Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund [Reprint 2018 ed.] 9783111722627, 9783111229935


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Table of contents :
Vorrede
Inhaltsverzeichnis
Erklärung der hauptsächlichsten Abkürzungen
I. Uebersicht
II. Einführungs-Gesetz
III. Strafgesetzbuch
Einleitende Bestimmungen
Erster Theil. Don der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen im Allgemeinen
Zweiter Theil. Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung. Erster Abschnitt. Hochverrat- und Landesverrat – Neunzehnter Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung
Zweiter Theil. Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung. Zwanzigster Abschnitt. Raub und Erpreffung – Neunundzwanzigster Abschnitt. Übertretungen
IV. Einführungs-Gesetz zum Preuß. Strasgesetzbuche vom 14. April 1851
V. Verordnung vom 12. Dezember 1866
VI. Verordnung vom 25. Juni 1867
Register
Berichtigungen
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Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund [Reprint 2018 ed.]
 9783111722627, 9783111229935

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Das

Strafgesetzbuch für

den Norddeutschen Bund erläutert durch

Dr.

£\

E. Oppenhoff)

Ober-Staatsanwalt beim Königl. Preuß. Ober-Tribunal in Berlin.



Berlin. Druck und Verlag von Georg Reimer-

1871.

Vorrede.

In seinem Kommentare zum Preußischen Strafgesetzbuche*) hatte der Verfasser es sich zur Aufgabe gestellt, die positiven Gesetzesvorschriften in einer auf alle Einzelheiten ein­ gehenden und alle verfügbaren Hülfsmittel berücksichtigenden Weise zu erläutern. Das Werk sollte dem Bedürfnisse des — mit der allgemeinen Strafrechtslehre vertrauten — praktischen Juristen entsprechen, welcher bei der Handhabung der einzelnen Gesetzes-Paragraphen so oft auf Zweifel und Schwierigkeiten stößt, für deren Lösung er in den systematisch abgefaßten Werken nur zu oft vergeblich nach Aufschlüssen sucht, und zu diesem Ende vorzugsweise das reiche Material verwerthen, welches die Rechtsprechung der beiden höchsten Preußischen Gerichtshöfe für die Auslegung darbot. Die beifällige Aufnahme, welche dieses Werk in allen juristischen Kreisen gefunden hat, gewährte dem Verfasser die tröstliche Ueberzeugung, daß er jenes Bedürfniß richtig erkannt habe, und daß er nicht ohne Erfolg für die Befriedigung des­ selben thätig gewesen sei. In dem vorliegenden Kommentare ist der Versuch ge­ macht, das neue Bundes-Strafgesetzbnch ganz in entsprechender Weise zu bearbeiten, und auch für dieses die Entscheidungen der höchsten Preußischen Gerichtshöfe nutzbar zu machen, insoweit dieselben auch jetzt noch ihre wissenschaftliche Geltung bewahrt *) Berlin bei G. Reimer, erste Ausgabe: 1856, sechste Ausgabe: 1869.

v

IV

Vorrede.

hatten. Freilich kann es nicht dem leisesten Zweifel unterliegen, daß das Bundes - Strafgesetzbuch in allen seinen Theilen ein neues, einheitliches, für das ganze Bundesgebiet zur gleichen Geltung gelangendes Gesetz ist, welches auch von diesem Ge­ sichtspunkte aus aufgefaßt und ausgelegt werden muß. Gleich­ wohl sind seine Bestimmungen keineswegs als etwas ganz Neues, nur aus sich selbst und seinem Wortlaute zu Er­ läuterndes anzusehen. Hervorgegangen aus den wissenschaft­ lichen und gesetzgeberischen Bestrebungen der Vergangenheit, knüpft dasselbe unmittelbar an das Preußische Strafgesetzbuch, als ein in seiner Art wohl gelungenes, in einer zwanzig­ jährigen Erfahrung erprobtes Werk an; eS behält nicht allein die Grundprinzipien desselben, sein System und seine äußere Form, sondern mcistentheils auch seine Wortfaffung bei, und hat da, wo eS Aenderungen vornahm, vorzugsweise die bei jenem gemachten Erfahrungen zum Grunde gelegt. Zwar fehlt eS nicht an solchen Fällen, wo Einzelbestimmungen deS Preußischen Gesetzbuchs ihren Grund und ihre Erklärung in besondern örtlichen und zeitlichen bei ihrer Entstehung ob­ waltenden Verhältnissen fanden, welche ebendeshalb für daS Bundesgesetzbuch nicht mehr in Betracht kommen können; die Zahl solcher Fälle ist aber eine sehr geringe: die verschiedenen Deutschen Volksstämme stehen sich in ihrer Nationalität, in ihren Anschauungen und Sitten und in der Bildungsstufe, welche sie einnehmen, so nahe, daß es — zumal in der Strafgesetzgebung — an jeder Veranlassung fehlte, örtlichen oder zeitlichen Verschiedenheiten Rechnung tragen zu müssen. Gerade dadurch erklärt eS sich denn auch, daß ein so bedeu­ tender Theil der Preußischen Vorschriften unverändert in das Bundesgesetzbuch übernommen werden konnte. Mit ihnen hat dann aber auch die Rechtsprechung deS Königl. OberTribunalS und des Königl. Ober-AppellationsgerichtS ihre volle Bedeutung für die Auslegung behalten, insoweit nicht nach­ weisbar bei dem neuen Gesetze andere Gesichtspunkte oder andere Momente in Betracht kamen. Sie steht in dieser Beziehung, vermöge der ihr unbestreitbar beiwohnenden hervorragenden wissenschaftlichen Bedeutung nicht hinter dem theoretischen Theile unserer älteren Strafrechtölitteratur zurück, deren Benutzung doch gewiß Niemand blos deshalb zurückweisen möchte, weil daS Strafrecht selbst in dem neuen Ge-

setzbuche eine neue selbstständige positive Grundlage gefun­ den hat*). Deshalb hat der Verfasser keinen Anstand genommen, auch in diesem Werke die ergangenen Preußischen Entschei­ dungen überall zu Rathe zu ziehen, und auf sie zur Begrün­ dung der aufgestellten Rechtssätze hinzuverweisen, so oft sich dazu eine Gelegenheit bot, wobei für ihn außerdem auch noch der äußere Umstand ins Gewicht fiel, daß die Sammlungen jener Entscheidungen in den Preußischen Landestheilen (also in dem größeren Theile deS „Deutschen Reichs"), so allgemein verbreitet und zugänglich sind, daß Jedem die Gelegenheit ge­ boten ist, von der vollständigen Urtheilsbegründung Kenntniß zu nehmen. — Von den bereits (ganz oder theilweise) veröffentlichten Bearbeitungen des Strafgesetzbuchs konnten nur: die Hand­ ausgabe von Dr.Schwartze, die Kommentare von Dr. Blum und v. Kirchmann, und theilweise der von Dr. Meyer benutzt werden; alle übrigen, insbesondere die „erläuterte Ausgabe" von Rüdorff, die Kommentare von Dr. Rubo und Dr. Schwartze und das Lehrbuch von Dr. Schütze sind erst erschienen nach­ dem die betreffenden Theile des vorliegenden Werks bereits abgedruckt worden waren. Dagegen haben selbstverständlich alle Vorarbeiten und Materialien deö Gesetzbuchs selbst, sowie die Reichstagsverhandlungen eine gewissenhafte Berücksichtigung gefunden. Seit der Verkündung deö Gesetzbuchs haben der Bund selbst, seine Verfassung, Ausdehnnng und Benennung Aenderungen erfahren, welche auch bei jenem eine Abänderung des Titels und einzelner Textausdrücke nothwendig machen werden. So lange indessen diese nicht auf legalem Wege erfolgt ist, mußte an dem Wortlaute der verkündeten Fassung festgehalten werden. Für die Auslegung der Gesetzesvorschriften selbst werden aber auch diese Aenderungen bedeutungslos bleiben. *) Dr. Meyer hat in der Einleitung zu seinem „erläuterten Strafgesetzbuchs" (Einl. S. 30) eine abweichende Ansicht ausgesprochen und für dieselbe auf eine Aeuße­ rung de- BundeS'KommiflarS tm Reichstage (Stenogr. Ber. ©.442) Bezug genommen. Cs darf aber nicht unbeachtet bleiben, daß diese Aeußerung hei der Berathung emeS § erfolgte, welcher schon in dem vorgelegten Entwürfe eme von der entsprechenden Vorschrift deS Preuß. Gesetzbuchs wesentlich abweichende Fassung erhalten hatte; eS war also ganz berechtigt, wenn eö hier betont wurde, daß für dre Auslegung dieser neuen Vorschrift nicht auf die Rechtsprechung zurückgegangen werden dürfe, welche daS frühere Prenß. Gesetz znm Gegenstände hatte.

ES war nicht möglich, bei der Bearbeitung auf alle neben dem Gesetzbuche in den verschiedenen Bundesstaaten in Gel­ tung befindlichen, in daS Strafrecht mehr oder minder ein­ greifenden Gesetzesvorschriften, insbesondere auf alle zur Zeit noch geltenden Strafprozeßgesetze zu rücksichtigen. Von diesem Grundsätze ist nur in Betreff des Preußischen Rechts eine Ausnahme gemacht worden, welche theils in der relativen Ausdehnung des Preußischen Bundesgebiets, theils in der per­ sönlichen Stellung des Verfassers ihre Erklärung finden mag. Berlin, den 1. Mai 1871.

Dr. O.

Inhaltsverzeichnis Ie

Seite

Uebersicht der §§ des Preußisiben Strafgesetzbuchs und der entsprechenden §§ des Bundes-Strafgesetzbuchs......................................................

1

II.

Einführungs-Gesetz vom 31. Mai 1870 .............................................

6

III.

Strafgesetzbuch...................... Einleitende Bestimmungen....................................§§1—12.

Erster Theil. Don der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen im Allgemeinen. Erster Abschnitt. Strafen........................................... §§ Zweiter Abschnitt Versuch............................................ §§

13— 42. 43— 46

Dritter Abschnitt. Theilnahme......................................... §§

47— 50.

Vierter Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen

oder wildern......................................................... §§51—72.

Fünfter Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer

Handlungen............................................................. §§

73— 79.

Zweiter Theil. Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung.

Erster Abschnitt. Hochverrat- und Landesverrat- . . . §§ 80— 93. Zweiter Abschnitt. Beleidigung des Landesherrn . . . §§ 94— 97. Dritter Abschnitt. Beleidigung von Bundeösürsten . . §§ 98—101. Vierter Abschnitt. Feindliche Handlungen gegen befreun­ dete Staaten..................................................... §§ 102—104. Fünfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Beziehung aus die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte . . . §§ 105—109. Sechster Abschnitt. Widerstand gegen die Staatsgewalt §§ 110—122. Siebenter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung.............................................§§ 123—145.

is

Zuhaltöverzeichniß.

VIII

Achter Abschnitt Münzverbrechen und Münzvergehen . §§ 146—152. Neunter Abschnitt. Meineid........................................ §§ 153—163. Zehnter Abschnitt. Falsche Anschuldigung......................§§ 164. 165. Elfter Abschnitt. Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen.................................................................. §§ 166—168. Zwölfter Abschnitt Verbrechen und Vergehen in Beziehung aus den Personenstand............................................ §§ 169. 170. Dreizehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit......................................................... §§ 171—184. Vierzehnter Abschnitt. Beleidigung...............................§§ 185—200. Fünfzehnter Abschnitt. Zweikampf.............................. §§ 201—210. Sechszehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider da- Leben .............................................................. §§ 211—222. Sieben-ehnter Abschnitt. Körperverletzung...................... §§ 223—233 Achtzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit............................................ §§ 234—241. Neunzehnter Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung . 88 242—248. Zwanzigster Abschnitt. Raub und Erpreffung . . , 8§ 249—256. Einnndzwanzigster Abschnitt. Begünstigung und Hehlerei 88 257—262. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Betrug und Untreue . 88 263—266. Dreinndzwanzigster Abschnitt. Urkundenfälschung . . §§ 267—280. Vierundzwanzigster Abschnitt. Bankern«......................§8 281—283. Fünfundzwanzigster Abschnitt. Strafbarer Eigennutz und Verletzung fremder Geheimnisse...............................§§ 284—302. Sechsundzwanzigster Abschnitt. Sachbeschädigung . . 88 303—305. Siebenuudzwanzigster Abschnitt. Gemeingefährliche Ver­ brechen und Vergehen............................................. 88 306—330. Achtundzwanzigster Abschnitt. Verbrechen und Vergehen im Amte.............................................................. 88 331—359. Neunundzwanzigster Abschnitt. Übertretungen ... 88 360—370.

Seite

IV.

Einführungs-Gesetz zum Preuß. Strasgesetzbuche vom 14. April 1851

.

680

Ein!Chrungs-Verordnung zum Preuss. Strasgesetzbuche vom 12. Dezember 18b6.....................................................................................

721

V.

(Frankfurter)

VI.

(Neue) Elnführnngs - Verordnung

zum Pieuss. Strafgesetzbuche (für die neuen Provinzen) vom 25. Juni 1867 ..................................................

724

VII.

Register..............................................................................................

739

Erklärung der hauptsächlichsten Abkürzungen. Ann. (v. K. Ann.) bezeichnet: v. Kamptz: Annalen der Preuß. innern Staatsver­ waltung. Berlin 1817 ff. Bundes-Gesetzblatt. BGbl. Berner: Grundsätze deS Preußischen Strafrechts. BTr. Leipzig 1868. Berner: Lehrbuch bei StrasrechlS, 4. Auslage. Leip­ BL. zig 1868. DaS Strafgesetzbuch rc. erläutert von Dr. H Blum. Blum Zürich, 1870. Bern. WirkungSkr. Berner: Wirkungskreis des Strafgesetzes rc. Ber­ lin, 1853. Beschluß des Pr. Ober-Tribunals, der ersten, -weiten Brschl. (I., II., Pl.) oder der vereinigten Abtheilungen des Senats für Strafsachen. Beschluß des Pr. Ober-AppellationS-Gerichts. Besohl. ein vernichtendes Erkenntniß des Pariser KaffationSCass. hoss. Contra: „Anderer Meinung finb" oder „im entgegengesetzten Sinne entschieden": .... Deutsche« Handelsgesetzbuch. D. HGB. Deutsche Wechselordnung. D. WO. EinsührungSgesetz. EG. Entscheidungen deS Kgl. Ober-Tribunals. Berlin, Eutfch. 1837 ff. Goltdammer: Archiv für Preußisches Strafrecht. GA. Berlin, 1853 ff. Goltdammer: Materialien zum Preuß. Strafgesetz­ GM. buche. Berlin, 1852 ff. Gerichtssaal, Zeitschrift re. 1849 ff. Gerichtes. Gerichtshof. GH. Preuß. Gesetz-Sammlung. GS. Preuß. Holzdiebstahlsgesetz v. 2. Juni 1852. HDG. Hälschner: System des Preuß. Strafrechts 1.11. Th. HS. Bonn, 1858. 1868. Preuß. Jupiz.Ministerial-Blatt. ZMbl. Verfügung des Justiz-Mnusters. ZMDerf. v. Kamptz: Jahrbücher für die Preuß. Gesetzgebung. Jahrb. (v. K. Jahrb.) Berlin, 1814 ff. Bericht der Kommission der ersten (zweiten) Kammer KBI. KBII. zum Preuß. Strafgesetzbuch. Rheinischer KaffationS-Hof. KH. DaS Strafgesetzbuch rc. bearbeitet von I. H. v. Kirchv. Kirchm. mann. Elberfeld, 1870. Löwe: Der Preuß. Strafprozeß. Breölau, 1861. Löwe Daö Strafgesetzbuch rc. erläutert von Dr. F. Meyer. Meyer Berlin, 1870.

X Nr. n. Old. Arch.

Erklärung der Abkürzungen.

bezeichnet: die Nummer des Textes des Gesetzbuchs (Gesetzes), die Nummer der erläuternden Bemerkung. Archiv für die Praxis des gesammten im Großherzogthum Oldenburg geltenden Rechts. Olden­ burg, 1843 ff. Oppenh. Bergges. Th. F. Oppevhoff: das allgemeine Berggesetz rc. erläutert rc. Berlin 1870. Oppenh. Ressortges. Th. F. Oppenhoff: die Preuß. Gesetze Über die Ressortverhältmsse rc. Berlin, 1863. Rechtsprechung de« Kgl. Ober-Tribunals und deS RdO. Kgl. Ober.AppellationS. Gerichts in Strafsachen, herausgegeben v. Oppenhofs Berlin, 1861 ff Archiv für das Civil- und Crimmalrecht für die RA. Preuß. Rheinprovinz. Köln, 1820 ff. Seite. s. Das Strafgesetzbuch rc. von Dr. F. O. Schwarze. Schwär)« Leipzig, 1870. (Handausgabe). „Derselben Meinung finb" oder „in demselben Sinne Sic: entschieden": .... Stenographische Berichte über die Verhandlungen deS Stenogr. Der. norddeutschen Reichstags 1870. v. Holzendorff: Allgm. deutsche StrafrechtS-Zeitung. Stras-R.-Zeit. Leipzig, 1861 ff. Oppenhoff: die Preuß. Gesetze über das öffentliche Strafvers. und mündliche Verfahren in Strafsachen. Berlin, 1860. Striethorst: Archiv f. RechtSfälle re. Berlin, 1851 ff. StA. Temme: Archiv für die strafrechtlichen Entscheidun­ TArch. gen der obersten Gerichtshöfe Deutschlands. 6 Bde. Erlangen, 1854—1859. Temme: Glossen zum Pr. Strafgesetzbuche. Bres­ TGll. lau, 1853. Temme: Lehrbuch des Preuß. Strafrechts. Berlin, TL. 1853. Vernichtendes Erkenntniß des Pr. Ober-AppellationSV. GerichtS. Vernichtendes Erkenntniß des Pr.Ober-TribunalS (der DI. DU. DPl. ersten, zweiten, oder der vereinigten Abtheilungen des Senats für Strafsachen). Verordnung. Ddn. Verfügung des Preuß. Ministers der Finanzen (des Derf.d M.d.F.(d.I.) Innern). Preuß. Ministerialblatt für die innere Verwaltung. DMbl. Erkenntniß des Pr. Ober-AppellationS-Gerichtö, durch Z. welches eme Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen ward. Erkenntniß deS Pr. Ober-Tribunals, durch welches Zl. Zu. ZP'. eme Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen, oder ein Kassations-Gesuch verworfen ward (der ersten, zweiten, oder der vereinigten Abtheilungen deS SenatS für Strafsachen).

Uebersicht der Paragraphen des Preußischen Strafgesetzbuchs sowie des Einführungsgesetzes zu demselben vom 14. Apr. 1851 und der entsprechenden Paragraphen des Strafgesetzbuchs für den Nord­ deutschen Bund. [2)ie in einzelnen Fällen den angeführten Stellen des B.-StGB.S hinzugefügten klammern deuten an, daß eine dem § des Pr. StGB s entsprechende Bestimmung fehlt, und baß an ihre Stelle eine wesentlich abweichende getreten t(i.]

Pr. Einf.-Ges. Art. I. An. II Art. III. Art. IV.

Pr.SlGB. 81. §2. 83. 84. 8 586. § 7.8.9. $10. §W. $12. §13. §14. 816. $ 16. $17. 818. $19. $20. $21. $22. 82ß. $24. $25. $26. BundeS-Strafgrses

B.-SlGB. § 212. §213. §214. §215. §217. § 218. 219. §220.

§221. §222.

(fehlt) §367 Nr.l. (fehlt) §223 Abs. 1. §233. §232. (§225.) § 223 Abs. 2. (§ 223. 196. 232 Abs. 2) (fehlt) §224. 225.

Pr.StGB. §194. §195. §196. §197. §198. §199. §200. §201. §202.

§203. §204. §205. §206. §207. § 208. §209. §210.

§211. §212.

§213. §214. §215. §216. §217 Nr. 1-5. § 217 Nr. 6. §218. § 218 Nr. 1—4. § 218 Nr. 5. § 218 Nr. 6. § 218 Nr. 7. § 218 Nr. 8. §219.

B.-StGB. §226. §227. §228. §229. § 230. 232. (fehlt) (fehlt) (fehlt) §330. (§ 230 Abs. 2. 232.) §234. §235. §235. §236. §237. §238. §239. (fehlt) §240. §241.126. §123 Abs. 3. 124.

§223. §224. §225. §226. §227. §228. §229.

§242. 248. §242. (fehlen) (§ 243. Nr. 7.) §243. 248. § 243 Nr. 1-4. (fehlt) § 243 Nr. 5. § 243 Nr. 6. (fehlt) § 244. 245. 248. (§ 243 Nr. 7.) (§ 243 Nr. 7.) (§243 Nr. 2.) (§ 243 Nr. 2.) (§ 243 Nr. 3.4.) § 246. 248. § 246. 248. § 246. 248. §247. §247.

§230. § 231. § 232. §233. §234. §235. §236.

§ 249. 252. § 249. 252. § 250 Nr. 1. 251. §251. § 253. 254. 256. § 253. 254. 256. § 255. 256.

§237. §238. § 239. §240.

§258 Nr. 1.259.262. § 258 Nr. 2.259.262. § 260. 262. § 261. 262.

§220. §221. §222.

Vergleichende Uebersicht.

4

Pr.StGB. § 241. §242. §243 Nr. 1.2.5.6 §243 92t. 3.4. § 243 Nr. 7.8. §244. § 245. §246. §247. §248. §249. §250. §251 Nr. 1.2. §251 Nr. 3-5. §252. §253. §254. §255. § 256. §257. §258. §259. §260. § 261 Nr. 1-3. §261 Nr. 4. §262. §263. § 264. § 265. §266. § 267. § 268. § 269. § 270. §271. §272. § 273. § 274. § 275. § 276. § 277. § 278. § 279. §280. §281. §282. §283. §284. §285. §286. §287. §288.

B.-StGB.

Pr.StGB.

§ 289. § 290. §291. § 292. §293. § 294. § 295. § 296. §297. §267.268.9^.1.280. § 298. §299. §269. § 300. § 270. 273. §301. § 267. 268. 280. §302. (§ 267. 268. 280. § 303. (fehlen) §304. § 271. 272. 273. § 275.276.280.364. §305. §306. § 363. §307. § 271. § 277. 280. §308. § 278. 280. § 309. § 279. 280. §310. §311. §281. §312. §282. §313. § 283. §314. (fehlt) §315. (fehlt) §316. §317. (fehlt) §318. (fehlt) §319. §290. §320. §284. §285. § 321. § 286. §322. § 287. §323. (fehlt) §324. § 289. §325. (§ 288.) § 137. §326. §296. 370 Nr. 4. § 292. § 327. §293. § 328. § 294. §329. §295. § 330. §331. § 297. § 298. §332. §299. §333. §334. § 303. §304. §335. §305. §336. § 337. § 125. §338. § 306. 307 Nr. 1. § 308. §339. §308. §309. §263. § 263. 264. (fehlen) §150. § 274. 280. § 265. (fehlt) §266 Nr.1.3.

B.-StGB. §311. §312. §313. §313. §314. §315. §316. §317. (fehlt) §318. §319. §320. § 321. § 322. § 323. § 324. § 325. § 327. §328. §.329. § 331. § 332. § 333. § 334. § 334. §336. § 339. § 340. §341. §342. §343. § 344.

326. 326. 326. 326. 326.

335. 358. 334. 335. 334. 335. 335. 335. 358. 358. 358. 345.

§346. § 347. § 348. 349. §350. § 351. §352.358. § 353.358. § 354.355. 358. §356. § 357. §359. §2. §1 Abs. 3.30.42. § 18.19. § 27—29. § 43—46. §73. § 74. 77. 78. §67 Abs. 3. 68.

Vergleichende Uekersicht.

Pr.StGB. §340 Nr. 1. — Nr. 2. - Nr. 3. — Nr. 4. — Nr. 5. — Nr. 6. — Nr. 7. — Nr. 8. — Nr. 9. — Nr. 10. — Nr. 11. §341. § 342. §343. § 344. Nr. 1. — Nr. 2. — Nr. 3. — Nr. 4. - Nr. 5 — Nr. 6. — Nr. 7. — Nr. 8. § 345. Nr. 1. - Nr. 2. — Nr. 3. - Nr. 4. — Nr. 5. - Nr. 6.

B.-StGB.

1

t> cd

1

§ 360 Nr. 1. - Nr. 2. — Nr. 4. — Nr. 5. — Nr. 6. — Nr. 9. — Nr. 10. § 366 Nr. 1. § 360 Nr. 11. — Nr. 13. — Nr. 14. §361 Nr. 4. § 365. § 185. 61.67 Abs. 3. §366 Nr. 2. — Nr. 3. — Nr. 4. - Nr. 5. — Nr. 7. — Nr. 8. — Nr. 9. — Nr. 10. §367 Nr. 2. — Nr. 3. - Nr. 4. — Nr. 5. — Nr. 7. — Nr. 8. — Nr. 9. — Nr. 11.

Pr.StGB. Nr. 9. Nr. 10. Nr. 11. Nr. 12. Nr.l. Nr. 2. Nr. 3. Nr.l. Nr. 2. Nr. 3. — Nr. 4. — Nr. 5. — Nr. 6. — Nr. 7. — Nr. 8. — Nr. 9. — Nr. 10. — Nr 11. — Nr. 12. §348 Nr. 1. — Nr. 2. — Nr. 3. §349 Nr. 1. — Nr. 2. — Nr. 3. — Nr. 4. — Nr. 5. — Nr. 6. Nr. 7. §345 — — — §346 — — §347 — —

ß

B..StGB.

— — — §123. §366 §366 §368 — — — §367 §363

Nr. 12. Nr. 13. Nr. 14. Nr. 15.

Nr. 6. Nr. 7. Nr. 2. Nr.l. Nr. 3. Nr. 4. Nr. 6. Nr. 5. — Nr. 6. — Nr. 7. — Nr. 8. — Nr. 9. — Nr. 10. — Nr. 11. §369 Nr.l. — Nr. 2. — Nr. 3. §370 Nr.l. — Nr. 2. — Nr. 5. — Nr. 3. §291. §360 Nr. 12. § 370 Nr. 6.

EinsiHrmigs-Gesetz zum

Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund vom 31. Mai 1870. (Bundes. Gesetz. Blatt, 1870 Nr. 16. S. 195 fgg.)

Bö ir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen re. verordnen im Namen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung des BundeSratheS und des Reichstages, waS folgt: §. 1. Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund tritt im ganzen Umfange des Bundesgebietes mit dem 1. Januar 1871 in Kraft. [1. Eutw.: Art. I.; II. Untre.: § 1.; Eins.»Grs. z. Pr. StGB-: Art. 1-1 — Vgl. StGB. $2.

§. 2 Mit diesem Tage tritt das Bundes- und Landes­ strafrecht, insoweit dasselbe Materien betrifft, welche Gegen­ stand des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund sind, außer Kraft. §T 1. Die Wirksamkeit des CinführungSgesetzeS beginnt mit der des StGB.'S. 2. In dem an den Preußischen Regierungsbezirk Aachen anstoßenden, zwischen Preußen und Belgien gemeinschaftlichen s. g. neutralen Gebiete vou MoreSnet bat weder das Pr. StGB, noch das D -StGB. Gesetzeskraft erlangt Anklagen und Beschuldigungen sind daher nach den Bestimmungen des früheren Rheinischen StGB.'S zu sormulireu: IMVerf. v. 31. Dez. 1852 (RS. X, 532). Der Bewohner jenes Gebiets ist als Ausländer im Sinne des § 4 Nr. 1 des StGB, zu behandeln, und unterliegt sonach wegen der dort gedachten Verbrechen den Bestimmungen dieses Ge­ setzbuchs: Crk. AGH. Köln 4. Nov. 58 c. Leisten (Tr. Ann. X, 7).

§ 2.

1. Der § 2 hebt nicht (wie Art. II. des Pr. Cinf.-Gef.'S und Art. II. des ersten Entwurfs) die in verschiedenen Bundesstaaten zur Zeit geltenden kodifizirten Straf­ gesetzbücher im Ganzen auf, sondern beschränkt sich darauf, das Bundes- und Landes­ strafrecht insoweit außer Kraft zu setzen, als es Materien betrifft, welche Gegen­ stand des neuen GB.'S sind. Insoweit daher die früheren Landesstrafgesetzbücher Vorschriften enthielten, welche andere vom StGB, nicht berührte Materien betreffen, ist ihre fortdauernde Gültigkeit nicht zu bezweifeln, es fei denn, daß die Beseitigung derselben anderweitig zu begründen wäre, z. B. wenn auö der Entstehungsgeschichte des StGB.'S hervorgeht, daß sie in dieses grade deshalb nicht aufgenommen worden sind, um sie für die Zukunft unwirksam zu machen. Dgl. n. 2.4.

Einführung» - Gesetz § 2.

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In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften des Bundes­ und Landesstrafrechts, namentlich über strafbare Verletzungen der Preßpolizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-, Forst- und Feldpolizei-Gesetze, über Mißbrauch des VereinSund Versammlungsrechts und über den Holz- (Forst-) Diebstahl.

2. Aus dem Preußischen StGB, sind feine Einzelbestimmungen in Kraft geblieben. Die in da- StGB, nicht übernommenen §§ desselben sind anderweitig für beseitigt zu erachte». Da- gilt namentlich von folgenden §§ de- Pr. StGB.'S: § 23 ist schon deshalb für beseitigt -u erachten, weil er der der neuen erschöpfen­ den Regelung der allgemeinen Grundsätze (vgl. n. 3) nicht wieder auf. genommen worden ist; sodann aber auch deshalb, weil der Reichstag eine entsprechende Bestimmung, welche im § 28 des ersten und im § 30 des zweiten Entwurfs ihre Stelle gefunden hatte, als ungerechtfertigt auSgeschieden hat; vgl. Stenogr Ber. d. RT. S. 213. §§ 28. 29, sind durch die anderweitige Regelung der Polizeiaufsicht (vgl. StGB. §§ 38. 39) ersetzt. §30 gehörte mehr dem Strafverfahren als dem Strafrechte an; jedenfalls war er zu den allgemeinen Grundsätzen zu rechnen, und ist, weil nicht wiederholt, beseitigt; vgl. n. 3; Thl. I. Abschu. 1 n.4. Aehulich verhält eö sich mit §44, insoweit er nicht im § 59 deö StGB.'S wiederholt worden »st, und mit den §§ 58—60; soweit daS StGB, den Rückfall berücksichtigen wollte, haben die betr. Vorschriften im zweiten (speziellen) Theile ihre Stelle gefunden; vgl. StGB. §§ 244. 245. 264. § 72 bestimmte für die Fälle des Hochverraths und Landeöverraths die zusätz. liche Strafe der Polizeiaufsicht; er ist daher durch die anderweitige Nor. mirnng der Strafen im StGB, von selbst ausgeschieden. §§ 102. 103 sind durch die allgemeinere (mit einer höheren Strafandrohung verbundene) Bestimmung Über Beleidigungen (StGB. § 185 fgg.) ersetzt. 8 112 ist beseitigt, weil der die betr. Bestimmung wiedergebende § 140 deII. Entwurfs vom Reichstage gestrichen worden ist; vgl. Stenogr. Ber. d. RT. f. 470. § 185 enthielt keine selbstständige Strafvorschrift, sondern nur einen für die Feststellung des Thatbestandes der Tödtung aufgestellten Grundsatz; er ist beseitigt, da die Tödtung zu den Materien gehört, welche Gegenstand des StGB - sind; vgl. Motive s 112. Ebenso verhält eS sich mit den §§ 192. 192a (Körperverletzungen betreffend). § 199 war schon beseitigt durch die §§ 29. 30. 147 der D.Gew. - Ordn. v. 21. Juni 1869, ebenso § 200 durch § 144 ibid. — Aehnlich verhält eS sich mit § 201, welchen die Motive (f. 113) für unvereinbar mit der in der cit. B.-Gew.Ordn. zur Geltung gebrachten Freigebuug der Geburtshülse erachteten. Dasselbe gilt von § 203; er war schon durch die §§ 143.144 der cit. B.-Gew.-Ordn. außer Kraft gesetzt; vgl. Motive f. 111.113. § 211 »st in den Entwurf nicht mit aufgenommen, weil er nur als eine über­ flüssige Belehrung des Richters angesehen wurde: vgl. Mot. s. 117. §§ 217. 218 Nr 5. 7. 8. 220—224 betreffen die im StGB, erschöpfend behan­ delte Lehre vom Diebstahl; vgl. Motive s. 120.121. Ebenso verhält es sich mit den §§ 243 Nr. 1. 2. 5. 245 (Betrugsstrafen), und mit § 251 (qualifizirte Urkundenfälschung), ferner mit §§ 261 Nr. 4. 262 (Bankerurt). § 263 war bereits durch das BGef. v. 14. Nov. 1867 § 1 (BGBl. s. 160) außer Kraft gesetzt, ebenso

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NiifilhrmigS. Ersetz §2.

BiS zum Erlasse eines Bundesgesetzes über den Konkurs bleiben ferner diejenigen Strafvorschriften in Kraft, welche rücksichtlich des Konkurses in Landeögesetzen enthalten sind, inso­ weit dieselben sich auf Handlungen beziehen, über welche daS Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund nichts bestimmt. [s. Entw.: Art. II.; II. Entw.: §2.; Einf.-Ges. z. Pr. StGB.: 2rt.IL] Vgl. §§3.5. § 265 durch die §§ 1 und 35 der B.-Gew.-Ordu. v 21. Juni 1867. § 270: der einsprechende § 283 des II. Entwurfs ist bei der Berathung im Reichstage gestrichen werden; vgl. Stenogr. Ber. d. RT. f. 724. — Ebenso verhält eS sich mit § 297; der ihm entsprechende § 314 Abs. 2 des II. Entwurss lst vom Reichstage gestrichen worden: Stenogr. Ber d. NT. s. 742. §§ 332—339 sind ersetzt durch den allgemeinen auch aus Uebertretungen an­ wendbaren Theil deö StGB 'S. Alle übrigen §§ des Pr. StGB.S sind durch auSdrücHiche Bestimmungen des neuen SlGD.s ersetzt und dadurch beseitigt 3. Zu den „Materien", welche Gegenstand des StGB S sind, gehören zunächst die im ersten Theile anfgestellteu „allgemeinen Grundsätze Uber die Be­ strafung der Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen". Sie beherrschen das ganze Strafrecht vollständig und ausschließlich. Anderweitige allgemeine Grund­ sätze der älteren LandeS-Strafgesehgebungen, auch solche, welche Gesichtspunkte auf­ fassen, die der Erste Theil deö StGB's nicht berührt hat, sind für beseitigt zu erachten, weil ihre Beibehaltung dazu führen müßte, daß die Einzelbestimmungen des StGB.'S in dem einen Bundesstaate anders aufgefaßt und angewendet würden, als m den anderen. — Wenn dagegen ein tn Geltung verbliebenes besonderes Ge­ setz für die in ihm geregelten (tm StGB, nicht berührten) Straffälle, spezielle Borschristen nber die tm ersten Theile des StGB S behandelten allgemeinen Grundsätze enthält, so sind sie mit intern Gesetze tn Kraft geblieben, da dadurch tue Anwen­ dung des StGB.S selbst nicht berührt wird. Vgl. daS Nähere StGB. Einlnt. Bstst. n. 2. 4. Für den zweiten, „von den einzelnen Verbrechen rc." handelnden Theil des StGB s deutet der Ausdruck „Materien" auf die mit Strafe bedrohten Handlungen, somit weder auf die Gegenstände, an welchen eme Strafthat be­ gangen wird, noch auf die Rechte, die durch dieselbe beeinträchtigt, noch auch auf die Zwecke, die durch sie verfolgt werden: BI. 28. Sept. 53 c. Grünwald; VII. 11. April 61 c Elbertz (RA. 56. 2A. 111); vgl. Abs. 3 a. E. („Handlungen, über welche daS StGB, nichts bestimmt.") Ebensowenig hat derselbe auf die Strafgattungen (z. B die Polizeiaufsicht) Bezug: VII. 10. Nov 53 c. Hagemann (IMbl. 54 s. 136). Als Materien sind daher hier die Verbrechens- re. Be­ griffe anzusehen, welche in daS System des StGB.S aufgenommen, in demselben definirt und geregelt sind: Z. 29. Ium 70 c. Heick (RdO. XI. 378) Wo dieses zutrifft, sind nicht allein die denselben Verbrechens- rc. Begriff betreffenden Vorschriften der früheren allgemeinen Strafgesetzgebungen, sondern auch alle Spezialbestimmungen aufgehoben, welche sich ans denselben bezogen, und zwar selbst dann, wenn daö StGB, jenen DerbrechenSbegriff anders definirt und wenn eS die in den Spezial­ gesetzen vorgesehenen Fälle nicht ebenso speziell und unter Berücksichtigung derselben Besonderheiten zum Gegenstände von Einzelbestimmungen gemacht hat: HS. I, 24; sranz. StRG. v. 8. Febr. 1812. Daher ist einem B. 10. Mai 52 c. v. Heyden (IMbl s. 262) nicht beizupflichten, wenn eS nur diejenigen Bestimmungen eines älteren Spezialgesetzes für beseitigt erachtete, welche „entweder durch spezielle Be­ stimmungen des StGB.S aufgehoben oder mit diesem unvereinbar sind." 5. Nach dem unter n. 4 aufgestellten Grundsätze trifft die Regel des § 2 auch da zu. wo eine besondere landesgesetzliche Vorschrift irgend einen speziellen That­ bestand, welcher an sich der allgemeinen Begriffsbestimmung des damals geltenden Strafrechts entsprach, und also (m Ermangelung besonderer Vorschriften) nach diesem zu bestrafen gewesen wäre, ausgesondert und unter Berücksichtigung der ihm bei-

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wohnenden Eigenthümlichkeiten mit anderen Strafen bedroht hatte. Mochte damals der Gesetzgeber diesen besonderen Thalbestand als eine für sich bestehende, aus dem allgemeinen Begriffe ausscheidende, Materie aufgefaßt und behandelt haben, so kann diese Rücksicht jetzt nicht mehr zutreffen, wo das StGB, für die m ihm behandelten Materien cm einheitliches Recht schaffen wollte, welches eben deshalb mit ab­ weichenden Sonderbestimmungen der einzelnen Bundesstaaten nicht mehr verträglich ist. Ein im entgegengesetzten Sinne ergangene« BPl. 25. März 61 c. BussaS (RdO. I, 316) kann daher jetzt nicht mehr als maßgebend angesehen werden; damit scheidet auch em zweites, die Bedeutung jenes beschränkendes. VPl 9. Dezbr. 1861 c. Holstern (RdO. II, 137) für uns aus. — Daö oben Gesagte erleidet eine Ausnahme bet den im Absatz 2 ausdrücklich aufgezählten bundeS- und landcSstrafrechtlichen Vorschriften; vgl. hierüber unten u. 10. 6. Hat daS StGB, nicht einen allgemeinen Derbrechenöbegrisf aufgestellt, son­ dern (wie namentlich im Thl. II. Abschnitt 29 vielfach) sich darauf beschränkt, spezi­ elle Thatbestände vorzusehen und mit Strafen zu bedrohen, so sind dadurch auch nur diejenigen ältern Vorschriften beseitigt, welche dieselben Thatbestände zum Gegenstände hatten. Es darf daher aus der Aufnahme einer solchen Bestimmung nicht der Schluß hergeleitet werden, daß dadurch auch andere, verwandte Gegenstände betreffende, Spezialbestimmnngen älterer Gesetze außer Kraft gesetzt seien, sollten bet diesen auch tm Allgemeinen dieselben gesetzgeberischen Rücksichten maaßgebend erschemen. Demgemäß ist auö dem Umstande, daß Abschn. 29 eine Reihe von Polizeivorschrtften enthält, welche in daS Gebiet irgend eines speziellen Zweige« der Polizetverwalumg fallen, z. B. der Feuer-, der Straßen-, der Maaßunb Gewichtö-Polizei rc., nicht zu folgern, daß diese Zweige der polizeilichen Thä­ tigkeit als „Materien" anzusehen seien, auf welche sich das StGB, beziehe, und daß ebendeshalb alle sonstigen älteren tm StGB, nicht wiederholten Strasbestimmungen, welche auf jene Zweige der Polizeiverwaltung zurückzuführen sind, als auf­ gehoben betrachtet werden müßten. Beispiele vgl. bet § 364 und § 365. 7. Mit Rücksicht auf daS oben (n. 1. 4. 5) Gesagte sind tm Abs. 2 unter den „besonder en Vorschriften deS Bundes- und Landesstrafrechts" solche zu ver­ stehen, welche andere Thatbestände zum Gegenstände haben, als die Ernzelbestrmmungen deS StGB s und die sich auch nicht auf diejenigen Verbrechenöbegrrffe (n. 4) beziehen, welche daS StGB, aufgestellt und geregelt hat. Im Uebrtgen ist es gleichgültig, ob sich jene Vorschriften m den früheren kodifizirten LandeSstrafgefetzbüchern oder m Speztalgesetzen vorfanden; vgl. n. 1. 15. 8. Hiernach (n 7) sind alle älteren strafrechtlichen Bestimmungen aufgehoben, welche einen im StGB, vorgesehenen Thatbestand zum Gegenstände haben, und zwar selbst dann, wenn in ihnen jener Thatbestand durch Hinzusügung anderer Merkmale oder Voraussetzungen ander« charakterisirt war; vgl. Z. 13. Ott. 69 c. Specht (RdO. X, 636: betr. unerlaubte- Bergen und Wegschaffen vyn Strandgütern). Eine Abweichung von dieser Regel würde dazu führen, daß eine und die­ selbe Handlung in dem einen Bundesstaate aus dem StGB., m dem anderen aber aus einem davon abweichenden LandeSgesetze zu bestrafen wäre, daß also m BeZiehung auf die Anwendung des StGB s eine Verschiedenheit einträte. — Dagegen versteht eö sich von selbst, daß daS Gesagte da nicht zutrifft, wo ein im StGB, vorgesehener Thatbestand mit einem anderen durch em besonderes Gesetz vorgesehe­ nen m derselben Handlung zusammemrifst; in einem solchen Falle sind die Grund­ sätze von der idealen Konkurrenz (§ 73) anzuwenden. 9. Demgemäß sind auch unter den tm Abs. 2 aufrecht erhaltenen „besonderen Dorschristen de- Bundes- und Landesstrafrechts" nur solche zu verstehen, welche Strasthaten vorsehen, die nicht unter die m das StGB, aufgenommenen Begriffsbestimmungen (Thatbestände) fallen. 10. Anders verhält es sich mit den Zuwiderhandlungen gegen die im Abf. 2 unter „namentlich . . . ." speziell hervorgehobenen Gesetze. Sie sind dadurch von Gesetzeswegen als „besondere Vorschriften" hingestellt worden,welche unbedingt m Kraft verblieben sind, selbst wenn sie eine Handlung zum Gegenstände haben, welche (in einer konkreteren Gestaltung) unter den allgemeinen Thatbestand eines tm StGB, vorgesehenen StrasfalleS zu bringen wäre (z. B. Diebstahl von Wald- oder FeldProdukten, Widersetzlichkeit gegen Steuer- rc. Beamte, Bestechung eines solchen rc.,

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insoweit diese Handlungen in den betr. Spezialgesetzen mit besonderen Strafen be­ droht sind). Da- erleibet nur da eine Ausnahme, wo das StGB, genau den­ selben Thatbestand (m derselben konkreten Gestaltung, wie ihn früher eines der er­ wähnten Gesetze vorgesehen hatte), nunmehr zum Gegenstände einer neuen Straf­ androhung gemacht hat, oder wo eine spezielle Bestimmung de- StGB.S mit einer jener älteren Gesetze unvereinbar fein würde; in diesen Fällen würde selbstverständ­ lich die Vorschrift des StGB.'S vorgehen Dieser Grundsatz würde z. B. anzu­ wenden sein, wenn genau der Thatbestand der §§ 292—296 oder einer der im §368 unter Nr. 1.2 9—11 oder im § 370 unter Nr. 2 aufgezählten Uebertretungen auch ui irgend einem der ausrecht erhaltenen Jagd-, Forst- oder Feldpolizeigesetze mit Strafe bedroht wäre. — Von diesen zuletzt erwähnten Fällen abgesehen, kann es bet den im Abs. 2 speziell aufgezählten Materien allerdings geschehen, daß (abweichend von dem allgemeinen Grundsätze, vgl. n. 8) eine und dieselbe Handlung in dem einen Bundes­ staate nach dem StGB., in dem anderen nach einem dort in Kraft verbliebenen Landes­ gesetze zu beurtheilen und zu bestrafen wäre. Beisp.: die Wegnahme und Aneignung eines ausstehenden, nicht zur Holznutzung gezogenen Baume- wird in Preußen (in­ sofern Nicht § 42 Nr. 2 der FPO. zutrifft) als Diebstahl, dagegen im Königreiche Sachsen (bei geringem Werthe) aus Art. 1 des Ges. v. 11. Aug 1855 als Forst­ diebstahl bestraft. 11. Hiernach (n. 10.) sind die LandeS-Preß - Gesetze, selbst wenn sie in Be­ treff der durch die Preffe verübten gemeinen Verbrechen rc. besondere Strafbe­ stimmungen enthalten, vollständig ansrecht erhalten. 12. Mit Rücksicht auf da- unter n. 7 Gesagte steht eS künftig den einzelnen Bundesstaaten nicht mehr zu, tm Wege der Landesgesetzgebung emen im StGB, vorgesehenen Thatbestand tn irgend einer besonderen Gestaltung zum Gegenstände abweichender Strafbestimmungen zu machen. Das gilt selbst von den mt Abs. 2 aufgezählten Materien, da m Betreff dieser nur daö „In-Kraft-Bleiben" älterer Vorschriften ausgesprochen, nicht aber die Befugniß zum Erlasse neuer dem StGB, degonrender Vorschriften ertheilt ist. Dagegen dürste es nicht unstatthaft fern, die in Kraft erhaltenen, dem StGB, degonrenden Landes-Vorschriften im Wege der späteren Landesgesetzgebung abzuändern, insoweit dadurch nur nicht die Abweichungen vom StGB, eine Ausdehnung erfahren. 13. Der im Abf.3 in Betreff der auf den Konkurs bezüglichen Strafvorschristen gemachte Vorbehalt verstand sich nach dem oben unter n. 6 Gesagten von selbst. Die auf den Bankerutt der Kaufleute bezüglichen Landesstrafgesetze sind jetzt durch die §§ 281—283 ersetzt und somit beseitigt; eS sind daher nur solche StrafVorschriften in Kraft verblieben, welche andere in den citt. §§ nicht vorgesehene That­ bestände zum Gegenstände haben, z. B. OrdnungSstrasvorschriften. Dasselbe gilt von den den Konkurs der Nichtkaufleute betreffenden Sirasbestimmungen vgl. n. 29. — Im Uebngen dienen die hier gebrauchten Worte „insoweit die Landesgesetze sich aus Handlungen beziehen, über welche daö StGB, nichts bestimmt" wesentlich zur Crläuterung des Ausdruckes „Materien" im Abs. 1; vgl. n. 4. — Außerdem ergiebt Abs. 3, daß daö unter n. 7 nt Betreff der strafbaren Verletzungen der im Abs. erwähnten Gesetze Gesagte hier keine Anwendung findet. 14. Der § 2 findet auch auf solche Spezialgesetze Anwendung, welche eine ört­ lich begrenzte Geltung hatten: V. 1. 28. Sept. 53 c. Grunwald. 15. AuS dem Obigen (n.4) erhellt, daß die Worte des Abf.2: besondere Vorschriften des Bundes- und Landesstrafrechts eine andere Bedeutung haben al­ bte in Art. II Abf. 2 de- Einf.-Gef. zum Pr. StGB, vorkommenden Worte: „be­ sondere Strafgesetze", welche sich im Gegensatze gegen die im Abs. 1 ibid. erwähnten allgemeinen Strafgesetzgebungen lediglich aus Spezialgesetze beziehen. Nicht« destowemger können — soweit es sich eben von solchen neben der allgemeinen Strafge­ setzgebung ergangenen Strafbestimmungen handelt — die unter der Herrschaft dePr. StGB.- ergangenen Entscheidungen der höchsten Preußischen Gerichtshöfe auch jetzt noch wesentlich zur Erläuterung benutzt werden. Hiernach sind in Preußen nicht aufgehoben: 16........................ AGO. I, 7 §38, welcher für den Fall der Verweigerung

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der Annahme einer gerichtlichen Verfügung eine Strafe androht: Beschl. I. 13. Nov. 61 c. Iacobsohn (RdO. II, 54; sprach gleichzeitig aus: die betr. Geldbuße stelle eine Ordnungsstrafe dar. die nur durch denjenigen Richter verhängt werden könne, von welchem die betr. Anordnung ausgegangen fei). 17.................. ebenso AGO. I, 23 §52 Nr. 4 u. 5, Tit.24 § 40 a. E., frevel­ haftes Leugnen im Prozeste betreffend; diese Gesetze enthalten aber „Prozeßvorschriften"; die Strafen können daher nur von dem Mit der Sache befaßten Civrl.Rrchter (1. oder 2. Instanz) verhängt werden: ZI. 12. Juli 54 c. Klose (Entsch. 28. s. 196); VII. 18. Ott 55 c. Weinberg (GA. III, 823). Daraus ist gleichwo-l nicht zu folgern, daß die Gegen-Partei die Entscheidung durch Rechtsmittel angreifen könne; es be­ darf daher der Zustellung emes von dieser Strafe freisprechenden CrkenntniffeS an den Gegner nicht: ZI. 5. Dez 60 c. Teßmar. 18.................. ebenso AGO. III, 1 § 30. 31, da« Qneruliren betreffend: B. 26.Sept. 51 c. Ruggeberg (JMbl. 52. f. 180); »II. 6. Dez. 60 c. Brandt (RdO. 1,169). Jene Vorschrift findet auch auf das wiederholte Vorbringen emer Denunziation bei der StA.-schaft Anwendung: ZI. 8. Febr. 65 c. Grüttner (RdO. V, 468). 19.................. ebenso ALR. I, 9 § 103, die Bestrafung deSzenigen betreffend, welcher von einem auf fernem Grundstücke gefundenen Schatze der Obrigkeit kerne Anzeige macht: DI. 30. Juni 66 c. Berg (RdO. VII, 396); vgl. § 246. 20.................. ebenso ALR. II, 1 § 170.1008.1010, dre Strafen der vor­ sätzlichen Uebertretung eines EhegesetzeS betreffend: BI. 11. Mai 59 o. Frscher. Diese Strafandrohung kaun aber denjenigen nicht treffen, welcher, um zur Abschließung der ver­ botenen Ehe zu gelangen, mit Konsens aus Preußen ausgewandert ist: ZI. 29. März 65 c. Magnus (RdO. VI, 25.). 21.................. ebenso Regl. v. 15. Sept. 1798 § 2 Nr. 4, betr. die anschlagswidrrge Verwendung des aus Königlichen Forsten an Berechtigte gelieferten FrerbauholzeS; diese Strasvorschrist ist auch aus die zum Kron-Fideikommrß gehörigen Forsten anwendbar: Erk. III. Civ.-Sen. 10. Sept. 57 (StA. 26 s. 170; vgl. ibid. 20 s. 179). 22.................. ebenso Gesinde-Ordn. v. 8. Nov. 1810 § 31 das zweimalige Dermiethen des Gesindes betr.: V. 11. Juni 52 c. Witte; contra, wie e« scheint: Wenzel Ergg. s. 367.505. — Aehnlrch verhält eS sich mit der Rh. Gef.-Ordn. v. 19. August 1844 § 12. 23.................. ebenso VorfluthS-Edrkt v. 15. Nov. 1811 § 8. 9, betr. das Auf. stauen des MÜhlen-WasserS über die durch den Merkpfahl festgesetzte Höhe: »II. 19. Apr. 55, BI. 15. Juni 55 c. Eschholz (JMbl. f. 243. 355). 24.................. ebenso AKO. v. 13. Oktbr. 1824 Nr. 7, daö unbefugte Tragen der National-Kokarde betr. 25.................. ebenso AKO. v. 7. Febr. 1837, die SonntagSseier betr. 26.................. ebenso Ges. v. 8. Mar 1837 § 28, die Ausstellung einer zu hohen Brandentschädigungsforderung betr., mit der Maaßgabe, daß an dre Stelle der dort bezogenen §§ des Tit. 20 Thl II des ALR. letzt dre Vorschriften des StGB, über die Bestrafung des Betruges getreten (§ 263) sind. 27.................. ebenso die Vdn. v. 13. Mai 1840 § 1 (GS. s. 127), die Be­ nutzung ungestempelter Maaße k. beim Verkaufe betr., soweit sie sich aus Nrchtgewerbtreibende bezieht; vgl. §369 Nr. 2. 28.................. ebenso das Ges. v. 5. Juli 1847 (GS. s. 264), soweit eS das Spielen in auswärtigen Lotterien mit Strafe bedroht, und die AKO. v.27. Junr 1837; vgl. §281. 29............... ,. ebenso das Holsteinsche Ges v. 17. Juni 1859 § 13, nach welchem der Gemeinschuldner sich strasbar macht, wenn er in der Absicht seme Gläubiger zu Übervortheilen zu deren Benachtheilung eine Veräußerung vornimmt: Z. 29. Jum 70 c. Heick (RdO. XI, 378). 30...................ebenso die Vorschriften deö links-rheinischen Ges. v. 21. germ. XI. Art. 36, und deS Ges. v. 29. pluv. XIII., daS Ankündigen von Geheimmltteln betreffend (§ 345 Nr. 2 betrifft einen anderen Gegenstand): »II. 3. Nov 55 c. Momma, ZU. 7. Mai 57 c. Klug (RA. 51.2A. s. 62; 52. 2A. s. 80); ZU. 8. Mar 69 c. Kruse (RdO. X, 308); contra: Erk. AGH. Köln 1. März 54 (RA. 49. 1, 256).

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EinsührungS-Gesetz §2.

Dagegen sind in Preußen aufgehoben: 31................... AGO. 1,7§41, die Bestrafung unrichtiger In sin NationSberichte betreffend: ZI. 7. 3nni 61 c Starost (RdO. I 428: „eine solche Handlung fei nui noch im DiSciplmarwege zu rügen^); contra früher: D. 17. Sept. 52c. Laser. 32...................ALR. Ein!. § 13, die Entjchnldigung mit der Unfenntniß des Strafgesetzes betr. 33................... ALN. I, 6 § 114, die Bestrafung der Beleidigungen betr. 34................... 21 LN. I, 9 § 73, nach welchem derjenige, welcher dem Richter gegenüber einen Fund ableugnete, als Dieb zu betrachten war: ZU. 14. Okt. 58 c. Trolfch (GA. VII, 108). 35................... ALN. I, 11 § 740, nach welchem die Cefsion resp Einklagnng einer DarlehnSserderung, auf welche die Valuta ganz oder zum Theil nicht bezahlt worden, als Betrug bestraft werden sollte: ZI. 13. April 55 c. Abrahamson (GA. III, 569); eS ist in jedem Euizelfalle zu prüfen, ob dieBegriffserforderntsse des §263 vorliegen. 36 .............. ALR I, 14 §463—465 (unrechtmäßig vorgenommene Pfän­ dungen betreffend; vgl. FPO v l.Nov. 1847 § 75 und den Anhang): V. 8. März 52 c. Krieger; Z. 16. April 52 c. Morave. Das gilt selbst dann, wenn die dort erwähnte Selbsthülse mit Gewalt an Sachen verbunden war; Bestrafung kann jetzt nur dann eintreten, wenn ein nach dem StGB, strafbarer Thatbestand vorliegt: DI. 9 Ott. 57 c. Smolewskt. 37...................Nh. BGB. Art. 298 und 308, die Eh ebru che strafen betref­ fend; vgl. § 172 und daS frühere Rh. StGB. Art. 337. 38...................Rh HGB. Art. 479, nach welchem derjenige, welcher sich in einer Versammlung der Gläubiger eines Fallirten auf einen frmulirten Titel stützt, als Theilnehmer am detrilglichen Bankerutt bestraft werden soll. 39................... Crim -O. v. 11. Dez 1805 § 10, die Pflicht zu denunziiren betrefiend: DI. 17.Nov. 54 c. LLolfs (GA III, 130); ZI 30 Okt. 61 c. Streisand (NdO II, 26). Jetzt ist in dieser Beziehung nur noch 5 139 StGB, maaßgebend. 40 .............. Ddn v. 14. Juli 1797 (tue Vereinbarung mehrerer Bletlustigen zu gemeinschaftlichem Bieten bei einer Versteigerung betr.): BII. 21. April 53 c. Straube. 41................... AKO. vom 9 Okt. 1833. die Verhängung des St rasmi ui Ni um bei freiwilligem Eingeständniß betreffend: ZU. 11. Mai54 c. Lütke-Maestrup (GA. II, 542); Beschl. U 8 Mai 56 c. v. Feilitzsch 42...................AKO. v. 20 Juni 1835, die Bestrafung eines Verbrechers betr., welcher wegen früherer Verbrechen bereits zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurtheilt ist: Z 8. Sept. 52 c. Hening (heil.); dieses Erkenntniß setzte zwar tm Tenor die neuerdings verwirkte Strafe fest, erklärte sodann aber, dieselbe sei durch die frühere Derurtheilung absorbirt. 43................... An. V. der Einf.-Ddn. v. 25. Juni 1867, durch welche die An­ wendung der Bestimmungen der §§266 267 und 340 Nr. 11 des Pr. StGB.S auf die öffentlichen Spielbanken zu Wiesbaden, Cms und Homburg bis auf weitere Be­ stimmung ausgesetzt worden war; vgl. BGes. v. 1. Juli 1868 §2 (BGBl. s. 367). Nach dem Grundsätze des § 2 kann diese Beschränkung aus die §§ 284. 285. 340 Nr. 14 des B.-StGB ö nicht ausgedehnt werden. 44................... die Ostpreuß. Dorfordu. v. 16. Mai 1768 § 23, betr. den Unge­ horsam gegen die Anordnungen des Schulzen: DI.27.Sept. 51c. Naujocks (NdO. 1,556). 45. Auch dann, wenn die in einem älteren Gesetze enthaltenen Strafbestim­ mungen durch daS StGB, beseitigt sind, bleiben doch die in jenen Gesetzen enthal­ tenen anderweitigen Bestimmungen, insbesonderepolizeiliche Anordnungen (z.B. da« Verbot des Feuer-Anzünden« m einer Heide nach der Westpreuß. Forst- und Jagd-Ordn. v. 8. Okt. 1805 Ttt. 1 § 19, für welches Tit. 4 § 9. 10 die Strafan­ drohung enthalten) in Kraft: ZI. 18. Jan. 60 c. Eifenstädt. 46. Die Aushebung der älteren Strafgesetze ist nicht ohne Weiteres auf die besonderen Vorschriften der mit denselben verkündeten EinsührungSgesehe aus­ zudehnen. Sie sind in Kraft verblieben, insoweit sie nicht durch neue Vorschriften des vorliegenden Emf.-Gef.'s ersetzt sind, oder selbst wieder Materien betreffen, welche jetzt Gegenstand deö StGB.'S sind. Demgemäß ist das Pr. Einf.-Ges. v. 14. April 51 theilweise m Geltung verblieben, das gilt namentlich von den daS Strafverfahren be­ treffenden Vorschriften desselben; daS Nähere siehe am Schluß dieses Werks.

Einführung«-Gesetz §3. 4.

13

§. 3 Wenn in LandeSgesetzen auf strafrechtliche Vor­ schriften, welche durch das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund außer Kraft gesetzt sind, verwiesen wird, so treten die entsprechenden Vorschriften des letzteren an die Stelle der ersteren. [I.Enlw. (fehlte); II.Gnlto.

§3; Eins..Ges.,. Pr.StGB.: Art.III.]

§. 4. Bis zum Erlasse der in den Artikeln 61. und 68. der Verfassung des Norddeutschen Bundes vorbehaltenen BundeSgcsetze sind die in den §§81. 88. 90. 307. 311. 312. 315. 322. 323. und 324. des Strafgesetzbuchs für den Nord­ deutschen Bund mit lebenslänglichem Zuchthaus bedrohten Ver§3. 1. Unter den hier vorgesehenen LandeSgesetzen sind selbstverständlich solche gedacht, welche neben dem StGB, m Kraft verblieben, also nicht solche, welche nach tz 2 durch das letztere nnwirklam geworden sind, weil sie Materien betrasen, welche Gegenstand des StGB s selbst sind 2. Dagegen ist der Ausdruck ..Landesgesetze" nicht auf Strafgesetze zn be­ schränken, sondern allgemein aufzufassen; er umfaßt also auch die Prozeß- und die Civtlgesetze. 3. Dieser § läßt bei allen Verweisungen aus nunmchr durch das StGB, be­ seitigte strafrechtliche Vorschristen, die en tipreche üben Vorschriften zeneS an die Stelle treten. Unter biefin „entsprechenden Vorschriften" sind diejenigen zu ver­ stehen, welche nunmehr ttn StGB, die belnfsinden Matenen regeln; eS wird al>o keineswegs voransgeietzt. daß die einen bestimmten Stiaffall betreffenden, neuen Vor­ schriften genau denselben Thatbestand wiedergeben; eS genügt, wenn die neue Vor­ schrift an die Stelle der alteren tritt und diese dadurch ersetzt. 4. Die allgemeinen m den „Einleitenden Bestimmungen" und im „Ersten Theil" des StGB.ö aufgestellten Grundsätze kommen — selbst wenn aus solche nicht besonders „verwiesen" ist, — auch bet den durch „besondere" Gesetze vorge­ sehenen Strafsällen zur Anwendung, insoweit die letzteren nicht auch rn dieser Be­ ziehung abweichende Bestimmungen enthalten. Dgl. § 2 n. 3. 5. Ern vom Reichstage bet der zweiten Lesung des Entwurfs angenommener Zusatz bestimmte: „Aufgehoben jedoch werden die Bestimmungen der LandcSgesetze, welche die in Theil II Abschnitten 1 biS 5 des StGB S enthaltenen Verbrechen einem besonderen Gerichtshöfe zuweisen. Die Zuständigkeit zur Aburtheilung dieser Verbrechen geht auf die ordentlichen Landeögerichte über und die Entscheidung erfolgt m dem Verfahren, welches über die Aburtheilung von Verbrechen maßgebend ist." Dieser Zusah ist bei der dritten Lesung wieder beseitigt woiden, weil die Vor­ schrift nicht dem materiellen Rechte, sondern dem Verfahren angehörte und weil man der zu erwartenden Strafprozeßordnung m dreier Beziehung nicht vorgreifen wollte. Inwiefern nunmehr anzunehmen sei, daß das Pr. Ges. v. 2.\ Apr. 1853 (ES. s. 152), welches gewisse politische Verbrechen ausschließlich der Zuständigkeit deö als „Staatsgerichtöhof" fungirenden KammergerichtS überwies, darüber vgl. unten Thl. II. Abfchn. 1 n. 2.

§4. 1.

Der cit. Art. 68 der Bundesverfassung lautet: „Der BundeSfeldherr kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Theil desselben in Kriegszustand erklären. DiS zum Erlasse eines die Voraussetzungen, die Form der Ver­ kündigung und die Wirkungen einer solchen Erklärung regelnden BundeSgesetzes gelten dasür die Vorschriften des Preuß. Gesetzes v. 4. Jum 1851."

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Einsührungr-Gesttz § 4. 5.

brechen mit dem Tode zu bestrafen, wenn sie in einem Theile des Bundesgebietes, welchen der Bundesfeldherr in Kriegs­ zustand (Art. 68. der Verfassung) erklärt hat, oder während eines gegen den Norddeutschen Bund ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplätze begangen werden. [I.Entw. (fehlte); II.Evtw.: $4; Einf.-Ges.z.Pr.StGB.(fehlte)). Vgl.Bund.-Verfaff. v. 26. Juli1867 Artt. 61.68; Pr. (Bundes-) Gef. v. 4. Jum 1857 (GS. f. 457).

§. 5. In landesgesetzlichen Vorschriften über Materien, welche nicht Gegenstand des Strafgesetzbuchs für den Nord­ deutschen Bund sind, darf nur Gefängniß bis zu zwei Jahren, Haft, Geldstrafe, Einziehung einzelner Gegenstände und die Entziehung öffentlicher Aemter angedroht werden. fl.Entw.: Art.IV; II.@ntro.:§5; Einf..Gtl.,. Pr. StGD.:(fehlte)I. Sgl. §§.6.8. 2. Der obige § 4 ist als eine der im Art. 68 der Bundesverfassung vorbe­ haltenen bundesgesetzlichen Bestimmungen aufzufassen; die dadurch herbeigeführte Modifikation jenes Art. 68 konnte eben deshalb erfolgen, ohne daß es dazu der „Ver­ änderung der Verfassung" nach Anleitung des Art. 78 derselben bedurft hätte. 3. Die Erklärung des Kriegszustandes in einem Theile des Bundesgebiets kann nur durch den BuudeSseldherrn (d. h. nach Art. 63 der Bundesverfassung: durch den König von Preußen) erfolgen. Das Staatömmisterium und die Militärbefehlshaber (vgl. cit. Gef. v. 4. 3um 1851 §§ 1. 2) find dazu nicht befugt. Eben­ sowenig kann die „Erklärung m Kriegszustand" durch eine Erklärung in „Belage­ rungszustand" nach Anleitung des cit. Ges.'S ersetzt werden. 4. Der Kriegszustand kann nur im Falle eines Krieges, oder im Falle eines Aufruhrs bei dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit erklärt werden: Gef. v. 4. Juni 1851 §§ 1. 2, auf welches Art. 68 der Bundesverfassung in Betreff der Voraussetzungen der Maßregel verweist. Eine anderweitige „Bedrohung der öffentlichen Sicherheit im Bundesgebiet" reicht dazu nicht hin. 5. In Betreff des „Kriegsschauplatzes" macht es keinen Unterschied, ob derselbe im In- oder tm Auslande liegt, sobald nur nach allgemeinen Grundsätzen die citt. §§ des StGB.'S Anwendung finden können. 6. Die Todesstrafe greift nur insoweit Platz, als sonst aus lebenslängliches Zuchthaus zu erkennen wäre. Insoweit daher die eilt. §§ deS StGB.'S die Ver­ hängung einer andern Strafe gebieten oder gestatten, behält es daber auch in dem durch § 4 vorgesehenen Falle sein Bewenden; zene anderen Strafen konkurriren dann elektiv neben der Todesstrafe. Ebenso bleibt die Todesstrafe beim Vorhandensein „mildernder Umstände" ausgeschlossen, wenn einer der im § 4 citt. §§ des StGB.'S für diesen Fall an die Stelle der lebenslänglichen Zuchthausstrafe eine mildernde Strafe setzt. Hiernach ist § 8 des Pr. Ges. v. 4. Juni 1851 durch den vorliegen­ den § 4 ersetzt und dadurch beseitigt. 7. Dagegen bleibt § 9 des cit. Ges. für die dort vorgesehenen Fälle nach wie vor in Geltung.

8 5.

1. DaS Verbot dieses § bezieht sich nur auf die demnächst im Wege der Landesgesetzgebung zu erlassenden Strasvorschristen. In Betreff der neben dem StGB, in Kraft verbleibenden besonderen Bundes- und Landesgesetze enthält § 6 die maßgebende Bestimmung. 2. Die „Entziehung öffentlicher Aemter" ist nicht gleichbedeutend mit der im § 35 des StGB.'S erwähnten „Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter", sondern entspricht dem in den §§ 81. 83. 84. 87—90 erwähnten, dort neben der Festungsstrafe (fakultativ) angedrohten „Verluste der öffentlichen Aemter." Dieser Verlust ist dort verbunden mit dem „Verluste der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte." Auf diese wird auch die oben erwähnte „Ent-

EinsilhrungS-Gesetz §6.

15

§. 6. Vom 1. Januar 1871 ab darf nur auf die im Strafgesetzbuche für den Norddeutschen Bund enthaltenen Straf­ arten erkannt werden. ziehung" auszudehnen sein, weil sonst (dem Grundsätze de- § 6 de- Einf.-Ges.s zu­ wider) das Bundesstrafgesetz eine Strafart (Entziehung des Amtes ohne gleich­ zeitige Entziehung der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte) androhen würde, welche das StGB, in dieser Weise nicht kennt. 3. Den Verlust anderer Ehrenrechte kann ein Landesstrafgesetz nicht mehr androhen. 4. Ebensowenig kann ein neues LandeSgeseh dem Gefängnisse (der Haft) eine ArbeitSstrafe (§ 6) substituiren, oder eine solche als Polizeistrafe androhen.

8 6. 1. Die Bestimmung dieses § bezieht sich sowohl auf diejenige« Fälle, welche vor dem 1. Jan. 1870 begangen und daher nach den damals geltenden Straf­ gesetzen zu beurtheilen sind (StGB. §2), als auf diejenigen, für welche ein in Kraft verbliebenes besonderes Gesetz die Bestrafung regelt. — Es ist im § 8 der Landesgesetzgebung vorbehalten worden, die (für die Zukunft beseitigten und die neben dem StGB, in Kraft verbleibenden) Landesstrafgesetze mit den Vorschriften des letzteren in Uebereinstimmung zu bringen. — Insoweit eS hierzu der Mo­ difikation eines Bundesgesetzes bedürfen sollte, könnte die Abänderung selbstverständ­ lich nur im Wege der Bundesgesetzgebung erfolgen. 2. Unter den im StGB, enthaltenen „Strasarten" sind nicht blos die­ jenigen zu verstehen, welche m den §§ 13—42 des StGB.S näher behandelt worden sind, sondern alle diejenigen, welche das StGB, überhaupt kennt und m Einzelfällen androht; vgl. StGB. Thl. I. Abschn. 1 n 2. 3. Der Verlust des Rechts zum Betriebe eines bestimmten Gewerbes gehört nicht zu den im StGB, enthaltenen Strasarten. Die einen solchen Verlust für Steuer- und Preßvergehen androhenden (durch die Bund.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 § 143 aufrecht erhaltenen) Landesgesetze (z. B. Pr. Steuer-Ordn. v. 8. Febr. 1819 §62; Pr. Preßges. v. 12. Mar 1851 §54) können daher eine Anwendung nicht mehr finden. — Dagegen ist die Vorschrift der cit. Bund.-Gew.-Ordn. § 15, nach welcher die Fortsetzung des Betriebs eines Gewerbes, zu dessen Beginn eine be­ sondere Genehmigung erforderlich ist, polizeilich verhindert werden kann, wenn dasselbe ohne jene Genehmigung begonnen ist, — unzweifelhaft in Kraft verblieben, da sie keine Strafe, sondern eine polizeiliche Maßnahme anordnet; vgl. n 8. Das­ selbe gilt von den die Zurücknahme einer ertheilten Approbation, Genehmi­ gung oder Bestellung betreffenden Bestimmungen der cit. B.-Gew.-Ordn. v 21. Juni 1869 (§§ 53. 54. 151) und von der Vorschrift des cit. § 35 ibid., nach welcher die Ertheilung von Tanz-, Turn- und Schwimm-Unterricht als Gewerbe demjenigen spolizeilich) untersagt werden kann, welcher wegen eines Verbrechens oder Vergehens gegen die Sittlichkeit bestraft worden ist. 4. Die Aberkennung der Befugniß jugendliche Fabrikarbeiter zu be­ schäftigen (B.-Gew.-Ordn. v. 21. Ium 1869 § 150), ist eine in das StGB, nicht mit aufgenommene Strafart und daher nunmehr für nicht mehr statthaft zu erachten. 5. Die Strafe des Niederreißens eines zu nahe an einem Walde errich­ teten Gebäudes und der Konfiskation der Materialien (vgl. die auf dem linken Rhemufer geltende franz. Ordonnanz v. Aug. 1669 Ttt. 27 Art. 18; franz. StRG. v. 25. vend. — 22. drum. XIV.; Creuzn. Forst-Ddn. v. 21. Jan. 1815) erachtete ein »II. 29. März 1855 c. Kleine (RA. 55. 5.A. f. 92) für noch gültig, weil auch das Pr. StGB, die Konfiskation als Strafe tm Allgemeinen anerkenne, diese aber im vorliegenden Falle durch die vorgang'ge Niederreißung des Gebäudes bedingt sei. Das dürste auch jetzt noch gelten, da die „Einziehung einzelner Gegenstände" auch jetzt noch als Strafe beibehalten ist. — Eventuell würde diese Maßnahme wenn auch nicht als Strafe, doch im Sinne des Rheinischen Strafverfahrens als ein EivilSchaden-ersatz (als Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes) anzusehen sein, welchen der Strafrichter aus den Antrag des öffentlichen Ministeriums auözusprechen hat; vgl. 3II. 2. Apr. 68 c. Leick (RdO. IX, 253); Gilb, C. d’instr. crim. art. 161 n. 30 sqq.

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Einführung««Ersetz § 6. 7.

Wenn in Landesgesetzen anstatt der Gefängniß- oder Geld­ strafe Forst- oder Gemeinde-Arbeit angedroht oder nachgelassen ist, so behält es hierbei sein Bewenden. [I. ent».: Art. V; II. Ent».: § 6; Ems.-Ges. j Pr. StGB.: Art. VIII—X.] Dgl. § 8; StGB. § 2.

§. 7. Vom 1. Januar 1871 ab verjähren Zuwider­ handlungen gegen die Vorschriften über die Entrichtung der Branntweinsteuer, der Biersteuer und der Postgefälle in drei Jahren.

em»

[I. II. (fehlte)]. Vgl. Bund «Postges. v. 2. Nvv. 1867 § 37 (BGbl. s. 69); B.-TabakSsteuerges. v. 26 Mai 1868 § 12 (BGbl. s. 321); B.-Wechselstempelges. v. 10. Ium 1869 §17 (BGbl. s. 196); DZollges. v 1. Juli 1869 § 164 (BGbl. s. 362); BGes. v. 1. Juli 1869 (d. vom Zollgebiete ausgeschlossenen Hamburgischen ©ebtetötbeile betr.) § 12 (BGbl s. 372) Preußen. Vgl. Ges v. 22.Mai 1852 Art.V. (GS. s. 252). 6 Das StGB, hat die öffentliche Bekanntmachung einer Bernrtheilung als selbststänotge Strafe oder als Strailchärsung (wie sie das Pr. StGB. §30 kannte, vgl. die Motive zu diesem f. 12) nicht aufgenommen; sie kommt tm § 200 jetzt nur noch alö Puvatgenugihuung vor. Demgemäß sind auch besondere Vor­ schriften der Landesgesetze, welche eine derartige Bekanntmachung als Theil der Be­ strafung anordnen, für beseitigt zu erachten. Ebenso dürfte es sich mit §146 Abs. 3 der B.-Gew.-Ordn. v 21. Zuni 1869 verhallen, nach welchem jede rechtSkrälttge Berurthcilung wegen einer Zuwiderhandlung gegen die §§ 134—136 ibid. (TruckSystem) auf Kosten des Berurtbeilten öffentlich bekannt gemacht werden sollte, da auch diese Borschrift sich als eine Schärfung der durch jenen § 146 angedrohte« Strafe darstellt. 7. Die Vorschrift des § ist auf DlSciplinarstrafen nicht auszudehnen; in Betreff dieser ist an den bestehenden DiSciplinargesetzen Nichts geändert. 8. Die gesetzlich begründete Befugn iß der Polizeibehörden, polizeiwidrige Anstalten und Zustände zu beseitigen und die Herstellung deS gesetzlichen Zustandes herbeizuführen, ist selbstverständlich durch daS StGB, nicht aufgehoben worden; Betsp.: B -Gew.-Ordn. v 31. Juni 1869 § 147 Abs 3. 9 Abs. 2 behält die in einzelnen Landesgesetzen statt der Gefängniß- oder Geldstrafe als Strafe angedrohte oder nachgelaffene Forst- oder Gemeindearbeit bei. Unter „Gefängniß" ist hier die m den verschiedenen Emzelstaaten bisher bestehende einfachere Form der Freiheitsstrafe, im Gegensatz gegen die geschärsten, zu verstehen; es gehört daher „Gefängniß" und „Polizeigefängniß" tm Sinne des Pr. StGB S hierher. Außerdem dürfte eS unbedenklich fem, die Forst, oder Gemeindearbclt auch da, wo sie principahter als Strafe angedroht ist, beizu­ behalten. Pgl. übrigens § 18 n. 3. 10. Was hier von Forst- und Gemeindearbeit gesagt worden, ist aus die HandarbeitSstrase deS Kgl. Sächs. StGB- (Art. 23) nicht auszudehnen; diese ist aufgehoben. 11. An den vor dem 1. Jan. 1870 verhängten, demnächst rechtskräftig ge­ wordenen Berurrheilnngen wird durch §6 Nichts geändert. Es verbleibt so­ nach auch bet solchen Strasarten, welche das StGB, nicht mehr kennt. 12. Dagegen ist § 6 selbstverständlich auch für den Richter zweiter In­ stanz maßgebend, selbst wenn die Abnrtheilung erster Instanz unter dem alten Rechte erfolgt war; er muß daher die ergangene Berurtheilung mit der jetzt geltenden Ge­ setzgebung in Einklang bringen, sollte er auch zu einer anderen Abänderung des ersten Urtheils keine Veranlassung finden.

§ 7. 1. Die hier bestimmte dreijährige Frist gilt für die Strafverfolgung der betr. Zuwiderhandlungen. Für die Vollstreckung der erkannten Strafen ist auch hier nur § 70 maßgebend.

Einführung--Gesetz $8.

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§. 8. Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, Uebergangsbestimmungen zu treffen, um die in Kraft bleibenden 'Landesstrafgesetze mit dem Vorschriften des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund in Uebereinstimmung zu bringen. [I. Entw. (fehlte); II. Entw.: § 7; Einf.-Ges.Pr. StGB, (fehlte).]

2. Abgesehen von der hier bestimmten Dauer der DerjährnngSzeit, kommen die allgemeinen Grundsätze, welche das StGB, in Betreff der Verjährung der Strafverfolgung aufstellt, auch bei den im § .vorgesehenen Zuwiderhandlungen zur Anwendung. Das gilt namentlich auch von der Art und Weise, wie die Ver­ jährung unterbrochen werden kann; vgl. § 68. 3. Der § gilt für Zuwiderhandlungen aller Art; insbesondere also auch für solche, welche nur mit einer s. g. Ordnungsstrafe bedroht sind; vgl. oben n. 5. 4. Die Branntwein- und B er.Steuer sowie die Postgesälle fließen nach der DundeSversaff. vom 26. Juli 1867 §§ 35. 38. 49 zur Bundeskasse. — DaS B.'Postges. v. 2. Nov. 1867 § 37 ließ die in den §§ 27—32 ibid. aufgezählten „Post- und Porto-Uebertretungen" m Untern Jahre verjähren; daS ist jetzt durch § 7 m Betr. der Porto-Uebertretungen abgeändert worden. 6. Außer den hier aufgezählten Abgaben rc. fließen auch noch die Erträge der Zölle sowie die Verbrauchsabgaben von einheimischem Zucker, Salz und Tabak (Verfass, v. 26. Juli 1867 §§ 38. 35) und die deö Wechselstempels (B.-Ges. v. 10. Juni 1869 § 1) zur Bundeskasse. Gleichwohl ist die Vorschrift des § 7 auf sie nicht auszudehnen. Zollkontrebanden und Defrauden (deren Regelung überhaupt Nicht durch die Bundes- sondern durch die ZollvereinSgesetzgebung erfolgt) verjähren nach dem B.-Zollges. v. 1. Jul. 1869 § 164 und dem (Hamburger) B.-Ges. v. 1. Juli 1869 Art. 12 ebenfalls in drei Jahren, bloße Ordnungswidrigkeiten' in Zollangelegenheiten dagegen in Einem Jahre. Die Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des B.-Ges v. 26 Mar 1868 die Besteuerung deS Tabacks betr. nach § 12 ibid., in fünf Jahren; Wechselstempelhinterziehungen nach dem eit. B.- Ges. vom 10. Junr 1869 § 17 m bret Jabren. — DaS B.-Salzsteuer-Ges. v. 12. Oft. 1867 (B.-Gbl. S. 47) und das B.-Zuckersteuergef. v. 26 Junr 1869 (B.-Gbl. S. 282) enthalten in Betreff der Verjährung der Zuwiderhandlungen gegen die betr. Vorschriften keine besonderen Bestimmungen; es kommen daher rn Betreff ihrer die Vorschriften des StGB.'S zur Anwendung, insoweit nicht ern besonderes Landes­ gesetz .(§ 2) eine abweichende Vorschrift enthält. 6. In Preußen verjähren nach dem Ges. v. 22 Mai 1852 Art. V „Dergehen und Uebertretungen". welche durch Zuwiderhandlung gegen tie Vorschriften über die Entrichtung der Steuern, Zolle, Postgesälle, KommumkationSabgaben und aller übrigen öffentlichen Abgaben und Gefälle begangen werden, in fünf Jahren, in­ soweit nicht neuere gesetzliche Vorschriften (insbesondere also §7) erne Ausnahme begründen.

88. 1. Die LandeSgesehgebung hat nicht blos die Aufgabe, „die in Kraft blei­ benden LandeSstrafgesetze mit den Vorschriften deS StGB.S m Uebereinstimmung zu bringen"; sie muß vielmehr eine gleiche Regelung m Betreff der älteren durch daS StGB, außer Kraft gesetzten Strafgesetze eintreten lasten, damit bet Be­ strafung älterer unter der Herrschaft jener begangener Straffälle der Vorschrift des § 6 Abs. 1 entsprochen werden könne; vgl § 6 n. 1. ES bednrste indessen in dieser Beziehung emeö Vorbehalts nicht, da dadurch das StGB, selbst und überhaupt die geltende BundeSgesetzgedung eine Aenderung nicht erleiden. 2. Die UebergangSbestimmnngen werden sich insbesondere darüber anSzusprechen haben, welche Strafarten bei den durch besondere Landesgesetze geregelten Materien nach § 6 an die Stelle der früher angedrohten jetzt nicht mehr statthaften treten sollen. Dabei ist festzuhalten, daß aus dem Umstande, daß ein früheres LandeSgesetz irgend eine Straft mit einem Namen bezeichnet, besten sich auch das StGB, zur Bezeichnung einer Strafart bedient, noch nicht folgt, daß jene Strafe

VundeS-Slrafgcfetzbnch.-

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Einführungs-Gesetz §8.

beibehalten und in dem durch daS StGB, der betr. Bezeichnung beigelegten Sinne anzuwenden fei; es kommt vielmehr darauf an, ob die Strafart ihrem Wesen nach (wenn auch vielleicht unter verändertem Namen) in dem StGB, beibehalten ist, und nur wenn dieses anzunehmen, ist sie als fortbestehend zu betrachten 3. Insoweit die zu erwartenden Landes -Uebergangsbestimmnngen in der an­ gedeuteten Bezeichnung keine näheren Vorschriften enthalten, find solche Strafan­ drohungen, welche eine im StGB, gänzlich beseitigte Strasart ($. B. die Untersagung deö Gewerbebetriebes) betreffen, als vollständig ausgehoben anzusehen. Zn Betreff solcher Strafarten aber, welche in veränderter Art in daS StGB. Übergegangen find, ist nach dem unter n. 2 a. E. ausgestellten Grundsätze zu verfahren. Ergiebt es sich bei dieser Prüfung, daß irgend eme Strasart, zwar Nicht in derselben, aber in einer milderen Form tm StGB, vorkommt, so ist anzunehmen, daß diese mil­ dere Form zetzt an die Stelle der früher angedrohten strengeren getreten ist. Das würde z. B. gelten, wenn ein Landesgesetz eine Freiheitsstrafe androht, welche in Betreff der Strenge der Behandlung zwischen der Zuchthaus- und der Gefängnißstrafe, oder zwischen der Gesängnißstrafe und der Hast des StGB, stände; es würde dann in Ermangelung einer die Sache regelnden (f. g. UebergangS -)Bestimmung eine solche Strafe nunmehr als „Gesängnißstrafe" oder als „Haft" (selbstverständlich in der daS Maß der §§ 16 und 18 nicht übersteigenden Dauer) zu verhängen fern. 4. In Betreff der in Preußen anzuwendenden Strafen vgl. die Bemerkungen z. Einf.-Ges. z. Pr. StGB. Art. VIII. IX (am Schluffe dieses Werks). 5. Sollte es sich herausstellen, daß auch ältere Bundesgesetze einer Abän­ derung bedürfen, (z B. B.-Gew..Ordn. v. 21. Juni 1869 § 150, vgl. oben § 6 n. 4), so kann diese selbstverständlich nur im Wege der Bundesgesetzgebung erfolgen.

Strafgesetzbuch für den

Norddeutschen Lund*) vom 31. Mai 1870.

Äöir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen )c. verordnen im Namen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung des BundeSratheS und des Reichstages, was folgt: *) Strafgesetzbuch. 1. DaS auf Grund des Art. 4 Nr. 13. der Bundesverfassung vom 26. Juli 1867 erlassene StGB, lst als ein für sich bestehendes Gesetz für den ganzen Nord­ deutschen Bund ergangen. ES sollte dadurch eine Einheit des Strafrechts und eine gleichmäßige Anwendung desselben für alle dem Bunde angehöngen Staaten erzielt werden. Demgemäß dürfen die Bestimmungen desselben nicht mit Rücksicht auf die sonstigen tn den einzelnen Staaten geltenden Gesetzgebungen, sondern nur aus der Bundesgesetzgebung und den durch sie benutzten Materialien erläutert werden; wo diese feine Anhaltspunkte für die Auslegung an die Hand geben, darf nur auf die allgemeine Rechtslehre zurückgegangen werden. Im Uebrigen muß der Sprach, gebrauch entscheiden, vgl. § 2 n. 5. 2. Mit Rücksicht auf den obigen Grundsatz (n. 1.) und den dort in Bezug genommenen Art. 4 Nr. 13. sowie auf Art. 2. der Verfassung kann das StGB, auch künftig eine Erläuterung oder Aenderung nur int Wege der BundeSgefetzgebuung finden. Insoweit ein Landesgesetz dahin führen könnte, daß in seinem Geltungsbereiche irgend einer Vorschrift deS StGB.'S eine andere Auslegung oder Anwendung zu Theil werden müßte, als in den übrigen Bundesstaaten, ist dasselbe unverbindlich. Dgl. Motive v. 1870 f. 156. 3. Hiernach darf die Landesgesetzgebung künftig nur noch Über Materien, welche nicht Gegenstand des vorliegenden StGD.S sind, nach Maßgabe der §§ 5.6. des Ems.-Ges.S strafrechtliche Vorschriften erlassen. Daö Nähere vgl. znm Emf.Ges. § 2 n. 3. sgg. 4. DaS unter n. 1 und 2 Gesagte erleidet da eine Ausnahme, wo der That­ bestand eines Straffalles durch das Bestehen eines bestimmten civilrechtlichen Verhältnisses bedingt ist. Es versteht sich von selbst, daß in einem solchen Falle die Gültigkeit und Bedeutung dieses CivilrechtSverhältnisseS nur mit Rücksicht auf die für dasselbe geltende Civilgesetzgebung beurtheilt werden kann; vgl. HS 11. 506 Note 1. 5. Der Grundsatz der n. 1 ist, so lange nicht eine für das gefammte Bun­ desgebiet erlassene Strafprozeßordnung erlassen worden ist, auf den Straf­ prozeß nicht auszudehnen. Insbesondere hat auch die Auffassung, nach wel­ cher für die Anwendung des BundeörechtS das ganze Bundesgebiet als eine Einheit anzusehen und zu behandeln ist, so daß im Verhältnisse zwischen den

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Einleitende Bestimmungen.

Einleitende Bestimmungen *). einzelnen Bundesstaaten eine Unterscheidung zwischen Inland und Ausland (Inländer und Ausländer) nicht mehr statt findet (vgl. § 3. n. 8.), — für das Strafverfahren zur Zeit nur in dem beschränkten Umfange Geltung, als er tm BundeS-RechtShülfeGes. v. 21. Juni 1869 (BGbl. s. 309) Anerkennung gefunden hat. Dieses schreibt tm §39. nur vor, daß „bei Anwendung der Civil- und Strafprozeßgesetze, welche Vorschriften zum Nachtheile der Ausländer enthalten, jeder Norddeutsche als Inländer anzusehen sei". Daher schließt zur Zeit die in dem einen Bundesstaate eingeleitete Untersuchung eine Verfolgung derselben Person in einem andern Bundes­ staate nur dann aus (non bis in idem), wenn die That im Gebiete jenes Staates begangen und die Verpflichtung zur Auslieferung durch die §§ 21.—26. 1 c. nicht ausgeschlossen war: 1. c. §35. Bon diesem Faste abgesehen steht ein in dem einen Staate ergangenes Urtheil und seine Vollstreckung einer dermaligen Verfolgung (der­ selben Person wegen derselben That) m einem anderen Staate nur dann entgegen, wenn jene- auch m dem letzteren m Gemäßheit der §§ 21. fgg. und 33. I. c. wirk­ sam werden könnte. Dieser zur Zelt noch bestehende Mangel muß bei der Hand­ habung der Strafverfolgung möglichst ausgeglichen werden. Da- geschieht am besten m der Weise, daß in der Regel da, wo die Verpflichtung zur Auslieferung durch die §§21.-26. 1. c. nicht ausgeschlossen ist, die Strafverfolgung den Behörden desjenigen Staats überlassen wird, m welchem die That begangen war, und daß überhaupt von der Strafverfolgung (wegen einer durch ein Bundesgesetz mit Strafe bedrohten That) abgesehen wird, sobald wegen derselben bet einem Gerichte eines anderen Bundesstaates eine Untersuchung anhängig geworden ist. — Im Uebrigen ist daran festzuhalten, daß, wenn nichts destowemger in verschiedenen Bundesstaaten eine wiederholte Verfolgung wegen derselben That stattfindet, unter analoger An­ wendung des §7. StGB.S die m dem einen Staate vollzogene Strafe auf die in dem anderen erst noch zu erkennende m Anrechnung zu bringen ist. Dgl. § 4. n. 38.

*) Einleitende Bestimmungen. ' 1. Diese „einleitenden Bestimmungen" und der Erste Theil des StGB.« regeln die bet der Anwendung der Strafgesetze maßgebenden allgemeinen Grund­ sätze in einer selbstständigen, erschöpfenden Weise. Dieselben find daher als eine „Materie" anzusehen, welche Gegenstand des StGB.S ist (Emf.Gef. §2.) Daraus folgt, daß die hier gegebenen allgemeinen Vorschriften nicht blos für die in diesem GB. selbst behandelten Strafsalle, sondern überhaupt für alle strafrechtlichen Be­ stimmungen gelten, sollten dieselben auch m einem in Kraft verbliebenen oder künftig ergehenden besonderen Bundes- oder Landesgesetze oder m einer Polizei-Verordnung enthalten sein, e- fei denn, daß jene besonderen Gesetze m Betreff der allgemeinen AechtSgrundsätze ausdrückliche abweichende Vorschriften enthalten, oder daß aus der eigenthümlichen Natur der behandelten besonderen Materien die Unanwendbarkeit jener Grundsätze nachzuweisen wäre; vgl. Emf.-Ges. §2 n.3. Wenn nn Reichstage einzelne Abgeordnete (vgl. Stenogr. Ber. s. 203. 204) gelegentlich die allgemeinen Grundsätze aus Spezialmaterien überhaupt für unanwendbar erachteten, so gehen sie offenbar zu weit. Die Folge würde (ein, daß fast jedes Spezialgesetz m Betreff der wichtigsten Punkte Lücken enthielte, zu deren Ausfüllung es an jedem Anhalte fehlte. 2. Dagegen find unzweifelhaft mit einem nicht aufgehobenen besonderen Ge­ setze auch die in demselben enthaltenen oder zu seiner Ergänzung ergangenen auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze bezüglichen Sonder-Veftimmungen m Kraft verblieben; z B. die in einzelnen derartigen Gesetzen enthaltenen abweichenden Vor­ schriften m Betreff der Verjährung, — vorausgesetzt daß jene Bestimmungen auch früher schon eine Besonderheit für die betr. Matene und nicht etwa nur die An­ wendung eines damals allgemein geltenden, hier nur wiederholten, im StGB, aber abgeänderten Satzes darstellten: ZII. 22. Fcbr. 55 c. Scheuer (RA. 50. 2A. f. 79); Z II. 8. März 55 c. Böckmann (Entsch. 31. s. 304). 3. Auch solche in Geltung verbliebene Spezialbestimmungen (n. 2) find, soweit sie die betr. Lehre nicht erschöpfend behandeln, aus den allgemeinen Vorschriften deö StGB.'S zu ergänzen. Enthält daher ein Spezialgesetz für die behandelten Materien Bestimmungen über die Verjährung, so ist die Unterbrechung rc. derselben nach dem StGB, zu beurtheilen, insofern nicht auch diese im Spezialgesetz ausdrücklich eine

Ginltitenbe Bestimmungen: § l.

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§. 1. Eine mit dem Tode, mit Zuchthaus, oder mit Festungshaft von mehr als fünf Jahren bedrohte Handlung ist ein Verbrechen. Eine mit Festungshaft bis zu fünf Jahren, mit Gefäng­ niß oder mit Geldstrafe von mehr als fünfzig Thalern bedrohte Handlung ist ein Vergehen. besondere Regelung erfahren hat. VII. 22. Febr. 55 c. (cit. n. 2); 9$II. 3. Apr. 56 c. Ciden-Jünker. 4. DaS Gesagte (n. 1—3) gilt auch in Betreff der Zuwiderhandlungen gegen Abgabengesetze: ZI. 23. Febr. 53 c. Lucht. (Entsch. 25. s. 217). 5. Den einzelnen Bundesstaaten ist es unbenommen, bei dem Erlaffe besonderer LandeS-Slrafgesetze in Betreff solcher Materien, ans welche sich das StGB, lucht bezieht, für diese auch in Betreff der affgememen RechtSgrundsätze der ein­ leitenden Bestimmungen und des Thl. I. abweichende Vorschriften zu erlaffen, un­ beschadet der beschrankenden Bestimmungen der §§ 5. 6. des Emf -Ges.s.

§i.

1. ES wäre zu wünschen gewesen, daß das StGB, einen technischen Ausdruck für eine „mit Strafe bedrohte Handlung" im Allgemeinen festgestellt hätte. Der Derfaffer hat sich gelegentlich in diesem Sinne der Ausdrücke ..Straffall" (vgl Pr. EG. Art. VI. XXIII.; StPO. v. 25. Juli 1867 §§ 52. 55. 57. 58. 66.346. 356), oder „Strafthat" bedient 2. Die Dreitheilung in „Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen" ist gewählt worden, eines Theils weil sie eine wesentliche Beihülse für eine einfachere redaktionelle Behandlung bot, und andern Theils weil man sie für geeignet hielt, künftig bei der Regelung der Zuständigkeit im Strafverfahren nützliche Dienste zu leisten; vgl. Motive f. 16. 3. Die Klaffifizirung einer Strafthat richtet sich stets nach dem höchsten Maße der in abstracto zulässigen, nicht nach der tm Einzelsalle zu verhängenden Hauptstrafe: Motive S. 15. Insbesondere bleibt dabei der Umstand, daß unter gewiffen thatsächlichen Voraussetzungen (z. B. beim Vorhandensein mildernder Um­ stände) eine Strafermäßigung eintreten kann oder muß, einflußlos. Es ist daher hierauf bei der Regelung der Zuständigkeit keine Rücksicht zu nehmen, da erst der im Allgemeinen zuständige erkennende Richter das'Vorhandensein jener Voraus­ setzungen feststellen kann: DU. 24. Juni 58 c. Kerpen. Eine Ausnahme von diesem Satze enthält für das Gebier des Rhein. Rechts das Pr. Ges. v. 4. Mai 1853. 3 a. Nach dem unter n. 3 aufgestellten Grundsätze ist eine Strafthat auch dann ein Vergehen, wenn wahlweise neben der Gejängnißstrafe Haft angedroht ist (vgl. § 185. 186). 4. Auch der strafbare Versuch einer Strafthat, sowie die Anstiftung und die Beihülse zu einer solchen sind mit Rücksicht auf die angedrohten Strafen nach Anleitung des 8 1 zu klassifiziren. Sie sind daher selbst wiederum als Verbrechen rc. zu charakrerisiren je nach den Strafen, mit welchen sie zu belegen sind. Da indeffen nach den §§ 44 und 49 (abgesehen von den Fällen, wo die vollendete That am Thäter mit dem Tode, mit lebenslänglichem Zuchthaus oder mit lebenslänglicher Festungshaft zu bestrafen ist) nur der Mindepbetrag der Strafandrohung ermäßigt, der Höchstbetrag aber beibehalten ist. so sind der Versuch emeS Verbrechens und die Beihülfe zu einem solchen ebenfalls Verbrechen; ebenso verhält eS sich mit den Vergehen. 5. Dagegen behandelt das StGB, die Jugend (Strafunmündigkeit) als einen StrafmilderungSgrund (vgl. Ueberschrift deS Abschn. IV); die That behält somit den ihr an sich d. h. nach der Höhe der angedrohten ordentlichen Strafe bei­ wohnenden Charakter; deshalb bleibt sie ein Verbrechen (Vergehen), selbst wenn wegen jenes StrafmUderungSgrundeS die Strafe die m den Abff. 1 und 2 erwähnte Höhe nicht erreichen kann; vgl. § 57 Nr. 4 (:„ist die Handlung ein Vergehen rc., so kann aus Verweis erkannt werden").

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Sinltittnbe Bestimmungen: § 1.

Eine mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu fünfzig Thalern bedrohte Handlung ist eine Uebertretung. Preuße».

[I. II. Enlw.: 11; Pr. StGB.: $ 1.] Vgl. Ems.-Ges.Pr. StGB. Art. VIII—X. XIII-XV.

6. Die neben der Hauptstrase Platz greifenden Nebenstrasen (vgl. Thl. I. Abschn. 1 n. 2) sind bei der Charaktensirung der Strafthaten ohne Einfluß. 7. Der Ausdruck: „Handlungen" ist hier in feiner allgemeineren Bedeu­ tung gebraucht, in welcher er auch Unterlassungen mit umfaßt: Mot. s. 16. 8. Die Eintheilung de- § ist eine alle StraffLlle umfassende. Sie be­ zieht sich daher auch auf diejenigen, welche durch in Kraft verbliebene Bundes- oder Landesstrafgesetze vorgesehen sind. Die nach §§ 6. 8 des Emf.-Ges.s im Wege der Landesgesetzgebung zu treffenden UebergangSbestimmungen geben dann den Maßstab für die Klafsifizirung ab. 9. Enthielte em neben dem StGB, in Kraft verbliebenes besonderes Strafgesetz die Androhung einer sechs Wochen nicht übersteigenden Freiheitsstrafe, so ist die That als Vergehen oder als Uebertretung anzusehen, je nachdem die Strafe jetzt als Haft oder als Gefängniß zu vollstrecken fern wrrdl ersteres versteht sich nicht von selbst, vielmehr sind auch hier die im § 8 in Aussicht gestellten Uebergangsbestimmuugen maßgebend; vgl. EG. § 8 n. 2, und für Preußen: EG. z. Pr. StGB. Art. VIII., sowie die Bemerkungen zu demselben. 10. Ebenso folgt aus dem obigen Grundsätze (n. 8), daß bei der alterna­ tiven oder kumulativen Androhung verschiedener Strafarten die höhere Charakterisirung eintritt, sobald eine derselben die für die geringere Charakterisirung maßgebende Höhe überschreitet; demgemäß ist eme That auch dann eine Uebertre­ tung, wenn sie mit Haft und neben derselben mit einer fünfzig Thaler nicht Über­ steigenden Geldstrafe bedroht ist, während sie den Charakter eines Vergehens an­ nimmt, wenn sie neben der Haft eine höhere Geldstrafe nach sich ziehen kann; vgl. VH. 4 .Okt. 66 c. Offermanns (RdO. VII, 506). 11. Richtet sich die Höhe des Strafmaßes nach dem jedesmaligen Objekte des einzelnen Falles (wie bet Zoll- und Steuerhinterziehungen), so ist für die Qualifizirung der That als Uebertretung oder Vergehen nicht die unbestimmte Strafe, mit welcher die Handlung tm Allgemeinen belegt werden kann, sondern die im kontreten Falle verwirkte Strafe maßgebend; übersteigt diese Nicht das Maß einer Geldstrafe von 50 Thlrn., so ist die Handlung eme Uebertretung und auch prozessualisch als eine solche zu behandeln (unbeschadet der Vorschriften des Art. 142 des Pr. Gef. v. 3. Mai 1852 und des Pr. Gef. v. 22. Mai 1852 Art. V. VI.): Z. KH. 6. Jan. 1852 c. Gielen (RA. 46. 2A. f. 119); 531. 9. März 1853 c. Dumpich (IMbl. f.209); ZI. 8. Novbr. 1861 c. Skoniecki, ZI. I. 31. Oktbr. 1866 c. Orzel (RdO. II, 44; VII, 594). — Liegt ein Rückfall vor. so ist die RücksallSstrafe, Nicht die des ersten Falles maßgebend: 35311. 8 Okt. 1857 c. Mayland. — Vgl. aber n. 14. 12. Dieselben Grundsätze sind maßgebend; wenn sich die Strafe nach der Höhe des Schadenersatzes richtet; vgl. m Betreff des Näheren die Bemerkungen zum Pr. Ems.-Ges. Art. XIV. 13. Treffen mehrere StraffLlle realiter zusammen (§§ 74. 75. 77. 78), so ändert der Umstand, daß in der Regel wegen aller zusammen aus eine Gesammtstrafe zu erkennen ist, nichts an dem Charakter der Emzelthat; für diesen ist daher die Höhe der für den Einzelsall angedrohten Strafe maßgebend. Nach dieser richtet sich dann eventuell auch die Zuständigkeit des berufenen Gerichts. 14. Dasselbe gilt da, wo sich die Strafe nach der Zahl der Objekte der ver­ botenen Handlung richtet. Daher sind die Zuwiderhandlungen gegen die m der B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 §§ 128—130 in Betreff der Annahme und Be­ schäftigung jugendlicher Arbeiter (Strafe: Geldbuße bis zu fünf Thalern rc. für jeden vorschriftswidrig angenommenen rc. Arbeiter) als Uebertretungen zu be­ trachten, sollten auch gleichzeitig mehr als zehn solcher Arbeiter beschäftigt worden sein. Aehnlich verhält es sich mit dem Tödten und Einfängen von Wild während der Schonzeit nach dem Pr. Gef. v. 26. Febr. 1870 § 5 (GS. f. 121).

Einleitende Bestimmungen: §2.

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§. 2 Eine Handlung kann nur dann mit einer Strafe belegt werden, wenn diese Strafe gesetzlich bestimmt war, bevor die Handlung begangen wurde.

§2 Aenderung (andere). 11. Analogie. 5. App -Richter. 6. Belegung m. d. Ctr. 1. Livilhaftbarkert. 28. Ehrenstrafe. 16. Erschwerende Umst 14. Feststellung 12. 27. Geseh. mildere« 10—24. Gewohnheitsrecht. 3. Hauptstrafe. 15

Inhalt. Mhrht. v. Handll. 25. Mild. Umstände. 14. Neben strafe. 16. Nlchtlak.-Rtchter 6. Pol.-Berordnung. 8. 9. Rechtskraft. 6. 7. Spez -Gesetz 6. 9. Strafandrohg. relat. 16-». Strafantrag. 19. Strafe, Ausschließung. 14. Strafe, Bestimmung. 2—4.

StGB., Elnführg. 29. Strafunmundige. 18. Strafverfolgung. 17—21. Strafvollstreckung. 17. 24. Thatbestand. 13. Totalität b. Bestraf«. 13. Untersuchungshaft 22. 23. Verjährung. 20 21. 24. Zeit b. That 26. Zweifel. 22. 23.

1. Die Worte: „kann nur mit einer Strafe belegt werden" — beziehen sich auf die Thätigkeit des die Strafe verhängenden InstanznchterS. 2. Die Strafe ist „gesetzlich" bestimmt, wenn sie durch einen in verfas­ sungsmäßiger Weife zu Stande gekommenen gesetzgeberischen Erlaß, oder auf Grund und in Gemäßheit einer gesetzlichen Vorschrift durch eine dazu berufene Behörde angedroht ist. Vgl. über den Erlaß von Polizei-Derordnungen Thl. II. Abschn. 29; Pr. Pol..Ges. v. 11. März 1850 § 5 ff. (GS. S. 266). 3. Dagegen kann jetzt auf Grund emeö Gewohnheitsrechts nicht mehr eine Bestrafung erfolgen: Schwarze f. 2. 4. Die Strafe ist (zeitlich) „bestimmt", wenn der Augenblick eingetreten ist, von welchem das verkündete Gesetz rc wirksam wird. 5. Analogie darf bei der Strafrechtspflege nur zum Zwecke der Gesetzesauölegung Berücksichtigung finden; sie darf me dahin führen, daß ein Gesetz auf eine nicht unter dasielbe fallende That angewendet werde; vgl. HS. 1, 78. 88.; BL. s. 224. 5 Im Falle eines nicht zu lösenden Zweifels in Betreff des wahren Sinnes eines Gesetzes, gebührt der milderen Ansicht der Vorzug 6. Im Ads. 2 beziehen sich die Worte: „bis zu deren Aburtheilung" auf die Entscheidungen de« JnstanzrichterS, welcher das Strafgesetz „anzuwenden" hat; insbesondere ist auch der Richter zweiter Instanz verpflichtet, auf die feit Verkün­ dung des ersten Unheils eingetretenen Aenderungen m der Gesetzgebung zu rück­ sichtigen. Dagegen darf der Nichtigkeitsrichter die Richtigkeit der Gesetzeöanwendung nur vom Standpunkte desjenigen Gesetzes aus prüfen, welches zur Zeit des Erlasses des angefochtenen instanzlichen Urtheils galt; entsprach sie diesem, so kann nicht deshalb vernichtet werden, weil in der Zwischenzeit ein milderes Gesetz verkündet worden: ZI. 13. Oft. 69 c. Schmidt, ZI. 15. Olt. 69 c. Boer (RdO. X, 635. 642); contra: v. Kirchm. S. 24. Ist aber das instanzliche Urtheil aus irgend einem Grunde vernichtet worden, so muß der der nunmehr erfolgenden neuen „Ab­ urtheilung" auch das zwischenzeitlich verkündete mildere Gesetz Berücksichtigung fin­ den, ohne Unterschied, ob diese neue (instanzliche) Aburtheilung durch cm neubefaßtes Instanzqericht oder durch den Nichtigkeitsrichter selbst erfolgt. Inwiefern m einem solchen Falle der Nichtigkeitsrichter eme selbstständige thatsächliche Feststellung treffen dürfe, richtet sich nach den maaßgebenden Strasprozeßgesetzen; vgl. Oppenh. Pr. Strafvers. Art. 107 n. 22. 7. Eine erst nach der Aburtheilung eingetretene Milderung des Strafgesetzes kann nur ,m Wege der Gnade wirksam werden; contra: Schwarze s. 7. 6. Der Grundsatz des §2, insbesondere auch der des Abs.2 ist ein allge­ meiner, das ganze Strafrecht beherrschender; er findet daher überall Anwendung, insofern Nicht einzelne Spezialgesetze eine ausdrückliche Ausnahme machen. Demgemäß ist er auch bei den in Polizei-Verordnungen enthaltenen Strasverboten maaß­ gebend. VII. 18. Jan. 55 c. Adrian (IMbl. S. 106); contra: HS. I, 42. 9. Eine solche Ausnahme (n. 8) tritt da ein, wo eine nur temporär — sei es für einen von Anfang an in sich begrenzten Zeitraum, sei eö bis zum Ein-

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Einleitende Bestimmungen: §2.

Bei Verschiedenheit der Gesetze von der Zeit der began­ genen Handlung bis zu deren Abnrtheilung ist das mildeste Gesetz anzuwenden. [(Sntto. I. n. II.: § 2; Pr. StGB.: § 2; Eins.-Ges.,. Pr. StGB.: Art.IV.] Preußen- Vgl. Ges. v. 3 Apr. 1846 (TS. f. 151); Ldn. v. 3.Jan. 1849 § 125; Rh. StPO Art. 364; N. StPO. § 262.

trifte eines künftigen Ereignisses, oder bis zu der von vorne herein in Aussicht ge. stellten Wiederaufhebung — erlassene Strafbestimmung (z. B. ein für eine be­ grenzte Zeit erlassenes Einfuhrverbot) diesen in ihr selbst vorgesehenen oder in Aus­ sicht gestellten Ablauf erreicht; sie bleibt dann nach diesem Ablaufe für die während ihrer Herrschaft verübten Zuwiderhandlungen maaßgebend: BII. 18. Januar 55 (cit. n. 8); ZI. 23.Okt. 67 c. Frey (9ib£). VIII, 631). 10. Die ganze Vorschrift des Abs. 2 beruht auf der grundsätzlichen Auffassung, daß der Gesetzgeber, wenn er ein bestehendes Strafgesetz beseitigt oder mildert, die frühere Strafandrohung für unangemessen, über das Bedürfniß hinausgehend angesehen habe und daß es ebendeshalb nicht gerechtfertigt fern könne, diese unangemessene Strafe künftig noch aus solche Fälle anzuwenden, welche unter der Herrschaft des jetzt beseitigten Gesetzes begangen waren. Bei einem wieder­ holten Wechsel soll dagegen der Angeklagte nicht darunter leiden, daß die Aburtheilung nicht früher unter der Herrschaft des zwischenzeitlich in Geltung gewesenen milderen Gesetzes erfolgt war. — Da sonach „daö mildere Gesetz" auf den ab­ zuurtheilenden Fall angewendet werden soll, so hat der Richter eine Vergleichung der verschiedenen in Frage kommenden Gesetze vorzunehmen, und nach dem als Milder erkannten die Strafe zu bestimmen. Contra: Schwarze f. 6, welcher nicht die Gesetze in sich vergleichen will, es vielmehr als die Aufgabe deö RichteramtS ansieht, die Strafe, welche er im grade vorliegenden Falle erkannt haben würde, festzusetzen und nach der so in concreto (nach beiden Gesetzgebungen) bestimmten Strafe den Vergleich anzustellen Das dürfte aber, insofern eS nicht mit dem unten n. 13 Entwickelten zusammentrifft, mit der Vorschrift des Abf. 2 nicht im Einklänge stehen, welcher „das mildeste Gesetz" (nicht die mildeste Strafe) für anwendbar erklärt. 11. Die Vorschrift des Abf. 2 greift zunächst da Platz, wo das Strafgesetz als solches eine Abänderung erfahren hat, wo also der Gesetzgeber in Beziehung aus die Strafbarkeit einer bestimmten Handlungsweise grundsätzlich zu einer anderen Auffassung gelangt ist: ZI. 7. Juli 69 c. Gerlach (RdO. X, 487). Sie bleibt aus­ geschlossen, wo andere im Strafgesetze vorausgesetzte, persönliche oder sachliche Be­ ziehungen eine derartige Aenderung erfahren haben, daß in Zukunft der betr. That­ bestand entweder überhaupt oder unter den besonderen Verhältmsien des EtnzelfalleS nicht mehr vorkommen kann. Das gilt selbst dann, wenn diese Veränderungen ihren Grund in einem Wechsel der Gesetzgebung aus einem anderen als dem strafrecht­ lichen Gebiete hatten. Demzufolge ist em im Allgemeinen in Kraft verbliebenes Strafgesetz auf eine darunter fallende ältere Handlung auch dann anzuwenden, wenn eS bet einer jetzt verübten Wiederholung desselben Thuns (in Folge einer Aenderung in den persönlichen oder sachlichen Beziehungen) nicht mehr zutreffen könnte Daher ist die unzüchtige Handlung, welche ein Vormund mit seinem Min­ derjährigen Mündel vornimmt, auch dann aus § 174 Skr. 1 zu bestrafen, wenn ein inzwischen verkündetes Gesetz den GroßjährigkeitStermin tn der Weife verändert hat, daß danach der Mündel zur Zeit der That nicht mehr minderjährig und somit daS VormundschaftSverhältniß aufgehoben gewesen wäre. Ebenso bleibt eine Zolldefraude strafbar, sollte auch inzwischen die Waare für zollfrei erklärt oder die betr. Zollschranke beseitigt fein: 8311 1. Dez. 53 o Hüttemann (GA. II, 112); Z113. Juli 66 c Große (RdO VII, 421); u. ö. Dasselbe gilt vonder unbefugten Rückkehr eines aus­ gewiesenen Ausländers, selbst wenn er inzwischen durch einen Wechsel in der LandeShoheit Bundesangehöriger geworden wäre; contra: ZU. 3. Jan. 67 c Groppel (RdO. VIII, 3). Nach denselben Grundsätzen ist aber auch dann zu verfahren, wenn ein Strafgesetz nur deshalb in Wegfall gerathen ist, weil es durch eine anderweitige gefetz-

Einleitende Bestimmungen: §2.

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liche Regelung eines rechtlichen Verhältnisses gegenstandlos geworden ist. so daß in Folge der getroffenen neuen Einrichtungen die Voraussetzungen deffelben nicht mehr eintreten können. Daher zieht eine Verletzung des Salzmonopols des Staats die früher angedrohten Strafen auch jetzt nach sich, nachdem inzwischen daMonopol gänzlich beseitigt und durch eine Besteuerung ersetzt worden ist: VH. 18. Febr. 69 c. Brokmeier (RdO. X, 98); contra: Beschl. I. 2. Juli 69 c. Mönk (RdO. X, 478) m Beziehung auf einen vor Einführung des den Handel mit Spiel­ karten freigebenden Pr. Ges. v. 23 Dezbr. 67 — GS. s. 119. — verübten inkonzessionirten Handel dieser Art. — Dagegen muß eine unter der Herrschaft des § 199 des Pr. StGB.S stattgehabte unbefugte Ausübung der Heilkunde jetzt straflos blei­ ben, nachdem daS (im § 199 vorausgesetzte) Erforderniß einer Approbation m Folge der §§. 29 30 und 147 Nr. 3 der VGew.-Ordn. v. 21. Junr 1869 weggefallen ist: ZI. 9. Februar 70 c. Moderow, ZU. 31. März 70 c. Wingendorf (RdO.XI, 85.220.) 12. Um die nach Abs. 2 nöthig werdende Abwägung der Schwere der in den verschiedenen Strafgesetzen angeordneten Strafen vorzunehmen, ist zunächst der vorliegende Thatbestand unter Zugrundelegung emeS jeden der m Frage ste­ henden Gesetze zu prüfen. Eine Bestrafung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die zu beurtheilende That den Voraussetzungen eines jeden der successive in Geltung gewesenen Gesetze entspricht; es muß daher auch die Fest- (Frag-) stellung noth­ wendig die BegnffSersorderniffe beider Gesetze umsaffen: V. 16. Sept. 68 c Lyon, Z 23. Apr. 69 c. Herchen, ZI. 18. Mar 70 c. Radau (RdO IX, 491; X, 259; XI, 314); vgl. Oppenhoff Pr. Strafverf Art. 81 n. 25. 13. Demnächst sind die für die Bestrafung der festgestellten Thatbestände in der betr. älteren und neueren Gesetzesvorschrift angedrohten Strafen unter sich zu ver­ gleichen, und es ist dann das sich nach dieser Vergleichung als daS mildere darstellende Gesetz anzuwenden und nach diesem die Strafe zu bemeffen. Dabei ist als Grund­ satz festzuhalten, daß die Bestrafung nur nach einer der betr. Gesetzgebungen er­ folgen darf, daß also daS anzuwendende Strafgesetz in seiner Totalität zur An­ wendung kommen muß. Es würde unzulässig sein, eine Bestrafung eintreten zu lassen, welche theils auf den Bestimmungen des neuen theils auf denen des älteren Rechts beruhen, und also mit keinem der beiden alternativen maaßgebenden Gesetze übereinstimmen würde: V. 9. Juli 51 c. Warmbrunn (JMbl.s. 276): ZU. 23. Mai 67 c. Hall (RdO. VIII, 329); Berner WirkungSkr. f. 56; BL. s. 213; HS. I, 43. 14 Bei dieser vergleichenden Prüfung (n. 13) müssen auch für jebe der m Frage befangenen Gesetzgebungen die für sie geltenden allgemeinen Grundsätze Berücksichti­ gung finden. DaS gilt namentlich von den Gründen, welche die Strafe aus­ schließen mildern oder schärfen, also namentlich von der Unzurechnungsfähig­ keit, dem Zwange, der Nothwehr, dem Nothstände, dem KmdeSalter, dem Mangel der zur Erkenntniß der Strafbarkeit erforderlichen Einsicht rc. Der Richter hat sich daher zu fragen, wie die That, wenn sie unter der Herrschaft der älteren Gesetzgebung nach Maaßgabe aller aus die Statthaftigkeit der Strafverfolgung und aus die Art und das Maaß der Bestrafung damals geltender Vorschriften zu bestrafen gewesen wäre, sodann die gleiche Prüfung unter Zugrundelegung der neueren Gesetzgebung anzustellen, und hiernach die Schwere der beiderseitigen Strafandrohungen zu vergleichen. Dabei find, waö die Strafandrohung älterer Gesetzgebung betrifft, geeigneteufalls die nach dem Einf.-Ges. §§ 6. 8. ergangenen LandeSübergangSgesetze zu berücksichtigen. 15. Bei der Vergleichung der gefundenen Strafen sind zunächst die Haupt­ strafen zu berücksichtigen: die härtere Strafart ist selbst bei kürzerer Dauer für strenger zu erachten, als die gelindere. In dieser Beziehung folgen sich in absteigender Ordnung: Todesstrafe, Zuchthaus, Gefängniß, Festungshaft, Hast. Gute Geldbuße gilt stets für milder als eine (prinzipale) Freiheitsstrafe. Bgl mdeffen § 73 n. 15. 16. Sodann kommen aber auch die Nebenstrafen insofern wesentlich in Be­ tracht, als sie eme Schmälerung der bürgerlichen Ehre mit sich bringen. Drohen daher beide Gesetze Freiheitsstrafen von verschiedener Dauer an, so gilt dasjenige un­ bedingt für das strengere, welches außerdem noch Chrenstrafen bestimmt, sollte auch die in ihm angedrohte Freiheitsstrafe kürzer (ein, als die in dem andern bestimmte: ZU. 26. Jan. 60 c. Dietz (GA. VIII, 403).

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Einleitende Bestimmungen: §2.

16a. Hat bei einer relativ (nach einem Maximum und Minimum) bestimmten Strafe da- neue Ersetz daS Minimum erhöht und gleichzeitig das Maximum ermäßigt, so darf das Maximum des neuen Gesetzes nicht Überschritten werden, während eS statthaft ist auf das Minimum des alten Gesetzes hinabzugehen; eine Kombiuirung beider Gesetze findet hierbei offenbar nicht statt: Berner WirkungSkr. f. 44; vgl. HS. I, 44. Ist umgekehrt da- Strafminimum herabgesetzt, das Strafmaximum aber er­ höht worden, so darf das Maximum des alten Recht- nicht überschritten, wohl aber kann auf daS Strafmimmum hinabgegangen werden; hierbei kommen auch die nur tnt neuen Gesetze berücksichtigten mildernden Umstande m Betracht: Z. 21. Nov 67 c. Reuscher; Z. 13. Mai 68 c. Heyduck; V. 16. Sept. 68 c. Lion (RdO. VIII, 780; IX, 322. 490). 17. Wenn gleich Abs. 2 sich ausdrücklich nur auf die von der Bestimmung der Strafe handelnde Borschrift des Abs. 1 bezieht, unterliegt eS doch keinem Bedenken, daß der dort ausgesprochene Grundsatz richt allein auf die Strafandrohung als solche anzuwenden, sondern auch m Betreff aller die Statthaftigkeit einer Strafverfolgung oder Strafvollstreckung betreffenden Bestimmungen maaßgebend ist. 18. Demgemäß findet jetzt wegen einer von einem Kinde unter zwölf Jahren vor Einführung de- StGB- verübten Strasthat eine Strafverfolgung nicht statt. Im Uebrigen ist in Betreff eine- Strafunmündigen zu fragen, welche Strafan­ drohung maaßgebend fern würde, wenn lediglich das ältere Gesetz — sowohl in Be­ treff des Thatbestandes und des Strafmaaßes, als der Berücksichtigung feines jugend­ lichen Alters — anzuwenden wäre; die gleiche Prüfung ist dann nach dem neuen Gesetze vorzunehmen und danach die Vergleichung vorzunehmen. 19. Ebenso ist in Betreff de- ErforderniffeS emeS Strafantrags (§61) zu verfahren; die Strafverfolgung bleibt ausgeschlossen, wenn es nach der einen oder nach der anderen Gesetzgebung an dem nach dieser erforderlichen (rechtzeitig und formgerecht gestellten) Strafantrage fehlen würde. 20. Dieselben Grundsätze sind endlich auch in Betreff der Verjährung der Strafverfolgung maßgebend. ES ist daher zu untersuchen, wann bet unbedingter Anwendung der Vorschriften des alten Recht«, sowohl der die Strafandrohung als der die Verjährung betreffenden, und wann bei ebenso unbedingter Anwendung des StGB.'S die Verjährung nach der konkreten Lage der vorliegenden Sache abgelaufen fein würde, und es ist dann die dem Angeklagten günstigere Vorschrift zur Anwen­ dung zu bringen: ZU. 26. Juli 56 c Müthler; VI. 11. Mai 61 c. Lauer (RdO. I, 389); Z. 11. Nov. 68 c. Karstedt (RdO. IX. 626). Zeigt efl sich hierbei, daß die Vorschriften des StGB.S die milderen sind, so wird ihre Anwendbarkeit auch da­ durch nicht ausgeschloffen, daß die nach diesen berechnete Verjährung bereit- vor der Einführung des GB. abgelaufen fein würde: D. 25. Febr. 52. c. Gemberg (GA. I, 67); ZI. 9. Dez. 53 c. Sternberg; vgl. KDI. zu Art.Xll § 1 des Pr.Etnf.-Ges.S. 21. DaS Gesagte findet aus die Unterbrechung der Verjährung einer vor Einführung des StGB.S verübten That nur mit der Maaßgabe Anwendung, als die unter der Herrschaft des früheren Gesetzes vorgenommenen damals zur Unter­ brechung der Verjährung geeigneten Handlungen (z. B. Anträge rc. des Staats­ anwalts) diese ihre Wirksamkeit auch jetzt bewahrt haben, selbst wenn ihnen das StGB, eine gleiche Wirkung nicht beilegt. Ter Grund dieser Abweichung von der aufgestellten Regel liegt dann, daß solche Unterbrechungshandlungen regelmäßig dem Verfahren angehören, ihre Wirksamkeit also auch nach der zur Zeit ihrer Vornahme bestehenden Gesetzgebung bemessen werden muß. Erst für die Verjährung, deren Lauf mit dem letzten (unter der Herrschaft des früheren Gesetzes vorgenommenen) Unterbrechung-akte wieder begonnen hat, wird der Grundsatz de- §2 wieder unbe­ dingt maaßgebend. 22. Auch mit der Anrechnung der Untersuchungshaft und mit der Verjährung der Strafvollstreckung (§§70 — 72) verhält es sich in sofern an­ der-, alS hierbei die Vergleichung nicht mit Rücksicht auf den vorliegenden Thatbestand und die in den verschiedenen Gesetzen für diesen angedrohten Strafen, sondern mit Rücksicht aus die im Urtheil verhängte Strafe anzustellen ist. Sonach muß geprüft werden, inwieweit die gefundene Strafe nach den Grundsätzen des älteren und nach den Grundsätzen des neueren Rechts m Folge der erlittenen Untersuchung--

Einleitende Bestimmungen: §2.

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haft eine Ermäßigung erfahren kann oder muß, oder aber als verjährt nicht mehr zur Vollstreckung gebracht werden darf, und es ist demnächst das dem Angeklagten Günstigere zu wählen. Dabei versteht es sich aber von selbst, daß auch hier lebe der beiden Gesetzgebungen in ihrer Totalität in- Auge gefaßt und daß eine Ver­ mischung der beiden Gesetzgebungen vermieden werden muß. Daher darf bei An­ wendung deS neuen Gesetzes für die Anrechnung der Untersuchungshaft nicht ein Maßstab angelegt werden, welcher nur dem älteren Rechte angehört; ebenso sind bei der Berechnung der Verjährungsfrist m Betreff der Unterbrechung der Verjährung lediglich die der betr. Gesetzgebung angehörenden Grundsätze maßgebend; vgl. n. 24. 23. Da die Anrechnung der Untersuchungshaft auf die erkannte Strafe nur „bei der Fällung des Urtheils" geschehen kann (§60). so versteht eS sich von selbst, daß das unter n. 22 Gesagte hier nur insoweit anwendbar ist, als eS sich von der Aburtherlung der Sache durch die Instanzgerichte handelt. Ist dagegen die Aburtheilung bereits vor der Einführung des StGD.'S erfolgt, so kann eine solche An­ rechnung nicht bei der jetzt zu bewirkenden Strafvollstreckung erfolgen. 24. Dagegen ist das (n. 22) Gesagte in Betreff der Verjährung der Straf­ vollstreckung unbedingt maßgebend, sollte die rechtskräftige Aburtheilung auch bereits unter der Herrschaft des älteren Rechts erfolgt fern. Das gilt selbst dann, wenn die Verjährung nach den Grundsätzen deS StGB.'S bereits vor dem 1. Jan. 1871 abgelaufen fein würde. Auch der Umstand, daß das frühere Recht (z. B. das Pr. StGB.) eine Verjährung der Strafvollstreckung nicht kannte, schließt die An­ wendbarkeit dieser Grundsätze aus frühere Fälle nicht auö; vgl. § 71 n. 22. 25. Gehört zum Thatbestände einer Strasthat eine Mehrheit von Hand­ lungen, so wird daS neue Strafgesetz unbedingt anwendbar, sollte auch nur die die Strasthat vollendende Handlung unter seiner Herrschaft verübt fern; contra: Z. 1. April 68 e. Kragge (RdO. IX, 243: eine vor Einführung des StGB.S verübte Amtsunterschlagung sei nicht deshalb nothwendig aus § 325 des Pr. StGB.'S zu be­ strafen. weil nach jener Einführung eine falsche Buchführung hinzugetreten sei. — DaS Gesagte ist aber nicht auf den Fall auszudehnen, wo alle Handlungen des An­ geklagten in dieZeit vor Einführung des StGB s fielen, der zum Thatbestände ge­ hörende Erfolg aber erst später eingetreten ist. Vgl. in dieser Beziehung § 3 n. 5.6. 26. Damit ein Zweifel darüber nicht auskommen könne, unter der Herrschaft welches Strafgesetzes eine That begangen worden, ist der Zeitpunkt der Ver­ übung in die thatsächliche Feststellung, sowie eventuell m die den Geschworenen vor­ zulegende Frage aufzunehmen: DI. 7. Sept. 54 c. IaSper (GA. III, 112); DI. 9. März 55 c. Schaffran (GA 111,400); ©II. 19 Mai 55 c. Schwere. In dieser Beziehung ist eS aber ausreichend, wenn nur festgestellt wird, ob die That vor oder nach Einführung des neuen Strafgesetzes begangen worden: ZI. 3. Febr. 60 o. Al­ brecht. Dieselbe Rücksicht ist auf die Möglichkeit zu nehmen, daß die Verehrung seit der Verübung abgelaufen fein könnte. — Es kann indessen genügen, wenn die ersorderliche Zeitbestimmung sich aus dem ganzen Zusammenhange der Feststellung ergiebt, z. B. wenn sie in der den Hauptangeklagten betreffenden Frage sich findet, sollte sie auch in der auf den Theilnehmer bezüglichen nicht wiederholt sein: ZU 11. Dec. 56 c. Lechtenfeld. Vgl. Oppenh Pr. Strafverfahren Art. 31 n. 2; Art. 81 n. 26; § 126 n. 17. — Aehnlich verhält eö sich Mit der Ortsangabe: vgl. §3 n. 23. 27. Bleibt es zweifelhaft, ob eine Strasthat vor oder nach dem Zeitpunkte begangen worden sei, mrt welchem ein neues Strafgesetz wirksam geworden ist, so kann eine Bestrafung nur dann erfolgen, wenn die Voraussetzungen einer jeden der beiden Gesetzgebungen festgestellt sind. Es ist dann das mildere Gesetz anzuwenden. 28. Der Grundsatz deS Abf. 2 ist auch da anzuwenden, wo eö sich nicht von der Verhängung einer Strafe, sondern von der Civilhaftbarkeit eines Dritten (z. B. des Vaters, des Dienstherrn) für die von einem Andern verwirkte Geldstrafe handelt: ZI. 7. Apr. 69 c. ©lern, D. 14. Apr. 69 c. Gotsch, V. 16. Juni 69 c. v. Klot, ZI. 18. Mai 70 c. Radau (RdO. X, 200 221.418; XI, 314). 29. Für die Anwendung des Abs. 2 ist eS gleichgültig, ob im Augenblicke, wo das StGB, wirksam wurde, die Untersuchung bereits anhängig war oder nicht.

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Einleitende Bestimmungen: § 3.

§. 3. Die Strafgesetze des Norddeutschen Bundes finden Anwendung auf alle im Gebiete desselben begangenen strafbaren Handlungen, auch wenn der Thäter ein Ausländer ist. [6nto. I. u. II.: §3; Pr.StGB. §3.] Dal. B.-BcUr. mit Baden wegen Wechsels. Recht-hülse v. 14. Jan. 1870 Art. 27 (BGbl. s. 73).

83. Anstifter. 4. As-lrecht. 18. Ausländer. 1. 3. Ausland 3. 20. Brief. 10. Bunde-ged»et, Einheit. 3. Erfolg 5—6. Exterritorialen. 15—17. Gehülfe. 14.

Inhalt. Gewohnheit-mäßigkeit. 13. Gewerbsmäßtgkeit. 13. Konsul, lo Kundgebung. 8 9. Lande-geseh. 7. 21. Mehrheit v. Handll. 10. Meer. 12. Ort d. That 5-14. 23. . - Feststellung. 23.

Preßvergehen. 9. Raumstrecke. 7. 8. 22. Staatsvertrag. 19. Straferlaß. 4. Territorialität. 1. That. 5. 6. Derfuck. 11. Berurthlg i. Auslande. 20. Zuständigkeit. 14.

1. Dieser § erkennt für die im Bundesgebiete begangenen strafbaren Hand­ lungen das Terr itorialitäts.Prinzip an; der Ausländer steht, so lange er sich int Inlande befindet, vollständig unter der Herrschaft deö inländischen Strafund Polizei-NechtS. — Ueber den Begriff des „Ausländers" vgl. §4. n. 13; § 8. n. 4. 2. Ebendeshalb ist der ausgesprochene Grundsatz nicht aus BundeSstrasgesehe zu beschränken, sondern auch auf die m den einzelnen BnndeSstaatS-Gebieten geltenden besonderen Landes-Strafgesetze und Polizei-Verordnungen anzuwenden. 3. Soweit die BundeSstrasgesetzgebung reicht, ist daS ganze Bundesgebiet als eine Einheit zu behandeln, so daß also tn dem Verhältniß der ein­ zelnen Bundesstaaten zu einander die Unterscheidung zwischen Inland und Aus­ land (Inländer und Ausländer) keine Anwendung finden kann: Mot. z.II. Entw. f. 17. vgl. B.-RechtSh.-Gef v. 21. Juni 1869 (BGbl. s. 313). In Betreff der Strasprozeßgesetze vgl. z. StGB. (Titel s. 19) n. 5. 4. Ein Straferlaß im Gnadenwege steht immer nur dem Landeöberrn des­ jenigen Bundesstaates tu, von dessen Gerichten die Berurtheilung ausgegangen war. Das gilt namentlich auch bann, wenn mit Rücksicht auf das BRechtSh.-Ges. v. 21.Juni 1869 (cit. n. 3) §21. ff. 33 die in dem einen Bundesstaate verhängte Strafe in einem anderen zu vollziehen ist. 5. Als Ort der „Begehung" ist derjenige anzusehen, an welchem die strafbare Handlung selbst verübt wurde, nicht derjenige, an welchem der durch jene Handlung herbeigeführte Erfolg eintrat, sollte dieser Erfolg auch als wesentliches Merkmal zum Thatbestände der vollendeten Strafthat gehören: ZU. 23. März 65 c. Bau­ meister (GA. XIII, 435). Die Handlung dauert so lange an. als der Thäter selbst dabei (körperlich) thätig ist, als er eben etwas thut. Dagegen sind alle Veränderungen, welche nach Beendigung jener Thätigkeit sich aus dem durch dieselbe sofort und unmittelbar hervorgebrachten Zustande einer anderen Person oder Sache entwickeln als „Erfolg" anzusehen, mag der Zeitraum -wischen dieser Entwicklung und dem Abschluffe der Handlung de- Thäters ein großer, oder kleiner sein. Hiernach ist eine in Preußen begangene Luppelei nach Preußischen Gesetzen strafbar, selbst wenn sie in der Anwerbung von Frauenzimmern für ein im Auslande befindliches Bordell bestand, und dort die That straflos ist: ZU. 30. Sept. 54 c. Mauel (GA. II, 830). Aehnlich verhält es sich mit einem durch Abschließuug eines Versicherungsvertrages verübten Betrüge; hat der Angeklagte die ihm zur Last fallenden Handlungen im Jnlande verübt, so ist eS unwesentlich, wenn die beschädigte Gesellschaft im Auslande ihren Sitz hat, und dort auch die Police ausgestellt worden ist: ZI. 21. Juni 55 c. Schlesinger (GA. IV, 831). 6. Das unter n. 5. Gesagte erfährt insofern eine Ausdehnung, als der eignen Thätigkeit des Thäters alles dasjenige gleich zu stellen ist, was er durch eine fremde, von ihm als Werkzeug benutzte (menschliche, thierische oder mechanische) bewegende Kraft zu Wege bringt, insoweit er eben wegen dieser Benutzung seinerseits doch noch als „Thäter" (und nicht als Anstifter) anzusehen ist; vgl. § 47. n. 2. 3. Da­ her dauert auch in diesem Falle die „Handlung" des Thäters so lange, als die von

Einleitende Bestimmungen: §3.

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ihm in Bewegung gesetzte Kraft wirksam ist; daS gilt z. B. wenn Jemand einen Brief oder eine foii|ttgc Schrift durch einen Boten (durch die Post re.) überbringen läßt, em Thier auf einen Andern hetzt, oder durch einen Wurf (Schuß re.) einen Andern verletzt; in allen diesen Fällen ist die Sache so anzusehen, als wenn er per­ sönlich und unmittelbar die verletzende rc. Handlung an dem Ort vorgenommen hätte, wo die Verletzung zugefügt wurde; man darf also diese (an einem andern Orte als dem augenblicklichen Aufenthalt des Thäters) hervorgebrachte Wirkung nicht als einen vvn der Handlung selbst zu trennenden Erfolg (n 5) betrachten; vgl. HS. I, 73; contra: v. Bor Zntract.-Recht s. 555; id. Abh. m OT. XVIII, 449); v. Wächter Abh. m GA. XVIII, 524. Vgl. n. 10. 7. Erstreckt sich eine (einheitliche) strafbare Handlung in ihrer unmittelbaren Wirksamkeit über eine gewisse Ra umstrecke so, daß sie auf allen Stellen dieser Strecke jene Wirksamkeit auf etwa vorhandene Objekte ausüben könnte (z. B. ein Stemwurf, em abgefeuerter Schuß rc.), so ist die ganze durchlaufene Strecke als der Ort der Begehung anzusehen; liegt dieselbe theil« im Jnlande theils tm Aus­ lande, so ist, selbst wenn die beabsichtigte Wirkung im Auslande eintrat (z. B. wenn der Schuß dort sein Ziel erreichte), doch auch das Inland als Ort der That an­ zusehen; contra: TL. f. 115, welcher als solchen nur ven Ort ansehen will, wo sich der Handelnde befand. Anders verhält sich die Sache bei einem abgesendeten Briefe, weil er erst da, wo er gelesen wird, eine Wirksamkeit erlangen kann; vgl. n. 6.10. 8. Da- unter n. 7. (Eingang) Gesagte trifft namentlich bei allen solchen straf­ baren Handlungen zu, deren Thatbestand dann besteht, daß irgend eine Kund­ gebung Anderen wahrnehmbar oder für die Wahrnehmung zugänglich ge­ macht (veröffentlicht) worden ist. Als Ort der Handlung sind dann alle Räumlich­ keiten anzusehen, an welchen jene Wahrnehmbarkeit oder Zugänglichkeit eingetreten ist, z. B. wo eine beleidigende Aeußerung gehört oder eine schamverletzende Handlung gesehen werden konnte. 9. Ebenso ist ein durch die Veröffentlichung eines Schriftstücks, besondereine- Preßerzeugnisses (vgl. Pr. Preßges. v. 12. Mai 1851 §32.32) verübte Strafthat überall da begangen, wo eine Veröffentlichung stattgefunden hat. Ist diese- an mehreren Orten geschehen, so sind (selbst wenn die Veröffentlichung als eine einheitliche und somit die Gesammtthätigkeit nur als ein Slraffall anzusehen ist) an jedem jener Orte die That verübt: Deschl. I. 9. Scpt. 63 c. Laffalle (RdO. IV, 28); contra: Deschl. I. 18 Juli 66 c. Stein (RdO. VII, 431); Abh. m GA. XIV, 347; vgl. den Antr. der GSiA.-schast z. cit. Beschl. 18. Juli 66 1. c. Die Richtigkeit jene« Satze- wird bestätigt durch BRechtSh.-Ges. v. 21. Juni 1869 §21. Abs. 2. (BGbl. f. 310), welcher eine Ausnahme für den dort vorgesehenen Fall macht, wo ein Bundesstaat von dem andern die Auslieferung einer Person verlangt, welche sich tm Gebiete deS ersteren einer strafbaren Handlung schuldig ge­ macht hat — Zum Begriffe der Veröffentlichung wird m Preußen nicht erfordert, daß dritte Personen Kenntniß vom Inhalte der Druckschrift erlangt haben; der Verkauf, die Versendung rc. genügen. Dagegen wird vorausgesetzt, daß die betreffende Handlung eine solche sei, durch welche die Schrift dem Publikum unmittelbar zugänglich gemacht wird (z. D. die Aufgabe der (unverschlossenen^ einzelnen Exem­ plare aus die Post zum Zweck ihrer Verschickung an die Abonnenten: VPl. 17. Juli 62 c. StesanSki, RdO. II, 535). Daher genügt eine nur im gewerblichen Verkehr des Verlegers erfolgende Versendung, z. B. die auS der Druckerei in da- Expeditions­ lokal, oder die von einem Expeditionslokale zn einem andern, nicht, sollte sich daletztere auch an einem andern als dem Druckorte beffnden: Beschul. 7. März 66 c. Stein (RdO. VII, 155). — Derjenige, welcher eine Druckschrift zum Zwecke der Veröffentlichung an einen andern absendet, ist so anzusehen als habe er die hier erfolgte Veröffentlichung selbst bewirkt; dagegen kann freilich der Umstand, daß demnächst die Schrift in Folge jener Versendung auch an anderen Orten vorge­ funden wird, für sich allem an diesen letzteren nicht einen neuen Gerichtsstand be­ gründen : VI. 24. Jan. 55 c. Braun (GA. III, 259;; ZU. 6. Sept. 55 c. Brüggemann (Entsch. 31. s. 431; GA. III, 825); ZU. 12. Nov. 57 c. Thiele (RA. 53, 2A. s. 55; GA. VI, 98). Vgl. in Betreff der wechselseitigen Recht-hülse der Bundesstaaten B.-Ges. 21. Juni 1869 § 21 (BGbl. s. 210.)

10. Gehören dagegen mehrere getrennte Handlungen zu einem Thatbestände,

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Einleitende Bestimmungen: §3.

so ist, wenn diese Handlungen an verschiedenen Orten verübt sind, der Ort der Be­ gehung der den Thatbestand vollendenden Handlung als Ort der Gesammtihat anzu­ sehen; contra: (im Grundsatz'!: 2.1. April 68 o. Kragge (RdO. IX, 243; vgl. §2. n. 25). — Hierher gehört der Fall, wo eme Strafthat (z. B. eine Beleidigung) durch einen versendeten Bries verübt wird; eS gehört dazu wesentlich, daß der Brief ge­ schrieben, und sodann daß er an den Adressaten besördert wird. Berde Handlungen sind getrennt, weil wahrend der dazwischen liegenden Bersendungözeit der Brres eine Wirksamkeit nach keiner Richtung ausüben kann; die That wird also erst da verübt und vollendet, wo der Dnes zur Kenntniß des Adressaten gelangt: Besckl. I, 16. Juli 62 c. Gäbe, Beschl. 6. San. 69 c. Sichel, DI. 7. Okt. 69 c. Hofer (RdO. II, 534; X, 8. 624); u. ö. Das gilt auch für den Gerichtsstand, insofern nicht dre maaßge­ benden Strasprozeßgesetze (z. B. Pr. Ges. v. 3. Mai 52 Art. 2 Nr. 1; N. Pr. StPO. § 39 Nr. 1) ui drejer Beziehung abweichende Vorschriften enthalten. 11. Ist nach dem (unter n. 5—10.) Gesagten ein im Zntande begonnenes, im Auslande vollendetes Verbrechen rc. als im letzlern verübt anzusehen, so steht doch nrchtS rm Wege, die im Inlande begangenen Handlungen geeigneten Falles als einen hier verübten Versuch zu betrachten und zu bestrafen, sollte auch die vollendete That rm Auslande nicht strafbar fern; contra: HS. I, 74, „weil der Versuch nicht strafbar sein könne, wenn die vollendete That eine erlaubte sei"; der rm Zulande begangene strafbare Versuch kann aber dadurch nicht straflos werden, daß er im Auslande fortgesetzt und dort (straflos) vollendet wird; es liegt sonach nicht der Versuch einer, wenn (rm Inlande) vollendet, straflosen That vor. 12. Dre aus einem Seeschiffe auf offenem Meere verübten strasbaren Hand­ lungen sind als im Heimathlande des Schiffs begangen anzusehen, und nach den Gesetzen dieses Landes zu bestrafen: ZI. 12. Sept. 55 c. Seyler (GA. III, 658). Jener Grund­ satz gilt bei Kriegsschiffen auch dann, wenn sie sich im ErgenthumSgewLsser eines fremden Staates (z. B. auf Rhede emes ausländischen HasenS) befinden, während der anderen Schiffen hier als Ort der Begehung das Staatsgebiet angesehen wird, welchem das Gewässer gehört: ZI. 16. März 59 c. Straß (Entsch. 42. 2. 7; GA. VII, 344); vgl. im Allgem. BL. s. 218; id. Wirkungskreis f. 169). 13. Ist dre Strafbarkeit einer Handlung durch ihre Gewohnheit-- oder Gew erbsmäßigkert bedingt, so muß dre rm Inlande verübte That diesen Charak­ ter an sich tragen, um hier strafbar zu sein; der Richter kann aber, um diesen Charakter festzustellen, wie auf sonstige der Persönlichkeit des Angeklagten anklebende Umstände, auch auf die rm Auölande von derselben begangenen Handlungen Rück­ sicht nehmen. 14. In Betreff der Anstiftung und Hülfeleistung zu einer Strafthat vgl. Thl. I. Abschn. III n. 15. und hinsichtlich der Zuständigkeit Pr. EG. Art. XXII. Nr. 2, N. StPO. § 50 Nr. 2. 15. Der Grundsatz de- §3. erleidet eine Ausnahme bei den Exterritorialen. Zn diesen gehören fremde Regenten und deren Gemahlinnen mit ihrem Gefolge, Gesandte und die lei dem Bunde oder einer Bundesregierung beglaubigten drptomatrschen Agenten mit ihrer Familien, ihrem Gesandtschaft«- und Dienstpersonal; die fremden ZollveremSkommiffarren und die kraft eines Staatsvertrags im Bundes­ gebiet sich aufhaltenden ausländischen Truppeukörper, nicht aber einzelne fremde Militärpersonen; vgl. Pr. Cr.-O. § 251. ff.; Bern. Wirkungökr. f. 201 fgg. und unten §4. n. 23. 16. Fremde Konsuln stehen dagegen als solche unter den inländischen Straf­ gesetzen und Gerichten: BII. 13. März 55 c. CurtiS (JMbl. s. 320); Berner 1. c. s. 214; contra: TL. s. 119. 17. Die beantragte Vernehmung eines Exterritorialen als Zen ge darf nicht lediglich aus dem Grunde abgelehnt werden, weil er dem diesseitigen GerrchtSzwange nicht unterworfen sei (seine Vernehmung kann, wenn er sich Nicht freiwillig dazu bereit finden läßt, durch Requisition veranlaßt werden): V. 16.Dez. 68 c. Lerd'ner (RdO. IX, 760). 18. DaS Gesetz erkennt grundsätzlich ein dem Fremden zustehendes, von ihm per­ sönlich geltend zu machendes, Asylrecht nicht an; AuSlreserungSverträge zwischen ver­ schiedenen Staaten sind daher nicht als Beschränkungen eines solchen AsylrechtS anzusehen;

Einlritende Bestimmungen: §3.4.

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§. fi. Wegen der im Auslande begangenen Verbrechen und Vergehen findet in der Regel keine Verfolgung statt. und rechtfertigen nicht den Schluß, daß der Ausgelieferte auch nur wegen solcher Derbrechen rc. verfolgt und bestraft werden dürfe, rücksichtlich deren die Auslieferung Seitens des fremden Staats bewilligt, oder spätere Zustimmung erwirkt ist: ZU. 10. Nov. 55 c. van Gansewinkel (Entsch. 31. s. 260; contra: die Praxis des Franz. Kasi.-HofS: Sir. 40.1.781; 45.1.591. Dagegen ist jener Grundsatz im B.-RechtSh.Ges. v. 21. Juni 1869 § 34. (BGbl. s. 312) für die Auslieferung unter den ein­ zelnen Bundesstaaten anerkannt worden. 19. Ebenso steht der mit einem ausländischen Staate abgeschlossene Staats­ vertrag, nach welchem Angehörige desselben, wenn sie in Preußen eine Strasthat begangen haben, hierher nicht ausgeliefert, wohl aber in jenem Staate nach dortigen Gesetzen bestraft werden, einer Verfolgung bei einem diesseitigen Gerichte, und einer Bestrafung nach diesseitigen Gesetzen, selbst einem Kontumazialverfahren nicht entgegen; contra: TGll. f. 51 n. 3; ein Beispiel gewährt: $11. 4. Nov. 69 c. Dietz (RdO. X, 690). 20. In Betreff des Einflusses, welchen eine im Auslande stattgehabte Derurtheilung wegen einer tm Inlande verübten Strasthat, aus die Statthaftigkeit einer diesseitigen Bestrafung hat, vgl. § 7. 21. Die in den einzelnen Bundesstaaten gellenden besonderen Landesstraf­ gesetze sind ebenfalls gegen Jeden (In- oder Ausländer), welcher denselben im betr. Lande zuwiderhandelt, anzuwenden; vgl. n.2. Derselbe Grundsatz ist maaßgebend, wenn m den verschiedenen Theilen emes einzelnen Bundesstaates verschiedene Son­ dergesetze gelten; es kann daher in derartigen Fällen von einer Anwendung der mt § 4. aufgestellten Regeln keine Rede fern: $11. 12. Sept. 67 c. Schäkel, ZI. 11. Dez. 67 c Köhler (RdO. VIII, 511. 785). 22. Hat sich ein einheitliches zusammenhängendes strafbares Thun über meh­ rere inländische verschiedenen Strafgesetzen unterworfene Orte erstreckt, so wird das oben (n. 7—9) Gesagte, nach den dort gemachten Unterscheidungen, anwendbar. 23. Mit Rücksicht auf die Vorschrift der §§ 3. 4. ist eS erforderlich, die Be­ stimmung des OrtS, wo eine That, und wenigstens, ob sie tm Aus- oder Jnlande ic. begangen worden, in die Anklage, und in die thatsächliche Feststellung resp. in die Fragstellung aufzunehmen. Gleichwohl ist eine ausdrückliche Bezeichnung nicht unerläßlich, es genügt, wenn dieselbe sich aus dem ganzen Zusammenhange ergiebt: ZI. 13. April 55 c. Abrahamson; ZI. 8. Okt. 62 c. Krause; vgl. Oppenh. Pr. Strafverf. §32 n.2; §39 n. 8. 10. 18; §47 n. 14; Art.31 n.2; Are. 81 n. 26; § 126 n. 27. Der entsprechende Grundsatz gilt in Betreff der Zeitangabe; vgl. § 2. n. 26. — Im Falle der Verabsäumung dieser Feststellung würde die AnWendung des Preußischen Gesetzes nicht gerechtfertigt, dasselbe also verletzt sein. Ausländer, l. 11.13.20. 33-36. Ausland. 2. Baden. 39. Beleidigung (Fürst). 21. Feststellung. 10.11.14.30-32. Geschworner. 32. Hochverrath. 15. 19. Inland. 3. 11—14. 20. 21. «onsular.Gerichtsbkt 24. Laodesgefetz. 1. 37. 39.

Landesverrath 19. 20. Strafmaaß 26. Miltt.Personen 23. Strafverfolgung 6—9. Münzverbrechen 16 - statthaft? 7. Norddeutscher. 11—14. 20 23. Thatbestand. 25. 31. 32. Privatklage. 6. Thellnehmer. 29. Prüfung v. AmtSW. 29. Vergleichs d. Ge ff. 35. Seeqebtet 5. Versuch. 17. Staat, befreundeter. 22. Widerstand. 27. Staatsvertrag. 4. Zuständigkeit. 9. Strafantrag 35.

1 Der § spricht zwar nur von der Anwendbarkeit der „Strafgesetze des Bundes" auf die „im Auslande" verübten Verbrechen und Vergehen. Der da­ rin aufgestellte Grundsatz ist aber als ein allgemeiner aufzufassen und demgemäß die Nr. 3 des § auch in Betreff solcher strafbarer Handlungen maaßgebend, welche nicht durch ein Bundes- sondern durch ein LandeSgesetz des Staates der Begehung mit einer sie als Verbrechen oder Vergehen qualifictrenden Strafe bedroht ist. In diesem Falle ist indessen der Begriff des „Auslandes" anders aufzufassen, als durch §8 bestimmt ist, vgl. dort n. 8.

32

Einleitende Bestimmungen: §4.

Jedoch kann nach den Strafgesetzen des Norddeutschen Bundes verfolgt werden 1) ein Ausländer, welcher tm Auslande eine hochver­ räterische Handlung gegen den Norddeutschen Bund oder einen Bundesstaat, oder ein Münzverbrechen be­ gangen hat; 2. In Betreff des Begriffs „Ausland" vgl. §8. 3. Der Grundsatz des § 4 findet nur bet den im Auslande begangenen Straf, thaten Anwendung; tm Jnlande verübte Handlungen find stets nach dem Gesetze des Orts der Begehung zu beurtheilen, sollte auch am inländischen Wohnorte des Thäters ein anderes Strafgesetz gelten. 4. Durch den §4 find bte Bestimmungen älterer StaatSvertrage, die Ver­ folgung der im Auslande begangenen strafbaren Handlungen betreffend, nicht beseitigt: ZU. 22. Nov. 55 c. Fontaine. 5. Ueber die Bestrafung der in fremden Seegebieten begangenen Strasthaten vgl. § 3 n. 12. 6. Dte Frage betr. die Statthaftigleit der Strafverfolgung wegen einer im Auslande verübten That gehört dem materiellen Rechte an; sie darf also nicht als eine lediglich die Zuständigkeit der inländischen Gerichte berührende (und somit pro­ zessualische) behandelt werden: ZV. 26. Mai 69 c. v. Poell (RdO. X, 342); vgl. n. 9. 7. Der zweite Absatz gestattet die Strafverfolgung, gebietet sie aber nicht; daher kann die StA.-schaft von derselben absehen, wenn sie dieses für angemessen erachtet. Die Motive (S. 18) wollten eS bis zum Erlasse einer Bundes-Straf.Prozeß.Ordnung der Partikulargesetzgeb ung anheimgestellt lassen, das Verfahren der verfolgenden Behörden zu ordnen. —Ist einmal bic Strafverfolgung von der StA.-schaft eingeleitet worden, so muß das befaßte Gericht m der Sache freisprechend oder verurtheilend erkennen; ihr steht eS nicht zu, auf Grund des § 4 von der Bestrafung abzusehen: Motive 1. c. Zu vergleichen ist § 102, welcher eine unbedingte Fassung hat vgl. aber dort n.3) und § 37, welcher daS neue Strafverfahren nur gestattet, even­ tuell aber Verhängung der betr. Strafe gebietet. 8. Insoweit die Gesetze eine Strafverfolgung im Wege der Privatklage (vor dem Civil- oder Strafrichter'» zulassen, ist dieselbe auch wegen der hier vorge­ sehenen Strassalle statthast: DI. 31. Mai 67 Kornrau c. Beyer (GA. XV, 549, betr. die Privatklage eme- Preußen wegen einer ihm tm Auslande durch einen andern Preußen zugefügten Ehrverletzung). Dasselbe muß dann auch von der Rheinischen Civilklage gelten, zumal hier der Civilkläger nur seinen Civtlanspruch vor dem Strafgerichte geltend macht und dadurch indirekt auch die Slrasklage in Bewegung setzt. 9. Auch m Betreff der nn Auölande verübten Strasthaten richtet sich die örtlicheZuständigkeit nach den allgemeinen Grundsätzen. In Preußen tritt an die Stelle des Gerichts des Orts der Begehung das dem letzteren zunächst telegene in­ ländische Gericht: Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 2 Nr. 1; N. StPO. §39 Nr. 1; für das Gebiet des Rheinischen Rechts ist Art. 24 der Rh. StPO, maaßgebend. Sollte es an einem zuständigen Gerichte tm Staatöbereiche fehlen, so muß es jedem der höchsten Gerichtshöfe zustehen, die Sache einem der ihm untergeordneten Gerichte zu überweisen: vgl. Beschl. II. 19. Febr. 57 c. Feldmann (IMbl. s. 191); DII. 15. März 66 c. EvenS (RdO. VII, 176). 10. Ueber das Erforderniß: Lei der thatsächlichen Feststellung den Ort der That anzugeben vgl. §3 n.23. 11. Ebenso muß bei den im Auslande begangenen (nicht unter Nr. 1 fallenden Berbrechen re. die Eigenschaft deS Angeklagten als eines Norddeutschen oder Aus­ länders in jedem Einzelfalle thatsächlich festgestellt werden. Hierzu sind aber die Geschwornen nicht berufen, da sie nur über den Thatbestand der strafbaren Hand­ lung selbst, nebst ihren Modalitäten (nach Zeit und Ort) zu entscheiden haben, wozu jene Frage nicht gehört: BI. 5. Juli 65 c. Rymktewicz, ZI. 17. Juli 67 c. Albn (RdO. VI, 236; VIII, 472); Oppenh. Pr. Strasverf. Art. 81 n. 36.

Einleitende Bestimmungen: §

2)

4.

33

ein Norddeutscher, welcher im Auslande eine hochver­ räterische oder landesverrätherische Handlung gegen den Norddeutschen Bund oder einen Bundesstaat, eine Beleivigung gegen einen Bundesfürsten, oder ein Münz­ verbrechen begangen hat;

12. Als „Norddeutscher" (Inländer) ist jeder Angehörige (Unterthan, Staats­ bürger) eines Bundesstaats zu betrachten: Bund.-Verfas. v. 26. Juli 1867 Art. 3; BGefi- v. 1. Junr 1870 § 1. Die Begründung und der Verlust der Staate-Angehörigkeit sind jetzt nur nach dem cit. BGes. v. 1. Juni 1870 zu beurtheilen. 13. Das StGB, kennt nur noch den Unterschied zwischen Norddeutschen und Ausländern. Als Ausländer ist Jeder zu betrachten, welcher nicht Nord­ deutscher ,st. DaS Nähere vgl. § 8. 14. Die Jnstanzrichter haben die Frage, ob der Angeklagte In- oder Aus­ länder sei, selbstständig zu lösen; eine Ausnahme von diesem Grundsätze stellte die Pr. AKO. v. 10. März 1839 für den Fall auf, wo ein als fremder Landstreicher über die Grenze Gebrachter trotz der Verwarnung zurückkehrte und, dieserhalb ver­ folgt (vgl. jetzt §361 Nr. 2), nunmehr Inländer zu sein behauptete; dann sollte das befaßte Gericht ein Gutachten der Negierung einholen und seinem Erkenntnisse zum Grunde legen. Diese Vorschrift ist, selbst wenn sie für den Fall deS cit. § 361 Nr. 2 als noch gültig angesehen wird, als Ausnahme aus andere Fälle nicht auszudehnen; vgl. Oppenh. Nessortgess. s. 32.

Zn Nr. 1. und 2. 15. Als „hochverrätherische Handlungen" sind alle in den §§78—84 vorgesehenen zu betrachten. Die Bezeichnung „Hochverrats" ward vermieden, weil sie aus die Handlung des Ausländers nicht paßt. 16. Bei den Münzverbrechen machen die Nrn. 1 und 2 (abweichend von dem Pr. StGB. § 4 Nr. 1. 2) keinen Unterschied, ob sie gegen den Bund oder gegen einen einzelnen Bundesstaat, oder gegen einen fremden Staat gerichtet waren. — Cs gehören hierher die in den §§ 146 uns 147 vorgesehenen Verbrechen. 17. Auch der Versuch einer der in den §§ 146 und 147 vorgesehenen Strafthaten ist ein „Münzverbrechen;" vgl. § 1 n. 4.

Zu Nr. 1. 18. Als „hochverrätherische Handlungen" gegen den Norddeutschen Bund oder einen Bundesstaat sind alle m den §§ 80—86 ausgezählten Unternehmungen zn betrachten. 19. In dieser Nr. ist der LandeSverrath nicht mit ausgezählt worden, weil derselbe von einem Ausländer im Auslande gar nicht, sondern nur dann be­ gangen werden kann, wenn derselbe sich innerhalb deS Bundesgebiets unter dem Schutze des Bundes oder eines Bundesstaats aufhält (§ 91); im Falle eines Krieges wird nach Kriegsgebrauch verfahren; vgl. § 91; Motive (. 19.

Zn Nr. 2. 20. Insoweit durch Nr. 1 auch der Ausländer wegen der im Auslande ver­ übten Verbrechen den Bundeögesetzen unterworfen wird, versteht es sich von selbst, daß der Umstand, daß derselbe nachträglich die Eigenschaft eines Norddeutschen er­ langt hat, irgend eine Aenderung nicht hervorbringen kann. Dagegen kann der­ jenige, welcher erst später Norddeutscher geworden ist, wegen eine« vorher gegen den Bund oder einen Bundesstaat verübten LandeSverraths nicht verfolgt werden, weil der Schlußsatz der Nr. 3 hier keine Anwendung findet. Vgl. n. 37. 38. 21. Als „B elerdigung gegen einen Bundes fürsten" sind alle in den §§ 94—101 vorgesehenen Handlungen zu betrachten; vgl. die Ueberschristen deS zweiten und dritten Abschnitts des II. Theils; es gehören daher auch die Beleidi­ gungen der Mitglieder eines bundeösürstlichen Hauses hierher. 22. Die Nr. 2 hat durch § 102 theüweise eine Ausdehnung aus die von einem Norddeutschen im Auölande gegen einen befreundeten Staat, be;w. gegendessen Fürsten verübten hochverräterischen Handlungen erfahren. DaS Nähere siehe dort. Bundes - Strafgesetzbuch.

Z

34

Einleitende Bestimmungen: § 4.

3)

ein Norddeutscher, welcher im Auslande eine Handlung begangen hat, die nach den Gesetzen deS Norddeutschen Bundes als Verbrechen oder Vergehen anzusehen und durch die Gesetze des OrtS, an welchem sie begangen wurde, mit Strafe bedroht ist. Zu Nr. 3.

23. Norddeutsche Militairpersonen, welche im Auslande, während sie dort in einer amtlichen Stellung sich befinden, strafbare Handlungen begehen, wer­ den ebenso, als ob die Handlungen im Bundesgebiete selbst begangen waren, nach diesseitigen Strafgesetzen bestraft: Pr. Ges. v. 15. Apr. 52 § 2; Bundes - Ddn. v. 29 Dez. 67 (BGbl. 67 S. 185. 302). In Betreff ihrer ist daher auf die Nr. 3 des § 4 nicht zurückzugehen, vielmehr unterliegt ihre Verfolgung vor den bieffeiligen Gerichten gar ferner Beschränkung. 24. Aehnlich verhält eS sich mit den der Konfulargerichtöbarkeit unter­ worfenen Personen; vgl. Pr. Ges. v. 29. Juni 65 § 17 (GS. s. 683); BundeSKonful.-Gef. v. 8 Nov. 67 § 24 (DGbl. f. 137); vgl. ZI. 29. Mai 58 c. Meyer; ZI. J6. März 69 c. Strauß (GA. VI, 565; VII, 344). Auch sie sonnen wegen der rm betr. ausländischen Staate tierübten Strafthaten unbedenklich vor den (zustän­ digen) inländischen Gerichten verfolgt werden; § 4 findet bei ihnen keine An­ wendung. 25. In der Nr. 3 wird vorausgesetzt, daß die konkrete Handlung am Orte ihrer Begehung überhaupt strafbar fei, daß sie also alle Degrifssmerkmale eines Straffalles nach den dortigen Gesetzen in sich vereinige. Dagegen ist es nicht er­ forderlich, daß das ausländische Gesetz denselben Thatbestand vorsehe, wie daS zu­ treffende inländische: ZIl. 8. März 66 c. Dorandt (RdO. VII, 160). In Betreff der Feststellung vgl. n. 33 34. 35 26. Ist die That im Auslande mit Strafe bedroht, so kommt eS auf das Maaß dieser Strafe und ob sie der im diesseitigen Gesetze angedrohten gleich oder geringer sei, Nicht an: ZI. 7. Sept. 54 c. Becker; Z. 15. Dez. 69 c. Hirschel (RdO. X, 785). Es ist daher gleichgültig, ob die Strafe des ausländischen Gesetzes sechswöchentliches Gefängniß und Geldbuße von fünfzig Thalern nicht übersteigt, so daß sie also nach dem Systeme des StGB.ö nur eine Uebertretung darstellen würde, sobald die That nur nach dem diesseitigen Gesetze ein Verbrechen oder ein Vergehen ist: ZI. 8. April 57 c. Krause; ZU. 14. Dez. 61 c. Knopf (NdO. II, 71); contra: TArch. III, 2. 27. Der Widerstand, den ein Norddeutscher im Auslande gegen die Staatsgewalt des betr. ausländischen Staat- ausübt, ist im Bundesgebiete straf, bar, sobald das Gesetz zeneS Staates einen derartigen Widerstand gegen feine eigene Staatsgewalt mit Strafe bedroht. Vgl. das Nähere zu Thl. II. Abschn. 6 n. 1. 28. Der Norddeutsche, welcher an einer im Auslande von einem Ausländer begangenen (und daher an diesem im Bundesgebiete nickt zu bestrafenden) Strafthat Theil nimmt, ist nach diesseitigen Gesetzen zu bestrafen: ZI. 5. Febr. 58 c. Meißner (GA. VI, 273); contra: Blum f. 12 n. 14. 29. Da das Gesetz hier die Bestrafung (nach inländischem Rechte) davon ab­ hängig macht, daß die That auch am ausländischen Orte ihrer Begehung mit Strafe bedroht sei, so hat der Jnstanzrichter diesen Punkt von AmtSwegen zu erörtern. Dasselbe gilt im Falle des Schlußabsatzes der Nr. 3 in Betreff der Frage, ob das ausländische Strafgesetz milder sei; eS kann daher auch hier von einer Beweislast des Angeklagten keine Rede sein; contra. Schwarze s. 14. 30. Demgemäß bedarf die Strafbarkeit der Handlung nach dem Gesetze des ausländischen OrtS der Begehung als unerläßliche Bedingung der Bestrafung einer ausdrücklichen Feststellung: VII. 1. Febr. 66 c. Stumm (RdO. VII, 77). Diese Feststellung muß sich auf den konkret vorliegenden Thatbestand beziehen; eS genügt daher mcht, auSzusprechen, daß z. B. der „Betrug" nach dem ausländischen Gesetze strafbar sei, vielmehr bedarf eS noch der Feststellung, daß die That des An­ geklagten nach jenem Gesetze unter den Begriff deS Betruges falle: DI. 15. Nov. 61

Einleitende Bestimmungen: § 4.

35

Die Verfolgung ist auch zulässig, wenn der Thäter bei Begehung der Handlung noch nicht Norddeutscher war. In diesem Falle bedarf es jedoch eines Antrages der zuständigen Behörde deS Landes, in welchem die strafbare Handlung begangen worden, und das aus­ ländische Strafgesetz ist anzuwenden, soweit dieses mil­ der ist. [I. u. II. ent». § 4]; Dgl. §§ 3. 5-8. 37.102. 298; D .RechtSh.-G-s. v. 21 Juni 1869 § 25.27. 39 (BGbl. s.313); B -Dertr. m. Baden wegen Wechsels. RechtSh. v. 14. Jan. 1870 Art 27 (BGbl. s. 74). c. Scheinmann, DI 25 Nov. 63 c. Gansereit, DU. 23. März 65 c. Schlüter (RdO. II, 75; IV, 214; VI, 16). 31 Aus dem Gesagten (n 30) solgt, daß, wenn da- (etr. ausländische Gesetz einen anderen Thatbestand als da« anzuwendende inländische Gesetz voraussetzt, beide der Feststellung bedürfen; im schwurgenchtlichen Verfahren muß daher auch der Thatbestand des ausländischen Gesetzes in die Fragstellung aufgenommen werden: BII. 12. Sept. 67 c. Braun (NdO. VIII, 505; Nh. ©.). 32. Dagegen ist bte Frage, ob der festgestellte Thatbestand wirklich unter das ausländische Gesetz falle, nicht durch die Geschwornen, sondern durch den GH. zu lösen. Dieser kann die betr. Entscheidung unbedenklich auf Grund der Notorietät oder seiner persönlichen Kenntniß (:ZI. 8. Sept. 58 c. Sturm; ZU. 29. Nov. 60 c. Stein), oder auf Grund emeS Gutachtens ausländischer NechtSgelehrten (:DI. 29. Juni 55 Pollack c. Krohn, StA. 30 s. 138: Fall einer Privatklage) treffen. Da erne solche Entscheidung die Anwendung des inländischen Gesetze« nicht berührt, so unterliegt ihre Nichtigkeit nicht der Kritik deö NichtigkertSrichterS: LII. 10. Jan. 56 c. Oppermann (JMbl. f. 46); DI. 5 Juli 65 o. Nymliewicz, ZI. 10. Juli 67 c. Vetmn, ZU. 27. Jan. 70 o. Zlegert (RdO. Vl, 236; VIII, 464; XI, 61); contra: 31. 16. März 59 c. Strauß (GA. VII, 344); vgl. Oppenh. Pr. Strasverf. Art. 107 n. 21; Pr. AGO. I, 10 § 53. 32a. Eine Ausdehnung der Nr. 3 enthält § 298. 33. Die beiden Schlußsätze der Nr. 3 beziehen sich nur auf den Fall dieser Nr. 3, nicht also auch auf den der Nr. 2. Hat daher cm Ausländer nach Derübung einer der m Nr. 2 aufgezählten Strafthaten die Eigenschaft eines Norddeutschen erlangt, so kann eine Bestrafung desselben tm Bundesgebiete nur daun erfolgen, wenn entweder emer der in der Nr. 1 aufgezählten Fälle vorliegt, oder wenn die Doranssetzuugen der Nr 3 zutreffen; vgl. n. 20. 34. Die citt. Schlußsätze der Nr 3 beziehen sich nur auf den Fall, wo ein einzelner Ausländer nachträglich tu einem Bundesstaate das Indigenat erlangt und dadurch Norddeutscher geworden ist. Würde dagegen später em bisher nicht zum Bunde gehöriges Gebiet diesem zugelegt und demzufolge da« StGB, auch dort eingeführt, so könnte nur § 2 maßgebend sem. Hätte der Angehörige eines solchen Gebiets vor der Vereinigung deö letzteren mit dem Bunde eine strafbare Handlung in jenem ihm fremden auch letzt nicht zum Bunde gehörigen Lande verübt, so ist x die Frage, ob er zu verfolgen und wie er eventuell zu bestrafen sei, nach denjenigen Gesetzen zu lösen, welche zur Zelt der Begehung m seinem Hetmathlande galten. 35. Der Antrag „der zuständigen Behörde des Landes" der Begehung muß von dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten ausgehen, welche« tm völkerrechtlichen Verkehr nach außen hin das Land vertritt — Ein Antrag der in jenem Lande für die Strafverfolgung „zuständigen" Behörde dürste nicht genügen. Vgl. BNechtSh.-Ges. v. 21 Juni 1869 §27 (BGbl. f. 311). 36. Insoweit eS in einem solchen Falle aus eine Prüfung und Anwendung deS ausländischen Strafgesetze« ankommt, gilt das oben n. 30. 31 Gesagte auch hier. Bei der nöthig werdenden Vergleichung, ob das inländische oder daS ausländische Gesetz das mildere sei, sind die zu § 2 unter n. 12—14 entwickelten Grund­ sätze als maaßgebend zu betrachten.

36

Gmteittnbe Bestimmungen: § 5.

§. 5. Im Falle des §. 4 Nr. 3 bleibt die Verfolgung ausgeschlossen, wenn 1) von den Gerichten des Auslandes über die Handlung rechtskräftig erkannt und entweder eine Freisprechung erfolgt oder die ausgesprochene Strafe vollzogen, 37. Der Grundsatz der Nr. 3 findet auch Lei den von einem Norddeutschen im Auslande verübten Zuwiderhandlungen gegen solche Spezial-LandeSgesetze Anwendung, welche neben dem StGB, rn Kraft geblieben sind (n. 1). Es ist dann dasjenige Strafgesetz maaßgend, welches am Wohnorte des betr. Angeklagten gilt, und zwar selbst dann, wenn die That tu anderen Theilen des BundeSgcbretö straf­ los sein sollte. Hatte der Norddeutsche Angeklagte ttn Bundesgebiete gar kernen Wohnort, so wird daS Spezialgesetz desjenigen Bundesstaates anwendbar, welchem er selbst angehört, und wenn tn verschiedenen Theilen dieses Staates verschtedene Spezialgesetze bestehen, von diesen das mildeste; er bleibt also straflos, wenn es tn irgend entert Theile des Staates, welchem er angehört, au einer passenden Straf­ bestimmung fehlt. 38. Das Gesetz läßt den Fall ungeregelt,wo der Angehörige eines Bundesstaates in einem anderen Bundesstaate eine That begeht, welche in beiden durch verschiedene besondere Landeögesetze mit Strafe bedroht rst. ES unterliegt indessen keinem Bedenken hier den Grundsatz der Nr. 3 analog anzuwenden. ES kann daher in einem solchen Falle im HennathSstaate des Thäters eine Strafverfolgung defielben nach den Gesetzen des Heimatbsstaates stattfinden, insofern nrcht tue Vor­ aussetzungen des §5 zutreffen. oder aber die Strafverfügung durch § 35 des BRechtSh.Ges. v. 21.Juni 1869 (BGbl. s. 30U) ausgeschlossen wird; vgl. n.39 a.E.; StGB. (Titel: s. 19) n. 5. 39. Der Grundsatz des § 4 erleidet nach dem mit Baden am 14. Jan. 1870 abgeschlossenen Dundeövertrage (Art. 27) eine Ausnahme, wenn ein Norddeutscher, welcher tu Baden ein politisches Verbrechen oder ettt Vergehen oder mittelst der Presse eine strafbare Handlung begangen har, tnt Gebiete des Bundes betroffen wird. Da in einem solchen Falle eine Auslieferung nicht stattfindet (Art. 23. 25 Nr. 1), so soll der Thäter bet den Gerichten des Bundesstaats, tn welchem er sich aufhält, zur Untersuchung gezogen, und die That bei der Untersuchung und Aburtheilung so angesehen werden, als wenn sie im Gebiete dieses Staates begangen wäre; war aber die That am Orte ihrer Begehung (Baden) mit einer geringeren Strafe be­ droht, so ist diese bei der Aburtheilung zur Anwendung zu bringen. Diese letztere Dorschnst ist mdeffen mit der Maaßgabe des § 6 des Emf..Ges.'S zu verstehen: droht daher das mildere Badensche Gesetz eine Strafart an, welche das vorliegende StGB nicht aufgenommen hat, so ist aus die entsprechende Sirasart des letzteren zu erkennen; vgl. EG. § 8 n. 4. — Eine ähnliche Bestimmung wie § 27 des ctt. Vertrags enthielt auch das Bundeö.NechtSh.-Ges. v. 21. Juni 1869 § 25. 27. (BGbl. s. 316); diese ist aber auch durch die Ctusührung des StG-S unwirksam geworden (vgl. § 25 cit); vgl. mdeffen n. 38.

8 5. Inhalt. Ausland 1. Ausnahme (§37). 2. Bestrafung, außerordentl. 11. Bundesstaat. 4. Einstellg d. verf. 14. Freisprechung. 8—10.

Gesetz, ausländ. 5. Händig., ident. 7. Ntchtlgk.Richter. 2. QuaUfizirung. 14. 24. Rechtskraft 3 6. 12. Strafantrag. 24. 25.

Straferlaß. 21. 22. Strafverfolgg 6 10. » statthaft. 10 Strafvollstreckung 16. Bewährung. 18-20. Zuständigkeit. 15.

1. In diesem § ist unter „Ausland" durchweg berjeiuge ausländische Staat zu verstehen, in welchem die betr. That begangen worden ist („des Auslandes"). 2. Ob die im § 5 ausgezählten Gründe der Nichtverfolguug, wenn sie vor den befaßten Jnstanzrichtern nicht zur Sprache gebracht und deshalb von ihnen unberück. fichtigt gelassen sind, vor dem NichtigketiSrichter als NtchtigkeitSgründe benutzt weiden können, ist nach den betr. Vorschriften deö Verfahrens zu beantworten. —

Einleilendt Bestimmungen: §5.

2)

37

die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nach den Gesetzen deö Auslandes verjährt oder die Strafe erlassen, oder

Nach den verschiedenen in Preußen geltenden Strafprozeßordnungen würde die Frage zu verneinen fern; vgl n. 12. 3. Wird erst nach dem Eintritte der Rechtskraft emeö vernrtheilendenEr­ kenntnisses ermittelt, daß einer der hier aufgezählten die Strafverfolgung ausschlie­ ßenden Gründe vorlag, so kann nur im Wege der Gnade eine Abhülfe gesucht werden. 4. Insoweit § 5 die Strafverfolgung im Zulande mit Rüchsicht auf gewisse im ausländtschen Staate der Begehung obwaltende Voraussetzungen ausansfchließt, muß dasselbe auch im Verhältnisse einzelner Bundesstaaten unter ein­ ander gelten, z. B wenn es sich von der Verfolgung solcher Fälle handelt, welche m den verschiedenen Bundesstaaten durch verschiedene Landeöstrafgesetze vorgesehen sind Außerdem muß die in dem einen Bundesstaate ausgesprochene rechtskräftige Derurtheilung eine abermalige Verfolgung des Angeklagten in einem anderen Bundes­ staate daun ausschließen, wenn jenes Urtheil auch m dem letzteren zur Vollziehung zu bringen wäre oder wenn aus Grund desselben die Auslieferung des Derurtheilten begehrt werden könnte (B.-RechtSh.-Gef v. 21. Juni 1869 § 21 faß. 33); vgl. StGB. (Titel oben f. 19) n 5 Das gilt selbst dann, wenn die Berurtheilung nicht in demjenigen Bundesstaate erfolgt wäre, m welchem die strafbare Handlung verübt war. 5. In den Fällen, in welchen nach § 5der inländische Richter die Gesetze eines fremden Staates berücksichtigen muß, wird das zu § 4 n. 30. 31. 36 Gesagte auch hier maaßgebend. 6. Die Strafverfolgung im Inlande wird durch eine im ausländischen Staate der Begehung erfolgte rechtskräftige Aburtheilung rc., nicht als* durch ein in jenem Staate noch schwebendes Strafverfahren ausgeschlossen. Dagegen muß daö im Inlande angehobene Strafverfahren eingestellt werden, sobald im Auslande jene Bedingung zutrifft. Wäre inzwischen im Inlande bereits m erster In­ stanz em verurtheilendeS Erkenntniß ergangen, so müßte der mit der Sache befaßte höhere Instanzrichter dasselbe aujheben und die weitere Verfolgung für unstatthaft erklären; vgl. n. 21. 7. Damit die im Auelande ergangene rechtskräftige Entscheidung eine Verfol­ gung im Inlande ausschließe, muß sie dieselbe Handlung, d. h. dasselbe kon­ krete Thun des betr. Angeklagten, zum Gegenstände haben. 8. Eine im Auslande ergangene Freisprechung hindert die diesseitige Ver­ folgung, selbst daun, wenn sie aus subjektiven Gründen, welche unser StGB, nicht anerkennt, erfolgt ist: Berner Wirknngskr. f. 165; HS. I, 71. 9. Eine ausländische vorläufige Freisprechung hindert eine Verfolgung im Inlande nicht: ZI. 8. März 54 c. M.iczka (GA II, 250); HS. I, 73. 10. Eine Entscheidung, durch welche die Strafverfolgung für (gänzlich) unstatthaft erklärt worden ist, steht hier m ihrer Wirkung einer „Freisprechung" gleich. 11. Eine im Auölaude verhängte und vollstreckte außerordentliche Be­ strafung steht einer Verfolgung in Preußen nur dann entgegen, wenn sie nach den Ge­ setzen des betreffenden Auslandes als rechtskräftig anzusehen ist, d. h. die Wieder­ aufnahme des Verfahrens wegen neu ermittelter Beweise ausschließt; contra: HS. I, 73, welcher einer selchen Bestrafung unbedingt die Wirkung beilegt, die Verfolgung zu verhindern. 12. Ob die im Auslande ergangene Entscheidung rechtskräftig geworden fei, ist nach den dort geltenden Strafprozeßgefetzen zu beurtheilen. Zm Allgemeinen ist daran festzuhalten, daß ein Urtheil als rechtskräftig anzusehen ist, sobald eS nicht mehr durch em ordentliches Rechtsmittel (Berufung, Rekurs, Einspruch, Nich­ tigkeitsbeschwerde) angefochten werden kann. Dagegen schließt die Möglichkeit einer außerordentlichen Restitution oder Wiedereinsetzung m den vorigen Stand die Rechts­ kraft nicht ans. Nach rheinischem Verfahren ist em Urtheil nicht rechtskräftig, wenn

38

Einleitende Bestimmungen: § 5.

3)

der nach den Gesetzen des Auslandes zur Verfolgbar­ keit der Handlung erforderliche Antrag des Verletzten nicht gestellt worden ist.

lEntw. I.:§4 Abs. 3; Entw. II.: §5; Pr. StGB.: §4 Abs.8]. Vgl. §§ 4.6-8. 37. es auch nur noch von dem beim Berufungsgericht fungirenden Beamten des öffent­ lichen MmisteriumS durch Berufung angefochten werden kann. 13. Ob eine im Auslande ohne Endurtheil erfolgte Einstellung des Ver­ fahrend eine neue Verfolgung im Bundesgebiete verhindere, hängt davon ab, in­ wiefern nach den Gesetzen deS ausländischen Staates ein solcher Beschluß die unbe­ dingte Rechtskraft begründet. 14. Hat der ausländische Richter über die That rechtskräftig erkannt, so ist es gleichgültig, tn welcher Weife fein Urtheil die That qualifizlrt, insbesondere ob es sie unter denselben strafrechtlichen Begriff gebracht hat, welcher jetzt im Zu­ lande der Strafverfolgung zum Grunde gelegt werden soll; nicht minder, ob alle für die Beurtheilung (nach inländischem oder ausländischem Rechte) erheblichen that­ sächlichen Momente dem ausländischen Richter vorgelegen haben, oder erst später er­ mittelt worden sind; contra: Schwarze s. 15; vgl. Oppenhofs Pr. Strasverf. § 1 n. 47 fgg. 15. Ebenso ist es gleichgültig, ob der ausländische Richter nach den diesseitigen oder nach den Gesetzen seines Landes zur Entscheidung zuständig war, sobald eS nur ein Strafrichter desjenigen Landes war, in welchem die That begangen worden ist; vgl. n. 1. 16. Eine Dernrheilung im Auslande, welche nicht den Vollzug oder Erlaß der ganzen Strafe zur Folge gehabt hat, schließt die Verfolgung im Bundes­ gebiete nicht aus. Em unvollständiger Strafvollzug könnte nur die Anwendung des § 7 rechtfertigen. 17. Don dem unter Nr. 1 (und 2) erwähnten Grundsätze macht § 37 eine Ausnahme; vgl. die Bemerkungen zu diesem.

Zu Nr. 2. 18. Auch diese Nr. 2 ist auf den Fall zu beziehen, wo die Verjährung (der Straferlaß) im betr. Auslande stattgefunden haben. 19. Die Frage nach der Verjährung der Strafverfolgung oder Strafvoll­ streckung ist selbstverständlich nur mit Rücksicht aus denjenigen strafrechtlichen Charakter zu lösen, den die That nach dem zutreffenden ausländischen Gesetze hat. 20. Die Verjährung ist nur dann zu berücksichtigen, wenn sie tm Aus­ lande abgelaufen war, ehe im Zulande eine Strafverfolgung stattfand. War diese vor dem Ablause jener Verjährung angehoben worden, so schließt der Umstand, daß später im Auslande die Verjährung ablief, die Fortsetzung des Verfahrens nicht aus. Zu dieser Beziehung kommt es auch lediglich auf den Akt der Strafverfol­ gung, d. h. also aus den Zeitpunkt an, tn welchem der Staatsanwalt die Straf­ klage (Anklage, Anschuldigung) erhoben hat; insbesondere bleibt hier § 68 (nach wel­ chem die Verjährung nur durch Handlungen deS Richters unterbrochen wird) außer Anwendung, da es sich hier nicht davon handelt, den Lauf der (ausländischen) Ver­ jährung zu unterbrechen, sondern eine für die inländische Strafverfolgung vorge­ schriebene Frist zu wahren. 21. Dagegen ist der Straferlaß der Vollziehung gleich zu achten. Erfolgt daher eine solche, nachdem im Zulande bereits die Strafverfolgung angehoben war, so ist nach n. 6 zu verfahren. 22. Ob der Straferlaß vor oder nach der Aburtheilung der Sache im Auslande erfolgt war, ist gleichgültig; eö gehören somit auch alle Fälle einer Amnestie hierher; vgl. Stenogr. Ber. s. 176.

Zu Nr. 3. 24. Die Nothwendigkeit des Strafantrags ist selbstverständlich nach der der That nach dem betr. ausländischen Gesetze zu gebenden Qualifizirnng zu beur­ theilen. 25. Der Nichtstelluug deS Antrags steht der Fall gleich, wo der Antrag zu spät gestellt ist.

Einleitende Bestimmungen: § 6. 7.

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§. 6. Im Auslande begangene Uebertretungcn sind nur dann zu bestrafen, wenn dies durch besondere Gesetze oder durch Verträge angeordnet ist. [I. Entw.: §4; II. Entw.: §6; Pr. SrGL. § 4 Schluß!.)

§. 7. Eine im Auslande vollzogene Strafe ist, wenn wegen derselben Handlung im Gebiete des Norddeutschen Bun-

8 6. 1. Die Worte „sind mcht au bestrafen" sind nicht korrekt. Auch hier ist nur von der Statthaftigkeit der Strafverfolgung die Rede. 2 ES ist mcht erforderlich, daß die hier erwähnten „Gesetze oder Ver­ träge" von dem Bunde ausgegangen oder abgeschlossen seien; es genügt, wenn für den einzelnen Bundesstaat cm derartiges besonderes Gesetz (Bertrag) besteht; selbstverständlich kann dann aber die Wirksamkeit desselben nicht aus andere Bundes­ staaten ausgedehnt werden. Dadurch wird dem Grundsätze von der durch daS Strafgesetzbuch für das ganze Bundesgebiet geschaffenen Rechtseinheit nicht entgegen­ getreten, da es sich hier nicht von einer Bedingung der Strafbarkeit, sondern von einer Bedingung der Strafverfolgung handelt (n. 1); contra; v. Kirchm. s. 27. 3. Eine Anordnung im Sinne dieses Schlußsatzes enthält die zwischen Preußen und Anhalt-Bernbnrg abgeschlosiene Konvention v. 9.—27. Sept. 40. Art. 35 (GS. S. 250): DU. 26. Marz 68 c. Hahn (RdO. IX, 229). 4. Nach einer ungedrnckten Preuß. Mrn.-Berf. v. 25. Febr. 1852 soll daS frühere, ohne förmliche» Staatsvertrag mit den deutschen Staaten des linken Rhernufers getroffene Abkommen, nach welchem thatsächlich Reciprozitat ein­ trat, ferner als förmlicher Staatsvertrag betrachtet werden, und mit Rücksicht dar­ auf auch Verfolgung wegen der in jenen Staaten begangenen Uebertretungcn ein­ treten. Mit dem Großherzogthum Hessen besteht aber ein solches Abkommen nicht; jo: ZU. 26. Sept. 61 c. Bommench (RdO. I, 587). 5. Dre Strafverfolgung wegen einer im Auslande begangenen Uebertretung ist nur dann statthaft, wenn die zulasienden Gesetze oder Verträge vor der Ver­ übung der That verkündet oder abgeschlossen worden sind: Blum s. 14 n. 1.

8 7. 1. In Ermangelung positiver Ausnahmebestimmungen (z. B. § 5 Nr. 1) wird die statthafte Verfolgung im Inlande durch eine Aburtheilung im Auslande und durch den Vollzug der dort verhängten Strafe Nicht ausgeschlossen; daS ausländische Urtheil bildet sonach keine res iudicata. Gleichwohl soll auch in einem solchen Falle die früher mt AuSlande verhängte und vollzogene Strafe auf die demnächst im Inlande zu verhängende Strafe in Anrechnung gebracht werden. Es ist hierbei vorzugsweise an solche Fälle zu denken, wo es sich von einer im In­ lande begangenen That oder von einem der in den §§ 4 Nr. 1 und 2 vorgesehenen Verbrechen re. handelt (z. B. wenn die im AuSlande verhängte Strafe nur theilweise vollzogen worden ist, so daß § 5 Nr. 1 nicht zur Anwendung kommt; vgl. § 5 n. 16); vgl. DU. 13. Sept. 66 c. Pettmg (RdO. VII, 462). 2. Die Anwendung des hier ausgesprochenen Grundsatzes ist nicht bedingt durch die Zuständigkeit der ausländischen Gerichte; ebenso wenig wird hier er­ fordert, dag daS Urtheil von einem Gerichte desjenigen Staates ausgegangen sei, in befielt Gebiet die That begangen war; vgl. § 5 n. 1. 3. Nicht minder ist es gleichgültig, in welcher Weise daS ausländische Urtheil die Handlung quaUfizirt hatte; es genügt, daß es sich um dieselbe That (um das­ selbe konkrete Thun) handelte. 4. Nur die wirklich verbüßte, nicht die verjährte oder erlassene Strafe ist in dieser Weise anzurechnen, wenngleich im Uebrigen bei einer (im Inlande zu bewirkenden) Strafvollstreckung der Straferlaß der Vollziehung gleichgeachtet wird. — Ist der Strafvollzug im AuSlande theilweise erfolgt, so kann, selbst wenn der Vollzug augenblicklich noch fortdauert, doch nur der bereits verbüßte Theil der Strafe angerechnet werden.

40

Einleitende Bestimmungen: $ 7.8.

des abermals eine Verurcheilung erfolgt, auf die zu erkennende Strafe in Anrechnung zu bringen. (I. u. II. Entw. (fehlte); Pr. StGB. deSgl.f. Dgl. §§ 3-8. 37. 73.

§. 8. Ausland im Sinne dieses Strafgesetzes ist jedes nicht zum Norddeutschen Bunde gehörige Gebiet. ll.Eatw.: § 5 Abs. 1; II.Gntro.: §8; Pr. StGB, (fehlte) I. Dgl. §$3-7. 9. 37; B.-Recht-H.-Gef. § 39 (BGbl f. 313); BGes. v. 1. Inn, 1870 (BGbl. s. 355). 5. Die Anrechnung soll auf die „zu erkennende" Strafe erfolgen; sie ist also im verurteilenden Erkenntnisse selbst w der Weise anzusprechen, daß zunächst das volle Maaß der zugemessenen Strafe verhängt und dann be­ stimmt wird, um welchen Betrag sie mit Rücksicht auf die im Auslande erlittene Strafe herabzusetzen sei. — Ist die Anrechnung tm Erkenntnisse unterblieben, weil der erkennende Instanzrichter keine Kunde von zenem Strafvollzüge erlangt hatte, so kann sie nicht mehr im Wege der Nichtigkeitsbeschwerde, oder m dem emeö nachträglichen Verfahrens nachgeholt werden, insoweit nicht die maaßgebenden Strasprozeßgesetze in dieser Beziehung besondere Vorschriften enthalten. 6. Entspricht die im Auslande vollzogene Strafe ihrer Art nach nicht den Strafen deö StGB.'S, so muß der erkennende Richter nach billigem Ermessen und unter Berücksichtigung des § 21 eine Strafumwandlungsberechnung zum Grunde legen. 7. Wird auf Todes- oder auf lebenslängliche Zuchthausstrafe erkannt, so fällt die Anrechnung sott. 8. Der § schreibt vor, daß die im Anslande verbüßte Strafe auf die im In­ lande zu verhängende angerechnet werde; dagegen ist eine Abänderung der im diesseitigen Gesetze angedrohten Strafart nicht gestattet. Es kann daher geschehen, daß m Folge der Anrechnung einer ausländischen Strafe eine Zuchthausstrafe in einer kürzeren als einjährigen Dauer (§ 12) zu verhängen ist; es läßt sich nicht ausstellen, daß in einem solchen Falle nur auf Gefängniß oder Festungshaft er­ kannt werden dürfe. 9. Der § 7 muß unbedenklich a potiori auch im Verhältnisse zwischen ver­ schiedenen Bundesstaaten Anwendung finden. 10. Der Grundsatz des § greift nur da Platz, wo die Strafverfolgung im Bundesgebiete erst nach der ausländischen Aburtheilung und Strafvollziehung statt­ findet. Wäre daher die Verurteilung tm Bundesgebiete vorhergegangen, so könnte der Vollstreckung der Strafe nicht deshalb widersprochen werden, weil in der Zwischenzeit im Auslande eine wegen derselben That verhängte Strafe verbüßt und diese auf jene anzurechnen sei. Ebenso bleibt die Anrechnung ausgeschlossen, wo zwar der Verfolgung un Inlande die ausländische Verurtheilung vorhergangen, die hier verhängte Strafe aber noch nicht vollstreckt war. 11. Vgl. übrigen- § 37 und die Bemerkungen zu demselben. 12. Die Vorschrift des § 7 ist auf den Fall zu beschränken, wo wegen der­ selben tm AuSlande bereits abgeurtheilten That auch noch eine Verfolgung im Inlande erfolgt. Sie bleibt sonach außer Anwendung, wenn im AuSlande eine Verurtheilung wegen einer anderen von derselben Person in realer Konkurrenz ver­ übte Strasthat erfolgt ist. In einem solchen Falle kommen dem Angeklagten tm Inlande die mildernden Vorschriften der §§ 74fgg. nicht zu Gute; vgl. § 79 n. 21. § 8. 1. Die Worte „dieses Strafgesetzes" sind, wie aus den Motiven f. 20 und aus den Erklärungen des Reg.-Kommissars im Reichstage erhellt, auf das ganze Strafgesetzbuch zu beziehen. In gleichem Sinne sind jene Worte wiederholt gebraucht, z. B. m den §§31. 52. 359. 2. Nach diesem § ist der nicht zum Bunde gehörige Theil deö Großherzogthums Hessen selbst dem hessischen Bundesgebiete gegenüber als Ausland zu betrachten, in­ soweit es sich von der Anwendung des Strafgesetzbuchs handelt; vgl. n. 5. 3. An dem Begriffe deö „Auslandes" wird durch Staatsverträge über

Einleitende Bestimmungen: § 9.

41

§. 9. Ein Norddeutscher darf einer ausländischen Regie­ rung zur Verfolgung oder Bestrafung nicht überliefert werden. [I. Entw.: § 6; II. Entw.: § 9]. Vgl. BNechiSh.-Ges. v. 21. Juni 1869 §§ 21-32.34 (DGbl. s. 310); Bund.-Benr. mit Nordamerika v. 22. Fbr. 1868 (Pr. Vertr. v. 16.3uni 1852: DGbl. v. 1868 s. 229fgg.); Bund.-Dertr. mit Belgien v. 9. Febr. 1870 (DGbl. s. 53); B.-Vertr. mit Baden v. 14. Jan. 1870 Art. 20 sag. (DGbl. s. 71). die Gewährung gegenseitiger Rechtöhülfe und über die AuSlieserung von Verbrechern an sich Nichts geändert: Blum f.8 n. 2. 4. Der Begriffsbestimmung des Wortes „Ausland" entsprechend ist auch als Ausländer im Sinne des StGB.'s Jeder anzusehen, welcher nicht „Nord­ deutscher" ist; vgl § 4 n. 12. 13. Es kömmt dabei selbstverständlich aus den Zeit­ punkt an, an welchem die Strafthat verübt wurde; vgl. aber § 4 Nr. 3. 5. Demgemäß sind auch die Angehörigen des Großherzogthumö Hessen, welche nicht innerhalb des Bundesgebiets heunalhsderechtigt sind (vgl. BGes. v. 1. Juni 1870 §1: BGbl. s. 355.), „Ausländer" und zwar selbst dem Hessischen Bundesgebiete ge­ genüber. Dieses Verhältniß würde auch dann nicht geändert werden, wenn das StGB, tn den übrigen Theilen des Großherzogthumö Hessen eingeführt und dabei ausge­ sprochen würde, daß alle Hessen tm ganzen Landesgebiete als Inländer betrachtet werden sollen, da es dem einzelnen Bundesstaate nicht zusteht, ein Bundesgesetz (für das Bundesgebiet) zu ändern, und ev dadurch herbeizuführen, daß dasselbe m den verschiedenen Bundesstaaten verschieden gebandhabt würde. Wer im übrigen Bundes­ gebiete „Ausländer" ist, ist eö auch tm hessischen Theile desselben; vgl. Reichst. Verhh. Stenogr. Der. 1870 f. 622 631. 6. Nach dem unter n.. 4 Gesagten sind auch alle diejenigen „Ausländer", welche gar keinem Staate angehören, z. B. solche, welche aus dem Unterthanenverbande, dem sie früher angehörten, entlassen wotden sind, ohne eine andere StaatSangehörigkett erlangt zu haben; contra früher: ZI. 3. Febr. 54. c. Bringe (GA II, 252); Dil. 27. Juli 62 c. Waller iMO. II, 540, beil>, welche jedenfalls jetzt nicht mehr als maaßgebend angesehen werden können. 7. In gleichem Smne sind die Ausdrücke „Ausland" und „Ausländer" aufzufaffen, wenn es sich von der Auslegung oder Anwendung eines besonderen Bundesstrafgesetzes handelt, eö sei denn, daß aus diesem selbst die Absicht deS Gesetzgebers hervorginge, hier denselben eine andere Bedeutung beizulegen. 8. Handelt eS sich dagegen von der Anwendung eines besonderen LandeSStrafgesetzeS, welches neben dem StGB, wirksam ist, so ist als „Ausland" jedes nicht jenem Emzelstaat angehörende Gebiet, und als Ausländer auch jeder Nord­ deutsche anzusehen, welcher nicht ein Angehöriger jenes Staates ist; der Umstand, daß jedem solchen Staatsangehörigen nach Art. 3 der Bundeöverf. v. 26. Juli 1869 daö Bundes-„Jndigenat" zusteht, kommt hier Nicht in Betracht, weil jener Grund­ satz nur dann und nur insoweit wirksam wird, als sich der Angehörige etneS Bundes­ staates in einem andern Bundesstaate befindet und hier die in jenem Artikel erwähnten Rechte in Anspruch nimmt, nicht also da, wo strafbare Handlungen in Frage stehen, welche tm Gebiete eines andern Bundesstaates verübt worden sind: LI. 2. Juni 69. c. Goldmann (RdO. X, 377. 9. Handelt es sich von der Verfolgung solcher Straffalle, welche vor dem 1. Jan. 1871 verübt sind, so ist auch in Betreff des Begriffs „Ausland" das ältere Strafgesetz maaßgebend: Blum f.8 n.3.

§9. 1. Der hier ausgesprochene Grundsatz des Staats- und Völkerrechts gilt all­ gemein; die Auslieferung ist daher auch dann nicht statthast, wenn der betreffende Norddeutsche sich im Auslande enter gegen ihn bereits ins Werk gesetzten Hast ent­ zogen haben sollte, nicht mmder auch dann, wenn er selbst die Auslieferung wünscht. 2. In wie weit der obige Grundsatz im Verhältnisse zwischen den Bun­ desstaaten selbst eine Ausnahme erleide, ist durch das B.-NechtSh.-Ges. v. 21. Juni 1869 §§ 21—32. 34 geregelt. Die wetteren Bestimmungen hierüber sind der zu erlassenden B.-StPO. vorbehalten: Mot. S. 21.

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Einleitrndt Bestimmungen: § 10.11.

§. 10. Auf Norddeutsche Militakrpersonen finden die allgemeinen Strafgesetze des Norddeutschen Bundes insoweit An­ wendung, als nicht die Militairgeseye ein Anderes bestimmen. (I. ent.: §7; II. Ent: §10; Pr. StGB. §51.

Vgl. StGB. f. d. Heer v. 3. Apr. 1845 §§ 1. 2.192; Ges. v. 15. Apr. 1852 § 1; Bnnd.-Ddn. v. 29. De,. 1867 (BGbl. f. 185).

§. 11. Kein Mitglied eines Landtages oder einer Kammer eines zum Norddeutschen Bunde gehörigen Staats darf außer­ halb der Versammlung, zu welcher das Mitglied gehört, wegen 3. Der § kann nicht entgegenstehen, daß die Behörden des zum Bunde ge­ hörigen Theiles von Hessen einen hessischen Norddeutschen an eine außerhalb des Bundes sungirende hessische Behörde abliefern, da dann von einer „Auslieferung an eine ausländische Regierung" keine Rede sein kann. Noch unbedenklicher ist es, daß die Bewohner des zum Bunde gehörigen Theiles von Hessen, welche im Sprengel der Gerichte zu Mainz wohnen, dorthin abgeliefert und dort abgeurtheilt werden können, weil diese Gerichte, soweit sie berufsmäßig über Angehörige des Bundes die Gerichtsbarkeit ausüben, als inländische Behörden anzusehen sind; vgl. über eine analoge Frage: Z. 19. Febr. 68 c. Becker (RdO. IX, 141). — Dagegen steht eS den Oberhessischen Gerichten nicht zu, einen einem andern Bundesstaate Angehörigen an eine außerhalb des Bundes sungirende hessische Behörde auszulie­ fern; vgl. die ReichötagöBerhh. über den (noch nicht verkündeten) BundeS-Vertr. mit Hessen die wechsellettige RechtShülfe betr. (Stenogr. Ber f. 622. 631). Der Reichstag beschloß damals: die Erklärung auSzusprechen, „daß durch Artikel 45 jenes Vertrages eine Verpflichtung oder Berechtigung oberhessischer Behörden, An­ gehörige deS Norddeutschen Bundes, welche nicht dem hessischen StaatSverbande an­ gehören, nach Südhesien auszuliefern, nicht begründet werden soll;" und den Bun­ deskanzler zu ersuchen: „eine der vorstehenden Resolution entsprechende Deklaration des Artikel 45 des Vertrags beim Austausch der Ratifikation vertragsmäßig festzu­ stellen." 4. AuSlieserungSverträge sind vom Bunde mit Nordamerika, Belgien und Baden abgeschlosien; vgl. die obigen Citate. Sie gestatten nicht die Auslie­ ferung eines Norddeutschen. 5. Die von den einzelnen Bundesstaaten mit ausländischen Regierungen abgeschlossenen Verträge werden im Uebrigen in ihrer fortdauernden Wirksamkeit durch § 9 nicht berührt.

§io.

1. Die im § 10 ausgesprochene Beschränkung gründet sich aus die oben citt. besonderen (im ganzen Bundesgebiete eingeführten) Milttärgesetze. 2. Nur die Bundes-Mrlitärg es e tze, nicht die Gesetze eine- einzelnen Bun­ desstaat- kommen hier in Betracht. 3. Wer als „Militärperfon" anzusehen sei, ergiebt die dem cit. StGB, f. d. Heer unter Littr. A. beigefügte Klassifikation (BGbl. 1867. s. 283). 4. Nach § 16 des Pr. Ges. v. 15. April 1852 (GS. S. 117; vgl. BuudeSDdn. v 29. Dez. 1867) sollen die Ctvilgerichte gegen die zum Beurlaubtenpande ge­ hörigen Militärpersonen nicht mehr auf Mtlitärstrafen erkennen. 5. Ueber die von Militärpersonen, während sie sich im AuSlande in einer dienstlichen Stellung befinden, verübten strafbaren Handlungen vgl. § 4 n. 23.

§11.

1. Dieser (im Reichstage zugesetzte) § stimmt in seiner Fassung wesentlich mit Art. 30 der Bundesverfassung überem, welcher dieselbe Vorschrift in Betreff der R eichötagSmttglieder enthält. 2. Die Vorschrift ist aus Minister, die Mitglieder deS Bundesraths und RegierungS -Kommiffarien, welche m den Landtagen rc. in dieser ihrer Ei­ genschaft daS Wort nehmen, nicht auszudehnen, da sie nicht der DiSciplinargewalt des Vorsitzenden der Versammlung rc. unterliegen, also nicht „innerhalb der Der-

Einleitende Bestimmungen: § 11.12.

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seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Be­ rufes gethanen Aeußerung zur Verantwortung gezogen werden. [1 II. Entw. (fehlte); Pr.StGB, (de-gl.)f. Vgl. § 193; Bund.-Bers. v.26.Juli 1867 Art. 30.

§. 12. Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlnngen eines Landtages oder einer Kammer eines zum Norddeutschen Bunde gehörigen Staats bleiben von jeder Verantwortlich­ keit frei. [I. II. Entw. (fehlte); Pr StGB, (fehlte)). Vgl. Bund.-Verf. v. 26. Juli 1867 Art.22. Preußen: Dgl. Preßges. v. 12. Mal 1851 § 38.

sammlung" zur Beantwortung gezogen werden können; diese Personen finden daher ihren Schutz mir im § 193 des StGB.'s. 3 Auf den Landtag des GroßherzogihumS Hessen und die Norddeutschen Mitglieder deffelben ist der § 11 nicht auszudehnen, da er m Darmstadt keine Gel­ tung hat. 4. Ebensowenig findet er auf P rovinzial-Landtage Anwendung, da der § dem Art. 30 der Berfassung nachgebildet ist, danach aber die Worte „Landtag oder Kammer" aus die allgemeine Landesvertretung zu beschränken sind; der Umstand, daß m einzelnen Bundesstaaten, z B. m Preußen auch die Provinzialvertretungen „Landtag" genannt werden, kann hier nicht m Betracht kommen. — Auch hier kann daher event, nur § 193 Schutz gewahren. 5. Die hier gewahrte Straflosigkeit bezieht sich auf alle Abstimmungen und Aeußerungen, welche die Mitglieder m Ausübung dieses ihres Berufs machen; sie findet daher auch ihre Grenzen, da wo die berufsmäßige Thätigkeit als solche aufhört. VerantwortungSsrei sind daher alle Aeußerungen rc., welche, fei es tm Plenum des Landtags rc., sei es in den Abtheilung-- oder Kommissionsversamm­ lungen desselben zu den Zwecken der gemeinsamen Berathung oder Beschlußfassung zur Erfüllung der verfassungsmäßigen Ausgabe gemacht werden. Dabei ist es gleich­ gültig, ob die Landesverfassungen oder die Geschäftsordnungen darüber Vorschriften enthalten, rote etwaige Ausschreitungen „innerhalb der Versammlung" (z. B. tu den Abtheilung«, oder Kommissionssitzungen) zu rügen feien. 6. Dagegen ist der § nicht auszudehnen, auf gelegentliche individuelle GedankenauStausche, welche während einer Versammlung zwischen einzelnen Mitgliedern stattfinden. Noch weniger bezieht sich derselbe auf solche Aeußerungen, welche in willkürlich zusammentretenden Versammlungen eines Theiles der Mitglieder (Rumpfparlament), oder in vorbereitenden FraktivnS Versammlungen einzelner Gesinnungsgenossen, oder in Wahlversammlungen, sogen. Rechenschaftsberichten und dgl. vorkom­ men. Zn Betreff der letzteren kann eventuell § 12 oder § 193 wirksam werden. 7. Die ganze Bestimmung, als Theil der Strafgesetzgebung, bezieht sich zu­ nächst nur aus die Ausschließung der Strafverfolgung auf Grund eines etwa zutreffenden Strafgesetzes. Sie ist aber ihrem Geiste nach auch auf diSciplinarssche und andere Aussichts-Maßnahmen („Stellen zur Disposition" u. dgl.) aus­ zudehnen.

§12. 1. Der Art. 22 der Bundesverfassung, welcher die entsprechende Vorschrift in Betreff der ReichStagSsltzungen enthält, beschränkt dieselbe auf öffentliche Sitzungen; das ist im § 12 nicht wiederholt; die Oeffentlichkett der Sitzung ist da­ her hier keine wesentliche Bedingung der Straflosigkeit. 2. Es dürste unbedenklich sein, die ausgedehnte Vorschrift des § (n. 1) auch auf die Berichte über die ReichStaqSsitzungen auszudehnen. 3. Dagegen ist auch § 12 auf vle Verhandlungen der Landesvertretungen beschränkt, also auf die eines Provinziallandtags Nicht auszudehnen; vgl. § 11 n. 4. 4. Nur die Berichte über Verhandlungen eines Landtags rc. eines zum Nord­ deutschen Bunde gehörigen Staates sind straffrei, nicht also die Berichte über die

44

Einleitende Bestimmungen: § 12.

Kammerverhandlungen auswärtiger Staaten. Zu den letzteren gehört hier auch das Grotzherzogthum Hessen; dasselbe gehört als solches nicht zum Bunde. 5. Nur die „Verhandlungen" des Landtags rc. als solchen, d. h. also die in den Plenarsitzungen desselben stattgehabten Erörterungen können straffrei mit« getheilt werden, nicht aber die in einzelnen Abtheilung-- oder Kommissionssitzungen gemachten Aeußerungen, welche nur für die Mitglieder dieser Abtheilung rc. de« rechnet sind. Noch weniger kann davon die Rede sein, die Vorschrift auf die unter die Mitglieder des Landtags vertheilten schriftlichen KommisslonSberichte aus­ zudehnen: ZI. 13. März 68 c. Stein (RdO. IX, 204: arg. § 38 des Pr. Preßgefetzeö, welcher aber ausdrücklich die Befreiung nur „den Berichten von den öffentlichen Sitzungen der Kammern" gewährte). 6. Ein „Bericht" ist eine Mittheilung des Verhandelten; derselbe braucht nicht wortgetreu zu sein; es genügt, wenn er den wesentlichen Inhalt richtig und vollständig wledergiebt. Dazu gehört, daß er em Gesammtbild des Verhan­ delten gewährt; daher trifft der § nicht zu, wenn nur einzelne Reden, ohne die Ant­ worten anderer denselben Gegenstand behandelnder Redner, oder wenn gar nur ein­ zelne herausgerissene Sätze aus Einzelreden wiederholt werden: Beschl. 1.9. Juni 65 ; Beschl. I. 20. Apr. 66 c. DanielewSki (RdO. VI, 177; VII, 236). Dagegen ist eS Nicht geboten, immer eine zusammenhängende Darstellung aller m einer Sitzung vor­ gekommenen verschiedenen Verhandlungen zu geben; eS genügt, wenn das über einen speziellen Gegenstand der Tagesordnung rc. Verhandelte erschöpfend wieder­ gegeben wird: Beschl. I. 3. Apr. 67 (RdO- VIH, 232). Auch wird die Anwendbar­ keit des $ dadurch nicht ausgeschlossen, daß tn einer Zeitung die begonnene Mit­ theilung abgebrochen und he Fortsetzung erst in einer folgenden Nummer geliefert wird, sobald diese- lediglich aus Rücksichten auf die Zeit des Erscheinens der Num­ mer oder deshalb geschah, weil in derselben für he vollständige Mittheilung kein genügender Raum sich fand: Beschl. I. 20. Juli 65 (RdO. VI, 273). 7. Aus dem Gesagten (n. 6) folgt, daß selbständige, reflektirende Artikel einer Zeitung nicht deshalb als „Berichte über eine Landtagsverhandlung" anzu­ sehen und deshalb straflos sind, weil sie einzelne dann vorkommende Stellen oder Aeußerungen einer Landtagsverhandlung entlehnt, und sie als solche unter Nam­ haftmachung des betreffenden Abgeordneten rc. referirend mitgetheilt haben: ZU. 2. Marz 54 c. Krakrügqe; VIl. 31. März 64 c. Lüning, DI. 14. März 66 c. Paur (RdO. IV, 429; VII, 171); ZI. 4 März 68 c. Nöthe. — Ueberhaupt kann der Instanzrichter einer Veröffentlichung den Charakter eines „Berichts" unbedenklich ver­ sagen, sobald er findet, daß jene nicht gemacht worden sei, um dem Leser rc. ein Bild von der Laudtagöverhandlung als solcher zu geben, sondern daß eö dem Urheber derselben lediglich darum zu thun war, die im Landtage vorgekommenen GedankenauSdrücke seinerseits zu verbreiten; dann bringt er diesen Gedankenausdruck als seinen eigenen weiter; — er muß also auch für denselben verantwortlich fern.

Thl. I. Atschn. I: Strafen: ($ 13ff.)

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Erster Theil').

Von der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen im Allgemeinen. Erster Abschnitt **). Strafen. *) Erster Theil. 1. Ueber bic Allgemeingültigleit der in diesem Theile enthaltenen Vestimmungen für alle durch besondere Bundes- oder Landesgesetze mit Strafe bedrohten Hand­ lungen vgl. zu den Eml.-Bestst. (s. 20) n. 1 sgg. 2. Die Vorschriften dieses allgemeinen Theils beziehen sich ausdrücklich auch auf Uebertretungen mit; sie müssen daher auch bei diesen unbedingt Anwendung finden, insoweit Nicht ihre Unanwenddarken aus der Natur der betr. Bestimmungen nachzuweisen ist; vgl. Mot. v. 1870 s. 157.

**) Erster Abschnitt. 1. DaS StGB, unterscheidet Haupt- und Nebenstrasen. Nebenstrasen sind solche, welche nicht selbstständig für sich allem, sondern nur m Verbindung mit einer Hauptstrase verhängt werden tonnen: Mot. s. 22. 2. Als Hauptstrafen für Verbrechen und Vergehen hat das StGB, die Todes­ strafe, Zuchthaus, Festungshaft, Gefängnis;, Hast und Geldstrafe, für Uebertretungen: Hast und Geldstrafe, sowie für Vergehen und Uebertretungen strasunmündigcr Per­ sonen den Verweis aufgenommen. Als Neben strafen kommen vor: Einsperrung m ein Arbeitshaus (als BcflerungS-Nachhast), Einziehung einzelner Gegenstände, Unbrauchbarmachung von Schriften rc., Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, Unfähigfeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter, der Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte (§§ 81.82 87—90.95), Stellung unter Polizei-Aussicht, Verweisung aus dem Bundesgebiete und die dauernde Unfähigkeit als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden (§ 161). Nicht alle diese Nebeusttrafen sind m dem von „den Strafen" handelnden Ersten Ab­ schnitte des Ersten Theils aufgezählt und speziell geregelt worden. 3. Die Unterbringung emeö Strafunmündigen in eine ErziebungS- oder Besserungsanstalt (§56), welche die Mot. f. 22 ebenfalls als eine Nebenstrase auszählen, ist dagegen als eme „Strafe" nicht anzusehen, weil sie auch neben einer „Freisprechung" angeordnet werden kann und lediglich den Zweck hat, den Strafunmündigen vor den schädlichen Cinslilssen zu bewahren, welchen er in der eignen Familie ausgesetzt ist; vgl. § 56 n. 11 4. Die (im Pr. StGB. § 30 als „Strafschärfung" angeordnete) öffentliche Bekanntmachung aller wegen eineö Verbrechens ausgesprochenen Vernttherlungen ist in das StGB, nicht mit ausgenommen worden und somit beseitigt. Damit fallen auch die §§549 und 574 der Pr. Cr.-Oidu. weg; vgl. E-G. § 2 n. 2. 5. Auch daun, wenn es sich von solchen Strasthateu handelt, welche nicht Ge­ genstand des StEB.'S, sondern nach einem m Kraft verbliebenen Landesgesetze zu beurtheilen sind, darf nur noch auf die in daö StGB, aufgenommenen Straf­ arten erkannt werden; eine Ausnahme bilden die Forst- und Gemeindearbeit, falls ein Landesgesetz diese statt der Gesängnißstrase (Haft) oder Geldstrafe androht oder nachläßt: Ems.-Ges. §6. Daö Nähere über die hiernach nöthig werdende Substitmrung einer Strafe des StGB.'S an die Stelle der tn den LandeSgesetzeu angedrohten wird der LandeSgesetzgebung vorbehalten: ibid. §8. 6. In Betreff der Straf arten, welche künftig ein neu zu erlassendes Landes-Strafgesetz für solche Materien androhen sann, welche nicht Gegenstand des StGB.'S sind; vgl. Emf.-Ges. § 5.

46 §. 13. strecken.

Thl. I. Mschn. I.

©trafen. — § 13.14.

Die Todesstrafe ist durch Enthauptung zu voll­

[I.entro.: §9; Il.Enlw.: § 11; Pr.StGB. § 7). Dgl. §832. 44.49. 57. 67. Preußen: Dgl. Cnm -Ord. §§ 538—649; ANO- v. 19. Jum 1811 (GS. s. 119); (Rh.) AKO. v. 17. Aug 1818 (RS. 1,520); N. StPO. v. 25. Zum 1867 § 432. 437.

§. ltt. Die Zuchthausstrafe ist eine lebenslängliche oder eine zeitige. Der Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Jahr. Wo das Gesetz die Zuchthausstrafe nicht ausdrücklich als eine lebenslängliche androht, ist dieselbe eine zeitige. [I. Ent».: § 11; II.Ent».: § 12; Pr.StGB. § 10]. Dgl. § 15.19-26.31.32.70.74.

§13. 1. Weitere Vorschriften über die Vollziehung der „Enthauptung" sind (weil m bie StPO, gehörend) absichtlich nicht gegeben. Sie erfolgt zur Zeit in den alten Provinzen Preußens nach der AKO. v. 19. Juni 1811 durch das Beil, im Sprengel des AGH.'S zu Köln nach der AKO. v. 17. Aug. 1818 durch das Fallbeil. 2. Auch die Aussetzung der Strafvollstreckung gegen Schwangere ward als sich von selbst verstehend, aber in die Strafprozeßordnung gehörig betrachtet; vgl. Pr. Er.-O. §§546 537; Nh. StPO. Art. 27; N. StPO. §437. 3. TodeSurtheile bedürfen m Preußen vor der Vollstreckung der König­ lichen Bestätigung: ALN. II, 13 §8; Cnm.-O. § 530; AKO v. 15. Juli 1809 (GS. S. 577); m Betreff des Sprengels des AGH.'S zu Köln: AKO. v. 20. Juni 1816 (RS. I» 415); AKO. v. 9. Aug. 1816; Erlaß der Jmm.-Just. - Kommission v. 12. Sept. 1816; in Betreff der neuen Landeötheile: N. StPO. §§432.437; Minist.-Berf. v. 22. August 1867 §8 (JMbl. f. 266); vgl. Abh. tm JMbl. 54 s. 296. — Aehnliche Vorschriften enthält das Großberzogl. Sachs. Ges. v. 14. Juli 1856 § 7; vgl. frühere Kgl. Sachs. StPO. v. 13. Aug 1855 Art. 425. 4. Ob die Hinrichtung öffentlich oder m einem umschlossenen Raume zu bewirken und inwieweit im letzteren Falle unbetheiligten Personen die Anweicnhett zu gestatten sei, ist der Regelung der Emzelstaaten überlasten; vgl. N. Pr. StPO. v. 25. Juni 1867 § 437. Die Vorschriften des früheren Pr StGB.'s §§8 9 sind beseitigt. 5. Aehnltch verhält eS sich mit der Frage, m welcher Werfe mit dem Leichnam des Hingerichteten zu verfahren fei. 6. Durch die Verurtherlung zur Todesstrafe wird die Rechts- und Hand­ lungsfähigkeit des davon Betroffenen, mit Ausnahme des Falles, wo zugleich auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte (§32) erkannt worden ist, sowie des tm § 93 vorgesehenen Falles, nicht verändert.

§ 14. 1. An sich gilt die Vorschrift des Abs. 2 über den Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe nur für die wegen emeS einzelnen StraffalleS zu treffende Strafabmestung; tm § 74 ist aber auch für die tm Falle einer realen Konkurrenz eintretende Gesammtstrafe 15jährrgeS Zuchthaus als der Höchstbetrag des Strafmaaßes bestimmt worden. 2. Droht ein Strafgesetz „Zuchthaus" ohne nähere Bezeichnung in Betreff der Dauer an, so kann der Jnstanzrrchter zwischen den Sätzen von einem bis zu fünf­ zehn Jahren, nach fernem Ermessen wählen. 3. In den älteren Provinzen Preußens bedürfen Urtheile, welche eine lebens­ längliche Zuchthausstrafe verhängen, der Kgl Bestätigung: ALR. II. 13§8; Cr.Ordn. § 530; AKO. v. 15. Juli 1809 (GS. s. 577), und für den Sprengel de« Rh. App.-GH.'S zu Köln: AKO. v. 20. Jum 1816 (Rh. Samml. I, 415). Für die neuen LandeStherle ist diese Vorschrift nicht wiederholt; vgl. N. StPO. § 432. 4. In Betreff der Vollstreckung der Zuchthausstrafe und der Berechnung ihrer Dauer vgl. § 15 n. 2.

Thl. I. Abschn. I. ©trafen. — § 15.16.

47

§. 15. Die zur Zuchthausstrafe Verurtheilten sind in der Strafanstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten. Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt, ins­ besondere zu öffentlichen oder von einer Staatsbehörde beauf­ sichtigten Arbeiten verwendet werden. Diese Art der Beschäf­ tigung ist nur dann zulässig, wenn die Gefangenen dabei von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden. [I. Entw : § 12; II. Gntro.: § 13. — Pr. StGB 6 11]. Bgl. §22. Preußen: vgl Ges. v. II.Apr. 1854 (GS.s. 143).

§. 16. Der Höchstbetrag der Gefängnißstrafe ist fünf Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Tag. §15i 1. Der Zwang zu einer in der Strafanstalt eingeführten (durch die Ver­ hältnisse de« Verurtheilten weiter nicht bedingten) Arbeit ist da« charakteristische Merkmal der Zuchthausstrafe. 2. Die Verbüßung der Zuchthausstrafe ist erst von der Ablieferung deVerurtheilten m das Zuchthaus zu berechnen; vgl. § 24 („Wiedereinlieferung"); Pr. JM.-Verf. v. 27. Mar 1840 II, 2 (IMbl. f. 190). — Daö gilt selbst dann, wenn der Derurtheilte sich in Untersuchungshaft befand- und die Abführung durch Krankheit (:Befchl. Pl. 27. Juni 59 c. Kiuntke: IMbl. f. 303) oder durch das Säugen eines KmdeS verzögert worden ist (Pr. Cr.-O § 566): Befchl. I, 6. Sept. 54 c. Rafchke (GA. II, 686); ebenso im Grundsätze: Befchl. I, 8. Febr. 56 c. Riedel (GA. IV, 387); contra • Odebrecht Abh. in GA. IX, 442. Dasselbe gilt, wenn die Ablieferung aus den Wunsch des Angeklagten bis nach erfolgter Entscheidung über ein Begnadigungsgesuch unterblieb: Befchl II. 13. Sept. 60 c. Gabriel (RdO. 1,79); contra: v. Kräwel Abh. in GA. IX, 95. Die cit. JMDerf. nimmt von dieser Regel die Fälle aus, wo die Ablieferung tn’8 Zuchthaus wegen Ueberfüllung aus­ gesetzt, oder wo der Angeklagte im Gefängnisse wahnsinnig geworden, und m eine Irrenanstalt gebracht ist; vgl. Oppenh. Pr Strasverf. § 158 n. 5. — Für den Sprengel des AH.'S zu Köln hat eine JMDerf. v. 4. März 1839 (RS. VII, 24) allgemein angeordnet, daß dem m Untersuchungshaft befindlichen Verurtheilten die zuerkannte Freiheitsstrafe stets vom Tage des letzten Urtheils anzurechnen sei. Für den Geltungsbereich des N. StPO. vgl. dort § 429. 3. Ueber die Berechnung der Strafdauer im Falle einer Unterbrechung des Vollzugs vgl. § 19 n. 10; § 22fzg. 4. Die Wahl der sog. Außenarbeit ist nicht bedingt durch eine Zustim­ mung deö Sträfling-; vgl. § 16. Sie ist für Preußen geregelt durch das Ges. v. 11. Apr. 1854, welches durch die Emf.-Ddu. v. 25. Junr 1867 Art. II. K. auch m den neuen LandeStheilen eingeführt worden ist. 5. Gme Unfähigkeit des Zuchthaussträflings sein Vermögen zu verwalten und darüber unter Lebenden zu verfügen (Pr. StGB. § 11 Abs. 2) spricht das StGB, nicht mehr aus, sie ist sonach beseitigt. Daraus folgt indessen keineswegs, daß der Sträfling beanspruchen könnte, Zeit und Kraft lener Verwaltung zuzuwenden, und dasselbe thatsächlich zu getiießen; er bleibt vielmehr der Hauszncht und DiSziplm unterworfen, und muß. insoweit diese hindernd entgegen stehen, seine 93 ermögenSgeschäfte durch einen Vertreter wahrnehmen lassen: Mot. S. 42. 6. Dagegen sind die Bestimmungen des ALR. II, 2 § 255 und der Pr. Cr.O. 8 668, nach welchen „die Verurtheilung zu harter und schmählicher Zuchthausstrafe" den Verlust der väterlichen Gewalt nach sich zieht, auch letzt m Kraft ver­ blieben. Jede Zuchthausstrafe wird jetzt als „harte" anzusehen sein, als „schmähliche" aber unr dann, wenn damit der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verbunden ist.

§ 16.

1. Die Vorschrift des Abs. 1 über den Höchstbetrag der Gesangnißstrase er­ leidet eine Ausnahme bei einem Strafunmündigen, indem § 57 Nr. 1 und

48

Thl. i: Abschn. I.

Strafen. — § 16.

Die zur Gefängnißstrafe Verurtheilten können in einer Gefangenanstalt auf eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessene Weise beschäftigt werden; auf ihr Verlangen sind sie in dieser Weise zu beschäftigen. Eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt (§. 15) ist nur mit ihrer Zustimmung zulässig. [I. Eniw.

114: lLGntro.: §14. — Pr. StGB. § 14.1 Vgl. § 1.19.21-26.32.35. 160. 74. 75. Preußen: vgl. Pr. Ges. v. 11. Apr. 1854 § 34 (GS. f. 143).

3 unter Umstanden die Verhängung einer höheren als fünfjährigen Gesängnißstrafe gestatten, welche dann aber in besonderen Räumen vollstreckt werden muß. 2. Im Falle der realen Konkurrenz kann Gesängnißstrafe biS zu zehn Jahren verhängt werden: §74. 3. Ueber die Anrechnung der Untersuchungshaft vgl. 58. 4. Ueber die Vollstreckung der Gefängnißstrafe vgl. für Preußen die JMVerf. v. 24. Juni 1851 und die JMJnstr. v 1. Nov. 1851 (JMbl. s. 237. 366.) 5. Don welchem Augenblicke an dem in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten, die verhängte Gesängnißstrafe (Festungshaft) anzurechnen fei, ist nach den geltenden Strafprozeßgesetzen zu beurtheilen. In Preußen ist im Geltungsbe­ reiche der Ldn. v. 3. Jan. 1849 (arg §. 158 1. c.) und der N. StPO. (§ 429) int ge­ dachten Falle jene Strafe von dem Tage der Verkündung des Urtheils zu berechnen, insofern der Verurtheilte nicht selbst gegen daö letztere cm Rechtsmittel einlegt: JMVerf. v. 26 Juli 1853; Beschl. I. 14. Juni 54 c. TammS (GA. II, 820); n. b.; vgl. JMVerf. v. 27. Mai 1840 (JMbl 1.190); Oppenh Pr. Strafverf § 158 n. 3. An­ der« bet der Zuchthausstrafe, vgl. §. 15 n. 3. — Im Geltungsbereiche des Rh. Rechts kann der Strafvollzug erst nach eingetretener Rechtskraft de« Urtheils eintreten, sollte auch nur die StA-schaft ein Rechtsmittel ergriffen haben: Rh StPO. Art. 203. 373—375; JMVerf. v. 22. Mai 1840 (RS. VII, 171). Dagegen ist dem verhafteten Beschuldigten die zuerkannte Gesängnißstrafe vom Tage befr letzten Urtheils anzurechnen, wenn dieses durch Richtemlegung des gestatteten Rechtsmittels m der betreffenden Frist rechtskräftig geworden ist: JMVerf. v. 4. März 1839 (RS VII, 24). 6. Für den nicht tn Untersuchungshaft sich befindenden Verurtheilten beginnt die Berechnung der Strafdauer mit dem Tage der Etnlteferung in dte betr. Gefangenanstalt (vgl. § 24 „Wiederemlieferung"). Es bleibt somit die Zeit, welche er von der Haftnahme an auf dem Transporte bis za fernem Bestimmungsorte zu­ bringt, selbst dann außer Ansatz, wenn dieser Transport ohne fein Verschulden (z. B. durch Erkrankung) verzögert worden ist; eö set denn, daß die in den einzelnen Bun­ desstaaten in Betreff des Strafvollzugs geltenden Prozeßgesetze abweichende Vor­ schriften enthielten; vgl. Z. 10. Jum 70 c Voigt (RdO. XI, 355). 7. Ueber die Berechnung der Strasdauer im Falle einer Unterbrechung des Vollzugs vgl. § 19 n. 10; & 22 fgg. 8. Daö StGB, betrachtet die Zuchthausstrafe nicht als eine unbedingt ent­ ehrende (vgl. aber §31 und dort n.10) und findet demgemäß den wesentlichen Unter­ schied zwischen dieser und der Gesängnißstrafe darin: daß der Zuchthaussträfling zu den in der Anstalt eingeführten Arbeiten angehalten werden soll, während der Gesängniß.Sträfling tn einer fernen Fähigkeiten und Verhältnissen angemeffetien Weise zu beschäftigen ist. 9. Dagegen findet auch bei den Gesängnißsträfimgen ein Arbeitözwang statt; durch die (erst bei der dritten Lesung mt Reichstag nach dem Vorbilde des Pr. StGD'S § 14 gewählte Fassung: „sie kbnn en — beschäftigt werden" sollte der LandeSgesetzgedung die nähere Regelung der Sache vorbehalten werden; nur die Wahl der Beschäftigung, nicht die Frage des ArbeitözwangeS selbst ist dadurch m daS Ermessen der Gesangnißverwaltung gelegt. 10. Unter den „feinen Fähigkeiten entsprechenden Arbeiten" find nicht blos solche zu verstehen, welche er auch früher zu verrichten gewohnt war, oder welche er früher erlernt hatte. Die Wahl der paffenden Arbeit steht der Behörde zn, welche

Thl. I. Abschn. I. ©trafen. — § 17.18.

49

§. 17. Die Festungshaft ist eine lebenslängliche oder eine zeitige. Der Höchstbetrag der zeitigen Festungshaft ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Tag. Wo das Gesetz die Festungshaft nicht ausdrücklich als eine lebenslängliche androht, ist dieselbe eine zeitige. Die Strafe der Festungshaft besteht in Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der Beschäftigung und Lebensweise der Ge­ fangenen; sie wird in Festungen oder in anderen dazu bestimmten Räumen vollzogen. [I.Ent®.: § 13; II. ent®.: § 15; Pr.

StGB.

§ 13.] Vgl. § 1.19. 20. 60. 74. 75.

§. 18. Der Höchstbetrag der Haft ist sechs Wochen, ihr Mindestbetrag Ein Tag. die Anstalt leitet; der Derurtheitte Tann nicht beanspruchen, daß ihm nach seiner Wahl eine den Voraussetzungen des 8 entsprechende Beschäftigung zugetheilt werde; vgl. Pr. IMVerf. v. 10 Apr. 1854 (IMbl. s. 158). Dagegen kann er eine Ent­ scheidung im Rechtswege verlangen, wenn er geltend machen will, daß die ihm zu­ getheilte Arbeit seinen Verhältnissen re. nicht entspreche; diese Entscheidung erfolgt dann in demjenigen Dersahren, welches ber Streitigkeiten über die Strafvollstreckung maaßgebend ist.

§17.

1. Die „Festungshaft" ist diejenige Form der Freiheitsstrafe, welche die dabei gebotenen Beschränkungen auf das geringste Maaß herabsetzt; die Motive (f. 44) bezeichnen sie als eine custodia honesta. Gleichwohl darf hieraus Nicht ge­ folgert werden, daß sie un Vergleiche mit der „Hast" als die mildere Strafart anzusehen sei, da ihre Dauer bis zu fünzehn Jahren steigen und dadurch die That den Charakter eines Verbrechens annehmen kann. 2. Die vom Reichstage bei der dritten Lesung beschlossene Erhöhung des Höchstbetrages der zeitigen Festungshaft von zehn auf fünfzehn Jahr (Stenogr. Ber. f. 1142) hat zur Folge gehabt, daß für alle Fälle, bei welchen zeitige Zucht­ hausstrafe ohne Bestimmung eines Höchstbetrags angedroht war, eine Strafschär­ fung stattgefunden hat, z. B. für die §§ 81 Abs. 2, 82 Abs. 3, 84,87 Abs. 2,83 Abs. 1, 90 Abs. 2, 94 Abs. 2, 105 Abs. 2, 206. 3. Die Dauer der zeitigen Festnngshast darf auch im Falle der realen Kon­ kurrenz fünfzehn Jahre nicht übersteigen: § 74. 4. Die „Beaufsichtigung der Beschäftigung" schließt einen Arbeitözwang in keiner Weise in sich. 5. Anrechnung der Untersuchungshaft vgl. § 58. 6. Aus der Bezeichnung „Festungshaft" ist nicht zu folgern, daß dieselbe noth­ wendig in einer Festung zu vollstrecken wäre; (m den meisten Bundesstaaten extstiren gar keine Festungen). In Preußen sind allerdings bestimmte Festungen zur Ausnahme dieser Verurtheilten bestimmt; vgl. die Pr. Kriegs-Mimstenal-Vers, v. 31. Mar 1852; IMVerf. v. 2. Juni 1852. 7. In Betreff der Berechnung der Strafdauer ist daS zu § 16 n. 5 — 7. Gesagte auch hier anwendbar: Beschl. Pl. v. 28. Mai 64 c v. Tomlcki(RdO. IV, 550). Die für die Vollstreckung der Zuchthausstrafe aufgestellten Grundsätze (§ 15 n. 3) bleiben sonnt hier ausgeschlossen. 8. Berechnung der Strafzeit im Falle einer Unterbrechung des Straf­ vollzugs vgl. § 19 n. 10.

§

18.

1. Die „Haft" soll eine „leichtere Art" der Freiheitsentziehung als die Gefangnißstrafe sein, und namentlich den Leumund des Verurtheilten in keiner Weise VundcA-Dtrafgescst-uch. 4

50

Thl. I. Abschn. I.

©trafen. — § 18.19.

Die Strafe der Haft besteht in einfacher Freiheitsent­ ziehung. II. Gut».: §339; II. Gntro.r §16. - Pr. StGB. § 334.] Dgl. §1.19.28.29.77.78.362. Preußen: Dgl. Ges. v.ll.Apr. 1854 § 3 (GS. f. 143).

§. 19. Bei Freiheitsstrafen wird der Tag zu vierund­ zwanzig Stunden, die Woche zu sieben Tagen, der Monat und das Jahr nach der Kalenderzeit gerechnet. berühren: Mot. v 1870 f. 157. Schon daran- folgt, daß sie nicht in denjenigen Räumen vollstreckt werden darf, welche zur Aufnahme der Gesängnißstraflnige be­ stimmt sind. — Ebenso unstatthaft würde e- aber auch fem, sie m der eigenen Wohnung de- Derurtheilten (als „Stubenarrest") zu vollstrecken; ichon die Unmbglichkett einer genügenden Beaufsichtigung würde biete BollztehungSart ausschließen. 2. Jeder Zwang zur Arbeit fallt hier fort, insoweit nicht § 362 m dieser Beziehung eine Ausnahme macht: (vgl. Pr. Gef. v. 11. Apr. 1854 § 3). Dagegen kann dem Derurtheilten eine von ihm selbst gewählte Beschäftigung gestattet werden, wenn die räumliche Einrichtung und die Hanöordnuug eine solche zulassen. 3. Don der Statthaftigkeit einer Beschäftigung der Haftsträflinge außer, bald der Anstalt enthält das Gesetz (vom Falle de« § 362 abgesehen) nichts. Gleichwohl dürfte arg. § 14 Nichts entgegenstehen, eine solche durch besondere LandeSgesetze nachzulassen, vorauSgeietzt, daß sie an die freie Zustimmung des Derurtheilten geknüpft ist. Demgemäß sind auch bestehende Landesgesetze, welche eine solche Art der Vollstreckung (durch Gemeinde- oder Forstarbeit rc.) gestatten, mit der gedachten Maaßgabe in Wirksamkeit verblieben; vgl. Pr. Ges. v ll.Apr. 1854 § 7, welcher cS gestattet, dte „polizeiliche Gefängnißstrafe" des Pr. StGB.'S gegen solche Gefangene, welche sich auf eigene Kosten zu beköstigen außer Stande sind, in der Weise zu vollstrecken, daß dieselben, ohne m einer Gesangenanstalt eingeschlossen zu sein, zu Arbeiten, welche ihren Deihältmssen und Fähigkeiten angemessen seien, angehalten würden; auch war es für statthaft erklärt, ihnen dabei ein Tagewerk zu bestimmen. Die Ausführung dieser Maaßregel war den Bezirks-Negierungen überlasten; vgl. Cirk.-Derf. d. Mm. d. Inn. v. 21. Apr. 1855 Nr. 14 (DMbl. f. 75). Vgl. Emf.'Ges. § 6. 4. Jedenfalls behalt es bei den besonderen LandcSgesetzen sein Bewenden, welche in Betreff der tm StGB, nicht geregelten Malerten statt der GefängnißfHaft.j oder Geldstrafe Forst- oder Gemeinde-Arbeit androhen oder nachlassen: Emf.-Ges. § 7. 5. Im Falle der realen Konkurrenz kann die Gesammtdauer mehrerer ver­ wirkter Haftstrafen btS zn drei Monaten steigen: vgl. § 77. 6. In Betreff der Berechnung der Strasdauer ist daö zu § 16 unter n. 5—7 Gesagte auch hier anzuwenden.

§19. 1. Ist die Dauer der Freiheitsstrafe nach der Kalenderzeit zu berechnen, so kommt der Umstand, daß einzelne Jahre oder Monate mehr Tage zählen, als andere, bei der Strafvollstreckung nicht in Betracht. 2. Nach Ads. 2 ist die zeitige Zuchthausstrafe, insoweit sie nicht auf volle Jahre verhängt wird, stets auf eine bestimmte Anzahl von Monaten auszusprechen; es würde dem § nicht entsprechen, auf Bruchtheile etneS Jahres zu erkennen. 3. Dieser Grundsatz ist auch tm Falle einer realen Konkurrenz maaßgebend; er muß aber da außer Anwendung bleiben, wo eme an sich verwirkte Strafe in Zuchthaus umzuwandeln ist. Die entgegengesetzte Auffassung würde dazu führen, daß an die Stelle kleinerer (Gefängniß, oder Geld-) Strafen, welche nach dem Maaßstabe der §§ 21 und 28 in Zuchthaus von geringerer als einmonatlicher Dauer umzuwandeln wären, stets ein voller Monat treten müßte, oder aber daß sie gar nicht umzuwandeln wären und somit unvollstreckt blieben. Beides kann nicht beabsichtigt sem, zumal § 16 Abs. 2 des I. Entw. die (in den II. Entw. nicht übernommene) Vor-

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Thl. I. Abschn. I. Strafen. — § 19.

Die Dauer einer Zuchthausstrafe darf nur nach vollen Monaten, die Dauer einer anderen Freiheitsstrafe nur nach vollen Tagen bemessen werden. [I. Elltw.: § 15; u.Entw.: § 17; Pr. StGB.: § 15J. Val. § 60; B.-Gew.-Ordn. v. 21.3um 1869 §145. schrift enthielt, daß die bei der Umwandlung sich ergebenden überschieffenden Bruchtheile eines Tages (nicht auch die eines Monateö) unberücksichtigt bleiben sollten. Es können daher die in den Motiven (f. 45. 48) in entgegengesetztem Sinne vor­ kommenden Aeußerungen, soweit sie sich auf die Bruchtheile eines Monats (Zucht­ hausstrafe) beziehen, nicht für gerechtfertigt erachtet werden; contra: Meyer s. 83. 4. Ans demselben Grunde ist von dem gedachten Grundsätze (n. 3) da abzu­ sehen, wo eme erlittene Unter such ungöha st ganz oder theUweise auf die erkannte Strafe an gerechnet wird. In Folge einer solchen Anrechnung kann der noch zu vollstreckende Rest der Zuchthausstrafe nach überschiefsenden Tagen bestimmt werden. 5. Dasielbe gilt, wenn die einem Zuchthaus- oder Gefängnißsträsimg bewilligte vorlänsige Entlassung später widerrufen (§§20. 21), oder wenn cm Sträf­ ling aus einem andern Grunde z. B. wegen Erkrankung, Schwangerschaft rc. zeit­ weise entlassen wird; vgl. aber n. 9.10. 6. Dagegen ist auch in allen diesen Fällen (n.3—5) an der Einheit des vollen Tages festzuhaten, weil sonst unlösbare Schwierigkeiten bei der Vollstreckung und selbst Benachtheiligungen der Verurtheilten unausbleiblich wären (;. B wenn tue Straf­ zeit mitten m der Nacht abliefe); für diesen Fall ist daher den Motiven (s. 45. 48) zuzustimmen. Die Folge davon ist, daß uberschiestende Bruchtheile ebenfalls in einen vollen Tag der fubfhtuuten Freiheitsstrafe zn verwandeln sind: Beschl. I. 8. März 67 c. Lüder (RdO. VIII, 157), zumal der Vorschlag des I. Entw.'s (§ 16 Abs. 2): überfdjiesfenbe Bruchtheile nicht m Anrechnung zu bringen, in den II. Entw. und rn daS StGB, nicht aufgenommen worden ist. Contra: Motive s. 48, (welchen jene beseitigte Vorschrift des ersten Entwurfs vorzuschweben scheint); Schwarze zn § 21 (s. 26) und v Kirchm. s. 33; sie wollen llberschiessende Bruchtheile m Wegfall bringen. 7. Bei der Vollstreckung der Freiheitüstrasen und der Berechnung ihrer Dauer ist der angefangene Tag nicht als vollendet m Anrechnung zu bringen, da jeder Einzeltag 24 Stunden betragen muß. Demgemäß endet eine am 3. eines Monats begonnene einwöchentliche Freiheitsstrafe am 10. deö, MonatS; die nach Monaten berechneten Strafen erreichen >hr Ende an dem dem Antrittstage entsprechenden Datum; also die am 3 begonnene einmonatliche Strafe am 3. des folgenden MonatS; hat der letzte Monat der Strafverbüßung nicht soviel Tage, als der erste, so entspricht der letzte Tag des erstern den letzten Tagen des letztem also der 28. (29.) Febr. betn 28. 29. 30. (31.) der übrigen Monate. 8. Im Uebrigen sind, was den Antritt der Strafe und die Berechnung ihrer Dauer betrifft, zu vergleichen: rücksichtlich der Zuchthausstrafe § 15 n. 3, rücksichtlich der Gesängmßstrafe § 16 n. 5—7, rücksichtlich der Festungshaft § 17 n. 7 uud rück­ sichtlich der Haft § 18 n. 6. 9. Die Berechnung der Dauer einer angetretenen Freiheitsstrafe erleidet keine Unterbrechung, wenn die Freiheitsentziehung sortdauert, der Sträfling aber aus zufälligen von ihm nicht verschuldeten Umständen zeitweise in eme andere Anstalt ge­ bracht, oder tn einer der verhängten Strafart nicht entsprechenden Weise behandelt, z. B wenn er, um als Zeuge in einer andern Sache vernommen zu werden, an einen andern Ort transpornrt, oder wenn er wegen Eikrankung m eine Krankenan­ stalt gebracht worden ist, in welcher ihm die Selbstbestimmung über fernen Aufenthalt nicht gewährt wird: Beschl. II 17. Febr. 1859 c. Hagedorn (5B; GA. VII 231); contra: eine Erklärung des Bundeökommissars im Reichstage, welcher die Versetzung deS Sträflings m eine Heilanstalt grundsätzlich als eine Unterbrechung des Vollzugs betrachtete, gleichwohl aber der Landeögesetzgebung überlasten wollte, die Sache zu regeln: Stenogr. Ber. s. 194. 10. Wird dagegen der Sträfling wegen einer andern ihm zur Last gelegten Strafthat zur Untersuchung gezogen und demzufolge ans der Strafanstalt tu das

4*

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Thl. I. Abfchn. I.

Strafen. — § 20.

§. 20. Wo das Gesetz die Wahl zwischen Zuchthaus und Festungshaft gestattet, darf auf Zuchthaus nur dann er­ kannt werden, wenn festgestellt wird, daß die strafbar befundene Handlung aus einer ehrlosen Gesinnung entsprungen ist. fl.U.Entw. (fehlte); Pc StGB. (betgl.X] Lql. §81.83-86 83.89 94.90 98.100. § 105.106. Untersuchungögesängniß gebracht, so ist ihm die außer jener Anstalt zugebrachte Seit auf die Strafe nicht anzurechnen, es fei denn, baß ihm auch im UntersuchungSgesängmße diejenige Behandlung (z. B. Arbeitözwang) zu Theil geworden wäre, welche der gegen ihn verhängten Strafart entspricht: Beschl. I. 6. Jum 1860 o Kaiser (97 B; GA. VIII, 821). Vgl. für den Sprengel der AGH.'S zu Köln: IMvrf. v. 7. Nov. 1839 (RS. VII, 101) und Ctrk. d Gen.-Prok. zu Köln v. 22. Aug 1845. — Hiernach wird in einem solchen Falle die Zuchthausstrafe regelmäßig eine Unter­ brechung erleiden. 11. Der Reichstag hat bei diesem § die Resolution beschlossen: „den Bundeskanzler aufzufordern, eine Vorlage des BnndeSrathS herbei­ zuführen, durch welche die Vollstreckung der Freiheitsstrafen gesetzlich geregelt und die Einsetzung einer Bundesbehörde angeordnet wird, welcher die oberste Aussicht über die sämmtlichen Angelegenheiten der Straf- und BesierungSanstalten obliegt.

§20.

1. Die Frage, ob eine strafbare Handlung aus einer ehrlosen Gesinnung entsprungen fei, ist eine wesentlich thatsächliche, und daher im schwurgerichtlichen Ver­ fahren durch die Geschwornen zu lösen. Der betr. Character der That stellt dann einen besonderen, straserschwerenden Umstand dar, die Beantwortung der Frage muß daher in der für solche erschwerende Umstände vorgeschriebenen Weise erfolgen; vgl. Pr. Ges. v. 3. Mai 52 Art. 91 Abs. 4; Rh. StPO. Art 351 in Verbindung mit der Vdn. v. 31. Dez. 1833; N.Pr. StPO. v. 25. Juni 67 §317. 321. — Vgl. aber n. 2. 2. Aus dem Gesagten (n. 1) folgt gleichwohl nicht, daß die Frage, ob eine That aus einer ehrlosen Gesinnung entsprungen sei, nicht auch eine rechtliche Seite darbiete. Insbesondere laßt sich nicht ausstellen, daß jene Frage nothwendig verneint werden müsse, sobald feststeht, daß der Thäter lediglich auö politischen Mo­ tiven gehandelt habe; ein mstanzrichterlicheS Urtheil, welches auf den Grund einer solchen Annahme entschiede: „die Handlung (et nicht auS einer ehrlosen Gesinnung hervorgegangen", wäre zu vernichten. 3. Nach der Fassung des §20 („darf nur bann erkannt werden rc.") ist es nicht ausgeschlossen, daß der Jnstanzrichter trotz der Feststellung, daß die That auS einer ehrlosen Gesinnung entsprungen sei, auf Festungshaft erkenne, nenn er z. B. im Uebrigen annimmt, daß die That eine mildere Beurtheilung zulasse; er muß indessen in einem solchen Falle den Charakter der Festungshaft, als einer custodia honesta (§17 n. 1) in Betracht ziehen, und im Emzelfalle prüfen und motiviren, warum er trotz der durch die That an den Tag gelegten ehrlosen Gesinnung des Thäters eine Strafart wähle, welche grundsätzlich dem Charakter der That so wenig entspricht; vgl. Blum s. 35 n. 4; Meyer s. 34. 4. Das StGB, enthält keine Vorschriften darüber, nach welchen Grundsätzen zu verfahren fei, wenn daS anzuwendende Gesetz (z. B. §95) zwischen Gefängniß oder Festungshaft die Wahl läßt. Es ist daher ui einem solchen Falle Alles dem Ermessen deö JnstanzrichterS überlassen, welcher dabei nicht allem die bei der That obwaltenden, sie moralisch rc. charakterisirenden Umstände, z B. die Gesinnung oder daS Motiv, au8 welchen sie hervorgegangen ist oder die Art der Verübung, sondern auch die Persönlichkeit deS Thäters zu berücksichtigen hat, insbesondere ob nach seiner Bildungsstufe der Aufenthalt m einer Gefangenanstalt nicht als eine uuverhältnißmaßige Strafschärfung anzusehen wäre; vgl. Baiersch. StGB. §319.

Thl. I. Abschn. I.

Strafen. — § 21. 22.

53

§. 21. Achtmonatliche Zuchthausstrafe ist einer einjäh­ jährigen Gefängnißstrafe, achtmonatliche Gefängnißstrafe einer einjährigen Festungshaft gleich zu achten. [I.Untre.: § 16; II. Untre.: § 18; Pr. StGB.: §16]. Dgl. §28.74.75.77; BGere.. Ordn. v. 21. Jum 1649 § 14b. Preußen: Dgl. Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 131.132; N. StPO. §434.436.

§. 22 Die Zuchthaus- und Gefängnißstrafe können so­ wohl für die ganze Dauer, wie für einen Theil der erkannten Strafzeit in der Weise in Einzelhaft vollzogen werden, daß der Gefangene unausgesetzt von anderen Gefangenen gesondert gehalten wird.

§2L 1. Dieser § stellt den Maaßflab auf, nach welchem die gesetzlich vorgeschriebenen Strafumwandlungen zu bewirken sind; vgl. besonders §28. 2. Das Verhältniß der Festungshaft zur Zuchthausstrafe ist hiernach toic neun zu vier. Zn Gefängniß wird Festungshaft nie verwandelt; vgU §75. 3. Haft wird nie in eine strengere Strafart verwandelt; vgl. §77. 4. Auch im Falle einer Strafumwandlung ist an der Einheit des vollen Tages festzuhalten; das Nähere siehe zu § 19 n. 6. 5. Die Strafverwandlung, welche nothwendig wird, wenn ein in Kraft ver­ bliebenes Spezial-Landes-Gesetz eine andere Strafart androht, als das StGB, anerkennt, ist nach den vorbehaltenen UebergangSbestimmungen der Landesgesetzgebung und nicht nach § 18 zu bewirken (Emf.-Ges. § 7. 8 ). 6. Der Maaßstab deS §21 wird auch da maaßgebend, wo nach gesetzlicher Vorschrift eine strengere Strafe z. B. Zuchthaus m eine mildere (Gefängniß) um­ zuwandeln ist; vgl. z. B. § 44 Abs. 3 a. E. 7. Die Umwandlung einer Strafe in eine gelindere Strafart kann im Gnadenwege erfolgen. Auch in diesem Falle sind die gesetzlichen Bestimm-ungen über daö im Allgemeinen statthafte Strafmaaß bindend. — Die auf § 590 der Pr.-Crim.-Ord. beruhende, hierauf bezügliche Besugniß des Preuß. Justiz. Ministers ist nicht aufgehoben, da sie die Handhabung des dem einzelnen Landesherrn zustehenden Begnadigungsrechts zum Gegenstände hat. In Betreff des hierbei zu beobachtenden Verfahrens ist die Znstr. (AKO.) v. 26.—30. Juni 1834 (Zahrb. 43. s. 642) zu beobachten. Hiernach steht dem Derurtheilten gegen die betr. Mmist.-Dersügung die Appellation zu, der App.'Richter kann m einem solchen Falle den Grund der Strafverwandlung selbstständig prüfen ZI. 18. Jan. 65 c. Krüger (RdO. V, 42l); vgl. Oppenh. Strafverf. Art. 137 n. 12.

§22. 1. Das StGB, betrachtet die Vollstreckung „in Einzelhaft" nicht als eine Verschärfung der Strafe: Mot. S. 45. Es bedarf daher, um dieselbe ins Werk zu setzen, Nicht ergänzender gesetzlicher Vorschriften, vielmehr können die erforderlich scheinenden näheren Vorschriften nunmehr in jedem Emzelstaate im Verwaltung«, wege ergehen, so lange in dieser Beziehung nicht durch die Dundeögesetzgebung bmdende Anordnungen getroffen sind. 2. Die Entscheidung darüber, ob und wie lange im Einzelfalle eine Zucht­ haus- oder Gefängnißstrafe zu vollziehen fei, steht der die betr. Strafanstalt leiten­ den Behörde zu; im verurtheilenden Erkenntnisse ist darüber Nichts zu bestimmen; contra: Blum s. 39 n 4. Dagegen ist dem Berurtheilten der Rechtsweg Nicht verschloffen, wenn er behauptet, jene Vollstreckung finde in ungesetzlicher Weise Statt; die Entscheidung erfolgt dann in demjenigen Verfahren, welches bei Streitigkeiten über die Strafvollstreckung im Allgemeinen Platz greift. 3. Die betr. Maßnahme ändert im Uebrigen Nichts an der Natur der Strafe; eö verbleibt daher auch in Betreff der Beschäftigung der Sträsiinge bei den Bestimmungen der §§ 15 und 16.

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Thl. I. Abscha. I. Strafen. — § 22. 23.

Die Einzelhaft darf ohne Zustimmung des Gefangenen die Dauer von drei Jahren nicht übersteigen. [I. Entw.: § 17; II. @ntro.:§ 19; Pr. StGB, (fehlte)). Dgl. § 15.16.

§. 23 Die zu einer längeren Zuchthaus- oder Gefängnißstrafe Verurtheilten können, wenn sie drei Viertheile, mindestens aber Ein Jahr der ihnen auferlegten Strafe verbüßt, sich auch während dieser Zeit gut geführt haben, mit ihrer Zu­ stimmung vorläufig entlassen werden. [I. Entw.: § 19; II. Entw.: § 20; Pr. StGB, (fehlte)). Vgl. § 24—26. 4. Abs. 2 ist maßgebend ohne Unterschied, ob die Vollstreckung der Einzelhaft in ununterbrochener Folge oder mit Unterbrechungen stattfinden soll; cm Antrag, das Gegentheil auszusprechen, ward tm Reichstage abgelehnt: Stenogr. Der. s. 189. 5. Willigt der Sträfling ein, daß die gegen ihn angewendete Einzelhaft länger als drei Jahre dauere, so rst diese ferne Zustimmung protokollarisch zu ton* stattren. 6. Die „Festungshaft" und die „Haft" können nicht als Einzelhaft (durch unausgesetzte Trennung von andern Gefangenen) vollstreckt werden.

8 23.

1. DaS hier gestattete Verfahren ist in den Motiven (f. 46) technisch als das Beurlaubungs-System bezeichnet. Dasselbe ist dem Kbnigl. Sächsischen Rechte entlehnt worden, wo es als eine auf dem landesherrlichen Begnadigungs­ rechte beruhende Admunstrativ-Maßregel gehandhabt wurde. 2. Die Beurlaubung ist nur bei Zuchthaus- und Gesängnißstrafe statthaft, nicht also tn Betreff der zu Festungshaft oder zu Haft Berunheüten. 3. WaS als eme „längere" Zuchthaus- oder Gesängnißstrafe anzusehen sei, ergiebt sich daraus, daß die Beurlaubung erst nach Berbußung von drei Vier­ teln der auferlegten Strafe, Mindestens aber eines Jahres Platz greifen kann. Sie ist also unstatthaft, wenn die auferlegte Strafe die Dauer von sechözehn Mo­ naten Nlcbt erreicht 4. Den „Beweis der Besserung," welchen der II. Entwurf noch neben der guten Führung erheischte, hat der Reichstag beseitigt; cm solcher ist also nicht zu verlangen. 5. Die Zustimmung des Sträflings ist durch eine protokollarische Aufnähme zu konstatrren. 6. Ueber die Formen und die Bedingungen der Entlassung, über die Beaufsichtigung der Entlassenen, über den Widerruf des Urlaubs und über den vollen Gnadenerlaß im Falle guter Führung sind — von den §§ 24. 26 abgesehen — nähere bindende Dorschrifien absichtlich nicht ertheilt, die weiter erforderlichen An­ ordnungen vielmehr den Einzelstaaten vorbehalten worden. Die Motive (s. 46. 47) verweisen auf die in dieser Beziehung im Königreiche Sachsen er­ gangenen (2) Min.-Verordnungen v. 5. Aug. 1862 und v. 5. Nov. 1862 (abgedr. m den Mot. z. I. Entw. s. 37; Mot. z. II. Entw. s. 165), als zur Nachahmung geeignet. Vgl. im Uebrigen die Mittheilungen v. Schwarze in der Allg. D. StR Zeuung XV, 371. 395; XVI, 313; XVIII, 320; XIX, 392; Schwarze ib. Augustheft 1868 7. Unbedenklich ist es statthaft den Beurlaubten gewisse Verpflichtungen für die UrlaubSzeit aufzuerlegen (vgl. § 24 n. 1) z. B ihnen den Aufenthalt nur an gewissen Orten zu gestatten; vgl. die unter n. 6 citt. Sächf. Verordnungen; contra: Blume f. 41 n. 3. 8. In welcher Wesse und in welchem Maße die sich von selbst verstehende polizeiliche Ueberwachung des Beurlaubten zu handhaben sei,'unterliegt dem Ermessen der betr. Behörden. Der Beurlaubte kann sich m dieser Beziehung nicht auf die „zum Schutze der persönlichen Freiheit" erlassenen Gesetze, z. B. auf das Pr. Gef. v. 12. Febr. 1850 berufen, da er sich nicht im Dollgenuß der persönlichen

Thl. I. Abschn. I.

Strafe». — $ 24.25.

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§. 2H. Die vorläufige Entlassung kann bei schlechter Führung des Entlassenen oder, wenn derselbe den ihm bei der Entlassung auferlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt, jederzeit widerrufen werden. Der Widerruf hat die Wirkung, daß die seit der vor­ läufigen Entlassung bis zur Wiedereinlieferung verflossene Zeit auf die festgesetzte Strafdauer nicht angerechnet wird. fl. Entw.: §20; II. Enlw.: §21; Pr. StGB, (fehlte)).

Bgl. § 23.25.26.

§. 25. Der Beschluß über die vorläufige Entlassung, sowie über einen Widerruf ergeht von der obersten Justiz-Auffichtsbehörde. Vor dem Beschluß über die Entlassung ist die Gefängnißverwaltung zu hören. Freiheit befindet: Mot. s. 46. Ebenso find die für die „Polizeiaufsicht" aufge­ stellten Grundsätze (vgl § 38 n. 15) hier nicht maßgebend; vgl. Blume f. 41 n.3. 9. Die Beurlaubung ist auch bei verurtheilten Ausländern grundsätzlich nicht ausgeschlossen.

§24. 1. Der § ergiebt, daß die „vorläufige Entlastung" dem Derurtheilten nicht die völlige Freiheit seines Thuns und Lassens gewährt, daß ihm vielmehr dabei „Verpflichtungen aufzuerlegen" sind, und daß ein Zuwiderhandeln gegen diese Verpflichtungen, oder eine sonstige schlechte Führung den Widerruf der Ent­ lastung zur Folge haben soll. Daraus folgt, daß der entlassene gewissen Freiheits­ beschränkungen, namentlich m Betreff der Wahl serneö Aufenthaltsorts unterworfen werden kann, der welchen die Behörde die verfassungsmäßigen Grundrechte desselben als Staatsbürger beeinträchtigen darf. Die näheren Maßnahmen find dem Er­ messen der Behörden überlasten. Zn Sachsen besteht in dieser Beziehung em Paßund Kontrollsystem. 2. Zm Falle emeS Widerrufs der Entlastung, beginnt die Anrechnung aus die festgesetzte Strafdauer erst mit der Wiedereinlieferung in die Straf­ anstalt; vgl. § 15 n. 3; § 16 n. 6. Daö gilt auch von einstweilen Festgenomme­ nen (§ 22), so lange sie nicht m die Strafanstalt wieder eingeliefert worden find.

§ 25. 1. Die JustizaufsrchtSbehörde hat die ihr hier übertragenen Entscheidüngen in der Form emeö „Beschlusses" zu erlassen. 2 Die einstweilige Festnahme kann aus dringenden Gründen des öffent­ lichen Wohles nach dem Ermessen der betr. Polizeibehörde erfolgen. Sie ist also nicht lediglich aus solche Fälle beschränkt, in welchen eine sich im Vollgenuste der Freiheit befindliche Person ohne richterlichen Befehl „vorläufig ergriffen und festgenommen" werden könnte; vgl. Pr Ges. z. Schutz d. pers. Frech. v. 12. Febr. 1850 §§ 2. 3. 3. Zuständig zur einstweiligen Festnahme ist zunächst die Polizei-Behörde deö OrtS, wo der Betreffende feinen regelmäßigen Aufenthalt hatte, z. B. des Orts, wohin er bei seiner Beurlaubung entlassen war. Diese Behörde kann zu jenem Zwecke auch an andere Behörden Requisitionen richten, z. B. Steckbriefe erlassen, welchen dann in allen Bundesstaaten entsprochen werden muß. — Läßt sich der Entlassene an einem andern als seinem gewöhnlichen Aufenthaltsorte betreffen, so wird auch die dort fungirende Polizeibehörde ans dringenden Gründen zur einstweiligen Festnähme befugt, sie muß dann aber der Ortöbehörde des gewöhnlichen Aufenthaltsorts davon sofort Kunde geben und ihr die weiteren Maßnahmen überlassen. 5. Der einstweilig Festgenommene kann biS zur Erwirkung des Beschlusses über den endgültigen Widerruf auf Grund der Anordnung der Ortspolizeibehörde im Zustande der Untersuchungshaft festgehalten werden, ohne daß eS dazu der Zustimmung einer anderen Behörde bedürfte. Ist die Festnahme an einem andern als dem gewöhnlichen Aufenthaltsorte des Beurlaubten erfolgt, so muß jene An-

Thl. I. Abschn. I.

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Strafen. — § 25.26.27.

Die einstweilige Festnahme vorläufig Entlassener kann aus dringenden Gründen des öffentlichen Wohls von der Polizei­ behörde des OrtS, an welchem der Entlassene fich aufhält, verfügt werden. Der Beschluß über den endgültigen Widerruf ist sofort nachzusuchen. Führt die einstweilige Festnahme zu einem Widerrufe, so gilt dieser als am Tage der Festnahme erfolgt. [1. Entw.: §21; II. Entw : §22; Pr. StGB, (feilte)]

Dgl. § 23.24. 26.

. §. 26 Ist die festgesetzte Strafzeit abgelaufen, ohne daß ein Widerruf der vorläufigen Entlassung erfolgt ist, so gilt die Freiheitsstrafe als verbüßt. [I. Entw : §22; II. Entw.: §23; Pr. StGB, (fehlte)].

Dgl. §23-25.

§. 27. Der Mindestbetrag der Geldstrafe ist bei Ver­ brechen und Vergehen Ein Thaler, bei Uebertretungen ein Drittheil Thaler. [I.Entw.: §23; II. Entw.: §24; Pr. StGB.: § 17].

Dgl. § 28—30. 78.

ordnung doch von der Polizeihörde de- letzteren Orts ausgehen. — Die so angeordnete Hast wird aus die noch zu verbüßende Straszeit nicht eingerechnet, so lange nicht der den Widerruf der Entlastung auSsprechende Beschluß ergangen und aus Grund destelben die Wiedereinlieserung in bic Strafanstalt erfolgt ist. 6. Gegen die die vorläufige Entlastung und den Widerruf einer solchen be­ trestenden Beschlüsse steht weder dem Sträflinge selbst, noch der zur Vollstreckung der Strafe berufenen Behörde ein Rechtsmittel zu. — Beschwerden über eine ver­ fügte einstweilige Festnahme sind an die vorgesetzte Dienstbehörde der verfügenden Behörde, in letzter Stelle aber nicht an die dieser letzteren vorgesetzte administrative Ministerial-, sondern an die Iustiz-AusfichtSbehörde zu richten, weil die ganze An­ gelegenheit ihrem Reffort zugewiesen ist. Vgl. aber § 26 n. 1. 6. Die einstweilige Festnahme hat zum Widerrufe „geführt" (Abs. 3), wenn ihre Wirkiamkeit im Augenblicke, wo der Widerruf beschlossen wurde, fort­ dauerte. Daher bleibt eine solche Festnahme bei der Berechnung der Strafzeit un­ berücksichtigt, wenn auf dieselbe eine Wiederentlaffung gefolgt ist, ehe der Widerrussbeschluß erging. Das Gegentheil tritt ein, wenn der Festgenommene aus der wider ihn verhängten Hast entsprungen ist. 7. Abs. 3 ändert Nichts an dem Grundsätze, daß die in Folge der einstwei­ ligen Festnahme reingetretene FeiheitSentziehung auf die Strafzeit nicht einzurechnen ist.

8 26.

1. Ein erst nach dem Ablaufe der festgesetzten Strafzeit beschloffener Wider­ ruf würde wirkungslos fein, insofern nicht im Laufe jener Zeit eine Festnahme stattgefunden hatte. Der Angeklagte, welcher das Vorhandensein jener Voraussetzung behauptet, kann eventuell m Betreff dieser Frage aus Entscheidung desjenigen Ge­ richts antragen, welches über die bei der Strafvollstreckung sich erhebenden Streit­ punkte zu befinden hat. 2. Der Grundsatz des § erleidet auch dann keine Ausnahme, wenn der vor­ läufig Enilastene vor dem Ablaufe der festgesetzten Strafzeit emeThat begangen hat, welche den Widerruf der Entlastung oder seine einstweilige Entlassung hätte herbeisühren können oder müssen, sobald diese Maaßnahmen nicht rechtzeitig ms Werk gesetzt worden sind: Stenogr. Ber. s. 193 ff.

827. 1. Der Grundsatz des § 24 ist auch bei allen besonderen neben dem StGB, wirk­ same Strafbestimmungen anzuwenden, insoweit nicht in denselben ein anderer Mmdestbetrag ausdrücklich vorgeschrieben ist; vgl. Emf.-Ges. §2 n. 3; contra: Meyer s 37.

Thl. I. Absch». I. Strafe». — § 28.

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§. 28. Eine nicht beizntreibende Geldstrafe ist in Ge­ fängniß und, wenn sie wegen einer Uebertretnng erkannt worden ist, in Haft umzuwandeln. 2. Einen Höchstbetrag der statthaften Geldstrafe hat daS StGB, im All­ gemeinen nicht bestimmt, in fernen Einzeldestimmungen geht es bis zu einer Summe von zweitausend Thalern. Danach versteht es sich von selbst, daß die Höhe der m besonderen Strafgesetzen (z. B. in den Zoll- und Steuer-Gesetzen) angedrohten Geld­ strafen durch das GB. eine Aenderung nicht erfahren hat; vgl. § 70 n. 3, welcher den Fall berücksichtigt, wo eine verhängte Geldstrafe die Summe von 2000 Thalern übersteigt, obgleich das StGB, solche Fälle nicht kennt. Ebenso ist die LandeSgesetzgebung nicht beschränkt, künftig m solchen Materien, welche nicht Gegenstand des StGB.'S sind, Geldstrafen in einer über jenes Maaß hinausgehenden Höhe anzu­ drohen; vgl. Einf.-Gef. §5. 4. Geldstrafen können nur nach genau bestimmten Summen verhängt werden. Insbesondere wäre die Verhängung einer Geldstrafe, welche nur un Ver­ hältnisse zum Vermögen des Verurtheilten (als eine Quote desselben) bezeichnet ist, deshalb unstatthaft, weil darin eine „Vermögens-Konfiskation" liegen würde: Mo­ tive f. 47. 5. Im Falle einer realen Konkurrenz ist auf alle verwirkten Geldstrafen kumulative zu erkennen; in Betreff des Näheren vgl. § 78. 6. Ueber die Einziehung der Geldstrafen vgl. § 28 n. 11 fgg.

§28. Abgabe. Nachzahlg. 13. 14. Anrechnung. 13—16. Beitreibung. 4. 11—17. Ervilhaftbarer. 17. Entlassung, zeitw. 20. Festung-Haft. 6. ' Geldstrafe, Bettrelbg. 4.11-17. . Mehrht. 15.

Inhalt. Gesetze, 6es. 21. Haft. 7. 10. Jtonfur*. 12. 14. Kosten. 13. 14. Ordnungsstrafe. 5. Straft alteraat 1 Theilzahlung 13—15. Uebertretung. 10.

Umwandlg. Form. 3. 4. Wahl. 1. 2. Zahlung, Dritter. 16 . , nachträgl. 18. 19. . , Unfähigkeit. 2. Zuchthaus. 8—10.

1. Läßt das Gesetz dem Richter zwischen einer FreiheitS- und einer Geldstrafe die Wahl, so ist eö ihm nicht gestattet, diese Strafen alternative nach der Wahl des Angeklagten selbst zu verhängen. Bll. 8. Okt. 57 Lohmann c. Berger. — Da­ gegen steht ihm selbst bei jener Wahl ein freies Ermeffen zu; es ist ihm sonach unverwehrt, dabei auch auf die BermögeuSverhältNiffe des Angeklagten zu rücksichtigen und deshalb sofort auf Freiheitsstrafe zu erkennen, weil er voraussieht, daß eine Geldstrafe nicht beizutreiben fein werde. 2. Droht aber das Gesetz nur eine Geldstrafe an, so muß der Richter noth­ wendig diese verhängen; er darf nicht, wegen vorausgesetzter Zahlungsun­ fähigkeit des Angeklagten unmittelbar auf die nur eventuell zu substituirende Freiheitsstrafe erkennen; vgl. VH. 24. Jan. 61 c. Recke (RdO. I, 219). 3. Die Umwandlung der nicht beizutreibenden Geldstrafe in Freiheitsstrafe ist nach Anleitung der geltenden Strafprozeßgefetze vorzunehmen. Sie kann un­ bedenklich sofort m dem verurtheilenden Erkenntnisse selbst für den eventuellen Fall der Uneinziehbarkeit ausgesprochen werden. Es muß dieses geschehen, wenn es m den Strafprozeßgesetzen vorgeschrieben ist; so in Preußen: vgl. (Rh.) AKO. v. 18. Setzt. 1824; Ges. v. 3. Mar 1852 Art. 132; N. StPO. § 435. 436. — Ist die Umwandlung nicht im Erkenntnisse vorgenommen worden, so muß sie, sobald sich die Unemziehbarkeit herausstellt, in einem Nachtrag-verfahren bewirkt werden und zwar nach Anleitung derjenigen Prozeßvorschriften, welche für die Entscheidung der bei der Strafvollstreckung sich erhebenden Streitpunkte maaßgebend find, insofern nicht die geltende Strasprozeßgesetzgebung m dieser Beziehung besondere Bestimmungen getroffen hat; vgl. m dieser Beziehung die cut. Preuß. Gesetze. 4. Eine nachträglich vorgenommene Umwandlung (n. 3) schließt die Einziehung der Geldstrafe nicht aus, wenn sie sich später als ausführbar darstellt. Das Gleiche muß auch von der bereits begonnenen Vollstreckung der fubstituUrten Freiheitsstrafe gelten, insoweit nicht durch die letztere die Tilgung der Strafe heibeigesührt ist;

58

Thl. I. Abschn. I.

Strafen. — § 28.

Ist bei einem Vergehen Geldstrafe allein oder an erster Stelle, oder wahlweise neben Haft angedroht, so kann die Geldstrafe in Haft umgewandelt werden, wenn die erkannte Strafe nicht den Betrag von zweihundert Thalern und die an ihre Stelle tretende Freiheitsstrafe nicht die Dauer von sechs Wochen übersteigt. vgl. Abs 4, aus welchem nicht gefolgert werden darf, daß nach dem Antritte der substituirten Freiheitsstrafe mir noch eine freiwillige Zahlung der Geldstrafe statthaft fei: 5. Die Vorschrift deö § bezieht sich auf alle Arten von Geldstrafen, insbe­ sondere auch auf s. g. Ordnungsstrafen (). B. bei Zoll- und Steuervergehen): Erk. AGH. Köln 16. März 52; id. 23. Juni 52 (NA. 47. 1. f. 62 u. 161) 6. Eine Geldstrafe kann nur in Gefängniß oder Haft und im Fall des Abs. 3. in Zuchthaus, nie aber in Festungshaft verwandelt werden. 7. Ob eine, wegen eines Vergehens allem oder an erster Stelle, oder wahl­ weise neben der Haft (§ 185) angedrohte Geldstrafe tn Haft oder in Gefängniß umzuwandeln sei, unterliegt (insoweit daS erstere mit Rücksicht auf die Höhe der­ selben überhaupt statthast ist) dem richterlichen Ermesien. DaS ist aber nicht aus den Fall auszudehnen, wo wegen einer und derselben Strasrhat auf Gefängniß und gleichzeitig auf Geldstrafe zu erkennen ist; in diesem Falle muß auch die Um­ wandlung nothwendig in Gefängniß erfolgen, sollte auch die Verbüßung der Prin­ zipalen Gefängmßstrafe bereits beendigt und der Verurtheilte wieder in Freiheit gesetzt sein. 8. Abs. 3 unterscheidet nicht, ob die Zuchthausstrafe wegen des die Geld­ strafe nach sich ziehenden Verbrechens oder wegen eines anderen realiter konkurrirenden verhängt wird; es genügt, wenn neben der Geldstrafe auf Zuchthaus er­ kannt wird; vgl. § 78; HS. I, 474. 9. Absatz 3 bleibt auch da maaßgebend, wo die Prinzipale Zuchthausstrafe bereits verbüßt war, ehe es zur Umwandlung kommt. 10. Absatz 3 spricht nur von der Umwandlung der au die Stelle der Geld­ strafe tretenden Gefüngnißstrase in Zuchthaus. Eine wegen einer Uebertretung verhängte Geldstrafe kann daher, selbst wenn gleichzeitig wegen eines konkurrirenden Verbrechens oder Vergehens auf Zuchthaus oder Gefängniß erkannt wird, (nach Abf. 1) stets nur in Haft umgewandelt werden, zumal da das Gesetz einen Maaßstab für die Umwandlung der Hast m Gefängniß (Zuchthaus) nicht aufstellt; vgl. §8.77.78.— DaS muß selbst dann gelten, wenn neben der Uebertretungögeldstrafe wegen des konkurnrenden Vergehens (Verbrechens) ebenfalls auf Geld­ strafe erkannt wird; diese ist dann in Gefängniß (Zuchthaus) umzuwandeln, wäh­ rend an die Stelle der UebertretungSgeldstrase Hast tritt Dabei ist dann aber fest­ zuhalten, daß nach § 78 im Falle der Konkurrenz die Gesammtdauer der snbstituirten Freiheitsstrafe zweijähriges Gefängniß (oder sechszehn Monate Zuchthaus: § 21) nicht übersteigen darf. Ist hiernach gleichzeitig auf fubstituirte Gefängniß(ZuchthauS.) Strafe und auf fubstituirte Haft zu erkennen, so muß auch die Hast in die zweijährige iMSzehnmonatliche) Dauer eingerechnet werden. Wenn dagegen die der Vergehens- (Verbrechens-) Geldstrafe fubstituirte Freiheitsstrafe zweiIahre Gefängniß (sechszehn Monate Zuchthaus) erreicht, so ist von der Umwandlung der UebertretungSgeldstrase gänzlich abzusehen. Vgl.. § 78 n. 3. 11. Die Beitreibung der Geldstrafen erfolgt nach Anleitung der für die Vollstreckung maaßgebenden Prozeßvorschnsten. Im Geltu gSbereiche der Pr. AGO. (vgl. dort §§ 29. 31. 34. I, 22; Exek. Ordn. v. 4. März 1854 § 11) sowie deS für den Sprengel des Iustiz-Senats zu ChrenbreUstein erlassenen'Ges.'S v. 23. Mai 1859 § 5 (GS. f. 318) kann der Schuldner dieserhalb zur eidlichen Mamfestirung seines Vermögens angehalten werden; vgl. § 40 n. 29; contra: Geck Abh. in HmschmS Zeltschrist I, 190. Vgl. Hann. Bürg.-Pr.-Ordn. § 54 . 12. Im Konkursverfahren kann die vom Kridar verschuldete Geldstrafe

Thl. I Abschn. I.

Strafen. — § 28.

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War neben der Geldstrafe auf Zuchthaus erkannt, so ist die an deren Stelle tretende Gcfängnißstrafe nach Maßgabe des §.21 in Zuchthausstrafe umzuwandeln. nach der Pr. Konk.-Ordn. v 8 Mai 1855 § 84 Nr. 1 nicht geltend gemacht werden ; vgl. n 14. 13. Schuldet der Berurtheilte neben der Geldstrafe auch noch Unter­ suchungskosten oder eine (umgangene und deshalb nachzuzahlende) Abgabe, so ist eme geleistete oder beigetnebene LHeilzahlung, in Ermanglung einer aus­ drücklichen Vereinbarung oder einer (maaßgebenden) Bestimmung des Zahlenden im Geltungsbereiche de- gemeinen und des Rheinischen Rechts zunächst aus die Geld­ strafe, als die (cb. in Freiheitsstrafe umzuwandelnde und deshalb) lästigere Schuld anzurechnen: Beschl. I, 1. Fed. 61 c. Parow (RdO. I, 239). 14. Auch im Geltungsbereiche des Pr. AM.'S steht es dem freiwillig Zahlenden zu, darüber Bestimmung zu treffen, auf welche Schuld die Anrechnung erfolgen soll; das Gegentheil ist nicht aus § 151 I, 16 AM. zu folgern. Die Be­ hörde kann dann weder auf eme andere Schuld anrechnen, noch die Annahme der Theilzahlung verweigern; vgl. JMBerf v. 23. Nov. 1839 (JMbl. 40. f. 84). Je­ denfalls aber wird die vom zahlenden Schuldner m Betreff der Anrechnung gege­ bene Bestimmung unbedingt wirtiam, sobald der zur Empfangnahme berufene Be­ amte die Zahlung angenommen hat, ohne jener Bestimmung sofort (ALR. I, 5 § 94) zu widersprechen; insbesondere kann ein nachträglicher Widerspruch der jenem Be­ amten vorgesetzten Behörde daran Nicht- mehr ändern, weil derjenige, welcher eine Zahlung annehmen und darüber wirksam qmtttren kann, auch das rot § 151 cit. gewährte WiderspruchSrecht auszuüben hat; dem steht der einen ganz andern Fall behandelnde § 101 I, 5 ibid nicht entgegen; vgl. Beschl. I. 7. Apr. 69 c. Michels (RdO. X, 198); Koch zu ALN. § 156 I, 16 n. 10; Förster Pr. Ctvilrecht I, 558 (der letztere will grundsätzlich bei der Anrechnung stete der Strafforderung vor der Kofienforderung den Vorzug geben) Hiernach sind die tm Konkurse über die Lozirung der Gläubiger geltenden Grundsätze tm Falle einer freiwilligen Zahlung in keiner Weise maaßgebend: ctt. Beschl. 7. Apr. 69. — Erfolgt dagegen die Beitreibung im Zwangswege, so ist die Anrechnung nach den civilrechtlichen Grundsätzen (AM. I, 16 §§ 150—159; Anh. 8 368 zur AEO. I, 50) vorzunehmen; bergt, cit. JMBerf. v. 23. Nov. 1823; Konk -Ordn. v 8 Mat 1855 § 84 Nr. 1: oben n. 12). 15. Dieselben Grundsätze (n. 13.14) sind maaßgebend, wenn es sich davon handelt, auf welch; von mehreren (theils m Zuchthaus oder in Gefängniß und theils in Haft umgewandelten) Geldstrafen eine Theilzahlung anzurechnen sei. 16. Geldstrafen können zur Entlastung des Berurtheilten auch von Dritten berichtigt werden: Pr. JMBerf. v. 4. Aug. 1832 (Jahrb. 40. f. 247); eS würde nicht statthaft fern, die Annahme einer solchen Zahlung zu verweigern, um am Berurtheilten die substltmrte Freiheitsstrafe zu vollstrecken. In Betreff der Anrechnung einer solchen von einem Dritten geleisteten Zahlung ist dann stets die Bestimmung des Zahlenden maaßgebend: cit. JMBerf. v. 4. Aug. 1832. 17. Haftet ein Dritter (civiliter) für die gegen einen Andern verhängte Geldstrafe, so hat, wenn die Zahlung nicht freiwillig erfolgt und vom Berur­ theilten auch nicht beigetricben werten kann, die strafvollstreckcnde Behörde die Wahl, ob sie an dem letzteren die substttuiNe Freiheitsstrafe vollstrecken, oder die Geld­ strafe vom haftbaren Dritten einziehen will; der Berurtheilte kann nicht verlangen, daß daS letztere geschehe; so ausdrücklich für Steuervergehen: Pr. Ges. v 21. Sept. 1860 § 3 (GS. s. 434). 18. Durch Abs 4, welcher nach theilweiser Abbüßung der subflituirten FreiheitSstrase, die Freimachung vom Reste durch Erlegung des diesem Reste ent­ sprechenden GeldstrasbetragS gestattet, ist Abs 435 Abs. 2 der Pr. N. StPO, ab­ geändert. 19. Will der Derurtheilte von dem gedachten (n. 18) Rechte Gebrauch machen, so ist die Berechnung deö Betrags genau nach dem Berhältnisse vorzunehmen, m welchem die verhängte ganze Geldstrafe zur subflituirten Freiheitsstrafe stand. Das gilt namentlich auch da, wo der Maaßstab des § 29 Abf. 1. nicht festgehalten werden

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Thl. I. Mschn. I.

©trafen. - 5 28.29.

Der Verurteilte kann sich durch Erlegung deö Strafbetrageö, soweit dieser durch die erstandene Freiheitsstrafe noch nicht getilgt ist, von der letzteren freimachen. fl. En Iw : § 23: TI »w.: § 54; Pr. StGB.: § 42]. Vgl. § 55.57. Preußen: vgl. Gef. v. 3. Mai 1852 Art. 75. 83; Gef v. 22. Mai 1852 Art. IV; N. StPO. § 13 C. 320. 321; HDGes. v. 2. Juni 1852 § 11; AKO. v. 4. Dez. 1852 (JMbl. 53 s. 38).

tretungen und bei solchen vergehen, zu deren Thatbestand ein DoluS mcht gehört (z. B. Abgabenhinterziehungen). 11. Der erkennende Jnstanzrichter, welcher den einer Strasthat schuldig befundenen Strasunmündigen wegen deö Mangels der erforderlichen Einsicht freispricht, muß m semem Urtheil nothwendig darüber Bestimmung treffen, ob derselbe ferner Familie überwiesen, oder tn eine Erziehung«, oder Besserungsanstalt gebracht werden soll. Die Auswahl hat er nach seinem Ermessen zu treffen; maaß. gebend ist dabei der tn den Motiven (f. 74) hervorgehobene Gesichtspunkt, daß dre Unterbringung m eine Anstalt dazu dienen soll, den Strasunmündigen den nach, theiligen Einflüssen zu entziehen, welchen er häufig in der eignen Familie ausgesetzt sein wird. — Hätte der Jnstanzrichter der ihm tm Ads. 2 auferlegten Pflicht nicht genügt, so könnte eine Abhülfe nur tm Wege des statthaften Rechtsmittels, nicht durch tute Nachtragsentscheidung de- Richters selbst erfolgen. 12. Die Anordnung, daß der freigesprochene Strasunmündige in eine ErziehungS- oder Besserungsanstalt zu bringen sei, ,st keine Strafe; vgl. zu Thl. I (s. 45) n. 3; fie begründet für «ne spätere Wiederholung derselben Strasthat nie den Rückfall. Nicht- destoweniger ist es unbedenklich statthaft, dieselbe im Wege deS zulässigen Rechtsmittels anzufechten, da fie «ne Beschränkung der Selbstbe­ stimmung tn sich schließt. Selbstverständlich kann aber das dem Jnstanzrichter an­ heimgegebene Ermessen (n. 11) nicht Gegenstand eines Angriffs durch Nichtigkeits­ beschwerde sein. 13. Für Preußen hat eine AKO. v. 4. Dez. 1852 den Minister des Innern ermächtigt, statt der angeordneten Unterbringung m einer Besserungsanstalt, die Ueberwetjung an Privatveretne, oder an geeignete und znverlässtge Privatpersonen mit der für Besserungsanstalten angeordneten Beschränkung zu genehmigen. Diese Vorschrift, sowie sonstige landeSgeseyliche Bestimmungen ähnlicher Art find unbedeutlich für noch geltend zu erachten, da sie eine wesentliche Aenderung der im StGB, angeordneten Maaßnahme nicht m sich schließen. 14. Nach § 178 der Pr. vdn. v. 3. Jan. 1849 und nach Pr. N. StPO. § 438 kann der wegen mangelnder Einsicht rc. Freigesprochene nicht in die Kosten des Verfahren- verurtheilt werden: Zl. 6. April 53 c Senß, Zl. 1. Oft. 58 c. Jurcztk (GA. I, 373; VII, 98); DL f. 118; Kisker m GA. I, 183; contra: Koch n. 83a. Anders nach Rh. Rechte; hier trifft arg. Art. 162. 194 und 368 der Rh. StPO, auch den so Freigesprocheoen die Berurtheilung tn die Kosten: v. KH. 29. Jum 52 c. Schell; VII. 28. Sept. 61 c. Zender; m demselben Sinne steht die Praxis des franz. K.-H.'S fest; vgl. Gilb. C. pdn art. 66 n. 12; contra: ThdCp. 1 p. 128; vgl. aber Pr. LG. Art. XXVII. § 1, welcher (abweichend vom Rh. StGB. Art. 55) die solidarische Berurtheilung Mehrerer zu den Kosten davon abhängig macht, daß sie wegen desselben Verbrechens zur Strafe verurtheilt sind. 15. Die Unterbringung m «ne Anstalt kann auch gegen einen Ausländer angeordnet werden. 16. Gegen einen (nach § 57) verurtheilten Strasunmündigen darf die Unter­ bringung m «ne Anstalt nicht ausgesprochen werden (sie ist keine Nebenstrase vgl. n. 11). 17. Ist im Urtheil die Unterbringung in eine Anstalt angeordnet worden, so muß dieselbe vollzogen werden; es steht der der Anstalt vorgesetzten Verwaltungs­ behörde nicht zu, von jener Maßnahme gänzlich zu entbinden. Sie hat dagegen ihrerseits darüber zu bestimmen, wie lange der Strafunmündige in der Anstalt behalten werden soll; die betr. Bestimmung braucht nicht sofort bei der Ausnahme zu erfolgen; es empfiehlt sich, erst dann in dieser Beziehung etwas zu versügen, wenn

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Thl. 1. Abschn. IV. Straf-Ausschließung uub Milderung. —'§57.

§. 57. Wenn ein Angeschuldigter, welcher zu einer Zeit als er das zwölfte, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte, eine strafbare Handlung begangen hat, bei Begehung derselben die zur Erkenntniß ihrer Strafbarkeit erforderliche Einsicht besaß, so kommen gegen ihn folgende Bestimmungen zur Anwendung: 1) ist die Handlung mit dem Tode oder mit lebensläng­ lichem Zuchthaus bedroht, so ist auf Gefängniß von drei bis zu fünfzehn Jahren zu erkennen; 2) ist die Handlung mit lebenslänglicher Festungshaft be­ droht, so ist auf Festungshaft von drei bis zu fünfzehn Jahren zu erkennen; es sich davon handelt, den Aufgenommenen aus der Anstalt zu entlasten. Ist die Entlastung erfolgt, so kann die Verwaltungsbehörde nicht später die abermalige Unter­ bringung m die Anstalt anordnen, sollte der Strafunmündlge auch das Alter von zwanzig Jahren noch nicht erreicht haben, und später eine Veranlassung eintreten, welche die Wiederholung jener Maaßnahme wünschenöwerth erscheinen ließe. Dagegen dürfte es der Behörde gestattet fern, zeitweilige (widerrufliche) Beurlaubungen ein­ treten zu lasten. 18. Die von der Verwaltungsbehörde ins Werk gesetzte Unterbringung in eme Anstalt stellt sich als die Vollstreckung der betr. richterlichen Entscheidung dar. ES kann daher dem von dieser Maaßnahme betroffenen der Rechtsweg nicht versagt werden, wenn er geltend machen will, daß die Vollstreckung in gesetzwidriger, oder in einer dem Urtheile selbst widersprechenden Weise bewirkt, z B. daß sie über daS vollendete zwanzigste Lebensjahr ausgedehnt, oder nach erfolgter Entlastung wieder­ holt werde; die gerichteiche Entscheidung ist dann m dem Verfahren herbeizuführen, welche- bei Streitigkeiten über den Strafvollzug maaßgebend ist. Vgl. § 28 n. 28.

§57. 1. Gegen Strafunmündige kann nie auf Todes-, oder Zuchthausstrafe, auf lebenslängliche Festungshaft, auf den Verlust bürgerlicher Ehrenrechte und auf die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht erkannt werden. An die Stelle der Todes- oder Zucht­ hausstrafe tritt Gefängniß (eventuell ui einer über daö Maaß M § 16 hinausgehen­ den Dauer); dagegen fallen der Verlust der Ehrenrechte und die Polizeiaufsicht gänzlich weg. Es darf auch Nicht etwa an der Stelle dieser Strafen aus Unter­ bringung in einer BefferungSanstalt erkannt werden; vgl. §56 n. 16. 2. Die unter Nr. 1. bis 3. vorgeschriebenen Ermäßigungen treten unter Zu­ grundelegung derjenigen Strafandrohung cm, welche für einen Strafmündigen maaß­ gebend getreten sem würde. Läßt das betr. Strafgesetz beim Vorhandensein mil­ dernder Umstände eine Strafmilderung eintreten, so ist die so geminderte Strafe nach Nr. 1—3. zu ermäßigen, wenn der Instanzrichter annimmt, daß dem Slrasnnmündigen solche Umstande zur Seite stehen; nur darf er dann-den mildernden Umstand nicht lediglich in den jugendlichen Alter finden, da dieses ja bereits nach § 57 Berücksichtigung findet. 3 Die Strafermäßigungen beziehen sich nur auf die Hauptstrafen; in Betreff der Nebenstrafen vgl. unten n. 12. 4. Die Maaßbestimmungen der Nr. 1—4 beziehen sich nur auf den Fall, wo es sich von der Bestrafung ein er Strafthat handelt. Für die Falle der Realkonkurrenz werden die §§74—78 maaßgebend unter Zugrundelegung der durch die Emzelthaten nach § 57 verwirkten Strafen.

Zn Nr. 1. 5. Diese Nr. 1. wird auch da anwendbar, wo elektiv neben der lebenslänglichen eine zeitige Zuchthausstrafe angedroht ist (z B. §307); Nr. 3 kann dann nicht

Tht. I. Abschn. IV.

3)

4)

5)

Straf-Ausschließung und Milderung. — § 57.

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ist die Handlung mit Zuchthaus oder mit einer anderen Strafart bedroht, so ist die Strafe zwischen dem gesetz­ lichen Mindestbetrage der angedrohten Strafart und der Hälfte des Höchstbetrages der angedrohten Strafe zu bestimmen. Ist die so bestimmte Strafe Zuchthaus, so tritt Ge­ fängnißstrafe von gleicher Dauer an ihre Stelle; ist die Handlung ein Vergehen oder eine Uebertretung, so kann in besonders leichten Fällen auf Verweis er­ kannt werden; auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt oder einzelner bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zulässig­ keit von Polizei-Aufsicht ist nicht zu erkennen.

Platz greisen, weil der (lebenslängliche) Höchstbetrag der Strafe nicht zu halbiren ist; contra: V. 28. Apr. 52 c. Bußmann (JMbl. s. 246).

Zn Nr. 3. 6. Der Mindestbetrag der angedrohten Strafart ist bei der Zuchthausstrafe (§ 14) ein Jahr, bei der Gefängmßstrafe (§ 16) ein Tag, bei der Festungshaft i§ 17) ein Tag, bei der Haft (§18) cm Tag, bei der Geldstrafe (§27) ein Thaler und, wenn es sich von einer Uebertretung handelt ein drittel Thaler. Unter diese Sätze darf der Richter nicht hinabgehen. 7. An die Stelle des angedrohten Zuchthauses tritt Gefängniß von glei­ cher Dauer; es findet also nicht eine Strafumwandlung nach dem Maaßstabe des §21 statt. 8. Die Nr. 3 findet auch da Anwendung, wo das Gesetz nur eine einzige feste Strafe (ohne Höchst- und Mindestbetrag) androht: ZU. 7. Mar 68 c. Henfel (RdO. IX, 311). 8a. Droht das anzuwendende Strafgesetz verschiedene Strafarten alter­ native an, so bildet der gesetzliche Mindestbetrag der milderen Strafart dre Strafgrenze für den Strafunmündigen. 9. Hat sich der Srafnnmündige deS Versuchs eines Verbrechens re., oder der Beihülfe zu einem solchen schuldig gemacht, so ist die auf diese That angedrohte ge­ milderte (§ 44. 49) Strafe nach Anleitung des Abs. 3 zu ermäßigen.

Zu Nr. 4. 10. Ob ein „besonders leichter Fall" vorliege, ist vom Richter der Thatfrage festzustellen. Behauptet der Angeklagte, daß dem fo fei, so ist eS für den Jnstanzrrchier unerläßlich, fich über die Begründetheit dieses EinwandeS pvfitiv oder negativ anSzusprechen. Ebenso muß in schwnrgerichtlichen Sachen einem Antrage jette« Moment zum Gegenstände einer ausdrücklichen Fragsteüung zu machen, mit Nothwendigkeit Statt gegeben werden. 11. Ist auf „Verweis" erkannt, so kann nicht diese Entscheidung selbst als die Ertheilung des Verweises angesehen werden, zumal da die Vollstreckung erst nach eingetretener Rechtskraft erfolgen darf. Dieselbe muß daher nach dem Eintritte des gedachten Zeitpunkts besonders und zwar durch das Richter-Amt erfolgen. Insoweit die Strafprozeßgesetze in dieser Beziehung kerne besonderen Vorschriften enthalten, (vgl. z. B. K. Sächs. StGB. Art. 31), so ist der Verurtheilte vor das erkennende Gericht oder vor einen durch dieses beauftragten Richter vorzuladen, durch welche dann die VerweiSertheilung zu Protokoll erfolgt. Die Deauftragung emeS andern Richters kann eventuell tm verurtheilenden Erkenntnisse selbst geschehen.

Zu Nr. 5. 12. Die Nummern 1—4 haben nur die zu verhängenden Hauptstrasen zum Gegenstände. Daraus ist zn folgern, daß die Nebenstraf en (z. B. die Emztehnng

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Thl. I. Mschn. IV. Stras-AuSschließung und Milderung. — § 57.68.59.

Die Freiheitsstrafe ist in besonderen, zur Verbüßung von Strafen jugendlicher Personen bestimmten Anstalten oder Räumen zu vollziehen. [I. Entw.: § 50; II. Entw.: § 55; Pr. StGB.: § 43]. Dgl § 56. Preußen: Dgl. Ges. v. 22. Mai 1852 Art. IV.

§. 38 Ein Taubstummer, welcher die zur Erkenntniß der Strafbarkeit einer von ihm begangenen Handlung erforder­ liche Einsicht nicht besaß, ist freizusprechen. [I. chn. VI.

Widerstand gegen du Staatsgewalt. — § 113.

Dieselbe Strafe tritt ein, wenn die Handlung gegen Per­ sonen, welche zur Unterstützung des Beamten zugezogen waren, oder gegen Mannschaften der bewaffneten Macht oder gegen Mannschaften einer Gemeinde-, Schutz- oder Bürgerwehr in Ausübung des Dienstes begangen wird. |L@ntto.:§ 94; II.Ges. v. 8. Jul, 1868 § 68; B.-(Hamdurg).Zollges. v. 1. Jul» 1869 Art. 18 (BGbl. s. 374). Preußen: Dgl. Steuer-Ordn v. 8. Febr. 1819 §89; Salzsteuerges. v. 9. Aug. 1867 § 17 (GS. f. 1325); Ges. v. 20. MLrz 1837 (GS. s. 60); Ges. v. 31. März 1841 d. Mannsz aus d. Seeschiffe betr. (GS. s. 64); Ges. v. 4. Juni 1851 sl. d. Belag.Zust. § 8-10 (GS. s. 452); N. StPO. § 448-450.

sie in der Ausübung des ihnen überwiesenen Berufs der Handhabung der Exekutivgewalt begriffen sind; d. h. also wenn der Nachtwächter m feinem Nachtwachtdienst, der Pelizeidiener m irgend einer polizeilichen Funktion thätig ist; Nicht aber wenn em Preußischer Eisenbahnbauausseher erntn seiner Arbeiter verhaften will; hierzu ist er nach der Ddn. v. 21. Dez. 1846 (GS. 47 s. 21) Nicht zuständig: ZI. 1. Juli 70 (RdO. XI, 391). Dagegen ist es nicht erforderlich, daß die betr. Handlung sich als Akt einer Zwangsvollstreckung charakterisire; demgemäß wird der § anwendbar, wenn Jemand emem Nachtwächter Widerstand leistet m einem Augenblicke, wo die­ ser nur erst beobachtend thätig ist, um nöthigenfaÜS einzuschreiten, sollte es auch zu diesem letzteren noch nicht gekommen fern: DI 2. Dez 69 c. Sippel (RdO. X, 764). 13. Alö Vollstreckung eines Gesetzes ist es anzusehen, wenn Polizeibeamte (Schulzen, Gendarmen, Polizeidiener) m Ausführung des ihnen im Allgemeinen ge­ wordenen Berufs im Einzelsalle zur Vornahme einer polizeilichen Maaßnahme, z. B. einer Verhaftung schreiten; sie bedürfen dann nicht erst eines speziellen Befehls der vorgesetzien höheren Behörde: ZU. 13. Oft. 56 c. Glück; ZI. 10. März 69 e. Meitz (RdO.X, 137); vgl. n. 17. 14. Der § setzt ferner voraus, daß der vollstreckende Beamte »in der recht­ mäßigen Ausübung seines AmteS" begriffen, und daß ihm rn dieser AuSübuug Widerstand geleistet worden sei. Hierzu gehört vor Allem, daß dem Beamten sowohl in sachlicher als m örtlicher Beziehung die Zuständigkeit beigewohnt habe, daß er alle vermöge der ,hm gewordenen amtlichen Stellung, dazu berufen gewesen sei, eine Vollstreckung der fraglichen Art an dem betr. Orte vorzunehmen. 15. Nicht minder ist m denzemgen Fällen, wo es sich von der Vollstreckung von Befehlen rc. der Behörden oder von Urtheilen (Verfügungen) der Gerichte handelt, erforderlich, daß diese Besehle (Anordnungen, Urtheile, Verfügungen) so ge­ artet gewesen fettn, um den vollstreckenden Beamten zu ermächtigen, auf Grund der­ selben zu emem ZwangSvoll,uge überzugehen. Das gilt von den Befehlen und An­ ordnungen der Verwaltungsbehörden nur dann, wenn diese zur Erlassung derselben örtlich und sachlich zuständig waren, während die Vollstreckbarkeit gerichtlicher Ver­ fügungen, zumal der Urtheile durch die Zuständigkeit deS Gerichts für den betr. Einzelsall nicht bedingt ist, sobald diesem nur im Allgemeinen die Besugniß bei­ wohnt. Verfügungen der fraglichen Art wirksam zu erlassen. Derjenige, welcher die Unzuständigkeit behauptet, muß sie im gerichtlichen Verfahren als Einwand geltend machen. — Im Uebngen versteht es sich von selbst, daß, wenn der Unlerbeamte zur selbstständigen Vornahme einer Amtshandlung berufen war (n. 13), die Mängel eines ihm in dieser Beziehung gewordenen Befehls rc. die Legalität seines Verfah­ rens nicht beeinträchtigen und einen tbm geleisteten Widerstand Nicht straflos machen können, vgl. VI. 22 Apr. 70 (RdO. XI, 257). 16. Die Ausführung emeS an sich in regelrechter Weise ergangenen DollstreckungSbefehlS rc. hört darum noch nicht auf eine rechtmäßige zu fern, weil später eine Thatsache eingetreten ist, welche demselben seine Vollstreckbarkeit (objektiv) trimmt. Da es sich hier fast durchweg von untergeordneten Beamten handelt, welche selbst

Thl. II. Abschn. VI.

Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 113.

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ohne eigne Kognition an die Weisungen der vorgesetzten Behörde geLunden sind, so bleibt der ihnen ertheilte Befehl rc. wirksam, btfl er von der zuständigen Be­ hörde zurückgenommen, oder bis dem Vollstreckungsbeamten in zweifelloser Weise bekannt geworden ist, daß dasjenige, was ihn zur VollstrcckungSmaaßnahme berief, inzwischen diese seine Wirkiamtett verloren habe. So lange diese- nicht der Fall ist, kann auch der seiner vollstreckenden Thätigkeit entgegengesetzte Widerstand nicht straflos bleiben; vgl Meyers. 96 n. 3. 17. Steht eine VollftreckungShandlung m Frage, welche der betr. Beamte nicht in Folge eines für den Emzelfall erlassenen Befehls rc. einer höheren Behörde, son­ dern vermöge des ihm im Allgemeinen gewordenen Berufs zur Vollstreckung der Gesetze vorzunehmen hat (z. B. un Falle der n. 13), so kommt eS für die Be­ urtheilung der Frage, ob die Ausübung des Amtes seinerseits eine rechtmäßige war, zunächst darauf an, ob Handlungen der fraglichen Art im Allgemeinen (am fraglichen Orte) in den Kreis seiner Amtsbesugniffe fallen. War dieses der Fall, so genügt eS, wenn er, m dem pflichnnäßlgen Glauben, daß für ihn genügende Veranlassung vorliege, in der fraglichen Art amtlich thätig zu sein, hierzu überging. ES liegt dann eure berechtigte Amtshandlung vor, sobald der Beamte m der (äu­ ßerlich erkennbaren) Absicht, Pflichten, welche ihm sein Amt auferlegt, oder mit demselben verknüpfte Rechte auszuüben, eine an sich (tm Allgemeinen) innerhalb sei­ ner Amtsbefugnisse liegende Handlung vornimmt In den gedachten Fällen hat der Beamte selbst zu prüfen, ob und inwieweit Voraussetzungen zu seiner Berustthätigkeit vorliege; auch wenn er sich hierbei irrt, wenn er also irriger Weise das Vorhan­ densein der eine solche Thätigkeit bedingenden Veranlaffung annimmt, und demzu­ folge zu derselben übergeht, verliert diese nicht den von ihm gewollten Charakter der Amtlichkett und er hat Anspruch auf den in § 113 gewährten Rechtsschutz: ZU. 24. Ium 58 e.Göhre; Zl. 27. Nov. 67, ZI. 6. Dez. 67 (RdO. VIII, 747. 772); u.ö.; Hiernach kann in Fällen der gedachten Art der Handlung eines Beamten der Charakter einer rechtmäßigen Ausübung des Amtes nur dann abgesprochen werden, wenn entweder dieselbe Überhaupt d. h. ihrer Art nach (in abstracto) nicht in den KreiS seiner Berufsthätigkeit und Befugnisse fiel, resp. über diesen KreiS hinaus ging (z. B. eine Mißhandlung: Bll. 18. März 69 c. Hankel, RdO. X, 166), oder wenn er bei Bornahme derselben sich bewußt war, daß e- an einer gesetzlich genü­ genden Veranlaffung dazu fehle, sei eS nun, daß er aus anderen, dem Amte frem­ den Gründen thätig war und somit eine amtliche Veranlaffung fällchlich vorschützte (:VI. 10. Marz 69 c. Meitz RdO. X, 137), oder daß er im Affekte (bewußter Weise) die Grenzen seiner Befugnisse Überschritt. 18.19. Wenn dagegen der vollstreckende Beamte sich einer solchen Ausschreitung schuldig macht, daß seine Thätigkeit nicht mehr als „rechtmäßige" Ausübung des Amtes angesehen werden kann (n. 17), so ist ein gegen die,e Ausschreitung gerichteter Widerstand nicht aus § 113 zu bestrafen. Daraus folgt aber noch keineswegs, daß dieserhalb jebtr derartige Widerstand als „Nothwehr« gelten und überhaupt straflos fern müsse, da Nothwehr (§ 53) einen «gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff« vor­ aussetzt, welcher m den Ausschreitungen eines an sich zu einer Vollstreckungshand­ lung berufenen (gutgläubigen) Beamten feiten oder nie zu finden sein wird. ES kann daher ein solcher Widerstand als Körperverletzung, Bedrohung oder Beleidigung noch immer sehr wohl strafbar fern. Der Richter wird überhaupt in solchen Fällen vorzugsweise zu untersuchen haben, in wiefern der Widerstandleistende hierzu einen genügenden Anlaß hatte, ob er dadurch einen unersätzlichen Nachtheil abwenden wollte, oder ob er nicht daraus rechnen konnte, im Wege der späteren Beschwerde zu seinem vollen Rechte zu gelangen. Vgl. Übrigens BII. 21. Apr 70 (RdO. XI, 249). 20. Jedenfalls kann eine Ausschreitung des Beamten den Widerstand nur in­ soweit straflos machen, als er gegen diese Ausschreitung gerichtet war; eme Gesetzwidrigkeit, deren sich der Beamte bei der Vornahme einer un Uebrigen durch­ aus rechtmäßigen Amtshandlung schuldig macht (z. B. wenn der einen Jagdfrevler ertappende Förster unbefugt den Hund des ersteren erschießt) nimmt dem der Ver­ haftung rc. entgegengesetzten Widerstande nicht seine Strafbarkeit lder Beamte Höne dadurch nicht auf, in der Ausübung seines Amtes zu sein): ZU. 9. Dez. 69 (RdO. X, 775).

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Thl. II. Abschn. VI.

Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 113.

21. Als eine rechtmäßige Ausübung des Amtes hat das Pr. Ober-Tribunal es angesehen, wenn ein Förster außerhalb deS (einer Obhut anvertrauten Waldes einen Menschen unter Umständen antrifft, welche auf einen von demselben unmittel­ bar vorher im Walde verübten Frevel hindeuten, und wenn er dieserhalb gegen ihn (z. B. im Wege einer Pfändung) einschreitet: Z1I.14. Nov. 67 c. Neubert, ähnlich: 25. Apr. 61 (NdO. VIII, 713; I, 359); vgl. § 117. 22. Dasselbe ward angenommen in einem Falle, wo ein Forstaussehep einen Holzdieb anhielt und nöthigen wollte, ihm an den Ort der That zu folgen, damit derselbe mcht anderen Holzdieben von der Anwesenheit de- Beamten Kenntniß gebe: DI. 17. Juni 63 (NdO. III, 498).

Zir.

23. Der Widerstand muß dem Beamten „in Ausübung feines Amts" gelei­ stet sein; die Ausübung muß also bereits begonnen haben; das ist anzunehmen, sobald der Beamte an Ort und Stelle seinen Willen zu erkennen gegeben hat, unter# weilt die betr. Bollstreckungshandlung z. B. eme Psändung vorzunehmen; eS bedarf dann nicht auch noch des Beginns der Vollstreckungshandlung selbst: ZU. 15. Juli 68 (RdO. X, 52). 24. Ebenso kann nach vollständiger Beendigung der Vollstreckung von einem (ihre Ausführung hindernden, vgl. n. 32. 33) Widerstände ferne Rede mehr fern; Bll. 1. Juli 69 (RdO. X, 469). 25. Eine nur rn Beziehung auf eine Amtshandlung (also nicht in Aus­ übung derselben) gegen den Beamten verübte Gewalt kann me unter § 113 fallen Beschs. I. 14. Oft. 63 (RdO. IV, 109). 26. Als Dolus wird bei dem hier behandelten Vergehen außer der Vorsählichkeit ,m Allgemeinen auch noch die Kenntniß (daS Bewußtsein) vorausgesetzt, daß der Andere ein Beamter und daß er in der Ausübung seines Amtes be­ griffen fei. In Betreff dieser Kenntniß gilt aber, (da das Gesetz ihrer in der Be­ griffsbestimmung des § keine ausdrückliche Erwähnung thut,) das zu § 59 n. 10 fgg. Gesagte. Straflosigkeit tritt sonach nur dann etn, wenn festgestellt wird, daß dem Angeklagten jene Thatsachen unbekannt gewesen seien, daß er also z. B. m der Ueberzeugung gehandelt habe: der Andere sei gar kein Beamter, oder er sei nicht amtlich thätig oder er schütze eine Amtshandlung nur wider besseres Wlsien vor: VI. 10. März 69 o. Me.tz (RdO. X, 137). 27. Auch hier kann nicht davon die Rede fein, daß dem Anklagten der Be­ weis jener Unkenntniß (n. 26) obliege; vgl. § 59 n. 24. Wohl aber ist der Jnstanzrichter berechtigt, die Kenntniß als feststehend anzusehen, insofern der Angeklagte nicht gewichtige Gründe für seine angebliche Unkenntniß anzuführen vermag. 28. Das gilt im erhöhten Maaße da, wo der Angeklagte nur ferne Kenntniß von der Rechtmäßigkeit der AmtSauöübung bestreitet. Dem amtlich thätigen Beamten steht eine Vermuthung für die Legalität seines Verfahrens zur ©eite; Andere dürfen sich nicht zum Richter über diese Legalität auswerfen. Wer daher m der Meinung, die Ausübung des Amtes sei keine rechtmäßige, sich derselben widersetzt, thut eS auf seine Gefahr; die Strafe trifft ihn, wenn sich später herausstellt, daß jene bestrittene Rechtmäßigkeit allerdings obwaltete. Jedenfalls kann aber cm, wenn auch erheblicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des amtlichen Vorgehens die Straflosigkeit mcht herbeiführen; es würde dazu jedenfalls der innigen Ueberzeugung vom Gegentheil bedürfen. 29. Handelte der Angeklagte mit der im Gesetz vorausgesetzten Kenntniß (n. 26 fgg.), so ist eS gleichgültig, wie er zu derselben gelangt ist; insbesondere bedarf eS dazu nicht einer besonderen Belehrung Seitens des Beamten, und eben­ sowenig emeS äußeren von diesem getragenen Erkennungszeichens, sollte ein solches auch instruktionömäßig vorgeschrieben sein: ZI. 28. Sept. 60 c. Jagst. 30. Einer ausdrücklichen Feststellung m Betreff dieser Kenntniß bedarf eS überhaupt nur dann, wenn dieselbe ausdrücklich bestritten worden ist. 31. Außerdem gehört zum Widerstände als Dolus auch noch die Absicht, die AuSsührung der Amtshandlung zu verhindern, bzw. den Beamten zu veranlassen, von derselben abzustehen: ZI. 8. Juni 53 c. Haupt (GA. I, 546); VI. 6. Nov. 57 c. Skulik; VI. 26. März 58 c. dens.

Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — g 113.

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32. Der Widerstand setzt zunächst eine aktive Thätigkeit, ein Handeln voran«, welches dem Vorgehen des Beamten als direktes Hinderniß entgegentritt. Daher genügt ein blos passives körperliches Verhalten nicht, sollte es auch die Aus­ führung der Amtshandlung erschweren, z. B'em Sich-Niederwerfen: V. 11. Okt. 51 c Wille (Entsch. 22. s. 70 ; GA. I, 76) u. ö. Das Gegentheil tritt em, wenn mit dem Sich-Niederwerfen ein Losreißen verbunden ist; vgl 35a. 33. Sodann wird vorausgesetzt, daß der Widerstand gegen die Person oder wenigstens gegen die Thätigkeit des Beamten gerichtet fei; ihr erkennbarer Zweck muß sonach dahin abfielen, jene Thätigkeit resp. ihre Fortsetzung abzuwehren; vgl. d. 31. Demgemäß genügt Nicht ein lediglich gegen den zu vollstreckenden Befehl geleisteter Widerstand, bet welchem der Vollziehung deflelben nur cm rein sachliches Hinderniß entgegengesetzt wird (es würde dann auch an der „Gewalt" rc. fehlen), z. B. das Verschließen einer Thüre, oder die Weigerung, eine verschlossene Thüre zu offnen: DI. 20. Febr. 57 c. Skobick (GA. V, 559); ZI. 11. Sept. 61 (RdO. I, 526); vgl. aber n. 37. 34. Endlich muß der Widerstand durch Gewalt oder Bedrohung mit Ge­ walt geleistet sein. Jene besteht in der Aufwendung einer besonderen körperlichen Kraft, welche der Person des Beamten oder seiner Thätigkeit (vgl. ZI. 9. Mai 62: RdO. II, 391) hindernd, gegenwirkend entgegentritt, und den letzteren nöthigt, auch seinerseits zur Beseitigung de- Hindernisses eine erhöhte Krastanstrengung anzuwen­ den, oder aber von der Amtshandlung einstweilen abzustehen; vgl. Z 19. Sept. 51 c. Kellner (Entsch. 22. s. 69; GA. I, 76. Diese Gewalt braucht nicht nothwendig „an der Person" des Beamten verübt zu fein; vgl. § 117 Abs. 2, nach welchem letzteres eine Straffcharsung zur Folge hat. 35. CS entspricht dem Gesetze, Gewalt darin zu finden, wenn Jemand, welcher von einem Orte entfernt werden soll, durch Festhalten oder durch Ge­ genstemmen Widerstand leistet: ZU. 9. Jan. 68 c. Holschbach; u. ö. 35a.............ebenso, wenn Jemand sich von dem ihn festhaltenden Beamten losreißt: ZU. 24. Juni 58 c. Göhre; ZI. 2. Mai 62 c. Rubow. 36........... oder den Beamten hinausdrängt: ZI. 11. Sept. 55 v. Zier; ZI. 25. Nov. 59 c. Ströhmer. 37............. ebenso, wenn Jemand den Beamten, um ihn an der Vornahme der Amtshandlung zu hindern, einsperrt: ZI. 9. Mai 62 (RdO. II, 391); vgl. § 239. 38...........ebenso, wenn Jemand die vom Beamten zum Zwecke des Anhal­ tens im Zügel ergriffenen Pferde eines Fuhrwerks zum Fortgehen antreibt: Z. 8. Sept. 52 c. Otto. 39. Dasselbe gilt von dem (wenn auch nur versuchten) Entreißen einer Sache: ZI. 23. Mai 55 c Reich; ZI. 28. Jan. 57 e. Teichmann; contra: VI. 10. Okt. 55 c, HLseler (GA. III, 833) m Betreff eines bloßen Fortnehmens. 40...........ebenso von dem Festhalten der Sache, welche der Beamte weg­ nehmen will: V. 14. Mai 52 c. Kollarz; ZI. 10. Dez. 58 c. SzelSki. 41. Dagegen ist es gerechtfertigt, Gewalt nicht anzunehmen, wenn Jemand dem Beamten die Thüre, durch welche dieser eintreten will, vertritt; nur dann, wenn der Beamte versuchte, den Vertretenden aus dieser Stellung zu entfernen, und wenn ihm hierbei direkt thätlicher Widerstand geleistet würde, wäre Gewalt anzunehmen: D. 4. Juni 52 c. Leidhold; Z. 9. Juni 52 c. Heintze (GA. I, 76). 42. Ueber den Begriff der „Bedrohung" vgl § 52 n. 4—6; § 106 n. 1 sgg. 43. Hier muß die Drohung eine „Gewalt" zum Gegenstand haben, und das Mittel sein, durch welches dem Beamten Widerstand geleistet wird. Es muß daher dem Beamten eine gegen seine Person gerichtete Gewalthandlung in Aussicht gestellt sein, um ihn dadurch zu veranlassen, von seiner Amtshandlung abzustehen; ZI. 28. Febr. 68 (RdO. IX, 164); insbesondere muß auch das letztere aus der Art der Bedrohung hervorgehen. Daraus folgt, daß die Natur der „Gewalt", mit welcher gedroht wird, nicht durchaus gleichgeartet mit derjenigen ist, durch welche unmittelbar Widerstand geleistet wird; es kommt vielmehr bei jener darauf an, ob dieselbe so geartet war, die Freiheit des Bedrohten hinsichtlich der ihm obliegenden Amtshandlung aufzuheben; vgl. § 106 n. 1.

230

Thl. II. Abschn. VI.

Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 113.

44. Auch hier ist es nicht erforderlich, daß die angedrohte Gewalthandlung genau und speziell bezeichnet worden sei; eS genügt, wenn der Bedrohte entneh­ men konnte, daß ihm ein Uebel der fraglichen Art in nahe Aussicht gestellt werde; vgl. ZI. 14. Mai 60 c. Kruse. 45. Vorausgesetzt wird, daß der Bedrohte die Drohung vernommen habe, weil sie sonst für sein Thun oder Lassen nicht bestimmend fein konnte: ZI. 28. Oft. 57 c. Jahnke. Gehen die (zum Zwecke des Widerstande- auSgestoßenen) Drohungen von einem versammelten Menschenhaufen aus, so genügt eS zur Begründung der Strafbarkeit der jene Drohung Aenßernden, wenn der Bedrohte dieselben im Allge­ meinen vernommen hat; es bedarf dann nicht des Nachweises, daß er die Drohung jedes Einzelnen gehört habe: ZU. 7. Mai 68 (NdO. IX, 316). 46. Eine Drohung kann auch durch Handlungen stattfinden; dagegen braucht eine mündliche Aeußerung, um als Drohung zu gelten, nicht von einer Ha ndlung begleitet, noch braucht eine solche aus sie gefolgt zu sein: DI. 8. Jan. 53 c. Felder. 47. Der Widerstand gegen einen Beamten ist auch dann strafbar, wenn er von einem Andern als dem durch die Amtshandlung Betroffenen ausging: ZI. 14. Juli 69, ZI. 29. Sept. 69 (RdO. X, 508. 603) eontra: Schwarze f. 151. 48. Ob durch den geleisteten Widerstand der beabsichtigte Erfolg, die Aus­ führung der Amtshandlung zu hindern, erreicht wird, ist für den Thatbestand gleichgültig; auch ein vergebliches Bestreben dieser Art, welches eben deshalb nur Versuch genannt wird, enthält daS vollendete Vergehen, wenn im Uebrigen bic Begriffserfordernisse des § vorliegen: Z. 2. Juli 52 c. Gangloff; ZI. 23. Mai 55 c. Reich. 49. Der Widerstand gegen eine Amtshandlung wird dadurch nicht straflos, daß der Angeklagte selbst ein zur Zeit im Dienste sich befindender Beamter ist: ZI. 26. Juni 61 (RdO. I, 465). Dagegen tritt in einem solchen Falle Straflosig­ keit ein, wenn der Beamte in der (irrigen) Ueberzeugung handelte, er sei amtlich dazu berufen, der Amtsthätigkeit eines andern Widerstand entgegenzusetzen: BI. 26. März 58 c. Sknlik. 50. Als „Angriff" ist jede vorsätzliche unberechtigte, gegen die Person des Beamten in feindseliger Richtung verübte Thätlichkeit zu betrachten; daß sie zum Zwecke des Widerstandes vorgenommen sei, ist hier nicht erforderlich; vgl. n. 31. 51. Der zweite Absatz des § setzt voraus, daß der Angriff re gegen Personen erfolgt sei, welche zur Unterstützung des Beamten zugezogen waren; er ist daher nicht anwendbar, wenn Privatpersonen mit der ganzen Ausführung der betref­ fenden Handlung beauftragt worden find; vgl. ZPl. 24. April 54 c. Oldendorf (Entsch. 28. s. 164; GA. II, 828), welches den § auf die im Gemeindedienste beauf­ tragten Transporteurs nicht für anwendbar erachtete. — Dagegen bedarf eS nicht nothwendig der fortgesetzten unmittelbaren Anwesenheit des zuziehenden Beamten; es ist Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung deS EinzelfalleS, ob trotz der zeit­ weiligen Entfernung deffelben die betreffenden Personen noch als vom Beamten zur Beihülfe zugezogen anzusehen sind. 52. Gleichgültig ist eS, ob die Zuziehung anderer Personen durch den betr. Beamten selbst, oder durch deffen Vorgesetzten erfolgt ,st: ZI. 5. Juni 61 c. Burow. 53. Abs. 2 ist ans alle zugezogenen Privatpersonen anzuwenden, also nicht auf zeitweise beschäftigte HülsS-Beamte beschränkt: ZI. 17. Febr. 60 c. Hecker. Em Gefängnißbeamter kann selbst Gefangene zu seiner Beihülse zuziehen: ZU 3. Dez. 63 (RdO. IV, 236). 54. Haben die gegen die Person des Beamten zum Zwecke des Widerstandes vorgenommenen Gewalthandlungen oder der gegen ihn gerichtete Angriff den Cha­ rakter der vorsätzlichen Körperverletzung oder Mißhandlung, so werden die Grundsätze von der Jdeal-Konkurrenz anwendbar. 55. Ueber daS Verhältniß des § 113 zu den §§ 114 und 117 vgl. die Bemerkungen zu diesen (§ 114 n. 13; § 117 n. 21). 56.

Wenn die Abgabengesetze besondere Vorschriften über den einem Auf-

Thl. II. Abschn. VI.

Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 114.

231

§. litt. Wer es unternimmt, durch Gewalt oder Drohung eine Behörde oder einen Beamten zur Vornahme oder Unter­ lassung einer Amtshandlung zn nöthigen, wird mit Gefängniß bestraft. |I. Gntro.: 95; II. Entw.: § 112; Pr. StGB.: § 90]. vgl. § 113.115. Preußen: Vgl Ges. v. 31. März 1841 (d. MannSz. a. d. Seeschiffen betr.) § 7—9. stchtSbeamten geleisteten Widerstand enthalten, sind dieselben neben § 113 in Kraft verblieben; der letztere wird dagegen anwendbar, insoweit jene besonderen Vor­ schriften Nicht zutreffen; vgl. B.-Braumalzst -Gs. v. 4. Juli 1868 § 37; B.Branntw.St.-Ges. v. 8. Juli 1868 §68; B.-Zollges. v. 1. Juli 1869 § 161. 148; Pr. Steuer-Ord. v. 8. Febr. 1819 § 89. 57. Em Gleiche- gilt von dem Pr. Gef. über die Aufrechthaltung der Mannszucht auf den Seeschiffen v. 31. Marz 1841. 58. In Betreff der während des Belagerungszustandes verübten Auf­ forderung zu einer thätlichen Widersetzlichkeit sowie der eventuellen Zuständig­ keit der Kriegsgerichte vgl. Pr. Ges. v. 4. Juni 1851 § 9. 10. 59. Im Geltungsbereiche der N Pr. StPO, kann die Aburtheilung über eine Anklage aus § 113 dem Polizeigericht zugewiesen werden; vgl. 1 c §448—450.

§ 114. 1. Ueber die Bedeutung der Worte: „Wer es unternimmt ..." vgl. § 82 und die Bemerkungen zu demselben n. 1 fgz. 2. Ueber den Begriff der Gewalt vgl. 113 n. 34 fgg., über den der Dro­ hung § 106 n. 1 fgg, tz 113 n. 42—46. CS kann hier auch eine schriftliche Dro­ hung vollständig genügen. 3.4. Demgemäß kann die Drohung mit einer Herausforderung zum Zweikampfe sehr wohl unter den Z fallen, wenn der Instanzrichter hierin ein geeignetes Zwangsmittel erkennt: ZI 10. Nov. 58 c. v. Versen (GA. VII, 540). 5. „Eine Behörde" ist jedes Organ der Staatsgewalt, welches von dieser dazu berufen ist, nach eignem Ermessen für die Herbeiführung der Zwecke de- Staats thätig zu sein; ob diese Thätigkeit sich nach außen h»n geltend macht, oder sich nur im innern Organismus äußert, ist gleichgültig; vgl. VI. 8. Febr. 67 (RdO. VIII, 8). Als Beispiele ton Behörden tonnen angeführt werdeu: 6. der Magistrat einer Stadl: ZI. 29 Juni 60 c. Modricker. Dasselbe gilt von städtischen Deputationen und Kommissionen, welche zur dauernden Verwaltung einzelner Ge,chästS)weige de- Gemeinwesens au- Mitgliedern de- Ma­ gistrat- und der Bürgerschaft gebildet werden: Erk. Pl. 27 Mai 39 (Entsch. 4. s. 273); von einer städtischen Schuldeputation: ZI. 23. Juni 61 (RdO. I, 470); von emer städtischen Armenkommisston: VI. 4. Mai 64 (RdO. IV, 489); von einem städtischen Hospitalvorstande: Bll. 16. Febr. 65 (RdO. V, 507); von einer städtischen Steuer.Einschätzungs-Kommission. 7..............die m Gemäßheit des Pr. Ges. v. 1. Mai 1851 eingesetzten Ein­ kommen- nnb Klassen-Steuer-EinschätzungS-Kommissioneu: DI. 8. Febr. 67 (RdO. VIII, 103). DaS Gegentheil ward angenommen m Betreff einer durch einen Bürgermeister mit höherer Genehmigung zur Dertbeilung von eingesammelten HagelEntschädigungs-Geldern bestellten Kommilsion: DU. 15. Sept. 55 c. Gudehege. 8..............das Presbyterium (Kirchen-Kollegium) einer evangelischen Ge­ meinde (nach der Pr. Kirchen-Ordn. v. 5. März 1835): DI. 22. Mai 67, ZI. 5. März 69 (RdO. VIII, 324; X, 134). 9............. die Rentkammer eines vormals unmittelbaren ReichöstaudeS arg. Instr. wegen Ausführung des Edikt- v. 21. Juni 1815, die Verhältnisse jener ReichSstände betreffend, § 35 36. 57. 58: ZU. 27. April 54 c. Salomon. 10. In Betreff der Voraussetzungen der Beamtenqualität vgl. § 359 und die Bemeikungen zu demselben. 11. Der § 114 ist nicht, wie § 113, auf gewisse Klassen von Beamten zu beschranken; er wird daher anwendbar, mag der Zwang gegen einen der tzn § 113 genannten oder gegen einen andern Beamten gerichtet sein: ZU. 6. Jan. 56 c. Ulrich.

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Thl. II. 3t6[($n. VI.

Widerstand gegen die Staatsgewalt. - § 115.

§. 115. Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung, bei welcher eine der in den §§. 113 und 114 bezeichneten Handlungen mit vereinten Kräften begangen wird, Theil nimmt, wird wegen Aufruhrs mit Gefängniß nicht unter sechs Monaten bestraft. 12. Don einem „Unternehmen zu nöthigen" kann nur da die Rede sein, wo aus den Willen des Beamten etwas zu thun oder zu unterlassen eingewirkt wird; eine Gewalthandlung, welche Wollen oder Nichtwollen der Beamten unbe­ rührt läßt, vielmehr selbst unmittelbar die Hinderung einer Amtshandlung bewirkt (z. B. durch Festhalten oder Einsperren deS Beamten) kann nur aus § 113 oder 239 strafbar sein. 13. Ein einem vollstreckenden Beamten geleisteter Widerstand (§ 113) kann, zumal wenn zu diesem Zwecke Drohungen angewendet sind, sich hänfig als Nöthigung oder als das Unternehmen einer Röthigung zur Unterlassung der betr. Amtshandlung darstellen und somit gleichzeitig unter § 114 fallen. Obgleich m einem solchen Falle eine ideale Konkurrenz vorliegt, so muß doch hier von der Regel deS § 73 abgesehen, und der (mildere) § 113 zur Anwendung gebracht werden, weil beide Gesetze denselben Thatbestand vorsehen und unter dieser Voraussetzung der enger gefaßte also speziellere § den Vorzug verdient, sollte ferne Strafandrohung auch die mildere fein; vgl. §73 n. 9. Dabei wird aber wesentlich vorausgesetzt, daß die That den Begriffsmerkmalen des § 113 entspreche, vor Allem also, daß sie „in Ausübung des Amtes", also nach dem Beginne der letzteren stattgefunden habe, und sich lediglich als Widerstand gegen die begonnene Thätigkeit des Beamten dar­ stelle (vgl. § 113 n. 23). Wo diese Voraussetzung nicht zutrifft, findet § 114 unbe­ dingt Anwendung, z. B. wenn es sich nicht von der Thätigkeit eme9 vollstreckenden Beamten handelt: ZI. 7. Nov. 56 c. Nauschert (GA. V, 263); oder wenn die Gewalthandlungen vor dem Beginne der Amtshandlung verübt werden: Z. 5. Dez. 52 c. Schier (Entsch. 22 s. 71; GA. I, 235); oder endlich wenn die Thätigkeit deS Angeklagten nicht den Charakter eines Widerstandes gegen die Amtshandlung an sich trägt. Zum Theil a. M. sind Dl. 14. gebt. 62 (RdO. II, 256) und Abh. in GA. X, 256. Sie finden den Unterschied zwischen den Thatbeständen der (den §§ 113.114 entsprechenden) §§ 89.90 des Pr. StGB.'S darin, daß jener da zu­ treffe, wo nicht blos die Ausführung des Willens der Obrigkeit verhindert, wo vielmehr auf den obrigkeitlichen Willen selbst (auf daS imperium) zur Hinde­ rung der gesetzgebenden oder verfügenden Gewalt ein Einfluß ausgeübt werde. Dadurch würde aber der ganz allgemein lautende § 90 (§ 114) eine Beichränkung aus solche Beamte rc. erleiden, welchen ein solches imperium zusteht, während er un­ zweifelhaft auf jeden gegen einen Beamten irgend welcher Art ausgeübten Zwang anwendbar ist, sobald derselbe sich nur nicht als Widerstand gegen eine Vollstreckungs­ handlung charakterisirt. 14. Machen sich ein oder mehrere Schi ff Sle ule auf einem Seeschiffe eines NöthigungSversuchS gegen den Kapitain schuldig, so wird das Pr. Ges. v. 31. März 1841 §§ 7—9 anwendbar. 15. Im Uebrigen sind die Bemerkungen zu § 210 zu vergleichen.

§115. 1. „Zusammenrottung" bezeichnet eine planmäßige Verbindung zu einem gemeinschafllichen unerlaubten Handeln: ZPl. 20. April 57 c. Gruscheck (JMbl. s. 224); ZI 20. März 63, ZI. 6. Mai 70, Zl. 24. Juni 70 (RdO. III, 3; XI, 290. 381). Daß die Personen vorher räumlich getrennt gewesen, ist nicht erforderlich; es genügt, wenn Personen, welche vorher schon aus einem andern Grunde bei ein­ ander waren, sich (in äußerlich erkennbarer Weise) zu einem gemeinschaftlichen Handeln verbinden: Beschl. I. 1. Juli 63, Beschl. I. 20. Jan. 65 (RdO. HI, 531; V, 431); vgl. Mil.-StGB. § 137 (: „übereinkommen"). Ebensowenig wird erheischt, daß der Akt des Sich-Derbindens einen tumultuanschen Charakter habe: Beschl II. 30. Sept. 54 c. Ott; Beschl. I. 2. Juni 61 c. Siebert )131B); contra: TL. s. 629. 646. 882; TArch. III, 297. — Dagegen genügt die bloße Verabredung nicht,

Thl.

II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 115.

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Die Rädelsführer, sowie diejenigen Aufrührer, welche eine der in den §§.113 und 114 bezeichneten Handlungen begehen, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft; auch kann auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter sechs Monaten ein. [I. Stirn.: §96; 11. Enlw.: §113; Pr. SlGB.: §91]. Vgl. §113.114.116.125; Mll.-StGB. v. 3. Apr. 1845 I. § 137; Pr. ©cf. v 4. Juni 1851 § 9.10 (GS. 453). Preußen: Bgl. Ges. v. 31. März 1841 §8 (@@. f. 64); cit. Ges. v. 4. Juni 1851 §9.10; N. StPO. §110.

vielmehr muß die Zusammenrottung sich auch nach außen erkennbar zeigen, weil gerade das massenhafte Auftreten und der dadurch auf Andere hervorgebrachte Ein­ druck zur Erreichung deS beabsichtigten Zwecks wesentlich mitwirken: Z. 8. April 68 (RdO. IX, 270). 2. Das Zusammenrotten kann auch ohne eine vorhergegangene Verab­ redung stattfinden; es genügt die bewußte Verbindung zu demselben Zweck, sollte auch bei Jedem der Entschluß dazu von selbst entstanden sein; noch weniger wird erfordert, daß Einer die Anderen, oder daß alle sich wechselseitig angereizt oder bestimmt haben: DU. 3. Juli 56 c. Bachmann; ZI. 17. Juni 68 (RdO. IX, 385). Als Dolus reichen daher beim Einzelnen daö oben erwähnte Bewußtsein und die Absicht auS, daß die betr. Handlungen durch die zusammengerottete Menge, d. h. durch Einzelne auS der Zusammenrottung geschehen sollen (vgl. n. 7); eS wird kei­ neswegs vorausgesetzt, daß jeder Einzelne selbst für sich die Vornahme solcher Hand­ lungen beabsichtige. 3. Nach dem unter n. 1. 2 Gesagten ist der Begriff deS Zusammenrotte»wesentlich rechtlicher Natur; wird seine Bedeutung im Einzelfalle zweifelhaft, so ist eS empfehlenSwerth, ihn m den Frag stell ungen aufzulösen: ZU. 8. Okt. 68, ZI. 26. Mar 69, Z. 9. März 70 (RdO. IX, 548; X, 347; XI, 159). Ist diese Auflösung ausdrücklich beantragt, so dürste sie unerläßlich sein: DI. 2. Febr. 70 c Klinger (NdO. XI, 70); contra• ZU. 4. Juli 61 (NdO. I, 485); im entgegengesetzten Falle unterliegt sie dem richterlichen Ermessen: ZI. 15. Marz 54 o. Aumann; u. o. Vgl. Oppenh. Strasverf. Art. 82 n. 8 4. Die Zusammenrottung muß eine „öffentliche" sein; vgl über diesen Begriff § 85 n. lff. Demgemäß muß die Zusammenrottung hier so geartet sein, daß sie sich nicht auf die Verbindung einer in sich abgeschlossenen Mehrheit beschränkt, sondern «ne Vermehrung durch den unbehinderten Zutritt Anderer erfahren kann; vgl. ZI. 29. Juni 70 (cit. n 1). Es ist sonach diese Oefsentlichkeit durch die Oesfentlichkeit (allgemeine Zugänglichkeit) des OrtS nicht nothwendig bedingt. Auch ver­ steht eS sich von selbst, daß eine anfänglich in sich abgeschlossene Verbindung zur öffentlichen Zusammenrottung werden kann, sobald Anderen der unbehinderte Zutritt möglich wird. 5. Die Zusammenrottung setzt eine Mehrheit voraus; wie groß die Zahl .sein müsse, ist dem Ermessen des InstanzrichterS überlaffen; das Mil.-StGB. I. § 137 läßt bei der Soldatenmenterei zwei genügen. Mit Rücksicht auf das Erforderniß der „Oeffentlichkeit" und auf den ganzen Zweck des Gesetzes muß hier die Zahl eine größere und geeignet sein, grade durch ihre Größe die Begehung der betr. Handlungen den betr. Beamten rc. gegenüber durchzusetzen; es wird dabei Vieles auf die örtlichen und zeitlichen Umstände des EinzelfalleS ankommen; vgl. § 124: „Menschenmenge". 6. Ueber die Bedeutung der Worte: „Theil nimmt" vgl. Thl. I. Abschn. 3 (s. 96) n. 1. 7. Die Zusammenrottung ist noch nicht strafbar, so lange nicht durch die Zusammengerotteten zur Verwirklichung des gemeinsamen Zwecks Handlungen geschehen sind, welche den Thatbestand deS § 113 oder 114 erfüllen: DU. 9. April 63 (RdO. III, 382); zwar könnte in ihr ein Versuch des ganzen Vergehens gefnn-

234

Thl. II. Abschn. VI.

Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 115.

den werden; aber auch ein solcher bleibt straflos; vgl. n. 16. Dagegen genügt es, wenn auch nur der Thatbestand eines der beiden citt. §§ vorliegt; auS dem BindeWorte „und" ist nicht zu folgern, daß beide konkurriren müssen. 8. Der § setzt ausdrücklich voran-, daß die in den §§ 89 und 90 erwähnten Handlungen mit vereinten Kräften geschehen. ES i|t dieses aber, wie aus Abs. 2 (vgl. auch § 122 Abs. 3) hervorgeht, mcht dahin zn verstehen, als müffe der Einzelne, um strafbar zu fern außer seiner Betheiligung bei der Zusammenrottung auch noch anderweitig handelnd Mitwirken; vielmehr genügt eS, wenn die Betheiligten in der durch die Zusammenrottung herbeigeführten Vereinigung sich befinden, während durch einzelne von ihnen die in den §§ 113 oder 114 genannten Handlun­ gen verübt werden; dann begründet die gleiche Absicht und die zur Erreichung derselben erfolgte nach außen erkennbar gewordene Zusammenrottung zwischen Allen ein GememschastSverhältniß, vermöge dessen alle Zusammengerotteten als Mitthäter der ganzen That anzusehen und daher alle (also auch diejenigen, welchen außer der Be­ theiligung an der Zusammenrottung weiter nichts zur Last fällt) als Aufrührer straf­ bar sind: Z. 30. April 52 c. Herden; ZU. 20. Dez. 55 c. Niermann (IM bl. 56 f. 18); vgl § 125 (n. 3), welcher ausdrücklich nur eme Theilnahme an der Zusam­ menrottung, nicht auch an den dort ebenfalls vorausgesetzten Gewaltthätigkeiten er­ heischt; vgl. auch §47 u. 8fgg.; die dort entwickelten Grundsätze erleiden hier nur insofern eme Abänderung, als Abf. 2 ausnahmsweise die Strafe für die verschiede­ nen Betheiligten nicht gleichmäßig bestimmt. 9 Im Fall des § 115 kann die zum Thatbestände des § 114 gehörende Drohung auch schon m dem massenhaften Auftreten der zusammengerotteten Menge ge­ sunden werden: Schwarze s 154. 10. Hatte der Aufruhr den Zweck, einen Gefangenen zu befreien, so liegt ein Fall der Ideatkonkurrenz mit dem im § 121 vorgesehenen Vergehen vor: Beschl. I. 20. Mai 70 (RdO. XI, 329). 11. „Rädelsführer" ist derjenige, welcher vorsätzlich die öffentliche Zusam­ menrottung zu Wege gebracht hat, damit der derselben die in den §§ 113 oder 114 bezeichneten Handlungen mit vereinten Kräften begangen werden, sowie derjenige, welcher die Zusammenrottung (die usammengerotteie Menge) zur gemeinschasilichen Begehung jener Handlungen anleitet oder anführt; z. B. der Wortführers Hiernach ist die wechselseitige Aufreizung durch Geschrei und dgl. für sich allem noch nicht für genügend zu erachten, um jeden so Thätigen als „Rädelsführer" zu stempeln. 12. Der Rädelsführer verwirkt die Strafe des Abf. 2 auch wenn er selbst Persönlich au den in den §§ 113. 114 vorgesehenen Handlungen sich nicht betheiligt hat. 13. „Aufrührer" ist jeder an der Zusammenrottung Theilnehmende. 14. In Betreff derjenigen Ausrührer, welche eme der in den §§ 113 und 114 bezeichneten Handlungen selbst (allem oder in Gemeinschaft mit Andern) begangen haben, nimmt diese Selbstbegehung den Charakter eines erschwerenden Um­ standes an, obgleich es dieser Begehung im Allgemeinen bedarf um dieZusammenrottung überhaupt strafbar zu machen. ES werden daher hier die prozessualischen Vorschriften maaßgebend, welche bei den Fest- und Fragstellungen in Betreff der „erschwerenden" („besonderen") Umstände maaßgebend sind, z. D. Pr. Ges. vom 3. Mai 1852 Art. 91; Rh. AKO. v. 31. Dez. 1833; N. StPO. § 321: DI. 8. Julj 68 (RdO. IX, 439). 15. Der § 114 bestraft jedes „Unternehmen zu nöthigen" also auch den NöthigungSversuch, während § 113 nur den wirklichen Widerstand (Angriff) bestraft; hat daher ein von mehreren zusammengerotteten Personen mit vereinten Kräften verübter NöthigungSversuch stattgefunden, so ist derselbe unzweifelhaft nach § 115 und zwar nicht etwa als versuchter, sondern als vollendeter Aufruhr zn ahnden. 16. Der Versuch eines Aufruhrs ist als solcher nicht strafbar; zwar stellt die That für die Rädelsführer und für diejenigen Aufrührer, welche eine der in den §§ 113. 114 bezeichneten Handlungen begehen, ein Verbrechen dar; eS muß aber zu den gedachten Handlungen (z. B. zu dem Unternehmen eine Behörde rc. zu nöthigen: 5 114) gekommen sein, ehe überhaupt auch nur das Vergehen des Aufruhrs vor-

Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staat-gewalt. — § 116.

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§. 116. Wird eine auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen versammelte Menschenmenge von dem zuständigen Be­ amten oder Befehlshaber der bewaffneten Macht aufgefordert, sich zu entfernen, so wird jeder der Versammelten, welcher nach der dritten Aufforderung sich nicht entfernt, wegen Auflaufs mit Gefängniß bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Thalern bestraft. liegt; ist dieses aber der Fall, so ist auch sofort der ganze Aufruhr vollendet: vgl. § 122 n 21; § 96 n. 14.

17. Ein Norddeutscher, welcher sich im Auslande an einem Aufruhr be­ iheiligt, wird von der Strafe des § betroffen; vgl. da- Nähere Thl. II. Abschn. 6 n. 1 (f. 219). 18. In Betreff deS während eines Belagerungszustands vorkommenden Aufruhrs vgl. Pr. Gef v. 4. Juni 1851 §§ 8—10. 19. Ueber die Statthaftigkeit der Untersuchungshaft während der Vor­ untersuchung wegen Aufruhrs vgl. N. StPO. § 110.

§116.

1. Ueber den Begriff der „Menschenmenge" vgl. § 85 n. 10ff. 2. Daß die „Menschenmenge" sich zusammengerottet (zu einem gemein« schaftlichen unerlaubten Handeln verbunden) habe, wird nicht erheischt: ZI. 9. Aug. 56 c. SzabrieS. 3. Ebensowenig bedarf eö zum Thatbestände deS Auflaufs irgend einer Ruhe­ störung Seitens der Menge; die Gefahr, eine solche könne erfolgen, genügt um die Aufforderung der Entfernung zu rechtfertigen; contra TG6. s. 167. 4. Dre Menge muß auf „öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen" b. h. auf den für den allgemeinen Verkehr bestimmten Räumen unter freiem Him­ mel versammelt fein; gleichgültig ist es dagegen, ob diese Räume im Znnern eines bewohnten Ortes sich beftnden oder außerhalb eines solchen. 5. Die Aufforderung muß „von dem zuständigen Beamten oderB efehls. Haber der bewaffneten Macht" ausgehen; insbesondere ist auch das Einschreiten deS letzteren durch feine Zuständigkeit bedingt: Stenogr Ber. f. 434. 6. Als zuständig ist derjenige Civil-Beamte anzusehen, welchem die Lei­ tung der Polizei an dem betr. Orte obliegt, sowie sein Stellvertreter. Unter­ geordneten, nur zur Vollstreckung berufenen Beamten (Polizeidienern, Genödarmen rc. vgl. § 113) wird diese Besugniß nicht zustehen, wohl aber den höheren, der OrtsPolizeibehörde vorgesetzten Beamten. 7. Ist Seitens der zuständigen Polizeibeamten (n. 6) militärische Hülfe requi. ritt worden, so muß der Befehlshaber der hierzu kommandirten Truppen für zuständig erachtet werden, die Aufforderung zu erlassen. 8. Dasselbe gilt von dem Befehlshaber einer militärisch ausgestelltest Wache oder ausgesendeten Patrouille; vgl. Pr. Ges. v. 20. März 1837; AKO. vom 29. Sept. 1846. 9. Die „Auffordernng" muß an die „mehreren versammelten Perso­ nen" ergangen sein; die Nichtbefolgung einer individuell an einen Einzelnen ge­ richteten Aufforderung fällt nicht unter dieftn §; so: VI. 22. April 53 c. Juda (GA. I, 388). 10. Im Uebrigen fehlt eö an allgemeinen Vorschriften über die Form der zu erlaffenden Aufforderung; sie wird in einer Weise zr bewirken sein, daß sie, soweit als möglich, der „versammelten Menge" verständlich wird. Landesgesetzliche Vor­ schriften, welche diese Form regeln, sind in Kraft verblieben (sie enthalten keine straf­ rechtliche Bestimmung); dagegen ist die sich an den Tit. 20 Thl. II. ALR. an­ schließende (einen anderen Zweck verfolgende) Pr. AKO. v. 17. Aug. 1835 (GS. s. 170) § 8 für beseitigt zu erachten; vgl. Vdn. v. 15. April 1848 § 15 (GS. s. 101). welche dieselbe für das Gebiet des Rheinischen Rechts außer Kraft sehte; Motive z. Pr. StGB. s. 31; KB. II. s. 13.

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Thl. II. Abschn. VI.

Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 116.117.

Ist bei einem Auflaufe gegen die Beamten oder die be­ waffnete Macht mit vereinten Kräften thätlicher Widerstand geleistet oder Gewalt verübt worden, so treten gegen diejenigen, welche an diesen Handlungen Theil genommen haben, die Strafen deö Aufruhrs ein. II.Gntro.: §97; 11.Cntw.: §114; Pr. StGB.: 92]. Dgl. §113—115. Prensttn: Dgl. Grs. ». 2V. Mär, 1837 Dgl. § 186.187.231; Bund.-Nachdr.-Ges. v. 11. Ium 1870 § 18. 19. den; vgl. Abs. 2. Danach hatte die ganze Bestimmung eigentlich gar nicht im StGB, ihre Stelle finden sollen, da sie in materieller Beziehung dem Civilrechte angehört, die Ueberwetsung der Entscheidung an den Strafrichter aber eine pro­ zessualische Regelung der Sache nothwendig macht, für welche eö jetzt tn dem grötzlen Theile des Bundesgebiets an allen Anhaltspunkten fehlt. Es kaun daher nicht fehlen, daß die Handhabung dieser und der entsprechenden Vorschrift de- §231 (sowie de- B. Rachdr.-Ges. v. 11. Ium 1870 §§ 18. 19) auf große Schwierigkeiten stoßen wird, so lange nicht nähere, da- Verfahren regelnde Vorschriften ergangen sind. 2. Aus der Aufnahme des § m da- StGB., sowie aus der Bezeichnung der zu erlegenden Geldsumme als „Buße" (Motive f. 104: „Privatbuße'', nn Gegen­ satze gegen die „öffentliche «Strafe") ist zu entnehmen, daß man diese Maß­ nahme zum Tbeü auch unter den Gesichtspunkt der Bestrafung gebracht hat. Das ist insoweit von Erheblichkeit, als es sich nur von diesem Gesichtspunkte aus rechtfertigen läßt, den Rechtsmitteln der Staatsanwaltschaft die Bedeutung bei­ zulegen, daß durch dieselben der Richter der höheren Instanz mit dieser Seite der Sache besaßt werde, ohne daß ihm eine relative Rechtskraft entgegenstände; vgl. n. 19. 3. Der § ist für den Richter fakultativ gefaßt (: „sonn .. ."; den Strafrichtn zu ermächtigen .. .": Motive f. 104). Die ganze Maßnahme unterliegt somit dem Ermessen des Strafrichters, welcher das betr. „verlangen" des Beleidigten ab­ lehnen kann, wenn er findet, daß keine Veranlassung vorliege, von der ihm ertheil­ ten Befugniß Gebrauch zu machen. 4. Aus die Buße kann nur „auf Verlangen" deS Beleidigten erkannt, sie soll demnächst an ihn „erlegt" werden. Daraus folgt, daß den andern Personen, welchen das Gesetz ein felbstsiändigeS Recht beigelegt hat, me Strafverfolgung zu beantragen (§ 65 Abs. 2. 195. 232) die gleichen Befugnisse nicht beigelegt worden sind; sie können jenes Verlangen nicht aussprechen und ebensowenig ihrerseits die Buße erwerben. Dagegen kann der Beleidigte (oder sein gesetzlicher, seine Ver­ mögensrechte wahrnehmender) Vertreter jene- Verlangen auch dann stellen, wenn der Strafantrag nicht von ihm, sondern von einem Andern ausgegangen war; vgl. n. 6; § 200 n. 8. 5. Das Gesetz spricht sich nicht darüber aus, wann und wie das „Verlangen" der Buße durch den Beleidigten kundzugeben sei; es muß daher genügen, wenn dasselbe irgendwie im Laufe deS gerichtlichen Verfahrens in unzweifelhafter Weise zur amtlichen Kenntniß des Richters gebracht ist. Insbesondere darf nicht verlangt werden, daß die Partei zu diesem Ende unmittelbar vor dem erkennenden Richter als Partei auftrete und als solche einen förmlichen Antrag stelle, da nicht alle Strafprozeßgesetzgebungen dem Verletzten em solches Austreten als Partei im Straf­ verfahren gestalten. Muß es dann aber da, wo dieses nicht der Fall ist, für zulässig erachtet werden, in anderer Weise (und somit auch meinem andern Stadium des Verfahrens) jenes „Verlangen" wirksam auszusprechen, so würde ev sich (vom Standpunkte der gleichmäßigen Anwendung de- BundeS-GesetzeS tm ganzen Bun­ desgebiete) nicht rechtfertigen lasten, in denjenigen Landeötheilen. in welchen eS dem Verletzten gestattet ist, im Strafverfahren als Partei aufzutreten, die Ausübung jener Befugniß von der Emschlagung diese- Weges abhängig zu machen. — Demgemäß genügt es, wenn jenes „Verlangen" vor oder im Laufe des Vorverfahrens in einer Eingabe oder zu gerichtlichem Protokolle ausgesprochen worden ist. 6 Das „Verlangen" einer Buße ist an und für sich an eine Frist nicht gebunden; insbesondere ist die für den Strafantrag tm §61 bestimmte Frist hier nicht anwendbar. Hat aber der Verletzte die rechtzeitige Stellung des Antrags

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Thl. II. Abschn. XIV. Beleidigung. - § 188.

(§ 61.194) verabsäumt, kann also wegen der durch die That ihm zugefügten Ver­ letzung eine Verfolgung und Bestrafung nicht stattfinden, so fällt bannt auch die Verurtheilung zu emer an jenen zu erlegenden Buhe weg, sollte auch aus den An­ trag eines andern Mitverletzten ein Strafverfahren eingeleitet und in diesem auch von jenem die Zusprechung einer Buße verlangt sein; vgl. § 61 n. 33. 7. Nach dem Gesagten (n. 6) kann das Verlangen so lange wirksam aus­ gesprochen werden, als noch keine (relativ bindende) Entscheidung Über die Bestra­ fung ergangen ist. Dagegen dürste (in Ermanglung positiver, des Gegentheil ge­ stattender prozefinaltscher Vorschriften) nach der Verkündung des Urtheils erster Instanz das Anbringen des Verlangens nicht mehr statthaft fein, sollte die Sache auch in Folge eines Rechtsmittels an denselben oder an einen höhern Instanzrichter gelangen. 8. Das Verlangen auf Zusprechung einer Buße kann an den Strafrichter nicht mehr gerichtet werden, wenn vorher schon eine Klage auf Entschädigung wegen derselben That vor dem Civtlrichter anhängig gemacht worden ist. Dasselbe müßte in einem solchen Falle als „unannehmbar" zurückgewiesen werden. Dagegen steht (in Ermangelung positiver, dieses ausschließender Prozeßvorschristen) Nichts ent­ gegen, daß der Beleidigte seine Civilklage zurücknehme, um dann tm anhängig gemachten Strafverfahren die Buße zu beanspruchen. 9. Das Verlangen der Zusprechung einer Buße kann, so lange darüber noch mcht erkannt worden ist, von dem Beleidigten jederzeit zurückgenommen werden, um demnächst den Entschädigungsanspruch im Civilwege zu verfolgen. Dagegen fallt mit der ersten Entscheidung Über jenes Verlangen jenes Recht weg, weil nach Abs. 2 die „erkannte Buße" einen weitern (tm Civilwege zu verfolgenden) Entschä­ digungsanspruch ausschließt und diese Wirkung nicht durch die Zurücknahme des früher ausgesprochenen Verlangens aufgehoben werden kann; vgl. auch die analoge Vorschrift des § 64. Demgemäß findet auch die durch Art. 441 der K. Sächs. StPO, bis zur Rechtskraft der Entscheidung gewährte Gestattung der Zurück­ nahme des „Anschlußes« des Beschädigten an daS Strafverfahren hier keine Anwen­ dung. — Das Gesagte leidet aber insoweit eine Ausnahme, als der Beleidigte, nachdem er im Wege der Privatkloge eine Verurtheilung erwirkt hatte, seinen Straf­ antrag vor dem Anfange der Vollstreckung zurücknimmt (§ 194), weil mit der dann eintretenden Unwirksamkeit des StrafurtheilS auch die verhängte Buße in Wegfall gerath. Dagegen kann auch m einem solchen Falle der Beleidigte (arg. § 188 Abs. 2) nicht lediglich die Zusprechung der Buße durch Zurücknahme deö betr. Ver­ langens wieder beseitigen. 10 Die Zusprechung der Buße ist durch den Nachweis bedingt, daß durch die Beleidigung nachtheilige Folgen für die Vermögensverhältnisse, für den Erwerb oder für das Fortkommen des Beleidigten herbeigeführt worden find. ES muß also eine ungünstigere Gestaltung der Vermögenslage eingetreten sein; daS Gefühl der erlittenen Kränkung genügt dazu nicht; em (. g. Schmerzengeld kann in diesem Verfahren nicht zugesprochen werden; (anders im Falle des § 231; vgl. dort n. 3). — Der Znstanzrichter muß sonach die Frage, ob solche VermögenSnachtheile eingetreten find, von Amiswegen zum Gegenstände seiner Prüfung machen und dar­ über eine ausdrückliche (positive oder negative) Feststellung treffen. 11. Trifft die gedachte Bedingung (n. 10) zu, so ist der Instanzrichter bei der Zusprechung der Buße an den Betrag deS zugefügten VermögenSschadenö nicht weiter gebunden, da er eben eine „Buße", also eine Civilstrafe und nicht einen Schadenersatz verhängen soll. Offenbar ging der Hauptzweck bei ganzen Vorschrift dahin, dem Richter bei Abmeffung jener Buße ein freies (Ermessen (bis zum Be­ irage von zweitausend Thalern) zu gewähren und so die Schwierigkeiten zu beseiti­ gen, welche entstehen, wenn der genaue Nachweis des Quantums eines durch eine Beleidigung re. erlittenen VermögenSschadenS verlangt wird. Natürlich steht aber für den Richter Nichts im Wege, den Betrag bet erlittenen Schadens (soweit er ihn übersehen kann), bei der Abmessung zu berücksichtigen. 12. Der Strafrichter kann auf die Buße nur „neben der Strafe", also nur in dem die Strafe verhängenden Urtheile erkennen. Es steht ihm sonach nicht zu, über die Strafverfolgung vorweg zu entscheiden, und erst später, etwa nach einer vorgängigen Beweiserhebung in Betreff des erlittenen VermögenSschadenS, in einem Nachtragserkenntniffe die Buße zu- oder abzusprechen.

Thl. II. Abschn. XIV.

Beleidigung. - § 188.

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13. Ebensowenig kann er den Anspruch auf die Buße theilen, ihn sür ge­ wisse Seiten des erlittenen Vermögensnachtheils gewahren, während er ihn für an­ dere ablehnt; er kann feint Cvaluirung nur im Ganzen walten lassen. 14. Der § gestattet aus die Buße zu „erkennen". Es ist daher unstatt­ haft, sie durch bloße Verfügung festzusetzen, sollte es auch nach den maaßgebenden Strasprozeßgesetzen statthast seht, die Strafe in der gedachten Weise (vorbehaltlich der Provokation aus den kontradiktorischen Rechtsweg) zu verhängen; vgl. Pr. Ges. v. 3. Mai 1852Art. 122—128; Pr. Ges. v. 14. Mat 1852; N.Clnf.-Bdn. z.Pr. StGB, v. 25. Juni 1867 Art. III. J; N. StPO. § 359-363; K Sächs. StPO. Art. 368a 438; der letztere Artikel findet sonach auf die „Buße" der §§ 188 und 231 keine Anwendung. 15. Findet der Jnstanzrichter keine Veranlassung die Buße zuzusprechen, sei eS, weil er Überhaupt einen erlittenen Dermögenönachtheil nicht für erwiesen erach­ tet, sei eS, weil er nicht genügende Anhaltspunkte für die Abmessung der Buße ge­ funden hat, so muß er sich darauf beschränken: „daS Verlangen des Beleidigten abzulehnen"; insbesondere darf er den erhobenen Anspruch nicht ,.zum Civilversahren verweisen", weil die eventuelle Klage vor dem Civilrichter aus etwas ganz Anderes (: auf „Schadensersatz" und nicht auf „Buße") gerichtet werden müßte. 16. Die „erkannte Buße" schließt die Geltendmachung eines weiteren Ent­ schädigungsanspruchs aus: Abs 2. DaS würde selbst dann gelten, wenn der Straf­ richter ausdrücklich ausgesprochen hätte, daß die zugesprochene Buße nicht den gauzen erlittenen Verm'ögensschaden decke, oder wenn er sogar die Geltendmachung emeS weiter gehenden Entschädigungsanspruchs vorbehalten hätte: der Richter kann die einer Entscheidung vom Gesetze beigelegte Wirksamkeit nicht durch eigenmächtige Zu­ sätze beeinträchtigen. 17. Nur die Zuerkennung der Buße, nicht ihre Versagung schließt weitere Entschädigungsansprüche auS. Das gilt selbst dann, wenn der Strafrichter die Buße deshalb versagt hat, weil nicht dargethan sei, daß dem Beleidigten Nachtheile er­ wachsen seien, oder wenn er es sogar für erwiesen erachtet, daß derselbe keine Nach­ theile erlitten habe. Eine solche Entscheidung würde dem (tm Strafverfahren nicht als Partei aufgetretenen) Beleidigten gegenüber, keine Rechtskraft begründen. — Ob dasselbe auch dann gelte, wenn der Strafrichter von der Strafverfolgung frei­ gesprochen hat, weil die Beleidigung nicht erwiesen worden, hängt von der bestrittenen Frage ab, ob eme solche freisprechende Entscheidung des Strafrichters demnächst für den Eivilrichter bindend fei; sie ist m Ermangelung positiver, sie lösender Vorschriften, zu verneinen; vgl. Erk. Pl. d. OTr v. 15. Dez. 56 (IMbl. 57 s. 59); BI. 14. Apr. 69 (NdO. X, 507). — Dagegen dürste einem verurtheilenden Straferkenntnifse tm späteren Civilverfahren eine beweisende Kraft (wenigstens bis zum Gegenbeweise) Nicht abzusprechen sein; vgl. in dieser Beziehung § 190, welcher aber eine unbedingte analoge Anwendung für unsern Fall nicht gestattet. 18. Ergreift der Verurtheilte ein Rechtsmittel, so richtet sich dieses selbst­ verständlich auch gegen die ihm zur Last gelegte Buße. Es würde ihm nicht ein­ mal gestaltet sein, von dem gegen daö Strasurtheil gerichteten Rechtsmittel die ver­ hängte Buße auszuschließen. 19. Aehnlich verhält es sich mit den Rechtsmitteln des Staatsanwalts. Erfolgt auch die Verurtheilung zur Buße nur auf „das Verlangen" des Verletzten, so bildet doch auch sie einen Theil der vom Staatsanwalt verfolgten Bestrafung (vgl. n. 2). Dieser kann daher ein Rechtsmittel auch lediglich zu dem Zwecke ergreifen, um m Betreff der „Buße" eine andere Entscheidung herbeizuführen. Auch bringt ein von ihm ergriffenes Rechtsmittel die Sache in ihrer Vollständigkeit vor den höheren Richter, welcher dadurch dieselben Befugnisse erlangt, welche der erste gehabt hatte; er kann also die Buße verhangen, selbst wenn der erste Richter ganz freigesprochen, oder die Zusprechung der Buße abgelehnt hatte; vgl. K. Sächs. StPO. Art. 448. —Auch hier würde der Staat-anwalt nicht befugt sein, die (zugesprochene oder versagte) Buße von seinen Rechtsmitteln auszuschließen; vgl. Oppenh. Strafverf. Abschn. IV. s. 450 n. 3; RdO. IV, 111; VI, 363. 440; VIII, 168; X, 661. — Ob das Gesagte auch in denjenigen Bundesstaaten gelte, wo das Strafprozeßgefetz (z. B. K. Sächs. StPO. Art. 446) ausdrücklich dem Staatsanwalt (und dem Beschädigten)

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Lhl. II. Abschn. XIV. Beleidigung. — § 188.

gegen die (tm Anschlußversahren ergangene) Entscheidung deS Strafrichter« über die Erjatzfrage jede« Rechtsmittel abspricht, dürste -weiselhaft (ein. Die Eonsequenz de« Grundsatzes, daß auch die Buße eine Strafe darstellt, spricht unzweifelhaft für die Bejahung; r« läßt sich aber nicht leugnen, daß dadurch ein eigenthümliche« Mißveryältmß gegenüber dem Falle entsteht, wo der förmliche Ersatzanspruch im Anschlußverfahren erhoben worden ist; vgl. n. 24. 20. Erfolgt in der höheren Instanz resormatorisch eine Freisprechung, so fällt damit auch die in der ersten zugesprochene Buße fort; der höhere Richter ist in diesem Falle gar nicht befugt, die letztere bestehen zu lasten, sollte er auch an­ nehmen, daß die Handlung de« Angeschuldigten, wenn auch nicht beleidigend und so­ mit nicht strafbar, doch dem Anderen einen VermögenSnachtheilder tm § erwähnten Art zugefügt habe. 21. Wird da« die Buße zusprechende Urtheil deshalb nicht rechtskräftig, weil der Angeschuldigte vor diesem Zeitpunkte verstorben ist, so verliert damit auch der die Buße betreffende Theil destelben seine Kraft; da« Verfahren kann dann nicht etwa gegen die Erden fortgesetzt werden, der Beleidigte kann vielmehr nur noch im Civilvertahren seinen Schadensersatzanspruch verfolgen. 22. Wenn auch die Zusprechung der Buße durch da« „Verlangen" des Be­ leidigten bedingt war; so erlangt der letztere dadurch doch ebensowenig die Stellung einer Partei im Verfahren, als durch das Anbringen de« zur Verfolgung erforderlichen Strafantrags (vgl. n. 4). Er ist also nicht befugt, im Verfahren aufzu­ treten, Anträge zu stellen, Beweismittel beizubringen und Rechtsmittel gegen die ergangenen Entscheidungen zu ergreifen. Sem Recht beschränkt sich eben aus das Ausjprechen des „Verlangens" einer Buße; er kann sich zwar auch an die Staatsanwaltschaft und selbst an daS Gericht wenden, um denselben diejenigen Mittheilungen zu machen, welche seiner Meinung nach eine Berücksichtigung verdienen; insbesondere kann er jener in Betreff der Thatsache, daß er einen VermögenSschaden erlitten, und m Betreff der Höhe destelben Beweismittel an die Hand geben, und die Staatsanwaltschaft um Ergreifung eines Rechtsmittels ersuchen. Alle- dieses ist dann aber für die gedachten Behörden m keiner Weise maaßgebend; sie können alle derartigen Mittheilungen vollständig unberücksichtigt lasten ohne dadurch gegen einen Rechtsgrundsatz zu verstoßen, da in den gedachten Beziehungen Alle- ihrer eigenen Beurtheilung überlasten ist. 23. DaS bisher (n. 1—22) Ausgeführte gilt im ganzen Bundesgebiete, also auch in denjenigen LandeStheilen, m welchen die Prozeßgesetzgedung dem Verletzten eine Betheiligung am Verfahren als Partei und selbst die Verfolgung des Ctvil-EntschädigungSanspruchS im Strafverfahren gestattet. Auch dort kann derselbe von dieser ihm ertheilten Besugmß absehen, und sich aus das „Verlangen" der Buße beschränken (vgl. n. 5). Dagegen werden ihm durch § 188 die m den Prozeßgesetzen ertheilten weiter gehenden Befugniste nicht entzogen; er kann dieselben eventuett auch benutzen, um seinerseits (als Partei) die Zusprechung der Buße zu verfolgen. 24. DaS gilt zunächst von denjenigen LandeStheilen, in welchen die Verfolgung deS CivilentschädigungSanfpruchS im Strafverfahren überhaupt, fei es (wie im Rheinischen Verfahren) in der Form einer die Initiative ergreifenden (vor den Strafrichter gebrachten) „Crvilttage", sei es (wie z. B. nach der K. Sächf. StPO. Art. 434 fgg.) im Wege eines „AnschluffeS des Beschädigten an daS Strafverfahren", gestattet ist. Hier har dann der Verletzte eine doppelte Befugniß: er kann entweder ganz nach Maaßgabe jener Prozeßgesetze den förmlichen vollständigen Entschädigungs­ anspruch, wie er ihn auch vor dem Civilrichter erheben könnte, (also ohne die Be­ schränkung aus den Höchflbetrag von zweitausend Thalern) im Strafverfahren gel­ tend machen, über welchen dann ganz nach Anleitung der geltenden Landeögeseye zu erkennen ist, ohne daß dabei § 188 des StGB, irgendwie in Betracht tarne. Er kann aber auch feinen „Antrag" dahin richten, ihm die durch § 188 gewährte „Buße" zuzusprechen, da diese für ihn unzweifelhaft den Charakter eines Civilänspruch« behält. Thur er da«, so werden ihm auch hier alle durch die betr. Prozeßgesetze gewährten prozessualischen Befugnisse zu Theil; er ist also Partei im Prozeste, kann Anträge pellen, Beweismittel vorbringen, Rechtsmittel ergreifen rc., so-

Thl. II. Abschn. XIV.

Beleidigung. - § 188.

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weit diese- jenen Prozeßgesetzen entspricht, — während in materieller Beziehung also für die zu treffende Entscheidung selbst und ihre Wirkungen. § 188 selbstverständlich maaßgebend wird. Daraus folgt, daß z. B. nach dem im Königreiche Sachsen geltenden Verfahren (StPO Art. 446) der Beschädigte, welcher sich dem Strafver­ fahren „angeschloffen" hat, auch gegen den die Buße betreffenden Theil der erge­ henden Entscheidungen ein Rechtsmittel nicht ergreifen kann; vgl. n. 19 o. E. — icht nur auf die Verhängung, sondern anch auf die Vollstreckung der Strafe. ES gehören daher auch solche Hand­ lungen hierher', welche dahin abzielen, die Strafvollstreckung zu verhindern: VI. 29. Febr. 56 c. Krentsch (JMbl. s. 110). Hiernach macht sich derjenige des Ver­ gehens schuldig, welcher absichtlich dem gerichtlichen Verfahren BelastungSdeweiSmittel entzieht; nicht minder aber auch derjenige, welcher sich unter fälschlicher Annahme des Namens des Verurtheilten zur Verbüßung der verhängten Freiheitsstrafe ge­ stellt. Dagegen scheidet nothwendig Alles aus, was sich als Akt der statthaften Vertheidigung in dem gesetzlich geregelten Verfahren charakterisirt; eS kann daher die Thätigkeit des dem Angeklagten zur Seite stehenden Vertheidigers als solchen me unter das Strafverbot fallen. Dasselbe gilt auch von demjenigen, wel­ cher dem Verurtheilten behülflich ist, im Wege der Begnadigung einen Straferlaß zu erzielen. Da das Gesetz einen solchen Gnaden - Straferlaß als em unbegränztes Vorrecht der Krone betrachtet, so kann ein solcher me als ein „Entziehen der Strafe" aufgefaßt werden; selbst da« auf Täuschung berechnete Vorbringen un­ wahrer Thatsachen in einem Begnadigungsgesuche gehört nicht hierher, zumal der § in Betreff der benutzten Mittel keine Unterscheidung macht; er seht cm nicht im legalen Wege bewirkte« „Entziehen" voraus, und daö kann der Gnaden­ erlaß schon deshalb nicht «sein, weil derselbe'lediglich'auf der inneren Entschließung des Landesherrn beruht, welche sich jebet Nachprüfung Seitens eines Richters ent­ zieht; contra: ZI. 15. Sept. 67, ZI. 4. Mai 70 (RdO. VIII, 538; XI, 283); Abh. m GA. XVIII, 394). 12. Als „Bestrafung" sind auch die durch die Landespolizeibehörde zu hanbabenden „Stellung unter Polizeiaufsicht", oder „Unterbringung m em Arbeitshaus" (§ 362 Abf. 2) anzusehen: Befchl. I. 22. Juni 59 c. Stahlkops (107 B; GA. VII, 542). 13. Der Beistand muß zu dem Zwecke geleistet fein, um die im § erwähnlen Folgen herbeizuführen; daß dieser Zweck erreicht worden sei, ist nicht erforder­ lich: ZI. 15. Sept. 67 (RdO. VIII, 538); eS liegt daher in einem solchen Falle nicht etwa blos em (strafloser) Versuch des Vergehens vor.

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Thl. II. Abschn. XXL

Begünstigung und Hehlerei. — § 257.258.

§. 238 Wer seines Vortheils wegen sich einer Be­ günstigung schuldig macht, wird als Hehler bestraft, wenn der Begünstigte 1) einen einfachen Diebstahl oder eine Unterschlagung be­ gangen hat, mit Gefängniß, 2) einen schweren Diebstahl, einen Raub oder ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen begangen hat, mit Zucht­ haus bis zu fünf Jahren. 14. Zur Bestrafung der Begünstigung ist es nicht erforderlich, daß der beglinstigle Thäter ermittelt fei. Ebensowenig wird erheischt, daß der Begünstigende den Begünstigten gekannt, und mit ihm in unmittelbarer Verbindung gestanden habe: man kann durch Vermittelung emeS Dritten auch einen Unbekannten begünstigen, z. B. wenn man sich von Leuten, welche selbst nicht Diebe, sondern Hehler sind, dazu gebrauchen läßt, für die Diebe die gestohlene Sache zu veräußern: ZU. 16. Juni 53 c. Freitag (GA. I, 578). 15. Die alternative Androhung einer Geldstrafe fallt fort, wenn der Begün­ stiger „seine- eignen Vortheils wegen" handelte, wenn er also für sich selbst einen materiellen Gewinn suchte; dieser Vortheil braucht nicht ein (bleibender) Ver­ mögensvortheil zu fein, auch ein vorübergehender Genuß kann genügen. — Da­ gegen versteht es sich von selbst, daß die bloße Betheiligung an den Vortheilen deS Vergehens noch nicht strafbar ist, wenn nicht auch die übrigen Voraussetzungen der Begünstigung (oder der Hehlerei) zutreffen. 16. Die einem Diebe (Unterschtager, Räuber) deS „eigenen Vortheils wegen" geleistete Begünstigung nimmt den Charakter der Hehlerei an; vgl. § 258. 17. Die Begünstigung eines Diebes (Unterschlagerö) ist selbst dann unbe­ dingt strafbar, wenn m der Person deS Hauptthäters besondere Gründe obwalten, welche denselben straflos oder seine Verfolgung von einem Strafantrage abhängig machen: § 247 Abs. 3. 18. Ueber den Begriff der „Angehörigen" vgl. § 52 Abs. 2. 19. Die Begünstigung eines fremden Thäters ist selbst dann strafbar, wenn sie geschah, um einen mitschuldigen Verwandten der im Abs. 2 erwähnten Art der Strafe zu entziehen: DI. 1. April 57 c. Eipel; ZI. 27. Jan. 58 c. Maaß. 20. Im Abs. 3 bedeuten die Worte: „vor Begehung der That": vor Vollendung der That: BGr. § 54; HS. II, 557; vgl. n. 7. 21. Liegen die Voraussetzungen des Abf. 3 vor, so ist der Fall ganz als „Beihülfe zum Vergehen" anzusehen und zu behandeln.

§258. 1. Dieser $ behandelt diejenige Hehlerei (t. e. S.), welche der Person deS bei einer Strafthat Betheiligten geleistet wird, während § 259 diejenige Hehlerei (Partirerei) zum Gegenstände hat, welche sich nur auf die durch eine Strafthat erlang­ ten Sachen bezieht 2. Auch hier läßt sich grundsätzlich nicht bezweifeln, daß sich auch derTheilnehmer an einem Diebstähle durch demnächstige Begünstigung eines andern Tbetlnehmers einer Hehlerei (t. e S.) schuldig machen kann; vgl. § 257 n. 4; contra: DPl. 29. Okt. 55 c. Burchardt (Entsch. 31 s 241); VII. 7. Apr. 64 (RdO. IV, 442); vgl. Antr. d. GStAnw.'S z. cit VPl. (GA. III, 757), welcher im Falle einer An­ stiftung und demnächstiger Hehlerei Realkonkurrenz annahm., — Hiernach dürfte das oben f. 98 n. 19 Gesagte zu berichtigen fein. 3. Der § 258 setzt den vollen Thatbestand der Begünstigung voraus; eS sind daher die Bemerkungen zu §257 zu vergleichen. — Im Uebrigen macht eS keinen Unterschied, ob die That geschah, um den Dieb :c. der Bestrafung zu entziehen oder uni ihm die Vortheile seiner That zu sichern: ZPl. 9. Okt. 54 c. Cornelius (Enlfch. 29. f. 252).

Thl. II. Mschn. XXI

Btgünstigung und Hehlern. — § 258.

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Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­ nißstrafe nicht unter drei Monaten ein. Diese Strafvorschriften finden auch dann Anwendung, wenn der Hehler ein Angehöriger ist. [I.Gntio.: § 234; II.Ent.: § 253; Pr. StGB..- §237. 238]. Vgl. §257.260-262. 244. 245. 247. 32. Preußen: Dgl. HDGes. v. 2. Juni 1852 § 6.

4. Der Hehler muß wissen, daß der Begünstigte eine der unter Nr. 1 und 2 aufgezählten Strasthaten begangen habe; dagegen bedarf es auch hier nicht einer speziellen Kenntniß von der Natur der begangenen Strasthat und von den besonderen Umständen ihrer Berübung: HS. II, 562; vgl. 257 n. 9; eS genügt daher zur An­ wendung der Nr. 1, wenn der Begünstigende wußte, daß der Begünstigte sich einer Diebstahls oder einer Unterschlagung schuldig gemacht habe, sollte er auch nicht ge­ naue Kenntniß davon haben, ob das eine oder daS andere der Fall sei; ebenso schließt cm m Betreff dieser Alternative bei ibm obwaltender Irrthum die Bestra­ fung nicht auS; vgl. Sächf. GZ. IX, 122—217. Aehnlich verhält es sich mit dem Falle der Nr.2. Diesem Grundsätze entsprechend kann auch die thatsächliche Feststellung m Betreff des DoluS alternative getroffen werden: ZI. 4. Juli 62 (RdO. 11, 515). 5. Waltete beim Begünstiger cm Irrthum über die vom Begünstigten ver­ übte Strafihat ob (n. 4), so kann ihn eine Strafe nur insoweit treffen, als der objektive Thatbestand mit seinem Wissen (Meinen) im Einklänge steht. Sonach trifft ihn nur die Strafe der Nr. 1, wenn er den Urheber emeS schweren Dieb­ stahl« rc. in der irrigen Meinung begünstigte, der,elbe habe sich nur emeS einfachen Diebstahls oder einer Unterschlagung schuldig gemacht, oder wenn er umgekehrt irri­ ger Weise meinte, der vom Begünstigten verübte einfache Diebstahl rc. sei em schwe­ rer gewesen. Ebenso verwirkt m Preußen derjenige, welcher den Urheber eines au« dem StGB, zu bestrafenden Diebstahls an Holz in der Meinung begünstigt: derselbe habe sich emeö „Holzdiebftahlö" schuldig gemacht, nur die Strafe deö § 6 des HDGf.'S v. 2. Juni 1852. jedoch mit der Maßgabe, daß an die Stelle der even­ tuellen Forstarbeit Gefängnißstrafe tritt, weil cs hier an demjenigen fehlt, welchem Forstarbeit geleistet werden konnte: ZI 21. März 66 (RdO VIII, 183); vgl. v. 12. 6. Die Anwendbarkeit des § ist in keiner Weise durch eme persönliche Be­ taun tschäst deS Hehlers mit dem Diebe rc. bedingt: ZI. 30 Jan. 56 e. Neumann. 7. Der Thatbestand der Hehlerei ist hier wesentlich dadurch bedingt, daß sich der Begünstigte einer der unter Nr. 1 und 2 ausgezählten Strasthaten schuldig ge­ macht habe; eS bedarf daher der ausdrücklichen Feststellung der BegriffSmerkmale des betr. Bergehens, insoweit die zutreffenden Strasprozeßgesetze überhaupt dem In­ stanzrichter rc. eine derartige erschöpfende Feststellung zur Pflicht machen: DI. 6. Sept. 67 (RdO. VIII. 486: Schwurgerichtssache); contra: ZI. 9. Juli 69 (RdO. X, 495). welches eme Feststellung nach der generijchcn Benennung der Strasthat für ausreichend erachtete. 8. Dagegen bedarf es nicht der namhaften Bezeichnung des HaupttbäterS in der Feststellung; der Hehler kann bestraft werden, auch wenn die Person deS Diebe« rc. selbst nicht ermittelt ist: ZI. 12. Mat 69 (RdO. X, 313).; vgl. n. 6. 9. Die Strafbarkeit des Hehlers ist durch die des Begünstigten nicht bedingt, sohalh mzr feststeht, bpß ,der letztere eine, der im § aufgezählten Straltbaten began­ gen hatte. ES ist'daher gleichgültig, ob in der Person de« Begiinstigten irgend ein für ihn individueller Grund existirt, welcher [eme Bestrafung ausschließt; z. B. wenn seine Handlung, weil sie im Auslande von einem Ausländer verübt worden, im Jnlande nicht zu bestrafen ist: ZI. 7. Sept. 53 c. Riemann (GA. I, 579). — Das gilt namentlich von den im § 247 Abs. 1 und 2 gedachten Umständen; sie berühren den Hehler nicht, wenn dieser selbst nicht m einem der gedachten Verhältnisse steht 10. DoranSgesetzt wird, daß der Hehler „seines Dortheils wegen" handle; dieser Vortheil braucht aber nicht ein (bleibender) DermögenSvortheil zu sein; eS ge­ nügt daher ein augenblicklicher Genuß z B. eine Bewirthung — ES ist auch nicht erforderlich, daß der gesuchte Dortheil erreicht sei; eS reicht ans, wenn der Hehler be­ günstigte, um für sich einen Dortheil zu erlangen. Bunde--Strafgesetzbuch.

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Thl. II. Abschn. XXI. Begünstigung und Hehlerei. — § 259.

§. 259. Wer seines Vortheils wegen Sachen, von denen er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß sie mittels einer strafbaren Handlung erlangt sind, verheimlicht, ankauft, zum Pfande nimmt oder sonst an sich bringt oder zu deren Absätze bei Anderen mitwirkt, wird als Hehler mit Gefängniß bestraft. II. Entw.: §233; II. Ent. § 254; Pr. StGB. §237. 238]. Vgl. §260—262. Preußen: Bgl. HDGes. v. 2. Juni 1852 §6. 11. War die Begünstigung vor Begehung der Haupithat zugesagt, so werden in Idealkonkurrenz auch die §§ 257 Abs. 3 und 49 anwendbar. 12. In der Nr. 1 find unter „einsachem" Diebstahl nur die au- § 242 zu bestrafenden Handlungen zu verstehen (vgl. § 244), nicht also solche Entwendungen, welche nach einem m Kraft verbliebenen besonderen Gesetze lediglich als Uebertretungen zu bestrafen find, z. B. Feld- und Holzdiebstahle, oder tue im § 370 Nr. 5 erwähnten Entwendungen; das Pr. HDGes. v. 2. Juni 1852 § 6 bedroht die Heh­ lerei mit einer besonderen Strafe; vgl. n. 5. 13. Nebm der Gesängnißprase kann, wenn diese drei Monate erreicht, aus den Verlust der rc. Ehrenrechte erkannt werden: § 262. 32. 14. Jo der Nr. 2 deuten die Worte: „oder ein dem Raube gleich zu er­ achtendes Verbrechen" auf die tn den §§ 252. 255 vorgesehenen Falle. 15. Neben der Zuchthausstrafe kann auf Zulässigkeit der Polizeiaufsicht erkannt werden.- § 262. 16 Ja Betreff des Versuchs der unter § 258 Nr. 1 fallenden Hehlerei vgl. § 257 n. 13. — Der Versuch des unter Nr. 2 gedachten Verbrechens ist unbedenk­ lich strafbar.

§259. . Mttwirt-n. 23. 24. Ankauf. 17. 18. Annahme a. Zahlg 21. Annehme» muffen 9. An sich bringen 19—22. Befchlagn. Entzieh- 5. Dolu- 9—12. 27. Eintauschen. 20. Erlangung. 7. Feststellung. 9.

Inhalt. Finde». 7 11 10. Geschenknahme. 21. Gewabrsam 13. 14. Glaube, guter 7 12. 19. Hauptthäter, strafb. ? 28. Hehlerei, zweite. 7 25 Irrthum. 11. „nnttel-" e. Etrafthat 4. Partirerei 1 Pfandnahme. 17. 19 Sicherung. (3. 27.

Strafthat, vollend- 6 Theilnahme. 11. 22 30. - an Borthln. 21. Therlaehmer. 2. verheimlichen. 14—16. . Beihülfe. 16. versuch. 27. Verwerthung. 13 Vortheil. 3. 21. 27. Wißen. 9-12. Zeit? 12.

1. Dieser § behandelt den Fall der s. g. Partirerei. Ihr Thaibepaud kaun mit dem der Hehlerei i. e. S. (§ 258) zusammentreffen, wenn die Verheim­ lichung re. geschah, um dem Diebe die Vortheile seines Vergehens zu sichern. 2. Der Thäter (Mitthäter) einer Strafthat kann sich Nicht demnächst einer Hehlerei der dadurch erlangten Sachen schuldig machen; anders verhält es sich mit dem Anstifter und Gehülfen; sie können unzweifelhaft thatsächlich die Sache, welche der Thäter durch die Strafthat erlangt hatte, demnächst durch eme neue selbststän­ dige Handlung an sich bringen rc. und somit in realer Konkurrenz auch noch die Strafe der Hehlerei verwirken, da diese jetzt als efn von der That des Thäters ganz verschiedenes Vergehen aufzufassen ist: Antr. des GStAnw.'s zu DPl. 29. Okl. 55 c. Vurchardt (GA 111, 757) in Betreff des Anstifter«; contra: cit. BPl. (Entfch. 31. f. 241); DU. 7. Apr. 64 (RdO. IV, 442); vgl. § 258 n. S. 3. Ueber den Sinn der Worte: „feines Dortbeils wegen" vgl. § 258 n. 10. 4. Die Sache muß „mittels einer strafbaren Handlung" erlangt fein; es genügt, wenn die betr. Handlung eme Uebertretung darstellt: Motive f. 128. Somit gehören auch die aus Z 370 Nr. 5 oder aus der Pr. FPO. v. 1. Nov. 1847 zu bestrafenden Entwendungen und ähnliche Fälle hierher, insoweit nicht ein in Kraft verbliebenes besonderes Gesetz (z. B. Pr. HDGes. v. 2. Juni 1852 § 6) für die Hehlerei eine spezielle Strafandrohung enthält.

Thl. II. Abschn.

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Begünstigung und Hehlerei. — §

259.

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4a. Die Sache ist Mittels einer Strasthat „erlangt", wenn die Strasthat da« Mittel war, Lurch welches sich ein Unberechtigter die fremde Sache aneignete: vgl. TL. f. 966; BL. f. 343 Note 2. Demgemäß gehört der Fall nicht hierher, wo btc Sache durch die Strasthat geschaffen (Hervorgebracht) , oder m strafbarer Werse verändert worden ist (z. V. falsche« Geld). — Dagegen ist es nicht erforderlich, daß bie Besitzergreifung der Sache selbst eine widerrechtlrche und strafbare gewesen fei; es genügt, wenn dieselbe durch eine Strasthat erzielt, z. D. wenn der Inhaber durch Betrug, Gebrauch einer falschen Urkunde:c. veranlaßt worden ist, selbst die Ge­ wahrsam zu übertragen: Z1I. 21. Febr. 54 c. Falke. 5. An einer Sache, welche widerrechtlich einer Beschlagnahme entzogen worden (§ 137), ist Hehlerei nicht möglich, weil das Wesen jenes Vergehens nicht rn der widerrechtlichen Erlangung einer fremden Sache, sondern in dem Eingriffe in dre Amtshandlung liegt. 6. Eine Sache kann nicht eher verhehlt werden, bis die Handlung, durch welche sich ein Unberechtigter dieselbe aneignete, vollendet war. Jede frühere Thätigkeit emeö Dritten rn Beziehung auf dre Sache kann daher nur dann strafbar fein, wenn sie sich als Theilnahme an der Hauptthat darstellt; Beisp.: Ankauf einer fremden Sache von dem zur Ablieferung rc. verpflichteten Inhaber (Unterschlagung, Fund­ unterschlagung vgl. § 246 n. 61). 7. Dre Sache muß im Augenblicke der Verhehlung noch eine durch eine Strafthat erlangte fein, d. h. dre Gewahrsam desjenigen, von welchem der Hehler dre Sache empfing, muß ihren Grund rn der durch jene Strasthat bewirkten rechts­ widrigen Aneignung haben, die Wirkung der letzteren muß also noch fortdauern. Dagegen rst eS nicht erforderlich, daß der Hehler die Sache unmittelbar aus der Hand des Urhebers jener Strasthat erhalten habe; es kann daher eine bereits ein­ mal gehehlte Sache demnächst von einem Andern nochmals werter gehehlt werden: ZI. 10. Dez. 69 (RdO. X, 780). Dagegen ging das Pr. OTr. zu weit, wenn es entschied, daß eine Hehlerei auch dann noch vorliegen könne, nachdem die durch eine Strasthat erlangte Sache aus der Hand des Thäters in die erneS gutgläubigen Dritten übergegangen war (Zl. 6. Mai 53 c. Behnseld; Zl. 5. Dez. 56 c. Mader; ZI. 1. April 57 c. Beyer), oder wenn eS Hehlerei auch da annahm, wo Jemand die vom Drebe versteckte Sache gesunden und dann mrt Kenntniß vom Diebstahle ver­ heimlicht hat (ZI. 8 Nov. 64: RdO. VIII, 688); in beiden Fällen kann nur Unter­ schlagung (§ 246) angenommen werden. 8 In Betreff der Feststellung, daß dre Sache durch erne Strasthat erlangt sei, gilt auch hier das zu § 258 n. 7. 8 Gesagte. 9. Der Hehler muß „wissen", daß die Sache durch eine Strasthat erlangt sei. Diesem Wrffen ist es hier („aus praktischen Gründen": Motive s. 128) gleich­ gestellt worden, wenn der Hehler „den Umständen nach annehmen mußte", daß dem so ser, d. h. wenn er auch ohne spezielle Kenntniß nach Lage der Sache, doch au der Richtigkeit jener Thatsache für sich keinen Zweifel gehegt hat. Dagegen würde et nicht hinreichen, wenn der die Sache Verheimlichende, ohne gehörig über jene Frage nachzudenken, m leichtfertiger Weise, aber in Wahrheit ohne die strafbare Er­ langung der Sache zu kennen oder zu vermuthen, dieselbe verheimlicht hat 10. Das Wissen (n. 9) braucht auch hier nicht in einer Kenntniß von der Ion» treten Strasthat (ihrem Charakter, ihrem Urheber und ihren einzelnen Umständen) zu bestehen, durch welche dre Sache erlangt wurde; et genügt dre Kenntniß, daß .diese Erlangung überhaupt, durch, irgend eine Strasthat bewirkt worden sei: $11., 3 Jan. 56 c. Röstel (Entsch. 32. s. 379); ZI. 21. März 66 (RdO. VII, 183). Dat muß jetzt um so mehr gelten, als der § ein „Annehmen müssen" dem „Wissen" gleich gepellt hat. Vgl. § 258 n. 4. 11. Demgemäß (n. 10) ist et für den Thatbestand unwesentlich, wenn der Hehler sich über die Natur der Strasthat, durch welche die Sache erlangt war, im Irrthume befindet. Wrffen und objektive Wahrheit müssen nur insoweit übereinstimmen, als es für den Thatbestand von Erheblichkeit ist, d. h. also daß die Sache überhaupt durch eine Strasthat erlangt sei. Daher liegt auch dann Hehlerei vor, wenn der Angeklagte glaubte, die gestohlene Sache sei unterschlagen: VPl. 23. März 57. c. Böttcher (JMbl. s. 172). Hiernach kann nur der Fall Bedenken erregen, wo Jemand eine gestohlene rc. Sache in der irrigen Meinung verhehlt, sie sei gefunden;

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Thl. II. Abschn. XXL Begünstigung und Hehlerei. - § 259.

bann würde er, nach seiner Auffassung, sich nicht der Hehlerei, sondern der Theil, nähme an der Fundunterschlagung (§ 246 n. 61) schuldig machen, eS kann ihn daher weder die Strafe der einen noch der andern treffen, nicht die der Hehlerei, weil der dazu erforderliche DoluS (das Wiffen, daß die Sache durch cm zur Zeit bereits vollendete- Vergehen rc. erlangt war) fehlt, und ebensowenig die der Unterschlagung, weil eine solche nicht stattgefunden hat: DI. 21.Apnl 54 c. Dittnch (GA. II, 559). 12. Die Wissenschaft von der Erlangung der Sache durch «ne Strafthat muß in dem Augenblicke des Erwerbes obwalten; derjenige, welcher erst nach dem redlichen Erwerbe der Sache erfährt, daß sie gestohlen rc. war, begeht durch die Verheimlichung derselben keine Hehlerei: ZI. 20. Jan. 54 c. Rauth (Entsch. 27. s 119) ; DI. 21. Febr. 68 (RdO. IX, 148); u ö. Jener „Erwerb" fällt indeffen nicht noth­ wendig mit der Erlangung der Gewahrsam zusammen; vielmehr gehört zu demselben auch noch die Absicht auf die Sache ern Recht auszuüben: daher ist auch derjenige als Hehler anzusehen, welcher eme Sache, in deren Besitz er ohne Kenntniß von der strafbaren Art ihrer Erlangung gekommen ist, demnächst Mit jener Kenntniß „an sich bringt", d. h. mit der Absicht, über sie ein Recht auszuüben, erwirbt: DL 14. Oft. 59. c. Tautenhahn (1026); vgl. n. 19. 13. Die im § aufgezählten auf die Sache bezüglichen Einzelhandlungen: „Der. heimlichen rc." haben das mit einander gemein, daß sie auf eme Sicherung oder Verwerthung der Sache abzielen. Dagegen setzen sie keineswegs mit Nothwendigkeit voraus, daß der Hehler selbst die Gewahrsam derselben erlangt habe z. B. im Falle der Mitwirkung zum Absätze; vgl. n. 14.17. 14. „Verheimlichen" bezeichnet eme Handlung, welche dahin abzielt, die Existenz der durch tut Verbrechen rc. erlangten Sache zu verbergen, und die Rück­ erstattung derselben an den Eigenthümer, oder die Beschlagnahme zu vereiteln: VI. 26. Jan. 53 c. Brermann (GA I, 405). Es wird dabei cm positives Handeln vorausgesetzt, eine bloße Unterlassung, z. B. cm Verschweigen, die Nichtanzeige des Ver­ brechens rc., selbst die Weigerung, den Ort des gestohlenen Gutes anzugeben, genügen nicht: cit. D. 26. Jan 53; Funke Abh. in GÄ. II, 612. Dagegen bedarf es nicht einer förmlichen körperlichen Besitznahme; es kann daher cm Verheimlichen ange­ nommen werden, wenn z. B. derjenige, m dessen Wohnung der Dieb rc die Sache verborgen hat, die Gewahrsam gegen besseres Wissen der die Herausgabe fordernden Behörde ableugnet: ZI. 21. Jan. 57 c Seiffert; vgl. n. 13. 15. Der Verheimlichung braucht nicht eine daraus gerichtete Verabredung mit dem Diebe rc. vorbeigegangen zu sein: ZI 27. Mai 53 c Haase (GA. I, 408). 16. Die Beihülfe zu einer vom Diebe rc. selbst vorgenommenen Berheunlichung kann die Anwendung des § 259 nicht rechtfertigen, es sei denn, daß zu einer vom Diebe vorgenommenen Veräußerung (also „zum Absätze") mitgewirkt wäre; jene Handlung kann daher nur als Begünstigung (§257 und 258) strafbar sein; vgl. ZI. 17. Jum 63 (RdO. III, 502). 17. Die Ausdrücke „Ankäufen" und „zum Pfande Nehmen" sind als Beispiele des generellen Ausdrucks „Anfichbringen" aufgezählt. Cs wird sonach auch bei jenen vorausgesetzt, daß die Sache in die Verfügungsgewalt des Hehlers gelangt sei; deshalb genügt der Abschluß erneS dieselbe betreffenden Kauf- oder BerpfändungS- Vertrags für sich allem noch nicht: ZI. 9. Juli 58 c Reimer (Entsch. 39. 2. f. 25); ZU. 28. Oft. 58 c. Neumann (336; GA. VII, 109). Auf der anderen Seite bedarf es auch nicht nothwendig der förmlichen Besitzergreifung: ZI. 26. Febr 68 (RdO. IX, 150); vgl. n. 13. 14. 18. Hehlerei kann durch Ankauf oder Annahme der Sache zum Pfande nur dann verübt sein, wenn alle wesentlichen Merkmale eine« solchen Rechtsgeschäfts (z. B. Einigung über den zu zahlenden Kaufpreis) vorliegen: ZI. 5. Jul 67 (RdO. VIII, 448). Dagegen wird nicht erheischt, daß das Rechtsgeschäft im Uebrigen durchaus rechtsverbindlich sei und eine Klage begründe: Z. 12. Dez. 52 e. Opet (GA. I, 408). 19. Der generelle Ausdruck „Anfichbringen" (vgl. n. 17) deutet (ebenso wie „Ankäufen" und „zum Pfande Nehmen") auf eine abgeleitete Erwerbart, also aus den Erwerb von einem Andern; wer eine gestohlene Sache dem Diebe wiederum stiehlt, bringt die Sache nicht an sich; er ist daher nur als Dieb, nicht als

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Begünstigung und Hehlerei. — § 259.

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Hehler zu bestrafen, sollte er sie auch demnächst weiter veräußern: DU. 26. Nov. 67 c. Südmann (JMbl. 58 s. 4); DI. 5. Febr. 68 (RdO. IX, 107). Ebenso ist das Finden einer gestohlenen (vom Diebe versteckten) Sache kein „Anflchbringen"; vgl. n. 7. 16. 25. 20. Außerdem gehört zum „Ansichbringen" die Absicht, eine Verfügungs­ gewalt über die Sache auszuüben; vgl. n. 17. 21. Das Eintauschen einer Sache, und ihre Annahme als Geschenk oder an ZahlungSftatt stellen unbedenklich cm „Ansichbringen" dar. 22. Dagegen ist die bloße Theilnahme an dm Vortheilen nicht als Heh­ lerei zu betrachten; vgl. §257 n. 11. Ob das Mitgenießen von einer gestohlenen Sache eine Verheimlichung durch Gescheoknahme oder nur eine Theilnahme an dm Vortheilen darstelle, ist Gegenstand thatsächlicher Beurtheilung; so: Beschl. 1.17. Juli 57 c. Böthe; ZI. 27. Sept. 61 c. Bendel (GA. X, 241). 23. Die Mitwirkung zum Absätze der Sache bei Anderen ist hauptsäch­ lich deshalb in dm § mit ausgenommen worden, weil eine solche helfende Thätig­ keit nicht immer unter den Begriff einer (selbstständigen) Verheimlichung fällt, und weil eine dem Diebe rc. beim Absätze geleistete Hülfe auch nicht als Theilnahme beftrast werden kann, da die von jenem über die gestohlene Sache getroffenen Ver­ fügungen nicht eine neue Strafthat desselben darstellen. Demgemäß ist die Anwendbar­ keit des § überhaupt nicht dadurch bedingt, daß auch der (durch einen Anderen be­ wirkte) Absatz, zu welchem mitgewirkt worden, selbst strafbar sei. Wo dieses der Fall ist, fällt die Mitwirkung unter den Begriff der Beihülfe zu der betr. Straf­ that. Da« gilt namentlich auch von demjenigen, welcher zu der von einem Anderen verübtm Hehlerei mitwirkt. 24. Em Mitwirken zum Absätze ist nur da anzunehmen, wo es wirklich zum Absätze gekommen ist; eine erfolglose Aufforderung zum Ankäufe gehört nicht hierher: contra: DL 9. März 60 c. Radtke (GA. VIII, 422); ZPl. 30. März 67 (RdO. VIII, 219); vgl. n. 25. 28 25. Nur das Mitwirken zum Absätze, nicht der selbstständige Absatz fällt unter die Strafbestimmung. Wer die Sache in gutem Glauben, also straflos erworben hat, wird nicht dadurch zum Hehler, daß er sie nach erlangter Kenntniß von dem strafbaren Erwerbe seines Vorbesitzers weiter veräußert: VH. 26. Nov. 57 c. Südmann (JMbl. 58 (. 4). — Hat dagegen Jemand eine Sache durch eine Straf­ that erlangt, so ist nur diese, nicht seine spätere Verfügung über die Sache strafbar. Das gilt auch von demjenigen, welcher die von einem Andern gestohlene rc. Sache an sich gebracht und sich dadurch der Hehlerei schuldig gemacht hat; der demnächftige Weiterverkauf rc. der Sache ist dann an ihm nicht strafbar, dagegen verwirkt der Dritte, welcher zu diesem Weiterverkaufe (wissentlich) mitwirkt, als (zweiter) Hehler derselben Sache, die Strafe dieses §. 26. Em Absatz kann auch im Versetzen der Sache gefunden werden. 27. Der Thatbestand der Partirerei ist aus den §§ 257. 258 in keiner Weise zu ergänzen; eö bedarf daher nicht der Absicht, dem Diebe rc. die Vortheile seiner Strafthat zu sichern: ZI. 27. Mai 53 c. Haase (GA. I, 408). Ebensowenig wird die Strafbarkeit der Handlung dadurch beseitigt, daß sie geschah um einen nahen Angehörigen der Bestrafung zu entziehen: ZI. 9. Dez. 57 c. Drensen; u. ö.. 28. Da die Hehlerei als selbstständiges Vergehen aufgefaßt ist, so ist eS grund­ sätzlich bedeutungslos, welche Strafe der Hauptthäter verwirkt hat; es kann sonach leicht'geschehen,, daß seine Handlung unter em milderes Strafgesetz falle; ZI. 5. Jan., 64 c. Heider. Aus demselben Grunde ist es unerheblich, wenn der Hauptthäter dem Strafgesetze gar nicht anheimfällt, oder wenn seine Handlung, z. B. weil sie im Auslande von einem Ausländer verübt worden, wenigstens im Jnlande und nach inländischen Gesetzen nicht zu bestrafen ist: ZI. 7. Sept. 53. c. Riemann (GA. I, 579); vgl. tz 247; 258 n. 9. 29. Der Versuch der Partirerei ist nicht strafbar. 30. Eine Theilnahme an derselben ist sehr wohl möglich.

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Lhl. II. Abschu. XXL

Begünstigung und Hehlerei. — § 260.

K. 260. Wer die Hehlerei gewerbs- oder gewohn­ heitsmäßig betreibt, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. II. Entw.: §235; II. Entw.: §255: Pr. StGB.: § 239]. Preußen: Vgl. Ges. v. 22. M-i 1852 Art. I (GS. f. 250); N. StPO. $13.

§. 260. 1.

Dieser § bezieht sich aus beide Arter der Hehlerei (§ 258. 259).

2. Sowohl die Gewerbs- als die GewohnheitSmLßigkeit setzt ein wiederholtes Handeln gleicher Art voraus; dagegen bedarf es zur Annahme des einen oder des anderen nicht nothwendig einer Borbestrafung wegen Hehlerei: Mo* tive s. 129. Ebensowenig steht aber auch etwas im Wege, die Annahme einer Gewerbs- oder GewohnheitSmLßigkeit mit aus solche Fälle zu stützen, welche früher abgeurtheilt oder im Auslande verübt und im Jnlande nicht zu bestrafen sind, oder endlich auf solche, welche als EinzelfSlle verjährt fein würden: ZU. 12. Nov. 57 c. Schäfer; ZI. 11. Dez. 63 c. Lenzing. 3. „Gewerbe" bezeichnet eine auf Erzielung eines Erwerbes gerichtete (kör­ perliche) Beschäftigung; die Hehlerei wird daher „gewerbsmäßig" betrieben, wenn Jemand aus dem fortgesetzten Betriebe derselben eine Erwerbsquelle macht. Der Jnstanzrichter kaun aus einer festgestellten Cinzelhandlung den Schluß auf früher verübte (nicht näher zu präziflrende) und später beabsichtigte Handlungen gleicher Art und somit auf einen gewerbsmäßigen Betrieb herleiten: ZI. 8. Jan. 57 c. Bäbenroth; ZI. 5. Nov. 67 c. Gottz. 4. Die „Gewohnheit-Mäßigkeit" ist, abgesehen von dem Ersorderniffe einer Mehrzahl von Einzelhandlungen, noch bedingt durch die Geneigtheit (der Hang) zu Wiederholungen; es kann daher die Rückfälligkeit für sich allein noch nicht genügen, um eine GewohnheitSmLßigkeit anzunehmen: Motive s. 129; vgl. im Uebrigeu §150 n.4; § 180 n. 1; ZI. 26. Sept. 66 (RdO. VII, 494). 5. Zur Annahme der Gewerbs- (Gewohnheit--) Mäßigkeit bedarf es nicht noth­ wendig der Emlasiung mit mehreren Personen.' BII. 30. Nov. 54 c. HölterS; ZI. 30. April 56 c. Schulz. 6. Da die Hehlerei im StGB, als ein selbstständiger Strafsall behandelt ist, so unterliegt es keinem Bedenken, daß durch die wiederholte Begünstigung eines und desselben Diebes re. sowie in Betreff verschiedener von einem einzigen Diebstahle re. herrührender Sachen eine wiederholte, und also auch eine gewerbs- oder gewöhnheiismäßige Hehlerei möglich sei. 7. Da die Gewerbs- (GewohnheitS-) Mäßigkeit eine Mehrheit von Einzelhand­ lungen voraussetzt (n. 1), so umfaßt sie auch alle; eS kann daher eine gewerbs- oder gewohnheitsmäßig bettiebene Hehlerei als solche nur die einmalige Verhängung de» im § 260 angedrohten Strafe rechtfertigen: ZI. 17. März 58 c. Schenk, ZI. 24. Juni 64 c. Rosenbrecher; vgl. § 74 n. 11. 12. Im Uebrigen behält aber jeder Giuzelsall den ihm beiwohnenden Charakter einer selbstständigen Handlung (§ 73 n. 2 fgg.) Wenn daher, wie im vorliegenden Falle, jeder Einzelfall eine besondere Strafthat darstellt, so konkurrirt das Gelammtverbrechen der Gewerbs- oder Ge­ wohnheitshehlerei ideell mit der Mehrheit der einzelnen Strassälle und § 73 wird anwendbar. Liegen daher mehrere Fälle der gewerbs- oder gewohnheitsmäßig be­ triebenen schweren Hehlerei (§ 258 Nr. 2) vor, so können sie nach §§ 258. 74 alEinzelfälle mit Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren bestraft werden, obgleich sie als Gewohnheitöhehlerei nach § 260 nur die einmalige Verhängung einer Zuchthaus­ strafe von höchstens zehn Jahren rechtfertigen würden; vgl. § 74 n. 12; contra: HG. II, 564 Note 2. 8.

Im Uebrigen kommt eS bei Anwendung des § 260 nur als Strafzu-

Thl. II. Abschn. XXI. Begünstigung und Hehlerei. — § 261. 262.

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§.261. Wer im Jnlande wegen Hehlerei einmal und wegen darauf begangener Hehlerei zum zweiten Male bestraft worden ist, wird, wenn sich die abermals begangene Hehlerei auf einen schweren Diebstahl, einen Raub oder ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen bezieht, mit Zucht­ haus nicht unter zwei Jahren bestraft. Sind mildernde Um­ stände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter Einem Jahre ein. Bezieht sich die Hehlerei auf eine andere strafbare Hand­ lung, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. Die in dem §. 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. [I. Entw.: § 236; II. Enlw.: §256; P. StGB.: 8 240]. Dal. § 244. 245. 250 Nr. 5. 257-260. 262. 32. Preußen: Dgl. Ges. v. 4. Mai 1853 (GS. f. 176); AKO. v. 21. Avr. 1866 (GS. s. 220); N. StPO. §13.

§. 262. Neben der wegen Hehlerei erkannten Gefängniß­ strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und neben jeder Verurtheilung wegen Hehlerei auf Zulässigkeit von Po­ lizei-Aufsicht erkannt werden. II. Enlw.: § 233. 234; II. Entw.: § 257; Pr. StGB.: §237-240). Dgl. § 257-261. 248. 32.38. messungögrund in Betracht, ob Fälle der leichten oder schweren (§ 258 Nr. 1 oder 2) Hehlerei vorliegen. 9. Trifft die Gewerbs- (Gewohnheit--) mäßigfeit mit dem Rückfälle zusammen, so wird da- zu § 73 n. 5 Gesagte anwendbar.

§261. 1. Dieser § siebt die im zweiten Rücksalle verübte Hehlerei vor, unter­ scheidet aber nicht, ob die Dorbestrasungen Fälle de- § 257 oder des §258 zum Gegenstände hatten. 2. Im Uebrigen sind hier die Bemerkungen zu den §§ 244. 245 zu ver­ gleichen.

§ 2621 1. Neben der Gefängnißstrafe kann auf deu Verlust der Ehrenrechte nur dann erkannt werden, wenn jene brtt Monate erreicht: § 32. 2. Auf Zulässigkeit der Polizeiaufsicht kann hier auch neben der Gesängnißstrase erkannt werden. 3. Vgl. im Uebrigen die Bemerkungen zu ß 248.

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Thl. II. Abschn. XXII.

Begünstigung und Hehlerei. - § 263.

(Broeiuntyromijigster Abschnitt.

Betrug und Untreue. §. 263. Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögenövorcheil zu verschaffen, daS Ver­ mögen eines Anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vor­ spiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Thatsachen einen Irrthum erregt oder unterhält, wird §263. Abgabe. Hinterzieh«. 69—71. Abgabe. Ntchterhevung 71. Absicht, gewinnsüchtige. 2—6. . zu beschädigen. 9. • zu täuschen. 51. 59. Angehörige, re. 79. 81. Anpreisung 49. Armenbeitrag. 69. Armenunterstühg. 39. Begünstigg. 80. Beschädigter Getäuschtr.62—67. Beschädigung and. Rechte. 34. Betrug. Begriff. 1. • qualifizirter. 81. Bettelei 39. Beweismittel, Entziehung ic. b. 27. 30. Brandentschädigung. 74. Lhauffeegelderheber. 71. Darlehn. Erlangung. 2. Dienstbote. 75. DoluS. 2-6. 46 51. 59. Ehrenrechte. Verlust. 76 Eigenthumsabtretung. 21. Etsenbahnschaffner. 71. Entstellen. 51. 53. 55. Ersatz. 6. 32. Exekution-aufschub. 3 24 Feststellung. 1. 33. 35. 51. Fragstellunq 1. Geschenk 39. Gesinde. 75. Gewinn. 2—8. « . Anspruch. 2. 6. . Arbeitsauftrag. 4. 13. • Beweismittel. 6 . Besitzstand. 2 . Darlehen. 2. . Entgelt. 4. . Entziehung. 13. . Erlangung? 8 • Exekutionsaufschub. 3. . Klagerecht. 2. . für wen? 7. . Kredittrung. 2. - Schaden. Beziehung. 10. . Schadensabwendung 6. • Schadensersatz. 6. . Verdeckung. 5. - Wechsel. 6. . zeitweilig. 2. Handlung. 36. 37. 53-56. - positive. 54—56. Irrthum. 57- 67. . Absicht. 59. . Arglist. 61. • bei wem? 63—67. • Benutzung. 58. . Glaubhaftigkeit. 61. - SRittrl, tauglich? 61.

Inhalt. Dermogeu-beschädiguag. Ersatz, Irrthum Motiv. 38. 60. späterer. 32. • Notar. 67. Ersatzklage? 11. - Prozeßgegner. 65 . Recht-- 45. Exekutionoaufschub.24. Gefährdung. 26. • Richter. 64. Gegeuletstng. Zahlung. • Ueberzeugung. 60. - Unterhaltung. 58. 59 14. 20. Geldgewinn? 12.34. • vermeidlicher. 61 Geschäft, gewagtes.16. < Verpflichtung. 38. 39 • zweiseitig. 14.17. « Zweifel. 60 Geschenk. 39. Kausalzusammenhang. 35—41. Gewinn. Bezieh-. 10. Klage 64. Kollektlren. 39. Gewinnentziehung. 13. Kommissionär 72. Handlung, eigene. 36. Konkurrenz, Ideale. 52. 67. 68. 69. 75 Älagerecht 19. 36 Konventionalstrafe. 60. Kredttiren. 2. 19. 38. Kredltirung. 19 36. Mildthätigkeit. 39. Mildthätigkeit. 39. Minderjähriger. 73. Möglichkeit. 25.26.41 Mittel, taugliche-. 61. pekuniäre? 12. 34. Namen, falscher 52. Prozeß. 26. Nichtschuld. Annahme 58. Quittung. Erlangg.27. Postsendung, falsche Deklartrg. 3. Recht, erworb.11.13.14. . fruchttragend. 12. Prozeß. 26 64-66. Rechtsgeschäft Eingehg 14.37 . gefährd»-. 19.41. Richter. 64. . Gefährdung. 26. Sache, fremde. Verkauf. 63. . klagbar? 11. Simulation. 15. 70. - Derletzg. 11. 13. Stempelhinterziehg. 70. 71 rechtswidrige 15. Thatsache 42-52. Schuld, Zahlung. 16. - äußere? 43. Schuldner, zahlungsun­ . Eigenschaft. 43. 49. fähiger. 26. . falsche. 50-52. Simulation. 15. . Kenntniß. 51 Staat. 69-71. « Möglichkeit. 43. Verbindlichkeit, Ueber. Nichtkenntniß 47. nähme 25 . Rechnung. 46. - Erfüllung. 30. . Recht. 44. vermeidlich? 31. • Recht-regel. 45. Dertr. zweifelt. 17. • Schlußfolgerung. 46. Vollendung. 32. . spezielle. 49. Vortheile a d. Geschäfte • Versprechen. 39. 48. 54. selbst. 14 . Willen-richtung. 39.48 54 vorübergehend. 23. Theilnahme. 60. Wechsel. 25. 26. 29. Umstände, mild 77. wechselseitige. 17. Unterdrücken. 40. 51. 54-50. wessen ? 63. • Handlungen. 53. Zahlung, verzögert. 24. . Verschweigen. 40.54-56. zeitweilig. 23. Urkundenfälschung. 68. verschweigen. 54—56. Urtheil. Erschleichung. 66. Versuch 76. Vermögen-beschädigung. 11—33. Vertrag. 14.17.37.39.40.49.54, Nichterfülla. 40. 54. • andre Rechte. 34. Vorspiegelung 53. 54. 56. . Ausgabe, unnöth. 16. Bewußtsein 51. . Betrag 33. Handlungen. 53ff. . Beweismittel. 27. 30. Verschweigen. 54—56. . Erwerb. Gelegenht.13. Wechsel. 6. 25. 28. 29. 53. . Ersatz, gleichzeitig. 16. Zahlungsunfähigkeit. 56.

ÄM:13'

Thl. II. Abschn. XXII.

Betrug und Untreue. — § 263.

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wegen Betruges mit Gefängniß bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu Eintausend Thalern, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließ­ lich auf die Geldstrafe erkannt werden. 1.

Der hier aufgestellte Begriff de- Betrugs weicht von der Bedeutung,

welche jenem Ausdrucke im gemeinen Leben beigelegt wird, wesentlich ab; er ist da­ her al- ein positiv rechtlicher zu betrachten. Demgemäß bedarf es sowohl bei den Anklagen (Beschuldigungen), als bei den thatsächlichen Feststellungen, insbesondere aber bei den Fragstellungen, der ausdrücklichen Hervorhebung aller wesentlichen BegriffS-Merkmale, selbst dann, wenn dieses in den maßgebenden Strasprozeßgefetzen uicht allgemein vorgeschrieben ist, z. B. nach Rheinischem Verfahren: DU. 5. Ott. 54 c. Kniprath (Rh. Schw.-G.-S.; GA. II, 807); BII. 9. Sept. 70 (RdO. XI, 537: Rh. Zuchtpol..Sache). 2. Die Absicht muß hier aus die Erzielung eines BermögenSvortheilö gerichtet sein, den zu beanspruchen man nicht daö Recht hat. — Als ein solcher Vermögensgewinn ist jede Verbesserung der Vermögenslage anzusehen ES genügt daher die Erlangung eines rechtlichen Anspruchs, sollte ihm auch Nicht ein Klagerecht zur Seite stehen - ZU. 11 Okt 60 c. Schramm; ebenso die Er­ langung eines Besitzstandes, oder der Möglichkeit zeitweise über eine fremde Sache zu verfügen: ZI. 1. März 67 (RdO. VIII, 150). Demgemäß stellt die Erlangung eines Darlehens oder die Erwerbung einer Sache auf Kredit selbst dann einen Gewinn dar, wenn eine spätere Zahlung nach der Vermögenslage genügend gesichert und auch beabsichtigt war: ZI. 12. Juli 57 e. Boschan; ZI. 14. Dez. 59 c. Hake; vgl. n. 26. 3. Ebenso ist auch die Absicht, den Aufschub einer drohenden (berechtigten) Exekution herbeizuführen, und sich dadurch die Verfügungsgewalt über die CxekukionSobjekte (zeitweise) zu erhalten, selbst dann nothwendig eine gewinnsüchtige, wenn eine spätere Befriedigung deS Gläubigers beabsichtigt und für gesichert gehalten wurde: Z. 19. Juli 52 c. Grabert. ZI. 9. Sept. 53 c. Lampe; v. Kirchm. f. 162; vgl. Motive f. 130; contra• DPl. 29. Jan. 55 c. Weidner (Cntsch. 30 s. 380,), wel­ ches es der thatsächlichen Beurtheilung des Instanzrichters überlasten wollte, ob in einem solchen Falle Gewinnsucht anzunehmen sei oder nicht; vgl. ZI 11. März 67 (RdO. XI, 166). Hiernach stellt auch die durch falsche Deklarirung toter Postsendüng herbeigeführte Hinausschiebung einer Zwangsvollstreckung unzweifelhaft einen Betrug dar; das Gegentheil ist nicht aus demjenigen zu folgern, was die Motive (f. 132) in dieser Beziehung bemerken; sie rechtfertigen eS nur, daß die Spezialvorschrift deS § 243 Nr. 6 des Pr. StGB.'ö ausgeschieden worden ist, und weisen zu diesem Ende darauf hin, daß die Einführung der Postanweisungen ein Mittel an die Hand gebe, von der Sistirung einer Zwangsvollstreckung auf Grund einer nur deklarirten Postsendung gänzlich abzusehen. 4. Die Erwerbung emer fremden Sache gegen gleichzeitigen vollständigen Entgelt stellt einen Vermögensgewinn nicht dar; eine hierauf gerichtete Absicht ist somit keine „gewinnsüchtige." ES ist hierbei aber in Betreff deS Wesens eines voll'ständigen Entgelts 'daS zü §'242 ri. 53 ünd' zii §246 n1. 243 345 Gesägte zü berück-' sichtigen; vgl. n. 16. — Demgemäß ist eS kein Gewinn, wenn ein Arbeiter sich durch Täuschung den einem Andern zugedachten Auftrag zur Verrichtung einer gegen ent­ sprechenden Entgelt zu leistenden Arbeit verschafft. ZI. 28. März 56 c. Wenner (GA. IV, 700; V, 751). 5. Die Verdeckung eines früher gemachten unredlichen Gewinnes stellt für sich allein nicht einen neuen (Vermögens-) Gewinn dar; eine hieraus gerichtete Absicht genügt daher mcht: Z. 1. April 68 (RdO. IX, 243). Ebenso verhält eS sich mit der Absicht, ein früher begangenes Vergehen zu verdecken: Beschl. 22. Apr. 68 (RdO. IX, 287); contra: Sächf. GZ. V, 266. 6 Der gesuchte Gewinn muß ein solcher sein, den zu beanspruchen man nicht da- Recht hatte (n. 2). Ist dieses der Fall, so kommt es weiter nicht in Betracht,

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Thl. II. Abschn. XXII. Betrug und Untreue. — § 263.

Der Versuch ist strafbar. Wer einen Betrug gegen Angehörige, Vormünder, Erzieher oder gegen solche Personen, in deren Lohn oder Kost er sich befindet, begeht, ist nur auf Antrag zu verfolgen. ll. Entw.: §237.238; II. Gntro.: §258; Pr. StGB.: §241—243].' Dgl. §264. 265. 247. 52 Abs. 2. 32. Preußen: Dgl. Ges. v. 8.M-i I837 § 17.28 (GS. s. 102); N. StPO. § 448-450. wenn im Uebugen die Erzielung des betr. Gewinns unter andern Umständen eine durchaus statthafte gewesen wäre; z. B. der Gewinn, welchen ein Kaufmann beim Absatz seiner Waare regelmäßig sucht: ZI. 19. Nov. 58 c Krug; ZI. 27 Juni 60 c. Aronsohu. — Dagegen genügt zum Thatbestände nicht die Absicht, dasjenige zu erlangen, waS zu fordern man das unbestrittene Recht hat: ZI. 30. Nov. 66 (RdO. VII, 677), z. B. die Absicht den Ersatz eines erlittenen Schadens von dem dazu Verpflichteten und in der durch diesen verschuldeten Werse herbeizuführen; vgl. VII. 13. Zuli 65 (RdO. VI, 261). — Wohl aber liegt Gewinnsucht vor, sobald der Er­ satz eines (drohenden oder erlittenen) Schadens auf Kosten eines dazn nicht Ver­ pflichteten oder in einer über die Verpflichtung hinausgehenden lästigeren Weise ge­ sucht wird: VII. 23. Nov. 65, ZI. 27. Jan. 70, ZI. 20. Oft. 70 (RdO. VI, 485, XI, 60. 536). — Dasselbe gilt, wenn das betr. Recht ein nicht anerkanntes oder bestrittenes, seine Geltendmachung sonach durch die Führung eines Beweises bedingt war; dann ist die Absicht, welche auf unberechtigte Verschaffung emeS Beweismittels, oder einer günstigeren Klage z. B. auf Erlangung einer Wechselunterschrist für eine an sich begründete Forderung gerichtet ist, als eine gewinnsüchtige anzusehen: ZI. 30. Nov. 66, ZI. 17. Jan. 68 (RdO. VII, 677; IX, 32). 7. Da eS gleichgültig ist, ob der Betrüger sich oder einem Andern einen Gewinn verschaffen wollte, so bedarf eS nicht nothwendig der namentlichen Bezeich­ nung desjenigen, für welchen der Gewinn gesucht ward: ZI. 25. Juni 62 c Barthvld. Dagegen genügt nicht die Feststellung: der Angeklagte habe auf die Gefahr hin gehandelt, ein Dritter möge die obwaltenden Umstände zur Erzielung eines unrecht­ mäßigen Gewinnes für sich benutzen: ZI. 3. Juli 68 (RdO IX, 433). 8. Ob der gesuchte Vortheil erlangt wird, ist gleichgültig; das Vergehen wird durch die zugefügte Vermogensbeschädigung vollendet: ZI. 24. Juni 63 c. Klix. 9. Die Absich t braucht nicht aus Beschädigung des fremden Vermögens gerichtet zu fein; in dieser Beziehung genügt das Bewußtsein, daß die Vermögensbeschädiguug die Folge sein werde: ZII. 25. Sept. 62, ZI. 9. Nov. 64, ZI. 25. Sept. 68 (RdO. III, 32; V, 248; IX, 518). 10. Ebensowenig bedarf eö einer Wechselbeziehung zwischen dem gesuchten Gewinne und der dem Andern zugefügten Vermogensbeschädigung; es braucht also der gesuchte Gewinn nicht nothwendig tn der Erlangung desjenigen zu bestehen, was dem Vermögen de- Andern entzogen wird: ZII. 11. Oft. 60 c. Schramm; ZI. 8. Ost. 69 (RdO. X, 628); contra: VI. 22. März 54 c. Fizur (GA. II, 694); HS. II, 373 fgg. 11. Dermögensbeschädigung ist die rechtswidrige Herbeiführung einer Verschlimmerung deS VermögenSstandeS. Daß das beeinträchtigte Recht durch eine Klage geschützt gewesen fei, wird ebensowenig erfordert, als daß durch die Beschädi­ gung eine Ersatzklage begründet werde, (Beisp.: Betrug tlv^Ha-srdspiel): ZI. 23. Juni 58 c. KarpinSki. ? 12. Ebensowenig braucht daS Vermögensobjekt selbst ein fruchttragendes zu sein; auch Kosten veranlassende Luxusgegenstände gehören hierher: VI. 7. Juli 54 c. Rauchhaupt (GA. V, 761: betr. die Abschließung eines einen Geldgewinn nicht darbietenden Jagdvertrags); VI. 18. Dez. 68 (RdO. IX, 751). 13. Nur die Beeinträchtigung des bereits vorhandenen DermögenSbeftandeS, über welchen somit der Berechtigte Verfügung treffen konnte, gehört hier­ her; eS genügt daher nicht die Entziehung einer bloßen spes, z. B. die Nichterlavgung emeS in Aussicht flehenden Geschenks; ZI. 8. Sept. 54 c. Riedel (GA. VII,

Thl. II. Abschn. XXII. Betrug und Untreue. — § 263.

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716), oder die Entziehung der Gelegenheit, durch Ausübung einer GewerbShandlung etwas zu verdienen: ZU. 28. März 56 (cit. n. 4); ZU. 25. März 58 c. Henke; vgl. Sächf. GZ. IX, 95. Dagegen kann das erworbene Recht auf eine erst künftig zu erlangende Sache allerdings durch Betrug beschädigt werden: HS. II, 358. 14. Aus dem Gesagten fn. 13) folgt, daß die Nichterzielung desjenigen Ge­ winnes, welchen ein durch Täuschung zum Abschlüsse eine- Rechtsgeschäfts Veranlaßter, au-diesem Geschäfte zu ziehen hoffte, für sich allein eine „DermögenSbeschädigung" im Sinne de- § nicht darstellt, weil dadurch nicht ein bereits erwor­ benes Recht beeinträchtigt wird, die Vermögenslage also nicht schlechter geworden ist, als wenn die Täuschung und der dadurch veranlaßte Geschäftsabschluß nicht statt­ gefunden hätten: VII. 19. Mai 64, ZU. 10. Jan. 67 (RdO IV, 512; VIII, 20); vgl. VII. 28. Mai 68, ZU. 15. April 69 (RdO. IX, 347; X, 233). Man muß da­ her in einem solchen Falle die durch Täuschung in Beziehung aus das fremde Ver­ mögen herbeigeführten Veränderungen int Ganzen ins Auge fasten, und danach beurtheüen, ob eine Beschädigung stattgefunden habe. Insbesondere sind bei einem durch Täuschung zu Stande gebrachten zweiseitigen Vertrage die beiderseitigen Leistungen gegen einander abzuwägen, und in Betreff jeder derjenige Werth in Anrechnung zu bnngen, welchen sie ljenachdem sie bereits gemacht, oder für die Zukunft ver­ sprochen ist), individuell und augenblicklich für denjenigen hat. dem sie zu Theil ge­ worden ist; vgl. n. 16. 20. ES sind daher auch solche VermögenSnachtheile zu be­ rücksichtigen, deren Eintritt von dem Betreffenden vorhergesehen, welchen er sich aber in der Erwartung deö auS dem Geschäfte gehofften Gewinnes auszusetzen bereit war, während er sie abgelehnt haben würde, wenn er nicht grade in Betreff des letzteren in Irrthum versetzt worden wäre: ZU. 30. März 56 (RdO. VI, 32) vgl. n. 18. — DaS oben Gesagte gilt aber auch nur da, wo und insoweit Jemand zum Abschlüsse eines Rechtsgeschäfts durch Täuschung veranlaßt worden ist, nicht aber da, wo das Rechtsgeschäft an sich fehlerlos zu Stande gekommen und nur in Betreff der (gleich­ zeitig oder später erfolgenden) Realrsirung der einzelnen Modalitäten deffelben der (£tiu* getäuscht worden ist. In diesem Falle war der durch den Vertragsabschluß erworbene Anspruch ein wirkliches Vermögensrecht, besten Beeinträchtigung unzwerfelhaft eine VermögenSbefchädigung darstellt; z. B die Lieferung einer verfälschten Waare statt der verlangten echten: ZI. 19. Nov. 58, ZI. 3. Juli 68. ZI. 2 Oft 68 ZI. 22. Jan. 69, ZU. 15. April 69 (RdO. IX, 731. 537; X, 46; X, 233). Dem­ gemäß genügt eS, wenn bet einem zweiseitigen Geschäfte der Eine seine Leistungen verlustig geht, und dafür nicht die vertragsmässige sondern eine andere Gegen­ leistung erhält, durch welche für ihn jene Einbuße nicht ausgewogen wird: ZI. 2. Juni 69 c. Ahrend (RdO. X, 758). 15. Die BermögenSbeschädigung muß eine rechtswidrige sein. Als eine solche ist die durch den Ehemann bewirkte Belastung der Gütergemeinschaft mit einer simulirten Forderung zum Nachtheile der Frau auch dann anzusehen, wenn jener unbeschränkt befugt war, ernstlich gemeinte Schulden zu machen: ZI. 30. Sept. 68 (RdO. IX, 518). 16. Ein gleichzeitiger vollständiger Ersatz beseitigt die Vermogensbeschädi­ gung: VII. 28. Mai 68, VI. 18. Dez. 68 (RdO. IX, 347. 751); daher trifft der § tm Falle des Austausches gleicher Werthe nicht zu, z. B. wenn Jemand durch Täu­ schung veranlaßt wird, eine wirklich vollständig begründete Schuld zu berichtigen ,(vgl. n. 30)/ oder Ausgaben für unnöth'ge,Anschaffungen oder Genüsse, zu machen., ES ist indessen auch hier das zu § 242 n. 53 unb zu § 246 n. 43 über die Voll­ ständigkeit des Ersatzes Gesagte zu berücksichtigen. Danach genügt eS zu einem voll­ ständigen Ersätze nicht, wenn bei einem durch Täuschung veranlaßten zweiseitigen Geschäfte Leistung und Gegenleistung nach einer durch Sachverständige zu bewirken­ den Werthschätzung im geeigneten Verhältnisse zu einander stehen, wenn z. B. die Sache, zu deren Ankauf Jemand durch Täuschung veranlaßt ist, tm Handelsverkehr den Werth des gezahlten Preises hatte; es kommt vielmehr wesentlich aus die Iontreten Verhältnisse des Getäuschten an: ob die Sache für ihn und für den Zweck, zn welchem er die Sache erwarb, jenen Werth hatte, und ob, — wenn dieses nicht der Fall — für ihn die Möglichkeit vorhanden ist, dieselbe sofort und ohne Verlust zu demselben Preise wieder zu veräußern. Demgemäß ist eine Dermögenöbeschädi-

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Betrug und Untreue. - $ 263.

gung anzunehmen, wenn Jemand durch Täuschung veranlaßt ist, eine Sache zu einem höheren Preise zu kaufen, als er nngetänscht gegeben haben würde. ZI. 20. Okt. 70 c. Grodzky. 17. Hiernach kann es beim Abschlüsse eines zweiseitigen Geschäfts sehr wohl geschehen, daß sich beide Kontrahenten wechselseitig beschädigen und betrügen; eS rst dann nicht etwa nur derjenige strafbar, welcher dem Andern den größeren Scha­ den zugefügt hat. Auch findet eine Aufrechnung der Schadenszufügung nicht Statt. 18. Leim Abschluffe eines gewagten Geschäfts kann eine Vermögensbeschädigung in der Weise zugefügt werden, daß die Aussichten auf ein Ergebniß gün­ stiger dargestellt werden, als sie wirklich sind; die Vermögen-beschädigung liegt dann in der Erlangung eines geringere Chancen darbietenden Anspruchs; Beispiel: Ab­ findung bei einem bevorstehenden Konkurse: ZI. 14. gebt. 68, ZI. 9. Dez. 68. (RdO. IX, 136. 707); vgl. n. 24. 48. 19. Eine durch Täuschung herbeigeführte BermögenSbeschädigung behält diesen ihren Charakter auch baun, trenn eS sich um die Erwerbung eines Rechtsanspruchs handelte, welcher auch im Falle der Wahrheit der vorgespiegelten Thatsachen rechtlich nicht bester gesichert sein würde, sobald nur im gedachtengalle die Lage that­ sächlich eine günstigere gewesen wäre; vgl. n. 41. Hat z. D. Jemand unter dem falschen Vorgeben eines ihm mündlich von einem Dritten ertheilten Auftrags bei einem Kaufmann Waaren auf Kredit entnommen, so liegt ein Betrug vor, selbst wenn ein wirklich ertheilter mündlicher Auftrag nicht genügt hätte, eine Klage gegen den Machtgeber zu begründen, sobald nur thatsächlich auf dessen Bereitwilligkeit zu zahlen gerechnet werden konnte; vgl. ZI 5. Mai 69 (RdO. X, 290). Davon abge­ sehen liegt im gedachten Falle eine BermögenSbeschädigung auch darin, daß der Kaufmann von dem Bevollmächtigten die Abtretung seiner Klage gegen den Macht­ geber fordern kann, diese« Reckt aber bei der simulirten Vollmacht gegenstandlos ist: ZU. 13. Juni 67 (RdO. VIII, 370). 20. Der Umstand, daß die in einem vertrage übernommene Gegenleistung noch nicht gezahlt worden ist, steht der Annahme einer durch den Vertragsabschluß erlittenen BermögenSbeschädigung nicht entgegen: ZU. 1. Juni 61 c. Dange. 21. Die Abtretung des Eigenthums an einen Andern (ohne vollständigen Entgelt) ist selbst dann eine Vermögensbeschädigung, wenn der letztere bereits vor­ her die Gewahrsam der Sache hatte: ZU. 19. Mai 70 (RdO XI. 324). 22 Die Entziehung eines Hypothekenrechtö ist selbst dann eine Vermögensbeschädigung, wenn nicht feststeht, daß die bestehen gebliebene persönliche For­ derung nicht genügend gesichert sei: ZI. 22. Jan. 69 (RdO. X, 46). 23. Zum Thatbestände des vollendeten Betrugs genügt eine nur vorüberge­ hende Beeinträchtigung eines Vermögensrechts, z. v. die zeitweilige Entziehung der VerwaltungS- oder Verfügungsgewalt über eine Sache: BI. 30. Sept. 64, ZI. 1. März 67, ZU. 81. März 70 (RdO. V, 144; VIII, 155; XI, 213); oder die Ver­ zögerung einer fälligen Zahlung: ZI. 6. Nov. 63 (RdO. IV, 161); oder die zeit­ weilige hypothekarische Belastung eines Grundstücks: ZI. 5. Juli 61 (RdO. I, 506); oder die vorübergehende Gefährdung eines Vermögensrecht«: ZI. 10. Dez. 70 (RdO. X, 782). Contra: HS. II, 356. 24 Demgemäß ist auch die Verkümmerung btfl Recht- eines Gläubi. gers, aus dem Vermögens feines Schuldners Befriedigung zu erlangen, unbedingt eine Vermögen-beschädigung, sollte diese Verkümmerung auch nur durch Hinaus, schiebung der Exekution, oder durch Entziehung eine- einzelnen ExekutionSobjekte« aus der begonnenen Vollstreckung stattfinden: VI. 13. Nov. 61, ZU. 31. März 70 (RdO. II, 49; XI, 213); ähnlich: 5511. 4. April 61, ZU. 9. April 63, ZI. 31. Jan. 68 (RdO. II, 182; IX, 85), welche eö aber der thatsächlichen Beurtheilung deS Einzelfalles zu überlaffen scheinen, ob ein solcher Fall als VermögenSbeschädigung anzusehen sein; vgl n. 3. — Der Notar, welcher m einem solchen Falle einen simulirten DerkanfSakt aufnimmt, wissend, daß dadurch die Gläubiger des Verkäu­ fers in der ihnen zustehenden Exekutionsvollstreckung behindert werden sollen, nimmt dadurch als Gehülfe am Betrüge Theil: ctt. Z. 31. Jan. 68. 25. Ebenso stellt die Uebernahme einer Verbindlichkeit eine Vermögenöbeschädigung dar: DI. 28. April 69 (RdO. X, 268). Geschah dieses in beweisender Form, so liegt eine BermögenSbeschädigung selbst dann vor, wenn der hiernach Ber-

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pflichtete sich durch einen ihm obliegenden Gegenbeweis von der Geltendmachung des Anspruchs befreien kann; contra HS. II, 357; auch wird durch das Gelingen die­ ses Gegenbeweises der früher vollendete Betrug mcht beseitigt: ZI. 1. Marz 67 67 (NdO. VIII, 150). DaS gilt namentlich von der durch Täuschung herbeigeführ­ ten Ausstellung oder Acceptatwn eines Wechsels für eine Nichtschuld, oder von der Ausstellung zweier Wechsel über den vollen Betrag einer nur einmal verschul­ deten Summe: ZPl. 30. Nov 57 c Mulert (IMbl. 57 f. 200; 58 f. 43); ZI. 5 April 67, ZI. 22 Mai 67 (RdO. VIII, 238. 321); TL. s. 980; contra: Beschl. I. 11. März 57 c. Meyer (GA. V, 425. 753); Abh. m GA. V, 751; HS. II, 357, welche erst tm Falle der Geltendmachung eines so entstandenen Wechsels einen Be­ trug (Betrugsversuch) annehmen; vgl. BI. 10. Dez. 62 (ZidO. III, 166), welche« die Uebernahme einer (wegen Minderjährigkeit deS Ausstellers) unverbindlichen Wechselschuld nicht als eine DermögenSbescbädigung betrachtete. 26. Aus demselben Grunde ist auch die (den Dermögenöstand wenigstens zeit­ weise verschlimmernde) Gefährdung eines Vermögensrechts eine Vermogensbe­ schädigung, z. B. die Erlangung eine« unsichern Schuldners (: ZI. 26. Oft. 70 RdO. XI, 529), oder die Verwicklung in einen Prozeß: ZI. 9. Oft. 6d c. Adam; ZI. 5. Juli 65 (RdO. VI, 233); contra: HS. II, 357, welcher erst beim späteren Eintritte eines wirklichen Verlustes eine Beschädigung annimmt; vgl. n. 24. 27. Ebenso verhalt es sich mit der (die BeweiSpflicht erschwerenden) Ent­ ziehung eines Beweismittels: ZI 11. Dez. 67 (NdO. VIII, 786); contra: HS. II, 357 n. 2; sowie umgekehrt mit der Erlangung eines Beweismittels für eine einen VermögenSanspruch begründende unwahre Thatsache (z. B. einer Quittung über eine nicht geleistete Zahlung) durch den Gegner: ZI. 18. Juni 58 c. Kneffel; vgl. n. 30. • 28 .... ebenso mit der Ziehung eines Wechsels auf eine nicht eptstirende Person und der Hingabe desselben an Zahlungsstatt. 29. Ebenso bewirkt die Weiterbegebung eines bereits bezahlten Wech­ sels eine Vermogensbeschädigung für den Wechselverpflichteten: ZI. 10. Nov. 58 c. Kroll; ZU. 25 Sept. 62 (RdO. III, 32). 30. Die Erfüllung einer unbestrittenen Verbindlichkeit ist feine Ver­ mögensbeschädigung; efl ist daher kein Betrug, wenn Jemand einen Andern durch Täuschung veranlaßt, dasjenige zu leisten, was er rechtsverbindlich schuldig zu sein selbst anerkennt, insofern nur die so herbeigeführte Leistung in keiner Weise das Maaß der Verpflichtung übersteigt: ZI. 2. Oft. 57 c Wolf; DI. 17. Febr. 60 c. Szafran (Entsch. 44 2. 93); vgl. n. 16. Dagegen stellt es eine Vermogensbeschä­ digung dar, wenn Jemand sich für eine bestrittene, also noch deS Nachweises bedürsende, Forderung durch Täuschung ein schriftliches Beweismittel verschafft, zumal wenn dadurch ein besondere« oder bevorzugtes Klagerecht gewährt wird: ZI 9. Olt. 63 c. Szafran, ZI. 30. Nov. 66 (NdO VII, 677); vgl. n. 27. 31. Gleichgültig ist es, ob die herbeigeführte BermögenSbeschädigung un­ vermeidlich war - ZI. 19. Sept. 55 c. Baum. 32. Die Möglichkeit eines spätern Ersatzes hebt eine VermögenSbeschädigung nicht aus; die demnächstige Leistung eines vollständigen Ersatzes beseitigt dieselbe nur für die Zukunft, macht al,o den früher vollendeten Betrug nicht straflos: VI. 18. Juni 58 c Knesset; ZII 27. Jan. 70 (NdO. XI, 60); contra: DI. 4. Febr. 70 (NdO. XI. 75). 5 ' 33. ' Die Bestrafung wegtti BekrugeS'ist' nicht' durch' die Feststellung des ' Betrages bedingt, um welchen das Vermögen des Anderen beschädigt worden ist: ZII. 3. Mai 55 c. Panse: ZI. 16. Dez. 59 c. Kliche. 34. Aus die Beschädigung anderer nicht zum Vermögen gehöriger Rechte ist der § nicht auszudehnen; z. B. auf die durch Täuschung herbeigeführte Ein­ willigung zur Abschlteßnng einer Ehe. 35. Die VermögenSbeschädigung muß durch Erregung re. zugefügt fern; es ist fein Betrug, wenn Jemand durch Täuschung etwas zu thun, was er auch ohnedies zu thun Willens und 12. März 57 c. Clemens; PI. 31. Jan. 68 (RdO. IX, 77). Jener

eines Irrthums veranlaßt wird, bereit war: DI. Kausalzusam-

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menhang bedarf sonach der jedesmaligen ausdrücklichen Feststellung: VH. 10. Dez. 68, BI. 4 geb. 70 (RdO. IX, 718; XI. 75). 36. Da es kaum denkbar fern wird, daß bte JrrthumSerregung, also etwarein Geistiges, unmittelbar eme Einwirkung auf daS Vermögen als etwa« Sach­ liches ausübe, so wird wesentlich vorausgesetzt, Daß durch bte JrrthumSerregung der Getäuschte zu irgend einem Thun oder Unterlassen veranlaßt werde, welches die Vermögensbeschädigung zur Folge hat HS. II, 354 371. Es muß sonach ein Mitttelbarer Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Beschädigung genügen: VI. 17. Sept. 58. c Taubenheim. 37. Welcher Natur dasjenige Thun (Unterfassen) gewesen, zu welchem der Getäuschte veranlaßt worden, ist für den Thatbestand gleichgültig; Dasselbe braucht sonach nicht in der Eingehung eine® Rechtsgeschäfts zu bestehen: ein Betrug kann sehr wohl auch in Beziehung auf ein bereits bestehendes Rechtsverhältniß ver­ übt werden: BI. 26. Okt. 53 c. Neils (GA. II, 832); Beschl. I. 31. Oft. 60. c. Iähmchen; vgl. n. 14. 38. Es genügt, trenn der erregte Irrthum für den Getäuschten der BestimmungSgrunv war, welcher ihn zu dem beschädigenden Handeln oder Unterlassen veranlaßte. Insbesondere wird Nicht vorausgesetzt, daß er sich für rechtlich ver­ pflichtet erachtet habe, so zu handeln rc., vielmehr trifft der § auch da zu, wo er aus freier Entschließung und mit dem Bewußtsein seiner Handlungsfreiheit thä­ tig war: ZU. 15. Mai 5b, c. FelS; ZI. 8. Ium 66 (RdO. VII, 388); z. B. wenn Jemand, welcher baare Zahlung fordern kann, Kredit giebt, oder einen ZahlungSauspand bewilligt: ZI. 6. Nov. 63 (RdO. IV, 161). 39. Demgemäß liegt der Thatbestand de« Betruges auch da vor, wo Jemand durch Täuschung zur Hingabe eines Geschenks ober einer Unterstützung, oder zur Ausübung einer Mildthätigkeit veranlaßt ist (Beisp. Bettelei unter falschen Vorspie­ gelungen. insofern durch diese wirklich die Hingabe des Almosens veranlaßt worden ist): Zll. 6. März 56 c. IaSpert (IMbl. s. 115); ZI. 14. Sept. 60 c. Günther; BL. |. 309; HS. II, 354; v. Kirchm. f. 163. DaS gut namentlich, wenn die Täuschung sich aus die Person bezog, welcher da« Geschenk rc zugewendet werden soll (Beisp.: angebliche- Äottclttren für milde Zwecke rc.): ZI. 22. Febr. 54 c. Czekay, ZI. 8. Juli 59 c Riedel (GA. II, 424; VII, 716); ZU. 6. Sept. 60 c. Dietz; vgl. ZI. 15. Nov. 61 (RdO. II, 73). Contra: BII. 22. Sept. 53 c. Grossekettler (Entsch. 26. s. 155); ZI. 17 Okt. 62 (RdO. III, 82; bei!.), welche „eine durch Täuschung herbeigeführte Mildthätigkeit" nicht für einen Betrug erachteten. Jedenfalls trifft aber der § zu, wenn eine Gememde'Armenverwaltung durch Täuschung zur Verabreichung einer Unterstützung veranlaßt ist, da sie keine Mildthätigkeit Übt, sondern eine Pflicht erfüllt: ZI. 8. Juli 70 (RdO. XI, 394). 40. Wegen des Mangels des Kausalzusammenhangs zwischen Täuschung und Vermögen-beschädigung stellt die Nichterfüllung einer Verbindlichkeit, oder der Mißbrauch einer vertragsmäßig erworbenen Befugniß (z. B. die Ueber* fchreitung der vertragsmäßigen Anzahl der Exemplare eines verlegten Werks Seitendes Verlegers) einen Betrug nicht bar: N. Sächs. Jahrh. IV, 117; vgl ibid. V, 185; VIII. 135. DaS gilt selbst dann, wenn derjenige, welcher sich vertragsmäßig zu irgend einer Leistung verpflichtet, gleich beim Vertragsabschlüsse entschlossen ist, jene Verpflichtung nicht zu erfüllen; bte „Unterdrückung" diese- Entschlusses genügt nicht zur Herstellung de- Thatbestandes eines Betrug-, weil nicht diese Unter­ drückung, sondern die demnSchstige (auf einer Erneuerung de« Entschlusses be­ ruhende) Nichterfüllung selbst es ist, welche bte Vermogensbeschädigung zur Folge hat, während daS durch den DertragSabschluß begründete FordernngSrecht nach wie vor bestehen bleibt; vgl. n. 48. 41. Die Anwendbarkeit des § wird auch nicht durch die obwaltende Mög­ lichkeit beseitigt, daß der Beschädigte dasselbe Vermögensrecht durch irgend ein an­ deres künftiges Ereigmß gleichfalls verloren haben würde: ZI. 11. Mai 59 c. WassielewSki; vgl. n. 19 42. Der Irrthum muß durch Vorspiegelung einer falschen oder durch Ent­ stellung rc. einer wahren Thatsache erregt rc. sein. Thatsache ist hier alle- das­ jenige, was (angeblich) so zur Existenz gekommen ist, daß eS nach Außen wirksam werden

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tonnte („factum“). Ob diese Thatsache der Vergangenheit angehören, oder zur Zeit noch bestehen soll, rst gleichgültig: VI. 12. Olt. 60 c. Günther; ebenso ob biejelbe mit Sicherheit erkannt oder festgestellt werden könne; es genügt, wenn auf ihre Existenz mit größerer oder geringerer Gewißheit eine Schlußfolgerung zu ziehen ist: All. 2. Dez. 69 (RdO. X. 758\ 43. Demgemäß gehören zunächst alle Eigenschaften und Zustände eines Ge­ genstandes der Körperwelt hierher; nicht minder ober auch dasjenige, was nur der Gedankenwelt angehört, insofern eS als etwas Feststehendes, Anerkannte- eine Wir­ kung nach außen ausüben kann, oder wenigstens fo dargestellt wird, daß eS nach außen wirken könne. Ist letzteres der Fall, fo kommt Nichts darauf an, ob die vorgespiegelte Thatsache thatsächlich, juristisch oder moralisch möglich ist; eS genügt, wenn der Glaube an ihre Existenz hervorgerufen werden sollte (Beisp.: Hexerei): VIl. 15. Dez. 65 (RdO. V, 365). 44. Hiernach ist auch das Vorhandensein eines Rechte- eine Thatsache: DI. 21. Jan. 63 (RdO. III, 225). 45................ ebenso da- Bestehen einer RechtSregel; ein Betrug kann daher durch Erregung eines RechtSicrihums verübt werden, trotz der gesetzlichen Vermu­ thung, daß Jedem da- Gesetz bekannt fet: VI. 13. März 57 c Raymond (IMbl. f. 200); ZI. 20 Nov. 62 (RdO. II, 83); u ö. In biejer Beziehung kann eS ge­ nügen, wenn Jemand Etwa- als anerkannte Recht-regel, als bestehende Gerichtspraxis oder als feststehenden Verwaltung-grundsatz vorbringt, wahrend er weiß, daß es un­ gewiß und bestritten ist: ZU. 17. Oft. 68, ZI. 8 Juli 70 (RdO. VIII, 605; XI, 403). 46............... ebenso daS absichtliche Ziehen einer falschen (thatsächlichen) Schlußsolgerung aus richtigen Voraussetzungen, z B. die Angabe eine» falschen Ergeb­ nisse^ einer m ihren einzelnen Ausstellungen richtigen Berechnung: ZI. 8. gebt. 67 (RdO. VIII, 107). 47................ ebenso die vorgegebene Nichtkenutniß eines dem Gebiete des Thatsächlichen angehörenden Umstände-: ZI. 12. April 61 c Dahlström. 48. Dagegen hat da- OTr. angenommen, daß die angeblich vorhandene eigene Willenörichtung m Beziehung auf ein später vorzunehmende- Thuen oder Un­ terlassen, insbesondere auf die künftige Erfüllung einer übernommenen Verbindlichkeit, zu unsicher und schwankend, und zu sehr dem Wechsel der Entschließung ausgesetzt sei, als daß sie für eine „Thatsache“, al,o für etwa- Fertiges, zur Existenz Gelangtegelten könnte; aus diesem Grunde hat eS wiederholt entschieden, daß durch die ver­ tragsmäßige Uebernahme einer Verbindlichkeit, welche nicht zu erfüllen man von Ansang an entschlossen war, ein Betrug nicht verübt werde: VII 30. 3um 53 c. Richter (GA. I, 580); ZU 24. Nov. 53 c. Bretzmann (Entsch. 26.'s. 418); VI. 22. Gept. 65 (RdO. VI, 326). DaS dürste aber im Grundsätze mit dem unter n. 43 Gejagten nicht im Einklänge stehen; vgl. auch Sachs. GZ. II, 96 Gleichwohl erledigt sich die Strafbarkeit einer solchen Handlungsweise durch da- unter n. 39 Ausgeführte. — Daß die unwahre Versicherung: ein Anderer habe sich zur Erfüllung einer (fremden) Verbindlichkeit anheischig gemacht, einen Betrug darstellen kann, ist zweifellos: VI 28. Juni 58 c. Knesset; ZI. 7. Oft 70 (RdO. XI, 502). Ebenso verhalt eS sich mit unwahren Versicherungen über die voraussichtliche künsiige Ren­ tabilität einet Unternehmen-; contra: HS. II, 361. t ,4£(. M Thatsache yiuß kpnfre,tey, s,pe.zie,ll§r Mur,seiy; qllgern^ine, Ur­ theile und Anpreisungen in Betress gewisser, einer Person oder Sache angeblich bei­ wohnender, durchaus relativer und ebendeshalb objektiv gar nicht festzustellender Eigenschaften gehören nicht hierher; vgl. BL. f. 308 und Note 3. Dagegen kann unbedenklich in der Versicherung bestimmter angeblich vorhandener Eigenschaften, welche, wenn sie Sachen betreffen, Gegenstand der Gewährleistung fern würden, daVorbringen falscher Thatsachen gesunden werden: ZI. 10. Sept. 58 c. Neubauer; z. B. m Versicherungen über die Vermögenslage oder die Zahlungsfähigkeit einer Person (§207 I, 14 Pr. ALN. steht dem nicht entgegen): ZU. 4. Ium 57 c. Koch; ZI. 10. Oft. 66 (RdO. VII, 523); oder über den Ursprung oder eine spezielle Qualität einer Waare, 3. B. über die Gesundheit einet verkaufen. Stücket Vieh: ZU. 2 Nov. 55 c. Ehrenberg (GA. IV, 257); ZU. 27. Oft. 66 (RdO VII, 588).

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Ob durch ein solche- Vorbringen wirklich ein Sirtljum erregt worden sei, ist selbst­ verständlich in jedem Emzelfalle Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung. Gerade hier muß berücksichtigt werden, baß im kleinen kaufmännischen Verkehr unzählige Anpreisungen und Empfehlungen unter Hervorhebung spezieller Eigenschaften und Thatsachen vorkommen, welche kaum auf Glauben Anspruch machen und regelmäßig nicht geglaubt werden, durch die also auch eine Täuschung und eme Vermogensbe­ schädigung nicht herbeigeführt werden können. 50. Die vorgespiegelte Thatsache muß objektiv falsch sein; wer eine wahre Thatsache in der irrigen Meinung, sie sei falsch, vorbringt, begeht, selbst wenn er dadurch täuscht, fernen Betrug. Ebenso genügt eS mcht, wenn der Andere durch die vorgebrachten wahren Thatsachen zu irrigen Schlüffen veranlaßt wird, insofern nicht mit jenem Vorbringen da- Unterdrücken anderer damit im Zusammenhange stehender wahrer Thatsachen zusammentrifft. 51. Sowohl da- „Vorspiegeln" als das „Entstellen" oder „Unterdrücken" einer Thatsache seht die Kenntniß deö wahren Sachverhalte-, und den Willen voran-, bet dem Anderen eme unrichtige Auffaffung bervorzurnsen: ZU. 16. Oft. 62 (RdO. 111,79); vgl. n. 45. 55. Demgemäß ist cm fahrlässiges Vorspiegeln (Entstellen, Unterdrücken) nicht denkbar: VII. 2. Dez. 69 (RdO. X. 763). Jene Kenntniß ist aber durch die Feststellung einer „Vorspiegelung rc." genügend zum Ausdrucke gebracht; es bedarf daneben nicht einer besonderen Hervorhebung jener: ZI. 26. Okt. 70 (RdO. XI, 529). 52. Besteht die vorgebrachte falsche Thatsache in der Annahme eine- falschen Namen-, so liegt cm Fall der idealen Konkurrenz (§73) vor; e- kann also nicht neben der Strafe des Betrüge- auch die des § 360 Nr. 8 verhängt werden. 53 Nicht allein durch Aeußerungen, sondern auch durch bloße Handlun­ gen können unwahre Thatsachen vorgespiegelt, und wahre entstellt oder unterdrückt werden: ZI 16. Febr. 66, ZI. 14. Sept. 66, ZI. 26. Febr. 69, ZI. 18. Juli 70 (RdO. VH, 107. 471; X, 110; XI, 428), z. B. durch die Herrichtung einer ver­ käuflichen Waare, welche von Außen besserer Qualität ist als im Innern: ZI. 17. Jan 66 c Wachholz (GA XIV, 227); durch die Hingabe eines werthlosen, oder durch die Weiterbegebnng emeS bereits bezahlten Wechsels: ZU. 25. Sept. 62 (RdO. III, 32); durch falsches Spiel: ZI. 12 Dez. 62 c. Dormann; durch die Benutzung unrichtiger Würfel Seitens des Inhabers einer Glücksbude: ZI, 7. Juli 58 c. Studer. Aehnlich verhält es sich, wenn cm Apotheker statt der vom Arzte verschriebenen schlechtere und wohlfeilere Droguen diSpensirt, diese sich aber nach dem Preise der echten bezahlen läßt. Dgl. auch ZII. 19. März 57 c. Edelbruck (GA. V, 752: der Beschuldigte hatte an einem Orte, wo die Kohlenhändler herkömmlich die bestellten Kohlen in Karrenladungen vou entern bestimmten Gewichte zu liefern psiegten, still­ schweigend eine Ladung von geringerem der Bestellung nicht entsprechendem Gewichte abgeliefert). 54. Daö Vorbringen falscher und da- Entstellen wahrer Thatsachen setzt regel­ mäßig eine positive Thätigkeit voraus, so daß al;o hier cm lediglich negativeVerhalten, ein Unterlassen oder Verschweigen von Thatsachen für sich allem nicht genügt. Anders verhält es sich dagegen mit dem Unterdrücken wahrer That­ sachen, ein solche- kann auch in einem pflichtwidrigen Verschweigen gefunden werden, sobald dasselbe geeignet ist, einen Irrthum zu erregen; vgl. K. Sächs. StGB. Art. 284; nur darf man hier nicht von einem allgemeinen Rechte auf Wahr­ heit sprechen, vielmehr wird eine besondere, anderweitig begründete Pflicht die Wahr­ heit zu sagen vorausgesetzt. Da« trifft zu, wenn Jemand einem Andern gegenüber die Verpflichtung übernommen hatte, diesen von gewissen Vorkommnissen m Kenntniß zu setzen (Beisp.: ein Bankier, welcher sich verpflichtet hatte, einem Andern vom Sinken oder Steigen der Course sofort Mittheilung zu machen, unterläßt dieses m gewinnsüchtiger Absicht re.): Es gilt aber nicht minder auch da, wo der Angeklagte sich zwar nicht ausdrücklich zu einer solchen Mittheilung verpflichtet, wo er aber Handlungen vorgenommen hat, welche für ihn die Verbindlichkeit begründeten, ge­ wisse dazu in Beziehung stehende, ihm bekannte Thatsachen zur Kenntniß deAndern zu bringen: Beschl. I. II. Sept. 63, ZII. 2. Marz 65; ZI. 14. Dez. 66, ZI 16. Jan. 67, BI. 1. Febr. 67 (RdO. IV, 37; V, 538; VII, 715; VIII, 29. 91).

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Die so begründete Pflicht braucht auch nicht nothwendig eine rechtlich zwingende zu sein, eS genügt, wenn sie (nach der allgemeinen Recht-anschauung) durch die Rück­ sichten der Redlichkeit tm Verkehr oder der Moral geboten war: Beschl. I. 1. März 67, 311. 30. Jan. 68, ZI. 2. Juli 69, Sander (RdO. VIII, 142; IX, 77; X, 478); z. B. beim Abschlüsse eine- Vertrage- (auch bettn Viehhandel): ZI. 19. Nov. 69 (RdO. X, 725) Vgl. BL. s. 308; HS. II, 364. — Dagegen ist auch hier dasjenige wa- oben (o. 39. 48) Über die bet einem Vertragsabschlüße vorwaltende Absicht den­ selben nicht zu halten gesagt ist, zu berücksichtigen; vgl. DI. 27 Nov. 68 (RdO. IX, 620). 55. Da- unvollständige Vorbringen wahrer Thatsachen und da- Verschweigen eine- wesentlichen T heil - derselben stellt nicht nur eine Unterdrückung, sondern auch eine Entstellung oder selbst die Vorspiegelung falscher (weil nicht wahrhettgetrener) Thatsachen dar. z. B wenn Jemand beim Vorlesen einer Schrift ab­ sichtlich einen Theil des Inhalts übergeht; vgl. ZI. 27. März 67 (RdO. VIII, 220). 56. Nach dem unter n 53 und 54 (besagten ist es m jebtm Emzelfalle zu beurtheilen, ob derjenige, welcher bettn Abschlüsse emeO Rechtsgeschäft- (z. B. beim Zehren in einem Wirth-hause) seine Zahlungsunfähigkeit verschweigt, dadurch eine falsche Thatsache vorbringe, oder eine wahre unterdrücke; eS kommt darauf an, ob er durch irgend em Thun bei dem Andern den Glauben an seine ZahlnngSsähigkett hervorgerufen habe, oder ob sein Thun die Verpflichtung begründete, dem Andern seine Zahlungsunfähigkeit Mitzutheilen; contra: ZU. 24. Nov. 53 c. Bretzmann (Entsch. 26. s. 418; GA. II, 127); ZU. 8. Dez. 53 c. Jakobi, welche m einem solchen Falle den Thatbestand des Betruges unbedingt verneinten. 57. - Durch die Vorspiegelung (Entstellung, Unterdrückung) der rc. Thatsachen muß em Irrthum erregt sein; es folgt dieses nicht von selbst ans dem Vorbringen unwahrer Thatsachen rc. 58. Der Erregung eines Irrthums ist die Unterhaltung eines solchen gleich gestellt; dazu genügt aber noch nicht die Benutzung eine- bei dem Anderen schon bestehenden Irrthum-, vielmehr muß jener durch die Vorspiegelung (Unterdrückung rc.) m seinem Irrthum bestärkt, m seinem trugen Glauben erhalten sein: ZI. 23. März 70 (RdO. XI, 185); BL. s. 308; N. Säch,. Iahrb. VIII, 334. ES kommt sonach wesentlich darauf an, daß das Verhalten des Angeschuldigten für den tm Irrthume Befangenen mit em Bestimmung-grund war, die vermögensbeschädigende Handlung vorzunehmen; vgl. Motive s. 129. — Demgemäß ist die Annahme einer freiwillig angebotenen Nichtschuld oder einer falsch adressinen Sache für sich allein noch kein Betrug, insofern nicht (unter Berücksichtigung de- unter n. 54 Gesagten) anzunehmen ist, daß da- bewußte Verschweigen des wahren Sachverhalts dazu mitgewirkt hat, den int Irrthum Befangenen zur Vornahme seiner Handlung zu veranlasien; vgl. Sächs. GZ. VIII. 36/. 384. 59. Die Erregung (Unterhaltung) de« Irrthums muß vom Angeschuldigten gewollt sein; vgl. n. 51. 60. Der erregte rc Irrthum braucht nicht in einer festen, jeden Zweifel aus­ schließenden Ueberzeugung zu bestehen; eö genügt eine irrige Anschauung, welche den Getäuschten zu irgend einem Thun oder Unterlasten bestimmt; deshalb schließt der Umstand, daß bet einem Vertragsabschlüsse die Möglichkeit einer Täuschung vor­ gesehen und daß für einen solchen Fall eine Conventionalftrafe stipulirt worden ist, die Annahme sines durch eme. iosche. Täuschung .verübten Betrug- nicht au6: DU. 28. Mai 68. ZU. 15. April 69 (RdÖ. IX, 347; X, 233). 61. Gleichgültig ist e-, ob der erregte Irrthum ein leicht vermeidlicher war: ZU. 31. März 70 (RdO. XI, 213). Steht die Irrthum-erregung fest, so kann der Thatbestand de- (vollendeten) Betrüge- Nicht deshalb verneint werden, weil da» angewendete Mittel nicht geeignet gewesen sei, jenen Erfolg herbeizuführen (von der Untauglichkeit de- Mittel« kann nur bet einem erfolglosen Versuche die Rede sein): Beschl. I. 31. Jan. 66 (RdO. VII, 64). Au- demselben Grunde bedarf e- auch mchtz einer besonderen Arglist bet der Entstellung der Wahrheit: ZI. 15 Okt. 56 o. HemsiuS. 62. Die Person de- Getauschten muß in der thatsächlichen Feststellung er* kennbar gemacht werden; dagegen bedarf eS nicht nothwendig der Nennung deNamens: ZI. 26. Febr. 69 (RdO. X, 111). Bunde-.Strafgesetzbuch

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n.

Abschn. XXII. Betrug und Untreue. — § 263.

63. Der Getäuschte -raucht nicht selbst der Beschädigte zu sein: VN. 4. Ott. 55 c. MaiSborn (JMbl. s. 269); ZI. 5. Juli 61 (RdO. I, 506); u. ö.; Abh. in GA. III, 607; vgl. Motive z. Enttv. v. 1847 § 293 s. 77; contra: TL. f. 978; id. in GA. III, 808; vgl. HS. II, 375. Hiernach lst efl unbedenklich als Betrug -u betrachten, wenn Jemand eine sremde, nicht m seiner Gewahrsam be­ findliche Sache einem Dritten verlaust, und diesen so veranlaßt, m gutem Glauben die Sache wegzunehmen: DI. 14. Mar 58 c. Bartz ^GA. VI, 567); es liegt dann nicht ein vom Ersteren durch Benutzung des Andern als Werkzeug verübter Dieb­ stahl vor, weil die Sache nicht ihm, sondern dem Wegnehmenden selbst zugeeig. net wird. 64. Demgemäß kann ein Betrug auch in der Weise verübt werden, daß im Prozesse durch eine Täuschung de« Richters eine für die eine Partei nachthei­ lige, ihre Rechte beeinträchtigende Enttcheidung oder Verfügung herbeigeführt wird. Zwar fcheutt der Richter in der Regel dem einseitigen Vorbringen der einzelnen Parteien keinen Glauben, sondern entscheidet nach den vorgebrachten Beweisen; die Einreichung einer Klage ist daher für sich allein noch kein Betrug-versuch: Zl. 9. März 70, ZI. 19. Oft. 70 (RdO. XI, 153. 518). Wird aber gerade durch ein Beweismittel die Täuschung des Richters herbeigeführt, z. D. durch einen antedattrten Wechsel, oder durch eine simulirte oder erschlichene Urkunde, so kann unbedenklich ein Betrug angenommen werden.- ZI. 11. Sept. 61, ZI. 5. Juli 65 (RdO. I. 268; XI, 233). Dasselbe gilt da, wo der Richter auf Grund M einseitigen Vorbringens einer Partei eine für die andere nachtheilige Verfügung hisst, z B. einen Arrest verhängt, oder eine ver­ fügte Exekution einstweilen aussetzt: ZU. 9. Apnl 63, ZI. 13 Marz 67 (RdO. III, 382; VIII, 171). Sind dagegen derartige TäufchungSmittel nicht angewendet wor­ den, so kann die Aufstellung einer unwahren Behauptung un Prozesse nicht als Betrug aufgefaßt werden, sollte auch demnächst eine unrichtige richterliche Entschei­ dung darauf gefolgt fein; das „frevelhafte Leugnen" und die „mutwilligen Chikanen" im Prozesse werden (in Preußen) nur von den durch die AGO. I, 23 § 52. 53; I, 24 § 40 bedrohten Eivilstrafen betroffen: ZU. 23. Febr. 54 c. Hoppe (GA. III, 611); DI. 16. Sept. 57 c. Weinberg; DottuS Abh. m GA. I, 490; Abh. ibid. III, 605; XIII, 71; Schwarze Abh. t. Gerichtsfaal XVIII, 105. 65. Aehnlich verhält es sich mit der Täuschung des ProzeßgegnerS; inso­ weit dieser mt Prozesse durch Irrthumöerrcgung zu einem ihn beschädigenden Thun rc veranlaßt werden kann, muß auch die DetrugSstrafe zutreffen. 66. Ebenso kann unbedenklich die durch das Zusammenwirken beider Prozeßgegner bewirkte Erschleichung emeS materiell unrichtigen Urtheils den That­ bestand eines zum Nachtheile eines Dritten verübten Betruges darstellen: ZI 5. Juli 61 (RdO. I, 506). 67. Auch die Täuschung deS einen Akt aufnehmenden Notars kann, wenn die übrigen Voraussetzungen des § vorliegen, den Thatbestand des Betruges her­ stellen. Es muß dann aber feststehen, daß durch jene Täuschung die Vermögens­ beschädigung herbeigeführt ist; daher genügt eS nicht, wenn beide Parteien im Ein­ verständnisse den Notar getäuscht haben, und es sich demnächst herausstellt, daß eine derselben durch den Vertragsabschluß einen Nachtheil erlitten hatte: VI. 22. Mat 57 c. Sandler. Ist durch die Täuschung des Notars die falsche Beurkundung einer für Rechte rc. erheblichen Thatjache zu Stande gekommen, so liegt außerdem der Thatbestand des § 271 (272) vor. 68. Ist ein Betrug durch eine Urkundenfälschung bewirkt worden, so waltet Ideal-Konkurrenz ob. 69. Eine durch Täuschung herbeigeführte Beschädigung des Staatsvermö­ gens stellt unzweifelhaft einen Betrug dar. Dazu genügt aber in der Regel der Thatbestand einer Abgaben- (Steuer-, Zoll-rc) Hinterziehung nicht, dadurch eine solche dem Staate nicht em erworbenes Vermögensobjekt entzogen, sondern ein erst zu erwerbendes vorenthalten wird, während das Forderungsrecht des Staates unverletzt fortbesteht: HS II, 359; vgl. § 275. 276. 280. 364; DPostgef. v. 2. Nov. 1867 § 30 Nr. 4; B -Telegr.-Gf. v. 10. Juni 1869 § 2 (BGbl. f. 377); B.-Wechs.-Stemp.-Ges. v. 10. Ium 1869 § 23 (BGbl. s. 198), welche die Benutzung falschen oder entwerteten Stempelpapieres (Post- Telegraphen- ober Wechselstempel-

Thl. II. Abschn. XXII.

Betrug und Untreue. — 9 263.

467

Marken) mit besonderen Strafen bedrohen — Zu solchen Fällen greift nur die Desraudenstrafe Platz, insofern nicht die betr. Handlung auch den Thatbestand einer andern Strasthat m sich schließt. Ist dieses der Fall, ist z. B. durch eine Defraude das erworbene Vermögen des Staats (durch Täuschung rc.) beschädigt worden, so unterließt die Verhängung b ältere Sch. 42. - Beweis. 43 • indirekte. 40. • wann! 41. Anstifter 29. 34. Bet-Selte-Schaffen. 36. 37. Betrug? 24. Dolus. 25-27. 29. 37. Ehrenrechte. 62. Etnzel-Handll. Haut. 28 . Mehrheit. 31-33. • Zeitpunkt. 29.

Inhalt. Fragstllg. 12. 39. 46. 58. Fuhrleute. 2. 46. 52. 54. Gehülfe. 29. 34. Gewerbebetrieb, ausschließlich 4. • eigener. 3 • gering. 4. 46. 48—50 54. Gläubiger 23 25. • einzeln. Befrtedigg. 38 Gutsbesitzer. Neben.Gew. 11. Handel-bücher 44—62. - Bilanz. 44. . Bücher, Eintrgg. was? 60. 61. • Führg. schlechte. 55—61 • * Unterlaffg. 44—54.

• Verm.-Uebers. 59 60.

Handelsbücher, Derm.-Derzchniß. 44« * Vernichtung re. 55—61. * welche? 45. * wer? 46—54. . Zahl? 45. Handelsfrau. 9. Handels-Gefellfchft. 6. Handels-Register. 5. 50. Handl..Gehülfe. 3. HandvkS.-Betl. 2. 46ff 53. 54. Hausirer 2. 46—48. 54. Höker 2. 46-48. 54. Kaufmann. Iff. 46 54. - Fragstelluug. 12.

Kommis. 3.

Thl. II. Abschn. XXIV.

Senferult. — § 281.

511

1) Vermögensstückc verheimlicht oder bei Seite geschafft haben, Äenfumni 31—33. Konkur-.Er-ffag. 19. 15. Korporation, faufm. 5. Makler. 14. Minderjähriger. 10. Müller. 11. Namen, eig. 7. Naturprod., selbstgew. 11. Recht-kr., relat. 33. Richter, Befaffq. 33. Schiffer. 2. 46. 52 54. Steuerzahlg. 6. 50.

Thetlnehmer. 29. 34. Theilnehmer, Dolo-. 29 Trödler. 2. 46-48. 54. Unzurechnungsfähigkeit. 24. Verheimlichen. 36a. 37. 55-61 Verjährung. 35. Dermög.-Befchädgg. 24. Bermög.-Ucberflcht 59. 60. versuch. 26. 30. 34. 35. vollend- 30. Wirth. 2. 41. 52 54.

• Au-dehng. 22. - Bewußtsein. 26. • Eintritt, wann? 22. • erklärte? 18. . «eststllg. 20. • Folgen, dauernd. 30. • Gläubiger, Zahl. 23. . veranlaffg? «7. • verschuldet ^ 17. . Zeit? 29. Ziegelei. 4.

1. „Kaufmann" im Sinne der §§ 281—283 ist Jeder, welcher nach Art. 4 de« D HGB. „als Kaufmann anzusehen" ist, d. h also Jeder, welcher gewerbs­ mäßig Handelsgeschäfte treibt. WaS „Handelsgeschäft" sei, ist nach Art. 272 blS 277 ibid. zu beurtheilen. — Anderweitige (namentlich ältere) landesgesetzliche Vor­ schriften kommen bei der Frage, ob Jemand „Kaufmann" sei, hier nicht m Betracht. 2. Auch die im Art. 10. des HGB.'S erwähnten „Höker, Trödler, Haufirer und dergleichen Handelsleute von geringem Gewerbebetriebe, Wirthe, F uhrleute und Schiffer," sind „Kaufleute," insoweit bei denselben die unter n. 1 gedachte Begriffsbestimmung zutrifft; sie sind nur von der Pflicht der Buchführung entbunden, können also nicht von den Strafen des 8 281 Nr. 3 oder § 283 Nr. 2.3 betroffen werden; vgl. unten n. 46fgg. 3. Die Handelsgeschäfte müssen als eignes Gewerbe betrieben werden; Handlungsgehülfen, Kommis rc. sind als solche nicht Kaufleute. 4. Der Handel braucht nicht daS ausschließliche, selbst nicht einmal daö HauptGeschäft zu fern, sobald er nur gewerbsmäßig betrieben wird: ZU. 19. Nov. 57 c. Richter; ZI. 11 März 59 c. Schier; u. ö. 5. Ebensowenig ist die Eigenschaft als Kaufmann durch die Eintragung in das Handels- (Firmen-) Register oder durch den Beitritt zu einer kaufmännischen Korporation bedingt; vgl. Pr. EG. z. D. HGB. Art. 3 Nr. 4. 6. Auch die Gewerbesteuerpflichtig keit, sowie die Zahlung der betr. Steuer sind für den Begriff eine« Kaufmannes nicht maaßgebend: D. HGB. Art. 11; ZI. 28. Oft. 70 (RdO. XI, 536). 7. Ebenso ist es gleichgültig, ob der die Handelsgeschäfte Treibende die betr. Handlungen unmittelbar selbst vornimmt, oder durch einen Andern z B. durch einen Prokuristen vornehmen läßt (D. HGB. Art. 6 Abs. 3), nicht minder ob er dabei unter eigenem Namen auftritt, oder ob dazu ein Anderer seinen Namen herge­ geben hat und diesen in daS Firmenregister hat eintragen lassen: ZI. 28. Febr. 65 (RdO. VII, 28). 8. Die Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft, sowie die persön­ lich hastenden Mitglieder einer Kommanditgesellschaft, sind Kaufleute, nicht aber die bloßen Kommanditisten, die stillen Gesellschafter und die Theilhaber an einer Akt ien gesellschast; vgl. D HGB. Art. 112. 122. 165. 207. 252. 256; Pr. Konk.'Ordn. v. 8 Mai 1855 § 307. Jenes gilt selbst dann, wenn die für die Errichtung der betr. Gesellschaft gesetzlich vorgeschriebenen Förmlichkeiten nicht beobach­ tet worden sind; vgl. D. HGB. Art. 110. (B.-Ges. v. 11 Junr 1870:) Art. 178.211 9. Eine Handelsgeschäfte gewerbsmäßig betreibende Frau (Handelöfrau) hat alle Rechte und Pflichten eines'Kaufmanns; sollte sie auch^ihr Gewerbe durch einen Prokuristen rc. betreiben lassen: D. HGB. Art. 6. 10. Ein gewerbsmäßig Handelsgeschäfte betreibender Minderjähriger kann sich eines BaukeruttS schuldig machen, sollten auch die Bedingungen nicht erfüllt sein, von welchen daS Gesetz die Zulässigkeit eines solchen Handelsbetriebs abhängig macht; vgl. Pr. EG. Z. D. HGB. v. 24. Juni 1861 Art. 37. 38; contra: Gilb. C. de Comm. art. 591 n. 3. 11. Der Verkauf selbstgewonnener Naturprodukte stellt selbst bann, wenn diese vorher be- oder verarbeitet werden, ein Handelsgeschäft nicht dar: VII. 22. Juni 65 (RdO. VI, 207). Dasselbe gilt von dem Betriebe einer Ziegelei,

512

Thl. II. «bschn. XXIV.

Bankerutt. — § 281.

2) Schulden oder Rechtsgeschäfte anerkannt oder aufgestellt haben, welche ganz oder theilweise erdichtet sind, bei welchem die verarbeitete Erde den eigenen Grundstücken entnommen wird: ZU. 8. Mai 69 (NdO X, 304); und von dem Gewerbe eines Müllers, welcher mit dem aus selbstgewonnenen Früchten gemahlenem Mehle Handel treibt: DI. 16. Julr 69 (RdO. X, 513). Dagegen ist ein Gutsbesitzer, welcher gewerbsmäßig Handelsgeschäfte betreibt, jetzt unbedingt als Kaufmann zu betrachten, sollte für ihn jener Geschäftsbetrieb auch nur ein landwirthschastliches Nebengewerbe darstellen (Beisp.: Branntweinbrennerei, Zuckersabrikation jc , sobald dabei nicht blos selbstgewonnene Produkte verarbeitet werden); der Umstand, daß noch EG. zur Pr. KonkOrdn. v. 8. Mai 1855, Art. XIV und nach Pr. EG. z. D. HGB. Art. 31 ein Gutsbesitzer in dem gedachten Fall in Beziehung auf die Anwendung der Vorschrif­ ten der Konkursordnung nicht zu den Kaufleuten gezählt werden soll, kann hier nicht in Betracht kommen, da das StGB, für das ganze Bundesgebiet gleichmäßig anzu­ wenden ist; vgl. ctt. 8311. 22. Zum 65; contra: v. Kirchm. f. 172. 12. CS ist an sich nicht unstatthaft, in der skbwnrgerichtlichen Fragstellung die Bezeichnung „Kaufmann" beizubehalten; die Auflösung dieses Begriffs durch Hervorhebung der im Art. 4 des HGB.'S angegebenen wesentlichen Merkmale wird aber unerläßlich, sobald dieselbe von irgend einer Seite beantragt worden ist: ZI. 26 Zum 67, 831. 27. Nov. 67 (RdO. VIII, 404, 747). 13. Eö wird nicht erfordert, daß zur Zeit der Strafverfolgung der Angeklagte noch Kaufmann sei: ZU. 14. Nov 61 (NdO. II, 68). 14. Aus andere Personen als auf Kaufleute z B. auf Handelsm äkler sind die Vorschriften des §§ 281.283 nicht auszudehnen; die dieses vorschreibende Be­ stimmung des § 262 des Pr. StGB.'s ist in das B.-StGB. nicht übernommen worden. 15. Zahl ungSeinstellung bezeichnet den Zustand eines Kaufmanns, welcher wegen einer wirklichen oder auch nur fingirten Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 281 Nr. 1. 2) feine Verbindlichkeiten nicht erfüllt; vgl. D. HGD. 8 314 Nr. 1; Pr.Kouk.Ord. v. 8. Mai 1855 § 113. Die Thatsache de- NichtzahlenS oder die Verweige­ rung der Zahlung genügt daher für sich allein noch nicht, wenn die (äußerlich er­ kennbare) Vermögenslage eine solche ist, daß die Zahlung, (aller) verschuldeten Be­ träge durch Exekution m das verfügbare Vermögen im gewöhnlichen Verfahren er­ zwungen werden konnte. Inwiefern aus einer einmaligen Zahlungsverweigerung auf eine wirkliche Zahlungseinstellung geschloffen werden könne, ist Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung: Bll. 7. Mai 64, ZI. 8. Mai 67 (RdO. IV, 498; VIII, 292). 16. Demgemäß ist der Ausdruck „Zahlungseinstellung" nicht gleichbedeutend mit „Vermögensunzulänglichkeit;" oder mit (wirklicher) „Zahlungsunfähigkeit": LI. 16. Oft. 70 c. Franke; insbesondere kann auch ein blos momentanes Unvermögen, den begründeten Ansprüchen Anderer zu genügen, die Annahme einer Zahlungsein­ stellung rechtfertigen: ZI. 11. Zuli 56 c. Schweitzer, ZI. 17. Juni 57 c. Richter (GA. IV, 574; V, 707). Ebenso ist aus einer später geleisteten Zahlung nicht mit Nothwendigkeit zu folgern, daß früher eine Zahlungseinstellung nicht stattgefunden haben könne: ZI. 14. Dez. 55 c. Manowöky; ZI. 30. Zan. 61 c. Cohn. Umge­ kehrt ist aber auch trotz einer vorhandenen Vermögensunzulänglichkeit eine Zahlungs­ einstellung nicht anzunehmen, so lange der Kaufmann vermittelst seine« Kredit« noch den gegen ihn erhobenen Ansprüchen zu entsprechen vermag-: DI. 3. Febr. 60 c. Opfer (GA. VIII, 565). 17. In Betreff der Zahlungseinstellung kommt nur der thatsächliche Zustand in Betracht; wie er veranlaßt worden sei, und ob dabei dem Angeklagten ein Ver­ schulden zur Last falle, ist gleichgültig: ZI. 6. April 64 c. Rosenseld. Insbe­ sondere ist es nicht erforderlich, daß zene Einstellung durch die in den §§ 281 ffg. be­ sonders hervorgehobenen Handlungen herbeigeführt worden sei: ZU. 4. Apr. 61, ZI. 1. Zuli 64, Z. 13. Nov. 68 (RdO. I, 346; V, 42; IX, 635); eS ist sogar kaum denkbar, wie eine solche durch Verheimlichung der Handelsbücher hätte herbei­ geführt werden können; demgemäß ist auch ein in dieser Beziehung geführter Ge-

Thl. II. Ablchu. XXIV.

Bankerult. — § 281.

513

3) Handelsbücher zu führen unterlassen haben, deren Füh­ rung ihnen gesetzlich oblag, oder genbeweis unerheblich: ZU. 15. Sept. 70 (RdO. XI, 455). Aus demselben Grunde wird die Strafbarkeit des BankeruttS dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Ange­ klagte zur Zett der Zahlungseinstellung unzurechnungsfähig war: ZI. 12. Dez. 69 (MO. X, 799). 18. Die „Zahlungseinstellung" ist nicht durch eine ausdrückliche Erklärung des Angeklagten: er fei insolvent, bedingt: DII. 7. Mai 64 (cit. 15). 19. Ebensowenig bedarf eS einer civilgenchtlichen Konkurseröffnung (Fal­ literklärung): Beschl. 22. Oft. 52 c. Honerlagen-Grete (JMbl. 53 s. 218); ZI. Il.Juli 56 (cit. n. 16); u. ö. Der Strafrichter darf daher das Strafverfahren nicht aussetzen, bis im Eivilverfahren der Zustand der Zahlungseinstellung festge­ stellt worden sei. Auch bleibt die Verfolgung wegen BankeruttS statthast, selbst wenn der Civilnchter die Konkurseröffnung für unzulässig erachtet hat (z. B. weil er den Betreffenden nicht als Theilhaber am Geschäfte betrachtete: ZU. 23. Mai 57 c. Aßmann), oder wenn daS eröffnete Konkurs- (Fallit-) Verfahren durch Akkord (Vergleich, Konkordat) seine Erledigung gefunden, oder wenn das (Rh.) Handels­ gericht die Entschuldbarkeit des Falliten anerkannt hat: ZI. 27. Sept. 65 (RdO. VI, 332). 20. Demgemäß muß im Strafverfahren, trotz einer erfolgten civilgerichtlichen Konkurs- (Falliments-) Eröffnung, noch immer ausdrücklich und selbstständig fest­ gestellt werden, daß die Zahlungseinstellung erfolgt sei: ZU. 14. Nov. 61, ZI. 11. Dez. 61, ZI. 13. Juni 66, Bll. 6. Dez. 66 (RdO. II, 68. 413; VII, 358. 695). Insbesondere ist auch die civilrichterliche Entscheidung über den Zeitpunkt der er­ folgten Zahlungseinstellung (Pr. Konk.'Ordn. § 122; Rh. HGB. Art. 441) für den Strafrichter nicht maaßgebend: Bll. 17. Febr. 59 c. Krüger; cit. ZU. 14. Nov. 61. 21. Für den Thatbestand des BankeruttS ist eS gleichgültig, ob die Zahlungs­ einstellung während des Betriebs des kaufmännischen Geschäftes oder erst nach der Aufgabe desselben eingetreten ist: ZU. 23. Sept 65 (RdO. IV, 342), welches das letztere aber (arg. Pr. Konk.-Ordn. v. 8. Mai 1855 § 114 Nr. 1) auf den Fall zu beschränken scheint, wo die Zahlungseinstellung innerhalb Jahresfrist einge­ treten ist. Vgl. n. 25. 22. Eine Zahlungseinstellung erstreckt sich nothwendig auf die ganze vermögenSrechtliche Lage; eS ist daher unstatthaft, sie nt Beziehung auf ein Geschäft anzunehmen, während sie in Betreff eines anderen gleichzeitig betriebenen verneint wird: ZU. 18. Sept. 62 c. Stöcks (209, beit.); ebensowenig darf sie auf dir Han­ delsgeschäfte beschränkt werden. 23. Eme Mehrheit von Gläubigern gehölt nicht zu den unerläßlichen Voraussetzungen eines BankeruttS; ebensowenig bedarf eS eines „Mißbrauchs des öf­ fentlichen Kredit-"; contra: TL. f. 1008. 24. Zum Thatbestände des betrüglichen BankeruttS gehören nicht außer den Ersordermsten des § auch noch die Begrifssmerkmale des Betrugs (§ 263): insbesondere bedarf eS weder einer gewinnsüchtigen Absicht (:ZI. 4. April 55 c. Friedrich, Entsch. 30 s. 365), noch e,ner eingetretenen Beschädigung deS Ver­ mögens der Gläubiger. Die Bezeichnung „betrüglicher Dankerutt" bezweckt nur, die hier vorgesehenen Fälle von denen deS § 283 durch einen kurzen technischen Aus­ druck zu unterscheiden. , ,2h. Dagegen erhäscht § 281 für, alle unter Nr, 1t-4- vorgesehenen Fälle die „Absicht deS Thäters, seine Gläubiger zu benachtheiligen." Unter „seinen Gläubigern" ist die Gesammtheit der Gläubigerschast zu verstehen (ohne Unter­ schied, ob die Forderungen derselben auf Handelsgeschäften beruhen oder nicht); eS gehört daher auch die (auf Kosten der übrigen) erfolgende Befriedigung eines ein­ zelnen Gläubigers hierher. — Dagegen wird vorausgesetzt, daß die Schuldverhältnisie und die sich auf sie beziehende Zahlungseinstellung wenigstens theilweise auf die Zeit zurückzuführen sind, wo der Angeklagte das Handelsgeschäft betrieb; es würden daher Handlungen der unter Nr. 1 und 2 erwähnten Art nicht hierher ge­ hören, wenn sie nach Aufgabe des HandelSgeschästS und nach Ordnung der aus dieBundeS-Strafgesehl'uch. 33

514

Thl. U. Atschn. XXIV.

Bankrott. - §281.

4) ihre HandeSbücher vernichtet oder verheimlicht oder so geführt oder verändert haben, daß dieselben keine Ueber­ sicht deS VermögenszustandeS gewähren. fern herrührenden Schuldverhältnifse legiglich zur Denachtheiligung solcher Gläubiger verübt sind, deren Forderungen au- einer späteren Zeit bahren. 26. Tie beabsichtigte Benachtheiligung muß mit der Zahlungseinstellung unjb mit der dadurch herbeigeführten Nichtbesriedigung der Gläubiger in Verbindung stehen. Deshalb ist die gedachte Absicht wesentlich durch das Bewußtsein von der bereiteingetretenen oder bevorstehenden Zahlungseinstellung bedingt: Bescht. I. 20. Nov. 67 (RdO. VII, 603). 27. AlS „Absicht, die Gläubiger zu benachtheiligen" ist es anzusehen, wenn denselben die Liq uidirung der Masse oder die Flüssigmachung der Aktiva erschwert werden sollte. 28. Die Aufzählung der unter Nr. 1—4 vorgesehenen Einzelhandlungen, durch welche im Falle einer Zahlungseinstellung der betrügliche Bankerutt begangen wird, ist limitativ; Ausdehnung auf andere ähnliche Fälle ist unstatthaft: ZU. 14. Nov. 61 (RdO. II, 68). 29. Für den Thatbestand ist es gleichgültig, ob die betr. Einzelhandlung vor oder nach der Zahlungseinstellung stattgefunden hat, insoweit da- eine oder daandere überhaupt thatsächlich möglich ist: ZU. 17. Oft. 67, Beschl. I. 20. Nov. 67 (RdO. VII, 603. 738; Fälle der Nr. I); ZU. 14. Nov. 61 (cit. n. 28; cm Fall der Nr. 2); ZI 22. Olt. 62 (RdO. III, 84; ein Fall der Nrn. 1. 2. 4). Die uuterlassene sowie die ungenügende Buchführung (Nr. 3. 4) können füglich der Zah­ lungseinstellung nur vorhergehen. — Demgemäß ist auch die Strafbarkeit des Theilnehmers (Gehülfen) nicht durch die Kenntniß von einer bereit- stattgehabten Zahlungseinstellung bedingt; es genügt m dieser Beziehung daö Bewußtsein desselden, daß eine solche Zahlungseinstellung zu erwarten fei: ZI. 26. Mar 69 (RdO. X, 348). 30. Geht die Einzelhandlung der Zahlungseinstellung vorher, so kann ein vollendeter Bankerutt nur dann angenommen werden, wenn denn Eintritte der letzteren die Folgen der ersteren noch fortdauern; die Strafe des § 281 bleibt sonach außer Anwendung, wenn vor dem Eintritte der Zahlungseinstellung die verheimlichten DerrnögenSstÜcke wieder herbeigeschafft, die Anerkennung ic. der fingirten Schulden wirkungslos gemacht, die verheimlichten Bücher wieder zum Borfchem gebracht worden sind; m allen solchen Fällen kann dann nur wegen Versuchs ge­ straft werden; ZI. 17. Jum 59 c. Krause (GA. VII, 496); die Verhängung der Strafe des vollendeten Verbrechens ist somit hier durch die Feststellung bedingt, daß die gedachte Voraussetzung zutreffe: ZU. 14. Nov. 61, ZU. 17. Okt. 67 (RdO. II, 68; VII, 503). Dagegen erachtete ein ZI. 2. Nov. 70 (NdO. XI, 542), eine Be­ strafung wegen unordentlicher Buchführung für gerechtfertigt, obgleich diese Verabfänmurg m eine Zeit fiel, feit welcher mehrere Jahre lang die Bücher ordnungs­ mäßig geführt worden waren. 31. Die Zahlungseinstellung ist in allen unter Nr. 1 bis 4 und im § 283 vorgesehenen Einzelsällen die unerläßliche Voraussetzung und somit auch ein we­ sentliches Begrifssmerkmal; dagegen bildet sie nicht einen eigentlichen Bestandtheil des Thatbestandes, da es nicht erforderlich ist, daß dieselbe durch den Angeklagten selbst in irgend einer Weise veranlaßt oder herbeigeführt fei. Daraus felgt, daß, wenn ein Kaufmann sich mehrerer der vorgesehenen (selbstständiger) Einzelhandlungen oder einer derselben wiederholt schuldig macht, Real-Konkurrenz vorliegt, obgleich die vorhandene Zahlungseinstellung für alle identisch ist (ebenso, wie die Eingehung mehrerer neuen Chen Seiten- eine- Derheiralheten eine Real.Konkurrenz begründet, obgleich da- Begrifssmerkmal der bestehenden ersten Ehe bet allen identisch ist); contra: ZU. 15. März 60 c. Steinbeck; ZI. 18. Mai 60 c. Härtter; ZI. 15. Juli 64 (RdO. V. 87) ZI. 7. Febr. 63 (RdO. IX, 118: die Nichtziehung der Bilanz für mehrere Jahre betreffend: § 383 Nr. 3); Abh. in GA. XVIII, 289; Hälschn. ib. XVIII, 666 n. 32.33.

32. Au- demselben Grunde sind auch die Fälle des einfachen Bankernlt-

Lhl. II. Abschn. XXIV.

Bankerult. — § 281.

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Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­ strafe nicht unter drei Monaten ein. [I. (Ent».; § 255; II.Gntro.: §267; Pr. StGB. §259]. Vgl. § 282. 283. 32; EG. §2 Abs. 3; D. HGB. Art. 4.10. 28-40; 314 Nr.1. B.-Einf.-Ges. HG», v. 5. 3»m 1869 § 2. 263. Preußen: Dgl. EG. z. Pr. StGB. Art XII. Nr.2; Erim.-Ordn. § 201; Äon.» Ord. v. 8. Mai 1855 § 113.114. 307-309.322. 340.341. einer- und des betrüglichen BankeruttS andererseits, insofern eS sich dabei nicht um daffelbe positive oder negative äußere Berhalten handelt (wie in den Fällen des § 281 Nr. 3 und 4 im Bergleiche mit § 283 Nr. 2), von einander unabhängige selbstständige Handlungen; es ist daher reale Konkurrenz anzunehmen, und so­ nach auch derjenige, welcher bereits wegen einfachen BankeruttS bestraft ist, dem­ nächst noch wegen betrüglichen BankeruttS -n verfolgen und zu bestrafen: B. Pl. 12. Mar 62, ZI. 26.Junr 67 (NdO. II, 395; VIII, 404). 33. Demgemäß (n. 31. 32) sind verschiedene selbstständige Handlungen, durch welche ein Kaufmann, der seine Zahlungen eingestellt hat, gegen eme der Nru. 1—4 des § 281 oder der Nrn. 1—3 des § 283 verstößt, auch prozessualisch als eben so viele verschtedene Strafsälle zu behandeln; der erkennende Richter darf daher nur die spezielle Handlung zum Gegenstände seiner Entscheidung machen, mit welcher er durch bte Anklage (den Eröffnung-beschluß) besaßt worden ist; contra: ZI. 15. Juli 64 (cit. n. 31); ebenso wird in Betreff jeder Ernzelhandlung eventuell die relative Rechtskraft wtrkjam: BII. 24.Febr 70; contra: Z. 16.Febr. 70 (RdO. XII, 127.99). 34. Ein Versuch des betrüglichen BankeruttS ist sehr wohl denkbar. DaS gilt vor Allem, wenn cm Kaufmann nach erfolgter Zahlungseinstellung eine der unter Nr. 1. 2 oder 4 vorgesehenen Handlungen zu verüben versucht. Daffelbe trifft aber auch dann zu, wenn er cm Gleiches im Hinblicke auf eine erst bevor­ stehende, von ihm vorbergesehene Zahlungseinstellung thut; vgl. n. 26; ZI. 17. Juni 59 c. Krause (GA. VII, 496). Die Strafbarkeit ist daun auch nicht durch den wirtlichen Eintritt der Zahlungseinstellung bedingt, z. B. wenn eine Zahlungsun­ fähigkeit nur fingirt werden sollte 35. Dre Anstifter und Gehülfen zu einem Bankerutt sind nach Maaßgäbe der §§ 48. 49 zu bestrafen; dem steht § 282 nicht entgegen; er sieht Fälle vor­ aus, wo cm Dritter ohne Betheiligung des d»e Zahlungen einstellenden Kaufmanns handelt. — In Betreff des Doluö des Theilnehmers vgl n. 29. 36. Die Verjährung eines BankeruttS kann (nach § 67 Abf. 4) erst mit der Vollendung der Strafthat beginnen, d. h. also, wenn die Einzelhaudlung der Zah­ lungseinstellung vorherging, erst mit dem Eintritte der letzteren: ZI. 1. Juli 64, ZI. 14. Oft. 70 (RdO. V, 42; XI, 598). Anders verhält es stch mit einem vor der Zahlungseinstellung verübten Besuche; vgl. n 34. ZU Nr. 1. 36a. Das „Berhei mlichen" („Bei-Seite-Sch affen") von DermögenSstücken fetzt eine Handlung voraus, welche die Sache der Wahrnehmbarkeit der Gläu­ biger in der Weife entzieht, daß denselben dadurch die Geltendmachung ihrer Rechte unmöglich gemacht oder erschwert wird. ES bedarf daher nicht nothwendig einer Heimlichkeit der Handlung selbst, oder einer Entfernung der Sache von ihrem bis­ herigen Orte. — Demgemäß kann auch die Verwendung von Geldern zu unnöthiß$n Ausgaben Mfer Liefen,Begriff fallen,,wenn,dabei/die, tm & vorausgesetzte Ab» sicht obwaltet: ZI. 2. Febr. 70 (RdO. XI, 66). 37. Außerdem ist der Begriff des BerheimlichenS (Bei-Seite-SchaffenS) noch durch die Absicht bedingt, durch die betr. Handlung die Sache der Gesammtheit der Gläubiger zu entziehen, oder wenigsten- zeitweise vorzuenthalten. Daher gehört eine Handlung, welche dahin abzielt, die von einem Ernzelgläubiger versuchte Exekutionsvollstreckung zu hindern, um die Sache der Gesammtheit zu er­ halten, nicht hierher. Bgl. n. 25. 38. Demgemäß fällt auch die Befriedigung eines einzelnen Gläubigers zum Nachtheile der Uebrigen hierher, wenn diese Benachtheiligung der Uebrigeu de-

516

Thl. II. Abschn. XXIV.

Bankerult. - § 281.

abflchtigt war. Außerdem bedroht § 308 der Pr. Konk -Ordn. v. 8. Mai 1855 eine solche Handlung, wenn sie nach der Zahlungseinstellung geschieht, auch m Abwesen­ heit jener Absicht, mit einer Vergehen-strafe; diese- Vergehen kann daher sehr wohl mit dem Thatbestände der Nr. 1 de- § 281 ideell fontuniren. Dagegen kann jetzt nicht mehr davon die Rede sein, daß diese Nr. 1, wenn sie zutrifft, durch jenen § 308 ausgeschlossen werde; vgl. früher: ZII. 3. Ott. 61 (RdO. I, 568). 39. Es ist statthast, eine schwurgerichtliche Frage alternativ auf ein „Verheimlichen oder Bei -Seite-Schaffen" zu richten: ZI. 15. Juli 64 (RdO. V, 87); vgl. oben n. 12; Oppenh. Pr. Strasveif. Art. 80 n. 12.

Zu Nr. 2. 40. Gleichgültig ist e-, ob die Anerkennung direkt oder indirekt (z. B. durch ein Nichtbestreiten im Prozesse) ersolgt: ZII. 14. Nov. 61 (RdO. II, 68). 41. ES genügt, wenn die Anerkennung rc. der Schuld zu einer Zeit geschah, wo der Angeklagte Kaufmann war; sollte auch die Erdichtung (z. B. durch Auf­ nahme eine- simulirten Aktes) früher ersolgt sein: ZI. 6. Juki 67 (RtO. VIII, 604). 42. Auch die Anerkennung einer älteren, durch eine frühere Zahlungsein­ stellung uud einen demnächst zu Staude gekommenen Akkord getilgten, Schuld fällt, beim Vorhandensein de- erforderlichen DoluS, unter diese Nr.: ZI. 13. Jan. 65 (RdO. V, 420); vgl. n. 38. 43. Die Erdichtung, also die Nichtexistenz der Schuld, muß erwiesen werden; es läßt sich nicht aufstellen, daß dem Angeklagten formell der Beweis der Existenz obliege: Beschl. II, 4. April 61 c. Pöttgen.

Zu Nr. 3. 4. 44. Der Ausdruck „Handelsbücher" umfaßt hier auch das vom Kaufmann beim Beginn seines Gewerbes und später periodisch aufzunehmende VermögenSver-eichuiß (Inventar und Bilanz) mit; vgl. D. HGB. Art. 29fgg., welche diese Auszeichnungen in erster Vinte in dem von den „Handelsbüchern" handelnden Titel 4 de- ersten Buchs aufzählen; da- Gegentheil ist Nicht daraus zu folgern, daß daHGB. gelegentlich (z. B. im Art. 33) die Bilanz neben den Handel-büchern aus­ zählt, uud daß § 283 Nr. 3 die unterlassene rechtzeitige Ziehung der Bilanz noch neben der Unterlaffung der Buchführung für strafbar erklärt. 45. Da- HGB. hat im Art. 28 „jeden Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen, aber absichtlich ,n Betreff der Zahl uud Gattung dieser Bücher Nichtvorgeschrieben, weil sich diese nach der Natur und Ausdehnung der betriebenen Ge­ schäfte richten müßten. Daraus folgt, daß unter den Büchern, „deren Führung dem Kaujmanne gesetzlich obliegt," diejenigen zu verstehen sind, welche nach kauf­ männischen Grundsätzen für da- konkrete Geschäft erforderlich find, um den nöihigen Uederblick über dasselbe zu behalten vgl. Motive z. D. HGB. s. 20. — Da­ gegen sind die Vorschriften emeS filteren Kaufmannschafts - Statuts in Betreff der Pflicht zur Führung von Büchern jetzt Nicht mehr maßgebend: DI. 19. Juni 67 (RdO. VIII, 378). 46. Von der Pflicht zur Buchsührung sind nach Art. 10 des D. HGD.'S: „Höker, Trödler, Hauslrer und dergleichen Handelsleute von geringem Gewerbebetriebe, Wirthe, gewöhnliche Fuhrleute, gewöhnliche Schiffer, und Per­ sonen deren Gewerbe nicht über den Umfang de- Handwerksbetriebs hinaus­ geht," entbunden, obgleich auch diese Personen im Uebrigen als „Kaufleute" anzultheil sind (n. 2). Behauptet der Angeklagte, daß eine dieser Ausnahmebestimmun­ gen auf ihn Anwendung finde, so muß der Jnstanzrichter darüber (positiv oder ne­ gativ) eine ausdrückliche Feststellung treffen; ebenso muß im schwurgerichtlichen Ver­ fahren einem Antrage aus Stellung einer hierauf bezüglichen Frage nothwendig evtsprochen werden. 47. Die Ausdrücke „Höker, Trödler, Haus irer" sind nicht aus dem Spezialgtsetzgebung des EmzelstaatS (;. B. aus dem Pr. Haus. Regul. v. 28. Apr. 1824: ZII. 21. März 67, RdO. VIII, 194), sondern nur aus der DundeSgesetzgebung, also nus dem HGB. und der Gew. Ordn. v. 21. Juni 1867 sowie eventuell aus dem nllgemelnen Sprachgebranche zu erläutern. Hiernach sind unter den aufgezählten Personen nur solche zu verstehen, welche mit angekauften und im Wesentlichen un­ verarbeitet gelassenen Waaren einen,kleinen Detail-Handel zum Absätze an Konsu­ menten treiben; vgl.: ZI. 10. Mai 67 (RdO. VIII, 312).

Thl. II Abschn. XXIV.

Bankerutt. — §281.

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48. Im Art. 10. des HGB.'S fiub die Worte „von geringem Gewerbebetriebe" sprachlich nur auf „dergleichen Handelsleute", nicht auch auf die zuvor speziell aus­ gezählten „Höker rc." zu beziehen. ES ist daher nicht zwischen Hökern rc. von ge­ ringem und solchen von größerem Gewerbebetriebe zu unterscheiden; vielmehr sind alle Höker rc. unbedingt von der Pflicht der Buchführung rc. entbunden; die Größe ihres Gewerbebetriebes ist daher nur insoweit von (Stuflug, als es auf diese bei der Entscheidung der Frage ankommt, ob sie überhaupt als Höker rc. anzusehen sind; contra: ZI. 25. Jan. 67 (RdO. VIII, 56); vgl n. 47. 49. Nur diejenigen „Handelsleutevon geringem Gewerbebetriebe" sind von Der Pflicht der Buchführung entbunden, welche einen den Geschäften der Höker rc. ähnlichen („dergleichen") Handel treiben: ZI. 8. März 67, ZI. 22. Jan. 69 (RdO. VIII, 160; X, 46). ES wrrd daher auch bei diesen Personen tut kleiner Detail­ handel vorausgesetzt, bei welchem die gekauften Waaren an den Konsumenten wieder verkauft werden, ohne daß sie in der Zwischenzeit eine wesentliche Verarbeitung er­ fahren hätten; vgl. n 47. 50. Die Prüfung, ob ein Gewerbebetrieb ein geringer gewesen sei, ist von dem Strasrichter selbstständig nach dem Umsange der wirklich betriebenen Ge­ schäfte vorzunehmen Er ist dabet an frühere in Betreff derselben Geschäftsführung ergangene civilrechtliche Entscheidungen nicht gebunden; ebensowenig sind der ge­ zahlte Steuersatz, der Umstand, ob der Betreffende früher in das Handels- (Firmen-) Register eingetragen war, und die Eröffnung des kaufmännischen Konkurses maaß­ gebend: ZI. 14. Sept. 66, ZI 16. Nov. 66, CI. 19. Juni 67 (RdO. VII, 642; VIII, 378; X, 120). Das gilt namentlich auch dann, wenn ein Kaufmann nach erfolgter Zahlungseinstellung und demnächstiger Erlangung eines Akkords sein Ge­ schäft fortsetzt; für die Pflicht zur Buchführung rc. ist dann der Umfang rc. des neuen Geschäftsbetriebs maaßgebend, nicht der des früheren Betriebs, sollten auch auS diesem die Aktiva und dte Akkordschuld in daS neue Geschäft Übernommen sein: ZI. 23. Nov. 70 (RdO. XI, 561). 51. Zu den von der Pflicht der Buchführung entbundenen Personen gehören Wirthe aller Art, also auch große GasthosSbesitzer und Restaurateure: ZI. 30. Nov. 64, ZI. 8. März 67, Dl. 11. Dez. 67 (RdO. V, 311; VIII, 160. 788). Bei der Berathung wurde dem anfänglich angenommenen Worte „Schenkwirthe" später der generelle Ausdruck „Wirthe" substitmrt. Ist mit einem Wuthschastöbetriebe ein an­ dere- kaufmännisches Geschäft verbunden, so ist die Pflicht zur Buchführung ledig­ lich nach diesem zu beurtheilen: ZI. 1. Aug. 70 (RdO. XI, 339). 52. Als „gewöhnliche Fuhrleute und Schiffes" sind diejenigen zu betrach­ ten, welche einen geringfügigen, nicht kausmännisch eingerichteten GeschästSbetrieb haben; dagegen ist es gleichgültig, ob die letzteren mit eignen oder mit gemietheten Schiffen die Frachtschiffsahrt betreiben: Prot. z. D. HGB. s. 533.1275 ff. 53. Die Frage, ob ein Gewerbe über „den Umfang de- Handwerksbe­ triebs hinausgehe," kann nur bei solchen Geschäften ausgeworfen werden, welche in der Bearbeitung oder Verarbeitung beweglicher Sachen (vgl. D. HGB. § 271 Nr. 1; 272 Nr. 1.) bestehen. Werden dagegen angeschaffte Sachen in unveränderter Gestalt wieder verkauft, so tritt eine Befreiung von der Buchführung nur dann ein, wenn die oben unter n. 47—50 erwähnten Voraussetzungen zutreffen. Bet dem nach ge­ schehener Verarbeitung stattfindenden Verkaufe genügt zur Ausschließung de- Art. 10 die Feststellung, daß der GeschästSbetrieb Über den Umsang des Handwerksbetriebes hinausgegangen sei; eS bedarf dann nicht noch außerdem der Prüfung: ob der Ge­ werbebetrieb ein geringer gewesen: ZI. 23. Jan. 67 (RdO. VIII, 46). — Auch bei der Prüfung dieser Frage sind die gezahlte €teu?r und der Umstand, vb der Ange^ klagte in daS Handelsregister eingetragen war, nicht entscheidend (n. 50): ZII. 13. Juni 67 (RdO. VIII, 368). 54. Nach den unter n. 44—53 entwickelten Grundsätzen ist die Pflicht zur Buchführung auch bei solchen Kaufleuten zu beurtheilen, welche ihr Geschäft bereitvor Einführung de- HGB.'S begonnen hatten, und zwar selbst dann, wenn der betr. GeschästSbetrieb ihnen damals noch nicht die Eigenschaft eine- Kaufmann- beilegte: Zll. 27. Mai 65, ZII. 21. März 67 (RdO. VI, 153, VIII, 196). Zn Nr. 4. Vgl. § 283 Nr. 2. 55. Da diese Nr. die Bedingung der Nr. 3, baß die Führung der Bücher ge-

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Thl 11. Abschn. XXIV.

Bankerull. - § 282 Nr 1.

§. 282. Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird be­ straft, wer 1) im Interesse eines Kaufmanns, welcher feine Zahlungen eingestellt hat, Vermögensstücke desselben verheimlicht oder bei Seite geschafft hat, oder schlich oblag, nicht wiederholt, so ist dieselbe hier auch nicht zu ergänzen. Die in der Absicht, die Gläubiger zu benachtheiligen, vorgenommene Vernichtung rc. der geführten Bücher fällt daher selbst dann unter die Strasvorschrift, wenn es der Füh­ rung derselben nicht nothwendig bedurft hatte: ZI. 4 April 55 c. Friedrich (Enlsch. 30. s. 365). Dasselbe muß auch von der in gleicher Absicht stattgehabten unordentlichen Buchführung gelten, da die Nr. nicht unterscheidet; anders im Falle des § 283 Nr. 2. 56. Demgemäß kann auch ein Höker rc. sich des hier vorgesehenen Ver­ brechens schuldig machen. 57. In Betreff deS BegrifsS der „Verheimlichung" vgl. n. 36. 37; danach genügt eine auch nur temporäre Vorenthaltung, z. B. wenn der Gemeinschuldner die Bücher nicht in der vom Gesetze vorgeschriebenen Frist vorlegt (vgl. Pr. Konk Ordn. v. 8. Mai 1855 § 116): ZI. 8. Juni 59 c. Katzer; Abh. in GA II. 657. 58. ES ist nicht unstatthaft, die Geschwornen alternative zu befra­ gen, ob der AngeNagte seme Bücher vernichtet oder verheimlicht habe: ZI. 15 Sept. 58 c. Schlesinger; vgl. n. 39. 59. Dre Uebersicht über den DermögenSzustand muß durch die Bücher objektiv einem sachverständigen Dritten gewährt werden; der § wird sonach dadurch nicht ausgeschlossen, daß der AngeNagte selbst aus denselben einen genügen­ den Ueberblick zu erlangen vermag: ZI. 2 Ott. 57 c. Hering; ZU. 11. Aprtt 61 c. Cohn. 60. Die durch die Bücher zu gewährende Uebersicht muß die ganze Derm'ögenSlage umfassen; die Buchführung darf sich daher nicht auf die Handelsgeschäfte oder aus einen Theil derselben beschränlen, muß sich vielmehr auf alle Geschäste erstrecken, welche aus die Vermögenslage von Einfluß sein können: Beschl. I. 19. Sept. 60 c. Banke (IMbl. s. 391); ZI. 4. Juni 69 (RdO. X, 398). 61. Danach sind auch s. g. GefälligkeitS-Accepte und Wechselkommissions­ geschäfte zu buchen: ZU. 11. Ott. 60 c. Nauwald; ZI. 4. Juni 69 (RdO. X, 398). 62. Beim Vorhandensein mildernder Umstände kann neben der Gesängnißstrase aus den Verlust der Ehrenrechte erkannt werden: §32.

§282. 1. Dieser § sieht gänzlich davon ab, oh der Kaufmann selbst sich strafbar gemacht habe; eS handelt sich also nicht von einer Theilnahme an dem Dankerutt deS letzteren (die Theilnahme ist ganz nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurtheilen: Motive s. 134); eine solche kann sehr wohl mit dem hier vorgesehenen Verbrechen ideell konkurnren; vgl. Motive s. 134. 2. Der „Absicht die Gläubiger deS Kaufmanns zu benachtheiligen" thut der § keine Erwähnung; dieselbe darf daher auch nicht aus § 281 ergänzt werden ; ebensowenig wird erheischt, daß durch die Handlung den Gläubigern irgend ein Nachtheil erwachsen sei. — Im Uebrigen sind in Betreff des Dolus n. 4—6 zu ver­ gleichen.

Zu Nr. 1. 3. Aus der (dem Eingänge des ß 281 entsprechenden) Fassung: „Wer im In­ teresse eines Kaufmanns, welcher feine Zahlungen eingestellt hat —" ist nicht zu folgern, daß das Verbrechen der Nr. 1 erst nach der Zahlungseinstellung verübt werden könne; contra: ZU. 14. Nov. 61 (RdO. 11, 68). Dgl. n. 4. 7. § 281 n. 29. 4. Als DoluS wird diechtennlniß von einer bereits erfolgten oder drohen­ den Zahlungseinstellung vorausgesetzt; vgl. im Uebrigen d. 5. 6. 5. In Betreff der Verheimlichung oder Bei-Seite-Schaffung von Vermögen-ftücken vgl. § 281 n. 36a 37. Insbesondere wird auch hier die Absicht er-

Thl. II. Abschu. XXIV.

B-nkttull. — §§ 282 Nr. 2. 283 Nr. 1.

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2) im Interesse eines Kaufmanns, welcher seine Zahlungen eingestellt hat, oder, um sich oder einem Anderen VermögenSvortheil zu verschaffen, erdichtete Forderungen im eigenen Namen oder durch vorgeschobene Personen gel­ tend gemacht hat. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­ strafe oder Geldstrafe bis zu zweitausend Thalern ein. sl.Entw.: §258; II. Cut».: § 277; Pr. StGB. § 260].

Dgl. §281. 283. 49.32.

§. 283 Kaufleute, welche ihre Zahlungen eingestellt haben, werden wegen einfachen Bankerutts mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft, wenn sie 1) durch Aufwand, Spiel oder Differenzhandel mit Waaren oder Börsenpapieren übermäßige Summen verbraucht haben oder schuldig geworden sind, heischt, der Gesammtheit der Gläubiger die Sache, welche mit zu ihrer Befriedigung dienen soll, zu entziehen. 6. Die Handlung geschieht „im Interesse des Kaufmanns," wenn ihm durch dieselbe irgend ein Dortheil gewährt werden soll, z. B. die zeitweise Benutzung der Sache.

Zu Nr. 2. 7. Die Fassung der Nr. 2 ist insofern inkorrekt, als sie bei der zweiten Alternative der Zahlungseinstellung eines Kaufmanns keine Erwähnung thut und ebensowenig hervorhebt, daß eS sich von der Geltendmachung einer Forderung im kaufmännischen Konkurs- (Falliments-) Verfahren handeln müsse. Beides ist un­ zweifelhaft zu ergänzen. Demgemäß wird hier vorausgesetzt, daß die Zahlungsein­ stellung der Handlung des Dritten vorhergegangen sei. 8. Neben der beim Vorhandensein mildernder Umstände alternative eintreten­ den Gesängnißflrafe kann, wenn diese drei Monate erreicht, auf den Verlust der rc. Ehrenrechte erkannt werden: § 32.

8 283. 1. CS sind hier die Bemerkungen zu § 281 n. 1—23. 28—33. 35. 36 zu ver­ gleichen; insbesondere in Betreff der Voraussetzungen eines „Kaufmanns" n. 1 dis 14; der „Zahlungseinstellung" n. 15—23; der Zeit der Begehung der Einzelhandlungen n. 29. 30; der Konkurrenz mehrerer Cinzelhandlungen n. 31 biS 33; der Theilnahme n. 34 und der Verjährung n. 35. 2. Ein DoluS gehört nicht zum Thatbestände dieses Vergehen-; das Gesetz erachtet die in den einzelnen Nummern vorgesehenen Handlungen und Unterlas­ sungen als einen die Rechte der Gläubiger gefährdenden und deshalb strafbaren Leichtsinn: ZI. 23. Feb. 66 (RdO. VII, 124); es bedarf deshalb auch nicht des weiteren Nachweises einer Fahrlässigkeit: ZI. 11. Dez. 68 (RdO. IX, 731); selbst hie /Feststellung,, dgß eine solche nicht, obwajtet, schließt, die Bestrafung, Nicht ,au-, dasselbe gilt von ttner rechtSirrthümlichen Auffassung in Betreff der Pflicht zur Buch­ führung: ZU. 28. Olt. 69 (RdO. X, 672); contra: die baiersche Rechtsprechung vgl. Stengl. Baiersch. StGB. Art. 70 n. 3. 3. Durch die Eröffnung der Untersuchung und durch die Verurtheilung wegen einsachen BankeruttS wird der Akkord im Konkurse nicht ausgeschlossen.- Pr. Konk.Ordn. § 189 Abs. 2; vgl. StrA. 63. s. 324; 54 f. 1.

Zu Nr. 1. 4. Mit Rücksicht auf das zu § 281 n. 17 Gesagte ist eS für den hier vorge­ sehenen Thatbestand nicht wesentlich, inwieweit durch den gemachten Aufwand rc.

520

Thl. II. Abschn. XXIV.

Banknott. — $ 283 Nr. 2.3

2) Handelsbücher zu führen unterlassen haben, deren Füh­ rung ihnen gesetzlich oblag, oder dieselben verheimlicht, vernichtet oder so unordentlich geführt haben, daß sic keine Uebersicht deS VermögenSzustandeS gewähren, oder 3) eS unterlassen haben, die Bilanz ihres Vermögens in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit zu ziehen. [I. Enlw.! $ 257; II. Enlw.: § 278; Pr. StGB. $ 261]. Dgl. § 281. 282; D. HGB. Art. 4.10 28-40. Preußin: Dgl. fiont.-Otbn. v. 8. Mai 1855 K 189 Abs. 2.307-309. 340.341; EG. j. Pr. StGB. Art. XII. § 2. 3. die Zahlungseinstellung herbeigeführt worden fei: ZU. 23. Mai 57 c. Ast. mann; es ist daher auch unerheblich, ob der Angeklagte voraussehen konnte, daß sein Aufwand rc. eine Zahlungseinstellung zu veranlassen geeignet sei; contra: TL. s. 1017. 5. Ein „Aufwand" kann auch in übermäßigen Ausgaben für au sich ganz berechtigte Zwecke gesunden werden: ZI. 4. Mar 70 (RdO. XI, 281); insbesondere auch in Ausgaben für geschäftliche Zwecke (z B. Reisekosten, Bewirthungen von Geschäftsfreunden): ZI. 2. Juli 58 c. Schröder (Entfch. 39. 2. f. 35. 6. Als „Differenzhandel" sind nur solche Geschäfte auzufehen, welche nur scheinbar einen wirklichen Kauf (Lieferung) zum Gegenstände haben, die viel­ mehr von vorne herein nur auf Zahlung der am Verfall- (Stich.) Tage sich her­ ausstellenden Preis- oder Ceurödifferenz gerichtet sind. Daher bleibt der § da aus­ geschlossen, wo die betr. LieferungSgefchälte ernstlich gemeint, die wirkliche Lieferung der Waare und Zahlung des stipulirten Preises also beiderseitig beabsichtigt waren: Antr. d. GStA. zu ZII. 21. März 67 (RdO. Vlll, 197); contra: VI. 21. März 62, ZI. 30. Jan. 67, ctt. ZU 21. März 67, ZI. 7. Dez. 70 (RdO. II, 306; VIII, 77. 196; XI, 591); Erk. IV. Cw.-Sen. 24. Febr. 59 (GA. VIII, 755) ; Abh. in GA. 1. c. Diese nahmen an, ein Differenzhandel liege auch da vor, wo der einem auf Zeit geschlossenen Geschäfte die wirkliche Lieferung der Waare beabsichtigt war, demnächst aber Zahlung der Differenz an die Stelle trat, oder wo die gelieferte Waare sofort wieder veräußert wurde. 7. Als Differenzhandel kann auch der Abschluß eines einzigen Differenzgefchäfts angesehen werden: ZI. 7. Mai 58 c. Heideprim. 8. Dre Uebermäßigkeit der verbrauchten rc. Summen ist mit Rücksicht auf die Vermögenslage des Angeklagten zu bemessen: ZI. 10. Febr. 58 c. Sittig.

Zu Nr. 2. und 3. 9. Ueber die Verpflichtung zur Buchführung vgl. § 281 n. 44—62. Die tm Art. 10 des HGB. aufgezählten Personen (vgl. ibid. n. 46—54.) können sich der hier vorgesehenen Vergehen nicht schuldig machen; insbesondere auch nicht durch Verheimlichung rc. der (unnöthiger Weife) geführten Bücher, da die Nr. 2 (abwei­ chend von § 281 Nr. 4) ausdrücklich solche Handlungsbücher voraussetzt, deren Füh­ rung dem betr. Kaufmann gesetzlich oblag. Zu Nr. 2. Vgl. § 281 Nr 4. 10. Die Nichtführung oder unordentliche Führung der erforderlichen Handelsbücher wird weder durch dre Schwierigkeit dieser Aufgabe, noch durch den Man­ gel der dazu nöthigen Kenntnisse und Fähigkeiten straflos; (wer diese Kenntnisse rc. nicht besitzt, soll nicht Geschäfte der betr. Art betreiben): ZI. 19. Apr. 61, ZI. 10. Mai 67 (RdO. I, 356; VIII, 312). 11. Aus demselben Grunde trifft die Verantwortlichkeit wegen der unterlaffenen oder mangelhaften Buchführung alle (persönlich haftende) Theilhaber eines Geschäfts, sollten dieselben die Arbeiten auch in der Weife unter sich vertheilt haben, daß einer allein die Sorge der Buchführung übernommen hatte. Dem steht D. HGB. Art. 99 nicht entgegen (vgl. Art. 105. 112 ibid): ZI. 23. Febr. 66, ZI. 18. Mai 66 (RdO. VII, 124. 306). 12. Ebenso steht jeder Kaufmann für die OrdnungSmäßigkeit der Buchfüh-

Thl. II. Abschn. XXIV.

Bankerutt. - $ 283 Nr. 2.3.

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rung auch dann cm, wenn er dieselbe einem Dritten übertragen hat: ZU. 1. Juli 58 c Topf; ZI. 27. Mai 59 c. Lewin (GA. VII, 560). DaS gilt auch von einer Handelsfrau, selbst wenn sie ordnungsmäßig einen Prokuristen bestellt hat. 13. Ueber die Bedeutung des Wort«: „Verheimlichen" tßl. §281 n.36a. 37. 14. Als „unordentliche Buchführung*' ist auch die Ziehung einer unrichtigen (ungenügenden) Bilanz anzusehen; vgl. § 281 n. 44. DaS Gegentheil rst hier Nicht daraus zu folgern, daß die Nr. 3 die nicht zur vorgeschriebenen Zeit bewirkte Bilanzziehung noch besonders hervorhebt; dieses ist nur geschehen, weil daS HGB. in Betreff des Zeitpunkts der Bilanzziehung besondere Vorschriften enthält, während ähnliche Vorschriften für die Führung der übrigen Bücher nicht gegeben sind. Vgl. n. 17. 15. Die Bilanz muß schriftlich gezogen und unterzeichnet werden: D. HGB. Art. 29. 30; eine Ziehung im Kopfe genügt also nicht: ZI. 21. Okt 57 c. Lange; Pr. Konk. - Ordn. § 116. Auch kann die Bilanz üicht durch einen Abschluß ter Übrigen Konti ersetzt werden: ZI. 2. Juli 58 c. Schröder (Entsch. 39 s. 45). 16. Die Bilanz muß den Werth der Vermögenösiücke angeben und einen daS Verhältniß des Vermögens und der Schulden darstellenden Abschluß enthalten: D. HGB. Art 29. 31. Demgemäß ist eö unerläßlich, daß sie die ganze Vermö­ genslage vollständig umfasse, insbesondere auch alle Schulden, ohne Unterschied, ob sie ans den Handelsgeschäften herrühren oder Nicht. Das gilt auch von einer Han­ delsgesellschaft; es sind daher auch die Pnvatschulden der persönlich haftenden Ge­ sellschafter ui das beim Beginne des Geschäfts aufzunehmende VermögenSverzetchniß und in zede Bilanz aufzunehmen; contra: ZI. 18 Mai 66 (NdO VII, 306\ Ebenso sind s. g. GefälligkertSaccepte und Giros im Passivum nach ihrem vollen Be­ trage und gleichzeitig im Aktivum nach ihrem präsumtiven Werthe zu berücksichtigen: BI 17. Juli 63 (RdO. IV, 14). 17. Zr rthüm er, welche sich in eine Bilanz eingeschlichen haben, pellen nur dann eine unordentliche Buchführung (n. 14) dar, wenn sie so bedeutend sind, daß dadurch der Zweck der tetr. GesetzeSvorschrrst vereitelt wird, d. h wenn die dadurch hervorgerusene unrichtige Beurtheilung der Vermögenslage auf die GeschäflSthätigkeit und Lebensweise des Kaufmanns einen nachtheiligen Einfluß auszuüben geeignet war; vgl. DI. 21. Ium 67 (NdO. VIII, 287). 18. Die Bilanz soll eine Uebersicht der Vermögenslage auf Grund der ge­ führten Bücher gewähren; ist daher eine Bilanz nur deshalb unrichtig, weil die Bücher unordentlich geführt waren, stellt sie also daS nach den letzteren sich erge­ bende Resultat richtig dar, so kann nur wegen der ungenügenden Buchführung (Nr. 2), nicht wegen unterlassener Ziehung einer gehörigen Bilanz gestraft werden: ZI. 7. Febr. 68 (NdO. IX, 118). 19. Auch die Bilanz muß so gezogen werden, daß sie objektiv, d. h. also nicht blos dem Kaufmanne selbst, sondern auch anderen befähigten Personen und Behörden eine Uebersicht über die Vermögenslage gewähre: ZI. 8. Juni 59 c. Katzer; ZI. 23. Jan. 67 (NdO. VIII, 46). 20 Die Fassung dieser Nr. 2 weicht von der deS § 281 Nr. 4 insoweit ab, als dortnur erheischt wird, daß die Bücher „so geführt rc. oder verändert seien, daß sie keine Uebersicht des DermögenSzustandeS gewähren," während die Nr. 2 verlangt, daß die Bücher so u-nor deutlich geführt seien, daß sie keine Uebersicht rc. gewähren." Gleichwohl ist der Sinn beider Vorschriften nicht verschieden; eine „Veränderung" der geführten Bücher, welche die Uebersicht derselben erschwert, würde sich immer auch als eine mangelhafte „Führung" derselben charakterisiren. Dagegen rst darunter Nr. 2 zugesetzte ,rso'un ordentlich" 'nicht ein' für sich 'bestehendes von der Unübersichtlichkeit verschiedenes Merkmal, es wird vielmehr durch den Zu­ satz.- „daß rc." erläutert, fällt also mit dieser Wirkung zusammen:^ ZI 29. April 59 c. Grünbaum. Dagegen versteht eS sich von selbst, daß eS nicht genügt, wenn die Bücher nur daö ganze geschäftliche Material enthalten; vielmehr muß daflelbe auch kaufmännisch („übersichtlich") geordnet sein: ZU. 18 Inm 70 (RdO. XI, 369). 21. Vgl. im Uebrigen die Bemerkungen zu § 281 Nr. 3. 4.

Zu Nr. 3. 22. Unter „Bilanz" ist hier daö VermögenSverzeichniß mit dem das Ver­ hältniß des Vermögens und der Schulden darstellenden Abschlüsse zu verstehen, wel-

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Thl. II. Adlchn. XXV. Strafbarer Eigennutz rc. - § 284.

iunfuntyronnjigfter Abschnitt. Strafbarer Eigennutz und Verletzung fremder Geheimnisse. §. 28L Wer aus dem Glücksspiele ein Gewerbe macht, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft, neben wel­ chem auf Geldstrafe von Einhundert bis zu zweitausend ThachcS nach Art. 29 des HGB.'ö jeder Kaufmann alljährlich anzufertigen hat: ZI. 7.Nov. 66, ZI. 5. Oft. 70 (RdO. VII, 608; XI, 495). 23. Die alljährlich zu ziehende Bilanz muß auch den Bestand solcher Waaren­ lager umfassen, in Betreff deren eS nur alle zwei Jahre der Ausnahme eines ge­ nauen Inventars bedarf (D. HGB. Art. 29 Abs. 2): ZI. 5. Oft. 66 (NdO. VII, 509). In diesem Falle muß das vorjährige Inventar mit den erfennbaren Aende­ rungen zum Grunde gelegt werden: ZI. 11. Sept. 67 (RdO. VIII, 503); Mafower z D. HGB. Art.. 29 n. 7; Hanschfe Abh. in HmschiuS Zeitschr. I. s. 780 24 Die Bilanz muß m zedem Jahre, und zwar spätestens am Schlüsse des mit der Eröffnung des Geschäfts beginnenden Betriebsjahres gezogen werden: ZI. 16. Mai 66 (RdO. VII, 302); Mafower Abh. m GA. XIV. 529. Will der Kaufmann den Zeitpunft aus ZweckmLßigfeitSgrllnden verlegen, so muß er die nächste Bilanz vor Ablauf deS begonnenen Jahres ziehen: ZI. 31. Mai 67, ZI. 28. Febr. 68 (RdO. VIII, 354; IX, 165). In welcher Frist die Ziehung der Bilanz zu been­ digen sei, unterliegt dem Ermeffen des Jnstanzrichters; derselbe sann dazu auch eine Nachfrist bewilligen: ZI. 5. Oft 66, ZI. 11. Sept. 67 (RdO. VII, 509; VIII, 501). Ein ZI. 7. Febr. 68 (RdO. IX, 118) hielt dafür, daß § 44 deS Statuts der Stettmer Kaufmannschaft v. 15. Nov. 1821 (GS. s. 195), welcher znm Abschlüsse der Bücher eine sechsmonatliche Frist nach dem Jahresschluß gewährt, m dieser Bezie­ hung noch gelte und durch Art. 60 Nr. 3 des Emf.-Ges. z. D. HGB. nicht aufge­ hoben sei [?] — Dagegen sann eine angebliche GeschästSüberbürdung die Berabsaumung nicht entschuldigen: cit. ZI. 11. Sept. 67. 25. Der Laus der Jahresfrist für die Dilanzziehnng wird durch den Eintritt eines neuen Gesellschafters nicht unterbrochen, wenn dadurch nicht gleichzeitig m den Verhältnissen des Geschäfts zu den Gläubigern etwa- geändert wird: ZI. 16. Mai 66 (RdO. VII, 302). 26. Ist die Bilanz rechtzeitig aber mangelhaft gezogen, so wird Nr.2 und das dort unter n. 15—19 Gesagte anwendbar. 27. Die Derabsäumung der Bilanzziehung während mehrerer Jahre stellt mehrere selbstständige Straffälle dar; eS wird daher § 74 anwendbar; contra: ZI. 7. Feb. 68 (RdO. IX, 118); vgl. § 281 n. 31-33.

Fünfundzwanzigster Abschnitt. 1. In diesem Abschnitte find eine Reihe sehr verschiedenartiger Vergehen zusammengesaßt, welche nicht unter einen allgemeinen Begriff zu bringen waren; eS darf daher die Begriffsbestimmung des einzelnen Straffalleö nicht aus der funpasfenben] Ueberschrist deS Abschnitts „strafbarer Eigennutz" ergänzt, und namentlich nicht gefolgert werden, daß dazu eine Gewinnsucht gehöre, wenn eme solche nicht ausdrücklich als Theil des Thatbestandes erheischt ist.

§284. 1. Die Worte: „wer auS rc. ein Gewerbe macht," sind gleichbedeutend mit: „war — — gewerbsmäßig betreibt" (§ 260), eS sind daher über diesen Begriff die Bemerfungen zum cit. § 260 n. 2. 3. 5. 7 zu vergleichen. Auch hier kann die „GewerbSmäßigfeit" aus den Umständen eines festgestellten EinzelfalleS gefolgert werden: ZU. 3. Oft. 67 (RdO. VIII, 562); Motive f. 137. 2. Der beim gewerbsmäßigen Glücksspiel gesuchte Erwerb sann nur in dem Spiel gewinne bestehen; es bedarf daher hier einer auf Erzielung eines solchen Gewinne- gerichteten Absicht: BI. 22 April 57 c. Pohse; sie wird durch bie-

Thl. IL Löschn. XXV.

©traftfiter Eigcnn'.'tz :c. - § 28t.

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lern, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. Ist der Verurtheilte ein Ausländer, so ist die LandeSpolizeibehörde befugt, denselben auS dem Bundesgebiete zu verweisen. [I. Ei»w.: § 266; II. Enlw.: § 279; Pr. ©I@®.: §266J. Dgl. § 285. 286 32.40. 39 Nr. 2. 360 Nr. 14. 361 Nr. 2; BGes. v. 1. Jul, 1868 (BGbl. f. 367). Preußen: Vgl. De«, v. 8. gebt. 1817 (GS. f. 3); Bdn. v 22. De,. 1843 (GS. 1.16); Emf.-Ddu. v. 25. Juni 18b7 An. V; Ges. v. 5. März 1868 (GS.s. 209). Feststellung: eS sei vom Spiel cm Gewerbe gemacht, genügend mit ausgedrückt; da­ gegen wird ausdrückliche Feststellung nothwendig, sobald ihr Vorhandensein bestrit­ ten ist; contra: ZI 14. Jan. 57 c. Weidemann; ZI. 21. März 62 c. Meyer. — Dagegen wird nicht gefordert, daß der gesuchte Erwerb (Gewinn) zur Gewährung de- Lebens.Unterhalts, oder bei anderweitiger Deckung desselben, zur Erhöhung der Einnahme bestimmt ser: ZU. 9. Juli 63 (RdO. III, 657); ebensowenig braucht der gesuchte Gewinn im Uebrigen ein unerlaubter zu sein. 3. Es genügt, wenn die gewinnsttchtlge Absicht beim Angeklagten ob­ waltete; ob dasselbe auch bei seinen Mitspielern stattfand, ist gleichgültig: ZI. ZI. 16. Jan. 63 (RdO. III, 221). 4. Als Glücksspiele sind alle diejenigen zu betrachten, deren Ausgang (für beide oder auch nur für die erne Seite) wesentlich vom Zufalle abhängt, sobald um irgend ein zu gewinnendes oder zu verlierendes Objekt gespielt wird. Treffen diese Voraussetzungen zu, ist also nach der dem Spiele an sich zum Grunde liegen­ den Idee, der Zufall das wesentlich Entscheidende, so ist eö gleichgültig, ob daneben auch noch andere Umstände, z. B. daS Maß der Ausmerstamken aus Seiten des Spieler-, oder das der Geschicklichkeit ans Seiten des Bankhalters aus den Erfolg von Einfluß sind, zumal wenn diese Geschicklichkeit ans eine Täuschung des Mitspie­ lers berechnet ist, und so cm der Idee des Spiels nrcht entsprechendes Moment nutz­ bar macht: BI. 8. Jan. 69, ZI. 23. Juni 69; ZU. 13. Jan. 70 (RdO. X, 16. 442; XI, 28; betr. „Kümmelblättchen"). 5. Dagegen sind nicht als Glücksspiele diejenigen anzusehen, bei welchen über­ wiegend erne erlangte körperliche Geschicklichkeit, oder eine aus bestimmten Re­ geln beruhende überlegende Anordnung und Leitung mit gleichen Vortheilen für gleich geschickte Spieler den Ausschlag giebt; vgl. Rh. BGB. Art. 1966. 6. Der Begriff des Glückssprels ist Nicht dadurch bedingt, daß ein Bankhal­ ter einer Mehrheit von Spielern gegenüberstehe; dem gemäß trifft die Strafbarkeit eventuell auch nicht allein den Bankhalter, sondern auch die (gewerbsmäßig handeln­ den) Spieler: Motive f. 137 Die Croupiers werden in der Regel nur als Gehülsen des Bankhalters anzusehen sein, insofern sie nicht auch selbst mit der Absicht han­ deln, au- dem Spiele für sich einen Gewinn zu ziehen; der vom Bankhalter ihnen gezahlte Lohn ist dagegen Nicht alö ein solcher Gewinn zu betrachten; contia: ZI. 11. Juni 56 c. Horn. 7. Die Veranstaltung einer Lotterie (Ausspielung: § 286) fällt nicht unter den Begriff eines Glücksspiels; über den Begriff einer Lotterie und ihre Unterschei. düng vom Glücksspiel vgl. § 286 n. 1. 3. 8. Wetten schließen den Begriff des Hazardspiels^ nichts nothwendig aus;N N wird in xcmtr Haüdlüng^ ded Thatbestand de- ketztern ernanntso' wird sie mit da­ durch straflos, daß sie zugleich eine Wette darstellt: ZU. 9 Olt. 62 (RdO. III, 71). 9. Ans den Verlust der rc. Ehrenrechte kann nur neben einer drei Monate erreichenden Gefängntßstrase erkannt werden: § 32. 10. Das .,gewerbsmäßige Glücksspiel" ist ein vorsätzliches Vergehen, eiönnen daher die zu demselben gebrauchten oder bestimmt gewesenen Gegenstände, insofern sie den Thätern rc. gehören, eingezogen werden: § 40. Welche Gegenstände -um Gew er bö spiele gebraucht oder bestimmt gewesen sind, ob insbesondere dazu auch daS auf dem Tische rc. sich findende Geld der Spieler (namentlich des Bank­ halters) ganz oder thetlweise gehören, ist Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung

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Thl. II. Abschn. XXV.

Slrasbarrr Eigrnnotz ic. - § 285.

§. 283 Der Inhaber eines öffentlichen Versammlungs­ orts, welcher Glücksspiele daselbst gestattet oder zur Verheim­ lichung solcher Spiele mitwirkt, wird mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Thalern bestraft. [I. Gntrc.: § 267; II. Entw.: § 280; Pr. StGB. § 267]. Vgl. § 284. 286. 360 Nr. 14. 365; BGes. v. I. Jul, 1868 (BGbl.' |. 367). Preußen: Dgl. Ges. v. 5. MLr, 1868 (GS. f.209). des Einzelfalles (anders im Falle, wo Jemand öffentlich ein Glücksspiel hält; füt diesen schreibt § 360 Nr. 14 a. E. die Einziehung aller aus dem Spieltische oder in der Bank befindlichen Gelder vor, selbst wenn dieselben nicht dem Verurtheilten gehören). 11. Ueber die polizeiliche Verweisung au- dem Bundesgebiete vgl. § 39 n. 8-13. 12 Ueber die Verjährung vgl. $ 67 n. 7. 13. Das unbefugte Halten eines Glücksspiels an einem öffentlichen Orte ist im § 360 Nr. 14 mit einer UebertretungSstrase bedroht; cm solches kann mit dem im § 284 vorgesehenen gewerbsmäßigen Glücksspiel ideell lonfumren. 14. Ueber die Anwendbarkeit deö § 284 (286 und 360 Nr. 4) aus die öffent­ lichen Spielbanken zu Wiesbaden, Ems und Homburg vgl. Emf.-Vdn. v. 25. Juni 1867; Pr. Gef. v. 5. März 1868; BGes. v. 4. Juli 1868 und oben zu Eins.-Ges. §2 n. 43.

§285. 1. Als „Inhaber eines össentlichen Versammlungsorts" ist der­ jenige anzusehen, welcher gewerbsmäßig ein dem Publikum geöffnetes Lokal hält, z. B. ein Wuth. Ob derselbe zu seinem Gewerbebetriebe einer amtlichen Erlaubniß bedürse und eine solche besitze, ist für den Thatbestand des § gleichgültig: ZI. 3. DU. 62, ZI. 20. Sept. 65, VI. 21. Ott. 70 (RdO. 111, 44; VI, 318; VI, 318; XI, 527). — Dagegen wird vorausgesetzt, daß dem Inhaber zur Zeit über das Lo. lat und dasjenige, was dort geschieht, eine Aufsicht-- und Verfügungsgewalt zustehe; hiernach ist es zu beurtheilen, ob der Eigenthümer eines solchen Lokals, oder der von ihm bestellte Wirth als Inhaber anzusehen sei, und ob der § auch auf denjenlgeu Anwendung finde, welcher den eigentlichen Inhaber rm Falle einer (längeren oder kürzeren) Abwesenheit zeitweise vertritt: vgl. cit. VI. 21. Okt. 70. Trifft bei dem Letzteren d»e obige Voraussetzung zu, so macht eS kernen Unterschied, ob er das Geschäft für eigene oder für fremde Rechnung betreibt: VI. 17. Juli 67, ZI. 14. Febr. 68 (RdO. VIII, 477; IX, 133); Motive s. 137. 2 E»n Versammlungsort ist „öffentlich" wenn er dem Publikum in einer nicht individuell begränzten Weise zugänglich ist, sollte der Zutritt auch im Uedrigen au gewisse Bedingungen oder Beschränkungen geknüpst fern; vgl. § 85 n. 1—9 ; ZI. 18. Nov. 68 (RoO. IX, 649). Demgemäß gehört daS Lokal einer geschloffenen Gesellschaft (Klubb re.) nicht hierher; auch wird der (in der Regel im Dienste der Gesellschaft stehende) Oekonom regelmäßig nicht die Verfügungsgewalt Über das Lo­ kal (n. 1) besitzen, um Handlungen der Mitglieder zu „gestatten" oder zu verbieten. 3. Nur das am öffentlichen Versammlungsorte („daselbst") gestaltete oder verheimlichte Glücksspiel macht strafbar; daher geht DI. 1. Jult 57 c. Kettinger (GA. V, 708) zu weit, wenn eS einen Wirth für strasbar erachtete, welcher einer begrenzten Anzahl von Spielern einen für alle Anderen verschlossen gehaltenen Privatraum für das Spiel überlaffen hatte; anders würde fich die Sache gestalten, wenn ein solcher Raum in der oben (n. 2) gedachten Weise allgemein zugänglich und so (zeitweise) zum öffentlichen Versammlungsorte gemacht wird. 4. Begriff de- „Glücksspiels" vgl. § 284 n. 5 ff. 5. Die Vorschrift dieses § ist nicht, wie § 284, aus gewerbsmäßigeGlücksspiel zu beschränken, bezieht sich vielmehr auf jede- Glücksspiel: KB1I. s. 136; DPl. 12. Dez. 53 c. Hmterlach (Entsch. 27. f. 134); ZI. 30. Jan. 66 c. Barsch (J Mbl. s. 68). 6. Mit dem Ersorderniffe der Gewerb-mäßigkeit fällt auch da- einer bei den

Thl. II. Abschn. XXV.

Strrsbarer Eigennutz ic. — § 286.

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§. 286 Wer ohne obrigkeitliche Erlaubniß öffentliche Lotterien veranstaltet, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu Eintausend Thalern bestraft. Spielern vorwaltenden gewinnsüchtigen A-sicht § 284 n. 2) weg, zumal da die ganze Vorschrift de- § 285 wesentlich polizeilicher Natur ist; ein Wuth rc. macht sich daher auch dann strasbar, wenn er ein bloß zur Unterhaltung oder zum gesel­ ligen Vergnügen (um irgend ein Objekt: § 284 n. 4) gespieltes Glücksspiel gestat­ tet: Beschl. 26. Nov. 51 c Thieleke; ZI. 8. Juni 53 c. Fersenhelm; rontra: DPt. 12. Dez. 53 (cir. n. 5); VI. 1. Juli 57 c. Kettinger (GA. V, 708); tottb diese letz­ tere Ansicht festgehalten, so muß der Instanzrichter in jedem Einzelsalle prüfen und feststellen, ob mit Aüclsicht auf die Bestimmungen des Spiels und auf die VerhältNiffe der Spieler bei diesen ein Spielen aus Gewinnsucht anzunehmen sei; zu­ gleich bedarf es dann aber auch der Feststellung, daß der das Spiel gestattende Wirth von dieser gewinnsüchtigen Absicht der Spieler Kenntniß gehabt habe. Je­ denfalls steht Nichts im Wege, ein gewinnsüchtiges Spiel auch da anzunehmen, wo die GewerbSmLßigkeit verneint tonb: ZU. 22. Nov. 66 (RdO. VII, 661). 7. Der Inhaber darf das Glücksspiel nicht „gestatten;" er verstößt gegen düse Vorschrift, sobald er daö Spiel (mit der Kenntniß, daß eS ein Glücksspiel ist), geschehen läßt und nicht die m seiner Macht liegenden Mittel anwendet, dasselbe zn verhindein; vgl. § 365 Abs. 2. 8. Macht sich ein Wirth einer wiederholten Zuwiderhandlung gegen den § schuldig, so liegt Nealkonkurren; vor und § 74 wird anwendbar: DI. 1. März 65 (RdO. V, 532).

§286. 1. Der Ausdruck Lotterie umfaßt jede Veranstaltung, nach welcher gegen Zahlung eines bestimmten Preises das Aniecht gewährt wird, je nach dem Ausfalle einer Loofenziehung entweder einen vorausbestimmten größeren Geldgewinn zu er­ langen, oder aber den Einsatz ganz oder theilweise zu verlieren; vgl. Koch Recht der Forderungen § 236 II. (III. s. 779). 2. Eine „Ausspielung" (Abs. 2) unterscheidet sich von einer Lotterie nur dadurch, daß diese Geldgewinne, jene andere Sachen zum Gegenstände hat: ZI. 9. Juli 69 (RdO. X, 493); ein Spiel, dessen Au-garg nicht vom Zufall, sondern vorzugsweise von der Geschicklichkeit der Spieler abhängt, ist keine „Ausspielung": cit. ZI. 3. Eine Lotterie (Ausspielung) unterscheidet sich vom „Glücksspiel" (8 284) dadurch, daß e- sich bei ihr um vorher genau bestimmte und begrenzte Objekte (Ge­ winne) handelt, und daß dem entsprechend auch die Einsätze feststehen, während sie beim Glücksspiel ungemessen (der Selbstbestimmung des Spielers überlasten) sind und ebendeshalb eine weit größere Gefahr bedeutender Verluste mit sich führen. Dagegen läßt sich nicht aufstellen, daß bei der Lotterie dem Veranstalter noth­ wendig eine Mehrheit von Spielern gegenüberstehe, daß das Objekt derselben noth­ wendig einem der Cp'eler zufallen müsse, und daß die Chancen des Verlustes nur auf Seiten der letzteren seien, während der Veranstalter durch die Gelammtbeträge der Einsätze einen vollständigen Ersatz für die seinerseits gewährten Gewinne er lange: ZU. 27. Okt. 59 c. Hedermann (IMbl. 60. f. 23); vgl. n. 7. 4. Die durch den Besitz einer auf den Inhaber lautenden (inländischen oder ausländischen) Anleihe-Obligation bedingte Theilnahme au einer mit einer Prämien>ziehnng. statt dev. Verzinsung verbundenen-.AuSloosung> bei welcher jedenfalls der Nennwerth der Obligation dem Inhaber zu Theil wird, ist keine Lotterie: ZI. 8. Okt. 58 c. Behrendt (IMbl. f. 351; ind.); vgl. Pr. AKO. v. 27. Juni 1837. 5. Zider Vertrag, durch welchen sich Jemand gegen Entgelt dazu verpflichtet, einem Anderen je nach dem Ausfalle irgend einer anderweitig stattfindenden (er­ laubten oder nicht erlaubten) Loosenziehung das betr. Leos, oder den bet jener Loosenziehung in Aussicht gestellten Gewinnbetrag oder auch irgend einen anderen Gegenstand zu gewähren („Prom effeu", vgl. Pr. AKO. v. 27. Juni 1837; Einf-Bbn. v. 25. Juni 1867 Art. IV Nr. 2) stellt die Beranstaltnng einer neuen selbstständigen Lotterie dar und fällt somit unter daS Strasverbot des §; das gilt

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Thl. II Abschn. XXV. Strafbarer Eigennutz :c — § 286.

Den Lotterien sind öffentlich veranstaltete Ausspielungen beweglicher oder unbeweglicher Sachen gleich zu achten. [1. Ei»w.: § 268; II. Cnlw.: K 281J; Pr. StGB.: § 268]. Dgl. § 284.360 Nr. 14. Prrubrn: Dgl. ALR. I, 11 §547—576; Ldn. v. 7. De,. 1816 (GS. 1817 f.4); AKO. v. 26. Mir, 1825 (GS. f.22); MO. e. 20. März 1827 (GS. f. 29); AKO. v. 6. Juni 1829 (GS. s. 53); AKO. v. 5. Nov. 1835 (GS. f. 236); AKO. v. 27. Juni 1837 (GS. s. 129); Ddn. v. 5 Juli 1847 (GS. f. 261); Ges. v 7. Mai 1853 (GS. s. 180); AKO. v. 2. Nov. 1868 (GS. (.991); Einf.-Vdn. v. 25. Juni 1867 Art. IV. namentlich von der Verheuerung eiueS Looses oder LoosenantheilS für einzelne Lotterie-Klassen, sollte der betr. Vertrag auch m die Form eines Kaufs eingekleidet jem, bei welchem sich der Verkäufer zum späteren Rückkauf verpflichtete, fall- auf dasselbe bet einer bestimmten Ziehung nicht cm Gewinn fallen würde: ZI. 8. Okt. 58 c. Behrendt (JMdl. s. 351); BII. 3 Febr. 59 c. Dauer (IMdl. s. 91). vgl. Vers, d. Pr. Mm. d. Inn. u. d. gut. v. 17. Okt. 1848; id. v 28. gebr. 1851; id. v. 31. Jan. 1853 (BMbl. 48. |. 352; 51. f. b5; 53. s. 71). Da eine solche Handlung«, weise unter den Begriff einer Lotterie (n. 1) fällt, so ist ihre Strafbarkeit nicht durch den Erlaß und die gesetzliche Verkündung eines SpeztalverbotS (z. B. der eit. Pr. ALO. v. 27. Iunr 1837 und der Emf.-Vdn. v. 25. Juni 1867 Art. IV. Nr. 2) bedingt; im Uebrigen ward diese AKO. für nicht aufgehoben erachtet durch: v. KH. 16. Juni 52 c. Kuhlenkamp; ZU. 27. März 56 c. Rosenfeld; contra: Wenzel Er­ gänz. s. 246. 6. Dagegen ist eS nicht untersagt, daß Jemand aliquote Theile eines in seinem Besitze befindlichen LooseS einer erlaubten Lotterie für immer Anderen überlaste, und diesen einen entsprechenden Antheil am künftigen Gewinn zusichere: Deschl. I. 16. Juni 65 (NdO. VI, 184). 7. Zu den Ausspielungen gehören auch die sog. „Glücksbuden": DI. 24. Mai 54 c. Meyer (GA. II, 834). Das gilt selbst dann, wenn dabei kein eigentlicheS Ausspielen unter mehreren Spielern Statt sinder, bei ihrem Betriebe viel­ mehr der Unternehmer mit jedem einzelnen Spieler wettet; selbst der Umstand, daß dem gewinnenden Spieler von Anfang an die Wahl gelassen wird, statt der gewonnenen Sachen eine vorher bestimmte Geldsumme zu fordern, macht em solches Spiel nicht zum „Hazardspiel": ZU. 27. Okt. 59 (cit. n. 3). 8. Lerlo osungeu, behufs der Auseinandersetzung und Theilung gemeinschastlicher Sachen, fallen nicht unter das Strasverbot: Pr. AKO. v. 20. März 1827 Nr. 4. 9. Die die Straflosigkeit bedingende obrigkeitliche Erlaubniß wird in Preußen von den Oberpräsidevten für den Umfang ihres Verwaltungsbezirks, für den gan­ zen Staat aber nur von dem Minister des Innern ertheilt; eine Ausnahme bilden nur die bei Volksbelustigungen vorgenommenen Ai.sspielungen geringfügiger Gegen­ stände; sie können von den OrtSpoltzetbehörden gestaltet werden: AKO. v. 2. Nov. 68. 10. Derjenige, welcher eine von einer unzuständigen Behörde genehmigte Ausspielung veranstaltet, bleibt straflos, wenn er die Behörde für die zuständige ge­ halten hat: ZI. 23. Okt. 68 (RdO. IX, 584). 11. Eine Lotterie (Ausspielung) ist „veranstaltet," sobald daS Objekt der­ selben (die Gewinne) bezeichnet und die Loose Anderen zur Erwerbung zugänglich gemacht worden sind: V. KH. 8 Juni 33 c. Kleutgen (NA. 18. 2A. s. 23). Es ge­ nügt sonach daS Jn-Umlauf-Setzen einer Lotterie-Liste: D. KH 5. Juli 41 c. HMser (NA. 31. 2A. s. 51); ebenso der Verkauf einzelner Loose: ZI. 5. Mar 54 c. Rasch; ZU. 8. Jan. 57 c. Hirschmann. 12. Eine Lotterie (Ausspielung) ist öffentlich veranstaltet (vgl. Abs. 2), so­ bald der Erwerb der Loose der Allgemeinheit zugänglich gemacht ist. Diese Allgemeinheit braucht gleichwohl nicht unbedingt Alle zu nmsasien, welche geneigt fein mochten, sich zu betheiligen; vielmehr bildet auch hier der enge vertraute Kr«S den Gegensatz; vgl § 85 n. 5; Pr. AKO. v. 20. März 1827 Nr. 1.2. („Privatzirkel"). 13. Der § setzt nicht voraus, daß die Veranstaltung in der Absicht statt­ gefunden habe, für sich selbst einen Gewinn zu erzielen; vgl. Abschn. 25 n. 1; ZI.

Thl. II. Abschn. XXV.

Strssbare» Eigennutz ic — § 287

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§. 287. Wer Waaren oder deren Verpackung fälschlich mit dem Namen oder der Firma eines inländischen Fabrik­ unternehmers, Produzenten oder Kaufmanns bezeichnet oder wissentlich dergleichen fälschlich bezeichnete Waaren in Verkehr bringt, wird mit Geldstrafe von fünfzig bis zu Eintausend Thalern oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. 30. Nov. 55 c. Bonigk (GA. IV, 263). Demgemäß trifft die Strafe auch denjenigen, welcher lediglich zu einem wohlthätigen Zwecke die öffentliche Veranstaltung vorge­ nommen hat: ZI. 5. Mai 54 c. Nasch. 14. Durch § 286 sind landeegesetzliche Vorschriften, durch welche da- Spielen in auswärtigen Lotterten rc. mtt Strafe bedroht wird (z. B. die Pr. Ddn. v. 5. Jult 1847, das für die hobenzollern'fchen Lande erlassene Gesetz v. 7. Mat 1853; Einf.-Vdn. v. 25. Juni 1867 Art. IV. Nr. 1) nicht aufgehoben: Motive s. 137. Solche anSwärtige Lotterien (zu welchen auch die von einem anderen Bundesstaate veranstalteten gehören) bedürfen m Preußen der Königlichen Zulassung cit. AKO. v. 5. Jult 1847; vgl. Vs. d. Min. d. I. v. 14. Nov. 1868 (DMbl. f. 304). Spielt ein Prenße tu einem fremden Staate m einer dort gestatteten Lotterie, so bleibt er (nach § 4) straflos: VH. 11. Juli 67 (RdO. VIII, 466'.

§287. Abänderung. 17. Bezeichnung. 10. 11. . echte? 2. • fälschliche. 6—8. 11. Dolu». 13. Emwllllgung eine- Dritten. 3. Fabriken? 1. 7.

3 n - a l t. Fabnkzeichen 19. Firma. 4. 5. 7—9. • Mehrheit 9. - Veräußerung. 6. Gesellschafter. 18. Gesetz, fremde-. 14 -16. Staatsverträge 14 — 16.

Stempelung. 20 Strafandrohung fr. 16. Verkehr. 12. Wappen. 21. Wohnort? 1. 7.

1. Dieser § erheischt nicht mehr (wie § 269 de- Pr. StGB.'s), daß außer dem Namen rc. auch der Wohn- oder Fahrt kort des anderen Fabrikunternehmers zur Bezeichnung der Waare fälschlich benutzt worden fet; vgl. aber n. 7. 2. Die Anwendbarkeit des § ist nicht dadurch bedingt, daß der inländische Fabrik unter nehm er rc. selbst seine Waaren besonders, namentlich daß er sie mit feinem Namen (Firma) bezeichne: VIl. 20. Nov. 62 (RdO. III, 135); con­ tra: ZI. 5. April 67 (RdO. VIII, 239). 3. Der Gebrauch eines fremden Namen« bei Waarenbezeichnungen wird durch die Einwilligung eines Dritten, Gleichnamigen, nicht straflos: ZU. 28. Febr. 61 (RdO. I, 283); vgl. D. HGB. Art. 23; vgl. n. 5. 4. Firma ist der Name, unter welchem ein Kaufmann im Handel seine Ge­ schäfte betreibt und die Unterschrift abgtebt: D. HGB. Art. 15. Ueber den Erwerb und die Sicherung vgl. das. Art. 19 ff. Eine von dem Namen deS Geschäftsin­ habers verschiedei.e Firma, bei deren Annahme die citt. Vorschriften nicht beobachtet sind hat aus den Schutz des § keinen Anspruch: contra: ZI. 13. Sept. 65 (RdO. VI, 299). — Handelt eö sich von der Berechtigung eines (durch Reziprozität-Verträge geschützten) Ausländers zur Führung einer Firma, so ist diese nach dem betr. ausländischen Gesetze zu beurtheilen. Dagegen ist für die Beurtheilung, inwiefern eine Bezeichnung überhaupt als „Firma" angesehen werden könne, stets nur daö inlän­ dische Gesetz maaßgebend; vgl. ZI. 5. Apnl 67 (cit. n. 2). 5 DaS Recht eine Firma zu benutzen kann nur mit dem Handelsgeschäfte, für welches sie bisher geführt wurde, veräußert werden: D. HGB. Art. 23. 6. Der § setzt die fälschliche Bezeichnung mit einem fremden Namen oder mit emer fremden Firma voraus; es genügt sonach, wenn sich Jemand zu dem ge­ dachten Zwecke entweder eine- Namens ober einer Firma bedient, welche ihm nicht zustehen. ES kann sehr wohl geschehen, daß eine Bezeichnung» welche al« NamenSangabe richtig ist, doch sich als fälschlicher (unberechtigter) Gebrauch einer fremden Firma darstelle; vgl. n. 7. 8. 7. DaS HGB. (Art. 20) schreibt vor, daß jede neue Firma sich von allen an

528

Lhl. II. Absch». XXV.

Strasbarn Eigennutz rc. — § 287.

Dieselbe Strafe tritt ein, wenn die Handlung gegen An­ gehörige eines fremden Staats gerichtet ist, in welchem nach veröffentlichten Staatsverträgen oder nach Gesetzen die Gegen­ seitigkeit verbürgt ist. Die Strafe wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß bei der Warenbezeichnung der Name oder die Firma mit so gedemselben Orte (in derselben Gemeinde) bestehenden und in das Handelsregister eingetragenen Firmen unterscheiden, und daß selbst der Gleichnamige sich dieses seines Namens als Firma nur unter Beifügung eines unterscheidenden Zusatzes bedienen dürfe. Dagegen steht nichts im Wege, daß ein Gleichnamiger an einem andern Orte den unveränderten Namen ebenfalls als Firma führe. Wo diese- zutrifft, kann eS dem Firmeninhaber auch nicht verwehrt werden, diese seine Firma zu Waarenbezelchnungen zu benutzen, obgleich dieselbe mit der Firma eines anderen (an einem anderen Orte bestehenden) GefchLsts übereinstimmt, und somit Verwechslungen leicht eintreten können (seine Bezeichnung ist dann keine „fälschliche"); vgl. n. 8. Würd- aber ein solcher Firmen-Jnhaber der gedachten Bezeichnung (fälschlich) die An­ gabe des Wohn- oder FabrikortS des andern Fabrikunternehmers rc. (oder einen die Firma des letzteren speziell charakteristrenden Beisatz) hinzufügen, so würde ihn die Strafe des § 287 treffen, weil er durch diese Hmzufügung die gebrauchte Firma als die des Anderen erkennbar machte, also gegen da- Verbot des § verstieße, obgleich dieser im Uebngen von der unrichtigen Ortsangabe absieht (n. 1). 8. Ebenso dürste der § zutreffen, wenn Jemand zur Bezeichnung seiner Waare nicht seine eigene Firma, sondern seinen eigenen davon abweichenden, aber mit der Firma eines Andern übereinstimmenden Namen benutzt; er bezeichnet dann ebenfalls fälschlich mit der fremden Firma; vgl. ZU. 19. Mai 64 (RdO. IV, 509). 9. Die Strafbestimmung des § wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die mißbrauchte Firma nicht die von dem betr. Dritten regelmäßig gebrauchte, sondern eine ältere, bet Bezeichnung einzelner Waaren beibehaltene, und bei der Eintragung ins Handelsregister mit angemeldet war: ZU. 14. Jan. 64 (RdO. IV, 289). 10. Eine Waare rc. ist mit einem Namen rc. „bezeichnet", sobald dieser an derselben in einet Weise angebracht ist, daß dadurch der Schein hervorgerufen wird , als deute er die Herkunft (den Fabrikanten, Produzenten oder Kaufmann) an; ist dieses der Fall, so kommt weiter Nicht- darauf an, welchen Sinn jene NamenSangabe in Verbindung mit anderen demselben hinzugefügten (weniger hervor­ tretenden) Worten habe; vgl. Abs. 3: ZU. 29. Ott. 68 (RdO. IX, 592: der Ange­ klagte hatte die Pakete seines Tabaks denen eme6 bekannten HandlungSbauseS ganz ähnlich gemacht, sie mit einer gleichen Vignette und einer auf den ersten Anblick übereinstimmenden Unterschrift bezeichnet, welche aber bei genauerem Zusehen besagte: die Waare rühre nicht von dem anderen Firmeninhaber her). 11. Als fälschliche Bezeichnung ist eS auch anzusehen, wenn echte Fabrikzeichen, Etiketten rc. von der echten Waare abgenommen, und einer andern angeheftet rc. sind: TL. s. 1034 Note 2; contra: GM. II, 614 n. 3. 12. Die Worte: „in den Verkehr bringen" beziehen sich nur auf den­ jenigen, welcher die Sache zuerst im Zulande zum Gegenstände des Handelsverkehrmacht; eS wird daher der Weiterverkäuser nicht von der Strafe betroffen. Dieseist namentlich dann zu beachten, wenn ein neuer Staatsvertrag m Wirksamkeit tritt; vgl. Pr. JMBerf. v. 3. Juli 1868. 13. Al- 2)o hi 8 genügt das Bewußtsein, daß man sich de- Namen- oder der Firma emeö Andern bediene. Der § trifft daher unbedenklich zu, wenn die Handlung geschah, um bei dem abnehmenden Publikum den Glauben zu erregen, die Waare stamme vom Inhaber der Firma rc. her; ZU. 19. Mai 64 (RdO. IV, 509). 14. Abs. 2 stimmt in seiner Fassung mit Abs. 2 de- § 102 überein; eS sind daher die dort gemachten Bemerkungen n. 9—11 zn vergleichen. — Tie mit dem

Thl. II. Abschu. XXV. Strafbarer Eigennutz rc. — § 287.288.

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ringen Abänderungen wiedergegeben wird, daß die letzteren nur durch Anwendung besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können. [I. Qntto.: § 269; II. Entw.: §282; Pr. StGB.: § 269]. Dgl §360 Nr. 7; D. HGB. Art. 15ff.; Handelsvertrag mit Oesterreich v. 9. Mär- 1868 Art. 19 (BGbl. f. 247); id. mit Spanien v. 30. März 1868 Art. 6 (BGbl. f. 325); id. mit dem Kirchenstaate v. 8. Mai 1868 Art 5 (BGbl. f. 410); Bekanntmachung betr. den wechselseit. Schutz d. Waarenbezeichnungen innerhalb d. Zollvereinsstaaten v. 26. Sept. 1868 (GS. f. 882); HandelSvertr. m. d. Schweiz v. 13. Mai 1869 Art. 10 (BGbl. f. 606). Preußen: Dgl AKO. v. 16. Oft. 1831 (GS. f 247); Ges. v. 4. Juli 1840 (GS. s. 224); Ges. v. 18. Aug 1847 § 12-14 (GS. s. 335); Ges. v. 24. April 1854 (GS. s. 213); Hand.-Dertr. m. Frankr. v. 2. Aug. 1862 Art 28 (GS. 1865 s. 348); id. mit Großbritt. v. 30. Mat 1865 Art. 6 (GS. f. 869); id. mit Italien v. 31. Dez. 1865 Art. 6 (GS. 1866 s. 89).

§♦ 288. Wer bei einer ihm drohenden Zwangsvoll­ streckung in der Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu Norddeutschen Bunde abgeschloffenen und veröffentlichten Verträge werden auch in Betreff der erst später dem Bunde (Reiche) beigetretenen Staaten wirksam, ohne daß es einer neuen Verkündung für diese bedürfte (da diese Verträge nicht selbst GesetzeSkrast zu haben brauchen). 15. Der im Abs. 2 hervorgehobenen Bedingung ist genügt, wenn in dem fremden Staate die Bestrafung genchtSgebräuchlich auf Grund des gemeinen Rechts erfolgt: ZI. 1. Dez. 69 (RdO. X, 752). 16. Trifft die Voraussetzung des Abs. 2 zu, so ist eS für die Anwendbarkeit des § gleichgültig, ob in dem fremden Staate eine gleich hohe Strafe angedroht ist: ZI. 1. Dez. 69 (dt. n. 15). 17. Ob die vorgenommenen Abänderungen rc. den Voraussetzungen des Abs. 3 entsprechen, ist eine thatsächliche Frage: ZU. 28. Febr. 61 (RdO. I, 283). 18. Machen sich mehrere Handelsgesellschafter des Vergehens schuldig, so trifft jeden die ganze Strafe ZI. 24. Sept. 69 (RdO. X, 592). 19. Durch § 287 sind die zum Schuhe der Fabrikzeichen an Eisen- und Stahlwaaren in der Pr. Rhemprovinz und Westphalen ergangenen Vdn. v. 18. Aug. 1847 und Ges. v. 24. April 1854, insoweit sie nicht denselben Thatbestand vorsehen wie jener § („Bezeichnung mit fremdem Namen oder Firma" vgl. CG. § 2 n. 4—6) ebensowenig außer Kraft gesetzt, wie dieses in Betreff der ctt. Ddn. v. 1847 durch § 269 des Pr. StGB ’£ geschehen war (Beweis: ctt. Gef. v. 1854). An die Stelle der im § 12 der cit. Ddn. für anwendbar erklärten Strafbestimmungen des Pr. Gef. v. 4. Juli 1840 ist .'jetzt die des § 237 getreten; vgl. BII. 1. Febr. 66 (RdO. VII, 78). 20. Ebenso verhält es sich mit den Bundesgesehen, welche die amtliche Stempelung gefertigter Waaren anordnen oder gestatten, und die Nachbildungen mit Strafen bedrohen; auch sie sind in Kraft verblieben, z B. die Preußischen Ges. v. 16. Mai 1816 § 32; Ges. v. 3. Juli 1818; Vdn. v. 5. Jan. 1823; Ddn. v. 2. Jan. 1827; die Legge-Ordnungen v. 15. und 16. Mai 1853: GS. 1816 s. 142; 1818 f-153; 1823 s. 2; 1827 s. 87; 1853 s. 229. 233). 21. Die unbefugte Abbildung des Wappens eines Bundesfürpen zu Bezeich­ nung von Waaren rc. ist durch § 360 Nr. 7 mit einer UebertretungSstrafe bedroht.

§288.

1. Diese im Pr. StGB, fehlende Bestimmung (vgl. aber Pr. Entw. v. 1847 § 327) ist aus dem Kgl. Sachs. StGB. Art. 310 Übernommen werden, um auch für Nichtkaufleute die Vereitlung einer Spezial-Exekution nicht straflos zu kaffen; es wurde darin auch ein Korrelat für die Befreiung des Schuldners von der persönlichen Schuldhaft gefunden: Motive f. 137. Bunde- - Strafgesetzbuch.

34

530

Thl. II. Abschn XXV.

Strafbarer Eigennutz jc. — ? 288. 289.

vereiteln, Bestandtheile seines Vermögens veräußert oder bei Seite schafft, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Gläubigers ein. [I. Enliv.: fehlte); II. Eniw.: §284; Pr. StSB. (fehlte))-

Dgl. § 137.289.

Königr. Sachsen: Vgl. StGB. Art. 310.

§. 289. Wer seine eigene bewegliche Sache, oder eine fremde bewegliche Sache zu Gunsten des Eigenthümers der2. Nur der Schuldner selbst kann sich dieses Vergehens schuldig machen; dritte Personen können nur Gehülfen fein. 3. Es genügt, wenn bie Zwangsvollstreckung droht; es ist daher keineswegs erforderlich, daß mit der Vollstreckung schon der Anfang gemacht, oder daß sie be­ reits angeordnet oder in Auftrag gegeben sei (nach Rheinnchem Verfahren beauftragt der Gläubiger den Gerichtsvollzieher unmittelbar mit den betr. Maßnahmen ohne Vermittlung des Gerichts). 4. Ebenso ist eS nicht unerläßlich, daß bereits eine Derurtheilung oder ein zur Begründung einer Zwangsvollstreckung geeigneter amtlicher Erlaß (Mandat re.) ergangen sei; eS genügt, wenn auf Grund einer erst zu erwirkenden Derurtheilung re. eine solche Vollstreckung beabsichtigt war und in naher Aussicht stand; vgl. v. Krrchm. f. 177; (nach Rheinischem Verfahren begründet cm — m exekuttvischer Form ausgefertigter — Notarialakt die Zwangsvollstreckung). 5. Gleichgültig ist es auch, ob die drohende Zwangsvollstreckung von einer ge­ richtlichen oder — soweit dies statthast — von einer anderen z. B. von einer Ver­ waltungsbehörde ausgegangen ist, oder ausgehen sollte. 6. „Zwangsvollstreckung" umfaßt auch die Suhastation von Grundstücken: Stenogr. Ber. f. 726; ebenso die Beschlagnahme ausstehender Forderungen; vgl. n 11. 7. Dagegen gehören bloße konservatorrsche Maßregeln, z. B. ein vor­ bereiteter aber noch nicht angelegter SicherheitSarrest nicht hierher; dasselbe wird von einem (nach Art. 557. 558 deS Rh. BPO.) ohne exekutonschen Titel anzulegenden Drittarreste gelten. 6. Als DoluS genügt die Absicht, den Gläubiger zu verhindern, im Wege des von ihm vorbereiteten DollstreckungSverfahrens zu seiner Befriedigung zu ge­ langen; dabei ist eS gleichgültig, ob der Schuldner Willens war, demnächst den Gläubiger anderweiiig zu befriedigen; dagegen würde die Strafe ausgeschloffen bleiben, wenn der Thäter m der Ueberzeugung handelte, daß ibnt noch immer genügende (parate) GxekutionSobjelte verblieben, aus welchen der Gläubiger seine Befriedigung suchen könne. 9. Ob jene Absicht (n. 8) erreicht wird, ist für den Thatbestand unwesentlich. 10. Waltete bei dem Thäter die gedachte (n. 8) Absicht ob, so ist eS auch un­ erheblich, ob der Gläubiger, oder die excqmrende Behörde die betr. Vermögensstücke bereits als derempigen Gegenstand der vorbereiteten Vollstreckung bezeichnet oder auch nur ins Auge gefaßt hatte. 11. Die Natur der Vermögensstück.e begründet keinen Unterschied; insbe­ sondere gehören auch Forderungen hierher; vgl. n. 6. 12. Ueber den Begriff des „Bei-Seite-Schaffens" vgl. § 281 n. 36—37; jede auch nur vorübergehende Verheimlichung (ibid. n. 55—61) genügt; besonders auch ern Scheinverkauf. 13. Der Thatbestand ist in keiner Weife durch einen dem Gläubiger zuge­ fügten Nachtheil bedingt; vgl. n. 9; derselbe wird daher auch durch spätere Wie­ derbeischaffung der betr. Gegenstände nicht wieder beseitigt. 14. Zum Strafantrage ist derjenige Gläubiger berechtigt, desien Befriedigung vereitelt werden sollte.

§289. 1. Dieser § bestraft das früher sog. furtum possessionis, welches jetzt unter den Begriff des Diebstahls, wie er im § 242 bestimmt ist, nicht mehr fällt. 2. Ein Dritter nimmt die Sache „zu Gunsten des Eigenthümers" (vgl.

Thl. II. Abschn. XXV. Strafbarer Eigennutz ic. — § 289.

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selben, dem Nutznießer, Pfandgläubiger oder demjenigen, wel­ chem an der Sache ein Gebrauchs- oder Zurückbehaltungsrecht zusteht, in rechtswidriger Absicht wegnimmt, wird mit Gefäng­ niß bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert Thalern bestraft. Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürger­ lichen Ehrenrechte erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Bestimmungen des §. 247 Absatz 2. und 3. finden auch hier Anwendung. [I. Enlw.: § 271; II. Gntro.: § 285; Pr. StGB. §.271].

Vgl. §32.247.290.

§ 282 Nr. 2: „im Interesse eines Kaufmanns) weg, wenn er dieselbe nicht sich selbst zueignet, sondern durch feine Handlung dem Eigenthümer auf Kosten des be­ treffenden Nutznießers rc. einen Vortheil verschaffen will. 3. Nimmt cm Dritter eine von ihm verpfändete fremde Sache weg. nicht in der Absicht der re. Zueignung, wohl aber m der sich selbst oder einem Andern Vortheil zu verschaffen, z. B. die Sache zeitweise zn benutzen, so bleibt der § aus­ geschlossen. 4. ES ist nicht unerläßlich, daß daS NuntzmeßungS- rc. Recht in durchaus rechtsverbindlicher Weife begründet fei; eö genügt, wenn das betr. Rechtsge­ schäft in einer nicht absolut nichtigen Weise zu Stande gekommen und demzufolge die Sache in die Gewahrsam des Berechtigten gelangt ist. Der § wird daher auch dann anwendbar, wenn ein Kmd unter väterlicher Gewalt ein solches Recht ohne Zustimmung des Vaters bestellt hatte (vgl. § 103 I, 4 ALR); contra: Vl. 19. März 58 c. Singer (GA. VI, 569). 5. Nach Preußischem Recht erlangt der Vermiet her durch die (ohneMitWirkung des Gerichts vorgenommene) Zurückbehaltung der Sachen des Miethers ein wirkliches Pfandrecht, und den Schutz des § 289 (vgl. ALR. I, 21 § 395; Äons.» Ordn. v. 8. Mai 1855 § 33 Nr. 4): ZU. 28. Nov. 61 (RdO. II, 104); nur wenn ein Streit über den Werth der Sachen und das Quantum der zurückzubehaltenden Sachen entsteht, tritt nach Anh. z AGO. § 302 die Mitwirkung des Gerichts ein: ZI. 20. Juni 56 c. RdSler (GA. IV, 849); vgl. DI. 29. Okt. 53 c. Müller (GA. VII, 115). Hat der Bermiether von zenem Rechte Gebrauch gemacht, so verwirkt der Miether durch die Wegnahme der Sachen die Strafe selbst dann, wenn ihm „dieselben unentbehrlich waren": ZI. 13. Mai 68 (RdO. IX, 327). 6. Unter „Zurückbehaltungsrecht" ist hier, wie aus der Gleichstellung mit dem NutzmeßungS- und Pfandrechte hervorgeht, nur dasjenige Recht zu verstehen, vermöge besten der Inhaber einer fremden Sache diese m seiner Gewahrsam behallen darf, bis er wegen eines Forderungs rechtes befriedigt ist. Es gehört daher daß (au- Beranlastung eines erlitttenen Schadens) durch einseitige Pfändung an einer fremden Sache erworbene Recht nicht hierher, zumal § 137 den Eingriff in eine amtlich vorgenommene Beschlagnahme mit einer weit geringeren Strafe bedroht. Der Eingriff in eine solche Privalpsäudung (z. B. die ohne Gewaltthätigkeit ersolgende Wiederinbesitznahme der einem Holzfrevler von einem Privatwaldhüter abgepsändeten und noch nicht der OrtSobrgkeit übergebenen Transportmittel: Pr. HDGes. v. 2. Juni 1852 § 22. 23) ist nur als eine straflose Selbsthülfe zu betrachten (vgl. Pr. ALR. I, 14, §§ 462-465; FPO. v. 1. Nov. 1847 § 53 ff. 75): DI. 2. Jan. 56 c. Roözeck (GA. IV, 264); ZI. 7.März 66 (RdO. VII, 153). 7. Durch eine nützliche Verwendung wird nach Preußischem Rechte ein Zurückbehaltungsrecht nicht begründet: DI. 19. März 58 c. Singer (GA. VI, 569). 8. Die „rechtSwid rige Absicht" muß auf Verletzung des wenigstens formell begründeten Nutznießung-- rc. Rechts gerichtet fein: HS. II, 491. Em Weiteres

532

Thl. II. Abschn XXV. Strafbarer Eigennutz rc. — §290. 291.

§. 290. Oeffcntliche Pfandleiher, welche die von ihnen in Pfand genommenen Gegenstände unbefugt in Gebrauch neh­ men, werden mit Gefängniß bis zu Einem Jahre, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreihundert Thalern erkannt werden kann, bestraft. [I. Entw.: (fehlte); II. Entw.: §286; Pr. StGB. § 265]. Dgl. § 289 360 Nr. 12; B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 § 35. 148 Nr. 4.

§. 291. Wer die bei den Uebungen der Artillerie ver­ schossene Munition, oder wer Bleikugeln aus den Kugelfängen der Schießstände der Truppen sich widerrechtlich zueignet, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert Thalern bestraft. fl. Entw.: (fehlte); II. Entw.: § 287; Pr. StGB. § 349 Nr.5). Dgl. § 242fgg. Preußen: Dgl. früher AKO. v. 23. Jult 1833 (GS. f. 86). wird nicht erfordert; insbesondere braucht die Absicht keineswegs auf eine Verkür­ zung oder Gefährdung des durch das Pfand- rc. Recht gesicherten fremden Fordernngsrechte« zu gehen: ZI 2. Ott. 57 c. Mendelssohn; contra: ZI. 24. Nov. 58 c. Tackmann (GA. VII, 116). Hiernach wird tote Strafbarkeit durch den Besitz aus­ reichender Mitte! zur Deckung jener Forderung nicht auSgefchlosien. 9 Ebensowenig bedarf eS eines gewinnsüchtigen Absicht: ZI. 24. Nov. 58 (cit. d. 8); HS. II, 491; contra: Z. 26. April 52 c. KleSczmSki (JMbl. f. 284); ZI. 2. Oft. 57 c Mendelssohn. ,10. Ueber den Begriff der „Wegnahme" vgl. § 242 n. 40-47. Weg­ schaffen der eigenen Sachen aus einer gemietheten Wohnung in der Absicht, den Vermiether an der Ausübung feine« Zurückbehaltungsrechts zu hindern, fällt, so lange dreS Recht noch nicht ausgeübt, und fo die Sache in die Gewahrsam de- VernneIherS übergegangen ist, nicht unter diese Vorschrift: ZU 28. Nov. 61 (RdO. II, 104). 11. Erschwerende Umstände deS Diebstahls kommen hier nur als Straszumeffungvgründe tn Betracht. Ebenso »st es lern Raub, wenn die That Mit Ge­ walt verübt wird, vielmehr konkurrirt dann mit dem Vergehen deS § 289 ideell die durch die Anwendung der Gewalt verübte Straslhat (z. B. Körperverletzung). Wird die Herausgabe der Sache durch Gewalt oder Drohung erzwungen, fo liegt Nöthigung (8 240) oder Erpressung (§ 253) vor. 12. Auf den Verlust der Ehrenrechte kann nur neben einer drei Monate erreichenden Gesängnißstrase erkannt werden. 13. In Betreff des Schlußabsatzes vgl. die Bemerkungen zu § 247 n. 13—20.

§290. 1. Dem Strasverbote unterliegen nur „öffentliche" Pfandleiher: Motive f. 138; darunter ist aber jetzt Jeder zu verstehen, welcher offenkundig auS dem Pfandleihen ein Gewerbe macht; daß er von diesem Gewerbebetriebe vorher der Behörde Anzeige gemacht haben müsse (BGew. - Ordn. v. 11 Juni 1869 § 35), ist zum Thatbestände mcht erforderlich. 2. Ewer gewinnsüchtigen Absicht bedarf eS zu diesem Vergehen nicht, eS genügt cm bewußtes Handeln. 3. Ist der Gebrauch mit einem Verbrauchen verbunden, so wird in der Regel Unterschlagung ideell konkurriren: Motive s. 139.

§291. 1. Der § beruht aus der Auffaffung, daß die verschoffene Munition rc. nicht mehr im Eigenthume und der Gewahrsam deS MilitarrfiSkuS sich befinde; es ist deshalb dem letzteren ein ausschließliches (Wieder-) Okkupationsrecht beigelegt; hie im Pr. StGB. (§ 349 Nr. 6) angedrohte Uebertretnngsstrafe ward mit Rück-

Thl. II. Abschn. XXV. 'Strafbarer Eigennutz rc. — § 292.

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§. 292. Wer an Orten, an denen zu jagen er nicht berechtigt ist, die Jagd ausübt, wird mit Geldstrafe bis zu Einhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. [I. Entw.: § 273; II. Entw.: § 288; Pr. StGB § 274]. Dgl. § 293-295. 368 Nr. 10.11. Preußen: Vgl. AM. 1,9 §107ff.; II, 16 § 30ff.; Gel. v. 31.Jan. 1845 (GS. f. 95); Ges. v. 31. Oft. 1848 (GS. s. 343)Jagd-Pol.-Gel. v. 7. MLr, 1850 (GS. f. 165); Ges. v. 31. Jan. 1845 (GS. f. 95); Ges. v. 14. Apr. 1856 Art. 1.11 (GS. f. 208); N. StPO. § 11.486ff.; (Nass.) Pdll. betr. d. Jagdrecht rc. v 30. Marz 1867 (GS. s. 426); Ges. v. 26. Febr. 1870 betr. die Schonzeit des Wildes (GS. f. 120). Königreich Sachsen: Dgl. Ges. v. 1. Dez. 1864. sicht auf den erhöhten Werth der neuen Geschosse nicht ^mehr für ausreichend erach­ tet und deshalb erhöht. 2. Liegen besondere Umstande vor, aus welchen thatsächlich folgt, daß die ver­ schossenen Kugeln rc. noch im Eigenthume und der Gewahrsam des Fiskus ver­ blieben sind (liegt i B. der Kugelfang in einem durch rhn ausschließlich besessenen umschlosienen Raume) so tritt die Diebstahls strafe ein: ZI. 4. Juli 60 c. G.erite (GA. VIII, 710;.

§292. Inhalt.

Absicht, gewinnsüchtige. 17. Aneignung. 8 10—12. 17. Anstand. 8. Aussuchen. 1. 6. Bemächtigen. 1. 10. 12 Berechtigung. 2—7. 32. • Einrede. 32. Dach-. 20 Diebstahl 1. 12.

Dom«. 14 16-18 Erlaubniß. 7. Fahrlässigkeit. 16. Fallwild 11. Fischotter. 21. Fischreiher. 22. FuchS. 23.

Gewahrsam. 1. 13. 14. Glaube, guter. 16. Grenze. Verletzung. 3. 9 16. Hamster 24. Jagd. 8-15. . Ruhenlassen. 6 Jagdbarkeit. 18—30. • Vertrag. 19. Jagdfolge, d 10. Jagdpacht. 4. 5 Jagdpoltzet. 2-7. 30 33 Jagdrecht. 1. 30. 32. - Beschränkung. 6. Jagdschein. 31. Jrnhnm 14. 16. Jungen. Ausnehmen. 15

Kaninchen. 25. Konkurrenz. 31. Krametovogel. 26. Lerche. 27. Marder. 28 Okkupation. 1. 6. 10— Schonung. 18. 33. bchwan. 29. Unterschlag«»«. 13. Vollendung 6. Wild, Freiheit 10. 13. - jagdbar. 18—29. • nicht jagdbar 30. Wildschaden. Abwehr 17 Zuständigkeit. 34. 35.

1. Der § bestraft den Eingriff m ein fremdes Jagdrecht. Dieses be­ steht in dem Rechte, jagdbare wilde Thiere, welche sich in Niemandes Eigenthum oder Gewahrsam befinden, mit Ausschließung Dritter zu oktupiren, d. h sie auf­ zusuchen, zu verfolgen, sich derselben zu bemächtigen und sie sich anzueignen vgl. Pr. ALR. II» 16 8 30. Dagegen ist die Wegnahme eine- fremden Thiers aus der Ge­ wahrsam eines Andern nach den den Diebstahl betreffenden Vorschriften zu beurtheilen; vgl. § 242 n. 35sgg. 2. Die Berechtigung zur Jagd ist nach den Landesgesetzen zu beurtheilen; vgl. für Preußen daö Ges. v. 31. Olt. 1848 §§ 1—3, über ihre Ausübung das Jagpol.-Gef. v. 7. März 1850 §§ 2—13, Über die V erpachtung der Jagd daffelbe Ges. v. 7. März 1850 §§ 10—13. 25 26., und über die Beschießung der Jagd durch einen gemeinschaftlichen Jäger ibid. § 10. 3. In Preußen ist die Jagdfolge durch das Ges. v. 31. Olt. 1848 aufgehoben, und durch das JPol.-Gef. v. 7. März 1850 Nicht wieder hergestellt worden: ZI. 15. Jan. 62 c Wirsig; wer cm angeschossenes Wild au« seinem Revier in etn an­ deres verfolgt, ist Jagdfrevler: ZI. 19. Jum 68 (RdO. IX, 399); vgl. n. 11. 4. Der § umfaßt alle Fälle einer Ausübung der Jagd ohne Berechtigung, fei es daß diese dem Thäter überhaupt nicht zustand, fei eS, daß die Handhabung derselben zeitweise auf einen Andern übertragen war, z. B. wenn die Jagd ver­ pachtet ist, -der wenn die bei einem Jagdbezirk betheiligten Grundbesitzer die Jayd

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Thl. II. Abschn. XXV. Strafbarer Eigennutz rc. — § 292.

auf betn ganzen Bezirke durch [einen Jäger für gemeinschaftliche Rechnung ausüben lassen (Pr. JPol.-Ges. v 7. März 1850 § 3 10). — Ter Jagdpächter. welcher aus einem von der Jagdverpachtung ausgeschlossenen Grundstücke, mit der Kenntniß von dieser Ausschließung, jagt, macht sich strafbar, sollte auch der Eigenthümer des Grund­ stücks bie ihm gesetzlich obliegende äußere Kenntlichmachung (Pr. ZPol.-Ges. v. 7. März 1850 § 6) unterlassen haben: ZU. 31. März 70 (RdO. XI, 217). 5. Die §§ 292 ff. bleiben ausgeschlossen, wenn dem Thäter die Berechtigung durch einen formell zu Recht bestehenden Jagdpachtvertrag eingeräumt war, sollte auch bei der Verpachtung eine Vorschriftswidrigkeit vorgekommen fein, welche eine Auf­ hebung des Vertrags rechtfertigen würde: DI. 5. April 54 c. Dräger. Dagegen kann ein nicht perfekt gewordener oder gesetzlich nichtiger Vertrag in keiner Weise Berücksichtigung finden: ZI. 6 Juli 59 c. Makullik; ZI. 1. Dez. 70 (RdO. XI, 585). 6. Die Anwendbarkeit deö § ist durch den Mangel der Berechtigung bedingt; die Ueberschrettung anderweitiger Beschränkungen der Ausübung des an sich begründeten Rechts gehört nicht hierher, z. B. die Ausübung der Jagd durch den Berechtigten m der Zeit, während welcher er dieselbe ruhen zu lassen verpflichtet war: VII. 6. Juli 65 (RdO. VI, 245); vgl. Pr. Iagdpol.-Ges. v. 7. März 1850 § 3. 6. 17; der letztere § bedroht eine derartige Zuwiderhandlung mit einer beson­ deren UeberlretungSstrafe. 7. Handelte der Thäter mit einer vom Berechtigten ertheilten Erlaubniß und innerhalb der Grenzen der letzteren, so findet eine Bestrafung aus §292 ff. nicht statt, sollte dabei auch eine polizeiliche Vorschrift (z. B. ctt. JPol.-Ges. § 17) verabsäumt sein. 8. Die Ausdrücke: „Jagen", „die Jagd ausüben" umfassen alle Hand­ lungen, durch welche Wild aufgesucht, verfolgt oder okkuppirt wird. ES bedarf sonach zur Vollendung des Vergehens nicht der Besitzergreifung des Thiers, selbst nicht einmal der Abfeuerung emeS Schusses, vielmehr genügt jeber Akt der Nachstellung: ZI. 10. Febr. 64, ZI. 3. Febr 69 (RdO. IV, 361; X, 766); z. B. „em Stehen auf Anstand", insofern dann eine Nachstellung zu finden ist: ZI. 27. März 63, ZI. 8. Mai 67, ZI. 2. Nov. 70 (RdO. III, 380; VIII, 294; XI, 539). Es wird auch keineswegs erfordert, daß das Aufsuchen (Verfolgen, Nachstellen) zu dem Zwecke geschehen sei, sich das Thier endgültig anzueignen, vielmehr genügt daS Ver­ folgen (Hetzen) des Wildes, selbst wenn der Zweck nur dahin ging, sich desselben vor­ übergehend zu bemächtigen und es dann wieder in Freiheit zu setzen (Parforcejagd): ZI. 20. Juni 55 c. v. SulkowSki. Dagegen ist das bloße Betreten eines fremden Jagdreviers mit Schießgewehr, selbst wenn eS m der Absicht zu lagen geschah, für sich allein noch keine Ausübung der Jagd: ZI. 16. Juni 69 (RdO. X, 420). 9. Schießt der Jäger aus dem einen Jagdreviere über die Grenze nach einem in einem andern Reviere sich befindenden Wilde, so ist die Berechtigungsfrage mit Rücksicht auf dasjenige Revier zu lösen, m welchem sich daS Wild befindet: ZU. 7. Nov. 67, ZBI. 16. Juni 69 (RdO VIII, 665; X, 420). 10. Für den Thatbestand de- Bergehens ist es nicht erforderlich, daß sich daS Thier im betr. Augenblicke noch im Zustande der natürlichen Freiheit befunden habe; — der § wird daher anwendbar, wenn ein Unberechtigter sich ein von einem Hunde ergriffenes Wild aneignet, weil es dann noch immer dem ausschließlichen Okkupationörechte des Jagdberechtigten unterliegt: B. 14. Juni 52 6. Schendziolorz; ähn­ lich verhält sich die Sache, wenn Jemand sich auf fremdem Jagdreviere Wild aneignet, welches sich in Schlingen gefangen hatte, die durch eine dritte nicht jagdbe­ rechtigte Person gelegt waren, weil in diesem Falle weder dieser Dritte noch der Jagdberechtigte selbst die Gewahrsam am Wilde erlangt hatte, also ein Diebstahl an demselben nicht möglich war: DII. 10. Nov. 63 c. Hetzer; vgl. § 242 n. 36. 11. DaS Jagdrecht erstreckt sich nicht blos auf die lebenden, sondern auch aus die todten (noch nicht okkupirten) Thiere; vgl Pr. ALR. I, 9 § 127; II, 16 §30. Daher fällt auch die Aneignung von Fallwild unter daS Strafverbot des §: BI. 27. Jum 56 c Jahnke (Cntsch 33 s. 236); BI. 22. April 68, ZU. 7. Ott. 69, ZI. 6. April 70 (RdO. IX, 288; X, 625; XI, 227); und zwar selbst dann, wenn der Angeklagte dasselbe auf seinem eigenen Reviere angeschossen hatte (vgl. n.3): ZU. 19. Rai 59 c. Wolfs; ZI. 20. Febr. 63 c. Woggan, dasselbe gilt nach ge-

Thl. II. Abschn. XXV. Strafbarer Eigennutz re. — § 292.

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meinem und Rheinischem Rechte: Beschl. I. 4. Okt 54 c. Dähn (GA. II, 835); DU. 26. Mär) 57 c. gelten (RA. 52. 2A. s. 76; GA. V, 573); Z. 2. Juni 69 (RdO. X, 375). — Contra: GM. II, 623, IV, 3, TL. s. 1030 Nr. 3. In dem gedachten Falle ist aber die Strafbarkeit durch die Absicht der widerrechtlichen Aneignung bedmgt; wer Fallwild ergreift, um es an den Jogdberechtigten abzuliefern, macht sich feine» Jagdvergehens schuldig: ZU. 18. Jum 68 (RdO. IX, 386). 12. Dagegen scheidet der § aus, sobald ein Anderer (berechtigter ober unbe­ rechtigter Weife) sich de- Thiers bemächtigt, daffelbe also okkupirt hatte, weil dann von einem ferneren Eingriffe m die Oktupationsbefugniß des Berechtigten nicht mehr die Rede fein kann: ZI. 13. Mai 70 (RdO. XI, 306). Daher ist das Fortschaffen des von einem Jagdfrevler erlegten Wildes aus dem Jagdreviere, wenn es durch den Frevler selbst bewirkt wird, kein neuer Jagdfrevel, sondern eine Fortsetzung der unbefugten Aneignung. Wird eS von emem Dritten im Einver­ ständnisse mit dem Frevler bewirkt, so ist es Beihülfe zum Vergehen des letzteren. Nimmt ein Dritter die Handlung für sich vor, so kann eS nur als Diebstahl straf­ bar sein. 13. Erlangt ein lebendig ergriffenes Wild die Freiheit wieder, so wird eS dadurch wieder herrenlos und kann Gegenstand einer neuen Okkupation, also auch eines Jagdfrevels sein. Wer dagegen okkupirteS vom Inhaber aber verlornes todtes Wild findet und bei Seite schafft, begeht eine Unterschlagung. 14. Zweifel kann der Fall erregen, wo Jemand ein von einem Andern (Be­ rechtigten oder Unberechtigten) m Besitz genommenes Wild, in der Unkenutniß von Jener Besitznahme in der Absicht der unbefugten Ausübung der Jagd sich aneignet; auch in einem solchen Falle wandte. ZU. 15. März 60 c Niesen (RA. 55 2. A. s. 65) den § 274 des Pr. StGB.'S an. 15. Das Ausnehmen (aus dem Lager) oder das Aufgreifen von Jungen von jagdbaren vierfüßigen wilden Thieren stellt ein „Jagen" dar. Der § 368 Nr. 11, welcher das Ausnehmen der Jungen von „jagdbarem Federwild" als Uebertretung bestraft, ist eine Ausnahme, aus welcher die Straflosigkeit derselben Handlnng in Beziehung aus die Jungen deö vierfüßigen Wildes nicht folgt: vefchl. 2. Jan. 52 c. Beck (GA. I, 261); DI. 26. Jan 55 c. Biündlow. 16. Als Dolus genügt neben der Vorsätzlichkeit der Handlung selbst das Bewußtsein von der Widerrechtlichkeit derselben: ZI. 20. Juni 55 c. v. SulkowSki; ZU. 7. April 59 c. MartelS. Der gute Glaube an eine in Wahrheit nicht vorhandene Berechtigung schließt selbst dann, wenn sie auf einem Rechtsirrthume be­ ruht (vgl. s. 114 n. 8) die Bestrafung auS; z. B. wenn der Jäger unbewußt über die Grenzen seines Reviers hinausging oder wenn er sich irrtbümlich aus einem vermeintlichen besonderen RechtSgrunde zur Ausübung der Jagdfolge für befugt hielt: LII. 6. Sept. 60 c. Schräder. (Sine Fahrlässigkeit, oder die Dermeidlichkeit des Irrthums genügt nicht, die Bestrafung zu rechtfertigen: DU. 12 März 63, DU. 7. Juli 64 (RdO. III, 351; V, 52). Dagegen kann der Jnstanznchter den guten Glauben negiren und den erforderlichen Dolus annehmen, wenn Jemand frevelhafter Weife sich selbst m der Unkenntmß über die Grenzen seines Reviers ge­ halten, und es darauf hat ankommen laffen, ob er dieselben überschreite: ZU. 14. Sept. 54 c. Roßkotten (GA. II, 835). 17. Eine über den erwähnten (n. 16) DoluS hinausgehende Absicht wird nicht erheischt; insbesondere bedarf es nicht einer gewinnsüchtigen (eigennützigen) Absicht: Z. 27. Mai 68 (RdO. IX, 346); vgl. Abschn. 25 n. 1. Die Absicht der Aneignung ist nur bei der Besitzergreifung emeS Fallwildes, nicht bei der Verfol­ gung rc. des lebendigen Thiers wesentlich; vgl. n. 10. Demgemäß trifft die Strafe auch den Grundbesitzer, welcher lediglich zur Abwehr des Wildschadens von seinen Feldern das Wild jagt oder erlegt: Beschl. I. 25. Jan 56 c. Brunnemann (GA. IV, 267); vgl. Pr. JPol.-Ges. v. 7. März 50 § 21. 22. 24. 18. Die Frage, welche Thiere jagdbar sind, ist nach der geltenden Civilgesetzgebung zu beantworten. Das Pr. ALR. II, 16 § 31 verweist auf die Gesetze der einzelnen Provinzen; aus dem Umstande, daß das Gef. v. 26. Febr. 1870 für verschiedene Wildarten (z. D. für den Dachs, den Schwan rc.) eine Schonzeit vorschreibt

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Thl. II. Abfchn. XXV. Strafbarer Eigennutz rc. - § 292.

ist nicht zu folgern, daß dieselben nothwendig als jagdbar anzusehen seien. Zn Erman­ gelung provinzialrechtlicher Bestimmungen sind diejenigen vierfüßigen wilden Thiere und dasjenige wilde Geflügel für jagdbar zu erachten, welche zur Speise benutzt zu werden pflegen: § 32—34 II, 16. 1. c. Dagegen schließt ein Provrnzialgesetz, wel­ che« die von ihm als jagdbar angesehenen wilden Thiere speziell aufzählt, da­ durch den § 32 II, 16 ALR. aus: ZU. 13. Nov. 62 (RdO. III, 116); vgl. v. K. Iahrbb. 59. f. 41. — Für das Königreich Sachsen ist daö Gesetz v. 1. Dez. 1864 maßgebend. 19. Die Gesetze, welche gewisse Thiere für jagdbar erklären, unterliegen nicht der Abänderung durch Verträge.- BII 16. Okt. 62 (NdO. III, 80). 20. Der Dachs ist [im Gebiete der Oestr.-Bairischen (Wormser) Jagd-Bdn. v. 20. Sept. 1815] ein jagdbares Thier: V. KH. 17. Jan. 35 c. Doppelmann (Volkmar s. 391); ebenso im Königreich Sachsen: Ges. v. 1. Dez. 1864 § 1. DaS Gegentheil gilt tm Fürstenthum Paderborn (arg. Paderb. Holz.-Ord. v. 1. März 1669 Art. 39. 40): ZU. 1 Febr. 66 c. Prigge. Vgl. n. 18. 21. Die Fischotter ist im Geltungsbereiche des Pr. ALR (I, 9 § 172), soweit nicht Provinzialgesetze abweichende Vorschriften enthalten, jagdbar; so m der Mark Brandenburg: Beschl. I. 28. Juni 61 (NdO. I, 476); ebenso m Schlesien: DI. 22. April 68 (RdO. IX, 288); ebenso im Königreich Sachsen: Ges. v. 1. Dez. 1864 § 1. DaS Gegentheil gilt im Kanton Wadern (Neg.-Bez. Trier) und im Herzog­ thum Westphalen: Z. KH. 4. Nov. 37 c Hoff (Volkmar f. 390); ZI. 2. März 71 (RdO. XII, ). 22. Fischreiher sind aus dem linken Rheinuser nicht jagdbar; so Erk. LG. Aachen 23. Aug. 64 c. Fischemch. 23. Füchse sind Raubthiere, also nicht jagdbar; so in Pommern (Forp-Ordn. v. 24. Dez. 1777 Ttt. 12 § 2): BI. 26. Aprrl 56 c. Lüpke; ebenso im GeltuogSgebiete der (linksrheinischen) Geu.-Gonv.-Vdn. v. 18. Aug. 1814 (vgl. dort $ 12): ZU. 3. Dez. 63 (RdO. IV, 233); ebenso im Fürstenthum Paderborn: ZU. 1. Febr. 66 o. Prigge. DaS Gegentheil gilt im Königreich Sachsen: Gef. v. l.Dez. 1864 § 1. 24. Der Hamster ist nicht jagdbar: Pr. ALR. II, 16 § 35; das gilt auch in der Provinz Sachsen; das im entgegengesetzten Sinne sich aussprechende Kursächsische Mandat v. 8. Sept. 1717 ist kem tn der Provinz Sachsen geltendes Provinzial-Gefetz: Beschl. II. 17. April 56 c. Stöcklem. 25. Aus § 23 des Pr. Jagd-Pol.-Ges. v. 7. März 1850 ist nicht zu folgern, daß da- Kaninchen em jagdbares Thier sei, es wird vielmehr als ein schädliches Thier dem Wilde entgegengesetzt. Zm Herzogthum Magdeburg links der Elbe giebt eS auch keine provmzialrechtlichen Vorschriften, nach welchen dasselbe als jagdbar anzusehen wäre: DII. 12. Juli 56 c Lauenroth (GA. VII, 603). Dagegen ist im Königreich Sachsen das wilde Kaninchen jagdbar: Ges. v. 1. Dez. 1864 § 1. 26. Der Krammetsvogel ist im Geltungsbereiche der (lmts-rheinifchen) Gouv.-Vdn. v. 16. Aug. 1814 (§ 7b) jagdbar; der Krammeisvögelfang darf daher nur von demjenigen ausgeübt werden, welcher im Besitze emeS Jagdscheins (JagdPol.-Ges. v. 7. März 1850 § 14) ist, da diese« Ges. sich nicht blos aus die Jagd­ nutzung durch Schießgewehre beschränkt: LII. 16 Okt. 62 (RdO. III, 80). Dasselbe gilt im ehemaligen Knrsürstenthum Trier: DII. 30. Junr 70 (RdO. IX, 386); ebenso im ehemaligen Herzogthume Berg (vgl. Berg. Forst, und Jagd-Satzungen vom 8. Mai 1761 Kap. 1 § 16. 31 Taxa :c): DU. 4. März 58 c. gränzen (RA. 54. 2A. s. 40; GA. VI, 265). In gleichem Sinne sprach sich ganz allgemein eine Vers. d. Pr. Min. d. Inn. v. 25. März 1852 (DMbl. f. 102) aus. 27. Lerchen sind nicht jagdbar: ZI. 15. Febr. 54 c. Lasse; so m der Rhein­ provinz : Z. KH. 27. Okt. 30 c. Kantzler (Dolkm. f. 388). 28. Der Marder ist nicht jagdbar: ZI. 10. Sept. 56 c. Lehmann; so in Ost­ preußen u. Lttthauen (Forstordu. v. 3. Dez. 1775 Tit. 12 §2): ZI. 6. Juni 66 c. Schulz (GA. XIV, 579); contra: im Königr. Sachsen Ges. v. l.Dez. 1864 § 1. 29. In Ermangelung besonderer gesetzlicher Vorschriften ist der Schwan nicht jagdbar: ZU. 4. Nov. 69 (NdO. X, 689). Dgl. n. 18. 30. Das Jagdrecht bezieht sich nach Pr. ALR. 1,9 § 127; II, 16 § 30. 39 ff. nur auf jagdbare wilde Thiere, während die nicht jagdbaren Gegenstand des

Thl. II. Abschn. XXV. Strafbarer Eigennutz ic. — § 293.

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§. 293. Die Strafe kann auf Geldstrafe bis zu zwei­ hundert Thalern oder auf Gefängniß bis zu sechs Monaten freien Thierfangs sind (II, 16 § 33). Wenn § 35 ibid. bestimmt, daß nicht jagdbare wilde Thiere m fremden Jagdrevieren nicht aufgesucht und daß noch weniger Jag­ den daraus angestellt werden sollen, so ist dieses nur eine jagdpolizeiliche Vorschrift, um anderweitige Beeinträchtigungen des JagdrechiS unter dem Vorwände der Ver­ folgung nicht jagdbarer Thiere zu verhüten (ALR. I, 9 § 148; II, 17 § 10); das Jagdrecht wird dadurch nicht aus die letzteren ausgedehnt; daher bildet das Aus­ suchen re. derselben nicht den Thatbestand des § 292. ZPl. 31. März 56 c. Fischer (Eutsch. 34. s. 355). 31. Wenn Jemand unberechtigt, und zugleich ohne Lösung eines Jagd­ scheins (Pr. ZPol.-Gef. v. 7. März 1850 § 14. 16) jagt, so liegt Ideal-Konturrenz vor: BI. 19. Febr. 62 (RdO II, 264). 32. Macht der eines Jagdvergehens Angeklagte den Einwand, er sei zur Ausübung der Jagd berechtigt, so kommen ,n Preußen die Vorschriften deS Ges. v. 31. Jan 1845 (Ges. v. 14. April 1856 Art. II) und der N. StPO. 486 fig. zur Anwendung. Vorausgesetzt wird aber, daß die geltend gemachte Berechtigung erne objektiv zustehende im Rechtswege zu verfolgende (dingliche) fet; den Einwand des Angeklagten, er habe vom Berechtigten die Erlaubniß zu der von ihm vorgenommenen konkreten Handlung gehabt, hat der Strafrichter zu prüfen: ZU. 18. Okt. 66 (RdO. VII, 556). 33. Durch die §§ 292—295 und durch § 368 Nr. 11 sind nur die unbefugten Eingriffe m ein fremdes Jagdrecht vorgesehen; eS sind daher anderweitige die Jagd und ihre Ausübung betreffende landesgesetzliche Strafbestimmungen, welche andere Thatbestände zum Gegenstand haben (vgl. EG. § 2 n. 4. 8. 9) hier­ durch nicht berührt, und somit in Kraft verblieben. DaS gilt namentlich von allen jagdpolizeilichen Vorschriften; vgl. Pr. Jagdpol.-Ges. v. 7. März 1850; z. B. von solchen, welche da« freie Umherlaufen der Hunde untersagen (: VII. 19. Mai 53 c. Roßbach: RA. 48. 2A. s. 60;; VII. 7. Juli 59 c. Bongen (betr. d. GGDdn. f. d. NMRh. v. 18. Aug. 1814 § 9 Nr. 3). Ebenso verhält eS sich mit denjenigen Vorschriften, welche die Ausübung einer Jagdberechtigung gewissen Beschrän­ kungen unterwerfen, z. B. eine Schonzeit vorschreiben (vgl. § 293; Pr. Jagd­ pol.-Ges. v. 7. März 1850 § 7 und das Pr. Ges. v. 26. Febr. 1870). In dieser Beziehung ist aber zu bemerken, daß durch daS Pr. Ges. v. 31. Okt. 1848 4. 6 (GS. f. 344) alle anderen derartigen Beschränkungen, soweit sie nicht den Schutz der öffentlichen Sicherheit oder die Schonung der Feldsrüchte betreffen, aufgehoben worden find, z. B. daS Verbot mit Bracken zu jagen (: cit. GGVbn. § 9 Nr. 1): ZU. 15. Jan. 57 c. Herrmann (RA. 52. 2A. s. 53); ebenso die Schleiche Ddn. v. 13. Oft. 1774, welche gewissen Personen das Schießen rc. von Fasanen gänzlich untersagt: ZI. 8. Mai 67 (RdO. VIII, 295). Aus demselben Grunde ist eme auf Grund deS Ges. v. 7. März 1650 erlassene Polizei-Derordnung, welche neuerdings eine Beschränkung in der Ausübung der Jagd anordnet z B. das Jagen mit Bracken verbietet, und Nicht angiebt, daß der Schutz der öffentlichen Sicherheit oder die Scho­ nung der Feldfrüchte dabei bezweckt werde, so anzusehen, als habe sie die Schonung des Wildes zum Zwecke, und steht mit den nicht aufgehobenen Bestimmungen des Ges. v. 31. Okt. 1848 im Widersprüche, sie ist daher unverbindlich: ZU. 6 Sept. 55 c. Dresing (Entsch. 30. s. 475). 34. Zuständigkeit und Verfahren; vgl. Pr. Ges. v. 14. April 1856 Art. L. N. StPO. § 11. 35. Zuständigkeit der Polizei-Genchte in der Pr. Rheinprovinz für die Zu­ widerhandlungen gegen Spezial-Jagd-Gesetze; vgl. Pr. Ems.-Ges. Art. XX.

§293. 1. Die Strafschärfung ist für den Richter falkultatw. 2. Die Strafverfolgung bleibt auch in diesem Falle durch einen Strafantrag deS Verletzten bedingt. 3. „Wild" bezeichnet hier jagdbare wilde Thiere; vgl. § 292 n. 18sgg.

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Thl. II. Abschu. XXV. Strafbarer Eigennutz rc. — §293. 294.

erhöht werden, wenn dem Wilde nicht mit Schießgewehr oder Hunden, sondern mit Schlingen, Netzen, Fallen ober anderen Vorrichtungen nachgestellt oder, wenn das Vergehen während der gesetzlichen Schonzeit, in Wäldern, zur Nachtzeit oder ge­ meinschaftlich von Mehreren begangen wird. [I. Enlw.: § 274; II. Entw.: § 289; Pr. StGB. § 275]. Dgl. § 292. 294. 295. 368 Nr. 10.11. Preußen: Dgl. Jagd-Pol.-Ges. v. 7. März 1850 § 18 (GS. f. 169); Ges. v. 26. Febr. 1870 (GS. s 120); Ges. v. 2. Mai 1853 (für Hohenzollern; GS. s. 178); Ges. v. 14. April 1856 Art. I (GS. s. 208). Königreich Sachsen: Dgl. Ges. v. 1. Dez. 1864.

§. 2941. Wer unberechtigtes Jagen gewerbsmäßig be­ treibt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. [I. EatJ.: § 275; II. Entw.: § 290; Pr. StGB. § 276]. Vgl. § 292.293.295. 380 Nr. 10.11. 4. In Betreff der Schonzeit sind die Landesgesetze maaßgebend. Für ganz Preußen (mit Ausschluß der Hohenzvllernschen Lande) gilt in dieser Beziehung das Ges. v. 26 Febr. 1870. — Hat ein Unberechtigter während der Schonzeit gejagt und dadurch die Strafe des § 293 verwirkt, so kann ihn nicht auch noch daneben die Strafe des § 5 des eit. Gesetzes treffen. 5. Die ..Gemeinschaftlichkeit" ist hier im Sinne des § 47 aufzufaffen; vgl. dort n. 9. Daher genügt es nicht, wenn mehrere Personen zusammen die Jagd in der Weise ausüben, daß Zeder nur für sich selbst das Wild aussucht rc. um es selbst zu erlegen: ZU. 25. Juni 68 (RdO. IX, 408); die Verfolgung rc. muß vielmehr durch die verbundene Thätigkeit (unter wechselseitiger Unterstützung) erfolgen. Dagegen kann es als eine „gemeinschaftliche Ausübung der Jagd auf fremdem Reviere" ange­ sehen werden, wenn der Eine das Wild aus dem fremden Reviere auf das eigene treibt, damit eS dem hier aufgestellten Anderen zum Schuß komme: ZI. 22. Feb. 65 (RdO. V, 521). 6. Den Jagdberechtigten, welcher in einer der durch § 293 vorgesehenen Weisen die Jagd ausübt, trifft deshalb eine Strafe nur insoweit, als eine solche durch besondere LandeSgefetze angedroht ist; vgl. (m Betreff der Schonzeit und des Fangen« von Rebhühnern, Hasen und Rehen in Schlingen) dt. Pr. Ges. v. 26. Feb. 1870 § 1 (besonders Nr. 13) 5. 7. Zuständigkeit und Verfahren; vgl. Pr. Ges. v. 14. April 1856 Art.I., N. StPO. § 11.

§294. 1. Ueber den Begriff des „gewerbsmäßigen Betreibens" vgl. § 260 n. 2. 3. 7; ZI. 20. März 67. DU. 13. Januar 68 (RdO. VIII, 186; IX, 51). Insbesondere gilt auch hier das 1. c. n. 7 Gesagte; sonach kommen die Einzelsälle aus welchen sich der gewerbsmäßige Betrieb als einheitliches Vergehen zusammen­ setzt, auch als verschiedene selbstständige (aus § 292 oder 293 zu bestrafende) Ver­ gehen in Betracht; der Jnstanzrichter ist daher berechtigt, auf Grund der cit. §§ unter Anwendung des § 74 (Abs. 4) auf eine die Dauer von fünf Jahren über­ steigende Gesängmßstrafe zu erkennen; thut er das, so darf er nicht außerdem auö § 294 auch den Verlust der Ehrenrechte oder die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht anSsprechen. 2 Wenn mehrere Personen gemeinschaftlich unbefugt jagen (vgl. § 293 ». 5) von welchen nur Einer die Jagd gewerbsmäßig betreibt, so wird, (da hier die

Thl. II. Abschn.XXV.

Strafbarer Eigennutz, re. — §295.

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§. 295. Neben der durch das Jagdvergehen verwirkten Strafe ist auf Einziehung des Gewehrs, des JagdgeräthS und der Hunde, welche der Thäter bei dem unberechtigten Jagen bei sich geführt hat, ingleichen der Schlingen, Netze, Fallen und anderen Vorrichtungen zu erkennen, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten. gehören oder nicht. [I, Entw.: §276; II. Entw.: §291; Pr. StGB. § 277]

Vgl. § 292—294.40 42.

GewerbSmäßigkert einen erschwerenden Umstand bildet) nach dem Grundsätze deS § 50 nur der zuletzt Erwähnte von der Strafe des § 294 betroffen. Dagegen ist derjenige, welcher wissentlich zu einem gewerbsmäßigen unbefugten Jagen Hülse leistet, unzweifelhaft aus diesem § und aus § 49 zu bestrafen

§295. 1. Die Vorschrift diese- § weicht in mehrfacher Beziehung von den im § 40 aufgestellten allgemeinen Grundsätzen ab. Eines Theils macht sie die Einziehung der aufgezählten Gegenstände von andern Voraussetzungen abhängig (vgl. n. 2), so­ dann ist sie nicht fakultativ gefaßt, sondern gebietet jene Maßnahme unbedingt; endlich schreibt sie dieselbe auch für den Fall vor, wo jene Gegenstände nicht dem Verurtheilten gehören. Zur Rechtfertigung dieser letzteren Bestimmung führen die Motive (f. 193) an. daß ohne sie die Vorschrift namentlich von gewerbsmäßigen Jagdfrevlern welche sich gegenseitig die Gewehre leihen, umgangen werden würden. AoS diesem Motive ist ntcht zu folgern, daß die Anwendung der Vorschrift durch die Feststellung der gedachten Thatsache bedingt sei; selbst der geführte Nachweis, daß das Gewehr einem Dritten ganz Unbetherligten gehöre, würde den Jnpanzrichter nicht ermächtigen, von der Einziehung abzusehen, eS sei denn, daß durch eine andere positive Gesetzesvorschrift die Rückgabe der betr Sache an den (unbetheiligten) brüten Eigenthümer geboten wäre; (vgl. z. B. Art. 366 der Rh. StPO, für den Fall, wo die betr. Sache dem Eigenthümer gestohlen wäre und dieserhalb gleichzeitig eine Derunheilung erfolgt) Dgl. Erk. Komp. GH. 30. Mai 57 (IMbl. 1858 s. 15). 2. Einzuziehen ist das Gewehr tc., welches der Thäter bei dem unberechtigten Jagen bei sich geführt hat. Es ist also keineswegs erforderlich, daß die gedach­ ten Gegenstände bei den Jagdvergehen gebraucht oder zu denselben bestimmt (§ 40) oder auch nur geeignet gewesen seien. Der § wird daher anwendbar, sollte auch das Jagdvergehen nur m der unbefugten Aneignung von Fallwild bestanden haben: ZI. 20. Febr. 63 (RdO. III, 307). — Das ist auch auf die im Schlußsätze des § erwähnten Schlingen tc. auszudehnen, obgleich in Betreff dieser die nähere Charakterisirung: „welche der Thäter bei sich geführt hat", nicht wiederholt ist. Vgl. n. 6. 3. Der Thäter muß die Gegenstände „bei sich geführt haben" in dem Augen­ blicke, wo er sich deS Jagdvergehens schuldig machte; daher bleibt der § außer An­ wendung, wenn Jemand sich unter Zurücklassung seines Gewehrs ,n unberechtigter Jagdfolge in ein fremdes Jagdrevier begiebt, oder wenn er ein angeschoflenes in ein fremdes Jagdrevier übergetretenes Wild durch fernen Hund verfolgen läßt, wäh­ rend er selbst im eignen Jagdreviere bleibt (in diesem Fall ist nur der Hund ein­ zuziehen): ZU. 27. Juni 67 (RdO. VIII, 424); contra: ZI. 4. Nov. 59 c. VenSke. — Dagegen ist es nicht unerläßlich, daß das Gewehr tc. in das fremde Jagdrevier gebracht fei; z. B. wenn das Jagdvergehen tu der Werse verübt wurde, daß der Thäter auS fernem Jagdreviere nach einem im fremden Nachbarreviere sich befinden­ den Wilde schoß. 4. Die einzuziehenden Gegenstände sind speziell im Urtheile zu bezeichnen; eS dürste nicht genügen, nur allgemein „die gebrauchten Gegenstände" dem FrSkuS zu­ zusprechen; eutc solche Verurtherlung könnte ein demnächstigeS Exekutionsverfahren und die Abnahme eures ManisestatronSeideS zur Ermittelung der belr Gegenstände (vgl. § 40 n. 21) nicht rechtfertigen. 5. In Betreff der Vollstreckung der dre Einziehung aussprechenden Erkenniniffe vgl Pr. JMVerf. v 28. Nov 1860 (IMbl. s 435), und rn Betreff der über dre konfiSzirten Gewehre tc. zu treffenden Verfügungen: Pr. JMVerf. v. 6 Juli 1854 (IMbl. s. 294).

540

Thl. II. Abschn. XXV. ©traft«« Eigmuutz. rc. — § 29G.

§. 296. Wer zur Nachtzeit, bei Fackellicht oder unter Anwendung schädlicher oder erplodirendcr Stoffe unberechtigt fischt oder krebst, wird mit Geldstrafe bis zu zweihundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. [I. Gntto.: §354 9Zt 12; II Entw.: §292; Pr. St@S0. § 273]. Vgl. §370 91t.4. Preußen: Dgl. AM. 1,9 § 170-192; II, 15 § 73-78; (Rh.) Ges. v. M.flor.X; (Rh.) ©t$H@. v. 30. pluv. XIII; (Ab.) Ges. v. 23. Jimi 1833 (GS. f. 78); (DergischeS) PoI..Edlct v 1594 und 1596, Ges. v. 14. Apr. 1856 Art. 1 (GS. s. 208). 6. Die Vorschrift de- § 295 hat die allgemeinen Grundsätze de- StGB.'S. über die Einziehung (§§ 40.42) für Jagdvergehen, in mehrfacher Beziehung (n. 1) erweitert, dieselben aber m keiner Weise ausgeschlossen. Daher bleiben die cit. §§ 40. 42, insoweit sie die Einziehung auch noch in anderen den Voraussetzungen de- § 295 nicht entiprechenden Fällen gestatten, anwendbar. Der Jnftanzrrchter kann daher auch solche Gegenstände, welche zur Begehung des verübten Jagdver­ gehens (z B. tmtej gewerbsmäßigen unbefugten Jagens bestimmt gewesen sind, (z. B. Schlingen) einziehen, selbst wenn der Thäter sie bei Verübung seines Ver­ gehens nicht bei sich geführt hat. Ebenso ,st es ihm gestattet, die im § 40 für zulässig erklärte Einziehung selbstständig zu erkennen, selbst wenn die Verurtheiluug einer bestimmten Person nicht ausführbar ist (§ 42). 7. Im Uebngen vgl. die Bemerkungen zu § 40 und 42.

§2%.

1. Dieser § sowie § 370 Nr. 4 bestraft den unberechtigten Eingriff in das einem Anderen zustehende Recht, Fijche (Krebse), welche sich weder in feinem Eigenthume noch in seiner Gewahrsam befinden, mit Ausschließung Dritter zu okkuplren. Die widerrechtliche Aneignung fremder, tu der Gewahrsam «oeS Anderen befind­ licher Fische ?c. ist dagegen Diebstahl; vgl § 242 n. 35 ff. 2. Demgemäß bezeichnet Fischen (Krebsen) die Vornahme von Handlungen zur unmittelbaren Besitznahme von Fischen oder Krebsen in einem offenen Gewässer. Hierzu bedarf eS des wirklichen EmfangenS oder Erlegen- der Fische rc. ebenso­ wenig, tote zum Begriffe der Jagd des Erlegen- des WildeS; vgl. §292 n.8. 3. Auf andere Thiere, als auf Fische und Krebse sind die §§ 296 und 370 Nr. 4 nicht auszudehnen, sollten sie auch (wie z. D. Blutegel nach ALR. I, § 170) der Fischereigerechtigkeit mit unterliegen; die widerrechtliche Aneignung derselben stellt ebensowenig einen Diebstahl dar: Beschl. I. 29. Nov. 54 c Segebrath, ZI. 21. März 55 c. Beyer (GA III, 133. 718). 4. Die Berechtigung zu fischen ist nach den Landesgesetzen zu beurtheilen; vgl. für Preußen ALR 1, 9 §§ 172-192, II, 15 §§ 73—78; für das linke Rhemufer: Ges. v. 14. flor. X; StRG. v. 30. pluv. XIII und Ges. v. 23. Juni 1833; für das ehemalige Herzogthum Berg die Pol-Ddn. von 1594 und 1596; die letz­ tere verbot nicht nur daö Fitchen, sondern auch das Krebsen m fremden nicht ge­ meinen Gewässern: D. KH. 27. Nov. 48 c. vom Dorf (RA. 43. 2A. s. 63). 5. In Betreff des unberechtigten Fischen- rc. vgl. § 292 n. 4ff. Ein solches liegt auch da vor, wo Jemand über die Grenzen seines beschränkten Rechthinausgegangen ist: BI. 9. Mai 66 (RdO. VII, 286), nicht aber da, wo Jemand mit Erlaubmß des Berechtigten z. B. des Fischereipächters fischt, sollte dem letzteren auch in seinem Pachtverträge tue Uebertragung seine- Recht- auf Dritte untersagt gewesen fein: DU. 16. Nov. 54 c. Schäfer (Rh. S). — Da- unberechtigte Fischen ist, m Ermangelung der im § 296 vorgesehenen erschwerenden Umstände, nur eine aus § 370 Nr. 4 zu bestrafende Übertretung. 6. In Betreff des Dolus vgl. § 293 n. 14ff; DI. 22. Jan. 62 (RdO. Ä 213). 7. Macht der Angeklagte den Einwand: er habe die Berechtigung zu der ihm zur Last gelegten Handlung gehabt, so wird tm Geltungsbereiche der N. Pr. StPO. (Art. 486fgg.) da- zu § 292 n. 32 Gesagte anwendbar; dasselbe gilt im Geltung--

Thl. II. Abschn. XXV. Strafbarer Eigennutz, ic. — §297.298.

541

§. 297. Ein Reisender oder Schiffsmann, welcher ohne Vorwissen des Schiffers, ingleichen ein Schiffer, welcher ohne Vorwissen deS Rheders -Gegenstände an Bord nimmt, welche das Schiff oder die Ladung gefährden, indem sie die Beschlag­ nahme oder Einziehung des Schiffes oder der Ladung veran­ lassen können, wird mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. [I. CntTO.: § 277 , II. Emw.: § 293; Pr. StGB. § 278] Art. 534. 554. Preußen: Vgl. Prenß. Seerecht Kap. 4. Art. 32.

Dgl. D. HEB.

§. 298. Ein Schiffsmann, welcher mit der Heuer ent­ läuft, oder sich verborgen hält, um sich dem übernommenen Dienste zu entziehen, wird, ohne Unterschied, ob das Vergehen bereiche deS Rheinischen Rechts. Dagegen findet in den Übrigen Preußischen Pro­ vinzen das Ges. v. 31 Jan. 1845 (GS. s. 65; vgl. Ges. v. 14. Apr. 1856 Art. II) bei Fischereivergehen keine Anwendung, insowelt nicht einzelne Fischerei. Ordnungen das Gegentheil aussprechen, z. B. die für das Oder-Haff v. 2. Juli 1859 §49 (GS. f.68); so: DI. 9. Mar 66; ZI. 16. Nov 66, ZI 28 Apr. 69 (RdO. VII, 286. 645; X, 275); XI, 592). 8. Der § 296 ist nicht dahin zu verstehen, daß die schwerere Strafe nur dann eintrete, wenn bei einem nächtlichen Fischen eine der beiden folgenden Voraus­ setzungen zutrifft; derselbe zählt vielmehr drei gleichgestellte Fälle auf; es wird so­ nach bet jedem nächtlichen Fischen und ebenso bei zedem Fischen Mittelst schädlicher Stoffe anwendbar. 9. Als schädliche oder explodirende Stoffe wurden aufgezählt: ungelösch­ ter Kalk, Fenchelkörner, Dynamit: Slenogr. Ber. d. RT. f. 730; vgl. (Rh.) Or­ donnanz v. Aug. 1669 Trt. 31 Art. 14. 10. Anderweitige, ,n den Landeögcsetzen (z B. in den bestehenden FischereiOrdnungen) enthaltene Strafbestimmungen find durch § 196 nicht außer Kraft gesetzt, insofern der dort vorgesehene Thatbestand Nicht ein unbefugtes Fischen oder Krebsen zum Gegenstände hat. Das gilt auch von solchen Bestimmungen, welche das Hineinwerfen von schädlichen Stoffen in das Wasser mit Strafe bedrohen, so­ bald dasselbe nicht als das Mittel zu einem unberechtigten Fischen rc. benutzt wird. 11. Zuständigkeit und Verfahren vgl. Ges. v. 14. April 1856 Art. I., N. StPO. § 11. 12. Zuständigkeit der Rheinischen Polizeigerichte für die durch besondere Fischerei-Ordnungen vorgesehenen gifcbetetfretiel vgl. Pr. EG. Art. XX.

§297.

1. Zu den Schifföleuten sind nicht bloö die Schiffsmannschaft, sondern alle auf dem Schiffe Angestellten zu rechnen; vgl. D. HGB Art. 554. 2. Es ist hier vorzugsweise an die Mitnahme von Kontrebande gedacht. 3. Zum Thatbestände gehört das Bewußtsein deS Handelnden, daß die betr. Gegenstände nicht an Bord genommen, oder nicht in denjenigen Hafen ge­ bracht werden dürfen, wohin das Schiff bestimmt ist; eines weiteren Dolus bedarf es nicht, da dre Vorschrift polizeilicher Natur ist. Insbesondere wird eine eigen­ nützige Absicht nicht erheischt: HS. II, 388; vgl. Abschn. 25 n. 1.

§298.

1. Der Ausdruck „Schiffsmann" umfaßt auch die Schiffsoffiziere mit Ausnähme des Schiffers selbst: D. HGB. Art. 528. 2. Der erhaltenen Heuer ungeachtet kann der Schiffsmann unter gewissen Vor­ aussetzungen seine Entlassung fordern; vgl. D. HGB. Art.547; Pr. Gef. v. 26. März 1864 § 34. Dagegen darf er auch in einem solchen Falle nicht eigen-

542

Thl. II. Mschn. XXV. Strafbarer Eigennutz ic. — § 298 299.

ttn Jnlande oder im Auslande begangen worden ist, mit Ge­ fängniß bis zu Einem Jahre bestraft. fl. Entw.: § 248. 349 Nr.2; II. Entw.: § 294;.Pr. StGB. § 279]. Vgl. $ 4; D. HEB. Art 531. 536-538. 647. Preußen: Dgl. ALR. II, 8 § 1542 . Gef. v. 20. Mär, 1854 §1.2 (GS. f. 137); Ges v. 26. März 1864 §25.34 (GS. s 693); (Hannov.) Gef. v. 24.Jum 1867 (GS. s. 1165).

§. 299. Wer einen verschlossenen Brief oder eine an­ dere verschlossene Urkunde, die nicht zu seiner Kenntnißnahme bestimmt ist, vorsätzlich und unbefugter Weise eröffnet, wird mit Geldstrafe bis zu Einhundert Thalern oder mit Gefäng­ niß bis zu drei Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. [I. Entw.: § 279; II. Entw.: § 295; Pr. StGB. § 250]. vgl. § 61 ff. 354. 558; LPostgrs. v. 2. 91oe. 1867 § 58 (BGbl. f. 74). Preußen: Dgl. Versass, v. 31. Jan 1850 Art. 33; Krim.-Ordn. § 123ff.; 92. StPO. § 104. mächtig das Verhältniß lösen; vgl. eilt. Art. 547 und 532 de- HGD.; contra: Meyer s. 253. 3. Die Worte: „ohne Unterschied, ob das Vergehen im In- oder im Auslande begangen worden ist", sind zugesetzt worden, „weil die Handlung in Amerika und England straffrei ist und somit nach den Grundsätzen deS § 4 nicht gestraft werden könnte, wenn das GB. nicht eine ausdrückliche AuSnahmevorschrift dafür gäbe": Motive f. 140. Daraus folgt, daß nur der Bundesangehörige, nicht der Ausländer wegen des im Auslande begangenen Vergehens gestraft werden kann; eS genügt nicht, wenn da- Schiff einem Bundesstaate angehörte. Dagegen macht bei dem tm Inlande begangenen Vergehen die Nationalität des Thäters oder deö Schiffes keinen Unterschied. 4. Entzieht sich ein Seemann (SchifsSmann) nach abgeschlossenem Heuerver. trage (aber vor dem Empfange der Heuer) im In- oder Auslande dem Übernom­ menen Dienste auf einem Preußischen Handelsschiffe, so trifft ihn nach dem (durch § 299 nickt aufgehobenen) Pr. Ges. v. 20. März 1854 eine UebertretungSstrafe, welche erst in fünf Jahren verjährt. An die Stelle deö dort alternative an­ gedrohten Gefängnisses tritt jetzt (arg. § 1 deö StGB.) Haft.

§ 299.

1. Der § bestraft das unbefugte Eröffnen des verschlossenen Briefes rc., sollte es auch nicht zu einer Kenntnißnahme vom Inhalte gekommen sein. 2. Als Dolus genügt die Vorsätzlichkeit des Eröffnend verbunden mit dem Bewußtsein der mangelnden Befugniß; eS bedarf also nicht einer weitergehenden Absicht (z. B. Kenntniß vom Inhalte der Schrift zu nehmen oder Gewinnsucht): ZI. 15. Marz 54 c. Stößel (GA. II, 839, ein Fall des § 354 betr.): ZI. 30. Sept. 53 c. Bredull; contra: in betr. deö ersten Punkts Meyer f. 253. Ueberhaupt kommt im Uebrigen auf das Motiv der Handlung Nichts an: Motive f. 170. 3. Der Ehemann ist befugt, die von seiner Frau geschriebenen Briefe, so lange sie noch nicht in die Hand deS Adressaten gelangt sind, zu öffnen, ohne Unterschied, wie er ihren Besitz erlangt hat; ebenso kann er die Briefe derselben von der Postbehörde reklamiren und an sich behalten, Alles ohne dazu der Mitwir­ kung einer Behörde zu bedürfen ZU. 21. Oft. 58 c. Baute (GA. VII, 118). 4. Durch das im § 54 des B. Post-Ges. v. 2. Nov. 1867 (und im Art. 33 der Pr. Verfassung) gewährleistete Briesgeheimniß sind die besonderen gesetzlichen Vorschriften, nach welchen unter gewissen Voraussetzungen im gerichtlichen Ver­ fahren (z. B. bei strafgerichtlichen Untersuchungen, in Konkurs- und civilprozeffualischen Fällen) von AmtSwegev die Eröffnung fremder Briefe erfolgen darf, nicht

Thl.

II.

Abschu.

XXV.

Slrastarer

Eigennutz

rc.

- §300.

543

§. 300. Rechtsanwälte, Advokaten, Notare, Verthei­ diger in Strafsachen, Aerzte, Wundärzte, Hebeammen, Apo­ theker, sowie die Gehülfen dieser Personen werden, wenn sie unbefugt Privatgeheimnisse offenbaren, die ihnen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes anvertraut sind, mit Geld­ strafe bis zu fünfhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. [I. Enlw.: § 280; II. Enlw.; § 296, Pr. SlGB. § 155].

Dgl. § 61 ff. 139.

außer Kraft gefetzt (vgl. z. B. Pr. Crim-Ordn. § 123ff.): cit. §58 des B. Popgef.'S, welcher m dieser Beziehung ein BuudeSgesetz in Aussicht stellt. 5. Begeht ein Post-Beamter das Vergehen an einem der Post anvertrauten Briefe so werden die §§ 354. 358 anwendbar.

§300. 1. Die Strafandrohung ist auf andere, als die im § aufgezählten Personen, z. B. auf Geistliche mcht auszudehnen; dagegen kommt es auf die in den ver­ schiedenen BundeS-Staaten für die amtlichen Stellungen gebräuchlichen Bezeichnungen nicht an; es genügt daher, wenn bte Funktionen denen der ausgezählten AmtSstelluugen entsprechen. Demgemäß umfaßt der Ausdruck: „Rechtsanwalt" auch den Rheinischen Anwalt, ebenso „Notar" alle Beamten der sreiwtlltgen Gerichtsbarkeit. 2. „Aerzte (Wundärzte)" umfaßt die Geburtshelfer mit. 3. Aus den Worten: „die ihnen (rast ihres Amtes, Standes oder Ge­ werbes anvertraut sind," erhellt, daß nur solche Personen hierher gehören, welche aus der betr. Thätigkeit in blerbender Weise ein Geschäft machen; es gehören also solche nicht hierher, welche nur im Emzelfalle eine solche Thätigkeit (wenn auch ge­ gen Entgelt) übernommen haben, z. B. derjenige, welcher (ohne dazu einen amt­ lichen Beruf zu haben) in einem Emzelfalle eine Vertheidigung geführt hat. 4. ES genügt, wenn den betr Personen das Prtvatgehelmntß aus Veranlas­ sung ihrer Stellung und Thätigkeit und in Betreff eines Gegenstandes, auf welchen sich diese Thätigkeit bezog, somit aus Veranlassung des dabei in sie gesetzten Ver­ trauend bekannt geworden ist; sie haben dasselbe dann als ein „anvertrautes" Geheimniß zu betrachten. Das gilt namentlich auch von den Gehülfen der Rechtsanwälte rc., an welche regelmäßig ein förmliches Anvertrauen des Geheim­ nisses nicht erfolgt. 5. Eine strafbare Absicht (zu schaden oder Gewinn zu erzielen rc.) wird nicht erfordert, auch der leichtsinnige DertrauenSbruch wird bestraft: Motive f. 140. 6. Der Umstand, daß die Veröfsentllchung zu wissentschaftlichen Zwecken (z. B. die Darstellung eines Kranbe»tSzustandeS durch den behandelnden Arzt) er­ folgte, schließt an und für sich die Bestrafung nicht auS; der wissenschaftliche Zweck kann erreicht werden, ohne daß dabei das Geheimniß des Individuums offenbart wird. Wo dieses ausnahmsweise nicht möglich ist, bleibt die Offenbarung durch die Zustimmung des Betheiligten bedingt; vgl. Stenogr. Ber. f. 732. 7. Die Frage, inwiefern Jemand angehalten werden könne, über die ihm als Geheimniß anvertrauten Thatsachen em Zeugniß abzulegen, kann ihre Lösung nicht auS § 300 finden, da dieser nur von einem „unbefugten" Offenbaren spricht, ein vom Richter erzwungenes Zeugniß also nicht strafbar fern sann. Es ist daher in jedem Emzelfalle zu untersuchen, inwiefern die allgemeine gesetzliche Zeugmßpflicht aus'besonders obwaltenden Gründen (nach der Natur der Stellung der betr. Dertrauensperfon) eine Ausnahme erleide: Befchl. I. 22. Jan. 62 (RdO. II, 214); vgl. in dieser Beziehung Oppenh. Pr. Strafvers. § 20 n. 4 ff. und (,n Betreff eines altlLndischen Notars): Strafverf. § 20 n. 4ff.; Befchl. II. 6. Juni 63 (RdO. III, 488). Rückstchtltch der Rheinischen Notarien ist die Frage streitig: vgl. Gilb. C. d’instr. er. art. 80 n. 10; art. 322 n. 45—47; Sir. 44. 1. 257 Note.

544

Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — §301.

§. 301. Wer in gewinnsüchtiger Absicht und unter Be­ nutzung des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Minder­ jährigen sich von demselben Schuldscheine, Wechsel, EmpfangSbekenntnisse, Bürgschaftsinstrumente oder eine andere, eine Ber§301. 1. Die Absicht, bei einem Geschäfte den gewöhnlichen kaufmännischen Ge­ winn zu ziehen, erfüllt btt erheischte „gewinnsüchtige Absicht". ZI. 11. Nov. 63 (RdO. IV, 162); u. ö. 2. Gleichgültig ist eS, ob der Thäter den Gewinn für sich sich selbst, oder für einen Andern sucht: ZI. 20. Jan. 65 (RdO. V, 431). 3. Einer anderweitigen böslichen Absicht bedarf es nicht: ZU. 12. Nov. 63 (RdO. IV, 195). 4. Bon der „Ben utzung des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Min­ derjährigen" kann nur bet demjenigen die Rede fein, welcher Kenntniß von der Minderjährigkeit hat; dazu bedarf es aber nicht einer genauen Bekanntschaft mit dem speziellen Lebensalter; der Instanzrichter kann jene Kenntniß unbedenklich an­ nehmen, sobald der Gläubiger nach den obwaltenden Umständen an der betr. Thatfache einen vernünftigen Zweifel nicht hegen konnte. Inwiefern em in dieser Be­ ziehung beim Gläubiger vielleicht obwaltender Zweifel und die absichtlliche Vermei­ dung alles desjenigen, was dazu geeignet war, diesen Zweifel zu heben, alS eine Kenntniß von der Minderjährigkeit anzusehen sei, unterliegt dem thatsächlichen Er­ messen des InstanzrichterS. Hatte der Angeklagte von der Minderjährigkeit Kennt­ niß, so ist es selbstverständlich gleichgültig, ob im Uebrigen Umstände vorliegen, nach welchen der Minderjährige füglich für großjährig hätte gehalten werden kön­ nen: ZU. 2. Nov 63 tRdO. IV, 195). 5. Der Umstand, daß der Minderjährige sich wahrheitöwidrig für großjäh­ rig ausgegeben hat, kann die Bestrafung nicht ausschließen; das Gegentheil ist nicht daraus zu folgern, daß der Reichstag einen diesen Fall vorsehenden ZusatzParagraphen gestrichen hat: Stenogr. SB er. s. 737 ff. 6. Die „Benutzung des Leichtsinns rc. de- Minderjährigen" ist.ein von der Kenntniß der Minderjährigkeit verschiedenes Merkmal, sie kann daher auch aus jener Kenntniß allem nicht hergeleitet werden: DI. 23. Nov. 66 (RdO. VII, 669). 7. Don der „Benutzung des Leichtsinns rc." des Minderjährigen, und somit von einer Strafbarkeit kann da nicht die Rede sein, wo das betr. Geschäft unter gleichzeitiger Zustimmung des Paters (Vormunds) zu Stande gekommen ist: Dl. 29. Apr. 68 (RdO. IX, 293). Dem steht aber eine spätere Genehmigung deVaters rc. nicht gleich: ZI. 11. Mai 61 c. Mirowskt (GA. IX, 665); ebensowenig der Umstand, daß ein großjähriger Dritter die Zahlungsverbindlichkeit des Minderjährigen mit übernommen hat: ZI. 11. Nov. 63 (RdO. IV, 162). 6. Aus demselben Grunde muß der § da ausscheiden, wo dem Minderjährigen ausnahmsweise aus Grund der bestehenden Civilgesetzgebung die volle Handlungs­ fähigkeit beigelegt worden ist; der dieses ausdrücklich aussprechende § 4 des Pr. Ges. v. 2. März 1857 ist als überflüssig nicht wiederholt worden. — Hierzu kann indessen die Emanzipation des Rheinischen Rechts nicht genügen; vgl. Rb. BGB. Art. 482 ff. 9. Treffen die im Eingänge de- § hervorgehobenen Voraussetzungen zu, so ist es gleichgültig, welcher rechtlichen Natur die vom Minderjährigen übernommene Verbindlichkeit ist und auf welchem thatsächlichen Vorgänge sie beruht; insbe­ sondere ist nicht erforderlich, daß eS an einem solchen zur Begründung einer Ver­ bindlichkeit geeigneten Vorgänge fehle, oder daß er simulirt sei. Ebenso wird die Strafbarkeit dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Minderjährige das Geschäft zu einem an sich berechtigten Zwecke (z. SB. zur Erlangung eines nothwendigen Lebens­ bedürfnisses) abgeschlossen hat: ZI. 3. Juni 59 c. Lange (GA. VII, 531). Endlich kommt es hier nicht darauf an, ob das Geschäft rechtlich verbindlich sei, ob eeiue Klage (z. B. eine BereicherungSklage). Argen den Minderjährigen begründe oder nicht. 10. Dagegen wird auch bei den Schuldscheinen rc., insbesondere also auch

Thl. II. Löschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz ic. — § 301.302.

545

pflichtung enthaltende Urkunde ausstellen oder auch nur mündlich ein Zahlungsversprechen ertheilen läßt, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Thalern bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. [I. ffintro.: § 263. 265; II. Entw.: $ 297. 299; Pr. StGB, (fehlte)]. Preußen:

Vgl. § 302.

Dgl. (Ges. v. 2. März 1857: GS. f. 111).

§. 302. Wer in gewinnsüchtiger Absicht und unter Benutzung des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Minder­ jährigen sich von demselben unter Verpfändung der Ehre, auf Ehrenwort, eidlich oder unter ähnlichen Versicherungen oder Betheuerungen die Zahlung einer Geldsumme oder die Erfül­ lung einer anderen, auf Gewährung geldwerther Sachen gebei den Empfangsbekenntnissen vorausgesetzt, daß sie eine Verpflichtung be­ gründen; eme Quittung über eine empfangene Zahlung gehört sonach nicht hierher: Meyer s. 255. 11. Im Uebrigen ist es gleichgültig, inwiefern das Geschäft den Charakter eines Kreditgebens an sich trägt; es genügt daher die Ausstellung, Acceptation oder Girtrung emes Wechsels; selbst cm (auf einen unvollständigen Wechsel gesetztes) Blanko-Accept: BI. 3. Ott. 66 (RdO VII, 503). 12. Als „Zahlungsversprechen" ist lebe mündliche Uebereinkunst zur Er­ füllung einer Leistung anzusehen. Z. 7. Sept. 70 (RdO. IX, 433. Dagegen dürste eine nur durch konkludente Handlungen übernommene Verbindlichkeit nicht genügen, da da- Gesetz ausdrücklich eine Schrift oder ein mündliches Versprechen erheischt; con­ tra: eit. Z. 7. Sept. 60. 13. Auf welchen Gegenstand sich die übernommene Leistung bezog, ist gleichgültig; eS gehören daher auch die Verpflichtungen zu einer Handlung hierher. 14. Die Stellung des Strafantrags steht nach § 65 dem Verletzten zu. Als solcher ist hier unbedenklich der Minderjährige anzusehen, selbst wenn er (wegen der Unverbindlichkeit des Rechtsgeschäfts) keine Beschädigung erlitten hat. Außerdem ist auch fern gesetzlicher Vertreter kraft eigenen Rechte- dazu berufen: cit. § 65; Meyer s. 255 n. 7. 15. Der § 301 findet aus denjenigen, welcher sich eine in Zuwiderhandlung gegen da- Strasverbot stipulirte Forderung gegen einen Minderjährigen cediren läßt, keine Anwendung; Abs. 3 des § 302 bezieht sich nur auf den in dem letzteren vor. gesehenen Fall. 16. Wiederholte Zuwiderhandlungen gegen den § stellen einen Fall der Real­ konkurrenz dar; § 74 wird sonach anwendbar: DI. 13. Jan. 64 (RdO. IV, 285).

§302. 1. Dieser § sieht, trotz der Verschiedenheit bei Fassung, in der Hauptsache denselben Thatbestand wie § 301 vor; er unterscheidet sich von diesem nur insofern, als er da- Versprechen der Zahlung einer Geldsumme oder der Erfüllung einer anderen auf Gewährung geldwerther Sachen (also nicht auf Handlungen) gerichteten Verpflichtung voraussetzt und außerdem als BestärkungSmittel dieses Versprechens eine Verpfändung der Ehre rc. 2. Unter „geldwerthen Sachen" ist jeder Gegenstand zu verstehen, welcher einen nach Geld abzuschätzenden Werth hat; also nicht blos fungible Sachen, welche gleich dem Gelde umlaufen (Börsenpapiere oder dgl.); contra: Meyer s. 255 n. 4. 3. Bei der Verpflichtung „unter Verpfändung der Ehre, auf Ehren­ wort" rc. ist eS gleichgültig, ob diese Bestärkung vom Minderjährigen au- eigenem Antriebe oder auf Beranlasiung des Gläubigers hinzugefügt ist, sobald nur der letz­ tere dieselbe angenommen hat : ZI. 3. Jum 59 c. Lauge; ZI. 20. Dez. 67 (RdO.

SundeS-Strafgesehbuch.

35

546

Thl. II.

Abschn. XXVI. Sachbeschädigung. - § 302. 303.

richteten Verpflichtung aus einem Rechtsgeschäfte versprechen laßt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geld­ strafe bis zu Eintausend Thalern bestraft. Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürger­ lichen Ehrenrechte erkannt werden. Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher sich eine For­ derung, von der er weiß, daß deren Berichtigung ein Minder­ jähriger in der vorbezeichneten Weise versprochen hat, abtre­ ten läßt. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. (I. Entw.: § 264.265, II. Gntro.: § 298.299; Pr. StGB. (Mite)]. Vgl. § 301.32. Preußen: Bgl. (Ges. v. 2. ML», 1857: GS. s. 111).

Sechsundzwanzigfter Abschnitt. Sachbeschädigung. §. 303. Wer vorsätzlich und rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Geldbuße bis zu dreiVIII, 809). Nicht minder ist es gleichgültig, ob diese zusätzliche Verpflichtung in das Schulddokument mit ausgenommen oder nur mündlich ausgesprochen worden ist. 4. Ans den Verlust der rc. Ehrenrechte kann neben der Gefangnißflrafe nur dann erkannt werden, wenn diese drei Monate errreicht: § 32. 5. Auch beim Lessionar wird vorausgesetzt, daß er Kenntniß von der Minderjährigkeit derjenigen hatte, welcher sich m der angegebenen Weise verbindlich gemacht hat: PI. 7. Oft. 70 (RdO. XI, 505) 6. Im Uebrigen sind die Bemerkungen zu § 301 zu vergleichen.

§303.

1. Die Beschädigung muß vorsätzlich verübt sein: dazu genügt eS nicht, wenn dieselbe zufällig oder aus Fahrlä,sigkeit bei Gelegenheit eines rechtswidrigen Gebrauchs der Sache herbeigesührt wurde: BII. 13. Sept. 66 (RdO. VII, 547). 2. Der Vorsatz muß auf Beschädigung tc. gerichtet fein; daher reicht da« Dewußsein, daß nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge die Beschädigung rc. der Sache die Folge der Handlung fein werde, nicht hin (insofern nicht vom Instanz­ richter aus diesem Bewußtsein lener Vorsatz gefolgert, dieser also angenommen wird): TL. s. 1093 III; HS. II, 545; contra: BI 28. Jan. 59 c. Stöber (Cnlsch. 40. 2. s. 21); ZI. 11. Juli 66 (RdO. VII, 423). Dagegen braucht die Beschädigung nicht der Endzweck der Handlung zu sein, vielmehr trifft der § auch da zu, wo die Be­ schädigung rc. nur das gewollte Mittel zur Erreichung eines an sich nicht strafbaren Zweck« war: DI. 19. Sept. 60 c. Radü (GA. VIII, 844); ZI. 4. März 63 (RdO. III, 319); vgl. n. 4. Ist die Beschädigung zur Erreichung eine« strafbaren Zwecks vorgenommen: so liegt Ideal-Konkurrenz vor: ZI. I I. Febr. 58 c Hasenkamp; Beschl. I. 16. Mai 60 c. Lehmann (IMbl. s. 273); contra: Lüder Vermögen-be­ schädigung s. 96. 3. Außerdem wird als Dolus da« Bewußtsein der Rechtöwidrigkeit vorausgesetzt; VI. 18. Mai 70 (RdO. XI, 312). Cm Handeln im Glauben an eine vermeintliche Befugmß oder m der Voraussetzung einer demnächftigen Billi­ gung durch den Eigenthümer der Sache ist straflos: Dl. 23. Febr. 65, BI. 9. Juni 69 (RdO. V, 462; X, 407). Das gilt selbst dann, wenn lener Glaube auf einer unrichtigen Recht-anschauung beruhte: ZI. 14. Febr. 67 (RdO. VIII, 119); vgl. Thl. I. Abschn 4 (s. 114) n. 8.

Thl. II. Abschn. XXVI. Sachbeschädigung. — § 303.

547

hundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. [I. Enlw.: § 281; II. Eittw.: § 300; Pr. StGB. § 281J. Lgl. § 133. 265. 274 Nr. 1; 304. 305. Preußen: Vgl. FPO.v. I. Nov. 1847 § 14.43.45; Eins-Bdu. v. 25. Juui 1867 Alt. III; N. StPO. §448—450. 4. Die Handlung muß rechtSwidrig sein. Hierbei ist an dem Grundsätze festzuhalten, daß die Ausübung des eignen Rechtes einen Eingriff in fremde Rechte nicht rechtfertigt, daß also Niemand fremde Sachen deshalb beschädigen darf, weil er ohne eine solche Beschädigung fern eigenes Recht nicht auszuüben vermag, (das StGB erkennt den Vermögens-Nothstand als Strafausschließungsgrund nicht an: § 54 n. 3); vgl. § 59 n 2; Silber Vermögenöbefch. f. 131, ZU. 2 Juli 68, ZU. 12. Mai 70 (RdO. IX, 426; XI, 300); contra: VI. 9. Juni 69 (RdO. X, 407). Die Verletzung eme6 fremden Rechts kann daher nur dann und nur insoweit als berechtigt und deshalb als straflos angesehen werden, als die Voraussetzungen der Nothwehr vorliegen; vgl. Silber 1. c. s 47 n. 10. Fehlt eS an diesen, oder werden die Grenzen einer statthaften RechtSvertheidigunq überschritten, so tritt Straf­ barkeit ein: ZI. 10. Sept. 58 c Sommer (GA. VII, 119); ZI. 18. Mai 66 (RdO. VII, 308); u. ö. Das Gegentheil ist nicht daraus zu folgern, daß jetzt die „un­ erlaubte Selbsthülfe", als solche nicht mehr (wie nach ASR. II, 20 § 157—159) mit Strafe bedroht ist; dadurch wird die durch eine andere zutreffende Gesetzesstelle begründete Strafbarkeit nicht ausgeschlossen: HS. II, 545. Demgemäß findet in einem solchen Falle nach Preußischem Verfahren auch nicht die Verweisung jener BerechtigiiNgSemrede zum CivilrechtSwege (nach dem Gef. v. 21. Jan. 1845 der N. StPO. § 486) statt: cit. ZU. 12. Mai 70. — Das Alles gilt selbst dann, wenn die zum Zwecke der Selbst hülse zerstörte Sache polizeilichen Anordnungen nicht entsprach und ihre Beseitigung polizeilich angeordnet war; auch da« giebt einem Privaten nicht das Recht, jene Sache zu zerstören: ZI. 23 Jan. 63 (RdO III, 239). 5. Eine spezielle Gestattung einer durch Beschädigung rc fremder Sachen zu bewirkenden Selbsthülfe enthalten die Gesetze, welche den Iagdberechtigten unter gewissen Voraussetzungen befugt erklären, fremde im Jagdreviere umherlaufende Hunde zu todten: ZI. 4. O!t. 54 c Supplieth. Solche Vorschriften enthalt da« Pr. ASR. II» 16 § 64—67; es gestattet dem Iagdberechtigten (nicht anderen Per­ sonen) die ungeknüppelt frei umherlaufenden gemeinen (nicht die übergelaufenen Jagd-) Hunde zu tobten: ZU. 29. Nov. 60 c. Dieckmann; ZU. 16. Mai 63 c. Geliert. Dasselbe gilt in Westpreußen und dem Netz.Distrikte (Forst-Ordn. v. 8. Okt. 1805 Tit. 3 § 9. 10 12): Erk. I. Civ.-Sen. 29. Sept. 62 (StA. 45. s. 347). In Ostpreußen und Sitthauen dürfen die Forstbedienten und Iagdberechtigten die um­ herlaufenden Hunde tödten (Forst.'Ordn. v. 3. Dez. 1775 Tit. 10 § 10, Tit. 14 §32): VI. 11. Mai 61 c. geller (RdO. I, 375). In der Provinz Posen (mit Ausschluß de« Netz-DistriktS) ist den Iagdberechtigten das Tödten der in ihrem Reviere ledig umherlaufenden Jagd- und Windhunde gestattet (vgl. Publ der Südpreuß. Kr. u. Dom.-Kammer v. 1. Marz 1794 § 32; AKO. v. 30. Mai 1841: Pos. Amtöbl. 1842 f. 145 fgg.): ZI. 23. Sept 70 (RdO XI, 477); vgl. Entsch. 30. s. 189; 45 s. 354; StA. 43. s, 201. Für Schlesien hat die Iagd-Ordn. v. 19. April 1756 Tit. 15 § 8; Tit. 20 § 1; Tit. 19 §1.2 (Korn Cd.-Samml 10. s. 41) es den Königlichen Forstbedienten erlaubt, ungeknüppelte Hunde nach vorheriger Verwarnung der Besitzer zu erschießen, insofern sie nicht ohne Verschulden der letzteren übergelaufen find; die ungeknüppelten Hunde der Schäfer und Dauern können von den Forstbedienten ohne Weiteres erschossen werden; sodann gestattet die Cirk-Ddn. v. 12.—27. Okt. 1779 und Edikt v 20. Febr 1767 § 11 (Korn Ed.-Samml. 16. s. 199) daS Erschießen der frei und aussichtslos umherlaufenden Hunde unbeschränkt: Erk. d. OTr. 2. Mai 33 (Koch Schles. Arch. s. 224); DI. 20. Juni 62 c. Werner (GA. X, 637) ; ZI. 6. Dez. 67 (RdO. VIII, 776). — Ans dem Imsen Rheinnfer im Gebiete des ehemaligen EG.

548

Thl. II. Abschn. XXVI. Sachbeschädigung. — § 303.

f. d. NMRH. ist da- Erschießen der frei umherlaufenden Hunde den Förstern ge­ stattet (GGBdn. v. 18. Aug. 1814 § 9 Nr. 3); der Iagdberechtlgte hat aus dem linken Rheinufer und im ehemaligen Großherzogthume Berg eine solche Befugniß nicht: B. KH. 12. Oft 40 c. Zahn (RA. 30. 2A. s 75; Dolkm. s. 389); Erk. AH. Köln 15. März 53 c Schillings (Tr. Ann. VII, f. 278); contra: Z. KH. 31. Mai 54 c. v. d. Bosch (Dolkm. s. 392). Dasselbe gilt m den ehemals Kursächsischen Landestheilen: ZU. 23. Jan. 68 (RdO. IX, 45). In Betreff des rechtsrheinischen Theils des ehemaligen KurfürpenihumS Köln rgl. Ddn. v. 3. Juli 1765 (Scotti II, 854). Alle derartigen Gestattungen sind auf ihren Wortlaut zu beschränken; setzen dieselben einen „(ledig) herumlaufenden" Hund voraus, so sind sie ans solche Thiere, welche sich unter der unmittelbaren Aussicht eines Menschen im Reviere be­ finden, nicht auszudehnen; ebenso scheiden sie aus, sobald der Hund daS Revier ver­ lassen hat: ZI. 3. Feb. 65, ZI. 23 Sept. 70 (RdO. V, 462; XI, 477). 6 Der Polizeiverwalter, welcher einen die öffentliche Sicherheit gefähr­ denden Hnnd lebtet, verstößt nicht gegen den §: ZI. 29. Jan. 62 c. Sänger. 7. Der Inhaber (Eigenthümer, Pächter) eines Grundstücks, darf die auf dem letzteren durch einen Dritten gesäeten Pflanzen nicht zerstören, so lange dem letzteren nicht die BestellungStosten (nach Pr. ALR. I» 9. I 276ff.) erstattet worden sind: ZI. 1. Feb. 71 (RdO XII, : sehr bedenklich.) 8. Vorausgesetzt wird eme fremde Sache; der Eigenthümer kann das Ver­ gehen nicht verüben, sollten auch durch die von ihm vorgenommenen Beschädigungen (dingliche oder persönliche) Rechte Dritter (z. B des Besitzers, Hypothekengläubigers, Pfandgläubigers, Pächters rc.) beeinträchtigt werden: BI. 8. Dez. 57 c. Schönitz; Lüder VermögenSbeschädiguug s. 48; HS. II, 543. 548. WaS vom Eigenthümer gilt, gilt auch von seinem Stellvertreter, z. B. vom Ehemanne, insoweit er die Eigenthumsrechte feiner Frau ausübt: V. 5. Nov. 51 c. Leinung. Dagegen kann sich der Miteigenthümer des Vergehens schuldig machen: ZI. 16. Okt. 61 c. West, phal; vgl. § 274 Nr. 1. 9. AuS demselben Grunde (n. 8) gehört die Beschädigung einer herrenlosen Sache selbst daun nicht hierher, wenn einem Andern das ausschließliche Okkupationörecht zusteht: HS. II, 548. 10. Nur körperliche Sachen, nicht Rechte, können Gegenstand des Vergeheus sein: BI. 28. April 69 (RdO. X, 268); daher gehört der Nachdruck nicht hierher. Zn den körperlichen Sachen gehören aber auch die lustsörmigen (z. B. Dampf, GaS rc.): Lüder 1. c. f. 53. 11. Daß die Sache einen Geld- (Tausch.) Werth habe, ist nicht erforderlich: Lüder 1. c. s. 63; HS. II, 549; vgl. n. 14. 12. Als Beschädigung (Zerstörung) ist zede körperliche Einwirkung zu derstehen, durch welche die Sache als EigenthumSoblekt eine Beeinträchtigung der Brauch, barkeit zu der ihr eigenthümlichen Zweckbestimmung erleidet; dagegen ist es tm Uebrigen gleichgültig, wie auf die Sache eingewirkt wird, ob mechanisch, chemisch, oder m irgend einer andern Weise: HS. II, 543. Demgemäß gehört auch eine (durch Waschen zu hebende) Beschmutzung hierher: Schwarze s. 321. Auch ist es keineswegs nothwendig, daß die Handlung in die Integrität der Sache einwirke; der 8 wird anwendbar, wenn mit derselben eine Aenderung vorgenommen wird, wo­ durch sie aufhört rc. für den Eigenthümer ein DermögenSobjekt zu sein, z. B. wenn eine Sache in einen tiefen Fluß geworfen oder wenn ein gefangenes Thier in Frei­ heit gesetzt wird: Lüder I. o. f. 73. 81; HS. I. e. Dagegen gehört eine nur vor­ übergehende Entziehung nicht hierher, sollte auch der Urheber derselben die gänzliche Entziehung beabsichtigt haben und die Wiedererlangung lediglich die Folge einenicht zu erwartenden Zufall- gewesen sein (§ 303 zählt nicht, wie § 274 Nr. 1, auch die „Unterdrückung" der Sache mit ans): ZI. 6. März 67 (RdO. VIII, 254). 13 Nicht minder ist es eine „Beschädigung", wenn eine künstlich zusam­ mengesetzte Sache in ihre einzelnen Theile zerlegt wird, sollten diese letzteren auch nicht verletzt sein; oder wenn eine Sache dadurch unbrauchbar gemacht wird, daß man fremde Körper in einer nicht mehr zu scheidenden Weise darunter mischt (z. B. Sand unter das Getreide. Wasser unter den Wein): Lüder I. c. f. 82. 14. Daß die Sache eine Werth- oder daß ihr Eigenthümer rc. eine Vermögens-

Thl. II. Abschn. XXVI.

Sachbeschädigung. - § 304.

549

§. 304. Wer vorsätzlich und rechtswidrig Gegenstände der Verehrung einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft, oder Sachen, die dem Gottesdienste gewidmet sind, oder Grab­ mäler, öffentliche Denkmäler, Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des Gewerbes, welche in öffentlichen Samm­ lungen aufbewahrt werden oder öffentlich aufgestellt sind, oder Verringerung erfahren habe, ist nicht wesentlich: HS. II. 545; DL. f. 304; Lüder f. 59. 85. 113; (die Uederschnst des 26. Abschnitts lautet deshalb: „Sachbeschädigung", nicht „VermögenSbeschädigung" wie Ttt. 26 deS Pr. StGB.); vgl. n. 11; § 274 Nr. 1. Ebendeshalb wird der Thatbestand auch durch die gleichzeitige Leistung eines vollständigen Ersatzes nicht ausgeschlossen: HS II, 550. Ebenso verhält es sich, wenn die Sache durch die Handlung in rem des Eigenthümer- verwendet wird (z. B. Verfuttern an das Thier des letzteren). 15. Die Strafe trifft auch denjenigen, welcher die Handlung nicht selbst vor­ nimmt, sondern in irgend einer Weise einen Dritten dazu veranlaßt in gutem Glau­ ben die beschädigende Handlung vorzunehmen: ZI. 18. Dez. 68 (RdO. XI, 754); vgl. §47 n. 3. Das gilt selbst dann, wenn in dieser Weise der Eigenthümer durch Täuschung veranlaßt wird, eine von ihm als solche nicht gewollte Beschädigung seiner Sache vorzunehmen, insofern derselbe dabei nur nicht in strafbarer Absicht handelte; contra: TL. s. 1039; Lüder 1. c. s. 71; HS. II, 544. 549. 16. Wo die im § 2 des Ems.-Ges.'s speziell hervorgehobenen Bundes. und Landes-Gefetze einen an sich unter den im § 303 des StGB 's fallenden Thatbestand vorsehen, versteht sich ihre fortdauernde Gültigkeit von selbst; sie bleiben auch dann anwendbar, wenn die dort angedrohten Strafen geringer sind, als die im § 303 bestimmten (§ 73 bleibt dann ausgeschlossen). DaS gilt z B. von den in den Forstund Feldpolizei-Gesetzen vorgesehenen Weide' (HütungS-) oder sonstigen Feld-Freveln. Die Pr. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 14. 45 läßt in solchen Fällen eine Bestrafung auS § 303 nur dann eintreten, wenn die betr. Handlung aus Rache oder Bosheit verübt war: DI. 9. Juni 69 (RdO. X, 407). 17. Die Strafbarkeit des Versuchs ist im Reichstage auf den Antrag des Abg. Dr. Bähr mit geringer Majorität beschlossen worden.

§ 304. 1. Dieser § stimmt (abgesehen von der Besonderheit der ausgezählten Gegen­ stände) mit § 303 überein; er weicht nur noch insoweit von demselben ab, als er nicht hervorhebt, daß die Sache eme fremde sein müsse. Da indessen da- (im § 282 de- Pr. StGB.'S übergangene) Merkmal der Rechtswidrigkeit ausdrücklich wiederholt wird, so ist eS klar, das derjenige, welcher als Eigenthümer das Recht hat, über eine Sache nach Willkür zu verfügen, durch Beschädigung rc. derselben nicht dem § 304 verfallen kann, sollte die letztere auch zu den hier aufgezählten gehören. Von der Anwendbarkeit des § könnte sonach nur dann die Rede sein, wenn daS Eigenthumörecht des Beschädigers m der Weise rechtlich beschränkt war, daß er die Sache nicht dem besonderen Gebrauche entziehen durfte, vermöge dessen sie unter den § fällt; z. B. wenn der Eigenthümer eines Grundstückes die auf demselben zum öffentlichen Nutzen errichteten Anlagen (z. B. Userschutzwerke) beschädigte; es würde dann daS zu § 303 n. 8 Gesagte hier ausscheiden: ZI. 18. Mai 66 (RdO. VII, 308). 2. Hiervon abgesehen sind die Bemerkungen zu § 303 auch bei diesem § zu berücksichtigen. 3. In Betreff des Dolus (§303 n. 2. 3) wird hier auch die Kenntniß, (das Bewußtsein) vorausgesetzt, daß die beschädigten Sachen zu den im § ausgezählten ge­ hören: DI. 18. Mai 70 (RdO. XI, 312) 4. Der § bezieht sich auf die Gegenstände der Verehrung aller im Staate bestehenden ReligionSgesellschqften, ohne Unterschied, ob diese Korporations­ rechte erlangt haben oder nicht. 5. Bei den dem Gottesdienste gewidmeten Gegenständen bedarf es einer

550

Thl. II. Abschn. XXVI. Sachbeschädigung- — § 304. 305.

Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen oder zur Ver­ schönerung öffentlicher Wege, Plätze oder Anlagen dienen, be­ schädigt oder zerstört, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Thalern bestraft. Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürger­ lichen Ehrenrechte erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. II. ent».: § 282; II. ent».: § 301; Pr. StGB. § 282]. Pgl. § 133.168. 303. 305. 32. Preußen: Vgl. FPO. 6 1. Not». 1847 § 42 43.45; N. StPO. § 448-450.

§. 305.

Wer vorsätzlich und rechtswidrig ein Gebäude,

Weihe nicht. — Kirchen sind dem Gottesdienste gewidmet: ZI. 17. Okt. 60 c. Kelch (GA. VIII, f. 845). 6. Em Grabhügel ist nicht als ein Grabmal anzusehen; contra: BI. 8.Apr. 53 c. Söldner (Cntsch. 25 s. 236); Silber DermögenSbeschäd. s. 165 n. 65; die Be­ schädigung eines solchen ist daher nur aus § 168 zu bestrafen. 7. Insoweit eö sich von Gegenständen der Kunst rc. handelt, ist rücksichtlich des Verhältnisses dieses § zu § 133 die zu diesem unter n. 2 gemachte Be­ merkung zu vergleichen. 8. „Zum öffentlichen Nutzen" dienen nur die zum allgemeinen Ge­ brauche bestimmten Sachen; e- genügt daher nicht, wenn eine Sache im öffent­ lichen Eigenthume steht: V. 20. Jan. 69 (RdO. X, 37). Dagegen reicht es aus, wenn die Sache die Bestimmung hat, dem öffentlichen Nutzen zu dienen; ist dieses der Fall, so ist eö gleichgültig, ob sie dem gedachten Zwecke entspricht: BII. 19. Dez. 61, ZI. 19. Juni 68 (RdO. II, 164; IX, 397). 9. Ebenso dient ein Gegenstand nur dann zur Verschönerung öffentlicher Wege rc., wenn ihm diese Eigenschaft bestimmungsmäßig beiwohnt; auch hier genügt es also nicht, wenn die beschädigte (fremde Privat-) Sache zufällig zur Ver­ schönerung des Weges rc. beiträgt; vgl. ZI. 6. Mai 70 (RdO. XI, 288). 10. Im Falle der Beschädigung rc von Bäumen und Sträuchern rc., welche zur Verschönerung eines öffentlichen Weges rc. dienen, wird die Pr. FPO. v. 1. Nov. 47 (§ 42 Nr. 3) durch § 304 ausgeschlossen: BII.19. Dez. 61, ZI. l3.Nov. 67, VI. 22. April 66 (RdO. II, 164; VIII, 708; IX, 286). 11. Ueber den Begriff der Beschädigung vgl. § 303 n. 12. Hier ist be­ sonders zu berücksichtigen, ob durch die Handlung der besondere Zweck, welchem die ausgezählten Sachen dienen, in irgend einer Weise beeinträchtigt wird. Demgemäß ist da« Abpflücken von Blumen und Blättern, das Abschneiden einzelner Ruthen aus emer Weidenpflanzung rc. nicht nothwendig als „Beschädigung" der bett. An­ lage zu betrachten: DI 6. Mai 64, ZI. 20. März 67 (RdO. IX, 493; VIII, 189); vgl. Pr. FPO. § 42 Nr. 1; Eins.-Ddn. v. 25. Juni 1867 Art. III §2 Nr. 1. Ebenso verhält eS sich mit dem Abbrechen eines abgestorbenen BaumeS: Zl. 19. Jan. 59 c. Müller. Dagegen stellt das Umstürzen eines aufgestellten Wegweisers, selbst obne sonstige Verletzung, eine Beschädigung (Zerstörung) desselben dar: ZI. 8. Okt. 62 (RdO. II, 59). . 12. Nach demselben Gesichtspunkte ist auch die Frage zu lösen, ob die Be­ schädigung eines Theiles eines solchen Gegenstandes (z. B. eines KtrchenfensterS) als Beschädigung deS Gegenstandes selbst anzusehen sei: ZI. 17. Okt. 60 (cif. n. 5). 13. In dem hier vorgesehenen Falle ist die Strasverfolgung nicht durch einen Strafantrag des Verletzten (§ 303) bedingt. 14. Aus den Verlust der rc. Ehrenrechte kann neben der Gefängnißstrase nur erkannt werden, wenn diese drei Monate erreicht: § 32.

§ 305.

1. Dieser § sieht nicht, wie die §§ 303. 304 ein „Beschädigen oder Zerstören," sondern em „ganz oder thetlweise Zerstören" vor; es wird sonach eme

Thl. II. Abschu.

XXVIl.

Gemeinges. Berbrechen u

Vergehen. — § 305. ff. 551

ein Schiff, eine Brücke, einen Damm, eine gebaute Straße, eine Eisenbahn oder ein anderes Bauwerk, welche fremdes Eigenthum sind, ganz oder thcilweise zerstört, wird mit Ge­ fängniß nicht unter Einem Monat bestraft. Der Versuch ist strafbar. II. ent».: § 283; II. ent».: § 302; Pr. StGB. § 283]. 306.307 311.321 323

Vgl. § 303. 304. 265.

Preußen: Vgl. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 43 Nr. 1; Einf.-Bdn. v. 25. Juni 1867 Art. III § 3 Nr. 1.

Siebenundzwaivigster Abschnitt. Gemeingefährliche Berbrechen und Vergehen*). Handlung vorausgesetzt, durch welche das Gebäude rc. ganz oder theilweise zu seiner Bestimmung unbrauchbar gemacht wird: Lüder Vermögensbesch, f. 93. Geringere Beschädigungen können nur unter die §§ 303 oder 304 fallen. 2. Theilwelse Zerstörung deS Gefängnisses zum Zwecke der Selbstbefreiung Seitens emeS Gefangenen fällt unter diesen §; vgl. 303 n. 2; § 120 n. 6. 3. Handelt eS sich von Brücken auf Prrvatwegen so wird § 43 Nr. 1 der Pr. FPO. (Einf.-Pdn. v. 25. Juni 1867 Art. III § 3 Nr. 1), § 305 aber daun anwendbar, wenn die Handlung aus Rache oder Bosheit geschah: FPO. § 45; cit. Einf.-Bdn. Art. III. § 4. 4. Als „Bauwerk" ist nur eine unbewegliche Sache anzusehen; eine beweg­ liche, ans einem Schlitten ruhende Hirtenbude fällt daher nicht unter diesen Begriff; vgl § 243 n. 21. Dagegen kann cm Mühlenwehr unbedenklich hierher gerechnet werden: ZI. 21. Dez. 55 c. Swabina. 5. Auch hier rst die Strasversolgung durch einen Strafantrag des Derletzten (§ 303) nicht bedingt. 6. Wird durch die That eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit Anderer herbeigeführt, so wird in Ideal-Konkurrenz auch § 321 anwendbar. 7. Im Uebrigen kann der Thatbestand dieses § leicht mit einem der in den §§ 265. 306. 307. 311. 323 vorgesehenen Verbrechen ideell konkurriren.

*) Siebenundzwauzigster Abschnitt. 1. Die Bezeichnung der in diesem Abschnitt behandelten Strafsälle als „ge­ meingefährliche Verbrechen rc." darf nicht zur Ergänzung der m deu einzelnen §§ vorgesehenen Thatbestände herangezogen werden. Demgemäß ist die Gemeingefährltchkeit nur insofern Begnfssmerkmal, als sie ausdrücklich m der Begriffsbestim­ mung veS betr. Falles als solches hervorgehoben ist; wo dieses nicht zutrifft, schließt selbst der Nachweis, daß erne Gemeingesahr nicht obgewaltet habe, die Anwendbar, keit deS betr. § nicht aus; contra: TL. |. 1045 2. Auch in denjenigen Fällen, m welchen die obzektiveGemeingefährlichkeit ein Begrissserforderniß des einzelnen Strafsalles ist, braucht die Absicht deö Thäters nicht auf die Herbeiführung dieser Gefahr gerichtet zu sein; vielmehr genügt das Bewußtsein von dem Vorhandensein einer solchen: VI. 7. Jan. 57 c. Lübeck (JMbl. s. 44); ZI. 7. Juli 69, ZI. 1. Apr 70 (RdO. X, 488; XI, 225); vgl. § 307 n. 7. Einer ausdrücklichen Feststellung dieses Bewußtseins bedarf eS dann, aber auch nur dann, wenn dasselbe bestritten, resp. wenn die Ausnahme desselben in dre Fragstellung ausdrücklich beantragt worden ist: Riedel Abh. in GA. II, 339; Zachariä Abh. m GA. III, 294. Ueber die Form dieser Fest- (Frag-) stellung vgl. § 59 n. 10: nur die festgestellte Unbekanntschaft schließt d»e Strafbarkeit aus. 3. Ist durch eins der hier vorgesehenen Verbrechen rc. der vom Thäter gewollte Tod emeS Menschen verursacht worden, so liegt Todtschlag (Mord) vor, und die §§ 212 (211) werden anwendbar.

552

Thl.

II

Abschn.

XXVII.

Gemeinges. Verbrechen u. Vergehen. — § 306.

§. 306. Wegen Brandstiftung wird mit Zuchthaus be­ straft, wer vorsätzlich in Brand setzt 1) ein zu gottesdienstlichen Versammlungen bestimmtes Ge­ bäude, 2) ein Gebäude, ein Schiff oder eine Hütte, welche zur Wohnung von Menschen dienen, oder §306. Aufenthalt 21. 22. - wessen? 22. Dolus, 5. 6. Eigenthümer? 4. Feststellung. 7. 14. Fragstellung. 14. Gebäude, bewohnt. 16—18. wessen? 17.

Inhalt. Gememgefahr. 3. Gottesdienst. 15. Zn-Brand-Setzen. 1. 2 Konkurrenz. 12 Kriegszustand. 13. Loschen, freiv. 11. Mobilien 2. Polizeiaufsicht. 9.

20.

Pyromanie. 6. Räumlichkeit. 19. 20. Sache, versicherte. 12. Schäferkarre. 18. Sprengstoffe. 10. Strafe. 8. Wohnung. 16 — 18

1. Der § erheischt das „in Brand setzen" einer der unter Nr. 1—3 aus. gezählten Gegenstände. Es genügt daher zur Vollendung des Verbrechens nicht, wenn das Feuer au einem solchen Gegenstände „angelegt" d. h. wenn ein brennen­ der Zündstoff in die unmittelbare Nähe eines solchen Gegenstandes gebracht ist: DI. 3. Febr. 53 c. Gartmann (GA. II, 242); vielmehr muß das Feuer von dem Zünd­ stoffe dem Gegenstände selbst mitgetheilt sein, so daß dieser letztere brennt; eS muß also der brennbare Theil des gedachten Gegenstandes daö Feuer in einer Weise nähren, daß ein Fortbrennen möglich wäre, selbst wenn zetzt der brennende Zünd­ stoff entfernt würde; vgl. Motives. 142. Demgemäß ist ein bloßes „Ansengen" zur Erfüllung des Thatbestandes noch nicht geeignet. Im Uebrigeu ist es gleichgültig, in welcher Weise jenes „Brennen" des betr. Gegenstandes sich kundgiebt, ob das Feuer in eine Flamme ausgebrochen ist, oder fortnimmt (schwehlt), zumal bei man­ chen Gegenständen ein Flammenausbruch nicht leicht stattfindet (z. B. bei Dorräthen von Tuch, Linnen rc., bei Steinkohlenlagern rc.): Motive 1. c ; DU. 4. März 58 c. Bomheuer (JMbl. f. 172); BL. f. 460. 2. Hiernach genügt es nicht, wenn nicht der betr. Gegenstand selbst, sondern eine andere mit ihm in unmittelbarer Verbindung stehende Sache, z. B. ein in dem Gebäude sich befindendes Mobiliarstück (Vorhänge rc.) in Brand gesetzt ist, sollte auch die Absicht dahin gegangen sein, auf diese Weise das Gebäude selbst in Brand zu setzen. So lange diese letztere Absicht nicht erreicht ist, kann nur ein Versuch vorliegen. 3. Einer Gemeingefährlichkeit bedarf es hier nicht; vgl. Abschn. 27 (s. 551) n. 1. 4. Der § unterscheidet nicht, ob der in Brand gesetzte Gegenstand dem Ange­ klagten gehörte oder nicht: Motive s 142. 5. Als Dolus genügt der Wille der Brandstiftung verbunden mit dem Be­ wußtsein, daß dem betr. Gegenstand eine derjenigen Eigenschaften beiwohne, welche der § unter Nr. 1—3 voraussetzt; vgl. n. 17. 6. Die neuere Wissenschaft erkennt eine die Zurechnungsfähigkeit ausschließende Pyromanie nicht mehr an; vgl. Bericht d. Pr. wissensch. Deputation f. d. Medizinalwesen v. 8. Oft. 1851, IMDers. v. 30. Nov. 1851 (JMbl. s. 378); Zeit­ schrift f. RechtSpfl. in Barern rc. III, 6fgg.; Osenbrügge: d. Brandstiftung s. 133. 7. Die Feststellung der konkreten Handlung oder des Mittels, durch welches die Im Brand-Setzung erfolgte, ist nicht unerläßlich: Zll. 23. Nov. 54 c. Schrör (GA. EI, 114). 8. Die Strafe ist (zeitliche) Zuchthausstrafe (bis zu fünfzehn Jahren). 9. Neben der Zuchthausstrafe kann auf Zulässigkeit der Polizeiaufsicht er­ kannt werden: § 325. 10. Der In-Brandsetzung ist eme gänzliche oder theilweise Zerstörung durch einen explodirenden Stoff gleichgestellt: § 311. 11. Straflosigkeit im Falle des freiwilligen Löschens vgl. § 310. 12. Geschah die Handlung au einer gegen Feuersgefahr versicherten Sache in betrügerischer Absicht, so liegt in Jdealkonkurrenz auch der Thatbestand des § 265

Tht. II. Abschn. XXVII.

Gemeingef. Verbrechen u. Vergehen. — § 306.

553

3) eine Räumlichkeit, welche zeitweise zum Aufenthalt von Menschen dient, und zwar zu einer Zeit, während wel­ cher Menschen in derselben sich aufzuhalten pflegen. [I. Entw.: § 285; II. Entw.: § 303; Pr. StGB. § 285]. 310. 311. 325. 254. 368 Nr. 4-8.

Vgl. § 265. 307. 303

vor; die Strafe ist daher nach dem die schwerste Strafe (Zuchthaus bis zu fünf­ zehn Jahren: § 14) androhenden § 306 zu bemessen (§ 73); vgl. § 265 n. 9; so­ mit ist eS unstatthaft neben einer (zehn Jahre nlcht übersteigenden) Zuchthausstrafe aus § 265 auch noch eme Geldstrafe zu verhängen. Bliebe aber die Bestrafung aus § 306 ausgeschlossen, weil der Thäter den Brand sofort wieder gelöscht hat (| 310), so würde d»e Strafe auö § 265 zu verhängen fern, da sich § 310 auf diesen nicht mit bezieht. 13. Die Vorschrift des Pr. Gef. v. 4. Juni 1851, nach welcher u. a. eine während des Belagerungszustandes verüble vorsätzliche Brandstiftung mit dem Tode zu bestrafen war, ist nach dem Grundsätze des § 2 des EG.'s für aufgehoben zu erachten, da die Brandstiftung unzweifelhaft zu denjenigen Materien gehört, welche Gegenstand des StGB.'s sind, und § 4 des eit. EG.'s eine dem angeführten § 8 entsprechende Bestimmung enthält, welche sich aber auf den Fall deS § 306 nicht mit bezieht; vgl. EG. § 4 n. 6; Beschl. I. 1. Febr. 71 (RdO. XII, ) und dort den Antr. d. GStA. 14. Die unter Nr. 1—3 alternative aufgezählten Thatumstände bilden die Voraussetzung, unter welcher die im Eingänge des § bezeichnete Handlung überhaupt strafbar ist, sie sind daher nicht als „begleitende" (erschwerende) Umstände anzusehen, und namentlich auch bei der schwurgerichtlichen Fragstellung und dem Geschwornen, spruche nicht als solche zu behandeln; eS finden sonach Art. 91 Abs. 4 deS Pr. Ges. v. 3. Mai 1852 und § 321 der N. StPO, hier keine Anwendung: vgl. aber § 308 n. 15.

Zu Nr. 1. 15. Das Gebäude muß im betr. Augenblicke in dauernder Weise (also nicht blos für einzelne konkrete Fälle) zu gottesdienstlichen Versammlungen (vgl. § 243 Nr. 1: „zum Gottesdienst") bestimmt fein. Demgemäß genügt es nicht, wenn die Bestimmung erst in der Zukunft m Wirksamkeit treten sollte. — Dagegen ist es gleichgültig, ob die Religion-gesellschaft zu deren gottesdienstlichen Ver­ sammlungen daS Gebäude bestimmt ist, als solche Korporationsrechte besitzt rc.

Zu Nr. 2. 16. DaS Gebäude rc. muß augenblicklich zur Wohnung dienen, eS muß also em „bewohntes Gebäude" sein; ein zum Bewohnen bestimmtes genügt nicht: Bll. 4. Dez. 56 c. Wahl. Dagegen ist es gleichgültig, ob sich im betr. Augenblicke wirklich Menschen darin aushielten.- ZI. 1 Juli 68 (RdO. IX, 422); vgl. n. 19. 17. ES genügt, wenn daS Gebäude re. auch nur einem Menschen und zwar selbst dann, wenn es nur dem Angeklagten zur Wohnung diente: Z. KH. 7. Sept. 52 c. Völker (JMbl. f 379); contra: TC. f. 1050 Note 6. 18. Eine Schäferkarre ist, selbst wenn sie dem Schäfer als Schlafstelle dient, keine „Hütte": Beschl. I. 24. Nov. 54 c. OlSzewSki (GA. III, 441); vgl n. 19.

Zu Nr. 3. 19. Der allgemeine Ausdruck „Räumlichkeit" umfaßt auch Bergwerke, be­ wegliche Gegenstände der fraglichen Art (Eisenbahnwagen, Schäserkarren, Aufseherbuden rc.): Mot. s. 142 20. Die „Räumlichkeit" selbst muß in Brand gesetzt sein; eS genügt daher nicht, wenn Gebäulichkeiten angezündet sind, welche einen zum Aufenthalte von Menschen zeitweise dienenden unbebauten Raum begrenzen oder umgeben. 21. Auch hier genügt es, wenn die Räumlichkeit nur einem Menschen zeit­ weise und augenblicklich zum Aufenthalte dient. Diese Eigenschaft muß aber der­ selben m dauernder Weise beiwohnen; der Aufenthalt muß ein unter gewissen Vor­ aussetzungen regelmäßig wiederkehrender sein (: „zu einer Zeit, während Menschen sich dort aufzuhalten Pflegen"). Geschah die Handlung zn einer Zeit, wo Nie-

554

Thl. II. Abschn. XXVII.

Gemeinges. Verbrechen u. Vergehen. — § 307.

§. 307. Die Brandstiftung (§. 306) wird mit Zucht­ haus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zucht­ haus bestraft, wenn 1) der Brand den Tod eines Menschen dadurch verursacht hat, daß dieser zur Zeit der That in einer der in Brand gesetzten Räumlichkeiten sich befand; manb sich in der betr. Räumlichkeit aufzuhallen pflegte, so macht selbst der außer­ gewöhnliche Aufenthalt eines Menschen in demselben den § nicht anwendbar: DI. 8. Nov. 54 c. Quast, (GA. 111, 113). Ueberhaupt rst eS für den Thatbestand un­ wesentlich, ob sich im Augenblicke der Brandstiftung ein Mensch dort aufhielt; eS rst daher auch gleichgültig, wenn sich der Thäter vorher Gewißheit darüber ver­ schafft hatte, daß sich zur Zeit kein Mensch dort aufhalte. 22. Dagegen dürfte die Nr. 3 auszuschließen sein, wenn die Räumlichkeit nur dem Thäter selbst zum zeitweiligen Aufenthalte diente, und die That zu einer Zeit geschah, wo nur er sich dort aufzuhalten Pflegte.

§307. 1. Dieser § setzt eine „Brandstiftung" im Sinne des § 306 voraus, ist also nicht auf die im § 308 vorgesehenen Fälle auszudehnen. Alle zu jenem § ge­ machten Bemerkungen treffen auch hier zu. 2. Begeht ein Strafunmündiger die im § vorgesehene That, so ist aus Gefängniß von drei bi- zu fünfzehn Jahren zu erkennen; vgl. § 57 n. 5. 3. Wird die That in einem Theile deö Bundesgebiet- begangen, welches der Bundesfeldherr in Kriegszustand erklärt hat, oder während eines gegen den Bund ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplätze, so tritt an die Stelle der elektiv angedrohten lebenslänglichen Zuchthausstrafe die Todesstrafe: EG. § 4 vgl. dort n. 6; Beschl. 10. Febr. 1871 (RdO. XII, ).

Zu Nr. 1. 4. Der Ausdruck „Räumlichkeiten" umfaßt hier die im §306 Nr. 1 und 2 erwähnten Gebäude rc. mit; vgl. § 308. 5. Die Strafschärfung tritt nur ein, wenn der erfolgte Tod dadurch verursacht ist, daß sich der betr. Mensch im Augenblicke der Brandstiftung in der tn Brand gesetzten Räumlichkeit befand: Stenogr. Ber. s. 741. Sie bleibt sonach auSgeschlosien, wenn ein zum Retten, Löschen rc. Herbeigeeilter dabei seinen Tod findet; da- gilt selbst dann, wenn em im Augenblicke der Drandpistung sich im Hause Aushaltender, dasselbe glücklich verlassen hatte, dann aber aus irgend einem Grunde in dasselbe zurückgekehrt ist. 6. Der Tod muß durch den Brand „verursacht," eS muß also der Tod seine nächste Veranlassung in dem „Brande," d. h. in der zerstörenden Kraft deS Feuers haben; das ist nicht allem da der Fall, wo ein Verbrennen stattgefundeu hat, sondern auch da, wo Jemand bei einem durch den Brand herbeigeführten Zu­ sammensturz erschlagen wird, oder durch einen zur Rettung auö der FeuerSgesahr versuchten Sprunge verunglückt. Dagegen genügt es nicht, wenn der Brand nur die Veranlassung zu dem den Tod herbeisührenden anderweitigen Ereignisse war, z. B. wenn Jemand beim Wasserholen ertrinkt, oder wenn Jemand durch die An­ strengungen rc. beim Löschen erkrankt und an dieser Krankheit stirbt: KB. II. s. 145. 7. Diese Nr. 1 erheischt keinen weiter gehenden DoluS, als den im § 306 (dort n. 5) vorausgesetzten. ES bedarf sonach weder eine- auf Verursachung deS Todeö eines Menschen gerichteten Vorsatzes (vgl Abschn. 27 n. 3, s. 551), noch auch deS Bewußtseins, daß die Brandstiftung eine Gefahr für Menschenleben herbeiführe. Selbst dte Feststellung de- Mangels emeS solchen Vorsatzes oder deS gedachten Be­ wußtseins schließt den § nicht aus: ZPl. 26. Apr. 58 c. Raden (JMbl. 58 f. 203); DI. 29. Mar 67 (RdO. VIII, 345). Demgemäß bleibt hier § 59 außer Anwendung; vgl. dort n. 10. 8. Von einem Versuche des in Nr. 1 vorgesehenen Verbrechens kann eben­ sowenig die Rede sein, wie von dem Versuche einer tödtlichen oder schweren Körper.

Thl. II. Abschn. XXVII.

©tmeingcf. Verbrechen u. Vergehen. — § 307.308.

555

2) die Brandstiftung in der Absicht begangen worden ist, um unter Begünstigung derselben Mord oder Raub zu begehen oder einen Aufruhr zu erregen, oder 3) der Brandstifter, um das Löschen des Feuers zu ver­ hindern oder zu erschweren, Löschgeräthschaften entfernt oder unbrauchbar gemacht hat. [I. Enlw.: z 285; II. Entw ; §304; Pr. StGB. § 285]. 311.325.115; EG. §4. Könige. Sachsen.- Vgl. (StGB Art. 209 Nr. 1 c e.)

Vgl. § 306. 308. 310.

§. 308. Wegen Brandstiftung wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft, wer vorsätzlich Gebäude, Schiffe, Hütten, Bergwerke, Magazine, Waarenvorräthe, welche auf dazu bestimmten öffentlichen ^Plätzen lagern, Vorräthe von landwirthschaftlichen Erzeugniffen oder von Bau- oder BrennVerletzung; vgl. § 224 n. 17. Handelte der Thäter mit dem Vorsatze, durch die Brandstiftung den Tod eines Menschen herbeizuführen, so liegt Mord- oder TodtschlagSversuch vor.

Zu Nr. 2. 3. 9. Diese beiden Nrn. sind dem Kgl. Sachs. StGB. Art. 209 Nr. 1. c. e. entlehnt. 10. Die Nr. 2 trifft nur da zu, wo die Brandstiftung geschah, um unter Be­ günstigung derselben einen Aufruhr zu erregen; nicht also da, wo bei einer den Thatbestand eines (bereits vollendeten) Aufruhrs erfüllenden Zusammenrottung eine Brandstiftung stattfindet. 11. Im Fall der Nr. 3 ist eS unwesentlich, ob die hier vorgesehene Handlung vor oder nach der Brandstiftung verübt wurde. 12. Die Beiseitigung einer einzigen Löschgeräthschaft (selbst einer im Privatbesitz befindlichen) kann genügen, wenn sie m der durch Nr. 3 vorausgesetzten Ab­ sicht geschah. Darauf, ob diese Beseitigung dann wirklich geeignet gewesen sei, daS Löschen zu verhindern, kommt eS tn keinem Falle an; contra: Schwarze f. 32(5. 13. Trifft einer der unter Nr. 2 und 3 vorgesehenen ErschwerungSgrllnde bei einem Brandstiftn ngSversuche zu, so wird § 44 anwendbar; contra.- Schwarze s. 326.

§ 308. 1.

Ueber den Begriff des „In.Brand-Setzens vgl. § 306 n. 1.

2. Nicht jede unbedeutende Quantität von Waaren rc. ist cm Vorrath; es wird vielmehr ein größeres, zur künftigen Verwendung zusammengebrachtes Quan­ tum vorausgesetzt: KB1I. s. 147; VH. 24. Feb. 70 (RdO. XI, 123); vgl. §90 n. 3. 4. Wie viel dazu gehöre, unterliegt der rnstamrichterlichen Beurtheilung, eventuell also der Prüfung der Geschwornen; ZI. 11. Apr. 62 (RdO. II, 346). UebrrgenS versteht es sich von selbst, daß eS nicht auf die wirklich verbrannte, sondern auf diejenige in unmittelbarem Zusammenhange sich findende Quantität ankommt, welcher das Feuer mitgetheilt worden ist. 3. Der Ausdruck „Magazine" ist nicht auf die zur Ausbewahrung von Dorräthen bestimmten Gebäude zu beschränken, sondern umfaßt auch die darin befind­ lichen Vorräthe selbst. 4. Waarenvorräthe gehören nur dann hierher, wenn sie auf öffentlichen Plätzen 13. B. auf Packhöfen) lagern, welche zur Aufbewahrung solcher Vorräthe (dauernd) bestimmt sind, eS gehören daher die auf einen Eisenbahnwagen verladenen Vorräthe nicht hierher. 5. Der Ausdruck „landwirthschaftlrche Erzeugnisse" ist gewählt, um alle Feld-, Wiesen- und Gartenfrüchte, insbesondere auch Heu und Stroh zu um-

556

Thl. II. Abschn. XXVII.

Gemcingef. Verbrechen u. Drrgrhen. — § 308.

Materialien, Früchte auf dem Felde, Waldungen oder Torf­ moore in Brand setzt, wenn diese Gegenstände entweder frem­ des Eigenthum sind, oder zwar dem Brandstifter eigenthümlich gehören, jedoch ihrer Beschaffenheit und Lage nach geeignet sind, daö Feuer einer der im §. 306 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Räumlichkeiten oder einem der vorstehend bezeichneten fremden Gegenstände mitzutheilen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­ strafe nicht unter sechs Monaten ein. [I. Cntw : § 286. 287; II. Entw. § 305; 307. 310. 311. 325. 265. 32.

Pr. StGB. § 286. 287].

Dgl. § 306.

fassen: KBII. s. 146. Dieselben verlieren jenen Charakter, sobald sie insoweit ver­ arbeitet worden sind, daß aus dem reinen Naturprodukte eiu veränderter Gegen, stand entstanden ist, z. B. zum Verspinnen bereit gestellter Flachs: Erk. AG. Pader­ born 11. Juli 65 (RdO. VI, 512). 6. Als Gegensatz gegen die „Vorräthe landwirthschastlicher Erzeugnisse" sind unter „Früchten auf dem Felde" solche zu verstehen, welche noch nicht vom Boden getrennt, oder doch wenigstens noch nicht zusammengebracht sind. V. 16. Jan 52 c. Springstubbe (Entsch 22. s 75) Dieselben brauchen keinen Dorrath (n. 1) zu bilden. * 7. „Waldungen" umfaßt hier kleinere Holzungen mit: KBII. s. 146. 8. Die Auszählung der einzelnen Gegenstände, welche der § enthält, ist aus andere Gegenstände nicht auszudehnen, sollte auch ein gleicher Grund für sie sprechen; die Zerstörung solcher Gegenstände ist daher nur aus § 303 zu bestrafen. 9. Die erste Alternative des § erheischt eine fremde Sache, setzt also die Verletzung des EigenthumSrechtS eines Andern voraus; sie ist somit unanwendbar, wenn die Handlung im Einverpändnisie mit dem Eigenthümer, oder gar m seinem Aufträge erfolgte: DI. 25. Sept. 61, ZI. 23. März 68, ZI. 9. Juli 69 (RdO. I, 548; IX, 201; X, 500); ebenso wenn der Stellvertreter des Eigenthümers der also ein Recht hat, über die Sache zu verfügen (z. B. der Ehemann m Betreff der Sachen der Frau), dre Handlung vornimmt. Das Alles gilt selbst dann, wenn durch die Handlung das dingliche Recht eines Anderen verletzt wird; vgl. § 303 n.7. 10. Dagegen trifft auch den Miteigenthümer die Strafe des §, wenn er sich der vorgesehenen Handlung schuldig macht: ZI. 24. Febr. 60 c. Ziehe (GA. VIII, 205). 11. Wird dagegen die That vom (Allein-) Eigenthümer der Sache be­ gangen, so ist die Anwendbarkeit des § durch die Gemeiugefährlichkeit der Handlung tot Sinne des Schlußsatzes bedingt. Die angedeutete Gefahr muß in der „Be­ schaffenheit und Lage" des in Brand gesetzten Gegenstandes ihren Grund haben; demgemäß genügt eine Feststellung nicht, welche dahin lautet: das Feuer sei geeig­ net gewesen, sich den im § gedachten Gegenständen mitzutheilen. Dagegen ist enicht erforderlich, daß diese „Beschaffenheit und Lage" eine solche Gefahr immer und unter allen Umständen mit sich bringen; es genügt, wenn sie unter gewissen leicht eintretenden Voraussetzungen (z B. bei einer geeigneten WmdeSrichtung) zur Mit­ theilung des Feuers geeignet sind. 12. Daß den so gefährdeten Gegenständen daö Feuer wirklich mitgetheilt wor­ den sei, ist zur Vollendung des Verbrechens m keiner Weise erforderlich. Ist dieses aber geschehen, und war hierauf der Wille des Thäters bei der That gerichtet, so kann der Jnstanzrichter hierin eine Jn-Brandsetzung des unmittelbar vom Feuer ergriffenen Gegenstandes finden und die Strafe des § 306 verhängen, wenn deffen Voraussetzungen bei jenem Gegenstände zutrafen; es liegt dann ein Fall von Idealkonkurrenz vor. 13. Die Schlußbepimmung des Abs. 1 ist offenbar unvollständig, und wäre bester

Thl. II. Abschn. XXVII.

Gemeingef Verbrechen u. Vergehen — $ 309.

557

§. 309. Wer durch Fahrlässigkeit einen Brand der in den §§. 306 und 308 bezeichneten Art herbeiführt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert Thalern und, wenn durch den Brand der Tod zum Gegenstände eine- besonderen allgemeiner gefaßten § gemacht worden. Da hier die Gememgesährlichkeit den Grund der Bestrafung bildet, so ist es nicht abzusehen, warum die Vorschrift auf den Fall beschränkt ist, wo eme der im Eingänge des § speziell aufgezahlten Gegenstände in Brand gesetzt ist, und warum nur der Eigen­ thümer dieser Gegenstände (also z. B. nicht auch der mit Genehmigung des EigenthümerS handelnde Dritte) durch diese (für andere fremde Sachen so gefährliche) In'Brand-Setzung von der Strafe betroffen werden soll. Vgl. Pr. StGB. § 287; K. Sachs. StGB. Art 212. 14. Als Dolus seht auch § 308 nur den Willen, die bett. Sache in Brand zu setzen, und das Bewußtsein voraus, daß der letzteren eme der aufgezählten Eigen­ schaften beiwohne und daß sie entweder fremde« Eigenthum, oder zur Mittheilung des Feuers an einen der tm Schlußsätze erwähnten Gegenstände geeignet sei. Es bedarf daher tm letzteren Falle keineswegs der Absicht, diesen anderen Gegenständen das Feuer mitzutheilen: VPl. 26. Apr. 58 c. Raden (IMbl. f. 203). — Jenes Bewußtsein wird durch das Merkmal der Vorsätzlichkeit mit zum Ausdrücke gebracht, bedarf also nicht außerdem einer besonderen Feststellung: cit. VPl. Gleichwohl muß einem Antrage, dasselbe m die schwurgerichtliche Fragstellung mit aufzunehmen, mit Nothwendigkeit entsprochen werden: VI. 13. Nov. 67 (RdO. VIII, 701); diese Frage ist dann aber mit Rücksicht ans § 59 dahtn zu richten: ob eS dem Angeklagten unbekannt gewesen sei, daß der in Brand gesetzte Gegenstand rc. geeignet war, den andern Gegenständen daö Feuer mitzutheilen: Zl. 20. Mat 68 (RdO. IX, 399); vgl. § 59 n. 10; Abschn. 27 (s. 551) n. 2. 15. Neben der Zuchthausstrafe kann auch hier auf die Zulässigkeit der Poli­ zeiaufsicht, und beim Vorhandensein mildernder Umstande neben der Gefängnißstrafe ans den Verlust der rc. Ehrenrechte erkannt werden: § 325. 32. 16 Die Vorschrift des § 307 ist auf den im § 308 vorgesehenen Fall nicht auszudehnen. 17. An und für sich ist auch der m diesem § vorgesehene Thatbestand ein ein­ facher nicht durch den Hinzutritt emeö erschwerenden Umstandes qualifizirter; eS gilt also auch hier das zu § 306 n. 14 Gesagte. Gehört aber der in Brand ge­ setzte fremde (oder gemeingefährliche) Gegenstand zu den im § 306 speziell aufge­ zählten, diente z. B. daS tn Brand gefetzte fremde Gebäude zur Wohnung von Menschen, so nimmt nun diese Qualität den Charakter eines die Verhängung der strengeren Strafe des § 306 rechtfertigenden, also erschwerenden, Umstandes an und die prozessualischen Vorschriften des Art. 91 Abs. 4 des Pr. Ges. v. 3. Mai 1852 (N. SiPO. § 321) werden anwendbar. Aehnlich verhalt sich die Sache, wenn die Handlung gleichzeitig (tn Jdealkonkurrenz) den Thatbestand des § 265 erfüllt; (§ 265 ist der strengere, weil er neben der Zuchthaus- und Gesängmßstrase auch noch eme Geldstrafe androht). 18. In Betreff deS Kriegszustandes gilt auch hier das zu § 306 n. 13 Bemerkte.

§309, 1. In Betreff des Begriffs des Fahrlässigkeit vgl. § 59 n. 25—32; § 222 n. 3—8. Auch hier ist nicht zwischen verschiedenen Arten oder Graden der Fahrlässigkeit zu unterscheiden; insbesondere ist die Annahme einer „Fahrlässigkeit" nicht dadurch bedingt, daß eme Derbotsvorschrist übertreten worden sei: ZI. 18. Jan. 60 c. Eisenstädt. Entscheidend ist nur der Kausalzusammenhang zwischen Fahrlässig­ keit und dem „herbeigeführten" Brande. Demgemäß trifft der § nicht zu, wenn der Brand selbst nicht fahrlässiger Weise sondern absichtlich herbeigeführt ist, dem Thäter aber die objektiven Bedingungen der §§ 306 oder 308 durch Fahrlässigkeit unbekannt geblieben waren, z. B. daß die in Brand gesetzte eigene Sache geeignet

558

Thl. II. Abschn. XXVII. ©cmeingef. Verbrecht« u. Srrgehen. — § 309. 310.

eines Menschen verursacht worden ist, mit Gefängniß von Einem bis zu drei Jahren bestraft. II. Gm».: 289; II Gntnx: § 306; Pr. SlGS. § 288].

Vgl. § 306. 308. 310.

311. 222 368 Nr. 4-8.

§. 310. Hat der Thäter den Brand, bevor derselbe entdeckt und ein weiterer als der durch die bloße Inbrand­ setzung bewirkte Schaden entstanden war, wieder gelöscht, so tritt Straflosigkeit ein. [I Gntnx: (fehlte). II. Gntnx: § 307; Pr. StGB, (fehlte)!.

Sgl. § 306—309.

46 Nr. 2. Königr. Sachsen. Vgl. (StGB. Art. 213). war, das Feuer fremden Sachen rc. mitzutheilen; in einem solchen Falle tritt eine Bestrafung nur dann ein, wenn wirklich das so absichtlich angelegte Feuer (fahrlässig) der fremden Sache mitgetheilt worden ist; contra: v. Kirchm. s 188. 2. Abgesehen von der an die Stelle der Vorsätzlichkeit tretenden Fahrlässigkeit setzt der § 309 genau den vollständigen Thatbestand der m Bezug genommenen §§ 306 oder 308 voraus; der dort gebrauchte Ausdruck: „in Brand setzt" ist hier nur deß­ halb durch: „einen Brand herbeigeführt" ersetzt, wer! dieses dem fahrlässigen Han­ deln mehr entspricht. Hiernach sind die zu den citt §§ gemachten Bemerkungen durchweg zu berücksichtigen Insbesondere wird auch hier ein wirkliches „Brennen" des betr. Gegenstandes (§ 306 n. 1) erheischt. 3. Zn Betreff des Schlußsatzes („wenn durch den Brand der Tod eineMenschen verursacht ist") gilt daS zu § 307 n. 6. 7 Gesagte. ES bedarf daher auch hier nicht einer Fahrlässigkeit in Betreff deS verursachten TodeS, vielmehr ge­ nügt es, wenn eine solche m Betreff deS herbeigeführten Brandes obwaltete. Erstreckte sich die Fahrlässigkeit auch auf die Tödtuug, so wird auch § 222 in Zdealkonkurrenz anwendbar; die Strafe ist ober doch aus § 309 zu verhangen, weil dieser einen höheren Mindestbetrag der Strafe androht und somit strenger ist, eS wäre denn, daß der Thäter bet der That die Aufmerksamkeit aus den Augen gesetzt hätte, zu welcher er vermöge scmeS Berufes rc. verpflichtet war; m diesem Falle muß auS § 222 Abs. 2 bestraft werden; vgl. § 73 n. 8; § 222 n. 15. 16; § 326 n. 3. 4. CS genügt, wenn der Tod emeS Menschen durch den Brand veranlaßt ist, sollte dieser sich auch zur Zeit der Herbeiführung deS Brandes sich nicht m der in Brand gesetzten Räumlich keit befunden habe (§ 307 Nr. 1 bleibt hier außer An­ wendung).

§310.

1. Nach seiner Fassung und Stelle scheint dieser (dem Kgl. Sächs. StGB. Art. 213 entlehnte) § sich nur aus den im vorhergegangenen § 309 vorhergesehenen Fall fahrlässiger Brandstiftung zu beziehen; die Motive (s. 144) beweisen aber, daß er für alle Falle der vorsätzlichen oder fahrlässigen Brandstiftung (§ 306—309, un­ ter selbstverständlicher Ausscheidung des Falles des § 307 Nr. 1) gelten soll. 2. Voraussetzung ist, daß der Thäter selbst (oder die mehreren Mitthäter) den Brand wieder gelöscht, daß also dazu nicht dritte Personen mitgewirkt haben; vgl. auch n. 3. 3. Der Brand ist „entdeckt," sobald irgend ein Dritter, bei der Brandstif­ tung nicht BetheiUgter, ihn bemerkt, d. h. sich überzeugt hat, daß eö und was brenne; eine durch Brandgeruch veranlaßte Vermuthung: es brenne tn der Nähe, genügt dazu nicht 4. Das Löschen muß geschehen (und vollendet) sein, ehe „ein weiterer als der durch die bloße Inbrandsetzung bewirkte Schaden entstanden war." Unter „InBrandsetzung" ist der Anfang des Selbstbrennens des betr. Gegenstandes (§ 306 n. 1) zu verstehen; vgl. Motive s. 144 (: „ehe eine erhebliche Beschädigung ein­ getreten ist"). Somit bleibt der § ausgeschlossen, sobald auf das Jn-Drand-Setzen ein andauernder Zustand des Brennens und damit eine fortschreitende Zerstörung (Beschädigung) deS in Brand gesetzten Gegenstandes eingetreten ist, sollte auch noch

Thl. II. Abschn. XXVII.

Gemeingef. Verbrechen u. Vergehen. — §311.312. 55d

§. 311. Die gänzliche oder cheilweise Zerstörung einer Sache durch Gebrauch von Pulver oder anderen erplodirenden Stoffen ist der Inbrandsetzung der Sache gleich zu achten. [I. Gntro.: § 291; II. Cnt.: § 309; StGB. § 289]. Vgl. § 306-309. 325. 367 Nr. 4. 5; Eins -Ges. § 4.

§. 312 Wer mit gemeiner Gefahr für Menschenleben vorsätzlich eine Ueberschwcmmung herbeiführt, wird mit Zucht­ haus nicht unter drei Jahren und, wenn durch die Ucberschwemmung der Tod eines Menschen verursacht worden ist, mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. [I. Gntro.: § 291; II. Gntro.: § 309; Pr. StGB. § 290] Vgl. § 313. 314. 325; Etnf.-Ges. § 4. Preußen; Dgl. Ges. v. 28. Febr. 1843 § 4. 13 (GS. s. 41); Ddn. v. 9. (tan. 1845 (GS s. 35); Rh. Rur.-Ges. v. 28. Sept. — 6. Ott. 1791 T t. 2. Art. 15; FPO. v 1 Nov. 1847 § 43 Nr. 4 u. Schlußsatz. nicht ein anderer Gegenstand vom Feuer berührt sein, Dagegen schließt eine durch die bloße „In. Brandsetzung" hervorgebrachte Beschädigung emeS andern Gegenstandes die Anwendung de- § noch nicht aus. 5. Der § 310 dehnt die Vorschrift des § 46 Nr 2 (über die Straflosigkeit des beendigten Versuchs bet thätiger Reue) aus den Fall der vollendeten Strasthat auS; eS wtrd keineswegs vorausgesetzt, daß die That im Stadium des Versuchs stehen geblieben sei. 6. Da die Strasthat bereits vollendet, somit die Strafe an sich bereits voll­ ständig verwirkt war, so ist dte hier vorgesehene thätige Reue nur als individueller Strafausschließungsgrund für den löschenden Thäter anzusehen. Daraus folgt, daß derselbe aus andere bet der That Betheiligte (Mitthäter, Anstifter, GeHülsen), welche selbst nicht mit gelöscht haben, nicht auszudehnen ist, sie bleiben straf­ bar. Auch gewährt der § die Straflosigkeit nur dem löschenden Thäter, nicht dem löschenden Anstifter oder Gehülfen; (m dieser Beziehung dürste § 310 ebensowie § 46 Nr. 2 zu enge gefaßt sein).

§311.

1. Diese Vorschrift bezieht sich aus alle Fälle, in welcher eine „In-BrandSetzung" (die „Herbeiführung eines Brandes": § 309) für strafbar erklärt ist, also auf die sämmtlichen in den §§ 306—309 vorgesehenen Strafsälle einschließlich der fahrlässigen Brandstiftung: Motive s. 144. Es wird also genau der Thatbestand eines der eilt. §§ mit der Maßgabe vorausgesetzt, daß an die Stelle des „Brandes" dte „Zerstörung durch Explosion" zu setzen ist. Nur § 307 Nr. 3 scheidet aus, weil bei einer durch Explosion herbeigeführten Zerstörung von einem Lochen keine Rede sein kann; ebenso kann § 310 hier nicht Platz greisen. 2. Der § sieht nur eine „Zerstörung durch Explosion" vor; er ist aber unbedenklich auf den Fall auszudehnen, wo die gewollte Explosion euren Brand, und dieser die Zerstörung zur Folge gehabt hat. War aber Dte Explosion nur das Mittel zu der gewollten Brandstiftung, so finden auf diese die sie betreffenden §§ Anwendung. 3. Einer „theilweisen Zerstörung" steht eine bloße Beschädigung nicht gleich, jene ist nur dann anzunehmen, wenn der Gegenstand (wenigstens therlweise) unbrauchbar gemacht ist, seiner Bestimmung zu dienen. 4. Ist durch dte Explosion der Thatbestand des § 307 hergestellt worden, so wird (nach EG. § 4) für den Fall des erklärten Kriegszustandes das zu § 307 n. 3 Gesagte auch hier anwendbar.

§312. 1. Die in diesem, wie in den §8 313 und 314 erheischte „gemeine Ge­ fahr" deutet auf die Gefahr einer nicht individuell begrenztern und als solcher vor-

560

Thl. II. Abschn. XXVII Gemeingef. «Keibtetttn u. De, gehen. - §313-315.

§. 313. Wer mit gemeiner Gefahr für das Eigenthum vorsätzlich eine Uebcrschwemmung herbeiführt, wird mit Züchte Haus bestraft. Ist jedoch die Absicht des Thäters nur auf Schutz feines Eigenthums gerichtet gewesen, so ist auf Gefängniß nicht unter Einem Jahre zu erkennen. [I. Entw.: § 292. 293; II Enlw.: § 310; Pr. StGB. § 291. 292]. Dgl. § 312. 314. 325. Preußen: Vgl. die zu § 312 eilt. Gesetze.

§. 3141. Wer eine Uebcrschwemmung mit gemeiner Ge­ fahr für Leben oder Eigenthum durch Fahrlässigkeit herbeiführt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn durch die Uebcrschwemmung der Tod eines Menschen verursacht worden ist, mit Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft. [I. Enlw.: § 294; II. Eittw.: §311; Pr. StGB § 293]. Dgl. § 309. 312. 313. 321. 322. Preußen: Vgl. die zu § 312 eilt. Gesetze.

§. 315. Wer vorsätzlich Eisenbahnanlagen, Beförde­ rungsmittel oder sonstiges Zubehör derselben dergestalt beschäher erkennbaren Mehrheit; vgl. § 321, welcher nur die Herbeiführung einer „Gesahr für bä« Leben rc. Anderer" fordert. 2. Das „vorsätzlich" ist (wie die Stellung dieses Wort- im § andeutet) nur aus die Herbeiführung der Ueberschwemmung zu beziehen; der Vorsatz braucht also nicht aus die „gemeine Gesahr re." mit gerichtet zu sein; in dieser Beziehung genügt da« Bewußtsein deö Thäter-; vgl. Ablchu. 27 (s. 551) n. 2. 3. Ueber die „Verursachung de- Tode- eine- Menschen durch die Ueber­ schwemmung" vgl. § 307 n. 6. 7. 4. Zulässigkeit der Polizeiaufsicht; vgl. § 325. 5. Ueber die Bestrafung im Falle eine- erklärten Kriegszustände- vgl. §307 n 3; EG. §4 n. 6.

§ 313.

1. In Betreff der „gemeinen Gefahr" und der „Vorsätzlichkeit" der Handlung vgl. § 312 n. 1. 2. 2. Zulässigkeit der Polizeiaufsicht neben der Zuchthau-strafe vgl. §. 325. 3. Abs. 2 erkennt ausnahmsweise einen Nothstand de- Vermögen- al-StrasmilderungSgrund an; vgl. § 54 n. 3. 4. Die ohne gemeine Gesahr herbeigeführte Ueberschwemmung eine- fremden Grundstück- ist auf dem linken Rheinuser au- Art. 15 Tit. 2 de- Rh. Rur.-Ges.'zu bestrafen.

6 314.

1. liebst den Begriff der .. Fahrlässigkeit" vgl. § 69 n. 25-32; § 222 3—8. 2. Ueber die „Derursachung" de- Tode- eine-Menschen" durch die Ueber­ schwemmung vgl. § 307 n. 6 7; § 309 n. 3. d.

§315.

1. In Betreff de- DoluS vgl. Abschn. 27 (f. 551) n. 2. ES genügt, wenn die Bereitung deö Hindernisse- vorsätzlich geschah, und der Thäter da- Bewußtsein

Thl. II. Abschn.

XXVII.

©emdngef Verbrechen u. Vergehen. — § 315.

561

digt, oder auf der Fahrbahn durch falsche Zeichen oder Sig­ nale oder auf andere Weise solche Hindernisse bereitet, daß dadurch der Transport in Gefahr gesetzt wird, wird mit Zucht­ haus bis zu zehn Jahren bestraft. Ist durch die Handlung eine schwere verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe Jahren und, wenn der Tod eines Menschen ist, Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren liche Zuchthausstrafe ein.

Körperverletzung nicht unter fünf verursacht worden oder lebensläng­

[I.Sut».: § 295; II. Ent».: § 312; Pr. StGB.: § 294]. Dgl. § 316. 319. 320. 325. 224; Ems.-Ges. § 4; D.-D-rf. Art. 68 («Gbl. 1870 s. 644); Ges. v. 4. Juni 1851 § 10 (Pr. GS. s. 453). Preußen:

Dgl

(Vdn. v. 30. Nov. 1840: GS. 1841 s. 9).

vou der daraus für den Transport entspringenden Gefahr hatte: BI 15. Apr. 59 c. Schwessin (GA. VII, 683). 2. Aus der Stellung des § in dem von „gemeingefährlichen Verbrechen rc." handelnden Abschn. 27, aus der Höhe der angedrohten Strafe, und den im Abs. 2 gemachten Unterstellungen, endlich aus den Ausdrücken: „Elfenbahnanlagen" und „Transport" ist zu folgern, daß hier nur an solche Elfenbahnen gedacht ist, welche der Allgememhett des Publikums zugänglich gemacht sind und ebendeshalb einen um­ fangreichen Betrieb haben. Demzufolge gehören die in den Bergwerksstollen oder in größeren Fabrikräumen angelegten lediglich zum Hin- und Herschaffen von Matenalien benutzten Eisenbahnen nicht hierher. Dagegen macht eS tm Allgemeinen keinen Unterschied, ob die Eisenbahnen zum Personen- oder nur zum Sachentrans­ port bestimmt und ob sie mit Lokomotiven cder mit Pferden rc. befahren werden;

contra: v. Kirchm. f. 190. 3. Zu den „Elfenba bnanlagen" gehören die Elsenbahntelegraphen nicht mit; sie sind in den §§ 317. 318 zum Gegenstände besonderer Vorschriften gemacht worden. 4. „Beförderungsmittel" sind mcht nur Lokomotiven, sondern auch ein­ zelne Wagen; nicht minder auf Pferdebahnen die Zugthiere. 5. Die auf der Fahrbahn „bereiteten Hindernisse" müssen objektiver Natur fein; es kann daher der Thatbestand nicht in der Anstellung einer unqualifizirten Persönlichkeit als Lokomotivführer, Weichensteller rc. gesunden werden: BI. 25. März 59 c. Buschmann (GA. VII, 563). 6. Sowohl die Beschädigung der Anlagen rc. als die bereiteten Hindernisse müssen so geartet sein, daß dadurch „der Transport auf der Eisenbahn" (vgl. § 316) in Gefahr gesetzt werde; eine weitere Gemeingefährlichkeit wird nicht erfordert. 7. Der § erheischt ausdrücklich: „daß der Transport (mcht ein Transport) in Gefahr gesetzt fei" Es wird also nicht sowohl vorausgesetzt, daß irgend ein spe­ zieller Transport gefährdet fei, sondern vielmehr daß überhaupt eine Gefahr ber Be­ nutzung der Bahn zu ihren Zwecken drohe. 8. Demgemäß ist unter „Transport" (unter Berücksichtigung des oben n. 2 Gesagten) das Hm- und Herschaffen der Beförderungsmittel auf der Bahn zu den Zwecken ihrer Anlage zu verstehen; dahin gehört auch das Hin- und Herfchieben der Wagen auf den Bahnhöfen: ZI. 11. März 57 c. Ettner (GA. V, 709); ZI. ll.Sept. 67 (RdO. VIII, 513). 9. Der Transport auf der Bahn ist auch dann in Gefahr gefetzt, wenn die Gefahr nicht der Gesammtheit der zusammenhängenden Beförderungsmittel und allen aus denselben befindlichen Personen, sondern nur einzelnen Wagen oder Per­ sonen z. B. nur den aus den Tritten stehenden Schaffnern droht. 10. Des Eintritts einer wirklichen Beschädigung bedarf es zur Vollendung de- Thatbestandes mcht. Bunde--Strafgesetzbuch.

36

562 Thl. II. Abschn. XXVII. ©emelngtf. Brrbrkchm u. vergthm. — § 316.817.

8« 316. Wer fahrlässigerweise durch eine der vorbezeichneten Handlungen den Transport auf einer Eisenbahn in Gefahr setzt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn durch die Handlung der Tod eines Menschen verursacht worden ist, mit Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft. Gleiche Strafe trifft die zur Leitung der Eisenbahnfahrten und zur Aufsicht über die Bahn und den Beförderungsbetrieb angestellten Personen, wenn sie durch Vernachlässigung der ihnen obliegenden Pflichten einen Transport in Gefahr setzen. [LGntro.: §296.298; II. ©nt®.: §313; Pr. StGB : § 295]. Vgl. §315.222. 319. 320.

§. 317. Wer gegen eine zu öffentlichen Zwecken die­ nende Telegraphenanstalt vorsätzlich Handlungen begeht, welche die Benutzung dieser Anstalt verhindern oder stören, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft. (I. .: §297; II Entw.: §314; Pr. StGB : § 296.297J. Dgl. §318; «.-Versass. Art. 68; Ges. v. 4. Juni 1851 § 10 (Pr. GS. s. 453). 11. Ueber die Verursachung einer Körperverletzung oder des Todes vgl. § 307 n. 6. 7; über den Begriff der schweren Körperverletzung vgl. § 224; über die Bestrasung im Falle eine- Kriegszustände- vgl. § 307 n 3; EG. § 4 n. 6. 12. Zulässigkeit der Polizeiausflcht, vgl § 325.

§816.

1. Der Abs. 1 setzt genau denselben Thatbestand wie $ 315 voraus, mit dem einzigen Unterschiede daß die Handlung nicht vorsätzlich, sondern fahrlässiger­ weise verübt worden ist. Ueber den Begriff der Fahrlässigkeit vgl. § 309 n. 1. 3; § 59 n. 25—32; § 222 n. 3—8. 2. Im Abs. 2 ist der Ausdruck: „angestellte Personen" nicht auf Beamte zu beschränken, da viele Eisenbahnen im Eigenthum von Privatgesellschasten stehen und von den durch diese bestellten Personen verwaltet werden. Demgemäß ist „als „angestellte Person" Jeder anzusehen, welcher durch einen dazu Berufenen (sei eS auf längere Zeit oder auch nur ganz vorübergehend) mit der Wahrnehmung der betr. Funktionen betraut worden ist, und zwar selbst dann, wenn bei dieser Be­ trauung eme Formvorschrift außer Acht gelassen fern sollte; cit. DU. 12. Mai 70 (RdO. XI, 301). 3. Die Bahn-Angestellten verwirken die Strafe des § 316, sobald sie durch irgend eine Pflichtvernachlässigung einen Zug in Gefahr setzen, sollte diese Pflichtvernachlässtgung sich auch nicht durch eine der im § 315 aufgezählten Hand­ lungen kundgeben: ZI. 4. Nov. 70, ZI. 23 Nov. 70 (RdO. XI, 545. 561). 4. Außer der Bestrasung aus § 316 kann der Jnstanzrichter den säumigen Bahnbeamten auch noch zu einer Beschäftigung im Eisenbahn- re. Dienste unfähig erklären; vgl. § 319. 320.

§317.

1. In Betreff des DoluS gilt das zu § 315 n. 1 Gesagte; vgl. ZI. 7. Sept. 69 (RdO. X, 488). 2. Als eine „zu össentlichen Zwecken dienende" Telegraphen anstatt ist auch die zu einer Privateisenbahn gehörige zur Regelung *be8 Eisenbahndienstes bestimmte Anstalt anzusehen; dabei ist auch die Anwendbarkeit de- § nicht dadurch bedingt, daß eine solche Telegraphenanlage mit staatlicher Genehmigung hergestellt sei, sobald ste nur einem öffentlichen Zwecke dient; contra: früher & Sächs. Ges. v. 11. Aug.

Thl. IL Abschn. XXVII.

Gemeingef. Verbrechen u. Vergehen. — § 318. 319.

563

§. 318. Wer gegen eine zu öffentlichen Zwecken die­ nende Telegraphenanstalt fahrlässiger Weise Handlungen begeht, welche die Benutzung dieser Anstalt verhindern oder stören, wird mit Gefängniß biö zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert-Thalern bestraft. Gleiche Strafe trifft die zur Beaufsichtigung und Bedie­ nung der Telegraphenanstalten und ihrer Zubehörungen ange­ stellten Personen, wenn sie durch Vernachlässigung der ihnen obliegenden Pflichten die Benutzung der Anstalt verhindern oder stören, [I. Entw.: § 199; II. Entw.: § 315; Pr. StGB.: § 298).

Sgl. § 317.319. 320.

§. 319. Wird einer der in den §§. 316 und 318 er­ wähnten Angestellten wegen einer der daselbst bezeichneten Hand­ lungen verurtheilt, so kann derselbe zugleich für unfähig zu einer Beschäftigung im Eisenbahn- oder Telegraphendienste oder in bestimmten Zweigen dieser Dienste erklärt werden. [I. Entw.: § 300; II. Entw.: $ 316;

Pr. StGB : § 299).

Sgl. § 316.318.320.

1855 Art 5. — Dagegen scheiden die nur aus den Bereich und auf die Zwecke eines Privatgeschäft- (z. B. einer Fabrik) beschränkten Anlagen aus; vgl. Motive s. 144. 3. Der dem § 317 entsprechende § 296 des Pr. StGB.'S hatte im Abs. 2 als „Handlungen dieser Art" eine Reihe von Beispielen ausgezählt, alS: Beschädi­ gung oder Zerstörung der Zubehörungen der Telegraphenanlagen, die Fälschung der durch den Telegraphen gegebenen Zeichen, dre Verhinderung der Wiederherstellung einer zerstörten oder beschädigten Anlage, die Verhinderung der bei der Anlage an­ gestellten Personen m ihrem Berufe u. a m. Diese ganze Aufzählung ist in den § 317 nicht mit aufgenommen, weil alle jene Handlungen doch nicht unbedingt, sondern nur dann unter das Strasverbot fallen können, wenn durch sie die Benutzung der An­ stalt verhindert oder gestört wird; vgl. VI. 1. Apr. 70 (RdO. XI, 225). Im Uebrigen kann auf jene Auszählung auch jetzt noch zur Erläuterung des (mit Abs. 1 des ctt. § 296 übereinstimmenden) $ 317 zurückgegangen werden. Insbesondere ist daraus zu folgern, daß eine Handlung auch dann „gegen eine Telegrapheuanstalt" gerichtet ist, wenn durch sie die Benutzung der letztem verhindert oder ge­ stört wird (z. B. durch Verhinderung der Angestellten), sollten auch die sachlichen Anlagen gar keine Aenderung erfahren haben.

8 318. 1. In Bettes,'drr Fahrlässigkeit vgl. § 309 n. 1; §59 n. 25-32; §222 n. 3-8. 2. Bei Ab). 2 sind die Bemerkungen zu § 316 n. 2—4 zu vergleichen.

§319. 1. Ueber den Begriff der „Angestellten" vgl. § 316 n. 2—4. 2. Unter „Eisenbahn- oder Telegraphendtenst" ist der Dienst zu ver­ stehen, wie er in den zweiten Absätzen der §§316 und 318 näher bezeichnet ist; die Unfähigkeit ist sonach auf einen andern Dienst bei den betr. Anstalten nicht aus­ zudehnen, z. B. nicht aus einen Büreaudienst, welcher mit der „Aussicht über die Eisenbahn oder mit der Beaufsichtigung oder Bedienung der Telegraphenanpalt" nichts zu schaffen hat. 3 Durch die Fassung: „einer Beschäftigung im Eisenbahn- oder Telegraphen­ dienste" sollte ausgedrückt werden, daß der Eisenbahnangestellte nur in Betreff des ElsenbahudienpeS, der Telegraphenbeamte (und insbesondere auch der Eisenbahn-

564

Thl. II. Abschn. XXVII. ©tmeittßtf. Verbrechen u. vergehen. - § 320.321.

§. 320. Die Vorsteher einer Eisenbahngefellschaft, so­ wie die Vorsteher einer zu öffentlichen Zwecken dienenden Tele­ graphenanstalt, welche nicht sofort nach Mittheilung deS rechts­ kräftigen Erkenntnisses die Entfernung des Verurteilten be­ wirken, werden mit Geldstrafe bis zu Einhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher für unfähig zum Eisenbahn- oder Telegraphendienste erklärt worden ist, wenn er fich nachher bei einer Eisenbahn oder Telegraphenanstalt wieder anstellen läßt, sowie diejenigen, welche ihn wieder an­ gestellt haben, obgleich ihnen die erfolgte Unfähigkeitserklärung bekannt war. [I. ©nt».: § 301; II. ©nt».: $ 317; Pr. StGB.: § 300). Vgl § 316. 318.319.

§. 321. Wer vorsätzlich Wasserleitungen, Schleusen, Wehre, Deiche, Dämme oder andere Wasserbauten oder Brücken, Fähren, Wege oder Schutzwehre zerstört oder beschädigt, oder in schiffbaren Strömen, Flüssen oder Kanälen das Fahrwasser stört und durch eine dieser Handlungen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit Anderer herbeiführt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Telegraphen-Angestellte) nur in Betreff deS Telegraphendienstes für unfähig erklärt werden dürfe: Motive f. 145. 4. Die Unfähigerklärnng darf nicht auf Zeit beschränkt werden. 5. Mit der NechtSkraft des eine solche Unfähigkeit aussprechenden Urtheils geht dre zur Zelt bekleidete Stelle verloren. 6. Die Vorschrift dieses § ist insoweit mangelhaft, als sie die Unsähigerklärunfl nur für den Fall der fahrlässigen und mcht auch für den emer vorsätzlichen Gefährdung eines Transports rc. durch einen Angestellten (§ 315. 317) gestattet.

§320.

1. Der § bezieht sich nur auf solche Vorsteher der gedachten Anstalten, welche über die Entfernung des BerurtheUten oder feine Wiederanstellung aus eige­ ner freier Entschließung Bestimmung zu treffen haben, somit nicht auf Staats­ beamte; diese unterliegen nur dem DtSeiplmarversahren; contra: v. Kirchm. f. 191; Meyer f. 265. 2. Das frühere (auf längere Zeit geschloffene) DertragSverhältniß mit dem Beamten schließt die Anwendung des § mcht aus; vgl. § 319 n. 5. 3. Abs. 2 trifft selbstverständlich auch da zu, wo einem zur Beschäftigung in gewissen Zwergen des Dienstes unfähig Erklärten, dieser Urtheil-bestimmung zuwider die Wiederanpellung zu Theil geworden ist.

§321.

1. In Betreff der Vorsätzlichkeit vgl. Abschn. 27 (f. 551) n. 2. 2. Der § erheischt (zum Unterschiede von § 305) mcht eine Rechtswidrigteil der Handlung; auch der Eigenthümer erneS solchen Werks darf an demselben keine da- Leben oder die Gesundhett Anderer gefährdende Veränderung vornehmen. 2. Dem entsprechend umfaßt der Ausdruck „Wege" auch Privatwege: ZU. 15. Nov. 55 c. Bittmanu. 4. Eine Gemeingefährlichkeit gehört nicht zu den Begriffsmerkmalen des Vergehens (vgl. Abschn. 27 n 1); eS genügt, wenn durch die Handlung das Leben rc. auch nur eines Anderen gefährdet wird; vgl. die Raffung des 8323

Thl. II. Abschn. XXVII. Gemnngef. Verbrechen u. Vergehen. — § 321—323.

565

Ist durch eine dieser Handlungen eine schwere Körperver­ letzung verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren und, wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter fünf Jahren ein. [I. Sntro.: § 302; II. Enlw.: $ 318; Pr. StGB.: § 3011. Dgl. § 325. 326.305. 312-314. 222. 224. 370 Nr. 1.2. Preußen: Dgl. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 43 Nr. 1. 3. 4; Einf.-Vdn. v. 25. Juni 1867 Art. III. § 3 Nr. 1. 3 5.

§. 322. Wer vorsätzlich ein zur Sicherung der Schiff­ fahrt bestimmtes Feuerzeichen oder ein anderes zu diesem Zwecke aufgestelltes Zeichen zerstört, wegschafft oder unbrauchbar macht, oder ein solches Feuerzeichen auslöscht oder seiner Dienstpflicht zuwider nicht aufstellt, oder ein falsches Zeichen, welches ge­ eignet ist, die Schifffahrt unflcher zu machen, aufstellt, insbe­ sondere zur Nachtzeit auf der Strandhöhe Feuer anzündet, welches die Schifffahrt zu gefährden geeignet ist, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Ist durch die Handlung die Strandung eines Schiffes verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter fünf Jahren und, wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren öder lebensläng­ liche Zuchthausstrafe ein. [I Enlw.: 5 303; II. Enlw.: §319; Pr. StGB.' §302]. Vgl. §323.325.326. 265.805; EG. $4 Preußen: Vgl. Wep-Preuß en Rheinischen Notarien; vgl. Taxordn. z. Rh. Not.-Ordn. v. 25. Apr. 1822 s. v. .Negoziation eines Kapitals." 6. Die Ueberschreitung der Taxen, welche für Gewerbtreibende von der Obrigkeit in zuständiger Weise vorgeschrieben oder genehmigt sind (vgl. B.-Gew.Drdn. v. 21. Juni 1869 § 73—80) werden, da Gewerbtreibende keine Beamten ind, nicht auö § 352 sondern nur auS § 148 Nr. 8 bestraft. Das gilt auch von Näklern, insofern diese nicht eine amtliche Stellung bekleiden; vgl. § 266 Nr. 3 'etztereS trifft zu bei amtlich angestellten Handelsmätlern vgl § 359 n. 47; in Bereff dieser wird sonach § 352 anwendbar.

600

Thl.U. Abschn.

XXVIII

Lerbrrchen u. Vergehen im Amte. - §353.

§. 333. Ein Beamter, welcher Steuern, Gebühren oder andere Abgaben für eine öffentliche Kaffe zu erheben hat, wird, wenn er Abgaben, von denen er weiß, daß der Zah­ lende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Betrage ver­ schuldet, erhebt, und das rechtswidrig erhobene ganz oder zum Theil nicht zur Kasse bringt, mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher bei amtlichen Ausgaben an Geld oder Naturalien dem Empfänger vorsätzlich und rechtswidrig Abzüge macht und die Ausgaben als voll­ ständig geleistet in Rechnung stellt. [I. @ntro.: § 331; II. Entw.: § 349; Pr. StGB. § 327]. 31. 359. Preußen: Vgl. Ges. v. 20. März 1837 (GS. s. 57).

Vgl. § 352.358.35

7. Die Vornahme unnöthiger amtlicher Verrichtungen gegen Erhebung der tarifmäßigen Gebühren kann unter da- Strafverbot fallen, wenn jene Vornahme nicht geeignet war, einen Anspruch aus Zahlung der Gebühren gegen den Hahlenden zu begründen. \ 8. Als Dolus genügt hier daö Bewußtsein, daß die betr. Gebühren nicht verschuldet werden; es ist daher gleichgültig, ob sich der Beamte dadurch bereichern, oder vor sonstigen Verlusten bewahren will. 9. DaS Abfordern zu hoher Gebühren kann unbedenklich als ein Versuch der Erhebung angesehen werden. 10. Neben der Gefängnißstrase kann aus den Verlust der Fähigkeit zu' Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren er kannt werden: § 358.31.

8 353. 1. Dieser § findet aus alle Beamten Anwendung, welche Abgaben für ein öffentliche Kaffe zu erheben haben, ohne Unterschied, ob sie im mittel- oder im un mittelbaren Staatsdienste stehen (§ 359), ob der Kaffe die Gelder für den Staa oder für eme dem Staate untergeordnete Gemeinheit zufließen, ob der Beamte selb! die Kaffe verwaltet, oder ob er nur als untergeordnetes Organ die Beitreibung fü: die letztere bewirkt, sobald er nur selbst die beigetriebenen Gelder einzieht und dem nächst zur Kaffe bringt. 2. Nur die Ueberhebung von Abgaben und Gebühren, nicht die voi Renten (Zehnten rc.) und vertragsmäßigen Leistungen fällt unter das Strafverbol 3. Einer gewinnstkchtigen Absicht bedarf es zum Thatbestände nicht ebensowenig wird vorausgesetzt, daß der Thäter baS rechtswidrig Erhobene fich selb] zueigne; contra: Z. 29. Juni 70 (RdO. XI, 379); vgl. n. 5. 6. 4. Neben der Gefängnißstrase kann auf den Verlust der Fähigkeit zur Bi kleidung öffentlicher Aemter aus die Dauer von einem bis zu fünf Jahren erkanr werden: §§ 258. 31. 5. Mit dem hier vorgesehenen Vergehen kann leicht ein Betrug ideell kou kurriren, wenn die Begriffsmerkmale eines solchen vorliegen; contra: Z. 29. Jur 70 (RdO. XI, 379), weil der Thatbestand des § 353 in einer konkreteren Gestal nothwendig den allgemeineren Begriff des Betrugs erfülle und eben deshalb di allgemeine Strafe des letzteren ausschließe; vgl. §73 n. 9, schwerlich mit Rech! da § 353 keine gewinnsüchtige Absicht erheischt (n. 3). — Liegt ein solcher Fall voi so ist aus § 263 (sowie eventuell § 264) zu strafen, da er (trotz des höheren Straf! mimmums des § 353) die Aberkennung der rc. Ehrenrechte gestattet und demgemä als der strengere anzusehen ist (§ 74). 6. Konkurrirt mit der That eine Urkundenfälschung, so wird § 74 an wendbar.

Thl. II. Abschn. XXVIII. Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §354.

601

§. 354. Ein Postbeamter, welcher die der Post an­ vertrauten Briefe oder Packete in anderen, als den im Gesetze vorgesehenen Fallen eröffnet oder unterdrückt, oder einem An­ deren wissentlich eine solche Handlung gestattet, oder ihm da­ bei wissentlich Hülfe leistet, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. [I. Entw.: § 332; II. Sntw.: § 350; Pr. StG-S. § 328]. Dgl. § 258. 31. 355. 299; Biiad.-Postgrs. v. 2. Nov. 1867 § 55. 56.58 (BGbl. f. 72). Preußen: Vgl. Verfass, v. 31. Jan. 1850 Art. 33; Crim.-Ordn. § 123fgg.; NStPO. § 104. 6a. Eignet sich der Beamte daö rechtswidrig zu viel Erhobene selbst zu (n. 3), so macht er sich in idealer Konkurrenz auch einer Beamten-Unterschlagung (§ 350) schuldig, da- er auch das zu viel Erhobene „m amtlicher Eigenschaft." empfangen hat; vgl. § 350 n. 9. 7. Brmgt der Thäter das wissentlich zuviel Erhobene zur Kaste, so kann eine Bestrafung nur im Disciplinarwege erfolgen. 8. Ein Nichtbeamter, welcher der Erhebung von Chaussee-, Wege-, Brücken-, Fähr- und Schleusengeldern und anderen dergl. KommunikaUonSabgaben von einem Zahlungspflichtigen mehr einfordert und erhebt, als die vorgeschriebe­ nen Tarife, Taxen oder Reglements gestatten, wird in den älteren Preußischen Pro­ vinzen aus dem Ges. v. 20 März 1837 bestraft. Dasselbe erleidet auf Ueberhebungen bei der Erhebung des Fahrgeldes für Eisenbahn- DampsschistS- und ähn­ liche Fahrten keine Anwendung, weil diese Fahrgelder nicht den Charakter einer „Ab­ gabe" haben.

§354.

1. Die Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses ist in dem DPostgef. v. 2. Nov. 1867 § 58 Abs. 2 und in der Pr. Verfassung v. 31. Jan. 1850 Art. 38 anerkannt. Beide bestimmen, daß die „nothwendigen Ausnahmen" durch ein Gesetz (BuudeSgesetz) festgestellt werden sollen; die Pr. Derfastung bezeichnet bte Ausnah­ men väher durch den Zusatz: „Lei strasgerichtlichen Untersuchungen und m Kriegs­ fällen ;" das B.-Postges. durch die Auszählung: „bei ftrafgerubtlicheu Untersuchungen und in Konkurs- und rn civilprozeffualischen Fällen." Das letztere fügt hinzu: „Bis zu dem Erlaste eines BundeSgesetzcö werden jene Ausnahmen durch die Landes­ gesetze bestimmt." 2. Hiernach können die im § vorgesehenen AuSnahmefälle nur durch ein Gesetz, nicht durch ein Reglement bestimmt werden: KBll. s. 165; vgl. aber u. 6. 3. Ueber die im Strafverfahren statthaften Beschlagnahmen rc. von Briefen vgl. Oppenh. Pr. Strasprozeßgest. § 4 n. 7; § 43 n. 35; N. StPO. § 104. 4. DaS Strafverbot trifft alle Postbeamten ohne Ausnahmen; es unter­ scheidet nicht, ob der Thäter bei dem Post-Dnesverkehr überhaupt und speziell bei der Versendung deü fraglichen Briefs mit thätig war, oder nicht. Es kommt sonach nicht daraus an, ob der letztere dem betr. Postbeamten selbst „anvertraut" war. 5. Der Brief ist der „Post" solange „anvertraut" als er nicht bestimmungs­ gemäß besördert und abgegeben ist; er hat sonach auch noch m der Hand des auSlragenden Briefträgers die gedachte Eigenschaft. 6. Die Eröffnung eines unbestellbaren Briefs zur Ermittelung des Ab­ senders fällt, als m den Zwecken der Versendung liegend, auch wenn sie nur aus Grund und in Gemäßheit eines Reglements erfolgt, nicht unter den §. 7. Jedes Eröffnen ist strafbar, sollte der Verschluß auch cm unvollkommener gewesen fern: ZU. 28. Jan. 64 (RdO. IV, 332). 8. Als ein „Unterdrücken" ist jede widerrechtliche Entziehung eines Briefes aus dem Postverkehr (z. B. die bewußte AuSantwortung des Briefes an einen nicht berechtigten Dritten) anzusehen: ZU. 15. Sept. 70 (RdO. XI, 453); dieses Ent­ ziehen braucht nicht nothwendig ein bleibendes zu sein: jedes zeitweilige Vorenthal­ ten kann genügen, wenn es geschah, um den rechtzeitigen Eingang des Briefes beim

602

Thl. II.

Abschn.

XXVIII.

Verbrechen u. Vergehe» im Amte. — §

355.356.

§. 355. Telegrapheribeamtc oder andere mit der Be­ aufsichtigung und Bedienung einer' zu öffentlichen Zwecken die­ nenden Telegraphen-Anstalt betraute Personen, welche die einer Telegraphen-Anstalt anvertrauten Depeschen verfälschen oder in anderen, als in den im Gesetze vorgesehenen Fällen eröffnen oder unterdrücken, oder von ihrem Inhalte Dritte rechtswidrig benachrichtigen oder einem Anderen wissentlich eine solche Hand­ lung gestatten oder ihm dabei wissentlich Hülfe leisten, werden mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. [I. Entw.: § 333; II. Entw.: § 351; Pr. StGB, (fehlte)].

Dgl. § 358. 354.

§. 356. Ein Advokat, Anwalt oder ein anderer Rechts­ beistand, welcher bei den ihm vermöge seiner-amtlichen Eigen­ schaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache Adressaten zu verhindern: ZU. 26. Jan 64 (eit. n. 7). Demgemäß schließt die Möglichkeit der Wiedererlangung den Thatbestand nicht auS: ZI. 15. Febr. 65 (RdO. V, 504). 9. Ein Post.Beamter kann auch an einem an ihn selbst adresflrten Briefe eine Unterdrückung begehen, wenn derselbe nur gegen Erlegung emeS PopvorschuffeS ausgegeben werden durfte: 331. 25. Nov. 64 (RdO. V, 304). 10. Die bloße Vorzeigung des verschlossenen Briefes an einen unberech. tigten Dritten fällt nicht unter das Strasverbot. 11. Der DoluS braucht nur auf die unbefugte Eröffnung rc. gerichtet zu fein; es ist keineswegs erforderlich, daß Keuntmßnahme vom Inhalte des geöffneten Briefs bezweckt werde: ZI. 15. März 54 c. Stöffel (GA. II, 839). Ebensowenig be. darf es einer auf Erlangung eines Gewinnes oder auf Zufügung eines Schadens gerichteten Abstcht: ZI. 15. Febr.765 (RdO. V, 504). 12. Neben der Gefängnißstrafe kann auf den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren er­ kannt werden: §§ 358. 31. 13. Mit dem hier vorgesehenen Vergehen kann ein Diebstahl de- Briefs rc. ideell konkurriren.

§ 355. 1. Dieser § bezieht sich nicht nur aus Telegraphen.Beamte, sondern'auch auf alle mit der Beaufsichtigung und Bedienung einer zu öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphenanstalt betraute Personen; über den Begriff einer zu öffent­ lichen Zwecken dienenden Telegraphenaiistalt vgl. § 317 n. 2. 2. Als „Verfälschung" einer anvertrauten Depesche ist jede Aenderung ihres Wort-JnhaltS anzusehen, sobald fie mit dem Bewußtsein geschieht, daß dadurch möglicher Weise der Sinn derselben für den Adreffaten eme Modifikation erfahren könnte; der Begriff ist sonach (mit Rücksicht aus den die wortgetreue Uebermtttlung bedingenden Zweck der Telegraphie) em weiterer als bei der Urkundenfälschung (vgl. § 267 n. 10); insbesondere wird hier die Verfälschung dadurch noch nicht auSge. schloffen, daß der Smn der Depesche, wie er sich objektiv darstellt, keine wesent­ liche Abänderung erfahren hat. 3. Im Uebrigen stimmt §355 mit § 354 überein; eS sind daher die dort ge­ machten Bemerkungen auch hier zu berücksichtigen.

§356. 1. Ueber den Begriff eines „andern RechtSbeistandeS" vgl. § 352 n. 2. Die Justitiarien der höheren Verwaltungsbehörden gehören nicht hierher; sie sind „Beamte", welche im § 352 den Rechtsbeiständen gegenübergestellt, im § 356 aber gar nicht erwähnt sind; deshalb kann ihre amtliche Thätigkeit, vermöge welcher sie

Thl. II Abschn. XXVIII. Verbrechen u Vergehen im Amte. — $ 356.357.

603

beiden Parteien durch Rath oder Beistand pflichtwidrig dient, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Handelt derselbe im Einverständnisse mit der Gegenpartei zum Nachtheile seiner Partei, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren ein. [I.Ent®.: §334; II Ent».: §352: Pr. StGB.: §329]. Vgl. §358.300.31-33

§. 357. Ein Amtsvorgesetzter, welcher seine Unter­ gebenen zu einer strafbaren Handlung im Amte vorsätzlich verleitet oder zu verleiten unternimmt, oder eine solche fkafbare Handlung seiner Untergebenen wissentlich geschehen läßt, hat die auf diese strafbare Handlung angedrohte Strafe verwirkt. Dieselbe Bestimmung findet auf einen Beamten Anwen­ dung, welchem eine Aufsicht oder Kontrole über die AmtSgeschäfte eines anderen Beamten übertragen ist, sofern die von diesem letzteren Beamten begangene strafbare Handlung die zur Aufsicht oder Kontrole gehörenden Geschäfte betrifft. [I. Ent».: § 335; II. Ent».: § 353; Pr. StGB § 330]. Dgl. §48. bei den dem Geschäftskreise der betr. Behörden angehörenden Angelegenheiten mit­ wirken und namentlich den rechtskundigen Standpunkt vertreten, nicht als ein „Die­ nen durch Rath oder Beistand" angesehen werden; contra: TL. s. 1085 9h. 2. 2. Als „Rechtssache" ist jede Rechts-Angelegenheit anzusehen, bei welcher Personen mit totbcrflrettenbcn Interessen beteiligt sind; daß dieselbe an cm Ge­ richt gebracht worden sei, oder auch nur gebracht werden könne, ist Nicht erforderlich. BL. s. 540. 3. Vorausgesetzt wird, daß beiden Parteien Beistand rc. geleistet sei; da her bleibt der § unanwendbar, wenn ein Anwalt bei dem nur der einen Partei geleisteten Beistände Dinge benutzt, welche ihm von der andern anvertraut worden waren, als tiefe ihn (vergeblich) um Beistand anging; m einem solchen Falle greift nur das Disziplinarverfahren Platz, insofern nicht § 300 zutrifft: BL. s. 540. 4. Beistand kann auch durch Unterlassung geleistet werden. 5. Nur das „pflichtwidrige" Dienen für beide Parteien ist strafbar; d. h. ein solches, bei welchem der Anwalt das von der einen Partei in ihn gefetzte Ver­ trauen mißbrauchend zu ihrem Nachtheile für die andere thätig ist: Beschl. I. 14. Dez. 67 (RdO. VII, 718); BL. s. 540. ES gehört daher der Fall nicht hierher, wo beiden im gemeinsamen Interesse, z. B. zur Herbeiführung eines Vergleich- ein Rath rc. ertheilt ist. 6. Dagegen macht eS keinen Unterschied, ob daffelbe gleichzeitig oder succes­ sive stattfand; auch ttn letzteren Falle tritt, wenn die Handlung pflichtwidriger Weise verübt wurde, Strafbarkeit ein: ZU 8. Febr. 66 (RdO. VII, 94). 7. Der Eintritt eines wirtlichen Nachtheils wird nicht erfordert: TGll. f. 321; contra: TL. f. 1085, wo derselbe mit Unrecht zum Thatbestände de- § 329 des Pr. SlGB.'S den vollen Thatbestand der Untreue (§ 266) verlangt. 8. Das Gesagte (n. 7) gilt auch tm Falle deS Abs. 2; eS genügt ein Han­ deln mit dem Bewußtsein der Schädlichkeit. Jedenfalls aber kann ein solches als Versuch des Verbrechens angesehen werden.

§ 357.

1. Unter den „strafbaren Handlungen im Amte" sind nur solche Hand­ lungen zu verstehen, welche nach Maßgabe deS Abschn. 28 als „Verbrechen oder Vergehen tm Amte" sich darstellen: Motive j. 149. Die Verleitung zu einem nur diSciplinansch zu ahndenden Dienstvergehen ist auch nur diSciplinarrsch zu verfolgen.

604

Thl. II. Ablchn. XXVIII. Verbrechen u. Vergehen im Amte. — § 358.359.

§. 358. Neben der nach Vorschrift der §§. 331. 339. bis 341.352. bis 355. und 357. erkannten Gefängnißstrafe kann auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von Einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. ll.Eatw.: § 311. 319 - 321.329 — 333; II. Gntro.: §354; Pr. 3t®©.: § 309. 315-317. 326—328. 330]. Vgl. § 31—35.

§. 359. Unter Beamten im Sinne dieses Strafgesetzes sind zu verstehen alle ijn Dienste des Bundes oder in unmittel2. Dw „Verleitung" zu einer fttafbarm Handlung rc. ist hier als cm selbstständiges Verbrechen aufgefaßt, und nicht als „Anstiftung" (§48); eS bedarf sonach nicht der ausdrücklichen Feststellung deS dabei benutzten Mittels; vgl. §48 n. 3. 3 Dasselbe gilt bei dem „Unternehmen zu verleiten"; vgl. m Betreff dieses § 43 n. 30;§ 48 n. 9. 4. Im Falle des Abs. 2 braucht die Uebertragung der Aussicht oder Kontrole kerne bleibende zu (cm; ein vorübergehender Auftrag der fraglichen Art genügt, z. B. der Auftrag zur Vornahme einer Visitation: v. Kirchm s. 210. 5. Neben einer aus Grund dieses § verhängten Gefängnißstrafe kann aus den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von einem btS zu fünf Jahren selbst dann erkannt werden, wenn diese Strafe gegen den verleiteten Untergebenen nicht zur Anwendung kommen dürfte: 358.31.

8 358.

1. In den aufgezählten §§ kann auf den Verlust der Fähigkeit zur Beklei­ dung öffentlicher Aemter aus Zeit neben der Gefängnißstrafe auch dann er­ kannt werden, wenn diese nicht drer Monate erreicht; vgl. § 32. 2. Die Verurtheilung zur Zuchthausstrafe hat die dauernde Unfähig­ keit zur Bekleidung öffentlicher Aemter zur Folge: §31; für diese Fälle konnte sonach von emer (fakultativen) Gestattung der Aberkennung ferne Rede fern. 3. Ebenso bewirkt Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte den dau­ ernden Verlust der (bekleideten) öffentlichen Aemter sowie die Unfähigkeit während der im Urtheile bestimmten Zeit ein öffentliche Amt zu erlangen: §§ 33. 34 Nr. 3. 4. Endlich gestattet § 35 neben einer Gefängnißstrafe, mit welcher die Ab­ erkennung der re. Ehrenrechte hätte verbunden werden können, (wenn dieses nicht geschieht) auf bic Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter aus die Dauer von einem bis zu fünf Jahren zu erkennen. Das trifft zn in den Fällen der §§ 332 Abs. 2. 333.334 Abs. 2. 346 Abs. 2. 347 Abs. 1. 350.351 Abs. 2, insofern die verhängte Gefängnißstrafe drei Monate erreicht. 5. Wegen Versuchs und Beihülfe (§§ 44.49) kann auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter nicht erkannt werden; vgl. § 45 n. 3.

8 359. Amt. 1. Amtsgewalt. 11. Anstellung. 4. 5. 10. 11. - Dauer? 10. . tote? 4. 11. 16. 17. Applikant. 17. Armenkommtfflon 6. Armenvater. 6 Arzt. 46. Auftrag, amtl. 39. Auktionator 46. Ausbildung, eigene. 17. Aushülfe. 16. Autorität. 8. 9. 16. Baukondukteur. 18. 4b. Beamter. 1 ff. • mittelbarer. 3. Behörde, Mitglieder. 7. 20. Beigeordneter. 35. Besoldung. 11.

Inhalt.

Seschlagnahme, Hüter. 39. Srückenpächter. 47. vürgermeister. 35. Sürgerwehr. 25. thausseegeldpächter. 48. Livilsupernumerar. 16. Diator. 16. Diensteid. 12. Disciplin. 13. ihrenrechte. 14. Ltnjelgeschaft. 10. Lisenbahn-Bau-Aufseher. 43. - Bediensteter. 42—44. Feldhüter. 35. 41. Feldmesser. 18. 46. Forstlehrling 17. Gefangenen.Transport. 37. Geistlicher. 31.

Gemetnde-Beamte. 34—37. - -Dtenll 37. • -Empfänger. 35. - -Mitglied. 37. • -Vertreter 5. • -Vorsteher. 35. Geschworener. 7. > Geverbtreibender. 18. 46. Hvfbeamter. 33. HülfSgerichtSschreiber. 16. Kirchen-Beamter. 32. Körperschaft, pvlit. 5. Kommission. 6. Korporation. 41. KretSstand. 5. 6. Lehrer. 30. Mäkler. 46. Magistrat. Mitgl. 35. Nachtwächter. 35 Vekonomte-Kommiss. 16.

Thl. II. Absch». XXVIII.

Verbrechen u. Vergehen im Amte. — $ 359.

605

barem oder mittelbarem Dienste eines Bundesstaats, auf Le­ benszeit, auf Zeit oder nur vorläufig angestellte Personen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht, ingleichen Notare, nicht aber Advokaten und Anwälte. [I. ent®.: § 336; II Eilt®.: § 355; Pr. StGB.: § 331]. Dgl. § 31. Preußen: Vgl. AM. II, 10§ lff.; AKO. v. 11. Aug. 1832 (GS. s. 204). Organ Ctaat-gev. 1.5. 6. 9. Schauspiel. 33. SchtedSmann 21. Polizei, Gutsbesitzer. 23. Schiedsrichter. 21, • Stellvertreter 24. . Unter-Organ. 22. 24. Schöffe 7. Schreiber. 16. Post, Briefträger. 27. Schuldeputation. 6. - Exped..Gehülfe. 26. Schulrath (Inspektor). 30. Posthalter. 29. Sequester. 39. Postillon. 28. Sicherheit-verein. 25. Probe 16. Sparkasse. 35. Qualifikation. 14. Stadtverordneter 5. 6. Rechte g. d. Staat. 11. Steuer-Etnschätz.-Aomm. 6. Referendar. 17.

Steuer-Erheber. 36. Strafgesetz. 1. Theilnehmer. 49. Vergütung 11. Vertreter, gewählt. 5. Diehsperre 37 Volksvertreter. 5. • Kommission. 6. Wahlvorstand, b a. Weib. 15.

1. Die hier gegebene Begriffsbestimmung emeS „Beamten" gilt für das ganze StGB., ist also nicht aus die im Abschn 28 enthaltenen, die Verbrechen rc der Beamten betreffenden Vorschriften zu beschränken, findet vielmehr überall An­ wendung, wo daS GB. eines Beamten Erwähnung thut, insbesondere also auch da, wo eint Strafbestimmung auf den Schutz des Beamten abzielt. — Mit der Be­ griffsbestimmung des „Beamten" stimmt die eines „öffentlichen Amtes" nicht überein; die Bedeutung des letzteren Ausdruckes ist weiter greifend; vgl. § 31 Abf. 2 und dort n 8. 2. Beamter ist Jeder, welcher in gesetzlicher Weise dazu berufen ist, als Organ der Staatsgewalt unter öffentlicher Autorität für die Herbeiführung der Zwecke des Staats ihätig zu fein: DI. 8. Febr 67, ZI 30 Oft. 68 (RdO. VIII, 108; IX, 604). Bei welchem Zweige der Staatsverwaltung diese Thätigkeit ent­ wickelt wird, ist gleichgültig; insbesondere genügt auch eine auf die VermögensVerwaltung des Staats bezügliche Thätigkeit. — DaS Nähere ist nach den Organi­ sationsgesetzen des Bundes (Reiches) und der Emzelstaaten zu beurtheilen. 3. Für den Begriff des „Beamten" macht es keinen Unterschied, ob die betreffende Thätigkeit tm Dienste des Bundes (Reiches) oder eines EmzelflaatS, oder aber im Dienste einer dem Staate untergeordneten, organisch m seine Verfassung eingreifenden Gemeinheit wirk,am wird („mittelbarer Staatsdienst"). 4. Die Beamtenqualität ist durch die „Anstellung" bedingt d. h. durch die in gesetzlicher Weise erfolgte Berufung zur betreffenden Thätigkeit, sowie durch die Uebernahme derselben Seitens des Berufenen; vgl. Pr. AKO. v. 11. Aug. 1832. Die Berufung muß durch die hierfür zuständige Gewalt (Behörde rc.) und unter Beobachtung der vorgeschriebenen wesentlichen Förmlichkeiten erfolgt fein. In beiden Beziehungen find die geltenden Organisation-gesetze entscheidend; inso­ weit diese nicht entgegenstehen, kann eine mündliche Uebertragnng der Geschäfte genügen: ZU. 21. März 67 (RdO. VIII,)193). Ist die Gültigkeit einer solchen Be­ rufung durch die Genehmigung einer Oberbehörde bedingt, so kann eine solche mög­ licher Weise auch stillschweigend (durch ein bewußtes Geschehenlaffen der begonnenen Amtsthätigkeit) ertheilt werden. Ebenso kann die Beamtenqualttät noch vor dem Eingänge zener Genehmigung als erworben angesehen werden, wenn die stattgehabte Berufung unter dem Vorbehalte der künftigen Genehmigung einstweilen wirksam wurde: ZI. 16. Juli 58 c. Advena; ZU. 17. Sept. 58 c. Wedler. 5. Die Berufung (n. 4) muß dahin gerichtet fein, als „Organ der Staats­ gewalt" thätig zu fein. Es scheiden daher solche Personen aus, welche als ge­ wählte Vertreter des Volks oder der Bewohner einzelner Theile, des Staates dazu berufen werden, bei einzelnen Zweigen der Staatsverwaltung mit thätig zu sein. Derartige Vertretungen werden als ein neben den Organen der Staats­ gewalt thätiger, diesen gegenübergestellter Faktor angesehen; die Abgeordneten wer­ den auch nicht von einer als solche bestehenden Gewalt berufen, sondern von den einzelnen Bürgern rc. frei gewählt. Demgemäß find die Reichs- und Landtags-

606

Thl. II. Abschu. XXVIII. Verbrechen n. Vergehen im Amte. — § 359.

(Kammer-) Mitglieder, die KreiSstände, die Stadtverordneten, die Gemeindefchösfen u. s. w. keine Beamten. DaS gilt selbst vom Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung: BI. 19. Dez. 56 c. Heuer (GL. V, 93;; ZU. 13. Juni 57 c. Fmk; vgl. Pr. Mm.-Verf. v. 19. Sepr. 1842 (v. K. Iahrb. 60 s. 454). — Dagegen bildet die Gesammtheit jener Vertreter eine „politische Körperschaft" vgl. § 197. 6. Die unter n. 5 erwähnten Volks- rc Vertreter erlangen die BeamtenqualitSt auch picht dadurch, daß thuen in der gedachten Eigenschaft die Ausführung einzelner Geschäfte oder die Beaufsichtigung einzelner GeichäflSzwetge aufgetragen wird; es bleibt dann alles unter n. 5 Gesagte maßgebend. (Smc Ausnahme tritt nur da ein, wo aus einzelnen Mitgliedern der gedachten Körperschaft eine für sich bestehende Behörde gebildet wird, welche ihrer SettS auf einem gewissen Gebiete der Staatsverwaltung alS Staatsgewalt thätig ist (8114 n. 5); z. B. eme aus StäudemitgUedern gebildete Kommission, welche das StaatSschuldenwejeu verwaltet; ihre Mit­ glieder sind (für daS Gebiet deS Strafrechts) als Beamte anzusehen; vgl. n. 20. Demgemäß wurden die (aus der Zahl der Stadtverordneten rc. gewählten) Milglieder einer städtischen Schuldeputation ober einer Steuer-EiNschätzungSKommission für Beamte erachtet: ZI. 28. Juni 61, ZI. 5. Oft. 70 (rltdO. I, 470; XI, 499); daS Gegentheil ward angenommen in Betreff der Mitglieder einer städtischen Armen-Kommission und der s. g. „Armenväter" (nach der Rhem. Städte-Ordn. v. 15. Mai 1856) durch ZU. 13. Juni 57 c. Fmk; Erk. Komp.-GH. 25. Oft. 56 Bux c. Köppchen. 6a. Dagegen sind die Mitglieder eines Wahlvorstandes, welcher eine Abgeordnetenwahl zu leiten berufen ist, Beamte: ZU 18. Juni 68, BI. 30. Olt. 68 (RbO. IX, 394. 604). 7. Aus dem unter n. 5 entwickelten Grunde sind auch die Geschwornen und die bei der Strafrechtspflege zugezogenen „Schöffen" ferne Beamten; vgl. Motive f. 55. Die Gesammtheit der Geschwornen rc. (das „Schwurgericht") bildet auch keine „Behörde;" sie fungiren (auch wenn ihrem Ausspruche eine „Berathung" vorhergehen kann: vgl. Pr. Gef. v. 3. Mat 1852 Art. 89) nicht kollegtalifch, viel­ mehr ist jeder nur zur Abgabe ferner Einzelstimme verpflichtet. 8. Ob Jemand als „Organ der Staatsgewalt" (von einem als solches bereits fungireuden Organe) berufen („angestellt") worden sei, ist (abgesehen von der Form, m welcher die Geschäftöübertragung erfolgt ist) vorzugsweise aus der Natur der übertragenen Geschäfte selbst zu entnehmen. Stellen sich diese als die Ausübung einer Funktion der Staatsgewalt dar, so erlangt der damit m zuständiger Weise Betraute dadurch von selbst den Charakter eines Organs dieser Staatsgewalt, und somit für diese seine Thätigkeit selbst die Stellung emeS Beamten. Das gilt überall da, wo der vorzunehmenden Handlung oder Thätigkeit eme besondere Autoritär (z. B. eine besondere Glaubwürdigkeit rc.) beiwohnt. 9. Handelt eS sich dagegen von der Uebertragung solcher Geschäfte, welchen eine solche autontätliche Bedeutung nicht beiwohnt, bedürfen z. B. die Akte des zu der Vornahme Berufenen zur Erlangung einer derartigen Bedeutung noch der hin­ zutretenden Wirksamkeit emeS Andern (Beamten), so genügt der Umstand, daß auch sie aus die Herbeiführung der Zwecke des Staat« abzielen, noch nicht, um dem Betreffenden die Beamtenqualität beizulegen, sollten ihm jene Geschälte auch in dauernder Weise übertragen fein. Zn diesem Falle ist die Erlangung der Beamtenqualität wesentlich durch ihre ausdrückliche Beilegung Seitens der dazu berufe­ nen höheren Behörde bedingt, also durch die förmliche Anstellung als Beamter; diese muß erkennbar machen, daß der mit den Geschästeu Betraute in den (mittel­ oder unmittelbaren) Staatsdienst Übernommen, daß ihm also die Vorrechte emeS Beamten gewährt worden feien; wo dieses Nicht anzunehmen ist, liegt nur ein privatrechtlicheS VertragSverhaltmß vor, welches eben deshalb auch nur pnvatrechtüche Befugmffe und Pflichten begründet. Vgl. n. 12. 10. Der § 359 setzt voraus, daß die Anstellung „aus Lebenszeit, auf Zeit oder vorläufig" erfolgt sei. AuS dieser Faffung ist nicht zu folgern, daß das durch die „Anstellung" geschaffene Verhältniß nothwendig em dauernde« fern müsse, vielmehr soll dadurch gerade umgekehrt zum Ausdrucke gebracht werden, daß für die Beamtenqualität die Zeitdauer, für welche die „Anstellung" erfolgt ist, ein-

Thl. II. Abschn. XXVIII. Verbrechen u. Vergehen im Amte. — § 359.

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slußloS sein solle; Verspiele siebe unten n. 37. DaS gilt namentlich von den unter n. 8 erwähnten Personen; derjenige, welchem die Ausübung einer Funktion der Staatsgewalt Übertragen worden, tst in dieser Beziehung als „Beamter" anzusehen, selbst wenn es sich nur von der Uebertragung eines oder mehrerer genau vorher bestimmter Emzelgeschäfte handelt. Dagegen kommt bei den unter n. 9 erwähnten Personen die Dauer der übertragenen Wirksamkeit allerdings insoweit in Betracht, als bet der Uebertragung einzelner, weniger, mechanischer Arbeiten eine Ausnahme m den Staatsdienst als Beamter Nicht leicht anzunehmen fein wird. — 5m Uebngen ist es für die Amtseigenschaft gleichgültig, ob die GeschästSübcrtragung „aus Widerruf," „aus Kündigung" oder „zur Aushülse" erfolgt ist: M. 6. Sept. 65, Al. 26. Oft. 66, Z. 13. Juli 70 (RdO. VI, 277; VII, 581; XI, 408). 11. Ebenso macht eS (von dem unter n. 9 erwähnten Falle abgesehen) keinen Unterschied, ob mit der Uebertragung amtlicher Funktionen sonstige die persön­ liche Stellung zum Staate, betreffende Rechte oder Vorzüge gewährt sind, z. B ein Amtscharakter, eine Vergütung (Besoldung :c.), die Unabsetzdarfett rc.: ZI. 4. Ott. 60 c. Köhn; ZI. II. Dez. 63 c. Schulz. 12. Die Ableistung eines Diensteides ist für die Eigenschaft als Beamter in keiner Weise entscheidend; die unter n. 8 erwähnten Personen sind „Beamte", selbst wenn sie keinen Diensteid geleistet haben, während den zu rem mechanischen Arbeiten Berufenen (n. 9.10) die gedachte Eigenschaft abgesprochen werden kann, selbst wenn sie eine treue Dtenstsührung eidlich angelobt haben. Nichtsdestoweniger wird bei den zuletzt gedachten Personen die Leistung eines Diensteides immer wesentlich m die Wagschale fallen, wenn eS sich darum handelt, zu beurtheilen, ob sie als Beamte „angestellt" worden sind. 13. Ebensowenig ist eS entscheidend, ob der Angeklagte den DiSciplinargesetzen unterliegt: ZI. 4. Jan. 60 c. Köhn. 14. Nur die Thatsache der erfolgten „Anstellung" ist für die Beamtenqualität entscheidend; nicht ob bei ihm alle VoranSsetzungen zutreffen, durch welche die Qua­ lifikation zur Erlangung einer amtlichen Stellung bedingt war; trifft jenes zu, so schließt selbst der Umstand, daß der Betreffende zur Zeit nicht tm Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte war, jene Eigenschaft nicht aus: DI. 6. Sept. 65 (RdO. VI, 277). 15. Auch weibliche Personen können unter den geeigneten Voraussetzun­ gen als Beamte angesehen werden: ZI. 13. Mat 59 c. Groß. 16. Nach den oben entwickelten Gesichtspunkten, besonders nach dem unter n. 8—10 Gesagten ist die Frage der Amtsqualität namentlich bet der großen Zahl solcher Personen zu lösen, welche bei einer größeren Behörde in einer untergeord­ neten Weise (aushÜlsswelse, zur Probe rc.) beschästigt, und zu diesem Ende nicht selten von den Vorständen der Behörde selbst oder der dabet sungtrenden Kanzler (Setreiartat rc.) angenommen werden, also bei 6 ml super num er arten, Diä­ tarien, Schreibern (den Rheinischen HülfSgenchlSschreibern) n. s. w. Sie sind Beamte, sobald sie irgend eine Funktion der Staatsgewalt selbst ausüben, oder zu einer solchen tn wesentlicher Weise mitwirken, z. B. wenn sie bei einer amtlichen Verhandlung das Protokoll führen und als solche mit vollziehen; ist dieses nicht der Fall, nehmen sie z. B. nur die mechanische Arbeit des AdschreibenS vor, während die Beglaubigung derselben Andern obliegt, so wird das unter n. 9 Gesagte anwendbar; vgl. Pr. AK0. v. 19. Novbr. 1849; Beschl. I. 19. Oltbr. 63 c. Holst; Z. 18. Nov. 68, Z. 23. Febr. 70 (RdO. IX, 653; XI, 114). 17. Ebenso verhält eS sich mit den zur eigenen Ausbildung bei den verschiedenen Behörden beschäsiigten Personen, z. B. mit Reserendarten, Ap­ plikanten, Forstlehrlingen rc.; sie sind Beamte, sobald sie cm AmtSgeschäst z. B. eine gerichtliche Vernehmung vornehmen, oder mit dem Forstschutze betraut sind; nicht aber, wenn der Referendar als Vertheidiger eines Angeklagten auftntt :c. 18. Dasselbe gilt von Gewerbtreibenden (vgl. § 266 Nr. 3 und unten n. 46), welchen die am tliche Leitung oder Beaufsichtigung einer für den Staat oder eine Staatsgememheit ausgeführten Arbeit Übertragen wird, sollte dieses auch in der Form eines Privatkontrakts geschehen sein; z. B. von einem Feldmesser, Bankonduktenr, Oekonomie-Kommissar: BI. 8. Juli 57 c. Hackbarth

608 Thl II. Abschn. XXVIII.

Berbrechen u. Vergehen im Amte. — § 359.

(GA. V, 693); ZI. 6. Juni 60 c. Geiß; vgl. Pr. AKO. v. 19. Jan. 1853 (GS. 34 s. 4). 19. Nach dem unter n. 2—17 Ausgeführten bietet die Frage, ob Jemand „Beamter" und m dieser Eigenschaft thätig gewesen fei, eine wesentlich rechtliche Seite dar. Wird dieselbe zweifelhaft oder bestritten, so bedarf es in der ergehen­ den Entscheidung einer genauen Feststellung aller thatsächlichen Momente, welche für die Lösung lener rechtlichen Frage in Betracht kommen; diese Entscheidung steht in schwurgerichtlichen Sachen den Geschwornen zu; nach den durch sie festgestellt enthatsächlichen Merkmalen hat dann der Schw.-GH. jene Rechtsfrage zu beantworten: ZI. 5. Dez. 69 (RdO. X, 699). Demgemäß muß einem Antrage: in der schwurgericht­ lichen Frage, den Begriff „Beamter" durch Angabe der speziellen dienstlichen BeZiehungen des Betreffenden aufzulösen, — mit Nothwendigkeit Statt gegeben wer­ den: VH. 19. Febr. 63, DI. 7. Febr. 66 (RdO. III, 296; VII, 86). 20. Jedes Mitglied einer „Behörde" (vgl. § 114 n. 5) ist als folcheBeamter: ZI. 5. Mai 69 (RdO. X, 288). 21. Em Preußischer SchiedSmann ist ein Beamter; vgl. EG. z. Pr. StGB. Art. XVIII.; nicht aber ein zur Entscheidung emeS PrwatrechtstreitS frei gewählter Schiedsrichter (seine Thängkett ist nicht ein Ausfluß der Staatsgewalt). 22. Die von der OrtSpoli-eibehbrde zur Handhabung polizeilicher Funk­ tionen m zuständiger Weise angenommenen Unter-Organe sind Beamte: DI. 20. Jan. 64 (RdO IV, 305); z. B. derjenige, welchem die Ort-Polizeibehörde ans polizei­ lichen Gründen irgend ein Geschäft (z. B. den öffentlichen Gassenrus) ausschließlich übertragen hat, sollte derselbe auch tm Emzelsalle nur im Aufträge eines Privaten handeln; so: ZU. 10. März 70 (RdO. XI, 166). 23. Em die gutSherrliche Polizei verwaltender Gutsbesitzer (vgl Pr. Ges. v. 14. April 1856: GS. s. 354; Erk OTr. 19. Oft. 54: Entsch. 28 s. 445) ist Beamter: DI. 21. Nov. 55 c. Oldenburg (JMbl. 56 s. 40); und zwar selbst dann, wenn er einen Stellvertreter bestellt hat: er kann nichtsdestoweniger in den ihm ge­ eignet scheinenden Fällen sein Recht selbst ausüben: ZI 19. März 58 e. Dauerheim (GA. VI, 277), und sogar, insoweit nicht em ausdrückliches Gesetz entgegensteht, in eigenen Angelegenheiten amtlich thätig sem: DI. 9. Oft. 67 (RdO. VIII, 578) vgl. Pr. Mm..Jnstr v. 30. Juli 1856 Art. 7 Abs 3; Oppenh. Reffortgcs. s. 169 n. 498. 24. Nicht minder sind auch der vorschriftsmäßig bestellte Stellvertreter eines solchen Gutsbesitzer- und die von ihm in vorschriftsmäßiger Wei,e (mit höherer Genehmigung) angenommenen Unter-Organe Beamte: ZI. 15. Jan. 58 c. Neu­ mann; ZI. 5. Ott 66 (RdO. VII, 515); vgl. n. 22. 25. Ebenso verhält es sich mit den Mitgliedern einer in gesetzlicher Weise ge­ bildeten und zusammengetretenen Bürg er wehr (Pr. Ges. v. 17. Ott. 1848: GS. 1. 289) .\ 31. 5. Nov. 56 c. Pieper. Dasselbe gilt von den Mitgliedern eines Sicherheit-Vereins (Pr. Ges. v. 11.März 1850 §7: GS. s. 200). 26. Em mit Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde als PrivatgehÜlfe des Postexpedienten angenommener Post - Expeditionsgehülfe ist Beamter, wenn gleich jener ihn ohne Weiteres entlassen kann, und für seine Dienstleistung unmittelbar verantwortlich ist: DII. 5. Nov. 63, ZI. 15. Febr. 65, Beschl. II. 5. Apr. 66 (RdO. IV, 154; V, 604; VII, 205); vgl. n. 14. 27............. ebenso ein Postbriefträger, sollte er auch nur vom Pop-Expedienten angenommen sein: ZI. 14. Febr. 55 c. Scharff. 28............. ebenso em Postillon, so lange er Postdienste verrichtet: DPl. 19. Dez. 57 (JMbl. 58 s. 79). 29. Dagegen sind die Posthalter nicht mehr wie nach der Pr. Postordnung v. 25. Nov 1782 Beamte: DPl. 19. Dez. 57 (cit. n 28; Beit.). 30. Die Lehrer der öffentlichen Volksschulen und der höheren Unterrichts­ anstalten sind Beamte: Pr. Vers. v. 31. Jan. 1850 Art. 23. DaS gilt auch von den Lehrern einer unter Mitwirkung der zuständigen Verwaltungsbehörden gebtlbeten Handwerterschule, sollten sie auch weder vereidet noch besoldet sein: ZU. 13. Mai 61 (RdO. I, 396). 31. Geistliche sind als solche keine Beamten; vgl. § 196, welcher „Neli-

Thl. II. Abschn.

XXVIII.

Verbrechen it. Vergehen

km Amte. - § 359.

609

gionSdiener" neben den „Beamten" aufzählt. Das erleidet nur insofern eine Ausnahme, als sie die mit öffentlichem Glauben ausgestatteten Kirchenbücher führen und Auszüge aus denselben ertheilen. 32. Ebenso sind da, wo die Kirche eine selbstständige vom Staate unabhän­ gige Stellung einnimmt (vgl. z. B. Pr. Bersaff. v. 31. Jan. 1850 Art. 15), KirchenBeamte z, B. Kirchenvorsteher, Kirchenrendanten rc., nicht Beamte tm Sinne des § 359; contra: (arg. § 321 fgg. 555. 619ff. II, 11. ALR.): BI. 25. Mai 59 c. Dollbrechl, ZI. 7. Dez. 60 (GA. VII. 708; IX, 133); ZU. IO. De,. 68 (RdO. IX, 728); ZI. 4. Nov. 69 (RdO. X, 393: m Betr. der Mitglieder eines evangelischen Presbyteriums und ihrer Thätigkeit bei der Psarrerwahl; vgl. Pr. AKO. v. 5. März 1835); ZI. 5. Sept. 62 (RdO. II, 550: m Betreff des Vorstehers einer Synagogengemeivde). Auch das erleidet eine Ausnahme, insoweit ein Kirchen­ beamter berufen ist, in kirchlichen Gebäuden und bei kirchlichen Feierlichkeiten poli­ zeiliche Funktionen auszuüben. 33. Hofbeamte sind als solche keine Beamten; contra• BI. 25. Sept. 58 c. Mecklenburg (JMbl. f. 207) m Betreff der bei der General-Intendantur der königlichen Schauspiele Angestellten, weil „das betr. Institut als öffentliche Anstalt für staatliche Zwecke anzusehen sei" (bedenklich). 34. Die verwaltenden Organe der Gemeinden, Kreise und Provinzen stnd Beamte': z. D. die Bediensteten der Deich-, der Provinzial-Feuer-Sozietäten, der Ritterschaften und Landschaften: ZU. 14. Okt. 61, ZI. 30. Nov. 70 (RdO. II, 14; XI, 580). 35. Demgemäß gehören hierher alle Beamten der Gemeinden, insbesondere die Bürgermeister, Beigeordneten, Gemeindevorsteher und MagistratSmitglieder.- ZU. 13. Juni 57 c. Fmk; ZI. 5. Mai 69, Z. 15. Dez. 69 (RdO.X, 288. 787); die Bezirksvorsteher: ZI. 10. Febr. 69 (RdO. X, 77); die Schulzen: ZU 30. April 63 (RdO. IX, 303); der Vorsteher einer städti­ schen Armen-Kommission (nach der Pr Städte-Ordn. v. 30. Mai 1853): BI. 4. Mai 64 (RdO. IV, 489); der Gemeinde-Empsänger: cit. Z 13 Juni 57; der Stadtschulrath (Inspektor): ZI. 28. Juni 61 (RdO. 1,470); der Ge­ meindediener: ZI. 29. Juni 55 c. Maschewökt; ZI. 9. Mai 60 c. Röpke; der Nachtwächter: ZI. 22. Sept. 58 c. Albrecht; ZI. 12. Juli 67 c. Glose (RdO. VIII, 471); der Gemeinde-Förster: DI. 5 März 56 c. Türk; ZPl. 12. Jan. 57 c. Bültmann (Entsch. 35 s. 240); der Gemeinde- (und der Ehren-) Feldhüter (ALR. 11,7 § 68; II, 10 §69; FPO v 1. Nov. 1847 § 50 51): DI. 29. Sept. 58 c. Sommer (GA. VI, 841); V. 3. Novbr. 69 (RdO X, 687: betr. d. Provinz Hannover); das gilt selbst dann, wenn bet dem Feldhüter die Voraussetzung des § 51 der Pr. FPO. v. 1. Nov. 1847 nicht zutrifft. ihm also der vort gewährte „volle Glaube" nicht beiwohnt: ZI. 9. Jnli69 (RdO. X, 498). — Endlich gehören hierher auch die Angestellten bei sonstigen Gemeinde-Anstalten (z. B. bei einer Gasanstalt): ZU. 18. April 61 c. Schulze (GA. IX, 647); der Rendant einer unter ver Verwaltung der Stadt stehenden Sparkasse, sollte diese im Uebrigen auch ein von der Stadt getrenntes Rechtssubjekt fein: ZU. 10 Dez. 68, Z. 13. Juli 70 (RvO. IX, 528; XI, 408). 36. Dasselbe gilt von den durch die Gemeinden mit Genehmigung der vorgesetzten Behörden bestellten Erhebern der Klassensteuer (Pr. Ges v. 30. Mai 1820 § 9a. 6a); dem steht eS nicht entgegen, daß nach § 54 If, 7 ALR. diese Steuer­ erhebung den Schulzen obliegen soll, und daß die Gemeinde eventuell für die Unterschlagungen ihres Erhebers einsteht: DI. 26. Jum57 c. Janke (GA. V, 694); ZU. 7. April 59 c. Kaselitz. 37. Ebenso gilt es von solchen Gemeindemitgliedern, welche in Folge eine- ihnen im Gemeindedienste ertheilten Auftrag« einen Akt der Staatsge­ walt ausüben, z. B. einen Gefangenen transporliren oder eine Grenzsperre hand­ haben; contra: ZPl. 24. Apr. 54 c. Oldendorf (Entsch. 28 s. 164); ZI. 30. Juni 66 c. Awege; vgl. n 10. 38. Was von den Gemeinde- re. Beamten gesagt ist, gilt auch von den Be­ amten solcher Korporationen, welche die Bestimmung haben. Zwecke deS Staats zu ersüllen und Rechte des Staat« auszuüben.- PII. 30. Jum 53 c. Maasch (Entsch. 26 s 163). BundeS-Strafgesepbuch.

39

610

Thl. n. Abschn.

xxvm. Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §359.

39. Das unter n. 37 Gesagte ist nicht aus solche Personen auszudehnen, welchen von einer Behörde oder einem Beamten ein Auftrag lediglich im Inter* esse einzelner Privatpersonen ertheilt rst; also nicht aus den bei einer ZwangSvollpreckung bestellten Hüter der in Beschlag genommenen Sachen, und ebensowenig auf einen gerichtlich bestellten Sequester: DI. 22. Dez. 58 c. Szmyt (Entsch. 40. 2. s. 17). 40. Dagegen sind die durch einen Privat-Waldbesitzer in Gemäßheit des § 32 des Pr. HDGes. v. 2. Juni 1852 mit dem Forstschutze betrauten Per­ sonen Beamte, wenn sie mit der vorschriftsmäßigen Genehmigung der Regierung an­ gestellt und vereidet sind (es sind ihnen polizeiliche Funktionen übertragen): DI. 20. Sept. 61, Beschl. I. 27. Febr. 67; DI. 23. Juni 69 (RdO. I, 540; VIII, 140; X, 445). 41. Dasselbe gilt von den in Gemäßheit bestehender Gesetze bestellten.und vereideten Privatseldhütern (vgl. Pr. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 52, und für daS linke Rhemufer: Code 3. brum. IV. art. 40; Ges. v. 28. plur. VIII. art. 9; Pr. Min.-Vers. v. 30. Juni 1838: RS. VI, 518): DI. 29. Sept. 58 c. Sommer (GA. VI, 841). 42. Eine Privat-Eisenbahngesellschast ist, soweit sie Erwerbszwecke der Aktionäre verfolgt, keine Staateanstalt; die bei der Verwaltung von Einnahmen und Ausgaben derselben Angestellten sind daher keine Beamten; da« Gegentheil gilt dagegen von den Bahnbeamten, welche die der Gesellschaft überlassene Bahnpolizei handhaben, sollten sie auch nur der Eisenbahn-Direktion einen Eid geleistet haben; vgl. Pr. CB..Ges v. 3. Nov. 1838 § 23; Staats-Mm.-Beschl. v. 26. Nov. 1853 (BMbl. 54 s. 2); Pr DiSc.-Ges. v. 21. Julr 1852 §§ 5. 19. 24; DU. 30. Juni 53 (cit. n. 38); DU. 14 Mat 57 c. Schwabe; Lppenh. Ress.-Ges. s. 328 n. 49. 50. 43. Die Personen, welche von den Privat-Eisenbahn-Gesellschaften zu der Beaufsichtigung der beim Etsenbahnbau beschäftigten Handarbeiter an­ gestellt worden sind, haben, insoweit ihnen polizeiliche Funktionen zustehen, dm Be­ amtencharakter; vgl. Pr. Ges. v. 21. Dez. 1846 § 1. 9h—k. 25 44. Dadurch, daß der Staat die Leitung emeö Privat-EisenbahnUnteruehmens für die Aktionäre übernimmt, sowie durch die Bestellung einer Königlichen Direktion, und durch die Beilegung deS Amts.Charakters an die Mit­ glieder derselben, erlangen nicht auch die von dieser Direktion angenommenen oder von der früheren Privat-Dlrektion übernommenen Unter-Angeftellten den Charakter als „Beamten"; es kommt vielmehr daraus an, ob auch diese in den Staatsdienst übernommen worden sind; vgl. Beschl. I. 16. Febr. 59 c. Maja (23B; JMbl. s. 106). 45. Die mit der Verwaltung einer Kaufmanns-Korporation, einer Zunft oder Innung betrauten Personen (Bund.-Gew.-Ordn. v. 21. Jum 1869 §§ 4. 97fgg.) sind keine Beamten: Z. 8. Ott. 52 c. Pollähn (GA. 1,264); Beschl. I. 11. Jan. 61 (RdO. I, 204). 46. Gewerbtreibende sind, selbst wenn sie zu ihrem GewerbSbetriebe eine vorschriftsmäßige „Approbation," „Erlaubniß," „Genehmigung" re. erlangt haben oder von einer Behörde „öffentlich angestellt und beeidigt rc." sind, darum noch keine Beamten. DaS gilt z. B. von Aerzten, Feldmessern, Auktionatoren u.s.w.; vgl. §266 Nr. 3; B.-Gew.'Ordn. v. 21. Juni 1869 § 29fgg. DaS Gegentheil tritt ein, sobald einem solchen Gewerbtreibenden durch die Bestallung eine amtliche Wirk­ samkeit, z. B. seinen Akten eine bevorzugte Glaubwürdigkeit beigelegt ist; demgemäß ist ein amtlich angestellter Handelsmäkler ein Beamter: D. HGB. Artt. 66. 68. 75.84; Pr. EG. z. HGB. Artt. 9. 70. 47. Ein Brückenpächter und der von ihm mit dem Empfange des Brücken­ geldes Beauftragte sind selbst dann feint Beamten, wenn ihnen tm Pachtverträge die Besugniß zur Vornahme von Pfändungen wegen Nichtzahlung deS Brücken­ geldes beigelegt ist: Z1I. 18. Febr. 55 c. Lennartz (RA. 50. 2 A. |. 67). 48. DaS Gegentheil gilt dagegen nach dem Pr. Ehauff.-Geld-Tarif v. 29 Feb. 1840 Zusatzbemerkk. Nr. 22 (GS. s. 100) von einem Chausseegeldpächter: ZI. 27. Apr. 70 (RdO. XI, 262); und ebenso von einem demselben durch die AufsichtShehörde zugeordneten Gehülfen, Vertreter (oder Afterpächter): ZI. 14. Oktbr. 59

Thl. n. Löschn. XXIX. Übertretungen.. — (§ 360ff)

611

Utilnundzwanzigster Abschnitt.*)

Uebertretnngen. Köuigr. Sachsen: Dgl. Vdn. v. 14. Dez. 1870 den Einst, de- B.-StGV.'S auf> Polizeisachen betr. (Ges.- u. Ldn.-Bl. s. 373). c. Ehnst; öl. 18. Febr. 63 (RdO. III, 294). — Ebenso verhält eS sich nach Oldendurgijchem Recht: Präz. OLG. Oldenburg c. Löwenftein (Old. Arch. IX, 19). 49. In Betreff der eine amtliche Stellung nicht bekleidenden Th eil ne hm er an einem AmlSverbrechen vgl. Abschn. 28 ((. 571) n. 3.

§360.

Inhalt.

Polizei-Verordnung. Poltzel-Verorduung «nfftflueg. 14. 16. Fiskal. Maaßregel. 28. 68. - Rechtsweg. 64. Aulland. 21. Funktion. Behörde. 58. - Regierung. 35. 37. Begünstigung. 17. Gastwirt- 63 • Richter. Kenntniß. 48. Beihülfe. 13. 14 52. Gebot. 49. 53. . Prüfung. 90. 94—96. Dolus. 5—7. 14. Gegenstände 40—79. . Urtheil. 61. 62. Gefängniß. 3. Gemeinschaft. 11. 14 • Spez. Gesetze 51. - Eammt.Gemeinde. 40. Geldstrafe. Umwandla. 85. Gesetz. Abänderung. 23. 24. - Spez -Anordnung. 34. * besondere- 2. 3. 24. Gemeinde-Bebörde 60. - Stoppelweide. 74. - Uakenntutß. 6. 14. - Dienste. 70. - Strafandrohung. 83—89. - Interesse 50. 94. Holzdlebstahl 11. 13. 14. • - ältere. 69. . Rechte. 65. - Strafmaaß. 63 84. 88. Konkurrenz. 16. - Vorstand. 42. • Strafumwandlung. 65. Materie 24. General-Kommlssion. 36. Milttär.Persoa 22. 33. - Urtheil, richterl. 61. b2. Gesetz Ergänzung. 54. - Verbindlichkeit. 45. 47. 92. Mitthäter. 11. 14. Polizet-Verordnung. 2. 3. - Strafandrohg. 87. 89. . Abschr. Einreichung. 44. - Widerspruch. 54. 59 - Verkündung 27. 28 40.90. . allm. 27. 29.32.81-83. • Gewerbe. 63. 71. 80. 92. 95. Gültigkeit. 45. 48. 92. 93. - Verordnung, höhere Instanz. 89-91. Gutsbesitzer. 41. • Alignement. 81. 82. 54. 59-61. » Ankuadigg Heilmittel. 72 Haftbarkeit Dritter. 53. ■ versuch. 52. • Aufforderung -. veitr. 75. Handelsbetrieb. 71. • Waage, Benutzung. 69. • Aufhebung! 42. 48 96. Heilmittel. Ankündigg. 72. - Weg, Benutzung. 66. 67. . Au-nahme Gestattung. 48. Hohenzollern 30 - Wtderspr m. Ges. ic. 54— . Beihülfe 52. Holzverkauf-Bedingung. 7g. 57 • Berathung. 42. Jagd. Bracken. 76. - Wlederaufhebung. 47. - Bergpollzet. 32 83. Köhrordnuna. 79. - Windtriebwerk. 51. • Beschränkung, ortl. 35. Kompetenz 26 29. 33. 49ff. Post-Porto-Uebertr. 11. 12. 14. . persönl 45. 48. 66 Konsul 31 Rechtsverletzung 4. 5. Landrath. 37. - zeitliche 4b. Strafart. 25. 63. • Bezirk-rath 36 Landwtrthschaft 36.43 51. Strafausschließung 15. . Bürgermeister. 40. Maaßregel, fiskal. 28. 66. Strafmaaß, relat. 19. 83. • Deichtvesen. 55. Militair 33. Strafmilderung 14. 15. • Delegiruna. 34. 35. 38« Reu-Anziehende Aufn. 73 Lhetlnehmer. 11—14. • Dienstherrschaft 53. Nildtigkeits-Beschwerdt. 93. Umstände, erschw., mild. 14. . Einziehung 8b Oertl. Begrenzung. 35. Uebertretung. 1. 2. • Eisenbahn-Direktion 39. OrtSpolizet 40—44. polizeil. 4. 6. • Etsenbahn-Regl. 74. • Abschr Etnreichg. 44. Unterlassung. 2. 7. - Exekution, Poltz 34. Presse. 57. 72. Verjährung. 16. • Feldpoltzet. 36 43. 51. Privatrecht Etngr. 64 65. Versuch. 10. 52. . Fremdenpolizet. 63. 67. vorschr. allgg. 9—20.

*) Neunundzwanzigster Abschnitt. 1. Da« StGB. (§ 1) hat den Begriff der „Uebertretung" lediglich nach der Höhe der angedrohten Strafe bestimmt. In Betreff de- Näheren vgl. die Be­ merkungen zum nt. § 1, besonders n. 7fgg. 2. Die Eintheilung des § 1 bezieht sich nicht blos auf die im StGB, vorge­ sehenen, sondern aus alle mit Strafe bedrohten Handlungen (Unterlassungen), sollte die Strafandrohung auch m einem besonder en Bundes- oder Landesstraf ge setze oder in einer (in gesetzlicher Weise ergangenen) Verordnung re. einer LandeSbeh'örde ergangen sein. Ist in einem solchen besonderen Gesetze rc. eine im B.-StGD. nicht enthaltene Strafart angedroht, so wird § 8 des Einf.-Ges.'S und das zu diesem unter n. 2. 5 Bemerkte anwendbar. 3. Ist in einem solchen besonderen Gesetze re. (n. 2) eine „ Gefängnißstrafe" angedroht, so ist die That nach §1 selbst daun ein Vergehen, wenn bat

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Thl. H. Abschn. XXIX. Uebertretungen. — (9 360 ff.)

Maß dieser Strafe sechs Woiben nicht übersteigt. Hierbei ist aber das zum EG. § 8 n. 3 Gesagte zu berücksichtigen; es ist sonach nicht entscheidend, daß daS (altere) Gesetz re. die betr. Strafe al- „Gefängniß" bezeichnet, sobald dieselbe nach den zur Zeit der Androhung im betr. Staate geltenden allgemeinen Grundsätzen Nicht der „Gefängnißstrafe- des B-StGB.'- (§ 16) sondern der „ Hast" (§ 18) ent­ sprach ; tit diesem Falle ist zetzt die „Hast- an die Stelle getreten. Da, wo im Wege der Landesgesetzgebung in Gemäßheit des § 8 des Einf.'Ges.'S Übergangs­ bestimmungen ergangen sind, ist nach diesem zu verfahren. Vgl. Pr. Einf.Ges. Art. VIII. 4. DaS StGB, unterscheidet nicht, ob die vorgesehenen und mit UebenretungSstrafen bedrohten Handlungen die Verletzung des Rechts eines Andern in sich schließen, oder ob daS erlassene Strafverbot (Gebot) einen rem polizeilichen (vorbeugenden) Charakter habe. Bestimmungen der letzteren Art enthalt nicht nur Abschn. 29, solche finden sich vielmehr zum Theil auch unter den in den früheren Abschnitten behandelten Vergehen (Beisp. GewerböglückSspiel, Verletzung der zur Ab­ haltung einer ansteckenden Krankheit angeordneten Maßregeln: §§ 284. 327. 328; vgl. auch § 139). Umgekehrt zählt auch Abschn. 29 eint Anzahl Straffälle aus, welche wesentlich in der Verletzung eines fremden Rechts bestehen; vgl. § 360 Nr. 7. 8; 363. 364. 367 Nr. 10; 368 Nr. 9. 11; 370 Nr. 1. 2. 4. 6. 5. Bei den eine Rechtsverletzung in sich schließenden Uebertretungen gelten in Betreff deS erforderlichen Dolus dieselben allgemeinen Grundsätze, tote bei Ver­ gehen rc.; insbesondere wird bei dem ein „unbefugte-- („unberechtigtes") Thun vor­ aussetzenden daS Bewußtsein des mangelnden Rechts erheischt. 6. Auch bei den einen rein polizeilichen Charakter an sich tragenden ZuwiderHandlungen wird als D oluS der Wille, die betr. Handlung vorzunehmen, also em bewußtes Thun, vorausgesetzt; insbesondere würde auch hier geeigneten Falle§ 59 Platz greifen, nach welchem die zum gesetzlichen Thatbestände gehörenden Um­ stände nur demjenigen nicht zuzurechnen sind, welcher ihr Vorhandensein bei Be­ gehung der strafbaren Handlung nicht kannte Dagegen braucht freilich m Beziehung auf irgend einen bestimmten Erfolg weder em DoluS noch eine Fahrlässigkeit obzu­ walten, weil em solcher bestimmter Erfolg regelmäßig zum Thatbestände jener Zu­ widerhandlungen nicht gehört. Vgl. Hälschn. Abh. t. Genchtösaal XVII, 342; Schwarze Comment, f. 23; ZI. 5 Oft. 70 (RdO. XI, 497). 7. Besteht der Thatbestand einer (Polizei-) Uebertretung in der Nichtbefol­ gung eines polizeilichen Gebots, so braucht zwar der Wille nicht auf diese Nicht­ befolgung gerichtet gewesen zu sein (auch die ans Vergeßlichkeit rc. entspringende Un­ terlassung der gebotenen Handlung zieht die Strafe nach sich); dagegen muß auch hier eine durch höhere Gewalt herbeigeführte absolute Verhinderung, oder ein Irr­ thum, vermöge besten der Betreffende glaubte, er habe das durch das Gesetz rc. (wirklich) Gebotene erfüllt, Straflosigkeit zur Folge haben; z. B. im Falle des § 139 die Anzeige bei einer unrichtigen Person; vgl. Bes. s. 48. 577 IV. A. M. ist Schwarze Comment, s. 24, welcher auch hier den „Willen zu unterlassen" erheischt. 8. Die Unkenntniß der Strafvorschrift macht eine Uebertretung nie straflos; in Betreff eines Rechtsirrthums gilt auch hier das zum Abschn. 4 (s. 114) n 8 Gesagte. 9. Die im ersten Theile des StGB, enthaltenen „die Bestrafung re. im Allgemeinen" betreffenden Vorschriften beziehen sich nach der ausdrücklichen Andeutung in der Ueberfchrift auch auf Übertretungen, insoweit dieses nach der Natur der Einzelbestimmuugen möglich und das Gegentheil nicht ausdrücklich aus­ gesprochen ist. Solche ausdrückliche Besonderheiten enthalten im Abschn. 1 nur § 27 (über den Mmdestbetrag der Geldstrafe: ein Dnttheil Thaler), § 28 (in Betr. der Substitmrung der Haft für eine nicht beizutreibende Geldstrafe), § 29 (tn Betreff des MaaßstabeS und des Maaßes für die Umwandlung der Geld- in Freiheitsstrafe) § 37 (in Betreff der Statthaftigkeit der abermaligen Verfolgung eines im Auslande bestraften BundeSangehörigeu wegen eines im Auslande verübten Verbrechens oder Vergehens) und endlich § 40 (42), welcher die Einziehung der durch eine Strafthat hervorgebrachten oder zur Begehung derselben gebrauchten oder bestimmten Gegen-

Thl. II. Abschn. XXIX. Uebertretungen. - (§ 360 ff.)

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stände nur bei vorsätzlichen Verbrechen oder Vergehen gestattet. Gei Uebertretungen findet eine Einziehung nur insoweit statt, als sie ausdrücklich für statthast erklärt worden i(i; vgl. § 360 Nr. 1. 2. 4 5. 6. 14 und Schlußsatz, § 367 Nr. 7—9 und Schlußsatz, § 369 Nr. 2 und Schlußsatz; in diesen Fällen findet dann aber auch §42 Anwendung. 10. Der Versuch einer Uebertretung ist als solcher straflos, da die Vorschrif­ ten der §§ 43—46 sich ausdrücklich auf den Versuch eines Verbrechen- oder Ver­ gehens beschränken. Ausnahmen von diesem Grundsätze können durch besondere Ge­ setze (soweit fie neben dem StGB. Geltung haben) bestimmt werden; z. B. durch Pr. HDGes. v. 2. Jum 1852 § 5; B.-Postges. v. 2. Nov. 1867 §29. 31 (BGbl. (.68). 11. Die Grundsätze von der MirrHL terschast (§ 47) finden auch bei Uebertretungen Anwendung, insoweit bet diesen eine „gemeinschaftliche Ausführung" in dem zu § 47 unter n. 9sgg entwickelten Sinne denkbar ist; eS wird daher auch hier erfordert, daß der einzelne Thäter außer dem auf die Selbftbegehung gerüste­ ten Willen auch das Bewußtsein und den Willen hatte seine Thätigkeit zugleich zur Verwirklichung des auf Verübung derselben That gerichteten Willens der Anderen dienen zu lassen, so daß die eine Strasthat durch da- Zusammenwirken Aller voll­ bracht wurde. 12. Anstiftung zur Begehung einer Uebertretung ist nach § 48 aus dem auf die That des Angestifteten anwendbaren Gesetze zu bestrafen. Da aber die An­ stiftung wesentlich m der Hervorrusung des Entschlusses (des Willens) zur Begehung emer Strasthat besteht, so wird hier vorausgesetzt, daß die Uebertretung vom Thäter vorsätzlich verübt worden sei — Das Gesagte erleidet bei Post- oder PortoUebertretungen eine Ausnahme, da § 36 des B.-Postges.'s v. 2. Nov. 1867 (BGbl. (. 69) die „Theilnahme" (d. h. die Anstiftung oder Beihülfe zu einer solchen) für straflos erklärt. 13. Die Beihülse zu einer Uebertretung ist als solche straflos; vgl. §49, welcher sich nur aus Verbrechen und Vergehen beschränkt. Auch hier können die neben dem StGB, geltenden besonderen Gesetze das Gegentheil vorschreiben; vgl. z. B. Pr. HDGes. v 2. Juni 1852 § 5. 14. Insoweit hiernach (n. 11—13) die „Theilnahme" an einer Uebrtretung strafbar ist, findet auch § 50 (in Betr. der Unkenntniß straferhöhender oder mildern­ der Umstände) Anwendung 15 Die Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern (Abschn. 4: § 51—72) gelten allgemein, al,o auch bei Uebertretungen; die letzteren haben eine besondere Berücksichtigung m den §§ 57 Nr. 4, 67 Abs. 3, 70 Nr. 6 gesunden. 16. Aehnlich verhält es sich mit den Grundsätzen über daS Zusammen­ treffen mehrerer strafbarer Handlungen (Abschn. 5: § 73—79); Besonderheiten für Uebertretungen enthalten die §§ 77 Abs. 2; 78 Abs. 2. 17. Die Begünstigung ist nur in Betreff der Theilnehmer an einem Ver­ gehen für strafbar erklärt; §§ 257.258. 18. In Betreff der Verjährung vgl. § 66-72 und die Bemerkungen zu denselben Enthält eine Uebertretung eine fortdauernde Verletzung deS Ge­ setzes, dauert also die mit Strafe bedrohte Handlung (Unterlassung) selbst (und nicht blos die durch sie hervorgebrachte Wirkung) fort, so wird da« zu § 67 n. 8. 9 Ge­ sagte anwendbar; vgl. Pr. JMVers. v. 28. Aug. 1852, welche als Beispiele solcher Uebertretungen das Ausbewahren entzündbarer Materialien an feuergefährlichen Orten, das fortgesetzte Beherbergen einer nicht angemeldeten Person, da« Nichthalten der vorgeschriebenen Feuerlöschgeräthe n. dgl. anführt; sic : in Betreff der Unterlaffung einer polizeilich vorgeschriebenen Anmeldung (z. B. eine« Dienstantritt- rc.): BPl. 11. Apr. 53 c. Jägers (IMbl. f. 239); DU. 7. Febr. 61 (RdO. 1, 241); n. ö.; contra. ZI. 2. Febr. 53 c Klose (Entsch. 25 s. 255). — Dagegen rechnete ein ZKH. 24. Mai 34 c Weyrr (RA. 21. 2A. s. 14) die Zuwiderhandlung gegen ein Verbot, neue Strohdächer aufzulegen, nicht hierher. In ähnlichem Sinne er­ ging: ZU. 19. Febr. 57 c May (Rh. S.), welche- bei der verbotswidrigen Crrichtung eines Gebäudes m der Nähe eine« Staat-walde- (Ordonnanz v. Aug. 1669 Tit. 27 Art. 28) die Verjährung von der Vollendung des Gebäude- an rechnete, da nur die Errichtung, nicht der fortdauernde Besitz deffelben im Gesetz mit Strafe bedroht [et.

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Thl. n. Abschu. XXIX. Uebertretungen. — (§ 360 ff.)

19. Insoweit nach dem bisher Ausgeführten für Uebertretungen besondere Grundsätze Geltung haben, sind dieselben auch da anzuwenden, wo die Höhe deS Strafmaßes sich nach der Höhe des Objekts des EmzelfalleS (z. B. bei Abgaben­ hinterziehungen) oder nach der Höhe des angerichteten Schadens richtet; vgl § 1 n. 11.12. Insoweit in einem solchen Falle die Strafe das tm § 1 Abs. 3 bestimmte Maß Nicht übersteigt, die That also eine „Uebertrelung" darstellt, können auch die die Uebertretungen beherrschenden allgemeinen Grundsätze Anwendung finden. 20. Im Uebngen macht es bei der Anwendung der allgemeinen Grundsätze aus Uebertretungen keinen Unterschied, ob diese im StGB, selbst, oder in einem be­ sonderen (Bundes- oder Landes-) Gesetze, oder endlich m einer gesetzlich erlasse­ nen Polizeiverordnung (vgl. n. 26ff.) vorgesehen sind. 21. Ueber die Verfolgbarkeit der mt Auslande verübten Uebertretungen vgl. $ 6 uud d»e Bemerkungen zu demselben. 22. Sine Pr. AKO. v. 18. Jan. 1859 (BMbl. s. 97) bestimmte, daß die im dritten Theile deS Pr. StGB.'S ausgeführten alternative mit Geld- oder Gesängnrßstrafe bedrohten Uebertretungen mit Ausnahme der einfachen Beleidigung und der im § 349 Nr. 1. 2. 4. und 5 aufgeführten Uebertretungen au MilUärpersouen innerhalb der Grenzen der DiSciplinargewalt tm DiSciplmarwege bestraft werden könnten, wenn nach dem Ermessen deö MilitärbefehlShaberö unter den obwaltenden Derhältnisien des Falles die DiSciplinargewalt dazu ausreiche (vgl. Pr.-Vdn. ü. d. DiSc.-vestrafung m der Armee v. 21. Okt. 1841 §3: GS f. 325; eingeführt in den neuen Provinzen durch MO. v. 27. Nov. 1866: GS. s. 383). Obgleich diese Vorschrift (wie überhaupt die die DiSciplinardestrasung m der Armee betreffenden) nicht zu denjenigen gehört, welche durch die Vdn. v. 29. Dez. 1867 (BGbl. s. 185) im ganzen Bundesgebiete eingeführt worden sind, ist sie für Preußen noch als maßgebeud anzusehen. Den §§ 349 Nr. 1. 2. 4 des Pr. StGB 's entsprechen jetzt die §§ 370 Nr. 1. 2. 3 des B.-StGB.; der in der Nr. 5 des § 349 vorgesehene That­ bestand ist dagegen im § 291 deS B.-StGB.'S mit einer Vergehen-strafe bedroht worden; er scheidet somit hier aus. 23. Der Abschn. 29 zählt eine Reihe von Uebertretungen auf und be­ droht sie mit speziell normirten Strafen, welche mau für überall gleichmäßig an­ wendbar erachtete; eben deshalb muß eine Abänderung der hier gegebenen Dorfchrijtm im Wege der Soudergesetzgebung des einzelnen Bundesstaates für anSgeschloffen erachtet werden, insoweit nicht die Emzelbestimmungen deS StGB.'S selbst für ihre Anwendbarkeit daS Bestehen oder den demnächstigen Erlaß besonderer ge­ setzlicher oder polizeilicher Anordnungen voraussetzen; vgl. § 360 Nr. 9.12. 14; 361 Nr. 1.10; 367 Nr. 2. 4. 5. 9.14.15; 368 Nr. 1. 2. 8; 369 Nr. 3 vgl. Motive s. 156. Wo solche polizeiliche (oder gesetzliche) Anordnungen fehlen, können die betr. Strasvorschriften keine Anwendung finden. 24. Im Uebrigen sollte aber der Partikulargesetzgebung keine Beschrän­ kung auferlegt werden, um nach dem örtlichen oder zeitlichen Bedürfnisse, sei eS tm Wege der Landesgesetzgebung, sei es mt Wege der gesetzlich geregelten Autonomie der Behörden und Gememven Strafverbote innerhalb der für Uebertretungen be­ stimmten Strafgrenzen zu erlaffen. Demgemäß find ältere Gesetze und Ver­ ordnungen der fraglichen Art, insoweit sie Materien betreffen, welche nicht Gegenstand des B.-StGB.'S sind, unzweifelhaft in Kraft verblieben: EG. §2. Ueber den Begriff der „Materie" vgl. ctt. § 2 n. 3 ff. besonders n. 6. 25. In Betreff der durch solche ältere Gesetze re. erlaffeneu Strafverbote und der durch sie angedrohten Strafarten vgl. CG. § 5 und für Preußen daEmf.-Ges. z. Pr. StGB. Art. VIII. (die Franks. Ems.-Vdn. v. 12. Dez. 1866 Art. VI. § 2, und die Emf.-Vdn. s. d. übr. neuen Landestheile v. 25. Juni 1867 Art. VIII) sowie die Bemerkungen zu diesen Gesetzen am Schluffe dieses Werkes. 26. Die Defugniß der einzelnen Behörden, allgemeine Polizeiverordnuugen zu erlaffen, und Zuwiderhandlungen mit Strafen zu bedrohen, war frü­ her in Preußen geregelt durch ALR. II, 17 § 10ff.; Vdn. v. 26. Dez. 1808 § 45; Reg. - Jnstr. v. 23. Oktbr. 1817 § 11; zu vergleichen war darüber tm St.-Min.. Beschl. v. 25. Febr. 1845 (ZMbl. s. 34; RS. IX, 11) und die Bemerkungen in

Thl.

n.

Abschn. XXIX.

Uebertretungen. - (§ 360 ff.)

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OppenhoffS Reff.-Geff. f. 164 n 487 sgg. — Für daS linke Rheinufer enthielten ein Gef. v. 16 —24. Aug. 1790 Ttt. 11 Art. 2. 3. 5 und ein Gef. v. 19.-22 Juli 1791 TU. 1 Art. 46, für daS Großherzogthum Berg das Dekr. v. 18. Dez. 1808 Art. 28, und außerdem für die ganze Rheinprovinz das Reff.-Regl. v. 20. Jult 1818 § 32. 33 die maßgebenden Bestimmungen. — Ueber die betr. Befugniß der Gräfl. Stollbergschen Regierung zu Wernigerode vgl. D. (II. 242) 19. Ottbr. 65 c. Rohr 27. Aeltere, in vorschriftsmäßiger Weife ergangene und verkündete PolizeiVerordnungen sind, insofern sie nicht Materien betreffen, auf welche sich daS StGB, bezieht, m Kraft verblieben und durch das Pol..Ges. v. 11. März 1850 (vgl. n. 29) nicht aufgehoben: cit. Gef § 19: 2311. 5. Dez. 61 c. Pfeill. Sie bedürfen auch nicht einer nochmaligen Verkündung in Gemäßheit der Vorschriften des cit. Gef.: VKH. 10. April 52 c. Paschen (RA. 47. 2A. f. 47). 28. Eine früher auf Grund gesetzlicher Vorschrift vom Finanz-Minister ausgegangene Strafverordnung ist verbindlich, selbst wenn sie nicht von jenem selbst, sondern vom Prov.-Steuer-Direktor veröffentlicht worden ist, ohne daß dabei der höheren Anweisung Erwähnung geschehen wäre; so: PI. 5. Dez 66 (RdO. VII, 690; nicht unbedenklich). 29. Jetzt richtet sich die Befugniß der Preußischen Behörden nach dem (Polizei-) Gef. v. 11. März 1850 § 5ff., (eingeführt tm Jadegebiet durch die Bdn. v. 24. Jan. 1859) und in den neuen Landeötheilen nach der (im Wesentlichen mit dem cit. Gesetz übersinstimmenden) Bdn. v. 12. Sept. 1867 § 5—17. Jene Be­ stimmungen sind weder durch den Königl. Erlaß v. 19. Juni 1852 (GS. f. 388), noch durch da- Gef. v. 24. Mai 1853 Art. 1. 2 (GS. f. 335), noch durch das Gef. v. 14. April 1856 (GS. f. 354) außer Kraft gefetzt worden: ZU. 7. Oktbr. 58 c. Buchholtz (JMbl. f. 366). 30. Wenngleich das Pol-Gef. v. 11. März 1850 in den Hohenzollernscheu Landen Nicht förmlich publizirt worden ist, so kann doch die dortige Provtnzial-Regierung auf Grund der §§ 11.12 desselben bindende Polizei-Verordnun­ gen erlassen, weil die für jene Lande ergangene OrganifationS-Lerordnung v. 7. Jan. 1852 die Regierungs-Instruktion vom 23. Ott. 1817 mit den zu derselben ergan­ genen erläuternden, ergänzenden und abändernden Bestimmungen als Verwaltungs­ norm aufstellt, und zu diesen ergänzenden und abändernden Bestimmungen auch die cttt. §§ 11. 12 gehören: VII. 29. April 58 c. Schmidt. 31. Für die der Konsulargerichtsbarkeit unterworfenen Personen kann jeder Konsul für feinen ganzen Jurisdiktionsbezirk oder einen Theil desielben poli­ zeiliche Vorschriften erlaffen und die Nichtbefolgung derselben mit Geldstrafen bis zu zehn Thalern bedrohen: Pr. Gef. v. 29. Juni 1865 § 17 (GS. f. 684); BundeSgefetz v. 8. Nov 1867 § 24 (BGbl. f. 124). 32. Bergpolizeiliche Verordnungen gehen von den Oberbergämteru aus; vgl. Pr. Berggef. v 24. Juni 1865 §§ 196—202. 207. 208; und für die frühere Zeit: Gef v. 21 Mai 1861 (§1) und v. 10 Jnm 1861 §§8—11 (GS. f. 427). Aeltere bergpclizeiliche Verordnungen stnd in Kraft verblieben; auch m Betreff ihrer werden aber jetzt nur die m den §§ 207. 208 des Berggesetzes angedrohten Strafen wirksam. In Betreff des Näheren vgl. Oppenhoff zu den citt. §§ des Berggesetzes. 33. Ueber die Erlaffung solcher Polizeiverordnungen, bei welchen das Militair konkurrirt, vgl. Cirk. d. Pr. Min d. Inn. v. 21. Aug. 1852 (DMbl. f. 218). 34. Die Vorschriften der §§ 5sgg. des cit. Pol.-Gef. beziehen sich nur auf allgemeine Polizeiverordnuugen. Polizeiliche Verfügungen, welche für einen spe­ ziellen Fall und einer einzelnen Person gegenüber Weisungen auSsprechen, sind nach den für die Exekutivgewalt der betr. Behörden geltenden Vorschriften zu be­ urtheilen: vgl. 1. c. § 20; Bdn. v. 20. Sept. 1867 § 18. Danach ist es unzulässig, solche Handlungen, welche durch ein Gesetz unter Strafen gestellt sind, außerdem noch mit Exekutivstrasen zu bedrohen und die letzteren gegen die Ueberrreter anstatt oder neben der gerichtlichen Bestrafung aus dem Gesetze zu verhängen: Vers. d. M. d. Jun. v. 15. März 1869 (BMbl. f. 74) — Im Uebngen findet gegen die An-

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Thl. IL Abschn. XXIX. Uebertretungen - (§ 360 ff.)

drohung und Verhängung polizeilicher Exekutivstrasen der Rechtsweg nicht statt: Beschl. II. 21. Jan. 69 (RdO. X, 42), Oppenhoff Ressortgess s. 50 n. 26. 35. Die Regierungen, welche für mehrere Gemeinden ihres Bezirks ver. bindliche Polizei-Verordnungen «lassen können, sind auch befugt, eine andere ört­ liche Begrenzung für die Wirk,amkeit derselben anzuordnen, z. D. für einen bestimmten See oder für einen einzelnen Forst eme solche Verordnung zu erlassen: Beschl. I 26. Sept. 60 c. Rosenow (139 B ; JMbl. s. 410). 36. Die nach § 13 des Pr. Pol -Ges. ersorderliche Zustimmung des BezirkSraths zu den von der Bezirköregierung in Betreff der landwirthschaftlrchen Polizei zu erlaffenden Vorschriften fällt weg, seitdem daS Ges. v. 24. Mai 1853 (GS. s. 228) den Art. 103 der Verfassung aufgehoben hat, das Gesetz also BezirkSrLthe nicht mehr kennt; insbesondere ist damit auch die durch Min-Vers v. 13. März 1852 angeordnete Vertretung der Bezirksräthe durch die General-Kom­ missionen weggefallen: Beschl. I. 26. Sept. 60 c. Rosenow (cu. n. 35). Da­ gegen ist die Untersuchung dieser Frage (ob eS der Zustimmung der General-Kom­ mission zum Erlaß der betr. Pol.-Verordnung bedurft habe), dem Gerichte durch den § 17 des cit. Ges.S nicht entzogen; contra: cit. Beschl. I. 26. Sept. 60; vgl. n. 43. 37. Insoweit die (Preußischen) Landräthe nicht die örtliche Polizei ver­ walten, (:BII. 7. Nov. 67: RdO. VIII, 681) steht ihnen die Befugniß zum Crlaffe von Poltzeiverordnungen nicht zu. Ebensowenig kann ihnen von den Regie­ rungen eine solche Befugniß übertragen werden: ZKH. 5. Okt. 52 c. Achternbusch (RA. 47. 2A. s. 132); ZU. 7. Ott. 58 c. Buchholtz (JMbl. s. 366); vgl. aber Min.-Bers v. l.Julr 1860 (DMbl. s. 146), und unten n. 55. 38. Eme Polizei-Verordnung, durch welche eine Handlung (Leistung) geboten uud die Nichtleistung mit Strafe bedroht trtrb, kann die Bestimmung des Maßes dieser Leistung einer untergeordneten Behörde (nach Maßgabe des zeitlichen oder örtlichen BedÜrfniffeS) überlaffen: DU. 4. März 69 (RdO. X, 131). Die ergän­ zenden Bestimmungen können dann aber ebenfalls nur im Wege einer „PolizeiVerordnung," also nur von einer dazu kompetenten Behörde erlaffen werden; contra: cit. VII. 39. Die Königlichen Eisenbahn-Direktionen sind nicht befugt, PolizeiVerordnungen im Sinne des Pr. Pol.-Ges. v. II. März 1850 §§ 5ff zu erlaffen; vgl. Min -Vers. v. 23. Juni 1858 (VMbl. s. 69). 40. Dem Bürgermeister einer Sammt-Gemrinde steht nach der Pr. Gem-Ordn. v. 11. März 1850 die örtliche Polizei-Verwaltung in den zur letz­ teren gehörenden Einzel-Gemeinden nur dann zu, wenn sie ihm von der StaatsRegierung (d i. hier der Bezirksregierung) übertragen worden war; war dieses geschehen, so kaun er für den ganzen Umfang der Sammt-Gemeinde Polizei-Ver­ ordnungen erlaffen, die dann aber zu ihrer Gültigkeit der Publikation in den EinzelGemeinden bedürfen: Dil. 23. April 53 c. Krmpler (RA 48. 2A. s. 55); ähnlich: VII. 30. Sept. 51 c. Ohligschläger; VII. 7. Jan. 58 c. HefsS (RA 54. 2A. (. 3); li. ö. In diesem Falle ist er auch befugt, in Betreff desselben Gegenstandes für die verschiedenen Einzelgemeinden verschiedene Poluei-Verordnungen zu erlassen: Mm.Derf. v. 1. Juli 1860 (VMbl s. 146). 41. DaS Recht, oUSpolizeiliche Verordnungen zu erlassen, steht auch den In­ habern der ortSpolizei-obrigkeitlichen Gewalt und ihren Stellvertretern zu: VII. 7. Okt. 58 c Buchholtz (JMbl f. 366). 42. Die mit der örtlichen Polizeiverwaltung beauftragten Behörden müssen eine zu erlassende Polizei-Verordnung vorher mit dem Gemeinde-Vor­ stände berathen (Pol'Ges. § 5); dagegen bedarf es einer Zustimmung des letz­ teren nicht: VI 3. Mai 54 c. Kretzschmer (JMbl. s. 268). Jenem Erfordernisse ist genügt, wenn der Entwurf der Verordnung dem Vorstande mitgetheilt worden ist, sollte derselbe auch eine Erklärung darauf nicht abgegeben haben: ZIl. 7. Okt. 58 (cit. n. 34). — Die ganze Vorschrift fällt weg, wenn neben dem die OrtSpolizei handhabenden Gemeindevorsteher ein besonderer Gemeindevorstand nicht existut DKH. (Int. d. Ges.) 1. Mat 52 c Geulen (JMbl. r. 251; RA. 47. 2A. f. 97); DU. 30. Sept. 54 und VII 7. Jan. 58 (cit. n. 37). 43. Die Vorschrift des § 7 des Pol.-Ges., nach welcher (ortSpolizeiliche) Der-

Thl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretungen. - (§ 360 ff.)

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ordnungen über Gegenstände der landwirthschastlichen Polizei der Zustimmung der Gemeindevertretung bedürfen, ist auch da maßgebend, wo eint solche Verordnung auch nur theilweise auf landwirthschastlich polizeilichen Rücksichten beruht: ZU. 15. Mai 56 c. Marquet; VII 6. Juni 63 (RdO. III, 487). 44. Don jeder ort-polizeilichen Verordnung ist eine Abschrift der zunächst vorgesetzten Staatsbehörde einzureichen: Pol-Gel. § 8. Zst dieses geschehen, so ist e- gleichgültig, zu welchem Zwecke diese Einreichung bewirkt ist. Die Gültigkeit der Pol.-Derordnung ist durch diese Einreichung nicht bedingt; die Gerichte haben daher die Beobachtung dieser Vorschrift nicht zu prüfen: BI. 19. Sept. 66 (RdO. VII, 490). 45. Polizei-Verordnungen sind für alle in ihrem Geltungsbereiche sich aus­ haltende Personen, also auch für Fremde verbindlich. 46. Die Wirksamkeit einer Polizei-Derordnung kann sofort bei ihrem Erlaffe aus eine bestimmte Frist beschränkt werden: VKH. 23 Dez.5I (Tr. Ann VII, 1. s. 133\ 47. Polizei-Berordnungen können durch diejenige Behörde, von welcher sie er­ lassen worden, oder welche an die Stelle der erlaffenden Behörde getreten ist, wieder aufgehoben werden: VKH 27. Jan. 49 c. Pork, VKH. 10. Juli49 c. v.Kürten (RA. 44. 2A f. 32. 34). 48. Dagegen kann eine Ort-polizeibehörde cimm Einzelnen nicht gestatten, einer bestehenden ort-polizeilichen Verordnung zuwider zu handeln: Cass. 12. janv. 46 (Sir. 47. 1. f. 478). 49 Die Gegenstände, über welche polizeiliche Verordnungen in verbind­ licher Weife erlaffen werden können, sind un § 6 des Pr. Pol.-Gef. aufgezählt. Diese Auszählung ist lnnitativ. Dagegen können in Beziehung auf die genannten Gegenstände nicht allein Verbote, sondern auch Gebote (;. B. zu persönlichen Dienstleistungen behusS Abwendung einer Gemeingefahr) erlaffen und die Nicht­ befolgung derselben mit Strafe bedroht werden: DU. 4. März 69, ZU. 8. Apr. 69 (RdO. X, 207). 50. Das am Schluß des eit. § 6 als Gegenstand ort-polizeilicher Vorschriften genannte „alle- Andere, was im besonderen Interesse der Gemeinden und ihrer Angehörigen polizeilich geordnet werden muß," ist auf die im Interesse der Ge­ meinden und der Gemeindeglieder als solcher gebotenen Gegenstände, d. h. auf Gemeinde-(Bezirk--) Angelegenheiten zu beschränken; so: Abh. in d. D. GerichtSzeitung 1863 f. 2. 51. Der Aufzählung im §6 eit. treten diejenigen Gegenstände hin-u, für welche durch Spezialgesetze die Erlassung von Polizei-Verordnunzen gestattet ist, z. B. FPO v 1. Nov. 1847 §§ 2. 25. 73, und Ges. v 1. Juli 1861 § 13, BGew.Ordn. v. 21.Junil869 § 28 über die Entfernung von Windtriebwerken von anderen Grundstücken rc. vgl. § 366 Nr. 1, AKO. v. 7. gebe 1837, ferner § 360 Nr. 12; § 361 Nr. 6; § 367 Nr. 2. 4. 5. 14. 15; § 368 Nr 1. 2. Auch bei derartigen Verordnungen werden die formellen Vorschriften des Pol.-Gef. maßgebend mit den durch das betreffende Spezialgesetz getroffenen Abänderungen und Ergän­ zungen; vgl. Min.-Jnstr. v. 1 Juli 1856 (JMbl. s. 198) 52. Eine Polizei-Derordnung kann auch den Versuch oder die Beihülse zu einer durch sie untersagten Handlung mit Strafe bedrohen; contra: TL. f. 312 n. 101. 53. Ebenso kann sie bei polizeilichen Verboten den Dienstherrn de-Contravenienten, welcher die Uebertretung zu hindern verabsäumt hat, mit Strafe bedrohen: Dil. 6. Juni 63 (RdO. III, 487). Dagegen steht es ihr nicht zu, neben der Strafandrohung gegen den Urheber einer Uebertretung auch die Haftbarkeit dritter Personen für die jenen treffenden Verurtheilungen zu Geldbuße und Kosten (z. B. der Aeltern, Lehrherren re.) anSzusprechen: ZI. 30. Mai 56 c. Wybranietz (GA. IV, 688); contra: BII. 7. Nov. 67 (RdO. VIII, 678). 54. Die Polizei-Berordnungen dürfen keine Bestimmungen enthalten, welche mit den Gesetzen oder den Verordnungen einer höheren Instanz in Widerspruch treten: Pol.-Ges § 15. Daran- folgt indessen nicht, daß Gegenstände, welche an sich gesetzlich re. geregelt sind, nicht mit Rücksicht auf örtliche Bedürfnisse noch

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Übertretungen. - (§ 360 ff.)

eine ergänzende Regelung durch Polizei-Derordnnngm erfahren könnten. ES ist so­ nach nicht unstatthaft, daß eine Ortö-Pol.-Vdn. die Verordnungen der höheren In­ stanz ausdehne ober verschärfe: ZU 23. Oft. 62, VII. 28. Jan. 64, DU. 14. Jan. 69 (RdO. III, 85; IV, 332; X, 27); vgl. n. 52. 55. Demgemäß wird durch § 15c. das Pr. Ges. üb. das D eichw es e u v. 28. Jan. 1848 § 15 o. (GS. f. 57), nach welchem das für jeden Deichverband abzu­ fassende und landesherrlich zu vollziehende Statut unter Anderem auch die von den Grundbesitzern zu übernehmenden Beschränkungen des Eigenthums näher bestimmen soll, die Befngmß, im polizeilichen Wege weiter gehende Beschränkungen anzuordnen, nicht ausgeschlossen: DU. 8. Jan. 57 c. Knorsch. 56. Durch eine Polizei-Verordnung kann den Hausbesitzern untersagt werden, das Dachwasser auf die anstoßende ©trage abfließen zu lasten, ohne dag bet dieses letztere gestattende Art. 681 des Rh. BGB.'S dem entgegen stände: DU. 7. Apr. 70 (RdO. XI, 236). 57. Die Benutzung der Presse kann nicht nur durch förmliche Gesetze, son­ dern auch durch Polizei-Verordnungen beschränkt werden (Pr. Verfast. v. 31. Jan. 1850 Art. 27): DII. 18. Oft. 66 (RdO. VII, 555). 58. Dagegen können die durch daS Gesetz einer bestimmten Behörde über­ wiesenen Funktionen nicht im Wege einer Pol.-Derordnung einer andern Behörde übertragen werden: ZU. 1. Juli 61 (RdO. I, 433); vgl. n. 34. 59 Hat eine Verfügung der höheren DerwaltungS-Instanz den Erlaß einer Pol.-Berordnnng über gewisse Gegenstände untersagt, so ist eine im Widerspruch dagegen ergangene Ddn. unverbindlich: ZU. 21. Oft. 58 c. Ackermann. Dasselbe gilt, wenn die höhere Instanz bei Erlaß einer Polizeiverordnung sich die Ausdehnung derselben aus andere Gegenstände vorbehalten hat: ZU. 5. März 57 c. MölderS. 60. Ebenso darf eine Pol.-Vdn. nicht über solche Gegenstände ergehen, deren statutarische Ordnung und Handhabung durch die zuständige oberste Verwaltungs­ stelle den Gemeindebehörden als solchen übertragen worden ist: DII. 24. Sept. 57 c. Rapp (bett. den Zwang einer HandwerkerunterstützungS-Kasse beijutreten). 61. Eine über Pnvatverhaltmste zwischen Prozeß führenden Parteien ergan­ gene Entscheidung ist selbst dann, wenn eine dieser Parteien der FiSkuS und dieser der unterliegende Theil war, nicht als Verordnung einer höhern Instanz an* usehen: ZII. 7. Okt. 58 c. Buchholtz (JMbl. 366). 62. Umgekehrt darf eine Pol.-Derordnung nicht der richterlichen Entscheidüng über Eigmthum und Besitz-Recht vorgreifen: ZIl. 1. Oft. 57 c. Römerscheid (RA. 53. 2A. s. 35; in einem Falle, wo Eigenthum und Besitz zwischen der Gemeinde und Privaten streitig waren, hatte der Bürgermeister als Ortspolizeibehörde cm all­ gemeines Strafverbot erlassen, das betr. Grundstück zu betreten); ähnlich: ZII. 15. Apr. 58 o. Hoppe; ZU. 12. März 68 (RdO. IX, 199). 63. Es ist statthaft, den Gastwirthen im Wege der Polizei-Verordnung Verpflichtungen aufzuerlegen, welche auf die polizeiliche Kontrolltrung des FremdenVerkehrs abzielen (z. B. ein Fremdenbuch zu führen, und täglich ein Verzeichmg der angekommenen Fremden der Polizeibehörde einzureichen); dem steht weder daS B.-Paßges. v. 12. Oft. 1867 (BGbl s. 33) noch die B.-Gew.-Ordn v. 21. Juni 1869 § 155 75 (BGbl. f. 245) entgegen: (2) DII. 24. Nov. 70 (RdO. XI, 567. 569). Dgl. n. 77. 64. Einer Polizei - Verordnung kann die Gültigkeit nicht deshalb abgesprochen werden, weil durch sie die Ausübung eines Privatrechts (z. B. des Eigenthum«) beschränkt wird: DII. 5. Febr. 63, (RdO. III, 264); DU. 9. April 63 c. Hasenclever; u. ö.; ähnlich: Dü. 8. Jan 57 c. Knorsch; Dü. 1. Dez. 59 c. Lorenz; DU. 8. März 66 (RdO. VII, 166). 65. ES ist statthast, zum Schutze zu Recht bestehender Schranken der Gerecht­ samen einzelner Gemeindemitglieder an den Gemeindefoisten, strasandrohende Ver­ ordnungen zu erlassen; dagegen darf die DiSpositionSbesugniß der Gemeindeglieder über daS ihnen aus dem Gemeindeforste zugetheilte, durch sie bereits eigenthümlich erworbene Holz (z. B. durch cm Verbot: dieses Holz zu verkaufen) nicht beschränkt werden: ZII. 22. Nov. 55 c. Mößer; ähnlich: ZKH. 25. Mai 52 c. EndreS; Z. id. 28. Sept. 52 c. Schug (RA. 47. 2A. s. 128). 66. Eine Polizei-Verordnung kann die Befahrung eines öffentlichen Weges

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mit einer gewissen Gattung von Fuhrwerk (z. D. Lastfuhrwerk) unbedingt unter, sagen: VKH. Int. d. Ges.) 1. Mat 52 c. Geulen (RA. 47 2A. f. 97). Dagegen darf ein solches Verbot nicht mit Rücksicht auf bic Persönlichkeit deS Eigenthümer« ergehen (z. B. für die der Gemeinde Nicht angehörenden Personen): ZHH. 9. Okt. 49 (RA. 47. 2A. s. 98); VII. 16. Nov. 65 (RdO. VI, 465). 67. Ewer „zur Ausrechthaltung der Ordnung, Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Wegen" (Pol.-Gef. v. 11. März 1850 § 6b.) erlassenen Polizei-Verordnung darf nicht eine Wirksamkeit aus Pr,vateigenthum beigelegt werden, insofern das letztere nicht mit einer Servitut beschwert ist, vermöge deren eS dem öffentlichen Gebrauche als Weg unterliegt: ZU. 9. Dez. 69 (RdO. X, 774). 68. Fiskalische Maaßregeln können im Wege einer Pol.-Vdn. nicht angeordnet, und Zuwiderhandlungen nicht mit Strafe bedroht werden (z. B. das Nichtzahlen einer für die Benutzung einer städtischen Anstalt zu entrichtenden Ge­ bühr): ZKH. 1. Juli 37 c. Wischen (Volkm. s. 450); ZKH. 20. Nov. 49 c. Hirsch. 69. Statthaftigkeit einer Polizei. Verordnung, welche den Markthändlern rc. dte Benutzung einer städtischen Waage zur Pflicht macht; vgl. § 369 n. 20. 70. Nichtleistung der den Gemeinde-Angehörigen obliegenden Gemeindedienste kann nicht im Wege einer Pol.-Vdn. mit Strafe bedroht werden, wenn das Gesetz selbst (z. B. Rh. Gem.-Ord. v. 23. Jul, 1845 § 23. 25) für einen soleben Fall nur Beitreibung des Geldwerths im ExekutionSwege angeordnet hat: ZIl. 24. Ium 58 c. Wagner; ZU. 8. März 60 c. Hartmann (RA. 55.2A. f. 36); Art. 7 а. E. des Pr. Gef. v. 15. Ma, 1856 erleidet auf Gemeindedienste keine Anwendung. 71. Die Betreibung eincö Gewerbes (Handelsgeschäfts rc.) kann nicht tm Wege einer Polizei. Verordnung von der Erlangung einer polizeilichen Erlaubniß abhängig gemacht werden: ZI. 26. Okt. 60 c. TarnowSki. 72. Eine Pol. -Vdn. kann die öffentliche Ankündigung von Stoffen untersagen, welchen m der Ankündigung eine heilende Wirkung aus die Gesundheit beigelegt wird: BII. 18. Nov. 66, ZI. 10. Juli 68 (RdO. VII, 555; IV, 448). 73. Der Umstand, daß die §& 9 und 11 des Pr. Ges. v. 31. Dez. 1842 über die neu anziehenden Personen nur denjenigen, welche Neu-An zieh ende ausnehmen, die Anmeldung derselben unter Androhung einer Polizeistrafe zur Pflicht machen, und dem Neu-Anziehenden im Falle der unterlassenen Meldung nur die Erwerbung eines Armen-Domizils versagen, steht dem Erlasse einer Polizet-Ber. ordnung nicht entgegen, durch welche auch den Neu-Anziehenden selbst die Anmeldüng zur Pflicht gemacht wird: BII 25. Nov. 58 c. HeutgeS; vgl. n. 51. 74. Aus dem linken Rhemufer ist die Ausübung der Stoppel- und Koppel-Weide durch Einzelhüten des Viehs gestattet (Rur-Ges. v. 28. Sept. — б. Ott. 1791 Tn. 1 Abschn. 4 Art. 12; Pr. Ges. v. 5 Juli 1844 § 9); eine diese Besugniß beschränkende Polizel-Berordnung ist daher nicht verbindlich: ZU. 3. Nov. 59 c. Becker. 75. Oessentliche Aussorderunugen zu freiwillig zu leistenden Bei­ steuern für irgend einen Zweck können Nicht durch Polizei-Verordnung verboten werden; so: ZPl. 8. Mat 65 (RdO. VI, 91). 76. Das Jagen mit Bracken kann durch eine Polizei-Verordnung nur in­ soweit untersagt werden, als es zum Schutze des Feldes rc. geschieht (Pol.-Ges. v. 11. Marz 1850 § 6h): BII. 6. Sept. 55 c. Dresing (Entsch 30 s. 475); BII. 5,Nov. 57 c. Strathmann; vgl. DU. 23. Juni 70 (RdO. XI, 374). 77. Ein vom Handelsminister erlassenes Eisenb ahnbetriebS-Reglement, welches der Eisenbahn-Verwaltung unter gewissen Voraussetzungen Ansprüche aus erhöhte Fahrtaxen und gewisse damit in Verbindung stehende Befugnisse dem Publikum gegenüber einräumt, stellt eine Polizet-Lerordnung nicht dar; ZuwiderHandlungen gegen dasselbe sind daher nicht als strafbare Handlungen zu betrachten: DII. 28. Okt. 58 c. Berkhölzer. 78. Die durch Gen.-Gouv.-Vdn. f. d. N.- u. M.-Rhein v. 22. Nov. 1814 verkündeten allgemeinen Holz - Verkaufsbedingungen für die herrschaftlichen und Gemeindesorstschläge tragen den Charakter einer Poltzei-Derordnung an sich; Zuwider­ handlungen gegen dieselben stellen eine Uebertretung dar; so: DU. 5. Sept. 61 (RdO. I, 580). 79. Nach dm vor Verkündung des Pol.'Ges. v. 11. März 1850 bestehenden

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Gesetzen sonnte der Minister deS Innern gültiger Weise Hengstköhrordnungen erlasten: ZU. 28. Mai 64 (RdO. IV, 543). 80. Durch btc B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1669 sind ältere Polizei-Berord. iiungen, welche die Ausübung eine» Gewerbe», zur Ansrechthaltung der Ordnung und Gesetzlichkeit bei östentllchen Zusammenkünften gewisten Beschrän'uugen unter* warfen, nicht ausgehoben: DI. 18. Jan. 1871 (RdO XII, 42) vgl n. 60 81. Aus dem linken Rheinuser bestehen keine gesetzlichen Beftimvungen, durch welche die Zulässigkeit de» Bauen» an Landstraßen und Wegen von der vorgängtgen Feststellung der RichtungSlune (Alignement) durch die Verwaltungsbehörden abhängig gemacht würde, da die hieraus bezüglichen älteren französischen Gesetze in den Rheimichen Departement» nicht publizirt worden stnd: ZU. 20. März 53 c. Sparta (Tr. Ann. VII, 235: in Betr. der Dicmal- und Dorswege). Dagegen waren nach dem Dekr. v. 7.—14. Ott. 1790 Art. 1, nach Ges. v. 16. Sept 1807 Art. 50 (nach der Reg.-Znstr. v. 23. Okt. 1817 § 11 und nach Rest.-Regl. v. 20. Juli 1818 t? 32) die Regierungen befugt, Pol.«Verordnungen in Beziehung auf da» Bauen an Land- und BeztrkSstraßen zu erlaffen und die Statthaftigkeit desselben von der Ginholung de» Alignement» abhängig zu machrn. Dieselbe Besugniß stand in Beziehung aus städtische und ländliche Wege nach dem Dekr. v. 14. Dez. 1789 Art. 50, dem Ges. v 16.—24. Aug. 1790 Ttt. 11 Art. 3 Nr. 1 und nach dem Ges. v. 19.—22. Juli 1791 Art. 46 den Bürgermeistern zu. War dagegen nach dem Ges. v. 16. Septbr. 1807 Art 52 für einzelne Städte ein genauer Bauplan durch den StaatSrath (oder durch Königlichen Erlaß) festgestellt worden, so hatten hiernach btc Bürgermeister in jedem Emzelsalle da» Alignement festzustellen; vgl. auch dä» trans­ itorische Dekr. v. 27. Juli 1808 (GrässS Samml. f. 664). — Pol.-Verordnungen der oben erwähnten Art sind für da» ehemalige Roer-Departemmt durch Präsektnrbeschliiste v. 3. und 29 niv. XI. art. 5; V. 5. prair. XI. und V. 3. mess. XIII. art. 2 ergangen, deren Bestimmungen durch Verfügung der Regierung zu Köln v. 25. Okt. 1833 (Köln. Amtsbl. s. 356) auch aus diejenigen Theile de» gedachten Regierungs­ bezirk» ausgedehnt worden sind, welche früher zum Rhein- und Molel-Departement gehört hatten. Für den Regierungsbezirk Trier ist eine ähnliche Regierung»-Vdn. unter dem 2. Mai 1829 (Tr Amtbl. f. 181) ergangen Dagegen sind ein durch die Rheinischen Amtsblätter bekannt gemachter Ober-Präsidial-Erlaß v. 18. März 1829 (Aach. Amtsbl. 1833 {. 147) und eine Bekanntmachung der Regierung zu Düsseldorf v. 18. Juli 1829 (Düsteld. Amtsbl. f. 173 340) als solche Pol.-Verordnungen nicht zu betrachten, da sie selbst keine Verfügung treffen, sondern nur aussprechen, daß die Ministerien der Justiz und de» Innern über da» Bestehen gewisser gesetzlicher Bestimmungen einverstanden sind. — Auch jetzt sind die gedachten Behörden für be­ fugt zu erachten, derartige Pol.-Verordnungen wirk,amer Weise zu erlassen; sie müssen sich in Betreff des Maßes der Strafandrohung in den durch das Pol.-Ges. v. 11. März 1850 bestimmten Grenzen halten. Die Strafvorschrift des § 367 Nr. 15 ist für solche Fälle nicht maßgebend, da sie lediglich aus der Bau-, und nicht wie die Alignements-Verordnungen auf der Wege-Polizei beruht. — Inwiefern der­ artige Pol.«Verordnungen, welche das Bauen an Landstraßen und Wegen von der Einholung einer polizeilichen Genehmigung abhängig machen, auch da Platz greifen, wo zwar das betr. Grundstück mit einem Theile an die Straße rc. anstößt, wo aber der Bau an einer von derselben entfernt liegenden Stelle ausgeführt werden soll, — ist zunächst nach den Einzelbestimmungen der zur Anwendung kommenden Polizei-Verordnung, und im Zweifel mit Rücksicht aus den Zweck dieser Vorschrif­ ten nach den örtlichen Verhältnissen zu beurtheilen, und dabet festzuhalten, daß nicht nur Eingriffen in den bestehenden Weg vorgebeugt, sondern auch dem etwaigen Bedürfnisse einer späteren Erbreiterung des Wegs Rechnung getragen werden soll. Greift cm Dan über die für die Straße oder den Weg bestimmte Richtungslinie hinüber, so hat der Rhein. Polizeirichter (nach Art. 50.161.189 der Rh. StPO.) auf den Antrag des öffentlichen Ministeriums neben der Strafverhängung auch die Niederrelßung de» Baues, soweit jener Eingriff stattfindet, anzuordnen; diese erscheint dann nicht als Strafe sondern als CtvtlschadenSersatz (Herstellung des ge­ setzlichen Zustandes): ZKH 7. März 42 c Weber (RA. 32. 2A. s. 54). ZVKH. 30. Sept. 44 c. Fischer (Tr. Ann. 4. 1. s. 79); ZU. 2. April 68 (RdO. IX, 253); EG. § 6 n. 5. — Vgl. im Uebrigen in Betreff der Lehre vom Alignement für den

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Geltungsbereich des Rheinischen Rechts eine Abh. im Rh. Arch. 32. 2V. f. 7; und Oppenhoff Ressortgesetze s. 293 n. 293 a. E. 82. Für daS ehemalige Herzogthum (Großherzogthum) Berg enthielt die Wege-Ordn. v. 18. Juni 1805 § 70ff. (Scotll 2. s. 956) Vorschriften m Betreff dev Bauens an Chausseen und der dazu erforderlichen Einholung der Vorschrift der Baulmie; vgl. Berg. Gen.-Gouv. Ddn v. 1. Apr. 1814. — Außerdem hatte eine Bdn. des Ministers des Innern v. 16. Juli 1807 (Scotti f. 1079) die Organisa­ tion einer Bau-Pollzei-Kommission für jedes Arrondissement angeordnet, welche u. A. die Plane aller beabsichtigten Bauten prüfen und feststellen sollte. Diese Vor­ schriften sind auch jetzt noch als gesetzlich gültig anzusehen: ZU. 27. Novbr. 62 c. Schmitz. Da, wo eine solche Kommission besteht, muß von ihr auch die RichtungSlmie des beabsichtigten Baues festgestellt werden; die Errichtung eines Baues ohne eine solche Feststellung zieht die Strafe der Nr. 3a der eit. Ddn. (10 Rthlr.) nach sich. Da, wo solche Arrondissements-Kommissionen nicht bestehen, kann da­ gegen die betr. Strafandrohung nicht Platz greifen. Einer, nur für eme einzelne Gemeinde errichteten Baukommrlsion können lene durch die eit. Ddn. gewährten Be­ fugnisse nicht zuerkannt werden. — Im Uebrigen sind die unter n. 81 entwickelten Grundsätze auch m diesen LandeStheilen maßgebend. 83. Nach dem Pr. Ges. v. 11. März 1850 § 5. 11 genügt eS nicht mehr, wenn eine Pol.-Bdn. im Allgemeinen nur eui Bertot auöspricht: Derf. d. Min. d. Inn. v. 6. Juni 1850 Nr. 2 (DMbl. s 176: „eS solle entweder em bestimmtes Strafmaß, oder em Maximum und Minimum angedroht werden)." Dasselbe gilt von bergpolizeilichen Verordnungen (Gcf. v. 19. Juni 1861 § 8—11): ZU. 11. April 65 c Held. Dagegen sind ältere Pol.-Derordnungen, welche keine ausdrückliche Strafandrohung enthalten, wirksam geblieben; in Betreff des dann zulässigen Straf­ maßes, vgl. Emf.-Ges. z. Pr. StGB Art. VIII. und die Bemerkungen zu dem­ selben. Für den Bezirk des AGH.S zu Köln hatte das Reff -Regt. v. 20. Juli 1818 § 33 die Strafe für jede „nicht besonders verpönte Uebertretung eines PolrzeigesetzeS" auf 1 bis 5 Thlr. bestimmt. Hieraus folgerte em ZU. 6. Juni 63 (RdO. III, 485), daß auch hier ein bloßes Verbot nicht genüge, daß vielmehr wenig­ stens eine allgemeine Strafsankt,on hinzugefügt sein müsse; ebenso: ZKH. 22. Sept. 24 c. Kappers. ZU. 11. Juli 53 c. Krämer (RA. 7. 2A. s. 49; 49 2A. f. 31); Oppenhoff Ressorrges. s. 294 n. 297; contra: VKH. 7. Febr. 35 c. Merz, B. id. 9. Dez. 37 c. Alles, V. id. 29. Ottbr. 38 c. Blöm (RA. 22. 2. s. 3; 26. 2. f. 58; 27. 2. s. 54). Dgl. ALR. II, 20 §§ 239. 240. 84. Bei der Erlassung von Polizei-Derordnungen darf daS in den §§ 5 und 11 des Pol.-Ges. bestimmte Maß der Strafandrohung nicht überschritten, dagegen darf das geringste Strafmaß höher als 10 Sgr. (§ 27) bestimmt werden: D.lrH. 9. Septbr. 44 c Jung (RA. 38. 2A. f. 26); DU. 11. Juli 63 (RdO. III, 493). Enthält die Strafandrohung nur die Bestimmung eines Strafmaximum-, Nicht aber die eines Minimums, so ist in Betreff dieses der Satz von 10 Sgr. maßgebend: eit. D. 23. April 57. 85. Nach § 5 und 10 des Pr. Ges.S v. 11. März 1850 können in PolizeiVerordnungen nur Geldstrafen angedroht werden; die sie erlassenden PolizeiBehörden dürfen daher in Betreff der eventuellen Umwandlung in Gefängnißstrafe keine Bestimmung treffen, vielmehr enthalt in dieser Beziehung § 18 I. c. die allgemeine gesetzliche Vorschrift, welche aber seitdem durch die §§ 28. 29 des StGB.S ersetzt worden ist. 86. Die Einziehung einzelner Gegenstände kann nicht durch eine Po­ lizei-Verordnung als Strafe angedroht werden; contra:j DII. 18. April 53 c. Derheien. 87. Die Straf-Androhungen in Polizei-Derordnnnqen fallen weg, wenn daS Gesetz selbst für em solches eventuelles Polizeiverbot die Strafbestimmung schon ent­ hält; z. B. SlGB. §§ 360 Nr. 12; 361 Nr. 6; 366 Nr. 1.10; 367 Nr. 2. 4. 5. 14. 15; 368 Nr 1. 2. 8; 369 Nr. 3ff. 88. Ueber sch reitet eine Polizei-Derordnung bei der Strafandrohung da« zulässige Strafmaß, so ist sie deshalb nicht ungültig, vielmehr ist die Strafe m dem geringeren vom Gesetze gestalteten Maße zu verhängen: DI. 14. Oktbr. 64 (RdO. V, 174); Cats 10. avr. 1819 (SN. 6 1. 56 und dort die Note). DaS

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Thl. II. Abschu. XXIX. Übertretungen. — ($ 360 ff.)

gilt auch von solchen Polizei-Verordnungen, welche vor Verkündung deS Pol..Ges. v. 11. März 1850 erlassen worden sind: PI. 18. Jan. 71 (RbO. XII, 42). 89. Im Uebngen sind die in älteren, gültiger Weise ergangenen, Pol.-Berordnungen enthaltenen Strafandrohungen auch jetzt m Kraft verblieben. Dagilt selbst dann, wenn eine Verordnung eine ausdrückliche Strafandrohung nicht enthielt, diese vielmehr aus ewem damals bestehenden Gesetze zu ergänzen war (n. 83); an die Stelle des letzteren ist jetzt mcht etwa § 18 oder 27(1) getreten: BI. 23. Aprrl 57 c. Perlstein; vgl. BKH. 21. Dez. 33 c. Cremer (RA. 20. 2A. f. 3); contra: BKH. 14. Sept. 52 c. v. Gülick (RA. 48. 2A. f. 22). 90. Ueber die Art der Verkündung ort-polizeilicher Verordnungen, sowie über die Formen, von deren Beobachtung die Gültigkeit derselben abhängt, haben dre Bezirk-regierungen die erforderlichen Bestimmungen zu erlassen: Pr. Pol.-Ges. v. 11. Marz 1850 8 5; Bdn. v. 20. Sept. 1867 § 5. Dasselbe ordnete in Betreff der Publikation kreis- und lokalpolizeilicher Verordnungen schon eine AKO. v. 2. Fedr. 1840 (GS. s. 32) an. Vor dieser Zeit richtete sich die Verkündung lokal» polizeilicher Verordnungen nach dem Herkommen; ob sie damals gültig geschehen sei, unterliegt dem thatsächlichen Ermessen de- Instanzrichters: VII. 2. April 57 e. Althen. 91. Für die Art der Verkündung der Pol.-Verordnuugen der BezirksRegierungen, sowie für die Formen, von deren Beobachtung die Gültigkeit derselben abhängt, sind die m Gemäßheit deS Pr. Pol.-Ges. v. 11. März 1850 8 11 und der Ldn. v. 20. Sept. 1867 § 11 erlassenen und durch die Reg.- Amtsblätter bekannt gemachten Inftr. d. Mm. d. Inn. v. 6. Juni 1850 und v. 16. Nov. 1867 (VMbl. 50. s. 176; 67 s. 364) maßgebend. Früher hatte eine Ddn. v. 28. März 1811 8 2. 6 (GS. s. 16*>) für die Erlasse der ProvinzialverwaltungS-Behörden die Verkündung durch das Amtsblatt selbst für den Fall vorgeschrieben, wo die betr. Verordnung sich nur aus einzelne Orte und ans einzelne Klassen der Einwohner be­ zog: ZI. 2. Nov. 60 c Post. 92. Die Gültigkeit einer Polizei-Verordnung ist durch die Beobachtung der für ihre Verkündung vorgeschriebenen Formen bedingt ZKH. 23. Febr. 52 c. Faaß (RA. 46 2A. s. 109); ZU. 15. Nov. 55 c. Leuchteurath. 93. Die in gesetzlicher Weise erlassenen Polizei-Verordnungen stehen rücksichtlich ihrer Wirksamkeit den Gesetzen gleich Die Verletzung oder unrich­ tige Anwendung derselben kann im Wege der Nichtigkeitsbeschwerde ebenso wie die Verletzung einer materiellen GesetzeSvorschnst geltend gemacht werden; vgl. Oppenh. Pr. Strasvers. Art. 107 n. 20. Ebenso findet auch § 2 aus sie Anwendung; vgl. dort n. 2 — Im Uebrigen aber sind Pol.-Verordnungen mcht wie Gesetze zu be­ handeln, vgl. Oppenhoss Ress.-Ges. s. 343 n. 38. 39; s. 509 n. 23. 94. Die zur Entscheidung über die Zuwiderhandlungen gegen polizeiliche Ver­ ordnungen berufenen Gerichte haben nicht die Nothwendigkeit oder Zweckmäßigkeit der letzteren, sondern nur ihre gesetzliche Gültigkeit nach den §§ 5. 11 und 15 des Pr. Pol.-Ges. m Erwägung zu ziehen: ctt. Ges. § 17; Erk. Komp.-GH. 13. Febr. 58 (IMbl. s. 327) Zu den ihrer Kognition unterliegenden, die gesetzliche Gültigkett der Verordnung betreffenden Fragen gehören dann aber auch die, ob die­ selbe von einer zuständigen Behörde erlassen und dem Gegenstände nach innerhalb der gesetzlichen Grenzen geblieben sei, ob dieselbe also sich aus einen der Gegen­ stände beziehe, über welche nach § 6 ibid. (oder einem anderweiten Spezialgesetze) ortöpolizeiliche Vorschriften erlassen werden können, — weil em Hinausgehen über jene Grenze mit dem eit. § 6 und mit den die gesetzgebende Gewalt im Staate regeln­ den Gesetzen un Widersprüche sieben würde: ZU. 8. Nov. 64, ZPl. 8. Mat 65, V. 8. Juli 68 (RdO. V, 237; VI, 91; IX, 437); v. Rönne Staatsrecht I, 165. Diese Prüfung kann den Gerichten auch mcht dadurch entzogen werden, daß m einer Pol.Verordnung selbst irgend einer der im ctt. § 6 aufgezählten Gegenstände als Grund oder Zweck derselben bezeichnet wird; ein solche Anführung steht sonach der Frei­ sprechung von einer aus einer Pol.-Verordnung erhobenen Anklage nicht entgegen, wenn der Richter findet, daß jene sich auf einen der polizeilichen Verordnungsgewalt mcht unterliegenden Gegenstand beziehe; contra: (früher): VII. 5. Nov. 57 c. Strathmann. Hiernach kann der Richter auch prüfen, ob die Verordnung einen

Thl. II. Mschn. XXIX.

Mettretungen. — § 360 Nr. 1.2.

633

§. 360. Mit Geldstrafe bis zu fünfzig Thalern oder mit Haft wird bestraft: 1) wer ohne besondere Erlaubniß Riffe von Festungen oder einzelnen Festungswerken aufnimmt oder veröffentlicht; II. Entw.: § 348 Nr. 1; II. Elltw.: § 356 Nr. 1; Pr. StGB. $ 340 Nr. 1.]

2) wer außerhalb feines Gewerbebetriebes heimlich oder wider das Verbot der Behörde Vorräthe von Waffen oder Schießbedarf aufsammelt; [I. Enlw.: § 348 Nr. 2; II. Entw.: 8 356 Nr. 2; Pr. StGB.: § 340 Nr. 2].

Vgl.

8 87. Gegenstand betreffe, welcher im besonderen Interesse der Gemeinden und ihrer An­ gehörigen polizeilich geordnet werden muß- ctt. ZPl. 8. Mai 65. 95. Ebenso haben die Gerichte tu prüfen, ob die Verkündung einer Pol.Verordnung vorschriftsmäßig erfolgt sei Diese Prüfung kann lhnen auch nicht durch eine allgemeine Bescheinigung der betr. Pol.-Behörde: „Die Verkündung sei vorschrifts­ mäßig erfolgt" entzogen werden: ZU. 6. Jan. 59 c Weiß (RA 54 2A. f. 61) Das Gesagte gilt auch vom NichtigkeitSrichter; tonfra: ZU. 23 Okt. 62 (NdO. III, 85), welches hier die Feststellung des FnstanzrichterS m Betreff des stattgehabten VerkündungSmoduS für bindend und das OTr. nur für berufen erachtete, zu prüfen, ob diese so festgestellte VerkündungSart dem Gesetze entspreche. 96. Der Richter, welcher eine Pol -Verordnung für ungültig erachtet, muß sich auf die Freisprechung von der aus ihr erhobenen Anklage beschränken; er darf nicht gleichzeitig die Aushebung der Verordnung oder dgl. aussprechen: DII. 1. Okt. 57 c. Römerscheid (RA. 53 2A. s. 35). 97. Allgemeine polizeiliche Verbote können, insofern die betreffende Verord­ nung dieses nicht ausdrücklich gestaltet, durch privatrechtliche Verträge nicht aufgehoben werden; daher darf der Iagdpachter einer allgemeinen Polizei.Verordnung zuwider nicht über die m seinem Jagdreviere liegende Eisenbahn gehen, sollte diese von der Iagdverpachtung auch nicht ausgeschlossen sein, und die EisenbahnGesellschaft an den Pachtgeldern Theil nehmen: ZII. 15. Febr. 55 c. FcmgS. 98. Der Richter muß Nicht nur die Gesetze, sondern auch die gesetzlich ver­ kündeten Polizei-Verordnungen kennen; er darf daher ihre Existenz und Anwendbar­ keit nie zum Gegenstände einer Beweisauflage für irgend eine Partei mi Verfahren machen, und darf ebensowenig m Ermangelung eines solchen Beweises freisprechen: ZU. 5. Mai 59 c. Artz

§ 360. Zu Nr. 1. 1. Nach dem innern Grunde dieser Vorschrift ist dieselbe ans inländische Festungen rc. zu beschränken. 2. In Betreff der Einziehung der aufgenommenen Riffe, vgl. den Schlußsatz.

Zu Nr. 2. 3. Die Worte „außerhalb seines Gewerbebetriebs" beziehen stch auch auf die zweite Alternative („wider das Verbot rc “); die Polizei kann daher ein innerhalb des Gewerbebetriebs stattfindendes Aufsammeln nicht verbieten. Dagegen ist nicht jedes Aufsammeln, welches ein Gewerbtreibender der betr. Art vornimmt, als ein innerhalb des Gewerbebetriebs stattfindendes anzusehen; eS fragt fich auch hier, ob daffelbe zu gewerblichen Zwecken stattfand. 4. Ein „Aufsammeln" kann auch durch eine einmalige Anschaffung be­ wirkt werden: ZII. 24.Nov. 65 (NdO. VI, 497). 5. In Betreff der Einziehung der aufgesammelten Waffen rc. vgl. Schlußsatz. 6. Geschieht die Handlung zur Vorbereitung eines hochverrätherischen Unternehmens, so wird § 87 anwendbar.

624

Thl.

ir.

Abschn. XXIX.

Ueberlretungkll. — §360 Nr. 3.

3) wer als beurlaubter Reservist oder Wehrmann der Land­ oder Seewehr ohne Erlaubniß auswandert; [I. ent».: §122 Abs 2; II. Enlw.: §138 Abs. 2; Pr. StGB.: § 110]. Dgl. 5 140.144; B.-Versass. Ar». 3 Nr. 1. 57. 59; Mil.-StGB. § 91. 94; B..Ges. v. 9. Nov. 1867 § 1. 3. 6. 7.15 (BGbl. s. 132); B.-Miltt -Grs.. Znstr. v. 26. März 1868 §4 sgg. (Poird. Amt,bl. Nr. 3.4. Beil.); B.. (JndigenatS.) Ges. v. 1. Juni 1870 § 15 (BGbl. s. 358). Preußen: Dgl. Ges. v. 10. Mär, 1856 § 1.10.11 (GS. s. 133); N. StPO. § 468.475. 476.470-472.474.

3« Nr. 3. 7. Nach dem B.-Ges v. 9. Nov. 1867 § 15 „darf reserve-, land- und seewehrpslichtigen Mannschaften in der Zen, in welcher sie nicht zum akti­ ven Dienste einberufen sind, die Erlaubmß zum Auswandern nicht verweigert wer­ den ;" vgl. auch B.-Verf. Art. 59 Abs. 2, (nach welchem „in Bezug auf die Aus­ wanderung der Reservisten lediglich diejenigen Bestimmungen maßgebend sind, welche für die Auswanderung der Landwehrmäuner gelten") und B.-Jndig.-Ges. v. 1. Juni 1870 § 15 Nr. 3. Die zum Auswandern erforderliche „Erlaubniß" wird durch eine von der höheren Verwaltungsbehörde des Heimathstaars ausgefertigte „Entlas­ sungsurkunde" ertheilt; vgl. ctt. B.-Ges. v. 1. Juni 1870 §§ 13. 14. Die Auswanderung ohne eine solche Erlaubmß ist als „Uebertretung" aus § 360 zu be­ strafen. 8 9. Daraus folgt, daß der im § 91 des Mil.-StGD.S aufgestellte Begriff der Desertion: („wer nach seinem Eintritte in den Soldatenstand sich durch Entwei­ chung seinen militärischen Dicnstverhälluiffen entzieht") auf d,e Zeit zu beschränken ist, wo der in den Dienst des stehenden Heeres Eingetretene zum „aktiven Dienste" einberufen ist, daß derselbe somit jetzt auf „beurlaubte Reservisten" ebensowenig An­ wendung findet, wie auf Landwehrpflichtige (vgl. B.-Gel. v. 9. Nov. 1867 §6 Abs. 2. d 5); dadurch ist § 94 deS Mil.-StGB s, welcher „gegen die auf unbestimmte Zeit von ihren Truppemheilen Beurlaubten und gegen Reservisten, wenn sie ohne Erlaubmß auswandern, bis zum Beweise des Gegentheils die Vermuthung der Desertion gelten" läßt, jetzt für die Reservisten gegenstandslos geworden, da diese, so lange sie nicht einberufen sind, sich nicht der Desertion schuldig machen können: v. Krrchm. s. 97; Metzer s. lll sgq. Damit fallt für dieselben auch der MilitärgenchtSstand (vgl. Mil.-StGO. § 6 Nr. 2) weg; die m der Nr. 3 mit Strafe bedrohte Uebertretung kann somit nur vor den Tivilgerichten verfolgt werden; vgl. Stenogr. Ber. d. RT. s. 468fgg. — Da- hier Ausgeführte dürste nur bei den „Offizieren de- BeurlaubtenstanveS" eine Ausnahme erleiden, da ihnen, so lange sie nicht aus dem Dienste entlasten sind, nach § 15 Nr. 2 des B-Gef.S v. 9. Nov. 1867 die Entlassung auS der Staatsangehörigkeit nicht ertheilt werden darf; sie können sich also durch Auswanderung der Desertion schuldig machen. 10. Nach dem unter n. 8 Gesagten ist die Enheilung eines HeimathsscheinS an einen Landwehrmann rc. nicht als Erlaubniß zur Auswanderung an­ zusehen: L1I. 22. Jan. 63 (RdO. III, 230).

11. Als Dolus genügt der Wille auszuwandern, verbunden mit dem Be­ wußtsein, die Entlastung auS der StaatSangehöngkeit Nicht erlangt zu haben; eS bedarf sonach nicht des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit der Auswanderung; contra: 311 8. Sept. 64 (RdO. V, 91), welches jedenfalls jetzt nicht mehr maß­ gebend sein kann. 12. „Auswanderung" bezeichnet hier das Verlassen de- HeimathstaateS in der Absicht, seine Staatsangehörigkeit zu demselben aufzugeben. Hatte das Ver­ kästen des Heimathsstaats ohne jene Absicht stattgefunden, so liegt ein Auswandern vor, sobald nachträglich der Entschluß gefaßt ist, die Staatsangehörigkeit aufzu­ geben. 13. Mit dem „Auswandern" ist die Uebertretung vollendet; sie setzt sich durch das demnächstige Fernbleiben aus dem Heimathsstaate nicht fort; demgemäß beginnt der Lauf der Verjährung sofort; diese kann auch nur in Gemäßheit deS Art. 68 unterbrochen werden; insbesondere reicht dazu die die Verfolgung vorberei-

Lhl. II. Abschn. XXIX.

UrLrrtretungm. — § 360 Nr. 4.6.

635

4) wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andere Formen, welche zur Anfertigung von Metall- oder Papiergeld, oder von solchen Papieren, welche nach §. 149. dem Papiergelde gleich geachtet werden, oder von Stempelpapier, öffent­ lichen Bescheinigungen oder Beglaubigungen dienen kön­ nen, anfertigt oder an einen Anderen als die Behörde verabfolgt; [I. Gnlti-.: § 348 Nr. 3; II. Enlw.: § 356 Nr. 3; Pr. StGB.: § 340 Nr. 3J. Vgl. Nr.b. Preußen: vgl. Ges. v. 6. Juni 1835 (ES. f. 99; RS. V, 141).

5) wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde den Ab­ druck der in Nr. 4. genannten Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder Formen, oder einen Druck von Formularen zu den daselbst bezeichneten öffentlichen Papieren, Be­ glaubigungen oder Bescheinigungen unternimmt, oder Abdrücke an einen Anderen, als die Behörde verabfolgt; [I. Cnlw.: § 348 Nr. 4; II Enlw.: § 356 Nr. 4; Pr. StGB.: $ 340 Nr. 4]. vgl. Nr. 4. lende Thätigkeit der Militär- oder Verwaltungsbehörden nicht hin; vgl. n. 14; Abschn. 29 (s. 613) n. 18. 14. In Betreff des Verfahrens sind in Preußen die Vorschriften deGes.S v. 10. März 1856 *§ 1. 10.11 und der N. StPO. §5 468. 475. 476 maßgebend; vgl. in dieser Beziehung die Bemerkungen zu § 140 n. 13—17. 15. Eine Beschlagnahme des Vermögens zur Deckung der eventuell zu verhängenden Geldstrafe (§ 140 Abs. 2) findet hier nicht Statt.

Zu Nr. 4. 16. Diese Nr. 4 ist dem Pr. Ges. v. 6. Juni 1835 nachgebildet. 17. Zu den öffentlichen Beglaubigungen" gehören auch die amtlichen Eichungen des Maaßes und Gewichtes, sowie die amtlichen Verschlüffe gewisser Sachen oder Waaren (Verbleiungen :c.) vgl. cit. Pr. Ges. v. 6. Jum 1835 § 1 Nr. 4. 18. Kleine Abweichungen von den amtlich gebrauchten Stempeln rc., welche leicht übersehen werden können, schließen die Strafe nicht aus 19. Der „A uftrag" muß von der .nach den LandeSgesetzen zuständigen Behörde ausgehen; tn Preußen ist in dieser Beziehung das cit. Gef. v. 6. Juni 1835 § 3 maßgebend. Der von einer unzuständigen Behörde ertheilte Auftrag schließt die Strasbarkeit nicht aus, wenn dem Thäter diese Unzuständigkeit be­ kannt war. 20. In Betreff der Einziehung der angefertigten re. Stempel rc. vgl. den Schlußsatz (f. 634).

Zu Nr. 5. 21. Vgl. die Bemerkungen zu Nr. 4. 22. Ueber den Begriff des „Unternehmens" vgl. § 82 n. 1. 23. Die Strafe dieser Nr. 5 trifft auch denjenigen, welcher sich zur Anferti­ gung der Abdrücke solcher Platten rc. bedient, welche im Aufträge der zuständigen Behörde angefertigt worden sind. 24. Zu den Formularen, zu deren Abdruck es hiernach eines vorgängigen schriftlichen amtlichen Auftrags bedarf, gehören auch die zn Zoll-, Steuer-, Postund ähnlichen Quittungen, zu Paffen, sowie zur Aufnahme der CivilstandSurknnden

Bundtö.Llrasge,ctzbuä/.

40

626

Thl. II. Aischn. XXIX.

MttUttungen. — § 360 Nr. 6-8.

6) wer Waaren-Empfehlungskarten, Ankündigungen oder andere Drucksachen oder Abbildungen, welche in der Form oder Verzierung dem Papiergelde oder den dem Papier­ gelde nach §. 149. gleich geachteten Papieren ähnlich sind, anfertigt oder verbreitet, oder wer Stempel, Stiche, Platten oder andere Formen, welche zur Anfertigung von solchen Drucksachen oder Abbildungen dienen können, anfertigt; [I. Ealw.: § 348 Nr. 6; II. Eatw.! § 356 Nr. 5; Pr. StGB : § 340 Nr. 5].

7) wer unbefugt die Abbildung von Wappen eines BundeSfürsten zur Bezeichnung von Waaren auf Aushängeschil­ dern oder Etiketten gebraucht; [I. Eniw. - §348 Nr. 6; II. Gntro.: § 356 Nr. 6; Pr. StGB.: (s-hllk)l. Preußen:

Dgl. srüher: MO. v. 16. Ott. 1831 (GS. s. 247).

8) wer unbefugt eine Uniform, eine AmtSkleidung, ein Amts­ zeichen, einen Orden oder ein Ehrenzeichen trägt oder Titel, Würden oder Adelsprädikate annimmt, ingleichen in der Rheinprovinz benutzten; der Auftrag zum Abdrucke der letzteren geht vom Ober-Prokurator aus. 25. In Betreff der Einziehung der angefertigten Stempel rc. vgl. Schlußsatz.

Zn Nr. 6. 26. Abbildungen in numismatischen Zeitschriften rc., welche nach ihrer äußeren Ausstattung rc. mcht eme Benutzung patt des echten Werthzeichen- und eine dadurch herbeizuführende Täuschung zulasten, gehören nicht hierher; fit sind dann (in ihrer Gefammtgestaltung) dem echten Papiergelde rc. nicht „ähnlich": Stenogr. Der. d. RT. f. 761 feg.

Zu Nr. 7. 27. Ueber die Schlußsatz (|. 634).

Einziehung

Zu Nr. 8. Adel Annahme. 47. 50. - Grad. 47. • Strafverfolgung. 48. - Verwarnung 48. - „von" 46 AmtSklridung. 33—35. Amt-siegel. 53. Annahme. 47. 48. 50. 62—64 Arzt. 40 Defugniß 26. 51. • Beweislast. 52. • Mißbrauch 33 Streit. 26. 52. Doktor 44. Dolus 31 Jamilien-Namen. 59 Geistlicher. Amt-kleidung 36 Genehmigung, Königl. 30

der

angefertigten rc.

Gegenstände vgl. den

Inhalt. Handelsfirma. ö5a. Holzdieb 65.

Prediger. 42. Rechtsverletzung. 32 57. 56. Statusfrage. 28. Konkurrenz 65. Strafverfolgung 46. Laadwehrkreuz 37. Thierarzt. 40. Musikdirektor 41. Titel 38-42. Namen. Abänderung 55. . au-Iand 29. 30 • Annahme. 62—64. Uniform» 29» 30. 33—35. • Berechtigter. Etnwillgg. 57. Verwarnung. 47, - Dauer b3. Vornamen 59. • eine- Andern. 32. 57. 58. Wappen. 54. - Ehefrau. 61, Wittwe. 56. Würde, ausländ. 29. 30. - Jude 55. • Vornamen. 59. Wundarzt. 40. . Wittwe. 56. Zuständigkeit. 28. National-Kokarde. 3? Zweck. 65. Rat -Mtl.-Abzeichen. 37. Orden, au-l 29. 30.

Kundschaft. 26

28. Der 8 fetzt ein unbefugtes Handeln voraus; ist die BerechtigungSsrage streitig und ihre Entscheidung durch eme StatuSsrage bedingt, so ist auch diese tm Geltungsbereiche der Bdn. v. 3. Jan. 1849 vom Strafrichter zu lösen, da hier kein Gesetz dem Civilrichter die Befugniß beilegt, derartige Streitigkeiten mit bindrnder Wirkung für den Strafrichter zu entscheiden; vgl. Oppenhoff Pr. Strafvers. § 22

Thl. II. Abschn. XXIX. Ukbertrrtungen. - $ 360 Nr. 8.

627

wer sich eines ihm nicht zukommenden Namens einem zuständigen Beamten gegenüber bedient; [I. ent».: § 117; II. Qnt».: § 356 Nr. 7; Pr. StGB.: § 105]. n. 73. 75. 83; ZU. 13 Febr. 62 c. (RdO. II, 253). Ueber die beweisende Kraft eines in Betreff der StatuSfrage vor Begehung des angeblichen Vergehens rechts­ kräftig ergangenen Civil-Erkenntnisses vgl. ciu Strafverf. §22 n. 83. — AnderS verhLlt es sich nach Rhein. Rechte; hier kann eine bestrittene Frage der Kindschaft nur vom Civilrichter entschieden werden; vgl. BGB. Artt. 326. 327. DaS ist in­ dessen auch hier aus andere Statussragen nicht auszudehnen; ebenso bleibt jener Grundsatz da ausgeschlossen, wo der Zweifel nicht sowohl die Kindschaft (filiation) als die Personen-Identität zum Gegenstände hat; vgl. Mangln de Tact. publ. n. 182; Gilb. C. civ. art. 326 n. 3. — Für die neuen Landeötheile vgl. N. StPO. § 8. 29. Diese Nr. unterscheidet nicht, ob unbefugt getragene Uniformen rc., oder der unbefugt angenommene Titel rc inländische oder ausländische sind: ZU. 19. April 55 c. Momma: vgl. n. 30. 30. Auch der Mangel der für einen Inländer erforderlichen landesherr­ lichen Genehmigung zur Führung ausländischer Titel, Orden, Ehrenzeichen und Standesauszeichnungen (vgl. Pr. AGO. I, 2 § 61; ALR. II, 11 § 286; Ddn. v. 27. Okt. 1810 § 96) macht die Annahme derselben zu einer unbefugten und straf­ baren: DU. 10. Nov. 55 c. BahrS (Entsch. 32 f. 274: der Angeklagte hatte bei Führung des Titels diesen ausdrücklich als ausländischen bezeichnet); ZI. 16. März 70 (RdO. XI, 175) contra: TArch. IV, 88; vgl. n. 29. 45. 31. Als Dolus wird hier das Bewußtsein von dem Mangel der Be­ rechtigung vorausgesetzt; TL. s. 674 n. 3. Wer im guten (wenn auch irrigen) Glauben einer vorhandenen Berechtigung handelt, ist nicht strafbar: Z 5. Okt. 52 c. Schindler; ZU 22. Sept. 53 c. Oberdorff (GA. I, 702). 32. Zum Thatbestände gehört in keiner Weise eine Verletzung der Rechte Dritter oder auch des Staats: ZU. 22. Febr. 55 c. Schneider (Entsch. 30 s.327; GA. III, 423); vgl. n. 57. 58. 33. Da der Mangel der Befugniß Bedingung der Strafbarkeit, so ist der § unanwendbar, wenn ein zum Tragen einer Dienstkleidung an sich Berechtig­ ter dieselbe zu einer Zeit oder bet einer Gelegenheit trägt, wo er sie nach seiner Dienstinstruktion nicht tragen darf; ein solcher Fall ist nur im DiSziplinarwege zu rügen: ZU. 22. Febr. 55 (cit. n. 32); contra: Derf. d. Pr. M. d. Hand. v. 28. Nov. 1851 (Staats-Anzeiger f. 763) und 8. Zull 1852; ZMDerf. v. 21 Juli 1852 (GA. I, 77). 34. Die Frage, ob das Tragen eines einzelnen UniformpückS (z. B. eines Dienstmantels) als Tragen einer Uniform anzusehen sei, ist thatsächlicher Natur- ZU. 30. Sept. 54 c. Iokisch. 35. Ein öffentliches Tragen der Uniform rc. wird nicht erfordert. 36. Ein evangelischer Geistlicher, welcher seiner Stellung enthoben, aber nicht gleichzeitig kassirt, und nicht zur Anstellung als solcher unfähig erklärt ist, bleibt ordmirter Geistlicher, und an sich zur Tragung der AmtSkleidung befugt; so: DI. 9. Juli 56 c. Gramm (GA. IV, 693); vgl. oben § 31 n. 15; § 359 n. 31. 37. Die Pr. AKO. v. 13. Oft. 1824 Nr. 7 (GS s. 214), welche das unbe­ fugte Tragen der Nationalkokarve, des Nat»onal-Milirär-AbzeichenS oder de- Landwehrkreuzes ebenso bestraft wiffen wollte, rote das unbefugte Tragen von Orden und Ehrenzeichen, ist für beseitigt zu erachten, da die Nr. 8 aus diese sich nicht mit bezieht; contra: TGll. s. 179 n. 3; TL. f. 674 Note 2; er betrachtet die Nationalkokarde, auch die emeS fremden Staats, als ein Ehrenzeichen, und da­ her die Strafbestimmung auch m Betreff ihrer als direkt anwendbar. 38. „Titel" bezeichnet eine durch höhere Verleihung zu erwerbende, mit Rangstellung verbundene Benennung; der Ausdruck umfaßt daher die Bezeichnungen aller amtlichen Stellungen, paßt aber nicht auf die einer wiffenschastlichen oder ge­ werblichen Thätigkeit, auch wenn zu deren Ausübung eine amtliche Qualifikation, Approbation oder Konzession erforderlich ist: ZU. 21. Juni 55 c. Fuchs.

628

Lhl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretungen. - § 360 Nr. 8.

40. Demgemäß ist die unbefugte Bezeichnung als „Arzt" (Wund-, Thier-, Zahnarzt) rc. nicht aus dieser Nr. 8 zu bestrafen/ ist vielmehr in den §§ 29 und 147 Nr. 3 der B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 mit emer (schwereren) Strafe bedroht. 41. Ebenso verhalt es sich mit der Bezeichnung „Musikdirektor"; nur die Benennung als „Königlicher Musikdirektor" wäre ein Titel: Zl. 31 Oktbr. 62 (RdO. III, 100). 42. Das Wort „Prediger" ist nicht nothwendig als die Bezeichnung eines geistlichen Amtes aufzufassen; die Annahme dieser Benennung, zumal mit einem Zusähe (z. B. „der freien christlichen Gemeinde"), wodurch die Deutung, alS werde d»e Qualität eines geistlichen Amts im staatlichen Sinn in Anspruch genommen, — ausgeschlossen wird, fallt nicht unter die Nr. 8: Beschl. 19. Mar 52 c. Schmitter (GA. I, 566); Beschl. I. 1. Juni 70 (RdO. XI, 345). Dgl. § 31 n. 15. 43. Ein Beamter darf sich auch während der Dauer einer zeitweiligen Sus­ pension den Titel seines Amtes beilegen: BI. 23. Sept. 68 (RdO. IX, 504). 44. Der Doktor-Grad ist eine (akademische) Würde; die unbefugte An­ nahme desselben fällt somit unter die Nr. 8: ZI. 29. Febr. 60 c. Schienen; vgl. § 74 I, 2. Pr. AGO. 45. Zur Flihrung eines von einer ausländischen Universität verliehenen Doktortitels bedarf es nicht der* Anerkennung oder Genehmigung durch eine Preußische Behörde; § 7 II, 3 ALR. bezieht sich nur aus Staats-, nicht auf akade­ mische Würden: ZI. 17. Febr. 68 (RdO. IX, 116); R. M. d. Unt.-Ang. 16. Mai 1867 (Centr.-Bl. f. d. Unt.-Ang. s. 401; vgl. ibid. 1864 s. 385). 46. Ein Adliger, welcher das Wort „von" vor seinem sonstigen Namen sühn, hat dastelbe als Prädikat seines Adels; von dem Augenblicke an, wo er seines Adels verlustig wird, darf er sich jenes Wortes nicht mehr bedienen: ZU. 6. Okt. 59 c. Homeier. 47. Als unbefugte Annahme eines AdelS-Prädikats ist es auch anzu­ sehen, wenn Jemand die Bezeichnung ernte ihm nicht zustehenden höheren GradeS des Adels (z. B. des Freiherrn- oder Grasentitels) sich beilegt. 48. Wegen Anmaßung des Adels soll m Preußen nicht ohne Weiteres eine Strafverfolgung, sondern zunächst eine Verwarnung eintreten; bei obwaltendem Bedenken ist erst an das Justiz-Ministerium zur Rückfrage beim Ministerium des König!. Hause- zu berichten: Pr. JMBerf. v. 16. Febr. 1838 (v. K. Jahrb. 51 f- 177). 50. Als „Annahme" eines Titels, einer Würde oder eines Adelsprädikats ist jeder einzelne Fall der Führung zu betrachten; es ist daher gleichgültig, ob frü­ her bereits «ne irrthümliche und daher straflose Führung stattgefunden hat; auch der ist strafbar, welcher über die Ungesetzlichkeit des bisherigen Gebrauchs belehrt, dennoch damit fortfährt: Z. 16. April 52 c. Rosentreter. 51. Dagegen liegt eS im Begriffe der „Annahme", daß nnr eine solche Hand­ lung hierher gehört, durch welche die Berechtigung selbst »n Anspruch genommen wird; läßt die Ausdrucksweise erkennen, daß die Führung nicht ernstlich gemeint sei, so bleibt der § ausgeschlossen: ZI. 12. Febr. 62 (RdO. II, 248). 52 Ist da- Recht zum Tragen eines Ordens, oder zur Annahme eines Ti­ tels (Würde, Adelsprädikats) zweifelhaft oder bestritten; so liegt demjenigen, welcher daffelbe für sich m Anspruch nimmt, bet Nachweis desselben ob, weil die Befugniß nur da anzunehmen.ist, wo sie sich auf erntn besonderen RechtSgrund stützt; vgl. die Pr. JMBerf. v. 16. Febr. 1838 (eit. n. 48). 53. Der unbefugte Gebrauch eines AmtSsiegelS fällt Nicht unter den §: DI. 23. Sept 68 (RdO. IX, 504). 54. Daffelbe gilt von dem Gebrauche eines nicht zukommenden FamilienWappens. 55. Die Genehmigung zu Namensänderungen wird in Preußen von den Regierungen (Landdrosteieu) ertheilt; nur da, wo es sich von der Annahme eines Adelsprädikats oder der Aenderung eine8 adeligen Namens handelt, bedarf eS der Konrgl. Entscheidung: AKO. v. 12. Juli 1867. In Betreff der Juden­ namen vgl. Edikt c. 12. März 1812 § 3 ; AKO. v. 31. Okt. 1845 (GS. s. 682); Juden.Gej v. 23. Jul, 1847 § 5 (GS. s. 264); die Regierung kaun die dort vor-

Thl II. Abschn. XXIX. Uebrrlrclungtn. - §360 Nr 9.

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9) wer gesetzlichen Bestimmungen zuwider ohne Genehmigung der Staatsbehörde Aussteuer-, Sterbe- oder Wittwcnkassen, Versicherungsanstalten oder andere dergleichen Gesellschaften oder Anstalten errichtet, welche bestimmt geschriebene Genehmigung auch stillschweigend ertheilen: ZI. 18. Zum 62 (RdO. 11, 461). 56. Eine Wittwe, welche sich wieder verheirathet hat, darf nach dem Tode des zweiten Mannes nicht wiederum den Namen des ersten annehmen: ZI. 7. Marz 66 (RdO. VII, 85). 57. Der unbefugte Gebrauch eines fremden Namens wird durch die Ein­ willigung des denselben mit Recht Führenden nicht straflos: ZU. 4. Juni 56 c. König (GA. V, 695;. 58. Der § bezieht sich nicht nur auf den Fall, wo Jemand sich des Namens irgend eines Dritten bedient, oder wo der Gebrauch des fremden Namen- zugleich emen Eingriff,n fremde Rechte darstellt, trifft vielmehr auch da zu, wo Jemand sich emen gar nicht existirenden Namen beilegt: ZI. 13. Oft. 54 c. Peter; vgl. n. 32. 57. 59. DaS Verbot des unbefugten Gebrauchs eines andern Namens ist nicht auf Familien-Namen beschränkt: KBII. f. 68; contra: DI. 28. Sept. 58 (Entsch. 31. s. 219; GA. III, 834), welche- e- auf Vornamen nicht bezog; so auch GM. II, 586 n. 2. 60. Inwiefern die theilweise Abänderung de- richtigen Namen- als Ge­ brauch eines falschen anzusehen sei, ist Gegenstand thatsächlicher Beurtheilung: ZI. 12. Sept. 56 c. Ansorge. 61. Das fälschliche Ausgeben für die Frau eine- Andern kann als Gebrauch eines falschen Namens angesehen werden: ZU. 4. Juni 56 (cit. n. 57). 62. Da- „Sich-Bedienen eines nicht zukommenden Namens" ist nur dann strafbar, trenn es „einem zuständigen Beamten" gegenüber geschieht, d. h. einem solchen, welcher mit Rücksicht auf seine Amtsthätigkeit im vorliegenden Falle das Recht hat, den richtigen Namen des Andern zu erfahren. Dagegen ist es gleichgültig, ob dem „Sich-Bedienen" ein Befragen des Beamten nach dem Namen vorhergegangen ist oder nicht. 63. Ebenso wird keineswegs die dauernde „Annahme" eines fremden Na­ mens erheischt; jeder einmalige Gebrauch ist strafbar: ZI. 13. Oft. 54 o. Peter. 64. Dagegen ist eS erforderlich, daß Jemand den unrichtigen Namen seiner Person beigelegt hat, so daß er also den Glauben erregen will: er selbst führe diesen Namen; eö gehört daher der Fall nicht hierher, wo Jemand eine an eme Behörde rc. gerichtete Schrift mit einem fremden Namen unterzeichnet nicht um selbst für den Träger dieses Nomens zu gelten, sondern um die Meinung zu erregen, die Schrift rühre von einem Andern her: VI. 11. Mai 61, VI. 15. März 66 (RdO. I, 374; VII, 176). 65. Dadurch, daß die Beilegung eines falschen Namens zu dem Zwecke er­ folgt um sich den nachiheiligen Folgen einer andern Strafthat zu entziehen, verliert dieselbe nicht den Charakter einer selbstständigen Handlung, insofern nicht ein besonderes Strafgesetz beide Vergehen unter einer einzigen Strafbestimmung zu­ sammenfaßt: ZI. 27. Mai 57 c. Lewinsky (GA. V, 562) Letzteres ist der Fall, wenn em ertappter Holzdieb auf Befragen des Förster-re. einen falschen Namen abgiebt; eS tritt dann (nach Pr. HDGei. v. 2. Juni 1852 § 4 Nr. 3) eine verschärfte Strafe für den Holzdiebstahl ein, neben welcher dann nicht auch noch die Strafe de- § 105 verhängt werden kann: Z. 8. Nov. 52 c. Schemnch. 65a Insoweit der Gebrauch einer vom Namen abweichenden Handelsfirma gesetzlich gestattet ist, fällt er nicht unter das Strafverbot der Nr. 8; vgl. D. HGB. Art. 15 ff. Zu Nr. 9. 66. Die hier vorgesehene Handlung ist nur insoweit strafbar, als sie bestehenden „gesetzlichen Bestimmungen zuwider" geschieht; es wird also eine m gesetzlich verbindlicher Weise ergangene (Bundes- oder Landes«) Vorschrift voraus-

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Lhl. II. Abschn. XXIX. UeLrrtretunge». — § 360 Nr. 9.

sind, gegen Zahlung eines Einkaufsgeldes oder gegen Leistung von Geldbeiträgen beim Eintritte gewisser Be­ dingungen oder Fristen, Zahlungen an Kapital oder Rente zu leisten; [I. @ntto.: § 348 Nr. 7; II. Entw.: 8 356 Nr. 6; Pr. StGB.: § 340 Nr. 6], B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 § 140.141; B.-Ges. betr. Aktiengesell­ schaften v. 11. Juni 1870 Art. 259a Nr. 2. 3 (BGbl. s. 385). Preußen: Vgl. ALR 1,11 § 651; AKO. v. 29. Sept. 1833 (GS. s. 191); Ges. v. 17. Mai 1853 (GS. s. 293). gesetzt, durch welche die Errichtung solcher Kaffen oder Anstalten von der Genehmi­ gung der Staatsbehörde abhängig gemacht wird. Die bereits bestehenden Vorschrif­ ten der gedachten Art sind durch Art. 249a. § 2 de- B.-Ges'S. v. 11. Juni 1870 (die Aktiengesellschaften :c. betr.) nicht außer Kraft gesetzt, da die dort ausgesprochene Aufhebung des Erfordernisses einer staatlichen Genehmigung zur Errichtung von Aktiengesellschaften nach § 3 ibid. diejenigen Vorschriften nicht berührt, nach welchen der Gegenstand des Unternehmens der staatlichen Genehmigung unterliegt. — In Preußen sind in der gedachten Beziehung für „Wittwen-, Sterbe- und Aus­ steuerkassen" §651 I, 11 des ALR.'S und die AKO. v. 29. Sept. 1833 (GS. (.121) maßgebend; zu den Sterbekaffen gehören auch die Beerdigungskassen: Koch 1. c. n. 60: contra: Derf. d. Min. d. Inn. v. 5. Juli 1830 (v. K. Ann. 14 s. 567). Die Anwendbarkeit des der Nr. 9 entsprechenden § 340 Nr. 6 deS Pr. StGB.'S auf die Unternehmer von Versicherungsanstalten aller Art (insbe­ sondere auch von Feuerversicherungöanstalten) und ebenso aus diejenigen, welche den Geschäftsbetrieb der vor dem 1. Juli 1851 errichteten noch nicht genehmigten An­ stalten fortsetzen, sprach daS Ges. v. 17. Mai 1853 (§ 1. 10) ausdrücklich auS; vgl. Gef. v. 8. Mai 1837 (GS. s. 102); AKO. v. 30. Mai 1842 (GS. s. 112). 67. Wesentliche Bedingung der Anwendbarkeit deS § ist, daß d»e Kaffe ^An­ stalt 2C.) dazu bestimmt sei, gegen die einmalige oder mehrmalige Leistung einer Zahlung in Geld beim Eintritte einer „gewissen" [b. h. genau vorgesehenen) Eventualität eine Zahlung an Kapital oder Rente zu leisten. Die von der Anstalt in Aussicht genommenen Geschäfte müssen sonach einen gewissen aleatorischen Cha­ rakter haben, indem eS von dem Eintritte oder Nicht-Eintritte, bezw. von dem frü­ heren oder späteren Emtrnte der gestellten Bedingungen oder Fristen abhängt, ob die Anstalt demnächst mehr zu leisten hat als sie ihrerseits empfangen, oder umgekehrt. Demgemäß muß die Anstalt, wenn der § Anwendung finden soll, für die Errichter (Bethettigten) Erwerbszwecke verfolgen. Somit bleibt die Strafvorschrift aus­ geschlossen, wenn lediglich eine Wohlthätigkeit ausgeübt werden soll, wenn z. B. weder CmkaufSgeld noch Beiträge geleistet werden, vielmehr der Food der Kaffe re. lediglich durch freiwillige Geschenke oder Darlehen gebildet wird: ZI. 1. Ott. 58 c. Reisemann (GA. VII, 122); oder wenn eine — für ein anderes Unternehmen gebildete — Aktiengesellschaft blos für ihre Bediensteten und deren Angehörigen eine Anstalt der fraglichen Art gründet, welche für die Gesellschaft gar keinen Gewinn abwerfen soll: ZU. 11. Sept. 56 c. v. Wittgenstein (GA. IV, 853); vgl. Derf. d. Pr. Mm. d. Jan. u. d. gut. v. 9 März 1843 (BMbl. f. 265). 68. Ebenso gehören Sparkassen, welche nur die eingezahlten Kapitalien verzinsen und auf Verlangen zurückzahlen, nicht hierher; der Umstand, daß das Pr. Regl. v. 12. Dez. 1838 (GS. 39. f. 5) die Errichtung einer solchen Sparkaffe Seitens einer Gemeinde, eine- Kreises re. von der Genehmigung des Ober.Präsidenten ab­ hängig macht, genügt nicht, um sie der Strafvorschrift der Nr. 9 zu unterwerfen. 69. Dasselbe gilt von Vorschußkassen. sollten sie auch den Unternehmern eine Dividende in Aussicht stellen; so lange nicht die unter n. 51 gedachten Vor­ aussetzungen bei ihnen zutreffen, bleibt die Nr. 9 anSgeschloffen; contra: Beschl. I. 3. Febr. 64 c. Fischer (GA. XII, 231). 70. Ebenso find solche Kranken- und HülfSkassen auszuschließen, welche nicht ein Kapital oder eme Rente in Aussicht stellen, sondern nur eine sachliche Unterstützung gewähren ). V. freie ärztliche Hülfe oder Arzenei, oder (ferne nur auf

Thl. II. Abschn. XXIX.

UtBetfrtlungen.. — § 360 Nr. 10.

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10) wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Noth von der Polizeibehörde oder deren Stellvertreter zur Hülfe aufgefordert, keine Folge leistet, obgleich er der Aufforderung ohne erhebliche eigene Gefahr genügen konnte; [I. li. II. (Sntro.: (fehlte); Pr. StGB.: § 340 Nr. 7], Vgl. B..Gew..Ordn. v. 21. Juni 1869 § 107. 148 Nr. 10 (BGbl. f. 270 280). Preußen. Dgl. Deich-Ges. v. 28. Jan. 1848 § 25 (GS. f. 54); Pol.-Ges. v. 11. März 1850 § 6g; Berg-Ges. v. 24. Juni 1865 § 204. 205. 207 (GS. 1.747). die Dauer eine« Nothzustandes (z. B. einer Krankheit) berechnete einmalige oder periodisch zu leistende Geldunterpützungen; auch die letzteren sind dann weder als „Kapital" noch als „Rente" anzusehen; vgl ZI. 1. Oft. 58 (cit. n. 67). 71. Dagegen ist eS für den Begriff der hier gedachten Kaffen nicht wesentlich, daß sie Jedermann ohne alle Beschränkung zugänglich seien; eS genügt ein beschränkterer Grad der öffentlichen Wirksamkeit; daher findet der § auch aus eine nur für die Handwerker und Gewerbtreibenden einer einzelnen Stadt bestimmte An­ stalt Anwendung: ZI. 1. Ott. 58 (ctt. n. 67).

Zu Nr. 10. 72. (Ls wird hier ein konkreter Unglücksfall oder eine durch die konkreten Umstände eines Einzelfalles herbeigeführte gemeine Gefahr oder [gemeine] Noth vor­ ausgesetzt, welche eine sofortige Hülseleistung und deshalb das Einschreiten der näch­ sten Polizeibehörde nöthig macht; daher gehören allgemeine Maßnahmen, welche die Abwendung eines erst aus der Ferne drohenden Uebels bezwecken, nicht hierher; vgl. 9 327. 328. 73. Ebenso ist die Nr. 10 nicht anwendbar, wenn ein Gemeindemilglied der Aufforderung, zu einer allgemeinen LandeSvisitatkon mitzuwirken (vgl. Pr. Min.Jnstr. v. 9. Olt. 1817), nicht nachkommt. Diese Unterlassung ward überhaupt für straflos erachtet durch: BII. 11. Juli 53 c. Krämer; Z. cod. c. Kappe- (RA. 49. 2A. f. 29); ZU. 22. Sept. 53 c. Mickartz; contra: früher: DUH. 7. Febr. 35 c. Merz (RA. 22. 2A. f. 3), welches m einem solchen Falle die Strafe de- § 33 des Rh. Reff.-Regl. v. 20. Juli 1818 für verwirkt erachtete. 74. Die Nr. 10 fetzt eine individuelle Aufforderung zur Hülseleistung vor­ aus; eS genügt, wenn dreselbe mündlich ergangen war. — Durch diese Vorschrift wird e» nicht ausgeschlossen, im Wege der Polizei-Verordnung für den Fall eines eintretenden UnglückSfallS, z. B. einer Feuersbrunst, allgemeine Gebote zu persön­ lichen Dienstleistungen zu erlaffen und die Nichtbefolgung mit einer Polizeistrafe zu bedrohen: ZU. 8. April 69 (RdO. X, 197); vgl. Abschn. 29 n. 54. 75. Die Posthalter sind, wenn auch nach dem Postges. v. 2. Nov. 1867 § 22 Postpferde und Postillone zu Staats- und Kommunal-Spanndiensten nicht herangezogen werden können, doch von der Pflicht, ihre Pferde zur Hülseleistung bei UuglückSsällen herzugeben, Nicht befreit: DI. 2. März 60 o. Bohnstedr (JMbl.s.267). 76. Durch die Nr. 10 sind die gesetzlichen Vorschriften, durch welche für gewisse Noth- oder UnglückSsälle einzelne (bestimmte) Personen zur Leistung von Hülssdiensten verpflichtet werden, nicht aufgehoben. DaS gilt zunächst von der Vorschrift der B.-Gew.-Ord. v. 21. Jum 1869 §§ 107. 148 Nr. 10, nach welchen jeder Gewerbe-Unternehmer verpflichtet ist, auf eigene Kosten alle Einrichtungen herzu­ stellen und zu unterhalten, welche mit Rücksicht aus die Beschaffenheit deS Gewerbe­ betriebe- und der Betriebsstatte zu thunlichster Sicherheit der Arbeiter gegen Gefahr für Leben und Gesundheit nothwendig sind, und die Strafe de- ctt. § 148 verwirkt, wenn er der Aufforderung der sPolizei-] Behörde ungeachtet lener Bestimmung ent­ gegenhandelt. Der Thatbestand der hier vorgesehenen Übertretung unterscheidet sich von dem der Nr. 10 dadurch, daß es sich dabei weder von einem bereits eingetre­ tenen Unglückssalle noch von einer gemeinen Gefahr zu handeln braucht, sowie daß nicht eine Hülseleistung im Augenblicke der Gefahr, sondern eine Maßnahm-

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Thl. II. Abschn. XXIX. Urkntretungen. — § 360 Nr. 11.

11) wer ungebührlicherweise ruhest örenden Lärm erregt oder wer groben Unfug verübt; [I. ent».: § 348 Nr. 9; II. ent».: § 856 Nr. 10; Pr. StGB.: § 340 Nr. 9]. zur Vorbeugung oder Abwendung der Gefahr von der individuell dazu verpflichteten Person m Anspruch genommen wird. 77. Dasselbe gilt von dem Pr. Deichges. v. 28. Jan 1848 § 25 (GS. s. 59), welche- da, wo zur Sicherung einer Niederung gegen Uebezschwemmung die Erhal­ tung eine- Deiche- nothwendig ist, die Bewohner der benachbarten Gegend verpflich­ tet (auf Erfordern der Polizeibehörde) Schularbeiten rc. zu leisten; ebenso verhält e- sich Mit den entsprechenden Vorschriften einzelner Deichstatute (z. B. de- Statute für die Warthe v. 27. März 1852 §106): ZI. 27. Juni 56 c. Setffert. Die Nichtbefolgung einer ergangenen Aufforderung ist dann au- der Nr. 10 zu bestrafen. 78. Aehnlich verhält e- sich mit den Vorschriften de- Pr. Bergges. v. 25 Juni 1865 § 204. 205. 189 (und den entsprechenden Bestimmungen de- Braunschw. Berg­ ges. v. 15. Apr. 1867 § 205. 206, de- Meiningenschen Bergges. v. 17. Apr. 1868 § 159. 160 und de- Sachs. Gothasschen Bergges. v. 16. Aug. 1868 § 151. 152). Nach diesen soll, sobald sich auf einem Bergwerke ein Uuglück-fall ereignete, wel­ cher den Tod oder die schwere Verletzung einer oder mehrere Personen herbeigeführt hat, der (mit der Handhabung der Bergpolizei betraute) Revierbeamte :c. die zur Rettung der Verunglückten und zur Abwendung weiterer Gefahr erforderlichen Maßregeln anordnen; die zur Ausführung dieser Maßregeln nothwendigen Arbeiter und Hülfsmittel hat der Besitzer de- Bergwerke- zur Verfügung zu stellen, auch die Besitzer benachbarter Bergwerke sind zur Hülfelerstung verpflichtet. Die Nichtbefol­ gung der an ihn ergangenen polizeilichen Aufforderung Seitens eines Bergwerks­ besitzers dürfte dagegen jetzt nach dem Grundsätze de- § 2 de- EG.'S nicht mehr mit der in § 207 de- Preußischen (§ 208 de- braunschweigischen, § 162 de- Meiningen­ schen, § 154 de- Gothasschen) Berggesetzes, sondern mit der m der Nr. 10 de- § 360 angedrohten Strafe zu ahnden (und somit m Preußen auch die sofortige Verhän­ gung einer Haftflrase) zulässig sein. Dagegen verbleibt e- bet den Strafandro­ hungen der gedachten Berggesetze, wenn ein Bergwerksbesitzer oder Arbeiter dir brim Eintritte einer Gefahr beim Bergbaus von dem Oberbergamte oder dem Revier­ beamten getroffenen polizeilichen Anordnungen übertritt (Pr. Berggesetz § 196. 198—200. 298). — Im Uebrigen wird § 360 Nr. 10 in Betreff aller anderen Personen auch bei den ans einem Bergwerke sich ereignenden Unglück-fällen wirksam; die Anordnungen können dann aber nicht von dem Revierbeamten rc., sondern nur von der im Allgemeinen berufenen Polizeibehörde ausgehen. Zu Nr. 11.

79. Daraus, daß der (wörtlich gleichlautende) § 340 Nr. 9 de- Pr. StGB?sich in dem von den „Uebertretungen tn Beziehung auf die Sicherheit de- Staats und die öffentliche Ordnung" handelnden Tit 2 Thl. III. 1. c. fand, hat da- OT. mit Recht gefolgert, daß als „ungebührlicher Wesse erregter ruhestörender Lärm oder grober Unfug" nur solche Handlungen anzusehen seien, durch welche die öffentliche Ordnung d. h. die Ordnung der Allgemeinheit gestört werde; eS werde somit eine Verletzung der rechtlichen Ordnung vorausgesetzt, welche den Bürgern die öffentliche Ruhe und den öffentlichen Frieden sichert, also eine solche Handlung, welche da- Publikum gefährde oder ungebührlicher Weise belästige: VI. 11. Febr. 57 c. Dannenberg; ZU. 9. Juni 64 (RdO. IV, 560). In demsel­ ben Sinne ist die Vorschrift m da- B.-StGB. übernommen worden; eS gehören daher Ruhestörungen oder Ungebührlichketten, welche auf den Kreis des Hauses oder der Familie oder einzelner individueller Personen beschränkt sind, nicht hierher: DI. 17. Okt. 55 c. Meyer. Dagegen ist die Anwendbarbeit deS § nicht auf den Fall zu beschränken, wo die Handlung an einem öffentlichen Orte verübt wurde; eS ge­ nügt, wenn die Ordnung oder Ruhe der Allgemeinheit gestört wurde. 80. Die Strafbarkeit de- ruhestörenden Lärms ist nicht dadurch bedingt, daß derselbe zur Nachtzeit veranlaßt worden sei: DU. 22. Sept. 64 (RdO. V, 140). • 81. Nach den unter n. 79 entwickelten Gesichtspunkten hat der Richter der Thatfrage namentlich auch zu beurtheilen, ob der (sehr vage) Begriff eine- (groben)

TH1. II Abschn. XXIX.

Uetertretnngen. — § 360 Nr. 12—14.

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12) wer als Pfandleiher bei Ausübung seines Gewerbes den darüber erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt; [[I.

ent».: $ 348 Nr. 10; II. Ent».: § 356 Nr. 11; Pr StGB.: § 349 Nr. 6]. Vgl. § 290; B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 § 35. 38 143 Nr 4.

13) wer öffentlich oder in Aergerniß erregender Weise Thiere boshaft quält oder roh mißhandelt; ent».: § 348 Nr. 11; II. ent».: S 356 Nr. 12; Pr. StGB.: § 340 Nr. 10].

[I.

14) wer unbefugt auf einem öffentlichen Wege, einer Straße, einem öffentlichen Platze oder in einem öffentlichen Ver­ sammlungsorte Glücksspiele hält. (I.

ent».: §348 Nr. 12; II. ent».: § 356 Nr. 12; Pr. StGB.: § 340 Nr. 11]. Vgl. § 284. 285; B.-Ges. v- 1. Jnl, 1868 («Gbl. s. 367).

Preußen: Vgl. emf..$bn. v. 25 Juni 1867 Art. V; Ges. v. 5. MSr, 1868 (GS. f. 209). „Unfugs" auf irgend eine Handlungsweise zutreffe; insbesondere ist auch hier alles bic öffentliche Ordnung der Allgemeinheit nicht Berührende, aus einen engeren Kreis individueller Persönlichkeiten Beschränkte, auszuscheiden.

Zu Nr. 12. 82. Diese Nr. 12 findet nur auf diejenigen Anwendung, welche die Pfand­ leihe als Gewerbe beiretben. 83. Unter den „erlassenen Anordnungen" find diejenigen Vorschriften zu verstehen, welche nach § 38 der B.-Gew. Ordn. die Central-Behörden (auch die der Emzelstaateu) jn Betreff der durch die Pfandleiher zu führenden Bücher, und der über den Umfang ihres Geschäfts und über die Art ihres Geschäftsbetriebs auszuübenden polizeilichen Kontrolle erlassen können. Aus diesem § 38 ist zu fol­ gern, daß untergeordnete Behörden Über btt belr. Gegenstände Anordnungen nicht erlaffen dürfen. 84. Dagegen ist die Ausübung des Pfandleihegewerbes ohne Anzeige der Eröffnung desselben bei der zuständigen (Polizei ■] Behörde und die Betreibung deffelben trotz einer (in zuständiger Welse) ergangenen Untersagung nicht aus Nr. 12 sondern auS § 148 Nr. 4 der ctt. B.-Gew.-Ordn. zu bestrafen.

Zu Nr. 13. 85. Ueber den Begriff der Oeffentlichkeit vgl. § 85 n. 1—9, besonders n. 6 ; es genügt, wenn die Handlung an einem der Allgemeinheit zugänglichen Orte wahrnehmbar wird.

Zu Nr. 14. 86. Au« dem tm zweiten Entwürfe (§ 356 Nr. 13) eingeschalteteren Worte: „unbefugt" erhellt, daß die Handlung nicht unbedingt, sondern nur für den Fall mit Strafe bedroht ist, wo sie ohne eine zu erlangende polizeiliche Erlaubniß statt findet; von wem diese Erlaubniß auszugehen hat, richtet fich nach den Landes­ gesetzen. 87. Ueber den Begriff der Oeffentlichkeit vgl. § 85 n. 1—9; ein Der sammlungsortist öffentlich, wenn der Zutritt nicht auf einen individuell begrenzten KrerS beschränkt, sondern den Spiellustigen allgemein (wenn auch vielleicht nur bedin­ gungsweise, oder mit einzelnen Ausnahmen) gestattet ist; ist dieses der Fall, so wird die Oeffentlichkeit nicht durch ein Verschließen der Thüren oder durch sonstige auf Verheimlichung abzielende Maßnahmen aufgehoben: Z. 26. Mai 52 c. Krüger. Fehlt es dagegen an der gedachten allgemeinen Zugänglichkeit, so wird der § dadurch nicht anwendbar, daß die Handlung an einem unter andern Umständen öffent­ lichen Orte, z. B. in einem Gasthofe stattfand: ZI. 17. Juli 57 c. Witte. 88. Hat das Spiel den Charakter cmes „Glücksspiels" (vgl. § 284 n. 4), so bedarf eS zum Thatbestände der Nr. 14 einer „Gewinnsucht" nicht; contra: BPl.

634 Thl. II. Abschn. XXIX. Ukbrriretungkn. - § 360 Schlußsatz. 361 Nr. 1.

In den Fällen der Nummern 1. 2. 4. 5. 6. und 14. kann neben der Geldstrafe oder der Haft auf Einziehung der Nisse von Festungen oder Festungswerken, der Vorräche von Waffen oder Schießbedarf, der Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder anderen Formen, der Abdrücke oder Abbildungen oder der auf dem Spieltische oder in der Bank befindlichen Gelder er­ kannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten ge­ hören oder nicht. §. 361. Mit Hast wird bestraft: i) wer, nachdem er unter Polizei-Aufficht gestellt worden 12. Dez. 53 c. Hinterlach (Entsch. 27 s. 134 weil ohne Gewinnsucht das Spiel kein Glücksspiel sei); ein ZI. 15. Zuli 64 (RdO. V, 79) erachtete es indessen für ge­ nügend, wenn nur der Spieler (nicht der Bankhalter) au- Gewinnsucht spiele. 89. „Glücksbuden" sind keine Glücksspiele, sondern „Ausspielungen"; das Veranstalten derselben fällt daher nicht unter die Nr. 14 sondern enventuell unter § 286; vgl dort n. 7. 90. Als „Halter" des Glücksspiels ist derjenige zu betrachten, welcher das­ selbe unternimmt, veranstaltet, also vorzugsweise bei Bankhalter, nicht derjenige, welcher nur pointirt („der Spieler"): ZI. 12. März 69 (RdO. X, 144). Da­ gegen verliert der Bankhalter zene Eigenschaft nicht dadurch, daß er hin und wieder selbst pomtirt: Z. 26. Mai 52 c. Krüger (286). Ebenso setzt der § Nicht da« fortwährende Halten der Bank durch eine und dieselbe Person voraus; er bleibt auch da anwendbar, wo das Bankhalten der Reihe nach unter den Mitspielenden herumgeht: ZI. 30. Jan. 56 c. Bartsch (JMbl. s. 68). Im Uebrigeu kann ein Hazardspiel auch in anderer Weise als durch Banthalten „gehalten" (veranstaltet) wer­ den: cit. cit. 12. März 69. 91. Einer Gewerbsmäßigkeit der Handlungsweise bedarf eS zum Thatbestände der Nr. 14 entschieden nicht. 92. Ueber die Einziehung der in der Bank re. befindlichen Gelder vgl. den Schlußsatz. 93. Ueber die Anwendbarkeit der Nr. 14 auf die öffentlichen Spielbanken zu Wiesbaden, Ems und Homburg vgl. Pr. Emf.-Vdn. v. 25. Juni 1867 Art. V; Pr. Ges. v. 5. März 1868; BGes. v. 4. Juli 1868 und oben EG. §2 n. 43. 94. Im Uebrigen sind hier die Bemerkungen zu § 284 zu vergleichen.

Zum Schlußsätze. 95. Die Einziehung der hier ausgezählten Gegenstände ist nicht durch das Vorhandensein der im § 40 hervorgehobenen Voraussetzungen bedingt. Diese Ein­ ziehung kann auch als selbstständige Maßnahme erkannt werden, wenn die Bersolgung oder Verurtheüung des Thäters unausführbar ist; vgl. § 42 und die Bemer­ kungen zu demselben, insbesondere n 6. Cs darf daher auf die Worte: „neben der Geldstrafe oder Haft" kem entscheidendes Gewicht gelegt werden.

§361.

1. Die hier statthafte Strafe besteht in Haft von einem Tage bis zu sechs Wochen: § 18; im Falle der Realtonkurrenz kann dieselbe btS zu drei Monaten ge­ steigert werden: § 77.

Zu Nr 1. 2. Die Nr. 1 setzt einer „Polizeiaufsicht" voraus, welche als gesetzlich aner­ kannte sNeben-j Strafe die Folge einer rechtskräftig gewordenen Verunheilung war: Beschl.I. 5. Nov. 54, ZI. 17. Ott. 62 c Pein. (GA. II, 829; XI, 49); Berf. d. Pr. Mi», d. Inn. v. 2. Nov. 1859 (DMbl. s. 306); vgl. §g. 38. 39 und die Be-

Thl. II.

Abschn. XXIX.

Ueber,relungen. - § 360 Nr. 1.2.

635

ist, den in Folge derselben ihm auferlegten Beschrän­ kungen zuwiderhandelt; [I. Entw.: § 129; II. Elltw.: § 357 Nr. 1; Pr. StGB.: § 116]. Dgl. § 38.39.

2) wer, nachdem er des Bundesgebietes oder des Gebietes merkungen zu diesen. Dagegen jnadbt es keinen Unterschied, ob diese Nebenstrafe unmittelbar durch daS Urtheil auferlegt war, oder ob ste auf Grund eines ihre „Zulässigkeit" aussprechenden Urtheils durch eine Verwaltungsbehörde ins Werk ge­ setzt worden ist; ebenso ist eS gleichgültig, ob sie auf Grund ds B.'StGB.'S oder auf Grund eines (früheren aber noch geltenden) LandeSprafgesetzeS verhängt worden war; vgl. ZI. 30. Jan. 56 c Leubuscher. 3. Nur die Zuwiderhandlung gegen die in Gemäßheit der betr. Gesetze auferlegten Beschränkungen zieht dre Strafe nach sich; diese bleibt sonach ausge­ schlossen, wenn es sich von Beschränkungen handelt, welche von einer unzuständigen Behörde auferlegt waren, oder welche über den KretS der als Folgen der Polizei­ aufsicht für statthaft erklärten Maßnahmen hinausgehen: ZI. 8 Febr. 54 c. Grübener (GA. II, 546); vgl. § 39 n. 2. 4. Handelt es sich von einer vor Einführung des D.-StGB.'S verhäng­ ten Polizeiaufsicht, so tß daS Maß und die Art der statthaften Beschränkungen nach denjemgenn Gesetze zu beurtheilen, welche zur Zeit jener Verhängung in Geltung waren; es läßt sich nicht aufstellen, daß die Natur der früher erkaunten Strafe durch bic Einführung des StGB.'S eme Aenderung erfahren habe; vgl. Motive f. 17, welche eS ausdrücklich aussprechen, daß auf eme bereit« rechtskräftig feststehende, nur noch nicht verbüßte Strafe die rückwirkende Kraft des milderen Gesetzes nicht aus­ gedehnt werden solle; cm im entgegengesetzten Sinne gestellter Antrag ward im RT. abgelehnt; vgl. Stenogr. Der. s. 152 fgg. — Nur dann, wenn auf Grund eines früher ergangenen die „Zulässigkeit" der Polizeiaufsicht aussprechenden ErkenntnisieS, die „Stellung unter Polizeiaufsicht" unter der Herrschaft des StGB.'S erfolgt wäre, würden in Betreff der Wirkungen dieser Anordnung die milderen Vorschriften deS letzteren als die maßgebeuden anzusehen sein. 5. DaS B.-SlGB. § 39 kennt als „aufzuerlegende" Beschränkung nur die Untersagung des Aufenthalts an einzelnen bestimmten Orten; vgl. 1. c. Nr. 1 und die Bemerkungen n. 3—7 zu derselben; die unbefugte Rückkehr eines ausgewiesenen Ausländer« (ibid. Nr. 2) ist durch Nr. 2 des § 361 besonders vor­ gesehen, während die Nr. 3. des § 39 nur der Behörde eme ausgedehntere Besugntß m Betreff der Vornahme einer Haussuchung gewährt, dem unter Polizeiauf­ sicht Gestellten aber für sein Thun oder Lasten eine Beschränkung nicht auferlegt. 6. Um eine Strafverhängung zu rechtfertigen, bedarf eS ausdrücklichen Fest­ stellung, daß dem Angeschuldigten die betr. Beschränkungen auferlegt gewesen seien; handelt eS sich also von einer Zuwiderhandlung gegen die im § 36 Nr. 1 er­ wähnte Untersagung, so muß eineStheilS dre Stellung unter Polizeiaufsicht durch die LandeSpoUzerbehörde aus Grund eines dieselbe für zulässig erklärenden rechtskräftigen Urtheils und anderntheilS jene stattgehabte Untersagung ausdrücklich m der Feststellung hervorgehoben werden. 7. Als Dolus wird hier die Freiwilligkeit der Handlung und die Kenntniß vorausgesetzt, daß durch sie die auferlegten Beschränkungen Überschritten werden; daher bleibt die Nr. 1 ausgeschlossen, wenn der Angeschuldigte in gutem Glauben handelte, oder der seiner Handlung einem unwiderstehlichen Zwange folgte: Dil. 9. Ott. 62, ZI. 30. Nov. 66 (RdO. III, 70; VII, 685).

Zu Nr. 2. 8. Der Ausländer hat nicht daS Recht zu verlangen, daß ihm der Auf­ enthalt im deutschen Reiche oder in einem einzelnen Bundesstaate gestattet werde; es ist daher den Polizeibehörden der einzelnen Bundesstaaten unbenommen, nach ihrem Ermessen, die Ausweisung aus dem Gebiete des EinzelftaateS auSzusprecheu; da- Gegentheil folgt nicht aus § 39 Abs. 2: Motive s. 59. Von welcher Behörde diese Ausweisung ausgehen könne, ist nach den Landesgesetzen zu beurtheilen. In Preußen steht diese Befugniß nur den „Landespolizeibehörden" d h. den Regte-

636

Thl II. »bschn. XXIX. Ueb-rlretungen. - § 360 Nr. 2.

eines Bundesstaats verwiesen ist, ohne Erlaubniß zu­ rückkehrt; [I.

§ 128; II. Ent».: $ 357 Nr. 2; Pr. StGB.: § 115], Dgl. $ 39 Nr.2. 284; B..Lerf. Art. 3; B.-Freizügigk.-Gks. v. 1. N«v. 1867 § 1—3.12 (BGbl. f. 55); B.-Ges. v. 1. Juli 1870 üb. d. Erwerb :c. der BundeSu. Staatsangehörigkeit (BGbl. f. 355).

rurigen (Drosteien) zu, da nur diese darüber zu befinden haben, ob Jemand Inoder Ausländer fet; vgl. AKO. v. 20. März 1833 Nr. 3 (die Ertheilung von HeimathSschemen betr.); AKO. v. 10. März 1839; Mm.-Vers. v 27. Apr. 1827 (v. K. Ann. XI, 458;; id. v. 9. Mär; 1861 (VMdl. s. 66); contra: DPI. 10. Mar 58 c. Hattenhauer (IMbl. s 222); V11. 17. Juli 62 (RdOT. XII, 540); Verf. d. Diin. d. Inn. v. 24. Sept. 1867 (VMbl. s. 336). — Dagegen können die Behörden eine« EmzelstaatS eine Ausweisung aus dem ganzen Bundes- (Reichs-) Gebiete nur ans Grund einer ausdrücklichen bnudeSgesetzlichen Vorschrift verfügen; vgl. z. B. cit. §§ 39 Nr. 2; 284 Abs. 2. 9. Cm „Inländer" kann auS dem Gebiete seines HeimathsstaateS (oder aus dem ganzen Reichsgebiete) gar nicht verwiesen werden; eine „Verbannung" kennt unsere Gesetzgebung mcht; daS gilt auch dann, wenn der Inländer in einem andern Bundesstaate eine Berurtheilung erlitten haben sollte, welche seine Auswei­ sung au8 diesem oder einem dritten Bundesstaate rechtfertigen könnte; vgl. Bund.Freizügigk-Ges. v. 1. Nov. 1867 §3 (welcher in dieser Beziehung nicht ganz kor­ rekt gefaßt ist). 10. Dagegen kann ein Bundes-Angehöriger („Inländer"), welcher eine Be­ strafung erlitten hat, aus einem andern als fernem Heunathstaate ausgewiesen wer­ den, insoweit diejeS nach den bestehenden Landesgesetzen des letzteren stattthaft ist; außerdem ist eS den Landespolizeibehörden gestattet aus dem Gebiete ihres Staates die einem anderen Bundesstaate angehörenden Inländer auszuweisen, welche inner­ halb der letzten zwölf Monate in (irgend) einem Bundesstaate wegen wiederholten BettelnS oder wegen wiederholter Landstreicherei bestraft worden sind: B.-Freizügigk.-Ges. v. 1. Nov. 1867 § 3. Ueber den Begriff der „LandespoltzeibeHörde" vgl. § 362 n. 7. — DaS Wort „bestraft" umfaßt btc Berurtheilung und die Vollstreckung der verhängten Strafe (vgl. §8 244.245); es genügt sonach, wenn auch nur ein Theil der Vollstreckung m den letzten zwölf Monaten statt gefunden hat; die Bestrafung ist wegen „wiederholten BettelnS:c. erfolgt, wenn bei dem letzteren die Voraussetzungen des (ersten) Rückfalls (244) vorlagen; daß auch die vorhergegangene erste Bestrafung in den letzten zwölf Jahren erfolgt fei, ist nicht erforderlich. — Da bie tm ctt. § 3 ertheilte Befugmß an eine zwölfmonatliche Frist geknüpft ist, so muß auch die innerhalb dieser Frist ausgesprochene Ausweisung mit dem Ablaufe jener ihre Wirklamkett verlieren. 11. Die durch daS ctt. B.-Ges. v. 1. Nov. 1867 § 4fgz. den Gemeinden unter gewissen Voraussetzungen gewährte Besugniß, einen Neu-Anziehenden abzu­ weisen, hat für den Thatbestand der in der Nr. 2 vorgesehenen Uebertretung kerne Bedeutung; eine solche Abweisung kann stets nur für daS Gebiet jener Gemeinde, also nicht für daS Reichs- oder EmzelstaatSgebiet wirksam werden. 12. Abgesehen von den unter n. 11 erwähnten Fällen gewährten die B.-Versassung (Art. 3) und daS ctt. B.-Freiz.-Gef. v. 1. Nov 1867 § 1. 12 jedem BundeSangehörigen da- Recht, sich an jedem Orte innerhalb des Bundesgebiets aufzu­ halten, und erklären polizeiliche Ausweisungen eines solchen in allen andern Fällen für unzulässig. Es muß daher jedem Ausgewiesenen und wegen unbefugter Rückkehr Verfolgten freistehen, einzuwenden, daß er als „Inländer" nicht habe ausge­ wiesen werden dürfen; der befaßte Strafrichter hat dann die Begründetheit dieses EinwandeS zu prüfen, d h. ob jener Inländer fei, ob eventuell bet ihm die Voraussetzungen vorlagen, an welche daS Gesetz die Statthaftigkeit und Wirksamkeit (Dauer) der Ausweisung eines Inländers geknüpft hat, und ob die Ausweisung von einer zuständigen Behörde ausgegangen sei; dagegen hat er, wenn diese Fragen zu bejahen sind, weiter mcht zu untersuchen, ob im Uebrigen eine genügende Ver­ anlassung zur Ausweisung vorlag, da hierüber die Polizeibehörde nach ihrem Er­ messen zu befinden halte. — Für die älteren Provinzen de- Preußischen Staa-

Lhl. H. Abschn. XXIX. Ueberkelungen. - § 361 Nr. 1.

637

3) wer als Landstreicher umherzieht; [I. Cnti».: 5 350 Nr. 3; II. Entw.: §357 91t. 3; Pr. SlGB.: § 117). vgl. § 362; B..Frcizüg,gk-.Ges. b. I. Nov. 1867 §3.12 (BGbl. f. 65). tcfl halte eine MO. v. 10. Marz 1839 (Ges. S. s. 106) vorgeschrieben, daß. wenn ein als Ausländer des Landes verwresener polizeilich über die Grenze gebrachter Land­ streicher demnächst zurückkehre und dieserhalb zur Uutersuchung gezogen, etn In­ länder zu fern behaupte, oder wenn die Frage: ob derselbe dem dressertrgen Staate angehöre, sonst irgend zweiselhast sei, — die Gerichte die geschlossenen Untersuchungs­ akten der betr. Regierung zur gutachtlichen Aeußerung mittheilen und dieses Gut­ achten dem Erkenntnisse zu Grunde legen sollten. Tiefe Vorschrift dürste jetzt nur noch eine ivfiruktroneve Bedeutung haben, und die demnächstrge richterliche Entschei­ dung nicht bindtn: v. Rönne Staat-recht I, 294 Nr. 2. Jedenfalls ist sie aber als Ausnahmebestimmung auf den speziell vorgesehenen Fall eines ausgewiesenen und zurückkehrenden LanstrercherS zu beschranken; in allen anderen Fällen hat daher der Strafrichter jene Frage selbstständig zu lösen; vgl. Oppenhofs Reffortgeff. f. 32.; Vers. d. Min. d. Inn. v. 6. Juli 1868 (VMdl. s. 250); demgemäß hat das OTr. stch mehrfach auf die selbstständige Prüfung dieser Frage eingelassen; vgl. n. 13. 13. Ein ZU. 3. Jan. 67 ((RdO. VIII, 3) erachtete den der Nr. 2 entsprechen­ den §115 des Pr. StGB.'S auf einen Ausländer, welcher nach Verübung des Ver­ gehens die Eigenschaft eines Preußen erlangt hatte, für nicht anwendbar; vgl. aber §2 n. 11. 14. ES macht keinen Unterschied, ob die Landesverweisung aus Grund de- jetzt geltenden, oder unter der Herrschaft eine- früheren Gesetze- nach diesem, ob ste richterlich ausgesprochen oder polizeilich angeordnet worden ist: V. 10. Sept. 52 c. Marchatzki (IMdl. s. 379); DPI. 10. Mar 58 c. Hattenhauer (JMbl. s. 222). 15. ES ist nicht erforderlich, daß die Ausweisung durch Transport über die Grenze zwangsweise tn Vollzug gesetzt worden sei; auch wenn der Ausge­ wiesene freiwillig das Land verlaffen hat und dann zurückkehrt, ist die Strafe verwirkt. Anders verhält stch die Sache, wenn der DerurtheUte da- Land gar nicht verlaffen hat; vgl Deschl. LG. Aachen 1. Juni 53 c. Falkenstem (Tr. Ann. VII, 230). 16. Durch die im § 572 der Pr. Cr -Ord. angeordnete Verwarnung vor der Rückkehr ist die Strafbarkeit nicht bedingt; vgl. GA. I, 236 Note 1. 17. Die Erlaubniß, welcher ein durch richterliches Erkenntniß de- LandeVerwiesener zur Rückkehr bedarf, kann nur im Begnadigung-wege ertheilt werden. War dagegen die Landesverweisung polizeilich angeordnet (n. 14), so kann die Rück­ kehr durch diejenige (ihrem Range nach zuständige) Polizeibehörde gestattet werden, in deren Bezirk der Ausländer zurückzukehren wünscht: Berf. d. Pr. Min. d. Inn. 9. März 1861 (DMbl. s. 66).

Zu Nr. 3.

18. „Landstreicher" ist derjenige, welcher zweck- geschästS- und arbeitslos von einem Orte zum andern umherzieht, ohne die Mittel zu seinem Unterhalte zu besttzen und ohne eine Gelegenheit zum Erwerbe desselben aufzusuchen; vgl. Pr. Ges. v. 6. Jan. 1843 (GS. s. 19); Pr. StGB. § 117. Diese Preußischen Gesetze erklärten den geschäftSloS Umherziehenden für eiuen Landstreicher, wenn er „sich nicht darüber au-weisen könne", daß er die Mittel zum Unterhalte besitze oder tute Ge­ legenheit zu demselben aussuche. Da da- StGB, eine Begriffsbestimmung der Landstreicherei nicht gegeben, somit dieselbe im Sinne des gewöhnlichen Sprachgebrauch- aufgefaßt hat, dieser aber keinen Anhalt für eine derartige Beweisregel ent­ hält, so kann jetzt dem der Landstreicherei Angeschuldigten formell eine solche Beweis­ last nicht auferlegt werden; dagegen ist der Instanzrlchter nicht behindert, die Mit­ tellosigkeit K. für erwiesen zu erachten, wenn der Angeschuldigte nicht selbst An­ haltspunkte an die Hand giebt, an- welchen der Besitz der UnterhaltSmittel oder daAufsuchen einer Erwerbsgelegenheit gefolgert werden kann. 19. Das Umherziehen rc. muß ein zweckloses sein; wer sich aus einer ge­ rechtfertigten Ursache an einen andern Ort begeben hat, und nun den dor­ tigen AusenihaU verlängert, ohne sich un Besitze der Mittel zu seinem Unterhalte zu befinden, ist deshalb noch nicht Landstreicher: ZI. 19. Okt. 62 (RdO. 111, 130). 20. DaS Umherziehen muß „von einem Orte -um andern" geschehen;

638

Thl. II. Abschn. XXIX.

Ueberlretungrn. — § 361 Nr. 4.

4) wer bettelt oder Kinder zum Betteln anleitet oder aus­ schickt, oder Personen, welche seiner Gewalt und Auf­ sicht untergeben sind und zu seiner HauSgenoffenschaft gehören, vom Betteln abzuhalten unterläßt; [I. Salto.: § 350 Nr. 2; II. ©atro.: § 357 Nr. 4; Pr. StGB.: § 118. 341]. Vgl. § 362. 235; B..Frr,z1Ig>gk..Ges. v. 1. Nov. 1867 § 3 (BGbl. f. 55). da- Umherziehen am eignen Wohnorte sann nur geeigneten Falles unter Nr. 5 fallen. 21. Wie lange da- Umherziehen gedauert haben müsse, damit ein „Land­ streichen" angenommen werden könne, unterliegt der thatsächlichen Beurtheilung: ZI. 4. 3an. 67 (RdO. VIII, 10). 22. Arbeitsunfähigkeit schließt die Strafbarkeit des Landstreichenö nicht auS: ZU. 6. Febr. 68 (RdO. IX, 112); tz.-Fret-ügigk.-Ges. v. 1. Nov. 1867 § 4fgg. 23. Durch den Mangel eines festen Wohnsitzes ist der Thatbestand der Landstreicher« nicht bedingt: ZI. 27. März 67 (RdO. IX, 213). 24. Bettelt ein Landstreicher (Nr.4), so liegt Realkonkurrenz vor. 25. Zn Betreff des gegen einen zur „Hast" verurtheilten Landstreicher zuläs­ sigen ArbeitSzwangeS, und der neben derselben statthaften Uederweisnng an die Landespolizeibehörde zur Unterbringung in em Arbeitshaus vgl. § 362. 26. Dem wegen wiederholter Landstreicher« Verurtheilten kann m den nächsten zwölf Monaten der Aufenthalt in entern andern als fernem Heimathstaate von der Polizeibehörde verweigert werden: B.-Freizügigk.-Ges. v. I. Nov. 1867 § 3; vgl. oben n. 10.12.

Zn Nr. 4. 27. „Betteln" bezeichnet da« Ansprechen eines Fremden um eine milde Gabe für den Lebensunterhalt (Almosen); vgl. Abh. in GA. III, 793; ähnlich: ZPl. 29. Okt. 55 c. Suchrow (Entich. 31. s. 223). Die vereinzelte Bitte um Unter­ stützung bei augenblicklichen zufälligen Nothständen oder Verlegenheiten ist nicht als Bettelei aufzufaffen: ZI. 14. Sept. 60 c. Günther; KDII. f. 176 zu § 313 des Pr. Entw. v. 1850. Dagegen wird ein wirkliches Betteln durch das Vorhandensein einer Noth nicht straflos (insofern nicht ein wirtlicher Nothstand vorliegt): LIl. 31. Jan. 61 c. Bortscheid. 28. Unterstützungsgesuche, welche an einen durch Verwandtschaft, Freund­ schaft tc. nahe Verbundenen gerichtet werden, sind Nicht als Betteln anzusehen: Pr. JMVerf. v. 19. März 1831 (v. K. Arm. XV, 128); Koch n. 9; contra: ZU. 13. Okt. 54 c. Dahl, welches die Frage als «ne rem thatsächliche auffaßte. 29. Wesentlich ist, daß die Ansprache sich aus «ne freiwillige Gabe beziehe.der Begriff deS Betteln- trifft daher nicht zu, wo dem Angesprochenen die Freiheit der Entschließung entzogen wird: ZI. 1b. Nov. 61 (RdO. II, 73; die betr. Hand­ lung ward hier als Betrugsversuch angesehen); vgl. n. 33. 30. Das Betteln kann auch schriftlich begangen werden: Deschl. Pl. 21.Nov. 49 c. Blumenthal (JMbl. 60. s. 6); ZI. 3. Mat 54 c. Sandmann; vgl. Pr. AKO. v. 13. Juli 1836 (RS. V, 423). 31. Auch durch Handlungen kann die Bitte um ein Almosen ausgedrückt werden: ZU. 14. April 53 c Sauerland. 32. Zum Thatbestände des Betteln- gehört nicht eine Mehrheit voy Fällen; jeder einzelne Fall begründet die Anwendung des Strafgesetzes (: D. KJ. Int. d. Ges. 22. Dez. 52 c. Renner, RA. 48. 2A. s. 33), und «ne Mehrheit von Fällen die Anwendung der §§74 ff. Ist daher «n Angeklagter von der Anklage: „im Mo­ nat Januar rc. bei A und B gebettelt zu haben" freigesprochen worden, so kann er gleichwohl auf Grund einer Anklage.' „m demselben Monat bei C und D gebettelt zu haben" noch immer verfolgt werden: B. 24. Nov. 52 c. Strenge. 33. Inwiefern eine durch Täuschung hervorgerufene Mildthätigkeit als Be­ trug angesehen werden könne, darüber vgl. § 263 n. 39. 34. Da- „Anleiten oder Ausschicken der Kinder zum Betteln" ist eine selbst-

Lhl. II. Abschn. XXIX. Uebrrtrrlungrn. - § 360 Nr. 5 6.

639

5) wer sich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang dergestalt hingibt, daß er in einen Zustand geräth, in welchem zu seinem Unterhalte oder zum Unterhalte derjenigen, zu deren Ernährung er verpflichtet ist, durch Vermittelung der Behörde fremde Hülfe in Anspruch genommen wer­ den muß; [I. mittheilten AuSlä-tder hat eintreten laffen, dadurch nicht das Recht verliert, denselben aus polizeilichen Gründen aus dem Einzelstaate auszuweisen; vgl. Motive s. 59.

646

Thl. II. Abschn. XXIX.

UeBcrttetungen. — § 363.

§. 363. Wer, um Behörden oder Privatpersonen zum Zwecke seines besseren Fortkommens zu täuschen, Pässe, Militairabschiede, Wanderbücher oder sonstige Legitimationspapiere, Dienst- oder Arbeitsbücher oder sonstige auf Grund besonderer Vorschriften auszustellende Zeugnisse, sowie Führungs- oder Fähigkeitszeugnisse falsch anfertigt oder verfälscht, oder wissent­ lich von einer solchen falschen oder verfälschten Urkunde Ge­ brauch macht, wird mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu fünfzig Thalern bestraft. 18. In Betreff der Mittheilu'ngen, welche im Falle einer rechtskräftig erfolg­ ten Ueberweisung eines Derurtheilten rc. Seitens der Gerichtsbehörden an die Ver­ waltungsbehörden tu machen sind, vgl. für Preußen JMDerf. v. 3. Oft. 1856 (JMbl. f. 286; RS. XI, 283); Vers. d. Mm. d. I v. 27. April 1857 (VMbl. s. 92); IMVerf. v. 13. Mai 1857 (JMbl. s. 194); id. v. 2. 3uli 1857 (RS. XI, 354); id. v. 4. Mai 67 (DMbl. f. 135); id. v. 31. Jan. 1868 Nr. 20 (für die neuen Landeötheile, JMbl. s. 49).

§363.

1 Dieser § erheischt die Absicht „Behörden oder Privatpersonen zum Zwecke des bessern Fortkommens zu täuschen"; d. h. also dre Absicht durch eine mit­ telst des betr. Schriftstückes herbeigeführte Täuschung ein beffereS Fortkommen zu erzielen. Hierin allem hat der Gesetzgeber weder eine rechtswidrige (§ 267) noch eine auf Erlangung emeS DermogensvortherlS (§ 268) gerichtete Absicht gefunden, und ebendeshalb für die Tbat eme Uebenretungsstrafe für ausreichend erachtet. Demgemäß ifl unter dem „besseren Fortkommen" nur die Erlangung einer LebeuSpellung zu verstehen, welche die Möglichkeit gewährt, in vortheilhasterer Weise als bisher für die künftige Existenz thätig zu sein. Ist diese Stellung «ne solche, welche nach der gesetzlichen bestehenden Regelung nur durch Erfüllung gewiffer Bedingun­ gen erlangt werden kann, so ist die Absicht, sie zu gewinnen, ohne jenen Bedingun­ gen Genüge geleistet zu haben, eine rechtswidrige. Gewährt die Stellung selbst un­ mittelbar Vermögensvortheile, so würde die auf ihre Erlangung gerichtete Absicht dem § 268 entsprechen; vgl § 267 n. lfgg.; § 268 n 5. Zn diesen Fällen kann Mit dem Thatbestände des § 363 der des § 267 oder 268 ideell zusammentreffen, so daß 8 73 maßgebend würde. 2. Nur denjenigen trifft die Strafe, welcher die That „zum Zwecke seines (eigenen) besseren Fortkommens" verübt. Geschah daher die Handlung lediglich zu dem Zweck: das Fortkommen nncö Anderen zu befördern, so ist dieselbe (als solche) straflos; zwar würde der Thäter als Gehülfe dieses Anderen anzusehen sem, insofern dieser von der gefälschten Urkunde Gebrauch gemacht hätte; da aber diese letztere Handlung nur eme Uebertretung darstellt, so ist die Beihülfe zu derselben nicht strafbar: § 49. Dagegen trifft den Beamten, welcher eme von ihm auszu­ stellende Urkunde der fraglichen Art falsch ansstellt, die Strafe des § 348 oder 349. 3. Pässe, Militär.Abschi ede, Wanderbücher sind öffentliche Urkunden; vgl. § 267 n. 95 § 348 n. 5; den Militärabschieden sind die Militärurlaubsscheine gleich zu stellen: Beschl. I. 15. März 67 lRdO. VIII, 182; ind.). 4. Dasselbe (n. 3) gilt von „sonstigen Legitimationsscheinen"; auS der Gleichstellung („sonstigen") derselben mit den vorhergenannten Pässen rc. und auS der tm § vorausgesetzten Absicht erhellt, daß hier nur amtlich ausgestellte, zum Ausweite einer Person bestimmte Bescheinigungen gemeint sind, eö gehören sonach Wildpassir- PserdelegitimationS- Holztranöportscheine und ähnliche nicht hierher, wohl aber HeimathSscheine (vgl. B.-Ges. v. 1. Zum 1870 §21: BGbl. s. 358; Pr. AKO. v. 20. Mai 1838); ebenso pellt ein Jagdschein einen Legitimationöschein dar; ein solcher wird aber freilich nicht leicht zur Erzie­ lung eines besseren Fortkommens dienlich fein; vgl. § 267 n. 95; § 348 v. 5fgg.; v. Kirchm. f. 220.

Thl. II. Mschn. XXIX.

Uebrrtretungen. — $ 363.

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Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher zu demselben Zwecke von solchen für einen Anderen ausgestellten echten Ur­ kunden, alö ob sie für ihn ausgestellt feien, Gebrauch macht, oder welcher solche für ihn ansgestellte Urkunden einem Anderen zu dem gedachten Zwecke überläßt. [I. Snt».: § 250 j II Entw.: § 359; Pr StGB. § 254]. Dgl. § 267. 270. 277. Preußen: Vgl. Hann. Pol.-Strafges. v. 25. Mai 1847 § 302; NEB. Art. XV § 1. 5 Die übrigen im § aufgezählten Schriftstücke (Dienst-, Arbeitsbücher, Zeugniffc rc.) brauchen nicht den Charakter einer Urkunde zu haben; vgl. § 267 n. 135; das Gegentheil ist nicht aus den (dem § 254 des Pr. StGB, entlehnten) Dorten: „von einer solchen — Urkunde", und „von solchen Urkunden rc." im Abs. 1 (Schluß) und 2 zu folgern: ZI 23. Oft. 51 c. Grütscheit. 6. „Dienst- und Arbeitsbücher gehören nur dann hierher, wenn ste ebenso rote die „sonstigen Zeugnisse" auf Grund besonderer (gesetzlicher oder regle­ mentarischer) Vorschriften auszustellen sind, nicht also, wenn ihre Führung nur auf einem Privatabkommen beruht. Dagegen wird der § anwendbar, wenn ein solches Privat-Dienst- rc. Buch ein FuhrungS- oder FähigkeilSzengniß enthält; vgl. n. 7. 7. Bei Führung-- und Fähigkeit-zeugnissen ist dagegen von dem Ersordermffe, daß sie aus Grund besonderer Dorschristen auszupellen seien, abzusehen. 8. „Zeug ui ß" bezeichnet die Bescheinigung emeS unbetheUigten Dritten über die eigene Kenntniß von einer stattgehabten Thatsache; daß dieselben von einem zu­ ständigen Beamten ausgestellt und somit an und für sich mit einer Beweiskraft aus­ gestattet seien, ist nicht erforderlich; vgl. n. 5. DaS gilt namentlich auch von den „Führungö- und Fähigkeit-zeugnissen". 9. Anzeigen, welche Jemand lediglich für sich selbst, um einer polizeilichen Vorschrift zu genügen, bet der Behörde macht, sind, selbst wenn sie sich auf einen Dritten beziehen, keine „Zeugnisse," insofern sie nicht auch gleichzeitig dazu bestimmt sind, diesem Andern zu einem ihm obliegenden Nachweise zu dienen; z. B. die An­ zeige, welche cm Handwerksmeister über die erfolgte Annahme oder Entlastung eines Gesellen, oder cm Schlafstellenvermiether über die Aufnahme eine- Miether- an die Polizei zu machen hat; die Verfälschung und Benutzung einer solchen Schrift durch den Gesellen oder Miether fällt nicht unter § 363: Beschl. I. 27. Febr. 61, ZU. 6. Juli 65 (RdO. I, 269; VI, 244). Ander- würde sich die Sache gestalten, tocnn, z. B. die Anzeige nach bestehenden Vorschriften dem Gesellen rc. zu dem Nachweise einet gefundenen Unterkommen- dienen sollte. 10. Ebenso gehören Bescheinigungen, welche nicht den Zweck haben, für An­ dere zum Nachweise zu dienen, sondern nur eigene Handlungen de- Aussteller- betresten, und lediglich als Belag für feine Rechnungsführung eine Bedeutung haben, nicht hierher; z. B. die von einem Beamten auszustellende Bescheinigung, daß er eine von ihm zu amtlichen Zwecken erhobene Summe „bestimmungsmäßig verwendet habe": Beschl. I. 30. Jan. 61 (RdO. I, 232); eine solche Schrift ist auch keine Urkunde, vgl. § 267 n. 13; § 348 n. 8. 11. Aerztliche Zeugnisse (insofern sie nicht aus Grund besonderer Vorschrif­ ten auszustellen sind) gehören nicht hierher; ihre Fälschung ist in den §§ 277. 278 zum Gegenstände besonderer (strengerer) Strasvorschriften gemacht. 12. Aus andere als die hier aufgezählten Schriftstücke, sollten sie auch wirk­ liche Urkunden sein, erleidet der § feine Anwendung; die ketr Handlung bleibt also straflos, insofern nicht eine andere Strasvorschnft (z. B. § 267 sgg.) zutrifft: DI. 3. Juli 61 (RdO. I, 479); vgl. B. 15. Okt. 52 c. Braß (GA. II, 267). 13. Ueber die Begriffe „falsch Anfertigen" und „Verfälschen" vgl. § 267 n. 15 -22. 42. 43 und n. 9—14; die Abweichung in der Ausdrucksweise von der des § 267 („falsch anfertigen" statt „fälschlich anfertigen") ist bedeutungSloS. Hiernach ist § 360 nicht auf den Fall auszudehnen, wo Jemand unter seinem richtigen Namen ein wahrheit-widrige- (Privat-) Führung-- oder Fähigkeit-Zeugniß au-stellt; vgl. Hann. Pol.-Strafges. v. 25. Mai 1847 § 302.

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Thl. n. Mschn. XXIX. UeBertrttnngen. — $ 364.

§. 364. Mit Geldstrafe bis zu fünfzig Thalern wird bestraft, wer wissentlich schon einmal verwendete- Stempel­ papier nach gänzlicher oder theilweiser Entfernung der darauf gesetzten Schriftzeichen oder schon einmal verwendete Stempel­ marken, Stempelblankette oder ausgeschnittene oder sonst ab­ getrennte Stempelabdrücke der im §.276. bezeichneten Art ver­ äußert oder feilhält. [I. Sntro.: § 249; II. en n . ,n®1, dt» vorschnellen Beerdigungen vorzubeugen bezwecken. Zn Betreff de» Näheren vgl. § 361 n. 39—40; § 366 n. 1 2. ^ „Anordnungen" sind al» „polizeiliche" bezeichnet, weil sie einen polizeillchen Zweck verfolgen. Im Uebrigen macht e» keinen Unterschied, ob sie im äötfle der Gesetzgebung, oder durch eine (zuständige) Polizeibehörde erlaffen sind; in 6*alLeÄ 6er vorschriftsmäßigen Verkündung derselben (vgl. für Preußen: P°l.-Ges. v. 11. März 1850 §5. 11; Bdn. v. 20. Sept 1867 § 5. 11): ZU. 6. Jan. oy c. iüJciß. 14. Für da« Gebiet de« Rheinischen Recht« enthält da« BGB. Art. 77 die maßgebende Bestimmung; dieser gestattet die Beerdigung nur auf Gründ raiet «7n ®t,an6m6 be« Eivilstandrbeamten, welche, insosern nicht besondere durch Pol.-Berordnungen vorgesehene Fälle vorliegen, nicht früher al« 24 Stunden nach dem erfolgten Tode ertheilt werden darf. Eine Min.Verf. v. 15. Juni 1822 (RS. II, 304) hat sodann angeordnet, daß lene Erlaubniß entweder nur ans das Zeugüi « approbirten Arztes über den wirklich eingetretenen Tod, oder mit der Be­ schränkung zu ertheilen sei, daß die Beerdigung erst nach Ablauf von 72 Stunden jktt dem von den Zeugen bekundeten Momente deö erfolgten TodeS stattfinden dürfe. Der CivrlstandSbeamte, welcher die Erlaubniß zu früh ertheilt, fällt nicht unter den §; er unterliegt nur der disciplinarrschen Ahndung. « r15‘ bie Mmen ältern Provinzen des Preußischen Staat« hat eine Min.» Berf. v. 2. März 1827 (v. K. Ann. Xi, 168) angeordnet, daß dre Beerdigung in der Regel mcht vor Ablauf von d rer Tagen geschehen dürfe. 16. Die betr. Borschnsten sind auch für die Beerdigung todtgeborner Ä i£r u"vgebend, Nicht aber für dre einer unreifen Leibesfrucht; vgl. oben n. 5. Geistliche, welcher m dieser Eigenschaft der einer voreiligen Beer­ digung assistrrt, verwirkt nicht die Strafe der Nr. 2. da er nicht selbst beerdigt; vgl. oben n. 8. 18. Die Strafandrohung dieser Nr. will lediglich den „vorzeitigen Beer. digllngen vorbeugen, d. h. solchen, welche erfolgen, ehe der Tod de« Menschen vollständig feststeht; daher bleibt sie außer Anwendung, wenn ein ähnliche» Verbot andere Zwecke (z B. tue Ermittlung einer zweifelhaften Todesursache) verfolgt (Beisp.: Pr. Er.-Ord. § 149.150); yntro: »811. f. 179. Eine m diesem Sinne ergangene Polizei-Berordnung muß sonach eine besondere Strafandrohung enthalten.

Z« Nr. 3. 19. Die B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 erklärt e» im § 34 für statthast, durch ein Lande«gesetz («der durch eine in gesetzlicher Weise erlaffene Verordnung: § 155 ibid.) vorzuschreiben, daß jum Handel mit Giften eine besondere Genehm'gung erforderlich sei. Die Nr. 3 de« § 367 geht noch weiter,- sie verbietet da« Zubereiten ic. von Gift ohne Erlaubniß, insoweit nicht der Handel freigegeben ist; die Strafe trifft sonach auch da zu. wo e« an besonderen gefetzlichen Beschränkungen diese« Handel» fehlt. — Dasselbe gilt jetzt auch vom Handel mit „Arzeneien"; vgl. cit. B.-Gew.-Ordn. § 6. 34. 20. Ueber den Begriff de« ..Gift«« vgl. §229 n. 1-3. Andere «Stoffe, wucht geeignet sind, die Gesundheit zu zerstören« (vgl. ctt. § 229 und dort n. 4), gehören nicht hierher. 21. Zn Preußen ist die Erlaubniß ,»m Handel mit Gift von der „Polizei, obrigkeit« (dem Lanvrath) zu ertheilen: Pr. Gew.-Ordn. v. 17. Zan. 1845 (Ges.

Bunde-'Strafgesehtuch.

ao

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Thl. II. Abschn. XXIX. Uebertretungeu. — § 367 Nr. 3.

zubereitet, feilhält, verkauft oder sonst an Andere überläßt; ll.Entw.: 8 353 Nr. 3; II. Entw.: § 363 Nr. 3; Pr. StGB.: §345 tot. 3]. Dgl. Nr. 5, § 229; B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 § 6. 29. 34. 53. 80.144. Preußen: Dgl. § 197; Regl. v. 16. Sept. 1836 und AKO. v. 17. Oft. 1836 (GS. 1837 f. 41); fGew.-Ordn. v. 17. Jan. 1845 §42.49.177; Ges. v. 22. Juni 1861 Art. I 8 49: GS. s. 4421; Mm.-Dekanutmachung v. 29. Juli 1857 (GS. s. 654). v. 22. Juni 1861 Art. I) § 49, welche in dieser Beziehung noch als maßgebend an« zusehen ist (n. 19). 22 Als „Arznei" (vgl. B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 §6: „Arznei, mittel") sind, in Ermangelung darüber ergangener besonderer Vorschriften, alle Stosse anzusehen, welche m der Medizin als Heilmittel für Menschen benutzt zu werden pflegen. In Preußen gehören hierher diejenigen Stoffe, welche nach dem Regl.-Entwurf v. 16. Sept. 1836 (AKO. v. 17. Oft. 1836) und den m Gemäß­ heit der Nr. 5 diese- Entwurfs erlassenen Mimstertal.Bekanntmachungen (vgl. Bekanntm. v. 29. Juli 1857) als solche bezeichnet sind, welche nur die Apotheker ver« taufen dürfen: cit. Bekanntm. v. 29. Juli 1857 Abs. 4; ZI. 20. April 65, ZI. 1. Juli 68 (RdO. VI, 58; IX, 423). Die im Verzeichnisse A. der cit Bekannt­ machung v. 29. Juli 1857 aufgezählten Präparate re. unterliegen dem Verbote unbedingt. Da- gilt namentlich von allen „Mixturen" (flüssigen Arzueimischuugen) und von allen „Elixiren", sobald sie nur überhaupt Arzneistoffe zu ihren Bestandtheilen haben; es kommt dann auf das Quantitätsverhältniß der letzteren nicht weiter an: DU. 22. Juni 65, ZI. 1. Juli 68 (RdO. VI, 211; IX, 423). Bei den in den Verzelchniffeu B. und C. aufgezählten Stoffen fällt dagegen das Derbot des Verkaufs in geringeren Quantitäten als Em Pfund (2 Loth) weg, wenn sie nur zur Darstellung selbstständiger Fabrikate benutzt worden sind, bei welchen sie (in ihrer spezifischen Wirksamkeit) nur als unwesentlich und nebensächlich erscheinen: cit. Dil. 22. Juni 65; dazu genügt es aber nicht, wenn der betr. Arzneistoff nur iu eine äußere (mechanische) Verbindung mit andern nicht osficiuellen Stoffen ge­ bracht ist; so: cit. ZII. 20. April 65. 23. Die Personen, welche mit Arzneien Handel treiben wollen, („Apo theker") bedürfen dazu einer Approbation (: B -Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 §29), welche iu Preußen vom Ober-Präsidenten ertheilt wird (: Pr. Gew -Ordn. v. 17. Jan. 1845 §§42.45); demgemäß kann hier die Erlaubniß einer Provmzialbehörbe den Handel mit Arzneien nicht straflos machen: Dl. 15. März 65 (RdO. V, 659). — In Betreff des Handels mit Arzneien ist die Strafbestimmung der Nr. 3 an die Stelle de- § 147 Nr. 1 der cit. B.-Gew.-Ordn. getreten. 24. Auch Aerzte bedürfen zum Difpenstren von Arzneien der Approbation; das Gegentheil war auch früher nicht aus § 460 II, 8 ALR. noch aus § 14 der Apoth.Ordn. v. 11. Okt. 1801 zu folgern: DI. 5. Mai 54 c. Nüchtert (JMbl. f. 278). Ueber die Besugmß approbirter Medizinal-Personen zum SelbstdtSpensiren der nach homöopathischen Grundsätzen bereiteten Arzneimittel vgl. Regl. v. 20.Juni 1843; AKO. v. 11. Juli 1843 (GS. s. 305); Eirk.-Derf. v. 23. Sept. 1843 (JMbl. s. 290); und in Betreff der neuen Landestheile: Miu.-Derf. v. 13. April 1869 (DMbl. f. 89); vgl. Ddn. v. 13. Mai 1867 (GS. f. 657), Min.-Derf. v. 11. Dez. 1869 (DMbl. 1870 f. 50). Unter dem im § 8 des cit. Regl. vom 20. Jum 1843 für strafbar erklärten „Selbstdispensiren" homöopathischer Aerzte ist auch die bloße Verabreichung der zwar in einer Apotheke, aber nicht für den bestiurmten Kranken, dem sie verabreicht wurde, bereiteten Arznei, ohne sonstige Behandlung der­ selben zu verstehen; eine solche ist daher aus § 345 Nr. 2 zu ahnden: DU. 24.Febr. 53 c. Bolle (Entfch 25. f. 263). — Vgl. die Gutachten der wiff. Deput. f. d. Phar­ ma;. Augg. v. 4. Nov. 1851 und d. wiff. Deput. f. d. Med.-Wesen v. 28. Jan. 1852 (JMbl. 52 s. 173). 25. Die „Zubereitung" von Arzneien fällt nur insofern unter da-Straf­ verbot, als fle zum Zwecke des Handels (zur Ueberlaffung an Andere) erfolgt;

Thl. II. Abschn. XXIX. UeLertretungen. - $ 367 Nr. 4.

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4) wer ohne die vorgeschriebene Erlaubniß Schießpulver oder andere erplodirende Stoffe oder Feuerwerke zubereitet; [I. (Sntm.: § 353 Nr. 4; II. Gntw.: § 363 Nr. 4; Pr. StGB.: §345 Nr. 3]. Dgl. Nr. 5; B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 § 16; 147 Nr. 2 (BGbl. s. 249. 279). da- «giebt sich au- den vorhergehenden Worten: „soweit der Handel mit denselben nicht freigegeben ist". 26. Dagegen ist die Strafbarkeit nicht durch eine GewerbSmäßigkeit der Handlungsweise bedingt: ZI. 29. Mai 68 (RdO. IX, 355). 27. Als Dolus genügt die Vorsätzlichkeit der Handlung an sich: ZI. 1. Juli 68 (RdO. IX, 423); vgl. Abschn. 29 (s. 614) n. 6fgg. 28. Dre Einziehung der verbotswidrig zubereiteten x. Gifte x. war in den Entwürfen als Nebenprase vorgeschlagen, ist aber im Reichstage gestrichen wor­ den; sie darf sonach nicht ausgesprochen werden, da § 40 sich auf Uebertretungen nicht mit bezieht (waS Meyer f. 290 übersieht). 29. Durch diese Nr. 3 sind die Bestimmungen deS das Ankündigen von Geheimmitteln auf dem linken Rhemufer verbietenden Art. 36 des Ges. v. 21. genn. XI, sowie die Strafandrohung des Ges. v. 29. pluv. XIII nicht aufgehoben.ZU. 8. Mai 69 (RdO. X, 308).

Zu Nr. 4. 30. Der Entwurf dieser Nr. 4 begann mit den Worten: „wer ohne befon. bete Erlaubniß ...", der Reichstag hat diese Fassung durch die jetzige (-. wer ohne die vorgeschriebene Erlaubniß ...",) ersetzt, offenbar im Hinblick auf § 16 der B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869, welcher unter den „Anlagen, zu deren Er­ richtung die Genehmigung der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde erforderlich ist," auch „Schießpulversabriken, Anlagen zur Feuerwerkerei und zur Bereitung von Zündstoffen aller Art" aufzählt. Die Worte „Anlagen und Fabriken" lassen erkennen, daß man hier nur an die Veranstaltungen zu (an­ dauernder) Zubereitung größerer Quantitäten gedacht hat (die indessen nicht noth­ wendig für den Handel berechnet zu fern brauchen). Demgemäß würde die gelegent­ liche Zubereitung geringer Quantitäten noch Nicht von der Einholung einer Ge­ nehmigung (Erlaubniß) abhängig gemacht sein. Dagegen ist eS den zum Erlasse von Polizei-Verordnungen zuständigen Behörden unbenommen, zur Abwendung von Gefahr, auch solche geringfügige Zubereitungen von der Einholung einer Erlaubniß abhängig zu machen. 31. In Preußen wird die „Genehmigung" (Erlaubniß) zur Errichtung neuer Anlagen der unter n. 30 gedachten Art von den Regierungen ertheilt: Pr. Gew.-Ordn. v. 17. Jan. 1845 § 28; Ges. v. 1. Juli 1861 § Iss. (GS. f. 749). In Betreff des zu beobachtenden Verfahrens vgl. B.-Gew.-Ordn. § 21. 22 u. cit. Ges. v. 1. Juli 1861. 32. Die B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 bedrohte im § 147 Nr. 2 die Er­ richtung einer der im § 16 erwähnten Anlagen (n. 30) mit einer Geldstrafe von ein hundert Thalern und im Unvermögenssalle mit verhältnißmäßiger Gefängnißstrafe bis zu sechs Wochen. An die Stelle dieser Strafandrohung ist jetzt für den in der Nr. 4 vorgesehenen Thatbestand die des § 367 (fünfzig Thaler Geldbuße oder (nach dem Ermessen des Jnstanzrichters) Hast) getreten Dagegen ist § 147 Nr. 2 cit. in Kraft verblieben für die dort außerdem vorgesehene „Nichtmnehaltung der wesentlichen Bedingungen, unter welchen die Genehmigung ertheilt war", sowie für die ohne neue Genehmigung erfolgende „wesentliche Veränderung der Betriebs­ stätte, Verlegung des Lokals oder wesentliche Veränderung im Betriebe der Anlage", — da diese Handlungen nicht unter die Nr. 5 des § 367 fallen; vgl. bort n. 5. 33. Eine Einziehung der unbefugter Weise bereiteten Stoffex. findet nicht statt; vgl. n. 28. 34. Der Handel mit Schießpulver x. ist freigegeben; vgl. Pr. Ges. v. 22. Juni 1861 Art. I § 49, Art. III.

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Thl. II. «bschn. XXIX.

Uebtrtrelungen. - § 367 Nr. 5-7.

5) wer bei der Aufbewahrung oder bei der Beförderung von Giftwaaren, Schießpulver oder anderen erplodirenden Stoffen oder Feuerwerken, oder bei Ausübung der Befugniß zur Zubereitung oder Feilhaltung dieser Gegen­ stände, sowie der Arzeneien die deshalb ergangenen Verordnungen nicht befolgt; |I. ent».: §353 Nr. 5; II. Enlw.: §363 Nr. 5; Pr. StGB.: § 345 Nr. 4]. «gl. Nr. 3. 4; B.-Erw.-Ordn. v. 21. Juni 1869 § 147 Nr. 2 (BGbl. s. 279). Preußen: vgl. Ges. v. 10. Dez. 1800 (N. C. C. X. f. 3249); Apolh.-Ordn. v. 11. Ott. 1801 (N C. C. XI. s. 555; v. Rabe Sammt. 6. f. 664); MO. v. 5. Ott. 1846 (GS. s. 509); Regul. v. 5. Jan. 1840 (DMbl. s. 88); Min..Berf. v. 10. Aug. 1843 «DMbl. f. 261); Regt. b. 27. Sept 1846 (DMbt. f. 188); Regt. b. 12. April 1852 (DMbl. s 223).

6) wer Waaren, Materialien oder andere Vorräthe, welche sich leicht von selbst entzünden oder leicht Feuer fangen, an Orten oder in Behältnissen aufbewahrt, wo ihre Entzündung gefährlich werden kann, oder wer Stoffe, die nicht ohne Gefahr einer Entzündung bei einander liegen können, ohne Absonderung aufbewahrt; [I. emro.: § 354 Nr. 6; II. Enlw.: § 363 Nr. 6; Pr. StGB.: § 347 Nr. 6].

7) wer verfälschte oder verdorbene Getränke oder Eßwaaren, insbesondere trichincnhaltigeö Fleisch feilhält oder verkauft; [I. (Sntm.: § 363 Nr. 6; II. Entw.: § 363 Nr. 7; Pr. StGB.: § 345 Nr. 5;. Dgl. § 324.

Zu Nr. 5.

35. In Betreff der hier vorauSgefehten (allgemeinen, gesetzlichen ober polizeilichen) Verordnungen vgl. § 361 n. 39. 40; § 367 n. 1. 2. 36. In Betreff der Gifte sind in Preußen das Gef. v. 10. Dez. 1800, die Apoth -Ordn. v. 11. Olt. 1801, die AKO. v. 5. Ott. 1846, und die Mm -Verf. v. 31. Aug. 1850 (VMbl. f. 242), sowie endlich (was den Transport auf dem Rheine anlangt) das Regul. v. 6. Jan. 1840 zu vergleichen. 37. Zn Betreff deS Pulvers vgl. Pr. Min.-Cirk. v. 14. Sept. 1846 (VMbl. |. 202); Min.-Ders. v. 10. Aug 1843 (ibid. f. 261); Regul. v. 12. April 1852 (ibid. f. 223); Regl. v. 27. Sept. 1846 (ibid f. 188) und die verschiedenen Flußschifsfahrtöorduungen. 38. Die Unkeniitniß der ergangenen Verordnungen macht eine Zuwider­ handlung nicht straflos, wohl aber (arg. § 69) die Unkenntniß von derjenigen Eigen­ schaft der beförderten rc. Gegenstände, vermöge welcher die Verordnung auf sie an­ wendbar wurde; (z. V. die Unkenntniß, daß ein tranSportirteS Cello Schießpulver enthalte; contra: 16. Juli 68 (RdO. IX, 458). Dgl. n. 45. 39. Auch hier findet eine Einziehung der in vorschriftswidriger Weife auf­ bewahrten rc. Gegenstände nicht statt; vgl. n. 28. 40. Insofern die besonderen diese Materie betreffenden Verordnungen noch Strafandrohungen für Fälle enthalten, welche in der Nr. 5 nicht erwähnt find, ist ihre fortdauernde Gültigkeit nicht zu bezweifeln.

Zu Nr. 6. - - -------- ---- ----------------------------- ---Zu Nr. 7.

41. Ob die Getränke rc um genießbar zu sein, erst noch einer Zubereitung bedürfen, ist für den Thatbestand gleichgültig: DI. 11. April 62 (RdO. II, 343).

Thl It. Löschn XXIX.

UiBcrttetungen. — § 367 Nr. 8.

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8) wer ohne polizeiliche Erlaubniß an bewohnten oder von Menschen besuchten Orten Selbstgefchosse, Schlageisen oder Fußangeln legt, oder an solchen Orten mit Feuergewehr oder anderem Schießwerkzeuge schießt; [I. Entw.: § 353 Nr. 7; II. Entw.: § 363 Nr. 8; Pr. StGB : § 345 Nr. 6]. 42. Als „Verfälschung" ist c8 anzusehen, wenn dem zum Genießen fertigen Gegenstände nachträglich ein fremdartiger Stoff beigemischt wird; in diesem Falle ist daher die Anwendung der Strafbestimmung nlcht auf den Fall zu beschränken, wo die Beimischung zum Schaden der Gesundheit gereicht: KB. s. 179. Demgemäß gehört auch Vermischung der feilgehaltenen Milch mit Master oder da- Benetzen deSalzeS hierher: BII. 5. Juni 58 c. Begrich. Vgl. oben n. 43. 43. Bei solchen Gegenständen, welche, um genießbar zu werden, erst einer Zu­ bereitung oder Fabrikation bedürfen, ist eine „Verfälschung" auch daun anzunehmen, wenn bet jener Zubereitung andere Substanzen verwendet worden find, als zur bestimmungsmäßige Herstellung erforderlich war; in dieser letzteren Bezie­ hung ist indessen nicht sowohl der der Sache beigelegte Name, sondern der allge­ meine und bekannte Gebrauch entscheidend; demgemäß ist die Benutzung von Zucker, Spiritus und Färbstosten bei der Weinfabrikation (Chaptalifiren, Gallisiren) noch keine „Dersälschung", insofern nicht schädliche Substanzen beigemischt werden; vgl. Stenogr. Der. s 766. 44. Ein zum Verzehren bestimmter Gegenstand ist „verdorben" sobald er sich in einem schlechten (zum Genusse nicht geeigneten) Zustande befindet, sollte er auch früher nie besser gewesen fein; das ergiebt das beispielsweise aufgesührte trichinenhaltige Fleisch; contra: Goltd. im Arch. XIV, 374. 45. Soll die Strafvorschrift der Nr. 7 ihren Zweck erfüllen, so kann die An­ wendbarkeit derselben nicht durch die Kenntniß des Thäters von dem vorschrifts­ widrigen Zustande des berr. Gegenstandes bedingt fern; es muß dann als die Pflicht eines jeden Verkäufers (z B. eines jeden FleffchhändlerS) angesehen werden, sich von dem vorschriftsmäßigen Zustande der feilgehaltenen rc. Waare ij. B. von der Trichineufreiheit des Fleisches) Gewißheit zu verschaffen. Gleichwohl erscheint diese Auslegung im Hinblicke auf die allgemeine (auch auf Uebertretungen bezügliche) Vorschrift de- § 59 höchst bedenklich, zumal sich nicht ausstellen läßt, daß ein solcher Händler nothwendig „fahrlässig" handle, sobald er es unterläßt, sich jene Gewiß­ heit zu verschaffen; vgl. n. 38. 46. Eine Waare ist feilgehalten, sobald sie in einer äußerlich erkennbaren Weise dem Publikum zum Ankäufe zugänglich gemacht ist; dazu kann eS genügen, wenn fich die Waare auf dem Transporte zum DerkaufSorte (Markte) befindet: BII. 26. Nov. 68 (RdO. IX, 675). 47. Die Strafbarkeit ist nicht durch die G e w e r b s m L ß i g k e i t des Feilhalten:c. bedingt: BII. 9. Juli 57 c. Moses (RA. 52 2A. f. 92; GA. VI, 139). 48. In Betreff der Einziehung der feilgehaltenen rc. Gegenstände vgl. den Schlußsatz. Zu Nr. 8. 49. Unter den „bewohnten oder von Menschen besuchten Orten" find nicht blos öffentliche Orte zn verstehen, sondern auch solche Privat-Räumlich­ keiten, welche von Menschen besucht zu werden pflegen; die eigenen Räumlichkeiten des Handelnden find nicht ausgeschlossen; vgl. § 366 n. 26. Dagegen genügt es nicht, wenn die Lage einer (nicht öffentlichen) Oertlichkeit offen ist, so daß nur mög­ licher Werse einmal ein Mensch hinkommen kann: ZU. 2. April 68 (RdO. IX, 255). 50. Bei Prüfung der Frage, ob der betr. Ort bewohnt, oder von Menschen besucht sei, ist derselbe rn der Ausdehnung aufzufassen, brS wohin sich die Wir­ kung der Selbstgefchosse rc. erstrecken kann. 51. Das „Schießen" ist nur auf ein Scharf-Schießen zu beziehen. 52. Ist durch das ohne Erlaubniß gelegte Werkzeug ein Mensch verletzt worden, so kann der Jnstanzrichter eine vorsätzliche Körperverletzung annehmen, wenn

662

Thl.

n.

Absch». XXIX.

Uetutntunfltu. — § 367 Nr. 9-11.

9) wer einem gesetzlichen Verbot zuwider Stoß-, Hieb- oder Schußwaffen, welche in Stöcken oder Röhren oder in ähnlicher Weise verborgen sind, feilhält oder mit sich führt; [I. ent».: §353 Nr. 8; IL Ent».: $ 363 Nr. 9; Pr. StGB.: § 345 Nr. 7].

10) wer bei einer Schlägerei, in welche er nicht ohne sein Verschulden hineingezogen worden ist, oder bei einem Angriff sich einer Schuß-, Stich- oder Hiebwaffe oder eines anderen gefährlichen Instruments bedient; [I. unb II. Entw., Pr. StGB.: (fehlte)].

Dgl §227.

11) wer ohne polizeiliche Erlaubniß gefährliche wilde Thiere hält, oder wilde oder bösartige Thiere frei umherlaufen auch nur ein eventueller Dolus auf eine solche gerichtet war: ZU. 21. Juni 65 c. Kühnast. 53. In Betreff der Einziehung der Selbstgeschoße vgl. den Schlußsatz.

Zu Nr. 9. 54. Das hier erheischte „gesetzliche Verbot" kann auch von einer nach den Landesgesetzen dazu zuständigen Behörde ausgehen; nur muß das Verbot ein allgemeines (lein individuelles) fern: v. Kirchm. s. 224. 55. In Betreff der „Feilhaltens" vgl. oben n. 46. 47. 56. Das Verbot bezieht sich nicht auf das Tragen gewöhnlicher Waffen in der Tasche; vielmehr werden Vorrichtungen vorausgesetzt, welche die Waffe („in ähn­ licher Weise") selbst äußerlich als etwas Unverfängliches, Ungefährliche- erscheinen laffen. 57. Aus die Anfertigung derartiger Waffen ist die Vorschrift nicht aus­ zudehnen. 58. In Betreff der „Einziehung" der Waffen vgl. den Schlußsatz.

Zn Nr. 10. 59. Diese (im Pr. StGB, und in den Entwürfen de- GB.'S fehlende) Be­ stimmung war vom Reichstage als ein Zusatz zu § 227 beschlossen und ist dann, als Uebertremng) an die jetzige Stelle gesetzt worden. Daran- folgt, daß hier eine „Schlägerei" oder ein „Angriff" und eine „Betheiligung" an denselben in dem Sinne vorausgesetzt werden, tote in jenem § 227 näher bestimmt ist, vgl. dort die Bemerkungen namentlich n. 4—7.10—13.17.18. 21. Insbesondere muß auch hier der „Angriff" von „Mehreren" (minbeflen Zweien) au-geganaen fein. 60. Zu den „Stichwaffen" gehört hier unbedenklich auch ein gewöhnlicheMesser; vgl. Stenogr. Der. f. 667. 668. 61. Al- ein „gefährliches Jnstrnment" ist alles anzusehen, welche-nach der Art feiner Benutzung geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen hervorzubringen; ans seine sonstige Bestimmung kommt Nicht- an: Deisp.: Schlagringe, Bierkrüge vgl. Stenogr. ©er. s. 667 sgg. 62. Al- ein „sich Bedienen" ist jede Benutzung des betr. Gegenstandezu solchen Handlungen anzusehen, durch welche eine „Betheiligung" bei der Schlä­ gerei rc. in- Werk gesetzt wird; vgl. § 227 n. 10. Inwiefern im Emzelfalle eine solche anzunehmen fei (z. B. wann ein Meffer „gezückt" worden ist), fällt wesentlich m den Bereich der thatsächlichen Beurtheilung, vgl. Stenogr. Ber. s. 667 sgg. — CS bedarf sonach nicht de- Nachweise-, daß mit dem Gegenstände eine Thätlichkeit gegen einen Anderen verübt sei. Wo letztere- zutrifft, liegt in Zdealkonkurrenz auch der Thatbestand der Körperverletzung vor.

Zu Nr. 11. 63. Als bösartige Thiere sind auch solche zu betrachten, welche ihrer Gat­ tung nach zu den zahmen gehören, wenn sie geneigt sind zu beißen, zu stoßen rc. z. B. Stiere, beißende Hunde rc.

Thl. II. Mschn.XXIX. Uetemelnngcn. - §367 Nr. 11-14.

663

läßt, oder in Ansehung ihrer die erforderlichen Vorsichts­ maßregeln zur Verhütung von Beschädigungen unterlätzt; [I. Eotw.: § 353 Nr. 9; II. Emw.: § 363 Nr. 10; Pr. StGB.: § 345 Nr. 8).

12) wer auf öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen, auf Höfen, in Häusern und überhaupt an Orten, an welchen Menschen verkehren, Brunnen, Keller, Gruben, Oesftmngm oder Abhänge dergestalt unverdeckt oder unverwahrt läßt, daß daraus Gefahr für Andere entstehen kann; [I. ent».-. $ 353 Nr. 10; II. Emw.: § 363 Nr. 11; Pr. StGB.: § 345 Nr. 9].

13) wer trotz der polizeilichen Aufforderung es unterläßt, Gebäude, welche den Einsturz drohen, auszubessern oder niederzureißen; [I. ent».: §353 Nr. 11; II. ent».: § 353 Nr. 12; Pr. StGB.: § 345 Nr. 10].

vgl. § 360 Nr. 10.

14) wer Bauten oder Ausbesserungen von Gebäuden, Brunnen, 64. Unter den „erforderlichen Vorsicht-maaßregeln" sind auch hier nicht nur die au-drücklxch vorgeschriebenen, sondern auch diejenigen -u verstehen, welche in jedem Einzelsalle sich als erforderlich darstellen, der au- der Bösartigkeit de- Thrers drohenden Gefahr vorzubeugen; vgl. § 366 n. 12. Zu Nr. 12.

65. Die Verpflichtung liegt nicht dem Eigenthümer des Brunnens re. als solchem, sondern dem zu den entsprechenden Dispositionen befugten Inhaber ob: DU. 10. Ott. 67 (RdO. VIII, 584). Hat nachweislich ein Dritter die angebrachten Derwahrmittel beseitigt, so ist jener nur dann strafbar, wenn ihn in Betreff der Herstellung der Vorwurf einer Versäumnis) trifft. 66. „Orte, an welchen Menschen verkehren", sind alle solche, welche im gewöhnlichen Lause der Dinge von Menschen besucht werden; es ist sonach nicht er­ forderlich, daß diese- regelmäßig oder oft geschehe. Die thatsächliche Frage, ob ein Ort diese Eigenschaft an sich trage, ist mit Rücksicht auf den Zweck der Vorschrift zu lösen, der Möglichkeit einer für Andere entstehenden Gefahr vorzubeugen. 67. Zum Thatbestände genügt die Entstehung einer Gefahr; wird durch die Derabsäumung eine Körperverletzung verursacht, so wird in Idealkonkurrenz auch § 230 anwendbar. 68. Durch die Nr. 12 haben ältere denselben Gegenstand betreffende Gesetze und Polizei-Verordnungen ihre Kraft verloren: ZU. 30. Sept. 60 c. Meyer. Zu Nr. 13.

69. Die Aufforderung kann in genügender Weise von der Lokal-PolizeiBehörde ausgehen. 70. In welcher Weise die polizeiliche Aufforderung zur Kunde de- Betreffenden gebracht sei, ist gleichgültig, sobald er nur in derselben die an ihn ergangene amtliche Aufforderung erkennen konnte. 71. Der Ausdruck „Gebäude" ist hier auf jedes Bauwerk, z. B. auch auf Mauern, zu beziehen. , 72. Die Nichtbefolgung der Aufforderung ist als solche strafbar; daher darf daS erkennende Gericht nicht untersuchen, ob die angeordnete Maaßregel nach dem baulichen Zustande wirklich nothwendig war: BKH. (Int. d. Ges.) 27. Jan. 30 c. Hautermann (RA. 14. 2A. s. 11). Zu Nr. 14

73. Die Vorschrift ist nicht nur aus Baumeister, sondern auch aus Bauherren anwendbar: ZI. Civ.-Sen. 13. Nov. 57 (Entsch. 37.1. s. 35; beit.).

664

Thl. II. Abschn. XXIX. Übertretungen. — § 367 Nr. 14.15. Schluß].

Brücken, Schleusen oder anderen Bauwerken vornimmt, ohne die von der Polizei angeordneten oder sonst er­ forderlichen Sicherungsmaßregeln zu treffen; [I. Enttv.: § 353 Nr. 12; II. Entw.: § 363 Nr. 13; Pr. StGB.: § 345 Nr. 12). Bgl. § 330. 367 Nr. 15; B.-Gew.-Ordn. v. 21. Jnni 1869 5 107. 148 Nr. 10 (BGbl. s. 270. 280). Preußen: Bgl- MR I, §71.72.

15) wer als Bauherr, Baumeister oder Bauhandwerker einen Bau oder eine Ausbesserung, wozu die polizeiliche Ge­ nehmigung erforderlich ist, ohne diese Genehmigung oder mit eigenmächtiger Abweichung von dem durch die Behörde genehmigten Bauplane ausführt oder aus­ führen läßt. [I. Entw.: § 353 Nr. 13; II. Entw..- § 363 Nr 14; Pr. StGB.: § 345 Nr. 12]. Vgl. § 330. 367 Nr. 14; B -Gew.-Ordn. v. 21. Inn, 1869 § 107. 148 Nr. 10 (BGbl. f. 270. 280). Preußen: Bgl. ALR. 1,8 § 76.70.

In den Fällen der Nummern 7. bis 9. kann neben der Geldstrafe oder der Hast auf die Einziehung der verfälschten oder verdorbenen Getränke oder Eßwaaren, ingleichen der Selbstgeschosse, Schlageisen oder Fußangeln, sowie der ver­ botenen Waffen erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten gehören oder nicht. 74. Zu den „andern Bauwerken" gehören auch die Ausschachtungen toou Sand und Lehmgruben: Erk. I. Civ..Sen. 9. Juni 65 (StA. 60 s. 76). 75. Die Worte „von der Polizei angeordneten" beziehen sich nicht blos auf allgemein verbindliche Anordnungen, sondern auch auf individuelle Weisungen. 76. In Betreff der „erforderlichen SicherungSmaaß regeln" vgl. oben n. 64; § 366 d. 12. 77. Die Uebertretung kann leicht mit der im § 148 Nr. 10 (§ 107) der B.Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 vorgesehenen (ideell) zusammentreffen.

Zu Nr. 15.

78. In wieweit zu einem Baue rc. die polizeiliche Genehmigung er­ forderlich sei, ist nach den Landesgesetzen zu beurtheilen. Für Preußen vgl. ALR. I, 8 §67 70. und die (für die Rheinprovinz erlassene) AKO. v. 2. Juli 1836 (RS. V, 413: die Anlage oder Ausbesserung eines Dachs von Stroh, Rohr oder Holz betr.); siehe auch Abschn. 29 (s. 620) n 81. 82. 79. Auch die unvollständige Ausführung eines genehmigten Bauplans (z. B. die Errichtung emeS Schornsteins m zu geringer Höhe) kann eine Abwei­ chung von dem letztecn darstellen: BI. 13 Oft. 58 c. Krebs (md). 80. Jede der drei im Eingänge der Nr. 15 genannten Personen hastet selbstständig. Die Uebernahme der „Berantwortlichkeit" durch emen derselben, macht die anderen nicht straffrei; dasselbe gilt von einer Zusage, das noch Mangelnde nachzuholen: BI. 13. Oft. 58 c. Krebs. 82. Unkenntniß der betr. Vorschrift, sowie Unkenntniß des genehmigten Plans entschuldigen nicht (weil eS sich von der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht handelt). Zum Schlußsätze. Vgl. §§ 40. 43. 83. In Betreff der hier für statthaft erklärten Einziehung der genannten Gegenstände vgl. § 360 n. 95.

Thl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretunge». — $ 368 Nr. 1-3.

665

§. 368. Mit Geldstrafe bis zu zwanzig Thalern oder mit Hast bis zu vierzehn Tagen wird bestraft: 1) wer den polizeilichen Anordnungen über die Schließung der Weinberge zuwiderhandelt; II. ent».: § 354 Nr. 2; II. Ent».: § 364 Nr. 1; Pr. StGB.: § 347 Nr 2]. Vgl. Nr. 9.

2) wer das durch gesetzliche oder polizeiliche Anordnungen gebotene Raupen unterläßt; [I. ent».: § 354 Nt. 1; II. ent».: § 346 Nr. 2; Pr. StGB.: § 347 N. 1).

3) wer ohne polizeiliche Erlaubniß eine neue Feuerstätte errichtet oder eine bereits vorhandene an einen anderen Ort verlegt; [I. ent».: § 354 Nr. 3 r II. ent» : § 364 Nr.3; Pr. StGB.: § 347 Nr. 3],



84. Die Vorschrift dieses Schlußsatzes ist auf dle Schieß Werkzeuge, mit welchen an bewohnten re. Orten geschossen worden (Nr. 8), mcht auszudehnen. 85. Nach einer Vers. d. Pr. Mm. d. Inn. v 15. März 1837 (v. K. Jahrbb. 49 s 290) und einer IMVerf. o 22. Dez. 1852 (JMbl. 1853 s. 48) sollen die constscirten Waffen nicht verkauft, sondern vernichtet werden.

1.

Zu Nr. 1.

In Betreff der „polizeilichen Anordnungen" vgl. 3 367 n. 12.13. AuS dem Umstande, daß m der Nr. 2 des § 368 neben den „polizeilichen" auch „ge­ setzliche Anordnungen" erwähnt werden, ist nicht zu folgern, dag hier (bei Nr. 1) die Berücksichtigung gesetzlicher Anordnungen ausgeschlossen fei; vgl. n. 2. 2 Für das linke Rhemufer gestattete das Rur.-Ges. v. Ltt. S-pt. — 6. Okt. 1791 Tit. 1 Abschn. 5 Art 1 die Erlassung einer den Ansang der Weinlese bestimmenden Polizei-Verordnung, jedoch nur in den Gegenden, wo eine selche Be­ stimmung gebräuchlich ist, und auch nur für nicht geschloffene Weinberge. Diese Beschränkung ist mit Rücksicht auf § 15 des Pr. Pol -Ges. v. 11. Marz 1850 auch letzt noch m Kraft.

Zu Nr. 2. 3. In Betreff der „gesetzlichen oder polizeilichen Anordnungen" Vgl. §367 n. 11. 12; § 368 n. 1. 2. 4. Für da« linke Rheinuser enthalt ein Ges. v. 26. vent. IV (v. Dan. 3. f. 333) eine allgemeine, noch geltende Vorschrift, nach welcher daS Abraupen all­ jährlich vor dem 1. ventoee (20. Februar) stattfinden soll. (Sine Abänderung die­ ser Zeitbestimmung durch örtliche Polizei-Verordnungen ward indessen vom fran­ zösischen Kaff. ^ Hose für statthast erachtet; vgl. Gilb. C. pdn. art. 472 § 8 n. 12. DaS cit. Gesetz gilt nicht nur für Bäume, sondern auch für Sträucher und Hecken; auch sind Waldbäume von demselben nicht ausgeschlossen: VH. 28. Okt 69 (RdO.

X, 675).

Zu Nr. 3-8.

5. Durch diese Bestimmungen (und durch die im § 367 Nr. 4—7 gegebenen Vorschriften) sind anderweitige feuerpolizeiliche Vorschriften, welche bereits früher galten, sowie die darauf bezüglichen (einen anderen Thatbestand vor­ sehenden) Strafandrohungen, nicht beseitigt; ebensowenig ist es durch dieselben aus­ geschlossen, im Wege der Landesgesetzgebung oder der Polizeiverordnung, in Bezie­ hung aus die Errichtung und Veränderung von Feuerstätten :c. anderweitige und selbst weitergehende Vorschriften und Verbote zu erlassen: Bll. 29. April c. Schmidt; Bll. 13. Dez. 66 (RdO. VII, 711); vgl. Nr. 8 („andere feuerpolizeiliche Anordnun­ gen") und die Bemerkungen n. 10—13; EG. § 2 n. 6.

666

Thl. II. Abschu. XXIX.

Urtertretungen

- § 368 Nr. 4.5.

4) wer es unterläßt, dafür zu sorgen, daß die Feuerstätten in seinem Hause in baulichem und brandstcherem Zu­ stande unterhalten, oder daß die Schornsteine zur rechten Zeit gereinigt werden; [I. Entw.: § 354 Nr. 4; II. Entw.: § 364 Nr. 4; Pr. StGB.: § 347 Nr. 4].

5) wer Scheunen, Ställe, Böden, oder andere Räume, welche zur Aufbewahrung feuerfangender Sachen dienen, mit unverwahrtem Feuer oder Licht betritt, oder sich denselben mit unverwahrtem Feuer oder Licht nähert; [I. Entw : § 354 Nr. 6; II. Entw.: § 354 Nr. 5; Pr. StGB.: § 347 Nr. 6].

Zu Nr. 3. 6.

„Feuerstätte" umfaßt hier (und in der Nr. 4) auch den Schornstein.

Zu Nr. 4. 7. Ueber den Begriff der „Feuerstätten" vgl. Nr. 6. 8. Die Vorschrift der Nr. 4 trifft denjenigen, welcher die Verfügungsge­ walt über das betr. Haus hat; es kommt dann nicht darauf an, ob demselben auch nachweislich wirkliches Eigenthum daran zustehe. Der so Verantwortliche wird von seiner Pflicht dadurch nicht befreit, daß er den Besitz durch einen Vertre­ ter, z. B. durch einen Miether ausüben läßt, es fei denn, daß besondere Umstände obwalten, welche ihm die Erfüllung der Dorfchrist unmöglich macheu: DU. 24. Olt. 61 (RdO. II, 17). 9. Insoweit der Vertreter deS zunächst Verantwortlichen (n. 8) eine Ver­ fügungsgewalt über da- Haus rc. hat, wird auch er von der Vorschrift betroffen. 10. Die vorschriftswidrige bauliche Einrichtung eine-SchornfteinS hat der Hausbesitzer als solcher nicht zu vertreten: ZI. 1. Febr. 56 c. Lohr. 11. DaS Maß der hier dem Hausbesitzer zur Pflicht gemachten „Sorge" ist nach dem Begriffe emes „guten Hausvaters" zu bemesirn; di: Bestrafung ist so­ mit durch dre Verabfäumung der durch jenen Begriff bedingten Sorgfalt bedingt; es genügt somit nicht die Feststellung de- Umstandes, daß die Feuerstätte fich ob­ jektiv urcht in brandstcherem rc. Zustande befunden hat: ZI. 1. Febr. 56 c. Lohr; LI. 28. März 56 c. Schadweiler.

Zu Nr. 5. 12. Nach dem oben unter n. 6 Ausgeführten sind solche früher (im Wege der Gesetzgebung oder der Polizeiverordnung) ergangene Strafoorschriften, welche die Ab­ wendung von Feuer-gefahr betreffen aber einen anderen Thatbestand vorsehen, durch Nr. 5 (und 6) nicht beseitigt, z. B. solche, welche da- Betreten anderer als der in der Nr. 5 genannten Orte mit Feuer (z. B. das Rauchen auf den Straßen) ver­ bieten (vgl. Nr. 8): VKH. 29. Juni 52 c. Zander (GA. 1,267); VII. 11. Mai 54 c. Kohlbecker. Dgl. Pr. AKO. v. 9. Dez. 1832 (GS. 33 f. 1), welche hiernach als noch gültig anzusehen ist. 13. Dagegen sind alle älteren Vorschriften außer Kraft gesetzt, welche einen unter Nr. 5 (oder 6) fallenden Thatbestand, wenn auch in einer konkreteren Gestalt, vorsehen; z. B. solche, welche das Betreten einer Scheune mit brennendem Lichte unbedingt untersagen: ZKH. 22. Dez. 52 c. Conrad (RA. 48. 2A. f. 16); ebenso ver­ hält eS sich mit den das feuergefährliche Tabackraucheu (au Orten, wo feuerfangende Sachen aufbewahrt werden) betreffenden Strafbestimmungen (: Motive z. Pr. StGB. s. 84), da auch diese Handlung unter Nr. 5 fällt: Beschl. 1.30. Sept. 53 c. Borchardt; ZU. 26. Febr. 57 c. Picke. — Dagegen ist es nicht unstatthaft, mit Rücksicht auf örtliche Berhältuiffe und Bedürfniffe tm Wege der Polizeiverordnung weitergehende Verbote zu erlaffeu; diese stehen dann nicht mit der Nr. 5 im Wider­ sprüche. Insbesondere ist eine neuerdings ergehende Polizei-Derordnuug, welche (im Hinblicke auf lokale Verhältnisse) allgemein bestimmt, daß der Verschluß einer bren­ nenden Pfeife durch einen Deckel nicht als genügende „Verwahrung" anzusehen, und

Thl. II. «bschn. XXIX.Uctettrelungtn. — § 368 Nr. 6—8.

667

6) wer an gefährlichen Stellen, in Wäldern oder Haiden oder in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuer­ fangenden Sachen Feuer anzündet; [I. @nlm.: «354 Nr. 7; II. (Sitte.: § 346 Nr. 6; Pr. HlGV.: §347 Nr. 7.] Dgl. Nr. 7. Preußen: Dgl. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 43 Nr. 5; NED. v. 25. Juni 1867 Art. III § 3 Nr. 5.

7) wer in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuer­ fangenden Sachen mit Feuergewehr schießt oder Feuer­ werke abbrennt; [I. Entw.: § 354 Nr. 8; II. Entw.: § 364 Nr. 7; Pr. StGB.: § 347 Nr. 8]. Preußen: Dgl. FPO. v. 1. Nov. 1847 §43 Nr. 5; NED. v. 25. Juui 1867 Art. III § 3 Nr. 5.

8) wer die polizeilich vorgeschriebenen Feuerlöschgeräthschaften überhaupt nicht oder nicht in brauchbarem Zustande hält oder andere feuerpolizeiliche Anordnungen nicht befolgt; [I. Eutw.: § 354 Nr. 9; II. Entw.: § 364 Nr. 8; Pr. StGB.: § 337 Nr. 91. deshalb das Betreten jener Räume unbedingt verboten sei, — mit dem § 368 Nr. 5 sehr wohl vereinbar, und daher rechtsverbindlich: P. 9. Sept. 52 e. Sattelberg (JMbl. f. 439). 14. In Ermangelung besonderer Lokal-Dorschristen (vgl. n. 13 a. E.) ist es Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung des ErnzelfallS, ob das (mitgebrachte) Feuer re. (z. B eine brennende aber gedeckelte Pfeise) „unverwahrt" sei, und ob man sich mit demselben den betr. Räumen „genähert" habe: ZKH. 22. Dez. 52 (cit. d. 12); ZU. 26 Febr. 57 c. Picke. ES ist dabei wesentlich daS Maß der Feuergefahrlichkeit deS betr. Gegenstandes zu berücksichtlgen.

Zu Nr. 6. 15. Dgl. oben n. 12.13. Hiernach sind die aus anderen Voraussetzungen be­ ruhenden Vorschriften der Pr. FPO. v. 1. Nevbr. 1847 § 43 Nr. 5 (NED. vom 25. Junl 1867 Art. III. § 3 Nr. 5) durch Nr. 6 nicht beseitigt. 16. Nach dem Grundsätze deS § 59 ist die Anwendbarkeit der Nr. 6 durch die Kenntniß von der Feuersgesahr bedingt.

Zu Nr. 7. 17. Das unter n. 15 und 16 Gesagte gilt auch mit Rücksicht aus diese Nr. 7. 18. Da hier nur die Feuergesährlichkeit den Grund deS StrasverbotS bildet, so macht eS keinen Unterschied, ob scharf oder nur mit Pulver geschosien wird. 19. DaS Abbrennen vou „Feuerwerken" umfaßt nicht nur die zum Ver­ gnügen, sondern auch die zu bestimmten technischen Zwecken vorgenommenen Hand­ lungen dieser Art, z. B. Sprengungen rc.

Zu Nr. 8. 20. Dgl. oben n. 6.12.13. 21. Unter den hier als statthaft vorausgesetzten „anderen feuerpolizeilichen Anordnungen" sind, wie überhaupt m diesem Abschnitte, nur allgemeine (fürAlle geltende) Verordnungen, nicht also individuelle Weisungen zu verstehen; vgl. § 367 n. 12. 13. 22. Solche anderweitige Anordnungen können keine andere Strafandro­ hung enthalten; vielmehr zieht die Zuwiderhandlung gegen eine gebietende oder verbietende Vorschrift der fraglichen Art stets die Strafe des § 368 nach sich.

668

Thl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretungen. — § 368 Nr. 9.

9) wer unbefugt über Gärten oder Weinberge, oder vor beendeter Erndte über Wiesen oder bestellte Aecker, oder über solche Aecker, Wiesen, Weiden oder Schonungen, welche mit einer Einfriedigung versehen sind, oder deren Betreten durch Warnungszeichen untersagt ist, oder auf einem durch Warnungszeichen geschloffenen Privatwege geht, fährt, reitet oder Vieh treibt; ll. Entw.: § 354 Nr 10; II. Entw.: § 364 Nr.9, Pr. StGB.: §347 Nr. 101. Dgl. Nr. 1. Preußen: vgl. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 43 Nr. 2; 44; NEDdn. v. 25. Juni 1867 Art. III § 3 Nr. 2.

Zu Nr. 9. 23. Die Handlung muß eine (bewußter Weile vgl. § 59) unbefugte {ein; die Strafbarkeit fällt also weg. sobald irgend eine gesetzliche Vorschrift oder ein be­ rechtigter Willen-akt btt betr. Handlung als eine statthafte erscheinen läßt. Hierher gehört der tm § 44 Abs. 2 der Pr. FPO. vorgesehene Fall, wo die schlechte Beschaffen­ heit eines an einem Grundstücke vorbeisührenden, zum gemeinen Gebrauche dienen­ den Weges zum Uebertreten auf lenes nöthigt; der Umstand, daß der eit. § 44 nur vom „Reiten, Fahren und Diehtreibeu" nicht auch wie die Nr. 9 des § 368 (und die gleichlautende Nr. 10 des § 347 des Pr. StGB.'S) vom „Gehen" spricht, kann nicht entgegenstehen, ihn auch bei diesem (als der geringsten Form der Be­ einträchtigung) anzuwenden. — Dgl. die ähnliche Vorschrift des linksrheinischen Rural-Ges.'S v. 28. Sept. — 6. Okt. 1791 Art. 41 Nr. 2; Gilb. C. pdn. art. 471 § 13 n. 6. 24. Dagegen wird die Handlung dadurch nicht straflos, daß der Betreffende ein allseitig eingeschlossenes Grundstück besitzt, aus welches er nicht gelangen kann, ohne über das Nachbargrundstück zu gehen; er muß Schritte thun, um sich eine Dienstbarkeit bestellen zu lassen: $11. 5. Jan. 65 (RdO. V, 395). 25. Der Jagdberechtigte (z. B. der Jagdpächter) ist besuLt, die zu seinem Jagdreviere gehörenden fremden Grundstücke zu betreten (soweit dieses zur Ausübung der Jagd erforderlich ist); ihn trifft somit nicht die Strafe der Nr. 9; der von ihm angerichtete Schaden kann nur zu einer Civil-Ersatz-Klage Anlaß geben: Z. KH. 14. Dez. 40 c. Dommerque (RA. 20. 2A. s. 95). Z. ick. 19. Oktbr. 40 c. v. Mirmanu (Dolkm. s. 388). 26. Da- einseitige Betreten einer Grenz furche, welche mit Rücksicht auf Art. 666 des Rh BGB.'S für ein gemeinschaftliches Eigenthum der Anschiebenden gilt, durch einen der letzteren ist, selbst wenn dieselbe von dem andern besäet rc. war, nicht au- Nr. 10 strafbar: ZU. 11. Nov. c. Paulen. 27. Die Erndte ist nicht eher beendigt, bis die vom Boden getrennten Früchte von demselben entfernt sind. 28. Bei Wiesen ist die Beendigung der Erndte nach dem -weiten (Grummet-) Schnitte anzunehmen. 29. Ein Acker ist „bestellt," sobald er gepflügt ist, sollte er auch noch nicht besäet oder bepflanzt sein; contra: ZI. 19. Febr. 68 (RdO. IX, 142). 30. Die Strafbarkeit ist nicht durch die Anrichtung eines Schadens bedingt. Hat eine vorsätzliche Beschädigung stattgefunden, so greift jedenfalls § 303 Platz; vgl. FPO. d. 1. Nov. 1847 § 45; Rh. Rur-Ges. v. 28. Sept. — 6. Oktbr. 1791 Tit. 2 Art. 24-26. 31. Was als „Warnungszetchen" anzusehen sei, ist mit Rücksicht auf den Ortsgebrauch Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung; die frühere Nr. 1 deS § 41 der Pr. FPO. v. 1. Nov. 1847, aus welcher die Nr. 9 entlehnt ist, führte als Beispiele: „Tafeln, Strohwische, Gräben u. s. w." auf. ES ist sonach nicht erfor­ derlich, daß die Warnung-zeichen vorher von einer Behörde als solche bekannt ge­ macht sind; e- genügt mann sie in einer Weise angebracht waren, daß sie als all-

Thl. II. Abschn. XXIX.

Ueberlrrtungen. — § 368 Nr. 10.

669

10) wer ohne Genehmigung des Iagdberechtigten oder ohne sonstige Befugniß auf einem fremden Jagdgebiete außer­ halb deS öffentlichen, zum gemeinen Gebrauche bestimmten gemein bekannte Warnung-zeichen angesehen werden konnten: DU. 30. Novbr. 54 c. Knellesen. 32. Ebensowenig ist eS erforderlich, daß die Warnungszeichen von einer Be­ hörde aufgestellt feien; auch der Private kann seine Grundstücke und Wege in dieser Weise in verbindlicher Weise schließen: Vl. 18 Jan. 56 c. Haßlinger. Ist ein WarnungSzeichen von der Polizeibehörde ausgestellt, so bedarf eS nicht der Be­ kanntmachung dieses Polizeiverbots m Gemäßheit der diesen Gegenstand (nach dem Pr. Polizei-Gesetz v. 11. März 1850 § 5) regelnden Regierungs-Verordnungen: cit. BI. 18. Jan. 56. 33. In Betreff der bei solchen Uebertretungen statthaften Pfändungen vgl. Pr. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 44 4-12. 53-67. 34. DaS bloße Uebertreten des Viehs ist nicht als cm „Diehtrelben" anzu­ sehen: ZI. 18. Juni 69 (RdO. X, 436) 35. Neben der Vorschrift der Nr. 9 sind die (nicht im Thatbestände mit der­ selben zusammentreffenden) Vorschnsten der Forst- und Polizei-Gesetze in Kraft verblieben, vgl. EG. § 2. Das gilt namentlich von den dort gegebenen die Weidefrevel betreffenden Bestimmungen; (der dieses ausdrücklich auösprechende Schlußsatz der Nr. 10 des § 347 des Pr. StGB.'s ist als selbstverständlich ge­ strichen worden). Dabei macht es auch keinen Unterschied, ob die betreffenden Vor­ schriften sich in einem Gesetze finden, welche- sich selbst als ein Forst- oder Feld­ polizeigesetz qualifizirt oder nicht, da jedes die Weidefrevel auf Aeckern (Wiesen, Werden) oder Schonungen betreffende Strafgesetz jenen Charakter mit Nothwendig­ keit an sich trägt. — Trifft die in der Nr. 9 vorgesehene Uebertretung mit einem Weidefrevel (ideell) zusammen, so wird §73 anwendbar. 36. Eine Zuwiderhandlung gegen dre Nr. 9 pellt einen „Feldfrevel" im Sinne des Pr. Ges. v. 31. Jan. 1845 (GS. s. 95; Ges. v. 14. Apr. 1856 Art. II. GS. s. 95 und der N. StPO. § 486) dar; es ist daher nach den rn den citt. Ge­ setzen gegebenen Vorschriften zu verfahren, wenn der Angeschuldigte einwendet, er sei zur bett. Handlung (dinglich) berechtigt gewesen: DU. 8. Dez 59 c. Fessel. 37. Diese Nr. 9 bildet fern Hinderniß, im Wege einer Polizei-Derordnung weiter gehende Verbote zu erlaffen, und auch das Diehtreiben über nicht be­ stellte Aecker rc., unv solche, welche nicht mit Warnung-zeichen versehen sind, zu untersagen: DU. 18. Juni 57 c. Esser; vgl. EG. § 2 n. 6.

Zu Nr. 10. 38. Auch hier wird ein unbefugte- Getreten de- fremden Jagdreviermit Jagdausrüstung vorausgesetzt; die Strafandrohung bleibt sonach unanwendbar, wo Jemand m Ausübung eines gesetzlich anerkannten Rechts sich bewaffnet rc. in ein fremde- Jagdrevier begiebt. Hierher gehört vor Allem der Fall, wo ein Beamter in Ausübung seiner Dienstfunktionen berufen ist, eine Handlung der gedachten Art vorzunehmen, z. B. wenn eine Militärperson (ein Gendarm rc.) dienst­ lich (mit Waffen) da- fremde Revier betreten muß. Daffelbe gilt von Königlichen rc. Förstern, wenn sie durch ihre Dienstverrichtung (z. B. bei Verfolgung eines Holz- oder Jagdfrevlers) genöthigt werden, in ein fremdes Revier überzutreten. DaS ist aber nicht auf den Fall auszudehnen, wo ein Förster auf dem Wege zu seinem Schutzreviere ein fremde- Jagdrevier passiren muß; da er auf diesem Wege noch kerne Dienstobliegenheiten zu erfüllen hat, so darf er hier nicht „zur Jagd ausgerüstet" erscheinen, muß vielmehr die mitzuführende Waffe rc. in einen Zu­ stand versetzen, welcher den Begriff der „Ausrüstung" ausschließt: ZU. 25. Okt. 65 c. Kindt; vgl. unten n 43; Erk. d. Pr. Komp.-GH. v. 24. Nov. 55 (JMbl. 56 s. 59); K. Sächs. Ges. v. 11. Aug. 1855 Art. 11. 39. Daö unter n. 38 a. C. Gesagte gilt in gleicher Weise auch von dem aus einem anderen Reviere Jagdberechtigten, der aus dem'Wege nach diesem ein fremdes Revier Passirt; vgl. ctt. K. Sächs. Gesetz.

670

Thl. n. Abschu. XXIX. Uebertretungen. — § 368 Nr. 10.

Wege-, wenn auch nicht jagend, doch zur Jagd aus­ gerüstet, betroffen wird; [L Entw.: 8 354 Nl. 11; II. Enlw.: § 364 Nr. 10; Pr. StGB. $ 347 Nr. 11]. Vgl. Nr. 11; § 292-265. Preußen: Dgl. Jagd-Pel-Ges. v. 7. MSr, 1850 (GS. f. 165). Sachse«: Dgl. Ges. v. 11. Aug 1855 Art. 11. 40. Da- Verbot trifft auch den Eigenthümer de- Betr. Grundstück-, sobald die Jagdberechtigung einem Andern zusteht, oder zeitweise einem Andern eingeräumt ist; dagegen Bleibt die Nr. 10 ausgeschlossen, weun der jagdberechtigte Eigenthümer die Jagd ruhen zu lassen verpflichtet ist; vgl. Pr. Jagdpol.-Ges. v. 7. März 1850 § 17 Abs. 2. 41. In Betreff dritter Personen wird dagegen da- Verbot auch dann wirksam, wenn die Jagd auf den (zu einem gemeinschaftlichen Jagdreviere vereinig­ ten) Grundstücken gänzlich ruhen soll (Pr. Jagdpol..Ges. v. 7. März 1850 §§ 4. 10a), obgleich es dann an einem Zagdberechtigten, welcher die Genehmigung er­ theilen könnte, gänzlich fehlt; der einzelne Grundbesitzer kann dann für fein Grund, stück eine solche Genehmigung nicht ertheilen: ZI. 17. März 54 c. Radeloff. 42. Insoweit Jemand die Grenzen einer ihm ertheilten Genehmigung überschreitet, ist er als ein solcher anzusehen, welcher „ohne Genehmigung" handelt; dagegen reicht die Nichterfüllung anderweitiger, der ertheilten Genehmigung hinzugefugter Bedingungen (z. B. die Nichtzahlung einet dafür zu entrichtenden Preiset) nicht hin, um da- Strafverbot wirksam zu machen: ZU. 22. März 60 o. Rockmauu (GA. VIII, 708). 43. „Zur Jagd ausgerüstet" ist derjenige, welcher sich im Besitze solcher Werkzeuge befindet, mit welchen dem Wilde nachgestellt werden kaun, z. B. eines Schießgewehrs, einer Schlinge, einet Windhundes (vgl. Pr. StGB. § 347 Nr. 11). Dabei wird aber vorausgesetzt, daß sich diese Gegenstände in einem Zustande befin­ den, in welchem sie bei einer sich bietenden Gelegenheit sofort zu dem gedachten Zwecke verwendet werden können; daher wird die Nr. 10 unanwendbar, wenn das Schießgewehr verpackt oder gehörig verbunden war; vgl. St, Sächf. Gef. v. 11. Aug. 1855 Art. 11. 44. Die Anwendbarkeit der Nr. 10 ist nicht durch die Absicht zu jagen bedingt: ZI. 2. Mai 66 (RdO. VII, 265). Dagegen bedarf et beim Angeschuldigten deS Bewußtseins, daß er zur Jagd ausgerüstet ein fremdet Jagdrevier betrete; daher trifft die Strafe denjenigen nicht, welcher aus Irrthum über die Grenzen feeint Reviers hinausgegangen ist. 45. Die Worte „betroffen wird" sind nicht ganz korrekt; et genügt das erwiesene Betreten de« ftemden Revier-, sollte auch ein „Betreffen" aus dem­ selben nicht stattgefunden haben. 46. Trifft mit der hier vorgesehenen Uebertretung eine unberechtigte Aus­ übung der Jagd zusammen, so sind nach dem Grundsätze deS § 73 die verwirk­ ten Strafen der §§ 293—295 zu verhängen; eine Äumulirung der hier angedrohten Strafen ist unstatthaft. 47. Die befouderen Vorschriften, welche das Mitnehmen oder Laufenlassen von Hunden in fremden Jagdrevieren mit Strafe bedrohen, sind durch diese Nr. 10 ebensowenig, wie durch bat Pr. Ges. v. 31. Okt. 1848 § 8 aufgehoben; z. B. die GGDdn. f. d. N.- und M.-Rhein v. 18. Aug. 1814 § 9 Nr. 3: ©II. 19. Mai 63 c. Roßbach (RA. 48 2A. f. 58. 60); ©II. 17. Jan. 61 c. Bertram; u. ö. Das­ selbe gilt von der Wormser Jagd-Ddn. v. 21. Sept. 1815 § 15; desgleichen von der Bergischen Jagd- und Forst-Satzung v. 8. Mai >1761 § 11 und II. § 21: Dekl. Nr. 13.14, und von der Bergischen Brüchten-Ordn. v. 2. Nov. 1802 B. n. 14: ©II. 16. Febr. 54 c. FeckelSberg; DU. 14. Dez. 54 c. v. Oben; das Strafverbot der cit. Jagd- und Forst-Satzung ist auch nicht auf die landesherrliche .Mldbahu" zu beschränken, findet vielmehr auch auf Privat-Jagden Anwendung: ©II. 24. Febr. 58 c. Gladbach; contra: BKH. 7. März 42 c. Braun (©olkm. f. 389). — ©gl. Erk. I. Civ.-Sen. 5. Sept. 54 (Entsch. 30 s. 190).

Thl. II. Mschn.

XXIX.

UeBntretnngtn. - §368 Nr. 11. § 369.

671

11) wer unbefugt Eier oder Junge von jagdbarem Feder­ wild oder von Singvögeln auSnimmt. II. Entw.: § 354 Nr. 13; II. Enlw ! d 364 Nr. 11; Pr. StGB.: § 347 Nr. 12]. Vgl. Nr. 10; §292-295. Prnißrn:

vgl. ALR. II, 16 § 57, Ges. v. 26. gebt. 1870 § 6 (GS. s. 122).

§. 369. Mit Geldstrafe bis zu dreißig Thalern oder mit Haft bis zu vier Wochen werden bestraft: 1) Schlosser, welche ohne obrigkeitliche Anweisung oder ohne Genehmigung des Inhabers einer Wohnung Schlüssel zu Zimmern oder Behältnissen in der letzteren anfertigen oder Schlösser an denselben öffnen, ohne Genehmigung des Hausbesitzers oder feines Stellvertreters einen Haus­ schlüssel anfertigen, oder ohne Erlaubniß der Polizei­ behörde Nachschlüssel oder Dietriche verabfolgen; [I. Entw.: § 355; II. Entw-: § 365; Pr. StGB. § 348].

3n Nr. 11. 48. In dem Pr. StGB. § 347 Nr. 12, sowie in den beiden Entwürfen zum B.-StGB. fehlte das Wort „unbefugt," weil man mit dem Strafverbote auch die Iagdberechtigten treffen wollte; vgl. Pr. ALR. II, 16 §57. Jenes Wort ist vom Reichstage zugesetzt worden mit Rücksicht auf § 6 des Pr. Gef. v. 26. Febr. 1870, welcher zwar das (im eit. § 57 ausgesprochene) Verbot des Ausnehmens der Eier von jagdbarem Federwilde für den Jagdberechtigten wiederholt und ans die Juogen btt|eiben ausdehnt, gleichzeitig aber hinzufügt: „doch sind dieselben (die Iagdberechtigten), namentlich die Besitzer von Fasanerien, befugt, die Eier, welche im Freien gelegt sind, m Besitz zu nehmen, um sie ausbrüten zu lasten." In Folge dieser Aenderung ist jetzt tn Betrest der Iagdberechtigten daS Ausnehmen der Eier oder Jungen von jagdbarem Federwild nur insofern strafbar, als dastelbe von ihrer Berechtigung ausdrücklich auSgeschlosten ist; dazu wird aber beim Jagdpächter eine Klausel des Jagdpachtvertrags genügen. 49. Dagegen paßt die gedachte Aenderung (n. 48) nicht für die Singvögel; hier wird es daher dem Gedanken des Gesetzes am meisten entsprechen. Strafbarfeit der Handlung in Beziehung auf Jeden anzunehmen, welcher nicht eine indi­ viduelle Besugmß zu derselben erworben hat; contra: v. Kirchm. {.236, welcher bei Singvögeln die Anwendbarkeit der Nr. 11 von einem vorgängigen Verbote abhängig macht. 50. Auch der Grundeigenthümer wird vom Verbote betroffen: V. 2. Jan. 52 c. Beck (GA. I, 261); jedenfalls ist das unter n. 47 eit. Verbot des §59 II, 16 ALR. ganz allgemein. 51. Von einem „AuSnehmen" der Jungen kann nur so lange die Rede sein, als sie sich noch im Neste befinden. 62. Macht sich em Nichtjagdberechtigter der hier vorgesehenen Handlung in Beziehung auf Junge von jagdbarem Federwilde schuldig, so liegt darin noth. wendig eine unbefugte Ausübung der Jagd; gleichwohl werden hier, unter Rücksicht auf da- zu § 73 n. 9 Ausgeführte, die §§ 292ff., durch die konkretere und mildere Nr. 11 auSgeschlosten.

Zu Nr. 1. 1. Auf andere Gewerbtreibende als Schlöffet, z. D. auf Schmiede, Mechaniker ic., ist die Vorschrift nicht auszudehnen. 2. Zur Anfertigung eines Hausschlüssels genügt die Genehmigung des Inhabers eines Einzelraumes, z. B. die eines Miethers nicht; nur der Besitzer des

672

Thl. « Abschn. XXIX.

Ueber,«tungen. - § 369 Nr. 2.

2) Gewerbtreibende, bei denen ein zum Gebrauche in ihrem Gewerbe geeignetes, mit dem Stempel eines Norddeutschen EichungSamteS nicht versehenes Maß oder Gewicht, oder eine unrichtige Waage vorgefunden wird, oder welche sich einer anderen Verletzung der Vorschriften über die Maßund Gewichtspolizei schuldig machen; Vgl. § 40 42; B.-Versass. Art. 80 I Nr. 11; B -Maß- u. Gew.-Ordn. v. 17 Aug. 1868 (BGbl. f. 473); Erg.-Ges. v. 10. März 1870 (BGbl (.46); B.Eich.-Ordn. v. 16. Juli 1869 (BGbl. 1869 Bett, ju Nr. 32); Bekannt­ machung des B.-Kanzler-AmtS v. 6 Dez. 1869 (BGbl. f. 69); Borschr. über feie Eichung v. Maßen f. Mineralprodukte re. v. 15. Febr. 1871 (BGbl. 1871 Beil, zu Nr. 11). Preußen: Vgl. Maß- u. Gew..Ordn. v. 16. Mai 1816 §12 (GS. (.144); Schles. Ddn. v. 2. Juni 1827 § 5 (GS. s. 88); (AKO. v. 28. Juni 1827: GS. s. 83); Bdn. v. 13. Mar 1840 (GS s. 127); Ges. v. 24. Mai 1853 (GS. s. 589); Ges. v. 17. Mai 1856 (GS. s. 545); Ddn. v. 2. Nov. 1857 (GS. s. 1030; für Hohenzollern); Ges. v. 24. Apnl 1860 (GS. (.381); Ges. betr. d. Mediz.-Gewicht v. 16. März 1867 (GS. f. 386); Vdn. (id. f. d. neuen Landestheile) v. 12 Aug. 1867 (GS. f. 1357); Mm.-Bekanntm. v. 13. Mai 1869 betr. d. Verhältmßzahlen f. d. Um­ rechnung rc. (GS. f. 746). ganzen Hauses hat zu bestimmen, ob der einzelne Miether in den Besitz eines Haus­ schlüssels gelangen, sowie ob cm verlorner Hausschlüssel emfach durch einen neuen ersetzt werden soll, oder ob die Veränderung des Schlosses nothwendig ist. 3. Diese, die Hausschlüssel betreffende Bestimmung ist auf Hauptschlüssel nicht auszudehnen, msowett der Hauptschlüssel nicht gleichzeitig da- Schloß der Hausthüre schließt. 4. Da« Verbot trifft auch da zu, wo für einen Miether ein Hauptschlüssel angefertigt werden soll, welcher, außer den Schlössern seine- Quartwrö, auch die anderer Gelasse in demselben Gebäude schließt.

Zu Nr. 2. 5. Die B.-Maß- und GewichtSordn. v. 17. Aug. 1868 tritt mit dem 1. Jan. 1872 in Kraft; bis dahin bleiben die betr. Landesgesetze m Geltung; jedoch ist es bereit- (eit dem 1. Jan. 1870 gestattet, die dieser Ordnung entsprechenden Maße und Gewichte anzuwenden, insofern die Betheiligten hierüber einig stnd: 1. c. Artt. 21. 22. — Demgemäß müssen vom 1. Jan. 1872 die im öffentlichen Verkehr angewendeten Maße, Gewichte und Wagen nach Vorschrift der gedachten Bund.-Ordn. gestempelt fein; biS dahin genügt es, wenn die Stempelung entweder in Gemäßheit der Bund.-Ordn., oder aber in Gemäßheit der zur Zeit noch in den einzelnen Staa­ ten bestehenden Maß- rc. Ordnungen erfolgt ist: vgl. 1. c. Art. 10. 6. Die Stempelung muß in jedem Falle von dem EichungSamte eines der Bundesstaaten bewirkt sein; dagegen genügt eine solche zur Abwendung der Be­ strafung auch in der Zeit bis zum 1. Jan. 1872, selbst wenn die Stempelung von dem Eichungsamte emes anderen als des HeimathSstaateS des Gewerbetreibenden und nach einem dem letzteren fremden Systeme bewirkt war; vgl. Bund.-Ordn. v. 17. Aug. 1868 Art. 20. — Außerdem gestattet das Ergänz.-Ges. v. 20. März 1870 dem BundeSrathe zu bestimmen, daß Meßwerkzeuge rc., welche von der EichuugSpelle eines nicht zum Bunde gehörenden deutschen Staates, dessen Maß- rc. Wesen in Uebereinstimmung mit dem des Bundes geordnet ist, geeicht rc. sind, im Bun­ desgebiete im öffentlichen Verkehr angewendet roerlfot dürfen. 7. Zu den „Maßen und Gewichten" gehören auch Gasmesser (:V.KH. 12. Okt. 52 c. PepyS: RA. 49 2A. f. 117; Bund.-Ordn. v. 17. Aug. 1868 Art. 13) und zur Ermittelung des Alkoholgehalts wringe,stiger Flüssigkeiten dienende: Al, koholo- und Thermometer.- fit. Bund.-Ordn. Art. 11.

Thl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretungen. - § 369 Nr. 2.

673

8. Als ein nicht geeichtes Maß ist eine Elle auch dann zu betrachten, wenn sie, außer der gehörig geeichten Längenangabe des gesetzlichen Maßes, ein die Länge emeö fremden Maßes bezeichnendes Merkzeichen enthält; letzteres stellt dann für sich ein der Eichung ermangelndes besonderes Maß dar; ;die Pr. AKO. v. 13. Mai 1840 gestattete den Gewerbtreibenden nicht, fremde Maaße ihrem DetailGefchäste zum Grunde zu legen: Bll. 10. Jan. 56 c. Patt (GA. IV, 272). 9. Insoweit die B.-GewichtS Ordn. v. 17. Aug. 1868 nicht neue Vorschriften getroffen hat, sind die landeSgesetzlichen Bestimmungen (z. B. die der Preuß. Maß- rc. Ordn. v. 16. Mai 1816) in Kraft verblieben; vgl. n. 16.17. 10. Die Strasvorschrift der Nr. 2 gilt nur für Gewerbtreibende, somit weder für Privatleute noch für Beamte. 11. Der Art. 10 der D.-Maß- und Gew.-Ordn. schreibt vor, daß „zum Zu­ messen und Zuwägen im öffentlichen Verkehr nur in Gemäßheit dieser Ordnung gestempelte Maße, Gewichte und Wagen angewendet werden bUrfen;14 demgemäß sind auch hier alö „zum Gebrauche im betr. Gewerbe geeig­ nete Maße oder Gewichte" nur solche anzusehen, welche zu dem in Ausübung jenes Gewerbes stattfindenden Zumessen oder Zuwägen geeignet find. Es genügt daher nicht, wenn der Gewerbtreibende sich des betr. Maßes rc. nicht zu dem sei­ nem Gewerbe entsprechenden Zumessen oder Zu wägen emeS Gegenstandes an feine Kunden, sondern lediglich bei der Anfertigung der demnächst m Bausch und Bo­ gen zu verkaufenden Waaren bedienen konnte (;. B. ein Tischler). In diesem Sinne ward auch die (mit der Nr. 2 des § 369 wörtlich übereinstimmende) Vorschrift des Pr. StGB.'S (§ 348 Nr. 2) arg. seiner Quelle (Pr. Vdn. v. 13. Mai 1841 § 2) aufgefaßt; vgl. Derf. d. Pr. HMin. v. 18. Febr. 1860 und JMBerf. v. 25. Febr. 1860; deshalb ist es um so unbedenklicher, dasselbe auch hier anzunehmen. 12. Die Frage, ob ein Maß oder Gewicht-zum Gebrauche im Gewerbe des betr. Gewerbtreibenden geeignet fei, ist im Uebrigen nach der Beschassenheit des Gewerbe- an und für sich zu beurtheilen, ob also der betr. Gebrauch gemacht wer­ den könne; ob der Gewerbtreibende sich eines solchen Werkzeuges zu bedienen pflege, ist gleichgültig: DU. 9. März 54 c. Mühlenbruch. 13. Wenngleich Art 10 der Bund.-Ordn. v. 17. Aug. 1868 auch in Betreff der berm Zuwägen im öffentlichen Verkehr angewendeten Waagen die Stempelung für unerläßlich erklärt, so bezieht sich doch der Eingang der Nr. 2 des § 369 nicht auf ungestempelte, sondern nur auf unrichtige Waagen; sonach macht der bloße Besitz einer ungestempelten Waage noch nicht strafbar; dagegen ist ans der anderen Seite auch die Vorschrift des § 10 Abs. 2 des Pr. Ges. v. 24. Mai 1853, nach welchem die Strasvorschrift des Pr. StGB. § 348 Nr. 2 auf gestempelte (un­ richtige) Waagen keine Anwendung finden sollte, jetzt für beseitigt zu erachten. — Unrichtig kann eine Waage auch durch die Anhängung eines verborgenen NebengewichtS werden. 14. DaS unter n. 11 Gesagte ist aus „unrichtige Waagen" nicht auszu­ dehnen; ihr Besitz ist jedem Gewerbtreibenden untersagt, sollte auch sein Gewerbe­ betrieb die Benutzung einer Waage „tm öffentlichen Verkehr" nicht mit sich bringen. 15. Die Nr. 2 will den Gewerbtreibenden, welcher sich im Bentze eines nicht gestempelten Maaßes rc. oder einer unrichtigen Waage befindet, bestraft wissen; die nicht ganz korrekte Fassung: „bei denen--------- vorgefunden wird" schließt die Bestrafung eine- anderweitig zu beweisenden Besitzes nicht auö. — Dagegen kommt eS hier auf einen gemachten oder beabsichtigten Gebrauch nicht an: 5311.19. März 57 c. Krempel; vgl. dagegen n. 16. 16. Der Schlußsatz der Nr. 2 bedroht den Gewerbtreibenden, welcher sich einer andern Verletzung der (bundeö- oder landeSrechtlichen) Vorschriften über die Maaß- und GewichtSpol»zer schuldig macht, mit derselben Strafe. Hierzu gehört vor Allem der im Art. 10 Abs. 2 der B.-Maaß. rc. Ordn. v. 17. Aug. 1868 unter­ sagte Gebr auch unrichtiger Maaße, Gewichte und Waagen, auch wenn dieselben im Uebrigen den Bestimmungen der cit. Ordn. entsprechen. Die nach der ctt. Gesetzesstelle Über die äußersten Grenzen der im öffentlichen Verkehr noch zu duldenden Abwei­ chungen von der absoluten Richtigkeit vom Bundeörath zu treffenden nähern DeDundeS-Strafgesthbuch.

43

674

Thl. II.

Abschn. XXIX.

Uebntrrtungen. - § 369 Nr. 3. Schlußs.

3) Gewerbtreibende, welche in Feuer arbeiten, wenn sie die Vorschriften nicht wegen Anlegung sowie wegen der bedienen, erlassen

befolgen, welche von der Polizeibehörde und Verwahrung ihrer Feuerstätten, Art und der Zeit, sich des Feuers zu sind.

Im Falle der Nr. 2. ist neben der Geldstrafe oder der Haft auf die Einziehung des ungeeichten Maßes und Gewichtes, sowie der unrichtigen Waage zu erkennen. stimmungen sind durch den Bundeskanzler unter dem 6. Dez. 1869 (BGbl. 1870 f. 69) bekannt gemacht worden. Mit der erwähnten Zuwider-Handlung kann leicht der eines (vollendeten oder versuchten) Betrug- ideell zusammentreffen. 17. Ebenso rechnete ein $11. 14. Nov. 67 (RdO. VIII, 674) hierher die Vor­ schrift der Pr. Maaß- rc. Ordn. v. 16. Mai 1816 § 17, nach welcher „die Stempelung Nremand von der Verpflichtung entbindet, dafür zu sorgen, daß sein gestempeltes rc. Maß nicht durch den Gebrauch oder Zufall unrichtig werde"; daffelbe Urtheil er­ achtete ein Einsatzgewtcht, m welchem einzelne Emsatzstttcke fehlten, für unrichtig. 18. Neben der Geldstrafe oder der Hast ist (und zwar obligatorisch: § 40 n. 2) auf die Einziehung des ungeeichten Maßes und Gewichts, sowie der unrichtigen Waage zu erkennen (Schlußs.), vorausgesetzt, daß diese Stücke dem Angeschuldigten gehörten: § 40 (vgl. § 360 und 367 Schlußs.) Diese Einziehung muß selbst dann ausgesprochen werden, wenn die Eichung rc. im Lause de- Untersuchung-verfahrens nachgeholt worden ist: DI. 4. Dez. 57 c. Kramsta (JMbl. 1858 f. 60.) — Auch als selbstständige Maßnahme kann die Einziehung «Tonnt werden; in dies« Bezie­ hung gilt daö zu § 360 n. 95 a. E. Gesagte. — Die ganze Vorschrift des Schlußsatzes ist auf den Fall, wo andere maß- rc. polizeiliche Bestimmungen verletzt sind, nicht auszudehnen. 19. Die Vorschrift der Pr. Vdn. v. 13. Mai 1840 §1, nach welcher „in allen Fällen, wo etwa- nach Maß vdn Gewicht verkauft wird, die im Inlande er­ folgende Ueberlieferung nur nach (inländischem) gehörig gestempelten Maße oder Gewichte geschehen darf, bei Vermeidung einer Geldstrafe von Emem b»S zu fünf Thalern, sowie der Einziehung der ungestempelten Maße rc." — ist (für Nichtgewerbtreibende) weder durch §348 Nr. 2 deö Pr. noch durch § 369 Nr. 2 deS B.StG. außer Kraft gesetzt worden: DI. 15. Apr. 59 c. Kant (JMbl. s. 179). Jene Tor. schuft ist aber auf den Gebrauch ungestempelter Waagen durch Nichtgewerbtrelbende nicht auszudehnen, obgleich § 1 deö Ges. v. 24 Mai 1853 die Derbotöbestimmung der ctt. Ddn. v. 13. Mal 1840 § 1 aus solche Waagen ausdehnte, weil die Strafan­ drohung des ctt. Ges. (§ 10) die Gewerbtreibenden hervorhebt, und somit die Straf­ losigkeit der Nichtgewerbtretbenden anerkennt: ZU. 27. Mai 58 c. Burg (GA. VI, 557). 20. ES kann durch eine Polizei-Derordnung nicht angeordnet werden, daß alle zum Markte gebrachten Gegenstände vorher auf einer öffentlichen Waage vermögen werden; die Selbstverwägung bleibt jedem gestattet; Beschränkungen dieser Besugniß würden gegen die Grundsätze der §§ 64. 68 und 36 der B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 verstoßen; der ctt. § 36 giebt selbst das 'Gewerbe der Messer und Wäger frei. Ebenso nahm ein ZN. 11. Jan. 55 c. Siebel (arg. Rheiu.-Schifss.Ordn. v. 31. März 1831 Art. 70) die Unverbindlichkeit einer Polizei-Verordnung an, welche den Spediteuren zur Pflicht machte, sich der angstellten städtischen Fruchtmesser zu bedienen.

Zu Nr. 3. 21. Auch hier werden „Vorschriften" („Anordnungen") der Polizeibehörde in dem oben (§ 367 n. 11.12; § 368 n. 1) angegebenen Sinne vorausgesetzt.

Zum Schlußsätze. 22.

Vgl. n. 18.

Thl. II. Mschn. XXIX.

Uebertretungm. — § 370 Nr. 1. 2.

675

§. 370. Mit Geldstrafe bis zu fünfzig Thalern oder mit Haft wird bestraft: 1) wer unbefugt ein fremdes Grundstück, einen öffentlichen oder Privatweg oder einen Grenzrain durch Abgraben oder Abpflügen verringert; [1. entro.: $ 356 Nr. 1; Vgl. § 244.

II. Entw.: 8 366 Nr. 1;

Pr. StGB.: § 349 Nr. 1].

2) wer unbefugt von öffentlichen oder Privatwegen, Erde,

§370.

Zu Nr. 1.

1. Der Ausdruck „Grundstück" umfaßt auch das Bett eines fremden Flusses oder Baches, selbst wenn dasselbe int Elgenthume des Staates steht: PII. 23. Sept. 58 c. Schwenk. 2. Strafbar ist die unbefugte Zueignung eines fremden Grundstücks oder Weges; es fällt daher nicht unter den §, wenn Jemand einem über fern Grund­ stück führenden Privalwege eine andere Richtung giebt: ZI. 5. Juni 61 (RdO. 1,435). 3. Auf das bloße Verderben eines Weges erleidet die Nr. 1 keine Anwen­ dung; anderweitige hierauf bezügliche Strafvorfchriften, (z. B. Art. 40 Tit. 2 des Rh. Rur.-Ges v. 28. Sept.-6. Okt. 1791, Pr. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 41 Nr. 9; 43 Nr. 1. 2, NEV. Art. III § 1 Nr. 9, § 3 Nr. 1.2) sind daher m Kraft verblieben. 4. Behauptet der Angeklagte, daß die angeblich vom Grundstücke des Nach­ barn rc. abgebaute Fläche fein Eigenthum sei, so ist m Preußen nach Anleitung deS Ges. v. 31. Jan. 1845 (N. StPO. § 486) zu verfahren. 5. Das Gesagte (n. 4) muß auch da gelten, wo es sich von der Verringerung eines GemerndewegeS handelt, insbesondere auch nach Rheinischem Rechte: VKH. 4. April 42 c. Lürtenö (RA. 33. 2A. s. 32); ZU. 14. Nov 61 (RdO. II, 65: in Betreff emeS Feldweges); Cass. 20. juill. 21, Cass. 25. Sept. 35 (SN 6. lp. 47; Sir. 36. lp. 150); contra: VKH. 21. Mai 49 c. Plum, Z.KH. 25. Jan. 51 c. Strauff. V..NH. 11. Nov. 51 c. Heucher (RA. 45. 2A. I 8; 46. 2A. f 21. 95); VII. 13. Nov. 55 c. Schurz; DII. 9. Dez. 58 c. Wilms; VII. 27. Ott. 59 c. Meumer, welche davon ausgingen, daß im Gebiete des Rhem. Rechts die Entscheidung darüber, ob etwa- als Gememdeweg anzusehen sei, sowie über die Breite und Rich­ tung desselben nur den Verwaltungsbehörden zustehe, während der angeblich in fernem Rechte getränkte Private nur einen Ersatzanspruch geltend machen könne. Die französilchen Gesetze, und § 2 Nr. 2 deS Ress.-Regl. v. 20. Juli 1818 recht­ fertigen indessen eine solche Annahme nicht; sie beziehen sich emeS Theiles nicht auf alle Gemeinde-, sondern nur auf Bicmalwege (vgl. Oppenhofs Ressortges. s. 223 n. 30. 31 ff.); anderen Theiles ist auö denselben nur zu folgern, daß eine von der Regierung ausgegangene Erklärung: „ein Weg sei cm Vicinalweg", sowie eine die Richtung, Ausdehnung oder Erweiterung eines solchen belressende Verfügung der­ selben eine Eigenthumörntsetzung deS bisherigen EigenthümerS m sich schließe, so daß diesem nur cm Anspruch aus Ersatz übrig bleibe; eine solche Erklärung muß daher von den Gerichten anerkannt werden. Dagegen ist tm Uebngen den Verwaltung«, behörden ein Entscheidungsrecht über die EigenthumSfrage nicht beigelegt. So lange daher eine derartige Erklärung (Verfügung) der Regierung nicht ergangen ist, sind dre Gerichte zur Entscheidung jener Frage berufen, zumal, wenn es sich lediglich davon handelt, für die Vergangenheit festzustellen, ob eine bestimmte Bodenfläche zu der Zeit, wo der Beschuldigte m dieselbe erngnss, sein Eigenthum, oder ob sie em Theil eines PrivatwegeS war. Selbst wenn aber auch die Regierung einen Weg für einen „bssentlichen" erklärt hat, steht den Gerichten noch immer die Prüfung zu, ob der den Gegenstand der Beschuldigung bildende Weg mit jenem identisch sei; die hierüber ergehende instanzgerichtliche (thatsächliche) Entscheidung kann Nicht im Wege deS KassationörekurseS angefochten werden: ZU. 4. Juli 67 (RdO. VIII, 445).

Zu Nr. 2. G.

Die hier vorgesehene Handlung unterliegt der Strafe deö § nur dann, wenn

676

Thl. II. Abschn. XXIX.

UeLertrelimgen. - § 370 Nr. 2. 3.

Steine oder Rasen, oder aus Grundstücken, welche einem Anderen gehören, Erde, Lehm, Sand, Grand oder Mergel gräbt, Plaggen oder Bülten haut, Rasen, Steine, Mineralien, zu deren Gewinnung eS einer Verleihung, einer Konzession oder einer Erlaubniß der Behörde nicht bedarf, oder ähnliche Gegenstände wegnimmt; [I. Entw.: § 356 Nr. 2; II. Entw.: § 366 Nr. 2; Pr. StGB.: $ 349 Nr. 2]. Preußen: Dgl. Ges. betr» d. unbes. Aneignung v. Mmeralien v. 26. März 1856 (GS. f. 203); Ges. bett die unbes. Aneignung v. Bernstein v. 22. Febr. 1867 (GS. s. 272); (Raff) Emf.-Vdn. v. 22. Febr. 1867 Art. VI; (Hess.) Ems.-Vdn. v. 22. Febr. 1867 Art. III; (Hann.) Etns.'Ddn. v. 8. Mai 1867 Art. XI; (Kurhess.) Emf.-Vdn. v. 1. Juni 1867 Art. X; (Lauenb.) Emf.Bdn. v. 6. Mai 1867 Art III; (Schleew.-Holst.) Einf.-Vdn. v 12. März 1867 Art. VII (GS. 1867 s. 237. 242. 601. 770. 453).

3) wer von einem zum Dienststande gehörenden Unteroffizier oder Gemeinen des Heeres oder der Marine ohne die schriftliche Erlaubniß deS vorgesetzten Kommandeurs darin gleichzeitig eine Zueignung der bctr. Gegenstände liegt: ZI 9. Sept. 63 (RdO. IV; 25); vgl. HS. II, 455. 7. Das Verbot erstreckt sich auch auf die unbefugte Wegnahme des Kothö von der Straße oder aus den Chausseegraben, nicht aber aus den über Aecker, Wiesen je. ausgebreiteten Dünger; vgl. n. 10; § 242 n. 38. 39. 64; Pr. FPO. 1. Nov. 1847 § 41 Nr. 6. 8. Ebensowenig trifft dasselbe zu bei demjenigen, was lediglich Produkt der Vegetation ist, z. B. bei dem auf einem Wege von selbst wachsenden Grase, bei ausstehender Heide a. dgl.; contra: Erk. OG. Oldenburg 18. Jan. 59 und Präj. LAG. Oldenburg c. Mauke (Oldenb. Arch. VI, 127; IX, 53); vgl. n. 10; Pr. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 41 Nr. 5; § 42 Nr. 2. 3; § 43 Nr. 5. 9. In Betreff der „Mineralien", zu deren Gewinnung eS einer Verleihung re. bedarf, ist m Preußen daö (auch tn den neuen Provinzen durch die oben citt. Verordnungen eingeführte) Gef. v. 26. Mär; 1856, m Betreff de- Bernsteins das Ges. v. 22. Febr. 1867 maßgebend. Bei Anwendung deS ersteren sind die Be­ merkt. Oppenhofj'S zum Pr. Bergges. v. 24. Juni 1865 n. 1247 zu berücksichtigen. 10. In der Nr. 2 wird vorausgesetzt, daß die betr. Gegenstände zur Zelt der Wegnahme als Theile des Weges oder Grundstückes anzusehen, und nicht als setbstständlge für sich bestehende Sachen in der Gewahrsam deS Herrn des Grundstücks rc., oder eines Dritten waren. Das beweisen der (sonst ganz überflüssige) Ausdruck „unbefugt", und die Fassung „aus Grundstücken"; vgl. cit. Pr. Ges. v. 26. März 1856 § 4. Daher trifft der § dann nicht zu, wenn die gedachten Ge­ genstände durch einen Anderen, zumal wenn sie durch den Eigenthümer deS Grund­ stücks oder mit seiner Zustimmung gesammelt und aufgehäuft oder in anderer Weise als selbstständige Sachen m Besitz genommen sind; Wegnahme derselben in der Ab­ sicht rechtswidriger Zueignung ist dann Diebstahl, (insofern dem Angeklagten die betr. Thatsache bekannt war): ZI. 31. Mat 67, VI. 26. Febr. 68, ZI. 16. Oft. 68 (NdO. VIII, 357; IX, 152. 560); ähnlich: ZI. 4. Dez. 61 (NdO. II, 116; gestocherten und ausgestellten Torf betreffend). Vgl. § 242 n.39.64. 11. Demgemäß findet die Nr. 2 auf die zur Ausbesserung der Landstraßen angefahrenen und auf denselben aufgeschichteten Steine, welche noch nicht über den Straßenkörper ausgebreitet, oder sonst für denselben verwendet sind, keine AnWendung, ihre Wegnahme rc. ist Diebstahl: ZI. 14. Apr. 58 c. Wendriner; ZI. 25. Mai 59 c. Berndt.

Zu Nr. 3.

12. Biese Strasvorschrift wird dadurch nicht unanwendbar, daß die angekauf­ ten rc. Gegenstände dem Verkäufer eigenthümlich gehörten.

Thl. II. Abschn. XXIX. Uebertretungen. — § 370 Nr. 3—5.

677

MontirungS- oder Armaturstücke kauft oder zum Pfande nimmt; [I. Entw.: § 356 Nr. 4; II. Entw.: $ 366 Nr. 4; Pr. StGB.: § 349 Nr. 4].

4) wer unberechtigt fischt oder krebst; [I. Entw.: § 354 Nr. 12; II. Entw.: § 292; Pr. StGB.: § 273]. Dgl. § 296.

5) wer NahrungS - oder Genußmittel von unbedeutendem Werthe oder in geringer Menge zum alsbaldigen Ver­ brauche entwendet. Zu Nr. 4.

13. ES find hier die Bemerkungen zu § 296 n. 1—7.10—12 zu vergleichen. 14. Die Strafverfolgung findet nur aus den Antrag des Verletzten statt: Schlußsatz des §. 15. Eine Einziehung der Fischereigeräthschaften greift hier nicht Platz; § 40 findet aus Uebertretungen ferne Anwendung. 16. Anderweitige fischereipolizerliche Vorschriften und die darauf bezüg­ lichen Strafbestimmungen (auch solche, welche eine Einziehung vorschreiben) find durch die Nr. 4 nicht aufgehoben; vgl. § 296 n. 10—12.

Zu Nr. 5.

17. Die Fassung dieser Nr. 5, ihre Quelle (Pr. StGB. § 349 Nr. 3) und die Motive (s. 151) lasten darüber keinen Zweifel, daß hier die aus einem äugenblrcklichen Bedürfnisse oder Gelüste verübten geringfügigen Diebstähle mit einer mil­ deren als den m den §§ 242 fgg. bestimmten Strafen bedroht werden sollten; vgl. n. 25. 18. Demgemäß find unter „Nahrung«, und Genußmitteln" nur die zum Gebrauche der Menschen geeigneten zu verstehen. Dagegen ist cö nicht er­ forderlich. daß ste ohne vorherige Zubereitung sofort genießbar seien, da dieses durch die Worte: „zum alsbaldigen Verbrauche" in kemer Weise angedeutet wird: Meyer s. 293; contra: Schwarze f. 365. 19. Zu den „Genußmitteln" gehören Taback, Parfüms rc. 20. ES genügt, wenn btc betr. Gegenstände entweder von unbedeutendem Werthe oder in geringer Menge waren; es brauchen also nicht beide Voraussetzun­ gen zusammen zu treffen: ZPl. 13. Nov. 65 (RdO VI, 456: in Beziehung aus die entsprechende Fassung der Pr. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 42 Nr. 2). 21. Mit Rücksicht auf das oben (n. 17) Gesagte, find die Worte: „zum als­ baldigen Verbrauche" auf den eigenen Verbrauch (des Thäters oder des Hausstandes zu welchem er gehört) zu beziehen. Ebenso ist der Begriff des „als­ baldigen Verbrauchs" mit Rücksicht auf das als Motiv berücksichtigte augenblick­ liche Bedürfniß oder Gelüste aufzufassen. 22. Es genügt, wenn die Absicht des alsbaldigen Verbrauchs beim Diebstahl obwaltete, sollte es auch später (gleichgültig warum) nicht zur Ausführung dieser Absicht gekommen sein. 23. „Entwenden" bezeichnet hier den vollständigen Thatbestand des DiebsiahlS; das konnte nach § 349 Nr. 3 deö Pr. StGB ’fl nicht zweifelhaft fein, indem er beim Vorhandensein einzelner den Diebstahl erschwerenden Umstände den § 218 1. c. für anwendbar erklärte; letzteres ward bei der Entwerfung des B.-StGB.'S beseitigt (Motive s. 151; vgl. n. 27), dadurch ist aber anerkannt, daß im Uebrigcn auch hier ein „Diebstahl" im Sinne des § 242 vorausgesetzt wird; vgl. HS. II, 443. 24. Me erwähnt (n. 23) bleibt die Nr. 5 anwendbar und btc DiebstahlSstrase ausgeschlossen, selbst wenn bet der That einer der erschwerenden Umstände des § 243 obwaltete. Dagegen ist die Strafe des Raubes zu verhängen, sobald seine Voraus­ setzungen zutreffen. 25. Die Besonderheiten, durch welche der Thatbestand der Nr. 5 von dem des Diebstahls im Allgemeinen abweicht, find als ein „mildernder Umstand" anzusehen, und als solcher auch prozessualisch zu behandeln. Deshalb ist der Instanzrichter, sy

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Thl. II. Abschn. XXIX. Übertretungen. - § 370 Nr. 5.

Eine Entwendung, welche von Verwandten aufstei­ gender Linie gegen Verwandte absteigender Linie oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangen worden ist, bleibt straflos; [I. Gtttm.: $ 356 Nr.3; II. Entw.: §366 Nr. 3; Pr. StGB.: § 349 Nr. 3J. Vgl. § 242 243. 247. Preußen: Dgl. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 41-45: Ges. v. 22. Mai 1852 Art.III; Ges. v. 14. April 1856 Art. I § 3; N. Emf.-Ddn. v. 25. Juni 1867 Art. III. oft es sich von dem Diebstähle von Nahrungs- oder Genußmitteln handelt, ver­ pflichtet, eine ausdrückliche (positive oder negative) Feststellung darüber zu treffen, ob das gestohlene Quantum „von unbedeutendem Werthe oder in geringerer Menge« war und ob es „zum alsbaldigen Verbrauche" weggenommen worden fei; die BerabsLumung dieser Feststellung würde in jedem Falle (möchten § 242 fgg. oder § 349 Nr. 5 zur Anwendung gebracht sein), Nichtigkeit nach sich ziehen: VI. 15. Oft. 61, ZI. 16. Sept. 63, VII. 28. Jan. 64, VI. 16. März 70 (RdO. II, 24; IV, 46, 334; XI, 172). Im schwurgerichtlichen Verfahren sind Art. 80 Abs. 4 und Art. 91 Abs 4 des Pr. Ges. v. 3. Mat 1852, bezw. § 321 der N. StPO, maßgebend. Vgl. § 242 n. 74. 75. 26. In Betreff der Straflosigkeit der von einem Ascendenten gegen einen Descendenten oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangenen Diebstähle der hier fraglichen Art vgl. § 247 n. 8 fgg. Diese Straflosigkeit ist auf andere Th eil nehm er an der Uebertretung, welche nicht in dem gedachten persönlichen Verhältnisse stehen, nicht auszudehnen; das ergiebt sich aus § 50; deshalb kommt es nicht m Betracht, daß die Nr. 5 diese Bestimmung nicht (wie § 247 Abs. 3) aus­ drücklich trifft. 27. Die Hehlerei der hier erwähnten Gegenstände ist aus § 259 zu be­ strafen. 28. Insoweit eins der (im § 2 des EG.'ö in Kraft erhaltenen) Landeö-Feldpolizeigesetze den Diebstahl von Früchten und sonstigen Bodenerzeugnisfen mit einer besonderen Strafe bedroht, bleibt die Nr. 5 (ebenso wie die allgemeinen Diebstahlsstrafen vgl. § 242 n. 63) ausgeschlossen; vgl. für Preußen: Ges. v. 22. Mai 1852 Art. III; NEB. v. 25. Juni 1867 Art. III, welche dieses (in Beziehung auf den entsprechenden § 349 Nr. 3 des Pr. StGB.'s) unter Hinverweisung aus die FPO v. 1. Nov 1847 und aus das linksrheinische Ruralges. v. 28. Sept. bi6. Ott. 1791 ausdrücklich aussprachen. DaS erstere der citt. Gesetze bestimmte gleichzeitig, daß m den LandeSthetten, in welchen weder die cit. FPO. noch das cit. Rur.Gesetz von 1791 gilt, bei derartigen Entwendungen von Früchten und sonstigen Bodenerzeugniffen, m Ermangelung besonderer zutreffender feldpolizeilicher Straf­ bestimmungen die Vorschriften der gedachten FPO. Anwendung finden sollen. 29. Die zutreffenden Bestimmungen der FPO. v. 1. Nov. 1847 (in der durch daS Ges. v. 14. Apr. 1856 veränderten Gestalt) sind § 42 Nr. 2 und § 45 (vgl. N Einf.-Vdn. v. 25. Junr 1867 Art. III § 2 Nr. 2; § 4). Der Unterschied des §42 Nr. 2 von § 370 Nr. 5 besteht darin, daß jener nicht nur auf Früchte, sondern auf alle Bodenerzeugnisse, auch die (für Menschen) nicht genießbaren, anwendbar, daß er dagegen m Betreff des Ortes der Entwendung auf die dort speziell aufgezählten beschränkt ist, sowie endlich, daß beim Vorhandensein einer ge­ winnsüchtigen Absicht die Diebstahlsstrase zur Anwendung kommt; vgl. in dieser Beziehung § 242 n. 65—71. 30. Die Strafverfolgung aus Nr. 5 tritt nur auf den Antrag des Verletzten ein; vgl. Schlußsatz. 31. In Betreff des Verfahrens ist das Pr. Gef. v. 14. Apr. 1856 Art. I § 3 (unten mitgetheilt hinter Art. XIII. des EG.'S zum Pr. StGB.) zu berücksich­ tigen; vgl. die dort gemachten Bemerkungen.

Thl. H. Abschlt. XXIX. Uetertretuofltn. - § 370 Nr. 6.

679

6) wer Getreide oder andere zur Fütterung des VieheS be­ stimmte oder geeignete Gegenstände wider Willen des Eigentümerswegnimmt, um dessen Vieh damit zu füttern. [I. ®nt».: § 356 Nr. 5; II. Ent» : § 366 Nr. 5; Pr. StGB.: § 349 Nr. 7).

In den Fällen der Nr. 4. 5. und 6. tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein. Urkundlich unter Unserer HöchsteigenhändigenUnterschrift und beigedrucktem Bundes-Insiegel. Gegeben Schloß Babelsberg, den 31. Mai 1870. (L. 8.) Wilhelm. Gr. v. BiSmarck-Schönhaufen. Sn Nr. 6.

32. Der hier vorgesehene s. g. „Futterdiebstahl" ist in Wahrheit kein Diebstahl, weil es dabei an der Absicht der Zueignung fehlt; insbesondere trifft hier das zu § 242 unter n. 50 in Betreff der Absicht des Verschenken« Gesagte nicht zu; vgl. Antr. des GSlA.'S zu ZPl. 16. Nov. 57 (RdO. VIII, 721). Dagegen würde die (unn'öthiger Werfe) vorgenommene Berfütterung der Sache an das Dreh des EigenthümerS als Sachbeschädigung anzusehen fein. 33. Die Nr. 6 spricht allgemein, ist also nicht auf die mit der Pflege des betr. Brehs betrauten Personen (Dienstboten rc.) zu beschränken. 34. Ob die Absicht der Berfütterung später zur Ausführung gekommen, ist für den Thatbestand an sich gleichgültig. Dagegen ist zu berücksichtigen, daß in Fällen der gedachten Art die Versicherung des DredS: „er habe die Wegnahme mit der (unausgeführt gebliebenen) Absicht der Berfütterung rc. bewirkt", in der großen Mehrzahl der Fälle nur eine leere Ausrede sein wird; der Instanzrichter hat daher alle Veranlaffung ihre Nichtigkeit sorgfältig zu prüfen, und dabei namentlich zu be­ rücksichtigen, inwiefern der Angeschuldigte Überhaupt Anlaß hatte, für die Fütterung des Viehs zu sorgen, und ob derselbe mit Grund annehmen konnte, daß daS vom Eigenthümer den Thieren gewährte oder bestimmte Futterqnantum nicht genüge. 35. Geschah die Wegnahme des Futters in der Absicht der Derfütterung an das Vieh eines Dritten, so bleibt die Nr. 6 ausgeschlossen, und die DiebstahlSstrafe tritt ein, insofern die That nicht unter eine Feldpolizeivorschrift (.z. B. Pr. FPO. v. 1. Nov. 1847 § 42 Nr. 2) fällt; vgl. Beschl I. 19. Sept. 55 c. Tietze. 36. Die Strafverfolgung ist durch einen Antrag des Verletzten bedingt: Schlußsatz.

Zum Schlußsatz.

37. Vgl. die §§ 61—65 und die Bemerkungen zu denselben.

680

Prtuß. EinsührungSgesetz.

Gesetz über die Einführung des Strafgesetzbuchs für die Preußischen Staaten, vom 14. April 1851.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen >c. ic. verordnen mit Zustimmung der Kammern, was folgt;

*) EiaflihrongS-Gtsttz zum Preuß. Straf-Grsetzbuch. 1. Da nach § 6 des Cms.-Ges.'S zum B.-StGB. vom 1. Jan. 1871 ab (auch wegen solcher Strassälle, welche nach einem neben dem StGB, in Kraft verbliebenen Bundes- oder LandeSgefehe zu beurtheilen sind : EG. § 2) nur auf die im B.-StGB. enthaltenen Straf arten erkannt werden darf, so war im § 8 des cit. EG'S der LandeSgefetzgebnng vorbehalten worden, „UebergangSbestimmuugen zu treffen, um jene in Kraft bleibenden Landesstrafgesetze mit den Vorschriften deS D.-StGB.'S in Uebereinstimmung zu bringen." Derartige UebergangSbestimmungen sind für Preußen nicht erlassen worden und dürften jetzt, nachdem das StGB, schon seit mehreren Monaten m Wirksamkeit getreten ist, auch nicht mehr zu erwarten sein, zumal eine Iust.-Min.-Verf. v. 28. Dez. 1870 (JMbl. f. 380) in Betreff der Handhabung der Kompetenzvorswristen eine instruktivnelle Anleitung gegeben hat. ES ist sonach nunmehr die Aufgabe der Rechtsprechung, bei Anwendung der in Kraft ver­ bliebenen besonderen Strafgesetze jene Uebereinstimmung herbeizuführen. 2. Diese Ausgabe (n. 1) kann bei solchen Strafgesetzen, welche erst nach der Verkündung des Pr. StGB.'S in den einzelnen Landestheilen ergangen sind, keine erheblichen Schwierigkeiten bieten, weil sich dieselben selbstverständlich dem Systeme des Pr. StGB.'S anschlossen und nur solche Strafakten enthielten, wie sie dem letzteren entsprachen. Das B.-StGB. beruht nun aber ganz auf demselben Strasensvsteme wie das Preußische; eS hat namentlich auch die Strafarteu des letzteren zum größten Theile in ihrer wesentlichen Bedeutung beibehalten und (von der lebens­ länglichen Festungshaft abgesehen) sich darauf beschränkt, einzelne derselben zu mil­ dern oder Nebenstrasen auszuscheiden; vgl. Motive s. 22. Unter diesen Umständen darf unbedenklich angenommen werden, daß für alle seit Verkündung des Pr. StGB.'S ergangenen, neben dem B.-StGB. in Kraft verbliebenen Strafbestimmun­ gen an die Stelle der dort angedrohten Strafarteu für die Zukunft die entsprechen­ den Strafarteu deS B.-StGB.'S getreten sind; vgl. JMin.-Verf. v. 28. Dez. 1870 (JMbl. f. 380). Die „Todesstrafe" ist in beiden gleichbedeutend. Dagegen ist patt der Zuchthaus- oder Gef ängn iß strafe des Pr. StGB.'S jetzt auf die gleich­ namige des B.-StGB.'S zu erkennen; ebenso tritt an die Stelle der „Einschlie­ ßung" des Pr. StGB.'S die zeitliche Festungshaft und an die Stelle der „poli­ zeilichen Gefängnißstrafe" des ersteren die..Haft" des letzteren, und zwar jedesmal mit allen Besonderheiten, wie sie in den §§ 14—26 des B.-StGB.'S näher angegeben sind. 3. Droht ein solches besonderes Gesetz eine Freiheitsstrafe ohne Angabe ihrer Dauer an, so sind jetzt in dieser Beziehung die im D.-StGB. für die Dauer der einzelnen Strafarten aufgestellten Grundsätze maaßgebend mit der selbstverständlichen Beschränkung, daß stets nur zeitliche, nie lebenslängliche Festungshaft eintreten kann. Enthält dagegen daö anzuwendende Strafgesetz in Betreff der Dauer der zu der-

Preuß. EinführungSgesetz.

681

hangenden Freiheitsstrafe eine Vorschrift, so bleibt diese in Kraft, insoweit sie nicht über das letzt zulässige Maß der betr. Strafart hinausgeht; im letzteren Falle ist sie auf dieses Maß zu beschränken. 4. Droht ein (seit Verkündung des Pr. StGB.'S ergangenes) Strafgesetz eine sechs Wochen nicht übersteigende „Gefängnißstrafe" an, war also die That nach § 1 des Pr. StGD.'S eine Übertretung, so war (nach § 333 ibid.) diese Gesängnißstrafe als eine „polizeiliche" anzusehen, es ist somit jetzt „Haft" von gleicher Dauer au btc Stelle getreten. 5. Die in den früheren Strafgesetzen angedrohten „Geldbußen" sind jetzt als „Geldstrafen" zu bezeichnen. Für die „Umwandlung" einer solchen Geld­ in Freiheitsstrafe sind künftig lediglich die Vorschriften der §§ 28—30 de« B.-StGB.'S maßgebend, insofern nrcht jenes Gesetz auch m dieser Beziehung besondere Vor­ schriften getroffen hat; ist letzteres der Fall, so werden die in Betreff der Prinzipalen Freiheitsstrafen oben (n. 2—4) aufgestellten Grundsätze auch hier anwendbar. 6. Die Verurtheilung zur Zuchthausstrafe aus einem in Kraft gebliebenen besonderen Strafgesetze hat die im § 31 des B.-StGB 's angeordnete „Unfähigkeit von Rechtswegen zur Folge; außerdem kann der Richter (fakultative) mit der­ selben die „Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte" auf zwei bis zehn Jahre verbinden: § 32. 7. An die Stelle der in einem besonderen Gesetze angedrohten „Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zen" tritt jetzt der „Verlust (die Aberkennung) dieser Ehrenrechte" nach Anleitung der §§ 32—36; sie kann da­ her nur neben einer drei Monate erreichenden Gefängnißstrafe und nur auf die Dauer von fünf Jahren ausgesprochen, auch kann statt derselben aus „Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter" (§ 35) erkannt werden. — Ist die Androhung der gedachten „Untersagung rc." für den Richter m dem betr. Gesetze obligatorisch auSgesprochen, so verbleibt eS bei dieser Vorschrift, da auch daS B.-StGB. Fälle kennt, wo auf den Verlust der Ehrenrechte erkannt werden muß; vgl. § 161.181. 8. Der „Verlust der (bekleideten öffentlichen) Aemter" ist auch im B.StGB. für einzelne Strasthaten angedroht (vgl. § 35 n. 7) und somit auch da, wo er*th einem besonderen Gesetze angedroht ist (vgl. Pr. EG. Art. VIII. XX), beide» halten. 9. Statt der angedrohten „Stellung unter Polizeiaufsicht" hat der Instanzrichter künftig auf die „Zulässigkeit der Polizeiaufsicht" mit den in den §§ 38. 39 bestimmten Wirkungen zu erkennen. 10. Wo cm Gesetz die „Konfiskation" eines bestimmt bezeichneten Ge­ genstandes vorschreibt oder zuläßt, ist jetzt statt derselben auf „Einziehung" zu erkennen, und zwar obligatorisch, wenn jene in dieser Weise angeordnet ist, da auch daö StGB, eine obligatorische Einziehung kennt; vgl. § 40 n. 2. — Im Uebrigen sind die §§ 40 und 42 auch bei den durch besondere Gesetze vorgesehenen Straffälleu anzuwenden. 11. Nebenstrafen, welche das B.-StGB. nicht mehr kennt, z. B. der Ver­ lust des Rechts zum Gewerbebetriebe für immer oder auf Zeit, oder die Aberkennung der Befugniß jugendliche Fabrikarbeiter zu beschäftigen, sowie die Be­ kanntmachung einer Verurtheilung als Strafe, sind (da sie nicht durch an­ dere statthafte ersetzt worden sind) für gänzlich beseitigt zu erachten; vgl. EG. § 6 n. 3. 4. 6. Zum Theil anderer Meinung ist das OTr.; vgl. Art. VIII n. 3. 12. Alles bisher Gesagte gilt in gleicher Weise auch tn dem Falle, wo ein älteres Strafgesetz deshalb anzuwenden ist, weil die Strafthat unter seiner Herr­ schaft begangen war, und die jetzt an seine Stelle getretene Strafbestimmung nicht milder ist (: B.-StGB. § 2). 13. Nicht ganz so einfach gestaltet sich die Sache (n. 1 und 2), wenn eS sich von der Anwendung solcher in Kraft verbliebener besonderer Strafgesetze handelt, welche in den verschiedenen Landestheilen bereits vor Verkündung des Pr. StGB.'S ergangen waren, da die in diesen vorkommenden Strasarten meistentheils auf einem andern Systeme beruhten und selbst bei gleicher Benennung vielfach doch eine ganz andere Bedeutung hatten, als die im Pr. StGB, vorkommenden. Für diese bieten dann die verschiedenen aus das Pr. StGB, bezüglichen Cinstthrungs-

682

Pr. Eins.-Ges. — Abschn. I. Allgem. Bestimmungen. — Art. I—VII.

Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen. Art. I.*) - — - — — — — Art. II. Mit diesem Zeitpunkte (Art. I.) werden außer Wirksamkeit gesetzt: alle Strafbestimmungen, die Materien be­ treffen, auf welche das gegenwärtige Strafgesetzbuch sich be­ zieht; namentlich der zwanzigste Titel des zweiten Theils des Allgemeinen LandrechtS, das Rheinische Strafgetzsebuch, die ge­ meinen Deutschen Kriminalgesetze und das in dem Fürstenthume Hohenzollern-Sigmaringen rezipirte Großherzoglich Badische Strafgesetzbuch, nebst allen dieselben ergänzenden abändernden und erläuternden Bestimmungen. Dagegen bleiben in Kraft die besonderen Strafgesetze, insoweit sie Materien betreffen, in Hinsicht deren das gegen­ wärtige Strafgesetzbuch nichts bestimmt, namentlich die Gesetze über die Bestrafung der Post- Steuer- und Zoll-Kontravenienten, über den Mißbrauch des Vereins- und Versammlungs­ rechts, über die Bestrafung des Holzdiebstahls, über die Wider­ setzlichkeiten bei Forst- und Jagdvergehen und gegen Zollbeamte. Bgl. FE«. Art. VI §1; NEB. Art. VI.

Art. III. - VII. *)

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gesetze (EinsührungSverordnungen), namentlich die m diesen enthaltenen UebergangSbeftimmungen, das Hülfsmittel um die geeignete Umwandlung vorzunehmen. Mit Rücksicht auf diese ist zu untersuchen, welche Strafen ans jenen Gesetzen unter der Herrschaft des Pr. GB.'S zu verhängen gewesen fern würden, und bte so gefunde­ nen Strafen sind dann nach den oben n. 2—11 entwickelten Grundsätzen in die entsprechenden Strafarten de« B.-SlGB.'S zu verwandeln. 14. Demgemäß haben bic UebergangSvorschnften der gedachten EinsührungSgesetze (Verordnungen) für Preußen noch immer eine große Bedeutung. Außerdem versteht eS sich von selbst, daß die in jenen Gesetzen rc. enthaltenen besonderen Straf­ bestimmungen und alle „die Kompetenz und das Verfahren m Strafsachen" betref­ fenden Vorschriften ihre Kraft vollständig bewahrt haben.

Zu Art. I. *)

*) 1. Art. I. ist durch die Verkündung des B.-StGB.'s gegenstandlos geworden.

Zu Art.

II.

Zu Art.

III—VII.**)

I. Dieser Artikel hat nur noch insoweit eine Bedeutung behalten, als nach ihm zu beurtheilen ist, welche älteren besonderen Strafbestimmungen nach Derkündung des Pr. StGB.'S (1. Juli 1851) m Kraft verblieben waren.

**) 1. Auch die Artikel III.—VII. sind durch die Verkündung des B.-S GB.'S und des Gesetzes über die Einführung deffelben außer Kraft getretei. An die Stelle des Art. III. ist § 3 des B.-EG.'S, an die der Artt. 17. und V. sind die Bestimmungen des §2 des B.-StGB.'s getreten; Art. VI. betraf eine der Materien, welche Gegenstand des B.-StGB.'S sink, und Art. VII. sprach nur die Aushebung deö § 18 der Eml. z. ALR. aus, welche zetzt selbstverständlich ist.

Pr. Eins.-Ges. — Abschn. I. Allgrm. Bestimmungen. Art. VIIL

683

Art. VIII. Wenn in Materien, über welche das gegen­ wärtige Strafgesetzbuch keine Bestimmungen enthalt (Art. II.), die Gesetze eine Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an­ drohen, so ist die Handlung ein Verbrechen. Ist die Handlung mit einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen, jedoch nicht über fünf Jahre, oder mit einer Geldbuße von mehr als fünfzig Thalern bedroht, oder ist auf den Verlust von Aemtern oder auf den Verlust des Rechts zum Gewerbebetriebe für immer oder auf Zeit, oder auf Stellung unter Polizei-Aufsicht zu erkennen, so ist die Handlung ein Vergehen. Zu Art. VH!.

1. Der § 1 des Pr. StGB.'s enthielt (ähnlich wie § 1 des B.-StGB.'S) eine allgemein gefaßte Eintherlung der mit Strafe bedrohten Handlungen in Ver­ brechen, Vergehen und Uebertretungen nach dem Maße der angedrohten Strafen. Da hierbei aber nur die tm Pr. StGB, selbst enthaltenen Strafarten berücksichtigt waren, so konnten sie aus die älteren, andere Strafarten androhenden, besonderen Strafgesetze nicht ohne Weiteres zur,Anwendung gebracht werden; es bedurfte vielmehr in dieser Beziehung spezieller Bestimmungen, welche in den Ant. VIII—X des Eins. Ges.'S z. Pr. StGB, (und ähnlich m den späteren Emf.-Verordnungen für die neuen Provinzen) unter gleichzeitiger Umwandlung lener Strafarten in die des Preußischen StGB.'s ergingen. Dieses geschah mdesien insofern in eigen­ thümlicher Werse, als man nicht etwa mit der Strafumwandlung den Anfang machte und dann auf die umgewandelten (also dem Preuß. StGB, entsprechenden) Strafen die Emtheilung des § 1 des Preuß. StGB.'s zur Anwendung brachte, sondern umgekehrt zunächst im Art. VIII. die Emtheilung m Verbrechen rc. aus die besonderen Strafgesetze nach den in diesen angedrohten (älteren) Strafarten selbstständig vornahm, und sodann tm Art. IX. unter Zugrundelegung jener (5mthetlung die alten Strafarten m die des Pr. StGB.'s umwandelte. Diese VersahrungSwetse muß zu dem (oben s. 681 n. 13) angedeuteten Zwecke auch jetzt noch beibehalten werden. Es ist also bei allen vor Verkündung deS Pr. StGB'S er­ gangenen Strafgesetzen unter Zu-Grunde-Legung der m ihnen angedrohten Strafen zu fragen, ob die betr. Zuwiderhandlungen nach den Vorschriften und tm Smne des Art. VIII. als Verbrechen, als Vergehen oder als Uebertretung zu qualifiziren fern würden, demnächst ist m Gemäßheit des Art. IX. die Strafumwandlung in die Strafarten des Pr. StGB.'s, und schließlich die der letzteren in die des B.-StGD 's nach den oben (s. 680 n. 2—11) entwickelten Grundsätzen vorzunehmen. Nach der so gefundenen, jetzt zu verhängenden Strafe und nach dem Grundsatz des § 1 des B.-StGB.'S richtet sich dann für uns die Charaktertsirung der That als „Derbrechen, Vergehen oder Uebertretung," so daß die vorher nach An. VIII. deS Pr. EG.'S vorgenommene Prüfung derselben Frage nur eine Bedeutung für die nach Art. IX. ibid. vorzunehmende Umwandlung hat. 2. Zm Smne des Art. VIII. war eine Handlung auch dann ein „Derbrechen," wenn sie mit einer fünf Jahre übersteigenden Gefängnißstrafe be­ droht war. 3. Droht das anzuwendende Gesetz den „Verlust von Aemtern" oder den „Verlust des Rechts zum Gewerbebetriebe für immer oder auf Zeit," oder „Stellung unter Polizeiaufsicht" an, so ist die That ein Vergehen (im Sinne des Art. VIII.) und Abf. IX Abs. 2 wird anwendbar; die dabei angedrohte Freiheitsstrafe war sonach als „Gefängnißstrafe" (und nicht als „polizeiliche Gesängnißstrafe") zu charakterisiren, so daß auch jetzt auf „Gefängniß" im Smne des § 16 und nicht auf „Hast" zu erkennen ist, sollte daö angedrohte Strafmaß auch sechs Wochen nicht erreichen. An diesen Grundsätzen ändert sich auch dann Nichts,

684 Pr. Einf.-Ges. — Abschn. I. Allgem. Bestimmungen. Art. VIII. IX.

Besteht die Strafe nur in einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, oder in Geldbuße bis zu fünfzig Thalern, oder ist die Strafe in den Gesetzen als eine willkührliche bezeichnet, so ist die Handlung eine Uebertretung. Es macht dabei keinen Un­ terschied, ob neben der eigentlichen Strafe noch auf die Kon­ fiskation einzelner Gegenstände zu erkennen ist oder nicht. Dgl. Art. IX. X XIII XIV; B.-StGB. § 1; Franks. Eiof.-Ddo. v. 12. Dez. 1866 Ar,. VI § 2; NEB. v. 25. Juni 1867 Art. VIII; «tot. v. 3. Jan. 1819 § 27; Pol.-Ges. 8. 11. Mär, 1850 § 17; N. StPO. § 11.13.14.448—450.

Art. IX. Auf Zuchthausstrafe (§§. 10.und 11. des ppr.] Strafgesetzbuchs) soll nur bei Verbrechen (Art. VIII. und nicht unter zwei Jahren, überall aber nur dann erkannt werden, wenn in den bisherigen besonderen Gesetzen, Zuchthaus-, Arbeitö- oder Festungsstrafe ausschließlich angedroht ist. wenn angenommen wird, daß künftig auf den Verlust des Rechts zum Gewerbe­ betriebe nicht mehr erkannt werden dürfe; vgl. EG. § 6 n. 3. Dabei ist zu be­ merken, daß ein VI. 28. Apr. 71 (RdO. XII, ) jene Strafe bei Steuer- und Preßvergehen nicht für beseitigt erachtet hat; vgl. B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 § 143. 4. Der Begriff der „Uebertretung," wie er im Abs. 3 aufgestellt worden, ist mit Rücksicht auf das im Abf. 2 Gesagte dahin zu beschranken, daß die That ein Vergehen ist, wenn neben der daS Maß des Abf 3 nicht Übersteigenden Frei­ heit-- oder Geldstrafe eme der im Abf. 2 erwähnten Nebenstrafen angedroht ist. 5. Dagegen bleibt die That auch dann eine „Uebertretung," wenn Gefängnißstrafe bis zu sechs Wochen und daneben eine fünfzig Thaler nicht übersteigende Geldstrafe angedroht ist: DU. 4. Ott. 66 (RdO. VIII, 506). 6. Richtet sich die Höhe der zu verhängenden Geldstrafe nach dem Werthe des jedesmaligen Objetts des Emzelfalls (wie bei vielen Abgaben-Hinterziehun­ gen rc.) so ist für die Qualifizirung der That als Vergehen oder Uebertretung die im konkreten Falle verwirkte Strafe entscheidend; vgl. das Nähere zu § 1 n. II. 14. 7. Der „willkührlichen" Strafe steht die „nachdrückliche," „verhältnißmäßige," „angemessene" Strafe gleich: KLII. s. 13; vgl. aber JMDerf. v. 7. Febr. 1815 (v. K. Jahrbb. 5. s. 32). Dasselbe muß jetzt von den dem Betrage nach nicht näher bestimmten s. g. „fiskalischen" Strafen gelten; vgl. Antr. d. GStA. zu Beschl. II. 13. Juni 67 (RdO. VIII, 363); contra: ctt. Be­ schluß, welcher arg. § 35 I, 34 AGO. annahm: jene Strafandrohung umfasse Ge­ fängniß bis zu sechs Monaten, die That fei also ein Vergehen; vgl. Art. XX. n. 3. In allen solchen Fällen war nach § 333 des Pr. StGB.'S die statthafte Strafe „polizeiliche Gefängnißstrafe," (bis zu sechs Wochen), oder Geldstrafe bis zu fünfzig Thalern. 8. Ueberläßt das in Kraft verbliebene Spezialgesetz die Strafe nach Art und Maß dem richterlichen Ermessen, so ist im Geltungsbereiche des ALR.'S daS Maß des § 35 II, 20 1. c. (polizeiliches Gefängniß biS zu 6 Wochen oder Geldstrafe bis zu 50 Thlrn.) innezuhalten; im Geltungsbereiche des gemeinen Rechts ist die Praxis entscheidend. Für den Bezirk deS AGH. Köln bestimmt daS Reff.-Regl. v. 20. Juli 1818 § 33 das Strafmaß auf Geldbuße von 1 bis 5 Thlr.

Zu Art. IX.

1. Aus der Verbindung der Art. VIII. und IX. ergiebt sich, daß die Bestim­ mungen des betr. besonderen Strafgesetzes rücksichtlich der Dauer der angedrohten Freiheitsstrafe unbedingt maßgebend bleiben und daß nur in Betreff der zu ver­ hängenden Strafgattung eine Umwandlung in die tm StGB, anerkannte nach Anleitung der Art. IX. und X. erfolgen sollte; vgl. KBI. zu Art. IX.

Pr.

Eins.-Ges. — Abschn.

I.

Allgem. Bestimmungen.

Art. IX.

685

In allen anderen Fällen, so wie bei Vergehen, tritt Ge­ fängnißstrafe oder Einschließung ein, auch wenn in den Gesetzen eine andere Art von Freiheitsstrafe angeordnet ist. Auch kann neben der Gefängnißstrafe auf zeitige Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden, wenn die ange­ ordnete Freiheitsstrafe in Zuchthaus-, ArbeitS- oder Festungs­ strafe besteht. Dgl. Au. X. XIII. XIV; FED. Art. VI Nr. 3; NEB. Art. IX. 2. Demgemäß tritt Zuchthausstrafe nur da ein, wo die in den besonde­ ren Gesetzen angedrohte Zuchthaus-, ArbeitS- oder FestungSstrafe im höchsten Maße fünf Jahre übersteigt (Art. VIII. n. 2): LI. 22. Sept. 54 c. Rose (GA. II, 820). Der FestungSstrafe stehen Festung-arbeit und FestttngSgesangenschast, nicht aber FeststungSarrest gleich. 3. Da es sich für uns (nach dem oben f. 681 n. 13 Gesagten) bei Anwendung der Artt. VIII. und IX. nur davon handelt, zu ermitteln, welche Strafe unter der Herrschaft des Pr. StGB.'S aus einem in Kraft verbliebenen besonderen Gesetze zu verhängen gewesen wäre, so kommt der Umstand, daß daS B.-StGB. (§ 14) die Dauer der Zuchthausstrafe tm Mindestbetraqe auf ein Jahr ermäßigt hat, hier nicht in Betracht; für die Anwendung des Abs. 1 bleibt es sonach bet dem Mtndestbetrage von zwei Jahren. 4. Aus Abs. 1 ist nicht zu folgern, daß in den dort vorgesehenen Fällen eine (mindestens zweijährige) Zuchthausstrafe stets das geringste zulässige Strafmaß fern sollte; vielmehr ist an dem unter n. 1 aufgestellten Grundsätze festzuhalten. Läßt daher das betr. Gesetz auch ein geringeres Maß der Zuchthaus- :c. Strafe als zwei Jahre zu, so war eS dem Richter unbenommen, dteleS Maß zur Anwendung zu bringen; nur mußte er dann statt des Zuchthauses, Gefängniß oder Einschließung wählen: ZI. 8. Jum 53 c. Rnttkowöki; ZI. 24. Jan. 55 c. Knopick (AA. III, 257). Erreichte oder Überstieg dagegen die Dauer der zu verhängenden Freiheits­ strafe zwei Jahre, so konnte dieselbe nur m Zuchthaus bestehen; contra: LI. 4. Oll. 65, DI. 9. Sept. 68, ZU. 29 Okt. 68 (RdO. VI, 349; IX, 474. 599). welche an­ nahmen, daß der Richter auch insoweit, als das Gesetz eine Abmessung der angedrohten Strafe zwischen den Sätzen von 2 und 5 Jahren gestatte, bet der inner­ halb dieser Grenzen bleibenden Strafverhängung zwischen Zuchthaus- und GesLngNißstrase die Wahl habe. Daraus würde indessen folgen, daß dasselbe auch bet der Wahl zwischen Zuchthaus und Einschließung habe gelten müsien, daß also der Rich­ ter überall, wo das besondere Gesetz eine unter dem Maße von 20 Jahren blei­ bende Dauer der Strafe zuließ, die Wahl gehabt habe, ob er dieses Maß als Ein­ schließung oder als Zuchthaus verhängen wollte. — Da dieses nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen haben kann, fo muß angenommen werden, daß der strafabmessende Richter, sobald er über das im Abs. 1 erwähnte Strafmaß hinausgeben wolle, nur Zuchthausstrafe wählen könne, und daß Gefängniß oder Einschließung nur in den „andern Fällen" (Abs. 2) statthast sei. 5. Insofern das besondere Gesetz die Zuchthaus- :c. Strafe nicht ausschließ­ lich androhte, waren Gefängniß oder Einschließung die einzigen zulässigen Strafen. Gleichwohl blieb die That ein Verbrechen, sobald daS Maß jener Strafe 5 Jahre Übersteigen konnte (Art. VIII n. 2). 6. Auch dann, wenn auf Gefängniß (Einschließnug) zu erkennen war, blieb der unter n. 1 ausgesprochene Grundsatz maßgebend; es war daher die im betr. Gesetz angedrohte Zuchthaus- :c. Strafe nicht tm Wege der Reduktion nach Wei­ tung des § 16 des Pr. StGB.'S in Gefängniß rc. zu verwandeln, sondern in der durch daS Gesetz selbst bestimmten Dauer als Gefängniß rc. zu bemessen: DI. 7. Jan. 53 c. Fendler (Entsch. 24 s. 453). 7. Die Verhängung der zeitigen Untersagung der bürgerlichen Ehren­ rechte neben der an die Stelle der angeordneten Zuchthaus-, Arbeite- oder FestungSstrafe tretenden Gesängnißstrase war fakultativ; daS Ermessen dabei war

686

Pr. Einf.-Ges. — Abschn. I. Allgem. Bestimmungen. Art. X—XII § 1.

Art. X. In keinem dieser Fälle (Art. VIII. und Art. IX.) kann, wenn die Handlung nach dem 1. Juli 1851 begangen worden ist, auf andere Strafen, als sie in dem gegenwärtigen Strafgesetzbuche angedroht sind, erkannt werden. Insofern je­ doch in besonderen Gesetzen anstatt der Gefängnißstrafe oder der Geldbuße, Forst- oder Gemeinde-Arbeit angeordnet ist, behält es hierbei sein Bewenden. Dgl. EG. z. B..StGB. § 6; FEB. Art. VI § 4; NEB. Art. X.

Art. XL - — Art. XII. Im Bezirke des Rheinischen AppellationSgerichtshofes kommen folgende Bestimmungen zur Anwendung: § 1. Die Verjährung der Civilklagen aus strafbaren frei, und nicht durch die Feststellung eines Mangels an ehrlieLender oder patrioti­ scher Gesinnung bedingt; vgl. KBII. s. 14. 8. Stellte sich die in dem besonderen Strafgesetze vorgesehene That nach Abs. 3 de« Art. VIII. als „Ueber tretung" dar, so folgte aus § 333 des Pr. StGB.'S, daß die Freiheitsstrafe nur „polizeiliches Gefängniß" sein konnte, an besten Stelle jetzt Hast von gleicher Dauer tritt. 9. Abgesehen von den in den Artt. VIII. und IX. enthaltenen (auf den Ver­ lust von Aemtern, aus den Verlust des Rechts zum Gewerbebetrieb, auf die Poli­ zeiaufsicht und auf die Untersagung der Ausübung der Ehrenrechte bezüglichen) bei­ läufigen Andeutungen, enthielt das Pr. EG. in Betreff der Nebenstrafen der älteren Gesetze und ihre etwaige Umwandlung in die Nebenftrasen des Pr. StGB.'S gar keine Vorschriften. AuS jenen Andeutungen ist mdeflen zu entnehmen, daß man jie für nicht beseitigt erachtete, insoweit daS Pr. StGB, diese Strafart (wenn auch in einer theilweise modifiznten Gestaltung) enthielt; sie war dann in dieser letzteren Form zu verhängen, da Art. X. deö Pr. EG.'S (für die nach dem 1. Juli 1851 begangenen Handlungen abgesehen von der Forst- oder Gemeindearbeit) nur solche Strafarten zuließ, welche auch das StGB, androhte. 10. Dagegen waren solche Strafvorschrislen, für welche daS Pr. StGB, keine entsprechende Snasart darbot, (in ausgehoben zu erachten. Das galt auch von den die „Aberkennung der Nationalkokarde" betreffenden Bestimmungen, da daS Pr. StGB, diese nicht als selbstständige Strafe sondern nur noch als Folge des Verlust« der bürgerlichen Ehre oder der Untersagung der Ausübung der Ehren­ rechte kannte; vgl. ÜBII. (. 14 und B.-StGB. § 34 Nr. 1.

Zu Art. X. 1. Dieser Art. X. hat für und nur noch insofern eine Bedeutung, als er angiebt, daß es auch unter der Herrschaft des Pr. StGB.'S bei den m besonderen Gesetzen anstatt der Gefängniß- oder Geldstrafe angeordneten Forst- oder Gemeinde-Arbeiten sein Bewenden behalten solle (D.-EG. § G Abs. 2). Der erste Satz des Art. X. ist tm B.-EG. § 6 wiederholt und dahin ausgedehnt worden, daß künftig auch wegen aller vor Einführung des D.-StGB 's verübten Strafthaten nur auf die Strafarten des letzteren erkannt werden darf, so daß auch in diesem Falle eine Umwandlung der früher angedrohten Strafen nach den oben (s. 680 n. 2—11) entwickelten Grundsätzen erfolgen muß.

Zu Art. XI. 1. Dieser Artikel war schon durch daS Bundeögef. v. 14. Nov. 1867 (BGBl, f. 159) § 1 aufgehoben.

Zu Art. XII § 1. 1. Die Civil-Klage unterliegt auch dann, wenn sie vor dem Civil, und

Pr. Einf.-Ges. — Abschu. I. Allgem. Bestimmungen. Art. XII § 1.2.

687

Handlungen tritt in den nämlichen Zeiträumen ein, welche für die Verjährung der öffentlichen Klagen aus solchen Hand­ lungen in dem gegenwärtigen Strafgesetzbuche bestimmt sind. [ *.«•«

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Pr. Einf.-Ges. — Abschn. II. Kompetenz und Verfahren. Art. XXI

707

Art. XXL Konnexe strafbare Handlungen können zur gleich­ zeitigen Untersuchung und Entscheidung vor das Gericht gebracht werden, welches kompetent ist, die schwerste der für jene Hand­ lungen angedrohten Strafen auszusprechen. betr. Kompetenzvorschrift gilt ebensowohl für den Kesselwärter wie für den Besitzer: ZI. 20. Oft. 69 (RdO. X, 646). 9. Du Schlußbesttmmung des Art.'S ist, soweit sie sich auf den „Verlust des Rechts -um Gewerbebetriebe" bezog, gegenstandlos geworden, weil diese Strafe jetzt in Wegfall gerathen ist; vgl. EG. § 6 n. 3; contra: VI. 28. April 71. 10. Mit der polizeinchterltchen Zuständigkeit werden in Ermangelung besonderer Dorschrlsten auch hter alle das poUzeinchterliche Verfahren regelnden Bestim­ mungen anwendbar, vgl. Art. XIII, n. 21; Art. XIV, n. 6. Dagegen sind beson­ dere das Verfahren betreffende Vorschriften in Kraft verblieben. Daher ist im Bezirke des AGH S zu Köln m den unter n. 6 erwähnten Fällen, insoweit dieselben nach Art. VIII den Charakter eines Vergehens haben, die Statthaftigkeit der Rechts­ mittel nach den für Vergehen geltenden Grundsätzen zu beurtheilen, und somit (arg. Bdn. v. 7. Juni 1821 § 4. 8. 11) Berufung auch von freisprechenden Urtheilen zulässig: 311. 16. März 65 (RdO. V, 5); vgl. Art. XIV n. 6; Gen.-Register z. RA. a. v. Forftrevel n. 16; s. v. Jagd n. 23. 11. Abgesehen von der Zuständigkeit und dem Verfahren behalten die in die­ sem Art. erwähnten „Vergehen" diesen ihren Charakter; die „Verjährung" ihrer Verfolgung richtet sich daher nach § 67 Abl. 2 (nicht nach Abf. 3): LI. 1. Juni 53 c. Zeth (Emfch. 25. f. 359); ZI. 29. Jan. 62 (RdO. II, 231).

Zu Art. XXI.

1. Ueber den Begriff der Konnexität vgl. Art. XXII; N. StPO. §50. 2 Treffen die Voraussetzungen des Art. XXI bei mehreren Gerichten zu, so ist jedes derselben für alle konnexen Fälle zuständig; vgl. Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 3. Strafbare Handlungen, welche mit einem der ausschließlichen Zuständigkeit deS Kammergerichts (als Staatsgerichtshof) überwiesenen Verbrechen (vgl. f. 191 n. 2) konnex sind, können mtt diesem zur gleichzeitigen Untersuchung und Entschei­ dung vor jenes gebracht werden: Ges. v. 25. Apr. 1853 § 2 — Dagegen können Strafsachen, für welche in letzter Instanz das BundeS-OberhandelSgencht, und solche für welche m letzter Instanz der oberste LandeSgerichiShof zuständig ist, nicht in Emern Strafverfahren verbunden werden.- B.-Nachdr.-Gej. v. 11. Junr 1870 §32; rn diesem Falle erlerdet also Art. XXI eme Ausnahme. 3. Die Fasiung des Abf. 1 ist fakultativ; die Verbindung konnexer Unter­ suchungen unterliegt dem Ermesien. Deshalb macht die Konnexität einer Sache mit tutet ber einem andern Gerichte zu verfolgenden das an sich für jene beru­ fene Gericht me unzuständig: V. KH. 9. Sept. 51 c. Hermanns (RA. 46. 2^.. f. 75); vgl. Strafverf. Art. 3 n. 5. 4. Gesetzlich steht Nichts tm Wege, eine Uebertretung z. D. einen einfachen Holzdieb stahl Mit einem konnexen schwereren Straffalle vor das für diesen zu­ ständige Gericht zu bringen: Befchl. I. 26. Jan. 62 (RdO. II, 235); in der Regel wird sich indessen diese Bersahrungswetse mcht empfehlen, vgl. §§ 77. 78. 5. Die im § für statthaft erklärte Verbindung tritt von selbst ein, wenn der StA. bei demselben Gerichte zusammen wegen konnexer Fälle Strafklage erhebt, oder tm Laufe eines wegen des einen Falles angehobenen Verfahrens die Ausdeh­ nung desselben auf einen konnexen Fall beantragt; vgl. N. StPO. § 53. 6. Smd bei demselben Gerichte wegen konnexer Straffälle getrennte Verfahren eingeleitet worden, so kann die Verbindung durch einen (dem Angeklagten bekannt zu machenden, motivirten) Beschluß ausgesprochen werden, Eund zwar nicht blos auf den Antrag der Staatsanwaltschaft, sondern auch von AmtSwegen durch da­ mit beiden Sachen befaßte (beschließende oder erkennende) Gericht» und selbst gegen den Widerspruch der erstem: Befchl. I. 28. März 58 c Ohm (GA. IV, 384); vgl. Rh. StPO. Art. 307; Oppenh. Pr. Strafverf. Art. 3 n. 6—8; N. StPO. § 54. 7. Auch wenn in erster Instanz getrennte Verhandlungen stattgefunden haben,

708 Pr. Eluf.-Ges. — Abschu. II. Kompetenz und Verfahren. Art. XXI.

Vergehen, welche zur Kompetenz der Schwurgericht-Höfe gehören, können jedoch nicht auf Grund der Konnexität vor ein andere- Gericht als den Schwurgericht-Hof gelangen. Vgl. 3trt. XIII. XIV. XXII. XXIII; Ges. e. 3 Mai 1852 Art. 3; Ges. v 22. Mai 1852 Art. I g 3; Ges. v. 25. April 1853 § 2 (GS. s. 162); Ges. v. 2. Mai 1853 (GS. s. 169); Rh. StPO. Art. 226. 227. 307. 308; R. StPO, g 50—58; B.-Nachdr.-Ges. v. 11. Juni 1870 g 32 (BGbl. f. 339). kann bat Gericht zweiter Instanz eine Verbindung beschließen; vgl. Oppenh. Pr. Strafverf. Art 3 n. 13. 8. Werden konvexe StraffLlle vor verschiedenen Gerichten verfolgt, so bietet Art. 4 des Ges. v. 3. Mai 1852 (N. StPO. § 55) das Mittel dar, ihre Verwei­ sung vor eins dieser Gerichte herbeizuführen; vgl. Strafverf. Art. 3 n. 3. 4. 6. Liegen die betr. Gerichte theils im Bezirke des Rh. AGH.S, theils im Geltungs­ bereiche der Vdn. v. 3. Jan. 1849, so rst nach Anleitung des Gef. v. 2. Mai 1853 zn verfahren, vgl. für die neuen Provinzen N. StPO. § 53—56. Liegen die Ge­ richte theils in den neuen theils m den älteren Landestheilen, so kann die Verwei­ sung aller an eine- jener Gerichte durch ein Zusammenwirken de- Ober-Tribunalmit dem Ober -App -Gerichte herbeigeführt werden: Beschl. 14. 19. Sepr. 67, id. 24. Sept. 69, id 22. Apr. 70 (RdO. VH!. 532; X, 598; XI, 257). 9. Verbundene konnexe Straffälle können demnächst durch Gerichtsbeschluß (Urtheil) nach freiem richterlichen Ermessen wieder getrennt werden: ZI. 27. Febr. 56 c. Bergan; ZU. 21. Dezbr. 64 c. Pantel; vgl. Strafverf. Art. 3 n. 14; Rh. StPO. An. 308; N. StPO. § 57. 10. Die Konnexität ist für den Gerichtsstand nur insoweit bestimmend, als sie zu einer verbundenen Untersuchung und Entscheidung führt. Werden daher nach der Aburtheilung über einen Straffall oder über einen der Theilnehmer kounexe Fälle oder andere Theilnehmer verfolgt, so richtet stch in Betreff dieser die Zuständigkeit nach den allgemeinen Grundsätzen; insbesondere ist es unstatthaft, die­ selben wegen der Konnexität mit der früher erledigten Sache vor demjenigen Ge­ richte zu verfolgen, welches in jener erkannt hat, insofern dieses nicht auch au stch für sie zuständig ,st: Beschl. I. 17. März 65 (RdO. VI, 14); vgl. Mangin Tr. de la compdt. n. 219. 11. Hat wegen obwaltender Konnexität eine verbundene Verhandlung statt­ gefunden, und sind alle Sachen zur Endentscheidung reif, so kann der Um­ stand, daß jetzt in Betreff derjenigen That oder derjenigen Person, welche bi- da­ hin für die Zuständigkeit des befaßten Gerichts allein den Anhaltspunkt gegeben hat, auf Freisprechung zu erkennen ist, nicht entgegenstehen, gleichzeitig in Betreff der übrigen die reife Entscheidung zu fällen. — Scheidet dagegen die bisher für die Zuüändtgkeit de- befaßten Gerichts allein bestimmend gewesene Handlung (Person) vor der Spruchreife m irgend einer Weise (durch Einstellung des Verfahren-, Tod rc.) aus der Untersuchung aus, so fällt damit für die übrigen Personen und Handlungen die Zuständigkeit jene- Gerichts weg und es muß Abgabe an das an­ derweitig zuständige Gericht, nöthigenfalls also Unzuständigerklärung erfolgen, eS sei denn, daß die Sache inzwischen in eine Lage gekommen sei, in welcher aus andern Gründen (z. B. mit Rücksicht ans da- Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 5. 6) eine solche Maßnahme anSgeschloffen ist. Da iudeffen biS zu diesem Augenblicke jene- Gericht in durchaus gesetzlicher und zuständiger Weise mit der Sache befaßt war, so verliert dasjenige, was bei diesem bisher geschehen war, nicht seine Wirksamkeit, vielmehr geht die Sache in der Lage, in welcher sie sich zur Zeit befindet, ohne Weitere- auf da- andere Gericht über: Beschl. I. 5. Oktbr. 66 (RdO. VII, 511); vgl. Beschl. I. 17. Juni 63 (RdO. III, 507), und für da- Rheinische Verfahren: Mangin 1. c. n. 218; Merlin Rdp. v. Faux sect. I § 2; und die Urtheile de- Pariser KH.S vom 26. nov. 1811, 29. mai 1813, 19. fdvr. 1829 (SN. IV. 1. 232; ßir. 13. 1. 327; 29. 1. 236). 12. Wird eine Sache in Folge ihrer Konnexität mit einer anderen vor ein höhere- Gericht gebracht, so werden alle für diese- geltenden prozessua­ lischen Vorschriften anwendbar; eS tritt daher nach Rheinischem Verfahren die

Pr. Einf.-Gts. — Abschn. N.

Kompeten, n. Bersahrm.

Art. XXII. XXIII.

709

Art. XXII. Konnexität ist insbesondere vorhanden: 1) wenn die nämliche Person verschiedener strafbarer Handlungen beschuldigt wird, 2) wenn verschiedene Personen als Urheber, Theilnehmer oder Begünstiger einer strafbaren Handlung oder als Hehler beschuldigt werden. Bgl. Art. XIII.XIV.XXI. XXIII; Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 3; Ges. v. 22. Mai 1852 Art.I 8 3; N. StPO. § 50. 56.

Art. XXIII. Ist gegen einen Beschuldigten wegen mehrerer strafbarer Handlungen eine Voruntersuchung eingeleitet, und ist mit Rücksicht auf diejenigen derselben, welche mit schwererer Strafe bedroht sind, zu erwarten, daß die Feststellung der leich­ teren Straffälle für die Entscheidung nicht von wesentlicher Beunbedingte Berufbarkeit ein, wenn eine Polizeisache, weil mit einem Vergehen sonnt*, vor bä® ZPG. gebracht ist; Art 192 der Rh. StPO, bleibt dann ausgeschloffen, weil da® ZPG. als erstes, und nicht al® evozirende® App.-Gericht erkennt: LPl. 13. März 65 (RdO. V, 552); contra: ZU. 19. Juli 55 c. SchSldgen; ZU. 8. Oft. 57 c. Mapland; Gilb. 0. d'inst. art. 129 n. 4. 13. Der zweite Absatz de® Art.XXI hat mit der Aufhebung de® Art. XIX (Ges. v. 6.MLrz1854) seinen Gegenstand verloren; vgl. s. 705.

Zu Art. XXII. 1. Da® absichtlich gewählte Wort „insbesondere" (vgl. KBII. s. 23) deutet klar an, daß die angeführten Beispiele der Konnexität nicht bte einzig denkbaren sind. CS darf daher eine solche auch da angenommen werden, wo zwer von ver­ schiedenen Personen begangene strafbare Handlungen unter sich in einem innern Zusammenhange.stehen, welcher nach richterlichem Ermeffen ihre gleichzeitige DerHandlung al® zweckmäßig erscheinen läßt: ZI. 5. gebt. 68 (RdO. IX, 108); ein ZI. 12. Mar 69 (RdO. X, 324) erachtete ganz allgemein jede Zweckmäßigkeit zur Ermittlung der Wahrheit für genügend. 2. Hat bei den Instanzgerichten eine Verbindung wegen Konnexität stattge­ funden, so können die dadurch herbeigeführten Beschränkungen de® Ablehnungsrechts bei der Bildung de® Schwurgericht® und die durch die Verbindung mit anderen Angeklagten veranlaßte Ausschließung einzelner (mit jenen verwandter re.) Zeugen eine Beschwerde an da® OT. nicht begründen: ZI. 5. gebt. 68, ZI. 12 Mai 69 (eit. n. 1); vgl. Oppenh. Pr. Strasvers. Art. 3 n. 2; § 92 n. 5.

Zu Art. XXIII. 1. Der Artikel ist nicht auf solche gälle zu beschränken, in welchen die Straf­ androhungen verschieden sind; er findet vielmehr auch da Anwendung, wo die Strafandrohung für beide gleich ist. 2. Die Anwendbarkeit de® Art. ist nicht dadurch bedingt, daß die Doruutersuchung wegen beider gälle in einem Verfahren zusammengefaßt sei; fielst anzunehmen selbst wenn beide Untersuchungen bei verschiedenen Gerichten anhängig sind; contra: Löwe s. 139. 3. So lange eine Voruntersuchung noch nicht eingeleitet ist (z. B. wenn die Sache sich erst un Stadium de® Ermittlungsverfahren® befindet), hat der Staats­ anwalt selbstständig zu ermeffen, ob er Strasklage erheben, oder mit Rücksicht ans Art. XXIII die Sache auf sich beruhen lassen will: Deschl. 1. 13. gebt. 57 c. Abrahamson (mb.). Ist dagegen wegen der verschiedenen gälle die Strasklage erhoben worden, so kann da® Ruhenbleiben eine® derselben nur durch Beschluß de® mit der Voruntersuchung befaßten Gericht® angeordnet werden. Diese® hat dabei nach freiem Ermessen zu entscheiden; e® kann daher trotz eine® auf jene Maßnahme ge­ richteten Antrags de® StA.'®, die Fortsetzung de® Verfahren® beschließen; ebenso

710 Pr. Eins.-Ges. — Abschn. II. Kompetenz u. Verfahren. Art. XXIII. XXIV>

deutung sein werde, so kann die Untersuchung wegen der letz­ teren einstweilen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die schwereren Straffälle ruhen bleiben. Die Wiederaufnahme der Untersuchung wird dem Ermessen der Staatsanwaltschaft überlassen. Vgl. art. XXL XXII; StGB. §74—79; Crim.'O. §416; Rh. StPO. Alt. 306. 308.406; N. StPO. §58.

Art. XXIV. Wenn das Gesetz die Erhöhung oder Ermä­ ßigung der Strafe von dem Vorhandensein erschwerender oder aber auch (nach vorheriger Vernehmung des StA.'s und trotz seines entgegenstehen­ den Antrags) das Ruhenbleiben verordnen. 4. Die betr. Befugmß steht dem befaßten Gerichte nur während des Laufs der Voruntersuchung zu; sie samt also nur von der Rathökammer und dem Auklagesenate, nicht im Hauptversahren vom erkennenden Gerichte, ausgeübt wer­ den: Löwe |. 227. Eben deshalb bleibt Art XXIII ausgeschlossen, wenn eine BorUntersuchung nicht stattgefunden hat, z. B. im polizeinchterltchen Verfahren. 5. Dagegen wird nicht vorausgesetzt, daß wegen der verschiedenen Straffälle nur eine einzige verbundene Voruntersuchung anhängig gemacht sei; vielmehr kann daS Ruhenbleiben einer Sache durch das mit der Voruntersuchung derselben befaßte Gericht auch dann angeordnet werden, trenn die Voruntersuchung der anderen be­ reits geschloffen, oder wenn sogar über dieselbe schon aberkannt ist, so lange nur die ergangene Entscheidung nicht die Rechtskraft erlangt hat; contra: Leschl. I. 6. Jan. 58 c. BlanowSki; vgl. n. 8 DaS gilt selbst von dem Falle, wo die Sachen bei verschiedenen Gerichten verfolgt werden. 6. Da die ganze Maßnahme lediglich in daS Ermessen des Gerichts gestellt ist, so ist der Beschuldigte nicht für befugt zu erachten, durch Stellung eine- auf dieselbe abzielenden Antrag-, das Gericht zu einer motivirten Entscheidung zu nöthi­ gen; ebenso kann er einen die Maßnahme ablehnenden Beschluß nicht durch Be­ schwerde rc. anfechten: ZI. 15. Mai 57 c. Simmel. 7. Die Wiederaufnahme des eingestellten Verfahrens unterliegt auch dann dem Ermessen der Staatsanwaltschaft, wenn wegen der früher allein verfolgten Straffälle auf Freisprechung erkannt ist. 8. Wird ein eingestelltes Verfahren demnächst vom StA. wieder aufgenom­ men, so kann da- Gericht — wenn nicht abermals mehrere konkurrirende Straf­ fälle vorliegen und sonach Abs. 1 wiederum Platz greift — nicht beschließen, daß daVerfahren auch jetzt noch einstweilen auf sich beruhen solle; vielmehr muß eS dann zur Sache selbst entscheiden, vorbehaltlich der Befugmß, dabei in geeigneter Weise auf die früher verhängte Strafe zu rücksichtigen; vgl. § 79 n. 12 ff. 9. Da die einstweilige Einstellung des Verfahrens durchaus fakultativ, und die Wiederaufnahme der Untersuchung in da- Ermessen der StA..schaft gestellt ist, so liegt kein Grund vor, den Lauf der Verjährung für die Zwischenzeit für ge­ hemmt zu erachten; vgl. KBII. s. 23. 24 10. Der Art. läßt den Fall der Verfolgung durch eine Civil-Partei (nach Rhein. Rechte) unberücksichtigt. Hat eine solche mehrere konnexe Straffälle zum Ge­ genstände, so hat das mit der Voruntersuchung befaßte Gericht dieselbe Befugmß, wie lm Falle der Verfolgung durch den StA. Macht daffelbe von dieser Besugniß Gebrauch, so bleibt die Wiederaufnahme dem Ermessen des StA s überlassen. In dem durch die N. StPO, geregelten Verfahren dürfte § 58 im Falle einer Pri­ vatklage unanwendbar fern. Zu Art. XXIV. Abstimmung. 17. Abtheilung. 18. Anklage. Erschöpfung. 5. Antrag. 5—7.21.

3 » h a l t. ©es. v. 3. Mai 1852 Art. 84. 86. — 3 4. Hauptfrage, Theilung? 9. 11. Jtcntumni, reale. 12. 22.

Nebenfrage. 10. 11. 14. Nothwehr. 21. Pol.-Richter 18. Rhem. Verfahren. 3.

Pr. Eins..Ges

— Abschn. II.

Kompetenz u. Verfahren.

Sri. XXIV.

7H

mildernder Umstände abhängig macht, so muß in Sachen, welche zur Kompetenz der Schwurgerichtshöfe gehören, auf den Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeschuldigten eine darauf bezügliche Frage den Geschworenen bei Strafe der Nichtigkeit vorgelegt werden. Eine solche Frage kann den Geschworenen auch von Amtswegen vorgelegt werden. Dgl. Ges. v 3. Mai 1852 Art. 75. 80. 84. 85; StPO. § 321.322.

Rh. StPO. Art. 338-340:

N.

Umstände. 4 10 12—14. Richter. Befassung. 1 2 Vorsitzender 8. . mlld 14. 16. 18. Selbstständigkt. d. Handlung. 21. Zucht-Pol.-Gericht 18 Untersuchung-haft Anrechng. 20. Strafausschließungsgrund. 22. Zurechnung-fähigkeit. 11.18.21. Derh. |U Art. XXV. 4. Strafzumessung-grund. 19 ,

1. Sowohl das Rheinische [al9 das durch die Vdu. v. 3. Jan. 1849 rc. ge­ regelte Strafprozeßrecht beruht wesentlich auf dem Grundsätze, daß der Straf­ richter durch bte erhobene Anklage (Beschuldigung) sofort mit der ganzen That, einschließlich aller dieselbe begleitenden, für ihre Strafbarkeit erheblichen Umstände befaßt werde, ohne Rücksicht auf die ihr durch die Anklage gewordene rechtliche Oualifizirung. Der Richter darf sich also nicht darauf beschränken, die That von dem Gesichtspunkte aus zu beurtheilen, aus welchem sie die Anklage oder das Anklage-Unheil (Beschluß) aufgefaßt haben. Er soll vielmehr dieselbe in erschöpfender Welse nach allen denkbaren Seiten einer möglichen Strafbarkeit erörtern, dabei ins­ besondere alle für die letztere erheblichen begleitenden Umstände berücksichtigen und nach dem Ergebntsie dieser, den ganzen Sachverhalt umfasienden Prüfung da« zu­ treffende Gesetz anwenden; vgl. Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 30; sN. StPO. §4 322. 323]; und für das Rheinische Verfahren: VH. 20. Nov. 62 (RdO. III, 140); Zll. 22. Jan. 63 c Jakobs. Mit Rücksicht auf diese Ausgabe des RlchteramtS wird durch das ergehende rechtskräftige Erkenntniß die ganze That erledigt; eS ist un­ statthaft, dieselbe demnächst von emem andern (in der Anklage oder im Urtheile nicht ausdrücklich erwähnten) rechtlichen Gesichtspunkte aus zum Gegenstände einer neuen Strafklage zu machen, insoweit nicht m dieser Beziehung ein vom Gesetz ge­ statteter ausdrücklicher Vorbehalt gemacht worden ist: „Non bis in idem.11 Dgl. Rh. StPO. Art. 360 2. Dagegen ist der Strafrichter an die den Gegenstand der Anklage bildende konkrete That (und die sie begleitenden Umstande) gebunden; er darf daher nicht ein anderes selbstständiges Tbun zum Gegenstände seines Verfahrens und seiner Ent­ scheidung machen, muß vielmehr in Betreff emeS solchen der StA.-schast die Erhe­ bung einer neuen Strafklage (stillschweigend) überlassen. 3. Die Vorschriften der Art. XXIV und XXV haben den Zweck, die obigen Grundsätze (n. 1. 2) auf das schwurgerichtliche Verfahren anzuwenden und ihnen entsprechend bte Fragestellung zu regeln. Denselben Zweck verfolgen in klarerer und erschöpfenderer Weise für den Geltungsbereich der Vdn. v. 3. Jan. 1849 die Artt. 80—86 des Ges. v. 3. Mai 1852; insbesondere entsprechen die Art. 84 und 86 1. c. tm Wesentlichen den obigen Artt. XXIV und XXV; die letzteren sind daher jetzt vorzugsweise nur noch für den Bezirk des AGHofS zu Köln maßgebend. Da cs aber recht eigentlich beabsichtigt war, durch jene Artt. des Gef. v. 3. Mai 1852 die für das Rheinische Verfahren bereits früher bestehenden und anerkannten, durch die obigen Art. XXIV und XXV nur bestätigten Grundsätze auch in den Übrigen Provinzen des Staats zur Geltung zu bringen, so ist es jetzt unbedenklich statthast bei der Auslegung der Rheinischen Vorschriften, und insbesondere bet der Anwen­ dung der Artt. XXIV und XXV tm Rheinischen Verfahren, auf die mehr ins Ein­ zelne gehenden Bestimmungen des ctt. Ges. v. 1852 und die sie betreffende Recht­ sprechung des Ober-TridunalS zurückzugehen. Es verdienen daher auch für das Ge­ biet des Rheinischen Rechts die Noten in Oppenhoff's Strafverfahren zu den citt. Artikeln Berücksichtigung. Vgl. im Uebrtgen N. StPO. § 321. 322. 323. 4. Art. XXIV und Art. 84 des Ges. v. 3. Mai 1852 sN. StPO. § 321.322] schreiben die Stellung einer Frage nach „erschwerenden oder mildernden Umständen"

712

Pr. Cinsi-Ges. — Abschn. II.

Kompetenz und Verfahren.

Art. XXIV.

als unerläßlich Lei Nichtigkeit-strafe vor, sobald der StA. oder der Ange­ klagte dieselbe beantragt hat, während umgekehrt Art. XXV (ebenso wie Art. 86 des Ges. v. 3. Mar 1852) die Stellung einer „Eventual- (besonderen) Frage" nur „ge­ eigneten Fall-" anordnet und dadurch zu erkennen giebt, daß hier ein richter­ liches Ermessen walten soll. Cs ist daher erforderlich, beide Fälle nach ihren Vor­ aussetzungen scharf zu unterscheiden. — Hierbei ist als leitender Grundsatz feftzuhalteu, daß Art. XXIV (Art. 84) unter „erschwerenden und mildernden Umständen" solche thatsächliche Momente versteht, durch deren Hinzutritt ein an und für stch schon strafbarer Thatbestand nach allgemeiner GesetzeSvorschrist eine Strafmilderung oder Strafschärfung erfährt. ES ist sonach die Anwendbarkeit deS Art. XXIV dadurch bedingt, daß der einfache Thatbestand des in der Anklage ausgestellten StrasfalleS (d. h. der betr. Thatbestand in der einfachsten Gestaltung, in welcher er unter ein Strafgesetz fällt) in allen seinen wesentlichen Merkmalen bestehen bleibe, und daß durch irgend ein hinzutretendes thatsächliches Moment die zutreffende Strafandrohung geändert werde, ohne Unterschied, ob durch dieses hinzutretende Moment die That einen andern strafrechtlichen Charakter (eine andere rechtliche Qualifizirung) annimmt oder nicht. — Dagegen wird Art. XXV (Art. 86) anwend­ bar, wenn es sich davon handelt, inwiefern die den Gegenstand der Anklage bildende Handlung, resp. die sie begleitenden Thatuwstände nach theilweiser Ausschei­ dung einzelner wesentlicher Begriff «merk male des un Anklage-Urtheil (Be­ schlusse) enthaltenen (einfachen) Thatbestandes, unter Mitberücksichtigung anderweiter bei der Anklage nicht in Betracht gezogener Thatuwstände von einem andern recht­ lichen Gesichtspunkte auö eine Strafbarkeit begründen. Ob diese Voraussetzung vor­ handen, und ob sonach in dieser Weise eine besondere Frage zu pellen ser, un­ terliegt dann in jedem Einzelfalle dem richterlichen Ermessen; vgl. Strasverf. Art. 84 n. 5. 6; Art. 86 n. 7 ff.; ZI. 17. Dez. 62, ZI. 2. Zum ö9 (RdO. in, 175; X, 388). DaS Nähere über diesen Fall siehe bei Art. XXV. — Hiernach bilden beispielsweise die Voraussetzungen, durch welche stch ein KmdeSmord von einem Todtschlage unter­ scheidet (§ 217), im Verhältnisse zu dem (stehen bleibenden) Thatbestände deS letzteren „mildernde Umstände;" die des Mordes (Todtschlag-) ihre- Kinde- angeklagte Mutter kann daher Stellung der Frage fordern, ob da- Kmd ein uneheliches ge­ wesen, und ob sie dasselbe „gleich nach der Geburt" getödtet habe; contra: ZI. 16. Jan. 58 c. Krüger (GA. VI, 77). Dagegen wird Art. XXV anwendbar, wenn es sich davon handelt, ob die des KmdeSmords angeklagte Mutter ihr Kmd in hülflofer Lage verlassen habe: ctt. ZI 2. Juni 69. 5 Dre richterliche Entscheidung und somit auch die Fragstellung müssen die Anklage erschöpfen. Wenn daher schon das Anklage-Urtheil (Beschluß) er­ schwerende oder mildernde Umstände hervorhob, so muß die Fragstellung nothwendig auf sie mit gerichtet werden, selbst wenn cm hieraus bezüglicher Antrag nicht gestellt worden ,p. Im entgegengesetzten Falle ist aber die Unerläßlichkett der betr. Fragstelluug durch den vorher gegangenen Antrag deS StA.'S oder des Angeklagten bedingt: ZI. 28. Okt. 53 c. Schwartz. 6. Anträge auf Stellung einer Frage in Betreff erschwerender re. Umstände sind so lange statthast und zu berücksichtigen, als überhaupt noch die Fragstel­ lung einer Abänderung unterliegen kann, d. h. so lange noch nicht die Anklage durch einen vom Vorsteher der Geschwornen verlesenen regelrechten und er­ schöpfenden Spruch erledigt worden ist: vgl. v. 7. Bis zu diesem Augenblick müssen Anträge der gedachten Art nothwendig Berücksichtigung finden: ZU. 9. Jan. 62 (Rh. S.; RdO. n, 189); später sind sie ausgeschlossen; eme nachträgliche Be­ fragung der Geschworenen nach erschwerenden rc. Umständen (welche nicht im Anklage-Urtheile selbst schon hervorgehoben waren) ist dann unstatthaft. ZPl. 20. April 57 c. Müller (JMbl. f. 223); ZU. 26. Nov. 68 (RdO. IX, 680); Strasverf. Art. 79 n. 37. 38; Art. 84 n. 17. 18 (feste Praxis). 7. Der Beginn der Verlesung de- gefundenen Spruchs durch den Vor­ steher der Geschwornen bildet die Grenze, 618 zu welcher Anträge auf Abänderung der Fragen und auf Stellung von Nebenfragen nach erschwerenden und mildernden Umständen Berücksichtigung finden dürfen und müssen; es kann daher die begonnene Verlesung weder vom Angeklagten noch vom StA, durch einen Antrag aus Stel­ lung einer solchen Nebenfrage unterbrochen werden.

Das

gilt namentlich auch dann

Pr. Einf.-Ges. — Abschn. II. Kompetenz und Verfahren. Art. XXIV.

713

wenn den Geschwornen eine Mehrheit von Fragen vorgelegt war, und der Vor­ steher der Geschwornen mit der Verlesung der verschiedenen gefundenen Sprüche begonnenen hat: ZII. I.Dez. 64 (RdO. V, 328). Werden dann aber die verlese­ nen Sprüche mangelhast befunden, und deshalb die Geschwornen zur näheren Be­ rathung k. zurückgeschickt (Ges. v. 3. Mai 1862 Art. 97), so wird die stattgehabte Verlesung als solche unwirksam und es greift wiederum die Befugniß Platz, auf Abänderung der Fragen, resp. aus Stellung von Nedensragen anzutragen: IMDerf. v. 23. März 1854 (GA. II, 401). 8. En Ermanglung eines Widerspruchs kann der Vorsitzende einem An­ trage auf Stellung einer Frage nach erschwerenden re. Umständen ohne Weiteres Statt geben, und ebenso von AmtSwegeu dazu Übergehen. In einem solchen Falle bedarf e- dann auch nicht der Angabe von Gründen für die betr. Maßnahme: ZI. 9. Sept. 59 c. Hoppe. 9. Die „Hauptfrage" darf nicht getheilt werden (Gef. v. 3. Mai 1852 Art. 80 Abs. 3); dieselbe muß alle wesentlichen Begriffsmerkmale des betr Straffalls in der einfachsten Gestaltung, m welcher er unter tin Strafgesetz fällt (vgl. n. 4) umfassen; diese Merkmale dürfen also nicht in mehrere Fragen vertheilt werden, so daß e« der Bejahung aller bedürfte, um einen strafbaren Thatbestand festzustellen: BI. 26. Mai 69 (RdO. X, 349); vgl. N. StPO. § 317; das gilt auch nach der Rh. StPO. Art. 337. und Gilb. 1. c. n. 54 fgg. 10. Dagegen können erschwerende und mildernde Umstände (nach dem Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 80 Abs. 4 und nach dem Rhein. Derf. in die die Hauptthat betreffende Frage mit aufgenommen, sie können aber auch zum Gegenstände einer getrennten (Neben-) Frage gemacht werden; im ersteren Falle sind sie in der Hauptfrage besonders hervorzuheben. Nach der N. StPO. § 321 sind dagegen solche Umstände zum Gegenstände einer besonderen Frage zu machen. 11. Mit Rücksicht auf das unter n. 2 und 10 Gesagte darf eine Nebensrage nie dahin abzielen, ein in der Hauptfrage enthaltenes wesentliches Merkmal des betr. Straffalles nochmals in Frage zu stellen, so daß also die Bejahung beider Fragen nothwendig einen Widerspruch m sich schließen würde. Die Negirung eines wesentlichen Merkmals ist kein „mildernder" („strafausschlreßender)" Umstand; tn solchen Fällen kann nur eine geeignete Abänderung der Hauptfrage in Antrag ge­ bracht werden: DI. 3. Nov. 67 (RdO. VIII, 701). Handelt eS sich daher vom Ver­ suche eines Verbrechens, so kann die Tauglichkeit des angewendeten Mittels (§ 43 n. 12) nicht Gegenstand einer Nebenfrage fern: DU. 11. April 61, ZII. 22. Sept. 64, VI. 25 Jan. 67 (RdO. I, 274; V, 128; VIII, 49); vgl. Art. XXV n.9; Strafverf. Art. 80 n. 30. 49. In Betreff der Zurechnungsfähigkeit vgl. n. 21. ' 12 Wenn auch Art. XXIV von „erschwerenden und mildernden Umständen" in der Mehrzahl spricht, so gilt der betr. Grundsatz auch da, wo nur ein solcher Umstand in Frage steht: ZII. 23. Juni 53 c. Kranig. 13. Konkurrrren mehrere Umstände von welchen jeder den einfachen That­ bestand zu qualifiziren geeignet ist, so sind alle in die Hauptfrage aufzunehmen und in dieser hervorzuheben, oder es muß jeder einzelne derselben zum Gegenstände einer Nebenfrage gemacht werden. In einem solchen Falle sind die sämmtlichen Nedeufragen durch die Geschwornen zu beantworten; eme alternative Stellung würde nur dann gerechtfertigt sein, wenn sich zwei qualifizirende Umstände wechsel­ seitig ausschließen, so daß beide Nicht neben einander bestehen können. Handelt es sich daher von eieem Tod sch läge, welcher eines Theils mit Ueberleguug (Mord: § 211) andern Theils bei Unternehmung eines andern Verbrechens rc., um ein der Ausführung entgegenstehendes Hinderniß zu beseitigen (§214), verübt fern soll, so sind die, diese erschwerenden Umstände betreffenden Nebensragen nicht alternative zu stellen, sondern eS bedarf der Beantwortung beider unbedingt, wenngleich die Be­ jahung der ersten die Verhängung der Todesstrafe zur Folge hat, so daß eS dann auf den konkurrirenden Thatbestand des § 214 für die Gesetzeöanwendung weiter nicht ankommt (§ 73): ZI. 7. Jan. 59 c. Kretzschmer (GA. VII,209); contra: ZI. 8. März 59 c. KirmS (GA. VII, 363), welches in einem solchen Falle eine alternative Fragstellung für angemessener erachtete; vgl. ZI. 9. Juli 69 (RdO. X, 501). Noch weniger ist einem Beschl. I. 14. Sept. 55 c. Voigt (GA. III, 815) beizustimmen, welcher in einem derartigen Falle nur die Stellung einer Eventualfrage für gerecht-

714

Pr. Eins..Ges. — Abschn. H. Kompetenz und Verfahren. Sri. XXIV.

fertigt hielt; der dafür in Bezug genommene Art. 86 des Ges. v. 3. Mai 1852 paßt hier offenbar nicht. 14. Da, wo daS Gesetz die Strafmilderung oder Schärfung von dem Vor­ handensein nicht näher bezeichneter „mildernder" oder „erschwerender" Um­ stände abhängig gemacht hat. ist auch die betreffende Frage in dieser Allgemeinheit zu stellen und nicht etwa auf die speziellen Thatsachen zu richten, welche als „mil­ dernd" ic. geltend gemacht worden sind: Abh. im JMbl. 1852 f. 46; KBII. f. 24; Gef. v. 3. Mai 1852 Art. 84 Abs. 2; Matt. zu dem letzteren s. 616. 15. In den Fällen, wo da- Gesetz die Berücksichtigung mildernder Um­ stände im Allgemeinen gestattet, unterliegt es lediglich dem Ermessen des Rich­ ters der Thatfrage, worin er einen solchen Milderung-grund finden will. Dabei sind solche Momente, welche der That längere Zeit vorhergegangen oder erst später auf dieselbe gefolgt sind (z. B. vernachlässigte Erziehung. Reue, späterer Schadens­ ersatz tc.) keineswegs für ausgeschlossen zu erachten. Deshalb ist einem Antrage auf Stellung einer ganz allgemein gefaßten Frage: „ob m Beziehung auf die rc. That mildernde Umstände obwalten" Statt zu geben; vgl. Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 84; es steht dem GHofe dann nicht zu, die Frage auf die „bei Verübung der That obwaltenden Umstände" zu beschränken: VPt. 23 Marz 57 c. Femd (JMbl. s 195); DI. 17. April 57 c. Lehmann; Abh. in GA. V, 222; Matt. z Vdn. v. 3. Jan. 1849 s. 613; HS. I, 488. 16. ES ist statthaft, die Frage nach dem Vorhandensein „mildernder Um­ stände" nur in Beziehung auf einen von mehreren desselben Verbrechen- An­ geklagten zu stellen, sobald in Betreff der übrigen eme solche Frage nicht beantragt ist. Ebenso können die Geschwornen die Frage in Beziehung auf den einen An­ geklagten bejahen, während sie dieselbe rücksichtlich anderer verneinen: ZI. 26. Nov. 56 c. Viehweyer. 17. Ist ein erschwerender (mildernder) Umstand in die Hauptfrage mit auf­ genommen worden, so müssen die Geschwornen über denselben besonders abstim­ men, und im Falle einer für den Angeklagten ungünstigen Entscheidung da- betr. Stimmenverhältniß in ihrem Spruche ausdrücklich angeben: Gef. v. 3. Mai 1852 Art. 91 Abs. 4. — Da- gilt auch für da« Rheinische Verfahren, da auch hier ein dem Angeklagten ungünstiger, mit einfacher Stimmenmehrheit erfolgender Geschwornenspruch die Entscheidung de- GH.S über jene Frage nothwendig macht (Gef. v. 31. Dez. 1833 § 2—5): DPl. 14. Juli 62; 9311. 9. Jan. 62, 9311. 22. Juni 67 (RdO. H, 525.191; VIII, 403). 18. Auch die Gericht-abtheilungen (Znchtpolizeigerichte) müssen, wenn der StA. oder der Angeschuldigte erschwerende oder mildernde Umstände geltend macht und ihre Berücksichtigung beantragt, sich in ihren Urtheilen ausdrücklich darüber aussprechen, ob sie dieselben für erwiesen erachten oder nicht: DI. 17. März 65 (RdO. VI, 13); Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 31; N. StPO. §. 353. DaS muß auch von den geltend gemachten allgemeinen „mildernden Umständen" gelten: ZU. 14. April 53 c. de Witt (GA. VI, 681); ZI. 30. Jum 66 (bett., RdO. VII, 399); ZII. 13 Sept. 66 (RdO. VII, 457, mit dem Zusatze: der App.-Richter genüge jener Pflicht, wenn er ausspreche, die vom ersten Richter arbitrirte Strafe ser nicht zu hoch bemessen): ebenso die feste Praxis des Ob-App.'GerichtS: V. 29. Sept. 69; V. 22. Dez. 69, V. 30. März 70 (RdO X, 601. 809; XI, 203); Löwe Strafproz. f. 343; contra: ZII. 3. Mai 55 c. Becker; ZI. 7. Juli 58 c Labs (GA. VI, 679), welche davon ausgehen, daß der Richter bei seiner Strasabmessung die Schuld nach allen ermittelten Umständen abwäge, und durch dieselbe zu erkennen gebe, daß er zu einer Milderung keine Veranlassung gefunden habe. Jedenfalls aber tritt Nichtigkeit ein, wenn aus dem Urtheile zu ersehen ist, daß ein als mildernder Umstand geltend gemachtes Moment nicht von diesem Gesichtspunkte aus geprüft worden ist: 2311. 14. Jan. 58 c. Weilbeer (JMbl. f. 101: die Jnstanzrichter hatten die als mil­ dernder Umstand geltend gemachte „Angetrunkenheit" des Angeklagten „unberücksich­ tigt" gelassen, weil daraus „seine Unzurechnungsfähigkeit nicht zu folgern sei"). Ebenso tritt (im Geltungsbereiche der Vdn. v. 3. Jan. 1849) Nichtigkeit ein, wenn der Jnstanzrichter BewerSanträge, welche dahin abzielen, mildernde Umstände darzuthun, gänzlich unberücksichtigt läßt: DU. 9. Sept. 58 c. Zwanzig; vgl. Strafverf. Art. 31 n. 20; § 52 n. 7. 37.

Pr. Einf.-Ges. — Abschn. II. Kompetenz und Verfahren. Art. XXV.

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A rt. XXV. Den Geschworenen sind geeigneten Falls even­ tuelle Fragen vorzulegen, insbesondere um festzustellen, ob der Angeklagte in Beziehung auf daS Verbrechen oder Vergehen, wegen dessen die Anklage gegen ihn erhoben ist, nicht wenig­ stens des Versuchs, der Theilnahme, der Begünstigung oder der 19. Die Vorschrift deS Art. XXIV ist auf die im Strafgesetze nicht hervorpehobenen Strafzumessung-gründe nicht auszudehnen; sie unterliegen lediglich der freien Würdigung de- Schw.GH.S: ZI. 14. Dez. 53 c. Peschke (JMbl. s. 182); ZU. 28. Dez. 57 c. Pagendortel. Dieser kann daher, trotz der Feststellung von „mildernden Umständen" durch die Geschwornen selbstständig noch StraszumessungSgrttnde in Betracht ziehen, um dadurch cm Hinausgehen über das geringste Maaß der zulässigen Strafe zu rechtfertigen: ZI. 27. gebt. 56 c. Bergan. Ebenso kann er als StrafzumeffuugSgrund auch bloße Vermuthungen berücksichtigen: ZU. 7. Jan. 58 c. Grosse. t 20. Jener Strafzumessung (n. 19) fällt es auch anheim, ob die erlittene Untersuchungshaft auf die erkannte Strafe anzurechnen sei (§ 60); das unter n. 17 Gesagte findet daher auf den Fall, wo eine solche Anrechnung beantragt ist, keine Anwendung. 21. Dagegen ist Art. XXIV auch aus strasauSschließende Gründe, z. B. aus den Zustand der Nothwehr, auszudehnen; vgl. § 53 n. 28. 29. Als ein solcher ist nach Art. 81 deS Gef. v. 3. Mai 1852 und nach § 319 der N. StPO, (formell) auch der Mangel der Zurechnungsfähigkeit zu behandeln; vgl. § 51 n. 14, und in Betreff des Rheinischen Rechts ibid. n. 15. 22. Ebenso findet der Grundsatz des Art. auch da Anwendung, wo es in Frage kommt, ob eme Mehrheit von Handlungen verschiedene selbstständige Straffälle darstellen (§ 74), oder ob sie als zusammenhängende Theile emer ein­ zigen Strasthat (§ 73) anzusehen sind, — obgleich hrerm strenge genommen keine „erschwerenden oder mildernden Umstände" gefunden werden können: ZI. 9. März 53 c. Katranski; ZU. 23 Nov. 54 c. Schror (Rh. S.; GA. III, 112); BI. 9. März 55 c. Lenski (GA. III, 670); vgl. § 74 n. 16.

Zu Art. XXV. 1. Der durch die Anklage mit einer Sache befaßte erkennende Richter soll die That durch eine Entscheidung von allen Gesichtspunkten einer möglichen Strafbar­ keit erledigen; vgl. Art. XXIV n. 1. 2 Während Art. XXIV nähere Bestimmun­ gen darüber trifft, tote jenem Grundsätze gemäß bei der Fragstellung zu verfahren ist, wenn bei der mündlichen Verhandlung erschwerende oder mildernde Umstände zur Sprache gebracht werden, deren das Anklage-Urtheil (Beschluß) keine Erwäh­ nung thut, — regelt Art. XXV den Fall, wenn nach dem Ergebnisie der Hauptverhandlung die That von einem andern rechtlichen Gesichtspunkte aus sich als straf­ bar darstellt, als im Anklage-Urtheil rc. ausgestellt war. Auch für diesen Fall hat Art. 86. des Ges. v. 3. Mat 1852 klarere und erschöpfendere Vorschriften ausgestellt, welche an sich zwar nur für den Geltungsbereich der Dd'n. v. 3. Jan. 1849 erlassen sind, gleichwohl aber aus den zu Art. XXIV. n. 3 entwickelten Gründen auch int Gebiete des Rheinischen AGHofs zur Erläuterung des Art. XXV benutzt wer­ den dürfen. 2. Hiernach ist die Aufzählung der Fälle im Art. XXV keineswegs als limi­ tativ aufzufaffen, vielmehr ist (auch nach Rheinischem Verfahren) als leitender Grundsatz anzuerkennen, daß in dem angehobenen Hauptverfahren über die den Gegenstand der Anklage bildende That mit allen sich an sie anschließenden, für ihre Strafbarkeit erheblichen Umständen mit emem Male aberkannt, daß sie also durch die Entscheidung nach allen Richtungen hm erledigt werden soll, und daß eben­ deshalb auch die Fragstellung alle strafrechtlichen Seiten, welche die That darbieten kann, erschöpfen muß Es ist sonach auch im Bezirke des AH.S zu Köln unbe­ dingt statthaft, besondere Fragen zu stellen, inwiefern die betr. Handlung den Thatbestand emeS anderen Straffallee ui sich schließe, als die Anklage behauptet

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Pr. Eiuf.-Ges. — Abschn. II. Kompetenz und Verfahren. Art. XXV.

Hehlerei schuldig ist, oder ob er die Handlung, welche ihm die Anklageschrift als eine vorsätzlich verübte zur Last legt, nicht wenigstens aus Fahrlässigkeit begangen zu haben schuldig ist. Dgl. Ges. v. 3- Mai 1852 Art. 80.86, Rh. StPO. Art. 338; N. StPO. $ 323.329. hatte: ZU. 19. Mai 60 c Brinkhof (GA. VIII, 525). Das stand auch schon vor der Verkündung deS Emf.-Ges.s in der Rechtsprechung des früheren KH.S unbe­ dingt fest; vgl. Gen.-Regiper ). Rh. Archiv s. r. Asfisen n 29. 30. 34. — Die Pflicht, in dieser Weise durch die Fragstellnng den Thatbestand nach allen Richtungen hin zu erschöpsen, ist für daS Gebiet des Rb. Recht- noch gebietender, als in den übrigen Theilen des Staates, weil dort den Gerichten die (in den Artt. 30 und 86. de- Ges. v. 3. Mai 1852 ausgesprochene) Besugmß, die Verfolgung der That aus einem anderen Gesichtspunkte einem besonderen Verfahren vorzubehalten, nicht bei­ gelegt worden ist. 3. Zum Gegenstände einer besonderen Frage kann nur diejenige Hand­ lung (dasjenige konkrete Thun) gemacht werden, aus welche sich da- AnklageUrtheil bezog: VII. 28. Nov. 67, VI. 2. Jum 69 (RdO. VIII, 748. X, 384); vgl. Art. XXIV n. 2. Andere Handlungen, welche sich an jene Haupthaudluug anschlossen, und welche dteselbe (die Wahrheit beider vorausgesetzt) rechtlich in der Weise qualifizirt haben würden, daß beide vereint sich als ein einziger strafbarer Thatbestand darstellten, sind aber als Theile der Haupthandlung anzusehen; auch sie können daher Gegenstand einer besonderen Frage sein. Lautet daher eine Anklage auf Diebstahl, so sind Gewalthandlungen, welche jenen Diebstahl (wenn er that­ sächlich feststünde) zum Raube gestempelt haben würden, als denselben begleitend und sonach als in der Anklage mit enthalten anzusehen, und Stellung einer beson­ deren Frage in Betreff dieser Gewalthandlungen vom Gesichtspunkte der Körper­ verletzung aus ist statthaft. Zu vergleichen sind in dieser Beziehung ZI. 21. April 65. ZI. 9. Jum 65, VI. 29. Jan. 68, ZU. 18. Jum 68 (RdO. VI, 65. 169; IX, 67. 395); namentlich die mitgetheilten Anträge der GStA.-schaft. 4. Der unter n. 3 entwickelte Grundsatz bildet recht eigentlich die Basis des Antlageprozesses, wie er sowohl in der Rh. StPO, als in der Bdn. v. 3. Jan. 1849 (dem Gs. v. 3. Mai 1852) und in der N. StPO, aufgefaßt und durchge­ führt worden ist. Aus demselben würde folgen, daß die im Art. XXV gestattete (eventuelle) Fragstellung wegen Theilnahme, Begünstigung oder Hehlerei an dem den Gegenstand der Anklage bildenden Verbrechen nur dann zulässig fei, wenn jene Theilnahme rc genau durch dasjenige konkrete Thun bewirkt sein sollte, welches zum Gegenstand der Anklage gemacht und in dieser als Verübung der Haupt­ that charakterisirt worden war; für diese Auffassung spricht auch der Wortlaut deS Artikels (die Anschließung de« btr. Satzes durch ein: „insbesondere...") und seine Entstehungsgeschichte, welche keine Andeutung dafür gewährt, daß man hier von dem Hauptgrundsatze deS Verfahrens habe abweichen wollen; vgl. die (Rh.) AKO. v. 7. Febr. 1835 (RdO. V, 70); nicht minder spricht dafür die Fassung deS entsprechen­ den § 323 der 97. StPO, („hiernach ist insbesondere dann zu verfahren ..."). Das OTr. hat indessen jene Begränzung nicht für geboten, und die Stellung einer Eveutualfrage wegen „Theilnahme rc." auch da für statthaft erachtet, wo dieselbe nothwendig em andere- Thun voraussetzt, als die Verübung der Hauptthat; vgl. ZI. 17. Mai 65, ZI. 9. Mai 66, ZU. 18. Aug 68, ZI. 12. Jan. 70 (RdO. VI, 131; VII, 288; IX, 395; XI, 26); contra (wie e- scheint): V. I. 2. Juni 69 (RdO. X, 384); vgl. v. Kräwel Abh. i. d. StRZ. 1869 s. 207. — Schließt mau sich dieser Auslegung des OTr.'s an, so ist die gedachte Vorschrift al- eine positive Ausnahme von dem oben erwähnten Fundamentalgrundsatze de- Verfahrens anzu­ sehen und auf ihren Wortlaut zu beschränken; sie darf daher nur im schwurgerichtlichen Verfahren (bei der Fragstellung), nicht bei den übrigen Jnstanzgerichten zur Anwendung gebracht werden. Auch ist aus derselben nicht zu folgern, daß da, wo eine solche Eventualsrage nicht gestellt war, die Freisprechung von der Anllage der Hauptthat (als res iudicata) die demnächsttge Erhebung einer neuen Anklage wegen Theilnahme, Hehlerei rc. auch dann ausschließe, wenn die letztere in einer ganz an-

Pr. Cins.-Ges. — Abschn. II.

Kompetenz und Verfahren.

Art. XXV.

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5. In Betreff der Unterscheidung zwischen den im Art. XXV und den im Art. XXIV vorgesehenen Fallen vgl. Art. XXIV n. 4. 6. Auch hier gilt vor Allem bte Regel, daß die erhobene Anklage, so wie sie im Anklage.Unherl (Beschluß) aufgefaßt und sormulrrt worden ist, durch die Entscheidung, und somit auch durch bte Fragstellung erschöpft werden muß. Die der FormuUrung de- Anklage-Urtheil- re. entsprechende Frage muß daher unbedmgt (und nicht blos „geeigneten Falles" nach dem (Ermessen des GH.S) gestellt, sie kann me durch eine, einen andern Gesichtspunkt auffassende Frage ersetzt werden: BI. 19. Ott. 60 c. Schubert. DaS gilt auch dann, wenn das Anklage - Urtheil selbst schon einen eventuellen Gesichtspunkt ausgestellt und zum Gegenstände einer evmtuellen Anklage gemacht hatte; auch dieser macht dann die Stellung einer besonderen Frage unerläßlich. 7. Der Art. XXV spricht von der Stellung „eventueller" Fragen, während Art. 86 des Ges. v. 1852 sie als besondere Fragen bezeichnet. Diese letztere Bezeichnung ist die korrektere. Insoweit eine und dieselbe Handlung den Thatbestand verschiedener Straffälle in idealer Konkurrenz m sich vereinigen kann, die Strafverhängung also nach Maaßgabe des § 73 erfolgen müßte, bedarf es wesentlich der thatsächlichen Feststellung beider Thatbestände; jeder derselben muß daher zum Gegmstaude der Befragung gemacht und beantwortet werden. Die Stel­ lung einer eventuellen (nur im Falle der Bernemung der Hauptfrage zu beant. wortenden) Frage ist sonach nur da gerechtsertigt, wo beide Thatbestände sich wechsel­ seitig ausschließen, und also nicht ideell kovkurnren können (z. B. Versuch und Vollendung, vorsätzliche und fahrlässige Begehung): ZI. 8. Nov. 67 (RvO. VIII, 697). Die praktische Seite dieser Bersahrungöwelse zeigt sich nicht allem bei der Strafabmessung (nach § 73), sondern auch bei einem späteren Rücksalle des Ange­ klagten m Betreff eines der jetzt ideell konkurnrenden Verbrechen rc. durch die dann zu verhängende RückfallSstrafe: ZI. 14. Jan. 59 c. Wendt (GA. VII, 232); ZU. 14. Dez. 62 c. Brümng. Vgl. § 73 n. 16; N. StPO. §323. 324 („besondere Frag«!", „HÜlsSsrage"). 8. Bet der Stellung besonderer Fragen ist Sorge dafür zu tragen, daß ihre Fassung es erkennen lasse, wie es sich m beiden um dasselbe konkrete Thun, also um einen Fall der idealen Konkurrenz handle, damit dem Zweifel vor­ gebeugt werde, ob nicht zwei verschiedene selbstständige Handlungen festgestellt werden. 9. Cm und derselbe (dieselben wesentlichen Merkmale umfassender) That­ bestand darf mcht rn der Weise zum Gegenstand zweier verschiedener Fragen gemacht werden, daß eme verschiedene Beantwortung beider einen Widerspruch in sich schließen würde: LII. 8. Dez. 64 (RdO. V, 338); vgl. Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 80. Das gilt namentlich dann, wenn der Thatbestand des den Gegenstand der Anklage bildenden Verbrechens alle wesentlichen Merkmale emeS einfacheren Strafsalles mit umfaßt (Raub und Diebstahl, Mord und Todtschlag); dieser letztere darf daher nicht zum Gegenstände einer Eventualsrage gemacht werden, weil eine Bejahung desielben mit der Verneinung der denselben Thatbestand mit umfassenden Hauptfrage unvereinbar lern würde; auch genügt m einem solchen Falle die Stellung der Hauptfrage, da die Geschwornen in der Lage sind, unter Verneinung de- er­ schwerenden Umstandes den einfachen Thatbestand allem zu bejahen; vgl. ZI. 3. geb. 65 (RdO. V, 453). Dagegen geht VI. 26. Mai 69 (RdO. X, 349) zu weit, wenn es erwägt, daß ein und derselbe Thatbestand überhaupt nicht zum Gegenstand zweier getrennter Fragen gemacht werden könne und daraus folgert: es sei unstatthaft, zu­ erst die Allem-Begehung und eventuell die Verübung derselben That „m Gemein­ schaft mit einem Anderen" zum Gegenstand der Befragung zu machen; da die Ver­ neinung der ersten keineswegs die Verneinung der zweiten in sich schließt, vielmehr mit einer Bejahung der letzteren sehr wohl vereinbar fern würde, so ist eine solche VerfahrungSweise durchaus statthaft. 10. Es ist keineswegs unstatthaft, verschiedene (von einander abweichende Begriffsmerkmale in sich schließende) ideell zusammentreffende Thatbestände in einer Frage zu verbinden: ZI. 19. Jan. 59 c. Rohve (GA. VII, 213); ZI. II. Jan. 60 o. SamulewSki; contra: DI. 21. Jan. 53 c. Vogl (Entsch. 24. s. 465; GA. I, 355); VI. 18. Jan. 54 c. Schumann (GA. II, 402), welche hier die Stel­ lung gesonderter Fragen für unerläßlich erachteten. Vgl. Art. XXIV n. 13. Da-

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Pr. Eins.-Ges. — Abschn. II. Kompetenz und Verfahren. Art. XXV.

gegen dürfen zwei sich wechselseitig ausschließende Thatbestände (n. 7) nicht in einer Frage alternative zusammengefaßt werden: BI. 10. März 58 c. Sachen; vgl. Strafvers. Art. 80 n. 12; Art. 84 n. 7. 11. Wird die Stellung einer Eventualsrage für angemessen erachtet, so ist als Hauptfrage nicht nothwendig die dem Anklage-Urtheil entsprechende, son­ dern diejenige zu stellen, nach welcher die That den schwersten Charakter annimmt. Nach demselben Grundsätze ist die Reihenfolge bei der Stellung mehrerer Eventualfragen zu bestimmen: ZU. 21. Zum 62, ZU. 26. Jan. 65 c. Dörmg (RdO. II, 483; V, 442); vgl. N. StPO. § 324. 12. Die Stellung einer besonderen Frage ist so lange statthaft, als über­ haupt die Fragstellung einer Abänderung unterliegen kann, d. h. so lange noch nicht ein regelrechter, die Anklage erschöpfender Geschwornenspruch vom Borsteher ver­ lesen worden ist. Bis zu diesem Augenblicke sind daher auch die auf Stellung einer solchen Frage abzielenden Anträge zu berücksichtigen; später sind sie unzulässig: BI. 27. April 55 c. Rauprich, DI. 4. Juni 56 c Adam (GA. III, 543; IV, 667); Antr. des GStAaw.s in GA. V, 504; vgl. Art. XXIV n. 6. Hiernach ist die Stellung einer besonderen Frage noch statthaft, wenn die Geschwornen, wegen Man­ gelhaftigkeit des verlesenen Spruchs, zum Zweck der Berbefferung deffelben in ihr Äerathungszimmer zurückgeschickt werden: BI. 30. Mai 62 ^RdO. II, 433); vgl ZI. 12. März 62, ZI. 9 Okt. 63 (RdO. II, 301; IV, 102). — Für daS Gebiet des Rh. Rechts ,st dre AKO. v. 7. Febr. 1835 (RS. V, 70), welche bei den „auf freiwillige Tödtung und Verwundung^ gerichteten Anklagen nach erfolgter Derueinuug der Hauptfrage die Stellung einer neuen Frage gestattete: ob der Angeklagte die That aus Unvorsichtigkeit begangen habe, — m Folge des Art. XXV für aufge­ hoben zu erachten. 13. Erfolgt die Stellung einer besonderen Frage nach dem Schluffe der DerHandlungen, so kann dem Angeklagten die nochmalige Verstattung zum Worte, um auch nach der neuen der Sache gegebenen Richtung [eine Vertheidigung zu führen, nicht versagt werden: ZI. 30. März 54 c. Bomholt, ZU. 18. März 68 c. Brandenburg (GA. II, 532; VI, 246); vgl. Strasverf. Art. 86. n. 24. 14. Die Statthaftigkeit einer besonderen, einen anderen Gesichtspunkt auffaffenden Frage ist nicht dadurch bedingt, daß die Hauptverhandlung in jener Beziehung neue, dem Anklagesenate fremd gebliebene BeweiSmomente an die Hand ge­ geben habe; die Deurtheiluug de» Schw.-GH ö ist m dieser Beziehung ganz frei; er kann daher auch solche Gesichtspunkte auffassen, welche der Anklagesenat im An­ klage-Urtheil re., sei eS aus rechtlichen, sei eS aus thatsächlichen Gründen, beseitigt hatte; vgl. Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 85; ZI. 7 März 66, ZU. 16. Mai 67, Zl. 24 Sept. 69 (RdO. H, 154, VIII, 314; X, 593); ZU. 17.März 64 c. van de Loo (Rh. S.); vgl. Strafvers. Art. 85 n. 17. 15. Die Stellung besonderer Fragen soll geeigneten Falles erfolgen, d. h. also nach Maaßgabe de» richterlichen Ermessens. Insbesondere kann der Vor­ sitzende auch von AmtSwegen und ohne daß es einer Rechtfertigung der Maaß­ regel durch Angabe von Gründen bedürfte, dazu übergehen: ZU. 22. Dez. 63 c. Kiel; ZI. 2. Okt. 68 (RdO. IX, 535). Nur im Falle eines Widerspruchs ist dann der GHof zu einer Entscheidung darüber berufen. 16. DaS thatsächliche richterliche Ermeffen greift auch da Platz, wo der StA. die Stellung einer besonderen Frage beantragt hat; die Ablehnung eines solchen Antrag- kann nicht zum Gegenstände einer NtchligkeiiSbeschwerde gemacht werden, sobald sie auf der Annahme einer mangelnden thatsächlichen Leranlaffnng beruht. ZI. 27. Mai 53 c. Bock; ZI. 7. Dez. 59 c. Bückner; u. ö. Dagegen ist der Schw.-GH. verpflichtet, thatsächlich zu prüfen, ob Beranlaffung zur Stellung einer solchen Frage vorliegt; Nichtigkeit tritt daher ein, wenn er dieser Pflicht nicht nach­ kommt, oder wenn er den Antrag aus einem vom Gesetz nicht anerkannten Grunde ablehnt; z. B. wenn er nur erwägt: „die vorgeschlagene Faffung der Frage er­ scheine nicht angemessen": D. 18. Okt. 52 c. KlauSwitz (GA. I, 41); oder wenn er die beantragte Stellung einer Eventualsrage versagt, „weil dieselbe mit den that­ sächlichen Voraussetzungen der Hauptfrage im Widersprüche stehe": VII. 14. April 64 c. Mökting (GA. IV, 459); vgl. n. 6. 10. Hat der StA. die Beantragung einer besonderen Frage verabsäumt, so kann er eS nicht im Wege der Nichtigkeit--

Pr Eins.-Ges — Abschn. II. Kompetenz u. Verfahren. $trt. XXVI. XXVII § 1.

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Art. XXVI. Darüber, ob die Voraussetzungen deS Rück­ falls vorhanden sind, entscheidet der SchwurgerichtShof ohne Mitwirkung der Geschworenen. Bal. StGB. s§ 244. 245. 250 Nr 5. 261. 264; Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 81 n. 38. 39, N. StPO. § 325.

Art. XXVII. Im Bezirke des Rheinischen AppellationsgerichtShofeS kommen folgende Bestimmungen zur Anwendung: §. 1. Alle wegen eines und desselben Verbrechens oder Vergehens zur Strafe verurtheilte Personen sind zu den Kosten, beschwerde rügen» daß die Stellung derselben nicht von Amtswegen erfolgt sei: ZI. 17 April 68 (RdO. IX, 279). 17. Da die Stellung einer besonderen (eventuellen) Frage dahin abzielt, ab­ gesehen von dem im Anklage-Urtheil rc. enthaltenen Strasfalle, cm anderes Verschul­ den des Angeklagten festzustellen, so hat der letztere kein Interesse und ebendeShalb auch kein Recht, semersettS die Stellung einer solchen Frage zu beantragen; von seinem Standpunkte aus könnte ein solcher Antrag nur bezwecken, die Geschwor. nen von einer unbefangenen Beurtheilung der Hauptfrage abzulenken. Die Ableh nung eines solchen Antrags (selbst wenn sie ans irrigen Rechtsgründen oder ohn* Angabe von Gründen erfolgt), sowie die vollständige Uebergehung desielben begrün* den daher nie eine Nichtigkeit: ZI. 2. Mai 62, ZI. 17. Dez 62 (RdO. II, 381III, 175). 18. Die Geschwornen müssen eine gestellte besondere Frage (n. 7) unbe­ dingt beantworten, mögen sie die (dieselbe That betreffende) vorhergehende Frage bejahen oder verneinen. Dagegen haben sie vou der Beantwortung einer Eventualsrage (wenigstens einstweilen) abzusehen, sobald sie die Hauptfrage — sei es auch nur theilweise oder nur mit einfacher Stimmenmehrheit bejaht haben; eS unterliegt dann noch der Prüfung des Gerichtshofs, inwiefern durch den Spruch auf die Haupt­ frage die in der zweiten ins Auge gefaßte Eventualität (weil mit jenem unverein­ bar) erledigt fet; vgl BII 3. Marz 71 (RdO. XII, ); vgl. Art. XXIV n. 13. 19. 3m Geltungsbereiche der Bdn. v 3. Jan 1849 und der N. StPO. (§ 323) kann der Schw.-GHof statt der Stellung einer besonderen Frage die Verfolgung der That aus einem anderen Gesichtspunkte einem besonderen Verfahren vorbe­ halten; das Nähere siehe Strafverf. Art. 86. n. 32 ff. Das Rheinische Verfahren enthält keine entsprechende Vorschrift.

Zu Art. XXVI. 1. Dieser Artikel löst den Zweifel, ob im Falle, wo der Angeklagte seine Zdentltät mit einem früher Derurtheilten bestreitet, diese im Bezirke des Rhein. AGH 'S in Gemäßheit der Art. 518—520 der Rh. StPO, festzustellen sei. 2. Die Entscheidung über die Voraussetzungen des Rückfalls bleibt gleichwohl eme thatsächliche und ist daher im Wege der Nichtigkeitsbeschwerde nicht anzugreifen.

Zu Art. XXVH § 1. 1. Die durch Art. 55 deS Rh. StGB.S angedrohte Solidarität für die Geld­ strafen ist hier nicht wiederholt, also beseitigt: V. KH. 9. Sept. 51 c. Suckfüll. 2 Nach der Fassung deS eit. Art. 55 (sont tenus solidairement. ..) nehmen die französische Jurisprudenz und Doktrin an, die Solidarität verstehe sich, auch wenn sie nicht ausdrücklich im Urtheile ausgesprochen sei, von selbst; auch das fällt jetzt bei der veränderten Fassung deS Art. XXVII § 1 weg. 3. Der § setzt Verurteilung wegen erneS und desselben StraffalleS vor­ aus; wo dieses zutrifft macht eS kernen Unterschied, ob die verschiedenen Personen als Thäter oder als Theilnehmer vernrtheilt werden; vgl. Dekr. v. 18.Juni 1811 Art. 156. Das ist indessen auf Hehler und Begünstiger nicht auszudehnen, da das StGB, die (thatsächlich verschiedenen) Handlungen auch begrifflich geschieden

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Pr. Clns.-Tes. — Abschn. II. Kompetent u. Derfahrrn. Art. XXVII g 1. 2.

zur Rückgabe und zum Schadenersätze, auf welche erkannt wird, solidarisch zu verurteilen. Dgl. (Rh. StGB. Art. Sb); (Rh.) Dtkr. v. IS. Juni 1811 Art. 156; lLr.-Orda. § 619. 620; Bda. v. 3. J«n. 1849 § 179 n. 6-7»; Ges. v. 3. Mai 1852 §3 (GS. (. 173); 91. StPO. § 440].

§. 2. Wegen der Rückgabe und des Schadensersatzes, hat; contra für den Geltungsbereich des ALR. arg. §§ 29. 30. I, 6 1. c.; Erk. I. 2. Okt. 60 Traube c. Kottlarczhk (StA. 38. f. 347). Jedenfalls genügt es zur An» Wendung des § 1 nicht, wenn nur festgestellt ist, daß beide Straffälle „unter sich in einem innern Zusammenhange stehen": Bll. 11. Okt. 56 c. Adams. 4. Die solidarische Verurtheilung zu den Kosten greift nur insoweit Platz, als gegen mehrere Personen wegen derselben Strafthal eine Berurtheilung er­ folgt. Wenn daher bei emer gleichzeitigen Verfolgung einzelne der Beschuldigten nicht wegen aller Anklagepunkte verurtheilt werden (fei es, daß sie dieser gar nicht beschuldigt, oder daß sie der betr. Handlungen nicht schuldig befunden worden stnd), so haben sie auch die durch diese veranlaßten Kosten nicht zu tragen: Bll. 4. Febr. 64 («DD. IV, 345); SIL 4. Mai 65 c. Müller. 5. Werden mehrere Beschuldigte in einem Verfahren, theils wegen derselben, theils wegen verschiedener nur den einzelnen zur Last fallender Verbrechen re. verurtheilt, jo können die Jnstanzrichter das Verhältniß, nach welchem sie theilS folidarisch, theils jeder für sich allein die Gesammtkosten tragen sollen, evaluiren: Bll. 11. Okt. 55 c. Meiperfeld; BII. 4. Febr. 64 (eit. n.4) in welchen daS OTr. selbst eine solche Evaluation vorgenommen hat. 6. Ebenso können die Richter bei einer Berurtheilung Mehrerer wegen der­ selben Strafthat für die Prinzipale Haftbarkeit zwischen denselben, mit Rück­ sicht auf den verschiedenen Grad der Betheiligung (unbeschadet der Solidarität) ein anderes Verhältniß bestimmen: ThdCp. 1. p. 131. 7. Die Solidarität ist nicht durch eine gleichzeitige Verurtheilung be­ dingt; sie tst also auch in Betreff derjenigen Kosten auSzusprecheu, welche durch daS besondere Verfahren veranlaßt werden sind, in welchem früher gegen eine andere Person wegen derselben That auf Strafe erkannt wurde. Dagegen ist eine aus­ gesprochene Verurtheilung zu den Kosten nicht auf diejenigen auszudehnen, welche erst später durch das Verfahren gegen einen Mitschuldigen veranlaßt werden: ThdCp. 1. p. 131; Gilb. C. pdn. art 55 n. 4. 7.

8. Dem wegen eines Verbrechens rc. Verurtheilten sind auch diejenigen Kosten zur Last zu legen, welche durch die gleichzeitige Verfolgung eine- andern desselben Verbrechens Angeklagten, demnächst aber Freigesprochenen veranlaßt worden stnd; so: ZU. 4. Febr. 58 c. Huppertz 9. Der Art. XXVII § 1 spricht, ebenso wie § 55 des Rh. StGB.S nur von Verbrechen und Vergehen, nicht von Uebertretungen, während die die solida­ rische Verurtheilung wegen der Kosten betreffende Bestimmung deS Art. 156 deDekr. v. 18. Juni 1811 sich auf alle strafbaren Handlungen bezieht. In Frankreich ist die verbindliche Kraft dieser weitergehenden Bestimmung bestritten, vgl. ThdCp. 1. c.; dagegen ward dieselbe und ihre fortdauernde Gültigkeit in Betreff der Ueber­ tretungen angenommen durch ZU. 19. Jan. 54 c. Floßbach. 10. Die Solidarität für Rückgabe und Schadensersatz tritt auch dann ein, wenn die Verurtheilung durch den Civilrichter erfolgt; da- konnte nach der all­ gemeinen Fassung des Art. 55 de- Rh. StGB.S nicht zweifelhaft fein; vgl. Rej. 6. sept. 1813, id. 23. die. 1818 (Sir. 14.1. 57; 19.1. 278); Gilb. C. pdn. art.55 n. 28; es muß aber auch nach Art. XXVII § 1 gelten, sobald die Verurtheilung zu einer Strafe vorhergegangen ist. Ist diese- nicht der Fall, so entscheiden die civilrechtltchen Grundsätze; vgl. Gilb. C. civ. art. 1202 n. 37 ff. Zu Art. XXVII § 2.

11. Die Bestimmung dieser Nr. 2 ist, soweit e- sich um die Verurtheilung zu Schadensersatz (also zur Zahlung einer Geldsumme) handelt durch da- BGes. v. 29. Mai 1868 unwirksam geworden. Dagegen bleibt er in Kraft, insoweit die

Pr. ; besondere Strafges: CG. § 5; Pr. EG. Art. VIII. XX; FEV. Art. V §2; NEB. Art. VIII. 4. Unbefugte Ausübung: § 132; Beleidigung tm Amte: § 196; Körperver. letzung von Beamten rc.:232. f. auch Beamte. Amtsgewalt, Mißbrauch: § 339. Amtskleidung (Amtszeichen), unbefugtes Tragen: §360 Nr. 8. Angehöriger, Begriff: §52; Diebstahl, Unterschlagung: § 247; Begünstigung §257; Heblerei § 258; Betrug: 5 263. Angriff, Widerstand tm Amte: § 113; A. g. Forst- rc. Beamte rc.: § 117; Körper­ verletzung: § 118; A der Gefangenen: § 122; Angriff Mehrerer: §227; Waffen­ gebrauch dabei: § 367 Nr. 10. — Abwehr des A.'S (Nothwehr): §53 Ankauf gestohlener rc. Sachen: §259; A. v. Armaturstücken: §370 Nr. 3. Ankündigung, d. Papiergelde ähnlich: § 360 Nr 6 und Schlußsatz. Anlagt, Beschädigung d. Anlagen: § 304. Anreizung, d. Soldaten z. Ungehorsam: § 112; A. zu Gewaltthätigkeiten: § 130; z. Zweikampf: § 210. Anschlag, Aufforderung z. Hochverrat- durch Anschlag: §85; dsgl. z. Ungehorsam § 110; dgl. z. c. anderen strasb. Handlung: § 111; unzüchtiger Abbildungen: § 184.

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Register.

Anschuldigung, falsche: §164. 165. Anstalt, Unzucht, Beamter, Arzt: § 174 Nr. 3; Errichtung v Renten- re. A.: § 3b0 Nr. 9. Anstifter: M8. 50. 111. Antrag auf Bestrafung: § 61—65; i. Auslande: § 4 Schlußf. § 5 Nr. 3. — Antrags­ vergehen rc.: § 102-104. 123. 170. 172. 176. 177. 179. 182. 189. 194 bi0 196. 232. 236. 237. 240. 241. 247. 263. 288. 289. 292. 299. 300—303 370 Nr.4. 6 Schlußf. — Vgl. Ermächtigung. Anwalt, Beamter: § 359; Gebührenexceß: § 352. 358; Prävarikation: § 356. Anwälte sind mcht als öffentliche Beamte anzusehen: § 359 s auch Advo tat. Anwaltschaft, Amt: §31. Allwerven zum Militairdienste einer ausländischen Macht: § 141. Anzeige, Abrechen öff A.: § 134; Unterlassung: § 139; Beleldtgung: § 193. Apotheker, Geheimmßbruch: § 300; vgl. Arzenet, ©ist. Arbeit, Zwang in Strafanstalten: §15; in Gefangnisien: § 17; g Landstreicher rc. §352; Forstarbeir rc: EG. §6; Pr. EG. Art. X; NCV. Art. X. Arbeitsbuch, falsches: §363. Arbeitshaus, Landstreicher rc.: §362. Arbeitsscheu: $361 Nr. 7; Arbeitshaus: § 362. Armaturstück, Ankauf: § 370 Nr. 3. Armeuanstalt, s. Anstalt. Artillerie, vgl. Munition (§291). Arzenei, Zubereitung und Verkauf: §367 ?:r. 3. 5. Arzt, Unzucht: § 174 Nr. 3; Zweikamps: §209; Zeugniß: § 277—280; Geheimmtzbruch: § 300. Aszendent, Beischlaf: § 173; Kuppelei: § 181 Nr. 2; Kindesaussetzung: § 221; Diebstahl: § 247. 370 Nr. 5; Wegnahme d. eigenen Sache: §289; Betrug:§263. Aufforderung, z. Hochverrath: § 85; A.z. Ungehorsam: § 110; der Soldaten: §112; A. zu e. and. Strasthat: § 111. Auflauf: § 116. Aufruhr: § 115.116; Brandstiftung: § 307 Nr. 2; §315; Kriegszustand: TG. §4. Aufstand unter den Truppen: §90 Nr. 6; EG. §4. Ausstellen von Sachen, gefährliches: §366 Nr. 8. Ausbesserung, Einsturz: § 367 Nr. 13; SicherungSmaßregeln: §367 Nr. 14. Ausbruch der Gefangenen: § 122. AuSgieyen auf die Straße hinaus: § 366 Nr. 8. 9. AiiSlaud, Begriff: § 8; Bestrafung d. Begehung v. Verbrechen rc.: § 4—7; Anrech­ nung: §7; Strafverfolgung: §37. Ausländer: § 3. 4; d'andesverrath: § 91; feindliche Handlungen g. befreundete Staaten: § 102; Verweisung aus der Bundesgebiete:» § 39 9fr. 2; Glücksspiel: § 284; Bettelei rc.: § 362; Rückkehr: §361 9fr. 2; Waarenbezeichnung: §287. Auslieferung: §9. Aussetzung: *221; Entführung: §234. Ausspielung: § 286. Ausstellung, Aufforderung z. Hochverrath: §85; z. Ungehorsam: § 110; zu ande­ ren Stra,thaten: § 111; A. unzüchtiger Schriften rc.: § 184. Aussteuerkasse, Errichtung: § 360 Nr. 9. Auswanderung (Mtluailvrenst): § 140; Reservist rc.: §360 97. 3; Verleitung: § 140. Auswerfen von Sachen auf die Straße: § 366 Nr. 8. Bande, Diebstahl: §243 Nr. 6; Raub: §250 Nr. 2. Banlerutt, betrüglicher: § 281. 282; einsacter: §283; vgl. Konkurs. Bankhaltern §284. 285. 3h0 Nr. 14 und Schlußsatz. Banknote, Fälschung: § 149, Abbildungen rc.: § 360 Nr. 6 u. Schlußs. Baumaterialien, Anzündung: § 308—310. 325. Baute, ordnungswidrige: § 330; Baupolizei § 367 Nr. 13—15. Bauwerk, Zerstörung: §305; Ansbessernng, unvorsichtige: § 367 Nr. 14. Beamter, wer? § 359; Verbrechen rc. :§ 331—358; strafbare Verbindung: §128.

Register.

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129; Unzucht: §174 Nr. 2. 3; fahrlässige Tödtung: §222; fahrlässige Körperveretzung: § 230. 232; Beleidigung: § 193; Besicherung aus den Diensteid: $ 155 Nr. 3; Widerstand: § 113; Nöthlgung: §114 ; Beleidigung eine- B : § 196 s. iuch Eisenbahn-, Kassen-, Post-, Telegraphenbeamter, Richter; dSgl. Amt. Beertigung, voreilige.' §367 Nr. 1. 2. Befreundeter Staat, feindliche Handlungen: § 102—104. Begünstigung: §257; B. v. Diebstahls jc g. Angehörige: §247.289; Alltrag: $63; Ersatz, Hannover: NEB. Art XV §3. Behältniß: § 243 Nr. 2. 3 n. 26. 27. 54-60. Behaaptung, verächtl. machende g. Anordnungen d. Obrigkeit: § 131; g. Andere § 1 Sb—191. : Behörde, Nöthigung: §114; Beleidigung: § 196; Täuschung: § 277—280. Beischlaf, Blutschande: $ 173; B. nm Bewußtlosen. § 176 Nr. 2; Nöthigung: 8 177; Verleitung: § 178; Versührung' § 182. Beistand, gerichtlicher, Unfähigkeit: §34 Nr. 6. Bekanntmachung v. Staatsgeheimnissen: § 92 Nr. 1; öffentliche, Abreißen rc.: § 134; B. des Stra,urtheil«: § 165. 200. Belagerungszustand, Ge,etz: EG. §4, NEB. Art.IIII. Beleidigung: $ 185—200; B. eines Fürsten: § 95. 97. 99. 101. 103.4 Nr. 2; B. eines Gesandten rc: § 104; B. v. Beamten rc.: § 196. 197; B. d. Ange­ hörigen: § 195; B. v. Verstorbenen: § 189; thätliche B : § 185; öffentliche: § 186; verleumden,che B.: § 187; Wechsel,eilige: § 189; Erwiderung: § 199. 233; An­ trag: § 189 194—198; Bekanntmachung: § 200; Buße: § 188; UntersuchungsVerfahren: Pr. EG. Art. XVI; Privatklage: § 194; Pr. EG. Art. XVI. Bergwerk, Brandftistung: §308-310. 325. Beschädigung (Zerstörung): Bekanntmachung rc.: § 134; Hoheitszeichen: § 135; amtlicher Siegel: $ 136; amtlicher Urkunden rc.: § 133; anderer Urkunden: §274 Nr. 1; durch Beamte: §348. 349. 351; B. eines Grabe«: tz 168; eines Grab­ mals: § 304; B. d. Gesundheit: § 223; B. fremder Sachen: § 303; B. voll Denkmälern rc.: §304; von Gebäuden rc.: § 305; von Brücken: §90 Nr 2, 305. 321; Pulver re.: § 311. 325; B. von Wasserleitungen rc.: § 321. 325 326; B. von Bäumen: NEB. Art. III § 2 Nr. 3; B. v. Einfriedigungen an Wegen: NEB. An. UI §3 Nr.l; B. der Wasserleitungen: NEB. Art. UI §3 Nr. 4; Zerstörung der SchifffahrtS.Feuerzeichen § 322. 325. 326. Bescheinigung (Beglaubigung), Stempel, Formular: § 360 Nr. 4. 5, Schlußs. Beschimpfung Verstorbener: § 189 Beschlagnahme d. Vermögens: 8 93. 140; Dei-Sette^Schaffen a. d. B.: § 137 Besserungsanstalt, zugendliche Verbrecher: §56.

Bestechung: $ 332—335. Betrug: $ 263. 265; Bankerutt: §281. Bettelei: §361 Nr. 4; 362; Entführung: § 235. Beurlaubter (Militairperson), Aufforderung z. Ungehorsam: Beurlaubung Verurthellter: § 23—36. Bevollmächtigter, Untreue: §266 Nr. 2.

§ 112.

Beweismittel, Vernichtung rc. (Nachtheil des Bundes rc.): §92 Nr.2. Bewußtlostgleit: §51; Beischlaf: § 176 Nr. 2. § 177. Blautet, Mißbrauch: § 269; Stempeldlankett: § 279; Stempelblaukett s. Stem­ pelpapier: (§275).

Blutschande: § 173. Bracker, Untreue: §266

Nr. 3. Brandstiftung, vorsätzliche: §306-308. 310.325; Kriegszustand: EG. §4; Fahr­ lässige B.: § 309. 310; Anzündung versicherter Sachen: § 265; Bedrohung mit B.: §254; gemeingefährliche: § 308—310 325. Brieseouvert, falsche, Fälschung: 275. Brief, Eröffnung: §299; Postbeamter: §354. 358. Brücken, Zerstörung: § 90 Nr. 2; EG. §2. 305; gemeingefährliche: §321. 325. Bauten, Sicherungsmaßregeln: §367 Nr. 14. Brunnen, Vergiftung: § 324—326; Bedeckung: § 367 Nr. 12; Bauten, Sicherungs­ maßregeln: §367 Nr. 14.

742

Register.

Bücher, Fälschung öffentlicher B.: §271-273; Beamter: §348. 349 Bülte, Hauen: § 370 Nr. 2; Anzünden: NED. Art III §3 Nr. 5. Bund, Hochverrath: §81 Nr. 2. 3. § 84; EG. §4; Landesverrats

351.

§ 87—93; EG. § 4; Strafbare Handlungen g. e. gesetzgebende Versammlung rc. § 105.106. 339; Beleidigung: § 197. Bnndesfürst, Hochverrath: § 81 Nr. 1. 3; EG. § 4; Beschädigung :c. d. Wap­ pens: § 135, Wappen, Waarenbezeichnung : § 360 Nr. 7 Bundesgebiet, Verweisung: §39 Nr. 2; 184. 362; Rückkehr: § 361 Nr. 2. Buudesheer, (Bundes-Marine) Ullsähtgkeit. §31. 34 Nr. 2; Zerstörung: §90 Nr. 2; EG. § 4. Bundesoberhaupt, Mord: §80; Thätlichkeiten: §94; Beleidigung: §95. Bundesstaat, Hochverrats § 81 Nr. 2. 4; EG. §4; Gesetzgebende Versammlung: §92. 97; Hoheitszeichen, Beschädigung: § 135. Bundesverfassung, Hochverrath: §81 Nr. 2; EG. §4. Bürgerwehr, Widerstand: § 113. Buße, Beleidigung: § 188; Körperverletzung: § 231.

Cession von Schuldscheinen Minderjähriger: § 301. Ctvtlklage (Rh. Recht), Verjährung: Pr. EG. Art. XII §1. Civilprozeß: Pr. EG. An.xvi. Civilstandsbeamter, Doppelehe: § 338; Pflichtwidrigkeiten: (Rh.) Pr. EG. Art.Xll § 4. Coupon, s. Zins sch ei ne. Couvert, s. BriefcouvertS. Damm (Deich), Beschädigung rc: § 305. 321. 325. 326; NEB. Art. III § 3 a. C. Denkmal, Beschädigung rc.: §304. Depesche, telegraphische, Fälschung rc.: §355. 358. Desertion, Verleitung: § 141. h 360 Nr. 3 n. 6. Deutsche Staaten, feindl. Handlungen g. dieselben: § 102. Diebstahl: § 242—245. 247. 248; einfacher D : §242; Schwerer D.: § 243; D. in Banden: § 243 Nr. 6; § 250 Nr. 2; Diebstahl mit Gewalt rc. (Raub): § 252; D. ß. nahe Verwandte: § 247. 370 Nr. 5; D. von Nahrungsmitteln: § 370 Nr. 5, Schluß?.; Futterdiebstahl:.§370 Nr.6, Schluß? ; Holz. Horst.) D.: EG. §2; Munition § 290; Rückfall: § 244. 245; Begünstigung d. Diebe« (Hehlerei): §258. 261; Ankauf gestohlener Sachen: § 259; Gebrauchs: rc. D.: §289. Dienst f. Amt. Dienstbote, Diebstahl, Unterschlagung: § 247; Betrug: § 263; Futterdiebpahl: § 370 Nr. 6 Dienstbuch, Fälschung: §363. Diensteid, Beamter: § 359; Versicherung auf D.: § 155 Nr. 3. Diensträume, Eindringen: § 123. 124 Dietrich, Verabfolgung: § 369 Nr. 1; Diebstahl: §243 Nr. 3. 4. Dividendenschein, Fälschung: §349. 360 Nr. 6, Schlußs. Drohung, Anstiftung: §48; Anreizung zum Zweikampf § 210; Dr. g. ReichstagsMitglieder rc.: § 106.339; g. Beamte: § 113. 114; Hinderung z. wählen: § 107. 339; Hinderung d. Gottesdienstes: § 167; Androhung e. gememgefährl. Derbrechend: § 126; Entführung durch Dr.: § 234 — 236, Diebstahl (Raub) mit Dr.: §252; Erpressung: §253—255; Bettelei: § 362; Nöthigung: § 240 241; Nöthigung z. e. Strafthat: § 52; N. zu Unzucht: §176 Nr. 1; N z. Beischlaf: § 177; Beamter: § 339. 358. Dünger, Aufsammeln: NEV. Art.lll §1 Nr. 6; Diebstahl: §242 v. 38.39. 64.

Ehe,

Doppelehe: § 171; Verleitung: § 170; Ehehindermß, Verschweigung: § Entführung: § 236—238; Beamter (Geistlicher): § 337. 338.

Ehebruch: § 172. Ehefrau, Strafantrag:

§ 195; Beleidigung b. verstorbenen E.: § 189.

170;

Register.

743

Ehegatte,

Dietstabl ic.: § 247. 370 Nr. 5. Schlußs.; d. eignen Sache: § 289; Be­ trug: §263; Begünstigung: §257; Hehler«: §258; vgl. auch Angehöriger. Ehrenwort, Minderjähriger, Kredit: § 301. Ehrenrechte, Verlust: 5 32—37; Versuch: §45; Strafunmündiger: §57 Nr. 5; Kon­ kurrenz § 76; Fakultative Verhängung. §32. 108. 109. 133. 142. 143. 150. 160 161. 164. 168. 173. 175 180. 183. 248. 262 263. 266. 280. 284. 289. 294. 302. 304. 329. 333. 350, Nothwendige Verhängung: §161. 181. Ehrenzeichen, Verlust. §33; Unfähigkeit. §34 Nr. 3 : Unbefugter Tragen: §360 Nr. 8. Eid, falscher, Verleitung. § 160; vgl. Meineid, Diensteid. Eidesleistung: NEB. Art. XII §3. Eier, Ausnehmen- §368 Nr. 11. Eigenthümer, Wegnahme der eignen Sachen 6. Pfandgläubiger re.: § 289. Einbruch, Diebstahl: §243 Nr. 2. Eindringen m fremde Wohnungen rc.: § 123. 124. Einfriedigung, Beschädigung. NEV. Art. III §3 Nr. 1; Oefsnen rc.: NEV. Art. III § 1 Nr. 8. Einfuhrverbot, Krankheiten. § 327. 328. Einsperrung, widerrechtliche: §239; Arbeitshaus: § 362; Besserungsanstalt: §56. Einsteigen, Diebstahl: §243 Nr. 2. Einzelhaft, Vollstreckung- § 22. Einzelrichter, Zuständigkeit. Pr. EG Art. XIII. XX; Gef. v. 14. Apr. 1856 Art. I § 1 (f. 695); NEB. Art. XV §4]; XVII. Einziehung: §40. 42; besondere Strafgesetze: EG. §5: E. wild angedroht in den § 152 295 360 Nr. 1. 2. 4 5. 6. 14. Schlußs.; 367 Nr. 7-9, Schlußs.; 369 Nr. 2, Schlußs.; Berfallenerklärung. § 335. Eisenbahn, Zerstörung, Gefährdung je. . § 90 Nr. 2. 305. 315. 316. 325; EG. 5 4; Diebstahl: §243 Nr. 4; Raub: § 250 Nr. 3. Eisenbahnbeamte, Transport, Gefährdung. §316 ; Unfähigkeit: § 319. 320. Eisenstrafe: NEB. Art. ix. Eltern, Beischlaf mit Kmdern §173; Kuppelei § 181 Nr.2; Aussetzung rc.: §221; Diebstahl rc.: § 247 370 Nr. 5 Schlußs.; Vesitzdrebstahl: § 269; Betrug: § 263: Todtschlag § 215; Körperverletzung. § 223. 228. Empfehlungskarte, Papiergeld § 360 Nr. 6, Schlußs. Entführung: § 236—238, Menschenraub §234. 235.139; Minderjähriger: §235. Entlassung, vorläufige- § 23—26. Entwendung s Diebstahl. Erbrechen, Behältniß, Diebstahl- § 243 Nr. 2. Erdegraben auf fremden Wegen § 370 Nr. 2. Ermächtigung zur Verfolgung. §99. 101. 197. Erpressung: §253—255; Beamter- 339. 358; E. von Geständnissen: §343. Ersatz, Hannover: NEV. Art. XV §3. Erzieher, Unzucht §174 Nr. 1. Kuppelei. § 181 Nr.2: Diebstahl rc.: §247; Be­ trug: § 263 Erziehungsanstalt, Cinsperrung. §56. Ehwaaren, Verkauf verdorbener rc. E.. § 367 Nr. 7, Schlußs.; Entwendung: §370 Nr. 5. Schlußs. Explodirende Stoffe: §311. 367 Nr. 4; Fischen. §396.

ähre,

Beschädigung rc.: § 321. 325. 326. schnelles. §366 Nr. 2; Vorbeifahren, Hinderung: § 366 Nr. 3 ; F. mit Schlitten ohne Deichsel rc.: § 366 Nr. 4; Unbefugtes F. tt. fremde Gärten rc. : § 368 Nr. 9. Fahrlässigkeit: §59 (n 25—32); kommt vor in den § 121. 163. 222. 230. 232. 309. 314. 318. 319. 326. 329. 345 347. Fahrwasser, Störung: §321. 325. 326. Fälschung, Urkunde: § 92 Nr. 2; 267-280: intellektuelle: 5 271—273; F. von 2val)lzelteln- §108, v. Geld § 146-150; v. Stewpelpapier rc.: § 275, v. Attesten §277. 363; v. Telegrammen - § 355.

fahren,

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Familienrat-, Unfähigkeit: §34 Nr. 6. Federwild, Ausnehmen der (Ster rc.: § 368 Nr 11. Feind, Dienst tm Heere: §88; EG. §4; Vorschub leisten: §89—91; EG. §4. Feindliche Handlungen g. befreundete Staaten: § 102—104. Feldfriichte, Diebstahl. NEV. Art. III §2 Nr. 2; Anzünden: §308-311. Feldmesser, Untreue: §286 Nr. 3. Feldpoltzeigesetze, EG §3; NED. Art. 111. Feldpolizei-Ordnung (Pr.). § 242 n. 52. 63—76. § 370 Nr. 5 n. 28. 29; Ges. v. 14. Apr. 1851 Art. 1 §3 (f. 696); NED. Art. III IV Nr. 1 Festnahme, rechtswidrige. § 341; Verjährung: § 72; F. vorläufig Entlassener: §25; vgl. auch Verhaftung. Festtag, Störung: §366 Nr. 1. Festung, Zerstörung rc: §90 Nr. 1. 2; EG. §4. Festungshaft: § 17. 19; Wahl zw. F. u. Zuchthaus. §20; Verhältniß der F z. Gefängnißstrase. § 21; Zusammentreffen mit Gefängniß. § 75; Strafunmündige: §57 Nr. 2; Versuch: §44; Beihülse: §49; Verjährung: §70 Nr. 1. 3-5; F. wird angedroht in den § 81. 83—86. 87—92. 94—107; 201—206; 345, Schlnßs. FestUUgSpläne, Mittheilung rc.: §90 Nr. 4; 92 Nr. 1; EG. § 4; Ausnahme: §360 Nr. 1, Schlußs. Feuer, Aufbewahrung: §367 Nr. 7; Unvorsichtigkeit: §368 Nr. 5; Anzündung in Wäldern rc.: §368 Nr.6; aus dem Felde: NEV. Art.III §3 Nr.5; Uebertretung feuerpolizeilicher Anordnungen: §368 Nr. 8; 369 Nr. 3. Feuerlöschgeräthschaften, Unterhaltung: § 368 Nr. 8, Unbrauchbarmachung rc., Brandftiitung: § 367 Nr. 3. Feuerstätte, Errichtung re.: §368 Nr. 3; Unterhaltung: § 368 Nr.4; Polizeivorschriften: § 369 Nr. 3 Feuerversicherung, Anzündung cm« versicherten Sache rc.: § 265. Feuerwerke, Zubereitung rc.: § 367 Nr. 4; Aufbewahrung rc.: § 367 Nr. 5; Ab­ brennen: § 368 Nr. 7. Feuerzeichen (f. d. Schifffahrt), Zerstörung rc.: §322. 325. 326; Krieg rc.: EG. §4. Firma, Waarenbezerchnung: § 287. Fischen, unberechtigtes: § 296. 370 Nr.4, Schlußs ; des. Gesetze: EG. §2; Pr. EG. Art. II; NEV. An. VI Nr. 1. Flachs, Rothen: NED. Art. III § 1 Nr. 3. Fleisch, trichinenhaltiges. Verkauf rc. § 367 Nr. 7, Schlußs. Fluß, Fahrwasser': § 321. 325. 326. Formen, s. Platten. Formular, -. Papiergeld, öffentlichen Attesten rc.. §360 Nr.5, Schlußs. Forstarbeit statt der Gefängniß, oder Geldstrafe: EG. §6; Pr. EG. An. X; NEB. Art. X. Forstbeamter re., Widerstand: § 117. Forstpolizei, besondere Gesetze: EG. §2; Pr. EG. Art II; NED. Art. VI Nr. I. Fragen a. d. Geschwornen: Pr. EG. Art. XXIV—XXVI. Freiheit, Verbrechen rc. g. d. pers. Freiheit: § 234—241; Entziehung: § 239; durch einen Beamten § 341. 358. Freiheitsstrafen, Arten: § 14 ff.; Dauer: §19; Umwandlung. § 28. 29; Straf. unmündiger: §66. 57, Schluß,.; Konkurrenz: § 74—77. Freimarke, falsche, Gebrauch: § 275 Nr. 1; Anfertigung: § 275 Nr. 2; Fälschung: $ 275 Nr. 3. Früchte, Anzündung: § 308—310. 325, Entwendung. § 370 Nr. 5 Schlußs. FührungSzeugniß, falsches: §363. Fürst, f. Buudesfürft. Furtum possessionis: § 269. 290. Fußangel, unbefugtes Legen 7 §367 Nr. 8, Schlußs. Futterdiebstahl: § 370 Nr. 6. Schlußs.

Garten, Steinwerfen rc.: §366 Nr. 7; unbefugtes Betreten: §368 Nr. 9; Be. Schädigung re. v. Pflanzen: NEB. Art. III §3 Nr. 2.

Eatterthor, Oeffnen: NED. Art. III §1 Nr. 8.

Register.

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Gebäude, gottesdienstl., Diebstahl. §243 9fr. 1: bewohntes, Liebst.: § 273 9fr. 7; Raub: § 250 9fr. 4; Zerstörung: § 305, Brandstiftung: $ 306—310. 325; Stemwerren: § 366 Nr 7; Ausbesserung. Sicherungsmaßregeln: § 367 9fr. 13. 14. Gebühren, widerrechtliche Erhebung: § 352. 353. 358. Gefahr, Verweigerung der Hülfe: § 360 9fr. 10. Gefangenaufseher, Bestrafung derselben, wenn sie einen Gefangenen befreien oder entweichen lassen: §121. 347; Widerstand und Angriff der Gefangenen gegen die AustaltSbeamten § 122. Gefangener, Beschäftigung rc.- § 15—17; Strasunmündlge: §57 Schlichs.; Be­ freiung- z 120 121; durch Beamte § 347, Zusammenrottung. §122, Unzucht: § 174 9fr. 3. GcsängNlßstrafe: § 16; Berechnung- § 19; Verhältniß zu Zuchthaus und Festung«, haft: §21; Zusammentreffen. § 75, Einzelhaft. §22; Entlassung: § 23—26; Um­ wandlung: § 28. 29; Verjährung. §70 9fr. 3—5; besondere Gqetze: EG. §5; Pr. EG. Art IX; FEV. Art.V1 §3; NFB. Art.IX. Gefängnißverwaltung: NEB. Art.xin. Gegenseitigkeit mit anderen Staaten. § 102. 103. 287. Geheime Verbindung: § 128. 129. Geheimniß, Verrath. §92 Nr. 1; v. Privatgehelmmssen: § 300) v. Telegrammen, h 355. Gehülfe: §49; Beihülfe nach der That: § 257. Geisteskranker: §51; Strafantrag: §65, Beischlaf - § 176 9fr. 2; Körperverletzung, Geisteskrankheit: § 224. 225. Geistlicher, Unzucht: § 174 Nr. 1; Kuppelet: § 181 Nr. 2; Trauung: § 337.338; Beleidigung: § 196. Geld, Nachmachung, Verfälschung, Verausgabung: § 146—148. 150—152; Stem­ pel rc.: § 360 Nr. 4, Schlichs. Geldstrafe: § 27; Umwandlung: §28. 29. 78; Vollstreckung in den Nachlaß: §30; Konkurrenz: § 78; Verjährung §70 Nr. 4—6. 71, des. Ges: EG. §5. Gemeindearbeit: EG. §6; Vr. EG. Art. X; NEV. Art.x. Gemeingefährliche Verbrechen rc.: § 306—330; Androhung: § 126; Anzeigepstlcht: § 132. Gesandter, Geschäftsträger, Beleidigung: § 104. Geschäftsräume, Eindringen: § 123. 124. Geschenk, Anstiftung: 48; Annahme durch Beamte: §331. 332. 334. 358; Ver­ leitung dazu: § 333; Einziehung- §335. ' Geschwister, „Angehörige" (i. d. W). §52; Blutschande: § 173; Diebstahl rc.: § 247: Begünstigung. §257; Hehlerei. § 258; Betrug h 263. Geschworener, Amt : t 31; falsche Entschuldigung. § 138; Bestechung: § 334; Fra­ gen. Pr. EG. Art. XXIV—XXVI. Gesetze (Vorschriften), besondere- EG. § 2 3. 5. 6. 8; Pr. EG. Art. 11. VIII—X; FEV. Art. VI; NEV. Art. Vlll-X. Gesetzgebende Versammlung, vgl. Reichstag. Gesinde, f. Dienstboten. Geställdniß, Erpressung: §343. Gesundheit, Körperverletzung. §223; Beschädigung derselben durch körperliche Miß­ handlung. § 223; Öift: § 229. 324 — 326; unrichtige GesundhettS - Atteste: § 277—280. Getränke, verdorbene rc.: § 367 9fr. 7, Schlußs.; Entwendung: § 370 9fr. 5, Schlußs. Gewalt, Anstiftung: §48; Anreizung zu Gewaltthätigkeit: § 130; Nöthlgung: 8 52. 242; Zusammenrottung: § 124. 125; Ausübung g. Retchstagsmngl. rc.: § 106; Hinderung: § 107; Widerstand: § 113. 114.117; Auflauf: § 116; GefaugenenMeuterei: § 122; Unzucht: §176 9fr. 1. 177; Entführung: §234-236; Dieb­ stahl (Raub): §252; Erpressung: § 253—255. Gewehr, Jagd, Einziehung: § 295; Jagdrevier: § 368 9fr. 10; unbefugtes Schießen: § 367 9fr 8, Schlußs.; 368 Nr. 7. Gewerdetreibeuder, fahrlässige Tödtung u. Körperverletzung: § 222. 230. 232; Un­ treue: § 266 Nr. 3; Baupolizei: § 367 Nr. 15; Maß- und GewichtSpolizer: § 369 Nr.2 Schlußs.; Feuerpolizei: § 369 Nr. 3.

Gerverbsrrnzucht: § 361 9fr. 6. 362.

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Register.

Gewicht, ungestempeltes. Gift, Vergiftung. § 229.

§ 369 Nr. 2. Schlichs. 324—326. Zubereitung rc.: § 367 Nr. 3; Aufbewahrung und Beförderung: § 367 Nr 5. Gläubiger, Fallit, Vertrag (Rb) Pr. EG. Art. XII § 3. Gottingen, UnlversitLtSqerickt: NEB Art. XV § 5. Glücksspiel: § 284 285 360 Nr. 14, Schlichs. Gottesdienst, Beschimpfung- § 166, Störung rc: §167: durch einen Beamten § 339; Diebstahl: § 243 Nr. 1; Beschädigung rc.: § 304; Brandstiftung. § 306 Nr. 1 325. Gotteslästerung: § 166. 167. Grab, Beschädigung rc.: § 168. Grabmal, Beschädigung rc : § 304. Grandgrabcn auf fremden Grundstücken: § 370 Nr. 2. Gras, Abschneiden rc.: NED. An. III § 1 Nr. 5. Grenze, Verrückung re eines Grenzsteins rc: § 274 Nr 2. 280. Grenzrain, Abgraben rc.: § 370 Nr. 1. Grube, untcrlastene Bedeckung: § 367 Nr. 12. Grundstück, Abpflügen rc.: § 370 Nr. 1; Wegnahme von Erde rc.: § 370 Nr.2; Stemewerfen: NEV. Art. III § 1 Nr. 9. Güterbestätiger (Güterpfleger), Untreue: § 266 Nr. 3. Haft: §18. 19; Geldstrafe, Umwandlung: §28. 29; Konkurrenz: §77; Verjäh­ rung : §70 Nr. 6; besondere Strafgesetze: EG. §5. Haide, Feueranzünden: § 368 Nr. 6) NEV. Art. III §1 Nr. 5. Handelsbücher, unterlassene Führung: § 281 Nr. 3 4; 283 Nr. 2. Hansestädte, strafbare Handlungen gegen den Senat rc.: § 105. 106. 339. Hausfriedensbruch: § 123. 124; Beamter: §342. Haufen, unbefugte Bildung bewaffneter Hansen: § 127. Haussuchung, Polizei-Aufstcht: §39 Nr. 3. Hebamme, Privatgeheimnch: §300. Hehlerei: §258-262; Rücksall: § 261. 244. Hochverrath: § 80-86. 93; EG. § 4; Ausland: §4 Nr. 1.2; Anzeigepflicht. §139. Hoheitszeichen, Zerstörung rc.: § 135. Holzdiebstahl, bezondere Gesetze: CG. §2; Pr.: EG. Art. II; NEB. Art. IID. Hülfe, Beihülfe. §49. 50; nach der That. § 257; Verweigerung der Hülse:§ 360 Nr. 10; Aussetzen rc. Hülfloser: § 221. Hunde, Jagd, Einziehung: §295; Hetzen. §366 Nr. 6 Hütte, Brandstiftung: § 296—310. 325; vgl. Gebäude.

Jagd,

unbefugte: § 292—295: Betreten fremder Jagdreviere: §368 Nr. 10; Ausnebmen der Eier rc.: § 368 Nr 11; Einziehung: § 295; besondere Gesetze: EG. §2; Pr. EG. Art. II; NEV. Art. VI Nr. 1; Zuständigkeit: Ges. v. 14. Apnl 1856 § 1 Nr. 4 (s 695). Jagdbeamter, (Jagdberechtigter), Widerstand: § 117.

Jnterimsschein, Fälschung: § 149 360 Nr. 6, Schlichs. Jugendliche Person (zwischen 12 und 18Jahren): § 56.

57; Strafantrag: §65; Blutschande: § 173; Aussetzung rc. jugendlicher Personen: § 221. Junge, AuSnehmen: §368 Nr. 11.

Kalender, unechter Stempelabdruck: § 275 Nr. 2. Kammer, f. Reichstag. Kanal, Störung des Fahrwassers: §321. 325. 326; f. auch Wasserstraße. Karrenstrafe: NEB. An.ix. Kartellträger beim Zweikampf: §203.204 209. Kasse, Bringen tn feindliche Gewalt: §90 Nr. 2; EG. §4. Kassenbeamter: §353. 358 Kails, f Ankauf. Kaufmann, Bankerutt: § 281—283; Waarenbezeichnung §287.

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Kaution, vgl. Sicherheit (§ 162). Keller, unterlassene Bedeckung § 367 Nr. 12 Kettenstrafe: NEV. Art. ix. Kind, strafunmündiges: § 55—77 (vgl jugenbt. Person); Unecht: § 176 Nr. 3; Entführung: §235; Unterschiebung: $ 169; Aussetzen: §221; Ktudeömord §217; Blutschande: § 173: Diebstahl rc : § 247; 370 Nr. 5, Schlußs ; Betrug. § 263; Begünstigung: §257; Beleidigung: § 189; Nichtanmeldung emefl gesundcnen K : (Nh.) Pr. EG. Art. XII § 6. Kindesmord: § 217. Kirche, Beschimpfung: § 166; Störung: § 167; Diebstahl: § 243 Nr. 1 s. Gottesdienst. Kirchendiebstahl: § 243 Nr. l. Knochen-Sammeln: NEV Art.III § 1 Nr. 7. Komplott: §47 n. 7—11. 13; s. Zusammenrotten. Kokarde, Unfähigleit: § 34 Nr. 1. Konkurrenz: § 73—79; Verfahren. Pr. EG. Art. XXI—XXIII. Konkurs, besondere Strafvorschriften: EG.: §2; (Nh.) Pr. EG. Art. XII Nr. 2. 3; vgl. Bankerutt.

Konkussion: § 253—256. Konnexität: Pr. EG. Art. XXI-XXIII. Korporation (Körperschaft), Schuldverschreibung, Fälschung: § 149; kirchliche, Beschimpfung: § 166; Beleidigung: § 197. Korrektioushaus: NEV. An. ix. Kosten, (Nh.) Pr. EG. Art XXVII § 1.

Körperverletzung: § 223—233; schwere: § 224.225; tödtliche: § 226—229; fahr­

lässige: § 230. 232; Erwiderung: § 233; Strafantrag: § 232. 65; Zweikampf: § 207; Aussetzung. § 221; Schlägerei rc.: 227 ; Freiheilsentziehung: §239; Raub. §251; Eisenbahntransport. § 315 316. 325; Beschädigungen von Wagen rc.: *321; Beamter: §118. 340. 358; Pnvatklage: § 232; Pr. EG. Art XVl—XVIII. Krankenanstalt, Arzt, Unzucht: § 174 Nr. 3. Krankheit, Kranker, Aussetzen rc.: § 221; ansteckende Kr. § 327. 328. Krebsen, unbefugtes: § 296; 370 Nr 4, Schlußs.

Kreditgeben an Minderjährige. § 300. 301. Krieg, LandeSverrath: §87—90; CG. §4; LieferungSverträge, Nichterfüllung: §329; ioDedftrafe: CG. § 4. Kriegsbedürfnisse, Zerstörung rc.: §90 Nr. 2; EG. §4; Versorgung gesammelter Mannschaften: §127; LieferungSverträge, Nichterfüllung § 329. Kriegsdienst, feindlicher §88; fremder, Entführung: §§ 234; Anwerben- § 141, Wehrpflicht, Ungehorsam: § 112, Auswanderung: § 140; Verstümmelung. § 142; Entziehung: § 140. 142. 143. Kriegszustand, Todesstrafe CG. § 4. Kugeln, Zueignung: § 291. Kunstsache, Beschädigung rc. - § 304.

Kuppelei: § 180. 181.

Kurator, Unfähigkeit: §34 Nr. 6; Untreue: § 266 Nr. 1; vgl. Vormund.

Landesgesetzgebung, Zuständigkeit: EG. § 2. 3. 5. 8. Landesherr, Mord rc.: §80; Thätlichkeit §95; Beleidigung: §94; Handlungen g. fremde Landesherren: § 102. 103. Dgl. BundeSfürsten, BundeSoberhaupt. Landesherrliches Haus, Thätlichkeit: §96; Beleidigung: §97. Landeskokarde, Unfähigkeit : §34 Nr. 1. LandeSverrath: § 87—93; EG. §4; Ausland: §4 Nr. 2, Anzeigepflicht: § 139. Landesverweisung, vgl. Bundesgebiet.

Landfriedensbruch: § 125. Landstreicher: § 361 Nr. 3; 362 Landtag, vgl. Reichstag. Landwehr, Auswanderung § 360 Nr. 3; Aufforderung z. Ungehorsam: § 112; vgl. Mtlitarrperson.

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Landwirtschaftliche Erzeugnisse, Anzündung: § 308—310. 325. Landzwang, öffentliche Friedensstörung: § 126; Erpressung: § 254.

Lärm, ruhestörender: § 360 Nl. 11. Lebensmittel, verdorbene: § 367 Nr. 7, Schlußs.; Entwendung: §370 Nr. 5, Schluß. LegitimationSpapier, falsches: § 343. Lehmgraden auf fremden Grundstücken: § 370 Nr. 2. Lehrer, Ihuudbt: 8 174 Nr. 1; Kuppelei § 181 Nr. 2. Leibesfrucht, Abtreibung 2f : § 218—220. Leiche i&idmam), Wegnahme: § 168.367 Nr. 1; Beerdigung rc.: § 367 Nr. 1.2. Leichendiebstahl: § 168; Wegnahme von Theilen einer Leiche §367 Nr. 1. Licht, Unvorsichtigkeit: § 368 Nr. 1. Lieferungsvertrag, Nichterfüllung: § 329 Lotterie, Veranstaltung: § 286; Spielen in fremden L : NEB. Art. IV Nr. 1.

Mäkler, Untreue: §266 Nr 3. Magazin, Zerstörung rc.: § 90 Nr. 2; EG. §4; Anzündung: § 308—310. 325. Maiestätsbeleidignng: § 94—97. 4. Mauifestationsetd, Zuwiderhandlung: § 162. Mannschaften, Anwerbung. Hochverrath § 84; Landesverrat: § 90 Nr. 3; EG. § 4; Besorgung mit Waffen rc.: § 127. Marine, f. Bundes-Marine. Maffenvervalter, Untreue: §266 Nr. 1. Map- Polizei: §369 Nr. 2, Schlußs. Medizinalperson, vgl. Arzt. Mehrheit der Therlnebmer: § 47. 50; Hochverratb: 8 83; Widerstand g. Beamte: § 119; Hausfriedensbruch: §123; Diebstahl: §243 Nr 6; Raub: §250 Nr.2; Jagdfrevel: §293. Meineid: § 153—163; Verleitung: § 159; Fahrlässigkeit: § 163; Falscher Eid: §160. Menschenraub: §234. 235; Anzeigepflicht: § 139 Mergelgraben, auf fremden Grundstücken: § 370 Nr 2. Merkpsahl, Merkzeichen, Wasierstand: § 274 Nr. 2; Grundstücke: NEV. Art. HI §3 Nr 2. Messer (Beamter), Untreue: §266 Nr 3. Meuterei der Gefangenen: § 122. Militairabschied, falscher: § 363. Mllitairdienst, vgl. Kriegsdienst. Milttairpersou, Strafgesetzbuch: § 10; Widerstand: § 113; Beleidigung: § 196; Bestechung: § 333. 335. Minderjähriger, Strafantrag: § 65; Entführung: § 225. 237; Kreditgeben: §301. 302. Mineralien, unbefugte Gewinnung: § 370 Nr. 2. Mißhandlung: § 223—228. Monat, Berechnung: §19.

MontirungSstück, Ankauf rc.: § 370 Nr. 3. Mord: §211; M. rc. des LandeSherrn rc : § 80; Bedrohung mit M.: § 254;

Brandstiftung: § 307 Nr. 2; 325; EG. §4; Anzergepflichl: § 139. Munition, verschossene, Zueignung: § 291; Aufsammlung: § 360 Nr. 2. Müuzverbrechen rc.: § 146—152 Nr. 1. 2; Anzetgepfltcht: § 139. Müßiggang: § 361 Nr. 4; 362. Mutter, KindeSmord: § 217; Abtreibung: § 218; Aussetzung: § 221. Nachlese: NED. Art. III § 1 Nr. 2.

Nachrichten, geheime, Verrath: § 92 Nr. 1; Bestrafung desjenigen, welcher geheime Nachrichten an eine andere Regierung mittheilt oder öffentlich bekannt macht: § 92 Nr. 1. Nachtzeit, Diebstahl: § 243 Nr. 7; Raub: 8 250 Nr. 4; Jagen: §293; Fischen rc.: § 296; Strandhöhe, Feuer: § 322 325. 326: EG § 4. Nahrungsmittel, Entwendung: 8 37o Nr. 5. Schlußs. Namen, falscher. §360 Nr. 8; Waarenbezetchnung: §287.

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Natlonal-Kokarde,

Verlust: §34 Nr. 1; unbefugtes Tragen: § 360 n. 37; EG. § 2 n. 24. Nießbraucher, f. Nutznießer. Notar, Amt: § 31; Beamter: § 359; Geheimhaltung: § 300. Nöthigung z. e. ©traftbat: §52; Nöthigung zn e. andern Handlung: § 240; z. e. Anushandlung: § 114; z. Unzucht: tz 176 Nr. 1; 177.

Nothstand: §54; Noth, r?»eferungSvenrag, Nichterfüllung: § 329; Verweigerung der Hülfe: § 360 Nr. 10. Nothwehr: § 53.

Nothzucht: § 177. 176 Nutznießer, Besitz- rc.

Nr. 1. Diebstahl: §289.

Obrigkeit, Aufforderung z. Ungehorsam: § 110; Verdächtigung: § 131. Oesseutliche Aufforderung z. Hochverrath: $ 85; ). Widerstand rc.: §110;

). straf, baren Handlungen: §111; Verdächtigung rc. d. Staatseiurickiungen rc.: § 131; unzüchtige Handlungen: § 183; Beleidigung.- § 186. 200; Verleumdung: § 187. Oeffeutlichkeit: §85 n.i-9; Oessnung, Bedeckung- §367 Nr. 12. Ofsenbarungseid, Zuwiderhandeln: §162. Operationsplan, Verrath: §90 Nr. 4; EG. § 4. Orden, Verlust: § 33; Unfähigkeit: §34 Nr. 3; Unbefugtes Tragen: § 360 Nr.6.

Papiergeld,

Fälschung: § 146—149. 151. 152; Anfertigung v. Stempeln re. zu P.: §360Nr 4 5, Schlußs.; Addildungen,d. Papiergelde ähnlich: §360Nr.6, Schlußs. Partirerci: §259—262. Paß (Reisepaß), saljcher: §363 275 Nr. 2. Passe, Bringen in feindliche Gewalt: tz 90 Nr. 1; EG. § 4. Personenstand, Verbrechen rc. in Bez. a. P.: § 169.170, Doppelehe: § 338; An. dere Pfltchtwidngketlen: (Rh.) Pr. EG. Art. XII § 4. Pfahl, Absperrung rc., Beschädigung: NEV. Art. 111 §2 Nr. 2. Pfaudgla'llbiger, Besttz-Diebstahl: §289. Pfandleiher, Gebrauch der verpfändeten Sache: § 290; Anordnungen, Zuwider, handeln: §360 Nr. 12. Pfaudnahme: Hehlerei: §259; Waffen rc.: § 370 Nr.3. Pfändung, Beseitigung gepfändeter Sacken: § 137. Pferd, Zureiten auf Straßen rc.: § 366 Nr. 2; Steinewerfen: § 366 Nr. 7; Futterbiedstahl: § 370 Nr. 6 Plaggenhauen auf fremden Grundstücken: § 370 Nr. 2. PlaglUM, vgl. Menschenraub. Platat, vgl. Anschlag.

Plane, vgl. Festungspläne, Operationspläne.

Platten, Unbrauchbarmachung: tz 41. 42; Münzverbrechen: § 151; Unbefugte An. ferligung rc.: § 360 Nr. 4—6. Schluß;. Platz, Bringen m feindliche Gewalt: § 90 Nr. 1; EG. §4; öffentlicher Pl., Trans, portsache, Diebstahl: § 243 Nr. 4; Raub: § 250 Nr. 3; Beschädigung: § 304; Reinlichkeit rc.: § 366 Nr. 2. 3. 8—10; § 367 Nr. 12.14. Politische Rechte. Unfähigkeit: §34 Nr. 4. Polizei-Aussicht: §38. 39; Pr. EG. Art. VIII. XX; FED. Art. VI §2; NEV. An. VIII §45; Strasunmündiger: §57 Nr. 5; Konkurrenz: §76; Zuwiderhand, lung: §361 Nr. 1; PA. ist angedroht in den § 44 115. 125. 146. 180. 181. 248. 256. 262. 294. 325. Polizeigericht, Polizeirichter, Zuständigkeit: Pr. EG. Art. XIII XIV. XX; Ge,, v. 14. Apr. 1856 Art. I (f. 695) NEV. Art. XV §4; Art. XVII. Polizeistrafgeseh, franksurter: NEV. Art. VI; hannöverjcheS, v. 25. Mai 1847: NEV. An. XV § 1. Polizeistunde, Uebertretung: §365. Polizeiverordnung (Anordnung), Zuwiderhandlung: §361 Nr. 6; 366 Nr. 1. 10; 36/ Nr. 2. 5. 1»; 368 Nr. 1.2. 8; NEV. Art VI §2. Postbeamter, Eröffnung rc. d. Briefen rc.: § 354. 358. Poftfreimarke, Fälfchung: §275

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Postgebäude, Diebstahl: §243 Nr. 4. Postkontravention, besondere Bestimmungen: CG. § 2; Verjährung: EG. §7. Prävarikation: §346. 356. Polizeigesetze, besondere: EG. § 2. Privatgeheimniß, Offenbarung: § 300. Privatgewässer, Verunreinigung: RED. Art. III § 1 Nr. 3. Privatklage, Beleidigung: § 194. Privatweg, Wegnahme v. Erde rc.: § 370 Nr. 2; geschloffene, Begehung re.: § 368 Nr. 9; Beschädigung: NEB. Art. III § 3 Nr. 1; Steinewerfen: NEB. Art. III § 1 Nr. 9. Privaturkunde, Fälschung, vgl. Urkundenfälschung. Promeffenhandel: § 286 n. 5. 6; NEB. Art. IV Nr. 2. Prozeßordnung, bürgert. (Hannover): NEB. Art. XV §6. Pulver, Zerstörung rc : § 311. 325; Kriegszustand: CG. § 4; Zubereitung: § 367 Nr.4; Aufbewahrung rc.: § 367 Nr.5. Quittungsbogen, Fälschung: § 149. 360 Nr. 6, Schlußs. Rädelsführer, Aufruhr: § 115; Landsriedenübruch: § 125. Nasen, Wegnahme: § 370 Nr. 2. Raub: § 249—252. 255. 256; R in Banden' § 250 Nr. 2; § 243 Nr. 6; Straßen­ raub: § 250 Nr. 3; Rückfall: § 244; Hehlerei: § 258.261; Ankauf geraubter Sachen: § 259; Brandstiftung: § 307 Nr. 2; 325; EG. § 4; Anzeigepflicht: § 139. Raufhandel: § 227. 367 Nr 10. Raupen, Unterlassung: §368 Nr. 2. Real-Injurie: § 185 n.5. Rechnung, Fälschung: § 351. 353. 358. Rechtsanwalt, NechtSbeistand, Geheimnißbruch: § 300; Gebührenüberhebung: § 352. 358; Pravarikativn: §356. Reciprozität: § 102. 103. 287. Regent, Thätlichkeit: §96. 100; Beleidigung: §97. 101. 103. Register, amtliches, Vernichtung rc.: § 133; Fälschung: § 271—273; Beamter: tz 348 349. 351. Reichstag, strasb. Handlungen g. dens. rc.: § 105. 106. 339; Beleidigung: § 197. Reinlichkeit, Polizeiverordnung: § 366 Nr. 7. 8. 10. Reisegepäck, Diebstahl. § 243 Nr. 4. Reisender auf Schiffen, Mitnahme verbotener Gegenstände.- § 297. Reisepaß, vgl. Paß (§275 Nr. 2 § 363). Reiten, schnelle«: §366 Nr. 2; ü. fremde Gärten rc : § 368 Nr. 9. Reiz: §213; vgl $ 199. 233. Religion, Vergehen in Bez. auf die Religion: § 166—168. NeUgionsdiener, vgl. Geistlicher. ReligionSgesellschaft, Beschimpfung: § 166; Gottesdienst, Störung: §167.339; Beichädigung rc.: § 304. Reutenanstalt, unbefugte Errichtung: §360 Nr. 9 Reparatur, vgl. Ausbesserung (§367 Nr. 13.14). Reservist, Auswanderung: § 360 Nr. 3. Rheinprovinz (Pr), besondere Bestimmungen: Pr. EG. Art. XU; Zuständigkeit: Pr. EG. Art. XIV; Ervilpartei: Pr. EG. Art. XVI; Kosten, Schadenersatz: Pr. EG. Art. XXVII. Richter, Geschenknahme, Bestechung: §334. 335; Beugung d. Recht«: § 336. Risse von Festungen, s. Festungspläne. Rückfall, Diebstahl: § 244. 245; Raub: § 250 Nr. 5; Hehlerei: §261; Betrug: § 264. Rügen der Vorgesetzten: § 193. Ruhe, Straße rc., Polizeiverordnung: § 366 Nr. 10; Lärm § 360 Nr. 10. Sachbeschädigung: § 303—305. Sachverständiger, falsches Gutachten: § 154.155 Nr. 2; 157.161; falsche Entschul­ digung: § 138.

9i e fl t |t er.

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Sammlung, öffentliche, Beschädigung: § 301 Sandgraben auf fremden Grundstücken: $ 370 Nr. 2 Schadensersatz- (Nh.) Pr. CG. Art. XXVII, NEB. Art. XV §3. Schaffner, Untreue § 266 Nr. 3 Schankstube, Polizeistunde: § 365. Schauer, Untreue: §266 Nr. 3. Schiedsrichter, Bestechung § 334.335; Beugung d. Rechts: § 336. Schiedsmann, Sühneversuch: Pr. EG. Art. XVIII. Schießen, verbotenes § 367 Nr. 8 Schlußs ; 368 Nr. 7. Schießgewehr, vgl. G ewehr (§295. 367 Nr. 8 und 9). Schießpulver (Schießbedars), LandeSverrath § 90 Nr. 2; EG. §2; Aufsammeln: § 360 Nr. 2, Schlußs.; Zubereitung § 367 Nr. 4; Aufbewahrung rc ; § 367 Nr. 5. Schießstand, Zueignung von Kugeln § 291. Schiff, Landesverrat!)- §90 Nr. 2, Diebstahl: § 243 Nr. 7; Stranden: § 323. 325. 32b; Versicherung, Betrug. § 265, Feuerzeichen rc : § 322. 325 326; EG. § 4; Zerstörung § 305; Brandstiftung §306 — 310 325. Schiffer (Schiffsmann), verbotene Gegenstände § 297; Heuer, Entlaufen: § 298. Schifffahrt, Feuerzeichen rc.: § 322 325. 326; Kriegszustand: EG. § 4. Schlageisen, unbefugtes Legen: § 367 Nr. 8, Schlußs Schlägerei, § 227. 228; Wafstngedrauch: § 367 Nr 10. Schleuse, Beichadigung rc.: § 321. 325. 326, Ausbesserung, SicherungSmaßregeln: § 367 Nr. 14. Schlitten, Fahren, Deichsel, Geläute: § 366 Nr 4. Schlosser, Schlüssel, Anfertigung rc : § 369 Nr. 1 Schlüssel, Anfertigung: § 369 Nr. 1; Diebstahl: § 243 Nr. 3. 4. Schöffe, Amt. § 31; falsche Ent,chuldigung: § 138; Bestechung: § 334. 335. Schonung, unbefugtes Gehen rc § 368 Nr. 9. Schonzeit, Jagen. § 293. Schornstein, Reinigung: § 368 Nr. 4. Schrift, Aufforderung zu strasb. Handlungen § 85. 110. 111; unzüchtige: § 184; beleidigende. § 186. 187. 200; Platten, Formen: §41. 42; unechte Stempel­ abdrücke: § 275 Nr. 2. Schuldverschreibung auf den Inhaber, Fälschung: § 149. 360 Nr. 6, Schlußs. Schutzwthr, Widerstand: § 113; Beschädigung rc. h 321. 325. 326. Schwangere, Abtreibung rc. d. Leibesfruchr: § 218—220. Schwiegereltern, Beiichiaf mit Schwiegerlindern: § 173. See, Raub. § 250 Nr. 3, Zusammenstoßen v. Schissen: § 145. Sekundant, Zweikampf: § 208 209 Selbstgcschoß, unbefugtes Legen derselben: § 367 Nr. 8, Schlußs. Selbstverstümmelung, Wehrpflicht. § 142. Sequester, Untreue: § 266 Nr. 1. Sicherheit, eidliche, Zuwiderhandeln: § 162, öffentliche, Poltzei-Anordnungen: § 366 Nr. 2—5. 7—10. Siegel, Beschädigung rc.: § 136, Anfertigung, unbefugte: § 151 360. Nr. 4—6, Schlußs. Singvögel, Eier, Jungen: § 368 Nr. 11. Sittlichkeit, Verbrechen rc.: § 171—184; Entführung: § 235; vgl. Unzucht, Bei­ schlaf. Sklaverei, Entführung: § 234. Sodomiterei, vgl. Unzucht (§175). Soldat, LandeSverrath: § 90 Nr. 1. 3. 6; EG. § 4, Montirung, Kauf: § 370 Nr.3; vgl. BundeSheer, Militairperson. Sonntagsfeier, Störung: § 366 Nr. 1. Spiel, Baukerutt: § 283 Nr. 1; HülsSbedürsugkeit: § 361 Nr. 5; 362; vgl. Glücks­ spiel. Spielkarten, unechte Stempelabdrücke: § 275 Nr. 2. Spion: §90 Nr. 5; EG. § 4. Spielbank: NEV. Art. IV. V. Staat, befreundeter, feindliche Handlung: § 102—104; vgl. Bundesstaat.

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Register.

Staatsbürgerliche Rechte, Verlust: § 34 Nr. 4; Verbrechen re. in Ber ans dies.: § 105—109 339. Staatseinrichtung, Verdächtigung: § 131. Staatsgeheimuiß, Verrath: 8 92 Nr. 1. StaatSgeschast, Führung z. Nachtheil d. Bundes rc.: § 92 Nr. 3. Staatsgewalt, Widerstand: 8 110—122. Stauer, Untreue: § 266 Nr. 3. Steine, Werfen: § 366 Nr. 7; NED. Art. III § 1 Nr. 9; Wegnahme: § 370 Nr. 2. Stempel, unbefugte Anfertigung rc.: § 151. 360 Nr. 4—6, Schlußs. Stempelpapier (Stempelmarte, Stempelblanket, Stempelabdruck), falsches, Gedrauch: 8 275 Nr. 1; 276; Verkauf: 8 364; Fälschung: § 275 Nr. 3; Anfertigung von Platten rc.: § 360 Nr. 4, Schlußs. Sterbekaffe, Errichtung: 8 360 Nr. 9. Steuer, wioerrechtltche Erhebung rc: § 353. Steuervergehen, besondere Gesetze: EG. § 2; Verjährung: §7. Stiche, vgl. Stempel, Siegel. Stiefeltern, Beischlaf: s 171. Stimmrecht, Unfähigkeit: §34 Nr. 4: Verhinderung: § 106. 107.339. Stimmzettel, Sammlung: § 108. Störung, Gottesdienst: b 167; SonntagSfeier: § 366 Nr. 1; Ruhe: § 360 Nr. 11. Strafanstalt, Aussicht: NEV. Art. XIV. Strafarbeit, NEV. Art. x. Strafe, Ge,ey: §2; Arten: EG. §2.6; §13-42; Pr. EG. Art.IX. X; FEV. Art. VI; NEV. Art. IX. X; Sirafauöichließung rc.: $ 51 ff.; Untersuchungshaft, Anrechnung: §60; Zusammentreffen: §73—79; Verjährung: §70—72; wider­ rechtliche Vollstreckung: § 345. 346^vgl. Todesstrafe, Freiheitsstrafe, Geld­ strafe: Straffestsetzung, vorläufige: NEV. Art. II. J. Strafgefangener, Beschäftigung: §15. 16. 362; NED. Art. IIL. X. Strafgericht, Frankfurt: NEV. Art. XVII; Hannover: NEV. Art. XV §4. Strafgesetz, allg. Anwendung: §3. 10; Mildere-: §2; besondere: CG. §2. 3. Strafsache, vgl. Uvtersuchungssachen. Strasurtheil, Bekanntmachung: § 200. Strandung, vorsätzliche: §323. 325. 326; EG. § 4; Versicherung, Betrug: § 265; Feuerzeichen rc : § 322. 325. 326. , Straße, Diebstahl: § 243 Nr. 5; Raub: § 250 Nr. 3; Zerstörung einer Straße: § 305; Sicherheit rc., Uebertretnng: § 366 Nr. 2—5. 8—10. § 367 Nr. 12.14. Strom, Störung des Fahrwassers: 8 321. 325. 326. Tag, Berechnung: §19. Ttuvftummer, Strafiofigkeit: §58; Strafantrag: § 65. Telegrapheuauftalt, Beschädigung rc.: § 317—320. .Telegrapheubeamter, Verngchläistgung: § 318—320; Fälschung rc.: § 355.358. Telegraphen-Freimarke, vgl. Freimarke (§275). Testaments-Exekutor, Untreue: §266 Nr. 1.

Thäter: § 47.

Thätlichkeit g. sürstl. Personen: § 96. 98. 100; Beleidigung: § 185; Hinderung d. Gottesdienst § 167. 339. Thatsache, Verdächtigung, amtl. Anordnung: § 131; Beleidigung rc.: § 186—191; Betrug: 8 263. Theilnahme: § 47-50; Wehrpflicht, Entziehung: § 143; Diebstahl gegen Ange­ hörigen: § 247. 289; Strafantrag: § 63; vgl. Anstifter, Hülfe. Thier, Unzucht: § 175; Aussicht: § 366 Nr. 5; Wersen auf Th.: § 366 Nr. 7; gefährliche rc.: § 367 Nr 11. Thterquälerei, § 360 Nr. 13. Thronfolge, Aenderung: § 81 Nr. 2; EG. § 4. Titel, Verlust: §32; Unfähigkeit: § 34 Nr. 3; unbefugte Annahme:.§ 360 Nr.8. Todesstrafe, Vollstreckung: § 13; Ehrenrechte: § 32; Versuch: § 44; Beihülfe: § 49; Strafunmündiger: §57 Nr. 1; Verjährung: § 67. 70 Nr. 1; Todesstrafe ist angedroht in 8 80. 211; EG. § 4. x

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Todtschlag: §212-215; Schlägerei: §227. 228. TödtlMg, Bnndesfürft: § 81 Nr. 1; EG. § 4, Nothzucht: § 178; Zweikampf: §206. 207; tm Zorn §213; bei Begehung einer strafb. Handlung: § 214; T. auf Ver­ langen § 216; KmdeSmord: § 217; T. b. Leibesfrucht: § 218—220; T. aus Fahrlässigkeit: § 222; TöbtUche Körperverletzung: § 226; Schlägerei: § 227. 228; Freiheitsentziehung: § 239; Raub: § 251; Brandstiftung: § 307 Nr. 1; 309. 325 ; EG. §4; Ueberfchwemmung: §312.314; EG. §4; Eisenbahntransport: § 315. 316. 325; EG. § 4; X durch Gift: § 229; Vergiftung von Brunnen ic.: § 324—326; EG. § 4; T. durch Beschädigung rc. von Wasserleitungen rc: § 321; durch Stranden rc.: § 322. 323. 325. 326; EG. § 4. Torfmoor, Anzündung: § 308—310. 325. Transport, Enenbahn, Gefährdung- § 315. 316. 325; Gefangene vgl. d. W. Transportsache, Diebstahl: § 243 Nr. 4. Trichinen, Fleuch: § 367 Nr. 7, Schlußs. Trunk, Hülssbedürftigkeit: § 361 Nr. 4; 362. Truppen, vgl. Solvaten, Bundesheer. Tumult, vgl. Ausstand, Aufruhr. UebergangSbestimmuugen: EG. § 8; Pr. EG. Art. VIII —X; FEV. Art. VI; NEV. Art. VIII—X. Ueberfchwemmung, vorsätzliche: § 312. 313. 325; EG. § 4; fahrlässige: § 314; Bedrohung: § 254. Nebertretung, Begriff: §l;Pr. EG. Art. VIII; FEL. Art VI § 2; NEV. Art.VIII; Bestrafung: § 360—370; Ausland: § 6; Versuch: § 43; Beihülfe: §49; Straf­ unmündiger: §57 Nr. 4; Zusammentreffen: §78; Verjährung: § 67. 70, Zu­ ständigkeit: Pc. EG. Art. XIII. XIV; NEV. Art. VIII. XVIII. Umwandlung, Geldbuße: §28. 29; Strafunmündiger: §57 Nr. 3. Unfug: § 360 Nr. 11. Ungehorsam, Aufforderung: § 110. 112. Unglimssälle, Verweigerung der Hülfe § 360 Nr. 10. Uniform, unbefugtes Tragen: § 360 Nr. 8. Unkenntmß, Strafbarkeit: § 59. Unrath, Werfen.- §366 Nr. 7. Unterkommen, Beichaffung: § 361 Nr. 8; 362. Unterschiebung eines Kindes: § 169. Unterschlagung: § 246—248: Beamter: §350.351; Hehlerei: § 258; Ankauf: § 259. Untersuchungshaft, Anrechnung: § 60. Untersuchung, Erpressung von Geständniffen rc.: § 343; widerrechtliche Eröffnung rc.: § 344; widerrechtliche Unterlassung: § 346; Unzucht: § 174 Nr. 2; Zeugniß, falsches: § 154; vgl. Rechtssachen. Untreue: § 266. Unzucht, Vormünder, Lehrer rc.: § 174 Nr. 1; Beamter rc.: § 174 Nr. 2. 3.; U. in. Bewußtlosen rc.: § 176 Nr. 2; § 178; mit Kindern: § 176 Nr. 3; § 178; U. mit Gewalt rc.: § 176 Nr. 1; § 178; widernatürliche: § 175; gewerbsmäßige: §361 Nr. 6; §362; NEV. Art. XV § 1; Kuppelei: § 180. 181; Entführung: § 236. 237; Aergerniß: § 183, Schriften re : § 184; vgl. Sittlichkeit, Bei­ schlaf. Unzurechnungsfähigkeit: § 51—55; Strafunmündigkeit: § 56. 57. Urkunde, Landesverrat!): § 92 Nr. 1. 2; Beschädigung re : § 133. 348, Schlußs.; unbefugte Eröffnung: § 299. Urkundenfälschung: § 267—280; intellektuelle: § 271—273; Beamter: § 348. 349. 351Landesverrat-: §92 Nr. 2; Wahl- und Stimmzettel: § 108; GesundheitsAtteste : § 277; andere Atteste, Paffe: § 363.

Vater, Strafantrag: § 189 195; vgl. Eltern. Verabredung, Hochverrath: § 83. Verbindung, geheime: § 128. 129. Verbrechen, Begriff § l; Pr. EG. Art. VIII. IX; BundeS-Strafgesehbuch.

FEV. Art. VI; NCD. Art.

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VIII. IX; Versuch: $ 43; Verjährung : § 67. 70; Zuständigkeit: Pr. EG. Art. XIII. XIV; Ges. v. 22. Mai 1852 Art. I. IV (s. 693). Vereinsrecht, besondere Bestimmungen: EG. §3; Pr EG. Art. II; NEV. Art IIA. Verfälschung, vgl. Fälschung. Urkundenfälschung. Verfassung, vgl. Bundesverfassung, Bundesstaat. Verführung eines jungen Mädchens: § 182. Vergehen, Begriff: § 1; Pr. EG. Art. VIII. IX; FEV. Art VI; NEV. Art. VIII. IX; Ausland: 8 4. 5; Versuch: § 43, Strajunmündiger: § 57 Nr. 4; Verjäh­ rung: § 67. 70. Vergiftung eines Menschen: § 229, v. Brunnen, Waaren tc.: § 324—326. Verhaftung, rechtswidrige: § 341.358; vgl. Festnahme. Verjährung der Strafverfolgung: § 66—69; d. Strafantrag«: §61; Doppelehe: § 171; Beleidigung: § 198, Körperverletzungen: § 232; der Strafvollstreckung: § 66. 70—72; Abgabenhinterziehung rc.: EG. § 7; NEB. Art. XI. Verkauf unzüchtiger Schriften rc.: § 184; v. Gift und Arzeneien: § 367 Nr. 3; vergifteter rc. Sachen: § 324—326; v. Stempelpaprer rc.: § 364; verdorbener rc. Getränke rc: § 367 Nr. 7; verbotener Waffen: § 367 Nr. 9, Schlußs. Verlassen eines Hülflofen: § 221. Verleitung, Anstiftung: §48; Desertion: § 141; Auswanderung: §144; Mein­ eid re.: § 159. 160; Beischlaf: § 179. 182. Verleumdung: § 187; Verfolgung: Pr. EG. Art. XVI. Vermögen, Beschlagnahme: § 93. 140. Vernichtung, v Urkunden: § 92 Nr. 2.133. 348. 274 Nr. 1. 280; D. gepfändeter Sachen: §137; eine« Grenzsteins rc.: § 274 N. 2. 280; vgl. Beschädigung. Versammlungsrecht, besondere Bestimmungen EG. §3; Pr. EG. Art. II; NEV. Art. IIA. Versicherung, Betrug: § 265. — Vgl. Diensteid, EideSstatt. Versicherungsanstalt, unbefugte Errichtung: § 360 Nr. 9. Versicherungsgesellschaft, Täuschung durch falsche Atteste: § 277—280 Versteigerer, Untreue: § 266 Nr. 3. Verstorbener, Beschimpfung: § 189 Verstümmelung, Wehrpflicht: § 142. Versuch: § 43-46; Mord, Landesherr: §80; Vergehen: § 43. 107.120.141.148. 150. 160. 169. 240 242. 246. 253. 263. 289. 303-305. 339. 350. 352 Vertheidigung, Nothwehr: §53; Beleidigung: § 193; Vertheidiger, Geheimnißbruch: tz 300. Vertheidigungsposten, Bringen in feindliche Gewalt: § 90 Nr. 1; EG. §4. Veruntreuung: § 246 Nr. 5. Verwalter v. Stiftungen, Untreue: § 266 Nr. 1. Verweis: § 57 Nr. 4. Verzicht auf Bestrafung: Pr. EG. Art. XVI XVIII. Viehfutter, Futterdiebstahl: § 370 Nr.6, Schlußs.; Abschneiden: NEV. Art. III § 1 Nr. 5. Viehseuche, Verhütung: § 328. Viehtreiben über fremde Aecker rc.: § 368 Nr. 9. Vögel, vgl. Singvögel, Federwild. Vollstreckung, Strasunmündiger: § 56. 57; widerrechtliche: § 345.346. Vorbeifahren, Hindern: § 366 Nr. 3. Vorgesetzte, Vorhaltungen: § 193; Strafantrag: § 196; Verleitung z. e. Strafthat § 357. 358. Vormnnd, Unfähigkeit: § 34 Nr. 6; Strafantrag: § 65; Unzucht: § 174 Nr. 1; Kuppelet: § 181 Nr. 2; Untreue: § 266 Nr. 1; Diebstahl re.: § 247; Betrug: § 263. Borräthe, LandeSverrath: § 90 Nr. 2; EG. § 4.

Waage, unrichtige, Besitz: Waare, Bezeichnung Mit

§ 309 Nr. 2, Schlußs. fremden Namen rc.: § 287: mit fürstlichen Wappen: § 360 Nr. 7 ; Waarenvorräthe, Anzündung: §308—310. 325; Vergiftung: §324 bi- 326; entzündliche Waaren, Aufbewahrung: § 367 Nr. 6.

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Wäger, Untreue: § 266 Nr. 3. Waffen, Einübung, Hochverrath: § 84; Waffentragen g. d. Bund rc.: § 88; EG. §4; Bringen m feindliche Gewalt: §90 Nr. 2; EG. § 4; Versorgung gesam­ melter Mannschaften § 127; Aufsammlung § 360 Nr. 2, Schlußs.; Hausfrie­ densbruch- § 123; Diebstahl: §243 Nr.5; Raub: §250Nr. 1; Bettelei: §362; Verbotene Waffen: § 367 Nr 9, Schlußs.; Schlägerei: § 367 Nr. 10. Wahlhandlung (Wahlgeschäst), Fälschung: § 108 Wahl, Wahlrecht, Verhinderung: 8 107.339; Unfähigkeit §34 Nr. 4; Verlust der daraus hervorgegangenen Rechte: § 33; vgl. die § 81. 83. 84. 87—91. 94. 95. Wahlstimme, Kauf, Verkauf: § 109; vgl. Stimmrecht, Stimmzettel. Wahnsinn, s. Geisteskranker. Wahrheit, Beweis b. Beleidigungen rc. - § 186. 190. 192. Wald (Waldung), Anzünden: § 308—310. 325; Anzünden v. Feuer in Wäldern rc. § 368 Nr. 6. Waldeigenthümer, Widerstand: § 117. Wanderbuch, falsches: § 363. Wappen, Waarenbezeichnung: § 360 Nr. 7. Wasserbehälter, Vergiftung: § 324—326. Wasserleitung (Wasserbaute), Beschädigung re.: § 321. 325. 326. Wasserstand, Merkmal, Vernichtung: § 274 Nr. 2. Wasserstraße, Diebstahl: § 243 Nr. 4; Nanb: § 250 Nr. 3. Wechsel, Minderjähriger: § 301 302. Weg, Diebstahl: § 243 Nr. 4; Raub: § 250 Nr. 3; Beschädigung: § 304. 321. 325.326; Sicherheit rc., Polizei Anordnung § 366 Nr. 3. 5.9 10; 367 Nr. 12.14; unbefugtes Gehen rc.: § 368 Nr. 9; Verringerung: § 370 Nr. 1; Wegnahme von Erde rc.: § 370 Nr. 2. Wehre, Beschädigung: § 321. 325. 226 Wehrpflicht, vgl. Militairdienst. Weiden, unbefugtes Gehen rc.: § 368 Nr. 9. Weinberg, Schließung: § 368 Nr. 1; unbefugtes Betreten: § 368 Nr. 9. Werbung zum Militairdienst einer ausländischen Macht: § 141. Werfen von Steinen rc.: § 366 Nr. 7. Widerstand gegen die Staatsgewalt: § 110—122; g. Beamte: § 113; b. Auflauf § 116; b. d. Meuterei: § 122; W. gegen Forst- rc. Beamte: § 117. Wiese, unbefugtes Gehen rc.: §368 Nr. 9; Entwendung NEV. Art. III §2 Nr. 2. Wildes Thier, Halten: § 367 Nr. 11. Willeusbestlmmnng, freie, Ausschließung: §51.52; vgl. UnzurechnungSsä. higkeit. Wirth, Glücksspiel, Dulden: § 285; Polizeistunde: § 365. Wittwenkaffe, unbefugte Errichtung: § 360 Nr. 9. Woche, Berechnung: §19; Freiheitsberaubung: § 239. Wohnung, widerrechtliches Eindringen: § 123.124. Wundarzt, vgl. Arzt. Würde, Verlust: §33; Unfähigkeit: §34 Nr. 3; unbefugte Annahme: §360 Nr. 8.

Zahlungseinstellung, Kaufmann: § 231—283. Zeichen, Zerstörung d. Z. der Autorität: § 135; Schifffahrtszeichen: § 322. 325. 326 ; EG. § 4. Zeitung, unechter Stempelabdruck: § 275 Nr. 2. Zerstörung, vgl. Vernichtung, Beschädigung. Zeuge, Unfähigkeit: § 34 Nr. 5. 161; falsche Entschuldigung: §138; falsche-Zeug. mß: § 154. 155 Nr 2. 157. 161; Zweikamps: § 209. Zeughaus, Zerstörung rc.: § 90 Nr. 2; EG. § 4. Zeugniß, ärztliche-, falsches: § 277—280; andere Zeugnisse rc.: § 363. ZillsschelN, Fälschung: § 149. 360 Nr. 6, Schlußs. Zollvergehen: besondere Bestimmungen: EG. § 2; Pr. CG Art. II; NEV. Art. VI Nr. 1; XI; Verjährung. NEV Art. XI. Züchtigungsrecht, Überschreitung: Thl. II Abschn. 17 (f. 378) n. 2. 4—14.

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Register.

Zuchthausstrafe,

Pr. EG. Art. IX; FEV. 2ht. VI §3; NEB. Art. X; Dauer: § 14 19; Beschäftigung: § 15; Wahl zwischen Zuchtbaus und Festungshaft: § 20; Verhältniß z. Gefängnißstrafe: §21; Umwandlung: § 28; Einzelhaft: §22, Ent­ lastung: § 23-26; Folgen: §31; Verlust der bürgert. Ehrenrechte: § 32; Strafunmündiger: §57 Nr. 1. 3; Versuch: § 44; Hlllseleistung: § 49; Meineid: 157, Schlußs. § 158; Verjährung: § 70 Nr. 1—3; Androhung von Zuchthausstrafe: §81. 83-92 94. 96. 93. 100. 105. 115. 118. 122. 125. 146 147. 153—155. 157—159 169. 171. 173. 174 176-179. 181. 212. 214. 215 217—221. 224 bis 227. 229. 234-236. 239. 243. 244. 249—252 254.255. 265 268. 272. 273. 281. 282. 306—308. 312. 313. 315. 321-324. 332. 334. 336. 338. 340. 343. 344. 347. 349. 351. 356. Zuchtpolizeikammer, Zuständigkeit (Nh.): Pr. EG. Art. XIV; Gef. v. 4. Mai 1853. «. 699).

Zurechnungsfähigkeit, f. Unzurechnungsfähigkeit. Zurückbehaltungsrecht, Wegnahme: §289. Zusammenrottung, Aufruhr: § 115; Gefangenen-Meuterei:

LandfnedenSbruch § 124.125. Zusammenstoßen der Schiffe auf der See: § 145. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen: § 73—79. Zwangsgestellung, rechtswidrige: § 341. 358. Zwangsmittel, Untersuchung: §343. Zwangsvollstreckung, Vereitelung: § 288. Zweig, Abbrechen: NEV. Art. 111 §2 Nr. 1. Zweikampf: § 201—210; Anreizung: § 210.

§ 122; Haus-

und

Berichtigungen. Seite . . . -

3 Sp. 1 Z. 19 v. o. l. 198 st. 199. 111 n. 26 ist nach dem zu § 263 n. 71 Gesagten zu berichtigen. ]11 Z. 12 v. u. ist nach (GS. s. 264) zuzusetzen, und Art. IV der NEV. 111 10 v u. I. 286 n. 14 st. 281. 117 Z. 21 ist nach Art. V zuzusetzen: und nach Art. XI der NCD. $20 Z. 14 v. o. l. abermaligen st. dermaligcn. $29 Z. 10 v. o !. v. Bar Internationales Recht st. v Bor Intract-Recht. (33 Z. 4 v. u. ist am Ende zuzusetzen: unbeschadet der besonderen Bestim­ mungen der §8 94—97 - 449 Z. 23 v. o. l. Festungshaft st. Zuchthausstrafe. - 154 Z. 12 v. u.l. Schwarze »m Gerichissaal XV, 371. 595 st. in der Allg. D. StRZeitung XV, 371. 395. - 556 Z. 3 v. u. l. 27 st. 24. - £60 Z. 9 v. o. ist a. E. zuzusehen: B-Salzst.-Tes. v. 12. Okt. 1867 § 17 (BGbl. s. 47) - 777 n. 11 l. auf Grund der Nr. 2 st. selbstverständlich. sodann ist a. E. der n. 11 zuzusetzen: unbeschadet der durch cit. § 3 ertheilten Befugmß. - 883 Z. 7 v. u. l. 7-9 st. 7. 19. - 885 Z. 13 v. o. l. HLustger gebrauchten st.hier zum ersten Male vorkommenden. - 598 n. 19 ist nach dem zu § 258 n. 2 Gesagten zuberichtigen. - 1C09 Z. 4. v. li. l. n. 21 st. n. 13 - 1111 Z. 17 v. u. l. trifft st. betrifft. - 1112 Z. 14 v. u. sind die Worte: „Theilnahme, insbesondere" zu streichen. - 1335 Z. 1 v. o. l. tz 59 st. 8 60. - 1335 Z. 7 v. u. l. VII st. VIII. - 1440 Z 29 v. u. l. 60 st. 64. - 1441 Z 8 v. u. ist nach „§ 50" zuzusetzen: des Pr. StGB.'S. - 1444 Z. 3 v. u. l. („nicht") st. („nur") - 1552 Z. 9. 10 v. ii. l. Abs. 1. 2 und 3, für Vergehen Abs. 4 st. Abs. 1 und 2, für Vergehen Abs. 3 und 4. - 1664 Z. 12 v. o. 1. in dem des § 191 zwar auch st. in der des § 191 zwar auf. - 1664 Z. 20 v. u. ist nach „beseitigen" zuzusetzen: insofern die letztere nicht durch eine wenigstens theilweise Vollstreckung bedingt ist, vgl. § 245 n. 1. - 1772 Z. 27. v. u. 1. 73 st. 55. - 2224 Z. 6 v. u. l. RdO. VI, 562 st. V, 562. - 2226 Z. 10 v o. ist zuzusetzen: B.-Salzst.-Ges. v. 12. Okt. 1867 § 17 (DGbl. §47). - 2229 Z. 11 v. u. I. n. 10-16 st. n. 4—6. - 2661 ist nach Z. 5 v. o. zuzusetzen: Preußen: Dgl. Subb.-Ordn. v. 15. März 1869 § 8-10. - 2669 Z. 24 v. u. ist zuzusetzen: siehe das Nähere § 360 n. 7. 8. - 2775 Z. 6 v. o. l. Mai p. März.

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Berichtigungen. 280 Z. 17 v. u. l. vor st. von. 293 Z. 7 v. o. ist 6. E. zuzusetzen: 161 299 Z 25 v u. ist nach § 186 zuzusetzen: oder 187. 315 Die auf n. 24 folgende Zeile: „Zum Schlußsätze" muß hinter n. 25 ihre Stelle finden. 378 Z. 22 v. o. ist vor Straftaten zuzusetzen: vorsätzlichen. - Z. 24 v. o. ist die Ziffer 314 zu streichen. - Z 32 v. o. l. mit den m den §§ 309. 314 und 326 vorgesehenen Fällen st. mit dem im § 326 vorgesehenen Falle. 399 Z 21 v. u ist nach 341 zuzusetzen: 345. 311 Z. 2 v. 11. l. unanwendbar st. anwendbar. 440. 441 n. 7 und 16 1. der Wegnahme ft. deS Diebstahls. 463 Z 7 v. u. I. zumal, wenn sie st. welche, wenn sie Sachen betreffen. 509 Z 4 v. 0. ist nach: verwendet ein Komma einzuschieben. 511 3.9 to. o. (Sp. 2) l. 36 st. 35. 515 Z. 23 v o. 1. XI st. XII. 519 Z. 16 v. it. sind die Ziffern 35 ... 36 zu verwandeln in:34 ... 35. 629 Z. 8 v. u. l. der Nr. 8 st. des § 105.