaterials auf diesem Weg.51

46 Siehe hierzu die anschaulichen Fallbeispiele von Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 112 f. 47 Vgl. Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 7 f. 48 Siehe hierzu Trittmann, AVR 1989, S. 199; streng von der Beweissicherung der PreTrial Discovery (nach Klageerhebung) zu trennen ist das Beweissicherungsverfahren nach Rule 27 (a) FRCP; da nach Rule 27 (a) FRCP aber lediglich eine Sicherung bereits bekannter Beweismittel möglich ist, kommt dem Verfahren keine erhebliche Bedeutung zu, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 115 f.; vgl. zu den Einzelheiten der Beweissicherung nach Rule 27 (a) FRCP später unter Teil 2, § 1, II. 49 Allerdings sind die Anforderungen an die Klageerhebung derart gering, dass auch eine Klage »ins Blaue hinein« zumeist als zulässig erachtet wird und eine Ausforschung der gegnerischen Prozesspartei angesichts des dann vorliegenden Prozessrechtsverhältnisses wiederum möglich wäre, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 116. 50 Häufig ist dies bei Vernehmungen im Ausland der Fall, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 115. 51 Vgl. Rule 32 (a) (3) FRCP.

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II. Die Pre-Case Discovery gemäß Rule 27 (a) FRCP Neben den vorstehend erläuterten Regelungen der Rule 26 bis Rule 37 FRCP, die das Grundmuster des Discovery-Verfahrens darstellen und damit die maßgeblichen Instrumente der Pre-Trial Discovery auf Bundesebene beinhalten, sieht das US-amerikanische Prozessrecht zur Durchsetzung der vorgenannten Grundprinzipien der Discovery eine weitere Form der Beweisbeschaffung vor.52 Bei dieser sogenannten Pre-Case (Pre-Litigation) Discovery gemäß Rule 27 (a) FRCP handelt es sich um ein bereits vor Klageerhebung einsetzbares Instrument zur Sicherung von Beweismitteln, das der vorzeitigen Informationsbeschaffung und damit ebenfalls einer erleichterten Rechtsdurchsetzung dient.53 Funktional entspricht das Verfahren dem deutschen selbstständigen Beweisverfahren gemäß §§ 485 ff. ZPO.54 Da die Pre-Litigation Discovery eine Klageerhebung und damit ein anhängiges Verfahren gerade nicht voraussetzt, kommt es zu einem Auseinanderfallen des Prozessverfahrens und der Beweisaufnahme.55 Trotz der ähnlichen Zielsetzung im Vergleich zur Pre-Trial Discovery ist das Verfahren nach Rule 27 (a) FRCP allerdings nicht dazu geeignet, die Durchführung der Pre-Trial Discovery zu ersetzen. Dies liegt zum einen an den strengen Voraussetzungen der Geltendmachung der Beweissicherung56 sowie zum anderen an der Beschränkung des Anwendungsbereichs auf bereits bekannte Beweismittel.57 Zunächst ist seitens des Antragstellers ausführlich darzulegen und plausibel zu begründen, dass er beabsichtige, in absehbarer Zeit als Kläger einen Rechtsstreit zu initiieren, jedoch zum momentanen Zeitpunkt an der Klageerhebung gehindert ist.58 Schließlich muss es sich bei den zu sichernden Beweismitteln um beweiserhebliche und damit für den Ausgang des Verfahrens relevante In-

52 Siehe allerdings weiterführend auch zur Informationsgewinnung durch das System des Notice Pleadings bei Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 111 ff. 53 Vgl. zur grundsätzlichen Ausgestaltung Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 95 f.; ferner Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 115 f.; siehe schließlich Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 203 ff. 54 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 95; vgl. zum selbstständigen Beweisverfahren gemäß §§ 485 ff. ZPO unter Teil 1, § 1, II., 1. 55 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 233. 56 Siehe zu den strikten Zugangsvoraussetzungen Eschenfelder, IPRax 2006, 95; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 95 f. 57 Zur Beschränkung des Anwendungsbereichs Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 233 ff. 58 Ausführlich zu den Voraussetzungen Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 115 f.; ferner Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 233 ff.

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formationen handeln, deren Verlust zu befürchten ist.59 Neben der somit erforderlichen Darlegung eines besonderen Beweisbedürfnisses ist der Inhalt der zu sichernden Aussagen vom Antragsteller grob zu skizzieren. Folglich kann allein eine Bezugnahme zu bereits bekannten Beweismitteln erfolgen.60 Das Gericht soll durch die oberflächliche Beschreibung der zu erwartenden Informationen in der Lage versetzt werden, die Notwendigkeit der vorprozessualen Beweissicherung zu beurteilen. Gelangt der zuständige Spruchkörper schließlich zu der Überzeugung, dass eine vorprozessuale Beweissicherung erforderlich ist, bedarf es zur Einleitung einer Maßnahme des Weiteren des Zugangs einer entsprechenden Benachrichtigung (Notice) beim Antragsgegner, die spätestens 21 Tage vor Durchführung der Beweissicherung beim Antragsgegner eingetroffen sein muss.61 Angesichts der restriktiven Voraussetzungen des Verfahrens nach Rule 27 (a) FRCP eignet sich das Verfahren nur bedingt zur effektiven Beweissicherung.62 Das Erfordernis einer Umschreibung der zu sichernden Informationen bereits im Vorfeld sowie insbesondere die Notwendigkeit der Benachrichtigung des Antragsgegners lassen das Verfahren recht schwerfällig erscheinen und schließen eine für den Antragsgegner überraschende Beweisaufnahme letztlich aus.63 Vor allem im Vergleich zu den im Rahmen der Pre-Trial Discovery zur Verfügung stehenden Beweisermittlungsmethoden und -instrumenten sowie deren verhältnismäßig einfacher Geltendmachung ist die Einleitung eines Verfahrens nach Rule 27 (a) FRCP daher kaum vorteilhaft.64

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Vgl. Eschenfelder, IPRax 2006, 95. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 116. 61 Vgl. Rule 27 (a) (2) FRCP; siehe zur alten Rechtslage und der dort geltenden 20-Tagesfrist Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 233 ff. 62 So auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 95 f.; ebenso Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 234; Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 116; Eschenfelder, IPRax 2006, 95; umfassend zur heutigen Bedeutung ferner Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 207 f. 63 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 234. 64 Zumeist wird sich in Anbetracht des mit einer Klageerhebung verbundenen geringen Kostenrisikos die direkte Erhebung einer Klage anbieten; durch den somit zur Verfügung stehenden umfassenden Katalog der Discovery-Instrumente kann der Antragsteller sein Ziel einer vergleichsweisen Einigung weitaus unproblematischer erreichen, vgl. Eschenfelder, IPRax 2006, 95; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 95 f. 60

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III. Einleitung und Ablauf der Pre-Trial Discovery gemäß der Rule 26 bis Rule 37 FRCP Die Einleitung und der Ablauf der Pre-Trial Discovery folgen einem in gewisser Weise vorgegebenen Muster, während das Verfahren ansonsten in die Hände der Parteien gelegt ist. Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick der wesentlichen Verfahrensschritte, beginnend mit der – noch nicht zur eigentlichen Pre-Trial Discovery gehörenden – Einreichung des Klageantrags bis hin zum Übergang in die eigentliche gerichtliche Verfahrensphase. Die Ausführungen folgen dabei den Regelungen der Pre-Trial Discovery entsprechend der Rule 26 bis Rule 37 FRCP. 1. Verfahrenseinleitende Schriftsätze (Pleading Stage) Zu Beginn des amerikanischen Zivilprozesses steht der Austausch der verfahrenseinleitenden Schriftsätze, der sogenannten Pleadings.65 Zunächst erfolgt die Einreichung der Klageschrift (Filing of Complaint) zum Gericht (Rule 3 FRCP), das daraufhin die Ladung für den Beklagten vorbereitet (Rule 4 FRCP).66 Der Kläger übermittelt dem Beklagten im weiteren Verlauf die Ladung samt einer Kopie der Klage (Rule 4 (c) (1) FRCP). Das Gericht ist ab diesem Zeitpunkt in sachlicher und personaler Hinsicht zuständig.67 Die Anforderungen an die Klageschrift sind verhältnismäßig gering.68 Ausführungen zur Zuständigkeit und zur Schilderung des Klagegrundes bzw. Klageantrags (»short and plain statement of the claim«, Rule 8 (a) (1) FRCP) werden als ausreichend erachtet.69 Der Gegner soll lediglich über die Tatsache der 65

Vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 99 f. 66 Vor amerikanischen Gerichten besteht für Privatpersonen – jedenfalls theoretisch – kein Anwaltszwang vor den Bundesgerichten; praktisch sind jedoch die meisten Kläger anwaltlich vertreten, vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 89. 67 Vgl. zur Einleitung des Verfahrens umfassend Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 317 ff.; ferner Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 88 ff.; Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 98 ff.; Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 61 ff. 68 So jedenfalls die vorherrschende Ansicht, vgl. statt vieler Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 156 f.; kritisch hierzu Lorenz, ZZP 1998, S. 45 f.; ebenso Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 101 f. m.w.N., der keine »so großen Unterschied[e]« zwischen der US-amerikanischen und der deutschen Praxis erkennt. 69 Siehe ausführlich zu den Anforderungen an die Darlegung der Prozessführungsvoraussetzungen, der Anspruchsschilderung und der Darlegung der Klageanträge Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 330 ff., S. 335 f.

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Einleitung eines Rechtsstreits informiert werden (Notice Pleading70), eine ausführliche Konkretisierung des Streitstoffs und der Tatsachen erfolgt erst im späteren Verlauf der Pre-Trial Discovery.71 Der Beklagte muss schließlich innerhalb der jeweils geltenden Einlassungsfrist auf die Zustellung der Klage reagieren.72 Im Rahmen seiner Klageerwiderung (Answer) kann er die klägerischen Behauptungen entweder zugestehen, das Klagevorbringen bestreiten oder Einreden vorbringen (Rule 8 (b) FRCP).73 Wird die Frist versäumt ergeht ein Versäumnisurteil (»Default Judgement«, Rule 55 (b) FRCP).74 Abgesehen von der Klageschrift und deren Erwiderung verbieten die FRCP in einer Vielzahl der Fälle weiteres schriftsätzliches Vorbringen;75 der Idee des Notice Pleading76 ist mit diesen Einlassungen bereits Genüge getan.77 Die Pleading Stage ist mit dem Austausch der benannten Schriftsätze abgeschlossen. Die weitere Substantiierung der Parteivorträge erfolgt in der sich anschließenden Pre-Trial Phase des Verfahrens.78 2. Informationsgewinnung im Rahmen der Pre-Trial Phase Der Ablauf der für die vorliegende Untersuchung relevanten Pre-Trial Phase zerfällt seinerseits in verschiedene Abschnitte, deren Existenz und Abfolge der bereits eingangs angesprochenen Formalisierung des Verfahrens geschuldet sind.

70 Vgl. zur Bedeutung des Notice Pleading als Quelle der Informationsgewinnung Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 111 ff. 71 Vgl. zu der Bedeutung und dem Informationsgehalt der Klageschrift Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 89; Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 101 f.; Müller-Stoy, GRUR Int. 2005, 561. 72 Siehe ausführlich zu den Reaktionsmöglichkeiten des Beklagten Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 339 ff. 73 Bei verfahrensrechtlichen Mängeln besteht ferner die Möglichkeit, eine Motion to Dismiss i.S.d. Rule 12 (b) FRCP zu stellen, vgl. Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 101 m.w.N. 74 Der Erlass des Versäumnisurteils steht im Ermessen des Gerichts und wird insbesondere bei hohen Klagesummen häufig versagt, vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 104. 75 Siehe zu den insoweit bestehenden Ausnahmen Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 373 ff. 76 Ausführlich zur Bedeutung des Notice Pleading für die US-amerikanische Beweisermittlung Varga, Beweiserhebung, S. 67 ff. 77 Vgl. insbesondere zur Entbehrlichkeit einer Stellungnahme auf die Klageerwiderung Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 373. 78 Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 101 m.w.N.

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a. Aufforderung zur Aufbewahrung relevanter Informationen Spätestens ab Zustellung der Klageschrift besteht für den Beklagten die Pflicht, etwaig relevante Informationen im Hinblick auf die Pre-Trial Discovery zu sichern und diese aufzubewahren (Litigation Hold).79 Diese unabdingbare Aufbewahrungspflicht kann jedoch auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt entstehen. Erlangt die spätere Prozesspartei Kenntnis von dem bevorstehenden Rechtsstreit oder hätte die Partei solche Kenntnis haben müssen,80 bestehen die entsprechenden Pflichten der Partei schon früher. Die Pflicht zur Sicherung beginnt damit mit dem Tag, an dem vernünftigerweise damit zu rechnen ist, dass die entsprechenden Beweise relevant sein werden und später vorzulegen sind.81 Häufig führt der Kläger eine solche Vorverlagerung durch Zustellung einer entsprechenden Aufforderung bewusst herbei (Preservation Letter), um zu verhindern, dass Dokumente, Daten oder sonstige relevante Beweismittel vor Zugang der Klageschrift vernichtet werden.82 Die gegnerische Partei wird somit unmittelbar zur Beweissicherung aufgefordert und unterliegt spätestens ab diesem Zeitpunkt dem Aufbewahrungsgebot sowie dem Verbot der Löschung. Grundsätzlich unterfallen sämtliche relevanten Beweismittel der Litigation Hold, d.h. »alle Informationen, die nach vernünftiger Würdigung der Umstände zur Aufdeckung von Beweismitteln führen können oder die das Unternehmen mit vernünftiger Wahrscheinlichkeit im Rahmen der anschließenden Discovery vorlegen muss«,83 sind betroffen. Kommt es nach dem Zeitpunkt der Litigation Hold dennoch zur Löschung prozessrelevanter Unterlagen und Daten, drohen den handelnden Akteuren sowohl prozessrechtliche Sanktionen als auch empfindliche strafrechtliche Konsequenzen.84 Die Prozessparteien sind daher ge-

79 Vgl. einleitend Rath/Klug, K&R 2008, 596; ferner Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 24 f.; sowie schließlich Harguth/Vance, Guide for International Counsel, S. 3; siehe zur Problematik der Litigation Hold im Rahmen einer Electronic Discovery bei Brisch/Laue, RDV 2010, 3 f.; hierzu ferner Thole/Gnauck, RIW 2012, 418 f. mit Verweis auf Allman/Crowley/Redgrave, The Sedona Conference – Commentary on Legal Holds. 80 Siehe wiederum Harguth/Vance, Guide for International Counsel, S. 3 m.w.N.; ebenso Rath/Klug, K&R 2008, 596; ausführlich zu dem Zeitpunkt des Beginns der Aufbewahrungspflicht Klinger, RIW 2007, 110 f.; Geercken/Holden/Rath/Surguy/Stretton, CRi 2010, 65 f. 81 Vgl. Jungermann, FIW 2011, 8 f. m.w.N aus der Rspr.; ebenso Harguth/Vance, Guide for International Counsel, S. 3. 82 Vgl. Klinger, RIW 2007, 110 f. 83 Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 24 f. 84 Vgl. zur Doctrine of Spoliation und den drohenden Sanktionen Rath/Klug, K&R 2008, 597; Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 24, S. 26; vgl. auch die praktischen Handlungsanweisungen von Harguth/Vance, Guide for International Counsel, S. 4; siehe schließlich Rule 37 (e) FRCP zur Einschränkung der Sanktionen im Falle einer ungewollten Löschung.

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Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung

halten, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um eine routinemäßige Löschung von Daten zu verhindern. So empfiehlt sich bei größeren Projekten die Etablierung von Archivierungsregelungen sowie die sachgerechte Organisation der Sicherungsmechanismen.85 Schließlich sollten die zur Umsetzung getroffenen Maßnahmen überwacht werden, um entsprechende Vorwürfe im Rahmen des späteren Verfahrens entkräften zu können.86 b. Erörterung des weiteren Verfahrensverlaufs (Meet and Confer Stage) Im Anschluss an aber auch bereits während der durch die Litigation Hold vorgenommenen Sicherung der relevanten Informationen sieht das US-amerikanische Zivilprozessrecht ein Treffen zwischen den Prozessparteien ohne Beteiligung des Gerichts vor (»Conference of the Parties«, Rule 26 (f) FRCP). Im Rahmen dieses für die Parteien (faktisch) obligatorischen Treffens87 sind zunächst die Art und die Grundlage der geltend gemachten Ansprüche und Einwendungen darzulegen. Ausgehend hiervon sollen die Parteien die Möglichkeit einer vergleichsweisen Streitbeilegung erörtern.88 Scheitert der Versuch eines Vergleichsschlusses dient der weitere Verlauf des Treffens der Vorbereitung der Pre-Trial Discovery, d.h. die Parteien bereiten die Required Disclosures89 vor und arbeiten an der Erstellung des sogenannten Discovery Plan. Ziel der Erstellung des Discovery Plan ist die eigenverantwortliche Planung des Ablaufs, des Umfangs und der Reichweite der Discovery durch die Parteien basierend auf der in Rule 26 (f) FRCP statuierten Pflicht zur redlichen Zusammenarbeit (good faith).90 Der Discovery Plan wird dem Gericht 14 Tage nach dem Treffen der Parteien vorgelegt (Rule 26 (f) (2) FRCP) und informiert dieses z.B. über die zu berücksichtigenden Datenquellen, relevante Zeiträume, auszuliefernde Datenformate und etwaige von der Discovery ausgenommene, privilegierte Unterlagen.91 Die Meet and Confer Stage bietet den Parteien damit Gelegenheit, frühzeitig auf die Ausgestaltung der Pre-Trial Discovery Einfluss zu nehmen, Vorbehalte geltend zu machen

85 Siehe zu den technischen und organisatorischen Einzelheiten des Ablaufs der Litigation Hold bei Jungermann, FIW 2011, 8 f. 86 Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 24 f. 87 Grundsätzlich besteht keine Pflicht zur Teilnahme, allerdings entfällt bei Nichtteilnahme die Möglichkeit, selbst Discovery-Maßnahmen durchzuführen, vgl. Rule 26 (d) (1) FRCP. 88 Siehe zu Sinn und Zweck der Conference of the Parties eingehend Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 103 f.; ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 38 f. 89 Siehe hierzu oben unter Teil 2, § 1, I., 1. 90 Reufels, RIW 1999, 668 f. 91 Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 25.

§ 1 Historische Entwicklung, Ausprägungen und Ablauf des Discovery-Verfahrens

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und auf diese Weise im Sinne der Parteien auf den Kosten- und Zeitfaktor einzuwirken.92 Das Gericht legt nach Erhalt des Discovery Plan und anhand desselben schließlich den weiteren Ablauf der Pre-Trial Discovery fest (»Scheduling Order«, Rule 16 (b) FRCP) und regelt dabei insbesondere den zulässigen Umfang der Disclosures und der Discovery.93 Im Einzelfall und sofern erforderlich werden zugleich Termine für weitere sogenannte Pre-Trial Conferences mitgeteilt, um weiterhin Einfluss auf die Prozessvorbereitung nehmen zu können (Rule 16 (a) FRCP). c. Austausch prozessrelevanter Informationen (Required Disclosures) Bereits eingangs des Kapitels wurde erläutert, dass durch die Reform der PreTrial Discovery und mittels der Einführung des Required Disclosure Mechanismus in Rule 26 FRCP eine gegenseitige Offenlegung bestimmter Informationen ohne förmliche Anfrage der Gegenseite erreicht wurde. Das zeit- und kostenintensive Betreiben eines Discovery-Verfahrens im Hinblick auf diese bereits offenbarten Informationen konnte damit entfallen.94 Das Kernstück der in Rule 26 FRCP enthaltenen Required Disclosures ist das sogenannte Initial Disclosure Verfahren, das zwischen der Meet and Confer Stage und der eigentlichen Discovery erfolgt.95 Dabei handelte es sich einerseits um die den Parteien auferlegte Mitteilungspflicht, der gegnerischen Partei ungefragt bestimmte Informationen und Beweismittel zur Kenntnis zu bringen,96 und andererseits um eine Nachforschungspflicht dahingehend, sich aktiv um die Beschaffung der relevanten Informationen zu bemühen.97 Die sich ergebende Verpflichtung zur Offenlegung ist dabei fortlaufend, d.h. die Parteien sind gehalten, ihre Einlassungen nötigenfalls zu ergänzen und zu korrigieren (»A party […] must supplement or correct its disclosure or response«, Rule 26 (e) (1) FRCP).98 Unterbleibt die Offenlegung oder kommt es zu sonstigen Verstößen gegen die Vorlagepflichten, ist die jeweilige Partei mit den betreffenden Beweismitteln in 92

Vgl. Trittmann/Leitzen, IPRax 2003, 10; ferner Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 25. 93 Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 103 f. 94 Siehe nochmals zu den Hintergründen der Reform Nolte, Betriebliche Dokumentation, S. 44 ff.; ferner Prütting, AnwBl. 2008, 154; schließlich Wittmann, ZD 2011, 175 f.; Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 25. 95 Statt vieler Röhm/Koch, RIW 1995, 467 ff. 96 Vgl. zu den Einschränkungen der Verpflichtung unter Teil 2, § 1, I., 1. 97 Umfassend zur Ausgestaltung des Verfahrens Lorenz, ZZP 1998, S. 51 f.; Reimann, IPRax 1994, 152 f.; Nolte, Betriebliche Dokumentation, S. 46 ff. 98 Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 105.

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der Regel präkludiert (Rule 37 (c) (1) und (2) FRCP). Im Übrigen bietet Rule 37 (a) (3) (A) FRCP die Möglichkeit, die säumige Partei durch das Gericht zur Offenlegung zu verpflichten.99 d. Das eigentliche Beweisersuchen (Discovery Requests) Die bestehenden Verpflichtungen zur Offenlegung im Rahmen des Initial Disclosure Verfahrens beziehen sich lediglich auf diejenigen Beweismittel, die zur Untermauerung der eigenen Argumentation in Betracht kommen. Damit bleiben die für die Parteien vorrangig interessanten Informationen in der Regel ausgespart. Die Offenlegung dieser weitergehenden Informationen, die nicht mittels des Disclosure Verfahrens zugänglich gemacht werden können, kann durch zusätzliche Beweisersuchen, sogenannte Discovery Requests erreicht werden.100 Die Beweisersuchen werden dabei direkt an die Parteien und/oder am Verfahren beteiligte Dritte (jeweils als Beweisperson bezeichnet) gerichtet.101 Es handelt sich in der Regel um konkrete einzelne Fragen und Aufforderungen, gegen deren Beantwortung die gegnerische Partei schriftlich Einspruch zum Gericht einlegen kann.102 Grundsätzlich ist den Ersuchen jedoch ohne vorherige gerichtliche Anordnung innerhalb einer Frist von (zumeist) 30 Tagen Folge zu leisten.103 Mögliche Einspruchsgründe sind z.B. die mangelnde Entscheidungserheblichkeit, die unpräzise und damit missverständliche Formulierung einer Frage oder aber der Schutz der betreffenden Information durch ein Aussageverweigerungsrecht.104 Angesichts der Ausgestaltung der Pre-Trial Discovery als ein der materiellen Wahrheit verpflichtetes Verfahren ist der Umfang möglicher Beweisersuchen entsprechend weit gefasst und das Kriterium der mangelnden Entscheidungserheblichkeit nur selten erfüllt.105 Ausge-

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Siehe zu den möglichen Sanktionen bei Verletzung der Mitteilungspflichten umfassend Röhm/Koch, RIW 1995, 469; bezugnehmend Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 105. 100 Siehe einleitend Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 26; ferner ausführlich Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 410 ff. 101 Bei Maßnahmen gegen Dritte kommt es zu gewissen Einschränkungen; so greifen die Beschränkungen der Rule 33 FRCP nicht, da diese nur für die Parteien gelten (Interrogatories to Parties), ferner ergeben sich Einschränkungen aus Rule 45 (c) FRCP, die lediglich den Parteien die Pflicht zur Anwesenheit im Rahmen bestimmter Verfahrensabschnitte auferlegt. 102 Prütting, AnwBl. 2008, 155. 103 Vgl. z.B. die Regelungen hinsichtlich der Parteivernehmung (vgl. Rule 33 (b) (2) FRCP), der Dokumentenvorlage (vgl. Rule 34 (b) (2) FRCP) und der Aufforderung zum Geständnis (vgl. Rule 36 (a) (3) FRCP), die allesamt eine 30-Tagesfrist vorsehen. 104 Prütting, AnwBl. 2008, 155. 105 Siehe bereits oben Teil 2, § 1, I., 1.

§ 1 Historische Entwicklung, Ausprägungen und Ablauf des Discovery-Verfahrens 101

schlossen sind damit faktisch nur solche Beweisersuchen, die keinen Zusammenhang zu dem verhandelten Sachverhalt aufweisen und damit nicht zu dessen Aufklärung beitragen können.106 In Anbetracht der bedingten Reichweite des Initial Disclosure Verfahrens greifen die Parteien in großem Umfang auf die Möglichkeit der Einbringung von Discovery Requests zurück.107 3. Abschluss der Pre-Trial Stage und Übergang zum Gerichtsverfahren In seltenen Fällen kann sich nach der Offenlegung der relevanten Fakten für eine der Parteien die Möglichkeit eines Antrags auf Erlass eines sogenannten Summary Judgements gemäß Rule 56 FRCP ergeben.108 Dabei handelt es sich um eine Form der Beendigung des Rechtsstreits ohne Hauptverhandlung (Trial). Erforderlich ist hierfür die Überzeugung des Gerichts, dass die streitentscheidenden Tatsachen im Sinne des Antragstellers auszulegen sind, das Auftauchen neuer Beweismittel während des Gerichtsverfahren quasi auszuschließen ist und ihm daher der geltend gemachte Anspruch zusteht. Bei geringsten Zweifeln oder der Vermutung des Eintreffens neuer Beweismittel im weiteren Verfahrensverlauf ist der Antrag hingegen zurückzuweisen.109 In der Regel offenbart sich nach Abschluss der Pre-Trial Stage jedoch nicht ein derart eindeutiges Bild des Sachverhalts. Vielmehr ergibt sich durch die weitere Aufklärung des Sachverhalts für die Parteien zumeist die Möglichkeit einer vergleichsweisen Streitbeilegung.110 In seltenen Fällen kommt es hingegen zur Einleitung eines Hauptsacheverfahrens. Dabei kann es entsprechend der Ausgestaltung der jeweils geltenden Verfahrensordnung zu einer einheitlichen personellen Behandlung von Pre-Trial und Trial kommen; auf Ebene der Bundesstaaten erfolgt hingegen eine personelle Trennung, so dass der für die Pre-Trial Stage verantwortliche Richter für gewöhnlich ersetzt wird.111

106 Statt vieler Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 106 m.w.N. aus der Rspr. 107 Der exzessive Gebrauch des Discovery-Verfahrens durch die Parteivertreter hängt auch damit zusammen, dass diese bei unzureichender Aufklärung des Sachverhalts eine Inanspruchnahme durch ihre Mandanten fürchten, vgl. Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 107. 108 Siehe umfassend Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 145; Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 88. 109 Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 110 f. 110 Vgl. zur hohen Anzahl von Vergleichsschlüssen unter Teil 2, § 1, I. 111 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 534 f.

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IV. Ergebnis: Ausprägungen und Ablauf des Discovery-Verfahrens Auch nach der Reformierung und den insoweit aufgenommenen Beschränkungen der Informationsbeschaffung handelt es sich bei der Pre-Trial Discovery weiterhin um das maßgebliche Mittel zur Sachverhaltsaufklärung im US-amerikanischen Zivilprozess. Die eingeführten Kontrollmechanismen, die zu einer Stärkung der verfahrensleitenden Funktion des Richters geführt haben, scheinen je nach praktischer Anwendung durch die Gerichte in gewissem Maße durchaus geeignet, einer allzu ausschweifenden Anwendung des Discovery-Verfahrens und der damit einhergehenden strategischen Nutzung des Nuisance Value entgegen zu wirken. Die Reichweite bzw. der durch die Reformierung des Discovery-Verfahrens tatsächlich mögliche Umfang der Pre-Trial Discovery wird jedoch nicht allein durch die bestehenden Beteiligungsinstrumente des Gerichts, sondern maßgeblich durch die im Laufe des Verfahrens angewandten Methoden beeinflusst. Diese sind daher einer eingehenden Prüfung zu unterziehen.

§ 2 Maßnahmen und Methoden im Rahmen der Pre-Trial Discovery (Discovery Devices) Die Informationsgewinnung im Rahmen der Pre-Trial Discovery erfolgt im Wesentlichen durch den Einsatz und die einzelfallabhängige Kombination1 verschiedener Discovery-Methoden. Dabei handelt es sich um sechs verschiedene Instrumente und Techniken,2 namentlich die Befragung mittels schriftlicher Fragebögen (Written Interrogations), die Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen (Production of Documents or other Things), die Ortsbesichtigung (Permission to enter upon Land or other Property), die Möglichkeit zur Vornahme mündlicher Vernehmungen (Depositions) sowie die Durchführung medizinischer Untersuchungen (Physical and mental Examinations). Schließlich bietet sich den Parteien im Verlauf der Anwendung der einzelnen Maßnahmen die Möglichkeit, den Gegner aufzufordern, bestimmte Tatsachen zuzugestehen (Requests for Admission).3 Mit der Anordnung einer mündlichen Vernehmung sowie der Verpflichtung zur Vorlage von Dokumenten stehen lediglich zwei Maßnahmen zur Verfügung, die auch für eine Geltendmachung gegenüber Dritten in Betracht kommen; der Großteil der einzelnen Erforschungstechniken ist hingegen allein für eine Anwendung gegenüber der gegnerischen Partei vorgesehen.4 Die Frage der Reichweite des personellen Anwendungsbereichs ist insbesondere bei internationalen Sachverhalten von Bedeutung. Wird ein Verfahren beispielsweise nur gegen ein Tochterunternehmen geführt, kann die Muttergesellschaft

1

Siehe zur Möglichkeit der Kombination der einzelnen Techniken Mentz, RIW 1981, 73; Clow/Kretschmar, in: Produkthaftungshandbuch, 2. Auflage, § 120, Rn. 30. 2 Ein Überblick der verschiedenen Instrumente findet sich u.a. bei Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 82 ff.; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 28 ff.; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 116 ff.; Lange/ Black, Der Zivilprozess in den Vereinigten Staaten, Rn. 57 ff.; Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 145 ff.; Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 71 ff.; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 53 ff.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 419 ff. 3 Siehe zur Bedeutung der einzelnen Methoden und deren Anwendungshäufigkeit Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 146. 4 Vgl. zum Anwendungsbereich der einzelnen Methoden Paulus, ZZP 1991, S. 400; ferner Trittmann, AVR 1989, S. 195; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 28.

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gegebenenfalls als Dritte dennoch in die Sachverhaltsaufklärung mit einbezogen werden.5 Regelungen hinsichtlich der durch die jeweiligen Methoden vermittelten Befugnisse und Informationsgewinnungsmöglichkeiten finden sich in den Rules 26 bis 37 FRCP, wobei Rule 26 FRCP gewissermaßen den Allgemeinen Teil der Discovery-Befugnisse enthält, der für alle Methoden Geltung beansprucht.6 Erwähnung findet dort auch das bereits erläuterte Relevanzkriterium (»Parties may obtain Discovery regarding any non-privileged matter that is relevant to any party’s claim or defense«, Rule 26 (b) (1) FRCP), das besagt, dass alle Fakten und Beweismittel aufgedeckt werden müssen, die für die Streitentscheidung erheblich erscheinen oder voraussichtlich zum Auffinden von verwertbarem Beweismaterial führen.7 Um die entsprechend diesem Verständnis relevanten Informationen zu erhalten, kommt es zu einer aufeinander aufbauenden Verknüpfung der einzelnen Aufklärungstechniken.8 Der Beginn der PreTrial Discovery wird dabei zumeist durch den Austausch einzelner Fragen und Antworten zum Sachverhalt (»Written Interrogations«, Rule 33 FRCP) markiert.9

I. Schriftliche Fragebögen (Written Interrogations) Ausgangspunkt der Pre-Trial Discovery ist für gewöhnlich der Austausch von maximal 25 schriftlichen Fragen entsprechend Rule 33 FRCP.10 Die jeweilige 5

Siehe zur Bedeutung i.R.d. internationalen Wirtschaftsverkehrs Trittmann, AVR 1989, S. 195 ff. 6 Vgl. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 83. 7 Vgl. zu den Einschränkungen des Wortlauts des Relevanzkriteriums Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 109 ff. 8 Die nachfolgende Darstellung folgt der in der Praxis üblichen Vorgehensweise und Reihenfolge des Einsatzes der einzelnen Discovery-Methoden, siehe so auch Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 8 ff.; ebenso Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 419; schließlich Clow/Kretschmar, in: Produkthaftungshandbuch, 2. Auflage, § 120, Rn. 60 ff.; hiervon abweichend allerdings die Übersicht von Griem, A practical guide to patent trial Discovery, S. 2, unter http://euro.ecom.cmu.edu/program/law/08-732/Courts/DiscoveryGui de.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 9 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 420; vgl. ergänzend zur Verwendung schriftlicher Zeugenaussagen i.R.d. deutschen Zivilprozesses Stadler, ZZP 1997, S. 137 ff. 10 Die Gesamtanzahl der einzelnen Fragen ist in Verfahren vor den Bundesgerichten auf 25 beschränkt; allerdings kann das Gericht, um legitimen Discovery-Interessen der Parteien gerecht zu werden, weitere Befragungen zulassen, vgl. Pfeiffer, GRUR Int. 1999, 601; ferner Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 420; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 30 f.; Clow/Kretschmar, in: Produkthaftungshandbuch, 2. Auflage, § 120, Rn. 61 f.; siehe zur früheren Regelung einer unbegrenzten Anzahl an Fragen Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 58 f.

§ 2 Maßnahmen und Methoden im Rahmen der Pre-Trial Discovery

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Beweisperson ist zur Beantwortung des vorgelegten Fragenkatalogs verpflichtet, wobei sich die Maßnahme gemäß Rule 33 (a) FRCP allein gegen die beteiligten Verfahrensparteien richtet; eine Befragung Dritter ist nicht möglich.11 Hintergrund des Austauschs ist die weitere Anreicherung des Tatsachenmaterials und damit die Ergänzung des im Rahmen der Pleadings nur oberflächlich wiedergegebenen Streitstoffs um bestenfalls vollständig neue Erkenntnisse.12 Die Beantwortung der Fragen der Parteien erfolgt dabei unter Eid (Rule 33 (b) (3) FRCP), sofern nicht Einwände gegen bestimmte Fragen vorgebracht werden (Rule 33 (b) (4) FRCP). Über die Erfolgsaussichten vorgebrachter Einwände entscheidet das Gericht nach Anrufung.13 Handelt es sich bei dem Gegner um eine Gesellschaft oder sonstige Organisation, sind die Fragen durch einen Officer oder Agent der Organisation zu beantworten (Rule 33 (b) (1) (B) FRCP). Dieser Vertreter hat dabei auf alle der Organisation zur Verfügung stehenden, relevanten Informationen zurückzugreifen.14 Grundsätzlich stehen jedem Adressaten nach Versand der Fragen15 verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Gemäß Rule 33 (b) (2) FRCP ist eine Frist von 30 Tagen vorgesehen, um auf den Erhalt des Fragenkatalogs zu reagieren.16 Zumeist entscheidet sich der Befragte dazu, die ihm gestellten Fragen unter Heranziehung der ihm verfügbaren Quellen und nach zumutbarer Ermittlung der erforderlichen Hintergründe zu beantworten.17 Die Verpflichtung zur Nachforschung außerhalb des eigenen Kontrollbereichs entfällt allenfalls dann, wenn die gegnerische Partei die Aufklärung ebenso gut, d.h. mit vergleichbarem Aufwand, selbst betreiben könnte.18 In diesen Fällen besteht als zweite Option die Möglichkeit, dem Gegner statt einer Antwort Akteneinsicht zu gewähren (»Business Records Option«, Rule 33 (d) FRCP).19 Die bloße Zugangsgewährung wird dabei jedoch nicht als ausreichend erachtet. Erforderlich ist 11

Statt vieler Oakley/Amar, American Civil Procedure, S. 174; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 30 f. 12 Vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 420. 13 Zum Vorstehenden insgesamt Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 74. 14 Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 176. 15 Beispielhafte Formulierungen typischer Fragen im Rahmen von Interrogations finden sich bei Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 8; einen Überblick der relevanten Themen für die Beweisermittlung mittels Interrogatories gibt Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 178. 16 Eine kürzere bzw. längere Frist kann allerdings durch das Gericht angeordnet werden, vgl. Rule 33 (b) (2) FRCP. 17 Vgl. zu den der Partei zumutbaren Nachforschungspflichten Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 30 f.; ferner Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 74. 18 Siehe Pfeiffer, GRUR Int. 1999, 601; Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 74 m.w.N. 19 Vgl. zur Business Records Option ausführlich Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 177.

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Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung

vielmehr die konkrete Bezeichnung der relevanten Schriftstücke, um dem Gegner ein zielgerichtetes Auffinden der Informationen zu ermöglichen.20 Schließlich kann der Adressat Einspruch gegen die Beantwortung der Frage einlegen. Es obliegt sodann dem Fragesteller das Gericht anzurufen, um eine Entscheidung über die Begründetheit des Einspruchs herbeizuführen.21 Der Vorteil der Durchführung einer Interrogation ist maßgeblich in der Verpflichtung des Antragsgegners zur weiteren Nachforschung zu sehen.22 Damit ergibt sich für den Fragesteller zum einen die Möglichkeit, Antworten zu erhalten, die das präsente Wissen des Befragten übersteigen. Zum anderen ist der zu leistende Arbeitsaufwand des Adressaten angesichts der vorgegebenen zeitlichen Beschränkung durch die 30-Tagesfrist der Rule 33 (b) (2) FRCP häufig immens, so dass bereits durch die Bindung der personellen und finanziellen Ressourcen ein gewisser Druck auf den Adressaten ausgeübt wird.23 Allerdings ist in Anbetracht der Ausgestaltung des geschilderten Ablaufs einer Interrogation nicht davon auszugehen, dass nach Beantwortung der Fragen tatsächlich neue, überraschende Erkenntnisse zur Verfügung stehen. Verantwortlich ist hierfür das Verfahrensprozedere bei der Beantwortung der vorgelegten Fragen.24 Zunächst erfolgt die Beantwortung in der Praxis durch die von den Parteien beauftragten Rechtsanwälte, d.h. die Antworten werden umfassend aufbereitet und ihr Inhalt sowie die Reichweite vor der Übermittlung an die gegnerische Partei sorgfältig geprüft.25 Durch die aufwendige Beratung und die Möglichkeit der zeitlich versetzten schriftlichen Stellungnahme wohnt dem Vorgehen im Rahmen einer Interrogation meist kein Überraschungseffekt inne, so dass mit einer Überrumpelung des Adressaten kaum zu rechnen ist.26 Angesichts des erläuterten Prozedere leidet im Übrigen nicht selten die Quali20 Siehe u.a. Pfeiffer, GRUR Int. 1999, 601; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 31; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 59. 21 Siehe zur Darlegungslast des Adressaten Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 177. 22 So u.a. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 59; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 31; Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 74; Henry, GRUR Int. 1983, 87; vgl. ausführlich zu den Vorteilen einer Interrogation bei Mentz, RIW 1981, 76. 23 Siehe zu den damit einhergehenden Missbrauchsmöglichkeiten Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 85. 24 Vgl. ausführlich zu den mit der Durchführung einer Interrogation verbundenen Nachteilen Mentz, RIW 1981, 76. 25 Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 85. 26 Vgl. zum Aspekt der mangelnden Spontaneität Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 74; ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 31; ebenso Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 179 f.; vgl. zum Vorwurf mangelnder Flexibilität auch Henry, GRUR Int. 1983, 87; siehe schließlich zu dem mit der Fragenbeantwortung verbundenen Aufwand und der Belastung für den Auskunftspflichtigen Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 85.

§ 2 Maßnahmen und Methoden im Rahmen der Pre-Trial Discovery

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tät der Antworten; häufig sind diese nur wenig präzise und sollen eher der Verwässerung und Verschleierung des Sachverhalts dienen, als zu dessen Aufklärung beitragen.27 Obwohl der Auskunftsverpflichtete zumeist bemüht sein wird, lediglich so viel an Information preiszugeben, wie er ohne Verletzung seiner Mitwirkungspflichten zu rechtfertigen in der Lage ist, stellt der gegenseitige Austausch von Fragen und deren Antworten auch weiterhin eines der maßgeblichen Discovery-Instrumente dar und ermöglicht eine erste Aufbereitung des relevanten Streitstoffs.28 Vor allem für den späteren Trial kommt den Antworten eine nicht unwesentliche Aufgabe zu; beispielsweise, um dem Gericht die Widersprüche zwischen der ursprünglichen Aussage der jeweiligen Vernehmungsperson im Rahmen der Interrogation und ihrer Aussage vor Gericht deutlich zu machen und damit deren Glaubwürdigkeit zu beschädigen.29 In Anbetracht der Zwiespältigkeit eines Vorgehens nach Rule 33 FRCP ist es für den verantwortlichen Verfahrensvertreter unbedingt erforderlich, die konkrete Ausgestaltung der schriftlichen Befragung sowie die Einbindung in die gesamte Prozessstrategie frühzeitig zu planen,30 um in größtmöglichem Umfang von den Möglichkeiten nach Rule 33 FRCP profitieren zu können.

II. Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen (Production of Documents or other Things) Eine weitere wesentliche Ermittlungsmethode, die regelmäßig mit dem Austausch von Interrogatories einhergeht, ist die Vorlage (Production31) von Urkunden und anderen (vorlagefähigen32) Augenscheinsobjekten33 gemäß 27

Vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 59, der zu der Überzeugung gelangt, dass die Funktion der Interrogation mittlerweile größtenteils durch das Disclosure Verfahren, d.h. durch die unaufgeforderte Verpflichtung zur Offenlegung (vgl. unter Teil 2, § 1, III., 2., c.) ersetzt wurde. 28 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 425. 29 Ders., a.a.O., Rn. 425 m.w.N. 30 Mentz, RIW 1981, 76. 31 Der Begriff der Production of Documents sollte nicht missverstanden werden; es geht nicht um die Herstellung der Urkunden, sondern allein um deren Übergabe, vgl. Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 8. 32 Siehe zur Problematik der Frage der Vorlagefähigkeit Junker, Discovery im deutschamerikanischen Rechtsverkehr, S. 165 f.; ebenso Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 60; vorliegend erfolgt eine Trennung zwischen den vorlagefähigen Urkunden und Augenscheinsobjekten einerseits und nicht vorlagefähigen Sachen (Grundstücke etc.), die unter Teil 2, § 2, III. behandelt werden, andererseits. 33 Der Umfang der vorzulegenden Gegenstände geht damit über den Anwendungsbereich des §§ 415 ff. ZPO hinaus, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 31; vgl. zur Unschärfe des Begriffs der Urkunde in Rule 34 FRCP, der laut Junker sowohl Urkunden als

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Rule 34 FRCP. Gegenstand der Vorlage können nicht nur die bereits bekannten Urkunden und Gegenstände sein, sondern auch sämtliche in Zusammenhang mit internen Vorgängen stehende Aktenbestände, einschließlich interner Kommunikation sowie Kommunikation mit Dritten.34 Die Verpflichtung zur Vorlage trifft zunächst die Parteien des Verfahrens (Rule 34 (a) FRCP) durch Zustellung einer sogenannten Notice (bloße Mitteilung). Darüber hinaus kann das Gericht durch den Erlass einer Subpoena (gerichtliche (Vor-)Ladung35, Rule 34 (c) FRCP und Rule 45 (a) FRCP) auch Dritte in gewissem Umfang zur Vorlage von Urkunden oder Gegenständen veranlassen.36 Seit 2006 beinhalten die FRCP darüber hinaus explizit die Möglichkeit, sogenannte Electronically Stored Information (Electronic Discovery oder E-Discovery37) zum Gegenstand der Vorlage zu machen. Dies betrifft vor allem Datenbanken und unternehmensinterne E-Mails, die im Rahmen der heutigen Unternehmenskommunikation in großem Umfang relevante Informationen enthalten.38 1. Grundprinzipien der Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen Die Urkundenvorlage wird durch ein entsprechendes formloses Ersuchen (Request) des Anspruchsberechtigten eingeleitet (Rule 34 (a) FRCP). Die ersuauch Augenscheinsobjekte umfasst, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 165 f. 34 Eine Beschränkung kann sich u.U. aus einer im Einzelfall erwarteten Verletzung von Betriebsgeheimnissen ergeben, vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 426. 35 Vgl. zum unterschiedlichen Verständnis des Begriffs der Subpoena je nachdem in welchem Zusammenhang diese ergeht, Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 165, Fn. 284: Erlässt das Gericht eine Subpoena im Rahmen der Anordnung zur Vernehmung einer Person (Deposition), kann der Begriff der Subpoena mit Ladung übersetzt werden und bezeichnet den Befehl, an einem bestimmten Ort, zu einer festgesetzten Zeit zu erscheinen. Ergeht eine Supboena im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Vorlage von Dokumenten (Production of Documents and other Things) ist diese Übersetzung nicht passend; treffender wäre in diesem Fall die Übersetzung als Vorlageverpflichtung; zum Wortverständnis und der Bedeutung einer Subpoena auch Bradford/Sona/Kirchhofer, MittdtPatA 2015, 215. 36 Vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 119; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 431; Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 85 f.; ausführlich zur Subpoena Duces Tecum bei Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 171 f.; siehe ferner Mentz, RIW 1981, 76. 37 Vgl. etwa Brisch/Laue, RDV 2010, 1 ff.; ferner Thole/Gnauck, RIW 2012, 417 ff.; Rath/Klug, K&R 2008, 596 ff.; siehe ausführlich zu etwaigen Verstößen gegen das HBÜ im Rahmen der Vornahme einer Discovery bei Junker, Electronic Discovery gegen deutsche Unternehmen. 38 Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 120; siehe zur explosion of information ferner Ross, 11 Duke Law & Technology Review (2012), 319 ff.

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chende Partei muss die gewünschten Urkunden39 dabei in gewissem Maße spezifizieren, d.h. sie muss die relevanten Urkunden benennen und angeben, wann, wo und unter welchen Umständen sie diese einsehen will.40 Die Anforderungen an das Erfordernis einer präzisen Bezeichnung der Urkunden dürfen jedoch nicht überspannt werden. So genügt bereits eine sogenannte Beschreibung by Category, d.h. es ist ausreichend, wenn der Adressat eine allgemeine Vorstellung der von ihm verlangten Urkunden erhält. Dies kann z.B. durch Bezugnahme zu bestimmten Themenkomplexen (all documents that relate or refer to), Sachverhalten oder Überbegriffen erfolgen.41 Gegenstand eines Requests können des Weiteren lediglich solche Urkunden sein, die sich in der Verfügungsmacht (»possession, custody or control«, Rule 34 (a) (1) FRCP) des Adressaten befinden.42 Verfügungsmacht bedeutet jedoch nicht, dass sich die Urkunde bereits im Besitz des Adressaten befinden muss. Umfasst sind auch diejenigen Urkunden, die z.B. von einem Dritten heraus verlangt werden können.43 Durch Weitergabe der Urkunde kann die Vorlagepflicht folglich nicht umgangen werden.44 Nachrangig ist darüber hinaus, ob die Urkunde gegebenenfalls auf andere Art und Weise beschafft werden kann.45 Binnen 30 Tagen nach Erhalt der Vorlageaufforderung (Rule 34 (b) (2) (A) FRCP) durch den Adressaten ist dem Vorlageersuchenden mitzuteilen, ob und in welchem Umfang die Vorlage stattfinden kann (permitted as requested), ob Änderungen hinsichtlich der Umstände der Durchführung der Vorlage gewünscht sind, oder ob Einspruch46 gegen ganze Vorlagekomplexe erhoben wird (Rule 34 (b) FRCP). Im Falle eines Einspruchs muss die auskunftsersuchende Partei das Gericht anrufen und einen Antrag auf Anordnung der Vor-

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Urkunde meint dem amerikanischen Verständnis folgend im Weiteren sowohl Urkunde im klassischen Sinne der ZPO (vgl. §§ 415 ff. ZPO) als auch Augenscheinsobjekt. 40 Siehe statt vieler Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 166 f. 41 Vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 32; Formulierungsbeispiele von Vorlagefragen finden sich bei Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 8 sowie bei Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 169; Hinweise zu den Vorlagefragen, insbesondere zu deren (bestenfalls) allgemeiner und unbestimmter Formulierung gibt auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 60. 42 Vgl. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 85 f.; zur Problematik der Verfügungsmacht ausführlich Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 170 f.; vgl. zur Beurteilung der Verfügungsmacht i.R.v. Unternehmenskonstellationen Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 77. 43 Vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 427. 44 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 60. 45 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 427. 46 Wird die Einspruchsfrist versäumt, geht das Einspruchsrecht verloren, vgl. Rule 37 (d) FRCP.

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lage stellen (Rule 37 (a) FRCP). Ist die Partei hingegen mit der Vorlage einverstanden, ist Einsicht in die Urkunden und (gegebenenfalls) Möglichkeit zur Vervielfältigung zu gewähren.47 Bestehen Urkunden unter anderem aus vertraulichen Textstellen, sind in entsprechendem Umfang Schwärzungen vorzunehmen.48 Häufig besteht für den Vorlageverpflichteten kaum eine Chance, nachteilige Informationen vor dem Zugriff des Gegners zu schützen. Im Übrigen sind die Möglichkeiten des Gegners, den Inhalt der vorzulegenden Unterlagen (nachträglich) zu beeinflussen in tatsächlicher Hinsicht begrenzt und dürften angesichts der damit verbundenen empfindlichen Konsequenzen auch praktisch nicht lohnenswert erscheinen.49 Nicht zuletzt aus diesem Grund gilt die Vorlage von Urkunden und Augenscheinsobjekten als hilfreiches und effektives Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts. 2. Die Vorlage sogenannter Electronically Stored Information (E-Discovery) Die heutige geschäftliche Kommunikation wird nahezu ausschließlich auf elektronischem Weg abgewickelt.50 Um diesen Bedeutungszuwachs abzubilden, wurde durch die am 1. Dezember 2006 in Kraft getretene Neufassung der FRCP sogenannte Electronically Stored Information als selbstständige Beweiskategorie neben Urkunden und Augenscheinsobjekten in Rule 34 (a) (1) (A) FRCP aufgenommen. Elektronische Informationen sind damit erstmals vom Anwendungsbereich der Pre-Trial Discovery umfasst. Neben elektronisch vorliegenden Nachrichten, Zeichnungen, Tabellen, Grafiken etc. zählen auch die zugehörigen Metadaten,51 d.h. die Zusatzinformationen zu den Daten, die z.B. Auskunft über den Namen des Bearbeiters, das Erstellungsdatum und die letzte Änderung etc. liefern, zu den vorzulegenden Informationen.52 Die Vorteile einer solchen elektronischen Vorlagepflicht liegen auf der Hand. Zum einen lassen sich insbesondere umfangreiche und unübersichtliche Datenmengen mittels moderner Suchfunktionen verhältnismäßig einfach auf 47

Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 168. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 426. 49 Vgl. zu den drohenden strafrechtlichen, standesrechtlichen und gerichtlichen Folgen einer (nachträglichen) Beeinflussung der Urkunden Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 427. 50 Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass z.B. in den USA mittlerweile 92% aller verfügbaren Informationen allein in digitaler Form generiert werden, vgl. Favalli, Dokumentedition im internationalen Verhältnis, S. 21; bereits im Jahr 2016 werden Schätzungen zufolge täglich ca. 192 Milliarden E-Mails versandt, vgl. ders., a.a.O., S. 21. 51 Siehe die Ausführungen zu dem durch Abschöpfung der Metadaten gestiegenen Umfang einer E-Discovery bei Favalli, Dokumentedition im internationalen Verhältnis, S. 26 ff. 52 Vgl. Brisch/Laue, RDV 2010, 2; siehe ferner Rath/Klug, K&R 2008, 596; schließlich Klinger, RIW 2007, 109; vgl. umfassend hinsichtlich der Art und Beschaffenheit der vorzulegenden Daten Berndt/Aggeler/Teo, BB 2012, 174. 48

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bestimmte beweisrelevante Schlagworte untersuchen und können damit für die Pre-Trial Discovery handhabbar gemacht werden.53 Zum anderen können durch Zugriff auf die Metadaten weitere Rückschlüsse, vor allem hinsichtlich der Urheberschaft gezogen werden, die eine Zuordnung und Zurechnung von Verantwortlichkeiten ermöglichen.54 Schließlich bleiben elektronische Informationen, sobald sie einmal erschaffen wurden, quasi dauerhaft nachvollziehbar und können daher häufig auch nach Löschung widerhergestellt und ausgelesen werden. Die E-Discovery eröffnet damit Zugang zu Informationen in Bereichen, die durch die klassische Pre-Trial Discovery noch nicht zugänglich gemacht werden konnten.55 Die Pflicht zur Vorlage von Informationen im Rahmen der E-Discovery betrifft zunächst nur die beiden Verfahrensparteien. Allerdings sind ebenso wie bei der klassischen Urkundenvorlage nicht nur diejenigen Informationen umfasst, die der Adressat in seinem direkten Besitz hat, sondern darüber hinaus sämtliche elektronische Informationen, die sich in seiner Verfügungsmacht befinden (Rule 34 (a) (1) FRCP).56 Hiervon betroffen und damit vorlagefähig sind daher z.B. auch solche Daten, die sich lediglich im Verfügungsbereich einer Konzerngesellschaft befinden, obwohl diese Gesellschaft selbst gar nicht direkt an dem Verfahren beteiligt ist.57 Trotz der erheblichen Kosten58 und der massiven Ressourcenbindung, die mit einer E-Discovery einhergehen, sind die Unternehmen bemüht, den Vorlagepflichten in größtmöglichem Umfang nachzukommen. Andernfalls drohen den Unternehmen erhebliche Sanktionen, die von der Verhängung einer Geldbuße, über den Ausschluss eigener Beweismittel bis hin zum Ausspruch eines Urteils zu Lasten der gegen die Vorlagepflicht verstoßenden Partei reichen können.59

53 Eine ausführliche Darstellung der Analysemöglichkeiten und anzuwendenden Verfahren findet sich bei Berndt/Aggeler/Teo, BB 2012, 175 ff. 54 Siehe zu den Vorteilen der E-Discovery umfassend Brisch/Laue, RDV 2010, 2. 55 Vgl. hierzu Thole/Gnauck, RIW 2012, 417, die in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung von Backup-Systemen, Recovery-Programmen und externen Speichermöglichkeiten (Clouds) hinweisen. 56 Rath/Klug, K&R 2008, 597. 57 Vgl. Brisch/Laue, RDV 2010, 2; teilweise wird vertreten, dass bereits die bloße tatsächliche Zugriffsmöglichkeit ausreichen soll, um eine Vorlagepflicht zu statuieren, vgl. Rath/Klug, K&R 2008, 597. 58 Siehe ausführlich zu den Kosten und der mittlerweile bestehenden umsatzstarken Discovery-Service-Industrie Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 120. 59 Brisch/Laue, RDV 2010, 2.

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III. Ortsbesichtigung (Permission to enter upon Land or other Property) Das System der Urkundenvorlage wird ergänzt durch die Möglichkeit der Ortsbesichtigung gemäß Rule 34 (a) (2) FRCP.60 Die Ortsbesichtigung dient der Inaugenscheinnahme von Grundstücken sowie allgemein von nicht vorlagefähigen Gegenständen.61 Neben der bloßen Besichtigung, zu deren Duldung der Adressat durch formlose Aufforderung verpflichtet wird, muss der Gegner auch weitergehende Maßnahmen und Untersuchungen dulden. Diese können z.B. in der Entnahme von Proben, dem Fotografieren und Vermessen etc. bestehen.62 Adressat der vorstehend genannten Maßnahmen sind grundsätzlich nur die Parteien des PreTrial Discovery-Verfahrens, wobei auch Dritte zur Duldung der Maßnahme verpflichtet werden können (Rule 34 (c) FRCP und Rule 45 FRCP).63 Entsprechend der Ausführungen im Rahmen der Urkundenvorlage muss der Adressat der Maßnahme innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt des Besichtigungsersuchens auf dieses antworten (Rule 34 (b) (2) (A) FRCP). Im Falle einer Ablehnung durch den Adressaten kann die Partei wiederum eine Gerichtsanordnung zur Durchführung der Maßnahme beantragen (Rule 37 (a) FRCP).64 Der konkrete Umfang der Maßnahme und die Einzelheiten des Untersuchungsrechts werden von dem zuständigen Richter gemäß Rule 26 (b) i.V.m. Rule 34 (a) (2) FRCP festgelegt.

IV. Aufforderung zum Geständnis (Requests for Admission) Um eine möglichst frühzeitige Eingrenzung des Streitstoffs zu erreichen, wird der Gegner (teilweise65) zeitgleich mit der Zustellung der Interrogations und

60 Hauptanwendungsbereich der Ortsbesichtigung sind Produkthaftungsfälle sowie Verfahren im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 32 f. 61 Neben Grundstücken kommen als weitere nicht vorlagefähige Gegenstände z.B. Unfallwägen und größere Maschinen in Betracht; vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 173 f. 62 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 32 f. 63 Eine selbstständige Klage gegen den Dritten ist damit nicht länger erforderlich, vgl. noch zur alten Rechtslage Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 174; siehe ferner Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 427. 64 Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 174. 65 Die Aufforderung zum Geständnis macht lediglich 6% aller angewandten DiscoveryMethoden aus und ist damit ein vergleichsweise seltenes Instrument zur Aufklärung des Sachverhalts, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 186 f.;

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der Veranlassung zur Urkundenvorlage aufgefordert, ein schriftliches Geständnis oder eine schriftliche Anerkennung bestimmter Tatsachen abzugeben (»Admissions«, Rule 36 FRCP).66 Ziel dieses Vorgehens ist es, bestimmte Tatsachen oder bestenfalls ganze Sachverhaltskomplexe als unstreitig festzustellen. Wurde seitens des Gegners eine solche Erklärung des Nichtbestreitens abgegeben, ist dieses Geständnis bindend und kann nur unter den engen Bedingungen der Rule 36 (b) FRCP widerrufen werden. Die Partei ist folglich während des gesamten Verfahrens an die einmal eingeräumten Feststellungen gebunden.67 Entsprechend der Ausgestaltung und Intention der Admissions können diese nur den beteiligten Parteien, nicht jedoch Dritten gegenüber geltend gemacht werden.68 Um das Verfahren einer Aufforderung zum Geständnis einzuleiten, bedarf es durch den Auffordernden der Bezeichnung und Erläuterung derjenigen Tatsachen, die seitens des Gegners zugestanden werden sollen. Im Falle eines Zugeständnisses hat der Gegner seinerseits konkret Bezug auf die einzelnen Tatsachen zu nehmen und hinsichtlich jeder einzelnen Tatsache kenntlich zu machen, ob und aus welchen Gründen ein Geständnis erfolgt (Admission) oder verweigert (Denial) wird (Rule 36 (a) FRCP).69 Bleibt der Adressat des Zugeständnisses innerhalb der 30-Tagesfrist untätig, gilt die Tatsache ebenfalls als zugestanden (Rule 36 (a) (3) FRCP).70 Schließlich besteht die Möglichkeit, Einspruch (Objection) gegen die Aufforderung zum Zugeständnis zu erheben oder die Antwort schlicht offen zu lassen.71 In letzterem Fall ist die Unfähigkeit zur Reaktion auf die Aufforderung zum Zugeständnis jedoch ausführlich zu begründen. Ein bloßer Verweis auf andauernde Untersuchungen genügt nicht.72

ebenso Henry, GRUR Int. 1983, 88, der darauf hinweist, dass die Parteien ein Unstreitigstellen bestimmter Tatsachen häufig durch formlose Einigung erzielen und das Verfahren nach Rule 36 FRCP damit umgehen; vgl. zum »Schattendasein« der Admissions schließlich auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 33 f. 66 Siehe Mentz, RIW 1981, 77; ausführlich auch Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 432 ff.; vgl. schließlich Henry, GRUR Int. 1983, 88. 67 Vgl. zum Aspekt der Bindungswirkung Mentz, RIW 1981, 77; ausführlich zu den Umständen der Bindungswirkung auch Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 189. 68 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 434. 69 Siehe zum Verfahrensprozedere Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 432. 70 Siehe zur Geständnisfiktion der Rule 36 FRCP Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 187 m.w.N. aus der Rspr. 71 Vgl. zu beiden Handlungsalternativen der Parteien Mentz, RIW 1981, 77; Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 188; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 433. 72 Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 188.

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In Abgrenzung zu den zuvor untersuchten Interrogations kann sich eine Aufforderung zum Geständnis lediglich auf bereits bekannte Tatsachen beziehen.73 Besteht seitens des Auskunftssuchenden folglich bereits eine gewisse Ahnung oder gar Kenntnis hinischtlich der konkret interessierenden Information, sind die beiden Instrumente nahezu beliebig austauschbar.74 In beiden Fällen erfolgt durch das Unstreitigstellen bestimmter Tatsachen und die Beantwortung offener Fragen eine Begrenzung des Umfangs des Verfahrens, die den Parteien eine einfachere und übersichtlichere Handhabung desselben ermöglicht.

V. Mündliche Vernehmungen (Depositions) Zentrales Instrument und damit wichtigste Erforschungstechnik75 im Rahmen der Pre-Trial Discovery sind die Vernehmungen (»Depositions«, Rule 27 bis Rule 32 FRCP76) der unter Eid stehenden und für das Verfahren relevanten Beweispersonen. Neben der Vernehmung der Gegenpartei77 können auch andere Personen vorgeladen werden, deren Kenntnisse als entscheidend für die Aufklärung des Sachverhalts eingeschätzt werden.78 Interessant sind dabei vor allem die Möglichkeiten zur Vernehmung einer Gesellschaft und sonstiger Organisationen gemäß Rule 30 (b) (6) FRCP. Diese kann zunächst selbst als Beweisperson benannt sein und ist damit verpflichtet, einen oder mehrere zur Beantwortung der Fragen geeignete Repräsentanten als Vernehmungsperson zu benennen. Allerdings ist der Gegner nicht an diese Form der Beweisermittlung

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Mentz, RIW 1981, 77. Vgl. zu den dennoch bestehenden Einschränkungen Junker, Discovery im deutschamerikanischen Rechtsverkehr, S. 188 f. 75 Siehe zur Bedeutung des Instruments der mündlichen Vernehmung Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 54; ebenso Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 28 f.; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 116. 76 Von Bedeutung ist auch Rule 45 FRCP, die den Erlass einer Vorladung gegenüber solchen Personen regelt, die im Rahmen einer Deposition vernommen werden sollen, vgl. Oakley/Amar, American Civil Procedure, S. 173. 77 Vor den Bundesgerichten steht den Parteien eine Gesamtzahl von zehn Vernehmungen je Partei mit einer maximalen Dauer von sieben Stunden zur Verfügung. Im Einzelfall können die Parteien jedoch auch individuelle Vereinbarungen treffen und die Anzahl entsprechend anpassen, vgl. Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 8. 78 Dabei kann es sich beispielsweise um einen mit der Sache besonders vertrauten, vertretungsbefugten leitenden Angestellten eines Unternehmens handeln (person most knowledgeable), der über bestimmtes persönliches und/oder institutionelles Wissen des Unternehmens verfügt, vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 437 sowie Rn. 448 ff.; siehe zur Vernehmung Dritter auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 54; Mentz, RIW 1981, 75; Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 84. 74

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gebunden. Er kann – soweit er eine geeignete Person selbst kennt und benennen kann – diese direkt zur Deposition vorladen. Im Gegensatz zur ersten Variante muss die auf diese Weise verpflichtete Beweisperson das ihren Aussagen zugrunde liegende Wissen allerdings nicht aus allen der Gesellschaft zugänglichen Informationen schöpfen, sondern ist auf die ihr eigenen Erkenntnisse beschränkt.79 Abgesehen von den bereits zuvor erläuterten Funktionen der Vorbereitung der gerichtlichen Beweisaufnahme80 sowie der Evaluierung der Möglichkeiten einer vergleichsweisen Beilegung des Rechtsstreits dient die Vornahme der Depositions insbesondere der Dokumentation der Aussage der jeweiligen Beweisperson. Durch die Protokollierung81 der Aussagen besteht die Möglichkeit, die Aussage bei Nichterscheinen des Vernommenen über eine Verlesung des Protokolls einzuführen oder der betreffenden Beweisperson den Inhalt der früheren Aussage im Rahmen der Vernehmung vergleichsweise vorzuhalten (Rule 32 (a) FRCP). Ergeben sich im Wege des Vorhalts Abweichungen zu den früheren Aussagen, lassen sich hieraus erkenntnisreiche Schlussfolgerungen für die Würdigung der Zeugenaussage durch das Gericht ziehen (Impeachment Evidence82).83 Zur Durchsetzung der genannten Ziele stehen den Parteien grundsätzlich zwei verschiedene Formen der Einvernahme zur Verfügung.84 Die FRCP bieten zum einen die Option einer mündlichen Beantwortung der im Rahmen der Deposition mündlich gestellten Fragen (»Deposition by Oral Examination«, Rule 30 FRCP) sowie die Möglichkeit der Aussage aufgrund einer Befragung anhand eines zuvor schriftlich fixierten und vom Protokollführer verlesenen Fragenkatalogs (»Deposition by Written Questions«, Rule 31 FRCP). In der

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Zu Recht weist Junker allerdings darauf hin, dass dem Unternehmen in dieser Konstellation keine Wahl bleibt; es muss die benannte Beweisperson vorführen, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 155. 80 Vgl. unter Teil 2, § 1, I., 2. 81 Der gesamte Verlauf einer Deposition wird im Rahmen eines Wortprotokolls festgehalten und durch den Court Reporter beglaubigt; nach Beendigung der Vernehmung erhält der Vernommene eine Abschrift und kann diese freigeben bzw. etwaige Einsprüche geltend machen, vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 445; Mentz, RIW 1981, 75. 82 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 446 m.w.N.; siehe zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen auch Pfeiffer, GRUR Int. 1999, 600 f., der auf die Schwierigkeit einer späteren Anpassung der einmal getätigten Aussage hinweist (»freeze the expert«). 83 Vordringliches Ziel des Frage- und Antwortspiels ist die Offenlegung der Schwachstellen des Gegners und damit das Aufzeigen der Unglaubwürdigkeit von dessen Beweisperson(en), Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 116. 84 Vgl. zu den verschiedenen Formen der Einvernahme Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 54; Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 149 f.

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überwiegenenden Anzahl der Fälle greifen die Parteien allerdings auf die direkte mündliche Befragung zurück.85 Der Vorteil dieser Methode liegt darin, die Beweisperson durch weitere Nachfragen gezielter und damit intensiver befragen zu können, während bei Vorliegen eines Fragenkatalogs von den zuvor eingereichten Formulierungen und der zuvor festgelegten Reihenfolge gerade nicht abgewichen werden kann. Der Spielraum der Anwälte und die Möglichkeit einer investigativen Befragung sind damit unnötig eingeengt.86 Trotz der im Detail unterschiedlichen Ausgestaltung der beiden Vorgehensweisen werden die Verfahren auf identische Weise eingeleitet. Die betreffende Beweisperson – unabhängig davon, ob Partei oder Dritter – wird durch die jeweils gegnerische Partei geladen. Die Ladung enthält Ort87 und Zeit der Vernehmung sowie Name und Adresse der zu vernehmenden Person.88 Erfolgt die Ladung gegenüber einem unbeteiligten Dritten ist zuvor eine entsprechende gerichtliche Vorladung einzuholen, mittels derer der Dritte aufgefordert wird, dem Beweisverlangen nachzukommen (Rule 45 (a) (1) (B) FRCP).89 Verfahrensmäßig orientiert sich der Ablauf der Deposition am Ablauf einer gewöhnlichen gerichtlichen Zeugenvernehmung. Nach Vereidigung der Vernehmungsperson wird diese über ihre Rechte und Pflichten belehrt; soweit erforderlich erfolgt außerdem eine kurze Einführung in den Sachverhalt und den Stand des Verfahrens.90 Im Anschluss kommt es zur Vernehmung durch die Prozessbevollmächtigten der Parteien. Anders als im üblichen Gerichtsverfahren beginnt der um die Deposition ersuchende Prozessbevollmächtigte mit der Direct Examination der Beweisperson, um auf diesem Wege eine möglichst umfassende Sachverhaltsdarstellung zu erhalten (Rule 30 (c) (1) FRCP). Hiernach kommt es zum Kreuzverhör (Cross Examination) durch den eigenen An-

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In ca. 43% der Fälle greifen die Parteien auf die Deposition by Oral Examination zurück, um einen direkten, persönlichen Eindruck der Beweisperson zu erhalten, Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 158; siehe auch Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 440. 86 Vgl. daher zu der geringeren Anzahl an durchgeführten Deposition by Written Questions bei Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 163. 87 In der Regel erfolgt die Vernehmung im Büro der Anwälte der um die Deposition ersuchenden Partei, vgl. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 84; Clow/Kretschmar, in: Produkthaftungshandbuch, 2. Auflage, § 120, Rn. 72. 88 Siehe zu den Einzelheiten und weiteren formellen Voraussetzungen der Ladung Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 439. 89 Vgl. zu der Pflicht zur Aussage, der Subpoena ad Testificandum bei Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 54; zur Durchsetzung unter Strafandrohung Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 30; vgl. ferner Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 155. 90 Einleitend hierzu Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 71 f.

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walt, dessen Fragen idealiter zu einer Korrektur der durch die Direct Examination entstandenen Sachverhalts- und Tatsachendarstellung führen.91 Neben der Möglichkeit des Vorhalts der protokollierten Aussage im Rahmen der Verhandlung und der damit meist verbundenen Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit der Beweisperson, dient die Deposition schließlich auch auf andere Weise der Wahrheitsermittlung. So ist eine während der Vernehmung getätigt Aussage etwa dann zum vollen Wahrheitsbeweis geeignet, wenn der Vernommene der Gegner der Partei ist, die das Protokoll der Deposition zu Beweiszwecken nutzen möchte (Rule 32 (a) FRCP). Gleiches gilt für den Fall des zwischenzeitlichen Todes der Beweisperson oder deren Unerreichbarkeit (Rule 32 (a) (4) FRCP). Der Umfang der Beweiserforschung und die Reichweite der Tatsachenperpetuierung einer Deposition reichen damit weit über die mittels Interrogation und Urkundenvorlage vermittelten Aufklärungsmöglichkeiten hinaus.92

VI. Medizinische Untersuchung (Physical and Mental Examinations) Entsprechend Rule 35 FRCP kann das Gericht schließlich auf Antrag einer der Parteien die zwangsweise Untersuchung der geistigen oder körperlichen Verfassung der jeweils anderen Partei, einer dieser Partei anvertrauten Person (Custody) oder einer der gesetzlichen Vertretung dieser Partei unterstehenden Person (Legal Control) anordnen (»mental or physical condition – including the blood group«).93 Bei der Vornahme einer medizinischen Untersuchung handelt es sich um die weitreichendste Maßnahme und damit um die einzige Ermittlungsmethode, für die eine Zustimmung des Gerichts vor der Durchführung der Maßnahme erforderlich ist.94 Zu den Hauptanwendungsfällen der zwangsweisen Vornahme einer Untersuchung zählen Schadensersatzklagen wegen Körperverletzung und Produkthaftungsfälle, die ebenfalls zu einer Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit geführt haben;95 die praktische 91 Vgl. zum Verfahrensablauf umfassend Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 441 ff.; siehe zur Durchführung der Direct bzw. Cross Examination bei Mentz, RIW 1981, 75; Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 8. 92 Vgl. zum Gesamten Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 446 m.w.N. 93 Vgl. einleitend Clow/Kretschmar, in: Produkthaftungshandbuch, 2. Auflage, § 120, Rn. 75; ferner Oakley/Amar, American Civil Procedure, S. 175; Mentz, RIW 1981, 76; lediglich 1% der erfassten Discovery-Begehren entfällt auf körperliche Untersuchungen i.S.d. Rule 35 FRCP, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 184. 94 Henry, GRUR Int. 1983, 88; Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 184. 95 Siehe zu den verschiedenen Anwendungsgebieten Mentz, RIW 1981, 76 und Clow/Kretschmar, in: Produkthaftungshandbuch, 2. Auflage, § 120, Rn. 75.

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Relevanz für die hier interessierenden Verfahren mit patentrechtlichem Hintergrund ist folglich äußerst gering. Für gewöhnlich bestreitet der Beklagte die geltend gemachte Schwere der Verletzungen sowie die durch die Verletzungen hervorgerufenen Einschränkungen und will diese daher von einem sachverständigen Arzt untersuchen lassen, um eine Minimierung des Schadensumfangs oder eine Abwehr des Anspruchs insgesamt zu erreichen.96 Die Anordnung einer Untersuchung gemäß Rule 35 FRCP erfordert neben einem entsprechenden Antrag an das Gericht ferner das Vorliegen eines berechtigten Anlasses für die Vornahme der Discovery-Maßnahme (»may be made only on motion for good cause«, Rule 35 (a) (2) (A) FRCP).97 Darüber hinaus muss die geistige oder körperliche Verfassung zwischen den Parteien umstritten sein (»whose mental or physical condition […] is in controversy«, Rule 35 (a) (1) FRCP).98 Entgegen den vorgenannten Ermittlungstechniken, die lediglich einen formlosen Antrag an das Gericht und – bei Weigerung der Gegenseite – eine Anrufung desselben vorsehen, sind die Voraussetzungen für die Durchführung einer körperlichen Untersuchung damit ungleich höher. Je nach Schwere und Gefährlichkeit des Eingriffs sowie den mit der Untersuchung verbundenen Schmerzen können die Voraussetzungen durch das Gericht noch weiter angehoben werden.99

VII. Ergebnis: Maßnahmen und Methoden im Rahmen der Pre-Trial Discovery Der auskunftssuchenden Partei eines Zivilprozesses in den USA stehen zahlreiche Instrumente zur Verfügung, um eine umfangreiche Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. Angesichts der Fülle unterschiedlicher Methoden wird es für die an einer Aufklärung des Sachverhalts interessierte Partei darauf ankommen, die für den jeweiligen Einzelfall passende Kombination der verschiedenen Pre-Trial Discovery-Maßnahmen ausfindig zu machen. Ein Vorgehen entsprechend eines stets anzuwendenden Patentrezepts oder eine Anwendung der einzelnen Methoden gemäß einer standardisierten Abfolge ist dabei wenig erfolgversprechend. 96

Mentz, RIW 1981, 76. Siehe klarstellend zum Kriterium des guten Grundes Junker, Discovery im deutschamerikanischen Rechtsverkehr, S. 184, der deutlich macht, dass das zusätzliche Erfordernis erst erfüllt ist, wenn die gewünscht Information tatsächlich nur durch Vornahme der Untersuchung erlangt werden kann. 98 In Betracht kommen hier z.B. Zweifel an der Geschäfts- oder Testierfähigkeit sowie etwa unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der Schwere einer Verletzung bzw. der Auswirkungen eines Unfallgeschehens, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 185. 99 Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 186 m.w.N. 97

§ 2 Maßnahmen und Methoden im Rahmen der Pre-Trial Discovery

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Mangels Vorliegens einer per se anzuwendenden Gesamtstrategie besteht das vordringliche Ziel der auskunftssuchenden Partei und damit das maßgebliche Kriterium einer gelungenen Pre-Trial Discovery-Strategie darin, bereits und insbesondere die Phase bis zur Einleitung der mündlichen Vernehmungen (Depositions) so zu gestalten, dass schon vor Durchführung der Vernehmungen eine möglichst weitreichende Kenntnis des Sachverhalts vorliegt.100 Auf diese Weise lassen sich den jeweiligen Beweispersonen durch geschickte Befragung und möglichst durch Konfrontation mit brisanten Erkenntnissen aus den zuvor angewandten Erforschungstechniken, erheblich weitreichendere Informationen entlocken, als dies ohne Kenntnis der bereits im Vorfeld erlangten Anknüpfungstatsachen der Fall wäre. Setzt man eine dergestalt koordinierte und betriebene Erforschung des Sachverhalts voraus, besteht in theoretischer Hinsicht in nahezu jeder Verfahrenskonstellation die Möglichkeit, in den Besitz der für das Verfahren relevanten Informationen zu gelangen. In praktischer Hinsicht gestaltet sich die Erlangung der erforderlichen Kenntnisse indes häufig schwieriger. Verantwortlich sind hierfür je nach Einzelfall bestehende Beschränkungen des Umfangs und der Reichweite der PreTrial Discovery. Die Effizienz der einzelnen Ermittlungstechniken kann daher von Fall zu Fall stark variieren.

100

So auch Clow/Kretschmar, in: Produkthaftungshandbuch, 2. Auflage, § 120, Rn. 30.

§ 3 Reichweite der Pre-Trial Discovery-Maßnahmen Der tatsächliche Umfang einer Maßnahme im Rahmen der Pre-Trial Discovery ist von mehreren Faktoren abhängig. Erste oberflächliche Einschränkungen der Pre-Trial Discovery ergeben sich durch sogenannte Limitations gemäß Rule 26 (b) (2) (C) FRCP. Hierbei handelt es sich um seitens des Gerichts veranlasste Anordnungen, die zu einer Begrenzung einer grundsätzlich zulässigen Maßnahme im Hinblick auf deren Dauer, Frequenz oder Anzahl führen.1 Ursachen für die Anordnung einer Limitation können beispielsweise die extensive Nutzung der Discovery-Ermittlungstechniken durch eine Partei, die Unangemessenheit einer bestimmten Ermittlungsmethode oder etwa die Überflüssigkeit der Vornahme einer weiteren Nachforschung aufgrund anderweitiger Verfügbarkeit des Beweismittels sein.2 Hierneben bestehen allerdings noch andere Gesichtspunkte, die zu einer weitreichenderen inhaltlichen und geografischen Begrenzung des Umfangs der Pre-Trial Discovery führen können. Der allgemeine, abstrakte Umfang der Pre-Trial Discovery wird in Rule 26 (b) (1) FRCP (Scope in General) wie folgt beschrieben: »Unless otherwise limited by court order, the scope of Discovery is as follows: Parties may obtain Discovery regarding any non-privileged matter that is relevant to any party’s claim or defense – including the existence, description, nature, custody, condition, and location of any documents or other tangible things and the identity and location of persons who know of any discoverable matter. [...] Relevant information need not be admissible at the trial if the Discovery appears reasonably calculated to lead to the Discovery of admissible evidence. [...]«3

Die weitere Untersuchung des möglichen Umfangs einer Pre-Trial Discovery-Maßnahme wird sich an den im vorstehenden Auszug des Gesetzestextes enthaltenen, hervorgehobenen Parametern orientieren. Ausgangspunkt und damit vorrangiger Anhaltspunkt für die Beurteilung des Umfangs sind demzufolge »sämtliche relevanten Umstände, die in Zusammenhang mit den geltend ge-

1 Vgl. Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 111; siehe hierzu ferner Trittmann/Leitzen, IPRax 2003, 10; Müller-Stoy, GRUR Int. 2005, 562. 2 Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 111. 3 Hervorhebungen im Gesetzestext durch den Verfasser.

§ 3 Reichweite der Pre-Trial Discovery-Maßnahmen

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machten Klageansprüchen und den Einwänden des Beklagten stehen« (»Discovery regarding any […] matter that is relevant to any party’s claim or defense«4). Dem reinen Wortlaut der Vorschrift lässt sich – abgesehen von der Bezugnahme zu den geltend gemachten Klageansprüchen und den Einwänden des Beklagten5 – zunächst kein Hinweis auf eine Beschränkung des Umfangs der Pre-Trial Discovery entnehmen. Vielmehr sind ausweislich der Formulierung der sogenannten Rule of Relevance6 sämtliche Tatsachen umfasst, die auch nur eine entfernte Sachbezogenheit oder eine mögliche Beweiserheblichkeit aufweisen (»regarding any matter that is relevant«). Inwieweit und ob damit tatsächlich jede relevante Information Gegenstand der Pre-Trial Discovery sein kann, wird zu diskutieren sein. Eine erste Einschränkung erfolgt durch die Ausnahme sogenannter privilegierter Umstände und Tatsachen (»Parties may obtain Discovery regarding any non-privileged matter«7). Auch insoweit muss geprüft werden, welche Voraussetzungen an die Klassifizierung einer Information als privilegiert (Privilege8) anzulegen sind und inwieweit sich aus der Behandlung einer Tatsache als privilegierte Information Auswirkungen auf den Umfang einer Ermittlungsmaßnahme ergeben können.9 Eine weitere Eingrenzung des grundsätzlich erforschbaren Umfangs lässt sich schließlich dem Hinweis auf die Möglichkeit gerichtlicher Anordnungen (Protective Order) entnehmen (»Unless otherwise limited by court order, the

4 Vgl. hierzu auch die alternative Übersetzung bei Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 117: »Erforschung hinsichtlich jedes Gegenstandes, der für den Streitgegenstand des Rechtsstreits erheblich ist.« 5 Vgl. zu den sich hieraus ergebenden Einschränkungen bzw. zu den Hintergründen der Aufnahme der Bezugnahme später unter Teil 2, § 3, I. 6 Vgl. zur Bedeutung des Relevanzkriteriums und der hieraus abgeleiteten Rule of Relevance bei Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 117 ff.; ferner Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 44 f.; Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 120 f.; Clow/Kretschmar, in: Produkthaftungshandbuch, 2. Auflage, § 120, Rn. 29 f. 7 »Die Parteien können die Erforschung des Sachverhalts hinsichtlich sämtlicher nichtprivilegierter Umstände betreiben.«; vgl. eigene Übersetzung. 8 Die teilweise Verwendung des Begriffs des Zeugnisverweigerungsrechts im Zusammenhang mit den beweisrechtlichen Privileges der FRCP ist kritisch anzusehen. Da der Richter grundsätzlich jede Discovery Maßnahme gegenüber jeder Beweisperson, d.h. auch gegenüber den Parteien und/oder Sachverständigen durchsetzen kann, greift die Bezeichnung als Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund der umfassenden Geltung der Weigerungsrechte für alle Beweispersonen zu kurz; vgl. hierzu ausführlich Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 124. 9 Die Absicht, bereits solche für das eigene Vorbringen lediglich nachteilige Informationen nicht zu offenbaren, qualifiziert hingegen nicht für eine Beschränkung des Umfangs der Pre-Trial Discovery und ist damit regelmäßig unbeachtlich, siehe Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 407.

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Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung

scope of Discovery is as follows: […]«10). Der Wortlaut der Norm gibt allerdings keinen Hinweis auf die konkrete Ausgestaltung derartiger Anordnungen. Fraglich ist folglich, in welchen Fällen und unter welchen Umständen eine gerichtliche Beschränkung in Form einer Anordnung ergehen kann und wie sich der Erlass einer solchen gerichtlichen Anordnung konkret auswirkt. Dabei wird maßgeblich auf den Erlass der bereits angesprochenen sogenannten Protective Orders gemäß Rule 26 (c) (1) FRCP einzugehen sein.11 Abschließend werden Einschränkungen in geografischer Hinsicht erörtert. Eine dahingehende Beschränkung findet sich im Wortlaut der Rule 26 (b) (1) FRCP selbst zwar nicht ausdrücklich wieder, wird jedoch in der Literatur diskutiert.12 Die hieraus resultierenden Probleme für die auskunftssuchende Partei und für die Sachverhaltsaufklärung allgemein sind daher ebenfalls zwangsläufiger Bestandteil einer Betrachtung des Umfangs der Pre-Trial Discovery.

I. Inhaltliche Reichweite der Ermittlungstechniken Rule 26 (b) (1) FRCP enthält das bereits erläuterte Relevanzkriterium der PreTrial Discovery und ist damit maßgebliche Quelle für die Interpretation der sogenannten Rule of Relevance, die den grundlegenden Umfang der Aufklärungsmöglichkeiten im US-amerikanischen Recht vorgibt.13 Die Rule of Relevance führt zu einer Verknüpfung des Auskunftsverlangens und des jeweils hinter dem Auskunftsinteresse stehenden Ermittlungszwecks. Das theoretische Ziel dieser Verknüpfung ist die Herstellung eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen der Durchführung des Auskunftsverlangens und der Bedeutung der erhofften Informationsgewinnung für das Gesamtverfahren.14 Damit erfüllt die

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»Soweit nicht anderweitig durch eine gerichtliche Anordnung beschränkt, gestaltet sich der Umfang der Sachverhaltserforschung wie folgt: […]«, vgl. eigene Übersetzung des Verfassers. 11 Inhaltliche Beschränkungen, die sich aus einer Anfechtung von Discovery-Maßnahmen ergeben können bzw. mit dieser einhergehen, werden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht näher untersucht. Grundsätzlich gilt, dass Discovery-Maßnahmen nur gemeinsam mit dem Endurteil (Final Judgement) überprüft werden können (vgl. 28 U.S.C. § 1291); in der Berufungsinstanz ist diese Überprüfung auf Ermessensfehler beschränkt, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 35 f. 12 Vgl. u.a. Harguth/Vance, Guide for International Counsel, S. 3; sowie ausführlich Henry, GRUR Int. 1983, 91 ff. 13 Vgl. erneut Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 117 ff.; ferner Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 44 f.; Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 120 f.; ausführlich hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 140 ff. 14 Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 120.

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Rule of Relevance einen vergleichbaren Zweck wie die Grundsätze der Geeignetheit und Erforderlichkeit als Ausformungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips im deutschen Verwaltungsverfahrensrecht.15 Im Vergleich zum Verhältnismäßigkeitsprinzip ist die der Rule of Relevance zugedachte Filterfunktion allerdings erheblich durchlässiger ausgestaltet, so dass der vorgegebene Maßstab als durchaus großzügig zu bezeichnen ist.16 Dies liegt unter anderem an der Verwendung bewusst vager und damit auslegungsfähiger Rechtsbegriffe im Rahmen der Formulierung der maßgeblichen Rule 26 (b) (1) FRCP. Entscheidend ist insoweit die Orientierung am Begriff der Relevanz (Relevance).17 Als relevant werden nach US-amerikanischen Verständnis sämtliche Informationen erachtet, die in irgendeinem vorstellbaren Zusammenhang mit dem Verfahren stehen, d.h. die von der auskunftssuchenden Partei angefragte Information muss vernünftigerweise als geeignet erscheinen, um zur Gewinnung von verwertbarem Beweismaterial zu führen.18 Ausreichend ist dabei bereits, wenn die jeweiligen Informationen nicht selbst dem beweisrechtlichen Relevanzgrundsatz unterfallen, sondern (einzig) zur Ermittlung weiterer verwertbarer Informationen (Discoverable Information) führen können.19 Hauptanliegen der Pre-Trial Discovery ist gemäß diesem Verständnis die Beweisausforschung20 und nicht lediglich die Absicherung des eigenen beweisrechtlichen Standpunkts.21 Die Parteien sollen in die Lage versetzt werden, sich eine umfassende Meinung hinsichtlich der Rechtsposition der jeweils gegnerischen Partei zu verschaffen,22 um auf diese Weise an dieje-

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Vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im deutschen Verwaltungsrecht statt vieler Aschke, BeckOK VwVfG, § 40, Rn. 55 f.; zum Vergleich mit der amerikanischen Rule of Relevance siehe Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 121 m.w.N. 16 So statt vieler Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 7: »The scope of Discovery is quite broad«. 17 Vgl. zu den verschiedenen Möglichkeiten der Übersetzung Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 44. 18 Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 111. 19 Vgl. den Wortlaut der Rule 26 (b) (1) FRCP: »Relevant information need not be admissible at the trial if the Discovery appears reasonably calculated to lead to the Discovery of admissible evidence«. 20 Siehe allerdings zur Abgrenzung zu sogenannten Beweisfischzügen Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 119 f. 21 Vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 405 f. 22 Seitens der Gerichte wurden verschiedene Kategorien entwickelt, deren jeweiliges Vorliegen zu einer umfassenden Ausforschung der gegnerischen Partei berechtigt. Dabei handelt es sich um die Beschaffung von Beweismitteln zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit anderer Beweismittel (Impeachment), zumeist Zeugen. Ferner soll eine Ausforschung zum Zwecke der bloßen Beweisermittlung, aber auch zur Eingrenzung des Streitstoffs hinsichtlich bereits bekannter Tatsachen vorgenommen werden (Issue-Formulation); vgl. insgesamt Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 120 ff.

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nigen Informationen zu gelangen, die der Prozessgegner unter Umständen selbst erst nach Durchführung eigener Erkundigungen erfahren hat.23 Eine Eingrenzung der durch diese Auslegung bedingten Reichweite der PreTrial Discovery konnte auch durch die Reform der FRCP im Jahr 2000 nicht erreicht werden.24 Während der Bezugspunkt des Relevanzkriteriums und damit die Anknüpfung für das Merkmal der Erheblichkeit zuvor als der Streitgegenstand des Verfahrens (»subject matter involved in the pending action«, Rule 26 (b) (1) FRCP a.F.25) definiert war, ist seit der Reform eine Erstreckung lediglich auf solche Umstände vorgesehen, die sich als wesentlich für die geltend gemachten Klageansprüche und Einwände des Beklagten erweisen (»Discovery regarding any […] matter that is relevant to any party’s claim or defense«, Rule 26 (b) (1) FRCP n.F.).26 Der Wortlaut der einschlägigen Norm ist damit durchaus enger gefasst worden. Eine weitreichende Änderung der bisherigen Praxis der Beweisermittlung war hiermit allerdings nicht verbunden und wird auch zukünftig nicht eintreten.27 Ausschlaggebend für die allenfalls begrenzte Auswirkung auf den Umfang der Rule of Relevance ist die bereits angesprochene Möglichkeit zur Erörterung auch solcher Umstände, die zur Entdeckung weiterer Discoverable Information führen können. Damit ist die Einschränkung auf Informationen mit Bezug zu den geltend gemachten Klageansprüchen und Einwänden des Beklagten letztlich ad absurdum geführt, da ohnehin jede auch nur vermeintlich relevante Information über den Umweg einer möglichen anderweitigen Erheblichkeit doch wieder erforscht werden kann.28 Somit bleibt es größtenteils bei dem eingangs erwähnten und auch bereits vor der Reform im Jahr 2000 anzuwendenden Maßstab hinsichtlich der Beurteilung des Umfangs der Pre-Trial Discovery, die damit nach wie vor einen umfassenden Zugriff auf das Beweismaterial (auch) der gegnerischen Partei gewährt.29

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Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 405 f. Siehe insoweit Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 111; ebenso Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 405 f. 25 Vgl. den Wortlaut der Rule 26 (b) (1) FRCP a.F.: »[...] Discovery of any matter relevant to the subject matter involved in the pending action.« 26 Vgl. zur alten Rechtslage ausführlich Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 117 ff.; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 44 f.; Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 120 f. 27 Vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 406. 28 So im Ergebnis auch Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 111. 29 Vgl. hierzu Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 45 m.w.N.; siehe zur Bedeutung des Prinzips der Waffengleichheit für die Beurteilung der Reichweite der Rule of Relevance bei Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 406. 24

§ 3 Reichweite der Pre-Trial Discovery-Maßnahmen

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1. Weigerungsrechte und privilegierte Informationen Entspricht die von Seiten der auskunftssuchenden Partei verlangte Information den geschilderten Relevanzanforderungen, kann das Auskunftsverlangen dennoch scheitern. Eine mögliche Konstellation, die zu einer Verwehrung des Auskunftsverlangens führt, ist die Geltendmachung eines zugunsten der betroffenen Partei bestehenden (Aussage-)Weigerungsrechts (Privilege).30 Das Vorliegen eines Aussageweigerungsrechts31 berechtigt dessen Inhaber, die geschützten Informationen zurückzuhalten. Ebenso können andere Personen, die über die entsprechenden Informationen verfügen, an einer Offenbarung gehindert werden.32 Erforderlich ist allein die Geltendmachung, Substantiierung und nötigenfalls der Nachweis der einzelnen Voraussetzungen des jeweiligen Weigerungsrechts.33 Darüber hinaus darf kein Verzicht (Waiver) im Hinblick auf das konkrete Weigerungsrecht erklärt worden sein.34 Eine gesetzliche Regelung der bundesrechtlichen Privileges findet sich weder in den FRCP noch in den Federal Rules of Evidence35 (FRE).36 Vielmehr speisen sich die Weigerungsrechte aus der Verfassung, aus im Einzelfall bestehenden Bundesgesetzen sowie aus den allgemein anerkannten Grundsätzen des Common Law.37 Basierend auf diesen einzelnen Rechtsquellen haben sich

30 Vgl. wiederum den Wortlaut der Rule 26 (b) (1) FRCP: »Parties may obtain Discovery regarding any non-privileged matter.« 31 Wie bereits für das Discovery-Verfahren allgemein ausgeführt, bestehen auch im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung der Privileges erhebliche Unterschiede zwischen den bundesstaatlichen Regelungen und den Regelungen der einzelnen Staaten, vgl. zu den Anwendungsvoraussetzungen der jeweils bestehenden Varianten Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 122 f.; ferner Oakley/Amar, American Civil Procedure, S. 228; siehe zur kollisionsrechtlichen Problematik der unterschiedlichen Formen an Weigerungsrechten Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 125 f.; vorliegend erfolgt allein eine Auseinandersetzung mit den auf Bundesebene bestehenden Regelungen. 32 Vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 45. 33 Siehe Oakley/Amar, American Civil Procedure, S. 228; Junker, Discovery im deutschamerikanischen Rechtsverkehr, S. 126. 34 Ein solcher Verzicht kann auch für die Hauptverhandlung fingiert werden, wenn sich die auskunftspflichtige Partei bereits in der Pre-Trial Phase nicht auf das entsprechende Privilege beruft, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 126 m.w.N. 35 Bei den Federal Rules of Evidence handelt es sich um Beweisbeschränkungen, die allein für die Hauptverhandlung gelten, nicht hingegen für die Phase der Pre-Trial Discovery, vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 162; siehe weiterführend zu den Funktionen der Federal Rules of Evidence bei Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 161. 36 Siehe Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 130; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 457 f.; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 45. 37 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 457.

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Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung

verschiedene, mittlerweile anerkannte Weigerungsrechte entwickelt.38 Eines der bekanntesten Privileges ist das sogenannte Attorney-Client Privilege, das einen besonderen Schutz der vertraulichen39 Anwalt-Mandanten-Kommunikation40 zum Gegenstand hat. Schutz erfährt allein der Mandant sowie diejenigen Tatsachen, die im Rahmen der Rechtsberatung41 geäußert wurden.42 In engem Zusammenhang mit dem Attorney-Client Privilege steht die (Attorney-)WorkProduct Protection, die dem Schutz der Prozessvorbereitung dient und über das Anwaltsgeheimnis hinaus die Geheimhaltung der prozessvorbereitenden Unterlagen43 gewährleistet.44 Hierneben sind eine Reihe weiterer Privileges relevant, wie etwa das Privilege against Self-Incrimination, das die Beweisperson vor unfreiwilliger, strafrechtlich relevanter Selbstbezichtigung bewahrt,45 das Doctor-Patient Privilege hinsichtlich des vertraulichen Austauschs zwischen Arzt und Patient46 sowie das dem Schutz des ehelichen Vertrauensver-

38 Eine ausführliche Darstellung der maßgeblichen Privileges findet sich bei Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 143 ff. 39 Die Vertraulichkeit der Kommunikation ist dabei wesentliches Merkmal; wurde die Vertraulichkeit durch Offenbarung gegenüber Dritten versehentlich beeinträchtigt, kann hierin ein Verzicht auf das Attorney-Client Privilege gesehen werden, der zu einer Offenlegung der gesamten Anwalt-Mandanten Kommunikation verpflichten kann, vgl. Kurtz, DAJVNewsletter 2012, 8. 40 Umfasst sind sämtliche juristisch tätigen Personen, gleichgültig ob der rechtliche Rat von einem Unternehmensjuristen oder einem Anwalt erteilt wird, vgl. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 124; Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 129. 41 Nicht geschützt sind hingegen diejenigen Tatsachen, die der Beziehung des Anwalts und des Mandanten (nur) zugrunde liegen; wie z.B. der Vertrag, die Vergütungshöhe etc.; vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 128 f. 42 Vgl. u.a. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 128; Oakley/Amar, American Civil Procedure, S. 229; Clow/Kretschmar, in: Produkthaftungshandbuch, 2. Auflage, § 120, Rn. 34. 43 Zu unterscheiden ist zwischen solchen Unterlagen, die partei-intern oder im Interesse der vertretenen Partei erstellt wurden (Ordinary Work Product) und solchen Dokumenten, die mit Rücksicht auf das Verfahren extern angefertigt wurden, wie z.B. Rechtsgutachten (Opinion Work Product). Die intern angefertigten Dokumente sind allein bei Vorliegen eines erheblichen Bedarfs (Substantial Need), die externen Unterlagen hingegen so gut wie nie offenzulegen, vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 461. 44 Vgl. dazu Harguth/Vance, Guide for International Counsel, S. 5; umfassend auch Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 123 ff. 45 Siehe Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 135; vgl. zu den taktischen Erwägungen hinsichtlich der Geltendmachung des Privilege against Self-Incrimination ebenfalls Mössle, a.a.O., S. 139; zum Privilege against Self-Incrimination allgemein Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 459; siehe außerdem Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 8. 46 Das Doctor-Patient Privilege gilt gleichermaßen auch für Psychotherapeuten (Psychotherapist-Patient Privilege), vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 459.

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hältnisses dienende Spousal Privilege47 und schließlich das Trade-Secret Privilege, das vor erzwungener Offenbarung geschäfts- oder wettbewerbsschädigender Tatsachen schützt.48 Bei einem Großteil der vorstehenden Privileges49 handelt es sich um sogenannte relativ wirkende Weigerungsrechte.50 Im Hinblick auf die Gewährung des Weigerungsrechts kommt es zu einer Abwägung zwischen den für die individuelle Privatsphäre des Betroffenen sowie denjenigen für das sonstige durch das Privilege geschützte Rechtsgut (z.B. Betriebsgeheimnisse) streitenden Interessen und dem Interesse an einer vollständigen Sachverhaltsaufklärung.51 Absolute Weigerungsrechte52 werden von der Rechtsprechung lediglich dort anerkannt, wo die Kommunikation auf vertraulichen Beziehungen basiert und daher ein ungehinderter Informationsaustausch uneingeschränkt möglich sein muss.53 Namentlich handelt es sich dabei um das bereits erläuterte Attorney-Client Privilege,54 das Doctor-Patient Privilege,55 das Spousal Privilege sowie das Privilege against Self-Incrimination.56

47 Kurtz, DAJV-Newsletter 2012, 8; teilweise findet sich auch die Bezeichnung als Husband-Wife Privilege, vgl. Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 129; Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 111. 48 Hierzu ausführlich Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 128 ff. 49 Abgesehen von den genannten Weigerungsrechten existieren z.B. auch Weigerungsrechte für die Presse, Diplomaten, das Militär sowie allgemein für den Bereich höchstpersönlicher (Lebens-)Daten, vgl. die umfassende Auflistung bei Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 453 ff.; siehe zum Press-Privilege im Rahmen von strafrechtlichen Verfahren Hollander/Boyd, CHAMP 2013, 40. 50 Explizit nicht als absolutes Weigerungsrecht ausgestaltet ist der Schutz von Geschäftsund Unternehmensgeheimnissen (Trade-Secret Privilege), vgl. Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 128 ff. 51 Vgl. zu den Details des Abwägungsvorgangs Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 129; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 45 f. 52 Teilweise wird vertreten, dass die Pre-Trial Discovery absolute Weigerungsrechte überhaupt nicht kenne; vielmehr bestünden ausschließlich relative Privileges, wobei einige dieser Weigerungsrechte jedoch als »regelmäßig ›discovery-feste‹ Weigerungsrechte« anzusehen seien, vgl. Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 111. 53 Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 129. 54 Gewisse Einschränkungen sind allerdings auch hier möglich, vgl. statt vieler erneut Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 135. 55 Gleichermaßen umfasst ist wiederum das Psychotherapist-Patient Privilege, vgl. Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 111. 56 Ebenfalls als absolutes Weigerungsrecht ausgestaltet ist das – für die vorliegende Untersuchung weniger relevante – Weigerungsrecht hinsichtlich von Staatsgeheimnissen, vgl. Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 130 m.w.N.; siehe auch Hollander/Boyd, CHAMP 2013, 40.

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Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung

Im Bereich der relativen Weigerungsrechte besteht dementsprechend – nach Durchführung des Abwägungsvorgangs – die Möglichkeit, dass trotz grundsätzlichen Vorliegens eines Weigerungsrechts gewisse Informationen zu offenbaren sind. Für derartige Informationen kann sich der Antrag auf Erlass einer gerichtlichen Schutzanordnung (Protective Order) anbieten, um doch einen umfassenden Schutz der maßgeblichen Tatsachen zu gewährleisten.57 Denkbarer Ausgangspunkt der Bewilligung einer solchen gerichtlichen Anordnung kann demnach unter anderem das Bestehen eines zugunsten des Betroffenen wirkenden nicht absoluten Weigerungsrechts sein.58 2. Gerichtlich angeordnete Beschränkungen der Pre-Trial Discovery Ein weiteres Mittel gerichtlicher Kontrolle, das ebenfalls der Begrenzung des Umfangs der Pre-Trial Discovery dient, stellt der Erlass einer Schutzanordnung (Protective Order59) gemäß Rule 26 (c) FRCP dar:60 »A party or any person from whom Discovery is sought may move for a protective order in the court where the action is pending [...]. The motion must include a certification that the movant has in good faith conferred or attempted to confer with other affected parties in an effort to resolve the dispute without court action. The court may, for good cause, issue an order to protect a party or person from annoyance, embarrassment, oppression, or undue burden or expense, [...].«61

57 Vgl. hierzu im Hinblick auf den Schutz von Betriebsgeheimnissen Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 456; einschränkend insoweit Schack, Einführung in das USamerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 125. 58 Siehe Lorenz, ZZP 1998, S. 48; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 125; Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 111. 59 Zu unterscheiden ist der Erlass einer Protective Order, die hinsichtlich der allgemeinen Discovery ergeht und solcher Schutzanordnungen, die sich auf eine Elctronic Disocvery beziehen; vgl. zu den insoweit bestehenden Besonderheiten Thole/Gnauck, RIW 2012, 420 ff. 60 Vgl. zum Zusammenhang zwischen dem Erlass einer Schutzanordnung und dem Antrag auf Anordnung einer Discovery-Maßnahme nach Rule 37 (a) FRCP (Motion to Compel) Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 128: Die Anrufung ist aus Praktikersicht letztlich nur zielführend, wenn ein Einspruch (Objection) nicht bereits ausreicht, um eine Maßnahme abzuwehren (so z.B. bei Vornahme einer Deposition); genügt jedoch bereits eine Objection, sollte zunächst der Antrag des Gegners auf Durchführung der Discovery gemäß Rule 37 (a) FRCP abgewartet werden. In diesem Fall ist der Gegner als Initiator des Verfahrens beweisbelastet und muss die Voraussetzungen der Motion to Compel darlegen. 61 Gekürzter Gesetzeswortlaut der Rule 26 (c) FRCP; Hervorhebungen durch den Verfasser.

§ 3 Reichweite der Pre-Trial Discovery-Maßnahmen

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Voraussetzung ist zunächst ein entsprechender Antrag (Motion for a Protective Order) einer Partei oder eines beeinträchtigten Dritten.62 Eine Anordnung kommt gemäß des Wortlauts der Rule 26 (c) FRCP ferner nur in Betracht, wenn dem Betroffenen erhebliche Nachteile63 drohen oder ein Missbrauch des DiscoveryVerfahrens durch die auskunftssuchende Partei zu erwarten ist (»to protect a party or person from annoyance, embarrassment, oppression, or undue burden or expense«). Des Weiteren sind durch den Antragsteller weitere Gründe darzulegen, die – in Anbetracht der drohenden Nachteile – eine richterliche Begrenzung des Umfangs rechtfertigen.64 Schließlich müssen die Parteien im Vorfeld erfolglos versucht haben, eine Einigung auch ohne Einschaltung des Gerichts zu erreichen (»the movant has in good faith conferred or attempted to confer with other affected parties in an effort to resolve the dispute«).65 Die sich hieran anschließende Entscheidung, inwieweit und ob der vorliegende Sachverhalt den geschilderten Anforderungen entspricht, steht im richterlichen Ermessen und ist folglich als reine Billigkeitsentscheidung ausgestaltet.66 Gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass seitens des Antragstellers sämtliche Voraussetzungen dargetan wurden, kommt es zum Erlass der Schutzanordnung.67 In inhaltlicher Hinsicht stehen dem Gericht dabei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die sich in ihrer jeweiligen Intensität und Ausprägung stark unterscheiden.68 Die einzelnen Anordnungsvarianten der Rule 26 (c) FRCP69 reichen vom völligen Ausschluss der Discovery-Maßnahme (»forbidding the disclosure or Discovery«, Rule 26 (c) (1) (A) FRCP) über die Anordnung einer gegenüber

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Die Darlegungslast für die vorzutragenden Umstände liegt beim jeweiligen Antragsteller, vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 467; vgl. zu den einzelnen Voraussetzungen auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 150 ff. 63 Die in Rule 26 (c) FRCP genannten Fallgruppen schützen den Betroffenen vor Belästigungen, Schikane, Druck sowie vor übermäßigen Belastungen und Kosten, vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 65. 64 Siehe zu den Anordnungsvoraussetzungen Henry, GRUR Int. 1983, 90 f.; ferner Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 64 ff.; Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 145 ff. 65 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 467 m.w.N. 66 Vgl. zum Ermessensspielraum des Richters Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 111; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 467; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 123. 67 Angesichts der Zielsetzung einer möglichst umfassenden Sachverhaltsaufklärung und einer dementsprechend weitreichenden Verpflichtung zur Ermittlung der Wahrheit sind die US-Gerichte beim Erlass einer Protective Order eher zurückhaltend, vgl. Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 111. 68 Vgl. Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 151 f. 69 Hierzu umfassend Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 138 f.; siehe schließlich Pfeiffer, GRUR Int. 1999, 600 f.

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Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung

der ursprünglich beantragten Maßnahme abweichenden oder diese einschränkenden70 Erforschungstechnik (»prescribing a Discovery method other than the one selected by the party seeking Discovery«, Rule 26 (c) (1) (C) FRCP) bis hin zur bloßen Konkretisierung der Durchführung der seitens des Antragstellers beantragten Maßnahme71 (»designating the persons who may be present while the Discovery is conducted«, Rule 26 (c) (1) (E) FRCP). Ausweislich des Katalogs der vorgesehenen Anordnungsvarianten erfahren die Betriebsund Geschäftsgeheimnisse der Parteien einen besonderen Schutz; jedenfalls handelt es sich bei den vertraulichen Informationen im Sinne der Rule 26 (c) FRCP um die einzige Art von Information die explizit Erwähnung findet.72 Die Parteien können z.B. durch Beantragung einer entsprechenden Schutzanordnung erreichen, dass die Öffentlichkeit oder bestimmte Einzelpersonen, wie z.B. Konkurrenten, von der grundsätzlich öffentlich zugänglichen Pre-Trial Discovery ausgeschlossen werden.73 Ebenso kann die Pflicht zur Preisgabe bestimmter Informationen gänzlich aufgehoben oder zumindest eine Offenbarung unter bestimmten Auflagen erreicht werden (Rule 26 (c) (1) (G) FRCP).74 Häufig entscheiden sich die Gerichte jedoch für weniger weitreichende Schutzmaßnahmen und begrenzen lediglich die Zahl der zugangsberechtigten Personen oder beschränken etwa den Verwendungszweck der Beweismittel.75 Für den Antragsteller einer Schutzanordnung ist schließlich zu beachten, dass eine einmal erteilte Protective Order nach Wegfall der die Anordnung

70 Angesprochen ist damit Rule 26 (c) (1) (D) FRCP: »forbidding inquiry into certain matters, or limiting the scope of disclosure or discovery to certain matters.« 71 In diese Kategorie (Konkretisierung der angeordneten Maßnahme) fallen ferner die in Rule 26 (c) (1) (B) FRCP (»specifying terms, including time and place, for the disclosure or discovery«), Rule 26 (c) (1) (F) FRCP (»requiring that a deposition be sealed and opened only on court order«), Rule 26 (c) (1) (G) FRCP (»requiring that a trade secret or other confidential research, development, or commercial information not be revealed or be revealed only in a specified way«) und in Rule 26 (c) (1) (H) FRCP (»requiring that the parties simultaneously file specified documents or information in sealed envelopes, to be opened as the court directs«) enthaltenen Anordnungsvarianten. 72 Ausdrücklich erwähnt werden die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in Rule 26 (c) (1) (G) FRCP); ebenfalls von Bedeutung sind Rule 26 (c) (1) (E) und (F) FRCP); vgl. zur Bedeutung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse für den Komplex der Schutzanordnung Henry, GRUR Int. 1983, 90; siehe hierzu auch Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 456 m.w.N. 73 Vgl. Rule 26 (c) (1) (E) und (F) FRCP; siehe zum Aspekt der Öffentlichkeit des Verfahrens ferner Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 139 f. 74 Siehe zur Bedeutung einer maßvollen Preisgabe vertraulicher Informationen insbesondere im Bereich der gewerblichen Schutzrechte Henry, GRUR Int. 1983, 90; siehe ferner zur praxisgerechten Pre-Trial Discovery Vorbereitung im Vorfeld eines Patentverfahrens Griem, A practical guide to patent trial Discovery, S. 2, unter http://euro.ecom.cmu.edu/pro gram/law/08732/Courts/DiscoveryGuide.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 75 Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 146 f.

§ 3 Reichweite der Pre-Trial Discovery-Maßnahmen

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rechtfertigenden Voraussetzungen und nach erneuter Ermessensausübung jederzeit aufgehoben werden kann.76 Der Betroffene hat dem Auskunftsersuchen in diesem Fall nachträglich zu entsprechen und zwar unabhängig davon, ob der Antragsgegner seinerseits einen Antrag auf Durchsetzung (Motion to Compel) des Discovery-Ersuchens gestellt hat.77

II. Geografische Reichweite der Ermittlungstechniken Neben den erörterten inhaltlichen Beschränkungen der Sachverhaltsermittlung können sich für die Parteien auch geografische Hemmnisse ergeben, die einer Aufklärung des zugrunde liegenden Sachverhalts im Einzelfall entgegenstehen. Innerhalb der FRCP findet sich keine gesonderte Regelung, die die Heranziehung ausländischer Beweismittel im Rahmen der Pre-Trial Discovery explizit thematisiert. Rule 28 (b) FRCP enthält allerdings konkrete Hinweise zur Durchführung einer Vernehmung (Deposition) im Ausland.78 Die Belegenheit eines Beweismittels im Ausland ist der Systematik der FRCP offensichtlich nicht fremd. Vornehmlich hängt der Umfang einer Pre-Trial Discovery bei Auslandssachverhalten davon ab, ob die jeweils relevanten Beweismittel zum Zwecke der Einvernahme, der Begutachtung oder Durchsicht überhaupt zu erreichen sind.79 Die Frage der Erreichbarkeit des Beweismittels lässt sich ihrerseits darauf reduzieren, welche konkrete Tätigkeit zur Beschaffung des Beweismittels auf fremden Territorium notwendig ist und inwieweit sich aus der Vornahme der Beweisbeschaffung wiederum eine Verletzung der Souveränität des jeweiligen Staates der Belegenheit der Beweismittel ergibt.80 Jedenfalls bei Notwendigkeit der Ausübung unmittelbarer Hoheitsgewalt auf fremden Boden steht

76

Vgl. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 146 f. m.w.N. In der Regel kommt es ohnehin zur Kreuzung der Anträge betreffend der Schutzanordnung sowie hinsichtlich der Durchsetzung des Discovery-Ersuchens, so dass ein entsprechendes Erfordernis in einer Vielzahl der Fälle ohnehin erfüllt wäre; siehe Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 469 m.w.N. 78 Als grundlegende Voraussetzung der Vornahme einer Deposition im Ausland wird darin alternativ das Erfordernis eines zwischen den jeweiligen Staaten geschlossenen, anwendbaren Vertrages bzw. eines entsprechendes Übereinkommen genannt (vgl. Rule 28 (b) (1) (A) FRCP). Wahlweise kann auf ein Rechtshilfeersuchen zurückgegriffen werden (vgl. Rule 28 (b) (1) (B) FRCP) oder die Durchführung der Vernehmung schließlich durch eine entsprechend autorisierte Person des Forumstaates (vgl. Rule 28 (b) (1) (C) FRCP) bzw. durch eine im Forumstaat ermächtigte Person des US-amerikanischen Ausgangsgerichts durchgeführt werden (vgl. Rule 28 (b) (1) (D) FRCP), vgl. hierzu ausführlich Reimann, IPRax 1994, 154; ferner Trittmann/Leitzen, IPRax 2003, 10. 79 Henry, GRUR Int. 1983, 91. 80 Vgl. Eschenfelder, IPRax 2006, 95 f. 77

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Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung

das Völkerrecht einer Durchführung der Ermittlungsmaßnahmen entgegen.81 Die bloße Aufforderung an eine Partei, bestimmte auslandsbelegene, sachliche Beweismittel zwecks Vorbereitung der Beweisaufnahme zu beschaffen – unter Umständen verknüpft mit der Androhung negativer Konsequenzen für die Entscheidungsfindung bei Nichtbefolgung – ist hingegen unbedenklich und insoweit von völkerrechtlichen Grundsätzen gedeckt.82 Folglich können auslandsbelegene Urkunden der Verpflichtung zur Dokumentenvorlage grundsätzlich unterfallen, wenn der betreffende Antragsgegner auf die entsprechenden Unterlagen zugreifen kann. Weitergehende Einschränkungen bestehen allerdings bezüglich des Zugriffs auf personale Beweismittel, wie etwa hinsichtlich derjenigen Zeugen, die sich außerhalb des US-amerikanischen Hoheitsgebiets aufhalten. Je nach Staatsangehörigkeit können die Einflussmöglichkeiten des US-amerikanischen Gerichts begrenzt sein. Handelt es sich beispielsweise um einen Zeugen mit fremder Staatsangehörigkeit (ergo keinen US-Staatsbürger) ist eine Einvernahme nur unter Beteiligung der Rechtshilfeinstanzen des Aufenthaltsstaates zulässig.83 Eigene Staatsangehörige, die als Beweisperson in Betracht kommen, können hingegen zur Einvernahme geladen werden.84 Im Hinblick auf auslandsbelegene Beweismittel ergeben sich für die Parteien damit gewisse geografische Beschränkungen. Diese können – jedenfalls soweit sachliche Beweismittel betroffen sind – immer dann umgangen werden, wenn die betreffende Partei einer Vorlage der Beweismittel zustimmt und diese freiwillig herbeischafft. Handelt es sich hingegen um personale Beweismittel ist eine Umgehung – je nach Staatsangehörigkeit der betreffenden Person – nur bedingt möglich. Die Partei, der die Beschaffung des im Ausland belegenen Beweismittels obliegt, ist damit einem Konflikt ausgesetzt. Für sie wird es nur selten möglich sein, bereits im Vorhinein zu beurteilen, welche Konsequenzen die Würdigung des jeweiligen Beweismittels nach sich zieht. Damit misslingt in der Regel eine Abwägung der Risiken einer freiwilligen Bereitstellung des 81 Siehe statt vieler Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 55 ff.; ebenso Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 71 f. 82 Vgl. Eschenfelder, IPRax 2006, 95 f.: »[…] die Duldung von Prozessnachteilen im Zusammenhang mit der Nichtbeachtung von gerichtlichen Anordnungen [resultiert] bereits aus der Stellung als Prozesspartei […], diese Gefahr [der Duldung von Prozessnachteilen; Anm. d. Verf.] [bewegt] sich im Rahmen des gewöhnlichen Prozessrisikos.«; im Übrigen tritt die unmittelbare Wirkung der Prozessvorbereitungshandlung erst im Forumstaat ein, vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 72. 83 Vgl. Reufels, RIW 1999, 670 f.; ebenso Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 72. 84 Eschenfelder, IPRax 2006, 96; vgl. ergänzend zu den Voraussetzungen der Zustellung einer Ladung im Ausland Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 73 m.w.N.; siehe auch Henry, GRUR Int. 1983, 91 f.; ferner Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 328 ff.

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fraglichen Beweismittels. Andererseits ist die Partei auch nicht in der Lage, zu beurteilen, welche Folgen sich für die Entscheidungsfindung des Gerichts bei Weigerung der freiwilligen Vorlage z.B. eines bestimmten Dokuments ergeben.85 Eine allgemeingültige Handlungsempfehlung kann insoweit kaum erteilt werden; das konkrete Vorgehen der betroffenen Partei wird daher von den Umständen des Einzelfalls abhängen.

III. Ergebnis und Fortgang der Untersuchung Ausgehend von den Feststellungen hinsichtlich der inhaltlichen und geografischen Reichweite der im Rahmen der Pre-Trial Discovery zur Verfügung stehenden Maßnahmen, erfolgt nachstehend eine Zusammenfassung des Systems der amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung, die als Anknüpfungspunkt der weiterführenden Darstellung des Beweishilfeverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) dienen wird. 1. Reichweite von Pre-Trial Discovery-Maßnahmen In inhaltlicher Hinsicht können sich Beschränkungen des Umfangs der PreTrial Discovery aus den zugunsten der Parteien bestehenden Weigerungsrechten oder durch Antrag auf Erlass einer Schutzanordnung ergeben. Das insoweit vorhandene System zur Verhinderung eines Missbrauchs der weitreichenden Discovery-Befugnisse bietet durch die dem Gericht eingeräumten Abwägungsbefugnisse und Ermessensspielräume einen ausgewogenen, im Hinblick auf den Einzelfall allerdings variablen Schutzumfang hinsichtlich etwaiger schützenswerter Informationen. Ergänzt werden die inhaltlichen Einschränkungen durch ausgeprägte geografische Beschränkungen, die allerdings weniger dem System der Pre-Trial Discovery selbst geschuldet sind, als vielmehr völkerrechtlichen Grundsätzen. Diese verhindern beispielsweise eine Beweisermittlung sachlicher Beweismittel und eine Zeugenbefragung auf ausländischem Staatsgebiet angesichts der damit einhergehenden Souveränitätsverletzungen des jeweils betroffenen Staates. Inwieweit sich eine freiwillige Vorlage von im Ausland belegenen Beweismitteln in diesem Zusammenhang als Alternative anbietet, ist in Anbetracht der Ungewissheit des Ausgangs der Beweisaufnahme sowie der bei Nichtvorlage zu befürchtenden negativen Auswirkungen auf die Gerichtsentscheidung kaum im Vorfeld einzuschätzen. Eine Entscheidung sollte daher anhand der konkreten Umstände des zugrunde liegenden Sachverhalts getroffen werden.

85

Zur Beschreibung des Konflikts der auskunftsverpflichteten Partei ausführlich Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 74.

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Teil 2: Das System der US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung

2. Erkenntnisse zur Pre-Trial Discovery sowie Ausblick auf den Fortgang der Untersuchung Die zahlreichen durch den Gesetzgeber veranlassten Reformen des Systems der Pre-Trial Discovery haben an deren Bedeutung kaum etwas geändert. Auch weiterhin wird die vorprozessuale Beweisermittlung in den Vereinigten Staaten von den Maßgaben der Rule 26 bis Rule 37 FRCP dominiert. Die Pre-Trial Discovery ist damit nach wie vor das entscheidende Instrument zur Beweisbeschaffung im US-amerikanischen Zivilprozess.86 Zwar kam es durch die Reform im Jahr 1993 zu einer gewissen Stärkung der Position des Richters sowie zu einer Ausweitung dessen verfahrensleitender Befugnisse im Rahmen der vorprozessualen Beweisermittlung, allerdings ist das amerikanische Verständnis des Adversary System immer noch weit vom Idealbild eines harmonischen Zusammenwirkens der Parteianwälte mit dem Gericht entfernt.87 Die im Zuge der Reformen unter anderem eingeführten Elemente der Required Disclosures und des Meet-and-Confer, die der Bekämpfung der Missbrauchsmöglichkeiten des Systems der Pre-Trial Discovery gewidmet waren, sollten dennoch nicht per se als untauglich oder unzureichend verworfen werden.88 Der teilweise entstandene Eindruck,89 das amerikanische Zivilprozessrecht habe sich durch Aufnahme einer Verpflichtung zur vorprozessualen freiwilligen Offenbarung bestimmter Tatsachen noch weiter vom europäischen Verständnis der zivilprozessualen Aufklärung entfernt, ist nicht zutreffend.90 Durch die frühzeitige Einbindung der Parteien in den Prozess der Sachverhaltserforschung und die damit verbundene Einführung einer zivilprozessualen Aufklärungspflicht kam es vielmehr zu einer gewissen Zurückdrängung der ursprünglichen Maßgaben der Pre-Trial Discovery.91 In Kombination mit den erhöhten Anforderungen im Hinblick auf die Substantiierung der verlangten Informationen sprechen einige Stimmen in der Literatur gar von einem vorsichtigen Trend hin zu einer ansatzweisen Orientierung an europäischen zivilprozessualen (Beweis-)Grundsätzen.92 Diese vorsichtigen Ansätze und die in gewissen Grenzen vorgenommene Eindämmung des sogenannten Nuisance Value dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass das System der 86 Siehe hierzu Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 113; ferner Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 81 ff. 87 Lorenz, ZZP 1998, S. 54. 88 Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 113. 89 Vgl. dazu Reimann, IPRax 1994, 152. 90 Lorenz, ZZP 1998, S. 54 f. 91 Vgl. z.B. zu der veränderten Bedeutung der Pleadings und der durch die Parteien damit erheblich früher vollzogenen Offenbarung wesentlicher Tatsachen, Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 113; siehe hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 116 ff. 92 Lorenz, ZZP 1998, S. 54 f.

§ 3 Reichweite der Pre-Trial Discovery-Maßnahmen

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US-amerikanischen vorprozessualen Beweisermittlung auch weiterhin äußerst weitreichende und inhaltlich umfassende Möglichkeiten zur Sachverhaltserforschung bereithält. Es wird folglich zu weiteren Exzessen bei der Anwendung der Discovery-Bestimmungen und damit zu gewissen Missbräuchen der durch die FRCP gebotenen Aufklärungstechniken kommen.93 Verantwortlich sind dafür aber nicht allein die gesetzgeberischen Vorgaben in Form der FRCP. Mitursächlich ist jedenfalls auch der in den USA vorherrschende anwaltliche Berufsethos und das Verständnis des Anwalts als in ökonomischen Kategorien denkender Sporting Lawyer, dessen Rolle maßgeblich durch die Förderung der Interessen des Mandanten und nicht (ausreichend) durch Elemente der eigentlich selbstverständlichen Wahrheitsfindung geprägt ist.94 Basierend auf den vorstehenden Erläuterungen des in den USA praktizierten Beweisverfahrens der Pre-Trial Discovery gilt es nun, diese Erkenntnisse auf das mutmaßlich auch im Rahmen deutscher Gerichtsverfahren anwendbare Beweisbeschaffungsverfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zu übertragen. Hierzu soll das Verfahren zunächst in seinen Grundzügen vorgestellt werden.

93 So die Prognose von Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 113; hierzu ferner Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 81 ff., der u.a. bemängelt, dass erheblich mehr Informationen ausgeforscht werden, als später in der mündlichen Verhandlung erforderlich und zulässig sind. 94 Vgl. Lorenz, ZZP 1998, S. 54 ff. m.w.N.: »[…] wobei Verschleppungs- und Verwirrungstaktiken nicht nur als ihr [der Anwälte; Anm. d. Verf.] Recht, sondern gar als ihre Pflicht bezeichnet werden.«

Teil 3

Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zur Unterstützung ausländischer Verfahren § 1 Grundlagen der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Bei der Regelung des 28 U.S.C. § 1782 (a) (»Assistance to foreign and international tribunals and to litigants before such tribunals«) handelt es sich um eine besondere Variante der US-amerikanischen Beweishilfe1 für ausländische und internationale Gerichte sowie für die Parteien eines Verfahrens vor einem solchen Gericht.2 Der Beweishilfemechanismus des 28 U.S.C. § 1782 (a) dient der Schaffung eines Zugangs zu den Instrumenten des US-amerikanischen Discovery-Verfahrens und eröffnet den Parteien eines Verfahrens vor einem ausländischen oder internationalen Gericht die Möglichkeit, eine Pre-Trial Discovery in den Vereinigten Staaten durchzuführen, um an Beweismittel für den Prozess vor einem ausländischen oder internationalen Gericht zu gelangen.3 Auf Antrag des ausländischen bzw. internationalen Spruchkörpers oder einer der beteiligten Parteien und nach Prüfung der – noch zu erläuternden – weiteren Voraussetzungen kann das zuständige US-amerikanische Gericht den jeweiligen Antragsgegner im Rahmen eines ex parte Verfahrens4 verpflichten, be-

1

Grundsätzlich handelt es sich bei dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) um ein Verfahren der Rechtshilfe (vgl. § 2 ZRHO); zur besseren Abgrenzung von der internationalen Rechtshilfe gemäß des HBÜ wird für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Weiteren der Begriff der Beweishilfe verwandt, vgl. zur Verwendung der Begrifflichkeit der Beweishilfe auch Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 363, Rn. 20. 2 Vgl. zum besonderen Charakter der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 928 f.; ebenso Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 245 f. 3 Siehe zu den Zielsetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 Schaner/Scarbrough, AnwBl. 2012, 320; vgl. auch Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 179; ferner Miller/Rosenberg/Stoll, The Federal Lawyer 2012, 45; sowie schließlich Erickson/Rhodes/et al., 63 The Record (2008), 760 f. 4 Zumeist werden die Beweisersuchen gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) i.R.e. ex parte Verfahrens verhandelt, vgl. hierzu mit umfassenden Nachweisen aus der Rspr. Schaner/Scar-

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

stimmte Beweismittel zur Verfügung zu stellen, die in das Verfahren vor dem ausländischen oder internationalen Gericht eingeführt werden sollen. Der insoweit maßgebliche Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a) liest sich in seiner englischen Originalfassung wie folgt: (a) »The district court of the district in which a person resides or is found may order him to give his testimony or statement or to produce a document or other thing for use in a proceeding in a foreign or international tribunal, including criminal investigations conducted before formal accusation. The order may be made pursuant to a letter rogatory issued, or request made, by a foreign or international tribunal or upon the application of any interested person and may direct that the testimony or statement be given, or the document or other thing be produced, before a person appointed by the court. By virtue of his appointment, the person appointed has power to administer any necessary oath and take the testimony or statement. The order may prescribe the practice and procedure, which may be in whole or part the practice and procedure of the foreign country or the international tribunal, for taking the testimony or statement or producing the document or other thing. To the extent that the order does not prescribe otherwise, the testimony or statement shall be taken, and the document or other thing produced, in accordance with the Federal Rules of Civil Procedure. A person may not be compelled to give his testimony or statement or to produce a document or other thing in violation of any legally applicable privilege.«

Die deutsche Übersetzung lautet:5 (a) »Das Bezirks-(Distrikt-)Gericht, in welchem eine Person wohnt oder angetroffen wird, kann diese Person anweisen, zur Verwendung in einem Verfahren vor einem ausländischen oder internationalen Spruchkörper, einschließlich eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens vor der Anklageerhebung, eine Aussage zu machen oder eine Erklärung abzugeben oder eine Urkunde oder eine andere Sache vorzulegen. Eine solche Verfügung kann aufgrund eines Rechtshilfeersuchens oder eines Antrags eines ausländischen oder internationalen Spruchkörpers oder auf Antrag jeder interessierten Person ergehen und kann bestimmen, dass die Aussage oder Erklärung oder die Vorlage einer Urkunde oder einer anderen Sache gegenüber einer vom Gericht bestellten Person zu erfolgen hat. Kraft dieser Bestellung ist die ernannte Person dazu befugt, jeden erforderlichen Eid abzunehmen sowie die Aussage oder Erklärung aufzunehmen. Die Verfügung kann das für die Aussage oder Erklärung oder die Vorlage der Urkunde oder anderen Sache anzuwendende Verfahren bestimmen, wobei sich dieses ganz oder teilweise nach dem Recht des ausländischen Staates oder des internationalen Spruchkörpers richten kann. Soweit in der Verfügung nichts anderes bestimmt ist,

brough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 326; dazu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 226 ff.; ferner Bradford/Sona/Kirchhofer, MittdtPatA 2015, 215, die darauf hinweisen, dass der ex parte Erlass der Anordnung lediglich den ersten Abschnitt des Verfahrens darstellt, auf den ein zweiter Abschnitt folgt, im Rahmen dessen der konkrete Umfang der Offenlegung sowie deren zeitlicher Ablauf bestimmt wird. 5 Bei obiger Übersetzung handelt es sich um eine Zusammenführung verschiedener bereits vorliegender Übersetzungen des 28 U.S.C. § 1782 durch den Verfasser, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 15 f.; Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 976; Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 196; Gibbsons/Myers/Dolzer, RIW 2004, 902; McDonald/Wetzler, RIW 2000, 213; Martinez-Fraga, SchiedsVZ 2010, 85; sowie schließlich Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 211 f.

§ 1 Grundlagen der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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erfolgen die Aussage oder Erklärung und die Vorlage der Urkunde oder der anderen Sache nach den Vorschriften der Federal Rules of Civil Procedure. Niemand darf gezwungen werden, Zeugnis oder eine Erklärung abzugeben oder Urkunden oder andere Gegenstände vorzulegen, soweit dies gegen irgendein rechtlich anwendbares Weigerungsrecht verstoßen würde.«

Entsprechend des Wortlauts der Vorschrift wird vorausgesetzt, dass die natürliche oder juristische Person, gegenüber der das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) beantragt wird, im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Gerichtsbezirks lebt, dort angetroffen wird oder – im Falle einer juristischen Person – dort ihren Sitz hat (»resides or is found«). Erforderlich ist ferner, dass die Ergebnisse der Beweishilfe im Rahmen eines Verfahrens vor einem ausländischen Gericht verwandt werden (»for use in a proceeding before a foreign tribunal«) und ein Rechtshilfeersuchen oder ein entsprechender Antrag durch eine der berechtigten Personen gegenüber dem zuständigen Gericht des jeweiligen Gerichtsbezirks abgegeben wurde (»pursuant to a letter rogatory issued, or request made, by a foreign or international tribunal or upon the application of any interested person«). Bei Vorliegen der genannten tatbestandlichen Voraussetzungen obliegt es dem zuständigen Gericht, die Beweishilfe im Rahmen einer Ermessensentscheidung (»may order«) zu gewähren. Zur weiteren Verdeutlichung und Konkretisierung der einzelnen Voraussetzungen soll der nachstehende Beispielsfall dienen, anhand dessen einige der im Folgenden maßgeblichen Begrifflichkeiten vorab definiert werden: In Deutschland ist eine Patentverletzungstreitigkeit (Ausgangsverfahren) vor dem Landgericht Düsseldorf (Ausgangsforum) anhängig. Die Klägerin dieses Verfahrens ist ein deutsches Unternehmen. Beklagt ist ein US-amerikanisches Unternehmen mit Sitz in New York und einer Tochtergesellschaft in Deutschland. Die Klägerin verfügt zwar über zahlreiche Beweismittel, kann den Patentverletzungsvorwurf allerdings nicht ohne die Vorlage eines bestimmten Dokuments oder die Aussage eines bestimmten Zeugen (Beweisperson6) hinreichend substantiieren. Das Dokument wird bei der Beklagten bzw. bei deren Tochtergesellschaft vermutet. Die Klägerin kann nur sehr vage Angaben zu dem Dokument machen, so dass ihr eine ausreichende Konkretisierung des Beweisstückes nicht gelingt. Dementsprechend scheitert eine Beschaffung dieses Dokuments mithilfe der im deutschen Recht vorhandenen Beweisbeschaffungsmöglichkeiten. Der Zeuge lebt in den USA und weigert sich, für eine Zeugenvernehmung nach Düsseldorf zu reisen. Die Klägerin beantragt daraufhin bei dem für den Gerichtsbezirk New York zuständigen District Court die Durchführung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) (Beweishilfe oder

6 Beweisperson i.S.d. 28 U.S.C. § 1782 (a) kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person sein; die Begrifflichkeit wird hier umfassend für beide Alternativen verwandt; vgl. zum Begriff der Beweisperson bereits zuvor unter Teil 2, § 1, III., 2., d.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

Beweishilfeverfahren) bei der Beklagten und legt dar, dass die erwarteten Beweisergebnisse für das Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf bestimmt sind. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen vor, entscheidet der zuständige District Court im Wege der Ermessensausübung über den Beweishilfeantrag der Klägerin (Antragstellerin) und ordnet die Durchführung der entsprechenden Discovery-Maßnahmen (Beweisanordnung) bei der Beklagten (Antragsgegnerin) an. Ausgehend von dem vorstehenden Beispielsfall werden die Voraussetzungen der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im weiteren Verlauf untersucht. Um eine exakte Einordnung der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen zu gewährleisten, wird auf die hervorgehobenen Begrifflichkeiten des Beispielsfalles Bezug genommen.

I. Entstehungsgeschichte und historische Entwicklung der Beweishilfe Als sich die französische Regierung Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Bitte um Erledigung eines Rechtshilfeersuchens an das US-amerikanische Außenministerium wandte, stellten die verantwortlichen Beamten fest, dass eine entsprechende Befugnis zur Vernehmung des Zeugen und damit zur Beantwortung des Rechtshilfeersuchens im US-amerikanischen Recht nicht vorhanden war.7 Als Reaktion hierauf kam es in den Jahren 1855 und 1863 zum Erlass zweier Gesetze, die die mündliche Einvernahme von Zeugen im Zusammenhang mit einem Rechtshilfeersuchen gestatteten.8 Keine der Regelungen konnte jedoch die ihr jeweils zugedachten Zielsetzungen der Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs einerseits sowie der Unterstützung ausländischer Gerichte andererseits erfüllen.9 7 Vgl. die Schilderung von Metis, 18 Fordham Int. Law Journal (1994), 341 f. m.w.N.; sieher ferner Erickson/Rhodes/et al., 63 The Record (2008), 753 f. m.w.N. 8 Vgl. ausführlich zu den beiden Regelungen Godfrey, 60 American University Law Review (2010), 480 f.; siehe auch Metis, 18 Fordham Int. Law Journal (1994), 341 ff.; Perez/ Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 179 f.; Hollander/Boyd, CHAMP 2013, 39; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 39 f.; Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1059 f.; siehe schließlich den geschichtlichen Abriss bei Rievman, Discovery in the United States, abrufbar unter: http://www.hnrklaw.com/tasks/sites/hnrk/assets/File/Di scovery_in_the_United_States_in_Aid_of_Foreign_Lit.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); ausführlich hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 212 f. 9 Siehe zu den Gründen des Scheiterns der Regelung aus dem Jahr 1855 ausführlich Metis, 18 Fordham Int. Law Journal (1994), 342 f.; vgl. ferner Erickson/Rhodes/et al., 63 The Record (2008), 753 f. m.w.N.; die Nachfolgerregelung aus dem Jahr 1863 krankte an den zu hoch gesetzten tatbestandlichen Hürden und dem insoweit begrenzten Anwendungsbereich,

§ 1 Grundlagen der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nahm die wirtschaftliche Bedeutung der USA für den Welthandel weiter zu.10 Die damit einhergehende wachsende Anzahl internationaler Rechtsstreitigkeiten führte zu einer größeren Begehrlichkeit der häufig in den USA befindlichen Beweismittel und rückte die Problematik grenzüberschreitender Rechtsstreitigkeiten erneut in den Blickpunkt.11 Um der gestiegenen Zahl der Beweisermittlungsanfragen aus dem Ausland gerecht werden zu können, wurde der Anwendungsbereich des Gesetzes aus dem Jahr 1863 erweitert und die entsprechende Regelung in Form des heutigen 28 U.S.C. § 1782 (a) erlassen.12 Im Jahre 1949 wurde schließlich die ursprüngliche Begrenzung des Tatbestands auf Zivilklagen (»Civil Action«) aufgehoben und eine allgemeine Formulierung gewählt (»Judicial Proceeding«), so dass eine Vielzahl der in Betracht kommenden grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten abgedeckt werden konnte.13 Trotz der gesetzgeberischen Bemühungen hinsichtlich einer Erweiterung des Anwendungsbereichs des 28 U.S.C. § 1782 (a) verstummte die Kritik nicht. Dies lag einerseits an der nochmals gestiegenen Zahl unerledigter Rechtshilfeersuchen, aber auch an der weiterhin unzureichenden Ausgestaltung des 28 U.S.C. § 1782 (a) und dessen enger tatbestandlicher Vorgaben.14 Die daraufhin eingesetzte Commission on International Rules on Judicial Procedure hatte die Aufgabe, die Konzeption des US-amerikanischen Systems der Rechts- und Beweishilfe umfassend zu prüfen und – wo nötig – Neuregelungen der grenzüberschreitenden Rechtshilfe auszuarbeiten.15 Die Emp-

der vorsah, dass das Gesetz nur Anwendung fand, wenn (i) der Gegenstand des ausländischen Verfahrens die Rückabwicklung von Geld oder Grundstücken betraf, (ii) das anfragende Land nicht im Krieg mit den USA stand und (iii) die anfragende Regierung Partei des Verfahrens war oder ein sonstiges Interesse an dessen Ausgang hatte; vgl. zu den Voraussetzungen Metis, 18 Fordham Int. Law Journal (1994), 343; Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 179. 10 Vgl. zu den gesetzgeberischen Bemühungen zwischen 1855 und 1945 Erickson/Rhodes/et al., 63 The Record (2008), 755 ff. m.w.N. 11 So statt vieler Metis, 18 Fordham Int. Law Journal (1994), 344; vgl. ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 39 f. 12 Im Rahmen der ersten Erweiterung des Anwendungsbereichs wurde zunächst das Erfordernis einer Beeinträchtigung von Staats- bzw. Regierungsinteressen als Tatbestandsvoraussetzung eliminiert, vgl. Godfrey, 60 American University Law Review (2010), 480; siehe ergänzend auch Erickson/Rhodes/et al., 63 The Record (2008), 754 f. m.w.N. 13 Godfrey, 60 American University Law Review (2010), 481. 14 Vgl. u.a. Godfrey, 60 American University Law Review (2010), 482 f.; Metis, 18 Fordham Int. Law Journal (1994), 345 ff.; Miller/Rosenberg/Stoll, The Federal Lawyer 2012, 44 f. 15 Vorsitzender der Commission on International Rules on Judicial Procedure war der Hochschullehrer Hans Smit, dem eine Schlüsselrolle bei der Erarbeitung des Entwurfs zukam und dessen Beiträgen auch weiterhin große Bedeutung bei der Auslegung des 28 U.S.C. § 1782 zukommt; vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 40; ferner in die Arbeit der

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

fehlungen der Kommission wurden im Jahr 1964 vom Kongress einstimmig verabschiedet und enthielten neben anderen Änderungen insbesondere eine generalüberholte Fassung des 28 U.S.C. § 1782 (a).16 Durch die Neuregelung stand den Bundesgerichten erstmals eine Vorschrift zur Verfügung, die es erlaubte, neben Zeugenaussagen und sonstigen mündlichen Vernehmungen auch die Vorlage von Dokumenten und anderen Gegenständen (»Production of Documents or other Things«) von der betreffenden Beweisperson im Zuge eines Rechtshilfeersuchens zu verlangen.17 Darüber hinaus konnte durch die Streichung des Begriffs »court« und dessen Ersetzung durch »foreign or international tribunal« erreicht werden, dass 28 U.S.C. § 1782 (a) über die Verwendung im Rahmen gerichtlicher Verfahren hinaus für die Anwendung im Zusammenhang mit sonstigen ausländischen, gerichtsähnlichen (»quasi-judicial«) Verfahren zur Verfügung steht.18 Die Intention des amerikanischen Gesetzgebers bei der Überarbeitung des 28 U.S.C. § 1782 (a) war dabei von Beginn an zweigeteilt. Zum einen sollte eine effektive Beweishilfemöglichkeit auf internationaler Ebene geschaffen werden (»provide equitable and efficacious procedures for […] litigation with international aspects«19) und zum anderen erhoffte man sich, dass die Bereitstellung einer derart weitreichenden Beweishilfenorm Vorbildcharakter für andere Staaten haben würde (»invite foreign countries similarly to adjust their procedures«).20 Diesen Maßgaben folgend wurde der Normtext des 28 U.S.C. § 1782 (a) im Jahr 1996 vorläufig letztmalig ergänzt. Durch die Aufnahme des

Kommission einbezogen war das Columbia Law School Project, dem ebenfalls Hans Smit vorstand, vgl. Erickson/Rhodes/et al., 63 The Record (2008), 759 f. m.w.N. 16 Vgl. Metis, 18 Fordham Int. Law Journal (1994), 346 f. m.w.N.; Godfrey, 60 American University Law Review (2010), 482; Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 180; Born/Rutledge, International Civil Litigation, 1060; Kirtley, 14 Int. Arbitration Law Review (2011), 47 f.; Earl, Brigham Young University Law Review 1993, 343 ff. 17 Metis, 18 Fordham Int. Law Journal (1994), 347 f. 18 Siehe ausführlich zur Öffnung des 28 U.S.C. § 1782 für quasi-judicial proceedings bei Erickson/Rhodes/et al., 63 The Record (2008), 761 ff. m.w.N.: »the word ›tribunal‹ is used to make clear that assistance is not confined to proceedings before conventional courts. In view of the constant growth of administrative and quasi-judicial proceedings [...] the necessity for obtaining evidence in the United States may be as impelling in proceedings before a foreign administrative tribunal or quasi judicial agency [...].«; vgl. ferner Godfrey, 60 American University Law Review (2010), 482 f.; siehe schließlich Deutsch, 5 Boston College Int. & Comp. Law Review (1982), 181 ff. 19 Vgl. Senate Report No. 1580, 88th Congress, 2nd Session, 1964, Abdruck in Senate Report 1964 U.S.C.C.A.N., S. 3782 f., 1964 WL 4882. 20 Umfassend zu den Zielsetzungen des US-Gesetzgebers Godfrey, 60 American University Law Review (2010), 482; Metis, 18 Fordham Int. Law Journal (1994), 347 m.w.N.; Miller/Rosenberg/Stoll, The Federal Lawyer 2012, 45; Martinez-Fraga, American Influence, S. 38 f.; Jungermann, WuW 2014, 8 m.w.N.; siehe hierzu bereits lange vor Überarbeitung des Gesetzestextes Smit, 25 Columbia Law Review (1962), 1267.

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Zusatzes »including criminal investigations before formal accusation« wurde verdeutlicht, dass auch strafrechtliche Ermittlungsverfahren vor formaler Anklageerhebung als gerichtsähnliche Verfahren entsprechend des 28 U.S.C. § 1782 (a) zu werten sind und die Durchführung eines Beweishilfeersuchens folglich auch in diesen Konstellationen in Betracht kommen kann.21

II. Rückgriff auf die Regelungen des Discovery-Verfahrens entsprechend der FRCP Das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) entspringt nicht unmittelbar den Bestimmungen der in Teil 2 der Untersuchung ausführlich erläuterten bundesrechtlichen Federal Rules of Civil Procedure (FRCP). Allerdings findet sich in 28 U.S.C. § 1782 (a) ein Verweis auf die grundsätzliche Anwendbarkeit der Regelungen der FRCP hinsichtlich der Einvernahme von Beweispersonen (Depositions) sowie im Hinblick auf die Vorlage von Dokumenten und anderen Gegenständen (Production of Documents or other Things). Die FRCP finden damit Anwendung, soweit kein anderslautender Beschluss des zuständigen Gerichts vorliegt:22 »To the extent that the order does not prescribe otherwise, the testimony or statement shall be taken, and the document or other thing produced, in accordance with the Federal Rules of Civil Procedure.«

Folglich können zwischen dem etablierten Discovery-Verfahren entsprechend der FRCP, das standardmäßig im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens zur Beweisermittlung eingeleitet wird, und der Durchführung des Beweishilfeverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Unterschiede bestehen.23 Dennoch ist festzustellen, dass die Beweisbeschaffung für ausländische Verfahren entsprechend 28 U.S.C. § 1782 (a) in der Praxis nicht nur im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Methoden, sondern auch hinsichtlich des grundsätzlichen Ablaufs maßgeblich durch die Grundstruktur der Rule 26 bis Rule 37 FRCP bestimmt wird.24 Entscheidend für die große Relevanz der Bestimmungen der FRCP ist die hinter der Initiierung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) stehende Absicht 21

Statt vieler Hollander/Boyd, CHAMP 2013, 39 ff.; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 41; Miller/Rosenberg/Stoll, The Federal Lawyer 2012, 45; siehe auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 217. 22 Vgl. Ross, 11 Duke Law & Technology Review (2012), 321. 23 Vgl. z.B. zu den besonderen im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 anwendbaren Zuständigkeitsregeln Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 187. 24 Vgl. sogleich zu den Gemeinsamkeiten hinsichtlich Ablauf und Methoden unter Teil 2, § 1, III. sowie unter Teil 2, § 2; siehe ferner zur Maßgeblichkeit der Bestimmungen der FRCP Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 84; vgl. schließlich Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1071 f.

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eines möglichst umfassenden Erkenntnisgewinns.25 Eine solche – aus Antragstellersicht bestenfalls an eine Ausforschung der Gegenseite grenzende – Verpflichtung zur Offenbarung prozessrelevanter Informationen kann, wie bereits gezeigt wurde, insbesondere mithilfe der Regelungen des US-amerikanischen Discovery-Verfahrens gelingen.26 Die das Verfahren einleitende Partei wird daher bereits im Rahmen der Antragstellung auf die Anwendung der Regelungen der FRCP hinwirken, um zu gewährleisten, dass die umfangreichen Instrumente des Discovery-Verfahrens zur Verfügung stehen.27 Selbst im Falle eines anderslautenden Antrags, der etwa auf die Berücksichtigung ausländischen Verfahrensrechts abzielt, ist die Anwendung eines von den Bestimmungen der FRCP abweichenden (ausländischen) Regelungsregimes durch die zuständigen Gerichte nicht sehr wahrscheinlich.28 Dies liegt maßgeblich an der auch für die Gerichte vorteilhaften Ausgestaltung des Ablaufs des Discovery-Verfahrens entsprechend der FRCP.29 Da das Verfahren nicht nur von den Parteien eingeleitet wird, sondern diesen vor allem bei der Durchführung weitreichende Kompetenzen zustehen, ist der Aufwand seitens des Gerichts in der Regel überschaubar. Schließlich soll das Verfahren im Idealfall ausschließlich durch die Parteien betrieben werden.30 Angesichts der hohen Belastung der Gerichte und der damit verbundenen teilweise langen Wartezeiten der Parteien auf einen Jury Trial sind die Richter bestrebt, eine zusätzliche Bindung von Ressourcen – z.B. aufgrund eines ergänzenden Rückgriffs auf eine ausländische Verfahrensordnung im Zuge der Durchführung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) – zu vermeiden.31 25

Vgl. zu der auch statistisch eindeutig belegten Präferenz der US-amerikanischen Gerichte, auf die Bestimmungen der FRCP zurückzugreifen, Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 84. 26 Vgl. hierzu unter Teil 2, § 3. 27 Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit einer Anwendung ausländischen Beweisbzw. Verfahrensrechts, vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 252 ff.; es wird allerdings einen erheblichen Mehraufwand für den Antragsteller bedeuten, die Anwendung des ausländischen Rechts durchzusetzen, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 84 f. 28 Im Übrigen entspricht die Heranziehung auch nicht der gängigen Praxis, die – soweit ersichtlich – kein Verfahren kennt, im Rahmen dessen auf ausländisches Beweis- oder Verfahrensrecht zurückgegriffen wurde, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 84 f.; so auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 251 m.w.N. 29 Vgl. hierzu unter Teil 2, § 1, III.; siehe ferner Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 251, der die Neigung der US-amerikanischen Richter zur Anwendung der FRCP ebenfalls betont; siehe schließlich Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 390 ff. 30 Siehe bereits unter Teil 2, § 1, I., 2. sowie unter Teil 2, § 1, III. 31 Vgl. zur Belastung der Gerichte und den damit verbundenen vier- bis fünfjährigen Wartezeiten für einen Jury Trial bei Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 146; bezugnehmend Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 84 f.

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Obgleich den FRCP offensichtlich auch im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) eine maßgebliche Funktion zukommt, ist damit noch nicht geklärt, in welchem konkreten Umfang auf den Maßnahmenkatalog des Discovery-Verfahrens gemäß der Rule 26 bis Rule 37 FRCP zurückgegriffen werden kann. 1. Anwendbare Discovery-Instrumente Ausgehend vom Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a) kann der zuständige District Court die jeweilige Beweisperson zur Vornahme verschiedener Handlungen verpflichten: »The district court of the district in which a person resides or is found may order him to give his testimony or statement or to produce a document or other thing for use in a proceeding in a foreign or international tribunal.«

Mögliche Discovery-Instrumente sind demzufolge die bereits bekannten mündlichen Befragungen der Beweisperson (Depositions) sowie die Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen (Production of Documents and other Things).32 Des Weiteren ist die Anordnung einer uneidlichen Aussage (Statement) vorgesehen.33 Die Aufnahme auch uneidlicher Aussagen überrascht insoweit, als deren Anordnung dem US-amerikanischen Beweisrecht eigentlich fremd ist und derartige Aussagen vor US-Gerichten in der Regel nicht verwertbar sind.34 Im Vergleich zu den im Rahmen des Discovery-Verfahrens zur Verfügung stehenden Instrumenten35 fällt auf, dass 28 U.S.C. § 1782 (a) weder Bezug zu den aus den FRCP bekannten Maßnahmen der schriftlichen Fragebögen (Written Interrogatories), der Ortsbesichtigung (Entry upon Land), der Vornahme medizinischer Untersuchungen (Physical and Mental Examination) oder der Aufforderung zum Geständnis (Requests for Admission) nimmt. Die Konsequenzen, die hieraus von den unterschiedlichen Ansichten in der Literatur gezogen werden, weichen gravierend voneinander ab. a. Bestehende Auslegungsmöglichkeiten Einerseits wird vertreten, dass diejenigen Discovery-Instrumente, die keine Erwähnung im Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a) finden, dem Antragsteller bzw. 32 Vgl. statt vieler Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 390 ff. 33 Siehe zur Unterscheidung von sworn pre-trial testimony und unsworn statement bei Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 81; vgl. auch zu der wohl bestehenden Möglichkeit, ein schriftliches Statement (ähnlich einer Deposition by Written Questions, vgl. hierzu Teil 2, § 2, V.) abzugeben, Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 158 ff. 34 McDonald/Wetzler, RIW 2000, 215. 35 Vgl. oben unter Teil 2, § 2, I. bis Teil 2, § 2, VI.

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dem jeweiligen District Court gegenüber der Beweisperson nicht zur Verfügung stünden.36 Neben dem Wortlautargument wird diese Meinung darauf gestützt, dass Antragsgegner des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sowohl die Parteien des Ausgangsverfahrens als auch eine beliebige dritte Person sein könnten.37 Jedenfalls sei der offenen Formulierung des Wortlauts (»The district court of the district in which a person resides or is found may order […]«) eine Beschränkung auf die Parteien des Ausgangsverfahrens nicht zu entnehmen.38 Daher könnten diejenigen Discovery-Instrumente aus den FRCP, die ausschließlich zur Anwendung gegenüber den Parteien vorgesehen sind,39 nicht herangezogen werden.40 Damit verblieben allein die im Wortlaut der Vorschrift angelegten Instrumente der (eidlichen und uneidlichen) mündlichen Befragung sowie der Urkundenvorlage und der Vorlage anderer Gegenstände. Andererseits wird diese streng am Wortlaut orientierte Auslegung nicht für überzeugend gehalten.41 Ginge man von einer Beschränkung auf die im Wortlaut genannten Discovery-Instrumente aus, wäre der Antragsteller beispielsweise gezwungen, statt einer häufig zeit- und kostensparenderen Befragung mittels schriftlicher Fragebögen (Interrogation) stets auf die mündliche Befragung der Beweisperson (Deposition) auszuweichen. Eine solche Auslegung könne insbesondere in Anbetracht der Zielsetzung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a), namentlich der Schaffung möglichst effektiver Beweis-

36 Siehe hierzu Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 81 f.; ebenso Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 10, abrufbar unter: http://apps. americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); ferner Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 315; differenzierend Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1072 f. 37 Vgl. US District Court for the Eastern District of New York, Entscheidung vom 16. November 2000, In Re: Application of Ishihara Chemical Co., Ltd. v. Shipley Company LLC, 121 F. Supp 2d, S. 220 ff. 38 Vgl. statt vieler Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 81. 39 Gemeint sind die bereits erwähnten schriftlichen Fragebögen (Written Interrogatories), die Ortsbesichtigung (Entry upon Land), die Vornahme medizinischer Untersuchungen (Physical and Mental Examination) sowie die Aufforderung zum Geständnis (Requests for Admission), siehe hierzu Teil 2, § 2. 40 Hinsichtlich der Aufforderung zum Geständnis (Requests for Admission) ist eine Anwendung im Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 angesichts des Charakters als selbstständiges Beweisverfahren ausgeschlossen. Da das Verfahren ohne eine Sachentscheidung endet und das Geständnis keine Bindungswirkung für das Gericht des Hauptprozesses entfaltet, ist die Aufforderung zum Geständnis zwecklos, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 44; siehe ferner Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 10, abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 41 Vgl. etwa Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 44; ferner McDonald/Wetzler, RIW 2000, 215.

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hilfemöglichkeiten auf internationaler Ebene, nicht intendiert sein.42 Im Übrigen könne aus dem Schweigen der Vorschrift zu bestimmten Discovery-Instrumenten nicht per se geschlossen werden, dass diese aus dem Anwendungsbereich fielen. Der Wortlaut müsse vielmehr umfassend und allgemein verstanden werden, so dass sich eine Anwendbarkeit (auch) der nicht erwähnten Maßnahmen ergäbe.43 Das aufgezeigte Auslegungsproblem besteht darin, ob im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) über den Wortlaut hinaus zusätzliche Discovery-Maßnahmen Anwendung finden können, oder ob der Antragsteller eines entsprechenden Verfahrens allein auf die im Wortlaut explizit aufgeführte begrenzte Auswahl der Discovery-Instrumente zugreifen kann. b. Stellungnahme Zum besseren Verständnis des Meinungsstreits zur Auslegung des Wortlauts des 28 U.S.C. § 1782 (a) erfolgt vorab ein kurzer Abriss der wesentlichen (Auslegungs-)Methodenlehren des US-amerikanischen Rechts. Ausgangspunkt und allgemein anerkannte Regel ist eine am Wortlaut der jeweiligen Norm erfolgende Auslegung und Anwendung derselben (Plain Meaning Rule44).45 Umstritten ist, inwieweit und ob neben der Plain Meaning Rule auch andere Auslegungsmethoden herangezogen werden können. Bei der Beantwortung dieser Frage stößt man auf drei verschiedene Strömungen und Auslegungskonzepte. Dies ist einerseits die streng am Wortlaut orientierte Bewegung des New Textualism, die auf die Sichtweise eines Zeitgenossen der Gesetzesverfasser abstellt.46 Demgegenüber finden sich andererseits die Vertreter der Dynamic Statutory Interpretation, die versuchen, den jeweiligen Gesetzestext in seinen gegenwärtigen Kontext einzuordnen und entsprechend auszulegen.47 Eine vermittelnde Position nehmen die Anhänger der traditionellen Konzepte des Intentionalism und des Purpovism ein.48 Abgesehen vom reinen Gesetzestext nehmen sie vor allem Bezug zur Entstehungs- und Gesetzgebungsgeschichte (Legislative History), zu den Motiven des Gesetzgebers sowie zu 42

Siehe Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 44. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 44 m.w.N. 44 Siehe zur Entwicklung der Plain Meaning Rule sowie ihrer Anwendung in der US-amerikanischen Rspr. Melin, Gesetzesauslegung in den USA, S. 59 ff, S. 133 ff. 45 Vgl. Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 207 f. m.w.N. 46 Siehe hierzu umfassend Eskridge, 37 UCLA Law Review (1990), 621 ff., der unter anderem auch auf die Bedeutung und Einflussnahme des bekannten Supreme Court Richters Antonin Scalia für die Entwicklung des New Textualism eingeht, vgl. ders., a.a.O., 623 ff.; vgl. zur Bedeutung Scalias auch Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 207. 47 Vgl. Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 207 f. m.w.N. 48 Siehe zu den Einzelheiten der Konzepte des Intentionalism und Purpovism bei Melin, Gesetzesauslegung in den USA, S. 116 ff. 43

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dem Zweck und den Zielen der Vorschrift.49 Die Mehrzahl der Entscheidungen der Rechtsprechung wird auch heute noch von den beiden vermittelnden Konzepten des Intentionalism und des Purpovism geprägt.50 Dabei ist allerdings erkennbar, dass aufgrund des wachsenden Einflusses des New Textualism eine noch stärkere Bedeutung des Wortlauts Einzug hält und die anderen Auslegungskritierien zunehmend in den Hintergrund gedrängt werden.51 Ausgehend von diesen traditionellen Auslegungskonzepten lassen sich für die Auslegung des 28 U.S.C. § 1782 (a) folgende Feststellungen treffen: Der erste Satz des 28 U.S.C. § 1782 (a) enthält eine abschließende Aufzählung der im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in Betracht kommenden Discovery-Methoden (»to give his testimony or statement or to produce a document or other thing«). Die gewählten Begriffe sind dabei deckungsgleich mit den Formulierungen im Rahmen der Regelungen der FRCP. Eine seitens des Gesetzgebers beabsichtigte Doppel- oder Mehrdeutigkeit der Begrifflichkeiten ist daher auszuschließen. Folglich bietet der Wortlaut selbst keinen Anknüpfungspunkt für die Annahme, dass neben den genannten Discovery-Methoden noch weitere Instrumente seitens des Gesetzgebers vorgesehen waren.52 Die Vermutung, der Gesetzgeber habe durch ein gesetzgeberisches Schweigen (Legislative Silence), d.h. durch eine bewusste Auslassung der anderen Discovery-Instrumente, gerade zum Ausdruck bringen wollen, dass der Wortlaut allgemein und umfassend auf alle Discovery-Maßnahmen gemünzt sei, ist

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Eine Berücksichtigung der den Wortlaut übersteigenden Auslegungskriterien kommt jedoch nur in Betracht, wenn dem Normtext nicht bereits eine klare und eindeutige Bedeutung (Plain Meaning) zugeordnet werden kann, vgl. Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 207 f., S. 210 m.w.N.; für weitere Erläuterungen siehe Melin, Gesetzesauslegung in den USA, S. 116 ff. 50 Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 208; die insbesondere am Konzept des Intentionalism orientierte Auslegungsmethode wird teilweise auch als Soft Plain Meaning Rule bezeichnet, vgl. Eskridge, 37 UCLA Law Review (1990), 626. 51 Vgl. Eskridge, 37 UCLA Law Review (1990), 656 ff. 52 Zum identischen Ergebnis im Hinblick auf eine mögliche Heranziehung von Interrogatories im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 gelangt auch US District Court for the Northern District of Illinois, Entscheidung v. 6. Dezember 2006, In Re: Application of Fleischmann v. McDonald’s Corp., 466 F. Supp. 2d, S. 1033; ebenso US District Court for the Southern District of California, Entscheidung v. 4. November 2013, In Re: Siemens AG v. Western Digital Corp., 2013 WL 5947973; hinsichtlich einer Anwendung von Admissions und Interrogatories ebenfalls ablehnend US District Court for the Eastern District of New York, Entscheidung v. 16. November 2000, In Re: Application of Ishihara Chemical Co., Ltd. v. Shipley Company LLC, 121 F. Supp 2d, S. 220 ff.; wenig aussagekräftig zum Umfang Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1072 f.; so im Ergebnis auch Stahr, 30 Virginia Journal of Int. Law (1990), 628, der allerdings auch die Ortsbesichtigung als mögliche Discovery-Methode ansieht, da Land gemeinhin als Sache (thing) anzusehen sei.

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nicht überzeugend 53 und verstößt im Übrigen gegen die Grundsätze der anerkannten amerikanischen Auslegungsprinzipien.54 Schließlich kommt dem gesetzgeberischen Schweigen im amerikanischen Recht als Auslegungsmittel keine eigenständige Bedeutung zu.55 Das Legislative Silence kann allenfalls als Bestätigung eines bereits auf anderem Wege gefundenen Ergebnisses herangezogen werden, vermag jedoch nicht als eigenständige Argumentationsstütze zu dienen.56 Ausgehend von der damit gegebenen Plain Meaning des Normtextes des 28 U.S.C. § 1782 (a) Satz 1 verbietet sich eine Auslegung anhand weiterer Kriterien, wie z.B. der Gesetzgebungsgeschichte oder des gesetzgeberischen Zwecks.57 Auch die Betrachtung des 28 U.S.C. § 1782 (a) Satz 5 (»To the extent that the order does not prescribe otherwise, the testimony or statement shall be taken, and the document or other thing produced, in accordance with the Federal Rules of Civil Procedure.«) vermag diese Einschätzung nicht zu ändern. Teilweise wird vertreten, dass der Verweis auf die Geltung der FRCP und die insoweit auslegungsfähige Formulierung einen Hinweis auf die Anwendbarkeit (auch) der anderen Discovery-Methoden enthielte.58 Allerdings greift diese Einschätzung zu kurz.59 Zwar ließe sich in Anbetracht der Intention des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und der insoweit beabsichtigten weitreichenden Unterstützung ausländischer Verfahren eine Anwendung möglichst aller Discovery-Methoden zumindest argumentativ begründen.60 Allerdings zeigen insbesondere der Vergleich mit den FRCP sowie die Gesetzgebungsgeschichte, dass eine solche Interpretation seitens des Gesetzgebers nicht beabsichtigt war.61 Die in 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht erwähnten Discovery-Methoden stehen – wie eingangs erwähnt – ihrer Konzeption nach grundsätzlich

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So aber Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 44. Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 208. 55 Siehe Eskridge, 37 UCLA Law Review (1990), 640; nicht überzeugend insoweit Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 44. 56 Vgl. Eskridge, 37 UCLA Law Review (1990), 640: »Much the same can be said of the dog that doesn’t bark argument: Legislative silence will usually be supporting evidence of legislative intent and will be the main evidence only when there is virtually no other evidence of legislative intent.«; siehe ferner Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 208. 57 Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 210. 58 Hierzu bereits kritisch US District Court for the Eastern District of New York, Entscheidung v. 16. November 2000, In Re: Application of Ishihara Chemical Co., Ltd. v. Shipley Company LLC, 121 F. Supp 2d, S. 223. 59 So im Ergebnis auch Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 315. 60 Vgl. hierzu allerdings ohne tragfähige Argumentation Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 44. 61 Bejahend allerdings für die Vornahme medizinischer Untersuchungen (Physical and Mental Examination) und deren Anwendbarkeit im Rahmen des 28 U.S.C. § 1782 die Ent54

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nur gegenüber den Parteien eines Gerichtsverfahrens zur Verfügung.62 Da 28 U.S.C. § 1782 (a) keine Differenzierung zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens und Dritten vornimmt, könnten diese Methoden – unterstellt sie fänden Anwendung – auch gegenüber Dritten durchgeführt werden. Die Beweisermittlung gegenüber Dritten im Rahmen des 28 U.S.C. § 1782 (a) wäre damit umfassender und weitergehender als dies bei Inlandssachverhalten gemäß der FRCP der Fall ist.63 Eine solche Auslegung steht bereits in Konflikt mit dem Grundgedanken einer widerspruchsfreien Gesetzesauslegung und ist daher abzulehnen.64 Das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist damit nach zutreffender Ansicht auf die im Wortlaut angelegten und abschließenden Discovery-Methoden der mündlichen Befragung (Depositions), der Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen (Production of Documents and other Things) sowie der Anordnung uneidlicher Aussagen (Statement) beschränkt.65 scheidung des US District Court for the Northern District of Illinois, Entscheidung v. 8. April 1994, In Re: Letter Rogatory from the Local Court of Ludwigsburg, 154 F.R.D., S. 200: »It thus recognized that the need for obtaining tangible evidence may be as imperative as the need for obtaining oral evidence.«; ohne nähere Begründung zur Anordnung einer Interrogation die Entscheidung des US District Court of Minnesota, Entscheidung v. 13. September 2007, In Re: Application of Hallmark Capital Corp. v. Ultra Shape Inc., 534 F. Supp. 2d, S. 951 ff. 62 Vgl. etwa für Interrogatories die Rule 33 FRCP (Interrogatories to Parties); für medizinische Untersuchungen gilt Rule 35 FRCP: »The court where the action is pending may order a party [...].« 63 Vgl. wiederum US District Court for the Eastern District of New York, Entscheidung v. 16. November 2000, In Re: Application of Ishihara Chemical Co., Ltd. v. Shipley Company LLC, 121 F. Supp 2d, S. 224 f.; siehe hierzu auch Fellas, International Arbitration Law Review 2008, 6. 64 US Supreme Court, Entscheidung v. 5. April 1982, American Tobacco Co. v. Patterson, 456 US, S. 71: »Statutes should be interpreted to avoid untenable distinctions and unreasonable results whenever possible.« 65 Eine Analyse der Rechtsprechung zeigt, dass das gefundene Ergebnis nicht unumstritten ist; insbesondere im Zusammenhang mit Vaterschaftsfeststellungsverfahren sowie Unterhaltsklagen und den in diesem Rahmen vorgenommenen medizinischen Eingriffen (Blutund DNA-Probe) wurden auch andere Discovery-Methoden (hier: Physical and Mental Examination) angewandt, vgl. z.B. US District Court for the Western District of Michigan, Entscheidung v. 20. Dezember 1989, In Re: Letter of Request from Local Court of Pforzheim, 130 F.R.D., S. 363 ff.; ferner US Court of Appeals for the Sixth Circuit, Entscheidung v. 3. März 2000, United States v. Devine, 208 F. 3d, S. 215 ff., 2000 U.S. App. LEXIS 3558; so auch US District Court for the Northern District of Illinois, Entscheidung v. 8. April 1994, In Re: Letter Rogatory from the Local Court of Ludwigsburg, 154 F.R.D., S. 196 ff.; ebenso US District Court of Appeals for the Fourth Circuit, Entscheidung v. 30. April 1996, In Re: Letter of Request from the Amtsgericht Ingolstadt, 82 F. 3d, S. 590 ff.; schließlich US District Court for the Eastern District of Michigan, Entscheidung v. 27. Oktober 1998, In Re: Letters Rogatory from the Local Court of Plon, 29 F. Supp. 2d, S. 776 ff.; eine Übersicht weiterer Verfahren findet sich bei Schaner/Scarbrough, AnwBl. 2012, 322.

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2. Rückgriff auf bestehende (Aussage-)Weigerungsrechte sowie Bedeutung gerichtlich angeordneter Beschränkungen Der Verweis auf die Anwendbarkeit der FRCP in 28 U.S.C. § 1782 (a) Satz 566 betrifft neben der Problematik des Umfangs der zur Verfügung stehenden Discovery-Methoden auch die Frage der Berücksichtigung und Geltung gerichtlich angeordneter Beschränkungen (Protective Orders) sowie die Bedeutung von (Aussage-)Weigerungsrechten (Privileges).67 Festzustellen ist zunächst, dass eine Berücksichtigung bestehender gerichtlich angeordneter Beschränkungen sowie von (Aussage-)Weigerungsrechten erst in einem (gedachten) zweiten Schritt des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erfolgen kann. Während sich das Gericht im Rahmen des ersten Abschnitts des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nahezu ausschließlich mit den Tatbestands- und Ermessensvoraussetzungen des Verfahrens und damit mit der grundsätzlichen Frage der Bewilligung der Beweisermittlung befasst, erfolgt auf zweiter Stufe eine konkrete Auseinandersetzung mit möglichen Einschränkungen (Protective Orders und Privileges), die sich unmittelbar auf den konkreten Umfang der Beweisermittlung auswirken können.68 Hinsichtlich der (Aussage-)Weigerungsrechte (Privileges) spezifiziert 28 U.S.C. § 1782 (a): »A person may not be compelled to give his testimony or statement or to produce a document or other thing in violation of any legally applicable privilege.« Fraglich ist allerdings, ob sich die Beweisperson, gegenüber der ein Verfahren gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) initiiert wurde, tatsächlich auf die Gesamtheit der (Aussage-)Weigerungsrechte (»any legally applicable privilege«) berufen und somit umfassenden Gebrauch von den gerichtlichen Beschränkungen machen kann.69 66 Vgl. nochmals den Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a) Satz 5: »To the extent that the order does not prescribe otherwise, the testimony [...] shall be taken, [...] in accordance with the Federal Rules of Civil Procedure.« 67 Vgl. zu den insoweit möglichen Beschränkungen Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1071 f.; siehe auch Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 321 f.; neben den Auswirkungen auf Privileges und Protective Orders betrifft die grundsätzliche Geltung der FRCP z.B. auch die Voraussetzungen des Erlasses einer Subpoena gem. Rule 45 FRCP; auf die insoweit geltenden Besonderheiten wird vorliegend nur ausschnittsweise eingegangen; vgl. allerdings weiterführend Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1072; ferner Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 322. 68 Vgl. zu der zweistufigen Unterteilung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Bradford/Sona/Kirchhofer, MittdtPatA 2015, 215. 69 Inwieweit und ob auch (Aussage-)Weigerungsrechte der betroffenen ausländischen Verfahrensordnung herangezogen werden können, wird Gegenstand der weiteren Untersuchung sein; vgl. hierzu später unter Teil 3, § 2, V., 2.; zunächst interessiert allerdings allein die Geltung etwaiger US-amerikanischer (Aussage-)Weigerungsrechte i.R.d. Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a).

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

Angesichts des eindeutigen Wortlauts des 28 U.S.C. § 1782 (a) lässt die Rechtsprechung eine Berufung auf sämtliche relativ und absolut wirkenden70 (Aussage-)Weigerungsrechte zu.71 Im Hinblick auf die lediglich relativ wirkenden Privileges verlangt die Rechtsprechung auch für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) eine Abwägung72 zwischen den jeweiligen Interessen des Betroffenen und dem Interesse des Antragstellers an einer vollständigen Sachverhaltsaufklärung.73 Weitere Voraussetzung für die Heranziehung eines Privilege ist dessen Verankerung im Bundesrecht (Federal Law).74 Angesichts des Ursprungs des 28 U.S.C. § 1782 (a) im Federal Law erfordert auch die Einschränkung durch ein entsprechendes Weigerungsrecht einen bundesrechtlichen Gesetzeshintergrund.75 Ein Rückgriff auf individuelle State Law Privileges ist hingegen ausgeschlossen.76

70 Vgl. hierzu oben unter Teil 2, § 3, I., 1.; bejahend in der Litartur Smit, 65 Columbia Law Review (1965), 1033 f. 71 Siehe Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 489; zustimmend auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 439 ff.; ferner Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 27, abrufbar unter: http://apps. americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 321 f.; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 253. 72 Vgl. hierzu ausführlich unter Teil 2, § 3, I., 1; siehe zur Abwägung der Interessen hinsichtlich der (Attorney-)Work-Product Protection die Entscheidung des US Court of Appeals for the Eleventh Circuit, Entscheidung v. 19. Januar 2001, United Kingdom v. United States of America, 238 F. 3d, S. 1320 ff.; vgl. ferner zur Anwendbarkeit des Privilege against SelfIncimination die Entscheidung des US District Court for the Southern District of Florida, Entscheidung v. 11. April 1978, In Re: Letters Rogatory from 9th Criminal Division, Regional Court Mannheim, Federal Republic of Germany, 448 F. Supp., S. 787 ff.; siehe schließlich zur Anwendbarkeit des Attorney-Client-Privilege, dem Press-Privilege sowie dem Weigerungsrecht hinsichtlich State Secrets bei Hollander/Boyd, CHAMP 2013, 40 ff. 73 Die durch das jeweilige Privilege vermittelten Grenzen sind allerdings erst im Falle einer Berufung auf das konkrete Weigerungsrecht wirksam, eine bloße grundsätzliche Geltung genügt nicht, vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 490. 74 Vgl. Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 27 f., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); Stahr, 30 Virginia Journal of Int. Law (1990), 632 ff.; McDonald/Wetzler, RIW 2000, 215 f.; siehe ferner Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1075 mit Verweis auf US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 3. Juli 2003, Michael McKevitt v. Abdon Pallasch et al., 339 F. 3d, S. 5330 ff. 75 Siehe zur Maßgeblichkeit des Federal Law die Entscheidung des US District Court for the Northern District of Illinois, Entscheidung v. 6. Dezember 2006, In Re: Application of Fleischmann v. McDonald’s Corp., 466 F. Supp. 2d, S. 1033. 76 Vgl. hierzu nur Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 71.

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Auch eine Berufung auf gerichtlich angeordnete Beschränkungen gemäß Rule 26 (c) FRCP (Protective Orders) wird seitens der Rechtsprechung unproblematisch zugelassen.77 Die Voraussetzungen gleichen dabei jenen Anforderungen, die auch an den Erlass einer Protective Order in einem Verfahren gemäß der FRCP gestellt werden.78 Dementsprechend kommt es selbst nach Bewilligung eines Antrags nach 28 U.S.C. § 1782 (a) noch zu Beschränkungen des Umfangs der Offenlegung.79 Schließlich erlangt der Antragsgegner zumeist erst nach Bewilligung des Antrags Kenntnis von dem Verfahren und kann folglich erst hiernach etwaige Privileges geltend machen oder sich für den Erlass einer Protective Order einsetzen. 3. Durchsetzung und Rechtsmittelfähigkeit der Anordnungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Der Verweis auf die Anwendbarkeit der FRCP in 28 U.S.C. § 1782 (a) Satz 5 bezieht sich auch auf das Durchsetzungsregime der einzelnen Maßnahmen der Beweishilfe. Bereits im Rahmen der Darstellung der einzelnen DiscoveryMaßnahmen wurde die Möglichkeit der Durchsetzung derselben – eine Weigerung des jeweiligen Antragsgegners vorausgesetzt – beleuchtet.80 Diesbezüglich ergeben sich gewisse Abweichungen gegenüber den in Ansätzen dargestellten Durchsetzungsmöglichkeiten im Rahmen eines gewöhnlichen Discovery-Verfahrens gemäß der FRCP.81 Die Zwangsmittel des Discovery-Verfahrens gemäß der FRCP, die bei Verstoß oder Widersetzung gegen eine Discovery-Anordnung vorgesehen sind, finden sich in Rule 37 FRCP.82 Hierbei handelt es sich um sogenannte verfahrensbezogene, indirekte Zwangsmittel einerseits und um direkte, d.h. gegenüber der Beweisperson wirkende Zwangsmittel andererseits. Als indirekte 77 Vgl. statt vieler die Entscheidung des US District Court for the Eastern District of Wisconsin, Entscheidung v. 1 September 2004, In Re: The Application of the Procter & Gamble Co. v. Kimberly-Clark Corp., et al., 334 F. Supp. 2d, S. 1117; sowie ferner US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 266. 78 Vgl. hierzu unter Teil 2, § 3, I., 2. 79 Siehe u.a. US District Court for the Eastern District of Louisiana, Entscheidung v. 19. November 1999, In Re: Application of Time Inc. for an Order issuing Subpoenas, etc.; 1999 WL 1059744; ferner US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 4. Oktober 1995, In Re: Application of Alvaro Noboa, 1995 WL 581713. 80 Siehe hierzu die Ausführungen unter Teil 2, § 1, III., 2., c. bzw. unter Teil 2, § 2, II., 1. sowie schließlich unter Teil 2, § 2, III. 81 Vgl. zu den Abweichungen auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 447 ff. 82 Vgl. statt vieler Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 128; siehe ausführlich auch Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 190 ff.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

Zwangsmittel sind in Rule 37 FRCP unter anderem die Wahrunterstellung bestimmter Tatsachen (Rule 37 (b) (2) (A) (i) FRCP), die Verweigerung der Zulassung bestimmter Beweismittel (Rule 37 (b) (2) (A) (ii) FRCP) sowie als ultimatives Zwangsmittel die Klageabweisung (Rule 37 (b) (2) (A) (v) FRCP) und der Erlass eines Versäumnisurteils (»Default Judgement«, Rule 37 (b) (2) (A) (vi) FRCP) vorgesehen.83 Die direkten Zwangsmittel ziehen demgegenüber eine Geld- oder Haftstrafe wegen Contempt of Court nach sich (Rule 37 (b) (1), (2) (A) (vii) FRCP und Rule 47 (g) FRCP).84 Während sich die direkten Zwangsmittel insbesondere gegenüber den Anwälten der Verfahrensparteien und gegenüber den als Beweisperson beteiligten Dritten anbieten, entfalten indirekte Zwangsmittel aufgrund deren unmittelbarer Auswirkung auf das Verfahren insbesondere Wirkung gegenüber den Parteien.85 Grundsätzlich sind die US-amerikanischen Gerichte – bereits in Anbetracht ihrer Verfahrensrolle bei der Beweisermittlung – zurückhaltend im Umgang mit den zur Verfügung stehenden Zwangsmitteln. Verweigert eine Partei allerdings nach erfolgter gerichtlicher Aufforderung die Mitwirkung an der Beweisermittlung, kann es zur Verhängung der beschriebenen Sanktionsmaßnahmen kommen.86 Im Hinblick auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a), das der Unterstützung eines im Ausland anhängigen Verfahrens dient, spielen die indirekten Zwangsmittel keine Rolle. Die Beurteilung der Angemessenheit derartiger in das Verfahren unmittelbar eingreifender Sanktionen ist Aufgabe des ausländischen Spruchkörpers des Ausgangsverfahrens (im oben gewählten Beispiel das Landgericht Düsseldorf) und kann nicht einseitig durch den jeweiligen für die Beweisbeschaffung zuständigen US District Court vorgenommen werden.87 Den mit der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) betrauten Gerichten stehen folglich ausschließlich die direkten Zwangsmittel, d.h. Geld- und Haftstrafen, zur Verfügung, um die beweisrechtlichen Anordnungen durchzusetzen. Die Verhängung einer Geldstrafe ist dabei insbesondere gegenüber ausländischen 83 Siehe erneut Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 128; vgl. ergänzend hierzu Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 402 ff. sowie Rn. 417. 84 Grundsätzlich zu unterscheiden ist der Civil Contempt (of Court) vom Criminal Contempt; der Civil Contempt ist ein Beugemittel und wird aufgehoben, wenn sich die Beweisperson fügt, der Criminal Contempt hat Strafcharakter und wirkt dementsprechend über den Zeitpunkt der Pflichterfüllung hinaus; vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 34; siehe ferner Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 128; nicht durch Contempt of Court erzwingbar ist allerdings die Vornahme einer medizinischen Untersuchung (vgl. Rule 37 (b) (2) (A) (vii) FRCP), siehe hierzu Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 194. 85 Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 128. 86 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 34 f. 87 Vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 34 f.

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Anordnungsadressaten ein probates Mittel. Schließlich kann die Durchsetzung einer mittels Contempt of Court verhängten Geldstrafe in jedwedes Vermögen mit Bezug zu den USA (ausreichend ist z.B. bereits eine Forderung gegen einen amerikanischen Kunden) vollstreckt werden, so dass sich auch gegenüber ausländischen Antragsgegnern ein Sanktionscharakter einstellt.88 Trotz des festgestellten weitreichenden Rückgriffs auf die Bestimmungen der FRCP hinsichtlich der Durchsetzung der beweisrechtlichen Anordnungen, unterscheidet sich die – quasi als Gegenstück zur Durchsetzung der Beweishilfe zu betrachtende – Rechtsmittelfähigkeit der erlassenen Anordnungen grundlegend von der Anfechtung einer Discovery-Maßnahme außerhalb des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a). Während die Discovery-Maßnahmen entsprechend der FRCP nur eingeschränkt, d.h. lediglich in Verbindung mit der Anfechtung des in der Sache ergehenden (End-)Urteils, gerichtlich überprüft werden können,89 sind Anordnungen im Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) selbstständig rechtsmittelfähig.90 Schließlich folgt auf die Entscheidung bezüglich der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kein Urteilsspruch in der (Haupt-)Sache, der in den USA im Berufungs- oder Revisionswege angegriffen werden könnte. Problematisch ist für den von einer solchen Maßnahme Betroffenen vor allem, dass sich die Überprüfung durch das Obergericht (Court of Appeal91) auf die Beurteilung der Ermessensentscheidung des zuständigen Untergerichts (District Court) beschränkt.92 Hinsichtlich der durch den District Court eigenständig geprüften Umstände, wird dessen sachnähere Prüfung auf Tatbestandsseite als zutreffend unterstellt, so dass sich die eigentliche Entscheidung zur Stattgabe der Beweishilfe allein auf die Beurteilung der Rechtsanwendung auf Ermessensseite konzentriert. Eine Kontrolle in inhaltlicher Hinsicht ist damit faktisch kaum oder nur in engen – noch darzustellenden93 – Grenzen möglich.94

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Siehe hierzu Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 192. Vgl. erneut Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 35 f. 90 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 491. 91 Bei den Circuit Courts of Appeal handelt es sich um die allgemeine Rechtsmittelinstanz im US-amerikanischen Rechtssystem; jedem Circuit Court of Appeal ist wiederum ein District Court als Eingangsinstanz zugeordnet, vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 5 ff. 92 Es erfolgt allein die Prüfung einer Ermessensüberschreitung bzw. eines Ermessensfehlgebrauchs (Abuse of Discretion), vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 491. 93 Vgl. zum Umfang bzw. zur Ausgestaltung der Ermessensentscheidung unter Teil 3, § 3. 94 Abhängig davon, ob das Eingangsgericht (neben der Berücksichtigung der FRCP) z.B. auch ausländisches Verfahrensrecht zur Beurteilung herangezogen hat, erstreckt sich die Überprüfung des Obergerichts zwangsläufig auch auf diese zusätzlichen Elemente, vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 491. 89

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III. Ergebnis: Verortung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Kontext US-amerikanischer Discovery-Verfahren Das Verfahren der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist seit Mitte der 90er-Jahre im Wesentlichen unverändert geblieben. Diese Konstanz verdankt 28 U.S.C. § 1782 (a) maßgeblich den umfangreichen Rückgriffen auf die bereits aus dem Discovery-Verfahren gemäß der FRCP bekannten Maßnahmen und Einschränkungen. Wenngleich im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) lediglich auf eine begrenzte Auswahl der bekannten Discovery-Methoden der FRCP zurückgegriffen werden kann, stehen die Möglichkeiten zur Einschränkung der Verpflichtung zur Offenlegung, d.h. die Geltung der aus dem US-amerikanischen Recht bekannten (Aussage-)Weigerungsrechte sowie die Berufung auf gerichtlich angeordnete Beschränkungen, ausnahmslos zur Verfügung. Im Hinblick auf die Durchsetzung der beweisrechtlichen Anordnungen ist die Handhabe der zuständigen Gerichte insoweit eingeschränkt, als nur bestimmte direkte Zwangsmittel in Betracht kommen. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um eine tatsächliche Einschränkung, da das mit der Entscheidung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) betraute amerikanische Gericht ohnehin nicht über die Kompetenzen verfügt, Zwangsmittel anzuordnen, die über die Entscheidung zur Gewährung der Beweishilfe hinausreichen und sich auf das Urteil des Verfahrens im Ausgangsforum auswirken. Inwieweit sich aus den geschilderten Abweichungen gegenüber der gewöhnlichen Discovery gemäß der FRCP eine zwangsläufig geringere Reichweite und damit einhergehend eine verminderte Durchsetzbarkeit des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ergibt, kann in diesem Stadium der Untersuchung noch nicht abschließend beurteilt werden. Hierzu bedarf es zunächst der sich anschließenden Untersuchung der einzelnen Tatbestandsmerkmale der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a).

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Der Erlass einer Anordnung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) erfolgt in der Regel im Rahmen eines ex parte Verfahrens, also ohne Beteiligung des Antragsgegners.1 Neben der Prüfung bestimmter zwingender Tatbestandsvoraussetzungen (Mandatory Factors) wird eine fehlerfreie gerichtliche Ermessensausübung verlangt.2 Die im Rahmen der Ermessensentscheidung maßgeblichen Faktoren (Discretionary Factors) entstammen dabei nahezu ausschließlich den durch den US Supreme Court vorgegebenen Auslegungshilfen.3 Hinsichtlich der zwingenden Tatbestandsvoraussetzungen wurde lange Zeit eine Unterteilung in solche Voraussetzungen vorgenommen, die direkt dem Wortlaut des Tatbestands des 28 U.S.C. § 1782 (a) entnommen werden können als auch in ungeschriebene von der (unterinstanzlichen) Rechtsprechung entwickelte Tatbestandsvoraussetzungen.4 Die Prüfung dieser ungeschriebenen 1 Vgl. zur üblichen Stellung des Antrags im Rahmen eines ex parte Verfahrens Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 226 ff. m.w.N.; Möglichkeiten, dem Antrag entgegenzutreten bestehen für den Antragsgegner erst auf nachgelagerter Stufe nach Zustellung der Beweisanordnung, vgl. ders., a.a.O., S. 228. 2 Wurde der Tatbestand entsprechend der Mandatory Factors durch das zuständige Gericht korrekt interpretiert, ist eine erneute Überprüfung durch das Berufungsgericht nicht möglich; dort erfolgt allein eine Missbrauchskontrolle hinsichtlich der Ausübung des tatrichterlichen Ermessens, vgl. McDonald/Wetzler, RIW 2000, 213 m.w.N. aus der Rspr. 3 Vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 241 ff.; die Auslegung des Inhalts bzw. die Bestimmung der Anwendbarkeit des 28 U.S.C. § 1782 (a) durch die Rspr. erfolgt zumeist anhand von Zweckmäßigkeitserwägungen, vgl. McDonald/Wetzler, RIW 2000, 213. 4 Die Bandbreite der von der Rspr. entwickelten ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen variiert und ist auch in der Bezeichnung der Tatbestandsmerkmale nicht immer einheitlich. Maßgeblich wurden jedoch die folgenden zusätzlichen Tatbestandsmerkmale geprüft: die Foreign Discoverability bzw. Reciprocity, d.h. die Frage, ob die zu erlangenden Informationen auch im ausländischen Ausgangsverfahren verfügbar gewesen wären (teilweise auch fälschlich als Admissibility Requirement bezeichnet); das Prior Exhaustion-Erfordernis und damit die Prüfung, ob seitens des Antragsteller vor Anrufung des US-Gerichts zunächst alle Möglichkeiten der Beweisermittlung im Ausgangsverfahren ausgeschöpft wurden; die US- bzw. Domestic Discoverability, d.h. die Frage, ob die Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ggf. einen weitergehenderen Umfang zulässt, als dies nach dem Recht der FRCP möglich wäre; sowie schließlich der Verstoß gegen den Grundsatz internationaler

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Tatbestandsmerkmale war in der Literatur und Rechtsprechung zunächst stark umstritten.5 Insbesondere durch die Leitentscheidung des US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD6 hat sich mittlerweile jedoch die Überzeugung durchgesetzt, dass eine Berücksichtigung der ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale nicht mit der seitens des US-Gesetzgebers intendierten Zielsetzung einer möglichst weitreichenden Beweisermittlung in Einklang zu bringen ist.7 Gemäß der Rechtsprechung des US Supreme Court, der sich letztlich zugunsten einer umfassenden Beweisermittlungstätigkeit und damit gegen eine weitere Berücksichtigung der ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen ent-

Comity, folglich die Prüfung einer unerwünschten Umgehung der einschlägigen nationalen Verfahrensvorschriften; ein Überblick der Vorausetzungen findet sich u.a. bei Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 283 ff.; siehe auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 73 ff.; ferner Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1069 f. m.w.N. sowie S. 1073 f.; siehe zur Foreign Discoverability und zu der Prüfung des Grundsatzes internationaler Comity bei Dietrich, GRUR Int. 2006, 391 ff.; dazu auch Legum, 7 International Business Law Journal (1998), 752; zur Foreign Discoverability sowie zum Prior Exhaustion-Erfordernis Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1001 ff. m.w.N.; vgl. ferner ausführlich Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 283 ff. und S. 293 f.; hierzu auch Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 978 ff.; siehe zur Unterscheidung der Foreign Discoverability von einem Admissibility Requirement bei Fishman/Harkness/et al., Freshfields Bruckhaus Deringer Briefing 2012, abrufbar unter: http://www.freshfields.com/uploa dedFiles/SiteWide/Knowledge/2883.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 5 Vgl. etwa die konfligierenden Entscheidungen in der Rspr. hinsichtlich des Erfordernisses einer Foreign Discoverability bei Kraayvanger/Richter, RIW 2007, 179; siehe hierzu auch Rieckers, RIW 2005, 20 sowie McDonald/Wetzler, RIW 2000, 216; eine umfassende Rspr.-Übersicht hinsichtlich der Foreign Discoverability findet sich ferner bei Morgan, 10 European Journal of International Law (1999), 583 ff.; sowie bei Ryngaert, 7 European Business Organization Law Review (2006), 681 ff.; hierzu umfassend ferner Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 283 ff.; vgl. auch die unterschiedlichen zum Prior Exhaustion-Erfordernis ergangenen Entscheidungen bei Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 75 f.; hierzu ferner Mundiya, 42 International & Comparative Law Quarterly (1993), 358 ff.; vgl. dazu schließlich erneut Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 293 f. 6 US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 241 ff. 7 Vgl. zum ungeschriebenen Merkmal der Foreign Discoverability ausführlich Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 283 ff.; zur Foreign Admissibility ders., a.a.O., S. 288 ff.; schließlich auch zum Prior Exhaustion-Erfordernis ders., a.a.O., S. 293 ff.; vgl. ferner Jungermann, WuW 2014, 15, der betont, dass bei Berücksichtigung der Foreign Discoverability ein Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) faktisch unmöglich wäre, da im Rahmen der meisten ausländischen Verfahren keine mit der Discovery vergleichbaren Offenlegungsrechte bestünden; siehe ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 75 f., der darauf aufmerksam macht, dass die Annahme eines Prior Exhaustion-Erfordernisses wenig überzeugend sei, wenn ausreiche, dass das ausländische Verfahren lediglich absehbar betrieben wird, vgl. hierzu später unter Teil 3, § 2, VI., 2., b.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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schied,8 sehen mittlerweile auch die unterinstanzlichen Gerichte von einer Prüfung der nicht im Normtext angelegten Voraussetzungen größtenteils ab.9 Teilweise werden die Kriterien allerdings auf Ebene der Ermessensausübung wieder aufgegriffen und dort im Rahmen der Abwägungsentscheidung geprüft.10 Demnach finden sich in aktuellen Urteilen jedenfalls auf Tatbestandsebene nur noch rudimentäre Stellungnahmen zu den ursprünglich von der Rechtsprechung entwickelten Tatbestandsmerkmalen.11 Da von den Maßgaben der Entscheidung in Sachen INTEL v. AMD12 weitreichende Konsequenzen für das Verständnis sämtlicher Tatbestands- und insbesondere der Ermessensvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ausgehen, wird das Verfahren in seinen groben Umrissen im Folgenden vorab kurz dargestellt.

I. Leitentscheidung des US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD Der Entscheidung INTEL v. AMD des obersten US-Gerichts aus dem Jahr 200413 lag eine kartellrechtliche Beschwerde seitens des Chipherstellers Advanced Micro Devices (AMD) gegen den Chiphersteller INTEL wegen ver-

8 Vgl. etwa zur Foreign Discoverability die Entscheidung des US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 254 f., 260 ff. 9 Soweit für die Darstellung der im Normtext enthaltenen und im Weiteren diskutierten Tatbestandsvoraussetzungen eine Bezugnahme zu den früher diskutierten ungeschriebenen Merkmalen erforderlich erscheint, findet sich im Folgenden ein entsprechender Hinweis. 10 Hierzu ausführlich Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 282 ff.; siehe dazu auch unter Teil 3, § 2, V., 2. sowie unter Teil 3, § 3, I., 2. 11 Soweit eine Stellungnahme erfolgt, wird die Anwendung der zusätzlichen Tatbestandsmerkmale jedoch folgerichtig verneint, vgl. etwa hinsichtlich des Erfordernis der Foreign Discoverability die Entscheidungen US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 6. März 2012 – Anselm Brandi-Dohrn v. IKB Deutsche Industriebank AG, 673 F. 3d, S. 76 ff., 2012 U.S. App. LEXIS 4719 sowie US District Court for the Eastern District of Texas, Entscheidung v. 20 Januar 2012, In Re: Application of Apple Inc., et al., Case No. 2:12-cv-00036-JRG; bejahend hinsichtlich einer Ausklammerung der ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale auch die Literatur, vgl. Miller/Rosenberg/Stoll, The Federal Lawyer 2012, 46; ferner Götz, SJZ 2006, 274 f.; Fellas, International Arbitration Law Review 2008, 7; so auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 296 ff. 12 Die Entscheidung des US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD wird im Folgenden kurz als ›INTEL-Verfahren‹ oder ›INTEL-Entscheidung‹ bezeichnet. 13 Eingereicht wurde die Klage bereits im Jahr 2000, vgl. Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 223.

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meintlichen Missbrauchs dessen marktbeherrschender Stellung bei der Europäischen Kommission zugrunde.14 AMD hatte gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/200315 Beschwerde bei der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission eingereicht, um die Feststellung eines Kartellvergehens sowie den Erlass eines diesbezüglichen Bußgeldbescheides zu erreichen. Grundlage der Beschwerde war die Behauptung von AMD, INTEL habe unter anderem mit Treuerabatten, Exklusivverträgen mit Herstellern und Händlern sowie durch Preisdiskriminierung und Standadisierungsabreden Kunden zum Nachteil anderer Hersteller an sich gebunden.16 AMD – als Beschwerdeführer um Mithilfe bei der Aufklärung des zugrunde liegenden Sachverhalts bemüht – regte gegenüber der Kommission an, dass diese Unterlagen aus einem in den USA bereits abgeschlossenen Kartellverfahren zwischen INTEL und der Intergraph Corporation beiziehen möge,17 die aus Sicht von AMD, auch in dem Verfahren gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 geeignet schienen, den Vorwurf eines Kartellverstoßes zu belegen. Als die Kommission dies ablehnte, stellt AMD gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) einen Antrag beim zuständigen District Court for the Northern District of California, um INTEL gerichtlich aufzufordern, die beweisrelevanten Unterlagen vorzulegen. Dieser Antrag wurde von dem Gericht allerdings mit der Begründung abgewiesen, dass sich das Kartellverfahren aktuell noch im Stadium der Beschwerde und damit noch in der Phase der Voruntersuchung befände.18 Dies sei für die Einleitung eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht ausreichend. Die hiergegen gerichtete Berufung von AMD beim US Court for Appeals for the Ninth District19 war erfolgreich, wurde jedoch von INTEL – mit Unterstützung und Einverständnis der EU-Kommission – im Wege der Revision angegriffen und wurde so einer Überprüfung durch den US Supreme Court zugeführt. Dieser nutzte den ihm zur Prüfung vorgelegten Sachverhalt und nahm ausführlich Stellung zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen des Verfahrens 14 Eine ausführliche Zusammenfassung des Sachverhalts der Entscheidung findet sich u.a. bei Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 977; ebenso bei Kraayvanger/Richter, RIW 2007, 178; Rieckers, RIW 2005, 20 f.; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 47; siehe auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 223 ff. 15 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1 v. 4. Januar 2003, S. 1-25). 16 Dietrich, GRUR Int. 2006, 390. 17 US District Court for the Northern District of Alabama, Entscheidung v. 10. April 1998, Intergraph Corp. v. Intel Corp., 3 F. Supp. 2d, S. 1255 ff.; siehe ferner Kraayvanger/Richter, RIW 2007, 178 mit weiteren Nachweisen zu dem Verfahren zwischen der Intergraph Corp. und Intel; vgl. hierzu auch Rieckers, RIW 2005, 20 f. 18 Dietrich, GRUR Int. 2006, 390. 19 US Court of Appeals for the Ninth Circuit, Entscheidung v. 6. Juni 2002, Advanced Micro Devices, Inc. v. Intel Corp., 292 F. 3d, S. 664 ff., U.S. App. LEXIS 10759.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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nach 28 U.S.C. § 1782 (a). Dabei beschränkte sich der US Supreme Court allerdings nicht auf diejenigen Tatbestandsmerkmale und Ermessensvoraussetzungen des 28 U.S.C. § 1782 (a), die für das zugrunde liegende Verfahren zwischen AMD und INTEL relevant waren, sondern nutzte die Gelegenheit, um das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) umfassend zu erläutern und seine Sicht zu einigen der in der Litartur diskutierten Auslegungs- und Meinungsstreitigkeiten darzustellen. Das Verfahren dient daher auch heute noch als Richtschnur und Anhaltspunkt für das Verständnis der Tatbestandsmerkmale sowie der von Seiten des US Supreme Court im Rahmen eines obiter dictum erläuterten Ermessensvoraussetzungen20 des 28 U.S.C. § 1782 (a), die im Folgenden eingehend untersucht werden.

II. Antragsbefugnis Die Durchführung eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) folgt entweder auf ein formelles Rechtshilfeersuchen,21 auf Antrag eines ausländischen oder internationalen Spruchkörpers (»pursuant to a letter rogatory issued or request made, by a foreign or international tribunal«) oder auf Antrag einer sogenannten interessierten Person (»or upon the application of any interested person«).22 Die sich aus dem auslegungsbedürftigen23 Wortlaut der Vorschrift ergebenden Antragsbefugnisse sind entsprechend der nachstehenden Erläuterungen ausgestaltet. 1. Rechtshilfeersuchen und Antrag eines ausländischen oder internationalen Spruchkörpers Das Erfordernis der Antragstellung durch einen ausländischen oder internationalen Spruchkörper wird von der Rechtsprechung grundsätzlich weit ausge-

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US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 264: »We note below factors that bear consideration in ruling on a § 1782 (a) request.« 21 Siehe insoweit erneut zu dem für die Rechtshilfe maßgeblichen HBÜ (BGBl. 1977 II, S. 1472 ff.). 22 Teilweise findet sich für die Unterteilung der beiden zum Antrag befähigten Gruppen auch die Bezeichnung als direkte Antragstellung im Falle eines Antrags durch eine interessierte Person sowie als indirekte Antragstellung bei Einleitung des Verfahrens durch einen ausländischen oder internationalen Spruchkörper, vgl. Richards/Territt/Weare, Effective Use of Discovery, in: Jones Day Publications, November 2010, abrufbar unter: http://www. jonesday.com/effective_use_of_Discovery_uk/ (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 23 Siehe zur Auslegungsbedürftigkeit auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 261 f.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

legt.24 So lässt die Rechtsprechung das Vorliegen einer sogenannten gerichtlichen Natur (adjudicative in nature) des im Ausland anhängigen Ausgangsverfahrens genügen.25 Gerichtlicher Natur im vorgenannten Sinne ist das Ausgangsverfahren bereits dann, wenn durch das Gericht des Ausgangsforums eine unparteiische gerichtliche Funktion ausgeübt wird, d.h. der jeweilige Spruchkörper muss seine Entscheidung ohne Berücksichtigung etwaiger Eigen- oder Drittinteressen treffen.26 Ferner muss die auf diesem Wege ergehende Entscheidung zu einer gegenüber den Parteien rechtsverbindlichen Klärung rechtlicher und tatsächlicher Fragen führen.27 Bei der Beurteilung der vorstehenden Kriterien kommt es insbesondere auf die Ausgestaltung des jeweiligen Ausgangsverfahrens sowie auf die im Einzelfall einschlägige Rechtsordnung an. Für die US-amerikanischen Gerichte ergibt sich damit bereits bei der Beurteilung der Antragsbefugnis die Notwendigkeit, in gewissem Umfang ausländisches Recht zu berücksichtigen, um die gerichtliche Natur des Ausgangsverfahrens einordnen zu können.28 Als Spruchkörper im Sinne des 28 U.S.C. § 1782 (a) gelten insoweit alle ordentli24

Siehe zur Auslegung des Begriffs des Tribunal im Kontext von Schiedsgerichtsverfahren ausführlich Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 207 f. m.w.N.; vgl. zur Begrifflichkeit des Tribunal ferner Wessel/Eyre, Arbitration 2009, S. 160 f.; im Unterschied zu anderen Rechtshilfeverträgen wurde hinsichtlich des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auf die Einrichtung einer Zentralstelle verzichtet; die Zuständigkeit für die Auslegung der Vorschrift liegt damit bei den Gerichten, wodurch Divergenzen in der Rspr. nicht vermeidbar sind, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 53; zur Bedeutung der Ermessensausübung für etwaige Rspr.-Divergenzen Kochinke/Krapfl/Wilske, DAJV-Newsletter 2011, 117. 25 Vgl. US District Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. August 1993, Foden v. Gianoli Aldunate, 3 F. 3d, S. 62; siehe auch Smit, 65 Columbia Law Review (1965), 1021 f.: »The term tribunal encompasses all bodies that have adjudicatory power, and it is intended to include not only civil, criminal, and administrative courts [...], but also arbitral tribunals or single arbitrators.«; siehe ferner McDonald/Wetzler, RIW 2000, 213 f.; ebenso Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 53; Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1067 f. m.w.N.; vgl. zum Kriterium der Rechtsprechungsgewalt als zentalem Element Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 195 ff., S. 209 ff. m.w.N.; Hollander/Boyd, CHAMP 2013, 39; vgl. zur Begrifflichkeit der erstinstanzlichen Entscheidungsträgerschaft Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 978; eine umfassende Erläuterung des erforderlichen gerichtlichen Charakters findet sich bei Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 264 f. 26 McDonald/Wetzler, RIW 2000, 214; Handler/Tennyson, 16 Pretrial Practice & Discovery Litigation Newsletter (2008), abrufbar unter: http://www.daypitney.com/news/docs/ dp_2096.pdf (zuletzt abgerufen am 30. Juni 2015). 27 Vgl. erneut McDonald/Wetzler, RIW 2000, 214. 28 Vgl. die Entscheidung des US District Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 21. Februar 1980, Fonseca v. Blumenthal, 620 F. 2d, S. 322 ff., in deren Rahmen das Gericht eine Beurteilung nach kolumbianischem Recht vornehmen musste; siehe hierzu auch McDonald/Wetzler, RIW 2000, 214.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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chen Gerichte, wie Zivil- und Strafgerichte, sämtliche Fachgerichte, aber auch staatlich eingerichtete Schiedsgerichte29 und internationale30 Tribunale.31 Umfasst sind ferner diejenigen behördlichen Verfahren, die mit einer quasi-gerichtlichen Entscheidung abgeschlossen werden.32 In der Literatur33 höchst umstritten und zwischen den einzelnen mit der Thematik betrauten US-Gerichten34 noch nicht abschließend geklärt ist die Frage,

29

Vielfach wird die Unterscheidung zwischen der Private International Arbitration und der Public International Arbitration als Abgrenzungskriterium herangezogen, um eine Anwendbarkeit des 28 U.S.C. § 1782 (a) auszuschließen; die Anordnung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) widerspreche dabei insbesondere den Grundsätzen einer an Effizienz und Kosteneffektivität orientierten privaten Schiedsgerichtsbarkeit, vgl. Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 196 f. 30 Vgl. zu den internationalen Tribunalen gesondert Jungermann, WuW 2014, 11 m.w.N. 31 Jungermann, WuW 2014, 10; Handler/Tennyson, 16 Pretrial Practice & Discovery Litigation Newsletter (2008), abrufbar unter: http://www.daypitney.com/news/docs/dp_2096. pdf (zuletzt abgerufen am 30. Juni 2015). 32 Vgl. statt vieler Hollander/Boyd, CHAMP 2013, 39. 33 Siehe zum Diskussions- und Meinungsstand u.a. Wessel/Eyre, Arbitration 2009, S. 158 ff.; Timár/Kraayvanger, SchiedsVZ 2012, 71 ff.; Gomm-Santos/Smith, 19 Mealey’s Litigation Report (2009), 1 ff.; einen Überblick der verschiedenen Positionen gibt Riback, Taking Discovery in the United States, in: Business Law Today (May 2014), 1 ff., abrufbar unter: http://www.americanbar.org/content/dam/aba/publications/blt/2014/05/discovery-arb itration-abroad-201405.authcheckdam.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); empfehlenswert, da umfassend den Meinungsstand widergebend auch Beale/Lugar/Schwarz, 47 Stanford Journal of International Law (2011), 51 ff.; zur Auslegung des 28 U.S.C. § 1782 (a) im Kontext privater Schiedsverfahren Sperling/Suskin, 22 Mealey’s International Arbitration Report (2007), 1 f.; sehr ausführlich und sich gegen die Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) aussprechend Strong, 1 Stanford Journal of Complex Litigation (2013), 295 ff.; ebenfalls ablehnend Godfrey, 60 American University Law Review (2010), 476 ff. sowie Rutledge, 25 Journal of International Arbitration, 171 ff.; kritisch Fellas, International Arbitration Law Review 2008, 3 ff.; kritisch hinsichtlich der Anwendung i.R.v. InvestorStaat-Schiedsklagen Nelson, 26 Mealey’s International Arbitration Report (2011), 3 ff.; zurückhaltend auch Cromwell, Journal of Dispute Resolution 2000, 1 ff. sowie Kirtley, 14 Int. Arbitration Law Review (2011), 47 ff; optimistisch im Hinblick auf eine zukünftige Anwendbarkeit Folkman/Evans, 69 Dispute Resolution Journal (2014), 1 ff.; ebenfalls für eine Heranziehung des 28 U.S.C. § 1782 (a) plädierend Smith, Spanish Arbitration Review 2009, 93 ff.; im Hinblick auf die Ziele der Rechtshilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zustimmend Sheehan, 36 Suffolk Transnational Law Review (2013), 489 ff.; für die Anwendbarkeit i.R.d. 28 U.S.C. § 1782 (a) auch Knöfel, RIW 2007, 832 ff.; ebenso Rievman/Musella, The U.S. Supreme Court’s Expansion of 28 U.S.C. § 1782, abrufbar unter: http://www.hnrklaw. com/tasks/sites/hnrk/assets/File/The_U.S._Supreme_Court_s_Expansion_of.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); eine Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) explizit bejahend Hammond, 17 Journal of International Arbitration, 131 ff.; so auch Erickson/Rhodes/et al., 63 The Record (2008), 752 ff.; auf eine endgültige Klärung durch den Supreme Court hoffend Moore, Journal of Dispute Resolution 2008, 1 ff.; noch unentschieden Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 265 ff.

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ob 28 U.S.C. § 1782 (a) auch Anwendung im Rahmen privater Schiedsgerichtsverfahren finden kann.35 Obwohl sich zahlreiche Stimmen in der Literatur und Rechtsprechung nach der Entscheidung des US Supreme Court in INTEL v. AMD36 und der dort betonten Bedeutung des Kriteriums der Rechtsprechungsgewalt für eine Einordnung privater Schiedsgerichte als Spruchkörper im Sinne des 28 U.S.C. § 1782 (a) aussprachen, hielten die Berufungsgerichte (Court of Appeal) des Second37 und des Fifth Circuit38 – jedenfalls zunächst – an ihrer ursprünglichen ablehnenden Haltung fest.39 Das Berufungsgericht des Fifth Circuit entschied sich allerdings im Jahr 2013 auf einen Antrag Ecua-

34 Eine ausführliche Rechtsprechungsanalyse findet sich bei Martinez-Fraga, American Influence, S. 86 ff.; zu den Abweichungen in den Entscheidungen der Rspr. auch McBrearty, American Court 2013, S. 46 ff.; zur Uneinheitlichkeit der Rspr. im Hinblick auf die Handhabung ausländischer Schiedsverfahren, vgl. Kochinke/Krapfl/Wilske, DAJV-Newsletter 2011, 117; hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 265 ff. 35 In der Literatur wird die Untersuchung der Tribunal-Eigenschaft von Schiedsgerichten zumeist erst im Rahmen des for use-Kriteriums (vgl. Teil 3, § 2, VI.) vorgenommen; nach hiesigem Verständnis ergeben sich jedoch bereits Auswirkungen hinsichtlich des Vorliegens der Antragsbefugnis, da jedenfalls deutsche Schiedsgerichte zur Durchführung einer Beweisaufnahme befähigt sind und insoweit eine (unbedingte) Bindung an den Beibringungsgrundstz nicht besteht, vgl. § 1043 Abs. 4 Satz 2 ZPO; eine identische Einordnung findet sich auch bei Jungermann, WuW 2014, 10 ff.; siehe zum Beweiserhebungsrecht des Schiedsgerichts und dem insoweit geltenden beschränkten Untersuchungsgrundsatz Saenger, ZPO, 6. Auflage, § 1042, Rn. 16 ff.; zu berücksichtigen ist allerdings, dass Anträge durch (Schieds-)Gerichte in der Praxis ohnehin selten sind, zumeist bevorzugen Gerichte den Weg über das HBÜ, vgl. Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 931 m.w.N.; ausführlich hierzu auch Brinkmann, IPRax 2015, 113 ff. 36 US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 241 ff., der US Supreme Court betonte in seiner Entscheidung das bereits erwähnte Kriterium der Rechtsprechungsgewalt als entscheidendes Merkmal eines Tribunals i.S.d. 28 U.S.C. § 1782 (a); aufgrund der unbestrittenen Ausübung von Rechtsprechungsgewalt auch durch private Schiedsgerichte schlossen viele, dass Schiedsgerichte von 28 U.S.C. § 1782 (a) erfasst seien; vgl. Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 210 ff. m.w.N. 37 Der Gerichtsbezirk des Second Circuit umfasst die Staaten Connecticut, New York und Vermont. 38 Der Gerichtsbezirk des Fifth Circuit umfasst die Staaten Mississippi, Louisiana und Texas. 39 Vgl. US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 13. Juli 1998, NBC, Inc. et al. v. Bear Stearns & Co., Inc. et al, 165 F. 3d, S. 184 ff.; US Court of Appeals for the Fifth Circuit, Entscheidung v. 17. März 1999, Republic of Kazakhstan v. Biedermann International, 168 F. 3d, S. 880 ff.; US Court of Appeals for the Fifth Circuit, Entscheidung v. 6. August 2009, El Paso Corp. v. Ejecutiva Hidroelectrica del Rio Lempa, 341 Fed. Appx., S. 31 ff.; weitere Entscheidungen finden sich bei Jungermann, WuW 2014, 11.

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dors40 hin erstmals für eine Auslegung des 28 U.S.C. § 1782 (a), die dem Urteil des US Supreme Court in INTEL v. AMD in großen Teilen entsprach. Zwar schloss sich der Court of Appeal for the Fifth Circuit nicht explizit der Rechtsprechung anderer Berufungsgerichte41 sowie erstinstanzlicher Gerichte42 an, die bereits zuvor die Durchführung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auch im Rahmen von privaten Schiedsverfahren zugestanden hatten, allerdings gewährte er die Beweishilfe trotz der Anhängigkeit des Ausgangsverfahrens vor einem privaten Schiedsgericht. Trotz der erläuterten neueren Entwicklung in der Rechtsprechung ist bis zu einer Entscheidung durch den US Supreme Court43 oder einer – aktuell nicht zu erwartenden – Klarstellung des Wortlauts durch den Gesetzgeber ungewiss,44 ob das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auch durch ein privates Schiedsgericht eingeleitet werden kann.45 Jedenfalls im Bezirk des Second Circuit dürfte ein Vorgehen über 28 U.S.C. § 1782 (a) vorerst ausgeschlossen sein. Die anderen Berufungsgerichte scheinen der Durchführung eines solchen Verfahrens hingegen offen gegenüber zu stehen, so dass vorbehaltlich einer

40 US Court of Appeals for the Fifth Circuit, Entscheidung v. 13. Februar 2013, Republic of Ecuador v. John A. Connor, 708 F. 3d, S. 651 ff. 41 US Court of Appeals for the Eleventh Circuit, Entscheidung v. 25. Juni 2012, Consorcio Ecuatoriano de Telecomunicaciones S.A. v. JAS Forwarding, Inc., 685 F. 3d, S. 987 ff.; im Ergebnis bestätigt durch US Court of Appeals for the Eleventh Circuit, Entscheidung v. 10. Januar 2014, Consorcio Ecuatoriano de Telecomunicaciones S.A. v. JAS Forwarding, Inc., 24 Florida Law Weekly Fed. C, S. 936 ff., jedoch unter Austausch der Begründung der Entscheidung und Auslassung der hier maßgeblichen Frage der Einordnung von Schiedsgerichten als Tribunals; vgl. Brinkmann, IPRax 2015, 114. 42 US District Court for the Northern District of Georgia, Entscheidung v. 19. Dezember 2006, In Re: Application of ROZ Trading Ltd.,469 F. Supp. 2d, S. 1221 ff.; bestätigt durch US District Court for the Northern District of Georgia, Entscheidung v. 11. Januar 2007, In Re: Application of ROZ Trading Ltd., 2007 U.S. Dist. Lexis 2112; US District Court for the District of New Jersey, Entscheidung v. 10. Oktober 2006, In Re: Application of Oxus Gold Plc., 2006 U.S. Dist. LEXIS 74118; siehe hierzu auch Wessel/Eyre, International Arbitration Law Review 2007, 1 ff. 43 So auch Timár/Kraayvanger, SchiedsVZ 2012, 71, die insbesondere die – aus ihrer Sicht – künstliche Unterscheidung von Private International Arbitration und Public International Arbitration als überflüssig erachten und insoweit eine Klärung durch den Supreme Court erwarten. 44 Ebenfalls auf eine Klärung durch die Legislative hoffend Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 272. 45 Vgl. zur aktuellen Unklarheit der Handhabung der Thematik durch die Gerichte Page/Blackman/et al., International Lawyer 2013, 170; siehe ferner ausführlich Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 265 ff.

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entgegenstehenden Regelung im Rahmen der zugrunde liegenden Schiedsabrede46 gute Chancen bestehen, einen Beweisermittlungsantrag nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erfolgreich einzulegen.47 2. Antrag einer interessierten Person In Erweiterung der extensiven Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Antragstellung durch einen ausländischen oder internationalen Spruchkörper beinhaltet 28 U.S.C. § 1782 (a) darüber hinaus eine Antragsbefugnis für sogenannte interessierte Personen (»any interested person«).48 Während die Begrifflichkeit der person in 1 U.S.C. § 1 legaldefiniert wird und neben natürlichen Personen auch Unternehmen, Vereinigungen, Firmen, Partnerschaften etc. bezeichnet,49 findet sich für den Zusatz interested keine durch den Gesetzgeber vorgegebene Definition. Die amtliche Überschrift des 28 U.S.C. § 1782 (a) (»Assistance to foreign and international tribunals and to litigants before such tribunals«) verdeutlicht, dass jedenfalls die Parteien des Ausgangsverfahrens als interessierte Person im Sinne der Vorschrift anzusehen und folglich befugt sind, ein Beweisverfahren einzuleiten.50 Diese einzig am Gesetzeswortlaut orientierte Auslegung galt

46 Vgl. allgemein zur Erforderlichkeit einer Regelung durch die Parteien Hilgard, SchiedsVZ 2008, 123; siehe zu möglichen Vermeidungstaktiken i.R.d. Schiedsabrede Martinez-Fraga, SchiedsVZ 2010, 87 f.; dazu auch Boehning/Berkhout/Hering, IBA Arbitration News, February 2013, 121 f. 47 Steinbrück, Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren, S. 228 f.; unter Umständen könnte sich das Schiedsgericht auch an das jeweils zuständige staatliche Gericht wenden und dieses um die Einleitung eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bitten, im deutschen Recht ist diese Möglichkeit jedenfalls explizit vorgesehen (vgl. §§ 1025 Abs. 2, 1050 ZPO), vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 49; kritisch allerdings Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 272. 48 Im Vergleich zu den Anträgen, die von einem Spruchkörper bzw. Tribunal i.S.d. 28 U.S.C. § 1782 (a) stammen, stellen Anträge durch interessierte Personen den überwiegenden Anteil aller Beweisersuchen i.S.d. 28 U.S.C. § 1782 (a) dar, vgl. Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 931 m.w.N. 49 So der Wortlaut des 1 U.S.C. § 1: »[...] the words ›person‹ and ›whoever‹ include corporations, companies, associations, firms, partnerships, societies, and joint stock companies, as well as individuals; [...]«; vgl. umfassend zu der Voraussetzung des Vorliegens einer interessierten Person Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 219 ff.; siehe auch zur Antragstellereigenschaft von Staaten und Regierungen ders., a.a.O., S. 221 ff. 50 Vgl. Senate Report No. 1580, 88th Congress, 2nd Session, 1964, Abdruck in Senate Report 1964 U.S.C.C.A.N., S. 3789, 1964 WL 4882; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 53 f.; vgl. auch Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 84 m.w.N. aus der Rspr.

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bereits von Beginn an als zu formalistisch und wurde daher fortwährend erweitert.51 Zunächst verbreitete sich in der Literatur die Definition, dass diejenigen Personen, die »ein berechtigtes Interesse an der Gewährung der Rechtshilfe« geltend machen können,52 antragsbefugt sein sollten. Diese Umschreibung wird von anderen Vertretern in der Literatur allerdings als zu vage erachtet, um einen tatsächlichen Anhaltspunkt für die Praxis bieten zu können.53 Eine greifbarere Eingrenzung erfolgte durch die bereits genannte Entscheidung des US Supreme Court in INTEL v. AMD.54 INTEL argumentierte in dem Verfahren, dass der Begriff der interested person auf die Parteien des Rechtsstreits, ausländische Hoheitsträger sowie deren Repräsentanten zu beschränken sei.55 Hintergrund dieser Auslegung durch INTEL war das Ersuchen seitens AMD, bestimmte Informationen mittels des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) von INTEL zu erlangen und der Europäischen Kommission zugänglich zu machen. Da AMD lediglich als Beschwerdeführer des anhängigen kartellrechtlichen Beschwerdeverfahrens vor der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission fungierte, wäre ein Zugriff auf 28 U.S.C. § 1782 (a) durch AMD ausgehend von dem durch INTEL vertretenen Verständnis der interested person nicht möglich gewesen. Der US Supreme Court schloss sich der von INTEL favorisierten Auslegung indes nicht an, sondern bemühte sich um eine eigene, neue Definition.56 Maßgeblich seien die Mitwirkungsrechte der (interessierten) Person an dem jeweiligen Verfahren und nicht

51 Eine Begrenzung auf die in der amtlichen Überschrift der Vorschrift genannten Akteure sollte dem eindeutigen Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a) jedenfalls nicht entnommen werden, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 53 m.w.N. 52 Smit, 65 Columbia Law Review (1965), 1027; so auch Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 315 m.w.N. 53 Vgl. Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 10, abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 54 US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 241 ff.; vgl. zum Verfahrensverlauf und Sachverhalt der Entscheidung Dietrich, GRUR Int. 2006, 389 f. 55 US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 256 f.: »judicial assistance under 28 U.S.C. § 1782 (a) includes only litigants, foreign sovereigns, and excludes AMD, a mere complaint before the Commission [...].«; siehe hierzu Dietrich, GRUR Int. 2006, 390. 56 US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 256: »Given these participation rights, a complaint possesses a reasonable interest in obtaining [judicial] assistance, and therefore qualifies as an ›interested person‹ within any fair construction of the term.«

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deren formaler Verfahrensstatus.57 Anknüpfend an die von der Literatur entwickelte Begrifflichkeit eines berechtigten Interesses stellte das Gericht fest, dass jedenfalls solche Personen, die auch ohne direkte Beteiligung am jeweiligen Verfahren über umfangreiche Beteiligungsmöglichkeiten verfügen, ein anerkennenswertes Interesse58 geltend machen können.59 Der Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a) gehe daher deutlich über die in der amtlichen Überschrift genannten litigants hinaus und umfasse insbesondere auch solche Personen, die ein wirtschaftliches oder finanzielles Interesse am Ausgangsverfahren haben, ohne jedoch selbst daran beteiligt zu sein.60 Diesem durch den US Supreme Court etablierten, weiten Begriffsverständnis folgend kann interessierte Person im Sinne des 28 U.S.C. § 1782 (a) – neben den Parteien des Ausgangsverfahrens – beispielsweise auch der Antragsteller oder Beschwerdeführer in einem (lediglich) quasi-gerichtlichen Verfahren sein. Gleiches gilt für deren Vertreter sowie Vertreter involvierter Behörden und Staaten.61 Darüber hinaus ist als Lehre der Rechtsprechung des 57 Vgl. hierzu Dietrich, GRUR Int. 2006, 390; McDonald/Wetzler, RIW 2000, 215; Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 198; in diesem Sinne auch Coester-Waltjen, in: FSKerameus, S. 261 f., mit Bezugnahme zu den sogenannten significant participation rights. 58 Vgl. zum Begriff des anerkennenswerten Interesses auch Schaner/Scarbrough, AnwBl. 2012, 321; ferner Mullins/Davis, Best Methods of Obtaining a 28 U.S.C. § 1782 Petition, 4, abrufbar unter: http://arbitrateatlanta.org/wp-content/uploads/2013/04/Best-Met hods-of-Obtaining-a-28-U.S.C.-%C2%A7-1782-Petition.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 59 Teilweise wird vertreten, dass eine unmittelbare Verfahrensbeteiligung im Hinblick auf die Zubilligung der Beweishilfe eher schädlich sei, da im Rahmen der Ermessensentscheidung argumentiert werden könne, dass sich eine Verfahrenspartei die relevanten Beweismittel bereits nach den Regeln des ausländischen Verfahrensrechts hätte beschaffen können, vgl. Götz, SJZ 2006, 275 m.w.N. 60 Antrragsbefugt ist damit etwa auch die am Prozess eigentlich unbeteiligte (Haus-)Bank eines der Verfahrensbeteiligten, vgl. McDonald/Wetzler, RIW 2000, 215; vgl. zum weiten Verständnis des Tatbestandsmerkmals auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 225 f. 61 Jungermann, WuW 2014, 12; siehe ferner zur Antragsbefugnis der US-amerikanischen Regierung Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1066 f.; ablehnend zur Antragsbefugnis von Staaten hingegen US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 20. März 2012, Thai-Lao Lignite (Thailand) v. Government of the Lao People’s Democratic Republic, 2012 WL 966042; siehe zur Antragstellereigenschaft von Staatsanwaltschaften Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 54 sowie Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 15 f., abrufbar unter: http://apps. americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); dazu weiterführend McCarthy, 15 Fordham Int. Law Journal (1991), 785 f.; zur Antragsbefugnis i.R.e. Entmündigungsverfahrens siehe US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. August 1993, Foden v. Gianoli Aldunate, 3 F. 3d, S. 54 ff. (hier: Befugnis für Angehörige); zur Befugnis eines Insolvenzverwalters vgl. US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 19. Juli 1996, Lancaster Factoring Company Ltd. v.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD festzuhalten, dass neben den in das Ausgangsverfahren involvierten Parteien auch diejenigen Personen als interessierte Person zu qualifizieren sind, die über Mitwirkungsrechte, wirtschaftliche und/oder finanzielle Interessen im Hinblick auf das Ausgangsverfahren verfügen.62

III. Antragsgegner Möglicher Antragsgegner des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist entsprechend des Wortlauts der Vorschrift jede Person, die einen gewissen räumlichen Bezug zu dem Bezirk des jeweiligen District Court aufweist (»the district in which the person resides or is found«). Auch hier gilt die bereits eingeführte Definition der person des 1 U.S.C. § 1.63 Antragsgegner kann ferner sowohl eine am Ausgangsverfahren beteiligte als auch eine nicht in das Verfahren im Ausgangsforum involvierte person sein.64 Regierungen und die von Staaten unterhaltenen Behörden erfüllen hingegen nicht die an eine person im Sinne des 28 U.S.C. § 1782 (a) gestellten Anforderungen.65 Problematischer als die Bestimmung der Person des Antragsgegners gestaltet sich die Beurteilung der Zuständigkeit des anhand des Kriteriums der Resi-

Louis A. Mangone, 90 F. 3d, S. 38 ff.; vgl. gesondert zu Kartellschadensersatzklagen und den insoweit antragsbefugten Personen Jungermann, WuW 2014, 12. 62 Optimistischer insoweit Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 54. 63 Vgl. den Wortlaut des 1 U.S.C. § 1: »[...] the words ›person‹ and ›whoever‹ include corporations, companies, associations, firms, partnerships, societies, and joint stock companies, as well as individuals«. 64 Vgl. statt vieler Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1002; ferner Meibom/Feld, in: FSBPatG, S. 979; schließlich Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 82, der auf die unterschiedliche Reichweite bzw. den unterschiedlichen Umfang der Beweisermittlung hinweist, der sich bei Antragsgegnerschaft einer am Ausgangsverfahren beteiligten Partei ergeben kann. 65 Siehe US Court of Appeals for the District Court of Columbia, Entscheidung v. 13. Oktober 2000, Mohamed al Fayed v. Central Intelligence Agency, 229 F. 3d, S. 273 ff., mit ausführlicher Begründung; vgl. ferner die Entscheidung US Court of Appeals for the Fourth Circuit, Entscheidung v. 26. April 2000, Mohamed al Fayed v. United States of America, 210 F. 3d, S. 421 ff., im Rahmen derer das Gerichte zur identischen Schlussfolgerungen gelangt, ohne jedoch eine Subsumtion des Begriffs der person vorzunehmen; siehe hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 229 ff.; hinsichtlich des Erlasses einer Subpoena gem. Rule 45 FRCP wurde i.R.e. US-amerikanischen Verfahrens allerdings bereits eine Behörde der US-Regierung als person angesehen, vgl. Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1071; vgl. auch zur möglicherweise unterschiedlichen Sichtweise bei gegebenem Zusammenhang mit fiskalischen Interessen Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 52.

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dence oder alternativ anhand des Aufenthaltsortes des Antragsgegners auszuwählenden Gerichtsbezirks (»The district court of the district in which a person resides or is found […].«).

IV. Zuständigkeitsregelungen Der Erlass einer Anordnung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) fällt in die Jurisdiction66 desjenigen District Court, innerhalb dessen Zuständigkeitsbereichs »die betreffende Person wohnt, sich aufhält oder angetroffen wurde« (»The district court of the district in which a person resides or is found may order […]«). Der Begriff der Jurisdiction geht über das im deutschen Recht bekannte Verständnis der Begründung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit (Authority to Adjudicate) hinaus. Neben der Authority to Adjudicate ist auch das wirksame Entstehen eines Prozessrechtsverhältnisses zwischen den Verfahrensbeteiligten infolge der Zustellung der Klageschrift und der Ladung (Service of Process) umfasst.67 Im Hinblick auf die Begründung der dem deutschen Zuständigkeitsprinzip entsprechenden Jurisdiction bedarf es zunächst der (sachlichen) Jurisdiction über den Streitgegenstand (Subject Matter Jurisdiction68) sowie der (örtlichen bzw. internationalen) Jurisdiction über die Person des Beklagten oder dessen Vermögen (Territorial Jurisdiction69).70 1. Sachliche Zuständigkeit Das US-amerikanische Gerichtssystem besteht aus den voneinander unabhängigen Systemen der Bundesgerichte einerseits und der einzelstaatlichen Ge-

66 Vgl. zur Begrifflichkeit der Jurisdiction, deren Ausprägungen sowie deren nur ansatzweiser Übereinstimmung mit dem deutschen Begriff der Zuständigkeit Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 382 ff. 67 Vgl. zur Doppelbedeutung Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 197. 68 Siehe hierzu umfassend Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 382; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 199 ff.; Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 110 ff.; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 38 ff. 69 Vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 383 ff.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 238 ff.; Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 130 ff.; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 60 ff., 81. 70 Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 256 ff., unterscheidet hingegen zwischen der Subject Matter Jurisdiction, einer hiervon getrennt zu beurteilenden sachlichen sowie der örtlichen Zuständigkeit; wobei die Betrachtung der sachlichen Zuständigkeit tatsächlich eher der Prüfung einer funktionellen Zuständigkeit gleichkommt, so dass sich keine inhaltlichen Unterschiede ergeben.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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richte andererseits.71 Grundsätzlich liegt die sachliche Zuständigkeit bei den Gerichten der Einzelstaaten.72 In bestimmten Konstellationen kann aber eine konkurrierende oder ausschließliche Zuständigkeit eines Bundesgerichts bestehen. Im Gegensatz zur Allzuständigkeit der einzelstaatlichen Gerichte muss sich die sogenannte Subject Matter Jurisdiction der Bundesgerichte direkt aus einem Bundesgesetz ergeben.73 Maßgebend sind dabei die drei verschiedenen Arten der bundesgerichtlichen Eingangszuständigkeit (Original Federal Court Jurisdiction), die Federal Question Jurisdiction, die Diversity Jurisdiction sowie die Express Jurisdiction.74 Bei der konkurrierenden Federal Question Jurisdiction gemäß 28 U.S.C. § 1331 muss der jeweilige Anspruch auf Bundesrecht beruhen, d.h. der Rechtsstreit muss nach der Verfassung, den Verträgen oder den Gesetzen des Bundes zu entscheiden sein.75 Hierneben kann die sachliche Zuständigkeit auch anhand der ebenfalls konkurrierenden Diversity Jurisdiction gemäß 28 U.S.C. § 1332 begründet werden.76 Um eine Zuständigkeit anhand der Diversity Jurisdiction zu begründen, ist es erforderlich, dass die Parteien aus unterschiedlichen (Einzel-)Staaten stammen, der Streitwert des Verfahrens $ 75.000 übersteigt und das Verfahren nicht in die ausschließliche Zuständigkeit einzelstaatlicher Gerichte fällt.77 Schließlich kommt eine Zuständigkeitsbegründung auch gemäß der ausschließlichen Zuständigkeit der Express Jurisdiction im Sinne der 28 U.S.C. § 1333 bis § 1338 in Betracht. Diese ausschließliche Zuständigkeit

71 Vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 38; ausführlich zum Gerichtsaufbau auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 108 f. 72 Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 38; fällt die Materie in den Regelungsbereich der Einzelstaaten, ist eine Anwendung des bundesrechtlichen Common Law durch die Bundesgerichte nicht möglich (sogenannte ErieDoctrin), vgl. Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 113. 73 Statt vieler Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 382 m.w.N. 74 Soweit die Zuständigkeit der Bundesgerichte festgestellt wurde, sollen diese über alle im Sachzusammenhang stehenden Ansprüche einheitlich entscheiden, vgl. die Regelung des 28 U.S.C. § 1367 und die insoweit bestehenden Fallgruppen der Pendent Jurisdiction und der Ancillary Jurisdiction; eine ausführliche Darstellung hierzu findet sich bei Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 229 ff. 75 Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 111; Junker, Discovery im deutschamerikanischen Rechtsverkehr, S. 382; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 205 ff. 76 Vgl. zu den einzelnen Voraussetzungen der Complete Diversity sowie der Streitwertgrenze ausführlich Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 209 ff. 77 Vgl. hierzu die Regelungen des 28 U.S.C. § 1333 bis § 1338.

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ergibt sich in jenen Fällen, die seitens des Kongresses den erstinstanzlichen Bundesgerichten ausdrücklich zugewiesen wurden.78 In Anbetracht des im Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a) enthaltenen Anspruchs auf Erlass einer Beweisanordnung sowie des bundesrechtlichen Charakters der Norm ergibt sich für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in sachlicher Hinsicht die konkurrierende Zuständigkeit der District Courts gemäß 28 U.S.C. § 1331 (Federal Question Jurisdiction).79 Zuständig sind folglich die erstinstanzlichen Bundesgerichte80 des jeweiligen Gerichtsbezirks (Federal District81).82 78

Dies sind u.a. Verfahren, die das Seerecht (28 U.S.C. § 1333), das Insolvenzrecht (28 U.S.C. § 1334) sowie das Patent- und Urheberrecht (28 U.S.C. § 1338) und andere bundesgesetzlich geregelte Materien betreffen, vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 39. 79 Angesichts der Verortung des 28 U.S.C. § 1782(a) im Bundesrecht kommt für das entsprechende Verfahren allein eine Zuständigkeit eines Federal District Courts in Betracht; die grds. allgemeine Zuständigkeit der Einzelstaaten ist folglich nicht betroffen; vgl. zur allgemeinen Zuständigkeit der Einzelstaaten aber Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 38 ff.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 199 ff.; Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 117 ff.; siehe ergänzend zum Gerichtsaufbau in den USA Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 8 ff.; Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 106 ff.; siehe hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 256. 80 Zu beachten sind allerdings etwaige abweichende Zuständigkeiten im Falle einer Berufung auf die der bundedsrechtlichen Norm des 28 U.S.C. § 1782(a) nachempfundenen einzelstaatlichen Bestimmungen, vgl. etwa für den Bundesstaat Pennsylvania die Regelung des Title 42 in den Pennsylvania Consolidated Statutes § 5326 (2014): Assistance to Tribunals and Litigants Outside this Commonwealth with Respect to Depositions: »(a) General rule: A court of record of this Commonwealth may order a person who is domiciled or is found within this Commonwealth to give his testimony or statement or to produce documents or other things for use in a matter pending in a tribunal outside this Commonwealth. The order may be made upon the application of any interested person or in response to a letter rogatory and may prescribe the practice and procedure, which may be wholly or in part the practice and procedure of the tribunal outside this Commonwealth, for taking the testimony or statement or producing the documents or other things.«; vgl. auch Common Pleas Court of Philadelphia County, Pennsylvania, Civil Trial Section, Entscheidung v. 17. Mai 1991, Waldo Tornel Quijada v. Unifrutti of America Inc., No. 2760, 22 Phila., S. 339 ff. 81 Aktuell ist das Gebiet der USA in 94 einzelne Bundesgerichtsbezirke unterteilt. Pro Bundesstaat gibt es mindestens einen District Court; zumeist stimmen dabei die äußeren Grenzen der jeweiligen Federal Districts mit den Grenzen des entsprechenden Bundesstaates überein, vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 5 ff.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 149 ff. 82 Eine etwaige Zuständigkeit bestehender Sondergerichte ist für 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht relevant; Sondergerichte auf Ebene der District Courts sind der US Court of Federal Claims, der Court of International Trade und die Tax Courts, vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 5; siehe ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 54 f.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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2. Internationale und örtliche Zuständigkeit Entscheidend für die Bestimmung der Territorial Jurisdiction ist die Ausrichtung des Rechtsstreits auf einen bestimmten Antragsgegner (Personal oder inpersonam-Jurisdiction; sogenannte internationale/interlokale Zuständigkeit83) oder eine bestimmte Sache (in-rem und quasi-in-rem-Jurisdiction84). Die zweite Alternative (in-rem und quasi-in-rem-Jurisdiction) kann vorliegend unberücksichtigt bleiben, da sich die Zuständigkeitsbegründung im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ausschließlich an der Person des Antragsgegners orientiert. Hiervon getrennt zu betrachten ist die Bestimmung des – unter mehreren international bzw. interlokal zuständigen Gerichten – im konkreten Einzelfall örtlich zuständigen Gerichts (Venue; örtliche Zuständigkeit85). Für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ergibt sich eine Besonderheit dahingehend, dass die Beurteilung der örtlichen und der internationalen Zuständigkeit (»The district court of the district in which a person resides or is found may order […]«) zugleich vorgenommen wird.86 Die örtliche und internationale Zuständigkeit sind dabei insoweit identisch und in ihren Voraussetzungen miteinander verknüpft, als dass die örtliche die internationale Zuständigkeit indiziert.87 Maßgeblich für die Bestimmung der Territorial Jurisdiction sind damit die beiden im Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a) angelegten Alternativen der örtlichen Zuständigkeit: Die sogenannte Residence des Antragsgegners88 (»in 83 Vgl. zur Begrifflichkeit der internationalen Zuständigkeit Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 125 ff.; ferner Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 60 ff. 84 Siehe statt vieler Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 241 f., 256 ff. 85 Vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 81; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 280 ff., die betont, dass es sich beim Venue um die eigentliche örtliche Zuständigkeit handelt. 86 Siehe Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 55 m.w.N.; die geschilderte Regelung der Zuständigkeit kann ggf. durch Gerichtsstandsvereinbarungen umgangen werden, sofern der vereinbarte Gerichtsstand zumindest in sachlicher Hinsicht zuständig ist, vgl. Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 126 f.; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 77 ff.; vgl. auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 260. 87 Vgl. zur sogenannten Doppelfunktionalität im deutschen Recht Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Auflage, Rn. 217 ff., 266 ff.; siehe zum eigentlichen Prozedere der strikten Trennung von internationaler und örtlicher Zuständigkeit Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 280: Die gerichtliche Entscheidungsbefugnis (Personal Jurisdiction) ergibt sich aus der Eigenschaft des Gerichts als Träger staatlicher Gewalt und wird im Fall der Bundesstaaten territorial durch die Grenzen des jeweiligen Staates begrenzt. Die eigentliche Auswahl des örtlich tatsächlich anzurufenden Gerichts ergibt sich hingegen aus der je nach Bundesstaat unterschiedlichen Verteilung der örtlichen Gerichtsgewalt. 88 Vgl. zur Reichweite des Begriffs der (Beweis-)Person oben unter Teil 3, § 2, II., 2. bzw. unter Teil 3, § 2, III.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

which a person resides«) einerseits sowie der Aufenthaltsort des Antragsgegners (»in which a person […] or is found«) andererseits.89 Hinsichtlich der beiden Tatbestandsalternativen ist jeweils zwischen den für natürliche Personen und solchen allein für juristische Personen geltenden Besonderheiten zu unterscheiden. Zum besseren Verständnis der weiteren Erläuterungen der Zuständigkeitsregelungen erfolgt zunächst ein Überblick der im amerikanischen Recht geltenden Maßgaben zur Bestimmung der Zuständigkeit. a. Entwicklung des amerikanischen Zuständigkeitsrechts Lange Zeit orientierte sich das US-amerikanische Zuständigkeitsrecht ausschließlich am Territorialprinzip.90 Durch diese strenge territoriale Fokussierung konnte eine Jurisdiction bereits durch die bloße, auch nur kurzzeitige Anwesenheit (Physical Presence) des Beklagten (oder des Antragsgegners) begründet werden.91 Ein darüber hinausgehender Forumsbezug des Beklagten oder des Anspruchs wurde in der Regel nicht verlangt.92 Diese Rechtsprechung wurde erst im Jahr 1945 durch den US Supreme Court eingeschränkt.93 Seit der Entscheidung des US Supreme Court in Sachen International Shoe v. Washington werden hinreichende Minimalkontakte des Beklagten zum jeweiligen Forum gefordert (Minimum Contacts Doctrine), die die Ausübung richterlicher Gewalt als verfassungskonform erscheinen lassen.94 Die Anwesenheit des Beklagten war damit nur noch einer unter vielen Faktoren. Letztlich soll der Be-

89 Eine örtliche Zuständigkeit kann sich allerdings auch nur dann ergeben, wenn für den Gerichtsstandort grundsätzlich Jurisdiction vorliegt, d.h. die Kriterien der Beurteilung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis bleiben nicht unbeachtet, vgl. Junker, IPRax 1986, 199. 90 Siehe u.a. Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 130; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 66 ff. 91 Vgl. hierzu die grundlegende Entscheidung des US Supreme Court, Entscheidung v. 6. März 1917, McDonald v. Mabee, 243 US, S. 91: »The foundation of jurisdiction is physical power.« 92 Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 130 m.w.N. 93 Vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 3. Dezember 1945, International Shoe v. Washington, 326 US, S. 310 ff. 94 Siehe Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 383; Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 231 ff.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 245 ff.; Moelle, in: Dieners/Resse, Pharmarecht, § 13, Rn. 153; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 65 ff.; vgl. zum Aspekt der Verfassungskonformität und Fairness abermals US Supreme Court, Entscheidung v. 3. Dezember 1945, International Shoe v. Washington, 326 US, S. 316: »[…], due process requires only that in order to subject a defendant to a judgement in personam, if he be not present within the territory of the forum, he have certain minimum contacts with it such that the maintenance of the suit does not offend traditional notions of fair play and substantial justice.«

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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klagte vor einer Inanspruchnahme in einem solchen Bundesstaat geschützt werden, mit dem ihn nur unwesentliche tatsächliche Berührungspunkte verbinden.95 Zur Konkretisierung der Minimum Contacts Doctrine96 wurden nach und nach weitere Unterscheidungskriterien entwickelt (Long-Arm Statutes97),98 die zu einer Einteilung der zuständigkeitsbegründenden Kontakte in sogenannte General Contacts und Specific Contacts führten.99 Während Specific Contacts einen Bezug zum Streitgegenstand aufweisen, handelt es sich bei General Contacts um allgemeine Kriterien. Angesichts ihres fehlenden Konnexes zum Rechtsstreit muss diesen Kriterien ein stärkeres Gewicht zukommen, um im Rahmen des Verfahrens berücksichtigt zu werden.100 Abhängig davon, ob der für die Beurteilung der Zuständigkeit maßgebliche Verfahrensbeteiligte eine natürliche oder juristische Person ist, müssen unterschiedliche Kriterien herangezogen werden. General Contact natürlicher Personen kann deren Staatsangehörigkeit, ihr gewöhnlicher oder momentaner Aufenthaltsort (Tag-Jurisdiction oder Transient Jurisdiction101) sowie ihr Lebensmittelpunkt sein.102 Für juristische Personen wird zumeist der Gründungsort oder Hauptge-

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Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 56. Vgl. umfassend zur Feststellung eines Minimum Contacts anhand von sechs verschiedenen Kriterien die Ausführungen bei Oakley/Amar, American Civil Procedure, S. 101 ff. 97 Siehe zur Entwicklung der Long-Arm Statutes sowie der Notwendigkeit deren Einschränkung Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 383; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 68 ff.; Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 136; zu den verschiedenen Typen der Long-Arm Statutes bei Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 261 ff.; ferner Oakley/Amar, American Civil Procedure, S. 113 ff. 98 Vgl. zur Weiterentwicklung der Rspr. die Entscheidungen US Supreme Court, Entscheidung v. 24. Juni 1977, Shaffer et al. v. Heitner, 433 US, S. 186 ff.; US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Januar 1980, Worldwide Volkswagen Corp. et al. v. Woodson, 444 US, S. 286 ff.; US Court of Appeals of New York, Entscheidung v. 30. März 1980, Jerome Laufer v. Ira Ostrow et al., 55 N.Y. 2 d, S. 305 ff. 99 Teilweise findet sich auch die Bezeichnung als General und Specific Jurisdiction, siehe dazu Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 218; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 249. 100 Statt vieler Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 70. 101 Durch Zustellung der Ladung an den Klage- bzw. Antragsgegner während des Aufenthalts des Klage- bzw. Antragsgegners in dem Staat, in dem das Verfahren geführt werden soll, lässt sich ebenfalls die entsprechende Zuständigkeit begründen, vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 247; kritisch hierzu Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 210 f. 102 Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 210 f. m.w.N.; zum Wohnsitz und Aufenthaltsort ausführlich Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 246 ff.; siehe zum Kriterium der Staatsangehörigkeit Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 213. 96

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schäftssitz herangezogen.103 Teilweise wird bei juristischen Personen aber auch auf den Ort einer fortwährenden und systematischen (continuous and systematic) Geschäftstätigkeit (doing business) abgestellt, um die Zuständigkeit zu begründen.104 Specific Contacts sind hingegen stark einzelfallbezogen und lassen sich dementsprechend nur schwer in einzelne Kategorien fassen.105 So kann beispielsweise die Zustimmung der Parteien zur Prozessführung in einem bestimmten Forum in Form einer Gerichtsstandsvereinbarung zuständigkeitsbegründend wirken.106 Eine Unterwerfung unter die Gerichtsgewalt eines bestimmten Staates kann sich schließlich auch aus der Vornahme konkreter Aktivitäten ableiten lassen.107 Maßgeblich ist allerdings, dass die Begründung der jeweiligen Jurisdiction sowohl angemessen als auch fair (sogenannte Due Process Standards108) erscheint und die Interessen der involvierten Parteien sowie das unter Umständen bestehende Allgemeininteresse in Ausgleich gebracht werden.109 In Anbetracht der vorstehend erläuterten Zuständigkeitsregelungen des US-amerikanischen Rechts ist es für große, international agierende Unterneh-

103 Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 70; ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 56 f. 104 Verlangt wird eine wirtschaftliche Tätigkeit, die in Art und Umfang zu einer hinreichenden Verbindung mit dem Forumstaat führt; siehe weiterführend zum Kriterium des doing business bei Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 71; Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 132 f.; Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 214 f. 105 Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 73. 106 Vgl. zum Kriterium der Gerichtsstandsvereinbarung und weiteren zuständigkeitsbegründenden Kriterien Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 250 f.; zu Gerichtsstandsvereinbarungen im US-amerikanischen Recht allgemein Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 126 f. 107 Unterschieden wird zwischen forum-related und forum-directed acts; grundsätzlich lässt sich feststellen, dass je nach Gesamtumfang der forumsbezogenen Aktivität ein mehr oder weniger deutlich ausgeprägter Zusammenhang zum geltend gemachten Anspruch verlangt wird, vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 251 ff. 108 Siehe ausführlich zur Vermeidung von inconvenient litigation und dem Aspekt der Reasonableness bzw. Fairness bei Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 75; ferner Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 254 f.; ferner Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 134 f; Oakley/Amar, American Civil Procedure, S. 101 ff.; vgl. schließlich Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 235. 109 Vgl. zur Begründung des Faktors der Reasonableness US Supreme Court, Entscheidung v. 3. Dezember 1945, International Shoe v. Washington, 326 US, S. 317: »Those demands may be met by such contacts of the corporation with the state of the forum as make it reasonable, in the context of our federal system of government, to require the corporation to defend the particular suit which is brought there.«

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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men häufig schwierig, der Jurisdiction eines amerikanischen Gerichts zu entgehen.110 Verstärkt wird dieser Befund durch neuere Rechtsprechung im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten, die Internetaktivitäten der Parteien zum Gegenstand haben.111 Je nach Gestaltung des entsprechenden Internetauftritts und je nach der über die jeweilige Homepage betriebenen Geschäftstätigkeit gelangen die Gerichte zunehmend zu einer Bejahung der Zuständigkeit auch bei bloßen Onlinesachverhalten.112 Die Wahrscheinlichkeit, den weiten Zuständigkeitsbereich der US-amerikanischen Rechtsprechung umgehen zu können, wird damit zunehmend geringer. b. Residence der Beweisperson Erste Alternative zur Bestimmung der Zuständigkeit im Rahmen des 28 U.S.C. § 1782 (a) ist die Begründung der Gerichtsgewalt anhand der sogenannten Residence des Antragsgegners (»in which a person resides«). In der einschlägigen deutschen Literatur zu 28 U.S.C. § 1782 (a) wird der Begriff der Residence meist ohne nähere Begründung mit dem deutschen Wohnort113 bzw. – im Falle einer juristischen Person – mit dem Unternehmenssitz114 gleichgesetzt. Dieses Verständnis ist insbesondere in Anbetracht der Definition des Wohnortes in § 7 Abs. 1 BGB kritisch zu überprüfen. (1.) Natürliche Personen Der Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a) spricht zunächst nicht von der Residence des Antragstellers, sondern verwendet die Verbform und formuliert insoweit »the district in which a person resides«. Bedauerlicherweise verwendet das US-amerikanische Recht den Begriff resides bzw. to reside in jeweils un-

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Zum selben Ergebnis gelangen auch Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 383; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 57; Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 134 f. 111 Einen informativen Überblick der Rspr. gibt Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 265 ff.; ausführlich hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 237 ff. 112 Vgl. zur Maßgeblichkeit des Ziel- und Verwendungsortes der Waren (Stream of Commerce Doctrine) auch für den Onlinehandel Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 253, 266 ff.; vgl. grundsätzlich zur Stream of Commerce Doctrine bei Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 138. 113 Vgl. etwa (Auswahl) McDonald/Wetzler, RIW 2000, 213; unter Verwendung des Begriffs residieren wohl auch Jungermann, WuW 2014, S. 12; Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 977; Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1001. 114 So McDonald/Wetzler, RIW 2000, 213; a.A. hingegen Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1001, der auf Sitz, Eintragung und die kontinuierlichen Aktivitäten des Unternehmens alternativ abstellt.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

terschiedlichem Kontext.115 Zum einen kann durch die Verwendung des Begriffs das Konzept der sogenannten Residence gemeint sein. Zum anderen ist eine Bezugnahme zu dem Begriff des Domicile denkbar.116 Natürliche Personen haben grundsätzlich nur ein einziges117 Domicile.118 Dieses stellt den Lebensmittelpunkt der Person dar, verlangt die Anwesenheit der Person an dem jeweiligen Ort und erfordert darüber hinaus den Willen,119 dauerhaft, jedenfalls aber für einen gewissen Zeitraum, dort zu leben.120 Demgegenüber verlangt das Konzept der Residence keine Beschränkung auf einen bestimmten Ort.121 Eine Person kann daher an verschiedenen Orten Resident sein. Unterschiede gegenüber einem Domicile ergeben sich folglich insbesondere hinsichtlich der Fak-

115 Vgl. US District Court for the Northern District of New York, Entscheidung v. 30. Dezember 2009, In Re: Application of YUKOS Hydrocarbons Investments Ltd., Civ. Action No. 5:09-MC-0078 (NAM/DEP), 2009 US Dist. LEXIS 121268: »[…] the term (resides, Anm. d. Verf.) is exceddingly contextual and can either mean residence or domicile.«; vgl. ferner US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung vom 8. Dezember 2004, United States v. Jo-Ann Venturella, 391 F. 3 d, S. 125 f.: »Although ›resides‹ usually denotes residence, [...], it may also denote domicile.«; ähnlich auch in US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 18. August 2006, In Re: Application of Igor Kolomoisky, 2006 US Dist. LEXIS 58591, 2006 WL 2404332. 116 Zur eingeschränkten Verfügbarkeit von Case Law zur Auslegung des Residence Begriffs siehe Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 79; siehe zur Unterscheidung auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 246 f. m.w.N. 117 Siehe zur Beschränkung auf lediglich ein Domicile die Entscheidungen Superior Court of New Jersey, Law Division, Monmouth County, Entscheidung v. 2. Oktober 2000, Nicholas Santeez v. State Farm Insurance Company et al., 338 N.J. Super., S. 174; ferner US District Court for the Central District of California, Entscheidung v. 6. Januar 2009, Glenda M. Hornsby v. Lufthansa German Airlines, 593 F. Supp. 2 d, S. 1137. 118 Möglich ist ein Erwerb des Domicile durch Geburt (Domicile of Origin), abgeleitet von einer anderen Person (Derivative Domicile) oder durch Wahl (Domicile of Choice), vgl. Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 132. 119 Vgl. hierzu den sogenannten Animus Manedi (Wille, zu bleiben) bzw. bei Abwesenheit den Animus Revertendi (Wille zurückzukehren), vgl. Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 132; siehe zu der subjektiven Komponente auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 58. 120 Siehe zu den einzelnen Voraussetzungen auch in der Rspr. die Entscheidungen US District Court for the Northern District of California, Entscheidung v. 4. Oktober 2009, In Re: Air Crash over the Mid-Atlantic on June 1, 2009, 760 F. Supp. 2 d, S. 832 ff.; außerdem US District Court for the Northern District of New York, Entscheidung v. 30. Dezember 2009, In Re: Application of YUKOS Hydrocarbons Investments Ltd., Civ. Action No. 5:09MC-0078 (NAM/DEP), 2009 US Dist. LEXIS 121268. 121 Siehe wiederum die Entscheidungen Superior Court of New Jersey, Law Division, Monmouth County, Entscheidung v. 2. Oktober 2000, Nicholas Santeez v. State Farm Insurance Company et al., 338 N.J. Super., S. 174; ferner US District Court for the Central District of California, Entscheidung v. 6. Januar 2009, Glenda M. Hornsby v. Lufthansa German Airlines, 593 F. Supp. 2 d, S. 1137.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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toren der Dauerhaftigkeit und der Kontinuität.122 Dementsprechend wird es zur Begründung der Residence bereits als ausreichend erachtet, wenn eine Person z.B. durch gelegentliche, über das Jahr verteilte nicht nur kurzfristige Aufenthalte eine gewisse Verbindung zu einem Ort aufgebaut hat.123 In Anbetracht der durch die Rechtsprechung zu 28 U.S.C. § 1782 (a) angenommenen Auslegungsfähigkeit des Begriffs to reside ist fraglich, ob eine Zuständigkeit lediglich am Gerichtsort des (einzigen) Domicile des Antragsgegners oder aber auch an den unter Umständen weiteren Orten seiner Residence begründet werden kann. (a.) Bestehende Auslegungsmöglichkeiten Vertreten wird teilweise, dass durch die Verwendung des Begriffs Residence »ohne nähere Definition zur Begründung einer gerichtlichen Zuständigkeit« ein Bezug zu dem Konzept des Domicile hergestellt würde.124 Diese allgemein übliche Herangehensweise im Rahmen des Statute Law sei auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zu übertragen, so dass eine Zuständigkeit allein am Ort des Domicile des Antragsgegners begründet werden könne.125 Einzuwenden ist hiergegen allerdings, dass das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) der gesetzgeberischen Intention nach weitreichende Beweisermittlungsmöglichkeiten eröffnen will und folglich eine Beschränkung auf das Domicile kaum beabsichtigt sein kann.126 Darüber hinaus erschließt sich eine Beschränkung auch bei Berücksichtigung der weiteren Modalitäten des 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht. Die zweite Alternative zur Begründung der Zuständigkeit (»district in which a person […] is found«) basiert auf der Feststellung des schlichten Aufenthaltsortes des Antragsgegners und gestattet damit umfassende Möglichkeiten zur Begründung der Zuständigkeit. Weshalb die erste Alternative der Residence daher entgegen des Konzepts der Modalitätenäquivalenz eng auszulegen 122

Vgl. Superior Court of New Jersey, Law Division, Monmouth County, Entscheidung v. 2. Oktober 2000, Nicholas Santeez v. State Farm Insurance Company et al., 338 N.J. Super., S. 174: »Residence, on the other hand, though parallel in many respects to domicile, is something quite different in that the elements of permanency, continuity [...] are missing. [...] that plaintiff and his wife are domiciled in Florida. They consider it to be their home, in accordance with the common statement, ›Home is where the heart is‹.« 123 Mit weiteren Beispielen zur Begründung der Residency US District Court for the Northern District of New York, Entscheidung v. 30. Dezember 2009, In Re: Application of YUKOS Hydrocarbons Investments Ltd., Civ. Action No. 5:09-MC-0078 (NAM/DEP), 2009 US Dist. LEXIS 121268; vgl. zur größeren Reichweite der Residency gegenüber dem Domicile bei Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 79. 124 So Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 58 f. 125 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 58 f. m.w.N. 126 Siehe dazu Smit, 25 Syracruse Journal of International Law & Commerce (1998), 9 f., der ebenfalls auf die liberale Grundausrichtung des 28 U.S.C. § 1782 (a) hinweist und dementsprechend ebenfalls auf die Residence des Antragsgegners abstellen will.

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sein sollte, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen scheint auch die Rechtsprechung diesen Weg einer weiten Auslegung des Begriffs to reside zu gehen und hat jedenfalls im Rahmen verschiedener Entscheidungen eine Subsumtion des Begriffs der Residence vorgenommen, nachdem zuvor eine Anwendbarkeit des Domicile-Konzepts angedacht wurde.127 Entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift ist daher die Residence des Antragsgegners maßgeblich und zur Bestimmung der Zuständigkeit heranzuziehen.128 (b.) Exkurs: Verständnis der Residence und Verortung im deutschen Recht Um dieses Ergebnis in das deutsche Verständnis des Wohnsitzes gemäß § 7 Abs. 1 BGB einzuordnen, soll auch hierzu kurz Bezug genommen werden. Im deutschen Recht bezeichnet der Wohnsitz den räumlichen Schwerpunkt der gesamten Lebensverhältnisse einer Person.129 Der Wohnsitz ist dabei nicht die Wohnung, sondern die kleinste politische Einheit, zumeist die Gemeinde.130 Die Begründung des Wohnsitzes erfolgt durch Niederlassung mit sogenanntem Domizilwillen, d.h. die betreffende Person muss den Willen haben, den Ort zum ständigen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse zu machen.131 Werden zwei Wohnungen dauerhaft unterhalten und stellen beide den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse dar, liegt entsprechend ein Doppelwohnsitz vor (§ 7 Abs. 2 BGB).132 Diesem Verständnis des Wohnsitzes entspricht jedoch weder der Begriff der Residence noch der Begriff des Domicile vollumfänglich. Zwar hat das deutsche Wohnsitzverständnis mit der Residence gemeinsam, dass eine unbedingte Fokussierung auf lediglich einen Ort nicht verlangt wird. Allerdings fehlt der Residence der im deutschen Recht geforderte Domizilwille, um einen

127

Die Rspr. erging im Rahmen eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a), bezog sich allerdings auf den Erlass einer Subpoena gem. Rule 45 (c) (3) (A) (ii) FRCP und deren Zustellung an den Antragsgegner, vgl. US District Court for the Northern District of New York, Entscheidung v. 30. Dezember 2009, In Re: Application of YUKOS Hydrocarbons Investments Ltd., Civ. Action No. 5:09-MC-0078 (NAM/DEP), 2009 US Dist. LEXIS 121268; siehe ferner, allerdings in strafrechtlichem Kontext, das Urteil des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung vom 8. Dezember 2004, United States v. Jo-Ann Venturella, 391 F. 3 d, S. 120 ff. 128 In diesem Sinne auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 245 f.; zu zurückhaltend demnach Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 58 f. 129 Statt vieler Palandt/Ellenberger, 74. Auflage, § 7, Rn. 1; ferner MüKo/Schmitt, BGB, 6. Auflage, § 7, Rn. 8 f. 130 Vgl. insoweit die Bedeutung des Wortes Ort in § 7 Abs. 1 BGB, siehe Palandt/Ellenberger, 74. Auflage, § 7, Rn. 1. 131 Vgl. in Abgrenzung hierzu die Begriffe des Aufenthalts bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts, des dienstlichen Wohnsitzes sowie der gewerblichen Niederlassung Palandt/Ellenberger, 74. Auflage, § 7, Rn. 2 f. 132 Palandt/Ellenberger, 74. Auflage, § 7, Rn. 13.

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Wohnsitz überhaupt zu begründen.133 Auf eine Verwendung der Begrifflichkeit des Wohnsitzes oder Wohnortes im Zusammenhang mit 28 U.S.C. § 1782 (a) sollte daher verzichtet werden. (2.) Juristische Personen Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Zuständigkeit im Falle des Vorliegens einer juristischen Person als Antragsgegner ist naheliegenderweise ebenfalls die Formulierung resides bzw. to reside im Normtext des 28 U.S.C. § 1782 (a).134 Im Unterschied zu der Untersuchung der Zuständigkeitsregelungen für natürliche Personen, die sich auf eine Abgrenzung der Begrifflichkeiten der Residence und des Domicile reduzieren ließ, spielt diese Unterscheidung für juristische Personen keine Rolle. Die Begriffe (Residence und Domicile of Corporation) werden von der Rechtsprechung für juristische Personen größtenteils synonym verwandt.135 Der den beiden Begrifflichkeiten zugemessene Bedeutungsgehalt hat sich allerdings über die Jahre hinweg gewandelt. Ursprünglich verband man in Literatur136 und Rechtsprechung137 mit der Residence und dem Domicile of Corporation den Gründungsort oder den Gründungsstaat der Unterneh-

133 So kann etwa im deutschen Recht durch einen bloßen Aufenthalt, z.B. am Studienort, ein Wohnsitz nicht begründet werden; im amerikanischen Recht dürfte dieser Aufenthalt hingegen zur Begründung einer Residence genügen, vgl. Palandt/Ellenberger, 74. Auflage, § 7, Rn. 7; zum US-amerikanischen Recht siehe US District Court for the Northern District of New York, Entscheidung v. 30. Dezember 2009, In Re: Application of YUKOS Hydrocarbons Investments Ltd., Civ. Action No. 5:09-MC-0078 (NAM/DEP), 2009 US Dist. LEXIS 121268. 134 Vgl. zur Bedeutung des Begriffs der Residence auch für juristische Personen Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 248. 135 Vgl. bereits früh die Entscheidung des US Supreme Court, Entscheidung v. 18. Dezember 1882, St. Clair v. Cox, 106 US, S. 359. 136 Siehe etwa Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 212 f.; ferner Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 246: entscheidend ist der »Staat ihrer Registereintragung«; Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 132; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 59. 137 Vgl. u.a. die Entscheidungenen: US Supreme Court, Entscheidung v. 18. Dezember 1882, St. Clair v. Cox, 106 US, S. 359; Supreme Court of Missouri, Entscheidung v. 11. April 1960, State of Missouri et al. v. Riss and Company, Inc., No. 45396, 335 S.W. 2d, S. 131: »[...] the legal existence, the home, the domicile, the habitat, the residence, the citizenship of the corporation [...]«; Supreme Court of Montana, Entscheidung v. 1. Juli 1924, Allen et al. v. Montana Refining Co. et al., No. 5,484, 71 Mont. 105, 227 P., S. 586; Supreme Court of North Carolina, Entscheidung v. 19. Februar 1907, Garrett & Co. v. Isadore Bear, 144 N.C. 23, 56 S.E., S. 479 ff.; Supreme Court of Tennessee (Nashville), Entscheidung v. Dezember 1894 [Datum unbekannt, Anm. d. Verf.], Grundy County v. Tennessee Coal, etc., Co., 29 S.W. 116; 94 Tenn. S. 309; Court of Civil Appeals of Texas (Amarillo), Entscheidung v. 13. April 1942, Merchants Fast Motor Lines, Inc., et al. V. Levens, No. 5435, 161 S.W. 2 d, S. 854.

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mung.138 Dieses enge Begriffsverständnis ist im Hinblick auf Streitigkeiten mit Bezug zum Federal Law jedoch nicht länger aufrechtzuerhalten. Aus 28 U.S.C. § 1332 (c) (1) ergibt sich, dass dem Gründungssitz zwar weiterhin eine große Bedeutung zukommt, aber zusätzlich auch der Ort der Hauptniederlassung oder der Hauptfirmensitz (sogenannter Principal Place of Business) herangezogen werden kann: »[...] a corporation shall be deemed to be a citizen of every State and foreign state by which it has been incorporated and of the State or foreign state where it has its principal place of business.«139 Fallen die beiden Orte im Einzelfall auseinander, kann ein Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) grundsätzlich in beiden Zuständigkeitsbereichen initiiert werden.140 Dennoch sollte aus Antragstellersicht derjenige Bezirk mit der stärksten Verbindung zum Antragsgegner gewählt werden.141 Denn die Gerichte lehnen zusätzliche Anträge in der Regel als unzumutbar ab und bescheiden allein den sachnäheren Antrag (z.B. am Hauptfirmensitz), um doppelten Aufwand zu vermeiden.142 Hinsichtlich der Feststellung des Principal Place of Business werden seitens der Rechtsprechung strenge Maßstäbe angelegt. Die Betätigung einer

138 Siehe zu den Grundzügen der Gründungstheorie Staudinger/Großfeld, IntGesR, Rn. 22 ff, 31 ff., 182 ff., 209 ff., vgl. zu den Nachteilen Rn. 52 ff. 139 Die Regelung dient der Einschränkung der Diversity Jurisdiction und soll verhindern, dass eine in einem anderen Staat gegründete Gesellschaft, die in einem wiederum anderen Staat ihren Principal Place of Business hat, die Diversity Voraussetzungen erfüllt und daher Zugang zu den Bundesgerichten hat, während eine einheimische Gesellschaft diesen nicht hätte, vgl. Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 132; siehe hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 248. 140 Siehe Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 70 m.w.N.; im Übrigen ergibt sich diese doppelte Zuständigkeit auch aus dem noch zu erläuternden is found-Kriterium in 28 U.S.C. § 1782 (a), da dieses aufgrund der Geschäftstätigkeit am Hauptfirmensitz regelmäßig ebenfalls erfüllt sein wird, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 60; häufig wird daher in der Rspr. auf eine konkrete Einordnung verzichtet und schlicht festgestellt, dass das entsprechende Unternehmen im relevanten Staat entweder resides oder jedenfalls found sei, vgl. US District Court for the Middle District of Florida (Jacksonville Division), Entscheidung v. 19. April 2013, In Re: Application of Setraco Nigeria Ltd., 2013 US Dist. LEXIS 56441. 141 Jungermann, WuW 2014, 12. 142 Jungermann, WuW 2014, 12; vgl. ferner die Entscheidung des US District Court for the Western District of New York, Entscheidung v. 7. September 2011, Lufthansa Technik AG v. Astronics Corp., 11-CV-628 A, 2011 WL 3957509: »[...], the Court finds that its sister court in Washington should address this litigation in the first instance. [...] the district court in Washington will have a closer connection to the ongoing German litigation. Additionally, letting one court adjudicate the pending issues will eliminate the possibility of two different district courts issuing conflicting rulings.«; bestätigt durch US Court of Appeals for the Ninth Circuit, Entscheidung v. 7. März 2014, Lufthansa Technik AG v. Astronics Corp., No. 12-35820, 2014 US App. LEXIS 4322, allerdings ohne die Frage der Zuständigkeit konkret

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Tochtergesellschaft sowie die Registrierung einer Handelsgesellschaft im fraglichen Forum sollen jedenfalls nicht ausreichen, um eine Zuständigkeit anhand des Principal Place of Business zu begründen.143 Im Übrigen trifft den Antragsteller die Beweislast für den Nachweis, dass der Antragsgegner seinen Hauptfirmensitz tatsächlich im Gerichtsbezirk unterhält.144 c. Aufenthaltsort der Beweisperson In Ergänzung des bereits durch das Residence-Kriterium eröffneten Zuständigkeitsbereichs ermöglicht 28 U.S.C. § 1782 (a) die Begründung der Zuständigkeit anhand des Aufenthaltsortes der Beweisperson (»the district court in which a person […] is found«). Unterschiede ergeben sich wiederum bei der Bestimmung des Aufenthaltsortes von natürlichen Personen einerseits sowie von juristischen Personen andererseits. (1.) Natürliche Personen Zur Begründung der Zuständigkeit eines bestimmten Forums anhand des Aufenthaltsortes einer Person wird in der amerikanischen Rechtsprechung auf die bereits erwähnte Tag-Jurisdiction (auch Transient Jurisdiction genannt) zurückgegriffen.145 Dabei entsteht Personal Jurisdiction im jeweiligen Forum durch Zustellung der Klage auch während eines lediglich vorübergehenden Aufenthalts in den USA und unabhängig von einer etwaigen anderen Residence der Partei.146 Es herrscht Uneinigkeit darüber, ob es sich bei der Tag-Jurisdiction um eine Ausprägung der Minimum Contacts Doctrine handelt oder um eine eigenständige, historisch gewachsene Form der Zuständigkeitsbegründung.147 Unabhängig von der Beantwortung dieser Frage erfolgt jedenfalls eine

zu beantworten; vgl. ferner die Entscheidung des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 24. January 2014 Lufthansa Technik AG v. Astronics Corp., Case No. 11-4116, 2014 U.S. App. LEXIS 1352. 143 Vgl. US District Court for the Western District of Michigan, Southern Division, Entscheidung vom 13 Juni 2007, In Re: The Application of Nokia Corp., 2007 US Dist. LEXIS 42883, 2007 WL 1729664; hierzu ebenfalls Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 197. 144 Siehe die Entscheidung US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 18. August 2006, In Re: Application of Igor Kolomoisky, 2006 US Dist. LEXIS 58591, 2006 WL 2404332; bezugnehmend Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 197. 145 Siehe hierzu die ausführlichen Nachweise unter Teil 3, § 2, IV., 2., a. 146 Vgl. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 87 f.; vgl. zur kritischen Haltung der kontinentaleuropäischen Staaten Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 247 f.; siehe zur Vereinbarkeit der Tag-Jurisdiction bzw. Transient Jurisdiction mit der amerikanischen Verfassung US Supreme Court, Entscheidung v. 28. Februar 1990, Burnham v. Superior Court of California (County of Main), 495 US, S. 604 ff.; siehe hierzu schließlich auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 250 f. 147 Vgl. Oakley/Amar, American Civil Procedure, S. 103.

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vergleichbare Prüfung: Neben dem ohnehin notwendigen Contact mit dem Forum wird im Rahmen der sogenannten Purposefulness geprüft,148 ob es sich bei dem festgestellten Contact um einen seitens des Antragsgegners freiwillig und selbstbestimmt veranlassten Contact handelt.149 Relevant wird die durch das liberale is found-Kriterium ermöglichte Zuständigkeitsbegründung insbesondere dann, wenn der Ort der Residence des Antragsgegners nicht bekannt ist oder – etwa aufgrund eines Auslandsbezuges des Sachverhalts – nicht ermittelt und die Ladung daher nicht zugestellt werden kann. Insbesondere bei Auslandssachverhalten wird der Antragsteller – nach Erlass der Beweisanordnung durch das Gericht – versuchen, die Ladung unmittelbar nach Einreise der Beweisperson in das maßgebliche US-Forum zuzustellen, um die Zuständigkeit nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zu begründen.150 Diese Form der Zuständigkeitsbegründung ist in der US-amerikanischen Rechtsprechung zwar nicht gänzlich unumstritten,151 wird jedoch anerkannt und durchweg praktiziert.152 Mit Verweis auf die ebenfalls mittels der TagJurisdiction vorgenommene Begründung eines Klageforums, wird unter Zuhilfenahme eines Erst-Recht-Schlusses gefolgert, dass jedenfalls die Zustellung einer Ladung zur Vornahme einer Beweisermittlung (als weniger belastende

148 Siehe zu den weiteren Kriterien Oakley/Amar, American Civil Procedure, S. 103; vgl. zur Frage der Purposefulness auch US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Januar 1980, Worldwide Volkswagen Corp. et al. v. Woodson, 444 US, S. 297. 149 Vgl. zur Frage der Absehbarkeit eines Kontakts mit dem entsprechenden Forum (hier: allerdings bezogen auf bestimmte Produkte) die Entscheidung US Supreme Court, Entscheidung v. 24. Februar 1987, Asahi Metal Industry Co., Ltd. v. Superior Court of California (Solano County), 480 US, S. 122. 150 Siehe Jungermann, WuW 2014, 13; Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 5 f., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/news letter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 80 f.; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 60 ff. 151 Hierzu kritisch Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 210 f.; ebenso Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 80 f.; ferner Smit, 25 Syracruse Journal of International Law & Commerce (1998), 10. 152 Vgl. US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 1 Juli 2002, In Re: Application of Edelman v. Taittinger, No. 01-7257, 295 F. 3d, S. 171 ff.; eine ausführliche Analyse der Rspr. findet sich bei Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 250 f.; für eine großzügige Auslegung der Zuständigkeitsregelungen auch US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 4. Januar 2007, In Re: Gemeinschaftspraxis Dr. Med. Schottdorf, 2006 WL 3844464; siehe zur vorgenannten Entscheidung auch Augenstein, Discovery for Germany, in: Preu Bohlig Mandantenbrief Januar 2008, abrufbar unter https://www.preubohlig.de/deutsch/mandantenbriefe/mandantenbriefJ an08.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016).

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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Maßnahme im Vergleich zur Klagezustellung) mittels Tag-Jurisdiction möglich sein müsse.153 Thematisiert wird in diesem Zusammenhang ferner, ob der Erlass der ex parte beantragten Beweishilfeanordnung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) durch eine Subpoena ((Vor-)Ladung154) – in Anbetracht des Wortlauts der Vorschrift – nur zeitgleich mit dem Eintreffen des Antragsgegners im Gerichtsforum und damit erst dann erfolgen kann, wenn der Antragsgegner sich tatsächlich im relevanten Zuständigkeitsbereich befindet. Denn andernfalls sei der Antragsgegner jedenfalls nicht »[is] found« im Sinne des Wortlauts des Normtextes.155 Dieses zusätzliche Erfordernis wird allerdings von der Rechtsprechung als überflüssig angesehen und auch mehrheitlich von der Literatur abgelehnt.156 Könnte der Erlass der Beweishilfeanordnung (durch Unterzeichnung der Anordnung durch das Gericht) erst bei Eintreffen des Antragsgegners im maßgeblichen Forum vorgenommen werden, wäre der Antragsteller unnötigerweise gehalten, die Ankunft des Antragsgegners im US-Gerichtsforum abzuwarten und könnte erst dann bei dem jeweils zuständigen US Distirct Court vorstellig werden, um den Beweishilfeantrag einzureichen. Der US Court of Appeals for the Second Circuit führt insoweit aus: »In addition, we question the degree of ›protection‹ that would be afforded by the temporal restriction suggested by Taittinger. Although it would allow him to avoid a deposition, it does not appear that such a rule would be of practical significance in the future. To comply with the restriction, a party seeking discovery would have to wait until the unsuspecting prospective deponent wanders into the district, and then rush to the courthouse to have a judge sign an already-drafted discovery order (or leave a drafted order with the judge and place a call requesting a signature once the prospective deponent enters the district). We see

153

Vgl. US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 1 Juli 2002, In Re: Application of Edelman v. Taittinger, No. 01-7257, 295 F. 3d, S. 179; bezugnehmend Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 61. 154 Siehe zu dem mehrdeutigen Begriffsverständnis der Subpoena bereits unter Teil 2, § 2, II. 155 Siehe zur Argumentation i.R.d. Entscheidung US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 1 Juli 2002, In Re: Application of Edelman v. Taittinger, No. 017257, 295 F. 3d, S. 177 ff.; vgl. auch US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 20. April 2006, In Re: Application of Microsoft Corp., 428 F. Supp. 2d, S. 193. 156 So auch die Literatur vgl. Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 5 f., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/ materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); so wohl auch Jungermann, WuW 2014, 13; zurückhaltend aber Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 80 f., der jedenfalls bei Erlass der Subpoena eine gewisse Kontrolle dahingehend fordert, ob ein Erscheinen des Antragsgegners im maßgeblichen Forum überhaupt möglich bzw. wahrscheinlich ist, andernfalls gründe sich der Erlass der Subpoena allein auf der Hoffnung, dass der Antragsgegner irgendwann erscheinen werde.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

no benefit in requiring those involved in this process to be compelled to jump through such procedural hoops.«157

Demzufolge kann ein Antrag nach 28 U.S.C. § 1782 (a) – vobehaltlich seiner Zustellung – bereits dann (ex parte) erlassen werden, wenn lediglich abzusehen ist, dass die Beweisperson zukünftig im Forum erscheinen wird. Eine noch weitreichendere Wirkung des is found-Kriteriums ergibt sich schließlich durch die Möglichkeit, eine Subpoena zu beantragen, die nicht individualisiert ist, sondern sich auf eine bestimmte Gruppe von Personen erstreckt, der Zugang zu relevanten Informationen unterstellt wird.158 Die Reichweite einer solchen auf 28 U.S.C. § 1782 (a) basierenden Subpoena ist damit nicht nur in zeitlicher Hinsicht, sondern auch in personaler Hinsicht äußerst flexibel und umfassend ausgestaltet. (2.) Juristische Personen Hinsichtlich der Anwendung des is found-Kriteriums auf juristische Personen bestehen verschiedene, teilweise heftig umstrittene Anknüpfungspunkte.159 So wird diskutiert, ob bereits die bloße Anwesenheit eines Unternehmensvertreters (z.B. des Geschäftsführers oder eines Vorstandsmitglieds) zur Zeit der Zustellung der Subpoena gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) ausreichen soll, um – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – eine Verpflichtung zur Offenlegung gegenüber der Gesellschaft zu erreichen.160 Im allgemeinen Zuständigkeitsrecht wird die Maßgeblichkeit eines bestimmten (Klage-)Forums allein durch Zustellung an den im jeweiligen Forum vorübergehend anwesenden Unternehmensvertreter (Corporate Agent) abgelehnt, sofern keine anderweitigen Minimum Contacts der Gesellschaft zum Forumstaat bestehen.161 Ob diese Sicht-

157 US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 1 Juli 2002, In Re: Application of Edelman v. Taittinger, No. 01-7257, 295 F. 3d, S. 178. 158 Vgl. zu den sogenannten Blanko-Subpoenas, vgl. US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 1 Juli 2002, In Re: Application of Edelman v. Taittinger, No. 017257, 295 F. 3d, S. 174: »[...] the issuance of subpoenas for deposition testimony to any ›additional individuals and entities with knowledge and information‹«; vgl. allerdings zu den möglichen Einschränkungen durch Rule 45 FRCP Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 62. 159 Einen Überblick gibt Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 251 ff. 160 Siehe statt vieler Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 62 m.w.N. 161 Vgl. etwa Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 133; ebenso Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 57, S. 62; vgl. hinsichtlich der non-resident agents US Supreme Court, Entscheidung v. 4. März 1915, Riverside and Dan River Cotton Mills v. Menefee, 237 US, S. 189 ff.; siehe auch US Supreme Court, Entscheidung v. 3. Dezember 1945, International Shoe v. Washington, 326 US, S. 317; zum Erfordernis anderweitiger Minimum Contacts neben der bloßen Tätigkeit eines Corporate Agent siehe US Supreme Court,

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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weise allerdings auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) übertragen werden kann, ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt. In einem Beweisermittlungsverfahren zur Unterstützung eines amerikanischen Verfahrens folgerte das Gericht,162 dass eine auch nur vorübergehende Anwesenheit eines Unternehmensvertreters ausreiche, schließlich seien die von einer Beweisermittlung ausgehenden Belastungen nicht vergleichbar mit jenen einer Klagezustellung.163 Daher seien auch die Anforderungen an die Begründung der Zuständigkeit abzusenken. Eine Heranziehung dieser Rechtsprechung im Rahmen des 28 U.S.C. § 1782 (a) ist nicht unproblematisch.164 In Anbetracht der internationalen Tätigkeit global agierender Konzerne und der damit verbundenen Reisetätigkeit der verantwortlichen Unternehmensvertreter wäre eine Zuständigkeit nahezu überall in den USA begründbar.165 Darüber hinaus darf in Zweifel gezogen werden, ob die Belastungen einer Beweisermittlung dauerhaft geringer sind als bei einer Klagezustellung. In der Regel werden die Ergebnisse der Beweisermittlung zur Vorbereitung eines Verfahrens gegen den auch zur Beweisermittlung Verpflichteten herangezogen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich die tatsächlichen Einschränkungen durch die Beweisermittlung in Form der Ressourcenbindung und angesichts des Kostenfaktors einer Discovery letztlich als ähnlich belastend herausstellen wie die Durchführung des Klageverfahrens selbst.166 Im Ergebnis ist eine Zuständigkeitsbegründung durch bloße Zustellung an einen im Forum nur vorübergehend anwesenden Corporate Agent im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) folglich abzulehnen. Zumeist wird eine Zuständigkeitsbegründung daher anhand des bereits erläuterten Kriteriums des doing business, d.h. einer fortwährenden und systematischen (continuous and systematic) Geschäftstätigkeit vorgenommen.167 Der Vorschlag einer Gleichstellung der ursprünglich auf natürliche Personen Entscheidung v. 4. März 1915, Perkins v. Benguet Consolidated Mining Co. et al., 342 US, S. 444 f., S. 448 f. 162 Siehe die Entscheidung US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung vom 10. Juni 1998, First American Corp. v. Price Waterhouse LLP, 154 F. 3d, S. 16 ff., die allerdings nicht zu 28 U.S.C. § 1782 (a) erging. 163 US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung vom 10. Juni 1998, First American Corp. v. Price Waterhouse LLP, 154 F. 3d, S. 20: »[...] a person who is subjected to liability by service of process far from home may have better cause to complain of an outrage to fair play than one similarly situated who is merely called upon to supply documents or testimony.« 164 Kritisch hierzu auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 62. 165 So auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 64, allerdings im Hinblick auf den allgemeinen Anwendungsbereich des 28 U.S.C. § 1782 (a). 166 Zum Aspekt der anfallenden Kosten allgemein Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1006; zur Problematik der Kostentragung auch Thole/Gnauck, RIW 2012, 422 f. 167 Siehe hierzu unter Teil 3, § 2, IV., 2., a.; vgl. ferner zu den möglichen Begründungen der Anwesenheit einer juristischen Person Junker, IPRax 1986, 199 ff.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

gemünzten Präsenz im Gerichtsforum mit der Vornahme einer gewissermaßen dauerhaften Geschäftsbetätigung durch juristische Personen im Rahmen des 28 U.S.C. § 1782 (a) erfolgte erstmals durch Hans Smit168 und wurde von der Rechtsprechung aufgegriffen.169 Erforderlich ist eine wirtschaftliche Tätigkeit, die in Art und Umfang hinreichend mit dem in Betracht kommenden Gerichtsbezirk verbunden ist.170 Entscheidende Frage ist insoweit, welches Maß an geschäftlicher Tätigkeit notwendig ist, um eine solche hinreichende Verbindung mit dem maßgeblichen Gerichtsforum zu begründen.171 Die Rechtsprechung stellt hierfür auf die bereits bekannten Minimum Contacts ab und ergänzt diese um den Faktor der sogenannten Reasonableness: »The terms ›present‹ or ›presence‹ are used merely to symbolize those activities of the corporation’s agent within the state which courts will deem to be sufficient to satisfy the demands of due process. Those demands may be met by such contacts of the corporation with the state of the forum as make it reasonable, in the context of this federal system of government, to require the corporation to defend the particular suit which is brought there. An ›estimate of the inconveniences‹ which would result to the corporation from a trial away from its ›home‹ or principal place of business is relevant in this connection.«172

Werden ausreichende Minimum Contacts festgestellt,173 ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, welche Konsequenzen sich aus der Zuständigkeit des gewählten Forums ergeben könnten. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere entste-

168

Smit, 25 Syracruse Journal of International Law & Commerce (1998), 10, hatte bereits der Kommission zur Überarbeitung des 28 U.S.C. § 1782 (a) im Jahr 1964 angehört und übertrug das Kriterium des (doing) continuous and systematic business aus dem allgemeinen Zuständigkeitsrecht auf 28 U.S.C. § 1782 (a): »Insofar as the term [found; Anm. d. Verf.] applies to legal rather than natural persons, it may safely be regarded as referring to judicial precedents that equate systematic and continuous local activities with presence.« 169 Vgl. etwa die nachstehenden Entscheidungen, die teilweise direkt Bezug zu der maßgeblichen Textpassage in Smits Aufsatz nehmen: US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 5. Dezember 2007, In Re: Application of David Godfrey, 526 F. Supp. 2 d, S. 422; US District Court for the Southern Division of Florida, Entscheidung v. 19. Januar 2011, In Re: Application of Inversiones Gasolinera Petroleos Valenzuela, et al., No. 08-20378-MC-UNGARO/SIMONTON, 2011 US Dist. LEXIS 5201; US District Court for the District of Columbia, Entscheidung v. 31. Oktober 2011, In Re: Application of Thai-Lao Lignite (Thailand) Co., Ltd., 821 F. Supp. 2d, S. 289 ff.; US Supreme Court, Entscheidung v. 4. März 1915, Perkins v. Benguet Consolidated Mining Co., et al., 342 US, S. 437 ff. 170 Vgl. statt vieler Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 133. 171 Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 215. 172 Vgl. die insoweit grundlegende Entscheidung US Supreme Court, Entscheidung v. 3. Dezember 1945, International Shoe v. Washington, 326 US, S. 317; ebenso US Supreme Court, Entscheidung v. 24. April 1984, Helicopteros Nacionales de Colombia v. Hall et al., 466 US, S. 416. 173 Die von der Rspr. heangezogenen bzw. maßgeblichen Contacts sind nahezu unünerschaubar, u.a. wurden zur Begründung verwandt: Unterhalt einer Filiale mit eigener Ge-

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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hende Belastungen für den Antragsgegner, die Bedeutung der Forumswahl für die Interessen des Antragstellers sowie die Existenz möglicher Alternativforen und der Grundsatz der Prozessökonomie.174 Die Begründung des zuständigen Forums kann vor allem im Zusammenhang mit modernen Formen der (Online-)Geschäftstätigkeit Probleme bereiten.175 So kann beispielsweise die örtliche Zuordnung der von einem Unternehmen betriebenen Website die gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung erschweren.176 Die Rechtsprechung favorisiert insoweit eine Unterscheidung nach Art der jeweils unterhaltenen Webseite und nach Zuschnitt der über die Webseite betriebenen wirtschaftlichen Tätigkeit. Handelt es sich lediglich um eine sogenannte passive Webseite mit bestimmtem Informationsgehalt, jedoch ohne konkretes Warenangebot, kommt eine Zuständigkeitsbegründung kaum in Betracht.177 Wird der Onlineauftritt allerdings als zielgerichtetes Mittel der regelmäßigen (Online-)Geschäftstätigkeit eingesetzt, ist für gewöhnlich die Ausübung richterlicher Hoheitsgewalt angemessen.178 Probleme bei der Zuständigkeitsbestimmung ergeben sich schließlich auch bei den bereits erwähnten Konzernsachverhalten. Ergeht eine Anordnung im Sinne des 28 U.S.C. § 1782 (a) etwa gegenüber der US-Konzerntochter oder -mutter, stellt sich die Frage, ob damit unisono ein Zugriff auf diejenigen

schäftstätigkeit, vgl. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 219 m.w.N.; nicht ausreichend hingegen sei das Innehaben von Bankkonten, vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 24. April 1984, Helicopteros Nacionales de Colombia v. Hall et al., 466 US, S. 418; (vorhersehbares) Warenangebot bzw. absehbarer Warenabsatz, vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Januar 1980, Worldwide Volkswagen Corp. et al. v. Woodson, 444 US, S. 286 ff.; siehe allerdings bei fehlender Vorhersehbarkeit US Supreme Court, Entscheidung v. 24. Februar 1987, Asahi Metal Industry Co., Ltd. v. Superior Court of California (Solano County), 480 US, S. 102 ff.; eine Unterteilung bzw. der Versuch einer Kategorisierung findet sich bei Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 251 ff. sowie bei Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 218 ff. 174 Hierzu ausführlich Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 255; vgl. ferner Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 216 ff. 175 Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 133; siehe ferner Winkler/Recke, NZG 2005, 246 f.; siehe hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 253 f. 176 Vgl. hierzu umfassend Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 265 ff. 177 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 269. 178 Vgl. zu dem Graubereich interaktiver Websites Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 269, die darauf hinweist, dass eine Bejahung gerichtlicher Zuständigkeit von der Art und vom Umfang des konkret vorgenommenen Informationsaustauschs sowie vom der kommerziellen Ausrichtung und der Nähe zum Streitgegenstand abhängt; weiterführend Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 253 f.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

bei der ausländischen179 Konzernmutter bzw. -tochter befindlichen Informationen möglich ist.180 In Anbetracht der zuvor festgestellten grundsätzlichen Geltung der FRCP für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a)181 behilft sich die Rechtsprechung mit einer Anleihe aus den FRCP, um die Zugriffsbefugnisse im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zu definieren.182 Ausgangspunkt sind dabei die in Teilen wortgleichen Regelungen der Rule 34 (a) (1) FRCP und der Rule 45 (a) (1) (A) (iii) FRCP.183 In Bezug auf die Verpflichtung einer Partei zur Vornahme einer Document Discovery wird jeweils ausgeführt, dass diese Verpflichtung all jene Dokumente betreffe, die sich in »the responding party’s possession, custody, or control« befinden.184 Maßgeblich für die Handhabung von Konzernsachverhalten ist die Alternative »the responding party’s […] control« (sogenannter Control Test185). Hierunter versteht die Rechtsprechung die nicht notwendigerweise mit dem Besitz einhergehende rechtliche oder auch nur tatsächliche Macht, die Vorlage der Beweismittel zu bewirken.186 Die Ausübung von Control im vorgenannten Verständnis kann nach herrschender Sichtweise im US-amerikanischen Recht nur

179 Unabhängig vom Vorliegen eines Konzernsachverhalts können sich aufgrund der Auslandsbelegenheit der Beweismittel auch noch andere Einschränkungen der Beweisermittlungstätigkeit i.R.d. Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ergeben; vgl. zu den allein durch die Auslandsbelegenheit verursachten Einschränkungen unter Teil 3, § 2, V., 1. 180 Siehe zur geschilderten Problematik Jungermann, WuW 2014, 14. 181 Vgl. oben Teil 3, § 1, II. 182 Siehe etwa die Entscheidung US District Court for the District of Coulmbia, Entscheidung v. 23. Mai 2005, Norex Petroleum Ltd. v. Chubb Insurance Co. Of Canada, et al., 384 F. Supp. 2d, S. 56. 183 Bei Rule 34 FRCP handelt es sich um die maßgebliche Norm für die Vornahme einer Document Discovery gegenüber den Parteien des Verfahrens, bei Rule 45 FRCP hingegen um die einschlägige Norm für die Vornahme einer Document Discovery gegenüber Dritten; siehe hierzu auch Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 6, abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/ pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016) sowie Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 258 ff. 184 Der Wortlaut in Rule 45 (a) (1) (A) (iii) weicht nur geringfügig ab: »[…] produce designated documents, electronically stored information, or tangible things in that person’s possession, custody, or control; [...].« 185 Vgl. zur Übertragbarkeit und flexiblen Handhabung des Control Test auch im Rahmen anderer Sachverhalte und Verfahren Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 258, der insoweit von einer Verlängerung des ohnehin »langen Arms amerikanischer Gerichte« spricht; vgl. hierzu auch Junker, IPRax 1986, 197; siehe außerdem unter Teil 2, § 2, II., 1. 186 Vgl. US Court of Appeals for the Eleventh Circuit, Entscheidung v. 17. Juli 1984, Searock v. Greg Stripling, 736 F. 2d, S. 650 ff.: »Control is defined not only as possession, but as the legal right to obtain the documents requested upon demand.«; siehe ferner US District Court for the District of Columbia, Entscheidung v. 15. Oktober 1998, Bethlehem Knifle v. Parks & History Association, 1998 US Dist. LEXIS 22250, 1998 WL 1109117;

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dann vollzogen werden, wenn die der Personal Jurisdiction unterstehende Gesellschaft direkt oder indirekt beherrschenden Einfluss187 auf diejenige Gesellschaft ausüben kann, die im Besitz der fraglichen Informationen ist (sogenannter beweisrechtlicher Durchgriff).188 Im Hinblick auf eine weitere Ausformung des geschilderten beweisrechtlichen Durchgriffs wird teilweise auch auf die zum gesellschaftsrechtlichen Durchgriff ergangene Rechtsprechung und die insoweit maßgeblichen Kriterien verwiesen.189 Demnach kann ein (beweisrechtlicher) Durchgriff jedenfalls dann erfolgen, wenn die US-Gesellschaft (meist die Tochtergesellschaft) als unselbstständiger Konzernteil (Department oder alter ego190) bzw. als allgemeiner Vertreter (General Agent191) der ausländischen Gesellschaft (in der Regel: Die Konzernmutter) fungiert.192 Neben dem Kriterium der Inhaberschaft ist daher auch eine etwaige finanzielle Abhängigkeit der US-Gesellschaft, das Ausmaß der Mitarbeitersteuerung sowie die Beeinflussung und Steuerung des operativen Geschäfts der US-Gesellschaft in die Beurteilung mit einzubeziehen.193 Bei Berücksichtigung der genannten Kriterien wird ein Durchgriff auf US District Court for the District of Coulmbia, Entscheidung v. 23. Mai 2005, Norex Petroleum Ltd. v. Chubb Insurance Co. Of Canada, et al., 384 F. Supp. 2d, S. 56. 187 Vgl. zum Ausmaß der necessary control die Entscheidung des US District Court for the Northern District of Illinois, Eastern Division, Entscheidung v. 7. November 1979, In Re: Uranium Antitrust Litigation, US Dist. LEXIS 8686, 480 F. Supp., S. 1145: »Thus, for example, if the parent owns more than 50% of the foreign subsidiary’s stock, it possesses the necessary control.« 188 Siehe zum sogenannten beweisrechtlichen Durchgriff ausführlich Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 260 ff.; vgl. ferner die zugehörige Leitentscheidung US District Court for the District of Columbia, Entscheidung v. 10. November 1952, In Re: Investigation of World Arrangements, US Dist. LEXIS 3547, 13 F.R.D., S. 285: »A corporation, be it the parent corporation or the subsidiary corporation, functions under the guidance of its directors. Therefore, if a corporation has power, either directly or indirectly, through another corporation or series of corporations, to elect a majority of the directors of another corporation, such corporation may be deemed a parent corporation and in control of the corporation whose directors it has the power to elect to office. If any corporation herein under the subpoena duces tecum has that power it has the control necessary to secure the documents demanded by the Government. Furthermore, [...] if any of the present movants jointly have the control described above they have sufficient control to produce the documents requested.«; mit ähnlicher Argumentation, jedoch allein bezugnehmend auf den gesellschaftsrechtlichen Durchgriff Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 62 ff. 189 Vgl. etwa Winkler/Recke, NZG 2005, 246 f.; ausführlich auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 62 ff.; Otto, Der prozessuale Durchgriff, S. 50 ff.; vgl. umfassend Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 239 ff. 190 Vgl. Otto, Der prozessuale Durchgriff, S. 61 ff. 191 Ausführlich hierzu Otto, Der prozessuale Durchgriff, S. 55 ff. 192 Winkler/Recke, NZG 2005, 245 f. 193 Ausführlich zu den einzelnen Kriterien Winkler/Recke, NZG 2005, 245; vgl. dies., a.a.O., 246, zu den noch weitergehenderen Durchgriffsbegufnissen unter der Doktrin des

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

etwaig relevante, bei der Konzernmutter befindliche Informationen zumeist nicht gelingen, da seitens der Tochtergesellschaften gewöhnlich keine derart weitreichenden Befugnisse ausgeübt werden.194 3. Zwischenergebnis: Zuständigkeitsregelungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Die im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) anwendbaren Zuständigkeitsregelungen führen sowohl im Hinblick auf die Begründung der richterlichen Hoheitsgewalt gegenüber natürlichen Personen als auch gegenüber juristischen Personen zu äußerst weitreichenden Befugnissen der US-amerikanischen Gerichte. Während sich das Kriterium der Residence durch eine territoriale Anknüpfung auszeichnet und insofern einen gewissen Bezug zum Forum des jeweils zuständigen District Court fordert, ist eine derartige Einschränkung für das is found-Kriterium kaum zu erkennen. In Anbetracht des flexiblen Kriteriums des (doing) continuous and systematic business sowie der umfassenden (beweisrechtlichen) Durchgriffsbefugnisse gegenüber Tochtergesellschaften ist zu erwarten, dass die US-Gerichte zukünftig zu einer (eher) kompetenzerweiternden Auslegung tendieren werden. Für global agierende Wirtschaftsunternehmen besteht angesichts dieser Zuständigkeitsbefugnisse nur eingeschränkt die Möglichkeit, sich einem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zu entziehen.195 Selbst eine Berufung auf die richterrechtlich geprägte sogenannte Forum non Conveniens Doctrine,196 die bei Vorzugswürdigkeit eines (sachnäheren) ausländischen Forums zur Abweisung des Beweisermittlungsantrags führen kann, wird den betroffenen Unternehmen in der Regel nicht weiterhelfen.197

Corporate Veil, bei der eine Trennung der Gesellschaften als betrügerisch angesehen wird, da faktisch keine unterscheidbaren juristischen Personen vorliegen; zu weiteren Anhaltspunkten eines Durchgriffs vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 63 f.; siehe ferner erneut Otto, Der prozessuale Durchgriff, S. 60 ff. 194 Vgl. hierzu Jungermann, WuW 2014, 14 mit Verweis auf US District Court for the District of Coulmbia, Entscheidung v. 23. Mai 2005, Norex Petroleum Ltd. v. Chubb Insurance Co. Of Canada, et al., 384 F. Supp. 2d, S. 45 f.; einen Durchgriff hingegen bejahend Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 263 f. m.w.N., der allein auf die tatsächliche und nicht auf die rechtliche Verfügungsmacht hinsichtlich der Beweismittel abstellt. 195 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 64. 196 Vgl. zu den Grundzügen der Forum non Conveniens Doctrine bei Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 275 ff.; Winkler/Recke, NZG 2005, 247; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 70; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 82 ff.; Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 238 ff.; Geulen/ Sebok, NJW 2003, 3244 f. 197 So auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 243 f.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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Infolge des weitgehenden Bedeutungsverlusts der Doktrin im inneramerikanischen Rechtsverkehr198 käme ohnehin nur eine Verweisung an ein Gericht im Ausland in Betracht.199 Eine solche Verweisung wird von den US-amerikanischen Gerichten jedoch nur vorgenommen, wenn die US-amerikanischen Verfahrensgarantien auch im Ausland adäquat gewährleistet sind.200 Dies gilt vor allem für die maßgeblichen Verfahrensgrundrechte, aber auch für diejenigen Rechtsinstitute, die zum Kernbestand des US-amerikanischen Prozessrechts gehören. Umfasst sind folglich auch die Instrumente zur Durchsetzung der prozessualen Rechte der Parteien und damit das Discovery-Verfahren sowie das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) selbst.201 Eine erfolgreiche Anwendung der Forum non Conveniens Doctrine insbesondere in Verfahren mit Bezug zu 28 U.S.C. § 1782 (a) dürfte daher kaum zu erwarten sein, da ein dem 28 U.S.C. § 1782 (a) vergleichbares Verfahren – jedenfalls in Deutschland – nicht zur Verfügung steht.202 Die US-amerikanischen Verfahrensgarantien wären damit aber nicht länger gewährleistet, so dass eine Berufung auf die Forum non Conveniens Doctrine insgesamt scheitern würde.

198 Siehe Winkler/Recke, NZG 2005, 247, die auf überlagernde Gesetzesbestimmungen wie 28 U.S.C. § 1404 (a) hinweisen: »For the convenience of parties and witnesses, in the interest of justice, a district court may transfer any civil action to any other district or division where it might have been brought or to any district or division to which all parties have consented.«; vgl. ferner Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 83 f., der darauf hinweist, dass bei Verweisung gem. 28 U.S.C. § 1404 (a) allerdings weiterhin das materielle Recht und das Kollisionsrecht des verweisenden Staates Anwendung findet; anders als bei der Forum non Conveniens Doctrine handelt es sich folglich nur um einen change of court rooms. 199 Winkler/Recke, NZG 2005, 247 m.w.N. aus der Rspr. 200 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 278, nennt hier u.a. das Recht auf ein faires, unmittelbares und öffentliches Verfahren. 201 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 278. 202 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 278, weist daraufhin hin, dass in Ermangelung von dem US-Recht vergleichbaren prozessualen Durchsetzungsinstrumenten im Ausland eine Abweisung eines Antrags nach 28 U.S.C. § 1782(a) nicht vorgenommen würde, selbst wenn das ausländische Gericht ansonsten deutlich sachnäher wäre; siehe hierzu ferner die Entscheidung US Supreme Court, Entscheidung v. 8. Dezember 1981, Piper Aircraft Co. V. Reyno, 454 US, S. 235 ff., 251 f., 255 f., die deutlich macht, dass die Forum non Conveniens Doctrine zum Schutz einheimischer US-Kläger genutzt wird und die Wahl des Forums durch Ausländer deutlich weniger Gewicht hat; vgl. dazu auch Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 85 ff.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

V. Antragsgegenstand und Einschränkungen Möglicher Gegenstand des Antrags des ausländischen bzw. internationalen Spruchkörpers oder der interessierten Person ist – ausgehend von der eingeschränkten Geltung der Regelungen der FRCP – entweder die Verpflichtung der Beweisperson zur Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen (Production of Documents and other Things), die Anweisung zur Teilnahme an einer mündlichen Befragung (Depositions) oder zur Abgabe einer uneidlichen Aussage (Statement). Die Anordnung anderweitiger Discovery-Instrumente ist im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht vorgesehen.203 Von maßgeblicher Bedeutung für die Praxis ist neben der Vorlage von Dokumenten in analoger und digitaler204 Form insbesondere die Erlangung eidlicher Aussagen der relevanten Beweispersonen.205 Die Anwendung der unterschiedlichen Discovery-Instrumente im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kann allerdings gewissen Einschränkungen unterliegen. Diese Beschränkungen des eigentlichen Umfangs der Beweismittelerlangung können insbesondere aus einer etwaigen Auslandsbelegenheit relevanter Beweismittel, aber auch aus der möglicherweise gebotenen Berücksichtigung eines ausländischen Zeugnisverweigerungsrechts resultieren. 1. Belegenheit von Beweismitteln außerhalb der USA Beweispersonen, die selbst Antragsgegner eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sind, können jedenfalls zur Vorlage solcher beweiserheblicher Unterlagen angewiesen werden, die sich im Inland, also in den USA selbst befinden. Ebenso ist eine Aufforderung zur Abgabe einer eidlichen oder uneidlichen Aussage zumindest dann statthaft, wenn sich die betreffende Person in den USA aufhält. In Anbetracht der ursprünglichen Zielsetzung des amerikanischen Gesetzgebers, mittels 28 U.S.C. § 1782 (a) eine effektive Beweishilfe-

203

Siehe hierzu unter Teil 3, § 1, II., 1. Im Gegensatz zu den FRCP enthält 28 U.S.C. § 1782 (a) keinen expliziten Hinweis auf elektronisch gespeicherte Informationen (Electronically Stored Information); die Rechtsprechungspraxis zeigt aber, dass auch i.R.d. Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) digitale Daten wie E-Mails, Videos, Dateien etc. vorzulegen sind, vgl. Jungermann, WuW 2014, 14; hierzu ferner Schaner/Scarbrough, AnwBl. 2012, 322; siehe auch US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 4. Januar 2007, In Re: Gemeinschaftspraxis Dr. Med. Schottdorf, 2006 WL 3844464; vgl. auch US District Court for the Northern District of Florida, Entscheidung v. 18. August 2008, In Re: Application of Minatec Fin. SARL v. SI Group Inc., 2008 WL 3884374; siehe zu möglichen Vorlageverlangen i.R.e. E-Discovery bei Hilgard, SchiedsVZ 2008, 123. 205 Jungermann, WuW 2014, 14. 204

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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möglichkeit auf internationaler Ebene zu schaffen, wird darüber hinaus diskutiert,206 ob auch Beweismittel, die sich im Ausland befinden, Gegenstand des Verfahrens sein können.207 a. Auslandsbelegene Urkunden und andere Gegenstände Ausgehend vom Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a) lässt sich eine Berücksichtigung auch von im Ausland belegenen Urkunden und andere Gegenständen nicht ausschließen. Zwar bietet der Normtext des 28 U.S.C. § 1782 (a) keine unmittelbaren Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Auffasung, dennoch lassen sich auch insoweit unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten ausmachen. (1.) Bestehende Auslegungsmöglichkeiten Teile der Rechtsprechung208 und Vertreter der Literatur209 sprechen sich dafür aus, eine Einschränkung des Umfangs der Beweisermittlung bereits auf Ebene des Tatbestands vorzunehmen. Grundgedanke des 28 U.S.C. § 1782 (a) sei es,

206 Einleitend zu den Grundzügen der Diskussion statt vieler Wagner, in: FS-Leipold, S. 816 f. 207 Siehe umfassend Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 396 ff. 208 Vgl. zur vorherrschenden Ansicht in der Rspr. die Übersicht bei Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 398 ff., vgl. im Einzelnen etwa die Entscheidungen US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 11. Oktober 1995, In Re: Application Sarrio S.A., 1995 WL 598988, im Rahmen derer darauf hingewiesen wird, dass in den Gesetzesmaterialien ebenfalls nur von »evidence in the United States« die Rede sei und daher eine Einschränkung auch von der Legislative intendiert gewesen sei; ebenso US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 5. Dezember 2007, In Re: Application of David Godfrey, 526 F. Supp. 2 d, S. 423 f.; siehe auch US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 15. Oktober 2009, In Re: Application of OOO Promnefstroy, 2009 WL 3335608, allerdings mit Lösung auf Ebene der Ermessenserwägungen; siehe schließlich die Entscheidungen US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 20. April 2006, In Re: Application of Microsoft Corp., 428 F. Supp. 2d, S. 192 f.; US District Court for the District of Coulmbia, Entscheidung v. 23. Mai 2005, Norex Petroleum Ltd. v. Chubb Insurance Co. Of Canada, et al., 384 F. Supp. 2d, S. 45 ff.; US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 8. November 2013, In Re: Application of KREKE Immobilien KG, 2013 U.S. Dist. LEXIS 160283. 209 Angeführt wird die Gruppe der Skeptiker von Smit, 25 Syracruse Journal of International Law & Commerce (1998), 10 ff., der sich bereits früh für eine einschränkende Auslegung des 28 U.S.C. § 1782 (a) aussprach; so auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 65 ff.; unentschlossen bzw. offen gelassen von Schaner/Scarbrough, AnwBl. 2012, 324; eine Übersicht der Meinungen der Literatur findet sich bei Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 406 f.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

Beweise, die sich in den USA befänden, für ausländische (Ausgangs-)Verfahren zur Verfügung zu stellen. Angesichts der Belegenheit der Beweise in den USA sei das US-amerikanische Recht maßgeblich und folglich heranzuziehen. Befänden sich die Beweismittel hingegen im Ausland sei dementsprechend das dortige Verfahrensrecht der gängige Weg, um an die Beweise zu gelangen.210 Dies gilt insbesondere für solche Beweismittel, die nach dem Recht des ausländischen Staates – beispielsweise aufgrund besonders enger Voraussetzungen der Beweisbeschaffung – für die Parteien überhaupt nicht ermittelbar und damit auch nicht verfügbar wären.211 Stünde 28 U.S.C. § 1782 (a) hingegen auch zur Ermittlung von Beweisen im Ausland zur Verfügung, würden die US-amerikanischen Gerichte mit Beweisermittlungsanträgen aus aller Welt überhäuft und würden zu »clearing houses for requests for information from courts and litigants all over the world in search of evidence to be obtained all over the world«.212 Ein solches Verständnis des 28 U.S.C. § 1782 (a) müsse notgedrungen zu Konflikten mit anderen Staaten führen, schließlich hätten sich bereits in der Vergangenheit Schwierigkeiten ergeben, wenn US-amerikanische Gerichte (nur) Beweishilfe für Verfahren in den USA beantragt hätten.213 Es sei davon auszugehen, dass sich diese Probleme bei einer Beweisbeschaffung für ein ausländisches Verfahren in deutlich ausgeprägterem Maße ergeben würden. Das geschilderte Telos der Norm gebiete folglich eine einschränkende Auslegung, die auslandsbelegene Beweismittel vom Umfang des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ausschließe.214 Dieses lange Zeit kaum hinterfragte Verständnis des 28 U.S.C. § 1782 (a) wurde in den letzten Jahren in der Rechtsprechung mehrfach aufgegriffen und

210 Smit, 25 Syracruse Journal of International Law & Commerce (1998), 10 ff.; bezugnehmend ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 65 ff. 211 Siehe wiederum Smit, 25 Syracruse Journal of International Law & Commerce (1998), 10 ff., der eine Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) jedenfalls dann untersagen will, wenn sich durch dessen Anwendung Konflikte mit einer ausländischen Prozessordnung ergeben würden. 212 Vgl. Smit, 25 Syracruse Journal of International Law & Commerce (1998), 10 ff., der deutlich macht, dass Leidtragende einer Ausweitung des Verfahrens auf auslandsbelegene Beweismittel vor allem die US-amerikanische Bankindustrie wäre, die bekanntermaßen weltweit Geschäfte betreibt und mutmaßlich häufig Antragsgegner eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) wäre. 213 Siehe zu dem von Smit angesprochenen transatlantischen Justizkonflikt, d.h. dem Konflikt hinsichtlich der Beschaffung von Beweismitteln aus dem Ausland für US-amerikanische Verfahren (Auswahl): Hess, JZ 2003, 923 ff.; Bolthausen, MDR 2006, 1081 ff.; Hess, AG 2006, 809 ff.; Hess, AG 2005, 897 ff.; Stiefel, RIW 1979, 509 ff.; Beckmann, IPRax 1990, 201 ff.; Martens, RIW 1981, 725 ff.; Reufels, RIW 1999, 667 ff.; Koch, IPRax 1985, 245 ff.; Krause-Ablass/Bastuck, in: FS-Stiefel, S. 445 ff. 214 Vgl. wiederum Smit, 25 Syracruse Journal of International Law & Commerce (1998), 10 ff.; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 68.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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teilweise als überholt zurückgewiesen.215 Im Rahmen unterschiedlicher Entscheidungen wurde ausgeführt, dass seitens 28 U.S.C. § 1782 (a) ausdrücklich lediglich gefordert werde, dass »the party from whom Discovery is sought be ›found‹ here; not that the documents be found here«.216 Eine Auslegung, die diesem klaren Wortlaut der Vorschrift widerspreche, verstieße gegen die in der Leitentscheidung des US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD217 deutlich gewordenen Fokussierung auf die Plain Meaning218 der Vorschrift und sei daher abzulehnen.219 In Ermangelung einer (baldigen) klärenden höchstrichterlichen Entscheidung ist zu erwarten, dass von Seiten der Rechtsprechung und Literatur auch weiterhin divergierende Urteilsbegründungen und Stellungnahmen in Umlauf gebracht werden. Anhand der vorgebrachten Argumentationslinien soll daher im Folgenden eine Annäherung an die Thematik unternommen werden. (2.) Stellungnahme Neben der bereits eingangs betonten Offenheit des Wortlauts des 28 U.S.C. § 1782 (a) gegenüber einer Ermittlung von im Ausland belegenen Beweisen beinhaltet 28 U.S.C. § 1782 (a) ferner den Zusatz, dass die Beweiserhebung 215

Vgl. u.a. die Entscheidungen US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 4. Januar 2007, In Re: Gemeinschaftspraxis Dr. Med. Schottdorf, 2006 WL 3844464; US District Court for the Northern District of Florida, Entscheidung v. 18. August 2008, In Re: Application of Minatec Fin. SARL v. SI Group Inc., 2008 WL 3884374; US Court District Court for the District of Connecticut, Entscheidung v. 15. Juni 2010, In Re: Application of Eli Lilly et al., No. 3:09MC296 (AWT), 2010 US Dist. LEXIS 59121; siehe ferner US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 24 Mai 2005, In Re: Application of Iwasaki Elec. Co., 2005 U.S. Dist. LEXIS 10185; in diesem Sinne auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 407 ff. 216 US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 4. Januar 2007, In Re: Gemeinschaftspraxis Dr. Med. Schottdorf, 2006 WL 3844464, S. 5; siehe hierzu auch die Anmerkung von Kraayvanger, RIW 2007, 496 f.; vgl. dazu ferner Augenstein, Discovery for Germany, in: Preu Bohlig Mandantenbrief Januar 2008, abrufbar unter: https://www.preubohlig.de/deutsch/mandantenbriefe/mandantenbriefJan08.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 217 Vgl. zur Bedeutung des Wortlauts für die Auslegung das Urteil des US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 260: »If Congress had intended to impose such a sweeping restriction [gemeint ist das sogenannte Foreign Disocverability Requirement, Anm. d. Verf.] on the district court’s discretion, at a time when it was enacting liberalizing amendments to the statute, it would have included statutory language to that effect.« 218 Vgl. hierzu die zahlreichen Nachweise unter Teil 3, § 1, II., 1., b. 219 So auch, jedoch zurückhaltend Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 9 f., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/ 0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); deutlicher hingegen Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 260.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

»in accordance with the Federal Rules of Procedure« vorgenommen werden soll.220 Auch im Rahmen der FRCP steht die Auslandsbelegenheit der Beweismittel der Annahme der Verfügungsmacht des Antragsgegners221 keineswegs entgegen.222 Die Verpflichtung zur Dokumentenvorlage ergibt sich bereits dann, wenn sich das fragliche Dokument in »possession, custody or control« des Antragsgegners befindet.223 Auf eine geografische Einschränkung wird demnach verzichtet. Entscheidend ist allein, ob der Antragsgegner auf irgendeine Weise Zugriff auf die Beweismittel hat, ob also eine Vorlage der Beweismittel bewirkt werden kann.224 Folglich könnte ein Gericht im Rahmen der ihm eingeräumten Ermessensbefugnisse auch eine Vorlage auslandsbelegener Beweismittel anordnen.225 Diese Annahme wird auch durch die von der Rechtsprechung häufig zitierte Passage des im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gefertigten Senatsreports nicht erschüttert: »The proposed revision of section 1782, [...] clarifies and liberalizes existing U.S. procedures for assisting foreign and international tribunals and litigants in obtaining oral and doc-

220 Siehe zur Maßgeblichkeit der FRCP für das Verfahren auch unter Teil 3, § 1, II.; vgl. hierzu auch US Court of Appeals for the Third Circuit, Entscheidung v. 28. Juli 2010, Heraeus Kulzer GmbH v. Esschem, Inc., 390 F. 3d, S. 594: »So a party to litigation in a foreign country can seek discovery relating to that litigation in a federal district court, and, in the discretion of that court, can obtain as much discovery as it could if the lawsuit had been brought in that court rather than abroad.«; siehe ferner die Entscheidung US Court of Appeals for the Eight Circuit, Entscheidung v. 1. Mai 2012, Government of Ghana v. Pro Energy Services, LLC, 677 F. 3d, S. 343: »The section 1782 screen – the judicial inquiry that the statute requires – is designed for preventing abuses of the right to conduct discovery in a federal district court for use in a foreign court. Once the court has determined that such abuses are unlikely, the ordinary tools of discovery management, including [Fed. R. Civ. P.] 26, come into play; [...].« 221 Siehe allerdings zu den dennoch möglichen Einschränkungen bei Auslandsbelegenheit von sachlichen Beweismitteln unter Teil 2, § 3, II.; zur Bedeutung der FRCP für die Problematik der Auslandsbelegenheit vgl. auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 411 ff. 222 Vgl. Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 143 ff.; siehe auch Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 260: »The test is control – not location of the records«; Jungermann, WuW 2014, 14 f. 223 Vgl. den Wortlaut der Rule 34 (a) (1) FRCP und der Rule 45 (a) (1) (A) (iii) FRCP. 224 Siehe hierzu oben unter Teil 3, § 2, IV., 2., c., (2.); das Kriterium der Control wird bei vielen Auslands- bzw. Konzernsachverhalten bereits zu einer (automatischen) Einschränkung des 28 U.S.C. § 1782 (a) führen, da häufig keine ausreichende Control des Antragsgegners vorliegen wird. 225 Voraussetzung einer solchen Anordnung ist selbstverständlich stets, dass von der Aufforderung zur Vorlage lediglich eine mittelbare Zwangswirkung ausgeht, da eine unmittelbare Ausübung von Hoheitsgewalt auf fremden Territorium einen Verstoß des Völkerrechts nach sich zöge, vgl. hierzu Eschenfelder, IPRax 2006, 95 f.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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umentary evidence in the United States and adjusts those procedures to the requirements of foreign practice and procedure.«226

Im Hinblick auf den enthaltenen Passus (»oral and documentary evidence in the United States«) wurde seitens der Gerichte argumentiert, dass bereits der Gesetzgeber eine Beschränkung auf inländische Beweismittel beabsichtigt hätte. Eine solche Auslegung des Senatsreports ist aber keinesfalls zwingend geboten. Unklar ist nämlich bereits der Anknüpfungspunkt des Zusatzes »in the United States«. Einerseits kann damit ein Bezug zu den Beweismitteln selbst (»oral and documentary evidence«) hergestellt werden, andererseits könnte aber auch schlicht der Ort der Durchführung des Verfahrens (»assisting foreign and international tribunals and litigants in obtaining oral and documentary evidence«) gemeint sein. Wollte man tatsächlich eine Bezugnahme zu den Beweismitteln selbst erkennen, wäre jedenfalls fraglich, ob der Gesetzgeber die durchaus weitreichende Problematik einer Einbeziehung von auslandsbelegenen Beweismitteln mit einem derart knappen Zusatz zu regeln gedachte.227 Angesichts der verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten wären die Gerichte jedenfalls im Sinne der Rechtsprechung des US Supreme Court gehalten, eine möglichst umfassende, d.h. breite Interpretation des 28 U.S.C. § 1782 (a) vorzunehmen: »[…] the fact that a statute can be applied in situations not expressly anticipated by Congress does not demonstrate ambiguity. It demonstrates breadth.«228 Eine Ausnahme auslandsbezogener Beweismittel lässt sich folglich durch den bloßen Verweis auf den Zusatz »in the United States« nicht begründen. Eine Beschränkung des 28 U.S.C. § 1782 (a) auf inländische Beweismittel scheitert darüber hinaus an rein praktischen Erwägungen. In der überwiegenden Anzahl der Fälle wird Gegenstand des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) eine Document Discovery sein, d.h. es wird die Vorlage von vornehmlich elektronisch gespeicherten Informationen angeordnet. Häufig lässt sich für diese Form der Information ein Belegenheitsort jedoch nur schwer ausmachen. Ist etwa eine E-Mail, die im Servernetzwerk eines internationalen Unternehmens existiert lediglich am Ort des Servers229 belegen oder beispielsweise auch an jedem einzelnen Computer, von dem sich die E-Mail abrufen lässt?230 Die Maßgeblichkeit des Ortes der physischen Belegenheit einer Informationen war bereits im Zeitalter der Kommunikation mittels Brief und Fax 226

Vgl. Senate Report No. 1580, 88th Congress, 2nd Session, 1964, Abdruck in Senate Report 1964 U.S.C.C.A.N., S. 3788, 1964 WL 4882. 227 Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 147 ff. 228 Vgl. Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 147 ff. mit Verweis auf US Supreme Court, Entscheidung v. 29. Mai 2001, PGA Tour, Inc. V. Casey Martin, 522 US, S. 689 m.w.N. 229 Siehe hierzu die Entscheidung des US District Court for the District of Columbia, Entscheidung v. 3. November 2010, In Re: Application of Ricardo Reis Veiga, 746 F. Supp. 2d, S. 25. 230 Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 148 f.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

ein angreifbares Kriterium, im Zeitalter elektronischer Kommunikation kommt einem solchen Kriterium aber ein noch geringerer Bedeutungsgehalt zu.231 In Anbetracht der offenen Formulierung des Normtextes sowie der – jedenfalls nicht eindeutigen – Auslegung der Materialien aus dem Gesetzgebungsverfahren ist eine Beschränkung auf inländische Beweismittel im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kritisch zu hinterfragen.232 Nicht zuletzt die Betrachtung praktischer Erwägungen zeigt, dass eine solche Beschränkung im heutigen digitalen Zeitalter kaum mehr realistisch vorgenommen werden kann und daher eine Berücksichtigung auch auslandsbelegener Beweismittel jedenfalls insoweit zuzulassen ist, als sich hieraus keine Eingriffe in die Souveränität233 oder anderweitige Beeinträchtigungen des Rechts des jeweils betroffenen Staates ergeben. b. Beweispersonen mit ausländischem Aufenthaltsort Unter Bezugnahme des Wortlauts des 28 U.S.C. § 1782 (a) kann eine Person nur dann zur eidlichen Aussage oder zur Abgabe eines uneidlichen Statements verpflichtet werden, wenn diese im jeweils maßgeblichen Gerichtsbezirk ihre Residence hat oder dort angetroffen wird (is found). Demzufolge scheint sich für den Zeugenbeweis eine Problematik hinsichtlich einer etwaigen Auslandsbelegenheit nicht zu ergeben, da bereits der Wortlaut der Vorschrift von einer bestimmten physischen Präsenz im Gerichtsbezirk und damit von einem Inlandsbezug ausgeht.234 Dennoch sind Konstellationen denkbar, für die die Person des sogenannten Auslandszeugen Bedeutung erlangen kann. (1.) Relevante Konstellationen bei Beweisperson mit ausländischem Aufenthaltsort und hierzu vertretene Ansichten Die Problematik der Einbeziehung ausländischer Beweispersonen betrifft einerseits die Fallgestaltung, dass eine Beweisperson in den USA angetroffen wird, ihr eine Vorladung (Subpoena) ausgehändigt wird und sie hiernach in ihr Heimatland zurückkehrt. Andererseits kann die Problematik bei Konzernsachverhalten relevant werden, wenn etwa das Unternehmen Antragsgegner eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist, seinen Sitz in den USA hat und sich

231

Vgl. Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 148 f. In diese Richtung tendiert auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 414. 233 Siehe zur Problematik der Verletzung fremder Souveränitätsbelange bereits unter Teil 2, § 3, II. 234 So wohl auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 69 m.w.N., der im Hinblick auf Auslandszeugen lediglich auf die is found-Zuständigkeit hinweist und anderweitige Konstellationen unberücksichtigt lässt. 232

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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der maßgebliche, beim Unternehmen beschäftigte Zeuge im Ausland aufhält.235 In beiden Fällen stellt sich die Frage, wie die Anwesenheit des Zeugen im Rahmen der Deposition in den USA gewährleistet werden kann. Zur Beantwortung dieser Frage(n) sind wiederum die Regelungen der FRCP heranzuziehen. Schließlich erstreckt sich der Bezug im Normtext des 28 U.S.C. § 1782 (a) (»in accordance with the Federal Rules of Procedure«) nicht allein auf die Dokumentenvorlage, sondern auch auf die Vornahme einer Deposition. Die FRCP unterscheiden unter anderem im Hinblick auf die Vornahme einer Deposition zwischen der Anordnung der Maßnahme gegenüber einer der Parteien (Party) des Hauptsacheverfahrens und der Anordnung gegenüber einem Dritten (Non-Party), der nicht unmittelbar in Zusammenhang mit dem Hauptsacheverfahren steht.236 Die Unterschiede betreffen vor allem die Reichweite der US-amerikanischen Gerichtsgewalt. Während die Anwesenheit von Verfahrensparteien (bzw. im Falle eines Unternehmens von deren Vertretern237) unter Androhung weitreichender Sanktionen bewirkt werden kann,238 gelten für Dritte die Maßgaben der Rule 45 FRCP, d.h. das Erscheinen eines Dritten (Non-Party) kann nur unter den engeren Voraussetzungen der Rule 45 FRCP angeordnet werden.239 Damit stellt sich zunächst die grundsätzliche Frage, ob der Antragsgegner eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) als Partei oder als Dritter im Sinne der Vorschriften der FRCP anzusehen ist. Die in diesem Zusammenhang maßgebliche gerichtliche Entscheidung240 beantwortete die Problematik unter Berücksichtigung des im Ausland anhängigen Ausgangsverfahrens. Das Gericht führt insoweit aus, dass der Antragsgegner des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) jedenfalls dann als Partei im Sinne der FRCP anzusehen sei, wenn es sich bei dem Antragsgegner um eine Partei des ausländischen Ausgangsverfahrens handele.241 In Anbetracht der

235 Vgl. zu den beiden Fallgestaltungen Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 152 ff. 236 Siehe hierzu die Regelungen der Rule 37 (b) (2) (A) (i) – (vii) FRCP bzw. Rule 37 (d) (1) (A) (i) hinsichtlich der Sanktionsmöglichkeiten gegenüber den Verfahrensparteien sowie Rule 45 (c) (1) (A) FRCP hinsichtlich der Möglichkeiten der Vornahme einer Deposition gegenüber einer Non-Party. 237 Vgl. hierzu unter Teil 2, § 2, V. 238 Siehe allerdings zu den grundsätzlich bestehenden Einschränkungen bei auslandsbelegenen personalen Beweismitteln unter Teil 2, § 3, II.; vgl. zu den Sanktionsmöglichkeiten wiederum Rule 37 (b) (2) (A) (i) – (vii) FRCP bzw. Rule 37 (d) (1) (A) (i). 239 Siehe zur Unterscheidung auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 392 ff. 240 US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 1 Juli 2002, In Re: Application of Edelman v. Taittinger, No. 01-7257, 295 F. 3d, S. 171 ff. 241 US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 1 Juli 2002, In Re: Application of Edelman v. Taittinger, No. 01-7257, 295 F. 3d, S. 181: »Petitioner contends that Taittinger qualifies as an ›officer‹ of a party in the French litigation (Societe), and therefore

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

weitreichenden Befugnisse, die mit einer Einordnung des Antragsgegners als Party im Sinne der FRCP einhergehen, ergäbe sich eine immense Ausweitung der gerichtlichen Befugnisse des mit dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) betrauten District Court.242 Fraglich ist allerdings, ob ein solches Verständnis einerseits zwingend und andererseits mit den jüngsten Tendenzen in der Rechtsprechung zu vereinbaren ist.243 (2.) Stellungnahme Zunächst handelt es sich bei dem Antragsgegner eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht um eine Party im eigentlichen Sinne der FRCP, da tatsächlich ein Verfahren zur Beweisermittlung und nicht ein klassisches Hauptsacheverfahren angestrengt wird.244 Diese Einschätzung wird ferner durch die im Rahmen der FRCP gegenüber den Verfahrensparteien (Parties) verfügbaren prozessualen Sanktionsmechanismen bei Verweigerung einer Discovery-Maßnahme bestätigt. Die in Rule 37 (b) (2) (A) FRCP unter anderem aufgeführten sogenannten indirekten Maßnahmen, wie beispielweise der Erlass eines Versäumnisurteils (»Default Judgement«, Rule 37 (b) (2) (A) (vi) FRCP), die Einstellung oder Abweisung des Verfahrens (»Dismissal«, Rule 37 (b) (2) (A) (v) FRCP) sowie das Ziehen nachteiliger Schlüsse bei Weigerung der Vornahme einer Discovery-Maßnahme (»Dismissal«, Rule 37 (b) (2) (A) (i) FRCP) können aufgrund ihrer rein auf das Hauptsacheverfahren bezogenen prozessualen Auswirkungen im Rahmen der vorprozessualen Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht sinnvollerweise angeordnet werden und sind daher grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.245 Anders verhält es sich mit den direkten Sanktionen (»Contempt of Court«, Rule 37 (b) (1), (b) (2) (A) (vii) FRCP und Rule 47 (g) FRCP), die gegenüber sogenannten Non-Parties Anwednung finden und an ein Fehlverhalten nicht lediglich einen indirekten prozessualen Nachteil knüpfen, sondern unmittelbar auf die Beweisperson einwirken und diese – etwa durch Verhängung einer Geld- oder Haftstrafe – zur Offenlegung oder sonstigen Mitwirkung an der Beweisermittlung anhalten.246 can be compelled to travel more than 100 miles from home and work. If such is found to be the case, the subpoena may be sustained.« 242 Hierzu kritisch Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), S. 156 f. 243 Siehe zu den Konsequenzen der Auslegung durch den US Court of Appeals for the Second Circuit Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 392 ff. 244 Vgl. Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 156. 245 Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 156; vgl. auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 35; umfassend hierzu auch Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 192 ff. 246 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 34 f.; so im Umkehrschluss auch Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 156.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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Von der Rechtsprechung wird die Vornahme von Discovery-Maßnahmen gegenüber den Parteien des Ausgangsverfahrens zwar als erforderlich angesehen, jedoch wird die Durchführung als weniger notwendig erachtet als dies bei einer Vornahme gegenüber Dritten der Fall ist. Hintergrund dieser Sichtweise ist die Erkenntnis, dass gegenüber den Parteien des Ausgangsverfahrens jedenfalls die prozessualen und materiell-rechtlichen Möglichkeiten des jeweils anwendbaren Rechts im Ausgangsforum zur Verfügung stehen. Die rechtliche Handhabe gegenüber Dritten ist dagegen häufig eingeschränkt. So führt der US Supreme Court in der bereits zitierten Entscheidung INTEL v. AMD aus: »First, when the person from whom Discovery is sought is a participant in the foreign proceeding, [...], the need for § 1782 (a) aid generally is not as apparent as it ordinarily is when evidence is sought from a nonparticipant in the matter arising abroad. A foreign tribunal has jurisdiction over those appearing before it, and can itself order them to produce evidence. In contrast, nonparticipants in foreign proceedings may be outside the foreign tribunal’s jurisdictional reach; thus, their evidence, available in the United States, may be unobtainable absent § 1782 (a) aid.«247

Demzufolge ist die Durchführung eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) insbesondere dann notwendig, wenn Beweise von Dritten erlangt werden sollen, die auf anderem Wege, d.h. im Rahmen des Ausgangsverfahrens, nicht erlangt werden könnten. Diesem Verständnis des US Supreme Court folgend, können die im Zusammenhang mit einer Beweisbeschaffung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bestehenden Befugnisse der US-Gerichte jedenfalls dann eingeschränkt werden, wenn eine Beeinträchtigung der Aufklärung des Sachverhalts aufgrund anderweitiger Verfügbarkeit der Beweise nicht zu befürchten oder zumindest unwahrscheinlicher ist.248 Eine derartige Beeinträchtigung ist ausweislich der Ansicht des US Supreme Court jedenfalls dann unwahrscheinlicher, wenn es sich um die Parteien des Ausgangsverfahrens handelt, so dass keine Notwendigkeit besteht, diesen gegenüber die weitreichenden gegenüber den Parties bestehenden Befugnisse zur Anwendung gelangen zu lassen. Daher kann der Antragsgegner des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) – im Sinne einer maßvollen Beschränkung der Befugnisse der US-Gerichte – als sogenannter Dritter (Non-Party) gemäß der Bestimmungen der FRCP eingeordnet werden.249 Entscheidend im Hinblick auf die Beurteilung der Zugriffsmöglichkeit auf Auslandszeugen sind folglich die Maßgaben der Rule 45 FRCP, die im System der FRCP unter anderem die Vornahme einer Deposition gegenüber Dritten regeln. Aus der Anwendung der Rule 45 FRCP ergeben sich unterschiedliche Optionen hinsichtlich der Erlangung einer eidlichen Aussage oder eines uneidlichen Statement. 247

US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 264. 248 Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 156. 249 Anders Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 392 ff., der insoweit der Ansicht der Rspr. folgt.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

(a.) Auswirkungen hinsichtlich der Erlangung einer eidlichen Aussage (Testimony) Ausgehend von der oben vorgenommenen Einordnung des Antragsgegners des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) als Dritter (Non-Party) gelten für diesen auch die Einschränkungen der Rule 45 FRCP. Es genügt daher nicht die bloße Benachrichtigung der beabsichtigten Vornahme einer Deposition, sondern es bedarf einer gerichtlichen Ladung (Subpoena). Damit greifen allerdings auch die aus der Rule 45 FRCP resultierenden weiteren Einschränkungen. Insbesondere betrifft dies Rule 45 (c) (3) (A) (ii) FRCP, nach der ein Antragsgegner gegen die Teilnahme an einer Deposition einwenden kann, dass diese mehr als 100 Meilen entfernt von seiner Residence, seiner Arbeitsstelle oder dem Ort seiner üblichen Geschäftstätigkeit stattfinde und er der Vorladung daher nicht Folge leisten müsse. Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, ist dem Antrag stattzugeben und die Vorladung ohne Androhung weiterer gerichtlicher Konsequenzen zurückzunehmen.250 Damit ergeben sich jedoch gerade für Auslandszeugen nahezu unüberwindbare Hürden,251 da sich diese als im Ausland ansässige Person regelmäßig außerhalb des durch die Rule 45 (c) (3) (A) (ii) FRCP definierten lokalen Anwendungsbereichs aufhalten werden.252 Außerhalb des Regelungsbereichs der FRCP ist lediglich eine weitere Möglichkeit vorgesehen, um eine eidliche Aussage von einem Auslandszeugen, der nicht zugleich Verfahrenspartei ist, zu erhalten.253 Handelt es sich bei dem Auslandszeugen um einen US-amerikanischen Staatsbürger oder um eine Person mit einer Residence in den USA greift der Tatbestand des sogenannten Walsh Act (28 U.S.C. § 1783):254 »A court [...] may order the issuance of a subpoena requiring the appearance as a witness before it, [...], of a national or resident of the United States who is in a foreign country, or requiring the production of a specified document or other thing by him, if the court finds that particular testimony or the production of the document or other thing by him is necessary in

250

Siehe zum Gesamten ausführlich Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 392 ff. 251 Hierzu optimister Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 158, der von allenfalls eingeschränkten Möglichkeiten ausgeht; erheblich restriktiver eingestellt ist hingegen Trittmann, AVR 1989, S. 204. 252 Kritisch zur Frage der Anwendbarkeit der 100-Meilengrenze auf im Ausland befindliche Personen äußert sich Trittmann, AVR 1989, S. 204. 253 Vgl. Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 396. 254 Siehe zur Völkerrechtskonformität des Walsh Act die Entscheidung des US Supreme Court, Entscheidung v. 15. Februar 1932, Blackmer v. United, 284 US, S. 437: »Nor can it be doubted that the United States possesses the power inherent in sovereignty to require the return to this country of a citizen, resident elsewhere, whenever the public interest requires it, and to penalize him in case of refusal.«

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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the interest of justice, and, [...], that it is not possible to obtain his testimony in admissible form without his personal appearance [...].«255

28 U.S.C. § 1783 beinhaltet damit die Aufforderung gegenüber inländischen Zeugen im Ausland, zur Aussage in einem inneramerikanischen Verfahren (hier: das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a)) zu erscheinen,256 sofern dies im Interesse der Gerechtigkeit erforderlich und eine anderweitige Beschaffung der Beweismittel nicht möglich erscheint.257 Soweit ersichtlich wurde im Zusammenhang mit dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bisher noch kein Gebrauch von 28 U.S.C. § 1783 gemacht.258 Im Hinblick auf eine potenziell mögliche Ladungszustellung an einen Auslandszeugen ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Zustellung in Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Klagezustellung im Ausland259 vorzunehmen wäre.260 Jedwede andere Form der Zustellung müsste hingegen als völkerrechtswidrig eingestuft werden.261 Die einzige Möglichkeit eines beweisrechtlichen Zugriffs auf Dritte im Ausland bietet damit eine formlose Anfrage, ob sich der betreffende Auslandszeuge dem Verfahren in den USA freiwillig stellen möge.262 255

Durch den Verfasser gekürzter Wortlaut des 28 U.S.C. § 1783 (a). Vgl. zu den Tatbestandsvoraussetzungen des 28 U.S.C. § 1783 Henry, GRUR Int. 1983, 91; siehe ferner Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 136; Trittmann, AVR 1989, S. 203 ff. 257 Ergänzt wird 28 U.S.C. § 1783 durch 28 U.S.C. § 1784, der das Gericht ermächtigt, seine Ladung zur Vernehmung mit Zwangsmitteln durchzusetzen; so kommt etwa eine Verurteilung wegen Mißachtung des Gerichts (Contempt of Court) in Betracht, die zur Zahlung einer Geldstrafe, aber auch zur Pfändung bzw. Beschlagnahme des anteiligen Vermögens des Betroffenen führen kann, vgl. Henry, GRUR Int. 1983, 91; Trittmann, AVR 1989, S. 204. 258 Vgl. Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 157 f.; so auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 396. 259 Heranzuziehen wäre das sogenannte Haager Zustellungsübereinkommen (HZÜ), so dass die Zustellung auf dem formellen Rechtshilfeweg durchzuführen wäre, vgl. weiterführend zum HZÜ und dessen Anwendungsbereich Danwitz, DÖV 2004, 501 ff.; siehe zu den sich aus der Anwendung ergebenden Problemen Hess, JZ 2003, 923 ff. 260 Siehe hierzu die Regelung der Rule 4 (f) (1) FRCP: »Unless federal law provides otherwise, an individual – [...] – may be served at a place not within any judicial district of the United States: (1) by any internationally agreed means of service that is reasonably calculated to give notice, such as those authorized by the Hague Convention on the Service Abroad of Judicial and Extrajudicial Document; [...].« 261 Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 136; insbesondere gilt dies bei Zustellung an einen ausländischen Staatsangehörigen im Ausland, vgl. US District Court for the District of Columbia, Entscheidung v. 17. November 1980, Federal Trade Commission v. Compagnie de Saint-Gobain-Pont-a-Mousson, 636 F. 2d, S. 1313. 262 Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 136; vgl. hierzu auch die Vorschrift des 28 U.S.C. § 1782 (b), der die freiwillige Offenlegung bestimmter Informationen regelt, allerdings nur soweit eine Person betroffen ist, die 256

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

(b.) Auswirkungen hinsichtlich der Erlangung einer uneidlichen Aussage (Statement) Im Vergleich zu den vorigen Ausführungen zu eidlichen Aussagen könnten sich hinsichtlich der Erlangung eines Statement insoweit Änderungen ergeben, als ein Statement auch in schriftlicher Form erfolgen kann263 und eine Anwesenheit des Auslandszeugen daher nicht per se erfordert. Auf diese Weise könnte bei wirksam erfolgter Zustellung einer Ladung in den USA und späterer Rückkehr des Auslandszeugen in sein Heimatland die Durchführung eines schriftlichen Statement weiterhin in Betracht kommen. Mangels konkreter Anhaltspunkte im Normtext des 28 U.S.C. § 1782 (a) und angesichts der bereits mehrfach diskutierten Relevanz der FRCP für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist auch für die Vornahme eines uneidlichen schriftlichen Statement nach Anleihen in den FRCP Ausschau zu halten. So ist die Möglichkeit zur Vornahme einer (allerdings eidlichen) Deposition by Written Questions in Rule 31 FRCP ausdrücklich vorgesehen.264 Diese verlangt jedoch zum einen die Anwesenheit der Vernehmungsperson vor dem Gericht sowie zum anderen die Anwesenheit eines vom Gericht bestellten Urkundsbeamten. Darüber hinaus enthält Rule 31 FRCP im Hinblick auf die Vernehmung eines Dritten den Verweis auf Rule 45 FRCP und die darin vorgesehene Möglichkeit, den Dritten vorzuladen.265 In Anbetracht des uneidlichen Charakters eines Statement gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) kann jedenfalls auf die Anwesenheit des zur Eidesabnahme vorgesehenen Gerichtsbeamten verzichtet werden. Als weiterhin relevante Erfordernisse aus den FRCP verbleiben damit das Anwesenheitserfordernis der Vernehmungsperson, der Verweis auf Rule 45 FRCP und die Geltung der dortigen Einschränkungen. Zu beachten ist dabei wiederum die 100-Meilengrenze der Rule 45 (c) (3) (A) (ii) FRCP. Nur innerhalb eines 100-Meilenradius um die Residence des Antragsgegners, seine Arbeitsstelle oder den Ort seiner üblichen Geschäftstätigkeit kann eine Vernehmung vorgenommen werden.266 Damit scheitert auch die Erlangung eines sich in den USA aufhält: »This chapter does not preclude a person within the United States from voluntarily giving his testimony or statement, or producing a document or other thing, for use in a proceeding in a foreign or international tribunal before any person and in any manner acceptable to him.«; umfassende Hinweise zur Anwendbarkeit des 28 U.S.C. § 1782 (b) finden sich bei Küttler, Das Erlangen von Beweisen in den USA, S. 109 ff.; siehe außerdem Harout, The Opportunities and Challenges of Using U.S. Discovery in Aid of Foreign and International Proceedings, 2, abrufbar unter: http://www.americanbar.org/ content/dam/aba/administrative/litigation/materials/sac2013/sac_2013/13_using_discovery _in_aird.authcheckdam.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 263 Vgl. Robinson, 22 The American Review of International Arbitration (2011), 158 ff. 264 Vgl. hierzu unter Teil 2, § 2, V. 265 Siehe Rule 31 (a) (1) FRCP. 266 Rule 45 (c) (1) (B) (ii) FRCP erweitert den örtlichen Anwendungsbereich auf das Gebiet des jeweiligen Bundesstaates, in dem der Betroffene seine Residence unterhält, seinen

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uneidlichen Statement in den meisten Fällen bereits an den durch Rule 45 FRCP vorgegebenen und zuvor dargestellten Einschränkungen.267 c. Zwischenergebnis: Belegenheit von Beweismitteln außerhalb der USA Sind auslandsbelegene Beweismittel Gegenstand der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a), ergeben sich bereits auf Tatbestandsebene gewisse Einschränkungen hinsichtlich des möglichen Umfangs der Beweisermittlungstätigkeit. Von diesen Beschränkungen ist der Komplex der Dokumentenvorlage nur teilweise betroffen. In Anbetracht der unterschiedlichen Fallkonstellationen, die ein Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erforderlich machen können, empfiehlt es sich im Sinne einer flexiblen Handhabung der Beweisermittlung, eine Ausklammerung auslandsbelegener Dokumente nicht bereits auf Ebene des Tatbestands des 28 U.S.C. § 1782 (a) vorzunehmen.268 Allenfalls sollte den Gerichten eine dahingehende Beschränkung des 28 U.S.C. § 1782 (a) im Zuge ihrer Ermessensentscheidung überlassen werden,269 in deren Rahmen etwa auch sich ergebende Souveränitätsverletzungen ausländischer Staaten durch die extraterritoriale Beweisbeschaffung berücksichtigt werden können. Durch einen angemessenen Ermessensgebrauch ließen sich auch die geäußerten Bedenken hinsichtlich eines weiteren transatlantischen Justizkonflikts sowie einer Beeinträchtigung ausländischer Verfahrensgrundsätze – je nach Ausprägung des Sachverhalts im Einzelfall270 – weitestgehend vermeiden. Arbeitsplatz hat bzw. einer regelmäßigen Tätigkeit nachgeht; Voraussetzung hierfür ist jedoch eine Beteiligung als Verfahrenspartei bzw. eine Vorladung zum Verfahren selbst, die bloße Ladung zur Teilnahme an einer Deposition ist hingegen nicht ausreichend. 267 Vgl. Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 393 ff. 268 Unentschlossen, aber wohl auch in diese Richtung tendierend Wagner, in FS-Leipold, S. 817 mit Verweis auf Court of Chancery of Delaware (New Castle), Diedenhofen-Lennartz et al. v. Ulrike Diedenhofen, C.A. No. 2589-VCS, 931 A. 2d, S. 449: »In fact, such requests are now met with a warmer reception than they have ever before enjoyed.«; siehe die Entscheidung des US District Court for the District of Delaware, Entscheidung v. 26. Juni 2014, Victor Mikhalyovich Pinchuk v. Chemstar Products LLC, et al., No. 13-mc-306-RGA, 2014 U.S. Dist. LEXIS 86781, der sich ebenfalls für eine Beschränkung (erst) i.R.d. Ermessensausübung ausspricht. 269 Als Alternative schlägt Eschenfelder, IPRax 2006, 95 ff., vor, ein selbstständiges Hauptsacheverfahren in den USA anzustrengen, um möglichst ungehindert auf die Discovery-Instrumente zugreifen zu können. 270 Als problematisch und daher als berücksichtigenswert im Rahmen der Ermessensentscheidung könnten sich etwa auch die i.R.d. vorliegenden Untersuchung nicht untersuchten datenschutzrechtlichen Belange erweisen, vgl. zur Anwendbarkeit des deutschen Datenschutzrechts bei Übermittlung von Daten ins Ausland Arning/Haag, in: Heise Online-Recht, 2011, Kap. II, Rn. 156 ff.; siehe ferner ausführlich Spies, MMR 2008, XVIII ff.; vgl. ferner Bodenhausen, DAJV-Newsletter 2012, 14 ff.; Burianski/Reindl, SchiedsVZ 2010, 187 ff.; Kempermann/Deiters/Fischer, ZD 2013, 313 ff.; Spies, MMR 2007, V ff.; Spies/Schröder,

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Eine andere Einschätzung ergibt sich hingegen bei Betrachtung der Situation sogenannter Auslandszeugen. Zunächst können Auslandszeugen nicht per se als Party im Sinne der Regelungen der FRCP angesehen werden. Angesichts des zumindest erleichterten Zugriffs auf die Kenntnisse der Parteien des Ausgangsverfahrens ist eine Einordnung von Auslandszeugen als Party (gemäß der FRCP) abzulehnen, da den US-Gerichten andernfalls ein zu weitreichender Zugriff auf Auslandszeugen gewährt würde. Derart umfassende Befugnisse sind weder im System der FRCP vorgesehen, noch werden sie von der Rechtsprechung für erforderlich gehalten. Erst durch eine Einordnung des Antragsgegners als Non-Party können maßvolle Ergebnisse erzielt werden, da mittels Rückgriff auf Rule 45 FRCP auch die insoweit bestehenden Einschränkungen für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zur Anwendung gelangen, woraus sich eine sachgerechte Eingrenzung der Beweisermittlungstätigkeit gegenüber Auslandszeugen ergibt. 2. Berücksichtigung ausländischer Zeugnisverweigerungsrechte Analog zu der Problematik der Berücksichtigung ausländischer Beweismittel wird eine weitere aus der Geltung ausländischer Zeugnisverweigerungsrechte resultierende Beschränkung des Umfangs der Beweisermittlung diskutiert.271 Anknüpfungspunkt hierfür ist die bereits zitierte, dem Wortlaut nach offen gehaltene Passage des 28 U.S.C. § 1782 (a): »A person may not be compelled to give his testimony or statement or to produce a document or other thing in violation of any legally applicable privilege.«

MMR 2008, 275 ff.; Deutlmoser/Filip, ZD-Beilage 2013, 1 ff.; Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 21 ff.; Brisch/Laue, RDV 2010, 1 ff.; Hanloser, DuD 2008, 785 ff.; siehe allerdings auch die Anmerkung von Spies/Schröder, MMR 2010, 275 ff. zu US District Court for the District of Utah, Entscheidung v. 21. Januar 2010, Access Data Corp. V. Alste Technologies GmbH, No. 2:08v569, dort wurde eine Berücksichtigung des deutschen Datenschutzrechts nach Abwägung der betroffenen Interessen abgelehnt; so im Ergebnis auch, allerdings unter Berücksichtigung des deutschen Datenschutzrechts US District Court for the Southern District of California, Entscheidung v. 11. März 2013, Pershing Pacific West, LLC. v. Marinemax, Inc., et al., Case No. 10-cv-1345-L (DHB), ZD 2013, 271 ff.; siehe ferner zu den arbeitsrechtlichen Implikationen, die sich aus der Offenlegungs- bzw. Archivierungspflicht bestimmter Daten i.R.e. Discovery-Verfahrens ergeben können Rath/Karner, K&R 2010, 473; vgl. schließlich zu Lösungsmöglichkeiten für multinationale Unternehmen Rosenthal/Zeunert, in: Internationale E-Discovery und Information Governance, S. 23 ff. 271 Die Problematik um die Berücksichtigung ausländischer Zeugnisverweigerungsrechte entstammt der Diskussion um die ehemaligen ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale der Foreign Discoverability bzw. der Foreign Admissibility, vgl. hierzu bereits unter Teil 3, § 2 sowie bei Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 282 ff.

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a. Bestehende Auslegungsmöglichkeiten In Betracht kommen vor allem diejenigen Zeugnisverweigerungsrechte, die im Rahmen des Ausgangsverfahrens zur Anwendung gelangen können sowie solche Weigerungsrechte, die sich aus einem spezifischen Bezug272 zur Beweisperson ergeben.273 Eine Berücksichtigung ausländischer Zeugnisverweigerungsrechte sei – so die teilweise vertretene Meinung – unumgänglich, um zu verhindern, dass die im jeweiligen Ausgangsforum geltenden Weigerungsrechte durch einen Antrag nach 28 U.S.C. § 1782 (a) umgangen würden.274 Eine derartige Auslegung des Wortlauts des 28 U.S.C. § 1782 (a) werde jedenfalls durch die offene Formulierung des Normtextes nahegelegt275 und entspreche im Übrigen auch der Regelung im Rahmen internationaler Rechtshilfeübereinkommen.276 Demgegenüber finden sich Stimmen in der Literatur, die – teilweise ebenfalls unter Bezugnahme auf das Wortlautargument277 – eine Berücksichtigung ausländischer Weigerungsrechte ablehnen.278 So sei das Verfahren nach

272

In Betracht kommt dabei etwa die Staatsangehörigkeit der Beweisperson, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 72. 273 Siehe Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 72; ferner Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 250 ff.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 490; vgl. auch Pfeil-Kammerer, Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen, S. 344 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rspr. 274 Vgl. etwa McDonald/Wetzler, RIW 2000, 216; Pfeil-Kammerer, Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen, S. 344 m.w.N.; so im Ergebnis auch Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 490; unentschlossen hingegen Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 71 f. sowie Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 250 ff. 275 Siehe zum Wortlautargument Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 72. 276 Vgl. den Wortlaut des Art. 11 HBÜ, der ebenfalls Bezug zu ausländischen Weigerungsrechten nimmt und diesen grundsätzliche Geltung zuspricht: »Ein Rechtshilfeersuchen wird nicht erledigt, soweit die Person, die es betrifft, sich auf ein Recht zur Aussageverweigerung oder auf ein Aussageverbot beruft, a) das nach dem Recht des ersuchten Staates vorgesehen ist oder b) das nach dem Recht des ersuchenden Staates vorgesehen und im Rechtshilfeersuchen bezeichnet oder erforderlichenfalls auf Verlangen der ersuchten Behörde von der ersuchenden Behörde bestätigt worden ist. […].« 277 So etwa Stahr, 30 Virginia Journal of Int. Law (1990), 632 ff.; bezugnehmend auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 251. 278 Vgl. Wotman, 7 Brooklyn Journal of Int. Law (1981), 394, der das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Kontext der Rechtshilfe nach dem HBÜ untersucht; ferner Stahr, 30 Virginia Journal of Int. Law (1990), 636; kritisch auch Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1075 f.; vgl. zur Wahrscheinlichkeit einer Berücksichtigung ausländischer Weigerungsrechte auf Ebene der einzelnen US-Bundesstaaten Pfeil-Kammerer, Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen, S. 345; siehe schließlich Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 71 m.w.N., der darauf hinweist, dass US-Gerichte eine Berücksichtigung ausländischer Weigerungsrechte mit ähnlichen Argumenten verneinen, wie bereits im Rahmen des Ausschlusses der Foreign Discoverability, siehe hierzu oben Teil 3, § 2.

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28 U.S.C. § 1782 (a) nicht darauf ausgelegt und die mit den Verfahren betrauten District Courts nicht darauf vorbereitet, eine umfassende Prüfung ausländischen Rechts vorzunehmen.279 Dies betreffe nicht nur die Prüfung des jeweils zu beurteilenden Weigerungsrechts nach dem einschlägigen ausländischen Recht, sondern auch die Frage, welche konkreten Weigerungsrechte im Einzelfall überhaupt zur Anwendung gelangen können.280 Die mit einer solchen Prüfung einhergehende Kostenlast für die Verfahrensbeteiligten widerspräche im Übrigen dem eigentlichen Ansinnen des amerikanischen Gesetzgebers, mit 28 U.S.C. § 1782 (a) einen einfachen und bestenfalls kostengünstigen Zugang zu beweiserheblichen Informationen zu gewährleisten.281 b. Stellungnahme Nachdem die geschilderte Problematik in der Rechtsprechung lange Zeit unbeachtet geblieben war, liegen mittlerweile einige Urteile vor,282 die die zuvor dargestellten Meinungen der Literatur aufgreifen.283 Hieraus entstand ein eigener vermittelnder Standpunkt der Rechtsprechung, der mittlerweile auch in der Literatur zahlreiche Anhänger gefunden hat.284 Die Rechtsprechung hält eine Beachtung ausländischer Weigerungsrechte grundsätzlich für geboten, stellt die Berücksichtigung des Weigerungsrechts jedoch unter den Vorbehalt eines

279 Vgl. zu dem bestehenden Anreiz amerikanischer Gerichte sich die aufwendige Ermittlung und Prüfung ausländischer Weigerungsrechte zu ersparen Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 72; siehe ferner die Entscheidung des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. März 1995, In Re: Application of Euromepa, S.A., 51 F. 3d, S. 1099: »[...] to require that a district court undertake a more extensive inquiry into the laws of the foreign jurisdiction would seem to extend the proper scope of section 1782.« 280 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 251. 281 Siehe zum Aspekt der Kostenlast Smit, 35 South Texas Law Review (1994), 235. 282 Siehe zur ehemals noch geringen praktischen Relevanz der Thematik Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 71. 283 Vgl. nur US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 12. August 1997, In Re: Application of Metallgesellschaft AG v. Hodapp, 121 F. 3d, S. 77 ff.; US District Court for the District of Columbia, Entscheidung v. 3. November 2010, In Re: Application of Ricardo Reis Veiga, 746 F. Supp. 2d, S. 27 ff.; US Court of Appeals for the Fifth Circuit, Entscheidung v. 8. September 2010, Ecuadorian Plaintiffs v. Chevron Corp., 619 F. 3d, S. 373 ff.; US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. März 1995, In Re: Application of Euromepa, S.A., 51 F. 3d, S. 1095 ff.; zunächst jedoch noch ablehnend US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 10. Mai 1994, In Re: Application of Euromepa, S.A., 155 F.R.D., S. 80 ff., 1994 U.S. Dist. LEXIS 5987. 284 Vgl. etwa Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 490; Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1075 f.

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umfassenden Nachweises (authoritative proof285) der im Einzelfall zu prüfenden (Anwendungs-)Voraussetzungen des jeweiligen Weigerungsrechts und nimmt die konkrete Prüfung entgegen der früher vertretenen Meinung erst im Rahmen der Ermessensausübung vor.286 Diese Form des Nachweises auf Ebene des Ermessens soll insbesondere den Bedenken der Literatur hinsichtlich einer Überforderung der zuständigen District Courts Rechnung tragen. Die Gerichte werden durch die Prüfung im Rahmen des Ermessens und die dort gegebene Abwägungsmöglichkeit entlastet und von einer aufwendigen (eigenen) Prüfung ausländischen Rechts faktisch entbunden.287 Die Beweislast zur Darlegung der Voraussetzungen des Weigerungsrechts trägt der Antragsgegner.288 Allerdings ist der konkrete Prüfungsmaßstab der Gerichte für den Nachweis eines Weigerungsrechts trotz der Anlehnung an den üblicherweise im Federal Law geltenden strengeren Maßstab verhältnismäßig unscharf geblieben: »[...] the proponent must establish the claimed privilege with reasonably certainty. That showing must extend to each of the essential elements necessary to support a claim of privilege. Nor may the proponent assert blanket or categorical claims of privilege; [...]. [...], the proponent of the privilege must offer more than just conclusory statements, generalized assertions, and unsworn averments of its counsel.«289

Konkrete von den Gerichten stets zugelassene Nachweiskategorien konnten sich daher noch nicht entwickeln.290 Als nicht ausreichend wurde bisher die eidesstattliche Versicherung eines Rechtsanwalts angesehen, der erklärte, dass das fragliche Weigerungsrecht im Ausgangsverfahren Anwendung fände und eine Offenlegung der Information daher auch im Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht verlangt werden dürfe.291 Demgegenüber ist zu erwarten, dass gerichtliche

285 Die Gerichte bezeichnen den erforderlichen Überzeugungsgrad der darzubringenden Beweise als authoritative proof, vgl. u.a. US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 12. August 1997, In Re: Application of Metallgesellschaft AG v. Hodapp, 121 F. 3d, S. 80; US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. März 1995, In Re: Application of Euromepa, S.A., 51 F. 3d, S. 1100. 286 Vgl. wiederum Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 490; umfassend hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 442 ff. 287 Siehe zu den hierzu bestehenden Bedenken Adler, ZDAR 2014, 144 f. 288 Vgl. US District Court for the District of Columbia, Entscheidung v. 3. November 2010, In Re: Application of Ricardo Reis Veiga, 746 F. Supp. 2d, S. 33 f., mit Verweis auf die übliche Beweislastverteilung im Federal Law. 289 Siehe wiederum die Entscheidung des US District Court for the District of Columbia, Entscheidung v. 3. November 2010, In Re: Application of Ricardo Reis Veiga, 746 F. Supp. 2d, S. 33 f. 290 Insoweit kritisch Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1075 f. 291 US Court of Appeals for the Fifth Circuit, Entscheidung v. 8. September 2010, Ecuadorian Plaintiffs v. Chevron Corp., 619 F. 3d, S. 378 f.

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oder behördliche Erklärungen der Verwaltung bzw. des Spruchkörpers des Ausgangsforums,292 die eine Verletzung des jeweiligen nationalen Rechts bei Offenlegung der maßgeblichen Information glaubhaft machen, von den US-Gerichten als authoritative proof anerkannt werden.293 In der amerikanischen Rechtsprechung ist damit jedenfalls eine Tendenz dahingehend erkennbar, die Hürden der Glaubhaftmachung des Eingreifens eines ausländischen Weigerungsrechts hoch anzusetzen.294 Dieser Ansatz dürfte auf das prinzipielle Verständnis des Discovery-Mechanismus zurückzuführen sein, dass die bloße Offenlegung einer Information im Rahmen des Discovery-Verfahrens nicht per se zur Verwertbarkeit der Information im Rahmen des Ausgangsverfahrens führt.295 Lässt der zuständige District Court die Erforschung bestimmter Tatsachen trotz des vermeintlichen Bestehens eines ausländischen Weigerungsrechts zu, ist eine Berufung auf die Weigerungsrechte im weiteren Verlauf des Ausgangsverfahrens weiterhin möglich, d.h. die unter Umständen zu weit gefasste Ermittlungstätigkeit in den USA kann im Nachhinein durch das Gericht des Ausgangsforums wieder eingefangen werden.296 Mit dieser Begründung wird sich das Vorliegen eines anerkennenswerten authoritative proof auf Ermessensebene häufig verneinen lassen, so dass abgesehen vom Vorliegen gerichtlicher oder behördlicher Erklärungen eine Einschränkung der Beweisermittlung kaum vorgenommen wird.297 Der Eintritt faktischer Nachteile für den Antragsgegner kann bei einem derartigen Vorgehen und bei einem solchen Verständnis von der Geltung ausländischer Zeugnisverweigerungsrechte allerdings nicht ausgeschlossen werden. 292 Alternativ zu den Gerichten und Behörden des Ausgangsforums kommen auch die Behörden und Gerichte desjenigen Forums in Betracht, aus dessen Recht sich das jeweilige Aussageweigerungsrecht ergibt; dies gilt insbesondere bei Weigerungsrechten, die sich aus der Beziehung zur jeweiligen Beweisperson ergeben, vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 251. 293 Vgl. US Court of Appeals for the Fifth Circuit, Entscheidung v. 8. September 2010, Ecuadorian Plaintiffs v. Chevron Corp., 619 F. 3d, S. 378 f.; offen gelassen allerdings von Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1075 f.; ebenso US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. März 1995, In Re: Application of Euromepa, S.A., 51 F. 3d, S. 1104. 294 Kritisch hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 445, der ferner darauf hinweist, dass je nach Zeitpunkt der Einleitung des (patentrechtlichen) Verfahrens im Ausgangsforum eine Erklärung des Spruchkörpers überhaupt nicht eingeholt werden könne. 295 Die Verwertbarkeit der Information richtet sich im Gerichtsverfahren in den USA nicht nach den FRCP, sondern nach den FRE, d.h. die Frage der Zulässigkeit der Beweisgegenstände wird erst i.R.d. Trial thematisiert, vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 111 f.; der Umfang der Offenlegung und der Umfang der Verwertbarkeit können sich dabei durchaus unterscheiden, vgl. Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 577 ff. 296 Vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 72. 297 Vgl. Adler, ZDAR 2014, 144 f.; siehe hierzu auch unter Teil 3, § 3, I., 2.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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3. Zwischenergebnis: Einschränkungen des Antragsgegenstands des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Einschränkungen des Antragsgegenstands des 28 U.S.C. § 1782 (a) können sich in zweierlei Hinsicht ergeben. Dies gilt – mit allerdings unterschiedlicher Intensität – zum einen für auslandsbelegene Beweismittel sowie zum anderen für die Problematik der Berücksichtigung ausländischer Zeugnisverweigerungsrechte. Für den Komplex auslandsbelegener Beweismittel konnte eine Einschränkung der Beweisermittlungstätigkeit nahezu ausschließlich für sogenannte Auslandszeugen festgestellt werden, die aufgrund der Einordnung als sogenannte Non-Party (Dritte) den Einschränkungen der Rule 45 FRCP unterliegen. Angesprochen ist damit vor allem Rule 45 (c) (3) (A) (ii) FRCP, die die Teilnahme einer ausländischen Beweisperson an einer Deposition in den USA jedenfalls dann ausschließt, wenn diese mehr als 100 Meilen entfernt von ihrer Residence, ihrer Arbeitsstelle oder dem Ort ihrer üblichen Geschäftstätigkeit stattfindet. Diese Entfernung wird bei Auslandszeugen für gewöhnlich überschritten, so dass sich für den Antragsteller insoweit regelmäßig eine erhebliche Hürde für die Beweisermittlung ergibt. Die Berücksichtigung ausländischer Zeugnisverweigerungsrechte führt demgegenüber – insbesondere auf Tatbestandsebene – zu weniger gravierenderen Auswirkungen für das Beweisermittlungsersuchen des Antragstellers nach 28 U.S.C. § 1782 (a).298 Zwar wird die Bedeutung und Geltung ausländischer Weigerungsrechte grundsätzlich anerkannt, allerdings wird dieses Bekenntnis auf praktischer Ebene nicht mit der gebotenen Entschlossenheit umgesetzt. Dies gilt insbesondere für die seitens der District Courts an den Nachweis des Bestehens eines ausländischen Weigerungsrechts gestellten Anforderungen. Häufig werden diese von dem betroffenen Antragsgegner weder in inhaltlicher noch (und insbesondere) in zeitlicher299 Hinsicht zu erfüllen (geschweige denn beizubringen) sein. Die Neigung der District Courts, eine aufwendige Ermittlung und Prüfung ausländischer Weigerungsrechte zu unterlassen, dürfte damit – wissentlich, dass eine Verwendung der Erkenntnisse im Ausgangsverfahren noch der Entscheidung der Verwertbarkeit des Gerichts im Ausgangsforum unterliegt – zur Gewohnheit werden.300

298

Siehe zu den Einschränkungen im Rahmen des Ermessens unter Teil 3, § 3, I., 2. Dies gilt v.a. für die Beschaffung der behördlichen bzw. gerichtlichen Erklärungen und Stellungnahmen, die zum Nachweis des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des ausländischen Weigerungsrechts herangezogen werden können. 300 In diesem Sinne auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 445. 299

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

VI. Absicht zur Verwendung der erlangten Beweiserkenntnisse Hinter dem Tatbestandsmerkmal der Verwendungsabsicht der erlangten Erkenntnisse (»for use in a proceeding in a foreign international tribunal, including criminal investigations«) verbergen sich zwei separate Voraussetzungen. Zum einen wird verlangt, dass die aus der Anwendung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erlangten Kenntnisse zur Verwendung im Rahmen des Ausgangsverfahrens bestimmt sind (sogenanntes for use-Kriterium301).302 Zum anderen beinhaltet die im Normtext enthaltene Formulierung gewisse Anforderungen an den im Ausgangsforum zuständigen Spruchkörper (tribunal). 1. Bedeutung des for use-Kriteriums Das for use-Kriterium steht in engem Zusammenhang mit dem Inhalt der durch das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erlangten Informationen.303 Dementsprechend muss für jede dieser offengelegten Informationen eine separate Verwendungsbestimmung im Rahmen des zugehörigen Ausgangsverfahrens304 vorliegen.305 Zur Feststellung der jeweiligen Verwendungsbestimmung werden zwei Voraussetzungen diskutiert. Dabei handelt es sich um zwei der bereits erwähnten (ehemaligen) ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale: Die Zulässigkeit einer späteren Verwendung der Information im Ausgangsverfahren

301 Vgl. etwa Smit, 14 American Review of Int. Arbitration, Volume (2003), 298 ff.; ferner Smit, 35 South Texas Law Review (1994), 235; Stahr, 30 Virginia Journal of Int. Law (1990), 14 f.; Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 12 ff., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1. pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 316; siehe auch die Entscheidung US District Court for the Northern District of Illinois, Entscheidung v. 6. Dezember 2006, In Re: Application of Fleischmann v. McDonald’s Corp., 466 F. Supp. 2d, S. 1029. 302 Bei Beantragung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sollte neben der Verwendungsabsicht ferner der Hintergrund bzw. die Umstände des ausländischen Verfahrens ausreichend dargestellt sowie das Interesse des Antragstellers an der Beweisermittlung erläutert werden, vgl. hierzu die Ausführungen unter Teil 3, § 2, II., 2. sowie Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 326 f. 303 Siehe zur Begriffsbestimmung des for use-Kriteriums Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 276 ff. 304 Es besteht im Übrigen keine Verwendungsbeschränkung der erlangten Information auf lediglich ein (bestimmtes) Ausgangsverfahren; die offenbarten Informationen können grundsätzlich für mehrere Ausgangsverfahren verwandt werden, vgl. Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 316 m.w.N. 305 In Anbetracht der Verwendung der Erkenntnisse aus dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) allein in ausländischen Verfahren wird in der deutschen Literatur mitunter der Begriff der isolierten Discovery verwandt, vgl. Wittmann, ZD 2011, 174 f.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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(Foreign Admissibility306) sowie die Relevanz der jeweiligen Information für das Ausgangsverfahren (sogenannte (Foreign-)Relevance307).308 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Verwendung der Informationen im Ausgangsverfahren wird von den US-amerikanischen Gerichten – jedenfalls auf Tatbestandsebene309 – nicht für erforderlich erachtet.310 Entsprechend der Intention einer möglichst weitreichenden Beweisermittlung, wird eine spätere tatsächliche Zulassung der Beweismittel nicht als Erfordernis der Durchführung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) vorausgesetzt.311 Hat das für das Ausgangsverfahren zuständige ausländische Gericht eine Berücksichtigung weiterer Beweismittel etwa bereits ausgeschlossen, steht auch diese Weigerung einer Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht entgegen.312 Entscheidend ist vielmehr, dass die Erkenntnisse dem zuständigen Spruchkörper des Ausgangsverfahrens zumindest angeboten werden können. Inwieweit dieser die Beweismittel dann auch akzeptiert, ist für die Prüfung durch den zuständigen District Court nicht relevant.313 Die aus dem Tatbestandsmerkmal der Verwendungsbestimmung 306

Siehe die Entscheidung US District Court for the Northern District of Illinois, Entscheidung v. 6. Dezember 2006, In Re: Application of Fleischmann v. McDonald’s Corp., 466 F. Supp. 2d, S. 1029; ferner Jungermann, WuW 2014, S. 12 f. 307 Ähnlich auch Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 931; vgl. zum Kriterium der Relevance i.R.d. FRCP unter Teil 2, § 3, I. 308 Siehe zu den ehemaligen sog. ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalen bereits unter Teil 3, § 2. 309 Teilweise wird eine Prüfung der Zulässigkeit von einigen Gerichten sogar als fehlerhaft bewertet und dementsprechend zurückgewiesen, vgl. hierzu die Entscheidung des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 6. März 2012 – Anselm Brandi-Dohrn v. IKB Deutsche Industriebank AG, 673 F. 3d, S. 76 ff., 2012 U.S. App. LEXIS 4719, der eine Prüfung der Zulässigkeit der Beweismittel für verzichtbar erachtet: »Here, however, we must reverse the District Court because it underpinned its conclusion on – and erroneously applied – the statutory ›for use‹ requirement: […]«; vgl. hierzu auch Rode, CCZ 2013, 128; ferner Fishman/Harkness/et al., Freshfields Bruckhaus Deringer Briefing 2012, abrufbar unter: http://www.freshfields.com/uploadedFiles/SiteWide/Knowle dge/2883.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); siehe schließlich Page/Blackman/et al., International Lawyer 2013, 169 f. 310 Vgl. Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 198 m.w.N. 311 Siehe dazu etwa Jungermann, WuW 2014, 13; Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 198 m.w.N.; Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 13, abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 931; vgl. zu denkbaren Vermeidungsstrategien im Rahmen internationaler Handelsschiedsverfahren Martinez-Fraga, SchiedsVZ 2010, 85 ff. sowie ders., a.a.O., 158 ff. 312 Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 198 m.w.N. 313 Vgl. die Entscheidung des US District Court for the Eastern District of New York, Entscheidung v. 16 August 2005, In Re: The Application of Imanagement Services Ltd., 2005 U.S. Dist. LEXIS 17025, 2005 WL 1959702, der ein Verfahren nach 28 U.S.C.

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resultierenden Pflichten des Antragstellers enden daher auf Tatbestandsebene mit der Vorlage der Informationen beim jeweiligen Spruchkörper bzw. bereits mit der bloßen Absicht der Vorlage der Informationen im Zeitpunkt der Antragstellung.314 Auch in Bezug auf das Kriterium der (Foreign-)Relevance werden dem Antragsteller seitens der Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen auferlegt. Zur einfacheren Bestimmung des Vorliegens der (Foreign-)Relevance behilft sich die Rechtsprechung mit einem Rückgriff auf die Bestimmungen der FRCP315 und zieht insoweit Rule 26 (b) (1) FRCP heran, die die bereits bekannte Rule of Relevance enthält.316 Dementsprechend ist von einer Verwendungsbestimmung bereits dann auszugehen, wenn die erlangten Beweismittel generelle Bedeutung für den Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens erlangen können.317 Ausdrücklich ausgenommen ist allerdings die Passage in Rule 26 (b) (1) FRCP,318 die (auch) eine Berücksichtigung solcher Beweismittel erlaubt, deren Erforschung voraussichtlich zur Entdeckung anderer zulässiger Beweismittel führen würde.319 Hierdurch soll vermieden werden, dass über die Hintertür des Kriteriums der (Foreign-)Relevance eine Zulässigkeitsprüfung eingeführt wird, deren Notwendigkeit noch zuvor abgelehnt worden

§ 1782 (a) zuließ, obwohl das Gericht des ausländischen Hauptverfahrens eine nach dortigem Recht erforderliche Anweisung zur Beweisermittlung nicht erteilt hatte und eine Verwertung daher nicht zulässig erfolgen konnte. 314 Jungermann, WuW 2014, 13; siehe auch Zalta, 17 Pace International Law Review (2005), 438 f. 315 Vgl. die Entscheidung des US District Court for the Northern District of Illinois, Entscheidung v. 6. Dezember 2006, In Re: Application of Fleischmann v. McDonald’s Corp., 466 F. Supp. 2d, S. 1029 f.: »The reference in § 1782 to the Federal Rules suggests that under ordinary circumstances the standards for discovery under those rules should also apply when discovery is sought under the statute.«; siehe ferner US Court of Appeals for the Third Circuit, Entscheidung v. 9. June 1998 – In Re: Application of Bayer AG v. Betachem, Inc., 146 F. 3d, S. 195; US Court of Appeals for the Third Circuit, Entscheidung v. 12. April 1999 – In Re: Application of Bayer AG v. Betachem, Inc., 173 F. 3d, S. 191; Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 14, abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 316 Vgl. zur Rule of Relevance bereits unter Teil 2, § 3, I. 317 Jungermann, WuW 2014, 13; siehe allerdings zu den dann gesteigerten Anforderungen auf Ermessensebene Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 931. 318 Vgl. den entsprechenden Wortlaut der Rule 26 (b) (1) FRCP: »Relevant information need not be admissible at the trial if the Discovery appears reasonably calculated to lead to the Discovery of admissible evidence.« 319 Vgl. US District Court for the Northern District of Illinois, Entscheidung v. 6. Dezember 2006, In Re: Application of Fleischmann v. McDonald’s Corp., 466 F. Supp. 2d, S. 1029 f.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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war.320 Wie bereits bei der Berücksichtigung ausländischer Weigerungsrechte geschehen, neigen die US-Gerichte auch bei der Beurteilung des for use-Kriteriums zu einer möglichst umfassenden Auslegung. Hintergrund dieses weiten Verständnisses ist die Überzeugung, dass die ausländischen Gerichte jederzeit die aus ihrer Sicht unzulässigen Beweismittel aussortieren können. Ein Eingreifen der District Courts auf Ebene der Tatbestandsvoraussetzungen wird daher nicht für erforderlich gehalten.321 2. Tribunal-Eigenschaft des ausländischen Spruchkörpers und Verfahrensstadium des Ausgangsverfahrens Das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erfordert das Vorliegen eines sogenannten Tribunal. Fraglich ist hier zunächst, welche konkreten Eigenschaften eine Einordnung als Tribunal erlauben. Ferner ergibt sich die Problematik, ob das maßgebliche Ausgangsverfahren bei Einleitung der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bereits anhängig sein muss, oder ob auch ein lediglich zu erwartendes Verfahren einen Antrag nach 28 U.S.C. § 1782 (a) rechtfertigt. a. Ausländischer Spruchkörper als Tribunal gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) Für die Feststellung der Eigenschaft als Tribunal gelten die identischen Voraussetzungen wie bereits für die Prüfung im Rahmen der Antragsbefugnis. Dementsprechend wird das Vorliegen einer gerichtlichen Natur des Ausgangsverfahrens (adjudicative in nature)322 als ausreichend erachtet. Ob und inwieweit auch private Schiedsgerichte als Tribunal angesehen werden sollten, bedarf der bereits erwähnten höchstrichterlichen Klärung durch den US Supreme Court.323 Die vorliegenden Urteile lassen allerdings die Berücksichtigung auch privater Schiedsgerichte – je nach zuständigem Gerichtsbezirk – als naheliegend erscheinen.324 Explizite Erwähnung im Rahmen des Wortlauts des

320 Vgl. Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 198, dort allerdings ohne Darstellung der Hintergründe des Verzichts auf die entscheidende Passage des Rule 26 (b) (1) FRCP. 321 Siehe allerdings zur Überlegung einer Einschränkung auf Ermessensebene Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 13, abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 322 Vgl. hierzu unter Teil 3, § 2, II., 1. 323 Siehe dazu oben Teil 3, § 2, II., 1.; siehe hierzu ferner ausführlich Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 198; Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 10 ff., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials /pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); Smit, 14 American Review of Int. Arbitration, Volume (2003), 304 ff. 324 Vgl. zur Diskussion hinsichtlich der Einordnung privater Schiedsgerichte als Tribunal ebenfalls unter Teil 3, § 2, II., 1.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

28 U.S.C. § 1782 (a) finden auch strafrechtliche Ermittlungsverfahren vor Anklageerhebung,325 die damit als taugliche Ausgangsverfahren anzusehen sind und somit ebenfalls die Einleitung eines Beweisermittlungsverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erlauben.326 b. Verfahrensstadium des Ausgangsverfahrens Die Diskussion um das Verfahrensstadium des Ausgangsverfahrens ergibt sich aus dem ursprünglichen Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a).327 Dieser beinhaltete zunächst die Konkretisierung, dass es sich um ein anhängiges Verfahren (pending) handeln müsse.328 Nach Streichung der betreffenden Passage wurde in Anlehnung an das frühere sogenannte pending-requirement allerdings weiterhin ein unmittelbares Bevorstehen des Verfahrens (imminent329) oder die Einleitung eines vorgerichtlichen Beweisverfahrens330 für erforderlich gehalten. Im Rahmen der Entscheidung INTEL v. AMD331 beschäftigte sich der US Supreme Court mit dem zeitlichen Zusammenhang zwischen der Antragstellung und dem Ausgangsverfahren und der insoweit gebotenen Auslegung des 28 U.S.C. § 1782 (a). Der US Supreme Court hielt es für unschädlich, wenn das Ausgangsverfahren noch nicht anhängig sei, sondern sich noch im 325

Ausgenommen hiervon sind allerdings diejenigen Anklageverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag, vgl. Hollander/Boyd, CHAMP 2013, 39 f. mit Verweis auf 22 U.S.C. § 7423 (b) – Prohibition on cooperation with the International Criminal Court: »Notwithstanding section 1782 of title 28 or any other provision of law, no United States Court, and no agency or entity of any State or local government, including any court, may cooperate with the International Criminal Court in response to a request for cooperation submitted by the International Criminal Court pursuant to the Rome Statute.« 326 Siehe ausführlich zur Berücksichtigung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren Hollander/Boyd, CHAMP 2013, 38 ff.; ferner Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 86. 327 Vgl. hierzu den relevanten Auszug des Originalwortlauts des 28 U.S.C. § 1782 (a), der bis zur Reform im Jahr 1964 wie folgt lautete »in any judicial proceeding pending in any court in a foreign country«; vgl. zur Reform des 28 U.S.C. § 1782 (a) McCarthy, 15 Fordham Int. Law Journal (1991), 790 ff.; Metis, 18 Fordham Int. Law Journal (1994), 332 ff. m.w.N.; Godfrey, 60 American University Law Review (2010), 475 ff. 328 Siehe Dietrich, GRUR Int. 2006, 391; ferner Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 978; so auch Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1001 m.w.N.; Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 930; Hollander/Boyd, CHAMP 2013, 39. 329 Vgl. ausführlich McCarthy, 15 Fordham Int. Law Journal (1991), 794 ff., zum Erfordernis des unmittelbaren Bevorstehens sowie zu den anderen Auslegungsmöglichkeiten nach der Streichung des pending-requirement. 330 So noch US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 25. Mai 2001, In Re: Application of Ishihara Chemical Co., Ltd. v. Shipley Company LLC, 251 F. 3d, S. 120 ff.; kritisch hierzu Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 278 ff. 331 Vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 241 ff.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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Stadium der Voruntersuchung befinde.332 Ausreichend sei vielmehr, dass das Ausgangsverfahren »vernünftigerweise erwartet werden dürfe« (»within reasonable contemplation«333).334 Auf diese Weise lasse sich der mit der Streichung des pending-requirement deutlich gewordene Wille des US-Gesetzgebers, Beweisermittlungen nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bereits im Stadium zivil-, straf- oder verwaltungsrechtlicher (Vor-)Untersuchungen zu ermöglichen, am besten verwirklichen.335 Angesichts der liberalen Positionierung des US Supreme Court hat sich – soweit ersichtlich – bezüglich des Zusammenhangs zwischen Antragstellung und Ausgangsverfahren kein weiterer Diskussionsbedarf in der US-amerikanischen Literatur und Rechtsprechung ergeben. Allerdings verdeutlicht die von der Rechtsprechung vorgenommene Auslegungspraxis, dass mittels 28 U.S.C. § 1782 (a) häufig erst die Grundlage für Ansprüche geschaffen wird und dementsprechend nicht lediglich eine – eigentlich intendierte – unterstützende Beweisermittlung erfolgt.336 Seitens der District Courts wird daher im Einzelfall ein korrigierendes Gegensteuern auf Ebene der Ermessensentscheidung erwogen.

332 Dietrich, GRUR Int. 2006, 391; Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 978; Jungermann, WuW 2014, 12; Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 198 m.w.N. 333 US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 247: »the ›proceeding‹ for which Discovery is sought under § 1782 (a) must be in reasonable contemplation, but need not be ›pending‹ or ›imminent‹«; vgl. hierzu im Weiteren erneut US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 259: »Instead, we hold that § 1782 (a) requires only that a dispositive ruling by the Commission, reviewable by the European courts, be within reasonable contemplation.« 334 Vgl. zum Erfordernis der reasonable contemplation bei Kraayvanger/Richter, RIW 2007, 179, die davon ausgehen, dass das Beweishilfegesuch hinsichtlich eines sich bereits konkret abzeichnenden Rechtsstreit gestellt werden muss; kritisch hingegen Rieckers, RIW 2005, 23, der angesichts des erheblichen Umfangs der Beweisermittlung von einer Verlagerung von Rechtsstreitigkeiten in die USA ausgeht. 335 Diesen Willen hat der Gesetzgeber mit der Erweiterung um strafrechtliche Ermittlungen (»including criminal investigations before formal accusation«) vor Anklageerhebung noch einmal verdeutlicht und klargestellt, vgl. Dietrich, GRUR Int. 2006, 391; siehe auch Smit, 65 Columbia Law Review (1965), 1026: »It is not necessary […] for the proceeding to be pending at the time the evidence is sought, but only that the evidence is eventually to be used in such a proceeding.«; vgl. schließlich Zalta, 17 Pace International Law Review (2005), 430 f., 439 f. 336 Vgl. hierzu auch Götz, SJZ 2006, 274; kritisch insoweit ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 50 f.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

VII. Ergebnis: Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Die Betrachtung der zwingenden Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sowie deren Auslegung durch die US-Gerichte zeigt, dass die Rechtsprechung bemüht ist, die für eine umfassende Beweisermittlung kritischen Tatbestandsmerkmale337 dergestalt zu interpretieren, dass sich für den Antragsteller möglichst geringe Hürden für die Beweisermittlung ergeben. Diese Tendenz offenbart sich zunächst in der Ausgestaltung der Antragsbefugnisse (»the order may be made [...] by a foreign or international tribunal or upon the application of any interested person«) des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a). Die Gerichte gehen bei der Bestimmung der Tribunal-Eigenschaft äußerst großzügig vor und lassen bereits das Vorliegen einer gerichtlichen Natur, d.h. die Ausübung einer unparteiischen gerichtlichen Funktion durch den Spruchkörper ausreichen, um die Antragsbefugnis zu bejahen. Gleiches gilt für die Antragsbefugnis einer sogenannten interessierten Person. Auch insoweit kommen die US-Gerichte potenziellen Antragstellern entgegen und verlangen neben gewissen Mitwirkungsrechten, lediglich die Betroffenheit anerkennenswerter wirtschaftlicher oder finanzieller Interessen. Der Nachweis dieser Voraussetzungen kann von den an der Einleitung eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) interessierten Antragstellern in der Regel unproblematisch erbracht werden. Im Hinblick auf die Regelung der Zuständigkeiten (»The district court of the district in which a person resides or is found may order […]«) lässt sich die beschriebene Haltung der US-Gerichte vor allem an der Ausgestaltung des sogenannten is found-Kriteriums erkennen. Angesichts der flexiblen Handhabung des in diesem Zusammenhang mit entscheidenden Merkmals des »(doing) continuous and systematic business« sowie der beweisrechtlichen Durchgriffsbefugnisse unter anderem gegenüber Tochtergesellschaften lassen sich umfassende Zuständigkeitsbefugnisse der Gerichte ableiten und nötigenfalls auch konstruieren. Eine Einschränkung dieser weitreichenden Befugnisse ergibt sich auch nicht für das Tatbestandsmerkmal des Antragsgegenstandes (»may order him to give his testimony or statement or to produce a document or other thing«). Obwohl im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) eine Beschränkung auf die Discovery-Instrumente der Befragung von Beweispersonen (Depositions) sowie die Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen (Production of Documents and other Things) erfolgt, ergibt sich eine durchaus umfassende Möglichkeit zur Beweisermittlung. Insbesondere für die Production of Documents and other Things ist festzustellen, dass selbst bei 337 Dieses Ansinnen der amerikanischen Rspr. zeigt sich bereits in der frühen Ausklammerung der sogenannten ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen, von deren Prüfung mittlerweile abgesehen wird, vgl. Teil 3, § 2.

§ 2 Tatbestandsvoraussetzungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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Auslandsbelegenheit der relevanten Information auf eine Vielzahl von Unterlagen zugegriffen werden kann. Auch die gegenüber Auslandszeugen bei der Beweisermittlung geübte Zurückhaltung vermag hierüber nicht hinwegzutäuschen, zumal die Voraussetzungen für die Berücksichtigung ausländischer Zeugnisverweigerungsrechte (im Rahmen der späteren Prüfung auf Ermessensebene) seitens der Rechtsprechung verhältnismäßig hoch angesetzt werden und daher in dieser Hinsicht nur selten eine Begrenzung des Umfangs der Beweisermittlung eintreten wird. Abgerundet wird dieses Bild einer jedenfalls auf Tatbestandsebene flexiblen Auslegung der Antragsvoraussetzungen durch das großzügige Verständnis des sogenannten for use-Kriteriums einerseits (»for use in a proceeding in a foreign international tribunal, including criminal investigations«) sowie durch die nur bedingt existente zeitliche Verknüpfung von Antragstellung und Ausgangsverfahren andererseits. In Anbetracht des Verzichts der Rechtsprechung auf einen (tatsächlichen) zeitlichen Konnex wird im Extremfall nicht lediglich eine Beweisermittlung gestattet, sondern darüber hinaus die Einleitung eines Verfahrens im Ausgangsforum teilweise erst ermöglicht. Die geschilderte Weite des Tatbestands des 28 U.S.C. § 1782 (a) wirft die Frage auf, inwieweit eine Beschränkung der Beweisermittlung durch die Rechtsprechung überhaupt beabsichtigt ist, oder ob seitens der US-Gerichte tatsächlich eine mehr oder weniger grenzenlose Beweisermittlung intendiert ist, deren Eingrenzung – z.B. durch entsprechende Verwertungsverbote – erst im Rahmen des Ausgangsverfahren vorgenommen werden soll. Um dieser Frage nachzugehen, werden zunächst die wesentlichen auf Ebene der gerichtlichen Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden Faktoren untersucht.

§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Die Ausübung des Ermessens (»The district court […] may order«1) im Rahmen der Rechtsfolgenentscheidung eines Beweishilfeantrags nach 28 U.S.C. § 1782 (a) orientiert sich an unterschiedlichen Kriterien (sogenannte Discretionary Factors).2 Nicht nur das Verständnis dieser Kriterien, sondern vor allem die Ausgestaltung sowie die Fülle der zu prüfenden Ermessensvoraussetzungen haben sich stetig gewandelt. Verantwortlich für den Wandel der im Hinblick auf die Ermessensausübung maßgeblichen Anforderungen ist vornehmlich die US-amerikanische Rechtsprechung, die im Laufe der vergangenen Jahre die Leitlinien der Rechtsfolgenentscheidung mehrfach verändert und nachjustiert hat. Die entscheidenden Abschnitte dieser Neuausrichtung sollen im Folgenden nachvollzogen werden, bis hin zur Darstellung der aktuellen Handhabung der Voraussetzungen der Ermessensausübung.

I. Entwicklung der Kriterien der Ermessensentscheidung Vielfach können die einzelnen Phasen der (Weiter-)Entwicklung der Ermessensausübung mit bestimmten gerichtlichen Entscheidungen in Verbindung gebracht werden. Insbesondere die bereits mehrfach erwähnte Entscheidung des US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD3 hat zu einer umfassenden Neuausrichtung der Rechtsfolgenentscheidung geführt. Um die insoweit maßgeblichen Neuerungen greifbar zu machen, folgt vorab ein Überblick der von den US-Gerichten ursprünglich praktizierten Form der Ermessensausübung.

1

Vgl. den Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a). Siehe zum Vergleich mit der Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen durch die Verwaltungsgerichte im deutschen Recht Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 80. 3 Vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 241 ff. 2

§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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1. Ermessensausübung vor der Entscheidung INTEL v. AMD Die Gewährung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erfolgte – je nach zuständigem District Court – lange Zeit äußerst uneinheitlich.4 Zwar waren die Gerichte bereits früh der grundlegenden Idee einer liberalen Handhabung der Beweisermittlung verpflichtet, allerdings mangelte es an einem einheitlichen Katalog stets heranzuziehender Ermessensparameter, der zu einer gewissen Konformität der Vornahme der Ermessensentscheidung hätte beitragen können. In Anbetracht der Vorgabe einer intensiven Nutzung ihres Ermessensspielraums5 entschieden sich die Gerichte daher häufig für eine stark einzelfallbezogene Ermessensausübung und berücksichtigten unterschiedlichste (Ermessens-)Kriterien.6 Unsicherheiten im Hinblick auf die Prognostizierbarkeit der Entscheidungen waren dem Verfahren daher immanent.7 Die für den beweissuchenden Antragsteller eigentlich vorteilhafte Ausgestaltung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) wurde damit in einigen Fällen ins Gegenteil verkehrt. Insbesondere durch die Zufälligkeit der Zuständigkeit der mit den Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) betrauten District Courts erfolgte teilweise eine nahezu beliebige Wertung der Umstände des Einzelfalls, so dass sich die Tendenz ergab, Beweishilfeanträge – soweit mit den Zuständigkeitsregeln vereinbar – nur noch bei bestimmten Gerichten einzureichen.8 Auf diese Weise wurde zumindest eine gewisse Vorhersehbarkeit der Entscheidung herbeigeführt. Einige potentielle Antragsteller verzichteten angesichts des unsicheren Ausgangs der Ermessensabwägung allerdings auch gänzlich auf die Nutzung des Beweishilfeverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a).9 Obgleich die US-Gerichte in Anbetracht dieser unbefriedigenden Ausgestaltung der Ermessensausübung bemüht waren, die notwendige Konsistenz in die Entscheidungsfindung einkehren zu lassen, konnte eine tatsächliche Vereinheitlichung erst durch die Entscheidung des US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD erreicht werden.10 4

Vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 254 f. m.w.N. Siehe Stahr, 30 Virginia Journal of Int. Law (1990), 641. 6 Vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 254 f., der u.a. die folgenden Kriterien anführt: die Erheblichkeit der Beweisaufnahme für das Ausgangsverfahren, die generelle Bedeutung für das Ausgangsverfahren, die Bereitschaft des Prozessstaats, seinerseits Beweishilfeverfahren durchzuführen (Gegenseitigkeit) sowie die Nationalität der Parteien. 7 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 254. 8 Als besonders antragstellerfreundlich erwies sich in diesem Zusammenhang der Court of Appeals of the Second Circuit, in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Bundesstaat New York befindet, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 23; siehe auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 255; ferner Roggenbuck, IPRax 1997, 79. 9 Vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 255. 10 Vgl. zur Bedeutung der Entscheidung des US Supreme Court für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Kraayvanger/Richter, RIW 2007, 177 f.; Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 977 ff. 5

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2. Ermessensausübung nach der Entscheidung INTEL v. AMD Die streitigen Themenkomplexe, die zu der Vorlage des Verfahrens INTEL v. AMD zum US Supreme Court führten,11 waren ursprünglich vornehmlich im Tatbestand des 28 U.S.C. § 1782 (a) verortet. Nach erfolgter Auseinandersetzung mit den Tatbestandsvoraussetzungen betonte der US Supreme Court allerdings, dass dem Beweishilfeantrag selbst bei Vorliegen der sogenannten Mandatory Factors, d.h. der zwingenden Tatbestandsvoraussetzungen, nicht per se statt zu geben sei.12 Vielmehr stünde die Anordnung im Ermessen des jeweiligen District Court, so dass dieser bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen lediglich berechtigt, jedoch keinesfalls verpflichtet sei, die Beweishilfe zu gewähren.13 In diesem Zusammenhang sah sich der US Supreme Court dazu veranlasst, im Rahmen eines obiter dictum vier nicht abschließende (non-exhaustive14) Kriterien (sogenannte INTEL-Kriterien15) aufzustellen, die im Rahmen der Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden können.16 Angesichts des Charakters der INTEL-Kriterien als bloße obiter dicta sind diese nicht verbindlich.17 Es ist allerdings festzustellen, dass die Kriterien großen Anklang in der 11

Siehe zu Einzelheiten des Verfahrens und zur Prozessgeschichte unter Teil 3, § 2, I. US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 264: »[...] a district court is not required to grant a § 1782 (a) discovery application simply because it has the authority to do so.«; siehe hierzu bereits US Court of Appeals for the Eleventh Circuit, Entscheidung v. 19. Januar 2001, United Kingdom v. United States of America, 238 F. 3d, S. 1319: »a district court’s compliance with a § 1782 request is not mandatory.« 13 Siehe hierzu auch Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1002 m.w.N. 14 Vgl. die Entscheidung des US District Court for the District of Delaware, Entscheidung v. 26. Juni 2014, Victor Mikhalyovich Pinchuk v. Chemstar Products LLC, et al., No. 13mc-306-RGA, 2014 U.S. Dist. LEXIS 86781: »The factors articulated by INTEL are nonexhaustive.«; ebenso US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 5. Dezember 2007, In Re: Application of David Godfrey, 526 F. Supp. 2 d, S. 419: »In exercising such discretion, courts should consider, inter alia, [...]«; so auch US District Court for the Western District of North Carolina, Charlotte Division, Entscheidung v. 9. Juli 2008, In Re: Application of Qwest Communications International, 2008 U.S. Dist. LEXIS 115845, Case No. 3:08mc93: »These appear to be non-exclusive factors and the unsigned will consider other factors.« 15 Die INTEL-Kriterien sind von der Gesamtheit der sogenannten Discretionary Factors zu unterscheiden; bei diesen handelt es sich schlicht um sämtliche i.R.d. Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden Kriterien, während durch den Begriff INTEL-Kriterien lediglich die vier im Zuge der INTEL v. AMD-Entscheidung diskutierten Faktoren bezeichnet werden, vgl. zur Begrifflichkeit der INTEL-Kriterien (INTEL-Factors) bei Kraayvanger/Richter, RIW 2007, 179. 16 US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 264: »We note below factors that bear consideration in ruling on a § 1782 (a) request«. 17 Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1002. 12

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Rechtsprechung gefunden haben und den seither ergangenen (Ermessens-)Entscheidungen daher auch zumeist zugrunde lagen.18 Teilweise ist in den untergerichtlichen Entscheidungen gar von einer Check-Liste19 der anzustellenden Überlegungen im Rahmen des Ermessens zu lesen, mithilfe derer sich die ermessensrelevanten Erwägungen überprüfen lassen. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Kriterien: den Beteiligtenstatus des Antragsgegners im Rahmen des Ausgangsverfahrens (erstes INTEL-Kriterium), die Rechtsnatur des Spruchkörpers des Ausgangsverfahrens sowie dessen Empfänglichkeit gegenüber der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) (zweites INTEL-Kriterium), die Problematik der Umgehung ausländischer Beweisvorschriften (drittes INTEL-Kriterium) sowie schließlich die Frage der Verhältnismäßigkeit der Durchführung einer Beweisermittlung für die beweisbelastete Person (viertes INTEL-Kriterium). a. Beteiligtenstatus des Antragsgegners im Ausgangsverfahren (erstes INTEL-Kriterium) Im Hinblick auf die Entscheidung der Bewilligung des Antrags nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist der Beteiligtenstatus des Antragsgegners im ausländischen Ausgangsverfahren ein mitbestimmender Faktor.20 Handelt es sich bei dem Antragsgegner etwa um die gegnerische Partei des Ausgangsverfahrens könne – so der US Supreme Court – eine Beweisermittlung bereits im Ausgangsforum durchgeführt werden, da das Gericht des Ausgangsverfahrens angesichts seiner Gerichtsbarkeit über die am Verfahren beteiligten Parteien selbst die Möglichkeit besitzt, Beweismittel zu erlangen.21 Die Notwendigkeit, ein Verfahren

18 Vgl. hierzu statt vieler nur die unlängst ergangenen Entscheidungen des US District Court for the District of Delaware, Entscheidung v. 26. Juni 2014, Victor Mikhalyovich Pinchuk v. Chemstar Products LLC, et al., No. 13-mc-306-RGA, 2014 U.S. Dist. LEXIS 86781 sowie des US District Court for the Northern District of California, Entscheidung v. 17 Januar 2013, In Re: Cathode Ray Tube (CRT) Antitrust Litigation, 2013 U.S. Dist. LEXIS 8255, 2013-1 Trade Cas. (CCH) P78, 229; vgl. zum Leitliniencharakter der vier Faktoren außerdem Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 932. 19 Eschenfelder, IPRax 2006, 95 m.w.N. 20 Vgl. zur Bedeutung des Beteiligtenstatus u.a. Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 199; ferner Eschenfelder, IPRax 2006, 93; Kraayvanger/Richter, RIW 2007, 179; Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1002; Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 933; Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 87; Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 317 ff.; Meibom/ Feld, in: FS-BPatG, S. 978 f.; siehe schließlich Adler, ZDAR 2014, 140 f. 21 Vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 264: »First, when the person from whom Discovery is sought is a participant in the foreign proceeding [...], the need for § 1782 (a) aid generally is not as apparent as it ordinarily is when evidence is sought from a nonparticipant in the matter arising abroad. A foreign tribunal has jurisdiction over those appearing before it, and can itself order them to produce evidence«.

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nach 28 U.S.C. § 1782 (a) durchzuführen, sei daher im Vergleich zu einer Beweisermittlung gegenüber einem Dritten, der sich außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Gerichts des Ausgangsverfahrens aufhält, geringer.22 Die Argumentation des US Supreme Court wurde von nachfolgenden Entscheidungen in großem Umfang bestätigt und in Teilen weiter entwickelt.23 So musste sich etwa der US District Court for the Northern District of Illinois24 mit der Frage auseinandersetzen, ob es sich bei der Muttergesellschaft einer im Ausgangsverfahren beklagten Tochtergesellschaft ebenfalls um eine Partei des Ausgangsverfahrens im Sinne des ersten INTEL-Kriteriums handelt. Der District Court lehnte diese Argumentation mit Verweis auf die rechtliche Selbstständigkeit der Muttergesellschaft ab, so dass gegen diese eine Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) eingeleitet werden konnte.25 Ein besonders umfassendes Verständnis des ersten INTEL-Kriteriums findet sich hingegen in einer Entscheidung des US District Court for the Southern District of New York, der nicht lediglich den Beteiligtenstatus als relevant erachtete, sondern darüber hinaus darauf abstellte, ob die konkret angefragten Beweise in dem zugrunde liegenden Ausgangsverfahren überhaupt erlangt werden könnten.26 Diese Möglichkeit (und die darin enthaltene Berücksichtigung des ehemaligen ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals einer sogenannten Foreign Discoverability27) wird allerdings nur in wenigen Fällen gegeben sein, da eine Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht selten erst dann 22

Vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 264: »In contrast, nonparticipants in the foreign proceeding may be outside the foreign tribunal’s jurisdictional reach; hence, their evidence, available in the United States, may be unobtainable absent § 1782 (a) aid.« 23 Vgl. Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 199 m.w.N.; siehe zu den Schwerpunkten der Prüfung bei Auslegung des ersten INTEL-Kriteriums bei Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 304 ff. 24 Siehe US District Court for the Northern District of Illinois, Entscheidung v. 6. Dezember 2006, In Re: Application of Fleischmann v. McDonald’s Corp., 466 F. Supp. 2d, S. 1020 ff. 25 Vgl. US District Court for the Northern District of Illinois, Entscheidung v. 6. Dezember 2006, In Re: Application of Fleischmann v. McDonald’s Corp., 466 F. Supp. 2d, S. 1031. 26 US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 20. April 2006, In Re: Application of Microsoft Corp., 428 F. Supp. 2d, S. 188 ff.: »The relevant inquiry is whether the evidence is available to the foreign tribunal.«; kritisch hierzu Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 17 f., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); siehe hierzu auch das Verfahren vor dem US Court of Appeals for the Third Circuit, Entscheidung v. 28. Juli 2010, Heraeus Kulzer GmbH v. Esschem, Inc., 390 Fed. Appx., S. 92 ff., 2010 U.S. App. LEXIS 15789 (zugleich in: GRUR Int. 2011, 358 ff.), wo ebenfalls dargelegt wurde, dass die betreffenden Informationen in Deutschland nicht ermittelbar seien. 27 Siehe zur Bedeutung der ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale bereits unter Teil 3, § 2.

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in Betracht gezogen wird, wenn das für das Ausgangsverfahren maßgebliche Verfahrensrecht keine ausreichenden Zugriffsbefugnisse gewährt.28 Ein solches Verständnis vorausgesetzt, könnte das erste INTEL-Kriterium – mangels hinreichender Zugriffsbefugnisse im Ausgangsverfahren29 – in einer Vielzahl an Fällen bejaht werden und wäre damit seiner Funktion beraubt.30 Berücksichtigenswert sollen hingegen Effizienzüberlegungen sein.31 Könne etwa aufgrund der Vielzahl der zur Beweisermittlung erforderlichen (nationalen Beweisbeschaffungs-)Verfahren im Ausland eine Beweismittelbeschaffung zentral in den USA effizienter und vor allem schneller durchgeführt werden, sei der Kläger nicht auf die einzelnen ausländischen Verfahrensordnungen zu verweisen. Vielmehr solle in dieser Konstellation – statt der Einleitung von mehreren Verfahren zur Beweisermittlung im Ausland – allein über 28 U.S.C. § 1782 (a) vorgegangen werden, um die Beweisergebnisse rechtzeitig im Rahmen des Ausgangsverfahrens vorlegen zu können.32 b. Rechtsnatur des Spruchkörpers sowie Empfänglichkeit gegenüber der Beweishilfe (zweites INTEL-Kriterium) Insbesondere der Beurteilung der sogenannten Empfänglichkeit (Receptivity) des Spruchkörpers des Ausgangsverfahrens gegenüber der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) soll als zweites INTEL-Kriterium eine tragende Rolle bei der Vornahme der Ermessensentscheidung zukommen.33 Der zuständige Dis-

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Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 199. Vgl. hierzu auch das Verfahren vor dem US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 6 Dezember 2004, In Re: Application of Servicio Pan Americano de Proteccion, C.A., 354 F. Supp. 2d, S. 269 ff., 2004 U.S. Dist. LEXIS 24430, der die Notwendigkeit der Durchführung eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) darin begründet sah, dass das venezuelanische Recht eine genaue Bezeichnung der Beweismittel vorsehe, die der Kläger nicht vornehmen könne, so dass ihm Zugriff auf die weiten Discovery-Befugnisse zu gewähren sei. 30 Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 199; zum Bedeutungsverlust des ersten INTEL-Kriteriums auch Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 19 f., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/ pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 31 Siehe hierzu Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 979; eine Heranziehung von Effizienzerwägungen ebenfalls bejahend Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 18 f., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058 /materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 32 US District Court for the Eastern District of Wisconsin, Entscheidung vom 1 September 2004, In Re: The Application of the Procter & Gamble Co. v. Kimberly-Clark Corp., et al., 334 F. Supp. 2d, S. 1112 ff. 33 Vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 264: »Second, [...] a court [...] may take into account the nature of the foreign tribunal, the character of the proceedings underway abroad, and the 29

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trict Court kann eine Beweisermittlung unterbinden, wenn Erkenntnisse vorliegen, die belegen, dass der ausländische Spruchkörper die Beweismittel ohnehin unberücksichtigt ließe und ihm diese letztlich aufgedrängt würden.34 Die Beachtung von möglichen Zweifeln des ausländischen Spruchkörpers bezüglich der Verwertung der vorgelegten Beweise im Rahmen der Ermessensabwägung zeigt, dass die District Courts die im Ausland grundsätzlich bestehenden Bedenken gegenüber der amerikanischen Beweisgewinnung anerkennen.35 Dieses Zugeständnis ist daher durchaus als Ausgleich dafür zu werten, dass das ehemalige ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Foreign Discoverability mittlerweile weder auf Tatbestandsebene noch in sonstiger Hinsicht umfassend geprüft wird.36 Aufgrund der hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung an den Nachweis einer mangelnden Annahmebereitschaft stellt, gestaltet sich ein tatsächlicher Nachweis der fehlenden Empfänglichkeit des Spruchkörpers in der Praxis schwierig.37 Dennoch wird das zweite INTEL-Kriterium von Antragsgegnern zur Abwehr der Beweishilfe häufig bemüht.38 Zur Feststellung einer fehlenden Receptivity wird von den Gerichten zweierlei akzeptiert. Ausreichend ist zunächst eine ausdrücklich geäußerte (schriftliche39) Weigerung des Spruchkörpers des Ausgangsverfahrens, eine Berücksichtigung der Beweismittel vorzunehmen.40 Der durch die Parteien geführte Nachweis (affirmative bzw. due evidence41) einer fehlenden Empfänglichkeit des betreffenden Spruchkörpers für die Beweishilfe als zweite Möglichkeit wird nur in Ausnahmefällen anerkannt, receptivity of the foreign government or the court or agency abroad to U. S. federal-court judicial assistance.«; vgl. weiterführend Adler, ZDAR 2014, 141. 34 Vgl. Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 979 f. 35 Adler, ZDAR 2014, 141. 36 Siehe hierzu bereits zuvor unter Teil 3, § 2, V., 2. 37 Vgl. hierzu Schulte/Rinken/Kühnen, PatG, 9. Auflage, § 140 c, Rn. 94 m.w.N., die davon ausgehen, dass deutsche Gerichte die Annahme der Beweise allenfalls in Ausnahmefällen verweigern können. 38 Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 199; ferner Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 979. 39 Zum Erfordernis der Stellungnahme seitens des ausländischen Spruchkörpers Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 980. 40 Siehe hierzu die Entscheidung des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. Juli 2004, Schmitz v. Bernstein Liebhard & Lifshitz, LLP, 376 F. 3d, S. 79 ff., 2004 U.S. App. LEXIS 14925, im Rahmen derer eine ausdrückliche Weigerung seitens des deutschen Bundesjustizministeriums vorlag; vgl. ferner US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 20. April 2006, In Re: Application of Microsoft Corp., 428 F. Supp. 2d, S. 188 ff., dort hatte sich die Europäische Kommission explizit gegen eine Offenlegung gewandt; eingehend zu den beiden Entscheidungen auch Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 88. 41 Vgl. US District Court for the Eastern District of New York, Entscheidung v. 16 August 2005, In Re: The Application of Imanagement Services Ltd., 2005 U.S. Dist. LEXIS 17025, 2005 WL 1959702; teilweise auch als authoritative proof-Standard bezeichnet, vgl. hierzu Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 311 ff.

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um zu verhindern, dass die Parteien dem Gericht zahlreiche Gutachten bzw. Gegengutachten (»battle of affidavits«42) vorlegen und sich das Verfahren hierdurch unnötig in die Länge zieht.43 Grundsätzlich liegt aber beiden Konstellationen die Vorstellung zugrunde, dass das Gericht des Ausgangsverfahrens nicht auf die vorgelegten Beweismittel zugreifen und diese nicht seinem Urteil zugrundelegen würde. Abgesehen vom Vorliegen der vorstehend genannten Nachweise einer fehlenden Annahmebereitschaft erachten die US-amerikanischen Gerichte eine eigene Aufklärung der Verwertungsbereitschaft zumeist nicht für erforderlich.44 Zwar spielt die Beurteilung der Verwertbarkeit der Beweismittel im Rahmen des Ausgangsverfahrens eine entscheidende Rolle für die Annahme der Empfänglichkeit,45 allerdings verfahren die District Courts auch insoweit äußerst großzügig. So wurde seitens des US District Court for the Southern District of New York eine vollständige Aufklärung der Frage der Annahmebereitschaft für überflüssig erachtet,46 da das ausländische Gericht des Ausgangsverfahrens nach Übermittlung der Beweise schließlich selbst

42 Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 331; ders., ZDAR 2014, 141. 43 Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 20 f., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); siehe auch Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 980; das Vorliegen einer eidesstattlichen Versicherung eines Sachverständigen wird als affirmative evidence allerdings nicht anerkannt, vgl. US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 4. Januar 2007, In Re: Gemeinschaftspraxis Dr. Med. Schottdorf, 2006 WL 3844464. 44 Vgl. Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 20 f., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016): »the federal court in applying § 1782 only facilitates getting the evidence; it defers to the foreign tribunal to decide on whether and how the evidence can be used.«; vgl. auch die Entscheidung des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 6. März 2012 – Anselm Brandi-Dohrn v. IKB Deutsche Industriebank AG, 673 F. 3d, S. 76 ff., 2012 U.S. App. LEXIS 4719, der eine Prüfung der Zulässigkeit der Beweismittel für verzichtbar erachtet: »Accordingly, as a district court should not consider the discoverability of the evidence in the foreign proceeding, it should not consider the admissibility of evidence in the foreign proceeding in ruling on a section 1782 application.«; vgl. hierzu auch Rode, CCZ 2013, 128; ferner Fishman/Harkness/et al., Freshfields Bruckhaus Deringer Briefing 2012, abrufbar unter: http://www.freshfields.com/uploadedFiles/SiteWi de/Knowledge/2883.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 45 Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 199; bei Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 933, findet sich für das Kriterium der Receptivity allein die Übersetzung als »Verwertbarkeit der Discovery-Ergebnisse«, was dem Bedeutungsgehalt des Kriteriums nicht hinreichend gerecht wird. 46 Vgl. US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 4. Januar 2007, In Re: Gemeinschaftspraxis Dr. Med. Schottdorf, 2006 WL 3844464.

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kompetenter über die Zulässigkeit der Verwertung derselben befinden könne.47 Eine ähnliche Argumentation findet sich auch in einem weiteren Urteil des US District Court for the Southern District of New York, der sich angesichts widersprüchlicher von den Parteien vorgetragener Ansichten zur Verwertbarkeit der Beweise im Ausland nicht in der Lage sah, eine verlässliche Prüfung vorzunehmen und die Entscheidung daher ebenfalls dem Gericht des Ausgangsverfahrens überließ.48 Sieht man folglich vom Vorliegen einer ausdrücklichen Weigerung des ausländischen Spruchkörpers des Ausgangsverfahrens ab, ist es eher unwahrscheinlich, dass die US-Gerichte das Kriterium der Annahmebereitschaft tatsächlich verneinen werden.49 c. Versuch der Umgehung ausländischer Beweisvorschriften (drittes INTEL-Kriterium) Handelt es sich bei der Initiierung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in Wahrheit lediglich um einen Versuch, die im Ausgangsforum bestehenden Beschränkungen der Beweiserhebung zu umgehen, kann das Gericht dies entsprechend des dritten INTEL-Kriteriums ebenfalls in die Ermessensentscheidung mit einbeziehen.50 Abzugrenzen ist die Thematik einer Umgehung ausländischer Beweisvorschriften (jedenfalls teilweise) von dem bereits im Rahmen des Tatbestands

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Siehe auch Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 980; ebenso Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 199 f.; siehe hierzu ferner Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 335 ff. 48 Vgl. US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 22 April 2005, In Re: Application of Grupo Qumma, S.A., 2005 WL 937486, 2005 U.S. Dist. LEXIS 6898; selbst die bekanntermaßen hohe Wahrscheinlichkeit einer mangelnden Anerkennung der Beweise durch das Gericht soll jedenfalls dann nicht zur Feststellung einer fehlenden Receptivity ausreichen, wenn der Antragsteller die Beweisergebnisse nur als Grundlage zur Identifizierung weiterer Beweismittel nutzen will, vgl. US District Court for the Eastern District of New York, Entscheidung v. 16 August 2005, In Re: The Application of Imanagement Services Ltd., 2005 U.S. Dist. LEXIS 17025, 2005 WL 1959702. 49 So auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 355 f.; kritisch allerdings zu der dem Kriterium der Annahmebereitschaft zugedachten tragenden Rolle i.R.d. Ermessensausübung Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 200; Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1002, weist außerdem darauf hin, dass bereits aus der Existenz internationaler Übereinkommen (ähnlich dem HBÜ) auf die grundsätzliche Empfangsbereitschaft des ausländischen Gerichts geschlossen werden könne. 50 Vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 264 f.: »Specifically, a district court could consider whether the § 1782 (a) request conceals an attempt to circumvent foreign proof-gathering restrictions or other policies of a foreign country or the United States.«

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diskutierten und von der Rechtsprechung abgelehnten ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der sogenannten Foreign Discoverability.51 Während sich die Frage der Foreign Discoverability mit der Verfügbarkeit der jeweiligen Beweise im Ausgangsforum beschäftigt, umfasst das dritte INTEL-Kriterium demgegenüber nicht nur die – für die Beweisermittlung grundsätzlich unschädliche52 – fehlende Beweisbeschaffungsmöglichkeit im Ausland, sondern auch die bewusste Umgehung der im Ausgangsforum geltenden (Beweis-)Grundsätze und Verfahrensvorschriften.53 Entscheidend für die Beurteilung des Vorliegens einer Umgehungsabsicht im Sinne des dritten INTEL-Kriteriums ist in der Regel die zeitliche Abfolge von der Stellung des Antrags im Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und der Einleitung der Beweisermittlung im Ausgangsforum.54 So empfiehlt es sich für den Antragsteller, zunächst einen Antrag nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auf den Weg zu bringen, um sich – bei Vorliegen eines bereits negativ beschiedenen Beweisermittlungsantrags im Ausgangsforum – nicht dem Vorwurf auszusetzen, dieses für ihn unvorteilhafte Ergebnis der Beweisermittlung im Ausgangsforum korrigieren oder umgehen zu wollen.55

51 Vgl. hierzu unter Teil 3, § 2; siehe hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 361 ff.; vgl. ferner ders., ZDAR 2014, 141 f., der allerdings keine strikte Unterscheidung zwischen dem dritten INTEL-Kriterium und dem Merkmal der Foreign Discoverability vornimmt. 52 Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 980, verweisen darauf, dass die Beschaffung von im Ausland grundsätzlich nicht verfügbaren Beweismitteln gerade der Sinn des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sei; dazu auch Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 934; siehe auch US District Court for the Northern District of Columbia, Entscheidung v. 10. April 2014, In Re: Application of IPCom GmbH & Co. KG, Case No. 5:14-mc-80037-EJD-PSG, 2014 US Dist. LEXIS 50746. 53 Siehe Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1002; ausführlich dazu auch Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 24 ff., abrufbar unter: http://apps. americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 89 f.; nicht erforderlich bzw. nicht als Umgehung einzuordnen ist hingegen die unterbliebene Ausschöpfung der Möglichkeiten der Beweisermittlung im Ausgangsforum, vgl. Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 981; hierzu auch Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 200. 54 Siehe zur Ablehnung eines Beweisermittlungsantrags bei Vorliegen paralleler Beweisermittlungen im Ausgangsforum und in den USA die Entscheidung des US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 20. April 2006, In Re: Application of Microsoft Corp., 428 F. Supp. 2d, S. 195 f.; kritisch hierzu auch die Entscheidung des US District Court for the Western District of Washington, Entscheidung v. 8. Mai 2007, In Re: Application of Digitechnic, Case No. C07-414-JCC, 2007 U.S. Dist. LEXIS 33708. 55 Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 25 f., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 320 f.; so auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 366 ff.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

Ferner ist für die Feststellung einer Umgehungsabsicht genau zu unterscheiden, welche Art von Beschränkung im Ausgangsforum durch die Heranziehung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ausgehebelt werden soll. Handelt es sich etwa um Einschränkungen, die nicht den Verfahrensvorschriften des Ausgangsforums entspringen oder steht beispielsweise im Ausgangsforum eine bestimmte Form der Beweisermittlung überhaupt nicht zur Verfügung bzw. ist technisch nicht möglich, so sollen Versuche, diese Art von Einschränkung zu vermeiden, nicht als Umgehung im Sinne des dritten INTEL-Kriteriums zu werten sein.56 Eine tatsächliche Umgehung könne nur angenommen werden, wenn materiell-rechtliche Beschränkungen oder bewusst angeordnete beweisrechtliche Einschränkungen, die im Ausgangsforum üblicherweise Anwendung finden, durch das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) außer Kraft gesetzt würden.57 d. Verhältnismäßigkeit der Durchführung der Beweisermittlung (viertes INTEL-Kriterium) Schließlich beschäftigte sich der US Supreme Court im Rahmen des vierten INTEL-Kriteriums mit der grundsätzlichen Frage der Verhältnismäßigkeit der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a).58 Jedenfalls übermäßig belastende und/oder die (Privats-)Sphäre einer anderen Person über Gebühr einschränkende Maßnahmen sollen durch eine entsprechende Ermessensausübung im Einzelfall abgelehnt oder zumindest in ihrem Umfang beschränkt werden.59 Statt der Ablehnung der Maßnahme als solcher tendieren die Gerichte zumeist zu einer gezielten Beschränkung der ersuchten Discovery-Maßnahme und gewähren die Maßnahme z.B. unter bestimmten Auflagen (Geheimhaltung der 56

Vgl. hierzu die Entscheidung des US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 6 Dezember 2004, In Re: Application of Servicio Pan Americano de Proteccion, C.A., 354 F. Supp. 2d, S. 275, 2004 U.S. Dist. LEXIS 24430: »[...] the Supreme Court recognized in the Intel case that a foreign court’s procedural Discovery limitations, as opposed to substantive limits on the admissibility of discovered evidence, should not prevent a district court from enabling a foreign litigant to obtain admissible evidence […]«; siehe ferner US District Court for the Eastern District of New York, Entscheidung v. 16 August 2005, In Re: The Application of Imanagement Services Ltd., 2005 U.S. Dist. LEXIS 17025, 2005 WL 1959702: »The request for assistance may reflect a reasonable effort to overcome a technical discovery limitation. The Court therefore declines to hold that Imanagement’s request amounts to an attempt to circumvent Russian procedural rules [...]«. 57 Mullins/Davis, Best Methods of Obtaining a 28 U.S.C. § 1782 Petition, 6, abrufbar unter: http://arbitrateatlanta.org/wp-content/uploads/2013/04/Best-Methods-of-Obtaininga-28-U.S.C.-%C2%A7-1782-Petition.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 58 Vgl. statt vieler Adler, ZDAR 2014, 142. 59 Vgl. US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 265: »Also, unduly intrusive or burdensome requests may be rejected or trimmed.«

§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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Identität der Zeugen, inhaltliche60 und/oder zeitliche61 Beschränkung des Zugangs zu Dokumenten, ausschließliche Offenbarung der Informationen gegenüber dem US-Gericht unter Ausschluss des Antragstellers62 etc.).63 Auslöser einer solchen Beschränkung von Discovery-Maßnahmen sind häufig bestehende Weigerungsrechte64 des US-amerikanischen Rechts oder – allerdings in sehr eingeschränktem Maß und nur im Einzelfall – auch Zeugnis- bzw. Aussageverweigerungsrechte nach dem Recht des Ausgangsforums.65 Als letztes Mittel zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit kann – sofern durch den Antragsgegner beantragt und seitens des Gerichts gewährt – eine sogenannte Reciprocal Discovery, d.h. die Anordnung einer Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auch zugleich gegen den Antragsteller, durchgeführt werden.66 Durch die Vornahme einer Reciprocal Discovery sollen die mit der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) beim Antragsgegner entstehenden Beeinträchtigungen dadurch abgemildert und für diesen erträglicher werden, indem auch beim Antragsteller gemäß der Vorgaben des 28 U.S.C. § 1782 (a) ermittelt wird und dem eigentlichen Antragsgegner diese Beweise zur Verfügung gestellt werden. Allerdings kann eine solche Anordnung nicht gegen den 60 Vgl. zu den Beschränkungen hinsichtlich bestehender Weigerungsrechte die Entscheidung US District Court for the Northern District of Illinois, Entscheidung v. 6. Dezember 2006, In Re: Application of Fleischmann v. McDonald’s Corp., 466 F. Supp. 2d, S. 1032 f. 61 Siehe zu den zeitlichen Einschränkungen sowie der Auferlegung der Übernahme der entstehenden Kosten die Entscheidung des US District Court for the Southern District of Florida, Entscheidung v. 26. Juni 2007, In Re: 28 U.S.C. § 1782 of Elizabeth Kang v. Nova Vision, Inc., 2007 U.S. Dist. LEXIS 46135, 2007 WL 1879158. 62 Vgl. US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 18. August 2006, In Re: Application of Igor Kolomoisky, 2006 US Dist. LEXIS 58591, 2006 WL 2404332. 63 Siehe umfassend zu möglichen Auflagen Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 934; Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 26 f., abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 981. 64 Vgl. oben unter Teil 3, § 2, V., 2. zur Diskussion um eine Berücksichtigung von Weigerungsrechten i.R.d. Tatbestands des 28 U.S.C. § 1782 (a); eine Berücksichtigung i.R.d. Ermessens würde freilich nur von denjenigen District Courts vorgenommen, die nicht bereits auf Ebene des Tatbestands eine entsprechende Prüfung durchführen. 65 Vgl. Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 981; ferner Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 200 f. 66 Siehe hierzu die Entscheidung des US District Court for the Eastern District of Wisconsin, Entscheidung vom 1 September 2004, In Re: The Application of the Procter & Gamble Co. v. Kimberly-Clark Corp., et al., 334 F. Supp. 2d, S. 1117 sowie US District Court for the Northern District of Florida, Entscheidung v. 18. August 2008, In Re: Application of Minatec Fin. SARL v. SI Group Inc., 2008 WL 3884374; vgl. ausführlich zum Einwand der einseitigen Bevorzugung Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 373 ff.; siehe ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 81; siehe schließlich auch Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 189 f.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

Willen des Antragstellers erfolgen und muss – in Anbetracht des eigentlichen Charakters des 28 U.S.C. § 1782 (a) als einseitiges Beweisermittlungsverfahren zugunsten des Antragstellers67 – durch den zuständigen District Court auch nicht per se bewilligt werden.68 Häufig berücksichtigen die amerikanischen Gerichte die Möglichkeit, eine Reciprocal Discovery durchzuführen im Rahmen der Ermessensentscheidung und dort insbesondere im Zusammenhang mit der Festlegung des konkreten Umfangs der Beweisermittlung.69 Dementsprechend wird der geforderte Umfang der Beweisermittlung nicht selten nur dann gewährt, wenn sich der Antragsteller selbst einer (Reciprocal) Discovery unterwirft. e. Zwischenergebnis: Ermessensausübung nach der Entscheidung INTEL v. AMD Durch die seitens des US Supreme Court im Rahmen der Entscheidung INTEL v. AMD geäußerte Rechtsansicht zur Vornahme der Ermessensentscheidung lagen erstmals konkrete Kriterien vor, die von den US-Gerichten bei Ausübung ihres Ermessens als Orientierungshilfe herangezogen werden konnten. Der Debatte bezüglich des Anwendungsbereichs des 28 U.S.C. § 1782 (a) wurde damit eine gewisse Struktur verliehen,70 deren weitere Ausformung durch die instanzgerichtliche Rechtsprechung abzuwarten bleibt.71 Allerdings lassen sich bereits anhand der aktuellen Handhabung der Ermessenskriterien gewisse Feststellungen treffen. So ist zu beobachten, dass die District Courts im Hinblick auf die einzelnen Kriterien eine durchaus unterschiedliche Gewichtung vornehmen.72 Folglich ist auch nicht erforderlich, dass die Kriterien ausnahmslos für die Bewilligung des Antrags sprechen; ausreichend ist bereits, dass die Mehrheit der Faktoren die Gewährung des Antrags nahelegt.73 Während dem ersten und dem vierten INTEL-Kriterium eine vornehmlich indizielle Bedeutung zugemessen wird,

67 Vgl. die Entscheidung des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. August 1993, Foden v. Gianoli Aldunate, 3 F. 3d, S. 59: »[Section 1782] is a one-way street.« 68 Vgl. Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 27, abrufbar unter: http://apps.americanbar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 69 Adler, ZDAR 2014, 142 m.w.N. 70 Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 201. 71 Siehe hierzu US District Court for the Western District of North Carolina, Charlotte Division, Entscheidung v. 9. Juli 2008, In Re: Application of Qwest Communications International, 2008 U.S. Dist. LEXIS 115845, Case No. 3:08mc93, der den nicht abschließenden Charakter der Kriterien betont. 72 Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 376 f. 73 Adler, ZDAR 2014, 142.

§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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werden das zweite und das dritte INTEL-Kriterium als entscheidende Voraussetzungen der Ermessensausübung angesehen.74 Handelt es sich beispielsweise bei dem Antragsgegner – entgegen der eigentlichen Aussage des ersten INTEL-Kriteriums – um die Partei des Ausgangsverfahrens, kann gegen diese jedenfalls dann ein Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) eingeleitet werden, wenn eine mit 28 U.S.C. § 1782 (a) vergleichbare Beweisermittlung im Ausgangsforum aufgrund verfahrensrechtlicher Bestimmungen oder angesichts fehlender Beweisermittlungsnormen nicht möglich ist.75 Gleiches gilt für das vierte INTEL-Kriterium und dessen Vorgabe einer maßvollen Ausgestaltung des Beweishilfeantrags; liegt ein solcher (maßvoller) Beweishilfeantrag nicht vor, ergeht seitens der Gerichte keine ablehnende Entscheidung, es kommt vielmehr zur Gewährung der Maßnahme unter gewissen Auflagen. Eine derartige Umgehung der Maßgaben der INTEL-Entscheidung ist insbesondere hinsichtlich des zweiten INTEL-Kriteriums nicht vorgesehen. Liegt ein deutlicher Nachweis der Ablehnung der Beweishilfe etwa durch den Spruchkörper des Ausgangsverfahrens vor, ist der Beweishilfeantrag zurückzuweisen.76 In diesem Zusammenhang kann es zu einer gewissen Politisierung der Prozessstrategie kommen, indem die Prozessparteien auf politische Institutionen einwirken, um diese zur Abgabe sogenannter amicus curiae-Schriftsätze zu bewegen. Als problematisch erweisen sich dabei vor allem diejenigen Fallkonstellationen, die sich durch die Beteiligung einer politischen Institution auszeichnen, die gegebenenfalls selbst ein Interesse am Ausgang des Verfahrens hat.77 Abgesehen von solchen Szenarien ist zu erwarten, dass die District Courts eine tendenziell zurückhaltende Rolle einnehmen: Sind die tatbestand-

74 Vgl. Kraayvanger/Richter, RIW 2007, 182, die auf die teilweise erfolgende gemeinsame Prüfung des zweiten und des dritten INTEL-Kriteriums hinweisen. 75 Vgl. nochmals die Entscheidungen des US District Court for the Eastern District of Wisconsin, Entscheidung vom 1 September 2004, In Re: The Application of the Procter & Gamble Co. v. Kimberly-Clark Corp., et al., 334 F. Supp. 2d, S. 1112 ff. sowie des US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 6 Dezember 2004, In Re: Application of Servicio Pan Americano de Proteccion, C.A., 354 F. Supp. 2d, S. 269 ff., 2004 U.S. Dist. LEXIS 24430; siehe hierzu außerdem die Entscheidung des US District Court for the Northern District of Columbia, Entscheidung v. 10. April 2014, In Re: Application of IPCom GmbH & Co. KG, Case No. 5:14-mc-80037-EJD-PSG, 2014 US Dist. LEXIS 50746, der auf eine eindeutige Wertung hinsichtlich des ersten INTEL-Kriteriums verzichtete (»This factor is neutral«) und die Beweisermittlung dennoch gestattete; vgl. zur flexiblen Handhabung des ersten INTEL-Kriteriums auch Riback, American Discovery for Foreign Litigation under 28 U.S.C. § 1782, 18 ff., abrufbar unter: http://apps.american bar.org/buslaw/newsletter/0058/materials/pp1.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 76 Siehe Kraayvanger/Richter, RIW 2007, 182 f., die auf die unbedingte Geltung des Willens des Forumsstaats bei Gewährung der Rechtshilfe hinweisen. 77 Vgl. erneut Kraayvanger/Richter, RIW 2007, 182, unter Hinweis auf die Bedeutung guter politischer Verbindungen der Prozessparteien.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

lichen Voraussetzungen des 28 U.S.C. § 1782 (a) gegeben und wurde eine dezidiert ablehnende Haltung gegenüber der Beweishilfe nicht geäußert oder ist eine Umgehung ausländischer Beweisvorschriften nicht zu erwarten, wird dem Beweishilfeantrag – vorbehaltlich einer Geltendmachung von US-amerikanischen Weigerungsrechten im Einzelfall – in der Regel stattgegeben.78 Diese Feststellung ist freilich beschränkt auf die Betrachtung der erläuterten INTEL-Kriterien sowie deren Prüfung im Rahmen der Ermessensentscheidung. Unberücksichtigt bleiben dabei jedoch diejenigen Gerichtsentscheidungen, die im Nachgang zu der INTEL-Entscheidung ergingen und sich ebenfalls um eine Konkretisierung der an die Ermessensabwägung gestellten Anforderungen bemühten und deren Entwicklung sukzessive vorantrieben. 3. Weiterentwicklung durch die Entscheidung in Sachen Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc. Anknüpfend an die Entscheidung des US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD ergab sich für den – mit dem Beweisermittlungsantrag der Heraeus Kulzer GmbH konfrontierten – US Court of Appeals for the Seventh Circuit einige Jahre später die Gelegenheit, im Rahmen eines Berufungsverfahrens Stellung zur Auslegung der Ermessenskriterien der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zu nehmen.79 a. Sachverhalt des Verfahrens Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc. Bei der Klägerin des Verfahrens handelte es sich um die deutsche Heraeus Kulzer GmbH (Heraeus), die unter anderem als Produzentin von Knochenzement für orthopädische Eingriffe bekannt ist. Bis ins Jahr 1998 erfolgte der Vertrieb des Knochenzements über ein zusammen mit der Merck KGaA (Merck) betriebenes Gemeinschaftsunternehmen. Nach dem Ende der Zusammenarbeit mit der Klägerin entschied sich Merck für eine Kooperation mit der Beklagten des Verfahrens, der Biomet, Inc. (Biomet) mit Sitz in Indiana, USA.80 Diese ist ebenfalls im Bereich der Knochenzementherstellung tätig. Heraeus ist der Überzeugung, dass Biomet die Zusammenarbeit mit Merck genutzt habe, um 78 Kraayvanger/Richter, RIW 2007, 182, die in diesem Zusammenhang auch auf die Unbeachtlichkeit des in Art. 23 HBÜ verkörperten Vorbehalts gegenüber der Durchführung von Discovery-Verfahren eingehen. 79 US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 591 ff., Nos. 09-2838, 10-2639; vgl. auch die Urteilsanmerkungen von Wittmann, ZD 2011, 175 f. sowie von Rollin, BB 2011, 2260; siehe ferner Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1002; vgl. schließlich Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 378 ff. 80 Im Jahr 2005 erwarb Biomet schließlich Mercks Anteil an dem Gemeinschaftsunternehmen und erlangte damit auch die alleinige Verfügungsgewalt über die Unterlagen und die entsprechenden Betriebsgeheimnisse, siehe Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1002.

§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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sich rechtswidrigen Zugang zu Geschäftsgeheimnissen der Klägerin zu verschaffen, die Erkenntnisse bezüglich des bei Heraeus angewandten Herstellungsverfahrens enthalten. Heraeus reichte daraufhin Klage vor einem deutschen Gericht ein und verlangte Schadensersatz von Biomet.81 In diesem Zusammenhang stellte Heraeus – noch vor Zustellung der Klage in Deutschland – einen Antrag auf Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) beim District Court for the Northern District of Indiana. Dieser gab dem Antrag zunächst statt, hob diesen nach Widerspruch von Biomet jedoch wieder auf.82 Biomet hatte gegen die Durchführung der Beweisermittlung eingewandt, dass diese dem Gebot der Waffengleichheit widerspreche, da Biomet seinerseits nicht auf die Vorzüge der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zugreifen könne. Aufgrund dieser Ungleichbehandlung sowie des unverhältnismäßigen Umfangs der vorzulegenden Informationen sei ein Missbrauch des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) anzunehmen und der Antrag seitens Heraeus dementsprechend abzulehnen. Heraeus wandte sich an den US Court of Appeals for the Seventh Circuit und begehrte die Aufhebung der ablehnenden Entscheidungen des District Court. Der US Court of Appeals for the Seventh Circuit nahm zu den für Heraeus negativ beschiedenen Urteilen der Instanzgerichte umfassend Stellung und hob diese schließlich auf. Zur weiteren Entscheidung verwies der US Court of Appeals for the Seventh Circuit die Sache an den zuständigen District Court.83 b. Ermessensausübung im Rahmen des Verfahrens Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc. Im Rahmen seiner Entscheidung sah sich der US Court of Appeals for the Seventh Circuit insbesondere dazu veranlasst, zu dem seitens Biomets geäußerten Vorwurf des Missbrauchs der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

81 Siehe zu dem von Heraeus initiierten Verfahren vor dem LG Darmstadt wegen Verletzung von §§ 17, 18 UWG Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1002. 82 Vgl. die ablehnende Entscheidung des US District Court for the Northern District of Indiana, South Bend Division, Entscheidung v. 8 April 2009, In Re: Application of Heraeus Kulzer, Case No. 3:09-MC-08 CAN, 2009 U.S. Dist. LEXIS 29771, 2009 WL 961229; vgl. ergänzend US District Court for the Northern District of Indiana, South Bend Division, Entscheidung v. 9 Juli 2009, In Re: Application of Heraeus Kulzer, Case No. 3:09-CV-183 RM, 2009 U.S. Dist. LEXIS 58877, 2009 WL 2058718; vgl. auch die ergangene, ebenfalls ablehnende Entscheidung des US District Court for the Northern District of Indiana, South Bend Division, Entscheidung v. 29 Oktober 2009, In Re: Application of Heraeus Kulzer v. Biomet, Inc., Case No. 3:09-MC-275 CAN, 2009 U.S. Dist. LEXIS 101283, 2009 WL 3642746. 83 Vgl. die nach Zurückverweisung ergangene Entscheidung des US District Court for the Northern District of Indiana, South Bend Division, Entscheidung v. 16 August 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer, Case No. 3:09-CV-530 Rm, 2009 U.S. Dist. LEXIS 92215.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

Stellung zu nehmen. Zu diesem Zweck erläuterte das Gericht eine Reihe verschiedener Missbrauchstatbestände, die der Gewährung eines Antrags gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) entgegenstehen können.84 Dabei handelt es sich um insgesamt sechs Fallgruppen eines Missbrauchsschutzes. Ein missbräuchliches Vorgehen hält das Gericht etwa dann für gegeben, wenn der Antragsteller das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) betreibt, obwohl er auch nach den Verfahrensvorschriften im Ausgangsforum auf die Beweise zugreifen kann.85 Gleiches gilt für die Beweisermittlung solcher Informationen, die durch das zuständige Gericht des Ausgangsverfahrens nicht zugelassen würden (Fallgruppe der Schikane).86 In Anbetracht der im Rahmen eines Discovery-Verfahrens häufig unüberschaubaren Menge an vorzulegenden Informationen sowie mangels tauglicher Beweisbeschränkungsregelungen im Ausgangsforum kann es schnell zu einer Überforderung des ausländischen Gerichts kommen, da dieses – insbesondere in verfahrenstechnischer Hinsicht – zumeist nicht auf die Bewältigung derart umfangreicher Unterlagen vorbereitet ist. Wird diese Situation bewusst herbeigeführt, soll ebenfalls ein Missbrauch des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) vorliegen (Fallgruppe der Überforderung des ausländischen Gerichts).87 Ist die Beweisermittlung für den Antragsgegner oder für eine dritte Partei nur mit unangemessen großem (finanziellen) Aufwand und nur mit unverhältnismäßigem Ressourceneinsatz zu bewältigen, kann hierin ein weiterer Anknüpfungspunkt für die Annahme eines Missbrauchs zu sehen sein (Fallgruppe der unangemessenen Belastung 84 Eine umfassende Darstellung der Missbrauchskriterien findet sich bei Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 379 f. 85 Siehe US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 594, Nos. 092838, 10-2639: »One abuse would be for a party to seek discovery in a federal district court that it could obtain in the foreign jurisdiction, thus gratuitously forcing his opponent to proceed in two separate court systems; the inference would be that the party seeking U.S. discovery was trying to harass his opponent.« 86 Vgl. US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 594, Nos. 09-2838, 10-2639: »Another abuse would be to seek Discovery of documents or other materials that the foreign court would not admit into evidence, [...].« 87 Vgl. US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 594 f., Nos. 092838, 10-2639: »A related abuse could arise from the fact that foreign courts, because they almost never use juries in civil cases, have, compared to American courts, loose, permissive – sometimes even no – standards (other than privilege) for limiting the admissibility of evidence. [...] There is thus a danger of swamping a foreign court with fruits of American Discovery that would be inadmissible in an American court because admissibility is not a criterion of discoverability in our system. [...] A litigant in a foreign court who had obtained such a haul would be unlikely to dump the whole mass of e-mails on that court, but if he did try to overwhelm the court with documentation the court might not be well equipped by its procedures to stem the flow.«

§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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für den Prozessgegner).88 Bestehen zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens darüber hinaus vertragliche Vereinbarungen, die die Heranziehung der weitreichenden US-amerikanischen Beweisermittlungsmechanismen ausschließen, ist bei Berufung auf eben jene Beweishilfeverfahren wiederum die Gefahr eines Missbrauchs gegeben (Fallgruppe der Umgehung vertraglicher Vereinbarungen).89 Diese Fallgruppe ist auch bei einer drohenden Ungleichbehandlung der Verfahrensparteien heranzuziehen. Kommen die Beweisermittlungsmöglichkeiten des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ausschließlich einer der Verfahrensparteien zugute,90 können sich hieraus verfahrensrechtliche Nachteile für die gegnerische Partei ergeben, die auf die – zumeist eingeschränkteren – Beweisermittlungsmechanismen des Ausgangsforums angewiesen ist. Stellt sich dieses Ungleichgewicht als besonders ausgeprägt dar, ergibt sich ebenfalls ein Missbrauchsvorwurf (Fallgruppe der Ungleichbehandlung der Verfahrensparteien).91 Offenbart sich in der Berufung auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) schließlich die Absicht, das materielle Recht eines bestimmten Staates mit den umfassenden Beweisermittlungsmöglichkeiten des US-Rechts zu kombinieren, kann auch aus dieser unzulässigen Verknüpfung ein Missbrauch der amerikanischen Beweisermittlungsvorschriften abgeleitet

88

Vgl. US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 595, Nos. 09-2838, 10-2639: »Still another potential abuse would be a party’s seeking Discovery that the foreign court would disapprove of because it would impose on his opponent, or perhaps on a third party, what the foreign court would regard as an undue expense of responding to American Discovery demands; for that expense can be enormous, especially now that we’re deep into the age of electronic Discovery.« 89 Vgl. US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 595, Nos. 09-2838, 10-2639: »Other things to watch out for are a forum-selection clause in a contract, which might indicate the parties’ preference for a court system that doesn’t contemplate the level of compulsory process available in America [...].« 90 Vgl. US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 595, Nos. 09-2838, 10-2639: »A final abuse is proposed [...] under the rubric of ›parity‹ (›reciprocity‹ might be an apter term): if Heraeus is able to use broad U.S. Discovery procedures but Biomet is confined to the narrow German procedures, Heraeus may have an arbitrary advantage in preparing its case, [...].« 91 Der Vorwurf einer Ungleichbehandlung wurde von Biomet selbst in das Verfahren eingeführt und zählt daher – streng genommen – nicht zu den seitens des Gerichts aufgeführten Missbrauchstatbeständen; allerdings nahm der US Court of Appeals for the Seventh Circuit auch insoweit Stellung, so dass anzunehmen ist, dass auch das Vorliegen einer Ungleichbehandlung einen Missbrauchsvorwurf grundsätzlich begründen kann, vgl. hierzu Wittmann, ZD 2011, 175 f.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

werden (Fallgruppe der einseitigen Berufung auf Vorzüge der US-Beweisermittlung).92 Bemerkenswerterweise erfolgte durch das Berufungsgericht keine konkrete Einordnung der Missbrauchsprüfung in das durch die Entscheidung in Sachen INTEL v. AMD vorgegebene Schema der Ermessensprüfung und die insoweit aufgestellten Ermessenskriterien.93 Vielmehr handelt es sich bei den vorgenannten Kriterien um teilweise zusätzliche,94 teilweise aber auch bekannte95 Erwägungen, die – jedenfalls nach Ansicht des US Court of Appeals for the Seventh Circuit – im Rahmen der Ermessensentscheidung oder zumindest als Annex zur Ermessensprüfung zu berücksichtigen sind.96 Die vereinzelt laut gewordene Kritik,97 das Berufungsgericht habe mit der Bezugnahme zu weiteren (Missbrauchs-)Kriterien die Rechtsprechung des US Supreme Court in Sachen

92 Vgl. US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 595, Nos. 09-2838, 10-2639: »[...] and a party’s effort to combine the substantive law of a foreign country with the expansive discovery opportunities available in the United States [...].« 93 Siehe hierzu auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 383 f. 94 Vgl. Wittmann, ZD 2011, 175 f.; auch Ross, 11 Duke Law & Technology Review (2012), 325, geht von einer zusätzlichen Berücksichtigung der Missbrauchskriterien aus: »[…] adding to the Intel test a close examination of the potential abuses of § 1782 […]«; siehe ferner die Entscheidung des US Court of Appeals for the Fifth Circuit, Entscheidung v. 6. September2012, Texas Keystone, Inc. v. Natural Resources, Inc., 694 F. 3d, S. 554; 2012 U.S. App. LEXIS 18764; anders aber Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1004, der das Urteil zwar kritisert, dieser Kritik aber die gewagte Annahme zugrunde legt, dass die Entscheidung zukünftig allein eine Missbrauchskontrolle vorsehe und eine Abwägung weiterer Faktoren nicht länger erforderlich sei; kirtisch zur Ansicht Schönknechts auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 382 ff. 95 Vgl. Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 383 ff. 96 Jedenfalls setzt sich das Berufungsgericht mit den Ermessenskriterien auch im Rahmen des Urteils weiter auseinander und verneint etwa das Vorliegen einer Umgehung ausländischer Beweisvorschriften (drittes INTEL-Kriterium) bzw. bejaht die Verhältnismäßigkeit der ursprünglich beantragten Beweisermittlung (viertes INTEL-Kriterium), vgl. US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 597 f., Nos. 09-2838, 10-2639; eine Betonung des weiterhin vorhandenen Ermessensspielraums findet sich außerdem auch im Urteilstext der Entscheidung des US Court of Appeals for the Seventh Circuit, a.a.O., S. 597: »In denying Heraeus’s application the district court committed two serious legal errors that vitiate its exercise of discretion in applying section 1782.«; anders wiederum Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1004. 97 Vgl. zur Kritik Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1004 f.; kritisch auch Ross, 11 Duke Law & Technology Review (2012), 313 ff., 331, allerdings nicht hinsichtlich einer Missachtung der INTEL-Kriterien, sondern aufgrund der möglichen Benachteiligung US-amerikanischer Parteien, welchen regelmäßg nur der Rückgriff auf die restriktiveren ausländischen Beweismechanismen zugestanden werden kann.

§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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INTEL v. AMD missachtet, geht insoweit fehl.98 Eine Beschränkung auf eine reine Missbrauchskontrolle unter Aufhebung oder gar völliger Missachtung der bisherigen Ermessenskriterien war ausweislich der schriftlichen Begründung des Urteils nicht beabsichtigt.99 Die tatsächliche mit der Entscheidung einhergehende Neuerung und der insoweit enthaltene Vorschlag einer ansatzweisen Neuausrichtung der Ermessensprüfung finden sich hingegen erst gegen Ende des Urteilstextes.100 Dort führt der US Court of Appeals for the Seventh Circuit aus, dass dem Antragsteller des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) grundsätzlich das Recht auf eine umfassende Beweisermittlung einzuräumen sei, sofern dem Antragsgegner nicht der Nachweis eines Missbrauchs entsprechend der zuvor dargestellten Kriterien gelänge. Der US Court of Appeals for the Seventh Circuit rückt in seiner Entscheidung offensichtlich von der bisherigen Auslegung des 28 U.S.C. § 1782 (a) als Kann-Vorschrift ab und interpretiert diesen in Richtung einer Soll-Vorschrift, d.h. die Bewilligung des Antrags wird als das vom Gesetzgeber gewollte Resultat einer Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) angesehen, wohingegen eine Verweigerung der Beweishilfe allein bei offensichtlich gegebenem Missbrauch des Verfahrens erfolgen soll.101 Die Verpflichtung des Antragsgegners zum Nachweis derjenigen Umstände, die aus seiner Sicht eine Missbrauchsgefahr anhand der erläuterten Fallgruppen begründen, ist indes nicht neu.102 Der Vorschlag des US Court of Appeals for the Seventh Circuit deckt sich mit der bestehenden Beweislastverteilung im

98 In diesem Sinne auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 382 ff. 99 So aber wohl Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1004; ähnlich Harguth/Fraizer, Navigating between German and US Discovery Provisions, abrufbar unter: http://www.fr.com/files/ Uploads/Documents/Harguth.Fraizer.Law360.Navigating%20Between%20German%20An d%20US%20Discovery%20Provisions.2011.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 100 In diesem Sinne auch Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1003 f.; vgl. ferner Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 384 ff. 101 Vgl. Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1004, der von einer Umdeutung der Vorschrift von einer Kann-Vorschrift in eine Soll-Vorschrift ausgeht und damit die Kontrollfunktion der District Courts gefährdet sieht; ebenfalls in diese Richtung tendierend Harguth/Fraizer, Navigating between German and US Discovery Provisions, abrufbar unter: http://www.fr. com/files/Uploads/Documents/Harguth.Fraizer.Law360.Navigating%20Between%20Germ an%20And%20US%20Discovery%20Provisions.2011.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 384, vergleicht die Interpretation mit dem im deutschen Verwaltungsrecht bekannten intendierten Ermessen; dazu auch Adler, ZDAR 2014, 142. 102 Vgl. US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 597, Nos. 092838, 10-2639: »Once a section 1782 applicant demonstrates a need for extensive Discovery for aid in a foreign lawsuit, the burden shifts to the opposing litigant to demonstrate, by more than angry rhetoric, that allowing the Discovery sought (or a truncated version of it) would disserve the statutory objectives.«

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

Rahmen der Darlegung der INTEL-Kriterien103 und bürdet dem Antragsgegner die Beweislast hinsichtlich des Vorliegens etwaiger einen Missbrauch begründenden Umstände auf.104 Inwieweit dies allerdings im konkreten Fall tatsächlich gelingen kann, ist fraglich. Ein Großteil der Missbrauchstatbestände erfordert – aufgrund deren inhaltlicher Nähe zu den INTEL-Kriterien105 – eine Beurteilung des Umfangs und der Reichweite der im Ausgangsforum vorhandenen Beweisbeschaffungs- und Beweisverwertungsmöglichkeiten sowie einen Vergleich der insoweit gegebenen Vorgehensweisen mit den durch 28 U.S.C. § 1782 (a) vermittelten Möglichkeiten.106 Verweigert das amerikanische Gericht allerdings eine dahingehende Überprüfung des im Ausgangsforum anzuwendenden Rechts oder sieht sich das Gericht zu einem solchen Vergleich nicht in der Lage,107 wird der Antragsgegner einen Missbrauch – vorbehaltlich einer expliziten Stellungnahme des Spruchkörpers des Ausgangsverfahrens – nur selten darlegen können. Hervorzuheben ist allerdings, dass das Urteil des Berufungsgerichts zunächst nur in dem betroffenen Gerichtsbezirk108 Bindungswirkung entfaltet.109 Eine Berücksichtigung auch in anderen Gerichtsbezirken ist jedoch in Anbetracht der Bedeutung110 des US Court of Appeals for the Seventh Circuit und insbesondere angesichts der Reputation des zuständigen Richters – Judge Richard Posner – nicht unwahrscheinlich.111 c. Zwischenergebnis: Ermessensausübung nach der Entscheidung Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc. Die Auswirkungen der Entscheidung des US Court of Appeals for the Seventh Circuit werden nicht nur in Anbetracht der eingeschränkten Bindungswirkung 103

Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 384 f. Vgl. hierzu Harguth/Fraizer, Navigating between German and US Discovery Provisions, abrufbar unter: http://www.fr.com/files/Uploads/Documents/Harguth.Fraizer.Law36 0.Navigating%20Between%20German%20And%20US%20Discovery%20Provisions.2011. pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 105 Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 383 f. 106 Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1004. 107 Siehe zu dem zumeist stark eingeschränkten Prüfungswillen amerikanischer Gerichte Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1004 m.w.N. aus der Rspr. 108 Der Gerichtsbezirk des US Court of Appeals for the Seventh Circuit mit Sitz in Chicago umfasst die Staaten Illinois, Indiana und Wisconsin. 109 Siehe zur Bindungswirkung von Urteilen des US Supreme Court sowie der Circuit Courts Fellas, European Intellectual Property Review 2000, 547. 110 Den Urteilen des US Court of Appeals for the Seventh Circuit kommt zwar nicht die selbe Bedeutung für den transatlantischen Rechtsverkehr zu, wie dies bei Urteilen des Second bzw. Ninth Circuit der Fall ist, dennoch ist auch die Resonanz hinsichtlich der Rspr. des Seventh Circuit nicht unbeachtlich, vgl. zur Bedeutung des Second bzw. Ninth Circuit Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 23. 111 Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1005. 104

§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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der Rechtsprechung geringer ausfallen als dies bei der Entscheidung des US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD der Fall war. Die bisher vorliegenden Entscheidungen, die von den Argumentationsmustern der Berufungsentscheidung Gebrauch gemacht haben, lassen erkennen, dass die Missbrauchskriterien von den Gerichten nicht explizit herangezogen werden, sondern allenfalls – im Rahmen der einzelnen INTEL-Kriterien – mitgeprüft werden.112 Eine tatsächliche Änderung der Rechtsprechung ist daher zunächst nicht erkennbar. Bezieht sich ein Antragsgegner allerdings explizit auf die seitens des US Court of Appeals for the Seventh Circuit entwickelten Missbrauchskategorien wird er künftig nachweisen müssen, dass eine Verwertung der durch die Beweishilfe erlangten Beweismittel nicht oder nur in eingeschränktem Umfang möglich ist. Die Annahme eines Verwertungsverbots fällt in dieser Konstellation aber umso schwerer, als das Verwertungsverbot bereits festgestellt werden müsste, bevor die konkreten Umstände der Beweisbeschaffung durch das US-Gericht bestimmt wurden.113 Probleme werden sich in diesem Zusammenhang auch dann ergeben, wenn widerstreitende Parteigutachten hinsichtlich der (verwertungs-)rechtlichen Beurteilung im Ausgangsforum vorliegen. Die dann erforderliche Entscheidung entsprechend der Beweislast wird – vorbehaltlich einer durch den jeweiligen District Court vorgenommenen Prüfung des Rechts des Ausgangsforums – in der Regel zu Lasten des Antragsgegners ausfallen, da von diesem im Zweifelsfall ein vorbehaltloser Nachweis des Missbrauchstatbestands verlangt wird.114 Kann ein solcher vorbehaltloser Nachweis aber nicht erbracht werden, ergibt sich für die US-Gerichte ein weiteres im Rahmen der Ermessensentscheidung zu würdigendes Argument zugunsten der Bewilligung der Beweisermittlung.115 Faktisch gestaltet es sich damit für den 112

Soweit ersichtlich findet sich ein Rückgriff auf die Missbrauchskriterien bisher in den folgenden Urteilen: US Court of Appeals for the Fifth Circuit, Entscheidung v. 6. September 2012, Texas Keystone, Inc. v. Natural Resources, Inc., 694 F. 3d, S. 548 ff.; 2012 U.S. App. LEXIS 18764; US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 8. November 2013, In Re: Application of KREKE Immobilien KG, 2013 U.S. Dist. LEXIS 160283; US Court of Appeals for the Eleventh Circuit, Entscheidung v. 10. Januar 2014, Consorcio Ecuatoriano de Telecomunicaciones S.A. v. JAS Forwarding, Inc., 24 Florida Law Weekly Fed. C, S. 936 ff., die sich jeweils außerhalb des Gerichtsbezirk des US Court of Appeals for the Seventh Circuit befinden. 113 Vgl. Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 982 f. 114 Siehe zum gesamten Absatz jedoch mit unterschiedlicher Schlussfolgerung Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1003 f. 115 Drastischer hinsichtlich der Folgen eines gescheiterten Missbrauchsnachweises äußern sich Harguth/Fraizer, Navigating between German and US Discovery Provisions, abrufbar unter: http://www.fr.com/files/Uploads/Documents/Harguth.Fraizer.Law360.Naviga ting%20Between%20German%20And%20US%20Discovery%20Provisions.2011.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016), die von einer Pflicht zum Erlass der Anordnung ausgehen, sofern kein Missbrauch ersichtlich ist.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

Antragsgegner schwieriger, einer Anordnung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) entgegenzutreten. Anzumerken ist schließlich, dass sich die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Missbrauchstatbeständen in ihrer Gesamtheit nur in eingeschränktem Maß auf weitere Entscheidungen übertragen lassen. Im Hinblick auf eine generelle Übernahme dieser Feststellungen ist daher Vorsicht geboten ist. Dies liegt insbesondere an den fallspezifischen Besonderheiten, wie beispielsweise dem unkooperativen Verhalten seitens Biomet nach Zustellung des Beweishilfeantrags sowie der passiven Haltung Biomets (auch) im weiteren Verfahrensverlauf. Negativ bewertet wurde in diesem Zusammenhang darüber hinaus die Weigerung Biomets, sich an der Durchführung der sogenannten Initial Disclosure Phase zu beteiligen, die für gewöhnlich einer ersten Sondierung der zu sichtenden Materialien dient.116 Das US-Gericht bezog sich auf diese Weigerung, um den Einwand, die Beweisermittlung führe zu unangemessenen Belastungen für Biomet, zurückzuweisen.117 Gleiches gilt für die pauschale Zurückweisung des Beweisermittlungsantrags aufgrund seines vermeintlich zu weit gefassten Umfangs. Hier hätte Biomet – so das Berufungsgericht im Rahmen seiner Urteilsbegründung – zunächst auf eine Beschränkung der ersuchten Discovery-Maßnahme, z.B. durch Erlass bestimmter Auflagen, oder jedenfalls auf die Vornahme einer Reciprocal Discovery hinwirken müssen. Der Umstand, dass keine dieser Maßnahmen in Betracht gezogen wurde, zeige, dass eine Unangemessenheit des Beweisbegehrens offenkundig nicht vorgelegen habe.118 Hinsichtlich eines künftigen Rückgriffs auf die Missbrauchskriterien ist daher festzuhalten, dass die bloße isolierte Prüfung der Vorgaben des US Court of Appeals for the Seventh Circuit keine ausreichende Basis für die Bejahung

116

Vgl. hierzu unter Teil 2, § 1, III., 2. Siehe US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 595, Nos. 092838, 10-2639: »It was all the more unreasonable because Biomet had refused to meet with Heraeus to negotiate a reduction in the amount of Discovery sought, a procedure that although not required by the federal rules in a case such as this in which the Discovery proceeding is ancillary to a proceeding in another court, Fed. R. Civ. P. 26 (a) (1) (B) (viii), (f) (1); […] Biomet’s refusal to cooperate is another example of its stonewalling.«; vgl. hierzu auch Wittmann, ZD 2011, 175 f. 118 Vgl. US Court of Appeals for the Seventh Circuit, Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 595, Nos. 092838, 10-2639: »As for want of reciprocity, which it stresses, Biomet could have asked the district court to condition granting Heraeus’s application to take Discovery on Heraeus’s consenting to reciprocal Discovery by Biomet. Biomet didn’t do that either and hasn’t indicated that there is anything in Heraeus’s files that would help the defense. The measures that Biomet has not taken in this Discovery dispute are eloquent testimonials to the weakness of its position.«; vgl. hierzu außerdem Wittmann, ZD 2011, 175. 117

§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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eines separaten, von der Prüfung der INTEL-Kriterien losgelösten Missbrauchsvorwurfs bildet. Die Prüfung der Missbrauchskriterien ist daher auch immer von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere die Kooperationsbereitschaft des Antragsgegners im Vorfeld des eigentlichen Beweishilfeverfahrens sowie die Geltendmachung etwaiger Verteidigungsrechte durch den Antragsgegner.

II. Ergebnis und Fortgang der Untersuchung Die nachstehende Zusammenfassung der Voraussetzungen der Ermessensentscheidung beschließt die Betrachtung des konkreten Ablaufs des Beweisermittlungsverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a). Damit ergibt sich nicht nur die Möglichkeit eines vorläufigen Fazits der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a), sondern auch die Gelegenheit für einen Ausblick auf die weitere Untersuchung. 1. Zusammenfassende Betrachtung der Ermessensausübung Die Rechtsprechung des US Court of Appeals for the Seventh Circuit in Sachen Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc. zeigt, dass die Entwicklung der Maßgaben der Ermessensausübung noch nicht abgeschlossen ist und das Verständnis der einzelnen Ermessenskriterien sich dementsprechend auch weiterhin im Wandel befindet. Der momentane Umgang der Rechtsprechung mit der Beweisermittlung erlaubt allerdings als Zwischenfazit die Feststellung, dass der Ermessensausübung der District Courts als Korrektiv zu den Voraussetzungen auf Tatbestandsebene eine bedeutende Rolle zuteil wird. Dies ist einerseits der Fülle zu prüfender (Ermessens-)Kriterien geschuldet sowie andererseits der zunehmenden Bedeutung der konkreten Umstände des Einzelfalls für die Beurteilung eines etwaigen darüber hinausgehenden Missbrauchsvorwurfs. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die Rechtsprechung zu einer gewissen Überfrachtung der Ermessensentscheidung tendiert.119 Einige Kriterien, die bei Verortung auf der Ebene des Tatbestands einer ausführlichen Prüfung zugeführt werden müssten, werden – zur Vermeidung einer allzu oberflächlichen und damit angreifbaren Auseinandersetzung mit dem ausländischen Recht – auf die Ebene des Ermessens gezogen und dort Gegenstand einer

119 Siehe hierzu Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 201 m.w.N., die auf weitere zusätzliche Ermessenskriterien hinweisen, die von den Gerichten in jüngeren Entscheidungen i.R.d. Ermessens herangezogen wurden; hierzu zählen u.a.: die negative Beeinträchtigung der Rechte der betroffenen Partei, die anderweitige Verfügbarkeit der relevanten Beweismittel sowie die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den US-Gerichten und den Gerichten des ausländischen Staates durch die Gewährung der Rechtshilfe.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

für die Gerichte dankbareren Abwägung.120 Diese Feststellung betrifft etwa die Frage der Berücksichtigung ausländischer Weigerungsrechte, aber auch die zumindest eingeschränkt vorzunehmende Untersuchung eines alternativen Zugriffs auf die Beweismittel im Ausgangsforum sowie die Problematik der Verwertbarkeit der durch die Beweishilfe erlangten Beweismittel im ausländischen Ausgangsverfahren.121 Vor allem die Beurteilung der Verwertungsmöglichkeiten bereitet den US-Gerichten dabei Probleme, da die Verwendung der Beweismittel im Ausgangsverfahren ihrerseits wiederum von den konkreten Umständen der Beweisbeschaffung abhängt, die häufig erst nach Stattgabe der Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) durch den entsprechenden District Court bestimmt werden.122 Ähnliche Probleme ergeben sich für die Einbeziehung allgemeiner Effizienzüberlegungen. In Anbetracht der begrifflichen Unschärfe (allgemeine) ist zu erwarten, dass eine Vielzahl von Effizienzerwägungen Eingang in die Ermessensprüfung finden werden und diese dadurch zwar einerseits an Umfang gewinnt, andererseits aber – je nach Auslegung des Effizienzkriteriums durch die US-Gerichte – die Gefahr eines Konturenverlusts besteht. Die District Courts werden sich diesen Problemen stellen müssen, um einen allzu ausufernden Rückgriff auf die Ermessensentscheidung als Auffangbecken für unliebsame, weil prüfungsintensive Ermessenskriterien zu vermeiden. Als unvereinbar mit der geschilderten Erweiterung des Umfangs der Ermessensentscheidung dürfte sich schließlich die ehemals gehegte Hoffnung einer zunehmenden Prognostizierbarkeit der Ermessensentscheidung herausstellen. Durch die verstärkte Berücksichtigung der individuellen Charakteristika der jeweiligen Beweisermittlung wird eine konkrete Beurteilung der Erfolgsaussichten der Beweishilfe zukünftig nur noch bedingt zu leisten sein. Im Sinne eines – jedenfalls erhofften – Anstiegs der Einzelfallgerechtigkeit der gerichtlichen Entscheidungen auf Ermessensebene sollte die fehlende Vorhersehbarkeit durchaus in Kauf genommen werden. 2. 28 U.S.C. § 1782 (a) in der Gesamtschau sowie Fortgang der Untersuchung Nachdem mit der Erläuterung der Ermessensentscheidung der letzte Baustein des Beweishilfeverfahrens dargestellt wurde, lässt sich hinsichtlich der Chancen und Risiken der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zumindest 120

In diesem Sinne wohl auch Brinkmann, IPRax 2015, 112, 115. Für die beteiligten Prozessanwälte ergibt sich hieraus die Notwendigkeit einer teilweise erforderlichen Auseinandersetzung mit dem ausländischen Recht, um einen etwaigen Ermessensfehler oder aber einen Missbrauch des Ermessensspielraums erst geltend machen zu können, vgl. hierzu Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 201. 122 Häufig wurde das zugehörige Verfahren im ausländischen Staat noch nicht einmal eingeleitet, vgl. Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 982 f. 121

§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

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eine vorläufige Bewertung vornehmen, die als Anknüpfungspunkt für die weitere Untersuchung dienen soll. Bei der Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) handelt es sich um ein äußerst effektives Instrument, um an Beweismittel zu gelangen, die nach deutschem Prozessrecht zumeist nicht zu erlangen wären.123 Dies gilt nicht nur für das Bestehen einer tatsächlichen Zugriffsmöglichkeit auf eigentlich unerreichbare Beweismittel, sondern gleichermaßen für den Umfang der Beweisermittlung und damit für die Erstreckung der Beweisermittlung auf z.B. elektronisch gespeicherte Informationen, die nach deutschem Datenschutzrecht einem Zugriff häufig entzogen sind.124 Vorteile ergeben sich nicht nur im Vergleich zu den deutschen Beweisbeschaffungsverfahren, sondern insbesondere auch gegenüber alternativen Methoden der Informationsgewinnung in den USA, wie etwa der Einleitung eines – bei entsprechender Zuständigkeitsbegründung125 möglichen – parallelen Hauptsacheverfahrens oder der Initiierung des – an hohe Voraussetzungen geknüpften126 – selbstständigen Beweis- und Beweissicherungsverfahrens gemäß der FRCP.127 Demnach handelt es sich bei dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) um eine mit wesentlichen Vorteilen verbundene Methode der Beweisermittlung für ausländische Beweissuchende im US-amerikanischen Rechtsraum. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der

123 So statt vieler Jungermann, WuW 2014, 17; ferner Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 989; Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1009; Wittmann, ZD 2011, 176; Gleiches gilt im Übrigen auch für die alternativen Beweiserlangungsmöglichkeiten in anderen europäischen Jurisdiktionen; siehe etwa zur Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) im spanischen Recht Hamilton, Spain Arbitration Review 2008, 31 ff.; für das niederländische Recht van Hooft, Effective Use of Discovery Obtained Pursuant to 28 U.S.C. § 1782, S. 2 ff., abrufbar unter: http://www.jonesday.com/effective-use-of-discovery-obtained-pursuant-to-28-usc--1782-in -proceedings-before-dutch-courts-09-09-2009/ (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); zum Schweizer Reicht Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 925 ff. 124 Vgl. Wittmann, ZD 2011, 176; siehe zu den möglichen datenschutzrechtlichen Implikationen erneut Junker, Electronic Discovery gegen deutsche Unternehmen; ferner Spies/Schröder, MMR 2008, 275 ff.; vgl. zu den Auswirkungen einer Anwendung der E-Discovery bei Spies, MMR 2007, V ff. sowie ders., MMR 2008, XVIII. 125 Amerikanische Gerichte neigen dazu, trotz formalem Vorliegen der Zuständigkeitsvoraussetzungen die Zuständigkeit nach eigenem Ermessen zu verweigern, wenn dies dem Wohl US-amerikanischer Unternehmen bzw. Personen dient und diese damit vor den weitreichenden US-Beweisermittlungsmethoden geschützt werden können, vgl. Eschenfelder, IPRax 2006, 94 f. 126 Siehe hierzu unter Teil 2, § 1, II. 127 Vgl. zu den alternativen Methoden der Informationsgewinnung Eschenfelder, IPRax 2006, 94 f., der auch auf die Möglichkeit eines Vorgehens nach dem HBÜ hinweist, dies jedoch angesichts der geltenden restriktiven Grenzen der deutschen Beweisaufnahme nicht für zielführend erachtet.

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Teil 3: Die US-amerikanische Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zukünftig eine noch größere Rolle im Rahmen des transatlantischen Rechtsverkehrs zukommen wird.128 In der Tat ist bereits festzustellen, dass die Anzahl der Beweishilfeverfahren gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen ist129 und folgerichtig Beweisen aus den USA eine zunehmende Bedeutung im Rahmen wirtschaftlicher Auseinandersetzungen zukommt.130 So wurde die Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) etwa in arbeitsgerichtlichen und steuergerichtlichen Verfahren, Anlegerklagen, Sozialgerichtsverfahren und Unterhaltsklagen sowie insbesondere im Rahmen von Patent- und Lizenzstreitigkeiten131 als bevorzugtes Mittel zur Sachverhaltserforschung eingesetzt.132 Maßgeblich verantwortlich für diesen verstärkten Zugriff auf die Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sind die seitens des US Supreme Court aufgestellten Leitlinien im Rahmen der Entscheidung in Sachen INTEL v. AMD. Nicht allein durch die im Zuge der Urteilsbegründung erteilte Absage an nahezu sämtliche Einschränkungen auf Tatbestandsebene des 28 U.S.C. § 1782 (a), sondern insbesondere durch die erstmalige Strukturierung der Ermessensentscheidung anhand bestimmter Ermessenskriterien wurde ein entscheidender Beitrag zur Rechtssicherheit bei der Anwendung der Vorschrift geleistet.133 Seitens der Rechtsprechung erfolgte damit nicht nur eine Anpassung der Norm an die praktischen Erfordernisse einer transatlantischen Beweisermittlung, gleichzeitig wurde deutlich, dass die US-amerikanischen Gerichte – letztmals durch die Entscheidung in Sachen Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc. – auch künftig an einer Weiterentwicklung der Norm und deren Voraussetzungen interessiert sind. 128 Siehe Jungermann, WuW 2014, 17, der die Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) künftig als gewöhnlichen Bestandteil einer transatlantischen Prozessstrategie ansieht; die noch von Rieckers, RIW 2005, 24, geäußerte Zurückhaltung hinsichtlich des künftigen Anwendungsbereichs der Vorschrift sollte daher aufgegeben werden; siehe zu den Vorzügen des Verfahrens auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 247 f.; kritisch hinsichtlich einer künftig intensiven Nutzung des Beweishilfe aber Mundiya, 42 International & Comparative Law Quarterly (1993), 365, der angesichts der Attraktivität des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) die Gefahr sieht, dass »US courts will become global ›special masters‹ overseeing Discovery and adjudicating Discovery disputes when the substantive action is pending elsewhere.« 129 Vgl. hierzu die einleitenden Statistiken bzw. die Auswertung der Rspr. unter Einleitung, § 2, I.; siehe dazu auch Brinkmann, IPRax 2015, 109 ff. 130 Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1009; ähnlich auch Jungermann, WuW 2014, 17. 131 Vgl. zur besonderen Bedeutung der Beweisermittlung i.R.v. Patent- und Lizenzstreitigkeiten Schönknecht, GRUR Int. 2011, S. 1009; ferner Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 989. 132 Siehe zu möglichen Ausgangsverfahren Jungermann, WuW 2014, 17 m.w.N. aus der Rspr.; vgl. ferner Schaner/Scarbrough, AnwBl. 2012, 323. 133 So Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 41 f. mit Verweis auf Rieckers, RIW 2005, 24.

§ 3 Ermessensentscheidung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)

249

Aus Sicht der Partei eines patentrechtlichen Verfahrens vor einem deutschen Gericht, das – zur Unterstützung dieses Ausgangsverfahrens – eine Antragstellung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in Erwägung zieht, bleiben nach diesen Erkenntnissen hinsichtlich der Effektivität der Beweisermittlung allerdings noch einige Aspekte ungeklärt. So ist zunächst danach zu fragen, ob sich die mittels des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erlangten Informationen überhaupt in das deutsche Ausgangsverfahren (im Beispielsfall war dieses am Landgericht Düsseldorf rechtshängig) einführen und verwerten lassen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob und wenn ja welche strategischen Erwägungen und gegebenenfalls Besonderheiten hinsichtlich einer Antragstellung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bei Verknüpfung mit einem patentrechtlichen Ausgangsverfahren zu berücksichtigen sind.

Teil 4

Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse im Rahmen deutscher Zivilverfahren Um sich der Problematik der Verwendung US-amerikanischer Beweisermittlungsergebnisse im Rahmen eines deutschen Zivilverfahrens zu nähern, bedarf es nicht allein einer Betrachtung der verwertungsrechtlichen Fragestellungen, sondern darüber hinaus einer Berücksichtigung zahlreicher weiterer Faktoren. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang bereits, wie und vor allem von wem1 das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) eingeleitet wurde. Je nach Ursprung und Umständen der Einleitung des Verfahrens ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten der Einführung der Beweismittel in das deutsche Verfahren und damit unterschiedliche Auswirkungen auf die sich anschließende Frage der Verwertbarkeit. Die Beurteilung, ob eine Verwendung der Beweisergebnisse erfolgen kann, beginnt daher mitunter schon in einem frühen Stadium der ausländischen Beweisermittlung.

1 Antragsbefugt sind neben den Parteien des Ausgangsverfahrens auch der zuständige gerichtliche Spruchkörper im Ausgangsforum sowie jeder beliebige Dritte, der ein entsprechendes Interesse an der Beweisermittlung geltend machen kann, vgl. unter Teil 3, § 2, II.

§ 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung Bereits im Zuge der Darstellung der grundsätzlichen zivilprozessualen Interessenkonflikte im Rahmen der Anwendung ausländischer Beweisbeschaffungsverfahren wurde darauf hingewiesen, dass sich für die beweissuchende Partei mehrere Möglichkeiten bieten, um an die im Ausland belegenen Beweismittel zu gelangen.1 Namentlich handelt es sich dabei um die Vornahme einer Beweisaufnahme im Ausland, die Beweismittelbeschaffung aus dem Ausland sowie den Rückgriff auf ausländische Beweisverfahren (außerhalb des formellen Rechtshilfewegs nach dem HBÜ).2 Die Beweisermittlungsvorschrift des 28 U.S.C. § 1782 (a) kann – wie noch zu zeigen sein wird – im Rahmen verschiedenster Konstellationen zum Einsatz gelangen. Allerdings ergeben sich je nach gewählter Variante Unterschiede im Hinblick auf die Einführung der Beweismittel und damit auch Unterschiede hinsichtlich der späteren Verwertung der Beweismittel. Die genannten Vorgehensweisen werden nachstehend – im Lichte der nunmehr vorliegenden Erkenntnisse hinsichtlich des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) – nochmals beleuchtet, um die unterschiedlichen Möglichkeiten einer Einführung der Beweisergebnisse herauszuarbeiten. Diese bilden sodann den Ausgangspunkt der eigentlichen Untersuchung der Verwertbarkeit der Beweismittel.

1

Vgl. Einleitung, § 1, III. Einen Überblick hinsichtlich der verschiedenen Vorgehensweisen gibt Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 57 ff.; vgl. ferner Musielak, in: FS-Geimer, S. 762; eine Übersicht der grundsätzlich bestehenden Möglichkeiten an die im Ausland belegenen Beweise zu gelangen findet sich ferner bei Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 422 ff. 2

§ 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung

253

I. Abgrenzung der einzelnen Methoden der Beweismittelerlangung 1. Beweismittelerlangung mittels Rechtshilfeersuchen Bei der Auslandsbelegenheit von Beweisen gestaltet sich die Aufklärung und Feststellung des entscheidungserheblichen Tatsachenmaterials für das zuständige Gericht in Deutschland zumeist schwierig. Gelingt eine Herbeischaffung der Beweismittel oder ein (direkter) Rückgriff auf ausländische Beweisverfahren, kann eine Beweisaufnahme im Inland vorgenommen werden. Andernfalls sind die hiesigen Gerichte auf die Rechtshilfe der verantwortlichen ausländischen Behörden im Rahmen einer Beweisaufnahme angewiesen. Hierzu sehen die §§ 363, 364 ZPO verschiedene Möglichkeiten vor. Neben der (vorrangigen3) Durchführung des Rechtshilfeersuchens durch den jeweiligen im Ausland ansässigen Konsul der Bundesrepublik (§ 363 Abs. 2 ZPO) besteht auch die Möglichkeit, das Ersuchen direkt an die Behörden des ausländischen Staates zu richten (§ 363 Abs. 1 ZPO).4 Beide Formen der Rechtshilfe werden – nach Beweisantrag bzw. Beweisangebot durch die jeweilige Partei – vom Vorsitzenden des deutschen Gerichts betrieben;5 richtet sich das Rechtshilfeersuchen an eine ausländische Behörde kann darüber hinaus ein Tätigwerden des Beweisführers selbst angeordnet werden (§ 364 Abs. 1 ZPO).6 Obwohl es sich bei der Beweisaufnahme durch deutsche Konsularbeamte um den gesetzlich vorgesehenen Regelfall handelt,7 kommt einem konsularischen Vorgehen in der Praxis nur geringe Bedeutung zu.8 Der Empfangsstaat (der Rechtshilfe) muss die beweiserhebende Tätigkeit durch den Konsul zwar billigen,9 er 3 Siehe zum Vorrang der Rechtshilfe durch den Konsul PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 363, Rn. 1; vgl. ferner Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 363, Rn. 18. 4 Abgesehen von den Eingangsvorschriften des § 363 Abs. 1 und 2 ZPO kann der Anwendungsbereich des HBÜ auch durch Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens gem. der §§ 485 ff. ZPO zur Beweissicherung eröffnet werden, vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 264 mit Verweis auf Art. 1 Abs. 2 HBÜ. 5 Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 363, Rn. 18. 6 Siehe zur Prüfungspflicht des deutschen Gerichts hinsichtlich der Zulässigkeit der Mitwirkung der Partei an der Beweiserhebung PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 364, Rn. 2; vgl. ferner zur Problematik einer subsidiären oder alternativen Anwendbarkeit des § 364 ZPO Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2393. 7 Bei der Konzeption des § 363 ZPO wurde das konsularische Vorgehen als Regelfall angenommen, da der deutsche Konsularbeamte deutsches Recht anwendet und die zeitliche Verzögerung des deutschen Verfahrens durch eine Beweisaufnahme im Ausland – so hoffte man – begrenzt würde, vgl. Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2347 ff. 8 Vgl. zum Ausnahmecharakter eines Vorgehens nach § 363 Abs. 1 ZPO Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, Vor § 363, Rn. 29. 9 Vgl. zu den insoweit maßgeblichen internationalen Rechtshilfebestimmungen PGZPO/Lindner, 7. Auflage, § 363, Rn. 5.

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

berechtigt diesen aber in der Regel nicht dazu, Zwangsmaßnahmen durchzuführen.10 Scheiden Zwangsmaßnahmen allerdings aus, ist die Durchführung und insbesondere die Durchsetzung der Rechtshilfe – z.B. mangels Bereitschaft der Beweisperson zur Aussage – kaum erfolgversprechend.11 In einer Vielzahl der Fälle12 wird daher das Verfahren nach § 363 Abs. 1 ZPO angewandt, d.h. das formelle Rechtshilfeersuchen ist bei der vom ersuchten Staat bestimmten Behörde einzureichen und von dieser zu erledigen.13 Von maßgeblicher Bedeutung für die Erledigung des Ersuchens sind die Regelungen in den bestehenden bilateralen oder multinationalen Rechtshilfeabkommen.14 Je nach geografischer Belegenheit der Beweismittel ist dabei auf unterschiedliche (internationale) Abkommen zurückzugreifen. Ist etwa eine Beweisaufnahme in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union15 vorzunehmen, sind die Bestimmungen der Verordnung des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen entscheidend (EG-VO 1206/2001, EuBVO).16 Außerhalb der Europäischen Union – und damit auch im Hoheitsgebiet der USA – sind zumeist multilaterale Abkommen und insbesondere das

10 Ausnahmen unterschiedlicher Reichweite und unterschiedlichen Umfangs machen allerdings u.a. die USA, Mexiko und Südafrika, vgl. PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 363, Rn. 6. 11 Vgl. zu den Befugnissen der deutschen Konsularbeamten Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, Vor § 363, Rn. 33; siehe auch PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 363, Rn. 6 f. 12 Dies gilt insbesondere, wenn konsularische Hilfe (z.B. aufgrund der örtlichen Entfernung des Konsulats vom Wohnsitz des Zeugen) nicht möglich ist oder wegen fehlender Zwangsmittel nicht erfolgreich durchgeführt werden kann, vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, Vor § 363, Rn. 34. 13 Siehe zum Charakter der ersuchten (ausländischen) Behörde Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, Vor § 363, Rn. 36; siehe ferner Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 363, Rn. 42; siehe zum Bestimmungsrecht des ersuchten Staates PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 363, Rn. 8. 14 Eine Liste der für die Bundesrepublik Deutschland relevanten – unionsrechtlichen und sonstigen vertraglichen – Abkommen findet sich in § 3 Abs. 2 der ZRHO vom 28. Oktober 2011, die unter https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/IRZH/ZRH O.pdf?__blob=publicationFile&v=7 abrufbar ist (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 15 Die Verordnung gilt in allen Mitgliedsstaaten mit Ausnahme von Dänemark; dort bleibt es zunächst bei der Anwendung des HBÜ, vgl. Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 9. 16 Am 28. Mai 2001 wurde einer deutschen Initiative folgend (vgl. Abl. EG Nr. C 314 v. 3. November 2000, S. 1 ff.) die EuBVO erlassen. Die Verordnung ist stark an das HBÜ angelehnt, diesem gegenüber jedoch vorrangig anzuwenden (Art. 21 Abs. 1 EuBVO) und will die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten bei der grenzüberschreitenden Beweisaufnahme vereinfachen und damit die Funktionsweise des europäischen Binnenmarkts verbessern; vgl. Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 9; siehe allgemein zur Anwendung der EuBVO i.R.v. Patentstreitigkeiten Kühnen, Handbuch der Pa-

§ 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung

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Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HBÜ) maßgeblich.17 Die näheren Umstände der verfahrensrechtlichen Einleitung und Abwicklung der Rechtshilfe18 finden sich folglich jeweils separat in den Bestimmungen des im Einzelfall anzuwendenden Abkommens.19 2. Beweismittelbeschaffung und beweisrechtlicher Direktzugriff Von dem Komplex der Beweisaufnahme im Ausland mittels Rechtshilfeersuchen abzugrenzen ist die Möglichkeit einer Beschaffung der Beweismittel aus dem Ausland sowie die Variante eines Direktzugriffs auf die ausländischen Beweisverfahren. Beide Optionen führen zu einer Beweisaufnahme vor dem deutschen Gericht und sollen daher gemeinsam erörtert werden.20 Voraussetzung für eine Beweismittelbeschaffung ist das Vorliegen einer gerichtlichen Anordnung zur grenzüberschreitenden Herbeischaffung des Beweismaterials.21 Durch den Erlass der Beweisbeschaffungsanordnung wirkt das tentverletzung, 7. Auflage, Rn. 501; siehe zu den Regelungszielen und zum Anwendungsbereich auch Rechberger/McGuire, ZZPInt. 2005, S. 85 ff.; eine kritische Bestandsaufnahme findet sich bei Stadler, in: FS-Geimer, S. 1281 ff.; zu den aktuellen Entwicklungen Knöfel, EuZW 2008, 267 ff.; zur Anwendung der EuBVO im Kontext der Verletzung der Rechte des geistigen Eigentums Ubertazzi, GRUR Int. 2008, 807 ff.; zur Abgrenzung der EuBVO vom HBÜ siehe Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 145; siehe schließlich zur Maßgeblichkeit der §§ 1072–1075 ZPO für die Beweisaufnahme in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 363, Rn. 1. 17 Siehe grundlegend zum HBÜ und dessen Geltungsbereich Wazlawik, IPRax 2004, 396 ff.; Hess, JZ 2003, 923 ff., Paulus, ZZP 1991, S. 397 ff.; Trittmann, AVR 1989, S. 195 ff.; Trittmann/Leitzen, IPRax 2003, 7 ff.; Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, 2006; Stiefel, RIW 1979, 509 ff.; Beckmann, IPRax 1990, 201 ff.; Heidenberger, RIW 1987, 666 ff.; Hess, AG 2005, 897 ff.; Martens, RIW 1981, 725 ff.; Reufels, RIW 1999, 667 ff.; Koch, IPRax 1985, 245 ff.; Heidenberger, RIW 1987, 540. 18 Hinsichtlich der Einleitung und Abwicklung der Rechtshilfe wird ergänzend auf das HZÜ v. 15. November 1965 zurückgegriffen, das die (Auslands-)Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen regelt, vgl. weiterführend Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 8, Rn. 85 ff. 19 Siehe zu den verfahrensrechtlichen Aspekten ausführlich PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 363, Rn. 14. 20 Vgl. ausführlich zu den Vorzügen eines solchen Vorgehens aufgrund des höheren Erkenntniswerts unmittelbarer Beweisaufnahmen Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 57 ff., S. 75 f.; so auch PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 363, Rn. 19; siehe ferner zur Maßgeblichkeit deutschen Verfahrensrechts hinsichtlich der Beweisaufnahme Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2380. 21 Die Anordnung kann dabei sowohl an die ausländsansässige Prozesspartei oder an prozessunbeteiligte Dritte gerichtet sein, vgl. Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 55.

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

Gericht über die Grenzen des eigenen Hoheitsgebiets hinaus auf das Territorium eines ausländischen Staates ein.22 Ähnliches gilt für den Direktzugriff auf ausländische Beweisverfahren: Auch hier wird durch die Einleitung des ausländischen Verfahrens mit der Absicht einer späteren Verwendung der Beweismittel im Rahmen eines inländischen Verfahrens eine Wirkung über das eigene Hoheitsgebiet hinaus erzielt.23 Im Einzelfall kann sich daher die Frage der Zulässigkeit eines solchen Vorgehens – einerseits nach innerstaatlichem Recht sowie andererseits nach völkerrechtlichen Grundsätzen – stellen. Unabhängig von der im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht zu klärenden Beurteilung der konkreten Befugnisse des deutschen Gerichts im Rahmen der Beweismittelbeschaffung24 ist festzustellen, dass jedenfalls die §§ 363, 364 ZPO eine Heranziehung von im Ausland belegenen Beweismitteln für eine inländische Beweisaufnahme nicht verbieten.25 Zwar regeln die genannten Vorschriften die grundsätzliche Vorgehensweise bei einer Auslandsbelegenheit von Beweismitteln, allerdings ist nicht zu erkennen, dass es sich hierbei um die einzig zulässige Zugriffsmöglichkeit auf ausländische Beweismittel handeln soll. Vielmehr steht es dem Gericht – unter Berücksichtigung der völkerrechtlichen Rahmenbedingungen – frei, die relevanten Beweismittel auf anderem Wege zu importieren und diese einer Beweisaufnahme zuzuführen.26 Demgegenüber ist die Beurteilung der völkerrechtlichen Zulässigkeit einer Beweisbeschaffung aus dem Ausland auch im Schrifttum noch nicht umfassend geklärt.27 Sie wird allerdings dann zu bejahen sein, wenn kein Zwang bei der Herbeischaffung der Beweismittel ausgeübt wird und die Souveränität des Lagestaates der Beweismittel folglich mangels Anmaßung hoheitlicher Befugnisse durch das Gericht nicht beeinträchtigt wird.28 Dieses Ergebnis kann

22

Vgl. zum Problemaufriss eingehend Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 137 ff.; ferner Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 55 ff.; siehe schließlich Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2380. 23 Vgl. zur Problematik eines souveränitätsverletzenden Vorgehens im Zusammenhang mit einem unmittelbaren bzw. mittelbaren Tätigwerden auf fremden Territorium Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 275 ff.; vgl. zum Souveränitätsbegriff ebenfalls Stadler, a.a.O., S. 270 ff. 24 Siehe hierzu die Lösungsansätze von Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 197 ff. sowie von Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 81 ff. 25 Siehe statt vieler Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 56 f.; PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 363, Rn. 19; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2380. 26 Zum Gesamten Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 56 f. 27 Zum Fehlen klarer Linien in der Literatur Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2379; zur Uneinheitlichkeit der Meinungslage und der stark einzelfallgeprägten Diskussion auch Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 56. 28 Vgl. Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 137; so auch Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2380; eine generelle Unzulässigkeit jedenfalls ausschließend Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 56.

§ 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung

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zwar je nach Einzelfall einer Korrektur zu unterziehen sein, für den vorliegenden Untersuchungszweck genügt allerdings die Feststellung, dass eine Beweismittelbeschaffung nicht per se als unzulässig anzusehen ist.29 3. Zwischenergebnis: Methoden der Beweismittelerlangung Der beweissuchenden Partei stehen mit der Beweisaufnahme im Ausland, der Beweismittelbeschaffung und der Möglichkeit einer Geltendmachung ausländischer Beweisverfahren verschiedene grundsätzlich zulässige Methoden der Beweismittelerlangung zur Verfügung. Auf welchem dieser Wege eine Beweiserlangung besonders schnell, effektiv und zuverlässig erfolgen kann, kann nicht pauschal beurteilt werden30 und bleibt vielmehr einer Betrachtung der konkreten Umstände des Einzelfalls vorbehalten.31 Der Komplex der Beweismittelbeschaffung aus dem Ausland wird im Weiteren nicht länger berücksichtigt. Im Rahmen der seitens des deutschen Gerichts an den jeweiligen Betroffenen ergehenden Beweisbeschaffungsanordnung ist ein Zugriff auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gerade nicht denkbar. Vielmehr wendet das deutsche Gericht – im Gegensatz zu einem Vorgehen über den Rechtshilfeweg – bei der Beweismittelbeschaffung aus dem Ausland ausschließlich deutsches Prozessrecht an.32 Im Hinblick auf die Verwertung der Beweisergebnisse sind daher allein die Varianten der Beweisaufnahme im Ausland sowie eines Rückgriffs auf ausländische Beweisverfahren (beweisrechtlicher Direktzugriff) zu erörtern. Zunächst soll allerdings die Bedeutung des 28 U.S.C. § 1782 (a) für die beiden relevanten Varianten der Beweismittelerlangung beleuchtet werden.

29

Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 56. Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 137 m.w.N.; zur Vorzugswürdigkeit der Beweisbeschaffung unter Berücksichtigung des Prinzips der Beweisunmittelbarkeit und des Prinzips der Parteiöffentlichkeit Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 75 f. 31 Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 137. 32 Vgl. hierzu die maßgeblichen Vorschriften hinsichtlich der Ladung von Personen, die sich im Ausland aufhalten Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 426, 2320; siehe zur Möglichkeit der Befragung solcher Personen ebenfalls Geimer, a.a.O., Rn. 437; vgl. ausführlich zu den völkerrechtlichen Bedenken hinsichtlich eines unmittelbaren Tätigwerdens des deutschen Gerichts Geimer, a.a.O., Rn. 2381 ff.; PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 363, Rn. 19 f.; umfassend hierzu auch Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 279 ff.; ferner Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, Anhang zu § 363, Rn. 6 ff.; vgl. schließlich die Übersicht bei Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 92 ff., der auch die Problematik der Durchsetzbarkeit der Beweisbeschaffungsanordnung behandelt. 30

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

II. 28 U.S.C. § 1782 (a) im Kontext der Varianten der Beweismittelerlangung Das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) lässt sich bereits seinem Wortlaut nach weder ausschließlich als Beweisaufnahme im Ausland klassifizieren noch pauschal der Variante eines Rückgriffs auf ausländische Beweisverfahren zuordnen: »The order may be made pursuant to a letter rogatory issued, or request made, by a foreign or international tribunal or upon the application of any interested person and [...].«33 Folglich kann 28 U.S.C. § 1782 (a) sowohl im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens (»pursuant to a letter rogatory«) als auch im Wege eines direkten Rückgriffs auf das Verfahren aus dem Ausland (»or request made«) angewandt werden.34 Hieraus ergeben sich unterschiedliche Beweiskonstellationen, die im Hinblick auf die Einführung der Beweismittel in das deutsche Ausgangsverfahren klar voneinander zu trennen sind. 1. Beweisaufnahme in den USA und das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Das Ersuchen um Rechtshilfe bzw. um eine Beweisaufnahme in den USA richtet sich maßgeblich nach den Bestimmungen des HBÜ.35 Bei dem HBÜ36 handelt es sich um ein multilaterales Abkommen auf internationaler Ebene, das der gegenseitigen Kooperation bei Rechtshilfeersuchen sowie der Verbesserung der diesen Ersuchen zugrunde liegenden Regelungen dient. In Anbetracht der immensen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den einzelnen Staaten wurde bereits früh37 die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit erkannt und aus diesem Grund verschiedenste bilaterale,38 aber auch multilate-

33

Vgl. den Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a). Vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 41 ff. 35 Siehe zur Bedeutung des HZÜ erneut Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 8, Rn. 85 ff. 36 Die verschiedenen Vorläuferregelungen wurden in der Fassung des HBÜ vom 18. März 1970 (BGBl. 1977 II, S. 1472 ff.) und für Deutschland in dessen maßgeblichem Ausführungsgesetz (AusfG) vom 22. Dezember 1977 (BGBl. 1977 I, S. 3105 ff.) gebündelt; vgl. jedoch zur alleinigen Verbindlichkeit des englischen und des französischen Texts Richter, RIW 2005, 815. 37 Bereits 1893 wurde die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht ins Leben gerufen, die im weiteren Verlauf zu einer ständigen Institution wurde, vgl. Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 32. 38 Eine Übersicht der wichtigsten bilateralen Rechtshilfeabkommen findet sich bei Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 39 f.; vgl. etwa zu den deutsch-englischen Rechtshilfebeziehungen ausführlich Cohn, ZZP 1967, S. 230 ff. 34

§ 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung

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rale Übereinkommen39 im Bereich des internationalen Rechtshilfeverkehrs geschlossen. Inwieweit das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in diesem Zusammenhang zur Anwendung gelangen kann, wird im Folgenden – nach kurzer Darstellung der Grundzüge der Beweismittelbeschaffung nach dem HBÜ – erörtert. a. Grundzüge der Beweisbeschaffung im System des HBÜ Vornehmliche Aufgabe des HBÜ ist die gegenseitige Unterstützung der Unterzeichnerstaaten bei Rechtshilfeersuchen, z.B. durch Angleichung der angewandten Verfahrensweisen (Art. 1 HBÜ).40 Diese Zielsetzung ist insbesondere auf die Beweisaufnahme bei Auslandssachverhalten bezogen und sollte insoweit einen Anreiz für Länder mit Common Law Hintergrund bieten, dem Übereinkommen beizutreten.41 Sachliche Anwendung findet das HBÜ in Zivil- und Handelssachen (Art. 1 Abs. 1 HBÜ).42 Die Beweisbeschaffung erfolgt dabei entweder für ein bereits anhängiges oder ein erwartetes zukünftiges Verfahren (Art. 1 Abs. 2 HBÜ). Das HBÜ kann folglich auch für den Bereich der vorprozessualen Beweissicherung herangezogen werden.43 In räumlicher und personaler Hinsicht gilt das HBÜ für alle Vertragsstaaten.44 Der praktische Ablauf des klassischen Rechtshilfeersuchens richtet sich nach den Art. 2 ff. HBÜ. Die Vertragsstaaten verpflichten sich zur Einrichtung einer Zentralen Behörde,45 die die von der gerichtlichen Behörde46 des Vertragsstaats übersandten Ersuchen prüft und zur Erledigung an die zuständige

39

Vgl. z.B. zu den Bemühungen hinsichtlich eines neuen Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen Luginbühl/Wollgast, GRUR Int. 2006, 208 ff. 40 Vgl. insoweit den Text der Präambel des HBÜ: »[Ziel des HBÜ ist es] die Übermittlung und Erledigung von Rechtshilfeersuchen zu erleichtern sowie die Angleichung der verschiedenen dabei angewandten Verfahrensweisen zu fördern.« 41 Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 33. 42 Eine Definition des Begriffs der Zivil- und Handelssachen findet sich im HBÜ selbst nicht, daher ist in Sonderfällen eine vertragskonforme Auslegung vorzunehmen, vgl. Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 8, Rn. 98 ff.; eine auszugsweise Übersicht der bisher vom HBÜ erfassten Beweisanträge findet sich bei Gottwald, in: Nagel/GottwaldIZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 39 f. 43 Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 38; ferner Stürner, IPRax 1984, 300. 44 Eine Übersicht der aktuellen Vertragsstaaten ist abgedruckt bei Gottwald, in: Nagel/ Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 36 f. 45 Siehe zu den in der Bundesrepublik Deutschland als Zentrale Behörde fungierenden Stellen die Übersicht von Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Anh. III § 363, B.1. 46 Ersuchende Behörde ist im Gegensatz zu der das Ersuchen empfangenen Behörde zumeist eine gerichtliche Behörde des Vertragsstaates, vgl. Art. 1 Abs. 1 HBÜ; hierzu auch Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 364, Rn. 2.

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

inländische Behörde weiterleitet (Art. 2 Abs. 1 HBÜ).47 Inhaltlich muss das Ersuchen die Sach- und Rechtslage darstellen und entweder in der Sprache der ersuchten Behörde abgefasst sein oder zumindest von einer Übersetzung in dieser Sprache begleitet sein (Art. 4 Abs. 1 HBÜ, Art. 26 Abs. 1 ZRHO). Darüber hinaus sind der Gegenstand der Rechtssache, Name und Anschrift der zu vernehmenden Person, die Beweisaufnahme bzw. die andere vorzunehmende gerichtliche Handlung zu bezeichnen (Art. 3 HBÜ).48 In den Art. 15, 16 HBÜ ist die bereits durch § 363 Abs. 2 ZPO bekannte Möglichkeit zur Beweisaufnahme durch diplomatische und konsularische Vertreter geregelt.49 Art. 15 HBÜ umfasst dabei die Beweisaufnahme von eigenen Staatsangehörigen für die Gerichte der Entsendestaaten, während Art. 16 HBÜ die Befugnisse für diplomatische und konsularische Vertreter auch auf Angehörige des Empfangsstaats sowie von Drittstaaten ausdehnt. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Genehmigung des Empfangsstaates (Art. 16 Abs. 1 lit. a HBÜ) sowie die Feststellung der Tauglichkeit der Auslandsvertreter gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. b HBÜ. Deutschland hat die Ausdehnung der Befugnisse des Art. 16 HBÜ für deutsche Staatsangehörige ausgeschlossen und im Übrigen eine Einbeziehung für Angehörige von Drittstaaten von der vorigen Genehmigung der zentralen Behörde abhängig gemacht.50 Die Beweisaufnahme selbst erfolgt grundsätzlich entsprechend des Rechts des ersuchten Staates (Art. 9 Abs. 1 HBÜ).51 Ausnahmen können allenfalls dann erfolgen, wenn die gewählte abweichende Form der Durchführung der Beweisaufnahme (»besondere Form«, Art. 9 Abs. 2 Var. 1 HBÜ) in Einklang mit dem Recht des ersuchten Staates steht bzw. nicht wegen der gerichtlichen Übung im ersuchten Staat (Art. 9 Abs. 2 Var. 2 HBÜ) oder tatsächlicher Schwierigkeiten (Art. 9 Abs. 2 Var. 3 HBÜ) unmöglich ist.52 Selbst bei Ein-

47 Siehe hierzu Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 304 ff.; Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 138 f.; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 260 ff. 48 Vgl. zu den weiteren inhaltlichen Voraussetzungen Gottwald, in: Nagel/GottwaldIZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 48; siehe ferner PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 363, Rn. 14 ff. 49 Die Beweisaufnahme durch Beauftragte (Commissioner) i.S.d. Art. 17 HBÜ unterliegt denselben Voraussetzungen wie die Beweisaufnahme durch diplomatische und konsularische Vertreter; Deutschland ist dieser Form der Beweisaufnahme gegenüber aber aufgeschlossener und hat daher keinen Vorbehalt erklärt, behält sich jedoch eine Genehmigung bzw. richterliche Kontrolle vor (vgl. § 12 AusfG), vgl. Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 71. 50 Statt vieler vgl. Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 307 f.; Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 64 ff. 51 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 261 m.w.N. 52 Ein entsprechender Antrag wäre bereits im Rahmen des Rechtshilfeersuchens zu stellen, vgl. Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 139.

§ 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung

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haltung der vorstehenden Voraussetzungen kann eine Ablehnung des Ersuchens aber gemäß Art. 12 HBÜ dann erfolgen, wenn die Erledigung des Ersuchens im ersuchten Staat nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt (Art. 12 Abs. 1 lit. a HBÜ) oder die Erledigung die Hoheits- und Sicherheitsrechte des ersuchten Staates gefährden würde (Art. 12 Abs. 1 lit. b HBÜ).53 Darüber hinaus finden sich weitere Ablehnungsgründe in der Vorschrift des Art. 11 HBÜ, die insgesamt die Beachtlichkeit der Aussageverweigerungs- und der Aussageverbotsrechte des ersuchten Staates (Art. 11 Abs. 1 lit. a HBÜ) sowie – sofern im Rechtshilfeersuchen bezeichnet – auch des ersuchenden Staates (Art. 11 Abs. 1 lit. b HBÜ) statuiert.54 Der hinsichtlich des deutsch-amerikanischen Rechtshilfeverkehrs wichtigste Ablehnungsgrund findet sich schließlich in Art. 23 HBÜ. Die Norm enthält einen optionalen Ablehnungstatbestand hinsichtlich solcher Rechtshilfeersuchen, die eine Pre-Trial Discovery of Documents55 zum Inhalt haben.56 Die Bundesrepublik Deutschland hat von der durch Art. 23 HBÜ eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht und erklärt, dass derartige Rechtshilfeersuchen von den zuständigen deutschen Behörden nicht berücksichtigt werden (§ 14 AusfG),57 um deutsche Parteien nicht den weitreichenden Beweisersuchen ge-

53

Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 52; zu einer Ablehnung wegen des Verstoßes gegen den ordre public Vorbehalt siehe ferner Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 140 f. 54 Vgl. zu dem insoweit geltenden Grundsatz der Meistbegünstigung der Beweisperson Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, 7. Auflage, § 9, Rn. 58 f. 55 Vgl. hierzu ausführlich unter Teil 2, § 2, II. 56 Umfasst ist neben der Vornahme der Discovery of Documents auch die Durchführung einer Electronic Discovery, vgl. Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 28. 57 Die strikt ablehnende Haltung Deutschlands gilt als einer der Hauptgründe für die Anwendungsprobleme des HBÜ im deutsch-amerikanischen Verhältnis und den aus diesen Problemen entstandenen sogenannten deutsch-amerikanischen Justizkonflikt, vgl. Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 141; weiterführend hierzu Hülsen, RIW 1982, 225 ff.; Reufels/Scherer, IPRax 2005, 457 ff.; Heidenberger, RIW 1987, 666 ff.; Junker, RIW 1987, 1 ff.; Reufels, RIW 1999, 667 ff.; Martens, RIW 1981, 725 ff.; Trittmann, AVR 1989, S. 195 ff.; Stürner/Müller, IPRax 2008, 342; Wazlawik, IPRax 2004, 396 ff.; Stiefel, RIW 1979, 509 ff.; Beckmann, IPRax 1990, 201 ff.; siehe zu den verfassungsrechtlichen Aspekten und Problembereichen des deutsch-amerikanischen Rechtshilfeverkehrs Danwitz, DÖV 2004, 501 ff.; zu den rechtskulturellen, ökonomischen und rechtspolitischen Hintergründen des Justizkonflikts Hess, AG 2005, 897 ff. sowie Hess, AG 2006, 809 ff.; siehe außerdem zu dem seitens der Schweiz erklärten Teilvorbehalt i.S.d. Art. 23 HBÜ Favalli, Dokumentedition im internationalen Verhältnis, S. 30 ff., vgl. hierzu auch OLG München, Urt. v. 31. Oktober 1980, 9 VA 3/80, in: IIC 1982, S. 759 ff., ferner OLG Frankfurt, Beschl. v. 16. Mai 2013, 20 VA 4/13, abrufbar unter: http://www.juris.de/ jportal/?quelle=jlink&docid=KORE219032013&psml=jurisw.psml&max=true (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); anders noch OLG München, Urt. v. 27. November 1980, 9 VA 4/80, in: IIC 1982, 762 ff.

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mäß der Grundsätze der US-amerikanischen Discovery auszusetzen.58 Der Rückgriff auf amerikanische Beweisverfahren durch deutsche Parteien und Behörden im Wege der Rechtshilfe gemäß des HBÜ bleibt davon unberührt. Durch die Implementierung des Art. 23 HBÜ in nationales Recht ergeben sich für die beweissuchende deutsche Partei keine (zusätzlichen) Einschränkungen. b. 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen der Rechtshilfe nach dem HBÜ Entsprechend Art. 9 Abs. 1 HBÜ verfährt die für die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens zuständige Behörde »nach den Formen, die ihr Recht vorsieht« (Art. 9 Abs. 1 HBÜ). Damit erfolgt die Beweisaufnahme – vorbehaltlich eines Antrags auf Vornahme der Rechtshilfe gemäß der »besonderen Form« des Art. 9 Abs. 2 HBÜ – nach Maßgabe des inländischen Rechts. Die Beweishilfevorschrift des 28 U.S.C. § 1782 (a) fungiert dementsprechend im Komplex der ausländischen Beweisaufnahme als eine der möglichen59 Ausführungsvorschriften zum HBÜ.60 Empfängt das amerikanische Office of International Judicial Assistance als verantwortliche Behörde (sogenannte Zentrale Behörde gemäß Art. 2 HBÜ61) des Department of Justice ein Rechtshilfeersuchen, leitet es dieses zunächst an das jeweils örtlich zuständige Gericht weiter. Das Gericht kann bei der Bearbeitung des Rechtshilfeersuchens – neben anderen Vorschriften – auch auf die Vorschrift des 28 U.S.C. § 1782 (a) zurückgreifen, prüft dessen Voraussetzungen und unterstützt im Falle der Bewilligung der Rechtshilfe das ausländische Ausgangsverfahren mit den erlangten Beweisergebnissen.62 Aufgrund der Einbettung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in ein Rechtshilfeersuchen gemäß des HBÜ unterliegt die Beweishilfe allerdings zusätzlichen Einschränkungen, die entsprechend der Konzeption des HBÜ mit 58

Siehe zur Untauglichkeit des Ansinnens, durch Rückgriff auf Art. 23 HBÜ eine Anwendung von US-amerikanischen Beweismethoden auszuschließen, Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 142 ff.; so auch Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 76 ff. 59 Möglich ist beispielsweise auch ein Rückgriff auf die sogenannte Pre-Case bzw. PreLitigation Discovery gemäß Rule 27 (a) FRCP, die der Sicherung von Beweismitteln dient, vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 128, Rn. 13; siehe ausführlich zu Rule 27 (a) FRCP unter Teil 2, § 1, II. 60 Vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 27 (b) HBÜ und die dort vorgesehene Möglichkeit, liberalere Beweisverfahren zuzulassen: »Dieses Übereinkommen hindert einen Vertragsstaat nicht, nach seinem innerstaatlichen Recht oder seiner innerstaatlichen Übung zuzulassen, dass Handlungen, auf die dieses Übereinkommen anwendbar ist, unter weniger einschränkenden Bedingungen vorgenommen werden.« 61 Vgl. zur Empfangszuständigkeit des Office of International Judicial Assistance bei Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, Anhang zu § 363, Rn. 32 m.w.N.; siehe hierzu auch den Länderteil Vereinigte Staaten von Amerika der ZRHO, der online verfügbar ist unter http://www.ir-online.nrw.de/land.jsp?id=131 (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 62 Siehe zum Gesamten Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 20 ff.

§ 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung

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der Durchführung eines formellen Rechtshilfeverfahrens einhergehen. Hinsichtlich der vorliegend maßgeblichen Rechtshilfe zwischen der Bundesrepublik Deutschland als ersuchendem Staat und den USA als ersuchtem Staat63 handelt es sich dabei insbesondere um formelle Anforderungen, die z.B. im Hinblick auf die Einleitung des Verfahrens sowie hinsichtlich dessen Abwicklung zu berücksichtigen sind.64 Damit einhergehend ergibt sich häufig ein immenser zeitlicher65 Aufwand,66 um ein Beweishilfeverfahren nach dem HBÜ zu betreiben.67 Inwieweit zu einem solchen Vorgehen allerdings Alternativen68 bestehen und ob die Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) stets eines Rechtshilfeverfahrens gemäß des HBÜ bzw. eines Rückgriffs auf die Bestimmungen des HBÜ bedarf, ist damit freilich nicht geklärt und daher im Folgenden zu prüfen. 2. Beweisrechtlicher Direktzugriff und 28 U.S.C. § 1782 (a) In Anbetracht der geschilderten, aus der Anwendung des HBÜ resultierenden Hürden besteht eine grundsätzliche Neigung der Verfahrensbeteiligten, das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) außerhalb des Regelungsrahmens des HBÜ zur Anwendung gelangen zu lassen. Als geeignetes Vehikel ist der Direktzugriff auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) heranzuziehen. Einer solchen Anwendung außerhalb des HBÜ könnte jedoch eine etwaige Exklusivität des HBÜ, d.h. eine ausschließliche, prioritäre Anwendung des HBÜ in allen Fällen mit Bezug zu Fragen der Beweiserlangung im Rahmen grenzüberschreitender Gerichtsstreitigkeiten, entgegenstehen. 63 Siehe zu den Einschränkungen durch das HBÜ bei umgekehrter Rollenverteilung ausführlich Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, S. 144 (dort Fn. 831). 64 Vgl. etwa die formellen Voraussetzungen an den Inhalt des Rechtshilfeersuchens in Art. 3 HBÜ; siehe ferner zum Erfordernis einer Übersetzung des Rechtshilfeersuchens in Art. 4 HBÜ; siehe zum Gesamten Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 247 f. 65 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 42; siehe zum Vergleich bereits den für die Bearbeitung der innereuropäischen Beweisverfahren nach der EuBVO benötigten Zeitaufwand von teilweise mehr als einem Jahr, vgl. Questionnaire on a possible EU instrument for improving the cooperation between Member States on the taking of evidence abroad in civil or commercial matters, 10650/00 JUSTCIV 84, 13, abrufbar unter: http://data.consili um.europa.eu/doc/document/ST-10650-2000-INIT/en/pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 66 Vgl. allerdings zu den nur geringen Kosten des Rechtshilfeverfahrens Bach, BeckOK ZPO, § 363, Rn. 39; siehe zum Kostenaspekt auch Stadler, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 363, Rn. 17 f. 67 Siehe auch Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 79. 68 Unbestritten beansprucht das HBÜ Exklusivität im Bereich der Beweisaufnahme im Ausland, so dass sich etwaige Alternativen allenfalls im Bereich der Beweismittelbeschaffung bzw. des direkten Rückgriffs auf ausländische Beweisverfahren ergeben könnten; vgl. zur ausschließlichen Anwendbarkeit des HBÜ bei der ausländischen Beweisaufnahme Junker, Electronic Discovery gegen deutsche Unternehmen, Rn. 58.

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a. Charakter des HBÜ und Verbot der Beweismittelbeschaffung im Anwendungsbereich des HBÜ Zwischen den Common Law Staaten und den kontinental-europäischen Vertragsstaaten des HBÜ besteht seit geraumer Zeit Streit darüber, ob das HBÜ zu einer Vollharmonisierung des Bereichs der Beweismittelerlangung im Ausland geführt hat.69 (1.) Reichweite des HBÜ Die Bundesrepublik Deutschland und die Mehrheit der europäischen Unterzeichnerstaaten vertreten die Meinung, dass bei Belegenheit von Beweisen im Ausland bzw. bei im Ausland ansässigen Parteien oder Zeugen das HBÜ die einzige Möglichkeit eines Zugriffs auf die Beweismittel darstelle.70 Damit ginge jedwede Form des Zugriffs auf im Ausland belegene Beweismittel71 zugleich mit einem Rechtshilfeersuchen entsprechend der Mechanismen des HBÜ einher.72 Ein (zusätzlicher) direkter Zugriff auf Beweismittel außerhalb des HBÜ – so der Vorwurf Deutschlands – missachte die Interessen des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sich die Beweismittel befinden, und nach dessen Recht die Beweismittel unter Umständen nicht herauszugeben wären.73 Nach amerikanischem Verständnis handelt es sich bei dem HBÜ hingegen nicht um das ausschließliche Instrument zur Unterstützung ausländischer Verfahren,74 vielmehr soll die über das HBÜ angewandte Vorschrift des 28 U.S.C. § 1782 (a) sowie andere beweisrelevante Vorschriften des amerikanischen Rechts auch außerhalb des formalisierten Ablaufs des HBÜ als (direktes) Be-

69 Vgl. zu den Hintergründen des deutsch-amerikanischen bzw. europäisch-amerikanischen Justizkonflikts ausführlich Hess, JZ 2003, 923 ff.; Bolthausen, MDR 2006, 1081 ff.; Hess, AG 2005, 897 ff.; ders, AG 2006, 809 ff.; Stiefel, RIW 1979, 509 ff.; Beckmann, IPRax 1990, 201 ff.; Martens, RIW 1981, 725 ff.; Reufels, RIW 1999, 667 ff.; Koch, IPRax 1985, 245 ff.; Krause-Ablass/Bastuck, in: FS-Stiefel, S. 445 ff. 70 Vgl. hierzu u.a. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 41 f.; Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 308 ff. 71 Einerseits betrifft dies die bereits erläuterte Beweismittelbeschaffung aus dem Ausland, aber auch jedes direkte Vorgehen anhand ausländischer Bewisverfahren, wie etwa 28 U.S.C. § 1782 (a). 72 Vgl. Rath/Kunst, Tagungsband – Digitale Evolution, S. 27 ff.; vgl. auch die vermittelnde Ansicht Großbritanniens, die vorsieht, dass zunächst im Wege eines notwendigen ersten Rechtshilfeversuchs auf das HBÜ zuzugreifen sei, vgl. Junker, Electronic Discovery gegen deutsche Unternehmen, Rn. 52. 73 Siehe wiederum Junker, Electronic Discovery gegen deutsche Unternehmen, Rn. 49. 74 Siehe zum Verhältnis des 28 U.S.C. § 1782 (a) zu den Bestimmungen des HBÜ Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 20 ff.

§ 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung

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weisbeschaffungsinstrument heranzuziehen sein.75 Die Rechtsprechung der US-amerikanischen Gerichte sowie die Haltung der US-Regierung zur Frage der Exklusivität des HBÜ war zunächst diffus.76 Das HBÜ sollte jedoch dann der ausschließliche Weg der Beweisaufnahme sein, wenn sich durch den Direktzugriff auf die auslandsbelegenen Beweismittel Souveränitätsverletzungen ergäben.77 Eine Ausschließlichkeit wurde damit nur in den Fällen einer im Ausland selbst durchgeführten Beweisaufnahme und bei Weigerung der Beweisperson an freiwilliger Mitwirkung anerkannt. Der US Supreme Court sprach sich schließlich gegen eine Exklusivität des Übereinkommens aus.78 Nach Auffassung des Gerichts könne ein ausschließliches Vorgehen nach dem HBÜ nicht per se angenommen werden. Es komme vielmehr darauf an, inwieweit im konkreten Einzelfall Interessen ausländischer Beteiligter und/oder Souveränitätsbelange beeinträchtigt seien.79 Schließlich sei mit dem Beitritt zum HBÜ in keinem Fall beabsichtigt gewesen, sich jener Befugnisse zu begeben, die den inländischen Gerichten im Verhältnis zu anderen Staaten zuvor zustanden.80 Dem HBÜ könne dementsprechend auch kein Präjudiz dahingehend entnommen werden, ob ein Vertragsstaat die Beweisaufnahme selbst durchführen oder um diese ersuchen möchte.81

75

Eine Zusammenfassung der amerikanischen Haltung findet sich bei Junker, Electronic Discovery gegen deutsche Unternehmen, Rn. 46 ff.; siehe auch Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 78 ff. 76 Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 310. 77 Vgl. die hierzu maßgeblichen Gerichtsenscheidungen des US Court of Appeals for the Fifth Circuit, Entscheidung v. 7. März 1985, In Re: Anschütz & Co., GmbH, 754 F. 2d, S. 602 ff., 1985 U.S. App. LEXIS 28198 sowie des US Court of Appeals for the Fifth Circuit, Entscheidung v. 18. April 1985, In Re: Messerschmitt Bolkow Blohm GmbH, 757 F. 2d, S. 729 ff., 1985 U.S. App. LEXIS 28926; siehe in diesem Zusammenhang auch die Anmerkung von Heidenberger, RIW 1987, 540 f. 78 Vgl. die Entscheidung des US Supreme Court, Entscheidung v. 15. Juni 1987, In Re: Societe Nationale Industrielle Aerospatiale v. US District Court of the Southern District of Iowa, 482 US, S. 522 ff., 1987 U.S. LEXIS 2615; vgl. hierzu erneut die Anmerkung von Heidenberger, RIW 1987, 666 ff.; vgl. zu dem im Urteil des US Supreme Court enthaltenen Minderheitsvotum, das zwar ebenfalls von der Nichtexklusivität des HBÜ ausgeht, jedoch ein vorrangiges Vorgehen gemäß des HBÜ als erforderlich erachtet, Junker, Electronic Discovery gegen deutsche Unternehmen, Rn. 48. 79 Vgl. zu den Entscheidungsgründen ausführlich Heidenberger, RIW 1987, 666 ff.; ferner Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 312 f.; ebenso Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 226 ff. 80 Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 78; vgl. ausführlich zu den Einzelheiten des Meinungsstandes Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, S. 308 ff. m.w.N. aus der Rspr.; hierzu ferner Bodungen/Jestaedt, in: FS-Stiefel, S. 69 ff.; Trittmann, AVR 1989, S. 207 ff.; Trittmann/Leitzen, IPRax 2003, 7 ff.; sowie schließlich Junker, Electronic Discovery gegen deutsche Unternehmen, Rn. 39 ff. 81 Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 78.

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(2.) Stellungnahme Es gibt keine internationale oder supranationale Instanz, die den bestehenden Konflikt zur Frage der Reichweite des HBÜ auflösen könnte.82 Die verschiedenen Positionen werden sich daher voraussichtlich auch zukünftig gegenüberstehen und die beteiligten Staaten werden – so ist zu erwarten – in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet entsprechend der eigenen Überzeugung verfahren. Es ist jedoch festzuhalten, dass bei den Beratungen hinsichtlich des HBÜ tatsächlich allein über die Möglichkeit einer erweiterten Kooperation bei der Beweisaufnahme im Ausland debattiert wurde.83 Etwaige Anhaltspunkte für eine darüber hinaus gehende Absicht, die innerstaatlichen Befugnisse der Beweiserlangung und -beschaffung zu beschränken, liegen nicht vor. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass durch die Regelungen des HBÜ die anderweitigen Beweiserlangungsmechanismen nicht beeinträchtigt werden sollten.84 Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, warum sich aus der zwischen den Vertragsstaaten vereinbarten Rechtshilfekooperation – quasi spiegelbildlich85 – eine Einschränkung des Direktzugriffs auf Beweismittel bzw. eine grundsätzlich bestehende Pflicht zur Beschaffung dieser Beweismittel mittels des HBÜ ergeben solle.86 Die Annahme einer derartigen Konsequenz für die nach innerstaatlichem Recht bestehenden Möglichkeiten eines Beweismittelzugriffs hätte im Übrigen tiefgreifende Auswirkungen, da die Wahrung des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit bei einem Vorgehen nach dem HBÜ gewöhnlich nicht gewährleistet ist.87 Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Vertragsstaaten grundsätzlich auf die Möglichkeit einer – an den Maßstäben des eigenen Prozessrechts orientierten – Beweisaufnahme ausländischer Beweismittel verzichten woll(t)en.88

82

Junker, Electronic Discovery gegen deutsche Unternehmen, Rn. 53. Vgl. zu dem Inhalt der Protokolle der ursprünglichen Beratungen des HBÜ, der sogenannten travaux préparatoires bei Bodungen/Jestaedt, in: FS-Stiefel, S. 73. 84 Siehe Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 78 f. 85 Eine insoweit bestehende synallagmatische Verbindung zwischen der Übereinkunft in Angelegenheiten der Rechtshilfe und dem Verzicht auf die Möglichkeit eines beweisrechtlichen Direktzugriffs ebenfalls verneinend Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 79. 86 Vgl. zu den diesbezüglichen Bedenken einer sich unter diesen Umständen ergebenden Überlastung der Gerichte Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 401 f. 87 Siehe hierzu Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 79. 88 Vgl. erneut Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 79, der auf die gängige Gerichtspraxis der deutschen Gerichte hinweist, die ihrerseits ausländische Parteien etwa zur Mitwirkung an der Beweisaufnahme verpflichten (vgl. § 372a) ZPO); vgl. dazu auch PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 372a), Rn. 22; siehe schließlich Jayme, in: FS-Geimer, S. 376 ff. 83

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Eine Exklusivität des HBÜ (auch) für den Bereich des Direktzugriffs auf im Ausland belegene Beweismittel ist hiernach nicht anzunehmen. Zwar wird die Durchführung einer Beweisaufnahme in einem anderen Vertragsstaat durch das HBÜ ausschließlich geregelt, dies führt jedoch nicht zu Einschränkungen hinsichtlich der Vornahme eigener Aufklärungsmaßnahmen durch die inländischen Gerichte. Aus der grundsätzlichen Haltung der USA ergibt sich damit für deutsche Verfahrensbeteiligte die vorteilhafte Situation, an die erforderlichen Beweismittel potenziell auch ohne den Umweg über das HBÜ gelangen zu können. Darüber hinaus kann – soweit im konkreten Fall zweckmäßig – auch eine Verknüpfung der einzelnen im Bereich der Rechtshilfe und des direkten Zugriffs bestehenden Vorgehensweisen in Erwägung gezogen werden.89 b. Ablauf des Direktzugriffs mittels 28 U.S.C. § 1782 (a) Hinsichtlich des konkreten Ablaufs eines direkten Zugriffs auf die im Ausland (hier: den USA) belegenen Beweismittel ist vollumfänglich auf die Ausführungen zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen sowie zu den unterschiedlichen Ermessensvoraussetzungen des 28 U.S.C. § 1782 (a) in Teil 3 der vorliegenden Untersuchung zu verweisen. Entscheidend für die Frage der Verwertbarkeit der auf diesem Wege erlangten Beweismittel ist insbesondere der Umstand der Einleitung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a). Zur Erinnerung: Der Einleitung der Beweishilfe kann entweder ein formelles Rechtshilfeersuchen, der Antrag eines ausländischen oder internationalen Spruchkörpers (»pursuant to a letter rogatory issued or request made, by a foreign or international tribunal«) oder der Antrag einer sogenannten interessierten Person (»or upon the application of any interested person«) vorausgehen. Je nach Einzelfall ergeben sich also unterschiedliche Konsequenzen für die Beurteilung der Einführung der Beweismittel sowie ihrer Verwertbarkeit. 3. Ergebnis: Beweiskonstellationen im Zusammenhang mit dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Aus dem Vorstehenden resultieren verschiedene beweisrechtliche Anwendungsbereiche für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und damit verschiedene Situationen, die einer Verwertung der jeweils erlangten Beweiser-

89 So ist nicht ersichtlich, warum ein gescheiterter Direktzugriff nach 28 U.S.C. § 1782 (a) einem späteren Vorgehen im Wege des Rechtshilfeersuchens entgegenstehen besteht sollte, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 28 ff.; vgl. allerdings zur Sperrwirkung bzw. zur vorrangigen Anwendung der EuBVO gegenüber den Bestimmungen des HBÜ Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Einf § 1072, Rn. 1 sowie § 1072, Rn. 1.

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kenntnisse vorausgehen können. Die praktische Relevanz der unterschiedlichen Konstellationen divergiert allerdings stark. Hier sollen insbesondere diejenigen Anwendungsbereiche einer detaillierten beweisrechtlichen Prüfung zugeführt werden, die auch in der Praxis von tatsächlicher Bedeutung sind. Grundsätzlich zu unterscheiden ist entsprechend der bisherigen Untersuchung die Anwendung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen eines Rechtshilfeantrags nach dem HBÜ und die Bezugnahme zu 28 U.S.C. § 1782 (a) im Wege des beweisrechtlichen Direktzugriffs. Die Anwendungsbereiche lassen sich ihrerseits wiederum in verschiedene Alternativen unterteilen. Die Berufung auf 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens kann einerseits von dem zuständigen inländischen Gericht des Ausgangsverfahrens ausgehen (§ 363 Abs. 1 ZPO), andererseits aber auch unter Mitwirkung der Parteien betrieben werden (§ 364 Abs. 1 ZPO). Ähnliches gilt für den beweisrechtlichen Direktzugriff auf 28 U.S.C. § 1782 (a). Auch insoweit ergibt sich – jedenfalls theoretisch – für den Spruchkörper des Ausgangsverfahrens, die beteiligten Parteien sowie für interessierte90 Dritte die Möglichkeit, ein Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) einzuleiten. Hinsichtlich einer Geltendmachung des 28 U.S.C. § 1782 (a) wird im Folgenden ausschließlich ein durch das inländische Gericht betriebenes Rechtshilfeersuchens gemäß des HBÜ berücksichtigt (§ 363 Abs. 1 ZPO). Ein durch die Partei über § 364 Abs. 1 ZPO betriebenes Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kommt in der Rechtshilfepraxis des HBÜ nicht zum Einsatz und ist daher zu vernachlässigen.91 Hintergrund dieser ablehnenden Haltung in der Praxis ist die von der herrschenden Meinung92 vertretene Subsidiarität eines Vorgehens nach § 364 Abs. 1 ZPO sowie die im Rahmen des HBÜ fehlende Möglichkeit

90

Vgl. zum Begriff des anerkennenswerten Interesses nochmals Schaner/Scarbrough, AnwBl. 2012, 321; ferner Mullins/Davis, Best Methods of Obtaining a 28 U.S.C. § 1782 Petition, 4, abrufbar unter: http://arbitrateatlanta.org/wp-content/uploads/2013/04/Best-Met hods-of-Obtaining-a-28-U.S.C.-%C2%A7-1782-Petition.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); siehe zur Bedeutung wirtschaftlicher und finanzieller Interessen McDonald/Wetzler, RIW 2000, 215. 91 Siehe hierzu Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 364, Rn. 2; vgl. ferner Stein/Jonas/ Berger, ZPO, 22. Auflage, § 364, Rn. 1 f. m.w.N.; zu den Voraussetzungen einer Heranziehung des § 364 ZPO auch PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 364, Rn. 2 f.; kritisch hinsichtlich der beschränkten Würdigung des § 364 ZPO äußert sich Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 364, Rn. 1. 92 Eine Subsidiarität befürwortend PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 364, Rn. 1; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 364, Rn. 1; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 256 ff.; so auch Pfeil-Kammerer, Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen, S. 257; hingegen für eine alternative Anwendbarkeit plädierend Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2393 m.w.N.

§ 1 Mögliche Konstellationen im Vorfeld der Beweisverwertung

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eines Parteibetriebs der Beweisaufnahme (Art. 2 HBÜ, § 36 Abs. 2 ZRHO93).94 Relevant ist in diesem Zusammenhang auch die Feststellung, dass der Anwendungsbereich des HBÜ gegenüber 28 U.S.C. § 1782 (a) deutlich eingeschränkt ist, da das HBÜ auf »gerichtliche Verfahren« beschränkt ist, während 28 U.S.C. § 1782 (a) auch auf »administrative and quasi-judicial proceedings« anwendbar ist.95 Im Hinblick auf die Betrachtung der Varianten des beweisrechtlichen Direktzugriffs erfolgt ebenfalls eine Beschränkung des Umfangs der weiteren Untersuchung. Insoweit wird lediglich die Variante der Einleitung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) durch die beteiligten Parteien des Ausgangsverfahrens und durch interessierte Dritte untersucht. Von einer Einleitung des Verfahrens durch den Spruchkörper des Ausgangsverfahrens96 im Wege des beweisrechtlichen Direktzugriffs ist – soweit ersichtlich – in der Praxis nur in äußerst begrenztem Umfang Gebrauch gemacht geworden.97 Die Tendenz der Gerichte, vornehmlich den Weg über die Rechtshilfemechanismen des HBÜ 93 Vgl. den Wortlaut des § 36 Abs. 2 Satz 1 ZRHO, der eine Übermittlung des Rechtshilfeersuchen durch eine der Parteien gerade nicht vorsieht: »Übermittlungsstelle ist gemäß § 1069 ZPO der Zivilprozessordnung für gerichtliche Schriftstücke das die Zustellung betreibende Gericht und für außergerichtliche Schriftstücke das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Person, welche die Zustellung betreibt, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.« 94 Die Durchführung einer Beweisaufnahme gemäß § 364 ZPO wird allerdings im Rahmen des vertragslosen Rechtshilfeverkehrs insbesondere gegenüber den Staaten des Common Law als gangbare Alternative genannt, vgl. Pfeil-Kammerer, Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen, S. 261; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2393; siehe auch Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 364, Rn. 2; allerdings ist auch in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass den Parteien des Ausgangsverfahrens ein Direktzugriff auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) deutlich mehr Vorteile verspricht, als den formalen und daher beschwerlichen bzw. langwierigen Weg über das HBÜ zu beschreiten. 95 Brinkmann, IPRax 2015, 111. 96 Unberücksichtigt bleiben im Weiteren auch diejenigen (Verwertungs-)Konstellationen, welchen eine Antragstellung durch ein Schiedsgericht zugrunde liegt; angesichts des Charakters der Schiedsgerichte als Bestandteil der privaten Gerichtsbarkeit ist grundsätzlich von einer privaten Beweisermittlung auszugehen, so dass insoweit eine ähnliche Situation vorliegt wie bei Einleitung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) durch die beteiligten Parteien des Ausgangsverfahrens; vgl. zum Charakter der Schiedsgerichte als Teil der privaten Gerichtsbarkeit PG-ZPO/Prütting, 7. Auflage, § 1025, Rn. 1; siehe ergänzend zur Verwertung der Beweisergebnisse im Rahmen eines Schiedsverfahrens in der Schweiz MüllerChen, in: FS-Tercier, S. 937 ff. 97 Siehe zu dem wohl einzigen Verfahren in diesem Zusammenhang US Court of Appeals for the Eleventh Circuit, Entscheidung v. 21. März 2007, In Re: Patricio Clerici, 481 F. 3d, S. 1324; 2007 U.S. App. LEXIS 6462; es ist jedoch zu bedenken, dass die Einleitung eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bereits vor Anhänhigkeit eines entsprechenden Verfahrens im Ausgangsforum in Betracht kommt, so dass in diesen Fällen eine gerichtliche Antragstellung mangels zuständigem Spruchkörper erst gar nicht in Betracht kommt.

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

einzuschlagen,98 hängt insbesondere damit zusammen, dass ein direktes gerichtliches Vorgehen nach 28 U.S.C. § 1782 (a) durch die Ermessensausübung der District Courts bei Gewährung der Beweishilfe mit einer gewissen Rechtsunsicherheit verbunden ist. Ein solches Vorgehen ist daher gegenüber einem formellen Rechtshilfeverfahren nach dem HBÜ allenfalls nachrangig in Betracht zu ziehen.99 Diese Tendenz gilt insbesondere auch für deutsche (Zivil-) Gerichte, denen eine eigene Beweisermittlung aufgrund der Geltung des Beibringungsgrundsatzes ohnehin nur in sehr eingeschränktem Umfang möglich ist.100

98

Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 931. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 256 m.w.N. sowie S. 267. 100 Siehe hierzu die umfassenden Ausführungen zum Beibringungsgrundsatz unter Einleitung, § 1, III., 3. 99

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Es verbleiben zwei relevante Konstellationen, deren verwertungsrechtliche Problematiken im Folgenden untersucht werden sollen: Zum einen handelt es sich dabei um die auf dem Rechtshilfeweg erfolgte Berufung auf 28 U.S.C. § 1782 (a) durch das Gericht des Ausgangsverfahrens sowie zum anderen um die Durchführung eines entsprechenden Verfahrens durch die Parteien des Ausgangsverfahrens und durch Dritte im Wege des beweisrechtlichen Direktzugriffs. Ausgehend von diesen als relevant identifizierten beweisrechtlichen Konstellationen wird nun in einem ersten Schritt untersucht, inwieweit eine Einführung der auf diesen Wegen erlangten Beweisergebnisse möglich ist. In einem zweiten Schritt wird sodann aufgezeigt, inwieweit sich in Abhängigkeit von der konkreten Form der Einführung der Beweisergebnisse Auswirkungen auf deren Verwertbarkeit ergeben.

I. Einführung der Beweisergebnisse in das Ausgangsverfahren Entsprechend der verfahrensrechtlichen Einbettung des 28 U.S.C. § 1782 (a) sowie in Abhängigkeit von der Person des Antragstellers bzw. des das Verfahren einleitenden Spruchkörpers kommen nur bestimmte Formen der Einführung der Beweisergebnisse in Betracht.1 1. Einführung der Beweisergebnisse nach Einleitung eines Rechtshilfeersuchens gemäß HBÜ Wurde ein formelles Rechtshilfeersuchen gemäß den Grundsätzen des HBÜ durchgeführt, das ursprünglich durch das deutsche Gericht des Ausgangsverfahrens eingeleitet wurde (§ 363 Abs. 1 ZPO), kann eine Einführung der gewonnenen Beweismittel gemäß § 285 Abs. 2 ZPO vorgenommen werden.2 1

Vgl. zu den Möglichkeiten einer Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse im Rahmen eines Verfahrens vor einem Gericht in der Schweiz Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 934 ff. 2 Vgl. hierzu Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 256 f.; ferner Eschenfelder, RIW 2006, 448; so auch Küttler, Das Erlangen von Beweisen in den USA, S. 73 f.

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

Durch § 285 Abs. 2 ZPO wird sichergestellt, dass es hinsichtlich der Ergebnisse einer Beweisaufnahme, die zwar im Rahmen desselben Prozesses – allerdings auf auswärtigem Wege – vorgenommen wurde, keiner erneuten Beweisaufnahme und keiner erneuter Beweisantritte vor dem Gericht bedarf.3 Ausreichend ist bereits ein Vortrag4 der relevanten Ergebnisse der Beweisaufnahme durch den Beweisführer sowie ein sich anschließendes Verhandeln der dargelegten Beweisergebnisse,5 im Rahmen dessen die Parteien ihre Auffassungen hinsichtlich des Beweisergebnisses darlegen.6 Ermöglicht wird ein solches Vorgehen durch die Gleichstellung7 der Beweisaufnahme im Wege der internationalen Rechtshilfe mit der Beweisaufnahme vor dem Gericht (§§ 363, 364, 369 ZPO).8 Im Hinblick auf eine Anwendung des § 285 Abs. 2 ZPO sowie die anschließende Würdigung der Beweise ist darüber hinaus erforderlich, dass die Beweisergebnisse aus der ordnungsgemäßen Anwendung eines (ausländischen) Beweisverfahrens stammen.9 Welche konkreten Maßstäbe – im Hinblick auf die spätere Verwertung – an die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Beweisgewinnung zu stellen sind, wird noch im Detail zu diskutieren sein.10

3

Siehe zum Anwendungsbereich des § 285 Abs. 2 ZPO MüKo/ZPO/Prütting, 4. Auflage, § 285, Rn. 8; vgl. ferner Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 285, Rn. 3; ebenso PGZPO/Laumen, 7. Auflage, § 285, Rn. 4; vgl. schließlich ausführlich Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 157 f. 4 Ausreichend ist bereits eine Bezugnahme auf das Protokoll, schriftliche Gutachten bzw. schriftliche Auskünfte, vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 285, Rn. 3. 5 Statt vieler PG-ZPO/Laumen, 7. Auflage, § 285, Rn. 4; zur Vorteilhaftigkeit eines solchen Vorgehens Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 270. 6 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 364, Rn. 1. 7 Der erläuterten Gleichstellung der Beweisaufnahme im Wege der internationalen Rechtshilfe mit der Beweisaufnahme vor dem Gericht steht im Übrigen auch die fehlende richterliche Beteiligung bei der Beweiserhebung in den USA nicht entgegen, vgl. hierzu unter Teil 2, § 1, III.; siehe ferner Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 159, S. 272 f., der darauf hinweist, dass sich das Erfordernis einer richterlichen Beteiligung weder aus § 363 ZPO noch aus dem HBÜ ergibt, so dass eine richterliche Beweisaufnahme allenfalls als erstrebenswert bezeichnet werden kann. 8 Vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 267 m.w.N. 9 Reichold, in: Thomas/Putzo, 36. Auflage, § 286, Rn. 6 m.w.N.; so auch Eschenfelder, RIW 2006, 448; vgl. auch zur Bedeutung des § 369 ZPO, der – bei Beachtung der ausländischen Verfahrensstandards – die grundsätzliche Unbeachtlichkeit eines Verstoßes gegen inländisches Recht bei der Beweisaufnahme postuliert (sogenanntes Meistbegünstigungsprinzip), vgl. PG-ZPO/Laumen, 7. Auflage, § 369, Rn. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 369, Rn. 3; siehe allerdings zu den durch den ordre public Vorbehalt geltenden Grenzen Bach, BeckOK ZPO, § 369, Rn. 3; in diesem Sinne auch Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 983 f. 10 Vgl. hierzu später unter Teil 4, § 2, II. sowie unter Teil 4, § 2, III.

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 273

2. Einführung der Beweisergebnisse durch eine der Parteien des Ausgangsverfahrens im Wege des beweisrechtlichen Direktzugriffs Sollen Beweismittel in ein deutsches Verfahren eingeführt werden, die aus einer direkten Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) resultieren, ergeben sich gegenüber der Beweismittelerlangung über das HBÜ erhebliche Unterschiede.11 Diese Unterschiede resultieren vor allem aus dem Umstand, dass ein beweisrechtlicher Direktzugriff nicht einer Beweisaufnahme vor dem Gericht gleichgestellt werden kann, da keine Beweisaufnahme im Rahmen desselben Prozesses vorliegt (§§ 363, 364, 369 ZPO). Im Übrigen besteht aber auch keine Veranlassung einer Gleichstellung. Schließlich kann der Beweisführer die relevanten Beweisergebnisse durch die Möglichkeit neuerlicher Beweisantritte in den Prozess selbst einführen.12 Gegenstand der somit erforderlichen Beweisantritte können ausschließlich diejenigen Erkenntnisse sein, die sich – im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) – aus der mündlichen Befragung von Beweispersonen (Deposition), der Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen (Production of Documents and other Things) sowie der Anordnung uneidlicher Aussagen (Statement) ergeben haben. Andere Beweismittel kommen angesichts der Beschränkung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auf die genannten Discovery-Methoden nicht in Betracht.13 Allerdings sieht das deutsche Zivilverfahrensrecht keine expliziten Regelungen für die Einführung solcher Beweismittel vor, die im Rahmen eines eigenständigen ausländischen Beweisverfahrens – und damit nicht über das HBÜ – gewonnen wurden.14 Es hat daher eine Einordnung der erlangten Beweise in die gesetzlich anerkannten Kategorien der Beweismittel und der insoweit bestehenden Varianten einer Beweismitteleinführung zu erfolgen.15 Wird eine Beweisaufnahme entgegen dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme im Rahmen eines anderen Verfahrens als dem vor dem Gericht anhängigen Verfahren vorgenommen (hier: das Verfahren nach

11

Vgl. hierzu die a.A. von Küttler, Das Erlangen von Beweisen in den USA, S. 98, die – allerdings ohne Begründung – wiederum auf das Vorgehen im Rahmen der Rechtshilfe verweist. 12 Vgl. zum Gesamten Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 256 f. 13 Vgl. hierzu unter Teil 3, § 1, II., 1. 14 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 155; ähnlich auch Thole, AG 2013, 80; siehe auch zur Situation im Schweizer Recht Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 934 ff.; siehe schließlich zur Einführung und Verwertbarkeit von Beweisergebnissen aus dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im holländischen Recht, van Hooft, Effective Use of Discovery Obtained Pursuant to 28 U.S.C. § 1782, 2 ff., abrufbar unter: http://www.jonesday.com/ effective-use-of-discovery-obtained-pursuant-to-28-usc--1782-in-proceedings-before-dutch -courts-09-09-2009/ (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 15 So auch für das Schweizer Recht Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 935.

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

28 U.S.C. § 1782 (a)), kommt eine Einführung der insoweit erlangten Beweismittel grundsätzlich im Wege des Urkundsbeweises in Betracht (§§ 415 ff. ZPO).16 Da die ZPO den Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit lediglich in formeller Hinsicht kennt und dementsprechend eine Heranziehung des sachnächsten Beweismittels nicht fordert,17 garantiert eine Einführung der Beweisergebnisse über den Urkundsbeweis regelmäßig die Einhaltung der durch den (formellen) Unmittelbarkeitsgrundsatz vorgegebenen Anforderungen.18 Einschränkungen für ein solches Vorgehen können sich allerdings dann ergeben, wenn seitens einer der Parteien die Anhörung einer zuvor im Rahmen der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) vernommenen Beweisperson ausdrücklich beantragt wird.19 Eine ersatzweise Bezugnahme auf die Protokolle der Vernehmung ist in diesem Fall ausgeschlossen.20 Keine Probleme ergeben sich in Anbetracht des Vorstehenden somit hinsichtlich der Einführung der aus der Durchführung einer Production of Documents resultierenden Beweisergebnisse. Bei diesen liegt eine Eignung zum Urkundsbeweis bereits per definitionem vor.21 Gleiches gilt für die (wörtlichen) Protokolle einer eidlichen Zeugeneinvernahme (Deposition) sowie für die aus der Anordnung einer uneidlichen Aussage (Statement) resultierenden Mitschriften.22 Bei diesen Protokollen handelt es sich um (öffentliche23) Urkunden, die ebenfalls im Wege des Urkundsbeweises einer Verwertung zugeführt werden können. Müller-Chen vergleicht die aus der Anwendung des Discovery-Verfahrens resultierenden Vernehmungsprotokolle mit den Akten aus 16 Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 355, Rn. 4; ebenso PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 355, Rn. 10. 17 Vgl. statt vieler Musielak, in: Musielak/ZPO, 12. Auflage, § 355, Rn. 5. 18 Hierzu mit Verweis auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auch Thole, AG 2013, 80; daneben steht es den Parteien selbstverständlich frei, eruierte Sachverhalte durch Antritt des Zeugen-, Augenscheins- und Sachverständigenbeweises erneut in den Prozess einzuführen, vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 155. 19 Vgl. PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 355, Rn. 10; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 355, Rn. 4 m.w.N. 20 Vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 156, der allerdings darauf hinweist, dass eine kumulative Einbringung des Zeugen- und des Urkundsbeweises denkbar sei, da unter diesen Umständen eine Verletzung der Beweisunmittelbarkeit nicht vorläge. 21 Vgl. Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 935, allerdings zum Schweizer Recht. 22 Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 936. 23 Bei den durch einen staatlich zugelassenen und autorisierten Protokollführer des US-Gerichts (Court Reporter) angefertigten Protokollen der Depositions bzw. Statements handelt es sich um (ausländische) öffentliche Urkunden i.S.d. § 415 ZPO, vgl. zu den Voraussetzungen PG-ZPO/Preuß, 7. Auflage, § 415, Rn. 9 ff.; so auch Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 415, Rn. 2 ff.; die Ausstellung durch eine ausländische Behörde ist dabei unschädlich, vgl. PG-ZPO/Preuß, 7. Auflage, § 415, Rn. 9; siehe zur Feststellung der Echtheit einer ausländischen öffentlichen Urkunde Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 438, Rn. 1 ff.

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 275

einem in derselben Angelegenheit geführten Strafverfahren bzw. mit beigezogenen, gerichtlichen Vorakten und gelangt damit zur Feststellung der Beweistauglichkeit der angefertigten Mitschriften.24 Eine Besonderheit ergibt sich hinsichtlich der mittels einer Production of other Things erlangten gegenständlichen Beweismittel sowie hinsichtlich etwaiger ausschließlich in elektronischer Form vorliegender Beweisergebnisse (§ 371 a ZPO).25 Reicht die über den Urkundsbeweis mögliche inhaltliche Wahrnehmung des Beweisgegenstands nicht aus, sondern ist darüber hinaus eine sinnliche Wahrnehmung des Beweisgegenstands erforderlich, können die gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) herbeigeschafften Augenscheinsobjekte auch zum Gegenstand einer Beweisaufnahme durch Inaugenscheinnahme des Gerichts gemacht werden (§ 371 ZPO).26 Dies betrifft neben gegenständlichen Beweismitteln auch elektronische Dokumente, auch wenn diese – anders als die Urkunde – nicht ohne technische Hilfsmittel eingesehen oder verlesen werden können.27 Eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit scheidet in diesen Fällen ebenfalls aus, da der Augenschein dem Gericht zwingend einen unmittelbaren Eindruck von dem Beweisgegenstand verschafft.28 3. Zwischenergebnis: Einführung der Beweisergebnisse in das deutsche Ausgangsverfahren Sowohl bei Durchführung eines formellen Rechtshilfeersuchens über das HBÜ als auch bei Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen des beweisrechtlichen Direktzugriffs können die jeweils erlangten Beweise in das Ausgangsverfahren eingeführt werden. Während die Beweiserkenntnisse, die dem Rückgriff auf das HBÜ entspringen, insoweit eine Prvilegierung erfahren, als es eines separaten Beweisantritts nicht bedarf (§ 285 Abs. 2 ZPO), werden die aus dem beweisrechtlichen Direktzugriff resultierenden Ergebnisse auf gewöhnlichem Wege in das Verfahren eingeführt. In Betracht kommen dabei vor allem eine Einführung der Beweise über den Urkundsbeweis oder das Institut der

24

Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 936. Siehe zur Electronic Discovery unter Teil 2, § 2, II., 2. 26 Siehe zum Erfordernis einer Inaugenscheinnahme Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 371, Rn. 1 f.; vgl. ferner Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 371, Rn. 2 f.; vgl. zur Inaugenscheinnahme elektronischer Dokumente PG-ZPO/Trautwein, 7. Auflage, § 371, Rn. 11 ff.; siehe ergänzend zum Beweiswert bei fehlender elektronischer Signatur PG-ZPO/Trautwein, 7. Auflage, § 371a, Rn. 7; vgl. zum Beweisantritt und -verfahren bei elektronischen Dokumenten Berger, NJW 2005, 1019 f. 27 PG-ZPO/Trautwein, 7. Auflage, § 371, Rn. 11; vgl. zum Umfang der Vorlage- und Übermittlungspflichten der elektronischen Dateien Berger, NJW 2005, 1020; siehe zur entsprechenden Geltung der Vorschriften über den Urkundsbeweis PG-ZPO/Preuß, 7. Auflage, § 415, Rn. 3. 28 PG-ZPO/Trautwein, 7. Auflage, § 371a, Rn. 1. 25

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

Inaugenscheinnahme. Ausgehend von diesen Formen der Beweismitteleinführung ist eine Verwertung der Beweise möglich.

II. Prüfungsmaßstab und Rechtsgrundlagen der Verwertung Nach erfolgter Einführung der Beweisergebnisse ist im Hinblick auf eine Würdigung der Beweise kritisch zu untersuchen, inwieweit einer richterlichen Überzeugungsbildung anhand der Ergebnisse der Beweisaufnahme – bereits im Vorfeld29 – Grenzen gesetzt sind und Beweisverwertungsverbote entgehenstehen können.30 Anlass zu einer gewissen Skepsis ist aus verschiedenen Gründen geboten. Zum einen könnte bereits das bloße Vorliegen einer im Ausland durchgeführten Beweisgewinnung einem ordnungsgemäßen Betrieb der Beweisermittlung entgegenstehen. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob länderspezifische Besonderheiten und – unter Umständen auch – Verfahrensfehler durch das deutsche Gericht grundsätzlich hingenommen werden müssen.31 Zum anderen könnten sich Bedenken aus der konkreten Ausgestaltung des Beweisverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ergeben, das sich – wie bereits erläutert – von den im deutschen Recht vorgesehenen Beweisermittlungsverfahren durchaus erheblich unterscheidet.32 Die Gefahr einer Beeinträchtigung der zivilprozessualen Grundsätze des deutschen Rechts ist in Anbetracht dieser Unterschiede nicht von vorneherein auszuschließen.33 Eschenfelder fordert deshalb die Erarbeitung klarer Anforderungen, die »zwingend von einem ausländischen Verfahren erfüllt sein müssen, damit […] dessen Erkenntnisse in den Genuss der Akzeptanz inländischer freier Beweiswürdigung kommen« können.34 1. Grundsätzliche Schranken der Verwertbarkeit von Beweisergebnissen Der Ausgangspunkt zur Beurteilung, inwieweit Erkenntnisse aus dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) verwertet werden können, ist allerdings zunächst 29

Siehe zur vorrangigen Prüfung möglicher Verwertungsverbote (Zulässigkeit der Beweisaufnahme) vor Durchführung der Beweiswürdigung u.a. PG-ZPO/Laumen, 7. Auflage, § 284, Rn. 22; Thole, AG 2013, 80; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 160; so wohl auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 127 ff. 30 Vgl. zur Problematik der Verwertbarkeit der Erkenntnisse aus dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 983 ff.; Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007 f.; Thole, AG 2013, 80; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 155 ff., S. 255 ff.; Müller-Stoy, GRUR Int. 2005, 562 ff.; Eschenfelder, RIW 2006, 443 ff.; Wagner, in FS-Leipold, S. 817 f. 31 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 159. 32 Siehe zu den Möglichkeiten der Beweiserlangung im deutschen Recht unter Teil 1. 33 Vgl. statt vieler Roggenbuck, IPRax 1997, 79 f. 34 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 160.

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 277

nicht das deutsche Recht als Recht des Zielstaates, in dem die Verwertung vorgenommen werden soll, sondern das amerikanische Recht, als Forum der vorangegangenen Beweisermittlung. Grundsätzlich kann eine Verwertung ausländischer Beweisergebnisse nur dann vorgenommen werden, wenn das Recht des ausländischen Staates eine Verwertung der erlangten Erkenntnisse in einem fremden Forum überhaupt vorsieht.35 Ergäbe sich die Unverwertbarkeit der Beweisergebnisse für das deutsche Verfahren bereits aus dem ausländischen Recht selbst, wäre diese Entscheidung des ausländischen Rechtssystems entsprechend des Gebots völkerrechtlicher Rücksichtnahme zu akzeptieren.36 Die Beweisermittlungsnorm des 28 U.S.C. § 1782 (a) wurde jedoch eigens zur Gewinnung von Beweismitteln und deren späterer Verwertung in einem ausländischen Verfahren kodifiziert, so dass sich insoweit keine Bedenken ergeben.37 Die Beurteilung der Verwertungsproblematik orientiert sich daher im Weiteren ausschließlich anhand der jeweils maßgeblichen nationalen Beweisvorschriften. Entgegen der für ein Rechtshilfeersuchen nach dem HBÜ geltenden Vorschrift des § 285 Abs. 2 ZPO, die eine Verwendung der Beweisergebnisse nur vorsieht, wenn das zugrunde liegende ausländische Verfahren ordnungsgemäß betrieben wurde,38 findet sich für die Verwertung von Erkenntnissen aus selbstständigen ausländischen Verfahren (hier: 28 U.S.C. § 1782 (a)) keine konkrete Regelung, die die Verwertung von Beweismitteln explizit regelt.39 Die Verwertung hat demnach entsprechend den allgemeinen Grundsätze zu erfolgen, d.h. die Beweise werden einer freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO unterzogen.40 Maßgabe der freien richterlichen Beweiswürdigung ist die umfassende

35 Vgl. Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 363 m.w.N., zur Unverwertbarkeit von Beweisen, die aus der Anwendung der englischen Search Order (bzw. Anton-Piller Order) stammen; siehe hingegen Müller-Stoy, a.a.O. Rn. 363 m.w.N., zur Möglichkeit der Verwertung der durch eine Saisie Contrefaçon gewonnenen Beweismittel im Rahmen ausländischer Verfahren. 36 Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 362 m.w.N.; siehe zum Prinzip der internationalen Comity ferner Dietrich, GRUR Int. 2006, 392 f.; vgl. zur Notwendigkeit der Berücksichtigung auch ausländischen Rechts Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2260 ff. 37 Vgl. zur Geschichte und den ursprünglichen Absichten hinter der Einführung der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) unter Teil 3, § 1, I. 38 Reichold, in: Thomas/Putzo, 36. Auflage, § 286, Rn. 6 m.w.N. 39 Auch die thematisch verwandten internationalen Vorschriften des HBÜ bzw. der EuBVO enthalten keine passenden Normen, vgl. Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 364; siehe auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 122 ff. 40 Vgl. zum Prinzip freier Beweiswürdigung Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Einf. § 284, Rn. 2 ff.; PG-ZPO/Laumen, 7. Auflage, § 284, Rn. 1 ff.; Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 983; vgl. zum richterlichen Beweismaß nach § 286 ZPO auch Brinkmann, Das Beweismaß im Zivilprozess, S. 41 ff.

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

Ausschöpfung der dem Gericht dargebotenen Beweise bei gleichzeitiger möglichst weitgehender Freiheit hinsichtlich der Beurteilung des Beweiswerts der Beweismittel.41 Der Richter kann folglich nach eigener Überzeugung über den Beweiswert befinden, ohne dabei an die gesetzlichen Beweisregeln gebunden zu sein.42 Vor dem Eintritt in die Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO stellt sich allerdings die Frage, ob und inwieweit Beweisergebnisse aus selbstständigen ausländischen Verfahren – mangels konkreter gesetzlicher (Verwertungs-) Grundlage – einer Beweiswürdigung bereits grundsätzlich entzogen sein könnten. In der Literatur wird eine pauschale Zurückweisung der Erkenntnisse aus einem selbstständigen ausländischen Beweisverfahren abgelehnt.43 Mit Verweis auf die grundsätzliche Bereitschaft einer Verwertung (auch) rechtswidrig erlangter Beweismittel44 sowie unter Berücksichtigung des für die Durchführung eines Rechtshilfeersuchens gemäß des HBÜ relevanten § 369 ZPO45 wird vielmehr geschlussfolgert, dass das deutsche Recht einer Verwertung von im Ausland erlangten Beweisen grundsätzlich offen gegenübersteht. Insbesondere die Regelung des § 369 ZPO wird herangezogen, um eine prinzipielle Akzeptanz gegenüber ausländischen Verfahrensweisen im deutschen Recht zu belegen.46 § 369 ZPO gestattet die Verwertbarkeit von im Ausland erlangten Beweisen bereits dann, wenn entweder dem (ausländischen) Recht der Beweismittelerlangung oder dem (inländischen) Recht der Beweisaufnahme entsprochen wurde.47 Eine per se abweisende Haltung der Gerichte gegenüber Er41 Vgl. zur Freiheit der Überzeugungsbildung Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 286, Rn. 4; siehe ferner zum Aspekt der umfassenden Berücksichtigung des Streitstoffs Baumbach/Lauterbach/Albers/ders., ZPO, 73. Auflage, § 286, Rn. 13; hierzu auch PG-ZPO/Laumen, 7. Auflage, § 286, Rn. 5 ff.; sehr weitreichend hierzu Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 129, der von einer grundsätzlichen Akzeptanz der dem Gericht angebotenen Beweise ausgeht; zum Ausnahmecharakter von Beweisverwertungsverboten insoweit Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 983; vgl. schließlich ebenfalls zur umfassenden Berücksichtigung der angebotenen Beweise die Entscheidung des BGH, Urt. v. 19. Juni 2002, IV ZR 147/01, NJOZ 2002, 2020 f. 42 Siehe allerdings zur grundsätzlichen weiteren Bedeutung der Beweisregeln PGZPO/Laumen, 7. Auflage, § 286, Rn. 2. 43 Vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 159 ff.; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 128 f.; Eschenfelder, RIW 2006, 447 f. 44 Vgl. statt vieler Kiethe, MDR 2005, 966 f., 969 f.; ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 129 ff. 45 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 160 f. 46 Vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 160 f.; in diesem Sinne auch Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 983. 47 Siehe zum Prinzip der Meistbegünstigung Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 369, Rn. 3; PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 369, Rn. 2 f.; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 369, Rn. 1; vgl. auch Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2402.

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 279

kenntnissen aus selbstständigen ausländischen Beweisverfahren ist daher nicht festzustellen.48 Wenngleich also von einer grundsätzlichen Bereitschaft zur Würdigung der ausländischen Beweiserkenntnisse ausgegangen werden kann, ist damit keine Aussage darüber getroffen, ob die Durchführung des – im Einzelfall gewählten – ausländischen Beweisverfahrens sich nicht dennoch als unvereinbar mit den Grundsätzen des deutschen Zivilprozesses erweist und eine Beweiswürdigung daher abzulehnen ist.49 Als taugliche Prüfungsgrundlage zur Beurteilung der Vereinbarkeit des Beweisverfahrens mit den als verletzt in Betracht kommenden Grundsätzen des deutschen Rechts könnte sich der im deutschen Zivilprozessrecht verankerte sogenannte anerkennungsrechtliche ordre public Vorbehalt anbieten (§ 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).50 Zentraler Anwendungsbereich des ordre public Vorbehalts ist die Überprüfung von im Ausland ergangenen Urteilen auf deren Anerkennungsfähigkeit im deutschen Rechtsraum. Maßgeblicher Bestandteil dieser Prüfung – und damit interessant für die vorliegende Untersuchung – ist die Kontrolle, ob eine potenzielle Anerkennung51 des konkreten ausländischen Richterspruches zu unerträglichen Abweichungen von elementaren deutschen Rechtsgrundsätzen führen würde.52 Unter welchen Umständen eine Heranziehung des ordre public Vorbehalts auch für das hier diskutierte Beweisrecht denkbar ist, wird zu untersuchen sein.

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Eine Bedeutung der Umstände des Einzelfalls insoweit hervorhebend Försterling, IPRax 2000, 500. 49 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 162. 50 Vgl. auch Bach, BeckOK ZPO, § 369, Rn. 3; mit konkretem Hinweis auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bereits Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 162 ff.; Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 138 ff.; Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 983 ff.; Thole, AG 2013, 80; Schütze, WM 1986, 636; Müller-Stoy, GRUR Int. 2005, 563 f.; Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007 f.; zum Eingreifen des ordre public bereits früh Gerber, 34 The American Journal of Comparative Law (1986), 774 ff.; ebenso für das Schweizer Recht Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 942 f.; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2964; kritisch hinsichtlich eines tatsächlichen Eingreifens des ordre public hingegen Stürner, IPRax 1984, 300 f. 51 Vgl. zum kollisionsrechtlichen ordre public i.S.d. Art. 6 EGBGB, der nur dann Anwendung findet, wenn vom inländischen Richter ausländisches Recht anzuwenden ist, Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 24; siehe zum Vergleich zwischen kollisionsrechtlichen und anerkennungsrechtlichem ordre public PG-ZPO/Volzmann-Stickelbrock, 7. Auflage, § 328, Rn. 23. 52 Siehe zu den Ausprägungen des anerkennungsrechtlichen ordre public Vorbehalts Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Auflage, § 328, Rn. 100 ff.; vgl. zu den insoweit bestehenden Verfassungsfragen Danwitz, DÖV 2004, 501 ff.; siehe auch Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 123 f., S. 135 ff.; siehe ferner Reufels, RIW 1999, 671 f.; siehe schließlich zur Anerkennung von US-amerikanischen Zivilurteilen in der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung der Problematik der Durchführung einer pre-trial Discovery bei Schütze, in: FS-Stiefel, S. 697 ff.; hierzu erneut Schütze, in: FS-Geimer, S. 1025 ff.; siehe zu

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

2. Der ordre public Vorbehalt als Schranke der Beweisverwertung Der ordre public Vorbehalt kommt im deutschen Recht nur in Ausnahmefällen zur Anwendung.53 Erforderlich ist die Verletzung einer als wesentlich geltenden Rechtsnorm, deren Einschränkung als derart unerträglich empfunden wird, dass sich ein Widerspruch zu dem Gedanken der materiellen Gerechtigkeit ergibt.54 Bevor diese Situation allerdings vorschnell55 mit der aktuell erörterten Verwertung von im Ausland erlangten Beweisen verglichen wird bzw. vor einer Übertragung der insoweit bestehenden Grundsätze auf die vorliegende Verwertungsdebatte, wird zunächst der Normzweck des ordre public Vorbehalts in gebotener Kürze dargestellt. a. Normzweck und Ausprägung des ordre public Vorbehalts Gegenstand der Prüfung und Normzweck des ordre public Vorbehalts ist die Frage, ob die Anerkennung einer konkreten ausländischen (Gerichts-)Entscheidung zu einem Ergebnis führen würde, das so offensichtlich56 mit wesentlichen nationalen Rechtsgrundsätzen kollidiert, dass es nicht hinzunehmen wäre, würde der Entscheidung im Inland zur Wirkung verholfen.57 Unbeachtlich ist folglich die abstrakte Überprüfung, ob die im Ausland angewandten Rechtsinstitute und Verfahrensweisen zu einer Verletzung tragender deutscher Rechtsgrundsätze führen.58

anerkennungsrechtlichen Problematiken bei erfolgten Discovery proceedings auch Hök, Discovery proceedings als Anerkennungshindernis, S. 257 ff.; S. 267 ff., S. 298 ff. 53 Vgl. zum Charakter als Notbremse Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Auflage, § 328, Rn. 100; eindringlich auch der Appell von Hess, JZ 2003, 926, der den Anwendungsbereich des ordre public Vorbehalts auf Extremfälle begrenzt sieht; vgl. hierzu schließlich Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 328, Rn. 210. 54 Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Auflage, § 328, Rn. 100; so auch PG-ZPO/Volzmann-Stickelbrock, 7. Auflage, § 328, Rn. 23; in diesem Sinn wohl auch im Hinblick auf amerikanische Discovery Verfahren Lorenz, ZZP 1998, S. 61 ff. 55 Vor den Gefahren einer schematischen Übertragung auf das Beweisverfahren warnend Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 142. 56 Vgl. zur Ausgestaltung des Offensichtlichkeitskriteriums die Entscheidung des BGH, Beschl. v. 28. Januar 2014, III ZB 40/13, in: NSW ZPO § 1059 (BGH intern). 57 Zur Maßgeblichkeit einer Ergebniskontrolle PG-ZPO/Volzmann-Stickelbrock, 7. Auflage, § 328, Rn. 23; vgl. ferner Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Auflage, § 328, Rn. 101. 58 Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Auflage, § 328, Rn. 101; hierzu auch PG-ZPO/VolzmannStickelbrock, 7. Auflage, § 328, Rn. 23, die selbst bei eklatantem Verstoß gegen wesentliche Rechtsgrundsätze zur Anerkennung einer Entscheidung gelangt, sofern diese jedenfalls nicht zu untragbaren Wirkungen im Inland führt.

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 281

Maßgeblicher Bestandteil der (Anerkennungs-)Prüfung59 bildet die Kontrolle von Verstößen gegen das materielle Recht (materieller ordre public).60 Abweichungen von grundlegenden Rechtsprinzipien können sich dabei sowohl im Hinblick auf die im Urteil ausgesprochene Rechtsfolge, eine fehlerhafte Rechtsanwendung sowie schließlich aufgrund der Berufung auf solche Normen ergeben, die ihrerseits den Grundprinzipien des deutschen Rechts widersprechen und deren Anwendung daher zu einer Verletzung des deutschen ordre public führen würde.61 Darüber hinaus kann die Urteilsanerkennung auch aus prozessualen Erwägungen scheitern (verfahrensrechtlicher ordre public).62 Bloße Verfahrensunterschiede zwischen den Rechtsordnungen sind allerdings unbeachtlich, es bedarf auch insoweit eines Verfahrensverstoßes, der die Entscheidung als unvereinbar mit einer geordneten, rechtsstaatlichen Verfahrensweise erscheinen lässt.63 Von Bedeutung für die Prüfung des verfahrensrechtlichen ordre public ist dementsprechend sowohl das dem ausländischen Urteil vorausgegangene Verfahren als auch die Urteilsfindung selbst.64 Ergibt sich im Rahmen der Prüfung dieser Verfahrensstadien die Unvereinbarkeit mit grundlegenden Verfahrensmaximen des deutschen Rechts, ist eine Anerkennung des Urteils zu verweigern.65 Als wesentliche, im Rahmen der Prüfung des materiellen wie verfahrensrechtlichen ordre public zu beachtende Grundsätze gelten zuvorderst die Fundamente und Prinzipien der deutschen Rechtsordnung sowie die hierdurch vermittelten Grundgedanken und Gerechtigkeitsvorstellungen, die – insbesondere im Hinblick auf die im Normtext exemplarisch genannten Grundrechte66 – selbst dem Gesetzgeber nur bedingt zur Disposition

59 Siehe zu den Grundsätzen der (Anerkennungs-)Prüfung die Entscheidung des BGH, Urt. v. 18. Oktober 1967, VIII ZR 145/66, in: NJW 1968, 354 ff. 60 So auch die Handhabung in der Rspr., vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Auflage, § 328, Rn. 102, 107 ff. 61 Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Auflage, § 328, Rn. 102 ff. 62 Siehe umfassend zum verfahrensrechtlichen ordre public bei Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 328, Rn. 215 f.; weiterführend Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Auflage, § 328, Rn. 105, 111 ff. 63 PG-ZPO/Volzmann-Stickelbrock, 7. Auflage, § 328, Rn. 24 m.w.N. aus der Rspr. 64 Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 328, Rn. 214, 234 ff. 65 Maßgeblich sind nicht bestimmte deutsche Verfahrensrechtssätze, sondern die hinter dem Verfahrensrecht stehenden Verfahrensmaximen, vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 328, Rn. 215; siehe zur großen Zurückhaltung der Rspr., einen Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public festzustellen, Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 169 m.w.N. 66 Vgl. zur Bedeutung der Grundrechte für die Prüfung des ordre public bei Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 328, Rn. 213; zur Geltung der einzelnen Landesverfassungen PGZPO/Volzmann-Stickelbrock, 7. Auflage, § 328, Rn. 25; gemeint sind nur die als Grundrechte zu bezeichnenden Art. 1–19 GG, vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 328, Rn. 33.

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

stehen.67 Allerdings lässt sich hinsichtlich der bei der Prüfung des ordre public Vorbehalts relevanten Untersuchungskriterien keine pauschale Vorauswahl treffen; so kommt es etwa bei der Prüfung des verfahrensrechtlichen ordre public – je nach Einzelfall – zur Anwendung vollkommen unterschiedlicher Verfahrensmaximen. Als ultimatives Prüfungsinstrument, dessen Kontrollfunktion – wie eingangs erwähnt – auf extreme Konstellationen einer Verletzung deutscher Rechtsgrundsätze beschränkt ist, kommt dem ordre public Vorbehalt aber nur ein eingeschränkter Wirkungsbereich zu.68 Im Normalfall sind gewisse Abweichungen des materiellen Rechts sowie der Verfahrensausgestaltung durch die deutschen Gerichte hinzunehmen; eine Überprüfung dieser unwesentlichen Abweichungen mittels des ordre public ist folglich nicht vorgesehen.69 b. Übertragung der Wertungen des ordre public Vorbehalts auf das Beweisrecht und die Frage der Beweisverwertung Bislang ist die Problematik einer Anwendung des ordre public im Rahmen der Beweisverwertung70 – soweit ersichtlich – noch nicht Gegenstand deutscher Rechtsprechung gewesen. Demgegenüber finden sich für den eigentlichen Anwendungsbereich des ordre public zahlreiche Entscheidungen,71 die sich mit 67 PG-ZPO/Volzmann-Stickelbrock, 7. Auflage, § 328, Rn. 24; hierzu auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 328, Rn. 31. 68 Einschränkungen ergeben sich u.a. aus dem bereits erwähnten Offensichtlichkeitskriterium, vgl. erneut BGH, Beschl. v. 28. Januar 2014, III ZB 40/13, in: NSW ZPO § 1059 (BGH intern). 69 Statt vieler Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 168; siehe auch Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 328, Rn. 216. 70 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 142, spricht insoweit vom beweisrechtlichen ordre public. 71 Vgl. die Entscheidung des BGH, Urt. v. 4. Juni 1992, IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 ff., der die Anerkennung eines US-amerikanischen Schadensersatzurteils bejahte, dem eine Pre-Trial Discovery vorausgegangen war; siehe hierzu auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 28. Mai 1991, 4 U 119/90, RIW 1991, 594 ff.; so auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22. Juli 2009, 3 VA 9/03, NJW-RR 2010, 573 ff.; ähnlich auch OLG München, Beschl. v. 15. Juli 1992, 9 VA 1/92, NJW 1992, 3113, allerdings hinsichtlich der Zustellung amerikanischer Schadensersatzklagen auf punitive damages; siehe zur Prüfung des ordre public im Rahmen der Zustellung US-amerikanischer Sammelklagen die Entscheidung des BVerfG, Beschl. v. 14. Juni 2007, 2 BvR 2247, 2248, 2249/06, NJW 2007, 3709 ff.; vgl. hierzu auch die aktuelle Entscheidung des KG, Beschl. v. 25. Oktober 2012, 1 VA 11/12, WRP 2013, 400; vgl. ferner die Entscheidung des BPatG, Beschl.. v. 30. August 1993, 2 ZA (pat) 12/93, in: BPatGE 34, S. 83 f., das sich grundsätzlich für das Recht eines Dritten auf Akteneinsicht aussprach, sofern die relevanten Aktenbestandteile aus dem Verfahren einer Pre-Trial Discovery stammen, dieses im konkreten Fall aber verneinte, da zu befürchten sei, dass es bei Einführung in das deutsche Verfahren zur Verletzung einer protective order kommen würde; siehe zur Diskussion der Anerkennung US-amerikanischer Urteile in der Bundesrepublik Deutschland

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 283

der Anerkennung von amerikanischen Gerichtsentscheidungen beschäftigen, die – wie in den USA üblich – unter Zuhilfenahme des Discovery-Verfahrens zustande kamen. Als Grundtenor ist den Entscheidungen zu entnehmen, dass die im Vorfeld einer zur Anerkennung vorgelegten Gerichtsentscheidung durchgeführte Pre-Trial Discovery nicht per se als unvereinbar mit den Grundprinzipien der deutschen Rechtsordnung angesehen werden kann.72 Wohlgemerkt, diese Feststellungen beziehen sich explizit nur auf den Bereich der Anerkennung ausländischer Urteile; eine Aussage hinsichtlich der Geltung des ordre public für die Beweisverwertung und insbesondere im Hinblick auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist damit noch nicht getroffen.73 Über den Bedeutungsgehalt der genannten Entscheidungen hinaus lässt sich jedoch – im Rahmen eines Vergleichs der Zielbestimmungen – ein weitestgehender Gleichlauf74 der Interessenlagen75 der Anerkennung ausländischer Urteile einerseits und der Heranziehung des ordre public für die Beweisverwertung andererseits feststellen.76 In beiden Situationen ist das Bestreben der beweissuchenden bzw. im Ausland erfolgreich klagenden Partei darauf gerichtet, die erhaltenen Informationen oder das erstrittene Urteil in einen fremden Rechtsraum zu überführen und dort anerkennen zu lassen. Die gegnerische Partei ist ihrerseits daran interessiert, dass die ausländische Entscheidung oder die im Ausland erlangten Beweise nicht pauschal und vorbehaltlos in dem fremden grundsätzlich Schütze, in: FS-Stiefel, S. 697 ff. sowie ders., in: FS-Geimer, S. 1025 ff.; siehe zu weiteren relevanten Entscheidungen Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 364 ff. 72 Siehe zu den für die vorliegende Untersuchung nicht relevanten Ausnahmen im Einzelfall Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 366. 73 Teilweise wird bereits aus den o.g. Entscheidungen (auch) eine Anwendbarkeit des ordre public hinsichtlich der Beweiserkenntnisse aus dem Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bejaht und darüber hinaus geschlussfolgert, dass die deutsche Rechtsprechung eine generelle inländische Verwertbarkeit von im Ausland gewonnen Beweismitteln – vorbehaltlich entgegenstehender Umstände im Einzelfall – grundsätzlich bejaht, vgl. hierzu das Ergebnis der Rspr.-Auswertung von Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, Rn. 366; mit ähnlicher Argumentation, allerdings mit Verweis auf die Notwendigkeit einer Übertragung der Wertungen des ordre public bei Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 983 ff.; im Sinne einer schematischen Übertragung (allerdings im Zusammenhang mit Art. 27 EuGVÜ) auch Dörschner, Beweissicherung im Ausland, S. 189 ff., S. 201 ff.; auf eine mögliche Kollision zwischen dem verfahrensrechtlichem ordre public und der amerikanischen Pre-Trial Discovery grundsätzlich hinweisend Schütze, in: Produkthaftungshandbuch, 3. Auflage, § 104, Rn. 9. 74 Vgl. allerdings zu den dennoch bestehenden dogmatischen Unterschieden Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 163. 75 Maßgeblich zu berücksichtigen sind hier die Interessen der Parteien sowie des Staates, vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 163. 76 Siehe zur gesamten Herleitung der Übertragung der Wertungen des anerkennungsrechtlichen ordre public auf die Situation bei der Beweisverwertung Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 163 ff.

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

Rechtsraum zur Anwendung gelangen; sie möchte allenfalls, dass eine neuerliche Prüfung der Beweise erfolgt oder das erstrittene Urteil zumindest den Gerechtigkeitsvorstellungen des inländischen Forums entspricht. Die dargestellte Kongruenz der Interessenlage zeigt sich spiegelbildlich bei der Betrachtung der involvierten Staatsinteressen.77 Auf der einen Seite besteht staatlicherseits die Neigung, bestehende Beweisergebnisse sowie bereits ergangene Urteile einer Anerkennung oder Verwertung zuzuführen, um auf internationaler Ebene einen möglichst umfassenden Entscheidungseinklang herbeizuführen.78 Andererseits ist der betroffene Staat – zum Schutze seiner Bürger und der diesen vertrauten Gerechtigkeitsvorstellungen – bestrebt, möglichst ausschließlich eigene Rechtssätze und –prinzipien auf seinem Hoheitsgebiet anzuwenden. Zur Auflösung dieses Zielkonflikts ist in beiden Fällen79 eine Überprüfung des im jeweiligen Ausgangsstaat durchgeführten (gerichtlichen) Verfahrens erforderlich. Eine solche Kontrollmöglichkeit ist hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Urteile durch § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ausdrücklich vorgesehen. Im Hinblick auf die Beweisverwertung, für die keine eigenständige Regelung existiert, ist folglich gemäß den vorstehenden Ausführungen ein entsprechender ordre public Vorbehalt in das Beweisrecht zu implementieren.80 3. Zwischenergebnis: Das Konzept des beweisrechtlichen ordre public Der ordre public Vorbehalt kann neben seiner gewohnten anerkennungsrechtlichen Ausgestaltung auch hinsichtlich der Frage der Verwertung von im Ausland erlangten Beweisergebnissen angewandt werden. Gerechtfertigt wird dieser Befund insbesondere durch den umfassenden Interessengleichlauf und das im Beweisrecht gleichermaßen bestehende Erfordernis einer Überprüfung des ausländischen Verfahrens. Im Hinblick auf die im Weiteren vorzunehmende Prüfung des Verfahrens81 nach 28 U.S.C. § 1782 (a) anhand der Grundsätze des ordre public ist eine

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Vgl. hierzu wiederum Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 163 f. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 164. 79 Vgl. zur teilweisen Parallelität der Prüfung von anerkennungsrechtlichem und beweisrechtlichen ordre public bei Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 142. 80 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 165; im Ergebnis identisch, allerdings ohne nähere Begründung Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2964; ähnlich auch Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 983 ff., allerdings unter Verweis auf die anerkennungsrechtliche Rspr.; vgl. auch Thole, AG 2013, 80, mit schlichter Bezugnahme auf den ordre public; so auch Müller-Stoy, GRUR Int. 2005, 563 f. sowie Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007 f.; vgl. schließlich auch Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 457 ff. 81 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 142, stellt nicht auf eine Prüfung des jeweiligen ausländischen Beweisverfahrens ab, sondern hält die konkrete Art der Erlangung der 78

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 285

Kontrolle derjenigen (verfahrensrechtlichen) Grundsätze des deutschen Rechts vorzunehmen, die bei einer Verwertung eines im Rahmen des 28 U.S.C. § 1782 (a) erlangten Beweisergebnisses beeinträchtigt sein könnten. Sollten sich bei Durchführung dieser Überprüfung keine grundlegenden Kollisionsbereiche ergeben, ist von einer grundsätzlichen Verwertbarkeit der erlangten Beweismittel im Rahmen deutscher gerichtlicher Auseinandersetzungen auszugehen.

III. Prüfung des ordre public im Hinblick auf 28 U.S.C. § 1782 (a) Nachdem sich die Prüfung des ordre public für die Beweisverwertung als maßgeblich erwiesen hat, sind im Folgenden mögliche ordre public spezifische Konfliktfelder einer Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) darzustellen. Dabei kann auf die im Rahmen der Einleitung dargestellten Verfahrensgrundsätze und Prozessmaximen zurückgegriffen werden, die bereits in einem frühen Stadium der Untersuchung als potenziell konfliktträchtig identifiziert wurden. Berücksichtigung finden auch diejenigen zivilprozessualen Grundsätze, die einer Verwertung der Beweiserkenntnisse aus 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht entgegenstehen, sondern einen Zugriff auf die Beweismittel als verfahrensrechtlich zulässige Vorgehensweise gestatten und eine Verwertung derselben daher möglicherweise sogar erfordern. Zwar kann ein Verstoß gegen den ordre public nicht durch sich anderweitig ergebende Vorteile (hier: die Verwirklichung bestimmter Prozessmaximen) ausgeglichen werden,82 dennoch soll – um ein vollständiges Bild der zivilprozessualen Konfliktlage zu zeichnen – auf alle etwaig betroffenen Rechtsgrundsätze eingegangen werden. Neben der Prüfung einer möglichen Beeinträchtigung der nach 28 U.S.C. § 1782 (a) relevanten Verfahrensgrundsätze sind schließlich auch mögliche Beweismittel für maßgeblich; anders hingegen Eschenfelder, RIW 2006, 443, 444 f.; Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 984, halten ebenfalls das jeweilige Beweisverfahren für maßgeblich; so hinsichtlich des anerkennungsrechtlichen ordre public wohl auch BGH, Urt. v. 18. Oktober 1967, VIII ZR 145/66, NJW 1968, 354 ff.; die sich aus den jeweiligen Anknüpfungskonstellationen ergebenden Auswirkungen im Hinblick auf die Beurteilung der Verwertung der Beweismittel unterscheiden sich allerdings kaum, so räumt auch Rollin ein, dass bei Feststellung eines Verstoßes gegen deutsche Rechtsprinzipien durch das jeweilige Verfahren ein starkes Indiz für eine ordre public Widrigkeit vorläge, vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 142. 82 Vgl. zur ähnlich gelagerten Problematik des Verbots einer kriterienübergreifenden Gesamtschau zur Feststellung eines ordre public Verstoßes Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Auflage, § 328, Rn. 100 m.w.N.; siehe allerdings Schütze, in: FS-Geimer, S. 1028 ff., der eine Kumulierung teilweiser Verstöße bzw. Abweichungen als gangbaren Weg zur Begründung einer ordre public Widrigkeit ansieht.

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

Grundrechtsverstöße in Betracht zu ziehen. Ausweislich des Wortlauts des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO soll ein Konflikt mit den Grundsätzen des ordre public insbesondere bei einem Verstoß gegen die die Werteordnung des deutschen Rechts tragenden Grundrechte anzunehmen sein.83 1. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme Im Hinblick auf eine mögliche Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme sind zwei grundlegende Fallkonstellationen zu unterscheiden. Wurde das Verfahren in Deutschland noch nicht eingeleitet, ist also noch kein Ausgangsverfahren anhängig, besteht grundsätzlich bereits zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, einen Beweishilfeantrag gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) zu stellen. Schließlich muss das zugehörige Ausgangsverfahren lediglich vernünftigerweise erwartet werden dürfen (»within reasonable contemplation«).84 In diesen Fällen hat sich ein für das Verfahren zuständiger Spruchkörper aber noch nicht gebildet oder es wurde noch kein Gericht als zuständiges Forum mit dem Verfahren betraut.85 Die Einführung der erlangten Beweisergebnisse in das deutsche Gerichtsverfahren kann in diesen Fällen – wie gezeigt – zumeist nur mittels des Instruments des Urkundsbeweises 86 erfolgen.87 Die ZPO kennt den Grundsatz der materiellen Unmittelbarkeit nicht,88 verpflichtet also nicht zur Heranziehung desjenigen Beweismittels, das der beweiserheblichen Tatsache am nächsten steht. Daher ist eine Verletzung des Grundsatzes der (formellen) Unmittelbarkeit nicht gegeben.89 Der zuständige Spruchkörper kann eine an § 286 ZPO orientierte Beweiswürdigung durchführen und dabei im Rahmen der Beweiswürdigung überdies berücksich-

83 Siehe hierzu Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 328, Rn. 213; vgl. dort auch erneut zur Bedeutung der Grundrechte für die Prüfung des ordre public. 84 Vgl. hierzu unter Teil 3, § 2, VI., 2., b. 85 Siehe zu den Wirkungen der Rechtshängigkeit statt vieler Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 261, Rn. 2; vgl. zum Entstehen des Prozessrechtsverhältnisses ebenfalls Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Grdz § 128, Rn. 4. 86 Vgl. unter Teil 4, § 2, I., 2. 87 Eine Berücksichtigung könnte jedoch dann ausgeschlossen sein, wenn der Urkundsbeweis ausschließlich der Ersetzung einer persönlichen Vernehmung dient, vgl. Thole, AG 2013, 80 f.; im Übrigen wird sich das Gericht bei grundsätzlicher Erreichbarkeit des Zeugenbeweises um diesen zumindest bemühen müssen, um ein verfahrensfehlerhaftes Zustandekommen des Urteils zu vermeiden, vgl. hierzu wiederum Thole, AG 2013, 80 f. m.w.N. 88 Siehe zur materiellen Unmittelbarkeit Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 355, Rn. 29 m.w.N. 89 So im Ergebnis auch Thole, AG 2013, 81, der allerdings keine Differenzierung vornimmt, ob das Verfahren bereits anhängig ist oder noch einzuleiten wäre.

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 287

tigen, dass statt eines persönlichen Erscheinens des Zeugen vor Gericht lediglich ein Vernehmungsprotokoll der Aussage des Zeugen vorliegt.90 In diesen Fällen wird der Urkunde allerdings zwangsläufig ein geringerer Beweiswert zukommen, als dies bei einer persönlichen Vernehmung der Fall wäre, da es dem Gericht nicht möglich war, sich auf Grundlage der eigenen Anschauung und Wahrnehmung einen Eindruck von der Persönlichkeit und der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu machen.91 Die zweite Fallkonstellation betrifft demgegenüber die Situation eines bereits anhängigen Gerichtsverfahrens und eines im Verhältnis hierzu erst im Nachhinein initiierten Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a). Anders als im eingangs geschilderten Fall wäre eine Beteiligung des Spruchkörpers – z.B. im Falle eines freiwilligen Erscheinens des Zeugen vor dem deutschen Gericht – hier jedenfalls insoweit möglich, als bereits ein zuständiger Spruchkörper durch Einreichung der Klage vorhanden ist. Allerdings wird auch in dieser Konstellation – mangels Verfügbarkeit der im Ausland ansässigen Beweisperson92 – vornehmlich eine Einführung der Beweisergebnisse über den Urkundsbeweis in Betracht kommen.93 Die Annahme einer Verletzung des Grundsatzes der (formellen) Unmittelbarkeit scheitert wiederum daran, dass eine unmittelbare Beweiswürdigung der Urkunden – wenngleich mit geringerem Beweiswert94 – durch den Spruchkörper vorgenommen werden kann. Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit nicht zwingende Folge der Anwendung des Verfah-

90 Vgl. Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 355, Rn. 29, der deutlich macht, dass durch Berücksichtigung des Urkundsbeweises eine zusätzliche Heranziehung des unmittelbarern Beweises aber nicht abgelehnt werden darf. 91 Vgl. Stein/Jonas/Berger, ZPO, 22. Auflage, § 355, Rn. 29 m.w.N.; so auch Thole, AG 2013, 81; siehe ferner Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 58; vgl. schließlich Bacher, BeckOK ZPO, § 285, Rn. 35 m.w.N.; siehe zum Beweiswert eines über ein Rechtshilfeersuchen erlangten Beweismittels im amerikanischen Verfahren Henry, GRUR Int. 1983, 92. 92 Wäre die Beweisperson verfügbar, bestünde bereits keine Notwendigkeit eines Vorgehens nach 28 U.S.C. § 1782 (a), da andernfalls, d.h. bei freiwilligem Erscheinen des Zeugen, eine (bloße) Beweismittelbeschaffung vorgenommen werden könnte, ohne ausländische Behörden überhaupt zu involvieren, vgl. hierzu unter Teil 4, § 1, I., 2. 93 Siehe Thole, AG 2013, 80 f., der auf das Verlangen eines zusätzlichen Zeugenbeweises eingeht, hierin aber richtigerweise kein Hindernis einer Verwertung des Urkundsbeweises erkennt. 94 Siehe ergänzend zum Beweiswert einer in einem anderen Verfahren gemachten Zeugenaussage sowie zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines im anhängigen Verfahren nicht vernommenen Zeugen das Urteil des BGH, Urt. v. 13. Juni 1995, VI ZR 233/94, NJW 1995, 2856 f.

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rens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sein muss.95 Dies gilt für die Situation einer vor Anhängigkeit des in Deutschland betriebenen Ausgangsverfahrens durchgeführten Beweishilfe sowie gleichermaßen für die umgekehrte Konstellation eines erst hiernach initiierten Beweisverfahrens gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a). 2. Die Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme und der Anspruch auf rechtliches Gehör Die Verwertung von Beweisen aus einem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) führt auch nicht zwangsläufig zu einer Verletzung der Maßgaben des Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit. Dies gilt sowohl für die Situation der Einleitung eines ausländischen Verfahrens vor Rechtshängigkeit des deutschen Verfahrens als auch bei Stellung des Antrags gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) nach dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit. In beiden Fällen kommt es zu einer unmittelbaren Beweisaufnahme im Wege des Urkundsbeweises. Die durch § 357 ZPO garantierte Teilnahme an der Beweisaufnahme und der hierin verkörperte Anspruch auf rechtliches Gehör ist insoweit gewährleistet.96 Dies gilt insbesondere für den im Zusammenhang mit einer Einführung der Beweise nach dem HBÜ angesprochenen Vortrag der Beweisergebnisse und das sich anschließende Verhandeln hierüber (§ 285 Abs. 2 ZPO), das durch das Anwesenheitsrecht der Parteien gemäß § 357 ZPO ermöglicht wird.97 An einer Einhaltung des Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme könnten Zweifel bestehen, wenn eine der Parteien des in Deutschland anhängigen Verfahrens während der Durchführung der Discovery in den USA nicht ausreichend in den Ablauf des Discovery-Verfahrens eingebunden oder am gesamten Verfahren weder als Partei noch als Beweisperson beteiligt

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Eschenfelder weist auch darauf hin, dass eine Heilung etwaiger Verstöße gem. § 295 ZPO möglich sei und die Problematik dadurch entschärft würde, vgl. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 219 f. m.w.N.; darüber hinaus spielt der Zeugenbeweis in Verfahren mit Auslandsbezug in Anbetracht der durch eine Beweisaufnahme im Ausland entstehenden Kosten eine vergleichsweise geringe Rolle, so dass der Problematik einer Beeinträchtigung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit eine insgesamt geringere Bedeutung zukommt, siehe zum Kostenaspekt ausführlich Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 70 ff.; für strafrechtliche Verfahren dürfte sich insoweit eine andere Beurteilung ergeben, da das Strafverfahren in besonderem Maß durch den Ermittlungsgrundsatz des § 244 Abs. 2 StPO geleitet wird und daher ein ungleich ausgeprägteres Spannungsfeld zwischen dem Ideal der Wahrheitsfindung und dem zu seiner Erreichung erforderlichen Aufwand besteht, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 436. 96 Siehe etwa zu der als Ausfluss des Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit gegebenen Möglichkeit der Erteilung von Hinweisen im Rahmen des Urkundsbeweises Stein/Jonas/ Berger, ZPO, 22. Auflage, § 357, Rn. 1. 97 PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 357, Rn. 1.

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 289

war.98 Im Hinblick auf eine unzureichende Einbindung der Parteien in das in den USA durchgeführte Discovery-Verfahren ist zwischen solchen Aspekten, die sich aus rechtlicher und aus tatsächlichen Gründen ergeben können, zu unterscheiden. In rechtlicher Hinsicht wird sich der Vorwurf einer mangelnden Einbeziehung in das Verfahren kaum rechtfertigen lassen, da das US-amerikanische Discovery-Verfahren der nahezu ausschließlichen Verantwortlichkeit der Parteien unterliegt und diesen daher umfassende Befugnisse im Rahmen der Ermittlung des entscheidungserheblichen Beweismaterials zukommen.99 Angesichts dieser starken Einbindung der Parteien in das Verfahren der Beweiserlangung werden sich Bedenken bezüglich einer Verletzung des Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit kaum begründen lassen.100 Allerdings können die Parteien aus tatsächlichen Gründen mit einer Einschränkung ihrer Mitwirkungsrechte konfrontiert sein. So besteht die Möglichkeit, dass Parteien z.B. aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit und/oder geltenden Einreisebestimmungen nicht in der Lage sind, an dem Verfahren zur Beweisaufnahme in den USA teilzunehmen.101 Ferner entstehen durch eine Beweisaufnahme im Ausland nicht unerhebliche Kosten,102 die ebenfalls zu einem tatsächlichen Hemmnis für die Teilnahme werden können.103 Im Einzelfall sind daher in tatsächlicher Hinsicht Umstände denkbar, die eine Teilnahme der Parteien erschweren oder unmöglich machen können. Dabei handelt es sich jedoch weniger um grundsätzlich bestehende Unwägbarkeiten als vielmehr um individuelle, an Merk-

98 Zweifel ergeben sich insoweit jedoch nicht aus der bloßen Tatsache einer Beweiserlangung vor einem US-Gericht, siehe hierzu Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 220, der einen dahingehenden Verstoß duch die ordnungsgemäße Einführung und Verwertung i.R.d. deutschen Verfahrens als nicht gegeben ansieht. 99 Vgl. zum Charakter des US-Verfahrens als Parteiverfahren (Adversary System) unter Teil 2, § 3, III., 2.; hierzu ferner Varga, Beweiserhebung, S. 82 ff.; ebenso Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 97 ff. 100 Vgl. allerdings hinsichtlich der Bedenken bezüglich der Ausgestaltung anderer ausländischer Beweisverfahren Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 74, der darauf hinweist, dass die Vielzahl der ausländischen Beweisverfahren zwar eine Beteiligung der Parteien an der Beweisaufnahme vorsieht, die Einwirkungsmöglichkeiten der Parteien in rechtlicher Hinsicht gegenüber dem deutschen Recht jedoch teilweise stark eingeschränkt sind. 101 Siehe hierzu wiederum Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 74 m.w.N. 102 Vgl. zur entstehenden Kostenlast bereits die Nachweise unter Einleitung, § 1, III., 2. 103 Siehe zur Problematik der Kostentragung Thole/Gnauck, RIW 2012, 422 f.; vgl. allerdings zur möglichen Erstattungsfähigkeit der Kosten Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 74 f., der verdeutlicht, dass es sich bei den Kosten der Wahrnehmung des Rechts aus § 357 Abs. 1 ZPO um Kosten handelt, die zu einer Erhöhung der Verfahrenskosten führen und daher gewöhnlich der unterliegenden Partei aufgebürdet werden können.

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male der Parteien anknüpfende Einschränkungen. Ein per se bestehender Konflikt mit dem zivilprozessualen Grundsatz der Parteiöffentlichkeit lässt sich hieraus nicht ableiten.104 Auch soweit eine der Parteien mangels Zeugen- oder Parteirolle von der Durchführung der Beweisermittlung in den USA gänzlich ausgeschlossen war, ergibt sich hieraus keine Verletzung ihrer Mitwirkungsrechte. Da § 357 ZPO keine vorwirkenden Befugnisse im Sinne weitergehender Beteiligungsrechte für die Phase der Informationsgewinnung vermittelt,105 müssen sich die Parteien mit einer Berücksichtigung ihrer Belange im Rahmen des deutschen Verfahrens begnügen.106 3. Der Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz Nach dem Beibringungsgrundsatz obliegt den Parteien die Entscheidung, worüber und mit welchen Erkenntnismitteln Beweis erhoben wird.107 Die Verfahrensausgestaltung der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) als Bestandteil der US-amerikanischen Discovery-Mechanismen führt einerseits zu einer Einschränkung dieses Grundsatzes, weitet andererseits aber die Parteiherrschaft über das Verfahren auch aus.108 Eine Erweiterung des Umfangs der Parteirechte erfolgt durch die ausschließlich in die Hände der Parteien gelegte Ermittlung des beweiserheblichen Tatsachen- und Beweismaterials.109 Die Rolle des Gerichts beschränkt sich nach diesem Verständnis auf die Kontrolle des Umfangs und der Art der Parteirechte im Rahmen der Beweisermittlung.110 Eine gerichtliche Form der Beweisermittlung findet damit weder im Vorfeld des Verfahrens, d.h. in der Pre-

104

So auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 173, allerdings umfassend im Hinblick auf einen Widerspruch mit der Gesamtheit der Prozessmaximen. 105 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 220; siehe ferner zum eigentlichen Anwendungsbereich des § 357 ZPO PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 357, Rn. 2. 106 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 220. 107 Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 284, Rn. 2; ferner Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Grdz. § 128, Rn. 20 f. 108 Vgl. zu den Möglichkeiten einer Übertragung der in den USA bestehenden Pflicht zur Offenlegung der vorhandenen Beweismitel auf das deutsche Recht Lorenz, ZZP 1998, S. 62; vgl. insoweit auch zur Überflüssigkeit von Stufenklagen Schlosser, JZ 1991, 607 f.; siehe ferner zur erheblichen Reichweite des Beibringungsgrundsatzes auch im englischen Recht, Enchelmaier, GRUR Int. 2012, 503 ff. 109 Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 388; siehe hierzu auch Teil 2, § 1, I., 2.; siehe allerdings zu den Einschränkungen des Beibringungsgrundsatzes durch richterliche Befugnisse im deutschen Recht Stackmann, NJW 2007, 3521 ff.; vgl. hierzu auch Kuhn/ Löhr, JR 2011, 369 ff. 110 Siehe allerdings zu den möglichen Einschränkungen und dem sich in Teilen gewandelten Verständnis der Rolle des Gerichts unter Teil 2, § 1, I., 1.

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 291

Trial Phase, noch im Zuge des eigentlichen Trial statt.111 Darüber hinaus wird eine ausschließlich an Parteiinteressen orientierte Beweisermittlung dadurch verhindert, dass sämtliche im Zuge der Pre-Trial Phase erlangten Beweisergebnisse gegenüber der jeweils anderen Partei offenzulegen sind. Betroffen sind insoweit auch solche Beweismittel, die lediglich die Argumentation der Gegenseite zu stützen vermögen.112 Für die Parteien ergibt sich daraus ein weitreichender Zugang zu Dokumenten, die von der gegnerischen Partei kontrolliert werden, für das Verfahren aber relevant sein könnten.113 Die Autonomie der Parteien, über die vorzulegenden Beweismittel selbstständig zu entscheiden, wird dadurch nicht unerheblich eingeschränkt. Allerdings ist auch in Anbetracht der geschilderten weitreichenden Offenlegungspflichten eine Verletzung des Verhandlungsgrundsatzes nicht erkennbar, da die Beibringung des Tatsachenstoffs weiterhin ausschließliche Aufgabe der Parteien bleibt.114 Zwar erfolgt eine gewisse Einschränkung des Verhandlungsgrundsatzes, indem die Eigenverantwortung der Parteien im Hinblick auf die Auswahl des relevanten Tatsachenmaterials gemindert wird, jedoch geht mit dieser Minderung parteilicher Entscheidungsbefugnisse nicht zugleich eine Erweiterung richterlicher Untersuchungsbefugnisse einher.115 Vielmehr verzichten die Parteien auf eine eigene, autonom verantwortete Auswahl des Beweismaterials zugunsten der jeweils anderen Partei. Betrachtet man den Beibringungsgrundsatz daher als ein ausschließlich der Parteiherrschaft und damit den Parteien dienendes Verfahrensrecht wird dieses in seiner Gesamtheit gerade nicht eingeschränkt; mit jeder Einschränkung auf Seiten einer der Parteien geht gleichermaßen eine Stärkung des Beibringungsgrundsatzes auf Seiten der anderen Partei einher.116 Die umfassenden prozessualen Pflichten zur Vorlage im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) lassen damit zwar einen gewissen kompetitiven Charakter in das System der Beweisermittlung ein-

111 Auch die den deutschen Gerichten eingeräumten Befugnisse zur Anordnung der Urkundenvorlage, des Sachverständigenbeweises, der Parteivernehmung und der Zeugenvernehmung obliegen nach US-amerikansichen Verständnis den Parteien, vgl. statt vieler Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rn. 389. 112 Elsing, in: Das deutsche Wirtschaftsrecht unter dem Einfluss des US-amerikanischen Rechts, S. 162 f.; siehe auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 4 m.w.N.; vgl. auch zu den Herausgabepflichten i.R.d. Electronic Discovery bei Thole/Gnauck, RIW 2012, 417. 113 Siehe hierzu ausführlich unter Einleitung, § 1, II. 114 Lorenz, ZZP 1998, S. 62. 115 Siehe wiederum Lorenz, ZZP 1998, S. 62. 116 Vgl. dazu auch Schlosser, JZ 1991, 603 f., der die Pflicht zur Offenlegung bereits als notwendiges Korrelat der Verhandlungsmaxime bezeichnet; eine Stärkung der Verhandlungsmaxime hingegen ausdrücklich betonend Lorenz, ZZP 1998, S. 62.

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kehren,117 eine Stärkung der richterlichen Befugnisse und ein damit einhergehender Abfluss parteilicher Entscheidungskompetenzen ist darin aber nicht zu erkennen.118 4. Das Ausforschungsverbot Bei dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) handelt es sich um ein sehr weitreichendes Instrument der Sachverhaltserforschung.119 Dieses Verständnis spiegelt sich nicht zuletzt in der Auslegung der amerikanischen Rule of Relevance wieder, nach der sämtliche Tatsachen einer Beweisermittlung zugänglich sind, die auch nur eine entfernte Sachbezogenheit oder eine mögliche Beweiserheblichkeit aufweisen.120 Es dürfte demnach unstreitig sein, dass das amerikanische Institut der PreTrial Discovery eine Ausforschung der gegnerischen Partei jedenfalls in gewissem Umfang zulässt.121 Nicht wenige Autoren gelangen zu der Feststellung, dass es sich bei der Pre-Trial Discovery und damit auch bei dem hierauf fußenden Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) um einen »Verfahrensabschnitt mit eingebautem Ausforschungselement«122 und damit um ein nach dem deutschen zivilprozessualen Verständnis sehr kritisch zu bewertendes Instrument handelt.123 Die Reichweite des bereits angesprochenen Relevanzkriteriums sowie etwaig bestehender Weigerungsrechte vermögen dieser Feststellung nicht

117

Siehe zur sogenannten sporting theory of justice erneut Schlosser, JZ 1991, 603 f. Laut Schlosser, JZ 1991, 603 f., ergäben sich bei Zugrundelegung eines solchen am Wettbewerb der Parteien ausgerichteten Systems der Beweisermittlung ohnehin nur zwei mögliche Alternativen, einerseits die richterliche Inquisition oder andererseits eine wechselseittige Parteiausforschung. 119 Siehe hierzu unter Teil 2, § 1, I., 2.; vgl. ferner unter Teil 2, § 3. 120 Vgl. dazu Teil 2, § 3, I. 121 Siehe hierzu u.a. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 114 ff.; dezidiert zugunsten der Annahme eines ausforschenden Charakters Hök, Discovery proceedings als Anerkennungshindernis, S. 278 ff., S. 297; in diesem Sinne auch Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 ff.; ebenso Eschenfelder, RIW 2006, 445 f.; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 180 ff.; vgl. allerdings zu den im amerikanischen Recht durchaus möglichen, regulierenden Eingriffen durch das Gericht Mentz, RIW 1981, 78; gegen einen ausforschenden Charakter scheinbar vorbehaltlos Lorenz, ZZP 1998, S. 62 f. 122 Junker, ZZPInt. 1996, S. 238; bezugnehmend Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 181. 123 Vgl. statt vieler PG-ZPO/Prütting, 7. Auflage, § 142, Rn. 8; vgl. hierzu auch die Entscheidung des BGH, Urt. v. 19. September 1985, IX ZR 138/84, NJW 1986, 246 ff. (allerdings nicht unmittelbar zur Pre-Trial Discovery); siehe zur Bewertung der Problematik eines Verstoßes gegen das Ausforschungsverbot in der Schweiz Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 942 f. 118

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 293

entgegenzuwirken.124 Fraglich ist allerdings, ob die Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) und die Verwertung der hieraus resultierenden Beweiserkenntnisse damit per se ausgeschlossen ist, oder ob die Beeinträchtigung des insoweit geltenden Ausforschungsverbots vielmehr einer Beurteilung im Einzelfall unterliegt und damit jedenfalls nicht zwangsläufig mit der Durchführung des Beweishilfeverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) einhergehen muss.125 Zunächst besteht auch im deutschen Recht zunehmend die Tendenz, aufklärungsfreundlichere Verfahrensinstrumente anzuwenden und damit deren Anwendungsbereich – in gewissen Grenzen – auszuweiten.126 Dies betrifft unter anderem die bereits näher beleuchtete richterliche Anordnung der Vorlage von Urkunden gemäß §§ 142, 144 ZPO,127 die veränderte Anforderungshaltung gegenüber dem Substantiierungsgrundsatz, die Ausdehnung der sekundären Behauptungslast sowie die Gestattung zahlreicher Erleichterungen hinsichtlich der Art und Weise des Beweisantritts.128 Einhergehend mit der sich verändernden Haltung im deutschen Recht kam es in den USA zu einer Straffung der Pre-Trial Discovery-Regeln und in der Folge zu einer Stärkung der Eingriffsbefugnisse des Richters im Rahmen der Beweisermittlung.129 Damit kann das Risiko sogenannter Fishing Expeditions130 zwar nicht in Gänze ausgeschlossen werden, es erfolgte aber jedenfalls eine gewisse Einschränkung der ursprünglich zumeist auf eine Ausforschung angelegten Discovery-Befugnisse.131 Der Umstand einer in Ansätzen flexibleren Interpretation des Ausforschungsverbots zeigt sich im deutschen Recht zudem daran, dass das Ergebnis einer Beweisaufnahme im Rahmen der Beweiswürdigung grundsätzlich auch dann zu berücksichtigen ist, wenn Beweiserkenntnisse offenbart werden, die zuvor nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Eine gewissermaßen

124 Hierzu ausführlich Hök, Discovery proceedings als Anerkennungshindernis, S. 280 ff., unter Bezugnahme des Relevanzkriteriums, der Weigerungsrechte, der Work-Product Protection sowie eines Missbrauchs der Pre-Trial Discovery. 125 Vgl. in diesem Sinne etwa die Entscheidung des LG Berlin, Urt. v. 13. Juni 1989, 20 O 314/88, in: RIW 1989, 988 ff., die zwar von einem grundsätzlich ausforschenden Charakter der Pre-Trial Discovery ausgeht, hieraus aber keinen Verstoß gegen den ordre public ableitet. 126 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 183; vgl. hierzu auch die Entscheidung des BGH, Urt. v. 2. Mai. 2002, I ZR 45/01, BGH GRUR 2002, 1046 ff. – Faxkarte. 127 Siehe hierzu die Darstellung unter Teil 1, § 1, II., 2., b. 128 Umfassend hierzu Eschenfelder, RIW 2006, 445 f. 129 Siehe hierzu bereits ausführlich die Ausführungen in Teil 2, § 1, I., 1.; vgl. ergänzend Trittmann/Leitzen, IPRax 2003, 10 f. sowie für das Schweizer Recht Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 942 f. 130 Vgl. zu den Hintergründen Teil 2, § 1, I., 1. 131 Statt vieler Trittmann/Leitzen, IPRax 2003, 10 f.; vgl. zur vorsichtigen Annäherung der Prozessrechtssysteme auch Müller-Stoy, GRUR Int. 2005, 563.

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

zufällige Aufklärung wird demnach auch im deutschen Recht zumindest geduldet.132 Folglich handelt es sich bei der Grenzziehung durch das Ausforschungsverbot nicht um eine vollkommen starre, der weiteren Informationsbeschaffung unüberwindbar entgegenstehende Hürde.133 Im Gegenteil erscheint eine Berücksichtigung von Wahrheits- und Rechtsschutzgesichtspunkten in den Grenzbereichen des Ausforschungsverbots durchaus möglich.134 Derlei Erwägungen sind nun gerade Grundlage der Pre-Trial Discovery, die – jedenfalls idealiter – einer umfassenden Ermittlung der Wahrheit dient und insoweit der Verwirklichung eines umfänglichen Gerechtigkeitsgedankens verpflichtet ist.135 Auch wenn sich dementsprechend zwar weiterhin (große) Unterschiede im Hinblick auf den Umfang ausforschender Elemente zwischen den beiden Rechtsordnungen feststellen lassen,136 wird die Schutzfähigkeit und -bedürftigkeit des Beweisgegners in den jeweiligen Systemen (wenngleich in unterschiedlicher Ausprägung) zweifelsfrei anerkannt.137 Das US-amerikanische Verständnis der Schutzbedürftigkeit des Beweisgegners kann jedoch im Einzelfall dazu führen, dass das nach deutschem zivilprozessualem Verständnis notwendige Maß eines Schutzes vor ausforschenden Beweisanträgen unterschritten wird. Allerdings ist ein derartiges Konfligieren der unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten nicht zwingend gegeben.138 Einer Verwertung von Beweiserkenntnissen aus den USA steht folglich weder die vorherige Durchführung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a), noch die damit potenziell einhergehende Verletzung des Ausforschungsverbots grundsätzlich entgegen. 5. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes Das grundgesetzlich in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Gebot des effektiven Rechtsschutzes sowie der aus Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete und im Rahmen des Zivilverfahrens heranzuziehende Justizgewährungsanspruch vermittelt dem Einzelnen einen gegen den Staat gerichteten An-

132 Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, S. 25; bezugnehmend Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 181. 133 Eschenfelder, RIW 2006, 446; vgl. zur Diskussion um die unbedingte Aufrechterhaltung des Ausforschungsverbots unter Teil 1, § 1, II., 1. 134 In diesem Sinne auch Eschenfelder, RIW 2006, 446. 135 Vgl. hierzu unter Einleitung, § 1, III., 4; kritisch hinsichtlich der genannten Kriterien Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 182. 136 So die Feststellung von Müller-Chen, in: FS-Tercier, S. 942 f., auch für das Schweizer Recht. 137 Siehe etwa zum unbedingten Vorrang des Ermittlungsinteresses im US-Recht Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 182 f. 138 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 182 f.

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 295

spruch auf umfassende Tatsachenfeststellung sowie das Recht auf eine diesbezügliche Beweisaufnahme.139 Diskutiert wird eine Verletzung der Pflicht zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes unter anderem bei einer Beschränkung der Beweisthemen und der Beweismittel,140 hinsichtlich des grundsätzlichen Erfordernisses des Strengbeweises141 sowie dann, wenn das Gericht naheliegende Beweismöglichkeiten ungenutzt lässt.142 Bei Heranziehung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) könnte sich darüber hinaus eine Verletzung des Gebots des effektiven Rechtsschutzes ergeben, wenn den bereits aus dem Ausland beschafften Beweismitteln eine Anerkennung per se versagt würde.143 Eschenfelder plädiert zugunsten des Gebots eines effektiven Rechtsschutzes und im Interesse zwischenstaatlicher Konfliktbewältigung für eine grundsätzliche Anerkennung der Gleichwertigkeit und Verwertbarkeit der ausländischen Beweiserkenntnisse.144 Würde der Beweissuchende auf den Rechtshilfeweg verwiesen, entschiede die Bereitschaft des ausländischen Staates darüber, ob und in welchem sachlichen und zeitlichen Umfang Beweisergebnisse zur Verfügung stünden.145 Wenngleich das deutsche Recht eine Sachverhaltserforschung nach amerikanischem Vorbild nicht vorsehe, seien im Sinne eines internationalen Entscheidungsgleichklangs Beweiserkenntnisse aus den USA dennoch heranzuziehen und zu verwerten.146 In der Tat scheinen die genannten Erwägungen für eine unbedingte Heranziehung der Beweisergebnisse und für die Annahme einer Verletzung des Rechtsschutzgebots bei Verweigerung des Rückgriffs auf die ausländischen Erkenntnisse zu sprechen. Allerdings ist diese Vorgehensweise unter alleiniger Bezugnahme auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nicht pauschal zu befürworten.147 Zweierlei Einschränkungen sollten in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden. Erstens kann eine Verwendung der Erkenntnisse nur vorgenommen werden, wenn hierdurch

139

Siehe hierzu unter Einleitung, § 1, III., 5. Eine Einschränkung hinsichtlich der Beweisthemen ablehnend Habscheid, ZZP 1983, S. 310 ff., bejahend allerdings im Hinblick auf eine Beschränkung der Beweismittel. 141 Nach Habscheid, ZZP 1983, S. 323 f., ist das Recht auf Beweis durch das grundsätzliche Erfordernis des Strengbeweises nicht tangiert. 142 Ablehnend auch insoweit Habscheid, ZZP 1983, S. 308 f. 143 Vgl. Eschenfelder, RIW 2006, 446. 144 Eschenfelder, RIW 2006, 446, fordert in Anbetracht des verfassungsrechtlichen Gebots eines effektiven Rechtsschutzes eine extensive »Auslegung des deutschen Regelwerks in Richtung einer eher weiten, rechtsschutzfreundlichen Sachverhaltserforschung«. 145 Siehe zu den formellen Hürden und Unwägbarkeiten eines Rechtshilfeantrags nach dem HBÜ unter Teil 4, § 1, II., 1., b.; vgl. ergänzend Küttler, Das Erlangen von Beweisen in den USA, S. 56 ff., S. 72 f., S. 76. 146 Eschenfelder, RIW 2006, 447. 147 In diese Richtung tendieren allerdings teilweise die Ausführungen von Eschenfelder, RIW 2006, 446 f. 140

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Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

nicht andere Prozessmaximen und Rechtsgrundsätze potenziell verletzt würden. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes soll nicht um jeden Preis und unter Verletzung anderer elementarer Rechtsgrundsätze gewahrt werden. Zweitens ist zu berücksichtigen, inwieweit eine erneute Beweisaufnahme zur Erlangung derselben Erkenntnisse noch möglich wäre. Ergibt eine kursorische Überprüfung die Unerreichbarkeit der ehemals erlangten Beweisergebnisse (gleich aus welchen Gründen148), ist bei Verweigerung der Verwertung der bereits vorliegenden Erkenntnisse von einer Verletzung des Gebots des effektiven Rechtsschutzes auszugehen. Unter den genannten Voraussetzungen spricht die Ausgestaltung des Gebots des effektiven Rechtsschutzes demnach deutlich zugunsten einer Verwertung der Beweisergebnisse aus dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a). 6. Der Grundsatz der Prozessökonomie Bereits im Rahmen der Einleitung der Untersuchung149 wurde festgestellt, dass es sich bei dem Grundsatz der Prozessökonomie um einen eigenständigen Verfahrensgrundsatz handelt, dessen konkrete Ausgestaltung sich nicht in einer dem Verfahrensrecht allgemein zugrunde liegenden (Effizienz-)Verpflichtung äußert, sondern sich vielmehr in jenen Normen zeigt, die eine konkrete Verhaltensmaxime ausgeben und insoweit dazu beitragen, eine effiziente Verfahrensgestaltung zu implementieren. Zur Beantwortung der Frage nach der Verwertbarkeit der aus 28 U.S.C. § 1782 (a) resultierenden Beweisergebnisse ist dementsprechend zu überprüfen, ob sich konkrete, normenbasierte Ausprägungen des Grundsatzes der Prozessökonomie finden lassen, die den Rechtsanwender nicht lediglich in pauschaler Manier zu prozessökonomischem Handeln anhalten, sondern darüber hinaus eine (konkrete) Anleitung zur Verwertung von im Ausland erlangten Beweismitteln enthalten. Anhand der insoweit erlangten Vorgaben kann im Idealfall eine Überprüfung des ordre public vollzogen werden, die Aufschluss gibt, ob und inwieweit eine Verwertung der Beweisergebnisse im Lichte der spezifischen prozessökonomischen Anforderungen vorgenommen werden kann. Das deutsche Zivilprozessrecht sieht allerdings keine solche konkrete Norm vor. Potenziell hilfreiche Ausprägungen des Grundsatzes der Prozessökonomie finden sich aber beispielsweise im Prinzip der Vermeidung von Folgeprozessen150 sowie im Rechtsgedanken einer möglichst umfassenden

148

Vgl. zu den verschiedenen Ursachen einer Unerreichbarkeit Eschenfelder, RIW 2006,

447. 149

Siehe die Ausführungen in Einleitung, § 1, III., 6. Konkrete Normen, die den Rechtsgedanken der Vermeidung von Folgeprozessen stützen, sind u.a. die §§ 263, 264 ZPO (Klageänderung); durch die Möglichkeit zur Änderung des Streitgegenstands in gewissem Umfang wird ein Folgeprozess u.U. vermieden; gleiches 150

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 297

Verwertung von vorhandenen Prozessergebnissen wieder.151 Relevant für das Ziel einer Verwertung vorhandener Prozessergebnisse sind unter anderem die §§ 147, 148 ZPO, die eine einheitliche Beweisaufnahme und die Aussetzung des Verfahrens ermöglichen152 sowie § 411 a ZPO,153 der die Verwertung verfahrensfremder Gutachten154 erlaubt und damit – im Sinne einer Verfahrensstraffung – zur Vermeidung erneuter Begutachtungen beiträgt.155 Hintergrund der einzelnen Vorschriften ist die (Wieder-)Verwertung vorhandener Erkenntnisse und insoweit die Durchsetzung des Effizienzgebots.156 Überträgt man die den vorstehenden Normen zugrunde liegende gesetzgeberische Intention auf die nach Durchführung des Verfahrens gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) vorliegende Situation, gelangt man scheinbar problemlos zu der Annahme, eine Verwertung der Beweisergebnisse im Rahmen des deutschen Verfahrens sei unbedingte Folge der Maßgaben des Grundsatzes der Prozessökonomie. Diese Feststellung lässt indes die Schranken der Prozessökonomie unbeachtet. Schranken der Prozessökonomie ergeben sich – wie zuvor dargelegt – insbesondere dort, wo der Vorrang anderer Prozessrechtsgrundsätze dies erfordert157 oder wo das Verfahrensrecht eine Einschränkung explizit vorsieht.158 Eine die Verwertbarkeit ausländischer Beweisergebnisse explizit einschränkende (Verfahrens-)Norm existiert entsprechend der vorigen Prüfung jedoch nicht.159 Dies erforderte den Umweg über den ordre public, um die relevanten Prozessrechtsgrundsätze separat auf deren Vereinbarkeit mit einer Verwertung ausländischer Beweisergebnisse untersuchen zu können. Das Ergebnis dieser gilt für die Möglichkeit der Widerklage gem. § 33 ZPO, die ebenfalls einer Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen entgegenwirken soll, vgl. Hofmann, ZZP 2013, S. 92 f. 151 Dem Grundsatz der Prozessökonomie im engeren Sinn unterfallen hingegen nicht die Beschleunigungsvorschriften, d.h. das Postulat, vorhandene Mittel optimal einzusetzen, vgl. Hofmann, ZZP 2013, S. 96, S. 109. 152 Siehe zum konkreten Zusammenhang von § 147 ZPO und dem Grundsatz der Prozessökonomie Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 147, Rn. 1; vgl. hierzu auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 147, Rn. 2; siehe ferner zum Gedanken der Prozesswirtschaftlichkeit i.R.d. § 148 ZPO Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Einf § 148-155, Rn. 2. 153 Vgl. zum Normzweck und zur Entwicklung der Norm PG-ZPO/Katzenmeier, 7. Auflage, § 411a, Rn. 1; siehe zu dem seitens des Gerichts bestehenden Ermessen hinsichtlich der Ersetzung der schriftlichen Begutachtung Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 411a, Rn. 3; vgl. hierzu auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 411a, Rn. 4. 154 Vgl. zum erforderlichen Charakter des Gutachtens PG-ZPO/Katzenmeier, 7. Auflage, § 411a, Rn. 4. 155 Siehe zum Gesamten Hofmann, ZZP 2013, S. 95 ff. 156 Hofmann, ZZP 2013, S. 96. 157 Siehe hinsichtlich des Vorrangs der Dispositionsmaxime erneut Jauernig/Hess, Zivilprozessrecht, 30. Auflage, § 24, Rn. 5. 158 Vgl. unter Einleitung, § 1, III., 6. 159 Siehe hierzu Teil 4, § 2, II.

298

Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

Prüfung bzw. das Ergebnis der Überprüfung der einzelnen Prozessrechtsgrundsätze wird nun quasi über die Hintertür (der Prozessökonomie) herangezogen, um beurteilen zu können, inwieweit prozessökonomische Erwägungen eine Verwertung der Beweisergebnisse tatsächlich erfordern. Die bisherige isolierte Prüfung der Prozessrechtsmaximen hat ergeben, dass keiner der untersuchten Rechtsgrundsätze einer Verwertung der aus 28 U.S.C. § 1782 (a) resultierenden Beweisergebnisse per se entgegen steht; Konflikte mit dem Grundsatz der Prozessökonomie sind daher nicht zu erwarten. Damit können die aufgezeigten prozessökonomischen Erwägungen uneingeschränkt in die Prüfung des ordre public einfließen. Aus prozessökonomischer Sicht haben sich allerdings keine Anhaltspunkte für eine Verletzung des ordre public ergeben. Im Gegenteil ist festzustellen, dass die Berücksichtigung des Grundsatzes der Prozessökonomie eine Verwertung der vorliegenden Erkenntnisse geradezu erfordert. 7. Grundrechtsverstoß als Verwertungshindernis Neben den bereits erörterten möglichen Konflikten der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) mit den Verfahrensgrundsätzen des deutschen Zivilprozesses kommt schließlich auch ein Verstoß gegen grundrechtlich verbürgte Gewährleistungen in Betracht, um eine Verletzung des beweisrechtlichen ordre public zu begründen.160 Die Grundrechte müssen gleichermaßen gegenüber ausländischen Entscheidungen und gegenüber den Auswirkungen ausländischer Verfahren zumindest in ihrem Kernbereich durchgesetzt werden.161 Ergibt sich folglich aus der Durchführung einer konkreten Discovery-Maßnahme die Verletzung des Wesensgehalts eines Grundrechts und verbietet der Schutzzweck der betreffenden Norm zugleich auch die Verwertung der Beweise,162 führt dies zur Beeinträchtigung des ordre public und damit zur Unverwertbarkeit der mittels der Maßnahme gewonnenen Erkenntnisse.163 Aus der Bedeutung der Grundrechte für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Beweismaßnahme folgt damit ein Spannungsverhältnis zwischen dem – eine umfassende Beweisermittlung erfordernden – Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes und den im jeweiligen Fall konkret in Betracht kommenden

160 Siehe hierzu u.a. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 205 ff.; vgl. ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 144 f.; so schließlich auch Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007 f. 161 Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 328, Rn. 213 m.w.N. 162 Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die verletzte Norm ihrem Schutzzweck nach keinen Bezug zur Problematik der Beweisverwertung aufweist, sondern etwa nur die Eigentumszuordnung regelt; siehe in diesem Zusammenhang z.B. hinsichtlich einer Verletzung des § 242 StGB bzw. des § 266 StGB Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007. 163 Siehe hierzu Eschenfelder, RIW 2006, 447.

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 299

grundrechtlich geschützten Gewährleistungen.164 Dieses Spannungsverhältnis besteht insbesondere im Hinblick auf den Schutz der im Zuge der Beweisermittlung erlangten Betriebsgeheimnisse sowie hinsichtlich der im Wege der Beweisbeschaffung (unter Umständen) beeinträchtigten Persönlichkeitsrechte.165 Während die Betriebsgeheimnisse grundrechtlichen Schutz über die Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG genießen,166 ergibt sich der persönlichkeitsrechtliche Schutz aus Art. 2 Abs. 1 GG.167 Mögliche Beispiele für die Verletzung von Betriebsgeheimnissen sind etwa in der Offenlegung der geschützten Informationen gegenüber Dritten sowie der unzureichenden Beachtung im gerichtlichen Verfahren selbst zu sehen.168 Eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann sich demgegenüber aus der Einführung und der Verwertung von heimlich mitgeschnittenen Telefonband- und Videoaufnahmen, der Vorlage (höchst-)persönlicher Schriftstücke bzw. geheimer Fotografien sowie der Vernehmung eines Zeugen, der ein privates Gespräch unbemerkt belauscht hat, ergeben.169 Ist eine der vorstehenden Verletzungen derart gravierend, dass von einer den grundrechtlichen Wesensgehalt betreffenden Beeinträchtigung auszugehen ist – wird etwa die Aufdeckung eines Betriebsgeheimnisses befürchtet, dessen Offenlegung die unternehmerische Existenz des Beweisgegners zu gefährden imstande ist – wird die zur Auflösung des geschilderten Spannungsverhältnisses erforderliche

164 Durch die Verwertung der unter Verletzung des jeweils relevanten Grundrechts erlangten Erkenntnisse ergäbe sich ein erneuter Grundrechtsverstoß, vgl. Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007. 165 Vgl. Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007; vgl. ebenso Eschenfelder, RIW 2006, 447; siehe auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 206 f.; vgl. zur Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 145. 166 Siehe zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen als Ausprägung des Schutzes der Berufsausübung statt vieler Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage, Art. 12, Rn. 10, 12, 44 m.w.N.; siehe zur Einordnung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse als (konkrete) vermögenswerte Rechte i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage, Art. 14, Rn. 8; in Betracht käme darüber hinaus der Schutz der korrespondierenden Wettbewerbsfreiheit und Wettbewerbsgleichheit gem. Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG, vgl. hierzu Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage, Art. 2, Rn. 10 sowie Art. 12, Rn. 20 ff.; siehe auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 206 f. 167 Vgl. statt vieler Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Auflage, Art. 2, Rn. 14 ff.; siehe auch zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage, Art. 2, Rn. 37. 168 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage, Art. 12, Rn. 44. 169 Siehe zum Gesamten mit umfassenden Nachweisen Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 206; weitere Beispiele finden sich bei Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007 sowie bei Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 145.

300

Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

Güterabwägung zum Nachteil des Beweissuchenden ausfallen.170 Im Bereich der Beweisermittlung und insbesondere im Hinblick auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sind derart gravierende Grundrechtsbeeinträchtigungen indes nicht zu erwarten. Dies hat unterschiedliche Gründe: Zunächst sind Betriebsgeheimnisse und auch die dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht unterfallenden Informationen im Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht schutzlos dem Offenbarungsverlangen der beweissuchenden Partei ausgesetzt. Vielmehr bietet das amerikanische Recht durch die Institute der Privileges sowie durch den möglichen Erlass einer Protective Order171 (Schutzanordnung) Instrumente zum Schutz dieser Informationen, so dass der Wesensgehalt der genannten Grundrechte in der Regel nicht betroffen ist.172 Darüber hinaus ergibt sich durch die Verwertung der Betriebsgeheimnisse im deutschen Verfahren regelmäßig bereits keine Grundrechtsverletzung, da die betreffenden Erkenntnisse durch die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bereits gegenüber der beweissuchenden Partei offenbart wurden. Folglich liegt ein als Verletzungsobjekt taugliches Betriebsgeheimnis – jedenfalls gegenüber dem Beweisgegner – erst gar nicht vor.173 Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass – eine Berücksichtigung der Schutzanordnungen des ausländischen Gerichts vorausgesetzt174 – eine Beeinträchtigung des Wesensgehalts der potenziell gefährdeten grundrechtlichen Gewährleistungen zumeist ausgeschlossen werden kann.175 Ergeben sich wider 170

Vgl. Eschenfelder, RIW 2006, 447; siehe zur Durchführung der Güterabwägung die Geltung des (abgewandelten) Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Patentrecht, wo der Ausgleich des Informationsinteresses des Patentrechtsinhabers und der Geheimhaltungsinteressen des Verletzers dergestalt modifiziert wird, dass sich je nach Umfang, Schwere und Offensichtlichkeit der Patentverletzung, d.h. je nach Einzelfall, eine umfassendere Pflicht zur Offenbarung relevanter und für die Verfolgung der Patentverletzung notwendiger Informationen ergibt; siehe zur Anerkennung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der patentrechtlichen Informationsbeschaffungsansprüche Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, S. 17; vgl. zur Anpassung der Informationsbefugnisse resultierend aus der Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie (RL 2004/48/EG) Haedicke, in: FS-Schricker, S. 22. 171 Vgl. insbesondere zu der Möglichkeit einer Sicherung der vertraulichen Informationen mittels Erlass einer Protective Order bei Bradford/Sona/Kirchhofer, MittdtPatA 2015, 220, die darauf hinweisen, dass den bestehenden Bedenken zumeist bereits im Rahmen des US-amerikanischen Discovery-Verfahrens Rechnung getragen werden kann, indem vertrauliche Informationen schon dort dem Umfang des Auskunftsersuchens entzogen werden. 172 Vgl. hierzu die Ausführungen unter Teil 2, § 3, I., 1., unter Teil 2, § 3, I., 2. sowie schließlich unter Teil 3, § 1, II., 2.; siehe ferner Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007; ähnlich auch Eschenfelder, RIW 2006, 447, hinsichtlich solcher von vorneherein als rechtswidrig bzw. als missbräuchlich zu bezeichnender Beweisansinnen der beweissuchenden Partei. 173 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 206 f. 174 Vgl. Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, S. 205. 175 So im Ergebnis auch Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 206 f.; Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007 f.; Müller-Stoy, Nachweis und Besichtigung, S. 203 ff.;

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 301

Erwarten dennoch schwerwiegende Verstöße im Rahmen der Beweisermittlung im deutschen Verfahren, ziehen diese ein Beweisverwertungsverbot nach sich, das seitens des deutschen Gerichts von Amts wegen zu berücksichtigen ist.176 8. Zwischenergebnis: Prüfung des ordre public und 28 U.S.C. § 1782 (a) Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Anwendung der Beweishilfe und die Verwertung der aus dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erlangten Beweisergebnisse zu Konflikten mit zivilprozessualen Grundsätzen des deutschen Rechts führen kann. Trotz dieses offensichtlichen Konfliktpotentials ist eine konkrete, durch die Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) hervorgerufene Verletzung der Maßgaben des ordre public allerdings nicht per se gegeben.177 Vielmehr wird sich eine Verletzung nur in Ausnahmefällen feststellen lassen. Zu beachten sind allerdings die in diesem Zusammenhang aufgezeigten Interdependenzen zwischen den einzelnen Prozessrechtsmaximen. Die Wechselwirkungen unter den Prozessrechtsmaximen können dazu führen, dass ein seinem Wesen nach eigentlich unberührter Rechtsgrundsatz durch Verletzung eines anderen zivilprozessualen Grundsatzes, der auf den ursprünglich betrachteten Verfahrensgrundsatz ausstrahlt, dennoch als beeinträchtigt anzusehen ist. Maßgeblich ist demnach eine Betrachtung der Prozessmaximen und möglicher Grundrechtsverletzungen in ihrer Gesamtheit und nicht lediglich eine isolierte Prüfung der unterschiedlichen Kriterien.

IV. Ergebnis: Verwertbarkeit der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Eine Beweismittelerlangung unter Zuhilfenahme des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kommt maßgeblich in zwei Konstellationen in Betracht. Erstens ist dies die Einleitung eines Rechtshilfeersuchens nach dem HBÜ sowie zweitens die Alternative eines beweismittelrechtlichen Direktzugriffs auf die im Ausland belegenen Beweismittel. Hypothetisch stehen zwar unterschiedliche Varianten der genannten Beweisverfahren zur Auswahl, als praktisch relevant gelten darunter letztlich aber nur zwei: Einerseits handelt es sich dabei um die Geltendmachung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) über

ebenso Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 145, der allerdings von dem Adressaten des ausländischen Beweisverfahrens das Ausschöpfen der zur Begrenzung der Beweishilfe zur Verfügung stehenden Rechtsmittel verlangt. 176 Eschenfelder, RIW 2006, 447. 177 Vgl. weiterführend zu den praktischen Folgeproblemen, die sich aus einer angenommenen Unverwertbarkeit der Beweisergebnisse ergäben Müller-Stoy, GRUR Int. 2005, 563.

302

Teil 4: Einführung und Verwertung der Discovery-Ergebnisse

das HBÜ durch das Gericht des Ausgangsverfahrens178 sowie andererseits um das Vorgehen mittels des beweisrechtlichen Direktzugriffs, der durch eine der Parteien des (bereits anhängigen oder noch einzuleitenden) Ausgangsverfahrens initiiert wurde. Andere mögliche Varianten einer Verfahrenseinleitung werden in der Praxis gar nicht oder allenfalls sehr selten herangezogen. Ursächlich sind hierfür zum einen gesetzliche Subsidiaritätsklauseln (§ 364 Abs. 1 ZPO), zum anderen kann ein Rückgriff auf 28 U.S.C. § 1782 (a) – wie im Fall eines von Seiten des Gerichts ausgehenden Direktzugriffs auf die Beweishilfe – aufgrund der Geltung des Beibringungsgrundsatzes sowie anhand von Ermessenserwägungen ausgeschlossen sein. Die Einführung der erlangten Beweisergebnisse vollzieht sich – sofern bereits eine der inländischen Beweisaufnahme gleichgestellte ausländische Beweisaufnahme stattgefunden hat – entsprechend des § 285 Abs. 2 ZPO und bedarf daher lediglich eines Vortrags der Beweisergebnisse sowie eines anschließenden Verhandelns der Parteien hierüber. Für den Fall eines beweisrechtlichen Direktzugriffs mangelt es hingegen an konkreten zivilprozessualen Vorgaben, so dass eine Einführung der Ergebnisse größtenteils im Wege des Urkundsbeweises vorgenommen wird. Ausgehend von den geschilderten Möglichkeiten einer Einführung der Beweisergebnisse in den Ausgangsprozess ist der – allerdings beweisrechtlich modifizierte – ordre public Vorbehalt als maßgeblicher Prüfungsmaßstab für eine potenzielle Verwertung der Beweisergebnisse heranzuziehen. Die Überprüfung des ordre public Vorbehalt vollzieht sich dabei anhand der bereits zuvor als konfliktträchtig eingestuften Prozessmaximen. Es bestehen zahlreiche zivilprozessuale Konfliktbereiche im Spannungsfeld zwischen den anerkannten Prozessrechtsgrundsätzen und der Verwertung ausländischer Beweisergebnisse. Dabei liegen in den seltensten Fällen tatsächliche Verletzungen des in Frage kommenden Prozessrechts vor. Es handelt sich um allenfalls gelegentliche, dem Einzelfall geschuldete Beeinträchtigungen, die mit einer Anwendung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sowie einer diesbezüglichen Beweisverwertung einhergehen können (aber in keinem Fall müssen). Entscheidende Erkenntnis der Überprüfung der Prozessmaximen ist jedenfalls die Feststellung, dass die mithilfe des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erlangten Beweiserkenntnisse – unabhängig von der konkreten Einbettung im Rahmen des HBÜ bzw. des beweisrechtlichen Direktzugriffs – einer Verwertung im deutschen Ausgangsverfahren zugeführt werden können.

178

Auch dem Rechtshilfeersuchen nach § 363 ZPO muss allerdings ein entsprechender Beweisantrag bzw. ein hinreichend konkretes Beweisangebot der jeweiligen Partei zugrunde liegen, andernfalls wird seitens des Gerichts ein Rechtshilfeersuchen nicht eingeleitet; siehe zum notwendigen Inhalt des Beweisantrags Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 284, Rn. 4.

§ 2 Verwertung der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 303

Die grundlegende Feststellung der Verwertbarkeit der Beweisergebnisse des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen deutscher Gerichtsverfahren eröffnet im weiteren Verlauf der Untersuchung die Möglichkeit, die bisherigen Erkenntnisse bezüglich der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auf ausgesuchte patentrechtliche Verfahrenskonstellationen zu übertragen. In diesem Zusammenhang wird es zunächst zu einer erneuten Betrachtung der Tatbestandsvoraussetzungen des 28 U.S.C. § 1782 (a) unter ausschließlicher Berücksichtigung patentrechtlicher Aspekte kommen. Aus den hieraus resultierenden Erkenntnissen einer Anwendbarkeit des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im patentrechtlichen Kontext lassen sich Rückschlüsse auf die konkrete Bedeutung der Beweishilfe für patentrechtliche Verfahren vor deutschen Gerichten ziehen.

Teil 5

Die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten aus Parteiensicht Im Verlauf der bisherigen Untersuchung wurde – bisher noch weitgehend losgelöst von der zugrunde liegenden Annahme eines im gewerblichen Rechtsschutz bestehenden Informationsgefälles zwischen (Patent-)Verletzer und Schutzrechtsinhaber1 – gezeigt, dass das amerikanische Beweisverfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) jedenfalls bei abstrakter Betrachtung zur Minderung einer bestehenden Beweisnot beitragen kann. Gerechtfertigt wird diese Vermutung nicht nur durch den umfassenden Zugriff auf die für das Ausgangsverfahren relevanten Informationen, sondern darüber hinaus durch die Feststellung der grundsätzlichen Verwertbarkeit der Beweise im Verfahren. In Teil 5 der Ausarbeitung erfolgt die Übertragung der im Rahmen von 28 U.S.C. § 1782 (a) gewonnenen Erkenntnisse auf patentrechtliche Auseinandersetzungen in Deutschland. Dabei werden die einzelnen Voraussetzungen des Beweishilfeverfahrens unter patentrechtlichen Gesichtspunkten erörtert und auf deren strategische Bedeutung für die Durchführung eines Beweishilfeverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) untersucht. Die strategischen Erwägungen werden sodann im Sinne von Handlungsempfehlungen für potenzielle Antragsteller einerseits und Antragsgegner andererseits vorgestellt.

1

Siehe hierzu bereits die Ausführungen unter Einleitung, § 1, I.

§ 1 Auslegung der für Patentstreitigkeiten maßgeblichen Tatbestands- und Ermessensvoraussetzungen des 28 U.S.C. § 1782 (a) Bezugspunkt der Untersuchung der einzelnen Voraussetzungen der Beweishilfe gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) ist im Weiteren ein patentrechtliches (Ausgangs-)Verfahren nach Maßgabe des deutschen Rechts. Als patentrechtliches Verfahren im vorgenannten Sinn gelten Verfahren in Patentstreitsachen gemäß der §§ 143–145 PatG,1 Patentnichtigkeitsverfahren entsprechend der §§ 81 ff., 110 ff. PatG2 sowie schließlich Schiedsstreitigkeiten, deren Streitgegenstand sich thematisch mit den oben genannten Verfahrensarten deckt (die patentrechtlichen Verfahren).3 Eine ausführliche Erörterung des 28 U.S.C. 1

Hierunter fallen sämtliche Klagen, mithilfe derer entweder ein Anspruch auf eine Erfindung bzw. aus einer Erfindung geltend gemacht wird, sowie diejenigen Klagen, die auf sonstige Weise mit einer Erfindung derart eng verknüpft sind, dass im Verfahrensverlauf voraussichtlich technischer Sachverstand erforderlich wird, vgl. dazu Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 878 ff., eine ausführliche Auflistung relevanter Verfahren findet sich bei Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 287 f.; vgl. zum insoweit wichtigsten Fall, der Patentverletzungsklage Busse/Kaess, PatG, Vor § 143, Rn. 2; umfasst sind ferner die Verfahren betreffend der Arbeitnehmererfindersachen, für die gemäß § 39 Abs. 1 ArbEG die Vorschriften über das Verfahren in Patentstreitsachen anzuwenden sind, vgl. Busse/Keukenschrijver, ArbEG, § 39, Rn. 3 ff., 10. 2 Unberücksichtigt bleiben vorliegend die Zwangslizenzverfahren gem. §§ 81 ff., 110 ff. PatG, vgl. hierzu Busse/Keukenschrijver, a.a.O., Vor § 81, Rn. 19 ff.; siehe zum Nichtigkeitsverfahren Busse/Keukenschrijver, PatG, Vor § 81, Rn. 2 ff.; vgl. ferner grundsätzlich zum Dualismus von Patentverletzungs- und Nichtigkeitsverfahren Mes/PatG, § 81, Rn. 6 f.; ferner ergänzend zum Charakter des Nichtigkeitsverfahrens als teilweises Verwaltungsverfahren Benkard/Rogge, PatG, Vor § 81, Rn. 2 f.; hierzu auch Busse/Keukenschrijver, PatG, Vor § 81, Rn. 3. 3 Auf eine Berücksichtigung der Verfahren vor Patenterteilung wurde vorliegend verzichtet (zu den Hintergründen siehe sogleich unter Teil 5, § 1, I., 1., a.); dies betrifft u.a. das Einspruchsverfahren gemäß § 59 PatG vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), das gerichtliche Einspruchsverfahren vor dem Bundespatentgericht (BPatG) gemäß § 61 Abs. 2 PatG, die Einspruchsbeschwerdeentscheidung nach § 100 Abs. 1 PatG sowie das Beschwerdeverfahren gemäß der §§ 73 ff. PatG; vgl. im Übrigen zur geringen praktischen Relevanz des Verfahrens nach § 61 Abs. 2 PatG Busse/Engels, PatG, § 61, Rn. 8, 14; siehe allerdings zur Bedeutung des Beschwedeverfahrens gem. § 73 ff. PatG Busse/Engels, PatG, Vor § 73, Rn. 118.

§ 1 Auslegung der für Patentstreitigkeiten maßgeblichen Voraussetzungen

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§ 1782 (a) erfolgt jeweils für diejenigen Tatbestandsvoraussetzungen, deren Ausgestaltung im Rahmen eines patentrechtlichen Verfahrens von dem zuvor dargestellten allgemeinen Verständnis abweicht.

I. Die zwingenden Tatbestandsmerkmale im patentrechtlichen Zusammenhang Die Untersuchung der zwingenden Tatbestandsmerkmale orientiert sich hinsichtlich der Abfolge sowie der jeweiligen Prüfungskriterien an der bereits in Teil 3 vorgenommenen Darstellung. 1. Antragsbefugnis Die Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Zuge eines patentrechtlichen Verfahrens kann für eine Vielzahl der (Verfahrens-)Beteiligten von Interesse sein. Um die möglichen Konstellationen umfassend abzudecken, empfiehlt sich wiederum eine Unterteilung in solche Verfahren, die nach Antrag eines ausländischen oder internationalen Spruchkörpers (»pursuant to a letter rogatory issued or request made, by a foreign or international tribunal«) eingeleitet werden, sowie jene Verfahren, die auf den Antrag einer interessierten Person (»or upon the application of any interested person«) folgen. a. Antrag durch gerichtlichen Spruchkörper Ein gerichtlicher Spruchkörper kann das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) grundsätzlich entweder im Rahmen eines Rechtshilfeantrags nach dem HBÜ oder im Wege des beweisrechtlichen Direktzugriffs einleiten. Es wurde allerdings bereits erläutert,4 dass die von gerichtlichen Spruchkörpern initiierten Beweisermittlungsanträge nach 28 U.S.C. § 1782 (a) angesichts der für diese geltenden Subsidiarität des beweisrechtlichen Direktzugriffs einerseits sowie aufgrund des in deutschen zivilrechtlichen Verfahren anzuwendenden Beibringungsgrundsatzes andererseits ausschließlich über den formellen Rechtshilfeweg des HBÜ erfolgen.5 Dieser Weg steht über § 128 PatG grundsätzlich auch im Patentrecht offen.6

4

Vgl. zu den Hintergründen unter Teil 4, § 1, II., 3. Ein eigenständiger durch das Gericht initiierter Beweishilfeantrag begründet dementsprechend einen Verstoß gegen die Dispositionsmaxime; bei Einleitung eines Rechtshilfeersuchens bedarf es folglich eines zugrunde liegenden Beweisantrags durch eine der Parteien, vgl. unter Teil 4, § 1, I., 1. 6 Auch im Bereich des PatG ist die internationale Rechtshilfe nach dem HBÜ möglich, vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, § 128, Rn. 6. 5

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Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

Erforderlich ist darüber hinaus aber auch im patentrechtlichen Zusammenhang das Vorliegen eines Spruchkörpers, der den Anforderungen des 28 U.S.C. § 1782 (a) entspricht. Der betreffende patentrechtliche Spruchkörper muss eine unparteiische gerichtliche Funktion ausüben, die zu einer gegenüber den Parteien rechtsverbindlichen Klärung rechtlicher und/oder tatsächlicher Fragen führt.7 Eine weitere Einschränkung hinsichtlich der Auswahl tauglicher Spruchkörper ergibt sich dadurch, dass der Antrag auf Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ohnehin nur für diejenigen Spruchkörper in Betracht kommt, die selbst tatrichterliche Aufgaben wahrnehmen. Andernfalls kann eine Berücksichtigung der zusätzlich erlangten Beweise – jedenfalls nach deutschem Verfahrensrecht – nicht vorgenommen werden. Folglich sind allein diejenigen Spruchkörper relevant, die sich erstinstanzlich mit dem Verfahren befassen sowie – allerdings in eingeschränktem Umfang8 – die Berufungsinstanzen.9 Entsprechend des für die Untersuchung maßgeblichen Verständnisses eines patenrechtlichen Verfahrens kommen als zur Antragstellung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) berechtigte Spruchkörper das für Beschwerde- und Nichtigkeitsverfahren10 verantwortliche Bundespatentgericht (BPatG),11 die für Verletzungsverfahren in erster Instanz zuständigen Landgerichte,12 die in Berufungsverfahren zuständigen Oberlandesgerichte,13 der – im Rahmen der Patentnichtigkeitsverfahren ebenfalls als Berufungsinstanz zuständige14 – BGH sowie die 7

Siehe hierzu die umfassenden Nachweise unter Teil 3, § 2, II., 1. Vgl. zu der mittlerweile eingeschränkten Möglichkeit, überhaupt neuen Vortrag in der Berufungsinstanz in das Verfahren einzubringen PG-ZPO/Oberheim, 7. Auflage, § 530, Rn. 5; hierzu ferner Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, § 530, Rn. 4. 9 Siehe hierzu ergänzend unter Teil 5, § 1, I., 5., a.; hinsichtlich der Bestimmung der Antragsbefugnis gerichtlicher Spruchkörper und der Bestimmung der Verwendungsabsicht kommt es vorliegend zu gewissen Schnittmengen, da der Antrag durch einen deutschen patentrechtlich relevanten Spruchkörper stets auch voraussetzt, dass dieser Spruchkörper eine Verwendung der Beweiserkenntnisse auch tatsächlich vornehmen kann. 10 So explizit Bradford/Sona/Kirchhofer, MittdtPatA 2015, 217. 11 Das BPatG wurde als selbstständiges und unabhängiges Bundesgericht gemäß Art. 96 Abs. 1 GG i.V.m. § 65 Abs. 1 S. 1 PatG errichtet, vgl. Lorenz, JURA 2010, S. 48; vgl. hierzu auch Busse/Schuster, PatG, § 65, Rn. 3 ff. 12 Siehe zur ausschließelichen Zuständigkeit der Landgerichte Busse/Kaess, PatG, § 143, Rn. 77 ff.; vgl. ferner Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 877; vgl. weiterführend zur sogenannten Konzentrationszuständigkeit bzw. Konzentrationsermächtigung Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 291. 13 Vgl. zur Zuständigkeit des allgemein übergeordneten Oberlandesgerichte auch bei Vorliegen einer Zuständigkeitskonzentration nach § 143 Abs. 2 PatG statt vieler PGGVG/Haberland, 6. Auflage, § 119, Rn. 7. 14 Auch entsprechend der reformierten §§ 110 ff. PatG nimmt der für Patentsachen zuständige X. Zivilsenat des BGH in Patentnichtigkeitsverfahren als Berufungsgericht tatrichterliche Aufgaben wahr, vgl. hierzu ausführlich Bacher, GRUR 2013, 902 ff. 8

§ 1 Auslegung der für Patentstreitigkeiten maßgeblichen Voraussetzungen

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sich für mögliche Schiedsverfahren15 konstituierenden Schiedsgerichte in Betracht.16 Sämtliche der vorgenannten Spruchkörper üben gemäß Art. 92 Hs. 2 GG i.V.m. Art. 30 GG, Art. 95 Abs. 1 GG und Art. 96 Abs. 1 GG17 typischerweise eine gerichtliche Funktion aus und tragen damit zur rechtsverbindlichen Klärung der zwischen den Parteien bestehenden Streitfragen bei.18 Mangels Ausübung einer Rechtsprechungsfunktion kann das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) hingegen nicht als antragsbefugter Spruchkörper im Sinne des 28 U.S.C. § 1782 (a) angesehen werden.19 Das DPMA fungiert als obere Bundesbehörde (besonderer Art20), die statt richterlicher Tätigkeit öffentliche Gewalt ausübt. Die Einleitung eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist dem DPMA daher nicht möglich.21 Demgegenüber sprechen einige Argumente dafür, die Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (EPA) – trotz des 15

Zu berücksichtigen sind dabei nicht nur Schiedsstreitigkeiten, die auf privatrechtlich geschlossenen Schiedsvereinbarungen basieren, sondern etwa auch die Schiedsstellenverfahren, die i.R.d. Arbeitnehmererfindergesetzes gem. §§ 28 ff. ArbEG zur Erreichung einer gütlichen Einigung vorgeschaltet sind, vgl. hierzu Busse/Keukenschrijver, ArbEG, Vor § 28, Rn. 1 ff. 16 Obwohl nicht vom Untersuchungsumfang bzw. der Definition des patentrechtlichen Verfahrens gedeckt, kommen nach hiesiger Einschätzung auch die noch einzurichtenden Lokal- bzw- Regionalkammern des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) als Spruchkörper i.S.d. 28 U.S.C. § 1782 (a) in Betracht, vgl. zum Einheitlichen Patentstreitregelungssystem bzw. zum Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht die Informationen auf der Homepage des Europäischen Patentamts http://www.epo.org/law-practice/unitary/patent-court_de .html (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); vgl. etwa zur Möglichkeit der Einleitung eines Rechtshilfeersuchens durch das Einheitliche Patentgericht die Rule 202 der Preliminary Rules of Procedure (RoP), über die ein Zugriff auf 28 U.S.C. § 1782 (a) denkbar ist, abrufbar unter: https://www.unified-patent-court.org/sites/default/files/UPC-Rules-of-Proce dure.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016); eine Einführung der Beweise in ein Verfahren des EPG käme andernfalls auch als Urkundsbeweis gem. Art. 53 Abs. 1 (c) des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht in Betracht; siehe weiterführend zu den Auskunftsansprüchen und zum Geheimnisschutz im System des EPG Hauck, GRUR Int. 2013, 713 ff. 17 Vgl. zur grundsätzlichen Ausübung der Rechtsprechungsgewalt durch die Länder Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Auflage, Art. 92, Rn. 97 f. m.w.N.; siehe zum Aufbau der Gerichte des Bundes und der Länder ders., a.a.O., Vorb. v. Art. 92, Rn. 75 ff.; vgl. schließlich zur Funktion der obersten Gerichtshöfe des Bundes sowie zu den Bundesgerichten Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage, Art. 96, Rn. 1. 18 Vgl. gesondert zur Rechtsstellung des BPatG als Bestandteil der ordentlichen Gerichtsbarkeit i.S.d. Art. 95 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 96 Abs. 1 GG Lorenz, JURA 2010, 48; siehe auch Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage, Art. 95, Rn. 1 ff. sowie Art. 96, Rn. 1 ff. 19 Vgl. Mes/PatG, § 26, Rn. 4 mit Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 25. Februar 2003, 2 BvR 281/00, in: GRUR 2003, 723; eine Rechtsprechungsfunktion ebenfalls verneinend Lorenz, JURA 2010, 46; so auch Benkard/Schäfers, PatG, vor § 26, Rn. 9. 20 Benkard/Schäfers, PatG, vor § 26, Rn. 9. 21 Mangels Spruchkörpereigenschaft des DPMA handelt es sich auch bei den am DPMA geführten Verfahren (vgl. etwa das Einspruchsverfahren gemäß §§ 59, 61 PatG) nicht um

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nahe liegenden Vergleichs mit der Beschwerdeabteilung des DPMA – als Gericht und nicht als bloßen verwaltungsinternen Instanzenzug einzuordnen.22 Die Notwendigkeit der Vornahme der ausländischen Beweisermittlung wird, einem entsprechenden Beweisantrag der Parteien folgend, gemeinsam mit dem jeweils involvierten Spruchkörper erörtert. Das Gericht entscheidet hiernach über die Zweckmäßigkeit des Vorgehens und leitet das Rechtshilfeersuchen nach dem HBÜ ein.23 b. Antrag durch interessierte Person Als interessierte Person sind zunächst all diejenigen Personen anzusehen, die als Partei eines patentrechtlichen Verfahrens24 in Betracht kommen. Dementsprechend gilt als interessierte Person jede Partei (sowie die jeweils involvierte gegnerische Partei25), die Ansprüche in einer Patentstreitsache entsprechend §§ 143–145 PatG durchsetzen will,26 sowie jene Personen, die ein Patent oder

Verfahren i.S.d. 28 U.S.C. § 1782 (a), für die eine Beweishilfe beantragt werden könnte; eine Verwendung der Erkenntnisse aus dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist vor dem DPMA hingegen möglich, vgl. Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 264 f. 22 Das Vorliegen einer Rechtsprechungsfunktion der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (EPA) ist allerdings umstritten, zwar gewähren die Beschwerdekammern Individualrechtsschutz auch in mehrseitigen Verfahren, dennoch erfolgt teilweise eine Einordnung der Beschwerdekammern als verwaltungsinterner Instanzenzug, vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, Anh § 65, Rn. 1 f. m.w.N.; siehe zur Rechtsprechungsfunktion des EPA auch die Entscheidung der Großen Beschwerdekammers des EPA zur Frage der Befangenheit des Vorsitzenden der Großen Beschwerdekammer bei gleichzeitiger Funktion als Vizepräsident des EPA, EPA (Große Beschwerdekammer), Entsch. v. 25. April 2014 – R 0019/12, GRUR-Int. 2014, 668 ff.; a.A. Bradford/Sona/Kirchhofer, MittdtPatA 2015, 217. 23 Steht bereits im Vorfeld fest, dass der ausländische Staat dem Rechtshilfeersuchen nicht entsprechen wird, kommt die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht in Betracht; vgl. Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2397 f. 24 Vgl. zur grundsätzlich bestehenden Antragsbefugnis der Parteien des Ausgangsverfahrens unter Teil 3, § 2, II., 2. 25 Siehe zur Möglichkeit der Geltendmachung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sowohl für den Patentrechtsinhaber als auch für den vermeintlichen Patentverletzer Fellas, European Intellectual Property Review 2000, 550 mit Verweis auf die Entscheidungen des US Court of Appeals for the Third Circuit, Entscheidung v. 9. June 1998 – In Re: Application of Bayer AG v. Betachem, Inc., 146 F. 3d, S. 188 ff. (Geltendmachung durch Patentrechtsinhaber) sowie des US Court of Appeals for the Third Circuit, Entscheidung v. 5. Februar 1985 – John Deere Ltd. and Deere Company v. Sperry Corp., 754 F. 2d, S. 132 ff., 1985 U.S. App. LEXIS 28033 (Geltendmachung durch vermeintlichen Patentverletzer). 26 Vgl. zur Aktivlegitimation i.R.e. patentrechtlichen Klageverfahrens Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 949 ff.; hierzu auch Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 195 ff.; siehe ferner zu den möglichen Klageansprüchen erneut Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 1089 ff.

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Schutzzertifikat gemäß §§ 81 ff., 110 ff. PatG für nichtig erklären lassen wollen.27 Darüber hinaus sind interessierte Personen solche, die über gewisse Mitwirkungsrechte28 und/oder wirtschaftliche Interessen im Hinblick auf das patentrechtliche Ausgangsverfahren verfügen.29 (1.) Verfahren in Patentstreitsachen gemäß der §§ 143–145 PatG (a.) Als Antragsteller in Betracht kommende Personen Als Antragsteller der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kommt zunächst der materielle Inhaber des Schutzrechts als Kläger einer Patentstreitsache gemäß §§ 143–145 PatG in Betracht, der allerdings auch in formeller Hinsicht legitimiert sein muss.30 Darüber hinaus kann der ausschließliche Lizenznehmer, unter engen Voraussetzungen auch der einfache Lizenznehmer sowie der durch Abtretung von Ansprüchen wegen Patentverletzung ermächtigte Zessionar zur Geltendmachung von Ansprüchen berechtigt sein.31 Der materielle Patentrechtsinhaber ist grundsätzlich aktivlegimiert.32 Die hiervon zu unterscheidende formelle Prozessführungsbefugnis richtet sich hingegen nach der Patentrolle und hat für den Verletzungsprozess eine Legitimationswirkung (§ 30 Abs. 3 Satz 2 PatG).33 Wurde das Patent übertragen, ist je nach Art der geltend gemachten Ansprüche entweder auf die formelle Prozessführungsbefugnis und damit auf den Registerstand oder auf die tatsächliche materielle Inhaberschaft abzustellen.34 Bei Inhabermehrheit kann jeder Mitin27

Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 981. Vgtl. erneut zur Bedeutung des Bestehens sogenannter significant participation rights (Mitwirkungsrechte) unter Teil 3, § 2, II., 2. 29 Auf eine separate Darstellung der (interessierten) Parteien von Schiedsgerichtsverfahren wird vorliegend verzichtet, da die dort Beteiligten mit den i.R.d. Verfahren in Patentstreitsachen gemäß der §§ 143–145 PatG bzw. den Beteiligten in Nichtigkeitsverfahren entsprechend der §§ 81 ff., 110 ff. PatG letztlich identisch sind. 30 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 950; vgl. zur Antragsbefugnis des Patentrechtsinhabers gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 226. 31 Siehe zur Regelung der Aktiv- und Passivlegitimation im Patentverletzungsverfahren umfassend Busse/Keukenschrijver, PatG, § 139, Rn. 18 ff., 27 ff. 32 Vgl. statt vieler Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 195. 33 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 950, 952 ff., vgl. umfassend zu den möglichen Konstellationen der Aktivlegitimation des Patentrechtsinhabers Verhauwen, GRUR 2011, 120. 34 So kommt es etwa für die Durchsetzung der in die Zukunft gerichteten Unterlassungs-, Auskunfts-, Rückruf-, und Vernichtungsansprüche allein auf die formelle Prozessführungsbefugnis an, da für die Klageberechtigung allein der formelle Rollenstand maßgeblich ist, vgl. Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 198; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 953; werden hingegen (rückwärts gerich28

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haber aus dem Patent auf Unterlassung klagen (§ 1011 BGB analog35). Hinsichtlich der Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung sind die Mitinhaber hingegen Gesamtgläubiger, so dass eine Anspruchsdurchsetzung insoweit nur zugunsten aller Mitinhaber vorgenommen werden kann.36 Ausschließliche Lizenznehmer37 sind – ebenso wie Pfandgläubiger und Nießbraucher38 – aus originärem Recht klagebefugt.39 Nach Darlegung der Aktivlegitimation durch Nachweis einer wirksamen40 Lizenzeinräumung kann der ausschließliche Lizenznehmer beispielsweise eigene Schadensersatzansprüche geltend machen. Wurde lediglich eine einfache Lizenz erteilt, sind Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche sowie Annexansprüche nur aus abgetretenem Recht durchsetzbar.41 Hinsichtlich etwaiger Unterlassungs- und Vernichtungsansprüche, die nicht isoliert abtretbar sind,42 bedarf es entsprechend der Grundsätze der gewillkürten Prozessstandschaft einer Prozessführungsermächtigung sowie eines eigenen Interesses des Prozessstandschafters an der Durchsetzung des jeweiligen Anspruchs.43 Für sämtliche der vorgenannten Personengruppen ist die Einleitung eines Beweishilfeverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) damit denkbar.

tete) Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche geltend gemacht, muss der Registerinhaber zugleich auch seine materielle Berechtigung nachweisen, siehe hierzu Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 198; a.A. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 954, der andernfalls aufwändige Aufklärungen der materiellen Rechtslage befürchtet. 35 Vgl. zur entsprechenden Anwendung des § 1011 BGB Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 206; hierzu ferner Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 976. 36 Vgl. Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 206; bilden die Patentrechtsinhaber darüber hinaus eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts i.S.d. § 705 BGB können die Rechte nur gesamthänderisch, d.h. im gemeinschaftlichen Zusammenwirken, durchgesetzt werden, vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 976. 37 Mit umfasst sind auch die Konstellationen der Vergabe einer sogenannten Alleinlizenz, bei der sich der Patentrechtsinhaber das Recht einer Eigennutzung vorbehält, vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 983. 38 Statt vieler Busse/Keukenschrijver, PatG, § 139, Rn. 21 m.w.N.; Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage, § 35, VI., a) m.w.N. 39 Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 207. 40 Siehe zum Erfordernis der Wirksamkeit der Lizenzeinräumung Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 985. 41 Vgl. Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage, § 36, II.; ferner Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 210. 42 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 989. 43 Siehe zu den einzelnen Voraussetzungen ausführlich Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 210 m.w.N.; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 989 f.

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Sofern eine Beweisbeschaffung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Einzelfall auf Beklagtenseite als notwendig erachtet wird,44 kommt derjenige als Antragsteller in Betracht, der das Klagepatent in eigener Person45 benutzt oder die Benutzungshandlung durch Dritte vorgenommen hat46 sowie die Person bzw. Personenmehrheit, die als Teilnehmer47 eine fremde Patentverletzung ermöglicht oder fördert. Antragsbefugt nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sind damit Alleintäter, Mittäter, Gehilfen und Anstifter einer Patentverletzung.48 Hiervon zu unterscheiden ist die für den Unterlassungsanspruch geltende Störerhaftung, die den Beklagtenkreis über den allgemeinen deliktsrechtlichen Verletzerbegriff hinaus erweitert und eine Passivlegitimation gemäß § 1004 BGB analog statuiert.49 Haftungssubjekt der Störerhaftung und damit zugleich antragsbefugt im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist folglich auch derjenige, der in willentlicher und adäquat kausaler Weise zur Verletzungshandlung beigetragen hat, ohne dabei den für die Täter- oder Teilnehmerhaftung entwickelten Bestimmungen zu unterliegen.50

44 Grundsätzlich wird die Erforderlichkeit einer weitergehenden Beweisbeschaffung v.a. auf Klägerseite bestehen, etwa hinsichtlich der Substantiierung des Verletzungstatbestandes bzw. hinsichtlich des – im Falle des Bestreitens – erforderlichen Beweisantritts, vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 351 f. 45 Der Täterbegriff umfasst den Mittäter, den mittelbaren Täter sowie im Fahrlässigkeitsbereich den Einheitstäter, vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, § 139, Rn. 28. 46 Eine Haftung für das Verschulden Dritter kommt insbesondere im Bereich juristischer Personen (Organhaftung, vgl. §§ 31, 89 BGB) sowie von Personengesellschaften (Gesellschafterhaftung, vgl. § 31 BGB analog) in Betracht, vgl. Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 221; vgl. ergänzend zur Einstandspflicht des haftenden Organs gegenüber der Gesellschaft gemäß den Grundsätzen der Störerhaftung ders., a.a.O., Kap. 9, Rn. 222; siehe schließlich zur Haftung von Angestellten, Arbeitern und arbeitnehmerähnlichen Mitarbeitern gemäß § 831 BGB Busse/Keukenschrijver, PatG, § 139, Rn. 30. 47 Der deliktsrechtliche Täter- und Teilnehmerbegriff wird aus den § 830 BGB sowie aus §§ 25 ff. StGB entwickelt, Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 212 m.w.N.; siehe ergänzend Busse/Keukenschrijver, PatG, § 139, Rn. 27 ff. m.w.N.; vgl. zur Problematik der Nebentäterschaft Busse/Keukenschrijver, PatG, § 139, Rn. 118. 48 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 1011 m.w.N. aus der Rspr. 49 Grundsätzlich kann auch derjenige Verletzer sein, der die Verwirklichung durch einen Dritten lediglich unterstützt, obwohl er sich mit zumutbarem Aufwand die Kenntnis verschaffen kann, dass die von ihm geförderte Handlung eine Schutzrechtsverletzung darstellt, vgl. BGH, Urt. v. 17. September 2009 – Xa ZR 2/08, BGH GRUR 2009, 1142 ff. – MP3Player-Import. 50 Vgl. zum gesamten Absatz Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 218 f.

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(b.) Relevante Konstellationen auf Antragstellerseite bei Verfahren in Patentstreitsachen Im Rahmen eines patentrechtlichen Verletzungsverfahrens wird die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) – in Anbetracht des zulasten des Klägers bestehenden Informationsdefizits – vor allem auf Klägerseite Anwendung finden. Eine Verfahrenseinleitung durch den formellen bzw. materiellen Patentrechtsinhaber, einfachen oder ausschließlichen Lizenznehmer oder durch andere nach Abtretung berechtigte Personen ist insoweit wahrscheinlich.51 Auf Seite des Beklagten kommt grundsätzlich jeder Verletzer und Störer als potenzieller Antragsteller der Beweishilfe in Betracht. Inwieweit die Einleitung der Beweishilfe allerdings auch auf Beklagtenseite tatsächlich erforderlich sein kann, entzieht sich einer pauschalen Wertung und hängt vom Einzelfall ab. Zumeist dürfte die Einleitung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zu Verteidigungszwecken dann in Betracht kommen, wenn die zur Stützung der Verletzungsklage erforderlichen Informationen vornehmlich im tatsächlichen Bereich angesiedelt sind.52 Es muss folglich eine Konstellation vorliegen, die eine nicht lediglich auf rechtliche Erwägungen gestützte Abwehrstrategie erfordert. Ein Vorgehen über 28 U.S.C. § 1782 (a) ist für den vermeintlichen Verletzer daher zwar grundsätzlich denkbar, wird aber seltener in Erwägung gezogen werden als dies klägerseits zu erwarten ist.

51 Vgl. zur Einleitung der Beweisermittlung durch den Patentrechtsinhaber u.a. die Entscheidung des US District Court for the Northern District of California, Entscheidung v. 17 Oktober 2012, In Re: Application of Motorola Mobility, LLC, Case No.: C 12-80243 EJD (PSG); siehe ferner US District Court for the Southern District of California, Entscheidung v. 4. November 2013, In Re: Siemens AG v. Western Digital Corp., 2013 WL 5947973; siehe auch die Entscheidung des US District Court for the Western District of New York, Entscheidung v. 7. September 2011, Lufthansa Technik AG v. Astronics Corp., 11-CV628 A, 2011 WL 3957509, der eine deutsche Patentstreitigkeit zugrunde lag. 52 Siehe hierzu etwa die Entscheidung des US District Court for the Southern District of California, Entscheidung v. 17. Januar 2012, In Re: Application of Apple Inc., et al., Case No. 12cv0147-LAB (POR), i.R.d. die Antragstellerin (und eigentliche Beklagte), die Apple Inc., Informationen bzgl. des Bestehens verschiedener Lizenzvereinbarungen begehrte; vgl. ferner die Entscheidung des US District Court for the Southern District of California, Entscheidung v. 21. Mai 2012, In Re: Application of LG Electronics Deutschland GmbH and LG Electronics Japan, Inc., 2012 U.S. Dist. LEXIS 70570, Case No. 12cv1197-LAB (MDD), i.R.d. LG Electronics als Beklagte die Vorlage verschiedener Vertragsdokumente beantragte, um sich in einem bereits anhängigen, von der Mitsubishi Electronic Corp. initiierten Patentstreitverfahren verteidigen zu können; vgl. schließlich US Court of Appeals for the Third Circuit, Entscheidung v. 5. Februar 1985 – John Deere Ltd. and Deere Company v. Sperry Corp., 754 F. 2d, S. 132 f., 1985 U.S. App. LEXIS 28033; in dem vorstehenden Verfahren beantragte die John Deere Ltd. als vermeintlicher Patentverletzer die Einvernahme zweier in den USA wohnhafter Miterfinder, um den Vorwurf der Patentverletzung zu entkräften.

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(2.) Nichtigkeitsverfahren entsprechend der §§ 81 ff., 110 ff. PatG Beklagter eines Nichtigkeitsverfahrens53 ist der in das Patentregister eingetragene Patentrechtsinhaber.54 Auf der Gegenseite agiert der die Nichtigerklärung des Patents oder Schutzzertifikats begehrende Kläger.55 Aufgrund der Ausgestaltung als Popularklage56 kann Kläger jedermann sein.57 In der Vielzahl der Fälle handelt es sich bei dem Kläger aber um den Beklagten einer parallel eingeleiteten Verletzungsklage;58 das Nichtigkeitsverfahren wird in dieser Konstellation als Bestandteil der Verteidigungsstrategie genutzt.59 Inwieweit die vorgenannten Beteiligten des Nichtigkeitsverfahrens tatsächlich auf die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zurückgreifen werden, ist nur schwer einzuschätzen.60 Dies gilt zunächst aufgrund des im Nichtigkeitsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 87 PatG, der dem BPatG eine Sachverhaltserforschung von Amts wegen aufgibt.61 Bei der Ermittlung des Sachverhalts kann das BPatG unter anderem auf die Inanspruchnahme der gerichtlichen Rechtshilfe gemäß § 128 PatG zurückgreifen, so dass in Ausnahmefällen bereits keine Notwendigkeit für eine parteiseitige Beweisermittlung besteht.62 Abgesehen davon sind diejenigen Informationen, die die Nichtigkeit des Patents untermauern (§§ 21 Abs. 1, 22 PatG) – weil etwa 53 Die Beurteilung der Kläger- bzw. Beklagteneigenschaft richtet sich ausschließlich nach den §§ 81 ff. PatG, da das Berufungsverfahren nach §§ 110 ff. PatG stets von den identischen Parteien bzw. denselben Nebenintervenienten (vgl. insoweit § 66 Abs. 2 ZPO; Nebenintervention) betrieben wird, vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, § 110, Rn. 3. 54 Im Rahmen des Verfahrens nach §§ 81 ff. PatG kommt es ausschließlich auf den im Register als Patentrechtsinhaber Eingetragenen an, unbeachtlich ist hingegen der materiell berechtigte Patentrechtsinhaber, vgl. Benkard/Rogge, PatG, § 81, Rn. 6. 55 Busse/Keukenschrijver, PatG, § 81, Rn. 47. 56 Siehe allerdings zur weitestgehenden Bedeutungslosigkeit der Nichtigkeitsklage als Popularklage Busse/Keukenschrijver, PatG, § 81, Rn. 49. 57 Benkard/Rogge, PatG, § 81, Rn. 3 m.w.N. 58 Vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, § 81, Rn. 49; siehe zur Aktivlegitimation (auch) des Lizenznehmers Busse/ders., PatG, § 81, Rn. 50. 59 Vgl. allerdings zur Untauglichkeit der Nichtigkeitsklage, wenn das Patentverletzungsverfahren bereits zuvor eingeleitet wurde Busse/Keukenschrijver, PatG, § 140, Rn. 7 ff. 60 Vgl. aber die Entscheidung des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 25. Mai 2001, In Re: Application of Ishihara Chemical Co., Ltd. v. Shipley Company LLC, 251 F. 3d, S. 120 ff., die im Zuge eines japanischen Nichtigkeitsverfahrens erging und auf einen Antrag des Nichtigkeitsklägers zurück geht. 61 Vgl. Benkard/Schäfers, PatG, § 87, Rn. 1 ff. m.w.N.; ebenso Busse/Keukenschrijver, PatG, § 87, Rn. 2 ff. 62 Die Einleitung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auf dem Wege der gerichtlichen Rechtshilfe setzt im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens aufgrund der Geltung des § 87 PatG einen konkretisierten Beweisantrag der beweissuchenden Partei nicht per se voraus, so dass die Partei, anders als bei Geltung des Beibringungsgrundsatzes, nicht zunächst über hinreichend konkrete Informationen verfügen muss, um einen Antrag auf Rechtshilfe durch das Gericht überhaupt einleiten zu können; vgl. hierzu oben unter Teil 4, § 1, I., 1.

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im technischen Bereich belegen – häufig ohnehin frei verfüg- und recherchierbar. Dies kann unter anderem im Hinblick auf den Nachweis einer fehlenden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG),63 aber auch hinsichtlich des Fehlens einer ausführbaren Offenbarung der Erfindung (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG)64 der Fall sein. Das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bringt in diesen Situationen zumeist keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Darüber hinaus werden sich bei dem beklagten Patentrechtsinhaber – vorausgesetzt dieser hat das Patent nicht vorsätzlich rechtsmissbräuchlich angemeldet65 – schwerlich Informationen finden, die auf das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes schließen lassen.66 Vielmehr dürfte davon auszugehen sein, dass der Patentrechtsinhaber bei Vorliegen derartiger (interner) Informationen auf eine Anmeldung zum Patent schlicht verzichtet. Im Einzelfall wird ein Vorgehen über 28 U.S.C. § 1782 (a) daher wohl nur dann in Betracht zu ziehen sein, wenn Anhaltspunkte gegeben sind, die auf das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes hindeuten, ein solcher jedoch ohne unternehmensinterne Dokumente nicht nachgewiesen werden kann. Eine solche Konstellation liegt z.B. vor, wenn eine unternehmensinterne Vorveröffentlichung gegenüber einem unbestimmten Personenkreis – etwa in einer Mitarbeiterzeitschrift67 – stattgefunden hat. In derartigen Konstellationen kann 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens hilfreiche Anhaltspunkte liefern. Der Patentrechtsinhaber wird seinerseits nur selten die Einleitung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens in Erwägung ziehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der dem Patentrechtsinhaber gegenüberstehende Nichtigkeitskläger über Informationen verfügt, die den Nichtigkeitsvorwurf entkräften und daher im Nichtigkeitsverfahren von Belang sein könnten, ist verhältnismäßig gering.

63 Vgl. hierzu z.B. die Bedeutung des Stands der Technik (SdT) für die Beurteilung der Neuheit einer Erfindung, siehe statt vieler Busse/Keukenschrijver, PatG, § 3, Rn. 84 ff. 64 Siehe zur Bedeutung der Patentansprüche, der Beschreibung und der Zeichnungen hinsichtlich der Feststellung eines Offenbarungsmangels, vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, § 21, Rn. 33 ff. 65 Siehe etwa zur Annahme eines Missbrauchs bei Anmeldung von Ansprüchen, die ohne schutzwürdiges Interesse den gleichen Gegenstand mehrfach unter Schutz stellen, vgl. Benkard/Bacher/Melullis, PatG, § 1, Rn. 74k. 66 Siehe allerdings die bereits zitierte Entscheidung des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 25. Mai 2001, In Re: Application of Ishihara Chemical Co., Ltd. v. Shipley Company LLC, 251 F. 3d, S. 120 ff., der ein Beweisermittlungsverlangen des Nichtigkeitsklägers zugrunde lag. 67 Vgl. zum genannten Beispiel der internen Hauszeitung Busse/Keukenschrijver, PatG, § 3, Rn. 21.

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(3.) Sonstige (interessierte) Personen in patentrechtlichen Auseinandersetzungen Grundsätzlich kann das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auch für all diejenigen Personen relevant werden, die ohne direkte Beteiligung über umfangreiche Mitwirkungsrechte verfügen und insoweit ein anerkennenswertes Interesse geltend machen können. Dabei handelt es sich um Privat- und Nebenkläger sowie Nebenintervenienten.68 Im Patentrecht stellt sich die Frage einer Privatklage- bzw. Nebenklagefähigkeit lediglich hinsichtlich der in § 142 PatG genannten ergänzenden Strafbestimmungen.69 Bekannt geworden sind nur wenige Fälle, die etwa die Mitwirkung eines Patentanwalts auf Seiten des Privatbeklagten betreffen.70 Das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) dürfte in Anbetracht des erheblichen Kosten- und Zeitaufwands in diesen Konstellationen (wenn überhaupt) nur in sehr eingeschränktem Umfang eine Rolle spielen. Darüber hinaus kommt aufgrund des im Rahmen strafrechtlicher Verfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes71 in diesen Fällen auch ein Tätigwerden des Gerichts72 selbst in Betracht. Der Beitritt eines Dritten zum Patentverletzungsprozess sowie die Aufforderung hierzu richtet sich nach §§ 66 ff. ZPO und erfordert die Einreichung eines entsprechenden Schriftsatzes samt Beitrittserklärung (§§ 70 f. ZPO) bzw. die Streitverkündung gegenüber dem Dritten (§ 72 ZPO) sowie die Darlegung des Interesses des Nebenintervenienten (§ 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO).73 Als

68 Siehe Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 262; die grundsätzlich ebenfalls in Frage kommenden Beizuladenden spielen in patentrechtlichen Auseinandersetzungen keine Rolle, da eine die Beiladung gestattende Rechtsgrundlage im Patentrecht nicht vorhanden ist; eine Beiladung kann lediglich im Verwaltungsgerichtsverfahren (vgl. den Wortlaut des § 65 Abs. 1 VwGO: »[…] andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, [sind] bei[zu]laden.«), im Sozialgerichtsverfahren (vgl. § 75 SGG) und im Finanzgerichtsverfahren (§ 60 FGO) erfolgen. 69 Vgl. zur Privatklage- bzw. Nebenklagefähigkeit i.R.d. § 142 PatG Busse/Keukenschrijver, PatG, § 142, Rn. 43: Der § 142 Abs. 1 PatG ist Privatklagedelikt (§ 374 Abs. Nr. 8 StPO); sowohl § 142 Abs. 1 PatG als auch § 142 Abs. 2 PatG ist nebenklagefähig (§ 395 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StPO). 70 Busse/Keukenschrijver, PatG, § 142, Rn. 43 mit Verweis auf AG Itzehoe, Beschl. v. 27. Juni 1986, 20 Bs 11/83, MittdtPatA 1986, 174. 71 Siehe zur Geltung der allgemeinen Regeln des Strafverfahrens in Patentverletzungssachen und zum Charakter als normales Strafverfahren Gravenreuth, GRUR 1983, 355; siehe zur grundsätzlichen Geltung des Untersuchungsgrundsatzes Krehl, in: Karlsruher Kommentar-StPO, § 244, Rn. 27 ff. 72 Vgl. hierzu bereits oben im Rahmen der Darstellung der Antragstellung durch einen Spruchkörper unter Teil 5, § 1, I., 1., a. 73 Wird der Beitritt des Nebenintervenienten zugelassen, hat der Streitverkündete das im Verletzungsprozess ergangene Urteil als richtig gegen sich gelten zu lassen; vgl. zu den einzelnen Zulassungskonstellationen Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage,

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Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

sinnvoll kann sich eine Nebenintervention insbesondere in den Fällen eines sich anschließenden Gewährleistungsprozesses erweisen.74 Das seitens des Beitretenden verlangte rechtliche Interesse liegt bereits dann vor, wenn die Entscheidung des Hauptprozesses mittelbar oder unmittelbar auf die rechtliche Situation des Beitretenden einwirkt;75 ein bloßes wirtschaftliches Interesse genügt hierfür in der Regel aber nicht.76 In der Rechtsprechung sind diejenigen Fallgruppen anerkannt, in denen das Urteil des Hauptprozesses Rechtskraft gegenüber dem Beitretenden entfaltet sowie Fälle der Prozessstandschaft und der Präjudizialität.77 Für die Darlegung des rechtlichen Interesses des Nebenintervenienten bestehen folglich höhere Hürden als dies für den Nachweis des Interesses im Rahmen des 28 U.S.C. § 1782 (a) der Fall ist,78 so dass ein Nebenintervenient nach erfolgtem Beitritt auch tauglicher Antragsteller gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) ist.79 Je nachdem auf welcher Seite der Nebenintervenient dem (Verletzungs-)Verfahren beitritt, greifen auch für ihn die bereits zuvor dargestellten Erwägungen. Erfolgt also ein Beitritt auf Klägerseite, kann eine Antragstellung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ein grundsätzlich hilfreiches (zusätzliches) Instrument der Beweisermittlung sein, insbesondere wenn der Kläger selbst die Beweishilfe nicht in Erwägung zieht. Kommt es hingegen zu einem Beitritt auf Beklagtenseite ist die Verfahrenskonstellation kritisch dahingehend zu überprüfen, welche Art von Informationen zur Erarbeitung einer Abwehrstrategie (noch) erforderlich sind und ob vor diesem Hintergrund eine weitergehende Beweisermittlung notwendig ist.80

Rn. 2279 ff.; siehe statt vieler zur Wirkung der Nebenintervention PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 68, Rn. 1 ff. 74 Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 2278. 75 PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 66, Rn. 5 ff. 76 Vgl. PG-ZPO/Lindner, 7. Auflage, § 66, Rn. 6; so im Hinblick auf das Patentrecht auch Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 2283. 77 Umfassend hierzu Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 2283 ff. 78 Vgl. zu den Anforderungen an die Darlegung des rechtlichen Interesses i.R.d. Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) unter Teil 3, § 2, II., 2. 79 Soweit ersichtlich wurde die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bisher lediglich in einem (nicht patentrechtlichen) Verfahren durch einen Nebenintervenienten beantragt, wobei dieser mittels 28 U.S.C. § 1782 (a) einzig die Modifikation einer gerichtlichen Schutzanordnung erwirken wollte, vgl. die Entscheidung des US District Court for the District of Delaware, Entscheidung v. 7. November 2008, In Re: Intel Corp. Microprocessor Antitrust Litigation, 2008 WL 4861544, Case No. 05-441-JJF, 05-485-JJF. 80 Hinsichtlich der Situation des Beitritts zum Nichtigkeitsverfahren sind ebenfalls die bereits zuvor erläuterten Erwägungen zu übernehmen, d.h. im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens wird der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) selten eine übergeordnete Rolle zukommen; vgl. grundsätzlich zur Zulassung der Nebenintervention im Nichtigkeitsbverfahren Busse/Keukenschrijver, PatG, § 81, Rn. 125 ff.

§ 1 Auslegung der für Patentstreitigkeiten maßgeblichen Voraussetzungen

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c. Zwischenergebnis: Antragsbefugnis nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im patentrechtlichen Zusammenhang Wie bereits im Rahmen der allgemeinen Ausführungen zu 28 U.S.C. § 1782 (a) festgestellt, ist der Kreis potenzieller Antragsteller für den Bereich des Patentrechts kaum eingrenzbar. Zwar wird eine Antragstellung durch die beteiligten Spruchkörper auch im patentrechtlichen Kontext eher die Ausnahme darstellen und allenfalls im Wege der Rechtshilfe gemäß des HBÜ erfolgen. Eine direkte Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) durch eine interessierte Person des patentrechtlichen Verfahrens ist hingegen in vielfacher Ausgestaltung denkbar. Bei den für ein Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in Frage kommenden (interessierten) Personen wird es sich ganz überwiegend um die direkt beteiligten Parteien eines patentrechtlichen Verfahrens handeln. Dies gilt sowohl für den Bereich der Patentstreitsachen als auch für etwaige Nichtigkeitsverfahren. Insbesondere für den Kläger eines Patentverletzungsverfahrens kann die Einleitung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) eine lohnenswerte Überlegung darstellen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Kläger um den Patentrechtsinhaber selbst, einen Lizenznehmer oder auf sonstige Weise Berechtigten handelt. Der Beklagte muss je nach Verfahrenssituation abwägen, ob ihm die Beweishilfe zu zusätzlichen, meist tatsächlichen oder anderweitig nicht verfügbaren Erkenntnissen verhelfen kann, die eine Abwehr des Verletzungsvorwurfs ermöglichen. Gleiches gilt für den Bereich des Nichtigkeitsverfahrens. Vor allem im Hinblick auf aus dem Stand der Technik entnommene Nichtigkeitsargumente sowie hinsichtlich sonstiger frei verfügbarer Nichtigkeitserwägungen wird das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) dem Kläger kaum einen Mehrwert bieten. Der Patentrechtsinhaber als Beklagter befindet sich in einer vergleichbaren Lage, da 28 U.S.C. § 1782 (a) für ihn ebenfalls kaum einen Erkenntnisgewinn verspricht. Als sonstige (interessierte) Personen kommen vor allem etwaige Nebenintervenienten in Betracht. Für diese ist 28 U.S.C. § 1782 (a) jedoch nur dann vorteilhaft, wenn sie – abhängig davon, ob ein Patentstreitverfahren oder ein Nichtigkeitsverfahren vorliegt – auf Kläger- oder auf Beklagtenseite beitreten. Hat der auf Seiten des Streithelfers agierende Kläger oder Beklagte seinerseits das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) initiiert und wurden die Beweise daher auf diesem Weg in das Verfahren eingeführt, ist die Einleitung der Beweishilfe durch den Nebenintervenienten nicht erforderlich. 2. Antragsgegner Maßgeblich für die Bestimmung des Antragsgegners ist selbstverständlich auch im patentrechtlichen Kontext der im Wortlaut des 28 U.S.C. § 1782 (a)

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verwandte Begriff person.81 Als potenzielle Antragsgegner kommen natürliche und juristische Personen in Betracht, die über solche für das patentrechtliche Verfahren relevante Informationen verfügen könnten. Zur Person des Antragsgegners ergeben sich daher für patentrechtliche Verfahren keine Besonderheiten gegenüber der üblichen Auslegung des Antragsgegnerbegriffs.82 Häufig wird es sich bei dem Antragsgegner des Beweishilfeverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a), das in Zusammenhang mit einem patentrechtlichen Verfahren steht, um die jeweils andere Partei des Ausgangsverfahrens handeln, da bei dieser erwartungsgemäß verfahrenswesentliche Informationen vorliegen. Darüber hinaus kommen aber grundsätzlich auch Dritte in Betracht,83 die nicht zugleich Partei des anhängigen Verfahrens sind, jedoch ebenfalls unter die Zuständigkeitsregelungen des 28 U.S.C. § 1782 (a) fallen und gleichermaßen über erhebliche Kenntnisse verfügen. 3. Zuständigkeitsregelungen Die allgemeinen Regelungen der sachlichen Zuständigkeit des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gelten für patentrechtliche Verfahren unverändert fort.84 Das gilt ebenso für die örtliche und interlokale Zuständigkeit.85 Die weitreichenden Befugnisse des amerikanischen Zuständigkeitsrechts finden uneingeschränkt Anwendung. Ausgehend von einer vorrangigen Anwendung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gegenüber einem das Patent unrechtmäßigerweise verwertenden US-basierten Unternehmen, kommt es regelmäßig zu einer Zuständigkeitsbegründung über das Merkmal der Residence. Entscheidend ist folglich der Ort des Unternehmenssitzes des jeweiligen Patentverletzers. Handelt es 81

Vgl. erneut den Wortlaut des 1 U.S.C. § 1: »[...] the words person and whoever include corporations, companies, associations, firms, partnerships, societies, and joint stock companies, as well as individuals […].« 82 Siehe hierzu die Ausführungen unter Teil 3, § 2, III. 83 Vgl. zur Einleitung der Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) gegenüber einem Dritten (hier als non-litigant bezeichnet) das Verfahren vor dem US Court of Appeals for the Third Circuit, Entscheidung v. 28. Juli 2010, Heraeus Kulzer GmbH v. Esschem, Inc., 390 Fed. Appx., S. 88 ff., 2010 U.S. App. LEXIS 15789 (zugleich GRUR Int. 2011, 358 ff.); vgl. hierzu auch die bereits oben zitierten Entscheidungen des US District Court for the Southern District of California, Entscheidung v. 17. Januar 2012, In Re: Application of Apple Inc., et al., Case No. 12cv0147-LAB (POR) sowie des US District Court for the Southern District of California, Entscheidung v. 21. Mai 2012, In Re: Application of LG Electronics Deutschland GmbH and LG Electronics Japan, Inc., 2012 U.S. Dist. LEXIS 70570, Case No. 12cv1197-LAB (MDD); siehe ferner US District Court for the Northern District of California, Entscheidung v. 8 November 2013, In Re: Application of Nokia Corp., 2013 U.S. Dist. LEXIS 160733, Case No. 5:13-mc-80217-EJD-PSG. 84 Vgl. hierzu unter Teil 3, § 2, IV., 1. 85 Siehe zu den allgemeinen Erläuterungen unter Teil 3, § 2, IV., 2.

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sich hingegen um ein nicht US-basiertes Unternehmen, kommen im Rahmen patentrechtlicher Verfahren maßgeblich zwei Wege der Zuständigkeitsbegründung in Betracht. Zum einen anhand des Kriteriums des doing business, d.h. durch die Vornahme einer fortwährenden und systematischen Geschäftstätigkeit in den USA,86 sowie zum anderen durch Zustellung an den in den USA vorübergehend anwesenden Unternehmensvertreter (Tag-Jurisdiction).87 Auf diese Weise kann das betroffene Unternehmen, selbst wenn es nicht über einen (Haupt-)Firmensitz (Principal Place of Business), d.h. eine Residence in den USA, verfügt, aber dennoch ausreichende Minimum Contacts88 zu dem fraglichen Forum bestehen, jederzeit zum Objekt der Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) werden.89 Für global agierende Wirtschaftsunternehmen, die in ein patentrechtliches Verfahren involviert sind, sind Möglichkeiten einer Umgehung der Zuständigkeitsbestimmungen des 28 U.S.C. § 1782 (a) damit kaum vorhanden. Der in der Literatur teilweise vorgeschlagene Verzicht auf US-Auslandsreisen führender Unternehmensvertreter zur Vermeidung einer mittels Tag-Jurisdiction vor-

86 Hierunter fallen je nach Gestaltung der entsprechenden Website und der über diese betriebenen wirtschaftlichen Tätigkeit auch die von den Unternehmen unterhaltenen Internetauftritte, so dass eine Bejahung der Zuständigkeit auch bei bloßen Onlinesachverhalten möglich ist, vgl. hierzu unter Teil 3, § 2, IV., 2., a. 87 Wobei auch insoweit zusätzliche Minimum Contacts der Gesellschaft zum Forumstaat, etwa in Form einer fortwährenden und systematischen Geschäftstätigkeit, erforderlich sind, vgl. hierzu Hay, US-Amerikanisches Recht, 5. Auflage, Rz. 133; ebenso Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 57, S. 62. 88 Vgl. zum Erfordernis des Vorliegens ausreichender Minimum Contacts unter Teil 3, § 2, IV., 2., c., (2.). 89 Soweit ersichtlich wurden vor US-Gerichten bisher keine Beweisermittlungsanträge nach 28 U.S.C. § 1782 (a) verhandelt, jedenfalls aber keine Entscheidungen veröffentlicht, die in Zusammenhang mit einer im Ausland anhängigen Patentstreitigkeit stehen und im Rahmen derer eine Zuständigkeitsbegründung unter Zuhilfenahme der Tag-Jurisdiction bzw. mittels des doing business-Kriteriums vorgenommen wurde; außerhalb des patentrechtlichen Kontext finden sich hingegen verschiedene Entscheidungen, die eine Zuständigkeitsbegründung unter Zuhilfenahme der genannten Kriterien vornehmen, vgl. etwa zum Kriterium des doing business die Entscheidung US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 14. Juli 1998 – First American Corp. v. Price Waterhouse LLP, 154 F. 3d, S. 16 ff., Case No. 98-7500(L), 98-7529(XAP); siehe zum Erfordernis einer systematic business activity ferner US District Court for the Southern Division of Florida, Entscheidung v. 19. Januar 2011, In Re: Application of Inversiones Gasolinera Petroleos Valenzuela, et al., No. 08-20378-MC-UNGARO/SIMONTON, 2011 US Dist. LEXIS 5201; siehe schließlich zur Anwednung der Regeln der Tag-Jurisdiction die Entscheidung des US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 7. November 2005, Estate of Yaron Ungar, et al. v. The Palestinian Authority, et al., 400 F. Supp. 2d, S. 543 f., Case No. 18MS0302(CM).

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genommenen Zustellung des Beweishilfeantrags ist ebenfalls keine zielführende Alternative.90 Wird das betreffende, vermeintlich patentverletzende Produkt etwa in den USA vertrieben oder verfügt das Unternehmen über einen Sitz in den USA, wird dies zur Begründung eines Antrags nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in der Regel bereits genügen. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass ein Antrag nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im patentrechtlichen Zusammenhang mangels Zuständigkeit der amerikanischen Gerichte zu scheitern droht. 4. Antragsgegenstand Erfolgt der Beweishilfeantrag im Zuge der Vorbereitung oder während eines patentrechtlichen Verfahrens, lässt sich mittels des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) die Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen (Production of Documents and other Things), die Teilnahme der Beweisperson an einer mündlichen Befragung (Depositions) oder die Abgabe einer uneidlichen Aussage (Statement) erreichen.91 Die für auslandsbelegene Urkunden und Gegenstände sowie für ausländische Beweispersonen und deren Zeugnisverweigerungsrechte92 geltenden Einschränkungen93 beanspruchen auch für patentrechtliche Verfahren Geltung.94 Bei Durchsicht der im Rahmen patentrechtlicher Verfahren ergangenen Entscheidungen der US-Gerichte lässt sich kein Katalog gängiger Discovery-Maßnahmen ausmachen. Je nach zugrunde liegendem Sachverhalt kommt es in der Regel zu einer Kombination der eingangs genannten Discovery-Instrumente. Das Hauptaugenmerk der Antragsteller in patentrechtlichen Verfahren liegt auf der Anordnung der Vorlage von Unterlagen in analoger und digitaler Form, wie z.B. Bedienungsanleitungen, Konstruktionszeichnungen, Installationspläne oder Messdiagramme.95 Die vorzulegenden Unterlagen lassen bestenfalls

90

Vgl. hierzu u.a. Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 92. Siehe hierzu oben unter Teil 3, § 1, II., 1. 92 Verfügt ein deutscher Patentanwalt über solche für das Beweishilfeverfahren relevante Informationen, sind diese nicht über das Attorney-Client Privilege geschützt, da der deutsche Patentanwalt bereits nicht unter den Anwaltsbegriff des Attorney-Client Privilege fällt, vgl. Henry, GRUR Int. 1983, 85; siehe allerdings zu der (begrenzten) Anwendbarkeit des Attorney-Client Privilege bei Beteiligung eines amerikanischen Patentanwalts am Verfahren wiederum Henry, GRUR Int. 1983, 85. 93 Vgl. hierzu unter Teil 3, § 2, V., 1. (ausländische Beweismittel) sowie unter Teil 3, § 2, V., 1., b. (Beweispersonen mit ausländischem Aufenthaltsort), siehe außerdem zur Berücksichtigung ausländischer Zeugnisverweigerungsrechte unter Teil 3, § 2, V., 2. 94 Siehe die allgemeinen Ausführungen unter Teil 3, § 1, II., 2. sowie unter Teil 3, § 2, V. 95 Vgl. etwa zur Anordnung der Vorlage eines Source Code die Entscheidung des US District Court for the Northern District of California, Entscheidung v. 8 November 2013, In Re: Application of Nokia Corp., 2013 U.S. Dist. LEXIS 160733, Case No. 5:13-mc-80217EJD-PSG; siehe zur Vorlage von Konstruktionsplänen und zur Offenbarung von Details des 91

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Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Verletzungsprodukts, dessen Ausgangsmaterialien oder das angewandte Herstellungsverfahren zu und sind regelmäßig unverzichtbar, um zu einer substantiierten Darlegung des Klagevorwurfs (oder der Abwehr desselben) zu gelangen.96 Darüber hinaus wird nicht selten die Vorlage von Produktmustern bzw. Prototypen, Vorrichtungen, Verfahrensabläufen sowie Verfahrenserzeugnissen, Stoffen und Zwischenprodukten verlangt, auf die ein Zugriff im Forum des Ausgangsverfahrens – aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen – nicht möglich ist.97 Die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kann ferner dazu dienen, Beweismaterial aufzuspüren, das Aufschluss darüber gibt, wie hoch der Gewinn des Verletzers ausgefallen ist,98 inwieweit sich diese Gewinne mit den eigenen Vermögenseinbußen decken oder welche im Wege der Lizenzanalogie zu berechnende Lizenzgebühr im Einzelfall angemessen wäre.99 Um weitergehende Vernichtungsansprüche (§ 140 a PatG100) durchsetzen zu können, empfiehlt es sich, den Beweishilfeantrag auch auf mögliche Abnehmer der Produkte und Zwischenhändler der Produkte zu erstrecken,101 um auf diese Weise sämtliche Herstellungsprozesses US District Court for the Western District of New York, Entscheidung v. 7. September 2011, Lufthansa Technik AG v. Astronics Corp., 11-CV-628 A, 2011 WL 3957509; vgl. zur Vorlage technischer Unterlagen, die die Funktionsweise eines Telekommunikationssystems erläutern US District Court of Delaware, Entscheidung v. 21. Februar 2013, Via Vadis Controlling GmbH v. Skype, Inc., et al., Case No. 12-mc-193-RGA. 96 Siehe hierzu Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1006 mit Verweis auf die Entscheidung des US District Court for the Northern District of California, Entscheidung v. 13 Januar 2009 – Cryolife, Inc. v. Tenaxis Med., Inc., 2009 U.S. Dist. LEXIS 3416, No. C08-051224 HRL sowie des US District Court for the Northern District of California, Entscheidung v. 5 Mai 2009 – Cryolife, Inc. v. Tenaxis Med., Inc., 2009 U.S. Dist. LEXIS 41510, No. C0805124 HRL. 97 Vgl. zur Vorlage spezifischer Produktmuster statt vieler US District Court for the Northern District of California, Entscheidung v. 23 Januar 2013, In Re: Application of Samsung Electronics Co. Ltd., Case No. 12-80275 LHK (PSG). 98 Siehe zur Anordnung der Vorlage der Verkaufszahlen in einem bestimmten Zeitraum sowie zur Angabe des in dem besagten Zeitraums erzielten Gewinns die bereits zitierte Entscheidung des US District Court for the Western District of New York, Entscheidung v. 7. September 2011, Lufthansa Technik AG v. Astronics Corp., 11-CV-628 A, 2011 WL 3957509; vgl. zur Vorlage einer Lizenzvereinbarung, die Aufschluss über zu zahlenden Schadensersatz gibt US District Court for the Northern District of Columbia, Entscheidung v. 10. April 2014, In Re: Application of IPCom GmbH & Co. KG, Case No. 5:14-mc-80037EJD-PSG, 2014 US Dist. LEXIS 50746. 99 Vgl. zu den Grundzügen der Schadensberechnung Busse/Keukenschrijver, PatG, § 139, Rn. 117 ff. 100 Siehe zu den einzelnen Voraussetzungen des Vernichtungsanspruchs überblicksartig Busse/Keukenschrijver, PatG, § 140a, Rn. 13 ff. 101 Vgl. hierzu erneut die Entscheidung des US District Court for the Western District of New York, Entscheidung v. 7. September 2011, Lufthansa Technik AG v. Astronics Corp., 11-CV-628 A, 2011 WL 3957509; siehe ferner US District Court for the Northern District

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Informationen zu erlangen, die für ein Vorgehen gegen die verschiedenen denkbaren patentrechtlichen Anspruchsgegner erforderlich sind. Handelt es sich bei dem patentrechtlichen Ausgangsverfahren um ein Nichtigkeitsverfahren erstreckt sich das Auskunftsverlangen in der Regel auch auf solche Informationen, die einen Rückschluss auf den Stand der Technik zulassen.102 Zur Aufklärung der Berechtigung an einem Patent wurde seitens der Gerichte schließlich auch die Vorlage von bestehenden Lizenzverträgen103 sowie die Durchführung einer Deposition der Patenterfinder angeordnet.104 Vor allem die Vorlage von Lizenzverträgen birgt dabei für den (zumeist) als Lizenzgeber beteiligten Patentrechtsinhaber das Risiko, geheime oder jedenfalls interne Informationen preisgeben zu müssen, die Aufschluss über die Bedingungen der Lizenzeinräumung und die zugrunde liegende Kalkulation geben.105

of Columbia, Entscheidung v. 10. April 2014, In Re: Application of IPCom GmbH & Co. KG, Case No. 5:14-mc-80037-EJD-PSG, 2014 US Dist. LEXIS 50746. 102 Vgl. nur die Entscheidung des US District Court for the Eastern District of Wisconsin, Entscheidung vom 1 September 2004, In Re: The Application of the Procter & Gamble Co. v. Kimberly-Clark Corp., et al., 334 F. Supp. 2d, S. 1116. 103 Vgl. unter anderem die Entscheidung des US District Court for the Northern District of Columbia, Entscheidung v. 10. April 2014, In Re: Application of IPCom GmbH & Co. KG, Case No. 5:14-mc-80037-EJD-PSG, 2014 US Dist. LEXIS 50746, im Zuge dessen die Vorlage von Lizenzverträgen verlangt wurde, um den eingetretenen Schaden zu berechnen; vgl. zur Feststellung der Verwertungsbefugnis anhand des Lizenzvertrags die Entscheidung des US District Court for the Southern District of California, Entscheidung v. 5. Oktober 2011, In Re: Application of Apple Inc., Apple Retail Germany GmbH, et al., Case No. 11mc-1268; siehe zum Beweisantrag hinsichtlich der Vorlage einer ungeschwärzten Kopie eines Lizenzvertrages US District Court for the Southern District of New York, Beweisantrag v. 2 Dezember 2010, Shire Deutschland GmbH v. Mount Sinai School of Medicine of New York University, Case No. 1:10-mc-00003-P1. 104 Vgl. US Court of Appeals for the Third Circuit, Entscheidung v. 5. Februar 1985 – John Deere Ltd. and Deere Company v. Sperry Corp., 754 F. 2d, S. 132 f., 1985 U.S. App. LEXIS 28033: John Deere Ltd. beantragte für ein in Kanada anhängiges Verfahren die Einvernahme zweier in den USA wohnhafter Miterfinder und erhoffte sich durch deren Aussage eine Entkräftung des Vorwurfs eines patentverletzenden Verhaltens; vgl. dazu auch Fellas, European Intellectual Property Review 2000, 549; siehe ebenfalls zur Einvernahme von Mitarbeitern eines Joint Venture Projekts, deren Kenntnisse vermeintlich zur Entwicklung eines patentverletzenden Produkts führten US District Court for the District of Maine, Entscheidung v. 22 Mai 1992, In Re: Application of ASTA Medica, S.A., et al., 794 F. Supp., S. 442 ff., Case No. 91-328-P-H; vgl. schließlich zur beantragten Einvernahme eines Miterfinders zur Klärung der Rechte an einer Erfindung US District Court for the Southern Division of Florida, Beweisantrag v. 26 September 2013, In Re: Application of IDENIX Pharmaceuticals, Case No. 1:13-mc-23485-MGC. 105 Siehe zur Offenlegung von Lizenzvereinbarungen die Entscheidung des US District Court for the Western District of Michigan, Southern Division, Entscheidung vom 13. Juni 2007, In Re: The Application of Nokia Corp., 2007 US Dist. LEXIS 42883, 2007 WL

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5. Verwendungsabsicht der erlangten Erkenntnisse Das Kriterium der Verwendungsabsicht (»for use in a proceeding in a foreign international tribunal, including criminal investigations«) ist auch im patentrechtlichen Kontext aus zwei Blickwinkeln zu betrachten. Verlangt wird erstens, dass die offen gelegten Informationen zur Verwendung im Rahmen des zugrunde liegenden oder noch zu initiierenden Ausgangsverfahrens bestimmt sind und dort überaupt verwandt werden können. Zweitens muss das betreffende patentrechtliche Ausgangsverfahren – sofern dieses noch nicht eingeleitet wurde – zumindest berechtigterweise erwartet werden dürfen.106 a. Verwendungsabsicht vor einem patentrechtlichen Spruchkörper Die Bestimmung des Charakters als patentrechtlicher Spruchkörper entsprechend der Vorgaben des Merkmals der Verwendungsabsicht gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) deckt sich mit der patentrechtlichen Beurteilung der Antragsbefugnisse deutscher Gerichte. Folglich kommt eine Verwendung nur vor denjenigen Gerichten in Betracht, die einerseits mit patentrechtlichen Sachverhalten betraut sind und andererseits tatrichterliche Aufgaben wahrnehmen. Es muss also gewährleistet sein, dass der Spruchkörper des Ausgangsverfahrens die ihm angebotenen Beweise überhaupt verwenden kann.107 Angesprochen ist damit wohlgemerkt nicht die Frage der Verwertungsmöglichkeit der Beweismittel, sondern allein die Frage des Vorliegens einer Tatsacheninstanz. Dies betrifft – in Anbetracht der Beschränkung auf die sogenannten patentrechtlichen Verfahren – sämtliche erstinstanzlichen, mit Patentsachverhalten betrauten Gerichte sowie die zugehörigen Berufungsinstanzen. Folglich kommen als taugliche Spruchkörper in Betracht: das BPatG, die erstinstanzlichen Landgerichte, in Berufungsverfahren die Oberlandesgerichte als auch der BGH sowie patentrechtliche Schiedsgerichte. Die Verwendung in Verfahren vor dem DPMA 1729664: Nokia verlangte im zugrunde liegenden Verfahren die Vorlage verschiedener Lizenzvereinbarungen, um anhand dieser die Bedingungen einer sogenannten FRAND-Lizenz bestimmen zu können; vgl. zur Gefahr der Offenbarung vertraulicher Informationen (allerdings außerhalb des lizenzrechtlichen Kontexts) auch die Entscheidung des US District Court for the Southern District of New York, Entscheidung v. 24 Mai 2005, In Re: Application of Iwasaki Elec. Co., 2005 U.S. Dist. LEXIS 10185, die den Erlass einer Protective Order hinsichtlich bestimmter Informationen betraf; siehe hierzu auch das Verfahren vor dem US Court of Appeals for the Federal Circuit, Entscheidung v. 3 März 1997, In Re: Application of Jenoptik AG, 109 F. 3d, S. 721 ff, 1997 U.S. App. LEXIS 4262, dem eine deutsche Patentstreitigkeit zugrunde lag. 106 Vgl. hierzu die umfassenden Ausführungen unter Teil 3, § 2, VI. 107 Vgl. zur Problematik der Verwendungsmöglichkeit die Entscheidung des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 25. Mai 2001, In Re: Application of Ishihara Chemical Co., Ltd. v. Shipley Company LLC, 251 F. 3d, S. 125: »To determine whether the Discovery is ›for use in‹ the current JPO proceeding, as required by § 1782, we must consider whether, under Japanese law, the JPO permits a party to introduce new evidence.«

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scheidet wiederum aus, da das DPMA – anders als das EPA – nicht als »Tribunal« gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) anzusehen ist.108 b. Verfahrensstadium des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens In der gerichtlichen Praxis kommt es selten zu einem Scheitern der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) aufgrund eines im Ausland nicht in ausreichendem Maße betriebenen Verfahrens.109 Dies hängt insbesondere mit der großzügigen Rechtsprechung des US Supreme Court in Sachen INTEL v. AMD110 zusammen, für die bereits ein auch nur vernünftigerweise zu erwartendes Verfahren die Maßgaben des for use-Kriteriums erfüllt. Hinsichtlich der hier relevanten patentrechtlichen Verfahren stellt sich allerdings die kontrovers diskutierte Frage, zu welchem Zeitpunkt bzw. auf welcher Tatsachengrundlage davon ausgegangen werden kann, dass das patentrechtliche Verfahren tatsächlich berechtigterweise zu erwarten ist. (1.) Anspruchsberühmung durch Abmahnung als Indiz Fordert der Patentrechtsinhaber oder ein sonstig Berechtigter den vermeintlichen Verletzer vorprozessual zur Unterlassung auf111 oder droht ihm im Rahmen einer Abmahnung mit gerichtlichen Maßnahmen,112 könnte sich hieraus bereits die hinreichende Erwartung eines zukünftigen patentrechtlichen Verfahrens ergeben.113 Allerdings wird man das Vorliegen einer Schutzrechtsverwarnung nicht als grundsätzliche Voraussetzung für die Einleitung des Beweishilfeverfahrens verlangen können.

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Siehe dazu unter Teil 5, § 1, I., 1., a. Zumeist erfolgen keine ausführlichen Erläuterungen des for use-Kriteriums in den gerichtlichen Entscheidungen; vgl. allerdings erneut die Entscheidung des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 25. Mai 2001, In Re: Application of Ishihara Chemical Co., Ltd. v. Shipley Company LLC, 251 F. 3d, S. 125 ff., i.R.d. das künftige patentrechtliche Nichtigkeitsverfahren nicht bereits bei Antragstellung konkret bezeichnet worden war, daher unberücksichtigt blieb und der Antrag folglich zurückgewiesen wurde. 110 US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 241 ff. 111 Vgl. zum Unterlassungsbegehren Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 734 ff.; hierzu auch Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 57 ff.; vgl. zum Unterlassungsbegehren als Abgrenzungskriterium zur sogenannten Berechtigungsanfrage Cepl, GRUR-Prax 2014, 387. 112 Siehe zum Erfordernis der Androhung gerichtlicher Maßnahmen Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 60 f. 113 Vgl. Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 982, die eine Übertragung der deutschen Rspr. zum Feststellungsinteresse einer negativen Feststellungsklage und insoweit die vorherige Anspruchsberühmung durch Abmahnung diskutieren; vgl. hierzu etwa LG Düsseldorf, Urt. 109

§ 1 Auslegung der für Patentstreitigkeiten maßgeblichen Voraussetzungen

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Der Patentrechtsinhaber wäre hierdurch über Gebühr der Gefahr einer eigenen Haftung ausgesetzt, da er das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gerade betreibt, um den Verletzungsvorwurf substantiieren zu können.114 Könnte die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) folglich erst nach Verwarnung des vermeintlichen Verletzers erfolgen und ergäbe sich aus der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zugleich, dass eine Verletzung nicht vorliegt, erfüllte dieser Sachverhalt in einer Vielzahl der Fälle die Voraussetzungen einer unberechtigten Abmahnung. Eine rechtswidrige und/oder schuldhaft betriebene unberechtigte Abmahnung hätte nicht nur negative Kostenfolgen, sondern zöge auch Unterlassungs-115 und Schadensersatzansprüche116 gegen den abmahnenden Patentrechtsinhaber nach sich.117 Das Vorliegen einer Abmahnung ist demnach zwar ein grundsätzlich geeignetes Indiz für ein berechtigterweise zu erwartendes patentrechtliches Verfahren, allerdings muss die Einleitung der Beweishilfe auch anhand anderer, weniger restriktiver Anknüpfungspunkte in Betracht kommen, um den Patentrechtsinhaber nicht stets der Gefahr einer eigenen Haftung auszusetzen. (2.) Vorliegen einer Berechtigungsanfrage oder eines Aufforderungsschreibens als Indiz Statt einer Abmahnung könnte daher als mögliches Indiz das Vorliegen einer an den Verletzer gerichteten Berechtigungsanfrage118 im Verletzungsverfahren oder der Versand eines Aufforderungsschreibens119 an den Patentrechtsinhaber zur Vorbereitung der Nichtigkeitsklage heranzuziehen sein.120 Bei einer Berechtigungsanfrage bzw. einem Aufforderungsschreiben handelt es sich – wie

v. 19. Dezember 1996, 4 O 408/95 – Neues Herstellungsverfahren, in: Düsseldorfer Entscheidungen 1997, Band 1, S. 20 ff.; siehe ferner OLG München, Urt. v. 6. März 1997, 6 U 4793/96, MittdtPatA 1998, 117 f. 114 So auch Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 982. 115 Siehe etwa zum Bestehen von Unterlassungsansprüchen wegen Eingriffs in den eingereichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bei Vorliegen einer rechtswidrigen Abmahnung Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 814; kritisch hierzu MeierBeck, GRUR 2005, 536 f.; vgl. ferner zur rechtswidrigen Verwarnung und deren Gerichtsstand Ullmann, GRUR 2001, 1030 f. 116 Liegt neben der Rechtswidirgkeit der Abmahnung zugleich auch eine schuldhaft unberechtigte Verwarnung vor, ergeben sich zusätzlich Schadensersatzansprüche, vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 835 ff. 117 Vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 810; Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 89. 118 Ein Muster einer Berechtigungsanfrage findet sich u.a. bei Manderla/Gruneberg, in: Beck’sche Online Formulare Prozess, 9.2.1.1. (Schutzrechtshinweis und Berechtigungsanfrage); siehe auch Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 865. 119 Siehe statt vieler Mes/PatG, § 81, Rn. 8 f. 120 Hierzu auch Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 982.

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bei der Abmahnung auch – um ein für die Vorbereitung des Patentverletzungsverfahrens oder der Nichtigkeitsklage121 wesentliches Instrument.122 In Abgrenzung zur Abmahnung soll mittels der Berechtigungsanfrage allerdings lediglich ein Meinungsaustausch über die Sach- und Rechtslage eingeleitet werden.123 Erforderlich ist hierzu – für den vorliegend exemplarisch gewählten Fall des Verletzungsverfahrens124 – der Hinweis auf ein bestehendes Schutzrecht sowie die Aufforderung gegenüber dem vermeintlichen Verletzer, sich zu der Nutzung des Schutzrechts zu erklären.125 Enthält die Berechtigungsanfrage nicht unzulässigerweise Elemente einer Abmahnung,126 unterbleiben im Falle ihrer Rechtswidrigkeit Sanktionsfolgen.127 Die Möglichkeit, bei einem vermeintlichen Verletzer nähere Informationen zum Verletzungstatbestand einzuholen, macht die Berechtigungsanfrage zu einem tauglichen Indiz für die Beurteilung, ob ein patentrechtliches Verfahren tatsächlich in Erwägung gezogen wird. Liegt die Anfrage beim Verletzer vor, kann der Patentrechtsinhaber das Ergebnis der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) abwarten und läuft – unabhängig vom Ausgang der Beweishilfe – nicht Gefahr, etwaigen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sein.

121 Die Obliegenheit, vor Erhebung der Nichtigkeitsklage den Patentrechtsinhaber zum Verzicht aufzufordern, gilt auch dann, wenn der Nichtigkeitsbeklagte, d.h. i.d.R. der Patentrechtsinhaber, zuvor einen Verletzungsprozess begonnen hat, vgl. Mes/PatG, § 81, Rn. 9 m.w.N. 122 Vgl. zur Abgrenzung der Berechtigungsanfrage von der Abmahnung Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 95; ferner Ullmann, GRUR 2001, 1027 f.; siehe insoweit zur Bedeutung des Empfängerhorizonts Cepl, GRUR-Prax 2014, 387 f.; anders als bei der Abmahnung kann mittels einer Berechtigungsanfrage aber nicht das Kostenrisiko eines sofortigen Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO auf den Verletzer abgewälzt werden, vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 867. 123 Vgl. zum Hintergrund der Berechtigungsanfrage als Meinungsaustausch Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 864. 124 Die Ausführungen gelten für den Fall der Nichtigkeitsklage analog, wobei das Aufforderungsschreiben logischerweise an den Patentrechtsinhaber gerichtet ist und diesen dazu anhält, sich zur Rechtslage des Patents zu erklären; vgl. erneut Mes/PatG, § 81, Rn. 8 f. 125 Siehe zu den Voraussetzungen der Berechtigungsanfrage Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 95. 126 Siehe zu den Feinheiten bzw. Fallstricken der Formulierung einer korrekten Berechtigungsanfrage Cepl, GRUR-Prax 2014, 387 f.; vgl. auch Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 95. 127 In der Regel ergeben sich daher keine Schadensersatzansprüche des Gegners, vgl. Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 9, Rn. 95; siehe allerdings zu möglichen Folgeansprüchen bei Vorliegen einer ihren Gesamtumständen nach sittenwidrigen Berechtigungsanfrage Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 866.

§ 1 Auslegung der für Patentstreitigkeiten maßgeblichen Voraussetzungen

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(3.) Vorliegen eines Grenzbeschlagnahmeantrags als Indiz Schließlich könnte eine Grenzbeschlagnahme durch die Zollbehörden oder bereits ein Grenzbeschlagnahmeantrag durch den Patentrechtsinhaber für die bevorstehende Einleitung eines patentrechtlichen Verfahrens sprechen.128 Eine Grenzbeschlagnahme setzt de lege lata zunächst ein Antragsschutzrecht,129 einen entsprechenden Beschlagnahmeantrag130 bei den zuständigen Zollbehörden,131 bestimmte – je nach zugrunde liegendem Grenzbeschlagnahmeregime erforderliche – Anhaltspunkte einer Schutzrechtsverletzung132 sowie eine Beschlagnahmesituation voraus.133 Unabhängig davon, ob das nationale oder das gemeinschaftsrechtliche Beschlagnahmeregime Anwendung findet, liegt jedenfalls als Ausgangsbasis der Verdacht einer Schutzrechtsverletzung zugrunde. Dieser Verdacht rechtfertigt den durch den Patentrechtsinhaber zur Einleitung der Grenzbeschlagnahme zu leistenden Verwaltungsaufwand,134 begründet aber zugleich die Gefahr einer Haftung des Patentrechtsinhabers wegen unberechtigter Grenzbeschlagnahme.135 Der Antrag auf Grenzbeschlag128 Eine Grenzbeschlagnahme basiert entweder auf dem – vorrangigen – gemeinschaftsrechtlichen Vorgehen nach der VO (EG) Nr. 1383/2003 v. 22. Juli 2003 i.V.m. der Durchführungsverordnung der EG-Kommission Nr. 1891/2004 v. 21. Oktober 2004 (geändert durch VO (EG) Nr. 1172/2007 v. 5. Oktober 2007) oder auf dem nationalen Beschlagnahmeverfahren nach § 142 a PatG, vgl. hierzu Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 530 ff.; siehe zum Anwendungsbereich und zum Verhältnis der beiden Regelungen zueinander Cordes, GRUR 2007, 484. 129 Vgl. zur Eignung eines Antragsschutzrechts mit Angabe bestimmter Erkennungshinweise Cordes, GRUR 2007, 484 f. 130 Siehe zur Antragsbefugnis ausführlich Kühnen, GRUR 2014, 814 f. 131 Zuständige Behörde für Anträge in Deutschland ist die Bundesfinanzdirektion Südost mit Sitz in München, siehe hierzu Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 533 m.w.N. 132 In diesem Bereich ergeben sich die größten Unterschiede zwischen dem nationalen Regime des § 142 a PatG und der gemeinschaftsrechtlichen Regeleung: Während das deutsche Recht eine offensichtliche Rechtsverletzung voraussetzt, genügt den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts bereits der Verdacht einer Schutzrechtsverletzung; vgl. zu der großzügigen Handhabung der Anforderungen nach Gemeinschaftsrecht Kühnen, GRUR 2014, 816; siehe zum Maßstab der Offensichtlichkeit Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 7. Auflage, Kap. 11, Rn. 94. 133 Vgl. zum Gesamten umfassend Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rn. 530 ff.; siehe auch Schramm/Oldekop, Der Patentverletzungsprozess, 11. Auflage, Kap. 11, Rn. 75 ff. 134 Vgl. etwa zu den Kosten eines Grenzbeschlagenahmeantrags Cordes, GRUR 2007, 485. 135 Siehe auch zu den Rechtsgrundlagen einer entsprechenden Haftung der Zollbehörden im nationalen bzw. gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsrecht sowie zu den Haftungstatbeständen im Einzelnen Kühnen, GRUR 2014, 811 ff., 823 ff.; vgl. weiterführend auch zur Haftung des antragstellenden Schutzrechtsinhabers bzw. Lizenznehmers ders., a.a.O., 921 ff.

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nahme führt alleine noch nicht zur Haftung des Antragstellers.136 Die Haftung wird erst ausgelöst, wenn tatsächlich eine Beschlagnahme stattgefunden hat.137 Wäre dementsprechend nur eine tatsächlich erfolgte Grenzbeschlagnahme geeignet, nachzuweisen, dass die Einleitung eines patentrechtlichen Verfahrens intendiert ist, würden hiermit – parallel zur Situation bei der Abmahnung – die Voraussetzungen zu hoch angesetzt. Ausreichen muss daher bereits das Vorliegen eines Grenzbeschlagnahmeantrags durch den Patentrechtsinhaber. Ist ein entsprechender Antrag bei den zuständigen Zollbehörden eingegangen, liegt hierin der Nachweis, dass seitens des Patentrechtsinhabers die Einleitung eines patentrechtlichen Verfahrens beabsichtigt ist und dieses daher im Sinne des 28 U.S.C. § 1782 (a) berechtigterweise erwartet werden kann. (4.) Zwischenergebnis: Verfahrensstadium des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens Wurde ein patentrechtliches Verfahren im Ausgangsforum bereits eingeleitet, ergeben sich keine Probleme bei der Einhaltung der Maßgaben des for useKriteriums der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a). Ist die Einleitung eines patentrechtlichen Verfahrens erst beabsichtigt, bedarf es hingegen gewisser Indizien, um die Vorzüge des 28 U.S.C. § 1782 (a) in Anspruch nehmen zu können. Als zu weitreichend sollte das Erfordernis einer gegenüber dem vermeintlichen Patentverletzer erklärten Abmahnung angesehen werden. Ebenso wäre es verfehlt, eine bereits erfolgte Grenzbeschlagnahme als Indiz zu verlangen. Die potenziell entstehenden Haftungsfolgen für den Patentrechtsinhaber sind jeweils kaum überschaubar und würden die Einleitung einer Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) faktisch unterbinden. Als taugliche Indizienlage können allerdings das Vorliegen einer Berechtigungsanfrage sowie die Stellung eines Grenzbeschlagnahmeantrags gelten. Der Antragsteller eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) macht in beiden Fällen deutlich, dass er einen

136

Allerdings ist bereits bei Anträgen auf Tätigwerden der Zollbehörden eine nach Maßgabe des einzelstaatlichen Rechts in schriftlicher Form oder auf elektronischem Weg einzureichende Erklärung des Rechtsinhabers beizufügen, mit der er die etwaige Haftung für den Fall übernimmt, dass das eingeleitete Verfahren aufgrund einer Handlung oder Unterlassung des Rechtsinhabers eingestellt oder dass festgestellt wird, dass die betreffenden Waren kein Rechte des geistigen Eigentums verletzen, vgl. Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1383/2003 (sogenannte Haftungserklärung). 137 Vgl. etwa die Voraussetzungen der verschuldensunabhängigen Haftung gemäß § 142 a Abs. 5 PatG i.R.d. nationalen Regelung sowie die ebenfalls verschuldensunabhängige vertraglich übernommene Haftungsverpflichtung nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1383/2003; a.A. insoweit Cordes, GRUR 2007, 484, der in Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1383/2003 lediglich einen Hinweis auf die gesetzliche, verschuldensunabhängige Deliktshaftung sieht.

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konkreten Verletzungsverdacht hegt,138 bereit ist, diesbezüglich Maßnahmen zu ergreifen, es aber noch weitergehender Informationen bedarf, um das patentrechtliche Verfahren tatsächlich einzuleiten.

II. Die Ermessenskriterien im patentrechtlichen Zusammenhang Im Gegensatz zu den zwingenden Tatbestandsmerkmalen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) lassen sich die Ermessensvoraussetzungen nicht in gleichem Maße patentrechtlich aufladen. Probleme ergeben sich einerseits wegen der (nachvollziehbar) starken Ausrichtung der Ermessenskriterien auf das Beweisverfahren gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) sowie andererseits aufgrund der engen Verknüpfung der Ermessensentscheidung mit der Frage der Verwertbarkeit der erlangten Beweismittel,139 die die Auslegung der Ermessensvoraussetzungen maßgeblich dominiert. So erfolgt im Rahmen des ersten INTEL-Kriteriums allein die Feststellung der Rolle des Antragsgegners im Ausgangsverfahren. Die Prüfung der ersten Voraussetzung der Ermessensentscheidung erschöpft sich also – unabhängig von einem etwaig zugrunde liegenden patentrechtlichen Sachverhalt – in der Beurteilung des Beteiligtenstatus des Antragsgegners.140 Für die weiteren Kriterien ergibt sich ein patentrechtlicher Einschlag allenfalls über den Umweg der Prüfung der Verwertbarkeit der nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erlangten Beweismittel. Verantwortlich ist hierfür der bereits angesprochene unmittelbare Zusammenhang zwischen der beweisrechtlichen Verwertungsproblematik und der Vornahme der Ermessensentscheidung. Dies betrifft auch die Untersuchung der Empfänglichkeit (Receptivity) des patentrechtlichen Spruchkörpers gegenüber der Beweishilfe als zweitem INTEL-Kriterium. Sofern der zuständige District Court eine Prüfung im konkreten Einzelfall vornimmt,141 beurteilt sich die Empfänglichkeit nach der Möglichkeit einer Verwertung der dem Spruchkörper vorgelegten Beweismittel. Im Ergebnis entscheidet die Frage der Verwertbarkeit über das Vorliegen der Ermessensvoraussetzung.142 Gleiches gilt für das dritte und vierte INTEL-Kriterium. Die Prüfung einer etwaigen Umgehung der vor dem Spruchkörper des 138

Auch Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 982, erachten den konkreten Verletzungsverdacht als maßgebliche Voraussetzung. 139 Vgl. hierzu die zusammenfassenden Ausführungen unter Teil 3, § 3, I., 2., e. 140 Siehe zur allgemeinen Auslegung des ersten INTEL-Kriteriums unter Teil 3, § 3, I., 2., a. 141 Siehe unter Teil 3, § 3, I., 2., b. zu der grundsätzlich großzügigen Handhabung des zweiten INTEL-Kriteriums durch die Rspr. 142 Unbeachtlich dürfte hingegen der Hinweise sein, dass die Annahme der Rechtshilfe nach dem HBÜ in Deutschland einerseits unter dem ordre public Vorbehalt des Art. 12 HBÜ und andererseits unter der Einschränkung des Art. 23 HBÜ steht; unabhängig davon ist das

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Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

Ausgangsverfahrens angewandten Beweisvorschriften erfordert vor allem eine Würdigung der im Ausgangsforum geltenden Beweisgrundsätze und betrifft damit unmittelbar eine mögliche Verletzung des beweisrechtlichen ordre public. Ebenso wird bei der Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der Durchführung der Beweisermittlung, d.h. bei der Prüfung des inhaltlichen Umfangs und der Intensität der Beweisbeschaffung, eine Beurteilung der Grenzen des Ausforschungsverbots sowie von verwertungsrelevanten Grundrechten143 vorgenommen. Schließlich kommt es auch bei Prüfung der durch die Entscheidung in Sachen Heraeus Kulzer v. Biomet, Inc. entwickelten zusätzlichen Missbrauchskriterien zu einer Bezugnahme zu den aus verwertungsrechtlicher Sicht relevanten Verfahrensgrundsätzen.144 Insbesondere im Rahmen der Fallgruppe eines schikanösen Vorgehens sowie für die Kategorien der Überforderung der ausländischen Gerichte und der unangemessenen Belastung für den Prozessgegner sind die Prozessrechtsgrundsätze des Ausforschungsverbots, der Prozessökonomie sowie das Gebot des effektiven Rechtsschutzes von Bedeutung. Die Ermessensentscheidung eines Beweishilfeverfahrens, das in Zusammenhang mit einem patentrechtlichen Ausgangsverfahren steht, wird damit von der Prüfung der Verwertbarkeit der durch 28 U.S.C. § 1782 (a) erlangten Beweismittel überlagert. Dadurch wird allerdings auch die Diskussion um eine patentrechtliche Ausgestaltung und eine patentrechtliche Einkleidung der Ermessensprüfung auf die Ebene der Verwertung der Beweisergebnisse (zurück-) verlagert. Dabei fällt zweierlei auf: Zum einen sind spezifisch patentrechtliche Erwägungen auf der Ebene der Prüfung des beweisrechtlichen ordre public selten und betreffen – soweit ersichtlich – allein die Frage einer möglichen Grundrechtsverletzung bei Betroffenheit eines Betriebsgeheimnisses.145 Zum anderen ist der Zusammenhang zwischen Ermessensprüfung und Beweisverwertung für einen Großteil der Verwertungsthemen lediglich theoretischer Natur, da im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Erlasses der Beweisanordnung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) eine verwertungsrechtliche Beurteilung – z.B. mangels Anhängigkeit des Ausgangsverfahrens im Ausgangsforum – häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist. Schließlich werden die für die Beurteilung eines etwaigen Verwertungsverbots relevanten Umstände der Beweisermittlung erst bei Erlass des Beweisantrages bestimmt. Der zuständige District Court kann eine umfassende Prüfung vermeintlich eingreifender Verwertungsverbote folglich nur in begrenztem Umfang und lediglich auf Basis

deutsche Recht weiterhin offen für ausländische Rechtshilfe, vgl. hierzu unter Teil 4, § 1, II., 1., a. 143 Vgl. zur Bedeutung der Grundrechte für die Prüfung von beweisrechtlichen Verwertungsverboten Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007. 144 So oben unter Teil 3, § 3, I., 3., b. 145 Vgl. unter Teil 4, § 2, III., 7.

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einer eingeschränkten Tatsachengrundlage vornehmen. Lägen also patentrechtlich zu berücksichtigende Umstände bereits auf der Ebene der Verwertungsprüfung vor, hätten diese kaum eine Auswirkung auf die Ermessensentscheidung. Im Ergebnis kann daher nicht von einer durch den patentrechtlichen Zusammenhang tatsächlich beeinflussten Ermessensausübung gesprochen werden.

III. Ergebnis: Die Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) im patentrechtlichen Kontext Die Erkenntnisse hinsichtlich der Eignung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zur Beweisbeschaffung für ausländische Verfahren, die bereits im Rahmen der allgemeinen Untersuchung gewonnen werden konnten, wurden durch die Überprüfung der Beweishilfe im Zusammenhang mit patentrechtlichen Verfahren größtenteils bestätigt und konkretisiert. Die zwingenden Tatbestandsmerkmale des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) lassen sich ohne Weiteres in einen patentrechtlichen Kontext einordnen und nach patentrechtlicher Maßgabe auslegen. Die Beweishilfe weist im patentrechtlichen Bereich aber einige Besonderheiten auf, die bei der allgemeinen Untersuchung der Tatbestandsmerkmale jedenfalls nicht in vergleichbarer Ausprägung erkennbar waren. Dies betrifft zunächst die Überprüfung der Tatbestandsmerkmale des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a). Die großzügige Ausgestaltung der Antragsbefugnis des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gilt auch im patentrechtlichen Kontext fort. Zwar ergeben sich für die Antragsbefugnis patentrechtlicher Akteure und (patent-)gerichtlicher Antragsteller einige prozessuale Einschränkungen. Allerdings folgt aus diesen Einschränkungen für die Praxis keine tatsächliche Beschränkung der Beweisermittlungsmöglichkeiten. Dies liegt insbesondere an der umfassenden Reichweite der Antragsbefugnis der Verfahrensparteien (insbesondere des Klägers) und sonstigen Dritten und der insoweit vorrangig durch die sogenannten interessierten Personen betriebenen Einleitung der Beweishilfe. Das Verständnis des Begriffs des Antragsgegners ist gegenüber der allgemeinen Darstellung in Teil 3 der Untersuchung nahezu unverändert. Zu berücksichtigen ist für patentrechtliche Verfahren einzig eine noch stärkere Fokussierung auf die jeweilige gegnerische Partei des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens als Antragsgegner der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a). Schließlich lassen sich zur Substantiierung eines Verletzungsvorwurfs hilfreiche Erkenntnisquellen in erster Linie beim vermeintlichen Verletzer auffinden. Ein weitgehender Gleichlauf zwischen patentrechtlichen Streitigkeiten und der Anwendung des 28 U.S.C. § 1782 (a) in sonstigen Verfahren ist auch innerhalb der Zuständigkeitsregelungen der Beweishilfe festzustellen. Generell

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lässt sich in beiden Ausgestaltungen des Verfahrens die Zuständigkeit sowohl anhand des Merkmals der Residence als auch über den Aufenthaltsort der Beweisperson begründen. Abhängig davon, ob die Beweisermittlung gegenüber einem US-basierten oder ausländischen Unternehmen durchgeführt wird, kommt es im patentrechtlichen Kontext vornehmlich zu einer Zuständigkeitsbegründung anhand des Unternehmenssitzes des jeweiligen Patentverletzers oder anhand des Kriteriums der Vornahme einer fortwährenden und systematischen Geschäftstätigkeit (doing business). Gegenstand des Beweisantrags gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) kann auch bei Einbettung in ein patenrechtliches Verfahren die Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen sowie die Erlangung einer eidlichen oder uneidlichen Aussage der Beweisperson sein. Im patentrechtlichen Kontext bestehen aufgrund der technischen Einkleidung der Sachverhalte naturgemäß Abweichungen von den in anderen Verfahren vorzulegenden Beweismitteln. Diese betreffen zuvorderst die Art der zur Vorlage verlangten Dokumente und Gegenstände; eine pauschale Beschreibung der Antragsgegenstände ist aufgrund der starken Einzelfallbezogenheit des konkreten Beweisverlangens aber auch für patentrechtliche Verfahren nicht möglich. Die Darstellung des for use-Kriteriums und damit der Anzeichen für das Vorliegen einer Verwendungsabsicht sind im Rahmen der allgemeinen Betrachtung des 28 U.S.C. § 1782 (a) noch vergleichsweise unscharf geblieben. Im patentrechtlichen Kontext gibt es konkrete Indizien, die einen Rückschluss auf ein berechtigterweise zu erwartendes patentrechtliches Verfahren zulassen und damit der Feststellung einer Verwendungsabsicht wie auch dem nötigen Zusammenhang zwischen Ausgangsverfahren und Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Konturen verleihen. Als taugliche Indizien haben sich das Vorliegen einer Berechtigungsanfrage sowie die Stellung eines Grenzbeschlagnahmeantrags erwiesen, die – auch bei ausbleibender Bestätigung der Patentverletzung durch das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) – jeweils eine sanktionslose Einleitung der Beweishilfe für den Antragsteller gewährleisten. Für die beweissuchende Partei ergeben sich auf Grundlage dieser Vorgaben keine unüberwindbaren Hürden auf dem Weg der Beweisermittlung. Vor allem bei der Berechtigungsanfrage handelt es sich um ein übliches Instrument zur Vorbereitung einer Patentverletzungsstreitigkeit, so dass die geforderten Voraussetzungen durch den Antragsteller in der Regel unschwer zu erfüllen sind. Bei Prüfung der Ermessenskriterien des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sind keine patentspezifischen Besonderheiten feststellbar, die eine abweichende Durchführung der Ermessensprüfung in Patentverfahren rechtfertigten. Es bleibt damit auch im patentrechtlichen Zusammenhang bei der üblichen Ermessenskontrolle. Zusätzliche Erwägungen können allenfalls über den Umweg der Verwertung der Beweismittel Berücksichtigung finden, wobei sich für den zuständigen District Court in der Praxis das Problem ergibt, dass eine

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verwertungsrechtliche Beurteilung des Sachverhalts im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Beweisanordnung regelmäßig nicht vorgenommen werden kann. Dies kann etwa darin begründet sein, dass es bereits an der Anhängigkeit des Ausgangsverfahrens im Ausgangsforum mangelt und damit auch an hinreichenden Anhaltspunkten zur Prüfung der verwertungsrechtlichen Situation. Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auch bei Anwendung im Zusammenhang mit einem patentrechtlichen Ausgangsverfahren dazu geeignet ist, den Zugriff des beweissuchenden Antragstellers auf die für ihn wichtigen Beweismittel zu vereinfachen oder erst zu ermöglichen. Ausgehend von dieser Feststellung wird im Weiteren geprüft, welche konkreten strategischen Erwägungen es aus Sicht des Antragstellers und aus Sicht des Antragsgegners zu berücksichtigen gilt, um einerseits die dargestellten Möglichkeiten des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) umfassend nutzen zu können bzw. sich andererseits gegen die Beweisermittlung adäquat zu verteidigen.

§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung Die im Folgenden dargestellten strategischen Überlegungen richten sich sowohl an potenzielle Antragsteller als auch Antragsgegner. Gewisse Erwägungen sind dabei für beide Parteien gleichermaßen relevant. Hierzu zählt zuvorderst der mit der Beweishilfe einhergehende immense Zeit- und Kostenaufwand, den sich sowohl zukünftige Antragsteller als auch deren Gegner vorab vergegenwärtigen sollten. Für beide Parteien fallen insbesondere die Anwaltsgebühren erheblich ins Gewicht,1 was durch die aufwendige und langwierige Prüfung der vorgelegten Unterlagen einschließlich der vorherigen Auswahl und Aufbereitung der (elektronischen2) Informationen begründet ist.3 Hinzu kommen häufig weitere Kosten für die Übersetzung der Unterlagen4 sowie – allerdings allein für den Antragsteller – die Kosten für die im Rahmen der Depositions notwendigerweise anwesenden Protokollanten.5 Auf Seiten des Antragsgegners sind auch diejenigen zeitlichen und kostenmäßigen Aufwendungen zu berücksichtigen, die durch die unternehmensinterne Ressourcenbindung zur Aufbereitung und Bereitstellung der Beweismittel entstehen.6 Je nach Umfang der vorzulegenden 1

Vgl. zu der für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) i.d.R. nicht bestehenden Möglichkeit der kostenmäßigen Entlastung des Antragstellers bzw. des Klägers durch Vereinbarung eines Erfolgshonorars Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 37, S. 86 f.; hierzu auch Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 21; siehe zu der grundsätzlich möglichen – jedoch wenig ratsamen – Alternative eines Verzichts auf eine anwaltliche Vertretung erneut Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 86 f.; vgl. grundsätzlich zur Kostenbelastung durch anfallende Anwaltsgebühren i.R. US-amerikanischer Gerichtsverfahren Reitz, ZZP 1991, S. 390 f. 2 Vgl. zur Kostenverteilung bei Durchführung einer Electronic Discovery ausführlich Thole/Gnauck, RIW 2012, 422. 3 Siehe zum Kostenfaktor der Anwaltsgebühren Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 37; vgl. hierzu ferner Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1006; siehe grundsätzlich zur Kostenlast i.R.e. amerikanischen Gerichtsverfahrens Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 18 ff. 4 Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1006. 5 Vgl. hierzu die Rule 30 (b) (3) (a) FRCP. 6 Siehe erneut Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 37; vgl. weiterführend zu den entstehenden (konkreten) Kosten für die Sichtung eines Gigabytes an Daten i.R.e. Electronic

§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung

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Unterlagen ist eine große Anzahl an Mitarbeitern allein für die Zusammenstellung der Dokumente bereit zu halten, was eine erhebliche Bindung von Kapazitäten mit sich bringt. Damit einher geht regelmäßig eine Störung des Betriebsablaufs des betroffenen Unternehmenes,7 die nicht nur den zur Vorlage verpflichteten Antragsgegner, sondern – etwa im Falle einer ersuchten Reciprocal Discovery8 – auch den Antragsteller betreffen kann.9 Anders als im deutschen Kostenrecht sieht die sogenannte American Rule of Costs10 keine Kostenerstattung durch die unterlegene Partei vor.11 Dem Grunde nach trägt jede Partei – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens – die jeweils verursachten Kosten selbst.12 Dies gilt auch für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a).13 Folglich handelt es sich bei der Entscheidung für oder gegen die Einleitung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) um eine Kosten-Nutzen-Abwägung, die neben den Erfolgsaussichten in der Sache maßgeblich davon abhängt, ob der Kostenaufwand des Verfahrens überhaupt wirtschaftlich gerechtfertigt werden kann.14 Die Parteien der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sollten in Anbetracht des dargestellten Zeit- und Kostenaufwands nach Möglichkeit bereits im Vorfeld – der Antragsgegner jedenfalls nach Zustellung der Beweisanordnung – abschätzen, ob die zu erwartenden Beeinträchtigungen und Kosten im Verhältnis zu der eingeklagten Summe stehen und eine derart aufwendige Beweisermittlung vor diesem Hintergrund überhaupt erforderlich ist. Tatsächlich wird das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) maßgeblich bei wirtschaftlich

Discovery, die bei einem angenommenen Stundensatz von US$ 200 bei etwa US$ 30.000 liegen, vgl. Thole/Gnauck, RIW 2012, 422. 7 Vgl. zur Beeinträchtigung der Betriebsabläufe Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1006. 8 Vgl. zur Reciprocal Discovery zuvor unter Teil 3, § 3, I., 2., d.; vgl. hierzu auch sogleich unter Teil 5, § 2, I., 4. 9 Kritisch hierzu allerdings Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 456. 10 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 37; siehe allerdings zur Kostenverteilung bei Durchführung einer Electronic Discovery bei Thole/Gnauck, RIW 2012, 422. 11 Inwieweit eine Kostenerstattung für das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) basierend auf dem deliktischen Schadensersatzanspruch des § 826 BGB über ein deutsches Gerichtsverfahren erreicht werden kann ist unklar; letzte wird die Möglichkeit einer Erstattung allerdings als eher kritisch zu bewerten sein; vgl. hierzu Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1006. 12 Siehe zum Grundsatz der eigenständigen Kostentragung Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 22; vgl. zu den Ausnahmen der Regel ebenfalls Schack, a.a.O., Rn. 23. 13 Das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) endet im Übrigen ohnehin nicht mit einer endgültigen Sachentscheidung, die mit einer Kostenentscheidung verbunden werden könnte; vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 87. 14 Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1006; siehe allerdings zu der möglichen Erstattungsfähigkeit der Kosten des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) i.R.d. deutschen Hauptprozesses Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 101 ff.

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bedeutenden und/oder in der Öffentlichkeit beachteten Verfahren zur Anwendung gelangen, in denen nicht allein ein wirtschaftliches Interesse an einer Sachentscheidung besteht; in anderen Konstellationen dürfte der Aufwand hingegen nur selten gerechtfertigt sein.15 Abgesehen von diesen allgemeinen Erwägungen, ist zwischen spezifischen Anforderungen aus Sicht des Antragstellers einerseits und Erwägungen aus Sicht des Antragsgegners andererseits zu unterscheiden.

I. Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragstellers Vor Einleitung einer Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) sind seitens potenzieller Antragsteller verschiedene strategische Überlegungen anzustellen. Diese betreffen zum einen die – unter Berücksichtigung der Reichweite der Beweisermittlung – korrekte Auswahl des Antragsgegners, den passenden Zeitpunkt einer Antragstellung sowie den Inhalt und Umfang des Beweisermittlungsantrags. Darüber hinaus sollte sich ein Antragsteller auch die mit der Antragstellung einhergehenden Risiken vergegenwärtigen. 1. Auswahl des Antragsgegners Teilweise wird vertreten, dass es aus Sicht des Antragstellers empfehlenswert sei, die Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) statt gegen eine Partei des ausländischen Ausgangsverfahrens, ausschließlich gegen außenstehende Dritte zu betreiben.16 Andernfalls bestehe die Gefahr einer ablehnenden Ermessensentscheidung, da der zuständige District Court im Rahmen des ersten INTEL-Kriteriums insbesondere berücksichtige, ob das Gericht des Ausgangsverfahrens eine entsprechende Anordnung gegenüber der Verfahrenspartei grundsätzlich auch selbst erlassen könnte.17 Aus strategischer Sicht trifft die geschilderte Empfehlung nur bedingt zu. Zunächst knüpft das erste INTEL-Kriterium nicht pauschal an die Stellung des Antragsgegners im Ausgangsverfahren an. Geprüft wird vielmehr, ob das jeweilige ausländische Gericht grundsätzlich auch selbst auf die Beweise zugreifen könnte. Relevant ist 15

Trotz der nicht unerheblichen Kostenfolgen, die mit der Durchführung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) verbunden sind, ist ein Missbrauch des Beweishilfeverfahrens, etwa zur finanziellen Schwächung eines Konkurrenten, nur bedingt vorstellbar, da das Verfahren entweder durch Bereitstellung der Beweise vorzeitig beendet werden kann bzw. der Antragsgegner jedenfalls nicht die – häufig immensen – Kosten der Durchsicht der erlangten Unterlagen zu tragen hat; vgl. umfassend zur Möglichkeit der Kostenerstattung für die im Ausland durchgeführte Beweisermittlung Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 101 ff., S. 104 ff. 16 Vgl. Myers/Valen/Weinreich, RIW 2009, 199. 17 Kritisch hierzu Jungermann, WuW 2014, 16.

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daher vor allem, ob das Gericht die entsprechende Verfügungsmacht hinsichtlich der maßgeblichen Beweise innehat.18 Der Stellung des Antragsgegners als Verfahrenspartei kommt in diesem Zusammenhang allenfalls indizieller Charakter zu. Darüber hinaus verzichten die US-Gerichte zunehmend auf das Erfordernis eines im Vorfeld des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erfolgten Versuchs des Antragstellers, eine Beweisermittlung im Ausgangsforum durchzuführen.19 Der Antragsteller ist folglich bei der Auswahl möglicher Antragsgegner weitgehend frei und sollte die (personelle) Entscheidung davon abhängig machen, welchen Personen gegenüber sich eine Zuständigkeit überhaupt begründen lässt20 und welche dieser in Frage kommenden Personen am ehesten über hilfreiche Beweismittel verfügt. Richtet sich das Beweisersuchen gegen die gegnerische Partei des Ausgangsverfahrens, muss zumindest kursorisch überprüft werden, ob ein Zugriff auf die gewünschten Beweismittel nicht vielleicht doch mittels der im deutschen Recht verfügbaren Instrumente vorprozessualer Beweisermittlung möglich ist (was im Wege einer üblichen Prozessvorbereitung allerdings ohnehin geschieht). Kommt eine Beweisbeschaffung bereits auf diesem Wege in Betracht, bietet ein Vorgehen nach 28 U.S.C. § 1782 (a) keinen darüber hinausgehenden Mehrwert.21

18

Vgl. Jungermann, WuW 2014, 16. Jungermann, WuW 2014, 16 mit Verweis auf US District Court for the Eastern District of Wisconsin, Entscheidung v. 1 September 2004, In Re: Application of the Procter & Gamble Co. v. Kimberly-Clark Corp., et al., 334 F. Supp. 2d, S. 1112 ff. 20 Verfügt der bevorzugte Antragsgegner nicht über einen Unternehmenssitz in den USA, kann es erforderlich sein, den Beweisermittlungsantrag mittels Tag-Jurisdiction beispielsweise während einer Auslandsreise eines Unternehmensvertreters zuzustellen und auf diese Weise die Zuständigkeit zu begründen, vgl. Kirtley, 14 Int. Arbitration Law Review (2011), 61; lässt sich die Zuständigkeit hingegen an einem beliebigen Ort begründen, empfiehlt es sich, einen derjenigen Gerichtsbezirke zu wählen, die in der Vergangenheit durch eine liberale Gewährung der Beweishilfe aufgefallen sind; dies sind: US District Court for the Northern District of Georgia, US District Court of Minnesota, US District Court for the District of Massachusetts, US District Court for the District of Delaware, US District Court for the District of Connecticut und der US District Court for the Southern District of Florida; vgl. erneut Kirtley, 14 Int. Arbitration Law Review (2011), 61; siehe hierzu auch Riback, Taking Discovery in the United States, in: Business Law Today (May 2014), 4, abrufbar unter: http://www.americanbar.org/content/dam/aba/publications/blt/2014/05/discovery-arb itration-abroad-201405.authcheckdam.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 21 Die geschilderte Situation dürfte sich – wie erwähnt – nur selten ergeben, da die Einleitung einer aufwendigen Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kaum in Erwägung gezogen wird, wenn ein einfacherer und kostengünstigerer Zugriff über das deutsche Recht möglich ist. 19

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2. Zeitlicher Zusammenhang zwischen der Antragstellung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und der Einleitung des Ausgangsverfahrens Eine weitere grundlegende Entscheidung betrifft die Frage, ob das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) bereits vor oder erst nach Rechtshängigkeit des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens im Ausgangsforum beantragt werden sollte. In gewisser Hinsicht ist damit auch die zuvor besprochene beweisrechtliche Verfügungsmacht des ausländischen Spruchkörpers als ein die Antragsgegnerauswahl vermeintlich einschränkender Aspekt angesprochen, auf den noch einmal eingegangen werden soll. Die Ermessensentscheidung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) wird von der Beurteilung des zweiten und dritten INTEL-Kriteriums dominiert, d.h. der Fokus der Gerichte liegt auf der Prüfung der Empfänglichkeit des ausländischen Spruchkörpers für die Beweishilfe sowie auf der Untersuchung eines etwaigen Versuchs der Umgehung ausländischer Beweisvorschriften.22 Lassen sich Anhaltspunkte für eines der beiden Kriterien finden, droht die Beweisermittlung zu scheitern. Gleiches gilt – jedenfalls auf indizieller Ebene – für die Prüfung der Verfügungsmacht des ausländischen Spruchkörpers hinsichtlich der vorzulegenden Beweismittel. Der entsprechende District Court greift bei der Beurteilung der genannten Kriterien auf verschiedene Erkenntnismöglichkeiten zurück. Zum einen handelt es sich dabei um Gutachten der Parteien über die Rechtslage im Ausgangsforum, zum anderen – und für die Beurteilung meist entscheidend – um Stellungnahmen des Spruchkörpers des Ausgangsverfahrens oder von Behörden des Ausgangsforums.23 Zeigt der ausländische Spruchkörper an, dass er die Erzwingung der Vorlage bestimmter Dokumente im Wege des 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht unterstützt und demnach nicht empfänglich ist (zweites INTEL-Kriterium), erlässt das zuständige US-Gericht die Beweisanordnung für gewöhnlich nicht.24 Liegen dem amerikanischen Gericht hingegen lediglich Gutachten der Parteien über die Empfänglichkeit des ausländischen Spruchkörpers vor, finden diese zwar Berücksichtigung, ihnen wird jedoch nicht dasselbe Gewicht zugemessen wie einer unmittelbaren Aussage des für das Ausgangsverfahren zuständigen Spruchkörpers. Der Antragsteller muss daher bestrebt sein, eine Stellungnahme des Spruchkörpers zur Durch-

22

Siehe zur Maßgeblichkeit der genannten Kriterien unter Teil 3, § 3, I., 2., e. Vgl. hierzu unter Teil 3, § 3, I., 2., b. 24 Vgl. etwa US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. Juli 2004, Schmitz v. Bernstein Liebhard & Lifshitz, LLP, 376 F. 3d, S. 82, 2004 U.S. App. LEXIS 14925; siehe ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 88 ff., der allerdings deutlich macht, dass eine Äußerung des deutschen Spruchkörpers, die eine generell ablehnende Haltung zum Ausdruck bringt, rechtswidrig sein dürfte und einen Ablehnungsgrund i.S.d. § 42 Abs. 2 ZPO (Besorgnis der Befangenheit) darstellt. 23

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führung der Beweishilfe zu vermeiden.25 Aus strategischer Sicht vorzugswürdig ist daher eine Antragstellung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) noch bevor ein patentrechtliches (Ausgangs-)Verfahren überhaupt rechtshängig ist. Hieraus ergeben sich für den Ausgang der Ermessensentscheidung zahlreiche Vorteile. Dies gilt insbesondere für die Prüfung des zweiten INTEL-Kriteriums. Wurde das patentrechtliche Verfahren noch nicht eingeleitet, fehlt es bereits an einem zuständigen Spruchkörper, der sich ablehnend zur Verwendung der Beweishilfe äußern könnte. Die Verweigerung der Beweishilfe aufgrund einer für den Antragsteller negativen Ermessensausübung durch das US-amerikanische Gericht wird damit erheblich unwahrscheinlicher.26 Die gleiche Einschätzung gilt allerdings auch für die Beurteilung des ersten und des dritten INTEL-Kriteriums. Wurde ein konkreter Spruchkörper noch nicht mit dem Verfahren betraut, gestaltet sich die Einschätzung einer Umgehung von Beweisvorschriften sowie die konkrete Beurteilung der Zugriffsbefugnisse des Spruchkörpers als schwieriger; jedenfalls lässt sich keine unmittelbare Stellungnahme des Spruchkörpers im Ausgangsforum zu den genannten INTEL-Kriterien einholen, so dass die Parteien ihre jeweilige Position ausschließlich durch Gutachten stützen können.27 Im Falle eines beweisrechtlichen Patts wird es dem District Court zumeist schwer fallen, die Beweishilfe allein anhand der gutachterlichen Stellungnahmen abzulehnen. Der Antragsteller sollte das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) demzufolge bereits vor Rechtshängigkeit des patentrechtlichen Verfahrens durchführen, um sich nicht der Gefahr auszusetzen, dass sich der Spruchkörper des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens nachteilig zu der beabsichtigten Beweishilfe äußert. Zwar bleibt es dem Antragsgegner unbenommen, auf eine potenziell ablehnende Haltung des Spruchkörpers gegenüber der Beweishilfe auf sonstigem Wege hinzuweisen. Dennoch ist es nicht unwahrscheinlich, dass der zuständige District Court diese Hinweise – ein entsprechendes Bestreiten der mangelnden Empfänglichkeit vorausgesetzt – unberücksichtigt lässt und die Beweishilfe gewährt. Entscheidet sich der Antragsteller dennoch für eine Einleitung des Beweisverfahrens zeitgleich mit oder gar nach Rechtshängigkeit des patentrechtlichen Verfahrens, stellt sich die Frage, ob der zuständige Spruchkörper über das Vorgehen nach 28 U.S.C. § 1782 (a) informiert werden sollte. Es besteht keine ge-

25

Selbst das Vorliegen einer neutralen Stellungnahme birgt für den Antragsteller gewisse Gefahren, da der Antragsgegner das Gericht in den USA je nach Deutung und Argumentationsgeschick u.U. dennoch davon überzeugen kann, dass die Äußerung des Gerichts so zu verstehen ist, dass zusätzliche Beweise nicht verwertet würden, Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 90. 26 Siehe zum Gesamten Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess, S. 466 ff. 27 Siehe dazu auch unter Teil 3, § 3, I., 2., c.

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setzliche Verpflichtung, das zuständige Gericht über die Beweisermittlungsbemühungen zu informieren. Seitens der amerikanischen Gerichte besteht auch keine Erwartungshaltung gegenüber dem Antragsteller, die Gerichte im Ausgangsforum einzubeziehen. Daher wird der Antragsteller zumeist dazu tendieren, das Gericht über die Beweisbeschaffung in den USA nicht aufzuklären, um eine (nachteilige) Stellungnahme des Gerichts zumindest nicht zu provozieren. Dies gilt insbesondere in der Situation eines ex parte Verfahrens. Kommt es dem Antragsteller gerade auf den Überraschungseffekt der Beweisermittlung an, wird er auf eine Unterrichtung des Spruchkörpers verzichten, um eine mögliche Weiterleitung der Information an den Antragsgegner durch das Gericht zu verhindern und damit den Erfolg des Beweisermittlungsbegehrens nicht zu gefährden.28 Umgekehrt kann die Benachrichtigung des Spruchkörpers aber geboten sein, wenn sich die Beweisaufnahme im Ausgangsverfahren bereits in einem weit fortgeschrittenen Stadium befindet und der Antragsteller erst zu diesem Zeitpunkt eine Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in Erwägung zieht. Würde der Antragsteller in dieser Konstellation auf eine Unterrichtung des Gerichts verzichten, könnte das Gericht die Berücksichtigung der zusätzlichen Beweismittel unter Verweis auf eine Verfahrensverzögerung und den Grundsatz der Prozessökonomie ablehnen.29 Der Antragsteller sollte das Vorgehen in diesem Fall mit dem Gericht koordinieren und auf die Erforderlichkeit der weiteren Beweisermittlung hinweisen. Gegebenenfalls kann das Gericht auf diese Weise zu einer Verlängerung der Frist für die Beibringung entscheidungsrelevanter und im Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erwarteter Beweise veranlasst werden.

28 Der verantwortliche Richter bzw. das zuständige Richterkolleg wird die Nachricht einer beabsichtigten Einleitung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in jedem Fall auch an die gegnerische Partei des Ausgangsverfahrens weitergeben müssen, um nicht eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit zu riskieren (vgl. §§ 42 ff. ZPO); darüber hinaus ist die Weitergabe der Information auch als Ausfluss des Grundsatzes der Waffengleichheit bzw. des Grundsatzes eines fairen Verfahrens geboten; vgl. zum Grundsatz der Waffengleichheit Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Einl III, Rn. 21; siehe zum Grundsatz des fairen Verfahrens ebenfalls Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Auflage, Einl III, Rn. 23. 29 Könnte der Prozess etwa wegen Entscheidungsreife sofort beendet werden, wenn zusätzlicher Vortrag zurückgewiesen würde, die Zulassung des Vortrags allerdings einen neuen Termin, z.B. zur Beurteilung der aus dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gewonnenen Beweise, erforderlich machen würde, läge eine Verzögerung vor, die je nach Verfahrenskonstellation eine Zurückweisung des Vorbringens rechtfertigen könnte, vgl. PGZPO/Deppenkemper, 7. Auflage, § 296, Rn. 17.

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3. Inhalt und Umfang des Beweisantrags nach 28 U.S.C. § 1782 (a) 28 U.S.C. § 1782 (a) stellt bestimmte Anforderungen an den Inhalt und Umfang der Antragstellung.30 Die Antragschrift hat zwingend zu enthalten: Eine knappe Zusammenfassung des im Ausgangsforum anhängigen bzw. dort beabsichtigten (patentrechtlichen) Verfahrens, die sich hieraus ergebende Notwendigkeit einer weiterführenden Beweisermittlung in den USA und – sofern bereits absehbar – eine Darstellung des zuständigen Spruchkörpers des Ausgangsverfahrens.31 Darauf folgt in der Regel die Subsumtion der Tatbestandsund Ermessensvoraussetzungen unter den zuvor dargestellten Sachverhalt.32 Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Darlegung der einzelnen INTEL-Kriterien. Der Subsumtion ist für gewöhnlich die eidesstattliche Versicherung (Affidavit) einer Person beigefügt, die entweder an dem Ausgangsverfahren beteiligt ist oder die darlegen kann, dass ein solches Verfahren in naher Zukunft eingeleitet werden soll. In diesem Zusammenhang erfolgt häufig eine detaillierte Beschreibung des Ausgangsverfahrens. Ebenfalls beigefügt ist die durch das Gericht bei Gewährung der Beweishilfe zu unterzeichnende Beweisanordnung.33 Je nach Sachverhalt enthält diese eine Auflistung der vorzulegenden Unterlagen, eine Benennung der zu vernehmenden Zeugen inklusive des jeweiligen Beweisthemas. Die Unterlagen und Zeugen sind dabei nicht notwendigerweise zu individualisieren. Häufig nimmt die Beweisanordnung nur Bezug auf eine unbestimmte Vielzahl an Dokumenten, die mit dem Beweisthema in Zusammenhang stehen und aus einem bestimmten Zeitraum stammen.34 Den Abschluss des Beweisantrags bildet der Entwurf der gerichtlichen Vorladungsverfügung (Subpoena) unter anderem zur Durchführung der Depositions, die bereits zuvor durch die Beweisanordnung konkretisiert wurden. In der Subpoena finden sich außerdem Angaben zu Zeit und Ort der Durchführung der beweis-

30

Eine ausführliche Auflistung der im Folgenden dargestellten zwingend erforderlichen Elemente eines Beweisantrags findet sich bei Schaner/Scarbrough, Austrian Arbitration Yearbook, S. 326; siehe ferner Schaner/Scarbrough, AnwBl. 2012, 321. 31 Siehe hierzu etwa den Beweisantrag v. 22. Juli 2011, US District Court for the Western District of Washington, In Re: Application of Lufthansa Technik AG, Case No. 11-CV01386-JCC, im Rahmen dessen ausführlich zu dem Ausgangsverfahren vor dem LG Mannheim Bezug genommen wird, vgl. a.a.O., S. 2 ff. 32 Vgl. zur Erörterung der Tatbestands- und Ermessensvoraussetzungen erneut den Beweisantrag v. 22. Juli 2011, US District Court for the Western District of Washington, In Re: Application of Lufthansa Technik AG, Case No. 11-CV-01386-JCC, S. 4 f. bzw. S. 5 f. 33 Vgl. hierzu den Beweisantrag v. 8 April 2009, US District Court for the Southern District of California, In Re: Application of Euro-Diagnostica A.B. and Stichting Voor de Technische Wetenschappen, Case No. 3:09-cv-00755-IEG-JMA, S. 7 ff. 34 Siehe dazu erneut den Beweisantrag v. 8 April 2009, US District Court for the Southern District of California, In Re: Application of Euro-Diagnostica A.B. and Stichting Voor de Technische Wetenschappen, Case No. 3:09-cv-00755-IEG-JMA, S. 8.

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rechtlichen Anordnungen.35 Bestehen seitens des Antragstellers Bedenken hinsichtlich des Erlasses der Beweisanordnung durch das Gericht, etwa aufgrund einer vermeintlichen Verletzung geheimhaltungsbedürftiger Belange des Antragsgegners, kann ergänzend eine vorbeugende Protective Order angehängt werden, die der Vertraulichkeit der Informationen Rechnung trägt.36 Der Antrag kann auch umfassendere Ausführungen zu einzelnen Tatbestandsmerkmalen erfordern. Unter Umständen kann es notwendig sein, das Interesse des Antragstellers an der Beweisermittlung gesondert darzulegen. Häufig ergibt sich das für die Darlegung des Tatbestandsmerkmals der interested person erforderliche Interesse dagegen bereits aus der Sachverhaltsdarstellung des im Ausland anhängigen Verfahrens.37 Zusätzliche Erläuterungen finden sich darüber hinaus zu geheimhaltungsbedürftigen Belangen. Führt der Antragsteller hierzu bereits selbst aus, soll das Gericht zumeist davon überzeugt werden, dass der Antrag nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise zur Erlangung dieser vertraulichen Erkenntnisse eingereicht wurde.38 Im Hinblick auf den Umfang der beantragten Beweisermittlung sollte seitens des Antragstellers unbedingt darauf geachtet werden, dass die zur Vorlage vorgesehenen Beweismittel ersichtlich einen Zusammenhang zu dem Aus-

35

Vgl. den Beweisantrag v. 22. Juli 2011, US District Court for the Western District of Washington, In Re: Application of Lufthansa Technik AG, Case No. 11-CV-01386-JCC, S. 4 f. bzw. S. 16; ferner den Beweisantrag v. 8 April 2009, US District Court for the Southern District of California, In Re: Application of Euro-Diagnostica A.B. and Stichting Voor de Technische Wetenschappen, Case No. 3:09-cv-00755-IEG-JMA, S. 4. 36 So etwa in dem Beweisantrag v. 22. Juli 2011, US District Court for the Western District of Washington, In Re: Application of Lufthansa Technik AG, Case No. 11-CV-01386JCC, S. 4 f. bzw. S. 23 ff. 37 Ausreichend kann bereits der Hinweis auf die Stellung des Antragstellers als Kläger im Ausgangsverfahren sein, vgl. wiederum den Beweisantrag v. 22. Juli 2011, US District Court for the Western District of Washington, In Re: Application of Lufthansa Technik AG, Case No. 11-CV-01386-JCC, S. 4 f. bzw. S. 5. 38 So etwa in dem Beweisantrag v. 22. Juli 2011, US District Court for the Western District of Washington, In Re: Application of Lufthansa Technik AG Case No. 11-CV-01386JCC, S. 4 f. bzw. S. 12: »AES [der Antragsgegner] may challenge production of the requested documents and testimony by alleging that its own information is highly confidential. Any such concerns raised by AES should not be an impediment to this Court’s granting Lufthansa’s Petition. First, this Court may enter a Protective Order to ensure that confidential information will be provided only to Lufthansa’s counsel who have submitted to this Court’s jurisdiction and not to Lufthansa’s employees. […] The proposed Protective Order also provides that before Lufthansa may use a document in the pending civil action, it must give notice of its intent to AES’ counsel five (5) business days in advance. AES’ counsel will then have an opportunity to challenge that proposed use in this Court if it believes there is an undue risk of disclosure of the confidential information. Through this procedure, this Court can evaluate the likelihood that disclosure might occur, and balance Lufthansa’s need for the information against AES’ confidentiality concerns.«

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gangsverfahren aufweisen. Je konkreter die Erforderlichkeit des jeweiligen Beweismittels für das Verfahren dargelegt wird, desto wahrscheinlicher ist die Gewährung der Beweishilfe.39 Dies gilt insbesondere angesichts des erheblichen gerichtlichen Ermessensspielraums. Erscheint die beantragte Beweishilfe hinsichtlich ihres Umfangs aus Sicht des Gerichts geeignet, die im Ausgangsverfahren noch ungeklärten Rechtsfragen zu beantworten, ist der zuständige Richter – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – eher geneigt, dem Antrag stattzugeben. Umgekehrt besteht die Gefahr einer ablehnenden Entscheidung, wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Beweishilfe im Einzelfall tatsächlich (nur) der Erlangung bestimmter vertraulicher Informationen und nicht der Beschaffung der für das Ausgangsverfahren unabdingbaren Informationen dient.40 4. Risiken für den Antragsteller Neben der Ablehnung des Beweisantrags können sich für den Antragsteller auch im Falle der Gewährung einer Beweishilfe gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) nachteilige Folgen einstellen. Diese betreffen zum einen die Gefahr, bereits durch die Antragstellung einen hinreichenden Kontakt zum amerikanischen Gerichtsforum begründet zu haben und daher der US-amerikanischen Gerichtsgewalt zu unterfallen.41 Zum anderen besteht das Risiko, dass der District Court die Beweisermittlung nur unter der Bedingung der Durchführung einer sogenannten Reciprocal Discovery gewährt, also einer Beweisanordnung gegenüber dem Antragsteller selbst.42 Soweit ersichtlich erfolgte bisher lediglich in einem einzigen – aufgrund der konkreten Umstände allerdings nicht verallgemeinerungsfähigen – Fall eine Zuständigkeitsbegründung, die auf den Umstand der Beantragung der Beweis-

39 Riback, Taking Discovery in the United States, in: Business Law Today (May 2014), 4, abrufbar unter: http://www.americanbar.org/content/dam/aba/publications/blt/2014/05/di scovery-arbitration-abroad-201405.authcheckdam.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016). 40 Ähnlich erneut Riback, a.a.O., 4; vgl. zu den Risiken einer zu vagen Formulierung des Beweisantrags auch Jungermann, WuW 2014, 16. 41 Vgl. hierzu Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 185 f. 42 Siehe hierzu u.a. die Entscheidung des US District Court for the Eastern District of Wisconsin, Entscheidung vom 1. September 2004, In Re: The Application of the Procter & Gamble Co. v. Kimberly-Clark Corp., et al., 334 F. Supp. 2d, S. 1117; vgl. ferner US District Court for the Northern District of Florida, Entscheidung v. 18. August 2008, In Re: Application of Minatec Fin. SARL v. SI Group Inc., 2008 WL 3884374; vgl. schließlich Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 81; kritisch allerdings Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1074 f.

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hilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) abstellte und diese im Rahmen der Ausführungen zur Zuständigkeit heranzog.43 Ein anderer in diesem Zusammenhang interessanter Fall betrifft ein kalifornisches Gerichtsverfahren zwischen dem Unternehmen Yahoo! (Yahoo) und der Nichtregierungsorganisation La Ligue contre le racisme et l’antisimitisme (LiCRA). Dem Verfahren ging ein Rechtsstreit in Frankreich voraus, in dessen Rahmen LiCRA ein Urteil erstritten hatte, das Yahoo – vereinfacht ausgedrückt – aufgab, den Zugang zu solchen Seiten zu sperren, die die Gewaltherrschaft des Naziregimes verherrlichen. Hiergegen legte Yahoo Feststellungsklage beim District Court for the Northern District of California ein.44 LiCRA wandte ein, dass es als französische Nichtregierungsorganisation bereits nicht der Gerichtsgewalt des District Court unterfalle.45 Der District Court bezog sich hingegen auf die Anordnungen des französischen Gerichts, die Yahoo ein bestimmtes Verhalten (hier: die Sperrung der betreffenden Homepages) unter Androhung von Zwangsmitteln aufgaben und zog hieraus den Schluss, dass aus dieser im Forum des District Court Wirkung entfaltenden Anordnung ein hinreichender Kontakt und damit eine Zuständigkeit des Gerichts folge.46 Auch im Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) könnte sich daher aus einer in den USA wirkenden Beweisanordnung ein hinreichender Kontakt mit dem jeweiligen (Gerichts-)Forum und damit eine Zuständigkeit des betreffenden District Courts ergeben.47 Der Vorschlag, die Feststellungen der Entscheidung in Sachen Yahoo! Inc. v. La Ligue contre le racisme et l’antisemitisme auf die hiesige Konstellation zu übertragen, sollte jedoch kritisch betrachtet werden. Dies liegt vor allem an dem besonderen Charakter der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a). Der amerikanische Gesetzgeber verfolgte mit der Novellierung des 28 U.S.C.

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Aufgrund der Umstände des Einzelfalls dürfte diese Form der Zuständigkeitsbegründung allerdings in anderen Konstellationen nicht zur Verfügung stehen, vgl. US District Court for the Western District of New York, Entscheidung v. 7. September 2011, Lufthansa Technik AG v. Astronics Corp., 11-CV-628 A, 2011 WL 3957509. 44 Vgl. US District Court for the Northern District of California, Entscheidung v. 7. November 2001, Yahoo! Inc. v. La Ligue contre le racisme et l’antisemitisme, 169 F. Supp. 2d, S. 1181 ff., 2001 U.S. Dist. LEXIS 18378; siehe auch zum folgenden Berufungsverfahren US Court of Appeals for the Ninth Circuit, Entscheidung v. 12. Januar 2006, Yahoo! Inc. v. La Ligue contre le racisme et l’antisemitisme, 433 F. 3d, S. 1199 ff., 2006 U.S. App. LEXIS 668, das ebenfalls zugunsten von Yahoo! Inc. ausging. 45 Vgl. erneut US Court of Appeals for the Ninth Circuit, Entscheidung v. 12. Januar 2006, Yahoo! Inc. v. La Ligue contre le racisme et l’antisemitisme, 433 F. 3d, S. 1205, 2006 U.S. App. LEXIS 668. 46 Vgl. US Court of Appeals for the Ninth Circuit, Entscheidung v. 12. Januar 2006, Yahoo! Inc. v. La Ligue contre le racisme et l’antisemitisme, 433 F. 3d, S. 1209 f., 2006 U.S. App. LEXIS 668. 47 Siehe zum Analogieschluss Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 187.

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§ 1782 (a) zwei Ziele: Erstens sollte eine effektive Beweishilfemöglichkeit geschaffen werden und zweitens sollten andere Staaten dazu animiert werden, vergleichbare Beweisermittlungsmöglichkeiten bereitzustellen.48 Ergäbe sich für einen Antragsteller durch die Einleitung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nun die Gefahr, selbst der amerikanischen Gerichtsgewalt zu unterfallen und daher unter Umständen selbst den weitreichenden Beweisermittlungsmöglichkeiten ausgesetzt zu sein, stünde ein solches Ergebnis in starkem Widerspruch zu den ursprünglichen Zielen des amerikanischen Gesetzgebers.49 Da der Sinn und Zweck der Beweishilfe in zahlreichen Entscheidungen als maßgebliche Auslegungshilfe des 28 U.S.C. § 1782 (a) herangezogen wird,50 ist nicht zu erwarten, dass die Gerichte eine Zuständigkeitsbegründung zulassen werden, die in offensichtlichem Widerspruch zur ursprünglichen gesetzgeberischen Intention steht. Folglich erscheint die geschilderte Gefahr für den Antragsteller hinnehmbar und sollte diesen nicht von der Beantragung der Beweishilfe abhalten.51 Diese Argumentation ist auch für die Frage der Gewährung einer sogenannten Reciprocal Discovery von Bedeutung. Schließlich wird durch die Anordnung einer gegenseitigen Beweishilfe eine Beweisermittlung auch gegenüber dem Antragsteller ermöglicht,52 die im Wege der Ermessensausübung und nach Einverständnis des Antragstellers durch das zuständige US-Gericht erfolgt. Verantwortlich ist hierfür die unter den District Courts immer stärker vorherrschende Meinung, dass das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zu einer Übervorteilung der in den USA ansässigen Unternehmen gegenüber ausländischen

48

Siehe hierzu die Ausführungen unter Teil 3, § 1, I. Vgl. zur Argumentation anhand des Sinn und Zweck des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 187. 50 Vgl. statt vieler die Leitentscheidung des US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 252. 51 Das Verfahren in Sachen Yahoo! Inc. v. La Ligue contre le racisme et l’antisemitisme zeigt allerdings, dass es für den Antragsteller eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) – anders als teilweise vorgeschlagen – keine Alternative darstellt, statt der Beweishilfe ein gewöhnliches (paralleles) Hauptsacheverfahren in den USA gegenüber einem der in Betracht kommenden Zeugen oder gegenüber einer der Parteien des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens anzustrengen; selbst wenn das Verfahren entgegen der Forum non Conveniens Doctrine zugelassen würde, bestünde für den Kläger dieses Verfahrens dann jedenfalls die Gefahr selbst zum Gegenstand der weiten amerikanischen Discovery-Regelungen zu werden, da in diesem Fall nicht mit den entgegenstehenden gesetzgeberischen Erwägungen des 28 U.S.C. § 1782 (a) argumentiert werden könnte; vgl. kritisch zur Option der Einleitung eines parallelen Hauptsacheverfahrens in den USA Eschenfelder, IPRax 2006, 94 f. 52 Siehe zur Diskussion Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1074 f. 49

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Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

(beweissuchenden) Unternehmen führt.53 Diese Nachteile seien dadurch auszugleichen, dass Beweisermittlungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des gegenseitigen Beweismittelaustauschs im Rahmen der Ermessensausübung angeglichen werden.54 Auch der US Supreme Court tendiert offenbar zu einer solchen Form der Ermessensausübung. In der INTEL-Entscheidung führt er unter Bezugnahme der Entscheidung In Re: Application of Euromepa, S.A. aus: »When information is sought by an ›interested person‹, a district court can condition relief upon reciprocal information exchange. Moreover, the foreign tribunal can place conditions on its acceptance of information, thereby maintaining whatever measure of parity it deems appropriate.«55

Dementsprechend ist ein gegenseitiger Austausch von Informationen zumindest ein Aspekt, der im Rahmen der Ermessensausübung Berücksichtigung finden kann. Der Antragsteller wird zwar nicht stets mit der Anordnung einer Reciprocal Discovery rechnen müssen, er sollte allerdings je nach Bedeutung der beim Antragsgegner belegenen Beweismittel bereits im Vorfeld klären, ob die Durchführung des Beweisersuchens auch bei Anordnung einer Reciprocal Discovery noch sinnvoll erscheint. 5. Zwischenergebnis: Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragstellers Zeitgleich oder noch vor Auswahl des Antragsgegners der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) empfiehlt es sich für den Antragsteller, das – bei Anordnung einer möglichen Reciprocal Discovery bestehende – Risiko der Verpflichtung zur Offenlegung der eigenen internen Dokumentation sorgfältig gegenüber den Vorteilen eines Zugriffs auf die Informationen des Antragstellers abzuwägen. Gelangt der Antragsteller dabei zu der Überzeugung, dass die erwarteten Beweiserkenntnisse für das deutsche patentrechtliche Verfahren essentiell sind und auf die Beweishilfe daher trotz der Risiken nicht verzichtet werden kann, ist mit der Auswahl des Antragsgegners fortzufahren. Hierbei kann sich der Antragsteller allein von dem Kriterium der Verfügbarkeit erforderlicher Beweismittel leiten lassen, unabhängig davon, ob diese vermeintlich bei der gegnerischen Partei des Ausgangsverfahrens oder bei einem Dritten vorliegen. Anderweitige strategische Erwägungen sind für die Wahl des Antragsgegners nicht zu beachten. Ist der Antragsgegner bestimmt, sollte noch vor Einleitung des patentrechtlichen Verfahrens in Deutschland die Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) beantragt werden, so dass diese 53 Vgl. Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 189 f. mit Verweis auf US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. März 1995, In Re: Application of Euromepa, S.A., 51 F. 3d, S. 1095 ff. 54 Vgl. in diesem Sinne etwa Born/Rutledge, International Civil Litigation, S. 1074 f.; siehe ferner Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 189 f. 55 US Supreme Court, Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 263.

§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung

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im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des patentrechtlichen Verfahrens bestenfalls bereits abgeschlossen ist und die erforderlichen Beweise etwa zur Substantiierung des klägerischen Begehrens vorliegen. Bei Einhaltung der erläuterten zeitlichen Reihenfolge wird die Gefahr umgangen, dass eine Stellungnahme des deutschen Spruchkörpers zur Frage nach dessen Empfänglichkeit gegenüber der Beweishilfe von dem in den USA zuständigen District Court oder von dem Anwalt der Gegenseite falsch interpretiert oder verfälscht dargestellt wird und hieraus eine für den Antragsteller ungünstige Ermessensausübung resultiert. Der Aufbau des Antrags nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist in inhaltlicher Hinsicht größtenteils vorgegeben. Auf einzelfallspezifische Besonderheiten sollte der Antragsteller jedoch unbedingt eingehen und je nach Fallgestaltung z.B. bestimmte Tatbestandsmerkmale gesondert darlegen sowie etwaige Bedenken hinsichtlich geheimhaltungsbedürftiger Belange durch Beifügen des Entwurfs einer Protective Order bereits im Vorfeld ausräumen. Die Beweisermittlung sollte ferner so eng wie möglich an die Beweisbedürfnisse des Ausgangsverfahrens angelehnt sein. Im Idealfall ist daher ein konkreter Bezug zu den rechtlichen Fragestellungen im Ausgangsverfahren erkennbar. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass das Gericht unmittelbar nachvollziehen kann, ob tatsächlich die Notwendigkeit besteht, eine bestimmte Tatsache zu erforschen. Das Risiko einer Ablehnung der Beweishilfe im Wege der Ermessensausübung aufgrund einer über den konkreten Anlass der Beweisermittlung hinausgehenden Ausforschungstendenz wird dadurch erheblich vermindert. Das konkrete Vorgehen des Antragstellers ist stets auch vom Verhalten des Antragsgegners und dessen taktischer Ausrichtung abhängig. Insofern sind die Möglichkeiten des Antragsgegners zur Abwehr der Beweisermittlung in die eigenen strategischen Überlegungen miteinzubeziehen.

II. Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragsgegners Dem Antragsgegner eines Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um gegen eine drohende Beweisanordnung vorzugehen. Als vorbeugende Maßnahme zur Vermeidung einer Beweisermittlung wird diskutiert, die Anwendbarkeit der Beweishilfe gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) vertraglich zu regeln und auf diesem Wege auszuschließen.56 Ein solcher Ausschluss kann z.B. im Rahmen einer Schiedsvereinbarung, als Passus in einem 56 Siehe hierzu etwa Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 189; so auch Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007; ähnlich, allerdings mit Blick auf die Situation des Schiedsverfahrens Kirtley, 14 Int. Arbitration Law Review (2011), 62, vgl. schließlich Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 92.

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Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

Lizenzvertrag oder durch einen anderweitigen vertraglichen Zusatz geregelt werden.57 Bei der vertraglichen Regelung des Vorgehens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) handelt es sich um eine insbesondere für Schiedsstreitigkeiten und sonstige vertragliche Konstellationen hilfreiche wie notwendige Überlegung, um die Konsequenzen eines Beweishilfeverfahrens im Vorfeld kalkulierbarer zu gestalten. Für patentrechtliche (Verletzungs-)Verfahren ist dieser Weg in der Regel nicht gangbar, weil es an einer entsprechenden vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien fehlt. Eine vorherige vertragliche Regelung der (Nicht-)Anwendbarkeit des 28 U.S.C. § 1782 (a) scheidet daher für den Bereich des Patentrechts größtenteils aus.58 In Ausnahmekonstellationen kann es sich für den Antragsgegner unter taktischen Gesichtspunkten auch anbieten, dem Herausgabeverlangen stattzugeben und dem Antragsteller die benannten Unterlagen zu übergeben. Eine solche Strategie ist allerdings nur dann zu empfehlen, wenn sich der Antragsgegner vergewissert hat, dass keine Informationen übergeben werden, die zu einer abweichenden, negativen Beurteilung des Sachverhalts führen und der Antragsgegner darüber hinaus befürchtet, dass eine Weigerung der Herausgabe der Dokumente das Gericht des Ausgangsverfahrens dazu veranlassen könnte, erneut in die Aufarbeitung des Sachverhalts einzusteigen und die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Vorausgesetzt die zu übergebenenden Informationen wurden gründlich ausgewertet und für ungefährlich befunden, kann die freiwillige Herausgabe der Informationen demnach gegenüber dem Gericht des Ausgangsverfahrens als zusätzliche Stütze der eigenen Version des Sachverhalts dienen. Wohlgemerkt gilt dies nur, sofern die relevanten Informationen tatsächlich keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn für die Gegenseite bereithalten. Weitere auch im Zusammenhang mit patentrechtlichen Verfahren anwendbare strategische Abwehrmöglichkeiten ergeben sich zum einen für die eigentliche Beweisermittlung in den USA und damit gegenüber dem für die Beweisermittlung zuständigen District Court. Zum anderen kann – sofern ein Verfahren im deutschen Ausgangsforum bereits rechtshängig ist – Schutz auch durch das deutsche Gericht erlangt werden, das mit dem patentrechtlichen Verfahren betraut wurde.

57 Um die Beweisermittlungsmöglichkeiten einzuschränken, empfiehlt es sich ferner, bei Formulierung der vertraglichen Gerichtsstandsklausel einen Gerichtsstand auszuwählen, der nur begrenzte Discovery-Möglichkeiten bietet, vgl. Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007. 58 Siehe wiederum Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007.

§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung

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1. Verteidigungsmöglichkeiten in den USA Die Verteidigungsmöglichkeiten im Forum der Beweisermittlung stehen größtenteils in unmittelbarem Zusammenhang mit den Voraussetzungen der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a).59 Das Vorbringen des Antragsgegners ist daher zumeist darauf gerichtet, die einzelnen Voraussetzungen des Beweisermittlungsersuchens zu widerlegen. Ansatzpunkte ergeben sich insoweit auf der Tatbestands- und der Ermessensebene. Andere Verteidigungsstrategien, die auf die früher noch lebhaft diskutierte vermeintliche Exklusivität der Beweismittelbeschaffung im Ausland über das HBÜ abstellen, sind – wie gezeigt60 – nicht mehr geeignet, die Beweisermittlung einzuschränken und werden daher im Folgenden nicht gesondert geprüft.61 a. Formell-rechtliche Einwände gegen die Beweisanordnung als Verteidigungsstrategie Wurde die Beweisanordnung im Rahmen eines ex parte Verfahrens erlassen, kann der Antragsgegner einen Antrag auf Aufhebung der Anordnung stellen und beispielweise anführen, dass die zwingenden Tatbestandsvoraussetzungen des 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht vorliegen oder der falsche Antragsgegner ausgewählt wurde. Es empfiehlt sich jedoch, zunächst die formalen Erfordernisse der ausgefertigten Beweisanordnung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zu überprüfen und etwaige Bedenken hinsichtlich dieser formalen Kriterien geltend zu machen. Häufigste Fehlerquelle in formaler Hinsicht bildet die gerichtliche Vorladung (Subpoena), die dem Antrag bereits in Entwurfsfassung beizufügen ist.62 Wurde die Subpoena beigefügt, ohne dass dabei deutlich wird, durch welches Gericht sie erlassen werden soll oder welche konkreten Discovery-Maßnahmen durch sie angeordnet werden sollen, liegt ebenfalls ein beachtenswerter formaler Fehler vor, der einer Durchsetzung der Subpoena entgegensteht.63 Ein 59 Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 285 f., unterscheidet zwischen sogenannten relativ und absolut wirkenden Verteidiungsmitteln, wobei relative Verteidigungsmittel lediglich zu einer Beschränkung des Umfangs der Beweisermittlung führen und absolute Verteidiungsmittel die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Beweisermittlung unmittelbar betreffen; vorliegend erfolgt hingegen eine einheitliche Darstellung der Verteidigungsmöglichkeiten. 60 Vgl. zur Diskussion um eine Exklusivität der Beweismittelbeschaffung im Ausland über das HBÜ unter Teil 4, § 1, II., 2., a. 61 Gleiches gilt für die Diskussion um eine Berufung auf die Forum non Conveniens Doctrine, die bei Vorzugswürdigkeit eines ausländischen Forums zur Abweisung des Beweisermittlungsantrags führt; mangels Anwendbarkeit der Doktrin i.R.d. Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kann auf eine Darstellung verzichtet werden, vgl. unter Teil 3, § 2, IV., 3.; anders allerdings Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 267. 62 Siehe hierzu unter Teil 5, § 2, I., 3. 63 Vgl. Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 92.

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Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

Durchsetzungshindernis ergibt sich ferner dann, wenn der Normtext der Rule 45 (d), (e) und (g) FRCP nicht beigefügt wurde, aus dem sich die Rechtsmittel gegen die Vorladung, die aus der Subpoena folgenden Verpflichtungen sowie die Voraussetzungen der Zwangsmittelanordnung (Contempt of Court) ergeben.64 Weitere formelle Anforderungen folgen aus Rule 45 (b) (1) FRCP, die anordnet, durch wen eine Subpoena zugestellt werden kann. Erfolgt z.B. eine Zustellung durch die Partei selbst, führt dies gleichermaßen zur Unwirksamkeit der Beweisanordnung. Erfordert die Durchführung der Beweisermittlung die Anwesenheit einer bestimmten Person, sind deren voraussichtliche Ausgaben (Reisekosten etc.) vorzustrecken.65 Zu berücksichtigen sind weiterhin Einschränkungen in zeitlicher und örtlicher Hinsicht. Wird dem Antragsgegner nicht ausreichend Zeit zur Aufbereitung und Offenlegung des Materials eingeräumt (Rule 45 (d) (3) (i) FRCP) oder wird die geografische Reichweite der Beweisanordnung überschritten (Rule 45 (d) (3) (ii) FRCP),66 hat der Antragsgegner mangels Durchsetzbarkeit der Subpoena ebenfalls keine beweisrechtlichen Konsequenzen zu fürchten. Schwachpunkt solcher formell-rechtlicher Einwände gegen die Beweisanordnung ist die lediglich beschränkte zeitliche Wirkung der Verteidigungsstrategie. Die formalen Mängel können in der Regel unproblematisch behoben werden und verschaffen dem Antragsgegner daher nur einen geringen Zeitaufschub. Genügt ein solcher Zeitgewinn, etwa weil sich die betreffende Beweisperson nur kurzfristig in den USA aufhält oder die maßgeblichen Dokumente nur für einen kurzen Zeitraum im Gerichtsforum vorhanden sind, kann auch der Verweis auf die Nichteinhaltung formaler Kriterien eine taugliche Abwehrmaßnahme sein. Will der Antragsgegner allerdings nachhaltig gegen die Beweisermittlung vorgehen, sollte er seine Verteidigungsstrategie nicht allein auf formale Anforderungen stützen. b. Vorwurf der Unzuständigkeit oder fehlender Zugriffsmöglichkeiten auf die Beweismittel Möglichkeiten, gegen die Beweisermittlung vorzugehen, bieten sich für den Antragsgegner – wie erwähnt – auch auf Tatbestandsebene. Relevante Stellschrauben sind dabei insbesondere die Voraussetzung der ordnungsgemäßen

64

Siehe erneut Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 92. Vgl. Rule 45 (b) (1) FRCP; siehe hierzu auch Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 93 sowie gesondert zu den Anforderungen der Kostenübernahme bei Zustellung an einen US-Bürger im Ausland, ders., a.a.O., 77 f. 66 Rule 45 (d) (3) (ii) FRCP untersagt die Durchführung der Beweisermittlung, sofern z.B. der Ort der Befragung weiter als 100 Meilen vom gewöhnlichen Aufenthaltsort des Antragsgegner entfernt liegt, vgl. hierzu auch Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 93. 65

§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung

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Begründung der Zuständigkeit einerseits sowie eine ausreichende Zugriffsmöglichkeit auf die Beweismittel (Control) andererseits.67 Grundsätzlich handelt es sich bei einer fehlerhaften Begründung der Jurisdiction um einen tauglichen Einwand gegen die Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit einer Beweisanordnung.68 Inwieweit der Einwand einer ungenügenden Zuständigkeitsbegründung im Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) verfängt, ist allerdings von einer Betrachtung des Einzelfalls abhängig. Anknüpfend an die Ausführungen zur Zuständigkeitsbegründung in Teil 3 der Untersuchung lässt sich Folgendes feststellen: Wurde die Zuständigkeit über das Merkmal der Residence (zumeist über den Unternehmenssitz) begründet, bestehen für den Antragsgegner kaum Möglichkeiten, sich der US-Jurisdiction zu entziehen.69 Ein gerichtlicher Beurteilungsspielraum ergibt sich allerdings im Rahmen des Kriteriums des Aufenthaltsortes über die Minimum Contacts Doctrine.70 Konnten lediglich vereinzelte Kontakte mit dem maßgeblichen US-Forum festgestellt werden und stehen diese Kontakte mit den im Rahmen der Beweisermittlung verlangten Informationen nicht in Zusammenhang, kann die Zuständigkeitsbegründung mit einer gewissen Erfolgsaussicht angegriffen werden.71 Vor allem im Hinblick auf eine Beweisermittlung gegenüber Dritten, die am patentrechtlichen Ausgangsverfahren nicht beteiligt sind, erscheint es möglich, die Zuständigkeitsbegründung mangels tauglicher Minimum Contacts abzulehnen.72 Auch die Prüfung der erforderlichen Zugriffsmöglichkeit auf die Beweismittel unterliegt einem Beurteilungsspielraum des US-amerikanischen District Courts. Je nach Ausgestaltung des Sachverhalts kann sich das Bestreiten einer ausreichenden Control über die Beweismittel daher für den Antragsgegner als erfolgversprechendes Vorgehen erweisen. Wird das Beweishilfeverfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) etwa im Rahmen eines Konzernsachverhalts durchgeführt, ist entscheidend, ob die Beweisermittlung gegenüber der Konzernmutter oder der Konzerntochter initiiert wurde und bei welchem der Unternehmen 67 Handelt es sich bei dem patentrechtlichen Ausgangsverfahren um ein Schiedsverfahren kann der Antragsgegner darüber hinaus einwenden, dass das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht für eine Anwendung im Zusammenhang mit privaten Schiedsverfahren vorgesehen ist; trotz der noch nicht eindeutig geklärten Rechtslage ist allerdings mehr als fraglich, ob der District Court dieser Argumentation in Anbetracht der neuerlichen Entwicklungen in der Rspr. folgen würde, vgl. zum Gesamten Kirtley, 14 Int. Arbitration Law Review (2011), 47 f.; siehe ergänzend zu den neuesten Tendenzen in der Rspr. unter Teil 3, § 2, II., 1. 68 Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 286. 69 Die Anknüpfung an dem objektiven Kriterium der Residence ist einer Auslegung schlicht nicht zugänglich, siehe unter Teil 3, § 2, IV., 2., b. 70 Vgl. oben unter Teil 3, § 2, IV., 2., c., (1.). 71 Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 286. 72 Vgl. Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 286, allerdings ohne konkreten Bezug zu dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a).

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Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

die relevanten Informationen konkret belegen sind. Eine Abwehr des Beweisantrags mangels Control über die Beweismittel kann in dieser Konstellation in der Regel nur dann erfolgen, wenn der Beweisantrag ausschließlich gegenüber der Konzerntochter erging und die Informationen bei der Konzernmutter vorliegen. In anderen denkbaren Ausgangssituationen besteht hingegen meist eine Zugriffsmöglichkeit der Konzernmutter, so dass sich für den Antragsgegner keine Verteidigungsstrategie ergibt.73 c. Beeinflussung der Ermessensentscheidung und Androhung einer Reciprocal Discovery Neben der Geltendmachung von Unregelmäßigkeiten auf tatbestandlicher Ebene kann der Antragsgegner auch auf die Prüfung der Ermessensvoraussetzungen Einfluss nehmen. Dabei stehen dem Antragsgegner verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Die Prüfung der Empfänglichkeit des ausländischen Spruchkörpers gegenüber der Beweishilfe (zweites INTEL-Kriterium) ist eine der zentralen Prüfungsvoraussetzungen im Rahmen der Ermessensentscheidung. Um diese Prüfung zu eigenen Gunsten zu beeinflussen, muss der Antragsgegner den District Court davon überzeugen, dass der Spruchkörper des Ausgangsverfahrens die ihm angebotenen Beweise nicht verwerten würde. Schließlich haben amerikanische Gerichte kein Interesse daran, ein Beweisverfahren durchzuführen, dessen Erkenntnisse letztlich nutzlos bleiben.74 Hilfreich bei der Darlegung der ablehnenden Haltung gegenüber der Beweishilfe sind die bereits beschriebenen Parteigutachten, vor allem aber Stellungnahmen des Gerichts. Ergänzend hierzu kann der Antragsgegner auf Präzedenzfälle in der Rechtsprechung zurückgreifen, die das Gericht dazu veranlassen können, die Beweise unberücksichtigt zu lassen.75 Im Hinblick auf ein deutsches patentrechtliches Verfahren dürfte es dem Antragsgegner allerdings schwer fallen, eine dezidiert ablehnende Haltung der Gerichte nachzuweisen.76 Selbst der zumeist mögliche Nachweis der Unzulässigkeit einer vergleichbaren Beweiserhebung im deutschen Auslandsforum oder der Beleg, dass die ausländische Regierung Bedenken gegenüber der konkreten Form der Beweiserhebung hegt, wird von den

73

Vgl. zu der Beurteilung von Konzernsachverhalten unter Teil 3, § 2, IV., 2., c., (2.). Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 267. 75 Vgl. Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 191. 76 Siehe zur grundsätzlichen Bereitschaft deutscher Gerichte, die im Ausland erlangten Beweise zu berücksichtigen Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2379 ff.; so auch Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007; zustimmend ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 90; ebenso Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 270. 74

§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung

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US-Gerichten regelmäßig nicht als hinreichend erachtet, um die Beweiserhebung zu unterbinden.77 Der Hinweis auf eine mögliche Beeinträchtigung strafrechtlicher Ermittlungen wurde in der Vergangenheit zwar als ausreichend angesehen,78 allerdings ist die Anzahl der Fälle begrenzt, in denen etwaige Befindlichkeiten der Behörden im Ausgangsforum tatsächlich berücksichtigt wurden. Kann der Antragsgegner nachweisen, dass die Durchführung des Beweisverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) für ihn einen unangemessen großen (Kosten-)Aufwand bedeuten würde (viertes INTEL-Kriterium), der insbesondere außer Verhältnis zum Streitwert des Verfahrens steht, sind die District Courts geneigt, von der Durchführung der Beweisermittlung abzusehen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn das Beweisersuchen auf offensichtlich unbedeutende Tatsachen abzielt oder die zu beweisende Tatsache bereits anderweitig nachgewiesen wurde.79 Diese Fälle eines in der Sache haltlosen und mitunter schikanösen Vorgehens sind selten, da eine Antragsstellung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in der Regel erst in Betracht gezogen wird, wenn anderweitige Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. Eine Verteidigungsstrategie, die maßgeblich oder ausschließlich auf dem vierten INTEL-Kriterium basiert, ist daher in praxi unüblich. Häufig versucht der Antragsgegner die gerichtliche Ermessensentscheidung aber durch eine aktive Verteidigung gegen das Beweisverlangen zu beeinflussen.80 Besteht seitens des Antragsgegners keine Möglichkeit, den Antragsteller gleichermaßen einem Beweisverlangen nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auszusetzen (etwa wegen Unzuständigkeit des Gerichts), entsteht zwischen den Parteien ein Ungleichgewicht in den Möglichkeiten der Beweisermittlung.81 Dieses Ungleichgewicht kann der Antragsgegner im Rahmen der Ermessensentscheidung nutzen und – mittels der sogenannten Reciprocal Discovery – ein Beweisverfahren auch gegenüber dem Antragsteller initiieren. Es obliegt zwar weiterhin dem District Court und dessen Ermessensausübung, die Beweishilfe zu gewähren, allerdings birgt bereits die bloße Ankündigung einer Reciprocal Discovery

77

Vgl. Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 267 f. m.w.N. Vgl. US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. Juli 2004, Schmitz v. Bernstein Liebhard & Lifshitz, LLP, 376 F. 3d, S. 84, 2004 U.S. App. LEXIS 14925. 79 Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1008. 80 Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1009 verwendet hierfür den Begriff des Gegenangriffs. 81 Vgl. Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 190; ähnlich auch Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1009; kritisch zu den Nachteilen amerikanischer Parteien im Hinblick auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auch Perez/Franklin, Interpreting Section 1782 Post-Intel, abrufbar unter: http://www.law360.com/articles/361200/interpret ing-section-1782-post-intel-part-2 (zuletzt abgerufen 30. Juni 2015); siehe hierzu auch Legum, 7 International Business Law Journal (1998), 752. 78

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Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

ein erhebliches Drohpotential, das geeignet sein kann, den Antragsteller zu verunsichern.82 Eine Abwehr der Beweisermittlung durch Beeinflussung der Ermessensentscheidung des zuständigen Gerichts erweist sich folglich als schwierig. Schöpft der Antragsgegner seine taktischen Möglichkeiten aber aus und beantragt seinerseits die Durchführung einer eigenständigen (reziproken) Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a), kann der Antragsteller durch das mit der Offenlegung eigener Unterlagen verbundene Drohpotential gegebenenfalls dazu gebracht werden, sein ursprüngliches Beweisersuchen zumindest zu überdenken. d. Beschränkung des Umfangs der Beweisermittlung Gelingt eine Abwehr der Beweisermittlung weder auf Tatbestands- noch auf Ermessensebene, kann der Antragsgegner nach Zustellung der Beweisanordnung zumindest versuchen, den Umfang der Verpflichtung zur Offenlegung von vertraulichen Informationen zu beschränken. Geeignetes Mittel hierzu ist ein Antrag auf Erlass einer Protective Order.83 Darüber hinaus kann auch die Beeinträchtigung datenschutzrechtlicher Belange geltend gemacht werden. Durch den Rückgriff auf das Instrumentarium der Protective Order ist zugleich das Kriterium der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Ermessensprüfung (viertes INTEL-Kriterium) angesprochen. Der Erlass einer Schutzanordnung kann dazu beitragen, den Umfang der Beweishilfe ermessenskonform zu reduzieren,84 so dass etwa nur bestimmte Informationen herauszugeben sind oder gewisse Dokumente lediglich gegenüber einem begrenzten Personenkreis offenbart werden müssen (und nicht zugleich auch gegenüber der gegnerischen Partei).85 Die Beweisermittlung kann darüber hinaus davon abhängig gemacht

82 Siehe zum strategischen Potentiel der Reciprocal Discovery auch Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 190. 83 Vgl. Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007 f.; ebenso Jungermann, WuW 2014, 16; siehe schließlich zum Einsatz einer Protective Order als strategisches Instrument auch Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 291 f. 84 Vgl. zur Ablehnung eines Beweisantrags nach 28 U.S.C. § 1782 (a) aufgrund der möglichen Beeinträchtigung der Vertraulichkeit bestimmter Informationen die Entscheidung des US District Court for the Northern District of Indiana, South Bend Division, Entscheidung v. 8 April 2009, In Re: Application of Heraeus Kulzer, Case No. 3:09-MC-08 CAN, 2009 U.S. Dist. LEXIS 29771, 2009 WL 961229; siehe auch die bestätigende Folgeentscheidung des US District Court for the Northern District of Indiana, South Bend Division, Entscheidung v. 9 Juli 2009, In Re: Application of Heraeus Kulzer, Case No. 3:09-CV-183 RM, 2009 U.S. Dist. LEXIS 58877, 2009 WL 2058718; vgl. ferner US District Court for the Eastern District of Pennsylvania, Entscheidung v. 11. September 2009, In Re: Heraeus Kulzer GmbH, No. 09-MC-00017, 2009 U.S. Dist. LEXIS 83716, 2009 WL 2981921. 85 Siehe zu den einzelnen Formen der Ausgestaltung der Protective Order bei MüllerStoy, GRUR Int. 2005, 562.

§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung

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werden, dass dem zuständigen Spruchkörper des Ausgangsverfahrens Informationen nur zugänglich gemacht werden, wenn dieser seinerseits entsprechende Maßnahmen in Aussicht stellt, die die Vertraulichkeit der Informationen garantieren.86 Scheidet ein solcher Vertraulichkeitsschutz allerdings mangels adäquater Schutzmaßnahmen aus, kann die Beweisermittlung auch im Ganzen untersagt werden.87 Vor diesem Hintergrund ist eine frühestmögliche Beantragung der Protective Order empfehlenswert.88 Erfolgt eine Beantragung erst, wenn eine umfängliche Abwehr des Beweisersuchens nicht mehr möglich ist, besteht das Risiko, dass der Antrag aufgrund Verspätung nicht mehr berücksichtigt wird.89 Wurde bereits im Vorfeld ein mit der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Zusammenhang stehendes US-Verfahren durchgeführt und kam es dabei zu einer Offenbarung von geheimhaltungsbedürftigen Informationen, ist darauf zu achten, dass die offen gelegten Unterlagen nach Abschluss der Beweisermittlung umgehend wieder nach Deutschland verbracht werden, um einen (weiteren) Zugriff auf die Unterlagen über 28 U.S.C. § 1782 (a) zu unterbinden.90 Neben der Beeinträchtigung der Vertraulichkeit vorzulegender Informationen kann auch ein Verweis auf andere datenschutzrechtliche Belange zu einer Beschränkung des Beweisermittlungsersuchens führen.91 Das Spannungsfeld zwischen den datenschutzrechtlichen Anforderungen des deutschen Rechts und der Reichweite der amerikanischen Beweisermittlung ist in der Praxis jedoch nur in abgeschwächter Form erkennbar. Da im Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) keine Veröffentlichung der Informationen gegenüber Dritten erfolgt, ergeben sich konsequenterweise auch nur in bedingtem Ausmaß datenschutzrechtliche Bedenken.92 Erscheint eine Beeinträchtigung dennoch möglich, kann wiederum durch Erlass einer Protective Order die Offenlegung von Informationen ausgeschlossen werden oder eine Mitteilung an das Gericht z.B.

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Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1007 f. Vgl. zu den relevanten Abwägungskriterien hinsichtlich des Erlass der Protective Order bei Müller-Stoy, GRUR Int. 2005, 562. 88 Müller-Stoy, GRUR Int. 2005, 562, weist darauf hin, dass ein sogenanntes last-minutefiling als bloßer taktischer Schachzug aufgefasst werden könnte und das Gericht daher womöglich die erforderliche Schutzbedürftigkeit (for good cause) ablehnt. 89 Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 291. 90 Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 267. 91 Das Problem einer Verletzung datenschutzrechtlicher Belange wird umfassend adressiert von Bodenhausen, DAJV-Newsletter 2012, 14 ff. 92 Jungermann, WuW 2014, 16 m.w.N.; vgl. hingegen kritisch zu der umgekehrten Situation einer Übermittlung von Daten aus Deutschland in die USA die Urteilsanmerkung von Spies/Schröder, MMR 2010, 277 f., die deutlich macht, dass die Frage der Verletzung datenschutzrechtlicher Belange durch die Gerichte noch lange nicht befriedigend geklärt ist. 87

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in einem versiegelten Umschlag erfolgen.93 Insgesamt ist der Hinweis auf datenschutzrechtliche Belange daher maßgeblich im Hinblick auf die Beeinträchtigung geheimhaltungsbedürftiger Informationen eine zielführende Vorgehensweise für den Antragsgegner. e. Verzögerung der Beweisermittlung als Verteidigungsstrategie Scheitern die zuvor erläuterten Abwehrmöglichkeiten, bleibt dem Antragsgegner – nach einer Auffassung in der Literatur94 – eine weitere Form der Verteidigung, und zwar die schlichte Verzögerung der eigenen Offenlegung der Informationen oder eine sonst unkooperative Zusammenarbeit mit dem Antragsteller und dem zuständigen District Court.95 Der Vorteil eines solchen Vorgehens sei insbesondere darin zu sehen, dass bereits durch minimale Verzögerungen der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und bei gleichzeitigem Fortgang des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens die Fristen zur Beibringung von Beweismitteln ablaufen und das Gericht im Ausgangsforum daher in der Konsequenz von einer Verwendung der – noch nicht vorliegenden – Beweismittel gänzlich absieht.96 Tatsächlich ist eine Verzögerungsstrategie zur Abwehr der Beweishilfe kritisch zu bewerten.97 Zunächst können sich durch eine Verzögerung des Auskunftsverlangens negative Konsequenzen bereits im Forum der Beweisermittlung selbst ergeben. Neben dem psychologischen Argument, den zuständigen District Court durch taktische Manöver nicht zu verstimmen, können sich auch handfeste Nachteile – unter anderem im Hinblick auf Zeit- und Kostengesichtspunkte – ergeben.98 Darüber hinaus kann aus jeder nicht nur unerheblichen Verzögerung durch den Antragsgegner der Vorwurf abgeleitet werden, der Antragsgegner behindere die Beweisermittlung und trage nichts zur Sachverhaltsermittlung bei (bad faith).99 Gelingt der Nachweis der Böswilligkeit, ergeben

93

Bodenhausen, DAJV-Newsletter 2012, 14 ff. Insbesondere Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 190, halten eine Verzögerung der Beweisermittlung für unbedingt erforderlich und sehen in jedem noch so geringen Zeitgewinn einen »small victory in the totality of the foreign proceeding«. 95 Teilweise wird die Verzögerungsstrategie auch als eigenständige, gleichermaßen effektive Form der Abwehr einers Beweisverlangens dargestellt, die nicht lediglich nachrangig betrieben werden sollte, vgl. Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 190. 96 In diesem Sinne Perez/Cruz-Alvarez, 5 Florida University Law Review (2010), 190, kritisch bezugnehmend hingegen Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1008. 97 Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1008. 98 Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 295. 99 Eine Verzögerung der Beweisermittlung sollte bereits im Stadium der Initial Disclosure-Phase vermieden werden, vgl. hierzu ausführlich Wittmann, ZD 2011, 175 f. 94

§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung

359

sich für den Antragsgegner weitere Nachteile.100 Schließlich wird dem Antragsgegner die Begründung der Notwendigkeit des Erlasses einer Protective Order voraussichtlich leichter gelingen (und er beim Gericht eher Gehör finden), wenn er zuvor kooperativ an der Beweisermittlung mitgewirkt und diese nicht willkürlich blockiert hat.101 Die für den Antragsgegner aus einer Verzögerungstaktik resultierenden negativen Konsequenzen setzen sich im Ausgangsforum des patentrechtlichen Verfahrens fort. Die deutschen Gerichte neigen dazu, Beweistermine und -fristen zu verschieben, wenn eine bekanntermaßen aufwendige US-Discovery im Raum steht.102 Verzögert der Antragsgegner daraufhin aber die Beweisermittlung in den USA bewusst und lässt sich die Verzögerung durch den Antragsteller nachweisen, kann auch das deutsche Gericht hieraus nachteilige Schlüsse für den Antragsgegner ziehen und in die freie Beweiswürdigung nach § 286 ZPO einfließen lassen. Eine willkürliche Prozessverschleppung kann sogar dazu führen, dass der Antragsgegner dem Vorwurf missbräuchlicher Prozessführung ausgesetzt wird und sich insoweit schadensersatzpflichtig macht.103 Von einer die Beweismittlung per se verzögernden Taktik ist dem Antragsgegner daher abzuraten. Zwar kann auch ein allzu kooperatives Verhalten im Einzelfall nachteilige Folgen haben, wenn etwa in der freiwilligen Herausgabe von Beweismitteln der Verzicht auf ein Privilege erkannt wird,104 jedenfalls muss der Antragsgegner aber den Anschein eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens vermeiden. 2. Verteidigungsmöglichkeiten im deutschen Ausgangsforum Möglichkeiten zur Abwehr der Beweisermittlung ergeben sich auch im Forum des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens. Ansatzpunkt kann dabei das Ausgangsfahren selbst sein, aber auch die Einleitung selbstständiger Verfahren kommt als Verteidigungsmittel in Betracht.

100

Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 295 sowie weiterführend zu den verfahrenstaktischen Nachteilen ab S. 390 ff. 101 Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 296 m.w.N. 102 Vgl. US Court of Appeals for the Third Circuit, Entscheidung v. 28. Juli 2010, Heraeus Kulzer GmbH v. Esschem, Inc., 390 Fed. Appx., S. 91 f., 2010 U.S. App. LEXIS 15789 (zugleich GRUR Int. 2011, 360); siehe auch Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1008 f., der auf die Bereitschaft amerikanischer Gericht hinweist, eine Beweisanordnung zu erlassen, wenn die mündliche Verhandlung im deutschen Verfahren bevorsteht. 103 In der deutschen höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde eine prozessverzögernde Verteidigungsstrategie bereits als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB qualifiziert, siehe BGH, Urt v. 11. November 2003, VI ZR 371/02, NJW 2004, 446 ff. 104 Siehe Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 296, mit Verweis auf den Verzicht des Selbstbezichtigungsschutzes (Privilege against self-incrimination).

360

Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

a. Maßnahmen im Rahmen des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens Die Einleitung von Maßnahmen im Rahmen des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens zur Abwehr der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kann ausnahmslos durch die jeweiligen Verfahrensbeteiligten erfolgen.105 Dabei handelt es sich vornehmlich um den Beklagten des entsprechenden Verfahrens sowie um Dritte, die z.B. als Nebenintervenienten am Verfahren beteiligt sind. Es ist nicht erforderlich, dass derjenige, der im Ausgangsverfahren tätig wird, auch zugleich von der Beweisanordnung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) betroffen ist. Praktisch ist es allerdings häufig der Fall, dass diejenige Partei im Ausgangsverfahren aktiv wird, die auch am Beweishilfeverfahren in den USA als Antragsgegner beteiligt ist. Grundsätzlich werden verschiedene Formen der Einflussnahme durch die Verfahrensbeteiligten in Erwägung gezogen. Eine bereits in vielen Varianten besprochene106 Strategie der Einflussnahme betrifft die Einwirkung auf das deutsche Gericht des Ausgangsverfahrens, sich formlos107 oder etwa im Rahmen eines Hinweisbeschlusses108 gegenüber dem District Court der Beweisermittlung zu äußern und auf diese Weise die Ermessensentscheidung zu beeinflussen. Es wurde allerdings gezeigt, dass das Argument einer fehlenden Empfänglichkeit gegenüber der Beweishilfe zumeist nicht durchgreift, da die Bereitstellung zusätzlicher Beweise zunächst nicht unerwünscht ist.109 Im Übrigen wird das Gericht in Anbetracht der Gefahr, sich durch eine ablehnende Positionierung gegenüber der Beweishilfe dem Verdacht der Befangenheit auszusetzen,110 nur selten eine solch eindeutige Stellungnahme abgeben.111 Ob und inwieweit weitere Optionen einer Einflussnahme durch das deutsche Gericht bestehen, ist fraglich.112 Parallel zu der Möglichkeit amerikanischer Gerichte im Wege sogenannter Anti-Suit Injunctions vorzugehen,113 kann ein

105

Vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 87 f. Vgl. hierzu unter Teil 5, § 2, I., 2. sowie unter Teil 5, § 2, II., 1., c. 107 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 88 f. 108 Vgl. zur Erforderlichkeit einer möglichst eindeutigen und ausdrücklichen Form der Ablehnung der Beweishilfe Schönknecht, GRUR Int. 2011, 1008 mit Verweis auf US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v. 20. März 1995, In Re: Application of Euromepa, S.A., 51 F. 3d, S. 1100. 109 Siehe Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 90. 110 Ein Verweis auf die grundsätzlichen Grenzen der Beweisaufnahme und die geltenden Substantiierungspflichten wird hingegen möglich sein, vgl. erneut Rollin, a.a.O., S. 90. 111 Vgl. zur Aussagekraft eines neutral gehaltenen Schreibens des Gerichts unter Teil 5, § 2, I., 2. 112 Vgl. etwa Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 88; siehe auch Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 268 f. 113 Siehe zur Möglichkeit der Anordnung einer Anti-Suit Injunction statt vieler Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Auflage, Rn. 860 ff. 106

§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung

361

deutsches Gericht die Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) durch unmittelbare Anordnung gegenüber den Verfahrensparteien wohl nicht unterbinden. Im deutschen Recht fehlt es bereits an einer tauglichen Rechtsgrundlage, um eine entsprechende Prozessleitungsbefugnis des Gerichts durchzusetzen. Die zivilprozessualen Leitungsbefugnisse des deutschen Richters betreffen allein den äußeren Gang des Verfahrens114 sowie sitzungspolizeiliche Befugnisse.115 Weitergehende Einflussmöglichkeiten gegenüber den Parteien sind im deutschen Recht nicht vorgesehen.116 Damit sind die Einwirkungsmöglichkeiten auf das Gericht zur Abgabe einer Stellungnahme im Rahmen des Ausgangsverfahrens begrenzt. b. Einleitung eines selbstständigen Verfahrens zur Abwehr der Beweisermittlung In Anbetracht der eingeschränkten Handhabe gegen die Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen des in Deutschland anhängigen patentrechtlichen Ausgangsverfahrens kann die Einleitung eines selbstständigen Verfahrens ein umso attraktiveres Mittel sein, um den Antragsteller an der Beweisermittlung zu hindern.117 Das in der Regel als Unterlassungsklage118 ausgestaltete Verfahren gibt dem von der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Betroffenen (zumeist die gegnerische Verfahrenspartei des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens) im Erfolgsfall einen vollstreckbaren Titel gegen den Antragsteller der US-Beweisermittlung an die Hand, der auf Unterlassung der Durchführung des Beweishilfeverfahrens in den USA gerichtet ist.119

114

Vgl. z.B. § 140 ZPO (materielle Prozess- bzw. Sachleitung), ferner § 136 ZPO (Leitung der mündlichen Verhandlung und der Güteverhandlung). 115 Vgl. etwa § 176 GVG (Sitzungspolizei). 116 Zum Gesamten ausführlich Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 88. 117 Vgl. hierzu erneut Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 90 ff.; eingehend zur deutschen Rechtslage hinsichtlich der Abwehr ausländischer Verfahren mittels des inländischen Rechtsschutzes Kurth, Inländischer Rechtsschutz, S. 60 ff. 118 Siehe zur Sinnhaftigkeit der Erhebung einer vorbeugenden negativen Feststellungsklage auch Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, § 6, Rn. 308 ff.; hierzu auch Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Auflage, Rn. 838 ff., 863; siehe schließlich optimistisch zu den Erfolgsaussichten einer Feststellungsklage Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 268 f. 119 Vgl. in diesem Zusammenhang auch zum Vorgehen gegen eine Beweisanordnung, die i.R.e. US-amerikanischen Verfahrens gegenüber einem deutschen Unternehmen im Wege der einstweiligen Verfügung ergangen ist, siehe hierzu die Vorlage eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen das ausländische Beweisersuchen Schütze, in: Mes, Prozessformularhandbuch, I.T.4; vgl. hierzu ferner Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 268 f.

362

Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

Die als Abwehrmaßnahme gegenüber ausländischen Prozessen ausgestalteten inländischen Verfahren werden in Deutschland120 kritisch beurteilt.121 Obwohl sich die Untersagungsanordnung unmittelbar nur gegen die das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) betreibende Partei richtet, kommt es unweigerlich auch zu einem faktischen Eingriff in die Zuständigkeit des US-amerikanischen Gerichts,122 dessen Verfahren in Folge der Androhung vollstreckungsrechtlicher Zwangsmittel (hier: gegenüber dem Antragsteller der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a)) nicht weitergeführt würde. Angesichts dieses Potentials zur Störung der internationalen Rechtspflege wird ein Vorgehen mittels eigenständiger nationaler Verfahren in der Regel nur zur Abwehr schwerwiegender Verstöße gegen den inländischen ordre public, zur Abwehr eines Rechtsmissbrauchs oder zur Verhinderung erheblicher Nachteile für Parteien und Zeugen in Erwägung gezogen.123 Fraglich ist jedoch, ob die mit der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) verbundenen Nachteile für den Antragsgegner bzw. für die gegnerische Partei des patentrechtlichen Verfahrens als derart gravierend zu beurteilen sind, dass die Einleitung eines selbstständigen Verfahrens gerechtfertigt erschiene. Eine Verletzung des ordre public aufgrund der Durchführung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist auszuschließen,124 so dass zunächst der Eindruck entsteht, die Einleitung eines eigenständigen Verfahrens sei nicht angebracht. Allerdings kann ein Vorgehen im Wege einer Unterlassungsklage mit Blick auf das zweite INTEL-Kriterium eine taugliche Abwehrmaßnahme darstellen. Prüfungsumfang ist hier nicht nur die Empfänglichkeit des konkret betroffenen (patentrechtlichen) Spruchkörpers des Ausgangsverfahrens, sondern darüber hinaus die Empfänglichkeit gegenüber den Erkenntnissen der Beweishilfe im (gesamten) jeweils zuständigen Gerichtsforum. Es wird demnach auch untersucht, ob z.B. eine Beeinträchtigung eines anderen Verfahrens außerhalb des konkret anhängigen Ausgangsverfahrens zu erwarten ist (hier: eine etwaige Beeinträchtigung des Verfahrens zur Erlangung des Unterlassungstitels).125 120 Siehe allerdings zum umfassenden Rückgriff auf die Anti-Suit Injunctions im amerikanischen und englischen Recht Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Auflage, Rn. 860 ff. 121 Vgl. statt vieler Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, § 6, Rn. 305 ff.; kritisch auch Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Auflage, Rn. 861 ff., siehe zur Unzulässigkeit von Anti-Suit Injunctions insbesondere innerhalb der EU aufgrund des Verstoßes gegen Art. 27 EuGVO erneut ders., a.a.O., Rn. 863. 122 Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, § 6, Rn. 301 ff.; vgl. ferner Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 90 f. 123 Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, § 6, Rn. 301. 124 Siehe hierzu ausführlich unter Teil 4, § 2, III. sowie Teil 4, § 2, IV. 125 Vgl. etwa zur Berücksichtigung einer möglichen Beeinträchtigung einer deutschen strafrechtlichen Ermittlung, die zur Untersagung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) führte die Entscheidung des US Court of Appeals for the Second Circuit, Entscheidung v.

§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung

363

Daraus folgt aber, dass der jeweils zuständige District Court die – in Zusammenhang mit der Beweishilfe stehende – Stattgabe einer Unterlassungsklage berücksichtigen und davon ausgehend eine (erneute) Prüfung der Ermessensvoraussetzungen des 28 U.S.C. § 1782 (a) vornehmen würde.126 Entgegen der bei Einleitung eines selbstständigen Verfahrens üblicherweise erfolgenden Beeinträchtigung der internationalen Rechtspflege ist im Rahmen von 28 U.S.C. § 1782 (a) zumindest denkbar, dass das Gericht nach Kenntniserlangung von der Untersagungsanordnung den Beweisermittlungsantrag – sofern diesem nicht bereits stattgegeben wurde – unter Berücksichtigung des entgegenstehenden Unterlassungstitels jedenfalls kritisch(er) prüfen würde.127 Zur Einleitung des selbstständigen Verfahrens sind allerdings zunächst ein entsprechender materiell-rechtlicher Anspruch sowie die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts erforderlich. Die Zuständigkeit kann in Fällen mit Bezug zu einer in den USA anhängigen Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nur über den allgemeinen Gerichtsstand (vgl. §§ 12 ff. ZPO) des im selbstständigen Verfahren Beklagten begründet werden.128 Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Antragsteller der Beweishilfe, der zusätzliche Beweise für ein patentrechtliches Verfahren in Deutschland ermitteln möchte, auch selbst in Deutschland ansässig ist.129 In materiell-rechtlicher Hinsicht kommen – je nach Einzelfall – unterschiedliche Anspruchsgrundlagen zur Begründung der Unterlassungsanordnung in Betracht.130 Besteht zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis, kann ein Anspruch aus der Verletzung bestehender Geheimhaltungspflichten131 resultieren. Alternativ ist ein deliktischer Unterlassungsanspruch aus den §§ 823, 826,

20. Juli 2004, Schmitz v. Bernstein Liebhard & Lifshitz, LLP, 376 F. 3d, S. 84, 2004 U.S. App. LEXIS 14925; vgl. ergänzend unter Teil 5, § 2, II., 1., c. 126 Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 268 f. 127 Vgl. zum Gesamten Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 90 f.; vorstellbar wäre allerdings auch, dass das amerikanische Gericht die Untersagungsanordnung gerade zum Anlass nimmt, den Beweishilfeantrag zu gewähren, da der Erlass einer Untersagungsanordnung zumindest auf eine gewisse Brisanz der geforderten Informationen hindeutet und für den zuständigen District Court insoweit nahe liegt, dass die Informationen im Ausgangsforum für den Antragsteller nicht erreichbar sind. 128 Ablehnend gegenüber anderen Formen der Zuständigkeitsbegründung Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 91, der verdeutlicht, dass der Bezug der Beweisermittlung zu Deutschland, etwa durch die betroffenen Interessen, nicht ausreicht, wenn der Beklagte selbst nicht zugleich im deutschen Forum ansässig ist; siehe hierzu auch Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 269. 129 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 91. 130 Vgl. hierzu ausführlich Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 269; kritisch hingegen Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 91 f.; ablehnend auch Gottwald, in: Nagel/Gottwald-IZPR, § 6, Rn. 307. 131 Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 269.

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Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

1004 BGB132 i.V.m. den Grundsätzen des ordre public denkbar.133 Die vermeintlich unerlaubte Handlung zur Begründung eines deliktischen Anspruchs kann allerdings nicht pauschal in der Prozessführung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gesehen werden.134 Schließlich handelt es sich bei der zusätzlichen Bereitstellung von Beweisen über 28 U.S.C. § 1782 (a) weder um eine sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) noch ist das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) als unvereinbar mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts zu qualifizieren.135 Anknüpfungspunkte einer deliktischen Haftung können hingegen ein etwaiger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des zur Beweisherausgabe verpflichteten Unternehmens136 oder die sich aus der vorsätzlichen Verletzung einer Verschwiegenheitsverpflichtung ergebende sittenwidrige Schädigung des zur Auskunft Verpflichteten sein.137 Ein Vorgehen gegen die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) im Rahmen eines selbstständigen Verfahrens im Forum des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens ist damit grundsätzlich möglich. Die tatsächliche Einleitung eines entsprechenden Verfahrens ist allerdings aufgrund der eher theoretischen Fallkonstellationen kaum vorstellbar und wird in Anbetracht des rechtspolitisch nach wie vor unerwünschten Vorgehens138 über die an amerikanische Anti-Suit Injunctions erinnernden Unterlassungsanordnungen eher selten in Erwägung gezogen werden. Kommt es dennoch zur Initiierung eines solchen Verfahrens zur Abwehr der Beweisermittlung, werden nur geringe Erfolgsaussichten bestehen.

132 Vgl. Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 269, die ein Vorgehen gemäß § 826 BGB als problematisch erachtet; hingegen lediglich einen Anspruch aus § 826 BGB befürwortend Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Auflage, Rn. 862; siehe hierzu auch die Entscheidung des OLG Düsseldorf, Urt. v. 18. Juli 1997, 22 U 271/96, NJW-RR 1998, 283 ff.; so bereits zuvor RG, Urt. v. 3. März 1938 – IV 224/37, in: RGZ 157, S. 136 ff.; etwaige Ansprüche in Gänze ablehnend Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 92. 133 Laut Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 269, kann sich in bestimmten Situationen – etwa bei Verletzung einer Protective Order – neben der Unterlassungsklage auch eine strafrechtliche Relevanz der Beweisermittlung über den Tatbestand des § 353 d Nr. 2 StGB (Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen) ergeben. 134 So allerdings Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 91. 135 Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 91 f.; siehe zur ordre public Konformität des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) unter Teil 4, § 2, III. sowie Teil 4, § 2, IV. 136 Vgl. umfassend zu einem möglichen Vorgehen aufgrund eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Kurth, Inländischer Rechtsschutz, S. 82 ff. 137 Coester-Waltjen, in: FS-Kerameus, S. 269. 138 Vgl. Rollin, Ausländische Beweisverfahren, S. 92.

§ 2 Strategische Erwägungen und deren Auswirkungen auf die Prozessführung

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3. Zwischenergebnis: Strategische Erwägungen aus Sicht des Antragsgegners Beabsichtigen der Antragsgegner der Beweishilfe oder die gegnerische Partei des patentrechtlichen Verfahrens gegen das Beweisersuchen vorzugehen, bieten sich hierfür Möglichkeiten sowohl im Rahmen des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens als auch Verteidigungsmöglichkeiten in den USA selbst. Ein effektives Vorgehen ist allerdings faktisch nur im Forum der Beweisermittlung, d.h. in den USA, denkbar. Die im Zuge des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens in Deutschland bestehenden Möglichkeiten beschränken sich auf die Beeinflussung des Spruchkörpers, diesen zu einer ablehnenden Stellungnahme gegenüber dem in den USA zuständigen District Court zu bewegen, wobei eine dezidiert ablehnende Stellungnahme in den seltensten Fällen tatsächlich erlangt wird. Anderweitige Mittel, um die Beweisermittlung abzuwehren, stehen mangels ausreichender Prozessleitungsbefugnisse weder dem verantwortlichen deutschen Spruchkörper zu, noch vermitteln eigenständige Verfahren entsprechende Einflussmöglichkeiten. Die insoweit in Frage kommenden Konstellationen, die die Einleitung eines selbstständigen Verfahrens rechtfertigen würden, sind allenfalls theoretischer Natur, so dass sich hieraus keine weitere praxisrelevante Verteidigungsmöglichkeit ableiten lässt. Zur Abwehr der Beweishilfe sind daher vorwiegend die in den USA bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten heranzuziehen, die vor allem den Inhalt und den Umfang des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) betreffen. So kann der Antragsgegner etwa formelle Mängel der Subpoena geltend machen und auf diese Weise die Durchführung der Beweisermittlung zumindest zeitweise verzögern. Im Hinblick auf die zwingenden Tatbestandsvoraussetzungen des 28 U.S.C. § 1782 (a) ist die Handhabe des Antragsgegners hingegen begrenzt. Anhaltspunkte für eine Verteidigungsstrategie ergeben sich insoweit weder bei der Zuständigkeitsbegründung noch bei der Zugriffsmöglichkeit (Control). Allenfalls kann im Rahmen von Konzernsachverhalten eine fehlende Control der Konzerntochter hinsichtlich der bei der Konzernmutter belegenen Unterlagen eingewandt werden. Erfolgversprechender ist ein Vorgehen auf der Ermessensebene. Einfallstore einer Abwehrstrategie bieten sowohl das zweite als auch das vierte INTEL-Kriterium sowie die Androhung einer Reciprocal Discovery. Zur möglichen Einflussnahme auf die Beurteilung der Empfänglichkeit des ausländischen Spruchkörpers ist jedoch anzumerken, dass die Abgabe einer ablehnenden Stellungnahme nur bei Vorlage tatsächlich aussagekräftiger Präzedenzfälle aus der Rechtsprechung gelingen kann und die Gerichte – angesichts der Gefahr eines Befangenheitsantrags – selbst dann zurückhaltend agieren. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit kann vor allem auf einen hohen Kostenaufwand (im Vergleich zum Streitwert des Verfahrens) gestützt werden. Andere Kriterien einer möglichen Unverhältnismäßigkeit sind in der Praxis selten. Folglich wird sich der Antragsgegner bei seiner Verteidigung nicht selten auf die Androhung

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Teil 5: Die Beweishilfe im Rahmen deutscher Patentstreitigkeiten

einer Reciprocal Discovery konzentrieren. Angesichts der Gefahr, eigene Informationen offenlegen zu müssen, besteht die Möglichkeit, dass der Antragsteller zumindest den Umfang seines Beweisersuchens erneut überdenkt; jedenfalls vergrößert der Antragsgegner – eine Gewährung der Reciprocal Discovery vorausgesetzt – zwangsläufig den Umfang eigener relevanter (Beweis-) Erkenntnisse und kann die erlangten Informationen bestenfalls für eine Abwehrstrategie im Rahmen des Ausgangsverfahrens nutzen. Misslingt eine Abwehr der Beweishilfe, sollte der Antragsgegner den Umfang der Beweisanordnung zumindest durch Erlass entsprechender Protective Orders begrenzen. Die teilweise vorgeschlagene Verzögerung der Beweisermittlung durch den Antragsgegner durch eine mangelnde Kooperation mit dem Gericht oder dem Antragsteller dürfte demgegenüber keine taugliche Strategie darstellen, da bei einer Verzögerung der Beweishilfe in der Regel erhebliche Nachteile drohen und der District Court etwaigen zukünftigen Anträgen des Antragsgegners in der Folge eher ablehnend gegenüber stehen wird.

Teil 6

Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme und Ausgleich der involvierten Interessen Ob 28 U.S.C. § 1782 (a) – im Vergleich zu den anderen untersuchten Beweisermittlungssystemen des deutschen, englischen und französischen Rechts – einen lediglich vergleichbaren Ermittlungsumfang sowie eine lediglich vergleichbare Ermittlungsintensität gewährleistet, oder ob das Beweishilfeverfahren des US-amerikanischen Rechts tatsächlich – und wie zu Beginn der Untersuchung als Hypothese unterstellt – die vorzugswürdige, weil für den Antragsteller umfassendste Variante der Beweisermittlung darstellt, wird im nachstehenden Teil 6 untersucht. Der Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme mündet in eine abschließende Betrachtung der involvierten prozessualen Interessen des Antragstellers und Antragsgegners und zeigt, ob die eingangs erläuterten prozessualen Konflikte bei Durchführung eines Beweishilfeverfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in Ausgleich gebracht werden können und inwieweit sich die prozessualen Interessen der Parteien im Rahmen dieses Ausgleichs wiederfinden.

§ 1 Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme Sämtliche der untersuchten nationalen bzw. internationalen Beweisbeschaffungssysteme können im Rahmen eines in Deutschland anhängigen patentrechtlichen Verfahrens von dem Patentrechtsinhaber oder anderen Beteiligten des Verfahrens herangezogen und kombiniert werden, um den dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt zu erforschen.1 Um eine vergleichsweise Beurteilung der einzelnen Beweisermittlungssysteme durchführen zu können, werden die jeweiligen Systeme im Folgenden einer Untersuchung entsprechend der für die Beweisermittlung maßgeblichen Kriterien unterzogen.

I. Vergleich der Systeme des deutschen, englischen, französischen und US-amerikanischen Rechts Im Zuge der Untersuchung wurden unterschiedliche Kriterien identifiziert, anhand derer die einzelnen Beweisbeschaffungsverfahren charakterisiert werden können und mittels derer jurisdiktionsübergreifend eine Bewertung der jeweiligen Beweisermittlungsmethoden vorgenommen werden kann. Die maßgeblichen Kriterien werden im Weiteren herangezogen, um die unterschiedlichen (Beweis-)Systeme voneinander abzugrenzen. 1. Mögliche (Anspruchs-)Gegner der Beweisermittlung Das deutsche Recht sieht Beweisermittlungsmöglichkeiten insbesondere gegenüber den Besitzern mutmaßlich patentverletzender Gegenstände (§ 809 BGB2) sowie gegenüber denjenigen Personen vor, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entgegen den §§ 9 bis 13 PatG eine patentierte Erfindung benutzt haben (§ 140 c PatG3). Auch die prozessualen Instrumente der Beweisermittlung richten sich vornehmlich gegen den potenziellen Patentverletzer und

1

Siehe zur Anwendbarkeit der Saisie Contrefaçon in deutschen patentrechtlichen Verfahren unter Teil 1, § 2, II., 2.; vgl. ferner zu den Möglichkeiten der Anwendung der Search Order unter Teil 1, § 2, I. 2 Siehe hierzu ausführlich unter Teil 1, § 1, I., 1. 3 Vgl. unter Teil 1, § 1, I., 2.

§ 1 Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme

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damit gegen die gegnerische Partei eines bevorstehenden Verletzungsverfahrens (§§ 485 ff. ZPO und §§ 421 ff. ZPO).4 Durch die Neuordnung der §§ 142, 144 ZPO kam es zu einer Erweiterung des Adressatenkreises der Beweisbeschaffung, die nunmehr auch eine Beweisermittlung gegenüber Dritten ermöglicht. Voraussetzung eines solchen Vorgehens gegenüber Dritten ist einerseits die Zumutbarkeit der Beweisbeschaffung sowie andererseits die Unbeachtlichkeit von etwaigen dem Dritten zustehenden Zeugnisverweigerungsrechten.5 Die Search Order begrenzt die Auswahl möglicher Antragsgegner zunächst über das Kriterium eines prima-facie-Anscheins einer Schutzrechtsverletzung durch den Antragsgegner. Bei Vorliegen von Anhaltspunkten für die Beteiligung eines Dritten kann sich die Search Order allerdings auch gegen diesen Dritten richten. Zusätzlich wird gefordert, dass sich belastendes Beweismaterial im Besitz des Antragsgegners oder des Dritten befindet und eine Zerstörung der Beweismittel zu erwarten ist.6 Ähnlich verfährt auch das französische Recht, das mit der Saisie Contrefaçon ein Verfahren bereithält, das bereits bei bloßer Vermutung einer Schutzrechtsverletzung Maßnahmen gegenüber dem vermeintlichen Verletzer sowie gegenüber Dritten ermöglicht. Eine vorprozessuale Variante der Beweisbeschaffung gegenüber der möglichen Gegenpartei und Dritten steht auch über Art. 145 NCPC zur Verfügung.7 Im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erfolgt keine Differenzierung zwischen der Beweisermittlung gegenüber einem potenziellen Patentverletzer und einem sonstigen Dritten, der über solche für das Ausgangsverfahren relevante Beweismittel verfügt. Soweit der Antragsgegner den US-amerikanischen Zuständigkeitsregelungen unterfällt und die von ihm erhaltenen Beweismittel für die Verwendung in einem (patentrechtlichen) Gerichtsverfahren bestimmt sind, kann die Beweisermittlung gegenüber sämtlichen – diesen Voraussetzungen entsprechenden – Personen durchgeführt werden. Ein konkreter Bezug des Dritten zu dem patentrechtlichen Verfahren wird nicht gefordert. Die verschiedenen Systeme der Beweisermittlung gestatten folglich allesamt eine Beweisermittlung bei den in Frage kommenden Patentverletzern, d.h. bei den künftigen Beklagten eines möglichen Hauptsacheverfahrens. Darüber hinaus ist auch ein Vorgehen gegenüber Dritten, die nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit der Verletzungshandlung stehen, möglich. Die insoweit zu erfüllenden Voraussetzungen divergieren in einer rechtsvergleichenden Be-

4

Vgl. unter Teil 1, § 1, II., 1. sowie unter Teil 1, § 1, II., 2., a. Siehe zu der Reichweite der Einschränkungen unter Teil 1, § 1, II., 2., b. 6 Ausführliche Hinweise zu den einzelnen Voraussetzungen finden sich unter Teil 1, § 2, I.; siehe zur a.A. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Auflage, Rn. 111. 7 Vgl. zu den Einzelheiten der Saisie Contrefaçon bzw. des Verfahrens nach Art. 145 NCPC unter Teil 1, § 2, II. 5

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Teil 6: Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme und Interessenausgleich

trachtung jedoch erheblich. Während das deutsche Recht eine umfassende Zumutbarkeitsprüfung vorsieht und die fehlende Prozessbeteiligung des Dritten auf Ermessensebene berücksichtigt,8 erfordert das englische Recht zumindest eine begünstigende Beteiligung des Dritten an der deliktischen Verletzungshandlung.9 Das französische Recht folgt einer liberalen und ergebnisorientierten Ausgestaltung und fordert keinen Bezug des Antragsgegners zu der erfolgten Patentverletzung.10 Vergleichbar ist auch die Beweisermittlung gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) konzipiert, die ebenfalls keinerlei Bezug des Dritten zu dem in Rede stehenden Anspruch des Ausgangsverfahrens fordert, sondern bereits die erfolgreiche Zuständigkeitsbegründung gegenüber dem betreffenden Dritten als ausreichend erachtet.11 2. Reichweite der Beweisermittlung – Nachweis der Rechtsverletzung und Umfang der Konkretisierungspflichten Die Reichweite der einzelnen Beweisbeschaffungsmethoden bemisst sich aus Sicht des jeweiligen Antragstellers vor allem nach dem in den unterschiedlichen Jurisdiktionen geforderten Grad der Konkretisierung der vermeintlich erfolgten Rechtsverletzung einerseits und der Bezeichnung der vorzulegenden Informationen und Gegenstände andererseits. So verlangen die Ansprüche aus § 809 BGB und § 140 c PatG eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Patentverletzung. Der Vortrag zur Begründung der Beweisermittlung muss eine Verletzung bereits in gewissem Maße erwarten lassen.12 Vergleichbare Konkretisierungspflichten hinsichtlich der vermuteten Patentverletzung statuieren auch die prozessualen Vorschriften der §§ 142, 144 ZPO und der §§ 485 ff. ZPO, die neben einem ausreichend konkreten Vortrag zur Schutzrechtsverletzung eine so konkrete Bezeichnung der vorzulegenden Urkunden erfordern, dass zumindest deren Identifizierbarkeit gewährleistet werden kann. Angesichts dieser hohen Anforderungen gestaltet sich die Beweisermittlung für die beweissuchende Partei in Deutschland häufig schwierig. Aufgrund der Belegenheit der Beweismittel beim mutmaßlichen Verletzer ist der Antragsteller zumeist nicht in der Lage, seinem Beweisermittlungsantrag einen hinreichend konkreten Vortrag zugrunde zu legen.13 8

Vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 142, Rn. 11. Battenstein, Instrumente zur Informationsbeschaffung im Vorfeld von Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 200 m.w.N. 10 Vgl. Adloff, Vorlagepflichten und Beweisvereitelung, S. 429 m.w.N. 11 Siehe detailliert zu den Wertungsunterschieden zwischen 28 U.S.C. § 1782 (a) und § 142 ZPO Blechmann/Rieger, DAJV-Newsletter 2004, 146. 12 Siehe hierzu unter Teil 1, § 1, I., 1. bzw. unter Teil 1, § 1, I., 2. 13 Siehe hierzu nochmals die Zusammenfassung der prozessualen Instrumente der Beweisbeschaffung unter Teil 1, § 1, II., 3. 9

§ 1 Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme

371

Auch die Search Order verlangt das Vorliegen eines ausgeprägten primafacie-Anscheins einer Schutzrechtsverletzung. Daneben genügt allerdings eine allein nach Sachklassen geordnete Umschreibung der Beweismittel. Die für den Sachvortrag bestehenden Hürden werden demnach durch vergleichsweise geringe Anforerungen an die Bestimmtheit kompensiert, so dass sich die aus der Sphärenproblematik ergebenden Widrigkeiten der Beweisermittlung im Falle der Search Order nicht in vergleichbarem Maße auswirken.14 Diese Feststellung gilt in ungleich größerem Umfang auch für das Verfahren der Saisie Contrefaçon. Das französische Recht lässt zur Substantiierung der vorzulegenden Urkunden und Gegenstände bereits eine Bezugnahme auf die Patentansprüche genügen. Angesichts dieser vergleichsweise niedrigen Beweisschwelle bestehen für den Antragsteller deutlich geringere Probleme, die für ihn erforderlichen Informationen in hinreichendem Maße beizubringen.15 Der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) liegt die aus den FRCP bekannte Rule of Relevance zugrunde. Gemäß der Rule of Relevance ist eine Information bereits dann im Wege der Beweisermittlung erforschbar, wenn sie in einem wie auch immer gearteten Zusammenhang mit dem (Verletzungs-)Verfahren steht. Ausreichend ist bereits, wenn die Information vernünftigerweise geeignet erscheint, zur Gewinnung von noch unbekanntem Beweismaterial beizutragen.16 Durch den Verzicht auf das Erfordernis, die Wahrscheinlichkeit einer Patentverletzung nachweisen zu müssen, ermöglicht das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) einen umfassenden Zugriff auf das Beweismaterial der gegnerischen Partei. Den untersuchten Beweisermittlungssystemen liegen unterschiedliche Effizienzvorstellungen zugrunde, die sich in einem jeweils unterschiedlichen Beweisermittlungsumfang widerspiegeln. Während das deutsche und auch das englische Recht eine Anknüpfung an die Patentverletzung erfordern, verzichtet das Verfahren der Saisie Contrefaçon sowie die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) auf einen solchen Bezugspunkt.17 Unterschiede ergeben sich darüber hinaus bei der Bezeichnung der zur Darlegung der Schutzrechtsverletzung erforderlichen Beweismittel. Während das deutsche Recht einen – oft nicht praxisgerechten – Substantiierungsgrad zur Bezeichnung der vorzulegenden Informationen verlangt, belassen es ausländische18 Beweisverfahren bei einer

14

Vgl. unter Teil 1, § 2, I. Siehe hierzu Teil 1, § 2, II. 16 Vgl. zur Ausgestaltung der Rule of Relevance unter Teil 2, § 3, I. 17 Vgl. zu den bestehenden Unterschieden zwischen dem deutschen Verfahrensrecht und 28 U.S.C. § 1782 (a) Meibom/Feld, in: FS-BPatG, S. 987 f. 18 Sofern im Rahmen der Ausführungen dieses § 1 (»Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme«) zu Vergleichszwecken ein Bezug zu ausländischen Beweisbeschaffungsmöglichkeiten oder zu den im Ausland vorhandenen Beweisermittlungsmethoden hergestellt wird, handelt es sich hierbei stets um eine Bezugnahme zu sämtlichen in die rechtsvergleichende 15

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Teil 6: Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme und Interessenausgleich

an Sachklassen und den jeweiligen Patentansprüchen orientierten Konkretisierungspflicht oder stellen lediglich auf ein weit gefasstes Relevanzkriterium ab. 3. Schutz vertraulicher Informationen Die Besichtigungsansprüche aus § 809 BGB und aus § 140 c PatG sowie die Anordnung der Vorlage von Urkunden gemäß §§ 142, 144 ZPO sehen eine Berücksichtigung von Geschäftsgeheimnissen jeweils auf Ebene der Verhältnismäßigkeit vor und beurteilen die möglichen Auswirkungen einer Verletzung der Vertraulichkeit der Informationen im Rahmen einer Interessenabwägung. Teilweise wird eine Geheimhaltung der Informationen durch Kombination verschiedener Anordnungsmöglichkeiten im Wege des sogenannten Düsseldorfer Verfahrens gewährleistet, z.B. durch Verpflichtung der an der Besichtigung beteiligten Personen zur Verschwiegenheit. Die englische Search Order sieht hingegen keinen ausdrücklichen Schutz vertraulicher Informationen vor. Die Besorgnis der Offenbarung von Betriebsgeheimnissen führt demnach nicht per se zur Ablehnung der Einsichtsgewährung. Teilweise wird allerdings der Kreis der Zutrittsberechtigten limitiert (sogenannter Confidentiality Club) oder die Besichtigung unter den Vorbehalt der Unterzeichnung einer Verschwiegenheitsverpflichtung gestellt.19 Eine nahezu identische Vorgehensweise wird im französischen Recht praktiziert. Sind vertrauliche Dokumente zum Nachweis der Verletzung erforderlich, sollen sie den Beratern der Parteien gegenüber nur offenbart werden, sofern sich diese im Vorfeld zur Verschwiegenheit verpflichtet haben.20 In Ausnahmefällen – und auf Antrag des Antragsgegners – können auch bereits beschlagnahmte Dokumente durch den Gerichtsvollzieher noch zurückgehalten und auf diese Weise vor einer Offenlegung geschützt werden. Das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) berücksichtigt etwaig bestehende Geheiminteressen der Parteien über das Instrumentarium der Schutzanordnungen (Protective Order) einerseits sowie über Privileges andererseits. In der Regel erfolgt auch insoweit eine Abwägung zwischen den Interessen des Antragstellers an einer Sachverhaltsaufklärung und dem Interesse des Antragsgegners an einer Geheimhaltung der betreffenden Information. In Betracht kommen vor diesem Hintergrund der Ausschluss der beantragten Discovery-Maßnahme, die Anordnung einer eingeschränkten Beweisermittlung, die Begrenzung der Anzahl zugangsberechtigter Personen sowie die Aufnahme eines spezifischen Verwendungszwecks in die Beweisanordnung.

Betrachtung aufgenommenen Ländern außer Deutschland, d.h. es wird ein Vergleich zu den Regelungen in England und Frankreich angestellt. 19 Siehe dazu auch unter Teil 1, § 2, I. 20 Vgl. unter Teil 1, § 2, II., 2.

§ 1 Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme

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Sämtliche Beweisermittlungssysteme sehen einen gewissen Schutz für vertrauliche Informationen vor. Besonders ausgeprägt ist dieser Schutz im deutschen Recht, das bei hinreichender Betroffenheit betrieblicher Geheimbelange eine Beweisermittlung nicht zulässt oder aber nur unter sehr engen Voraussetzungen gestattet. Die im Ausland vorgesehenen Beweisbeschaffungsverfahren sehen hingegen eine abgestuftere Herangehensweise vor und beschränken tendenziell den Umfang der Beweisermittlung sowie den Kreis zutrittsberechtigter Personen, um die Beweisermittlung jedenfalls im Wesentlichen zu ermöglichen. Der Schutz vertraulicher Informationen ist folglich bei einer Beweisbeschaffung im Ausland – wie etwa über 28 U.S.C. § 1782 (a) – nur in eingeschränkterem Maße möglich. 4. Durchsetzung der angeordneten Beweisermittlung Die materiellen Besichtigungsansprüche im deutschen Recht sehen keine besonderen Durchsetzungsmechanismen vor. Die verfahrensrechtliche Durchsetzung erfolgt daher entweder über den Weg des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens oder zur Erzielung eines Überraschungseffekts – und daher bevorzugt – über das einstweilige Verfügungsverfahren. Teilweise kommt eine Kombination der selbstständigen Beweisanordnung mit einer auf § 809 BGB oder § 140 c PatG gestützten Duldungsverfügung in Betracht, die eine Durchsetzung der Besichtigung etwa dann erlaubt, wenn die Merkmalsverwirklichung ganz oder teilweise nicht in der Öffentlichkeit stattfindet. Auch den prozessualen Ansprüchen auf Urkundenvorlegung mangelt es an einem eigenständigen Durchsetzungsregime. Angesichts des § 427 ZPO drohen dem Beweisgegner bei Nichtbefolgung der Beweisanordnung nach §§ 421 ff. ZPO zwar beweisrechtliche Nachteile; Zwangsmittel stehen dem Anspruchsteller allerdings nicht zur Verfügung. Gleiches gilt für die richterliche Anordnung der Vorlage von Urkunden gemäß §§ 142, 144 ZPO. Auch insoweit ergeben sich allein Beweisnachteile, eine Erzwingung der Maßnahme ist hingegen nicht vorgesehen.21 Vordergründig mangelt es dem englischen Recht ebenfalls an unmittelbaren, tauglichen Durchsetzungsinstrumenten. In formaler Hinsicht wird jedenfalls verlangt, dass der Antragsgegner die Durchführung der Beweisanordnung gestattet. Allerdings wird eine Widersetzung gegenüber den Anordnungen einer Search Order als Straftat beurteilt und zieht daher verhältnismäßig harte Sanktionen nach sich (Contempt of Court), die mittelbar zu einer effektiven Durchsetzung der Search Order führen.22 Auch die Durchsetzung der Anordnungen eines Saisie Contrefaçon-Verfahrens gestaltet sich einfach. Durch die in der Beweisanordnung enthaltene Duldungsverfügung kann der jeweilige 21

Vgl. zu den sich ergebenden nachteiligen beweisrechtlichen Folgen unter Teil 1, § 1,

II., 3. 22

Siehe hierzu unter Teil 1, § 2, I.

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Teil 6: Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme und Interessenausgleich

Anspruchsteller die Anordnung bei Weigerung des Beweisgegners mithilfe unmittelbaren Zwangs durchsetzen lassen. Der verantwortliche Gerichtsvollzieher (huissier de justice) kann sich dabei polizeilicher oder anderweitiger (Amts-)Hilfe bedienen. Die Durchsetzung der Anordnungen der amerikanischen Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) folgt einem ähnlichen Muster wie das englische Recht. Unmittelbare Durchsetzungsinstrumente sind zwar nicht bereits der Beweisanordnung immanent, jedoch ergibt sich aus dem Sanktionscharakter der in Frage kommenden Zwangsmittel die Möglichkeit zur Durchsetzung der Beweishilfe. Die Maßnahmen zur Durchsetzung der Anordnungen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) decken sich nicht mit den im Rahmen der FRCP zur Verfügung stehenden Zwangsmitteln; umfasst sind allein direkte Zwangsmaßnahmen. Schließlich sind die von den indirekten Zwangsmitteln ausgehenden prozessualen Einschränkungen nicht geeignet, einen im Hinblick auf das Verfahren der vorprozessualen Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) adäquaten Sanktionscharakter zu entfalten.23 Folglich sieht sich der Antragsgegner im Fall der Widersetzung gegenüber der Beweisanordnung dem direkten Zwangsmittel des Contempt of Court ausgesetzt, so dass ihm eine Geld- oder gar eine Haftstrafe wegen Missachtung des Gerichts droht. Aufgrund der Vollstreckungsmöglichkeit in sämtliches Vermögen mit Bezug zu den USA ergibt sich der Sanktionscharakter auch gegenüber nicht in den USA ansässigen Antragsgegnern, die ein amerikanisches Discovery-Begehren daher zumindest nicht unbeantwortet lassen sollten.24 Der Durchsetzung der gerichtlich angeordneten Beweisermittlung wird in den verschiedenen Jurisdiktionen augenscheinlich ein unterschiedlicher Stellenwert eingeräumt. So verknüpft lediglich das französische Recht im Rahmen des Saisie Contrefaçon-Verfahrens die Beweisanordnung direkt mit einer zusätzlichen Duldungsanordnung und ermöglicht damit eine für den Antragsteller vereinfachte Möglichkeit der Durchsetzung gerichtlicher Beweisanordnungen. In den Common Law Staaten erfolgt die Durchsetzung vergleichsweise effektiv über den Sanktionscharakter des Zwangsmittels des Contempt of Court. Die Durchsetzungsmöglichkeiten im deutschen Recht sind dagegen begrenzt, so dass die Handhabe eines deutschen Antragstellers insoweit großen Einschränkungen unterliegt.

23

Vgl. hierzu ausführlich unter Teil 3, § 1, II., 3. sowie unter Teil 3, § 2, V., 1., b. Siehe hierzu Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 192; vgl. ferner Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S. 284 f. 24

§ 1 Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme

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II. Ergebnis: Vergleich der betrachteten Beweisbeschaffungssysteme Das Beweisermittlungsverfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erweist sich gegenüber den rechtsvergleichend betrachteten Beweissystemen des deutschen, englischen und des französischen Rechts als für den beweissuchenden Antragsteller praktikables und damit vorzugswürdiges Institut. Das gilt zunächst für die personale Reichweite der Beweisermittlung. Obgleich die in den Fokus genommenen Beweissysteme ein Vorgehen sowohl gegen die Beteiligten des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens als auch gegenüber Dritten grundsätzlich vorsehen, stellt sich die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) als flexibelstes Instrument zur Gewinnung von Beweismitteln dar. So ist etwa der Kreis potenzieller Antragsgegner aufgrund der niedrigen Zuständigkeitsanforderungen praktisch unbegrenzt. Das gilt auch für die sachliche Reichweite der Beweisermittlung. Während die übrigen Beweissysteme eine Konkretisierung in unterschiedlicher Ausprägung und Detailtiefe fordern, orientiert sich die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ausschließlich an dem weit gefassten Relevanzkriterium. 28 U.S.C. § 1782 (a) hält ferner ein ausdifferenziertes Schutzregime vor, das dem Antragsteller – angesichts des im Verhältnis zum deutschen Recht geringeren Schutzes betrieblicher Geheimbelange – einen einfacheren Zugang zu sensiblen Informationen gewährt.25 Auch die Durchsetzung der Beweishilfe ist durch 28 U.S.C. § 1782 (a) mittelbar abgesichert, da dem Antragsteller bei Weigerung des Antragsgegners die direkten Zwangsmittel des Contempt of Court (Geld- oder Haftstrafen) zur Verfügung stehen, von welchen ein hinreichender Zwangscharakter ausgeht. Wenngleich das Verfahren der Saisie Contrefaçon durch die in der Beweisanordnung unmittelbar enthaltene Duldungsanordnung eine für den Antragsteller noch günstigere Variante bereithält, sind die im Rahmen des 28 U.S.C. § 1782 (a) zur Verfügung stehenden Zwangsmittel insgesamt als praktikabel und zweckmäßig zu bewerten.

25 Letztlich entspricht die Behandlung der unternehmerischen Geheiminteressen aber internationalen Standards und geht etwa im Vergleich zum französischen Recht noch über dessen Schutzanforderungen hinaus; vgl. hierzu ausführlich unter Teil 1, § 2, II.

§ 2 Ausgleich der prozessualen Interessen von Antragsteller und Antragsgegner Der vorstehende Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme hat gezeigt, dass das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ein äußerst geeignetes Instrument zur Erforschung des einer Patentverletzung zugrunde liegenden Sachverhalts darstellt. Über die Feststellung der Eignung des Beweishilfeverfahrens hinaus wird abschließend erneut der Blick auf die bereits zu Beginn der Arbeit aufgeworfene Frage gerichtet, ob eine Anwendung ausländischer Beweishilfeverfahren – insbesondere nach 28 U.S.C. § 1782 (a) – mit den Maximen des deutschen Zivilverfahrens zu vereinbaren ist und diesen tatsächlich gerecht wird. Zur Beantwortung dieser Frage müssen zwei Phasen des Beweishilfeverfahrens unterschieden werden: Zum einen die Einleitung und Durchführung der Beweisermittlung und zum anderen die Phase der Verwertung und Einführung der Beweisergebnisse im Rahmen des deutschen patentrechtlichen Ausgangsverfahrens.

I. Interessenausgleich im Zuge der Einleitung und Durchführung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Eine Analyse der Ergebnisse des vorstehenden Systemvergleichs sowie der an die Parteien des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gerichteten strategischen Handlungsempfehlungen führt zu folgender Feststellung: Beachtet der Antragsteller die Empfehlungen zur Durchführung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a), d.h. ist er sich des Risikos einer Reciprocal Discovery bewusst und berücksichtigt er vor allem die zeitliche Abfolge von vorrangig durchzuführender Beweisermittlung und erst hiernach einzuleitendem Gerichtsverfahren im Ausgangsforum, sind die Verteidigungsmöglichkeiten des Antragsgegners zur Abwehr der Beweisermittlung stark eingeschränkt. Schließlich neigen die District Courts dazu, die tatbestandlichen Voraussetzungen und die relevanten Ermessenskriterien in großem Umfang zugunsten

§ 2 Ausgleich der prozessualen Interessen von Antragsteller und Antragsgegner

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des Antragstellers auszulegen.1 Noch zu klären ist allerdings, welche Schlussfolgerungen sich aus einer derartigen Feststellung für den Ausgleich der Interessen von Antragsteller und Antragsgegner ziehen lassen. Aus dem Blickwinkel der Grundsätze der Rechtsschutzgarantie und Prozessökonomie stellt das auf Ebene der Einleitung bzw. Durchführung der Beweishilfe vornehmlich zugunsten des Antragstellers ausgestaltete Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kein Problem dar. Vor dem Hintergrund, dass der Justizgewährungsanspruch das Recht auf Feststellung des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts gewährleistet und auch der Grundsatz der Prozessökonomie eine umfassende Erkenntnisgrundlage begrüßenswert erscheinen lässt, ergeben sich keine zivilprozessualen Bedenken im Hinblick auf die beachtliche Reichweite der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a). Die genannten Verfahrensgrundsätze legen im Gegenteil eine Heranziehung der Beweishilfe sowie anderweitiger Verfahren zur (weitergehenden) Beweismittelerlangung nahe, soweit dadurch dem Rechtsschutzbegehren besser entsprochen werden kann; etwa weil die Tatsachengrundlage präziser und weitreichender ermittelt oder das Verfahren als solches einer effizienteren Ausgestaltung zugeführt werden kann. Unberücksichtigt bleiben bei einer solchen Betrachtung aber die Wechselwirkungen mit anderen Prozessgrundsätzen. So wird deutlich, dass eine Einbindung des zuständigen deutschen (patentrechtlichen) Spruchkörpers bei strategisch vor das Ausgangsverfahren in Deutschland verlagerter Einleitung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht erfolgen kann. Mangels Rechtshängigkeit des Ausgangsverfahrens kann das verantwortliche US-Gericht keine (verbindliche) Stellungnahme eines deutschen Gerichts einholen, um dessen Einstellung bezüglich des Zugriffs auf Beweise gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) zu überprüfen. Zwar geht mit dieser Situation nicht zwingend ein Verstoß gegen das Unmittelbarkeitsgebot einher. Dennoch sind Konstellationen denkbar, im Rahmen derer die prozessualen Rechte des Antragsgegners nicht in gleichem Maße gewährleistet sind wie dies bei Mitwirkung eines deutschen Gerichts der Fall wäre – so z.B. bei der Ermittlung von Informationen, die als vertrauliche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse einzustufen sind und daher nach deutschem Recht einer Beweisermittlung entzogen wären. Die in den USA – ungeachtet der Instrumentarien der Privileges und Protective Orders – erfolgte Offenlegung dieser Informationen ist unwiderruflich und kann im deutschen Prozess auch nicht durch prozessuale Mechanismen ausgeglichen werden. Ebenso verhält es sich mit Informationen, die nur deshalb erlangt werden konnten, weil die weite Formulierung der im US-amerikanischen Recht angesiedelten Dokumentenvorlageverpflichtung auch zur Offenbarung von eigentlich unbekannten und daher nicht näher spezifizierten Unterlagen geführt 1

Siehe zum Hintergrund der Bevorzugung des Antragstellers aus taktischer Hinsicht unter Teil 5, § 2, I.

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Teil 6: Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme und Interessenausgleich

hat. Auch das Resultat eines solchen Beweisfischzuges kann nicht mehr rückgängig gemacht werden, insbesondere dann, wenn die Informationen schriftlich oder elektronisch vorliegen und daher über den Urkundsbeweis jederzeit in das deutsche Verfahren eingeführt werden könn(t)en. Die Grenzen des Ausforschungsverbots sind damit zwar nicht per se verletzt, können unter diesen Umständen aber im Einzelfall überschritten sein. Damit zeigt sich, dass die Phase der Einleitung und Durchführung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) jedenfalls eine Beeinträchtigung etablierter Verfahrensgrundsätze bedeuten kann. Allerdings sollte hieraus nicht vorschnell eine Zurückhaltung gegenüber dem Institut der Beweishilfe oder gar dessen Unanwendbarkeit im Rahmen deutscher gerichtlicher Auseinandersetzungen abgeleitet werden. Vielmehr kommt es auf den Einzelfall an. Nur im konkreten Fall kann die Beeinträchtigung solche Ausmaße annehmen, dass sie zu einer tatsächlichen Unzulässigkeit der Beweisermittlung führt. Eine generelle Unzulässigkeit ist dagegen – wie gezeigt – abzulehnen.

II. Interessenausgleich im Rahmen der Einführung und Verwertung der Ergebnisse der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Der Ausgleich der Interessen von Antragsteller und Antragsgegner im Zusammenhang mit der Verwertung und Einführung der Beweisergebnisse aus dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) wurde bereits in Teil 4 im Hinblick auf einen Verstoß gegen den ordre public Vorbehalt einer ausführlichen Betrachtung und Bewertung zugeführt.2 Dabei wurde gezeigt, dass weder die Einführung noch die Verwertung der Beweiserkenntnisse zu einem Verstoß gegen die als maßgeblich identifizierten Prozessmaximen führen müssen. Deutlich wurde bei der Untersuchung der Verfahrensgrundsätze vor allem, dass das deutsche Prozessrecht bereits grundsätzliche Instrumente vorsieht, die der mit der Auslandsbezogenheit der Beweismittel verbundenen Trennung der Phase der Informationsgewinnung und der Phase der Informationsverwertung ausreichend Rechnung tragen. So erfordert der Grundsatz der Unmittelbarkeit eine Einführung der Beweiserkenntnisse im Wege des Urkundsbeweises, womit die erfolgte Durchführung der Beweisermittlung bereits hinreichend berücksichtigt wird. Bedenken ergeben sich allenfalls für die Vereinbarkeit der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) mit dem Grundsatz der Parteiöffentlichkeit und dem Anspruch auf rechtliches Gehör. Die möglichen Einschränkungen auf tatsächlicher Ebene sind allerdings lediglich im Einzelfall geeignet, eine Verletzung der genannten Verfahrensmaximen zu konstituieren. Gleiches gilt 2

Siehe hierzu umfassend unter Teil 4, § 2, III.

§ 2 Ausgleich der prozessualen Interessen von Antragsteller und Antragsgegner

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für die Beurteilung eines möglichen Verstoßes gegen das Ausforschungsverbot, der ebenfalls lediglich im Einzelfall anzunehmen ist, etwa bei besonders gravierenden Auswüchsen der amerikanischen Discovery-Begehren zugrunde liegenden Rule of Relevance. Hinsichtlich des Grundsatzes der Prozessökonomie sowie im Hinblick auf das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes deckt sich die Einschätzung schließlich mit derjenigen im Rahmen der Durchführung der Beweishilfe, d.h. diese Prozessrechtsgrundsätze stehen der Anwendung ausländischer Beweishilfeverfahren grundsätzlich offen gegenüber. Auch für den Bereich der Verwertung und Einführung der Ergebnisse der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erscheint ein Interessenausgleich damit möglich, ohne dass dem offensichtliche Hürden entgegenstünden.

III. Ergebnis: Ausgleich der beteiligten Interessen im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) Die Herbeiführung eines Ausgleichs der involvierten Interessen von Antragsteller und Antragsgegner im Rahmen des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) erweist sich als mögliches Vorhaben, das aus Sicht des deutschen Prozessrechts, insbesondere im Hinblick auf die maßgeblichen Verfahrensgrundsätze, nicht per se misslingen muss. Konflikte können sich bei der Einleitung und Durchführung des Verfahrens sowie bei der Verwertung der durch das Verfahren erlangten Beweiserkenntnisse ergeben. Eine Beeinträchtigung der untersuchten Verfahrensgrundsätze erfolgt dabei aber keinesfalls pauschal. Vielmehr hängt die Frage der Verletzung der Prozessmaximen in großem Umfang von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Der Antragsteller, der die Reichweite des Verfahrens durch die konkrete Form der Antragsstellung zumindest in Teilen bestimmen kann, ist demnach mitverantwortlich, eine Verletzung der Prozessmaximen zu vermeiden. Diese Feststellung ist aus Sicht eines künftigen Antragstellers des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) unbefriedigend, da offensichtlich keine allgemeingültige Aussage dahingehend getroffen werden kann, ob das beabsichtigte Beweishilfeverfahren in allen Facetten den prozessualen Anforderungen des deutschen Rechts entspricht. Andererseits ergibt sich die grundsätzlich positive Ausgangsposition, dass es der Antragsteller je nach Ausgestaltung des zugrunde liegenden Beweishilfeantrags, je nach Reichweite und Umfang der Beweisermittlung sowie in Abhängigkeit von der Vertraulichkeit der vorzulegenden Unterlagen selbst in der Hand hat, ob eine Beeinträchtigung der diskutierten Verfahrensmaximen in Betracht kommt und damit ein Ausgleich der Interessen von Antragsteller und Antragsgegner gefährdet erscheint. Der Antragsteller ist folglich einem gewissen Dilemma ausgesetzt. Zwar will er das Ver-

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Teil 6: Vergleich der Beweisbeschaffungssysteme und Interessenausgleich

fahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) möglichst umfassend nutzen, um an Beweismittel zu gelangen, die im Ausgangsforum gerade nicht erreichbar sind. Um diese Beweismittel auch im Rahmen des deutschen Verfahrens verwenden zu können, muss er allerdings bei der Anwendung des US-amerikanischen Beweishilfeverfahrens die sensiblen verfahrensrechtlichen Aspekte des deutschen Rechts zumindest teilweise mitberücksichtigen. Dieses Vorhaben kann sich je nach Fallgestaltung als Gratwanderung erweisen. In praxi sind die von Seiten des Antragstellers zu erfüllenden Anforderungen jedoch realistisch zu bewältigen. Wenngleich Verfahrenskonstellationen denkbar sind, die zivilprozessualrechtliche Bedenken aufwerfen, so führt die Beeinträchtigung der Prozessmaximen in diesen Verfahrensausgestaltungen aber nicht per se zu Konsequenzen für das Verfahren im Ausgangsforum und für den Antragsteller selbst. Resultiert etwa aus der Gewinnung bestimmter Beweismittel eine mögliche Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes, obliegt es dem verantwortlichen Spruchkörper des Ausgangsverfahrens über deren Verwertbarkeit im Einzelfall zu entscheiden. Gelangt der zuständige Richter zu der Überzeugung, dass eine Verwertung des konkreten Beweismittels tatsächlich nur unter Verletzung des verfahrensrechtlichen Grundsatzes der Unmittelbarkeit vorgenommen werden kann, sieht er von der Würdigung insoweit ab und führt die übrigen Beweise aus dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) einer Verwertung zu. Schließlich betrifft der prozessrechtliche Konflikt nicht stets das Verfahren als solches, sondern häufig lediglich dessen konkrete Ausgestaltung im Einzelfall. Die Auswirkungen sind damit auf das jeweilige Beweismittel beschränkt. Ist sich der Antragsteller dieses Umstandes bewusst und ist er bereit, diese Einschränkung in Kauf zu nehmen, kann er auch eine weitreichende Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) riskieren, ohne dabei zwingend Konsequenzen im Hinblick auf die Durchführung der Beweishilfe im Übrigen befürchten zu müssen.

Zusammenfassung und Ausblick Ausgehend von dem eingangs der Untersuchung dargestellten Szenario einer in Deutschland anhängigen Patentstreitigkeit sowie dem mutmaßlichen Vorliegen von relevanten Beweismitteln in den USA wurde untersucht, ob ein Rückgriff auf das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) in Anbetracht der deutschen Instrumente vorprozessualer Beweisermittlung überhaupt erforderlich ist bzw. inwieweit die Beweishilfenorm des 28 U.S.C. § 1782 (a) eine Beschaffung von Beweismitteln für ein deutsches patentrechtliches (Ausgangs-)Verfahren ermöglicht. Im Rahmen der Verwendungsmöglichkeiten des Beweishilfeverfahrens gemäß 28 U.S.C. § 1782 (a) wurde insbesondere erörtert, ob eine Einführung der Beweise in das patentrechtliche Ausgangsverfahren sowie eine sich anschließende Verwertung der Beweiserkenntnisse in Einklang mit den prozessualen Maßgaben des deutschen Zivilverfahrensrechts steht. Die im Zuge der Untersuchung erlangten Erkenntnisse sind im Folgenden zusammengefasst. Im Bereich des Patentrechts besteht ein ausgeprägtes Informationsgefälle zwischen dem Patentrechtsinhaber als potenziellem Kläger und dem Patentverletzer als zukünftigem Beklagten einer patentgerichtlichen Auseinandersetzung (Einleitung, § 1). Um dieser Asymmetrie zu begegnen, bedarf es der Bereitstellung von Beweisbeschaffungsinstrumenten auf Seiten des Patentrechtsinhabers. Naheliegend erscheint zunächst ein Rückgriff auf die in Deutschland zur Verfügung stehenden Instrumente vorprozessualer Beweisermittlung (Teil 1, § 1). Eine zweckmäßige Alternative hierzu ist die Anwendung ausländischer Beweisbeschaffungsverfahren, die einen – so die Hypothese zu Beginn der Untersuchung – erleichterten Zugriff auf die im jeweiligen Forumstaat belegenen Beweismittel ermöglichen (Teil 1, § 2). Ein solches Vorgehen ist im Hinblick auf die Grundsätze des deutschen Zivilprozesses nicht per se ausgeschlossen, auch wenn sich im Einzelfall Konflikte ergeben können, etwa mit dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, dem Beibringungsgrundsatz oder dem Grundsatz des Ausforschungsverbots (Einleitung, § 1). Die Offenheit des deutschen Zivilprozessrechts gegenüber ausländischen Beweisverfahren ist angesichts der im deutschen Recht nur begrenzt vorhandenen Möglichkeiten vorprozessualer Beweisermittlung auch erforderlich. Weder die materiell- noch die verfahrensrechtlichen Instrumente der Beweisermittlung gewährleisten eine umfassende Ermittlung des der Patentverletzung

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Zusammenfassung und Ausblick

zugrunde liegenden Sachverhalts. Ein aussagekräftiges Beweisermittlungsresultat lässt sich in Anbetracht der eingeschränkten Auswahl möglicher Antragsgegner sowie der weitreichenden Berücksichtigung von Geheimhaltungsinteressen kaum erzielen. Der Patentrechtsinhaber, der bei der Aufbereitung des Verletzungssachverhalts ausschließlich auf deutsche vorprozessuale Beweisbeschaffungsmethoden zurückgreift, muss das nachgeschaltete Verletzungsverfahren teilweise ohne ausreichende Kenntnis der relevanten Tatsachengrundlage betreiben (Teil 1, § 1). Der Befund einer Unzulänglichkeit der deutschen patentrechtlichen Beweisbeschaffungsmethoden wird durch einen Vergleich mit anderen europäischen Beweisermittlungsverfahren, namentlich der englischen Search Order sowie der französischen Saisie Contrefaçon untermauert (Teil 1, § 2). Vor diesem Hintergrund erweist sich das amerikanische Discovery-Verfahren und dessen Orientierung an dem Leitgedanken einer vollständigen Offenbarung der materiellen Wahrheit als hilfreiches Instrument für den Patentrechtsinhaber, seiner Beweisnot entgegenzuwirken (Teil 2, § 1 – § 3). Dies gilt insbesondere angesichts der im amerikanischen Beweisrecht verankerten Beweishilfenorm des 28 U.S.C. § 1782 (a), die nach ihrer grundlegenden gesetzgeberischen Konzeption ausländischen Antragstellern einen Rückgriff auf die Vorzüge des Discovery-Verfahrens gestattet (Teil 3, § 1). Bei der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) handelt es sich um eine vornehmlich zugunsten des Antragstellers der Beweisermittlung ausgestaltete Verfahrensvorschrift, die – trotz der begrenzten Anwendbarkeit der üblicherweise zur Verfügung stehenden Discovery-Maßnahmen – einen weitreichenden Zugriff auf die beim Beweisgegner belegenen Informationen ermöglicht. Verantwortlich ist hierfür nicht eine einzelne konkrete Verfahrensvoraussetzung, sondern letztlich die Gesamtkonzeption des 28 U.S.C. § 1782 (a). So gewährt 28 U.S.C. § 1782 (a) dem Antragsteller bereits in der Phase der Einleitung der Beweisermittlung die Möglichkeit, das Verfahren ohne vorherige Benachrichtigung des Antragsgegners (ex parte) zu initiieren. Der Antragsgegner kann dem Erlass der Beweisanordnung daher häufig erst nach erfolgter Zustellung der Subpoena ((Vor-)Ladung) entgegentreten (Teil 3, § 1). Vorteile für den Antragsteller ergeben sich darüber hinaus unmittelbar auf der Tatbestandsebene, insbesondere im Rahmen der Antragsbefugnis (Teil 3, § 2). Die Beweishilfe kann im Rahmen eines Vorgehens über das HBÜ durch (quasi-)gerichtliche Spruchkörper und – im praktisch erheblich relevanteren Fall eines Vorgehens außerhalb des HBÜ – durch jedwede interessierte Person eingeleitet werden. Die Antragsberechtigung knüpft nicht an den formalen Verfahrensstatus des Antragstellers an, sondern erfordert ein Mindestmaß an Mitwirkungsrechten der interessierten Person an dem jeweiligen Ausgangsverfahren im Ausgangsforum. Neben dem Schutzrechtsinhaber, der bereits angesichts seiner Verfahrensbeteiligung über entsprechende Mitwirkungsrechte verfügt, kommen für patentrechtliche Verfahren insbesondere Lizenznehmer,

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der mutmaßliche Patentverletzer sowie dessen Gehilfen, Mittäter und schließlich etwaige Nebenintervenienten der Parteien als Antragsteller in Betracht (Teil 5, § 1). Im Hinblick auf die – grundsätzlich ebenfalls zur Einleitung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) berechtigten – Parteien eines Patentnichtigkeitsverfahrens kommt dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) hingegen keine vergleichbare Bedeutung zu (Teil 5, § 1). Die tatbestandliche Weite des Merkmals der Antragsberechtigung setzt sich in gleichem Maße bei der Bestimmung des Antragsgegners fort (Teil 3, § 2). Ein Vorliegen ausreichender Minimum Contacts vorausgesetzt, genügt bereits ein kurzfristiger Aufenthalt der maßgeblichen Beweisperson in den USA, um eine gerichtliche Zuständigkeit zu begründen. Eine Umgehung der Zuständigkeitsbegründung durch den Antragsgegner, der zumeist dem Beklagten des im Ausgangsforum anhängigen Patentverfahrens entspricht, ist rechtlich kaum denkbar. Selbst wenn unmittelbare Kontakte zu den USA – etwa durch ein dort ansässiges Tochterunternehmen – nur bedingt gegeben sind, birgt bereits jede US-Auslandsreise die Gefahr, bei Einreise eine gerichtliche Ladung überreicht zu bekommen. Als mögliche Antragsgegenstände der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) kommen ausschließlich die Vorlage von Urkunden und anderen Gegenständen (Production of Documents or other Things) sowie die Anweisung der Beweisperson zur Teilnahme an einer Befragung (Deposition) oder uneidlichen Aussage (Statement) in Betracht. Obwohl damit nur eine begrenzte Auswahl der eigentlichen Discovery-Instrumente zur Verfügung steht, folgt hieraus kein das Beweisermittlungsverlangen des Antragstellers tatsächlich einschränkendes Hindernis (Teil 3, § 2). Gleiches gilt für die weiteren diskutierten Einschränkungen, wie eine etwaige Auslandsbelegenheit der Beweismittel oder eine Berufung auf ausländische Weigerungsrechte. Zwar ist die Vorladung von Auslandszeugen in der Tat problematisch, allerdings besteht je nach zuständigem Gerichtsbezirk durchaus eine Zugriffsmöglichkeit auf auslandsbelegene, die Patentverletzung stützende Unterlagen. Soweit der Antragsgegner schließlich die Geltendmachung ausländischer Weigerungsrechte in Erwägung zieht, sind diese in der Regel mangels tauglichen Nachweises des Vorliegens ihrer Voraussetzungen ebenfalls nicht geeignet, den Umfang der Beweisanordnung entscheidend einzuschränken (Teil 3, § 2). Auch das Tatbestandsmerkmal der zeitlichen Verknüpfung der Beweisermittlung mit dem Ausgangsverfahren (for use-Kriterium) trägt dem Interesse des Antragstellers an einer umfassenden Beweisermittlung Rechnung (Teil 3, § 2). Danach wird bereits bei einer berechtigten Erwartung hinsichtlich der Einleitung des patentrechtlichen Ausgangsverfahrens der erforderliche zeitliche Konnex als gegeben angesehen. Faktisch genügt damit aus patentrechtlicher Perspektive das Vorliegen einer Berechtigungsanfrage oder die Stellung eines Grenzbeschlagnahmeantrags, um die erforderliche Verbindung

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zwischen der Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und dem Ausgangsverfahren herzustellen (Teil 5, § 1). Die antragstellerfreundliche Auslegung des 28 U.S.C. § 1782 (a) setzt sich auf der Ermessensebene fort (Teil 3, § 3). Die Gerichte halten weiterhin an den vier im Rahmen der Entscheidung in Sachen INTEL v. AMD aufgestellten Kriterien der Ermessensentscheidung fest und entwickeln diese sukzessive weiter. Während die einzelnen Voraussetzungen zunächst als gleichwertige Kriterien der Ermessensentscheidung erscheinen, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass nur zwei der vier Kriterien zur Erlangung der Beweisanordnung tatsächlich relevant sind. Dabei handelt es sich um das zweite und das dritte INTEL-Kriterium; den anderen Kriterien kommt lediglich indizieller Charakter zu. Die beiden entscheidenden Kriterien adressieren die Empfänglichkeit des ausländischen Spruchkörpers gegenüber der Beweishilfe (zweites INTEL-Kriterium) sowie den Versuch einer Umgehung ausländischer Beweisvorschriften (drittes INTEL-Kriterium). Bei einer Analyse der Ermessenskriterien zeigt sich, dass zwischen den Parteien keine wirkliche Chancengleichheit besteht (Teil 3, § 3). Vielmehr kann der Antragsteller die gerichtliche Beurteilung der INTEL-Kriterien zu eigenen Gunsten beeinflussen. Der geeignete Hebel einer Einflussnahme besteht für den Antragsteller in dem nahezu frei wählbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen der Beantragung der Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und der Einleitung des patentrechtlichen Verfahrens im Ausgangsforum. Erfolgt die Durchführung der Beweishilfe zu einer Zeit, in der das Ausgangsverfahren noch nicht eingeleitet wurde, kann beispielsweise die Empfänglichkeit des ausländischen Spruchkörpers gegenüber dem Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht verlässlich eingeschätzt werden und auch keine Stellungnahme des betreffenden Spruchkörpers eingeholt werden. Vergleichbare Vorteile ergeben sich für den Antragsteller auch hinsichtlich des dritten INTEL-Kriteriums. Ist ein Ausgangsverfahren noch nicht anhängig, kann der Vorwurf einer Umgehung von Beweisvorschriften nicht substantiiert dargelegt werden. Dem Antragsgegner sind – ein derart strategisches Vorgehen des Antragstellers vorausgesetzt – faktisch die Hände gebunden (Teil 5, § 2). Der Prüfung der anderen beiden Kriterien kommt im Rahmen der Ermessensprüfung nur eine begrenzte Bedeutung zu (Teil 3, § 3). So stellt sich der Beteiligtenstatus des Antragsgegners (erstes INTEL-Kriterium) als kaum aussagekräftiges Kriterium heraus. Selbst wenn der Antragsgegner als Partei im zugrunde liegenden patentrechtlichen Ausgangsverfahren involviert ist oder beteiligt sein wird, kann daraus nicht gefolgert werden, dass ihm gegenüber eine vergleichbare Beweisermittlung im Ausgangsforum gelingt. Schließlich zieht der Antragsteller das Verfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) zur Beweismittelerlangung in der Regel erst dann in Betracht, wenn im Ausgangsforum keine ausreichenden Beweisverfahren zur Verfügung stehen, um zu den ge-

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wünschten Beweisergebnissen zu gelangen. Auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit (viertes INTEL-Kriterium) ist nur von geringer Relevanz. Im Falle der Unverhältnismäßigkeit des Beweisantrags kann das Gericht oder der Antragsteller im weiteren Verfahrensverlauf immer noch gegensteuern und z.B. durch eine Begrenzung des Antrags oder den Erlass einer Protective Order die Verhältnismäßigkeit wiederherstellen. Dadurch wird das vierte Ermessenskriterium eines eindeutigen Aussagegehalts beraubt (Teil 3, § 3). Liegen die erlangten Informationen dem Antragsteller des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) schließlich vor, kann dieser die Beweismittel auch in das patentrechtliche Ausgangsverfahren einführen und verwerten (Teil 4, § 1 – § 2). Einem beweisrechtlichen Durchgriff steht insbesondere der Prüfungsmaßstab des ordre public nicht entgegen (Teil 4, § 2). Die zu Beginn der Untersuchung als vermeintlich konfliktträchtig erkannten Verfahrensgrundsätze werden durch eine Verwertung der Beweisergebnisse nicht per se beeinträchtigt. Die Untersuchung zeigt, dass eine umfassende Beweisermittlung unter Rückgriff auf ausländische Beweisverfahren durch das deutsche Verfahrensrecht zwar nicht explizit gefordert, aber eben auch nicht ausgeschlossen wird (Teil 4, § 2). Das Beweisverfahren nach 28 U.S.C. § 1782 (a) ist daher als äußerst taugliches Instrument zur Beschaffung von in den USA belegenen Beweismitteln zu bewerten (Teil 6, § 1). Folgt der Antragsteller gewissen taktischen Erwägungen, wird das zuständige Gericht die beantragte Beweisermittlung in der Regel gewähren. Der mit der Beweisanordnung konfrontierte Antragsgegner verfügt in dieser Situation nur über eine begrenzte Auswahl an Handlungsalternativen. Ein Bestreiten der tatbestandlichen Voraussetzungen, die zum Erlass der Beweisanordnung geführt haben, erscheint zumeist nicht zielführend und bewirkt allenfalls eine kurze Verzögerung des Erlasses der Beweisanordnung. Ist das Ausgangsverfahren noch nicht anhängig, kann der Antragsgegner auch die Bewertung der Empfänglichkeit des ausländischen Spruchkörpers nicht beeinflussen. Häufig bleibt ihm neben der grundsätzlichen Beschränkung des Umfangs der Beweisermittlung durch Beantragung einer Protective Order nur die Drohung mit einer Reciprocal Discovery, die den Antragsgegner – bei Erlass durch den District Court – in die Lage versetzt, seinerseits relevante Informationen beim Antragsteller einzuholen. Allerdings genügt das von einer Reciprocal Discovery ausgehende Drohpotential für gewöhnlich nicht, um die Beweisermittlung vollständig zu unterbinden. Zumeist kommt es nur zu einer Einschränkung des Umfangs der Beweisermittlung. Es ist daher davon auszugehen, dass ein Beweisantrag bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen sowie unter Berücksichtigung der dargestellten strategischen Erwägungen in der Regel positiv beschieden wird und die im Einzelfall gegenständlichen Informationen gegenüber dem Antragsteller zu offenbaren sind (Teil 5, § 2).

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Die Hypothese eines erleichterten Zugriffs auf die in den USA belegenen Beweismittel durch Rückgriff auf 28 U.S.C. § 1782 (a) hat sich in der Untersuchung bestätigt. Sowohl die Tatbestands- als auch die Ermessensvoraussetzungen lassen sich durch den Antragsteller häufig ohne große Probleme darlegen, so dass sich weitreichende Möglichkeiten bieten, um an US-belegene Beweismittel zu gelangen. Dem verhältnismäßig geringen Aufwand zur Darlegung der notwendigen Voraussetzungen stehen allerdings ein nicht zu vernachlässigender Zeit- und Kostenaufwand für die Durchführung des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) gegenüber, der auch im Obsiegensfall nicht (immer) ausgeglichen wird. Abgesehen von derartigen zumeist untergeordneten Aspekten sowie den allenfalls am Rande zu berücksichtigenden Einschränkungen aus Sicht des deutschen Verfahrensrechts ist das Potential des 28 U.S.C. § 1782 (a) zur Beschaffung auslandsbelegener und für das patentrechtliche Ausgangsverfahren entscheidender Informationen jedoch immens. Dies belegt nicht zuletzt die in den vergangenen Jahren gestiegene Bedeutung und Bekanntheit des Verfahrens1 sowie die nicht unwesentliche Zunahme der Beweisermittlungsersuchen, die über 28 U.S.C. § 1782 (a) abgewickelt wurden.2 Ob das Verfahren allerdings zukünftig zur allgegenwärtigen Praxis in deutschen Patentstreitigkeiten mit US-Beteiligung wird,3 kann mit guten Gründen bezweifelt werden. Trotz der beeindruckenden Reichweite des Verfahrens ist eine Beweisermittlung nach amerikanischem Vorbild schlicht nicht im Rahmen eines jeden patentrechtlichen Verfahrens erforderlich. Hintergrund eines Verzichts auf 28 U.S.C. § 1782 (a) kann etwa ein zu geringer Streitwert des Verfahrens oder eine nicht ausreichende wirtschaftliche Bedeutung des streitgegenständlichen Patents sein, so dass die zu erwartenden Kosten auch bei einem der Klage stattgebenden Urteil im Ausgangsverfahren unverhältnismäßig wären. Darüber hinaus müssen schließlich Anzeichen dafür vorliegen, dass es sich bei den in den USA vorhandenen Informationen tatsächlich um für das konkrete Ausgangsverfahren entscheidungserhebliche Beweismittel handelt. Angesichts der gestiegenen Bekanntheit des 28 U.S.C. § 1782 (a) ist ferner da-

1 Roggenbuck, IPRax 1997, 80, verwies hinsichtlich der künftigen Einsatzmöglichkeiten des Verfahrens nach 28 U.S.C. § 1782 (a) noch auf die weitgehende Unbekanntheit der Beweisermittlungsvorschrift; eine ausführlichere Bezugnahme findet sich in der Folge allerdings bereits bei Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland, S. 245 ff.; umfassend zur Beweisermittlung nach 28 U.S.C. § 1782 (a) und deren Bedeutung für die Beweisermittlungspraxis Adler, US-discovery und deutscher Patentverletzungsprozess; zum Potential des Beweishilfeverfahrens auch Brinkmann, IPRax 2015, 109 ff. 2 Vgl. statt vieler Boyle, 29 Civil Justice Quarterly (2010), 93. 3 Wittmann, ZD 2011, 176.

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von auszugehen, dass ein Vorgehen im Wege der Beweishilfe – sofern möglich4 – zunehmend vertraglich ausgeschlossen werden wird. In Anbetracht dieser Einschränkungen ist 28 U.S.C. § 1782 (a) nicht als unabdingbares Erfordernis oder gar als fester Bestandteil der patentrechtlichen Verfahrensvorbereitung anzusehen. Es ist allerdings durchaus zu erwarten, dass der mit einem entsprechenden Patentverletzungsverfahren betraute Rechtsanwalt die Beweishilfe nach 28 U.S.C. § 1782 (a) als zuverlässige und umfassende Beweisermittlungsmöglichkeit sowie als rein strategisches Verfahrensinstrument5 in bestimmten Fallkonstellationen in Erwägung ziehen wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Verletzungssachverhalt ausgehend von den in Deutschland zur Verfügung stehenden Beweismitteln nicht hinreichend substantiiert werden kann und voraussichtlich hilfreiche Informationen in den USA vorhanden sind, deren Kenntnis in prozesstaktischer Hinsicht nicht nur unerhebliche Vorteile verspricht.

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Siehe allerdings zur Problematik einer vertraglichen Regelung für den Bereich des Patentrechts unter Teil 5, § 2, II. 5 Perez/Franklin, Interpreting Section 1782 Post-Intel, abrufbar unter: http://www.law 360.com/articles/361200/interpreting-section-1782-post-intel-part-2 (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2016).

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Entscheidungsverzeichnis

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Entscheidung vom 10. Juni 1998, First American Corp. v. Price Waterhouse LLP, 154 F. 3d, S. 16 ff. Entscheidung v. 13. Juli 1998, NBC, Inc. et al. v. Bear Stearns & Co., Inc. et al, 165 F. 3d, S. 184 ff. Entscheidung v. 14. Juli 1998 – First American Corp. v. Price Waterhouse LLP, 154 F. 3d, S. 16 ff., Case No. 98-7500(L), 98-7529(XAP). Entscheidung v. 25. Mai 2001, In Re: The Application of Ishihara Chemical Co., Ltd. v. Shipley Company LLC, 251 F. 3d, S. 120 ff. Entscheidung v. 1 Juli 2002, In Re: Application of Edelman v. Taittinger, No. 01-7257, 295 F. 3d, S. 171 ff. Entscheidung v. 20. Juli 2004, Schmitz v. Bernstein Liebhard & Lifshitz, LLP, 376 F. 3d, S. 79 ff., 2004 U.S. App. LEXIS 14925. Entscheidung vom 8. Dezember 2004, United States v. Jo-Ann Venturella, 391 F. 3 d, S. 120 ff. Entscheidung v. 6. März 2012 – Anselm Brandi-Dohrn v. IKB Deutsche Industriebank AG, 673 F. 3d, S. 76 ff.; 2012 U.S. App. LEXIS 4719. Entscheidung v. 24. January 2014 Lufthansa Technik AG v. Astronics Corp., Case No. 114116, 2014 U.S. App. LEXIS 1352.

US Court of Appeals for the Seventh Circuit Entscheidung v. 3. Juli 2003, Michael McKevitt v. Abdon Pallasch et al., 339 F. 3d, S. 530 ff. Entscheidung v. 24. Januar 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer GmbH v. Biomet, Inc., 633 F. 3d, S. 591 ff., Nos. 09-2838, 10-2639, (zugleich in: ZD 2011, S. 173–176 sowie in GRUR Int. 2011, S. 361–364).

US Court of Appeals for the Sixth Circuit Entscheidung v. 3. März 2000, United States v. Devine, 208 F. 3d, S. 215 ff., 2000 U.S. App. LEXIS 3558.

US Court of Appeals for the Third Circuit Entscheidung v. 5. Februar 1985 – John Deere Ltd. and Deere Company v. Sperry Corp., 754 F. 2d, S. 132 ff., 1985 U.S. App. LEXIS 28033. Entscheidung v. 9. June 1998 – In Re: Application of Bayer AG v. Betachem, Inc., 146 F. 3d, S. 188 ff. Entscheidung v. 12. April 1999 – In Re: Application of Bayer AG v. Betachem, Inc., 173 F. 3d, S. 188 ff. Entscheidung v. 28. Juli 2010, Heraeus Kulzer GmbH v. Esschem, Inc., 390 Fed. Appx., S. 88 ff., 2010 U.S. App. LEXIS 15789 (zugleich in: GRUR Int. 2011, S. 358 ff.).

US Court of Appeals of New York Entscheidung v. 30. März 1980, Jerome Laufer v. Ira Ostrow et al., 55 N.Y. 2 d, S. 305 ff.

US District Court for the Northern District of Alabama Entscheidung v. 10. April 1998, Intergraph Corp. v. Intel Corp., 3 F. Supp. 2d, S. 1255 ff.

US District Court for the Central District of California Entscheidung v. 6. Januar 2009, Glenda M. Hornsby v. Lufthansa German Airlines, 593 F. Supp. 2 d, S. 1132 ff.

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Entscheidungsverzeichnis

US District Court for the District of Columbia Entscheidung v. 10. November 1952, In Re: Investigation of World Arrangements, US Dist. LEXIS 3547, 13 F.R.D., S. 280 ff. Entscheidung v. 17. November 1980, Federal Trade Commission v. Compagnie de SaintGobain-Pont-a-Mousson, 636 F. 2d, S. 1300 ff. Entscheidung v. 15. Oktober 1998, Bethlehem Knifle v. Parks & History Association, 1998 US Dist. LEXIS 22250, 1998 WL 1109117. Entscheidung v. 23. Mai 2005, Norex Petroleum Ltd. v. Chubb Insurance Co. Of Canada, et al., 384 F. Supp. 2d, S. 45 ff. Entscheidung v. 3. November 2010, In Re: Application of Ricardo Reis Veiga, 746 F. Supp. 2d, S. 27 ff. Entscheidung v. 31. Oktober 2011, In Re: Application of Thai-Lao Lignite (Thailand) Co., Ltd., 821 F. Supp. 2d, S. 289 ff.

US District Court for the District of Connecticut Entscheidung v. 15. Juni 2010, In Re: Application of Eli Lilly et al., No. 3:09MC296 (AWT), 2010 US Dist. LEXIS 59121.

US District Court for the District of Delaware Entscheidung v. 7. November 2008, In Re: Intel Corp. Microprocessor Antitrust Litigation, 2008 WL 4861544, Case No. 05-441-JJF, 05-485-JJF. Entscheidung v. 21. Februar 2013, Via Vadis Controlling GmbH v. Skype, Inc., et al., Case No. 12-mc-193-RGA. Entscheidung v. 26. Juni 2014, Victor Mikhalyovich Pinchuk v. Chemstar Products LLC, et al., No. 13-mc-306-RGA, 2014 U.S. Dist. LEXIS 86781.

US District Court for the District of Maine Entscheidung v. 22 Mai 1992, In Re: Application of ASTA Medica, S.A., et al., 794 F. Supp., S. 442 ff., Case No. 91-328-P-H.

US District Court for the District of New Jersey Entscheidung v. 10. Oktober 2006, In Re: Application of OXUS Gold Plc., 2006 U.S. Dist. LEXIS 74118.

US District Court for the Eastern District of Louisiana Entscheidung v. 19. November 1999, In Re: Application of Time Inc. for an Order issuing Subpoenas, etc.; 1999 WL 1059744.

US District Court for the Eastern District of Michigan Entscheidung v. 27. Oktober 1998, In Re: Letters Rogatory from the Local Court of Plon, Federal Republic of Germany, 29 F. Supp. 2d, S. 776 ff.

US District Court for the Eastern District of New York Entscheidung v. 16. November 2000, In Re: Application of Ishihara Chemical Co., Ltd. v. Shipley Company LLC, 121 F. Supp 2d, S. 209 ff. Entscheidung v. 16 August 2005, In Re: The Application of Imanagement Services Ltd., 2005 U.S. Dist. LEXIS 17025, 2005 WL 1959702.

US District Court for the Eastern District of Texas Entscheidung v. 20 Januar 2012, In Re: Application of Apple Inc., et al., Case No. 2:12-cv00036-JRG.

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US District Court for the Eastern District of Wisconsin Entscheidung v. 1 September 2004, In Re: Application of the Procter & Gamble Co. v. Kimberly-Clark Corp., et al., 334 F. Supp 2d, S. 1112 ff.

US District Court for the Middle District of Florida (Jacksonville Division) Entscheidung v. 19. April 2013, In Re: Application of Setraco Nigeria Ltd., 2013 US Dist. LEXIS 56441.

US District Court for the Northern District of California Entscheidung v. 13 Januar 2009 – Cryolife, Inc. v. Tenaxis Med., Inc., 2009 U.S. Dist. LEXIS 3416, No. C08-051224 HRL. Entscheidung v. 5 Mai 2009 – Cryolife, Inc. v. Tenaxis Med., Inc., 2009 U.S. Dist. LEXIS 41510, No. C08-05124 HRL. Entscheidung v. 4. Oktober 2009, In Re: Air Crash over the Mid-Atlantic on June 1, 2009, 760 F. Supp. 2 d, S. 832 ff. Entscheidung v. 7. November 2001, Yahoo! Inc. v. La Ligue contre le racisme et l’antisemitisme, 169 F. Supp. 2d, S. 1181 ff., 2001 U.S. Dist. LEXIS 18378. Entscheidung v. 17 Oktober 2012, In Re: Application of Motorola Mobility, LLC, Case No.: C 12-80243 EJD (PSG). Entscheidung v. 17 Januar 2013, In Re: Cathode Ray Tube (CRT) Antitrust Litigation, 2013 U.S. Dist. LEXIS 8255, 2013-1 Trade Cas. (CCH) P78, 229. Entscheidung v. 23 Januar 2013, In Re: Application of Samsung Electronics Co. Ltd., Case No. 12-80275 LHK (PSG). Entscheidung v. 8 November 2013, In Re: Application of Nokia Corp., 2013 U.S. Dist. LEXIS 160733, Case No. 5:13-mc-80217-EJD-PSG.

US District Court for the Eastern District of South Carolina Entscheidung v. 20 Oktober 1950, In Re: Floe v. Plowden, 10 F.R.D. S. 514 ff., U.S. Dist. LEXIS 3511.

US District Court for the Northern District of Columbia Entscheidung v. 10. April 2014, In Re: Application of IPCom GmbH & Co. KG, Case No. 5:14-mc-80037-EJD-PSG, 2014 US Dist. LEXIS 50746.

US District Court for the Northern District of Florida Entscheidung v. 18. August 2008, In Re: Application of Minatec Fin. SARL v. SI Group Inc., 2008 WL 3884374.

US District Court for the Northern District of Georgia Entscheidung v. 19. Dezember 2006, In Re: Application of ROZ Trading Ltd.,469 F. Supp. 2d, S. 1221 ff. Entscheidung v. 11. Januar 2007, In Re: Application of ROZ Trading Ltd., 2007 U.S. Dist. Lexis 2112.

US District Court for the Northern District of Illinois Eastern Division, Entscheidung v. 7. November 1979, In Re: Uranium Antitrust Litigation, US Dist. LEXIS 8686, 480 F. Supp., S. 1138 ff. Entscheidung v. 8. April 1994, In Re: Letter Rogatory from the Local Court of Ludwigsburg, Federal Republic of Germany, in the Matter of Antone Smith, 154 F.R.D., S. 196 ff. Entscheidung v. 6. Dezember 2006, In Re Application of Fleischmann v. McDonald’s Corp., 466 F. Supp. 2d, S. 1020 ff.

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Entscheidungsverzeichnis

US District Court for the Northern District of Indiana, South Bend Division Entscheidung v. 8 April 2009, In Re: Application of Heraeus Kulzer, Case No. 3:09-MC-08 CAN, 2009 U.S. Dist. LEXIS 29771, 2009 WL 961229. Entscheidung v. 9 Juli 2009, In Re: Application of Heraeus Kulzer, Case No. 3:09-CV-183 RM, 2009 U.S. Dist. LEXIS 58877, 2009 WL 2058718. Entscheidung v. 29 Oktober 2009, In Re: Application of Heraeus Kulzer v. Biomet, Inc., Case No. 3:09-MC-275 CAN, 2009 U.S. Dist. LEXIS 101283, 2009 WL 3642746. Entscheidung v. 16 August 2011, In Re: Application of Heraeus Kulzer, Case No. 3:09-CV530 Rm, 2009 U.S. Dist. LEXIS 92215.

US District Court for the Northern District of New York Entscheidung v. 30. Dezember 2009, In Re: Application of YUKOS Hydrocarbons Investments Ltd., Civ. Action No. 5:09-MC-0078 (NAM/DEP), 2009 US Dist. LEXIS 121268.

US District Court for the Southern District of California Entscheidung v. 14 April 2009, In Re: Application of Euro-Diagnostica A.B. and Stichting Voor de Technische Wetenschappen, Case No. 3:09-cv-00755-IEG-JMA. Entscheidung v. 5. Oktober 2011, In Re: Application of Apple Inc., Apple Retail Germany GmbH, et al., Case No. 11-mc-1268. Entscheidung v. 17. Januar 2012, In Re: Application of Apple Inc., et al., Case No. 12cv0147-LAB (POR). Entscheidung v. 21. Mai 2012, In Re: Application of LG Electronics Deutschland GmbH and LG Electronics Japan, Inc., 2012 U.S. Dist. LEXIS 70570, Case No. 12cv1197-LAB (MDD). Entscheidung v. 11. März 2013, Pershing Pacific West, LLC. v. Marinemax, Inc., et al., Case No. 10-cv-1345-L (DHB), in: ZD 2013, S. 271 ff. Entscheidung v. 4. November 2013, In Re: Siemens AG v. Western Digital Corp., 2013 WL 5947973.

US District Court for the Southern District of Florida Entscheidung v. 26. Juni 2007, In Re: 28 U.S.C. § 1782 of Elizabeth Kang v. Nova Vision, Inc., 2007 U.S. Dist. LEXIS 46135, 2007 WL 1879158. Entscheidung v. 11. April 1978, In Re: Letters Rogatory from 9th Criminal Division, Regional Court Mannheim, Federal Republic of Germany, 448 F. Supp., S. 786 ff.

US District Court for the Southern District of New York Entscheidung v. 10. Mai 1994, In Re: Application of Euromepa, S.A., 155 F.R.D., S. 80 ff., 1994 U.S. Dist. LEXIS 5987. Entscheidung v. 4. Oktober 1995, In Re: Application of Alvaro Noboa, 1995 WL 581713. Entscheidung v. 11. Oktober 1995, In Re: Application Sarrio S.A., 1995 WL 598988. Entscheidung v. 6 Dezember 2004, In Re: Application of Servicio Pan Americano de Proteccion, C.A., 354 F. Supp. 2d, S. 269 ff., 2004 U.S. Dist. LEXIS 24430. Entscheidung v. 22 April 2005, In Re: Application of Grupo Qumma, S.A., 2005 WL 937486, 2005 U.S. Dist. LEXIS 6898. Entscheidung v. 24 Mai 2005, In Re: Application of Iwasaki Elec. Co., 2005 U.S. Dist. LEXIS 10185. Entscheidung v. 7. November 2005, Estate of Yaron Ungar, et al. V. The Palestinian Authority, et al., 400 F. Supp. 2d, S. 541 ff., Case No. 18MS0302(CM). Entscheidung v. 20. April 2006, In Re: Application of Microsoft Corp., 428 F. Supp. 2d, S. 188 ff.

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Entscheidung v. 4. Januar 2007, In Re: Gemeinschaftspraxis Dr. Med. Schottdorf, 2006 WL 3844464. Entscheidung v. 5. Dezember 2007, In Re: Application of David Godfrey, 526 F. Supp. 2 d, S. 417 ff. Entscheidung v. 15. Oktober 2009, In Re: Application of OOO Promnefstroy, 2009 WL 3335608. Entscheidung v. 20. März 2012, Thai-Lao Lignite (Thailand) v. Government of the Lao People’s Democratic Republic, 2012 WL 966042. Entscheidung v. 8. November 2013, In Re: Application of KREKE Immobilien KG, 2013 U.S. Dist. LEXIS 160283.

US District Court for the Southern Division of Florida Entscheidung v. 19. Januar 2011, In Re: Application of Inversiones Gasolinera Petroleos Valenzuela, et al., No. 08-20378-MC-UNGARO/SIMONTON, 2011 US Dist. LEXIS 5201.

US District Court for the Western District of Michigan Entscheidung v. 20. Dezember 1989, In Re: Letter of Request from Local Court of Pforzheim, Division AV, Federal Republic of Germany, 130 F.R.D., S. 363 ff.

US District Court for the Western District of Michigan, Southern Division Entscheidung v. 13 Juni 2007, In Re: Application of Nokia Corp., 2007 US Dist. LEXIS 42883, 2007 WL 1729664.

US District Court for the Western District of New York Entscheidung v. 7. September 2011, Lufthansa Technik AG v. Astronics Corp., 11-CV628 A, 2011 WL 3957509.

US District Court for the Western District of North Carolina Charlotte Division, Entscheidung v. 9. Juli 2008, In Re Application of Qwest Communications International, 2008 U.S. Dist. LEXIS 115845, Case No. 3:08mc93.

US District Court for the Western District of Washington Entscheidung v. 8. Mai 2007, In Re: Application of Digitechnic, Case No. C07-414-JCC, 2007 U.S. Dist. LEXIS 33708. Beweisantrag v. 22. Juli 2011, In Re: Application of Lufthansa Technik AG, Case No. 11CV-01386-JCC.

US District Court of Minnesota Entscheidung v. 13. September 2007, In Re: Application of Hallmark Capital Corp. v. Ultra Shape Inc., 534 F. Supp. 2d, S. 951 ff.

US Supreme Court Entscheidung v. 18. Dezember 1882, St. Clair v. Cox, 106 US, S. 350 ff. Entscheidung v. 4. März 1915, Perkins v. Benguet Consolidated Mining Co., et al., 342 US, S. 437 ff. Entscheidung v. 4. März 1915, Riverside and Dan River Cotton Mills v. Menefee, 237 US, S. 189 ff. Entscheidung v. 6. März 1917, McDonald v. Mabee, 243 US, S. 90 ff. Entscheidung v. 15. Februar 1932, Blackmer v. United, 284 US, S. 421 ff. Entscheidung v. 3. Dezember 1945, International Shoe v. Washington, 326 US, S. 310 ff.

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Entscheidung v. 13. Januar 1947, Hickman v. Taylor et al., 329 US, S. 495 ff. Entscheidung v. 2. Juni 1958, United States v. Procter & Gamble Co. et al., 356 US, S. 677 ff. Entscheidung v. 24. Juni 1977, Shaffer et al. v. Heitner, 433 US, S. 186 ff. Entscheidung v. 21. Januar 1980, Worldwide Volkswagen Corp. et al. v. Woodson, 444 US, S. 286 ff. Entscheidung v. 8. Dezember 1981, Piper Aircraft Co. V. Reyno, 454 US, S. 235 ff. Entscheidung v. 5. April 1982, American Tobacco Co. v. Patterson, 456 US, S. 71 ff. Entscheidung v. 24. April 1984, Helicopteros Nacionales de Colombia v. Hall et al., 466 US, S. 408 ff. Entscheidung v. 24. Februar 1987, Asahi Metal Industry Co., Ltd. v. Superior Court of California (Solano County), 480 US, S. 102 ff. Entscheidung v. 15. Juni 1987, In Re: Societe Nationale Industrielle Aerospatiale v. US District Court of the Southern District of Iowa, 482 US, S. 522 ff., 1987 U.S. LEXIS 2615. Entscheidung v. 28. Februar 1990, Burnham v. Superior Court of California (County of Main), 495 US, S. 604 ff. Entscheidung v. 29. Mai 2001, PGA Tour, Inc. V. Casey Martin, 522 US, S. 661 ff. Entscheidung v. 21. Juni 2004, INTEL Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 US, S. 241 ff.

Sachregister Abwägung 3, 25, 46 ff., 54, 127 f., 132, 152, 208, 223, 228, 236, 240, 246, 300, 337, 372 Admissibility 120, 123, 157 f., 205, 208, 215 f., 229, 232, 238 Admission, siehe auch Request for Admission Adversary System 134, 289 Affidavit 343 Akteneinsicht 105, 282 American Rule of Costs 337 Amicus curiae-Schriftsätze 235 Anspruch auf rechtliches Gehör 19, 288, 378 Answer, siehe auch Klageerwiderung Anti-Suit Injunctions 360 ff. Anton-Piller-Order 68 ff., 277 Anwaltsgebühren 88, 336 Anwaltsgeheimnis 126 Attorney-Client Privilege 126 ff., 152, 322 (Attorney-)Work-Product Protection, siehe auch Work-Product Protection Aufforderung zum Zugeständnis 113 Aufforderungsschreiben 327 f. Aufklärungspflicht 22 f., 39 ff., 56, 60, 66, 68 ff., 134 Augenscheinsnahme, siehe auch Inaugenscheinnahme Augenscheinsobjekt 56, 107 ff., 275 Ausforschung 9, 24 f., 42, 46 f., 58, 74, 79, 87, 92, 123, 144, 292 f. Ausforschungsbeweis 10, 24 f., 47, 58, 66, 69, 123 Ausforschungsverbot 23 ff., 41 f., 59, 292 ff., 378 f., 381 Ausgangsforum 5, 16, 139, 156, 162, 169, 203, 209, 212 ff., 221, 225, 230 ff., 238 ff., 246, 251, 269,

330 ff., 339 ff., 350, 355, 358 f., 363, 376, 380, 382 ff. Ausgangsgericht 131 Ausgangsverfahren 5, 34, 139, 146, 150, 154, 157, 165 ff., 201 ff., 208 ff., 214 ff., 223 ff., 246 ff., 251, 258, 262, 268 f., 271 ff., 286 ff., 302, 305, 310 f., 320 ff., 330 ff., 338 ff., 349 ff., 369 f., 376 f., 380 ff. Auskunftsanspruch 41 f., 44 f., 52, 309 Auskunftsersuchen 109, 131, 300 Auskunftserteilung 43 f. Auskunftspflicht 106, 125 Auskunftsverlangen 122, 125, 324 Ausländische Weigerungsrechte 194, 208 ff., 217, 236, 246, 322, 383 (Aussage-)Weigerungsrecht, siehe auch Weigerungsrecht Authoritative proof 211 f., 228 Bad Faith 358 Battle of Affidavits 229 Beibringungsgrundsatz, siehe auch Verhandlungsgrundsatz Belegenheitsort 15, 59, 131, 196, 199, 254, 264, 370 Berrechtigungsanfrage 326 ff., 383 Besichtigungsgegenstand 53 f. Bestreiten 2, 9, 96, 113, 118, 313, 341, 353, 385 Beteiligtenstatus 225 f., 331, 384 Betriebsgeheimnis 47, 53, 108, 127 ff., 236, 299 f., 332, 372, 377 Betriebsintern 50 Beweisantrag 24, 58, 253, 259, 294, 302, 307, 310, 315, 324, 332 ff., 343 ff., 354 ff., 385 Beweisaufnahme, 12, 15 ff., 39, 42, 56 ff., 66, 93 f., 115, 132 f., 164,

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Sachregister

223, 247, 252 ff., 258 ff., 272 ff., 342, 260, 381 – im Ausland 15 ff., 252 ff., 258 ff., 288 f. Beweisbedürftigkeit 21, 24 Beweisbedürfnis 94, 349 Beweisbeschaffung 1 ff., 15 ff., 35, 59, 66, 68 f., 93, 131, 134, 143, 154, 196, 203, 207, 243, 246, 256 f., 259, 299, 313, 332 f., 339, 342, 369, 373 Beweisbeschaffungsanordnung 255, 257 Beweisbeschaffungsmechanismen 10, 13, 18, 35, 82 Beweisbeschaffungsmöglichkeit 2 ff., 139, 231, 371 Beweisbeschaffungsverfahren 4, 10, 14, 17, 31, 135, 247, 252, 368, 373, 381 – ausländische 4, 14, 17 ff., 31, 252 f., 256 ff., 263, 381 Beweiserhebung 19, 21, 56 ff., 85, 197, 230, 272, 354 f. Beweishilfevorschriften 15, 262 Beweislast 39, 42, 183, 211, 242 f. Beweislastverteilung 211, 241 Beweismaterial 4, 70, 72, 104, 122 ff., 323, 369, 371 Beweismittel 1 ff., 12 ff., 24 f., 33, 36 f., 42, 56 ff., 66, 71 ff., 75, 81, 87 ff., 92 ff., 97 ff., 104, 111, 120, 123, 130 ff., 137 ff., 154, 168, 190 ff., 205 ff., 213 ff., 225 ff., 243 ff., 251 ff., 264 ff., 271 ff., 285 ff., 301, 322, 325, 331 ff., 336 ff., 348, 352 ff., 358 f., 369 ff., 375 ff. Beweismittelbeschaffung 227, 252, 255 ff., 263 f., 287, 351 Beweismittelverlust 57 Beweisnot 5 ff., 14, 35 f., 305, 382 Beweisperson 100, 105, 114 ff., 121, 126, 132, 139, 142 ff., 151 ff., 177, 183 ff., 194, 200 ff., 209, 212 f., 220, 254, 261, 265, 273 f., 287 f., 322, 334, 352, 383 Beweisrecht 11, 17, 19, 83, 145, 279, 282 ff., 382

Beweissicherung 2, 39, 56 ff., 71 ff., 92 ff., 253, 259 Beweissicherungsverfahren 57, 92, 247 Beweisstück 9, 73 ff., 139 Beweisverfahren 4 f., 10 f., 15 ff., 28, 31 ff., 50, 55 ff., 65 ff., 75 ff., 81, 135, 146, 218, 252 ff., 262 ff., 272 f., 276 ff., 285 ff., 301, 305, 331, 341, 354 f., 371, 381, 384 f. – ausländische 4, 10, 15, 18 ff., 28, 31 ff., 252 ff., 256 ff., 263, 272 f., 276, 279, 289, 371, 381, 385 – einvernehmliches 57 – selbstständiges 5, 55 ff., 69, 75, 146 – sicherndes 57 Beweisverwertung 17, 31 ff., 75 f., 82 f., 216, 221, 228 ff., 243, 251 f., 257, 267 ff., 271 ff., 276 ff., 285 ff., 293 ff., 331 ff., 376 ff., 381, 385 Beweisverwertungsverbot 221, 243, 276 ff., 301, 332 Beweiswert 12, 275, 278, 287 Beweiswürdigung 17, 20, 22, 65, 276 ff., 286 f., 293, 359 Biomet, Inc. 236 ff., 248, 332 Bundesgerichtshof (BGH) 44, 47 ff., 278 ff., 308, 325 Bundespatentgericht (BPatG) 282, 306 ff., 315, 325, 331, 371 Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 27, 282 Commission on International Rules on Judicial Procedure 141 Common Law 125, 171, 259, 264, 269, 374 Complaint 95, 167 Confidentiality Club 73, 372 Congress 197, 199 Control 109, 117, 190, 198, 353 f., 365 Control Test 190 Corporate Agent 186 f. Corporate Veil 192 Court Reporter 115, 274 Cross Examination, siehe auch Kreuzverhör Darlegungslast, siehe auch Darlegungspflicht

Sachregister Darlegungspflicht 2, 58, 65, 106, 128 f. Default Judgement, siehe auch Versäumnisurteil Denial 113 Department of Justice 262 Deposition 88, 103, 108, 114 ff., 128 ff., 143 ff., 150, 172, 194 201 ff., 213, 220, 273 f., 322 ff., 336, 343, 383 Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) 306, 309 f., 325 f. Direct Examination 116 f. Direktzugriff 16, 255 ff., 263 ff., 271 ff., 301 f., 307 – beweisrechtlicher 266 ff., 271 ff., 302, 307 Direkte Zwangsmittel 156, 374 Disclosures 88 ff., 98 ff., 107, 129 f., 134, 244, 344, 358 Discoverability 157 ff., 208 f., 226 ff., 238 Discovery-Begehren 88, 117, 374, 379 Discovery Devices 103 Discovery-Instrumente 16, 87, 94, 107, 145 ff., 194, 207, 220, 322, 383 Discovery-Mechanismus 212, 290 Discovery-Methoden 103 f., 112, 148 ff., 156, 273 Discovery Request/s 89, 100 f. Discovery-Verfahren 3, 10 ff., 20, 24 f., 32, 36 f., 69, 82, 85 ff., 95 ff., 102, 112, 125, 129, 137, 143 ff., 153, 156, 193, 208, 212, 236 ff., 274, 283, 288 f., 300, 382 Discretion 155, 197 f., 224, 240 Discretionary Factors 157, 222 ff. Dismissal 202 Diversity Jurisdiction 171, 182 Doctor-Patient Privilege 126 f. Doing Business 176, 187, 321, 334 Doing continuous and systematic business 188, 192, 220 Dokumentenvorlage 12, 100, 132, 198, 201, 207, 377 Domicile 178 ff. ›Druckbalken‹-Entscheidung 47 ff. Due Evidence 228 Due Process 174, 176, 188, Durchgriff 191 f., 220, 385

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– beweisrechtlicher 191 f., 220, 385 Düsseldorfer Verfahren 6, 49 f., 372 Dynamic Statutory Interpretation 147 E-Discovery 12, 86, 97, 108, 110 f., 194, 239, 247, 261, 336 f. Effizienzgebot 297 Eidesstattliche Versicherung 211, 229, 343, Einspruch 100, 106, 109, 113, 115, 128 Einwendung 2, 89, 98 Electronic Discovery, siehe auch E-Discovery Empfänglichkeit 225 ff., 331, 340 f., 349, 354, 360, 362, 365, 384 f. Enforcement-Richtlinie 6 Entry upon Land 145 f. Ermessen 63, 96, 129, 157, 211 ff., 222 ff., 241, 247, 297 Ermessensabwägung 223, 228, 236 Ermessensausübung 63, 131, 140, 157, 159, 162, 207, 211, 222 ff., 230, 230 ff., 242, 245, 270, 333, 341, 347 ff., 355 Ermessensebene 212, 216 f., 221, 246, 351, 356, 365, 370, 384 Ermessensentscheidung 36, 62 ff., 73, 139, 155 ff., 168, 207, 219 ff., 227, 230, 234 ff., 240, 243 ff., 331 f., 338 ff., 354 ff., 360, 384 Ermessensprüfung 240, 246, 332 ff., 356, 384 Ermessensspielraum 78, 129, 133, 223 Europäische Kommission 160, 167, 228 Europäisches Patentamt (EPA) 309 f., 326 Ex parte 71, 76, 137 f., 157 f., 186, 342, 351, 382 Exklusivität 263 ff., 351 ›Faxkarte‹-Entscheidung 48 ff., 64 Federal Question Jurisdiction 171 f. Feststellungsklage 326, 346, 361 Fishing Expedition 13, 73, 80, 87, 293 Foreign Admissibility 158, 208, 215 Foreign Discoverability 157 ff., 208 f., 226 ff. (Foreign-)Relevance 215 f.

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Sachregister

›For use‹-Kriterium 164, 214 ff., 221, 326, 330, 334, 383 Forum Non Conveniens 192 f., 347, 351 Forumstaat 2 f., 6, 87, 131 f., 176, 186, 321, 381 Gebot des effektiven Rechtschutzes 25, 294 f., 332 Geheimhaltungsinteresse 19, 46 ff., 54 f., 65, 78 ff., 300, 382 General Agent 191 General Contacts 175 Gerichtsbarkeit 225, 269, 309 Gerichtsbezirk 139, 164, 183, 188, 200, 217, 242 f., 383 Gerichtsvollzieher 78 f., 372, 374 Geschäftsgeheimnis 7, 63, 82, 88, 130, 237, 299, 372 Geschworene 91 Gesetzgebungsgeschichte 77, 147, 149 Glaubhaftmachung 65, 75, 77, 80, 212 Glaubwürdigkeit 92, 107, 115, 117, 123, 287 Good Faith 98, 128 f. Grad der Wahrscheinlichkeit 47, 49, 81 Grenzbeschlagnahme 329 f. Grenzbeschlagnahmeantrag 329, 334, 383 Grundrechte 19, 27, 193, 281, 286, 298 ff., 332 Grundsatz der Prozessökonomie, siehe auch Prozessökonomie Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Ziviloder Handelssachen (HBÜ) 15 f., 108, 137, 161, 164, 209, 230, 236, 247, 252 ff., 258 ff., 271 ff., 288, 295, 301 f., 307, 310, 319, 331, 351, 382 Haager Zustellungsübereinkommen (HZÜ) 205, 255, 258 Hans Smit 141, 188 Hauptanspruch 43 ff. Hauptniederlassung 182 Hauptsacheverfahren 55, 72, 79, 91, 191, 201 f., 207, 247, 347, 369, 373

Heraeus Kulzer GmbH 198, 226, 236 ff., 248, 320, 332, 356, 359 Hilfsanspruch 43, 45 Hoheitsgebiet 132, 254, 256, 264, 266, 284 Hoheitsgewalt 131, 189, 192, 198 Huissier de Justice, siehe auch Gerichtsvollzieher Impeachment 92, 115, 123 In-Personam-Jurisdiction 173 f. Inaugenscheinnahme 50, 56, 61, 64, 112, 275 f. Indirekte Zwangsmittel 153 f., 374 Indizien 4, 173, 234, 285, 326 ff., 334, 339 f., 384 Informationsanspruch 41, 43 Informationsasymmetrie 6, 10, 14, 35, Informationsaustausch 127, 189 Informationsbeschaffung 4, 7 f., 39, 42, 70, 80, 93, 102, 294 – vorprozessuale 40, 42, 80 Informationsdefizit 8, 10, 14, 35, 47, 82, 314 Informationserkenntnisdefizit 8 Informationsgewinnung 5, 40, 55, 93, 96, 103, 122, 247, 290, 378 Informationsgläubiger 41, 43 Informationsschuldner 41, 43 f. Inhaftierung 74 INTEL-Kriterium 224 ff., 240 ff., 331, 338 ff., 354 ff., 362, 365, 384 f. Intentionalism 147 f. Interested Person 138 f., 161, 166 f., 172, 220, 258, 267, 307, 344, 348, Interrogation/Interrogatories 88, 100, 103 ff., 112 ff., 117, 145 ff. ›is found‹-Kriterium 182 ff., 192, 220 Juristische Person/en 139, 174 f., 181, 186 ff., 320 Jury Trials 91, 144 Justizgewährungsanspruch 26 ff., 294, 377 ›Kann‹-Vorschrift 241 Klageabweisung 154 Klageerhebung 70, 73, 92 ff. Klageerwiderung 96

Sachregister Klageschrift 13, 70, 95 ff. 170 Klageverfahren 187, 218, 310 Konkretisierung 13, 22 ff., 62, 74 ff., 80 f., 96, 130, 139, 175, 218, 236, 370, 375 Konkretisierungserfordernisse 25 Kostenerstattung 337 f. Kostenrecht 40, 89, 337 Kostenrisiko 3, 39 f., 94, 328 Kreuzverhör 116 f. Legislative Silence 148 f. Lex-Fori-Prinzip 10 f. Litigation Hold 97 f. Lizenznehmer 52, 311 ff., 319, 329, 382 – ausschließliche 311 f. Long-Arm Statutes 175 Mandatory Factors 157, 224 Meet and Confer Stage 98 f., 134 Minimum Contacts Doctrine 174 f., 183, 186, 188, 321, 353, 383 Missbrauchskriterien 238 ff., 332 Mitwirkungspflichten 59, 63, 107 Motion to Compel 128, 131 Mündliche Vernehmung/en 88, 114, 350, 359 Muttergesellschaft 103, 226 Nachforschung 105 f., 120 – Nachforschungspflicht 99 Nebenintervenient 315 ff., 360, 383 New Textualism 147 f. Nichtregierungsorganisation 346 Non-Party 201 ff., 208, 213 Notice Pleading 13, 93, 96 Obiter Dictum/Dicta 161, 224 Objection 113, 128 Offenlegung 12 f., 22 ff., 73, 86, 89, 91, 99 ff., 107, 115, 126, 138, 153 ff., 186, 202, 205, 208, 211 f., 228, 290 f., 299, 324, 348, 352, 356 ff., 366, 372, 377 – Offenlegungspflichten 291 – Offenlegungsverpflichtungen 14 Office of International Judicial Assistance 262

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Ordre Public Einwand, siehe auch Ordre Public Vorbehalt Ordre Public Vorbehalt 36, 261, 279 ff., 302, 331, 378, – materieller 281 – verfahrensrechtlicher 281 ff. Örtliche Zuständigkeit 170, 173 f., 262, 320 Ortsbesichtigung 103, 112, 145 ff. Parteiöffentlichkeit 19 f., 257, 288 ff., 378 Parteivernehmung 19, 56, 100, 291 Patentnichtigkeitsverfahren 306, 308, 383 Patentrechtsinhaber 7 ff., 19, 24, 43, 51, 54, 65, 77 ff., 300, 310 ff., 319, 324 ff., 368, 381 f. Patentverletzungsprozess 24, 33, 69, 139, 306, 311, 315 ff., 328, 387 Patentverletzungsverfahren, siehe auch Patentverletzungsprozess Pending-Requirement 218 f. Permission to enter upon Land or other Property, siehe auch Ortsbesichtigung Personal Jurisdiction 173, 183, 191 Persönlichkeitsrecht/e 299 f. Persönlichkeitsschutz 63 Physical and Mental Examinations 103, 117, 145 f., 149 f. Plain Meaning Rule 147 ff., 197 Pleading Stage 95 f. Pleadings 70, 90, 95, 105, 134 Possession 72, 109, 190, 198 Pre-Case Discovery 83 ff., 262 Pre-Trial Conferences 99 Pre-Trial Discovery 83 ff., 93 ff., 102 ff., 110 ff., 118 ff., 130 ff., 137, 261, 279, 282 f., 292 ff. Pre-Trial Phase 96, 125, 291 Pre-Trial Stage 101 Pre-Trial Verfahren 69 f. Preservation Letter 97 Prima-facie-Anschein 72, 369 Principal Place of Business 182 ff., 321 Prior exhaustion 157 f. Privatsphäre 127 Privilege, siehe auch Weigerungsrechte

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Sachregister

Privilege against Self-Incrimination 126 f., 152, 359 Production of Documents 103, 107 f., 142 ff., 150, 194, 220, 273 f., 322, 383 Protective Order, siehe auch Schutzanordnung Protokoll 117, 272 – Protokollführer 115, 274 – Vernehmungsprotokoll 287 Prozessökonomie 29 ff., 189, 296 ff., 332, 342, 377 ff. Prozessrechtsgrundsätze 36, 297, 332, 379 Prozessrechtsverhältnis 55 Punitive Damages Purposefulness 184 Purpovism 147 Quasi-gerichtlich Quasi-judicial Quasi-in-rem-Jurisdiction Reasonableness 176, 188 Receptivity 227 ff., 331 Recht der Beweisaufnahme 278 Rechtliches Gehör, siehe auch Anspruch auf rechtliches Gehör Rechtshilfe 10, 16, 28, 137, 141, 161, 163, 167, 205, 209, 235, 245, 253 ff., 262 f., 266 f., 261 ff., 295, 307, 315, 319, 331 Rechtshilfeersuchen 131, 139 ff., 161, 209, 253 ff., 258 ff., 267 f.., 277, 287, 302, 310 Rechtshilfeverfahren 15, 32, 270 Rechtshilfeweg 205, 257, 271, 295, 307 Rechtsmittel 301, 352 Rechtspflege 18, 362 f. Rechtsschutz 2, 6 ff., 23 ff., 55 ff., 71 ff., 305, 361, 364 – effektiven – gewerblichen Rechtsstaatsprinzip 26 f. Rechtssystem 3, 14, 69, 155 Rechtsverletzung 7, 27, 44, 48, 53, 77, 80, 329, 370 Reciprocal Discovery 233, 244, 337, 345 ff., 354 ff., 365, 376, 385

Regierung 140, 168 f., 265, 354 Relevance 73, 81, 122, 215 f., 317 Relevance-Kriterium 73, 81, 90, 104, 122, 372, 375 Relevanzkriterium, siehe auch Relevance-Kriterium Requests for Admission 103, 112 f., 145 f., 148 Required Disclosure/s 88 ff., 98 ff., 133 Residence 170, 173, 177 ff., 192, 200, 204, 206, 213, 320, 334, 353 Rule of Relevance 120, 122, 124, 216, 292, 371, 379 Sachverhaltsaufklärung 9, 39, 45, 55, 63, 69 ff., 74, 82, 89 f., 102, 104, 118, 122, 127, 129, 152, 372 Sachverständigengutachten Saisie Contrefaçon 69, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 277, 368, 369, 371, 373 ff., 382 Scheduling Order 99 Schiedsgericht 165 f., 269 Schiedsgerichtsverfahren 162, 164, 311 Schikane 128, 238 Schutzanordnung 13, 121 f., 128 ff., 151 ff., 282, 300, 318, 325, 344, 349, 356 ff., 364 ff., 372, 377, 385 Schutzrechtseingriff 45 Schutzrechtsinhaber 6 ff., 42 ff., 51, 54 f., 59, 69, 80 ff., 305, 329, 382 Schutzrechtsverletzung 7, 42, 47 ff., 58, 72, 76, 79 ff., 313, 329, 369 ff. Schutzzweck 298 Search Order 69 ff., 80 f., 277, 368 ff., 382 Self-Incrimination, siehe auch Privilege against Self-Incrimination Service of Process 170, 187 ›Soll‹-Vorschrift 241 Specific Contacts 175 f. Sphärenproblematik 9, 74, 80 f., 371 Spousal Privilege 127 Spruchkörper 4 f., 18, 94, 137 f., 154, 161 ff., 194, 212, 214 ff., 220, 225 ff., 235, 242, 251, 267 ff., 271, 286 f., 307 ff., 317 ff., 325, 331, 340 ff., 349, 354, 357, 362, 365, 377, 380 ff.

Sachregister Staatsangehörigkeit 132, 175, 209, 289 Staatsgebiet 133 Statement 70, 95, 138, 143 ff., 148 ff., 172, 179, 194, 200, 203, 206 ff., 211, 220, 273 f., 322, 383 Störer 52, 314 Störerhaftung 313 Streitgegenstand 91, 121, 124, 170, 175, 189, 216, 296, 306, 386 Subject Matter Jurisdiction 170 f. Subpoena 87, 108, 114 ff., 151 ff., 169, 180, 185 f., 191, 200 ff., 343, 351 f., 365, 382 f. Substanzeingriffe 54 Summary Judgement 101 Supervising Solicitor 71 Tag-Jurisdiction 175, 183 ff., 321, 339 Territorial Jurisdiction 170, 173 Tochtergesellschaft 139, 183, 191 f., 220, 226 Trade-Secret Privilege 127 Transient Jurisdiction, siehe auch Tag Jurisdiction Unmittelbarkeitsgrundsatz 18 f., 274, 380 Unterlassung 46, 312, 326, 330, 361 Unterlassungsanspruch 313, 327, 363 Untersuchungsgrundsatz 21, 164, 315 ff. Unverhältnismäßigkeit 53, 365, 385 Urheberrecht 75, 172 Urkunde 24, 45, 52, 56, 59 ff., 62 ff., 103, 107 ff., 132, 138 f., 145, 150, 194 f., 220, 273 ff., 287, 293, 322, 334, 370 ff., 383 Urkundsbeweis 56, 274 f., 286 ff., 302, 309, 378 Urkundenvorlage 40, 59 f., 64 f., 81, 108, 111 ff., 117, 146, 291 Urkundenvorlegung 12, 59 f., 373 Venue, siehe auch Örtliche Zuständigkeit Verfahrenskosten 3, 289 Verfahrensmaximen 17, 23, 31, 33, 281 f., 378 f. Verfahrenspatent 7 f.

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Verfügungsgewalt 52, 236 Verfügungsmacht 109, 111, 192, 198, 339 f. Verhältnismäßigkeit 53 ff., 68, 123, 225, 232 f., 240, 300, 332, 356, 365, 372, 385 Verhältnismäßigkeitsprinzip 123 Verhältnismäßigkeitsprüfung 55, 65, 72 Verhandlungsgrundsatz 21 ff., 42, 61 ff., 164, 270, 290 f., 302, 307, 315, 381 Verletzungsgegenstand 7, 24, 39, 45, 55, 59, 63 Verletzungsprozess 56, 311, 317, 328, 394 Verletzungswahrscheinlichkeit 65 Vernehmung 88, 92, 103, 108, 114 ff., 131, 140 ff., 205 f., 274, 286 f., 299 Vernehmungsprotokoll 92, 274, 287 Versäumnisurteil 96, 154, 202 Verschwiegenheit 48, 50, 79, 372 Verschwiegenheitsverpflichtung 364, 372 Verteidigungsmöglichkeiten 315, 351 f., 359, 362, 365, 376 Verteidigungsrechte 245 Verteidigungsstrategie 315, 351 ff., 358 f., 365 Vertragsstaaten 259, 262 ff. Verwertbarkeit 17, 25, 33, 37, 212 f., 229 f., 246, 251 f., 267, 271 ff., 276 ff., 283 ff., 295 ff., 301 ff., 305, 331 f., 380 Verwertung, siehe auch Beweisverwertung Verwertungsverbot, siehe auch Beweisverwertungsverbot Völkerrecht 132 f., 198, 256 f., 277 Vorladung, siehe auch Subpoena Vorlageanspruch 53, 60 – materieller 60 – prozessualer 60 Vorlagegegenstand 74 Vorlagepflicht/en 59, 63, 99, 109 ff. Vorlegungs- und Besichtigungsanspruch 45 ff., 60, 63, 372 f. Vorrichtungspatent, siehe auch Verfahrenspatent Vorstandsmitglied 186

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Sachregister

Wahrheitsfindung 23, 135, 288 Wahrheitspflicht 21 f. Wahrscheinlichkeit 45 ff., 52 ff., 65, 72, 81, 97, 177, 209, 230, 316, 368 ff. – erhebliche 47 – gewisse 52 f., 65 – hinreichende 52 ff., 368 ff. Waiver 125 Weigerungsrecht (Privilege) 13, 64, 121, 124 ff., 133, 139, 151 f., 156, 209 ff., 217, 233, 236, 246, 292 f., 383 – absolute 127 f. – relative 127 f. Wettbewerbsrecht 48, 160 Wohnort 177, 181 Wohnsitz 4, 175, 180 f., 254, 269 Work-Product Protection 126, 152, 293 Written Interrogatories 103 f., 145 f. Zentrale Behörde 259, 262

Zeuge 91 f., 115, 123, 132, 139 f., 201, 205, 253 f., 264, 286 ff., 299, 343, 347, 362 Zeugenaussage 104, 115, 142, 287 Zeugenbeweis 56, 200, 274, 286 ff. Zeugnisverweigerungsrecht 64, 121, 194, 208 f., 212 f., 221, 322, 369 Zivilprozess 23, 31 f., 42, 56, 59 ff., 66, 69 f., 85, 89, 92, 95, 102, 118, 134, 279, 298, 381 Zivilprozessuale Grundsätze 11, 276, 285, 290, 301 Zollbehörden 329 f. Zustellung 96 f., 108, 112, 132, 157, 170, 175, 180, 183 ff., 205 f., 237, 244, 255, 269, 282, 321 f., 337, 352, 356, 382 Zwangsmaßnahmen 254, 374 Zwangsmittel 60, 64, 153 ff., 205, 254, 346, 362, 373 ff. – direkte 154 ff., 374 f. – indirekte 153 f., 374