Das Restmandat des Betriebsrats nach Betriebsstillegung [1 ed.] 9783428469994, 9783428069996


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Das Restmandat des Betriebsrats nach Betriebsstillegung [1 ed.]
 9783428469994, 9783428069996

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JOSEF BIEBL

Das Restmandat des Betriebsrats nach Betriebsstillegung

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 107

Das Restmandat des Betriebsrats nach Betriebsstillegung

Von Dr. Josef Diebl

DUßcker & Humblot . Berliß

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Diebt, Josef:

Das Resbnandat des Betriebsrats nach Betriebsstillegung / von Josef Biebl. - Berlin: Duncker und Humblot, 1991 (Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht; Bd. 107) Zugl.: München, Univ., Diss., 1989 ISBN 3-428-06999-4 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1991 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübemahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Druck: Druckerei Gerike GmbH, Berlin 36 Printed in Germany ISSN 0582-0227 ISBN 3-428-06999-4

Vorwort Die vorliegende Arbeit hat im Wintersemester 1989/90 der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dissertation vorgelegen. Das Manuskript war im Mai 1989 abgeschlossen, für die Drucklegung wurden jedoch die zwischenzeitlich erschienenen Neuauflagen wichtiger Kommentare zum Betriebsverfassungsgesetz sowie weitere neue Literatur und Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bis Ende Juni 1990 berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt dem Erstberichterstatter, Herrn Professor Dr. Götz Hueck, für die intensive Betreuung der Arbeit und die anregende Tätigkeit am Institut für Handels-, Wirtschafts- und Arbeitsrecht. Zu Dank verpflichtet bin ich weiterhin dem Zweitberichterstatter, Herrn Professor Dr. Wolfgang Fikentscher. Frau Professor Dr. Christine Windbichler verdanke ich wertvolle Anregungen und hilfreiche Diskussionen. München, im Juli 1990

lose! Biebl

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Problemstellung

I. Betriebsstillegung ................................................................ 1. Betriebsstillegung im Rechtssinne .......................................... 2. Zeitpunkt der Betriebsstillegung ............................................ 3. Stufenweise Betriebsstillegung .............................................. 4. Ergebnis ...................................................................... ll. Betriebsstillegung und Betriebsratsamt ......................................... 1. Ende des Betriebsratsamtes .................................................. 2. Ende der Mitgliedschaft im Betriebsrat ..................................... m. Betriebsstillegung und Aufgabenbereich des Betriebsrats ..................... 1. §§ 111, 112 BetrVG ......................................................... 2. Sonstige Beteiligungsrechte .................................................

2. Kapitel Meinungsstand

I. Die "feststehende" Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ............... ll. Annahme eines Restmandats durch die herrschende Meinung in der Literatur m. Ablehnung eines Restmandats .................................................. 1. Restmandat über das Verfahrensrecht? ..................................... 2. Treuhänderlösung ............................................................

11 11 13 16 17 18 18 19 20 20 20

22 24 25 25 26

3. Kapitel Begründung für ein Restmandat des Betriebsrats bezüglich der Sozialplanmitbestimmung

I. Restmandat als Geschäftsführung des Betriebsrats nach §§ 22, 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG (entsprechend) ....................................................... ll. Restmandat als "postmortale Vollmacht" ...................................... 1. Übertragung nach §§ 27,28 BetrVG ..... ....... ........................... 2. Vollmacht für ein oder mehrere Betriebsratsmitglieder .................... 3. Treuhand ...................................................................... 4. Ergebnis ...................................................... '" ..... .... .... ll. Betriebsrat "in Liquidation" .................................................... 1. Rechtslage beim eingetragenen Verein und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts .................. ................................................... .... 2. Übertragbarkeit auf den Betriebsrat? ....................................... 3. Übertragbarkeit auf die Belegschaft? ....................................... IV. Nachwirkung und Betriebsratsamt .............. ................................ 1. Begriff der Nachwirkung .................................................... 2. Nachwirkung im Bereich der Beteiligungsrechte .......................... 3. Folgerungen für das Betriebsratsamt ........................................ 4. Einwand: § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ....................................... 5. Ergebnis ......................................................................

27 28 28 29 31 32 32 32 33 34 35 35 36 38 39 41

8

Inhaltsverzeichnis

4. Kapitel Wahrnehmung des Restmandats des Betriebsrats bezüglich der Sozialplanmitbestimmung I. Ausübung des Restmandats ..................................................... 1. Betriebsrat als Organ ........................................................ 2. Übertragbarkeit ............................................................... 3. Vorausbeschlüsse des Betriebsrats.... .................... .................. 4. Beschlußfähigkeit ............................................................ 5. Ergebnis ...................................................................... n. Dauer des Restmandats ......................................................... 1. Amtszeit ...................................................................... 2. Mitgliedschaft im Betriebsrat ............ .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . m. Persönliche Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder nach Betriebsstilllegung ............................................................................ 1. Arbeitsverhältnis ............................................................. 2. Vergütung für Betriebsratstätigkeit ......................................... 3. Freistellungsanspruch gegen einen neuen Arbeitgeber..................... 4. Ergebnis ...................................................................... 5. Kapitel Restmandat des Betriebsrats für die Vertretung der mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer I. Problemstellung und Meinungsstand ........................................... n. Abwicklungsarbeiten vor einer Betriebsstillegung im Rechtssinne, insbesondere bei stufenweiser Betriebsstillegung ....................................... 1. Betriebsratsamt ............................................................... 2. Mitgliedschaft im Betriebsrat .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . m. Abwicklungsarbeiten nach einer Betriebsstillegung im Rechtssinne ......... 1. Restmandat? .................................................................. 2. Liquidationsbetrieb ........................................................... IV. Ergebnis.......................................................................... 6. Kapitel Betriebsaufspaltung und Restmandat I. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. n. Die verschiedenen Arten der Betriebsaufspaltung und ihre Auswirkungen auf das Betriebsratsamt .............................................................. 1. ,,Klassische" Betriebsaufspaltung ........................................... 2. Unternehmensteilung ......................................................... m. Restmandat des Betriebsrats nach Unternehmensteilung ...................... 1. Sozialplanmitbestimmung ................................................... 2. Vertretung der Arbeitnehmer in den neuen Betrieben..................... IV. Ergebnis ..........................................................................

42 42 44 46 49 52 52 52 56 57 57 59 61 61

62 63 63 64 65 65 66 67

68 69 69 72 75 75 75 77

Zusammenfassung der Ergebnisse

79

Literaturverzeichnis

81

Abkürzungsverzeichnis ARS Bsp. ders. dies. ebd. Einl. EzA f., ff. FS GbR

GK

h. Lit. i. S. d. i. S. v. i. V. jew. Nr.(n) NZA u. dgl. v. Vorbern. zit. zust.

Arbeitsrechts-Sammlung, Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts und der Landesarbeitsgerichte Beispiel(e) derselbe dieselbe ebenda Einleitung Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht (hrsg. von Stahlhacke) folgend(e) Festschrift Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gemeinschaftskommentar herrschende Auffassung in der Literatur im Sinne der im Sinne von in Verbindung jeweils Nummer(n) Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht und dergleichen vom Vorbemerkung zitiert zustimmend

Im übrigen folgen die Abkürzungen Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 3. Aufl. 1983.

1. Kapitel

Problemstellung Das Problem eines Restmandats des Betriebsrats nach Betriebsstillegung ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten: -

Die rechtliche Existenz des Betriebsrats endet mit der Stillegung des Betriebes.

-

Auch nach einer Betriebsstillegung kann noch Bedarf für eine Mitwirkung! Mitbestimmung des Betriebsrats bestehen. I. Betriebsstillegung

Da beide Annahmen wiederum davon abhängen, wie man den Begriff ,,Betriebsstillegung" definiert, soll zunächst untersucht werden, wann eine Betriebsstillegung im Rechtssinne vorliegt. 1. Betriebsstillegung im Rechtssinne

Nach einer in der Rechtsprechung gängigen Formulierung ist Betriebsstillegung die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft, die ihre Veranlassung und zugleich ihren sichtbaren Ausdruck darin fmdet, daß der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Weiterverfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne aufzugeben. 1 Sachlich damit übereinstimmend, aber prägnanter ist die Definition der herrschenden Literatur, wonach eine Betriebsstillegung die Aufgabe des Betriebszwecks und Auflösung der diesem Zweck dienenden Organisation voraussetzt. 2 Davon abweichend läßt ein 1 BAG AP Nr.58, 67 und 74 zu § 613a BGB, AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern - = SAE 1984, 139 mit Anm. Windbichler, AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969 und öfter, zurückgehend auf RGZ 113, 87, 89; RAG ARS Bd. 4, S. 71,72; RAG ARS Bd. 26, S. 52, 53. 2 Hueck, KSchG, § 15 Rn. 67; so auch Dietz/Richardi § 21 Rn. 50 f., § 111 Rn. 26 ff.; Fitting I Auffarth I Kaiser I Heither § 1 Rn. 45, § 103 Rn. 14, § 111 Rn. 17; Galperin I Löwisch § 21 Rn. 20, § 103 Rn. 50; Gnade I Kehrmann I Schneider I Blanke § 111

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1. Kap.: Problemstellung

Teil der Literatur die vom Willen des Unternehmers getragene Einstellung der betrieblichen Tätigkeit genügen. 3 Ausgangspunkt für eine Definition der Betriebsstillegung muß der Betriebsbegriff sein. Ein "Betrieb" ist nach allgemeiner Ansicht die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Unternehmen allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt.4 Ein Betrieb ist also gekennzeichnet dadurch, daß -

ein Unternehmer einen arbeitstechnischen Zweck (bzw. mehrere arbeitstechnische Zwecke) verfolgt

-

sich dazu sächlicher und/oder immaterieller Hilfsmittel bedient

-

der Unternehmer dies allein oder in Gemeinschaft mit anderen tun kann. S

Betriebsstillegung ist danach, schon vom Wortsinn her, das Außerfunktionsetzen des Betriebes, also zumindest Nichtweiterverfolgung - Aufgabe - der arbeitstechnischen Zwecke und Nichtbenutzen der Hilfsmittel. Soweit der Unternehmer sein eigener ,,Ein-Mann-Betrieb" ist, genügt dies. Verfolgt er die arbeitstechnischen Zwecke aber in Gemeinschaft mit anderen, so muß auch diese Gemeinschaft "außer Funktion" gesetzt werden. Zwar ist die Betriebsstillegung eine autonome Entscheidung des Unternehmers. 6 Hat er sich aber zur Verfolgung der von ihm bestimmten arbeitstechnischen Zwecke rechtlichen Bindungen in Form von Arbeitsverhältnissen unterworfen, so muß er sich auch dieser Bindungen "entledigen", um den Betrieb stillegen zu können. Dafür genügt aber das bloße "Nichtbenutzen" der Arbeitsverhältnisse, also der Verzicht auf die Erbringung der Arbeitsleistung nicht. Rechtswirksam können diese zweiseitigen RechtsgeRn. 13; Stege/Weinspach §§ 106 - 109 Rn. 61; Hueck, BAG-Festschrift, S. 268; Neumann-Duesberg, AR-Blattei Betrieb III B I la); Etzel, Rn. 914. 3 Nikisch, Bd. I, S. 648 f.; GK-Fabricius § 111 Rn. 147, 150; GK-Wiese § 21 Rn. 39; mißverständlich in diese Richtung Hess / Schlochauer / Glaubitz § 106 Rn. 42, wie die h. M. aber dieselben, § 111 Rn. 47. 4 Hueck/Nipperdey, Bd. I, S. 93; Nikisch,Bd. I,S. 150 f.; Dietz/Richardi § 1 Rn. 58; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither § 1 Rn. 31; GK-Kraft §4 Rn. 5; Schaub § 18 11, S. 65 - jew. m. w. N.; BAG AP Nr. 3 und 7 zu § 1 BetrVG 1972, AP Nr. 39 zu § 613a BGB, AP Nr. 4 und 9 zu § 111 BetrVG 1972 und öfter; kritisch zu diesem Betriebsbegriff Gamillscheg, ZfA 1975, S. 358 ff. und AuR 1989, S. 33; ablehnend Joost, S. 232 ff. S Insofern schließt der Betriebsbegriff die Belegschaft mit ein; so auch BAG AP Nr. 3 und 4 zu § 111 BetrVG 1972 mit ausführlicher Auseinandersetzung mit abweichenden Ansichten; ferner AP Nr.9 und 19 zu § 111 BetrVG 1972; GK-Fabricius § 111 Rn. 118 ff.; der Streit dürfte sich erledigt haben durch § 112a Abs. 1 BetrVG - eingefügt durch Art. 2 Nr.2 des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 v. 26.4.1985, BGBl. I, S. 710,711, wo der Gesetzgeber davon ausgeht, daß eine Betriebsänderung auch allein in der Entlassung von Arbeitnehmern bestehen kann. 6 Bezüglich deren "ob" auch der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht hat, vgl. Dietz / Richardi § 111 Rn. 3; die Frage der Mitbestimmung auf Unternehmensebene ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

I. Betriebsstillegung

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schäfte vielmehr nur in den dafür vorgesehenen actus contrarii zur Begründung, also ordentliche Kündigung 7 oder Aufhebungsvertrag gelöst werden. Deshalb ist mit der h. M. davon auszugehen, daß eine Betriebsstillegung auch die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft voraussetzt 8 und dafür die bloße Nichtbeschäftigung der Arbeitnehmer nicht genügt.9 Das BAG spricht dabei etwas mißverständlich von "tatsächlicher" Betriebsstillegung. Da es sich hierbei nicht um eine Betriebsstillegung im Rechtssinne handelt, sollte man es für solche Sachverhalte bei dem Terminus ,,Produktionseinstellung" belassen. 10 Liegt aber bei einer solchen Produktionseinstellung noch keine Betriebsstillegung im Rechtssinne vor, bleibt auch der Betriebsrat im Amt. 11 Das Problem eines Restmandates stellt sich hier also nicht. 2. Zeitpunkt der Betriebsstillegung

Schwieriger erscheint es, den Zeitpunkt einer derart definierten Betriebsstillegung zu bestimmen. a) In der betrieblichen Praxis wird es vielfach nicht möglich sein, alle Arbeitsverhältnisse zu einem bestimmten Termin zu beenden. Soweit dies auf Gründen beruht, deren Ursache letztlich im Bereich des Arbeitnehmerschutzes liegt,12 muß es genügen, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt die Arbeitsverhältnisse der ganz überwiegenden Zahl der Arbeitnehmer beendet und den besonders geschützen Arbeitnehmern Kündigungserklärungen zugegangen sind. b) Problematischer ist der Fall, daß noch nach dem Zeitpunkt der geplanten Betriebsstillegung Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten 13 (weiter-)beschäftigt werden. 7 Die Betriebsstillegung ist in aller Regel kein wichtiger Grund, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, vgl. Hueck, KSchG § 15 Rn. 71; KR-Becker § 1 KSchG Rn. 329 m. w. N.; KR-Hillebrecht § 626 BGB Rn. 313; MünchKomm-Schwerdtner § 626 Rn. 127; Staudinger / Neumann § 626 Rn. 51; zu den Anforderungen als Grund zur ordentlichen Kündigung BAG AP Nr.41 zu § 1 KSchG 1969 - Betriebsbedingte Kündigung - und AP Nr. 74 zu § 613a BGB. 8 A. A. Nikisch, Bd. I, S. 649, für den die Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft nur Folge, nicht aber Voraussetzung der Betriebsstillegung ist. 9 So im Ergebnis auch BAG AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 - Konzern - ; AP Nr. 11 zu § 102 BetrVG 1972 mit zustimmender Anm. G. Hueck; Dietz / Richardi § 21 Rn. 32; Hueck, KSchG, § 15 Rn. 68a. 10 G. Hueck, Anm. zu BAG AP Nr. 11 zu § 102 BetrVG 1972. 11 Im Ergbnis auch GK-Wiese § 21 Rn. 39 f., der aber unter "Betriebsstillegung" die bloße ,,Produktionseinstellung" versteht. 12 z. B. verlängerte Kündigungsfristen, Mutterschutz, aber auch (formales) Aufrechterhalten der Arbeitsverhältnisse zur Wahrung von Versorgungsansprüchen. 13 z. B. Abbruch-, Aufräumungs-, Sicherungsarbeiten u. dgl.

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1. Kap.: Problemstellung

Eine Betriebsstillegung liegt nicht vor, solange der Unternehmer die Betriebsund Produktionsgemeinschaft nicht auflöst, sondern nur den arbeitstechnischen Zweck ändert. 14 Eine solche Sicht entspricht dem Betriebsverfassungsgesetz, das in § 111 S. 2 Nr. 4 die grundlegende Änderung des Betriebszwecks als eigenen Tatbestand einer Betriebsänderung neben der Betriebsstillegung (§ 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG) aufführt. Dies muß grundsätzlich auch dann gelten, wenn sich der arbeitstechnische Zweck ,,Produktion" ändert in den der ,,Liquidation" der Produktionsmittel. Werden dagegen nach der Betriebsstillegung, d. h. nach Beendigung aller Arbeitsverhältnisse Arbeiten zum Zwecke der ,,Liquidation" der Produktionsmittel des stillgelegten Betriebs mit neu eingestellten Arbeitnehmern durchgeführt, so liegt nach der allgemein anerkannten Definition des Betriebsbegriffs ein neuer Betrieb vor. 15 Letztlich kann aber für die Frage Fortbestehen des alten Betriebs oder Stilllegung des alten Betriebs und neuer Liquidationsbetrieb nicht entscheidend sein, ob mit den Abwicklungsarbeiten Arbeitnehmer beschäftigt werden, die auch schon im "alten" Produktionsbetrieb arbeiteten. Entscheidend ist vielmehr auch hier, wie im ,,Normalfall" des Zweckwechsels, 16 auf die Identität der Belegschaft abzustellen. Allerdings muß dabei beachtet werden, daß sich die Belegschaft nicht "qualitativ" - i. S. v. Ausscheiden alter und Eintritt neuer Arbeitnehmer - , sondern nur quantitativ verändert. Danach bilden die mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer nicht mehr dieselbe Belegschaft wie die des Produktionsbetriebes, wenn sie zahlenmäßig nur ein (fast) verschwindender Teil von dieser sind. Ein generelles Prozentverhältnis hierfür wäre letztendlich willkürlich, es muß vielmehr auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt werden. l7 • Insofern bietet sich die Formulierung der herrschenden Meinung an, wonach eine Betriebsstillegung auch vorliegt, wenn noch "einige wenige" Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten (weiter-)beschäftigt werden. 18

14 Hueck, KSchG, § 15 Rn. 68a; Dietz 1Richardi § I Rn. 68, § 21 Rn. 30; Galperin / Löwisch § 1 Rn. 18; GK-Kraft § 4 Rn. 19; Hess / Schlochauer / Glaubitz § I Rn. 17; Nipperdey / Säcker bei Hueck/Nipperdey, Bd. 11/2, S. 1174; Nikisch, Bd. I, S.648. 15 Richardi in Dietz / Richardi § 21 Rn. 35 spricht von einem ,,Liquidationsbetrieb"; daß bei diesen Abwicklungsarbeiten ein "Betrieb" vorliegt, sieht auch BAG AP Nr. 4 zu § 22 KO, es scheint aber generell von einem Fortbestehen des alten - stillgelegten - Betriebes auszugehen, wenn die beschäftigten Arbeitnehmer aus dem alten Betrieb kommen. 16 Dazu Dietz / Richardi § 1 Rn. 68. 17 So auch KR-Etzel § 15 KSchG Rn. 102a, der jedoch als Faustregel eine Grenze von 20 Arbeitnehmern ziehen will. 18 BAG AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 - Konzern - unter B.1.1. der Gründe; Hueck, KSchG, § 15 Rn. 68a; KR-Etzel § 15 KSchG Rn. 102a: Dietz/Richardi § 21 Rn. 32jew. m. w.N.

I. Bettiebsstillegung

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Allerdings entsteht dann nach dem allgemeinen Betriebsbegriff mit der Beschäftigung dieser Arbeitnehmer zur Abwicklung ein neuer (Liquidations-)Betrieb, weil der Unternehmer mit seinen Mitarbeitern unter Zuhilfenahme sächlicher und immaterieller Mittel einen arbeitstechnischen Zweck (= Liquidation) verfolgt. Denn entweder besteht Betriebskontinuität solange auch nur ein Arbeitnehmer im Betrieb bleibt oder der Betrieb ist auch bei Beschäftigung einiger weniger Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten stillgelegt, dann ist der Liquidationsbetrieb ein neuer Betrieb. c) Schwierigkeiten kann auch folgende Konstellation bereiten: 19 Nachdem das Betriebsgebäude abgebrannt war, hatte der Arbeitgeber alle in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmer fristlos entlassen 20, die gekündigten Arbeitnehmer hatten aber einen tarifvertraglichen Wiedereinstellungsanspruch. Nach Beseitigung der Brandschäden sollte die Produktion mit den alten Arbeitnehmern wieder aufgenommen werden. Etwa ein halbes Jahr später teilte der Arbeitgeber den Gekündigten mit, daß er den vorgesehenen Wiederaufbau nicht durchführen wolle und sie deshalb nicht wieder einstellen könne. Das BAG21 nimmt in diesem Fall eine Betriebsstillegung nicht zum Zeitpunkt der Kündigungen an, sondern erst zu dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber den Entschluß faßte, den Betrieb nicht wieder aufzubauen. Gleichzeitig stellt es 22 aber für die mit der Betriebsstillegung zusammenhängenden Beteiligungsrechte des Betriebsrats nicht auf diesen Zeitpunkt ab 23, sondern der Arbeitgeber müsse sich so behandeln lassen, als ob er den Betrieb sofort nach dem Brand stillgelegt hätte. Dem ist im Ergebnis, nicht aber in der Begründung zuzustimmen. Durch die Kündigung aller Arbeitsverhältnisse wird die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft aufgelöst, weil der Arbeitgeber nicht mehr rechtlich verpflichtet ist, die Arbeitnehmer zu beschäftigen. 24 Der Wiedereinstellungsanspruch führt zwar bei seiner Erfüllung zu einem neuen Arbeitsvertrag und damit zu einem Beschäftigungsanspruch, momentan besteht aber kein Arbeitsverhältnis. Er ist auch kein "wesensgleiches Minus" zum Arbeitsvertrag, zumindest dann nicht, wenn wie in concreto - es in der Hand des Arbeitgebers liegt, ob er auch tatsächlich 19 Sachverhalt nach BAG AP Nr.20 zu § 111 BetrVG 1972 mit Anm. Löwisch / Göller = EzA Nr.21 zu § 111 BetrVG 1972 mit Anm. Preis = AR-Blattei Bettieb, Entsch. 15 mit Anm. Richardi = SAE 1988, 138 mit Anm. Otto. 20 Aufgrund von § 52 Manteltarifvertrag für die Holz und Kunststoff verarbeitende Industtie im nordwestdeutschen Raum. 21 Ebd. unter 11.1. der Gründe. 22 Ebd. unter II.2.c) der Gründe. 23 Die Amtszeit des Bettiebsrats nach §§ 21, 13 I BetrVG war inzwischen abgelaufen, eine Neuwahl nicht erfolgt. . 24 A. A. Preis, Anm. zu EzA Nr. 21 zu § 111 BetrVG 1972 unter 3 a), der nur ein de facto Ruhen der Bettiebs- und Produktionsgemeinschaft, aber keine Auflösung im Rechtssinne annimmt; Otto, SAE 1988, S. 143; wie hier Richardi, Anm. zu AR-Blattei Bettieb, Entsch. 15 unter 11.

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l. Kap.: Problemstellung

erfüllt wird. Allerdings indiziert das Bestehen von Wiedereinstellungsansprüchen, daß die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft nicht auf Dauer aufgelöst ist und deswegen keine Betriebsstillegung vorliegt. Diese Indizwirkung entfallt jedoch, wenn feststeht, daß die Wiedereinstellungsansprüche nicht erfüllt werden. Dann wird der Betrieb aber nicht erst jetzt stillgelegt, sondern es stellt sich nachträglich heraus, daß die Aufgabe des Betriebszwecks und die Auflösung der Betriebsund Produktionsgemeinschaft doch von Dauer waren und objektiv eine Betriebsstillegung zum Zeitpunkt der Kündigungen stattgefunden hat. Damit wird zwar die ursprüngliche Betriebsunterbrechung gleichsam rückwirkend zur Betriebsstillegung; das ist aber Folge des dem Stillegungsbegriff innewohnenden Unsicherheitsmoments, das in diesen Fällen eine Beurteilung der "Dauer" erst ex post erlaubt. Diese Sicht erspart den Rückgriff auf die Billigkeit,25 um begründen zu können, warum hinsichtlich der Rechtsfolgen der Arbeitgeber so zu behandeln ist, als hätte keine Betriebsunterbrechung, sondern eine sofortige Betriebsstillegung vorgelegen. 3. Stufenweise Betriebsstillegung

Dasselbe gilt für eine sog. stufenweise Betriebsstillegung, bei der schrittweise Personal abgebaut und arbeitstechnische Zwecke aufgegeben werden. Entscheidend ist auch hier nicht, ob die Abwicklungsarbeiten die letzte Stufe der betrieblichen Tätigkeit sind. 26 Für die Betriebsstillegung genügt bezüglich der Produktionsmittel deren Nichtbenutzung. 27 Sind auch die anderen Kriterien der Betriebsstillegung erfüllt, ist also insbesondere die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft aufgelöst, so sind die Abwicklungsarbeiten nur mehr Folge der Betriebsstillegung. Entscheidend ist daher allein, wieviele Arbeitnehmer noch mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt werden. Sind es nur noch "einige wenige", so ist der alte Betrieb stillgelegt und die Weiterbeschäftigung von diesen wenigen Arbeitnehmern mit Abwicklungsarbeiten läßt den Betrieb nicht wieder aufleben. Wenn das BAG in einer früheren Entscheidung 28 bemerkt, eine Betriebsstillegung liege erst mit dem Ausscheiden der letzten (mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten) Gruppe vor, so läßt sich das nicht zwingend für eine Modifikation des Betriebsstillegungsbegriffs heranziehen,29 denn diese letzte Gruppe bestand aus einem 25 So aber letztlich BAG aaO. (pn. 19); Kritik in diese Richtung auch bei Preis, Anm. zu BAG EzA Nr. 21 zu § 111 BetrVG 1972 unter 3. c). 26 Mißverständlich und zu undifferenziert BAG AP Nr. 17 zu § 13 KSchG mit Anm. A. Hueck = SAE 1968, 182 mit Anm. Hiersemann; BAG AP Nr.4 zu § 22 KO. 27 Siehe oben S. 3. 28 BAG AP Nr. 17 zu § 13 KSchG mit Anm. A. Hueck = SAE 1968, 182 mit Anm. Hiersemann. 29 In diese Richtung aber Hiersemann, SAE 1968, S. 184; auch Windbichler, SAE 1984, 145, 146.

I. Betriebsstillegung

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Sechstel der früheren Belegschaft. Werden aber soviele Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt, so lag zu diesem Zeitpunkt nach obigen Grundsätzen 30 noch gar keine Betriebsstillegung vor. In BAG AP Nr. 4 zu § 22 KO hat das BAG entschieden, bei einer betriebsbedingten Kündigung wegen Betriebsstillegung sei im Rahmen der sozialen Rechtfertigung nach § lAbs. 3 KSchG zu prüfen, ob der gekündigte Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten (weiter-)beschäftigt werden kann. 31 Das wurde damit begründet, daß auch bei einem stillgelegten Betrieb, in dem noch Abwicklungsarbeiten durchzuführen sind, ein Betrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes besteht. Darin liegt ebenfalls keine ModifIkation des Betriebsstillegungsbegriffs, selbst wenn das BAG nicht explizit sagt, daß es sich bei solchen Sachverhalten um zwei verschiedene Betriebe nämlich der stillgelegte und der Liquidationsbetrieb - handelt. Die Prüfung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ergibt sich vielmehr aus der unternehmensbezogenen Sicht der dringenden betrieblichen Erfordernisse des § lAbs. 2 KSchG, die nur dann vorliegen, wenn es nicht möglich ist, zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz, über den der Arbeitgeber verfügen kann, zu beschäftigen. 32

4. Ergebnis Eine Betriebsstillegung im Rechtssinne erfordert die rechtliche Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft durch Beendigung der Arbeitsverhältnisse. Die bloße Nichtbeschäftigung der Arbeitnehmer genügt hierfür nicht. Im Interesse eines einheitlichen Betriebsstillegungsbegriffs sollte man es für letzteren Sachverhalt bei dem Terminus "Produktionseinstellung" belassen. Eine Betriebsstillegung liegt auch vor, wenn noch "einige wenige" Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt werden, es entsteht dann ein neuer Liquidationsbetrieb.

30 Und auch nach der sonstigen Rspr. des BAG, etwa AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 -Konzem-. 31 Ebenso BAG AP Nr. 1 zu § 1 KSchG Konzern - unter B I 4 der Gründe. 32 BAG AP Nr.21 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung - unter C.ill.3. d) cc) der Gründe; Berkowsky, S. 43 Rn. 159; Hersche1 / Löwisch § 1 Rn. 184 und 205; KR-Becker § 1 Rn. 306; differenzierend Hueck, KSchG § 1 Rn. 114 a - c.

2 Diebl

18

1. Kap.: Problemstellung

11. Betriebsstillegung und Betriebsratsamt 1. Ende des Betriebsratsamtes

Nach ganz herrschender Meinung ist das Betriebsratsamt vom Bestehen des Betriebes abhängig, da dem Betriebsrat als Arbeitnehmerrepräsentanten die "Grundlage seiner Existenz" entzogen wird, wenn der Betrieb zu bestehen aufhört. 33 Danach erlischt mit einer Betriebsstillegung im oben definierten Sinne das Betriebsratsamt. Soweit - auf den ersten Blick abweichend - ein Teil der Literatur die Betriebsstillegung als solche nicht für das Erlöschen des Betriebsratsamtes genügen läßt, sondern dieses (erst) durch den Wegfall der Betriebsratsfähigkeit (§ 1 BetrVG)34 bzw. das Erlöschen des Amtes aller Betriebsratsmitglieder - gemeint wohl der Verlust der Mitgliedschaft nach § 24 I Nr.3 BetrVG - 35 eintrete, liegt das an einem anderen Verständnis von der Betriebsstillegung, die nach diesen Autoren schon bei bloßer Produktionseinstellung vorliegen soll. 36 Da es aber bei bloßer Produktionseinstellung an einer Betriebsstillegung im Rechtsssinne fehlt, endet mit ihr nach herrschender Meinung das Betriebsratsamt nicht. Stellt man auf den Verlust der Mitgliedschaft aller Betriebsratsmitglieder nach § 24 Abs. I Nr. 3 BetrVG ab, so liegt in diesen Fällen immer eine Betriebsstillegung vor, da wegen § 15 Abs. 4 KSchG den Betriebsratsmitgliedern frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung gekündigt werden kann. 37 Auch das Anknüpfen an den Verlust der Betriebsratsfähigkeit nach § 1 BetrVG bringt regelmäßig keinen Unterschied zur herrschenden Meinung. Denn anerkanntermaßen verhindert die (Weiter-)Beschäftigung einiger weniger Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten nicht eine Betriebsstillegung,38 so daß bei Unterschreiten der Grenze von § 1 BetrVG auch eine Betriebsstillegung vorliegen wird. Allenfalls kann der Tatbestand einer Betriebsstillegung schon vor einem - insoweit gesehenen 33 BAGE 8, 207, 212 f. = AP Nr. 15 zu § 13 KSchG mit Anm. Dietz; BAGE 38, 284, 286 = AP Nr. 15 zu § 112 BetrVG 1972; Nipperdey 1Säcker bei Hueck 1Nipperdey, Bd. 11/2, S. 1173; Neumann-Duesberg, S. 254; Nikisch, Bd. III, S. 119; Dietz 1Richardi § 21 Rn. 29 - 32;Fitting 1Auffarth 1Kaiser 1Heither § 21 Rn. 30; Galperin 1Löwisch § 21 Rn. 19; Gnade 1Kehrmann 1Schneider 1Blanke § 21 Rn. 28; Hess 1Sch10chauer 1 G1aubitz § 21 Rn. 23; Stege/Weinspach § 21 Rn. 7. 34 GK-Wiese § 21 Rn. 40; Galperin 1Löwisch § 21 Rn. 20; Hess 1Schlochauer 1Glaubitz § 21 Rn. 24; wohl auch Gnade 1Kehrmann 1Schneider 1Blanke § 21 Rn. 29. 35 GK-Wiese ebd., anscheinend auch Nikisch, Bd. III, S. 120; vgl. auch Kissel, S. 145. 36 So ausdrücklich GK-Wiese § 21 Rn. 39; Nikisch, Bd. I, S. 648 f. - dazu oben 1.1. -; unklar Galperin 1Löwisch § 21 Rn. 20, § 103 Rn. 50; Hess 1Schlochauer 1Glaubitz § 111 Rn. 47, vgl. auch § 106 Rn. 42; inkonsequent Gnade 1Kehrmann 1Schneider 1 Blanke § 111 Rn. 13 und § 21 Rn. 29. 37 Hueck, KSchG, § 15 Rn. 67 f. m. w. N. 38 Vgl. oben 1.2.b).

ll. Betriebsstillegung und Betriebsratsamt

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Verlust der Betriebsratsfähigkeit des Betriebes erfüllt sein. Dann endet allerdings das Betriebsratsamt nach der herrschenden Meinung zeitlich früher als nach der Mindermeinung. Fraglich erscheint jedoch, ob für die Beendigung des Betriebsratsamtes bei der Betriebsstillegung überhaupt an § 1 BetrVG angeknüpft werden kann. Unterstellt, die Betriebsstillegung beendet das Betriebsratsamt, so ist für § 1 BetrVG kein Raum, weil die Zahl der ständig wahlberechtigten Arbeitnehmer auf Null gesunken ist. Die mit Abwicklungsarbeiten noch beschäftigten Arbeitnehmer sind in dieser Hinsicht keine "ständig" beschäftigten Arbeitnehmer, da die ihnen übertragene Arbeitsaufgabe nur vorübergehender Natur ist. 39 Unterstellt, die Betriebsstillegung als solche beendet das Betriebsratsamt nicht, kann dafür auch nicht auf § 1 BetrVG abgestellt werden, da die Wahrnehmung von Beteiligungsrechten im Zusammenhang mit der Betriebsstillegung schlechterdings nicht davon abhängen kann, ob noch vier oder fünf Arbeitnehmer beschäftigt werden. 40 2. Ende der Mitgliedschaft im Betriebsrat

Nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG erlischt die Mitgliedschaft der einzelnen Betriebsratsmitglieder im Organ Betriebsrat mit der Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse. Da gemäß § 15 Abs. 4 KSchG den Betriebsratsmitgliedern zum Zeitpunkt der Betriebsstillegung gekündigt werden kann, wird in der Regel mit der Betriebsstillegung der Betriebsrat auch durch den persönlichen Amtsverlust seiner Mitglieder aufgelöst. 41 Selbst wenn jedoch die persönliche Mitgliedschaft einzelner Betriebsräte nicht nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG enden würde, etwa weil das Betriebsratsmitglied noch mit Abwicklungsarbeiten weiterbeschäftigt wird, so erledigt sich deren persönliches ,,Amt", wenn der Betriebsrat, wie oben zu 1. dargelegt, als Organ wegen der Betriebsstillegung zu bestehen aufhört. 42

39 Vgl. Dietz I Richardi § 1 Rn. 123; Fitting I Auffarth I Kaiser Heither § 1 Rn. 149; Galperin/Löwisch § 1 Rn. 35; GK-Kraft § 1 Rn. 53. 40 So aber im Ergebnis GK-Wiese § 21 Rn. 40 a. E. 41 Dietz/Richardi § 112 Rn. 44; GK-Kraft § 21 Rn. 40; a. A., allerdings wohl von einem anderen Betriebsstillegungsbegriff ausgehend Gnade I Kehrrnann I Schneider I Blanke § 21 Rn. 29. 42 Dietz I Richardi § 24 Rn. 2; Galperin I Löwisch vor § 1 Rn. 33; a. A. wohl Kissel,

S.145. 2*

20

1. Kap.: Problemstellung

III. Betriebsstillegung und Aufgabenbereich des Betriebsrats 1. §§ 111, 112 BetrVG

Das Gesetz knüpft an den Tatbestand der Betriebsstillegung - soweit es sich um Betriebe mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern handelt, § 111 S. 1 BetrVG - verschieden starke Mitwirkungsrechte des Betriebsrats. a) Das Recht des Betriebsrats auf Unterrichtung und Beratung, § 111 S. 1 BetrVG, sowie die Mitwirkung zur Herbeiführung eines Interessensausgleichs über die Betriebsänderung, § 112 Abs. 1 S. 1, Abs.2 und 3 BetrVG, erledigen sich, wenn der Unternehmer den Betrieb ohne Beteiligung des Betriebsrats stilllegt. Die Betriebsstillegung ist deshalb nicht "unwirksam", sondern die Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG.43 b) Dagegen hat der Betriebsrat ein echtes Mitbestimmungsrecht bezüglich der Aufstellung eines Sozialplans, § 112 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 BetrVG. Zur Sicherung dieses Mitbestimmungsrechtes soll der Betriebsrat nach fast einhelliger Ansicht auch noch nach einer Betriebsstillegung die Aufstellung eines Sozialplans verlangen können; sonst könnte der Unternehmer allein darüber entscheiden, ob ein Sozialplan aufgestellt wird, da er durch eine rasche, ohne Beteiligung des Betriebsrats durchgeführte Betriebsstillegung dessen Mitbestimmungsrecht vereiteln könnte. 44 2. Sonstige Mitwirkungsrechte

Sonstige, d. h. nicht an den Tatbestand der Betriebsstillegung anknüpfende Mitwirkungsrechte scheiden nach der Betriebsstillegung grundsätzlich aus, da weder Betrieb noch Arbeitnehmer vorhanden sind. Insbesondere liegt die Anhörung für die zur Betriebsstillegung notwendigen Kündigungen immer vor der rechts wirksam vollzogenen Betriebsstillegung; sie findet also zu einem Zeitpunkt statt, in dem der Betriebsrat auf jeden Fall noch im Amt ist. 45 43 Dietz / Richardi § 111 Rn. 119, § 112 Rn. 12; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 111 Rn. 38; Galperin / Löwisch § 111 Rn. 46, § 112 Rn. 9; GK-Fabricius § 111

Rn. 356, 363. 44 BAG AP Nr. 9 zu § 112 BetrVG 1972 = SAE 1980, 316, 317 mit Anm. Beuthien; Dietz / Richardi § 112 Rn. 40 - 42; Richardi, Sozialplan S. 29 f.; Fitting / Auffarth / Kaiser /Heither § 21 Rn. 31; Reuter, S. 24; a. A. im Ergebnis GK-Wiese § 21 Rn. 40, wenn er die Wahrnehmung von Beteiligungsrechten nach Beendigung des Betriebsratsamtes ablehnt. 45 Darauf weist schon G. Hueck, Anm. zu BAG AP Nr. 21 zu § 102 BetrVG 1972 unter 1 b) a. E. hin.

III. Betriebsstillegung und Aufgabenbereich des Betriebsrats

21

Werden allerdings - wenige - Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten weiterbeschäftigt, so erschließt sich in deren Betreuung ein weiteres Aufgabenfeld für den Betriebsrat auch noch nach einer Betriebsstillegung.

2. Kapitel

Meinungsstand I. Die "feststehende" Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Das BAG hat in einer neueren Entscheidung 46 festgestellt, der Betriebsrat behalte zur Wahrung seiner sich aus dem BetrVG ergebenden Rechte auch über den Zeitpunkt der Betriebsstillegung hinaus ein Restrnandat, "sofern trotz tatsächlicher Stillegung des Betriebes noch nicht alle Arbeitsverhältnisse rechtlich beendet sind und einzelne Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt werden". Diese Formulierung ist unscharf, trifft sie doch explizit nur die Fälle der tatsächlichen Betriebsstillegung (besser: Produktionseinstellung), bei denen aber das Betriebsratsamt noch keinesfalls erloschen ist, das Problem Restmandat sich also nicht stellt. 47 Das BAG betont jedoch anderenorts 48 immer wieder, das Restmandat diene - in erster Linie - der Wahrnehmung der sich im Zusammenhang mit der Betriebsstillegung ergebenden Aufgaben, vor allem der Aufstellung eines Sozialplans. Daraus folgert es, daß der Betriebsrat jedenfalls so lange ein Restmandat habe, bis ein von ihm angestrebter Sozialplan rechtswirksam zustande gekommen sei. 49 Somit nimmt das BAG auch bei einer Betriebsstillegung (im Rechtssinn) ein Restmandat des Betriebsrats an. Zur Begründung beruft sich das BAG in der eingangs erwähnten Entscheidung auf eine "feststehende" Rechtsprechung, für die es vier frühere Urteile zitiert. I. Die erste der angeführten Entscheidungen 50 behandelt die prozessuale Frage der Beteiligtenfähigkeit des Betriebsrats in einern bereits anhängigen arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren nach einer Betriebsstillegung. Der Betriebsrat hatte das Beschlußverfahren vor der angeblichen Betriebsstillegung in Gang gebracht und bestritten, daß der Betrieb im Rechtssinn stillgelegt wurde. Damit machte er geltend, noch im Amt und folglich beteiligungsfahig zu sein. Existenz und Beteiligtenfahigkeit sind jedoch zu unterstellen, wenn das Verfahren gerade

46

BAGE 41,72 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG - Konzern - unter B 1.3. der Gründe

= SAE 1984, 139, 142 mit Anm. Windbichler.

Vgl. oben Kap. 1,1.1. a. E. z. B. BAG AP Nr.9 und 15 zu § 112 BetrVG 1972, AP Nr. 6 zu § 59 KO. 49 BAG AP Nr. 9 zu § 112 BetrVG 1972; AP Nr. 19 und 20 zu § 111 BetrVG 1972. 50 BAG AP Nr. 3 zu § 80 ArbGG 1953 mit Anm. Kirchenhoff = SAE 1965, 83 mit Anm. Pohle. 47 48

I. Die "feststehende" Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

23

darum geht, ob die "Stelle" (i. S. von § 10 ArbGG) noch Rechte hat. 51 Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, daß bei Streit über die Parteifähigkeit und die Beteiligtenfähigkeit im Beschlußverfahren entspricht in ihrer Funktion der Parteifähigkeit im Urteilsverfahren 52 - die Partei bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung darüber als parteifähig zu behandeln ist. 53 Für ein Restmandat im materiellen Sinne läßt sich aber aus dieser Entscheidung nichts entnehmen. 54 2. Untauglich als Begründung für ein materielles Restmandat ist auch BAG AP Nr. 11 zu § 102 BetrVG 1972. 55 Im hier interessierenden Teil des Urteils ging es darum, ob das bloße Nachhauseschicken der Belegschaft - ProduktionseinsteIlung - für eine Betriebsstillegung ausreiche. Das BAG hat damals zutreffend entschieden, daß von einer Betriebsstillegung im Rechtssinne bei einer bloßen Produktionseinstellung nicht die Rede sein könne, sondern die rechtliche Beendigung der Arbeitsverhältnisse hinzukommen müsse. 56 Da der Betrieb also noch nicht stillgelegt war, konnte das Betriebsratsamt gar nicht wegen Wegfalls des Betriebes erloschen sein, der Betriebsrat hatte vielmehr weiterhin sein Vollmandat. Die Frage eines materiellen Restmandats stellte sich in der damaligen Entscheidung nicht. 57 3. Weiter gehen erst die Entscheidungen BAG AP NT. 6 zu § 59 K058 und AP Nr.9 zu § 112 BetrVG 1972. 59 Dort wird jeweils ein - materielles Restmandat für den Abschluß eines Sozialplans angenommen - unter Berufung auf die beiden für diese Problematik nicht einschlägigen vorausgegangenen Entscheidungen. Grund, wenn auch nicht Begründung für diese Entscheidungen ist, dem Betriebsrat die gerade auch für die Betriebsstillegung vom Gesetz eingeräumten Beteiligungsrechte zu sichern. Gleichwohl vermögen sie nicht, eine ausreichende Begründung für die Annahme eines Restmandats des Betriebsrats nach Betriebsstillegung zu geben.

Laux, S. 16; Grunsky § 80 Rn. 15. BAGE 2, 97, 98, E 23, 320, 322; BAG AP Nr.2 zu § 83 ArbGG 1979 mit Arun. Grunsky; Laux, S. 11; Grunsky § 80 Rn. 15; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither, nach § 1 Rn. 38. 53 Vgl. nur Thomas / Putzo § 50 Arun. 3 a); Zöller / Vollkommer § 50 Rn. 8; BAG AP Nr. 6 zu § 50 ZPO mit zust. Arun. Leipold; für die liquidierte juristische Person, wenn im Aktivprozeß noch ausstehende Vermögensrechte geltend gemacht werden BGH WM 1986, 145 m. w. N. 54 So auch Dietz / Richardi § 21 Rn. 34 und Arun. zu AR -Blattei Betrieb, Entsch. 15 unter ill; Windbichler, SAE 1984, S. 145, 146; wohl auch GK-Wiese § 21 Rn. 42. 55 Mit Arun. G. Hueck = SAE 1978, 87 mit Anm. Thiele. 56 Vgl. oben Kap. 1, 1.1. 57 In diesem Sinne auch G. Hueck, aaO. (Fn. 55); Richardi, Arun. zu AR-Blattei Betrieb, Entsch. 15 unter ill. 58 Mit Arun. Uhlenbruck. 59 = SAE 1980,316 mit Anm. Beuthien. 51

52

24

2. Kap.: Meinungsstand

Die "feststehende" Rechtsprechung des BAG steht also - auch wenn man weitere Entscheidungen, die das Restmandat erwähnen,60 in die Betrachtung mit einbezieht, auf recht tönernen Füßen.

11. Annahme eines Restmandats durch die herrschende Meinung in der Literatur Auch die herrschende Meinung in der Literatur nimmt ein Restmandat des Betriebsrats nach Betriebsstillegung an. Soweit das Restmandat schon für ein Tätigwerden des Betriebsrats nach einer Produktionseinstellung herangezogen wird, 61 ist das überflüssig, da in diesem Falle der Betrieb noch nicht im Rechtssinne stillgelegt ist und der Betriebsrat zumindest bis zu diesem Zeitpunkt sein Vollmandat behält. 62 Das Restmandat nach Betriebsstillegung wird verstanden als Fiktion des Fortbestehens des Betriebsratsamtes, 63 als verlängerte Amtszeit 64 oder als teilweises Fortbestehen des Betriebsratsamtes trotz genereller Beendigung der Amtszeit; 6S begründet wird die Annahme eines Restmandats durchwegs mit der Sicherung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei Betriebsstillegung, zum Teil wird noch auf eine Parallele zur Handlungsmacht des Vereins in Liquidation 66 bzw. generell zu den gesellschafts- und vereinsrechtlichen Abwicklungsvorschriften 67 hingewiesen. Teilweise wird auch, ohne nähere Begründung, einfach der Rechtsprechung des BAG gefolgt. 68

60 BAG AP Nr. 14 zu § 40 BetrVG mit Anm. Grunsky, AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969 mit Anm. Hilger, AP Nr. 15 zu § 112 BetrVG 1972, AP Nr. 19 zu § 111 BetrVG 1972 - alle als Begründung wiederum die zum materiellen Restmandat nicht einschlägigen bzw. unbegründeten Entscheidungen zitierend. 61 Galperin / Löwisch § 21 Rn. 20; Hess / Sch10chauer / G1aubitz § 21 Rn. 24; wohl auch Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke § 21 Rn. 29. 62 Vgl. oben Kap. 1,1.1. a. E. und ll.1.; im Ergebnis auch GK-Wiese § 21 Rn. 40. 63 Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither §21 Rn. 31; Blomeyer, ZfA 1975, S.304; v. Hoyningen-Huene, S. 136; Kaven, S.59. 64 GK-Fabricius §§ 112,112a Rn. 19. 6S Galperin / Löwisch § 21 Rn. 21; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 21 Rn. 26; Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke § 21 Rn. 30; Stege / Weinspach § 21 Rn. 7; Etzel Rn. 259 und KR-Etzel § 15 KSchG Rn. 119; wohl auch Schaub, § 244 ll.1.b), S. 1572. 66 Blomeyer, ZfA 1975, S.304; im Ergebnis auch Rosset, S. 98 ff., der zwar ein Restmandat ablehnt, den Betriebsrat aber analog den vereinsrechtlichen Vorschriften liquidieren will. 67 Schlüter, S. 141. 68 Etwa Etzel, aaO. (Fn. 65); Schaub, aaO. (Fn. 65); Weller, AR-Blattei Sozialplan I, B Vll d).

III. Ablehnung eines Restmandats

25

111. Ablehnung eines Restmandats 1. Restmandat über das Verfahrensrecht?

Wiese 69 lehnt ein Restmandat nach Beendigung des Betriebsratsamtes 70 generell ab, weil nach diesem Zeitpunkt keine Beteiligungsrechte mehr wahrgenommen werden können. Eine Ausnahme will er - ,,nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen" - nur für anhängige Verfahren zulassen, so daß es Sache des Betriebsrats sei, durch rechtzeitiges Anhängigmachen entsprechender Verfahren seine Beteiligungsrechte zu sichern. 71 Dies überzeugt nicht, da Wiese eine unbewiesene - Behauptung als Begründung ausgibt, während die h. M. mit dem Restmandat gerade die Voraussetzung dafür schaffen will, daß nach der Betriebsstillegung noch Beteiligungsrechte wahrgenommen werden können. Dabei erscheint letztere Vorgehensweise als vorzugswürdig, weil der Betriebsrat dadurch autonom, d. h. unabhängig von der drohenden, eventuell sehr kurzfristig erfolgenden Betriebsstillegung sowie der Verhandlungsbereitschaft des Arbeitgebers bleibt und nicht den Verlust seiner Beteiligungsrechte durch Zeitablauf gewärtigen muß. Überhaupt ist der Weg, quasi über das Verfahrensrecht ein materielles Restmandat zu schaffen, nicht gangbar, denn die "allgemeinen prozessualen Grundsätze" gelten nur für Fälle, in denen der Wegfall des Amtes streitig ist. 72 Selbst wenn die Beteiligtenfahigkeit des Betriebsrats mit dem Erlöschen des Betriebsratsamtes nicht entfallt,73 kann der Betriebsrat in der Sache nur Erfolg haben, wenn er die Sozialplanmitbestimrnungsrechte noch wahrnehmen kann - und dazu ist er nur in der Lage, wenn er ein materielles Restmandat hat. Insofern hilft ein "verfahrensrechtliches Restmandat" nicht weiter, weil der Betriebsrat dann zwar ein Beschlußverfahren (weiter)führen kann, in der Sache aber unterliegt, weil ihm Beteiligungsrechte nicht mehr zustehen.

GK-Wiese § 21 Rn. 40. 70 Zur abweichenden Verwendung des Stillegungsbegriffs vgl. ausführlich oben Kap. 69

1, 11.1.

71 GK-Wiese § 21 Rn. 42. 72 Vgl. oben 1.1.; so auch der Sachverhalt der immer wieder angezogenen Entscheidung BAG AP Nr. 3 zu § 80 ArbGG. 73 Grunsky § 80 Rn. 15 a. E. und - zum Wahlvorstand - Anm. zu BAG AP Nr. 2 zu § 83 ArbGG 1979 unter La); Kort, SAE 1987, S. 227,228; vgl. BAG AP Nr. 15 zu § 112 BetrVG 1972 und Beschl. v. 17.10.1989-1 ABR 80 /88-, wo die Beteiligtenfähigkeit des Betriebsrats nach Betriebsstillegung gerade mit dessen Restmandat begründet wird.

26

2. Kap.: Meinungsstand 2. Treuhänderlösung

Andere Autoren 74 lehnen ein Restmandat wegen rechtlicher und praktischer Schwierigkeiten ab. Rechtlich müßte man wegen § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG für das Restmandat auch die Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder fortbestehen lassen, da der Betriebsrat sonst wegen des persönlichen Amtsverlustes seiner Mitglieder zu bestehen aufhöre; dies verstoße aber gegen den klaren Wortlaut von § 15 Abs. 4 KSchG.75 Praktisch sei es schwierig und kostspielig, den auseinandergegangenen Betriebsrat des stillgelegten Betriebs für die Sozialplanverhandlungen und -beratungen in beschlußfähiger Stärke zusammenzuholen. 76 Für die Aufstellung eines Sozialplans enthalte damit das Gesetz eine Regelungslücke, die dadurch zu schließen sei, daß der Betriebsrat berechtigt ist, vor der Stillegung des Betriebes einen Treuhänder einzusetzen, der die Verhandlungen über den Sozialplan - inclusive eines etwaigen Einigungsverfahrens - auch nach der Betriebsstillegung fortsetzen kann. 77 Dogmatisch will man die Einsetzung eines Treuhänders mit einer Vollmacht über den Tod hinaus vergleichen. 78 Gegen die rechtlichen Schwierigkeiten mit §§ 24 Abs. 1 Nr.3 BetrVG, 15 Abs. 4 KSchG spricht eine neuere Entscheidung des BAG,79 wonach das Restmandat nicht zu einer Verlängerung der Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder führt. Die Entscheidung läßt jedoch eine Auseinandersetzung mit § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG vermissen. Auch praktische Probleme sollten einer dogmatischen Klärung des Problems Restmandat nicht - zumindest nicht bei dessen Begründung, allenfalls bei der Frage der Wahrnehmung eines solchen Restmandats - im Wege stehen, vor allem dann nicht, wenn die "praktische Lösung" neue dogmatische Probleme aufwirft. 80

74 Dietz / Richardi § 21 Rn. 33, § 112 Rn. 44; Richardi, Sozialplan, S. 33; Hanau, ZfA 1974, S. 109 f.; zunächst auch LAG Düsseldorf BB 1976, 602, aufgegeben in LAG Düsseldorf DB 1976,2072 und BB 1976, 1366. 75 Dietz / Richardi § 21 Rn. 33. 76 Hanau, aaO. (Fn. 74). 77 Dietz/Richardi § 112 Rn. 45; Otto, SAE 1976, S. 23. 78 Hanau, aaO. (Fn. 74); ihm folgend Richardi, Sozialplan, S. 33. 79 AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 - Konzern -; zustimmend Windbichler, SAE 1984, S.146. 80 Kritisch zu reinen Rentabilitätserwägungen Blomeyer, ZfA 1975, S. 304; ablehnend zur "postmortalen Vollmacht" Schlüter, S. 137; Schwierigkeiten sieht auch Rosset, S. 100; zum Ganzen unten Kap. 3, 11.

3. Kapitel

Begründung für ein Restmandat des Betriebsrats bezüglich der Sozialplanmitbestimmung I. Restmandat als Geschäftsführung des Betriebsrats nach §§ 22, 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG (entsprechend) Im Falle des § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG bleibt der bisherige Betriebsrat einstweilen im Amt - mit uneingeschränkter Geschäftsführungsbefugnis, § 22 BetrVG.81

Das Arbeitsgericht Heilbronn vertritt in einer Entscheidung 82 die Auffassung, die Betriebsstillegung falle unter § 13 Abs. 2 NT. 1 BetrVG, denn dieser beinhalte "natürlicherweise" auch das Sinken der Arbeitnehmerzahl auf Null; ansonsten sei die Liquidation des Unternehmens als Auflösungstatbestand für den Betriebsrat nicht vorgesehen. Nach § 22 BetrVG bliebe damit der Betriebsrat im Amt - bis ein neuer gewählt und das Wahlergebnis bekanntgegeben ist. Da auch das Arbeitsgericht Heilbronn bei einer Betriebsstillegung eine Neuwahl ,,nicht ernstlich" in Erwägung ziehen will, bliebe der Betriebsrat zunächst bis zum Ablauf seiner Wahlperiode im Amt; denn das ist der Zeitpunkt, zu dem das Amt des geschäftsführenden Betriebsrats spätestens endet, wenn es - aus welchen Gründen auch immer - zu keiner Neuwahl kommt. 83 Die Argumentation mit §§ 13 Abs. 2 Nr. 1,22 BetrVG ist aber aus mehreren Gründen unzutreffend. Zunächst übersieht das Arbeitsgericht Heilbronn, daß es neben den in § 13 Abs. 2 BetrVG mittelbar geregelten Fällen der vorzeitigen Beendigung des Betriebsratsamtes nach ansonsten einhelliger Ansicht 84 auch solche geben kann, die sich aus anderen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes ergeben, z. B. nach § 3 Abs. 3 BetrVG bei Schaffung einer anderen Vertretung der Arbeitnehmer durch Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr.2 BetrVG. Des weiteren ordnet § 13 Abs.2 BetrVG als Rechtsfolge einer tatbestandsmäßigen 81 Dietz / Richardi § 22 Rn. 4, 5, 7; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 22 Rn. I, 7; Galperin/Löwisch § 22 Rn. 5; GK-Wiese § 22 Rn. 15. 82 Abgedruckt in DB 1975,61,62. 83 Dietz / Richardi § 22 Rn. 8; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 22 Rn. 10; Galperin/Löwisch § 22 Rn. 7; GK-Thiele § 22 Rn. 20; Meisel, S. 26. 84 Vgl. nur Dietz / Richardi § 21 Rn. 23; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 21 Rn. 28 ff.; Galperin/Löwisch § 21 Rn. 15 ff.; GK-Wiese § 21 Rn. 34 ff.

28

3. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung -

Begründung

Veränderung der Belegschaftsstärke die Neuwahl des Betriebsrats an, geht also ersichtlich davon aus, daß nach der Veränderung der Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer überhaupt noch ein betriebsratsfähiger Betrieb besteht. Da dies bei einer Betriebsstillegung nicht gegeben ist, fällt sie nicht unter § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.85 Eine Ausdehnung des § 22 BetrVG schließlich auf von § 13 Abs. 2 Nr. I BetrVG nicht erfaßte Fälle vorzeitiger Beendigung des Betriebsratsamtes kommt zumindest bei einer Betriebsstillegung nicht in Betracht. § 22 BetrVG ist seinem Charakter nach eine Ausnahmebestimmung zu der Regel, daß bei vorzeitiger Beendigung des Betriebsratsamtes dieses mit Eintritt des Beendigungsgrundes endet. 86 Wenn man überhaupt eine Analogie zuläßt,87 dann nur eine solche, die sich in den Grenzen des Grundgedankens dieser Ausnahmevorschrift bewegt. 88 § 22 BetrVG sichert als Überbrückungsregelung die betriebsverfassungsrechtliche Vertretung der Arbeitnehmer zwischen einer vorzeitigen Beendigung des Betriebsratsamtes und dem Amtsantritt bei vorzeitiger Neuwahl. Eine Ausweitung setzt also zumindest voraus, daß eine Überbrückungssituation vorliegt, das heißt, daß rechtlich die Neuwahl einer Arbeitnehmervertretung überhaupt möglich ist. Diese Situation liegt bei einer Betriebsstillegung nicht vor, § 22 BetrVG ist damit auch nicht entsprechend anwendbar.

11. Restmandat als "postmortale Vollmacht" Nach Auffassung der Vertreter der Treuhänderlösung kann der Betriebsrat vor Betriebsstillegung - vergleichbar einer Vollmacht über den Tod hinaus - einen Treuhänder einsetzen, der sein Mitbestimmungsrecht bezüglich der Aufstellung eines Sozialplans ausübt. 89 In diesem Zusammenhang stellt sich generell die Frage, ob, wie und an wen der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht übertragen kann und ob das Restmandat gleichsam seinen Rechtsgrund in der "Vollmacht" des untergegangenen alten Betriebsrats findet. 1. Übertragung nach §§ 27, 28 BetrVG

Das Betriebsverfassungsgesetz regelt in seinen §§ 27, 28 die Übertragung von Aufgaben des Betriebsrats auf Ausschüsse - und zieht dafür in § 27 Abs. 3 85 Wie hier Schlüter, S. 138. 86 Dietz / Richardi § 22 Rn. 1; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 22 Rn. 4 f.; Galpe-

rin/Löwisch § 22 Rn. 2; GK-Wiese'§ 22 Rn. 8. 87 Dagegen Galperin / Löwisch § 22 Rn. 2. 88 BAG AP Nr.24 zu § 102 BetrVG 1972 unter I 3 b) der Gründe, AP Nr.77 zu § 613a BGB unter I 2 b)aa) der Gründe; Beispiel bei Dietz / Richardi § 22 Rn. 3; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 22 Rn. 6. 89 Hanau, ZfA 1974, S. 109 f.; ihm folgend Richardi, Sozialplan, S. 33 und Dietz/ Richardi § 112 Rn. 45; Otto, SAE 1976, S. 23.

11. Restmandat als "postmortale Vollmacht"

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auch Grenzen. Insbesondere kann der Betriebsausschuß - oder ein weiterer Ausschuß (§ 28 Abs. I S. 2 BetrVG) - keine Betriebsvereinbarung abschließen. Da nach § 112 Abs. I S.3 BetrVG der Sozialplan eine Betriebsvereinbarung ist,90 könnte ein solcher Ausschuß ein Restmandat zu diesem Zweck nicht wahrnehmen. Außerdem sind der Betriebsausschuß und die weiteren Ausschüsse nach § 28 BetrVG Organe des Betriebsrats,91 deren rechtliche Existenz notwendigerweise von der des Betriebsrats abhängt. Besteht der Betriebsrat nicht mehr, so kann es auch keine Organe des Betriebsrats geben. Könnte der Betriebsrat über den Zeitpunkt seines Amtsendes hinaus sein Mitbestimmungsrecht auf einen Ausschuß aus seiner Mitte übertragen, käme dies einer Verlängerung der eigenen Amtszeit gleich; 92 eine derartige Organisationsgewalt hat der Betriebsrat jedoch nach dem BetrVG nicht. Geht man davon aus, daß das Betriebsratsamt mit der Betriebsstillegung erlischt, so kann die Übertragung von Aufgaben für die Zeit nach der Betriebsstillegung nicht eine solche nach §§ 27, 28 BetrVG sein, so daß die dort einer Übertragung gezogenen Schranken - dies ist den Vertretern der Treuhänderlösung zuzugeben _93 nicht anwendbar sind. 2. Vollmacht für ein oder mehrere Betriebsratsmitglieder

Zu klären bleibt aber, ob der Betriebsrat überhaupt vor Betriebsstillegung aus seinen Reihen einen oder mehrere Vertreter ermächtigen kann, in seinem Namen das Mitbestimmungsrecht auszuüben. a) Die Mitbestimmung des Betriebsrats bezüglich der Aufstellung eines Sozialplans ist zunächst ein Anspruch des Betriebsrats auf Regelung,94 der mit ,,Planung" der Betriebsänderung, also zeitlich immer vor der Betriebsstillegung entsteht. 95 Unterstellt, daß dieser Anspruch durch die Betriebsstillegung nicht untergeht, da einmal entstandene Rechte des Betriebsrats durch betriebsorganisatorische Maßnahmen nicht berührt werden, % so fehlt es nach der Betriebsstillegung an einem Handlungsorgan, das dieses Recht ausüben kann. 90 BAG AP Nr.2, 12, 14 zu § 112 BetrVG 1972; Dietz/Richardi § 112 Rn. 80 m.w.N. 91 Dietz / Richardi § 27 Rn. 36; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 27 Rn. 29; Galperin / Löwisch § 27 Rn. 19; GK-Wiese § 27 Rn. 32; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 27 Rn. 29. 92 So auch BAG AP Nr. 6 zu § 59 KO unter 2.) der Gründe. 93 Richardi, Sozialplan, S. 33; Rosset, S. 101. 94 Richardi, NZA 1984, S. 177. 95 Dietz / Richardi § 111 Rn. 74 f.; BAG AP Nr. 1 zu § 113 BetrVG 1972 unter 2.) der Gründe; BAG CGS) AP Nr. 6 zu § 112 BetrVG unter Teil 11 B 5.) der Erwägungen des Großen Senats; BAG AP Nr. 11 zu § 113 BetrVG 1972 unter I.3.b) der Gründe. % BAG AP Nr. 14 zu § 40 BetrVG 1972 unter 11 3a) der Gründe; Schaub, § 244 11 Ib) , S. 1572.

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3. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung - Begründung

b) Der Betriebsrat kann durch Vollmachtserteilung ein (oder mehrere) Betriebsratsmitglied(er) mit der Erledigung einer bestimmten Angelegenheit betrauen und insoweit Vertretungsbefugnis einräumen. Insofern erscheint es denkbar, daß der Betriebsrat einen Beschluß faßt, in dem die Aufstellung eines Sozialplans verlangt und ein Betriebsratsmitglied ermächtigt wird, namens des Betriebsrats die Sozialplanverhandlungen zu führen und den Sozialplan abzuschließen. 97 Ob dies tatsächlich so rechtlich zulässig ist, kann hier noch dahingestellt bleiben; 98 hört der Betriebsrat mit der Betriebsstillegung zu bestehen auf, so erlischt jedenfalls auch eine solche Vollmacht. aa) Zivilrechtlich bestimmt sich das Erlöschen einer Vollmacht nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, § 168 S. 1 BGB. Nun könnte man argumentieren, der Bevollmächtigung eines Betriebsratsmitgliedes liege eine Art Auftragsverhältnis zugrunde, das mit dem "Tode des Auftraggebers" Betriebsrat nicht erlösche, § 672 S. 1 BGB. Eine Vollmacht "über den Tod hinaus"99 stößt aber auf Schwierigkeiten, weil der Vollmachtgeber keinen Rechtsnachfolger hat, auf den sich die Vollmacht beziehen könnte, der Betriebsrat hat keine "Erben". 100 Das Handeln des Vertreters kann sich auch nicht auf die (früheren) Arbeitnehmer beziehen. Zwar sind die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats der Belegschaft als solcher zugeordnet,101 diese kann jedoch nur im Rahmen der Betriebsverfassung "vertreten" werden, da das Betriebsverfassungsgesetz abschließend und zwingend ist. 102 bb) Eine rein zivilrechtliche Argumentation hilft aber bei der Lösung dieser Frage nicht weiter. Wenngleich die Einräumung von Vertretungsbefugnis für ein einzelnes Betriebsratsmitglied rechtsgeschäftlicher Art ist,103 liegt dem ein Rechtsverhältnis betriebsverfassungsrechtlicher Natur zugrunde. Es ist anerkannt, daß der Betriebsrat nicht nur durch seinen Vorsitzenden, sondern auch selbst in seiner Gesamtheit oder - in bestimmten Einzelfällen - durch eines seiner Mitglieder handeln kann. 104 Ob nun der Betriebsrat einem seiner Mitglieder die

97 Dietz / Richardi § 26 Rn. 44; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 26 Rn. 34; Dietz, RdA 1968, S. 440; Galperin/Löwisch § 26 Rn. 27; GK-Wiese § 26 Rn. 65; Brecht § 26 Rn. 14. 98 Dazu unten Kap. 4, I 2b). 99 Zum Begriff MünchKomm-Thiele § 168 Rn. 17 ff. 100 Zutreffend Schlüter, S. 137; zumindest zweifelnd Rosset, S. 100; das übersieht Heinze, ZfA 1988, S. 66, der das Restmandat auf den Rechtsgedanken des § 673 Satz 2 2. Halbsatz BGB stützen will. 101 Wie diese Zuordnung allerdings im einzelnen rechtlich zu werten ist, darüber gehen die Meinungen vielfach auseinander; vg!. Zöllner, S.417; Dietz/Richardi § I Rn. 10; GK-Thiele Ein!. Rn. 68 ff. jew. m. w. N. 102 Einhellige Ansicht, Dietz/Richardi § 2 Rn. 132 m. w. N. 103 Dietz / Richardi § 26 Rn. 44; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 26 Rn. 34. 104 Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 26 Rn. 34; Galperin / Löwisch § 26 Rn. 27; GK-Wiese § 26 Rn. 64 f.; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 26 Rn. 48.

11. Restmandat als "postmortale Vollmacht"

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Erledigung einer bestimmten Angelegenheit in toto überträgt oder (nur) die Ausführung eines Beschlusses, in beiden Fällen delegiert der Betriebsrat eigene (Organ-)Kompetenzen. Der Betriebsrat kann aber nicht Kompetenzen übertragen, die er selbst - infolge seines Untergangs - nicht mehr hat. Wie das Handeln durch einen Ausschuß, setzt auch das durch einen Bevollmächtigten voraus, daß der Betriebsrat als Organ noch besteht. Folglich erlischt mit dem Betriebsrat auch eine Vollmacht für ein Betriebsratsmitglied. 3. Treuhand

Im Grundsatz dieselbe Problematik ergibt sich, wenn man dem Betriebsrat zugesteht, für die Sozialplanmitbestimmung einen Treuhänder von außen einzusetzen. Übereinstimmendes Merkmal aller Treuhandverhältnisse ist, daß ein Treugeber dem Treuhänder Rechte überträgt oder Rechtsmacht einräumt, von denen dieser nur nach Maßgabe eines schuldrechtlichen Treuhandvertrages Gebrauch machen darf. \05 Wenn der Betriebsrat vor Beendigung seines Amtes sein schon entstandenes Mitbestimmungsrecht, das er ab der Betriebsstillegung nicht mehr auszuüben in der Lage ist, auf einen Treuhänder überträgt, schafft er sich selbst ein ,,Ersatzorgan" , das an seiner Stelle das der Belegschaft zuzuordnende Mitbestimmungsrecht ausübt. Dafür fehlt ihm jedoch die Organisationskompetenz. 106 Die Organisation der Betriebsvertretung ist durch das Gesetz abschließend geregelt, 107 nur soweit § 3 BetrVG es ausdrücklich zuläßt, können zusätzliche oder andere Vertretungen der Arbeitnehmer geschaffen werden. Daneben bestehen gegen die Einsetzung eines Treuhänders von außen grundsätzliche Bedenken, da dem BetrVG die Wahrnehmung von Mitwirkungsrechten durch Dritte generell fremd ist; lOB dazu sind allein der Betriebsrat bzw. dessen Organe berufen. Selbst wenn man unterstellt, die von Richardi 109 diagnostizierte Regelungslücke bestünde, so wäre bei deren Schließung dieses im BetrVG angelegte Prinzip zu beachten - und das spricht mehr für die Annahme eines Restmandats des vor der Betriebsstillegung amtierenden Betriebsrats - wie immer ein solches auch im einzelnen ausgestaltet sein mag - als für die Einsetzung eines betriebsratsfremden Treuhänders.

105 MünchKomm-Thiele vor § 164 Rn. 27; Soergel/Siebert/v. Lasault vor § 164 Rn. 67; Palandt/Heinrichs Einf. vor § 164 Anm. 3b). 106 107

\08 109

Anders anscheinend Rosset, S. 100.. Oben Fn. 102. Zutreffend LAG Hamm DB 1976, 154, 156. Dietz / Richardi § 112 Rn. 45.

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3. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung - Begründung 4. Ergebnis

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß sich das Restmandat nicht auf eine, wie auch immer geartete, Übertragung von Rechten durch den Betriebsrat zurückführen läßt.

111. Betriebsrat "in Liquidation" Das Restmandat des Betriebsrats wird in der Literatur teilweise damit erklärt, daß der Betriebsrat in Anlehnung an die gesellschafts- und vereinsrechtlichen Abwicklungsvorschriften so lange im Amt bleibt, bis ein Sozialplan aufgestellt ist. 110

1. Rechtslage beim eingetragenen Verein und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Werden ein rechtsfahiger Verein oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aufgelöst, findet in der Regel 111 eine Liquidation statt, §§ 45 ff. und 730 ff. BGB.112 Wesentlich im vorliegenden Zusammenhang ist, daß der Verein und die GbR im Falle der Auflösung rechtlich nicht als nicht mehr existierend angesehen werden, sondern als Liquidationsverein bzw. Abwicklungsgesellschaft mit verändertem Zweck fortbestehen, §§ 49 Abs. 2, 730 Abs. 2 S. 1 BGB. Als Liquidatoren fungieren grundsätzlich der Vereinsvorstand (§ 48 Abs. 1 S. 1 BGB) bzw. - falls nichts anderes vereinbart ist - alle Gesellschafter gemeinsam (§ 730 Abs. 2 S. 2 BGB). Zweck der Liquidation ist beim Verein die Beendigung der laufenden Geschäfte, die Verflüssigung des Vereinsvermögens, die Befriedigung der Gläubiger und die Verteilung des Überschusses an die Anfallberechtigten; 113 bei der GbR soll das Gesellschaftsvermögen aus der Gebundenheit in der Gesamthandsgemeinschaft gelöst und den einzelnen Gesellschaftern die ihnen zustehenden Werte zur freien Verfügung zugeführt werden. 114

110 Schlüter, S. 141; Blomeyer, ZfA 1975, S. 304; Rosset, S. 100 f.; Hanau I Adomeit, S. 135; erwogen bei Dietz I Richardi § 21 Rn.33. 111 Zu den hier nicht interessierenden Ausnahmen vgl. MünchKomm-Reuter § 47 Rn. 8 und MünchKomm-Ulmer § 730 Rn. 9. . 112 ) Für die hier außer Betracht bleibenden Handelsgesellschaften vgl. §§ 145 ff. HGB, 264 ff. AktG, 66 ff. GmbHG, 82 ff. GenG. 113 MünchKomm-Reuter § 49 Rn. 2 6; Palandt I Heinrichs § 49 Anm. 2a. 114 Hueck, Gesellschaftsrecht, § 11 IV , S.77; MünchKomm-Ulmer § 730 Rn. 1; Palandt I Thomas § 730 Anm. 1; - dagegen dient die Liquidation bei Kapitalgesellschaften in erster Linie dem Schutz der Gläubiger, vgl. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 31 III 1 , S. 287.

III. Betriebsrat "in Liquidation"

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2. Übertragbarkeit auf den Betriebsrat?

Die Übertragung dieser Grundsätze führt zwar zum gewünschten Ergebnis Fortbestehen des Betriebsrats über die Betriebsstillegung hinaus -; sehr fraglich erscheint jedoch, ob eine solche Analogie überhaupt zulässig ist. a) Der Betriebsrat ist unstreitig weder juristische Person noch Gesamthand; die ganz herrschende Meinung geht deshalb auch von einer Vermögensunfähigkeit des Betriebsrats aus. 115 Folglich bestand auch kein Anlaß dafür, Liquidationsregelungen in das BetrVG aufzunehmen, so daß von einer Lücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit nicht gesprochen werden kann. b) Selbst wenn man den Betriebsrat aufgrund von § 40 BetrVG für Rechtsgeschäfte, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben abschließt, als teilrechtsfähig ansieht 116 und daher in diesem Bereich zur Notwendigkeit einer Liquidation von vermögensrechtlichen Beziehungen kommt, hilft dies in bezug auf das Restmandat nicht weiter. Denn ein Fortbestehen des Betriebsrats wäre - entsprechend §§ 49 Abs. 2, 730 Abs. 2 S. 1 BGB - nur insoweit anzunehmen, als der Zweck der Liquidation es erfordert. Zweck einer solchen Liquidation könnte nur sein, die im Rahmen von § 40 BetrVG eingegangenen Hilfsgeschäfte und das ,,Betriebsratsvermögen" abzuwickeln. Nicht vom Liquidationszweck erfaßt ist dagegen die Ausübung von Mitwirkungsrechten, da es dabei um die Wahrnehmung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben und Rechte, nicht aber um irgendwelche Vermögensbeziehungen des Betriebsrats geht. c) Nach Rosset soll der Kreis der Abwicklungsgeschäfte auch die Sozialplanmitbestimmung umfassen. 117 Diese Ausdehnung sei von der Natur der Sache gefordert, da für die Sozialplanmitbestimmung ein bestehender Betriebsrat notwendig ist. Diese Begründung überzeugt nicht, da vom Ergebnis her - Fortbestehen des Betriebsrats zum Zwecke der Liquidation - dessen Voraussetzunges muß sich um ein Abwicklungsgeschäft handeln - bestimmt wird. Das Argument, die "Natur der Sache" erfordere die Ausdehnung, entspricht letztlich der 115 BAG AP Nr.7 zu § 87 BetrVG 1972 Sozialeinrichtung - unter 1I.2.a) der Gründe mit zust. Anm. Mühl, AP Nr. 35 zu § 37 BetrVG 1972 unter III.5. der Gründe, AP Nr. 6 zu § 83 ArbGG 1953 unter 11.2. der Gründe; Fitting 1Auffarth 1Kaiser 1Heither § 1 Rn. 105; Galperin 1Löwisch vor § 1 Rn. 21 und 36; Hess 1Schlochauer 1Glaubitz vor § 1 Rn. 41; Gester, S. 157; Gramm, AR-Blattei Betriebsverfassung VII, B 1.; Jahnke, RdA 1975, S. 343; v. Hoyningen-Huene, S. 42 und AR-B1attei Betriebsverfassung VII, Entsch. 4, Anm. unter 2.; Neumann-Duesberg, S. 334; Nipperdey 1Säcker bei Hueck 1 Nipperdey, Bd. 11/2, S. 1106; Schaub, § 220 1.1., S. 1418 f.; Sö1lner, § 20 1.1. ,S. 165; differenzierend Dietz 1Richardi § 26 Vorbem. Rn. 8 f.; GK-Kraft § 1 Rn. 64 f.; Konzen, ZfA 1985, S. 485 f. 116 Dietz/Richardi § 26 Vorbem. Rn. 9; Dütz/Säcker, OB 1972 Beil. Nr. 17, S. 7; Heinze, OB 1983 Beil. Nr. 9, S. 7; Konzen, ZfA 1985, S. 485 f.; Rosset, S. 38 ff., insbes. S. 41 f.; gegen letzteren ausdrücklich v. Hoyningen-Huene, AR-Blattei Betriebsverfassung VII, Entsch. 4, Anm. unter 2. l\1 Rosset, S. 100 f.

3 Diebl

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3. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung -

Begründung

Auffassung der herrschenden Meinung, das Restmandat sei notwendig zur Sicherung des Mitbestimmungsrechts nach § 112 BetrVG, entspreche also dem Zweck des Gesetzes. Die vereins- und gesellschaftsrechtlichen Abwicklungsvorschriften selbst geben also keine Begründung für das Restmandat des Betriebsrats nach Betriebsstillegung. 3. Übertragbarkeit auf die Belegschaft?

Zu überlegen bleibt, ob man die Parallele zu den vereins- und gesellschaftsrechtlichen Liquidationsvorschriften noch anders ziehen kann. Die Mitbestimmung über die Aufstellung eines Sozialplans ist - wie alle Beteiligungsrechte des Betriebsrats - ein kollektives Recht und der Belegschaft im ganzen zugeordnet. 118 Insofern könnte man die Ausübung dieses Mitbestimmungsrechts nach Betriebsstillegung als Abwicklung des "Verbandes" Belegschaft verstehen. Aber auch hier fehlt es zumindest an einer Ähnlichkeit der Tatbestände, die für eine Heranziehung der vereins- und gesellschaftsrechtlichen Abwicklungsvorschriften notwendig wäre. Die Rechtsnatur der Belegschaft ist sehr umstritten,119 braucht hier aber nicht geklärt zu werden. Selbst wenn man der Belegschaft Teilrechtsfahigkeit 120 oder Sonderrechtsfähigkeit auf dem Gebiet der Betriebsverfassung 121 zubilligt, in ihr eine Rechtsgemeinschaft i. S. d. §§ 741 ff. BGB sieht 122 oder sie als rechtlich relevante Gemeinschaft 123 bezeichnet, entscheidend bleibt, daß sie ,,handlungsfähig" nur in der durch das Betriebsverfassungsgesetz statuierten Weise ist. Damit lassen sich aus der QualifIkation der Belegschaft als - wie auch immer - teilsrechtsfähig keine Folgerungen ableiten, die sich nicht schon aus dem Betriebsverfassungsgesetz selbst ergeben. 124 Auch hier hilft eine Parallele 118 Dietz / Richardi § 1 Rn. 2, 10; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 1 Rn. 89; Galperin/Löwisch vor § 1 Rn. 19; GK-Kraft § 1 Rn. 34 und GK-Thiele Einl. Rn. 68; Hess/ Schlochauer / Glaubitz vor § 1 Rn. 28; Dütz, S.4O; Gester, S.47; Gramm, AR-Blattei Betriebsverfassung VII, A III.5.; Heinze, ZfA 1988, S. 63; Neumann-Duesberg, S. 204; Nipperdey / Säcker bei Hueck / Nipperdey, Bd. 11 / 2, S. 1088; Weitnauer, FS Duden, S. 706 ff.; Zöllner, Arbeitsrecht, § 45 II , S. 417; für das Personalvertretungsrecht ebenso BVerfG AuR 1977, 347; - a. A. - Zuordnung der Beteiligungsrechte an den Betriebsrat -Huber, S. 485 f.; Konzen, ZfA 1985, S. 485 f.; Kreutz, S. 31 ff.; wohl auch v. Hoyningen-Huene, S. 42; abw. auch Nikisch, Bd. III, S. 18, wonach der Betriebsrat weder eigene noch fremde Rechte ausübt; vielmehr habe das Gesetz dem Betriebsrat bestimmte Funktionen beigelegt und ihm dafür Zuständigkeiten eingeräumt; ihm folgend Söllner, § 20 II.1. , S. 166. 119 Dazu Dietz / Richardi § 1 Rn. 5 ff. 120 So die h. M. in der Weimarer Zeit, Nachweise bei Dietz / Richardi § I Rn. 6; Fabricius, S. 232 f. 121 Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 1 Rn. 89. 122 Weitnauer, FS Duden, S. 706 ff. 123 Zöllner, BAG-Festschrift, S. 752 f. 124 Ähnlich Dietz / Richardi § 1 Rn. 8.

IV. Nachwirkung und Betriebsratsamt

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zu den vereins- und gesellschaftsrechtlichen Abwicklungsvorschriften für eine Erklärung und Begründung des Restmandats nicht weiter.

IV. Nachwirkung und Betriebsratsamt Da eine Betriebsstillegung das Ende der organisatorischen Einheit Betrieb, damit auch das Ende der Arbeitsverhältnisse und unter Umständen das Ende des Betriebsratsamtes bedeutet, liegt es nahe, den Bereich der Nachwirkungen als Ausgangspunkt für die Begründung eines Restmandats zu wählen. 125

1. Begriff der Nachwirkung

Der Begriff "Nachwirkung" umfaßt verschiedene Phänomene: a) Gesetzlich normiert ist eine Nachwirkung in §§ 4 Abs. 5 TVG, 77 Abs. 6 BetrVG als Weitergeltung von Normen des Tarifvertrages und der Betriebsvereinbarung über ihren Ablauf hinaus - bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Es handelt sich hierbei also um eine Art gesetzlicher Überbrückungsregelungen. 126 b) Im Arbeitsvertragsrecht bezeichnet man mit Nachwirkung den Umstand, daß die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht das Erlöschen sämtlicher Rechte und Pflichten daraus zur Folge hat. Vielmehr entfällt nur die Grundlage für das Neuentstehen von Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag. Bereits vor der Beendigung entstandene, noch nicht erfüllte Verpflichtungen werden dagegen durch die Beendigung des Arbeitsvertrages nicht berührt. Außerdem gibt es gewisse Pflichten, die typischerweise erst nachträglich erfüllt werden, 127 bzw. die sich erst nach Beendigung konkretisieren können. Unstreitig ist ferner, daß bestimmte Schutz- und Rücksichtspflichten der Arbeitsvertragsparteien, wie sie sich insbesondere aus den Treuebindungen ergeben, weiter fortbestehen können. 128 125 In diese Richtung auch Windbichler, SAE 1984, S. 146, nach der "das gesamte Konzept des Restmandats in den Bereich der Nachwirkungen gehört". 126 Wiedemann / Stumpf § 4 Rn. 185; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 77 Rn. 60. 127 z. B. Zeugnispflicht, §§ 630 BGB, 73 HGB, 113 GewO. 128 Zöllner, Arbeitsrecht, § 26 I 1 , S. 256 f.; ders., Treue- und Fürsorgepflicht, S. 94 ff.; MünchKomm-Söllner § 611 Rn. 437 ff. und Söllner § 34 m , S. 278; Staudinger/Neumann Vorbem. zu § 620 Rn. 179 ff.; Hueck/Nipperdey, Bd. I, § 68, S. 711 f.; ferner BAG AP Nr. 80 zu § 611 BGB - Fürsorgepflicht - unter n 2 der Gründe und Urt. v. 10.8.1989 - 6 AZR 373/87 - (nicht veröffentlicht), jew. m. w. N.; allgemein zu nachwirkenden Treuepflichten MünchKomm-Emmerich vor § 275 Rn. 176 ff. (insbesondere 181 f.) und zu nachwirkenden Vertragspflichten v. Bar, AcP 179 (1979), S. 452 (insbesondere 461 ff.).

3'

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3. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung -

Begründung

2. Nachwirkung im Bereich der Beteiligungsrechte a) Auszuscheiden ist zunächst mit Sicherheit eine Nachwirkung des Betriebsratsamtes im Sinne einer Übergangsregelung. Endet die Amtszeit des Betriebsrats vorzeitig nach § 13 Abs. 2 Nm. I - 3 BetrVG, so führt der alte Betriebsrat die Geschäfte weiter. Für diesen Überbrükkungszeitraum ist § 22 BetrVG sedes materiae, der aber bei einer Betriebsstillegung nicht anwendbar ist und somit für ein Restmandat nichts hergibt. 129 b) Interessanter scheint jedoch die Heranziehung der arbeitsvertraglichen N achwirkungen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezüglich eines Sozialplans entsteht, wie sich aus §§ 111,112 BetrVG ergibt, mit Planung der Betriebsstillegung. 130 Ähnlich wie noch nicht erfüllte Individualansprüche des Arbeitnehmers durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erlöschen, könnte dies auch für noch nicht erfüllte kollektive Ansprüche bei der Betriebsstillegung gelten. Nach h. M. sind die Beteiligungsrechte des Betriebsverfassungsgesetzes kollektive Rechte, die der Belegschaft im ganzen zugeordnet sind. 131 Eine Mindermeinung ordnet die Beteiligungsrechte dem Betriebsrat zu 132 - wofür hauptsächlich der Zusammenhang der ausgeübten Beteiligungsrechte mit sonstigen organisatorischen Befugnissen, vor allem aber mit den allein auf den Betriebsrat projizierten Pflichten sprechen SOll.133 Weiterhin wird angeführt, daß in dem vom Betriebsverfassungsrecht abgesteckten Rahmen zwar der Betriebsrat, nicht aber die Belegschaft handlungsfähig sei. 134 Dies spricht jedoch nicht zwingend für

129 Vgl. oben Kap. 3 I. 130 Dietz / Richardi § 111 Rn. 74 f.; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 111 Rn. 35; GK-Fabricius §§ 112,l12a Rn. 26; BAG AP Nr. 11 zu § 113 BetrVG 1972 unter I.3.b) der Gründe, vorher bereits AP Nr. 1 und 4 zu § 113 BetrVG 1972, auch AP Nr. 26 zu § 112 BetrVG 1972 unter 11.3. der Gründe, BAG (GS) AP Nr. 6 zu § 112 BetrVG 1972 unter Teil 11 B 5.) der Erwägungen des Großen Senats; zustimmend Beuthien, RdA 1976, S. 148; zur Frage, wann eine Betriebsstillegung geplant ist, LAG DüsseldorfNZA 1986,371,372 und ob überhaupt eine Planung i. S. der §§ 111, 112 BetrVG vorliegt BAG AP Nr. 12 zu § 111 BetrVG 1972 unter 2.a) der Gründe; zust. v. HoyningenHuene, RdA 1986, S. 1l0; abI. Fabricius/Pottmeyer, Anm. zu BAG ebd. 131 Dietz / Richardi § 1 Rn. 2, 10; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 1 Rn. 89; Galperin/Löwisch vor § 1 Rn. 19; GK-Kraft § 1 Rn. 34 und GK-Thiele Ein!. Rn. 68; Hess/ Schlochauer / Glaubitz vor § 1 Rn. 28; Dütz, S.40; Gester, S. 47; Gramm, AR-Blattei Betriebsverfassung VII, A 11.5.; Heinze, ZfA 1988, S. 63; Neumann-Duesberg, S. 204; Nipperdey/Säcker bei Hueck/Nipperdey, Bd.II/2, S.1088; Weitnauer, FS Duden, S. 706 ff.; Zöllner, Arbeitsrecht, § 45 11 , S. 417; für das Personalvertretungsrecht ebenso BVerfG AuR 1977, 347. 132 Huber, S. 485 f.; Konzen, ZfA 1985, S. 485 f.; Kreutz, S. 31 ff.; wohl auch v. Hoyningen-Huene, S. 42. 133 Unter ausführlicher Erörterung der einzelnen Pflichten Kreutz, S. 31 f.; auch Konzen (Fn. 132). 134 Kreutz, S. 33 ff.

IV. Nachwirkung und Betriebsratsamt

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eine Zuordnung der Beteiligungsrechte an den Betriebsrat. Schon die Überschrift des vierten Teils des Betriebsverfassungsgesetzes - ,,Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer" - zeigt, daß für den Gesetzgeber Grund für die Einräumung von Beteiligungsrechten und deren Zurechnungssubjekt die Arbeitnehmer (des Betriebes) sind. Die Belegschaft ist und entsteht durch die Vielzahl der aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Beziehung zum Arbeitgeber in einem Betrieb tätigen Arbeitnehmer, die zu eine tatsächlichen "Gemeinschaft" führt; dadurch wird kollektiver Regelungsbedarf geschaffen (z. B. "Ordnung" des Betriebes) bzw. ,,Mitsprache" für notwendig angesehen. Kollektive, d. h. nicht nur den Einzelnen betreffende Fragen soll nicht (mehr) allein der Arbeitgeber entscheiden können, sondern - im vom Gesetzgeber konzedierten Maße - Arbeitgeber und "Kollektiv" gemeinsam. Um dies zu ermöglichen, gibt es theoretisch zwei Möglichkeiten. Entweder man verleiht dem ,,Kollektiv" Rechts- und Handlungsfähigkeit, damit es die ihm eingeräumten Rechte auch selbst wahrnehmen kann. Das hat der deutsche Gesetzgeber nicht getan, auch die Versuche eines Teils der Wissenschaft, in der Belegschaft eine juristische Teilperson zu sehen, haben sich nicht durchgesetzt. 135 Oder man schafft für die Ausübung der Beteiligungsrechte eine "Vertretung" der Belegschaft, wie dies im deutschen Betriebsverfassungsrecht geschehen ist. Diese "Vertretung" ist mit dem rein zivilrechtlichen Instrumentarium nicht zu erklären, 136 da der Gesetzgeber sich bei Schaffung des Betriebsrats nicht um zivilrechtliche Denkkategorien gekümmert, sondern die Ausübung der dem ,,Kollektiv" eingeräumten Rechte dem Betriebsrat zugewiesen hat; I37 dies läßt sich wohl am besten mit dem Repräsentationsprinzip erklären. 138 Daß dem Betriebsrat zur Ausübung der Beteiligungsrechte eigene Rechte und Pflichten eingeräumt werden, dient allein dieser Ausübung und besagt nichts über die Zuordnung der Beteiligungsrechte. Das gleiche gilt für die Handlungsfähigkeit des Betriebsrats. Mit der h. M. ist also davon auszugehen, daß die Beteiligungsrechte des Betriebsverfassungsgesetzes der Belegschaft im ganzen zugeordnet sind, wobei die Belegschaft wiederum nichts anderes ist als die Gesamtheit der Arbeitnehmer eines Betriebes, die aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Beziehung zum Arbeitgeber dort tätig werden. Dietz 1Richardi § 1 Rn. 6 ff. m. w. N. Zu den Erklärungsversuchen Dietz/Richardi § 1 Rn. 16 ff. m. w. N. I37 Allerdings läßt sich - entgegen Nikisch, Bd. m S. 18 - daraus, daß das Gesetz dem Betriebsrat eine bestimmte Funktion gegeben hat und ihm dafür Zuständigkeiten einräumt, nicht folgern, daß dadurch keine Beteiligungsrechte geschaffen wurden. Vielmehr impliziert eine Regelung der Modalität der Beteiligung, daß es auch Beteiligungsrechte gibt. Im Ergebnis ebenso Dietz 1Richardi § 1 Rn. 13. 138 Dazu Dietz 1Richardi § 1 Rn. 14, 19 m. w. N.; Richardi, RdA 1972, S. 10; Nipperdey 1Säcker bei Hueck 1Nipperdey, Bd. 11/2, S. 1091; abl. GK-Thiele Einl. Rn. 78 ff.; Hess 1Schlochauer 1Glaubitz vor § 1 Rn. 34; kritisch Heinze, ZfA 1988, S. 57 ff., der ein "gesetzliches Auftragsverhältnis spezieller Art" annimmt; gegen letzteren v. Hoyningen-Huene, S. 52. 135

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3. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung - Begründung

Anknüpfungspunkt für die Zuordnung von Beteiligungsrechten ist damit letztlich die Vielheit der in einem Betrieb bestehenden Arbeitsverhältnisse. Insofern erscheint es evident, die Nachwirkung, die der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses für die individualrechtliche Ebene Arbeitnehmer - Arbeitgeber folgt, auf die Beendigung der Vielheit der Arbeitsverhältnisse für die kollektive Ebene Belegschaft - Arbeitgeber zu übertragen. Konkret bedeutet dies, daß die Betriebsstillegung in ihrer Dimension als Beendigung aller Arbeitsverhältnisse eines Betriebes bereits entstandene kollektive Beteiligungsrechte grundsätzlich nicht berührt, sondern nur die Entstehung neuer Beteiligungsrechte verhindert. Allerdings geht das Beteiligungsrecht unter, wenn seine Erfüllung dem Inhalt nach unmöglich wird. Nicht mehr möglich in diesem Sinne ist die rechtzeitige und umfassende Information und Beratung (§ 111 Abs. 1 S. 1 BetrVG) oder ein Interessenausgleich (§ 112 Abs. 1 S. 1 BetrVG), der sich darauf bezieht, ob und wie die geplante Betriebsänderung durchgeführt werden soll. Gerade die Regelung des Interessenausgleiches zeigt, daß die noch nicht erfüllten Beteiligungsrechte nicht durch die Betriebsstillegung selbst, sondern der dadurch bewirkten Unmöglichkeit ihrer Erfüllung untergehen. § 113 Abs. 3 BetrVG sanktioniert nicht die Betriebsstillegung, sondern das "Unmöglichmachen" eines Beteiligungsrechts, 139 indem den davon Betroffenen - nicht der Betriebsrat, der das Recht nur ausübt, sondern die Arbeitnehmer als ,Jnhaber" des Rechts - individualrechtliche Ansprüche auf Nachteilsausgleich eingeräumt werden. 140 Der Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile, die die Arbeitnehmer infolge der Betriebsstillegung erleiden, ist auch nach einer Betriebsstillegung noch möglich. Deshalb erledigt sich das Recht auf Abschluß eines Sozialplans nicht wegen Unmöglichkeit, sondern bleibt - nach obigem Grundsatz - von der Betriebsstillegung unberührt. 3. Folgerungen für das Betriebsratsamt

Dieser Befund kann nicht ohne Konsequenzen für das Betriebsratsamt sein. a) Bisher wurde - mit der ganz h. M. - unterstellt, das Betriebsratsamt ende mit der Betriebsstillegung. Begründet wird dieses Erlöschen des Betriebsratsamtes damit, daß der Betriebsrat der Arbeitnehmerrepräsentant eines Betriebes ist und sein Amt vom Bestehen des Betriebes abhängt. 141 Dies leuchtet insoweit unmittelbar ein, als § 1 BetrVG für die Errichtung von Betriebsräten einen (betriebsratsfähigen) Betrieb voraussetzt. Ähnlich Dietz I Richardi § 113 Rn. 5. Eine Regelung, die - bei aller Vorsicht mit der Verwendung zivilrechtlicher Denkschemata im Betriebsverfassungsrecht - ihrer Struktur nach sehr an § 324 Abs. 1 BGB erinnert. 141 Dietz/Richardi § 21 Rn. 29; vgl. auch oben 1. Kap. II.l. 139

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IV. Nachwirkung und Betriebsratsamt

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b) Ist in einem betriebsratsfahigen Betrieb ein Betriebsrat errichtet worden, so nimmt er die ihm kraft Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse wahr. Das Betriebsratsamt ist damit nichts anderes als die Summe der dem Betriebsrat übertragenen Aufgaben und Befugnisse. 142 Sind aber die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte der Belegschaft zugeordnet, so ist jede Befugnis des Betriebsrats diesbezüglich zugleich ein kollektives Recht der Belegschaft. Genauso muß aber umgekehrt jedem kollektiven Recht der Belegschaft eine Befugnis des Betriebsrats zugeordnet sein, da die Zuweisung von Rechten durch die Rechtsordnung an einen "Handlungsunfahigen" nur dann sinnvoll ist, wenn die Rechtsordnung zugleich dafür sorgt, daß "ein anderer" sie für den Handlungsunfahigen ausübt. 143 Wie oben ausgeführt, berührt die Betriebsstillegung nicht das Mitbestimmungsrecht bezüglich eines Sozialplans in seiner Dimension als kollektives Recht der Belegschaft. Damit bleibt aber auch die Befugnis des Betriebsrats auf Regelung - nämlich Aufstellung eines Sozialplans - erhalten. Solange diese Befugnis besteht, erlischt das Betriebsratsamt, verstanden als Summe der dem Betriebsrat übertragenen Aufgaben und Befugnisse, nicht; es ist insofern vom Bestehen des Betriebes unabhängig. 144 Das Betriebsratsamt wird durch die Betriebsstillegung nur insoweit beeinflußt, als Aufgaben und Befugnisse nicht mehr neu entstehen können und es sich deshalb auf die Wahrnehmung und Abwicklung der schon entstandenen - und nicht unmöglich gewordenen beschränkt. In diesem Sinne ist die Bezeichnung als Restmandat gerechtfertigt. 4. Einwand: § 24 Abs. 1 Nr.3 BetrVG Dem Weiterbestehen des Betriebsratsamtes über die Betriebsstillegung hinaus könnte aber entgegenstehen, daß das Amt des Betriebsrats jedenfalls durch Amtsverlust seiner Mitglieder infolge Beendigung der Arbeitsverhältnisse endet, §§ 24 Abs. 1 Nr.3 BetrVG LV. m. 15 Abs.4 KSchG.145 a) Nach § 15 Abs. 4 KSchG kann den Betriebsratsmitgliedern - unter Einhaltung der jeweils für sie geltenden Kündigungsfristen - frühestens zum Zeitpunkt der Betriebsstillegung gekündigt werden, außer ihre Entlassung ist zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt; 146 das heißt aber auch, daß ihnen jedenfalls zum Zeitpunkt der Betriebsstillegung gekündigt werden kann. Über diesen Zeitpunkt hinaus kann ein Arbeitsverhältnis nicht 142 Ebenso Kraft, ZfA 1984, S. 67. 143 Larenz, AT, § 5 I , S. 91. 144 Im Ergebnis ebenso LAG Düsseldorf, BB 1976, 1366, 1367; unter Berufung darauf Gnade/Kebrmann/Scbneider/Blanke § 21 Rn. 30; Stege/Weinspach § 21 Rn. 7. 145 So ausdrücklich Dietz/Richardi § 21 Rn. 33; GK-Wiese § 21 Rn.40; Preis, Anm. zu BAG AP Nr. 21 zu § 111 BetrVG 1972 unter 3.c). 146 Hueck, KSchG, § 15 Rn. 73, 73a.

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3. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung -

Begründung

angenommen werden; 147 desgleichen würde eine Verpflichtung des Arbeitgebers, die Betriebsratsmitglieder erst zu einem späteren Zeitpunkt zu kündigen, gegen § 15 Abs. 4 KSchG verstoßen. 148 Das BAG 149 nimmt deshalb, jedoch ohne sich mit § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG auseinanderzusetzen, an, für die Ausübung des Restmandats bedürfte es eines Arbeitsverhältnisses der Betriebsratsmitglieder nicht. 150 Damit geht das BAG davon aus, daß - anscheinend - entgegen § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG trotz Beendigung der Arbeitsverhältnisse die Betriebsräte Mitglieder des Betriebsrats bleiben und sich das Betriebsratsamt nicht wegen Mitgliederlosigkeit quasi erledigt. b) Welche Position zutreffend ist hängt davon ab, ob § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG auch im Falle der Betriebsstillegung anwendbar ist. aa) § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG spricht nur von ,,Beendigung des Arbeitsverhältnisses", ohne auf den konkreten Anlaß dafür abzustellen. Der Wortsinn umfaßt also auch eine Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder wegen Betriebsstillegung nach § 15 Abs.4 KSchG. bb) § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist nach ganz herrschender Meinung ein Unterfall des Verlustes der Wählbarkeit. 151 Die Zugehörigkeit eines Betriebsratsmitglieds zum Betrieb als Voraussetzung der Wählbarkeit nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist vom Repräsentationsgedanken her eine schlichte Selbstverständlichkeit. Sie soll sicherstellen, daß die Repräsentanten der - untechnischen - Gemeinschaft der Repräsentierten angehören. Im Falle der Betriebsstillegung scheiden alle Arbeitnehmer aus dem Betrieb aus. Der Betriebsrat vertritt aber bei der Sozialplanmitbestimmung weiterhin die Interessen der Arbeitnehmer, die ihn gewählt haben; Repräsentanten und Repräsentierte sind weiterhin deckungsgleich in dem Sinne, daß sie vor der Betriebsstillegung alle Arbeitnehmer des stillgelegten Betriebes waren. Dies ist eine andere Situation als sie §§ 24 Abs. 1 Nr. 3, 8 Abs. 1 S. 1 BetrVG im Auge haben, so daß § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG bei Kündigung wegen Betriebsstillegung von seinem Sinn und Zweck her nicht paßt. 152 Folglich bleiben auch die gekündigten Betriebsräte Mitglieder des Betriebsrats.

147 BAG AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern - mit zust. Anm. Windbichler, SAE 1984, S. 146. 148 KR-Etzel § 15 KSchG Rn. 115. 149 Fn. 147 und BAG AP Nr. 20 zu § 111 BetrVG 1972 unter II.2.c) der Gründe. 150 Zustimmend KR-Etzel, Fn. 148; Rohlfing I Rewolle I Bader § 15 KSchG Anm. 9. 151 Dietz I Richardi § 24 Rn. 10; Fitting I Auffarth I Kaiser I Heither § 24 Rn. 11; Galperin/Löwisch § 24 Rn. 13; GK-Wiese § 24 Rn. 18; Gnade I Kehrmann I Schneider I Blanke § 24 Rn. 11; Hess I Schlochauer I Glaubitz § 24 Rn. 9; Stege I Weinspach § 24 Rn. 4. 152 Im Ergebnis ebenso Windbichler, aaO. (Fn. 147).

IV. Nachwirkung und Betriebsratsamt

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5. Ergebnis

Eine Betriebsstillegung beendet nicht unbedingt das Betriebsratsamt. Es besteht solange, bis die schon vor der Betriebsstillegung entstandenen Beteiligungsrechte (Ansprüche des Betriebsrats auf Regelung) erfüllt sind. Da mit der Betriebsstillegung der Grund für das Neuentstehen von Regelungsansprüchen des Betriebsrats entfällt, kann man das Betriebsratsamt in der zeitlichen Phase nach der Betriebsstillegung als Restmandat bezeichnen. In diesem Falle berührt die Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder ihre betriebsverfassungsrechtliche Stellung als Mitglieder des Betriebsrats nicht, § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist hier nicht anwendbar.

4. Kapitel

Wahrnehmung des Restmandats des Betriebsrats bezüglich der Sozialplanmitbestimmung I. Ausübung des Restmandats I. Betriebsrat als Organ

a) Der Betriebsrat als Kollegialorgan bildet seinen Willen durch Beschlüsse, die nur in einer ordnungsgemäß einberufenen Sitzung gefaßt werden können, §§ 33 Abs. 1,29 Abs. 2 BetrVG.153 Eine Mindermeinung hält eine Beschlußfassung außerhalb von Sitzungen im sogenannten Umlaufverfahren für zulässig, soweit es um eine Stellungnahme des Betriebsrats im Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG 154 oder um "tatbestandlich klare, einfach gelagerte Sachverhalte" 155 bzw. ,,nicht sehr wichtige Angelegenheit(en)" 156 geht. Dies ist abzulehnen. Schon der Wortlaut des § 33 Abs. 1 BetrVG, wonach Beschlüsse des Betriebsrats mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefaßt werden, zeigt, daß das Gesetz davon ausgeht, daß Beschlüsse nur in Sitzungen und nur von den dort erschienenen Mitgliedern, also nicht von Abwesenden bzw. ohne Sitzung gefaßt werden können. 157 Dies entspricht dem Wesen der Beschlußfassung als Ausdruck und Form kollektiver Willensbildung, 158 die grundsätzlich nicht vom Einzelnen privatim vollzogen werden kann. Zwar besteht der formale Akt der Beschlußfassung in der Stimmabgabe der Mitglieder des Kollektivs, 159 die nicht notwendigerweise wiederum im Kollektiv, sondern auch durch jedes Mitglied für sich erfolgen kann. Die Beschlußfassung ist aber auch Ausdruck kollektiver 153 Oietz 1Richardi § 33 Rn. 1 - 3; Fitting 1Auffarth 1Kaiser 1Heither § 33 Rn. 4, 14 f.; Galperin 1Löwisch § 33 Rn. 1 f.; GK-Wiese § 33 Rn. 7, 9 f.; Hess 1Schlochauer 1 Glaubitz § 33 Rn. 4, 11; Brecht § 33 Rn. 6; Etzel, Rn. 304; v. Hoyningen-Huene, S. 147; Huno1d, AR-Blattei Betriebsverfassung X, O. I.; Neumann-Ouesbeg, S.250; Nikisch, Bd. III, S. 177,184; Nipperdey ISäcker bei Hueck/Nipperdey, Bd. 11/2, S. 1200, insbes. Fn. 11a); Heinze, OB 1973, S. 2091; BAG AP Nr. 4 zu § 102 BetrVG 1972 unter III. der Gründe. 154 LAG Harnm OB 1974, 1343; Meise1, S. 196 ,Rn. 458. 155 LAG München OB 1975, 1228. 156 Gaul, 0 IV Rn. 50, S. 453. 157 Ähnlich GK-Wiese § 33 Rn. 10; Nikisch, Bd. III, S. 184. 158 Grundsätzlich dazu Zöllner, Stimmrechtsmacht, S. 11 ff. 159 Zöllner, ebd., S. 12.

I. Ausübung des Restmandats

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Willensbildung, indem sie den Einzelwillen der Mitglieder zu einem kollektiven Willen formt. Insofern ist ihr ein Procedere wesensimmanent, das die Äußerung des Einzelwillens, die Diskussion über die - konträren - Einzelwillen und den Versuch der Beeinflussung bzw. das Sichbeeinflussenlassen - zumindest als Möglichkeit - erlaubt. 160 Nur wenn das Gesetz dieses Procedere für verzichtbar erklärt!...- z. B. §§ 108 Abs. 4 AktG, 48 Abs. 2 GmbHG - oder schon generell keine "Versammlung" des Kollektivs für die Beschlußfassung vorschreibt z. B. § 119 HGB - , ist ein Umlaufverfahren möglich. Da im Betriebsverfassungsgesetz eine solche ,,Erlaubnis" fehlt, ist mit der ganz herrschenden Meinung davon auszugehen, daß Beschlüsse nur in Betriebsratssitzungen gefaßt werden können. Im übrigen schüfe man bei Zulassung des Umlaufverfahrens in den von der Mindermeinung vorgeschlagenen Fällen erhebliche Rechtsunsicherheit, denn es ist letztlich Ansichtssache, ob eine Angelegenheit "einfach" bzw. ,,nicht sehr gewichtig" ist. Da ein Betriebsratsbeschluß bei Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften - und dazu müßte man die Anwendung eines falschen Verfahrens bei der Beschlußfassung rechnen - nichtig ist, 161 könnte diese Gefahr letztlich nur dadurch gebannt werden, daß der Betriebsrat von der Wahl des Umlaufverfahrens absieht. b) Des weiteren setzt eine wirksame Beschlußfassung Beschlußfähigkeit voraus, die nach § 33 Abs. 2 BetrVG nur gegeben ist, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlußfassung teilnimmt. c) Da die Sozialplanmitbestimmung nach Betriebsstillegung den gleichen Anforderungen wie eine solche vor Betriebsstillegung unterliegt, die Betriebsstillegung auch insoweit das Amt des Betriebsrats nicht berührt, 162 tritt hinsichtlich der Ausübung des Mitbestimmungsrechts, also insbesondere der Entscheidung des Betriebsrats durch Beschlußfassung und deren Form grundsätzlich keine Veränderung ein. 163 Allerdings ist - den Praktikabilitätseinwand von Hanau 164 aufgreifend - zu überlegen, ob nicht angesichts der besonderen Situation nach einer Betriebsstillegung Modifikationen zulässig sind.

160 Ähnlich Dietz 1Richardi § 33 Rn. 2; Nipperdey 1Säcker bei Hueck 1Nipperdey, Bd. 11/2, S. 1200; auch Buchner, OB 1976, S. 534; Heinze, OB 1973, S. 2091; Nikisch, Bd. III, S. 177, 184; enger wohl Zöllner, aaO. (Fn. 158), S. 12, wenn er das Recht auf Beteiligung an kollektiver Willensbildung - nur - als Recht, sich an der Beschlußfassung durch Stimmabgabe beteiligen zu dürfen, definiert. 161 Oietz 1Richardi § 33 Rn. 36 f.; Fitting 1Auffarth 1Kaiser 1Heither § 33 Rn. 39; GK-Wiese § 33 Rn. 35 - jew. m. w. N. 162 Vgl. oben Kapitel 4 N.5. 163 Für das in Österreich in § 62a ArbVG gesetzlich geregelte allerdings rein prozessuale - Restmandat ebenso Tomandl, ZAS 1987, S. 187; anders anscheinend Fitting 1Auffarth 1Kaiser 1Heither § 103 Rn. 15; Galperin/Löwisch § 103 Rn. 51; Hess 1Schlochauer 1Glaubitz § 103 Rn. 21; Hueck, KSchG, § 73a, wenn sie fordern, zur Wahrnehmung des Restmandats müsse wenigstens ein Betriebsratsmitglied "bis zum Schluß" bzw. "bis zur endgültigen Stillegung" im Betrieb verbleiben.

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4. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung -

Wahrnehmung

2. Übertragbarkeit

Zu denken ist zunächst an eine Übertragbarkeit der Sozialplanmitbestimmung - im ganzen oder einzelner Verfahrensabschnitte - an einen Betriebsausschuß oder ein einzelnes Betriebsratsmitglied. a) Nach § 27 Abs. 3 S. 2 BetrVG können dem Betriebsausschuß - oder einem weiteren Ausschuß, § 28 Abs. 1 BetrVG - Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen werden; allerdings gilt das nicht für den Abschluß VOn Betriebsvereinbarungen. Da wegen § 112 Abs. 1 S. 3 BetrVG der Sozialplan die Wirkung einer Betriebsvereinbarung hat und damit selbst eine Betriebsvereinbarung ist, ob eine normale oder eine besonderer Art ist in diesem Zusammenhang unerheblich, 165 wirkt die Schranke des § 27 Abs. 3 S. 2 BetrVG auch für den Sozialplan. 166 Zwar spricht das Gesetz nur vom ,,Abschluß" einer Betriebsvereinbarung, so daß man annehmen könnte, damit sei nur der gemeinsame Beschluß nach § 77 Abs.2 S. 1 BetrVG gemeint, alle anderen Vefahrensabschnitte aber dürften zur selbständigen Erledigung übertragen werden. Der Prozeß, der zum Abschluß einer Betriebsvereinbarung führt und der formale Akt des Abschlusses lassen sich aber nicht voneinander trennen, so daß die Sozialplanmitbestimmung insgesamt nicht auf einen Betriebsratsausschuß zur selbständigen Erledigung übertragen werden kann. § 27 Abs. 3 S. 2 BetrVG ist auch nicht deshalb unanwendbar, weil es nur um eine Übertragung für die Zeit nach der Betriebsstillegung geht. Dies wäre richtig nur unter der Prämisse, daß das Betriebsratsamt mit der Betriebsstillegung erlischt; 167 lehnt man dies, wie hier, ab, ist § 27 Abs. 3 S. 2 BetrVG, der den Abschluß von Betriebsvereinbarungen wegen ihrer Bedeutung und ihres normativen Charakters dem Betriebsrat vorbehält, 168 nach seinem Sinn und Zweck auch nach der Betriebsstillegung anwendbar. Davon unberührt bleibt, daß eine Übertragung zur Vorbereitung grundsätzlich immer möglich ist; 169 allerdings erscheint dies bei der Sozialplanmitbestimmung unzweckmäßig, da die - entscheidende - Letztberatung und Beschlußfassung beim Betriebsrat verbleibt und dieser an die Vorberatung nicht gebunden sein kann. Wenn jedoch intern zwischen Betriebsrat und Ausschuß die ,.Marschroute" hinsichtlich des aufzustellenden Sozialplans abgeklärt ist, bestehen keine Bedenken,daß, wenn der Betriebsrat es

ZfA 1974, S. 109 f.; vgl. oben Kapitel 2 ill.2. BAG AP Nr.2, 12, 14 zu § 112 BetrVG 1972; Dietz/Richardi § 112 Rn. 80; Fitting / Auffarth/Kaiser /Heither §§ 112, 112a Rn. 27 - jew. m. w. N. 166 Dietz/Richardi, ebd., Rn. 79. 167 Insofern konsequent Richardi, Sozialplan, S. 33; vgl. auch oben Kapitel 3, 11.1. a. E. 168 Amtliche Begründung, Bundesrats-Drucksache 715 / 70, S. 39. 169 Dietz / Richardi § 27 Rn. 64; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 27 Rn. 47; GKWiese § 27 Rn. 57. 164 165

I. Ausübung des Restmandats

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für hilfreich hält, ein Ausschuß die ersten Beratungen mit dem Arbeitgeber führt und das Gesamtorgan erst mit der Endberatung und Entscheidung befaßt wird. b) Ähnliches gilt für die Bevollmächtigung eines Betriebsratsmitglieds. Der Betriebsrat kann durch Vollmachterteilung ein (oder mehrere) Betriebsratsmitglied(er) mit der Erledigung einer bestimmten Angelegenheit betrauen und insoweit Vertretungsbefugnis einräumen. 170 Dagegen ist es unzulässig, daß bestimmte Aufgaben einem Betriebsratsmitglied - auch dem Vorsitzenden - generell zur eigenständigen Erledigung übertragen werden, da insoweit §§ 27 Abs.3, 28 Abs. 1 und 3 BetrVG Spezialvorschriften sind und diese eine derartige Übertragung auf ein einzelnes Betriebsratsmitglied nicht vorsehen. 171 Man könnte nun streiten, ob die Aufstellung eines Sozialplans anläßlich der Betriebsstillegung in diesem Sinne die Übertragung einer bestimmten Aufgabe - nämlich der konkrete Sozialplan aus diesem konkreten Anlaß - oder eine generelle Übertragung der Sozialplanmitbestimmung "an sich" - ist. Das BAG 172 hat ausgeführt, ein einzelnes Betriebsratsmitglied könne nicht "allgemein ermächtigt werden, zu einer Kündigung Stellung zu nehmen", woraus der Umkehrschluß gezogen werden kann, eine konkrete Ermächtigung für eine bestimmte Kündigung sei zulässig. Insofern könnte man durchaus an eine konkrete Ermächtigung zur Wahrnehmung der Mitbestimmung hinsichtlich des bestimmten Sozialplans (nämlich dem aus Anlaß der Betriebsstillegung) denken. Allerdings würde man dabei übersehen, daß nach der Betriebsstillegung die Sozialplanmitbestimmung die einzige wesentliche Aufgabe des Betriebsrats ist, so daß die Übertragung einer generellen Entledigung seiner Aufgaben gleichkäme. Entscheidend ist jedoch, daß auch in diesem Falle die Schranke des § 27 Abs. 3 S. 2 BetrVG einer Übertragung entgegensteht, denn wenn schon ein Betriebs- oder weiterer Ausschuß keine Betriebsvereinbarung abschließen kann, dann erst recht nicht ein einzelnes Betriebsratsmitglied. Deshalb kann auch ein einzelnes Betriebsratsmitglied allenfalls vorberatend im Verhandlungsstadium tätig sein, die Entscheidung über den (Nicht-) Abschluß des Sozialplans, das Vermittlungsersuchen an den Präsidenten des Landesarbeitsamtes nach § 112 Abs. 2 S. 1 BetrVG, die Anrufung der Einigungsstelle, § 112 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 BetrVG sowie die gerichtliche Überprüfung des Spruchs der Einigungsstelle gemäß § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG kann nur der Betriebsrat als Organ treffen.

170 Dietz I Richardi § 26 Rn. 44; Fitting I Auffarth I Kaiser I Heither § 26 Rn. 34; Galperin/Löwisch § 26 Rn. 27; GK-Wiese § 26 Rn. 65; Brecht § 26 Rn. 14; Dietz, RdA 1968, S. 440. 171 Dietz I Richardi § 26 Rn. 44; Fitting I Auffarth I Kaiser I Heither § 26 Rn. 34; GKWiese § 26 Rn. 65, 42; Hess I Schlochauer I Glaubitz § 26 Rn. 39; mit Kritik an der gesetzgeberischen Entscheidung ebenso Stege I Weinspach § 26 Anm. 9; für die Mitwirkung bei Kündigungen ausdrücklich BAG AP Nr. 2 zu § 102 BetrVG 1972 unter l.4.d) der Gründe mit - insoweit - zust. Anm. Richardi. 172 Fn. 171.

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4. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung - Wahrnehmung 3. Vorausbeschlüsse des Betriebsrats

Fraglich erscheint, ob nicht der Betriebsrat - in Kombination mit der Übertragung der vorbereitenden Sozialplanverhandlung an eines seiner Mitglieder oder einen Ausschuß - Beschlüsse hinsichtlich des Sozialplans "im voraus" treffen kann. Dabei ist nicht an einen sogenannten Rahmensozialplan 173 gedacht, in dem unabhängig von einem konkreten Anlaß für eventuelle künftige Fälle einer Betriebsänderung i. S. des § 111 BetrVG (Vorsorge-)Regelungen getroffen werden. Die Sozialplanmitbestimmung nach § 112 BetrVG knüpft, wie sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, an die jeweilige konkrete Betriebsänderung an und kann durch einen Rahmensozialplan nicht entfallen. 174 Selbst wenn der Betriebsrat durch den Rahmensozialplan gebunden sein sollte, hat er ein Mitbestimmungsrecht bezüglich der Ausfüllung des Rahmens anläßlich der konkreten Betriebsänderung, 175 so daß dadurch nicht die Notwendigkeit entfällt, unter Umständen noch nach der Betriebsstillegung Betriebsratsbeschlüsse fassen zu müssen. Untersucht werden soll vielmehr, ob es möglich ist, daß der Betriebsrat vor Betriebsstillegung beschließt, einem Sozialplan zuzustimmen, falls dieser einen bestimmten Inhalt haben wird; ferner die Einigungsstelle anzurufen, wenn ein Sozialplan diesen Inhalts vom Arbeitgeber nicht akzeptiert wird; schließlich, das Gericht gemäß § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG 176 anzurufen für den Fall, daß der Spruch der Einigungsstelle nicht so oder so aussieht. Rechtlich wären dies wohl ein aufschiebend bedingter Zustimmungsbeschluß zum Abschluß eines Sozialplans, eine aufschiebend bedingte Anrufung der Einigungsstelle und ein aufschiebend bedingter Antrag auf Einleitung eines Beschlußverfahrens. a) Der Sozialplan ist eine Betriebsvereinbarung, § 112 Abs. 1 S. 3 BetrVG.177 Es entspricht heute ganz herrschender Meinung, daß die Betriebsvereinbarung ein privatrechtlicher Vertrag ist, auf den grundsätzlich die Vorschriften des BGB über Rechtsgeschäfte anzuwenden sind. 178 Insofern könnte man es für zulässig halten, daß der Betriebsrat eine Willenserklärung nach § 158 BGB bedingt abgibt. Dagegen bestehen aber erhebliche Bedenken, die sowohl aus dem Charakter des Sozialplans als auch dem Wesen der Beschlußfassung herrühren. Dazu Birk, ZfA 1986, S. 89 ff. m. w. N. BAG AP Nr. 10 zu § 113 BetrVG 1972 unter 1. der Gründe; zur Unwirksamkeit des Verzichts auf künftige Mitbestimmungsrechte vgl. auch allgemein Wiese, RdA 1968, S.457. 175 Birk, ZfA 1986, S. 91 spricht von einer mehrphasigen Mitbestimmung. 176 Bzw. zur allgemeinen Rechtskontrolle im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. I, Abs. 2 LV. m. §§ 80 ff. ArbGG - dazu Dietz 1Richardi § 112 Rn. 179, § 76 Rn. 98 ff.; Fitting 1 Auffarthl Kaiser 1 Heither §§ 112, 112a Rn. 38, § 76 Rn. 33c - jew. m. w. N. 177 Nachweise oben Fn. 165. 178 Dietz 1Richardi § 77 Rn. 22, 36; Fitting 1Auffarth 1Kaiser 1Heither § 77 Rn. 16 f.; Hueck, Betriebsvereinbarung, S. 49 f.; Kreutz, S. 16; Nipperdey 1Säcker bei Hueck 1 Nipperdey, Bd. 11/2, S. 1272; Säcker, AR-Blattei Betriebsvereinbarung I, D.1.4. 173

174

I. Ausübung des Restmandats

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aa) Der Sozialplan ist nach der Legaldefinition des § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen."Einigung" impliziert, daß Arbeitgeber und Betriebsrat zunächst im Wege freien Verhandeins versuchen, eine Übereinkunft zu erreichen, 179 wobei sie unter dem Gebot vertrauensvoller Zusammenarbeit, § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG, stehen. ISO Zwar hat der Betriebsrat hinsichtlich der Aufstellung eines Sozialplans ein Initiativrecht,181 so daß er Beschluß fassen kann, von diesem Initiativrecht Gebrauch zu machen. Auch wird er gewisse Vorstellungen oder Vorschläge haben, welchen Inhalt ein Sozialplan seiner Ansicht nach haben 'sollte, wobei es denkbar erscheint, diese Vorschläge in Beschlußform in die Sozialplanverhandlungen einzubringen. Es widerspricht jedoch dem Geiste vertrauensvoller Zusammenarbeit, wenn auf seiten des Betriebsrats 182 praktisch schon feststeht, wie ein Sozialplan, dem der Betriebsrat zustimmt, aussehen muß, da insoweit ein ernster Wille zur Einigung nicht mehr angenommen werden kann. Es besteht zwar keine Kompromißpflicht, der Betriebsrat muß sich aber zumindest auf die Vorschläge des Arbeitgebers einlassen und sie erörtern. 183 Das wird zur Farce, wenn der Verhandlungsbevollmächtigte des Betriebsrats insofern immer nur auf seine Bindung an den Vorausbeschluß des Betriebsrats verweisen könnte. bb) Wie oben 184 dargelegt, ist der Betriebsratsbeschluß Ausdruck kollektiver Willensbildung, wobei der Annahmebeschluß konkret den Willen des Betriebsrats, diesem Sozialplan zuzustimmen, beinhaltet. Der Annahmebeschluß geht ins Leere, wenn überhaupt noch nicht über den Sozialplan verhandelt wurde, da es an den Grundlagen der kollektiven Willensbildung, nämlich einem gemeinsam ausgehandelten Sozialplan, fehlt. Selbst wenn der Betriebsrat durch Beschluß seine Vorschläge für einen Sozialplan gefaßt hat und darauf beharren will, muß er den Vorschlag des Arbeitgebers zumindest anhören und erörtern. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit gebietet, erst nach dieser Erörterung den kollektiven Willen zu bilden, ob auf den eigenen Vorstellungen beharrt oder auf einen Komprorniß eingegangen werden soll. Diese kollektive Willensbildung ist wesentlicher Teil des Sozialplanmitbestimmungsrechts - das dem Betriebsrat als Organ zusteht - und nicht auf einen Bevollmächtigten übertragbar. Ein Vorausbeschluß erscheint nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber das darin enthaltene Angebot des Betriebsrats ohne Modifikation annimmt. In diesem 179 Ähnlich Hess / Schlochauer / Glaubitz § 112 Rn. 60. 180 Vgl. Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither §§ 112, 112a Rn. 20, 5. 181 Dietz / Richardi § 112 Rn. 36; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither §§ 112, 112a Rn. 16. 182 Dasselbe gilt natürlich auch für den Arbeitgeber, doch ist dies im vorliegenden Zusammenhang ohne Interesse. 183 Dietz Richardi § 74 Rn. 10 f.; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 74 Rn. 3 -

jew. m. w.N.

184 Kapitel 4, I.l.a).

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4. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung -

Wahrnehmung

Falle besteht aber an sich keine Notwendigkeit für einen Vorausbeschluß, da sich Arbeitgeber und Betriebsrat einig sind und der Sozialplan somit auch noch vor der Betriebsstillegung wird abgeschlossen werden können. b) Nach § 112 Abs. 4 BetrVG entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans, wenn eine Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitergeber darüber nicht zustande kommt. Daraus könnte folgen, daß ein Antrag auf Entscheidung gemäß §§ 76 Abs. 5 S. 1, 112 Abs.4 S. 2 BetrVG erst zulässig ist, wenn feststeht, daß eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zustande kommt. Es erscheint jedoch unbedenklich, wenn der Betriebsrat schon im voraus die Anrufung der Einigungsstelle für den Fall des Scheitems der Sozialplanverhandlungen beschließt, jedoch der Zugang des Antrags, 185 der als Vollzug des Betriebsratsbeschlusses gemäß § 26 Abs. 3 BetrVG dem Betriebsratsvorsitzenden - oder einem hierzu bevollmächtigten Betriebsratsmitglied obliegt, erst nach einem fehlgeschlagenen Einigungsversuch in die Wege geleitet wird. 186 c) Ein Antrag auf arbeitsgerichtliche Überprüfung des Spruchs der Einigungsstelle kann nicht bedingt - etwa für den Fall, daß der Spruch der Einigungsstelle nicht einen bestimmten Inhalt hat - gestellt werden, da Prozeßhandlungen, die ein Verfahren in Gang setzen sollen, nicht von außerprozessualen Bedingungen abhängig gemacht werden dürfen. 187 Außerdem ist, in Anlehnung an allgemeine Grundsätze des Rechtsmittelverfahrens, 188 ein Antrag überhaupt erst zulässig, wenn der Spruch der Einigungsstelle existent, d. h. verkündet oder auf sonstige Weise bekannt gemacht ist. Der Antrag wird vom Betriebsrat gestellt und bedarf deshalb eines Betriebsratsbeschlusses; die Frage seines Ob ist auch nicht von der Vertretungskompetenz des Betriebsratsvorsitzenden nach § 26 Abs. 3 BetrVG umfaßt, da eine Vertretung durch den Vorsitzenden nur im Rahmen der gefaßten Beschlüsse stattfindet. Sie kann ihm oder einem anderen Betriebsratsmitglied außerdem nicht zur selbständigen Erledigung übertragen werden, weil der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, § 112 Abs. 4 S. 2 BetrVG, die gerichtliche Überprüfung des Spruchs somit Teil der Sozialplanmitbestimmung ist, die nur vom Betriebsrat als Organ wahrgenommen werden kann. Da ein Antrag nach § 81 ArbGG entsprechend § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu begründen ist, 189 wird man für eine entsprechende Beschlußfassung des Betriebsrats wenigstens Kenntnis vom Spruch der Einigungsstelle verlangen müssen. 185 V gl. dazu Dietz / Richardi § 76 Rn. 71; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 76 Rn. 24; GK-Kreutz § 76 Rn. 74. 186 Dasselbe gilt für das fakultative - zeitlich vorangehende - Ersuchen um Vermittlung an den Präsidenten des Landesarbeitsamtes nach § 112 Abs. 2 S. 1 BetrVG. 187 BAG AP Nr. 18 zu § 103 BetrVG 1972 unter B II.1.a) der Gründe m. w. N.allg. Meinung. 188 Dazu Zöller / Schneider vor § 511 Rn. 4. 189 Grunsky § 81 Rn. 2.

I. Ausübung des Restmandats

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d) Festzuhalten bleibt, daß der gewichtigste Teil der Sozialplanmitbestimmung, nämlich der Zustimmungsbeschluß des Betriebsrats nicht im voraus erfolgen kann, ebensowenig die Anrufung des Arbeitsgerichts zur Überprüfung des Spruchs der Einigungsstelle, so daß auf diesem Wege den angeführten praktischen Schwierigkeiten nicht abgeholfen werden kann. 4. Beschlußfähigkeit Nach § 33 Abs. 2 BetrVG ist der Betriebsrat beschlußfahig, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlußfassung teilnimmt; dabei kommt es grundsätzlich auf die gesetzliche Sollstärke nach §§ 9, 11 BetrVG an. 190 Es stellt sich die Frage, ob diese Anforderungen an die Beschlußfahigkeit vermindert werden können, wenn nach der Betriebsstillegung Betriebsmitglieder verhindert sind und eine "ordentliche" Beschlußfahigkeit nicht nur vorübergehend nicht mehr zu erreichen ist. In Betracht kommt die zeitweilige Verhinderung vor allem aus tatsächlichen Gründen, wenn ein Betriebsratsmitglied z. B. wegen seines neuen Arbeitsplatzes nicht an Betriebsratssitzungen teilnehmen kann oder ein endgültiges Ausscheiden aus dem Betriebsrat aufgrund Niederlegung des Amtes (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG), Ausschluß aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung (§ 24 Abs. 1 Nr.5 BetrVG) oder Verlust der Wählbarkeit bzw. Feststellung der Nichtwählbarkeit (§ 24 Abs. 1 Nm. 4, 6).191 Zunächst rückt auch nach einer Betriebsstillegung für ein ausgeschiedenes oder zeitweilig verhindertes Betriebsratsmitglied ein Ersatzmitglied nach, § 25 Abs. 1 BetrVG, das bei der Feststellung der Beschlußfahigkeit genauso mitzählt wie ein "ordentliches" Betriebsratsmitglied, § 33, Abs. 2 2. Halbs. BetrVG.192 Was passiert aber, wenn dies nicht möglich ist, weil keine (weiteren) Ersatzmitglieder mehr vorhanden sind? a) Das BAG193 hat - für die Anhörung nach § 102 BetrVG - entschieden, daß bei nicht nur kurzfristiger Verhinderung eines Teiles der Betriebsrats- und Ersatzmitglieder, die zur vorübergehenden Beschlußunfahigkeit nach § 33 Abs. 2 190 Dietz / Richardi § 33 Rn. 5; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 33 Rn. 6; Galperin / Löwisch § 33 Rn. 6; GK-Wiese § 33 Rn. 11 a. E.; Gnade / Kehrrnann I Schneider / Blanke § 33 Rn. 4; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 33 Rn. 6. 191 Daß die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Betriebsstillegung nicht zum Verlust der Mitgliedschaft im Betriebsrat nach § 24 Abs. 1 Nr.3 BetrVG führt, wurde oben - Kapitel 3 IVA. - begründet; daß auch § 24 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG - Ablauf der Amtszeit - nicht eingreift, wird unten - 11.1. - darzulegen sein. 192 Etzel, Rn. 305; Hunold, AR-Blattei Betriebsverfassung X, D I und die in Fn. 190 Genannten. 193 AP Nr. 24 zu § 102 BetrVG 1972 unter I.3.b)bb) der Gründe =EzA § 102 BetrVG 1972 Nr.48 mit zust. Anm. Heinze = SAE 1984, 121 mit zust. Anm. Körnig = ARBlattei Betriebsverfassung XIV C, Entsch. 80 mit ab!. Anm. Hersehe!. 4 Biebt

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4. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung - Wahrnehmung

BetrVG führt, in analoger Anwendung von § 22 BetrVG für die Beschlußfähigkeit von der Zahl der die Geschäfte (weiter-)führenden Betriebsratsmitglieder auszugehen ist. Dem folgt - generell für die Frage der Beschlußfähigkeit - ein Großteil der betriebsverfassungsrechtlichen Literatur. 194 § 22 BetrVG regelt den Fall, daß wegen Belegschaftsfluktuationen ( § 13 Abs.2 Nr. 1 BetrVG) oder Sinkens der Anzahl der Betriebsratsmitglieder einschließlich derErsatzmitglieder unter die von §§ 9, 11 BetrVG vorgeschriebene Stärke (§ 13 Abs. 2 Nm. 2, 3 BetrVG) der Betriebsrat außerhalb der Regelzeit neu zu wählen ist. Dann soll der alte Betriebsrat bis zum Beginn der Amtszeit des neuzubildenden (§ 21 S. 2 BetrVG) die Geschäfte für diesen Überbrückungszeitraum weiterführen. Konsequenterweise muß dann für die Beschlußfähigkeit des geschäftsführenden Betriebsrats auf deren tatsächliche Ist-Stärke abgestellt werden. 195 Das BAG stellt dem die Situation gleich, daß ein Teil der Betriebsratsmitglieder nicht dauernd, sondern nur vorübergehend verhindert ist und deshalb eine Neuwahl nicht in Betracht kommt; 196 auch hier soll für die Frage der Beschlußfähigkeit auf die Ist-Stärke abgestellt werden. Der Kritik von Herschel,197 es fehle an den Voraussetzungen für eine Analogie, kann nicht gefolgt werden. Nach Herschel will § 22 BetrVG für eine Übergangszeit die Einwirkung einer Fluktuation der Belegschaft auf die Führung der Betriebsratsgeschäfte auffangen. Dagegen gehe es bei einer vorübergehenden Verhinderung allgemein darum, ob und wann ein zur Geschäftsführung berufener Betriebsrat beschlußfähig sei; diese Sachverhalte und die Interessenlagen seien so verschieden, daß § 22 BetrVG mangels hinreichender Ähnlichkeit eine Analogie nicht zu tragen vermöge. Dagegen ist einzuwenden, daß Herschel den Anwendungsbereich des § 22 BetrVG zu eng sieht. Dieser will nicht nur eine Einwirkung auf die Geschäftsführung des Betriebsrats durch eine Fluktuation der Belegschaft (Fall des § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG), sondern - wie § 13 Abs. 2 Nm. 2 und 3 BetrVG, die § 22 BetrVG ebenfalls aufführt, zeigen - auch die Einwirkung infolge Wegfall von Betriebsratsmitgliedern und deren Nichtersetzbarkeit auffangen. Die zeitweilige Verhinderung von Betriebsratsmitgliedern ist aber nur ein Minus gegenüber einer endgültigen, so daß jedenfalls für die Frage der Beschlußfähigkeit in solchen

194 Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 33 Rn. 6; GK-Wiese § 33 Rn. 11; Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke § 33 Rn. 4 und Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke / Klebe § 33 Anm. (2); Stege/Weinspach § 33 Rn. 3a; Körnig, SAE 1984, S. 125; Meisel, S. 26 f.; - a. A. Herschel, (Fn. 193), der eine Analogie zu § 22 BetrVG für unzulässig hält. 195 Dietz/Richardi § 33 Rn. 5; Fitting/ Auffarth/Kaiser/Heither § 33 Rn. 6; Galperin / Löwisch § 33 Rn. 6; GK-Wiese § 33 Rn. 11; Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke § 33 Rn. 4; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 33 Rn. 6. 196 Zum Erfordernis einer dauernden Verhinderung für Neuwahlen vgl. Dietz / Richardi § 13 Rn. 21; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 13 Rn. 25; Galperin / Löwisch § 13 Rn. 16; GK-Kreutz § 13 Rn. 45; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 13 Rn. 17; Nikisch, Bd. III, S. 115. 197 Fn. 193.

I. Ausübung des Restmandats

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Situationen ähnliche Sachverhalte vorliegen. Dem BAG ist deshalb zu seiner analogen Anwendung des § 22 BetrVG zuzustimmen. 198 b) Fraglich bleibt, ob diese Grundsätze auch für eine Verhinderung von Betriebsratsmitgliedern nach einer Betriebsstillegung gelten. Oben 199 wurde ausgeführt, das Restmandat sei nicht eine Geschäftsführung des Betriebsrats entsprechend § 22 BetrVG, weil weder ein Fall des § 13 Abs. 2 Nm. 1 - 3 BetrVG noch eine ähnliche Überbrückungsfunktion vorliegen; nach der hier vertretenen Auffassung besteht das Amt des Betriebsrats unbeschadet der Betriebsstillegung fort. Für die Auswirkungen einer Verhinderung von Betriebsratsmitgliedern ist zu differenzieren. aa) Bei einer nur vorübergehenden Verhinderung bestehen für eine Orientierung der Beschlußfähigkeit an der Ist-Stärke entsprechend § 22 BetrVG keine Bedenken, weil das BAG in der angezogenen Entscheidung 200 - und ihm folgend der Großteil der Literatur _201 eine Rechtsfolge des § 22 BetrVG - Nichtanwendung des § 33 Abs. 2 BetrVG - auf einen vom Tatbestand des § 22 BetrVG nicht erfaßten Fall, in dem gerade keine Neuwahl möglich ist, überträgt. bb) Dagegen ist die endgültige Verhinderung durch das Ausscheiden von Mitgliedern aus dem Betriebsrat auch nach der Betriebsstillegung an sich ein Fall des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG, doch paßt dafür weder dieser noch § 22 BetrVG, da die vorgeschriebene bzw. vorausgesetzte Neuwahl des Betriebsrats nicht mehr möglich ist. Das Gesetz hat diesen Fall nicht geregelt, weil es davon ausgeht, daß die Sozialplanmitbestimmung vor der Betriebsstillegung abgeschlossen ist. Erst durch die ständige Rechtsprechung, die die Sozialplanmitbestimmung auch noch nach der Betriebsstillegung zuläßt, 202 entstand eine Lücke hinsichtlich der Frage, was passiert, wenn der Betriebsrat nach Betriebsstillegung durch Ausscheiden seiner Mitglieder derart schrumpft, daß auch unter Beachtung des § 25 Abs. 1 BetrVG die Anforderung des § 33 BetrVG an die Beschlußfähigkeit nicht mehr erfüllt werden kann. Da es geradezu widersinnig wäre, die Möglichkeit einer Sozialplanmitbestimmung nach Betriebsstillegung anzuerkennen, deren Ausübung aber an § 33 Abs. 2 BetrVG scheitern zu lassen, muß auch bei einer endgültigen Verhinderung von Betriebsrats- und Ersatzmitgliedern infolge Ausscheidens aus dem Betriebsrat für die Beschlußfähigkeit auf die Ist-Stärke der noch vorhandenen Betriebsratsmitglieder abgestellt werden. Dies ist zwar keine Analogie mehr zu § 22 BetrVG, sondern Rechtsfortbildung extra legern, die jedoch zur Sicherung der Effektivität der Beteiligungsrechte des Betriebsrats Zum Ergebnis Nachweise oben Fn. 194. Kapitel 3, I. 200 FundsteIlen in Fn. 193. 201 Nachweise Fn. 194. 202 Anders z. B. die Österreichische Rechtsprechung, nach der mit der Betriebsstillegung das Zustandekommen eines Sozialplans endgültig unmöglich gemacht wird - vgl. VwGH öRdA 1982, 118; Tomandl, ZAS 1987, S. 187. 198

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4. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung -

Wahrnehmung

zwingend erforderlich ist. 203 Konsequenterweise genügt damit im Extremfall für die Ausübung des Restmandats ein noch vorhandenes Betriebsratsmitglied.

s. Ergebnis Das Restmandat wird wie die sonstige Geschäftsführung des Betriebsrats durch Beschlußfassung des Organs in ordnungsgemäß einberufenen Sitzungen ausgeübt. Eine Übertragung der Sozialplanmitbestimmung auf ein (oder mehrere) Betriebsratsmitglied(er) ist nicht zulässig, auch Vorausbeschlüsse sind im wesentlichen nicht möglich. Scheiden jedoch nach der Betriebsstillegung so viele Betriebsratsmitglieder (einschließlich der Ersatzmitglieder) aus dem Betriebsrat aus oder sind so viele vorübergehend verhindert, daß der Betriebsrat nach § 33 Abs. 2 BetrVG beschlußunfähig wäre, richtet sich die Beschlußfähigkeit nicht nach der Soll-, sondern nach der Ist-Stärke.

11. Dauer des Restmandats Grundsätzlich endet das Amt des Betriebsrats (als "Organ"), verstanden als die Summe der dem Betriebsrat übertragenen Aufgaben und Befugnisse,204 mit Ablauf der Amtszeit, § 21 S. 1 BetrVG. Damit erlischt nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch die Mitgliedschaft der einzelnen Betriebsräte im Betriebsrat. 1. Amtszeit

Es wurde bereits dargelegt, daß die Beteiligungsrechte des Beriebsverfassungsgesetzes kollektive Rechte und der Belegschaft im ganzen zugeordnet sind; diese Rechte übt der Betriebsrat als ,.Repräsentant" der Belegschaft aus. 205 a) Die Legitimation hierfür erhält der Betriebsrat durch eine demokratischen Grundsätzen entsprechende Wabl, und zwar nicht unbegrenzt, sondern nur für die Dauer, für die die Wabl"Geltung" besitzt, also für die gesetzlich vorgesehene Amtszeit. Nach Ablauf seiner Amtszeit verliert der Betriebsrat nicht nur die ihm zur Ausübung der Beteiligungsrechte vom Gesetz verliehenen Befugnisse, sondern auch die Legitimation, Repräsentant der Arbeitnehmer des Betriebs zu sein. 206 Anerkennt man, daß die Betriebsstillegung die Befugnis des Betriebsrats, 203 Daß in einer ,,Ausnahmesituation" das in § 33 Abs. 2 BetrVG vorgeschriebene Quorum unterschritten werden kann, betont auch Körnig, SAE 1984, S. 125. 204 Dazu oben Kapitel 3, IV.3.b). 205 Zum Ganzen oben Kapitel 3, IV.2.b) mit Nachweisen zum Streitstand. 206 Vgl. BAG AP Nr. I zu § 68 PersVG Baden-Württemberg die Ausführungen des BAG zur Legitimation der Personalvertretung können entsprechend auf den Betriebs-

11. Dauer des Restmandats

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noch bestehende und nicht unmöglich werdende Beteiligungsrechte auszuüben, unberührt läßt,2fJl so impliziert das notwendigerweise auch die Fortdauer der Legitimation, von dieser Befugnis Gebrauch zu machen. Allerdings läßt sich daraus allein noch nicht folgern, daß dies auch über das nach der Betriebsstillegung liegende Ende der Amtszeit hinaus gilt,20S weil das Weiterbestehen von Befugnis und Legitimation nach der Betriebsstillegung nicht zwingend bedeutet, daß auch § 21 BetrVG und die mit dem Ablauf der Amtszeit normalerweise verbundene Rechtsfolge des § 24 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG außer Kraft gesetzt sind. Eine Einschränkung des § 21 BetrVG bei einer Mitbestimmung über die Betriebsstillegung hinaus ergibt sich aber aus dessen Telos. Sinn und Zweck einer nur zeitweisen Verleihung der Befugnis, die kollektiven Rechte der Belegschaft auszuüben, ist es, die Legitimationsgrundlage der ,,Repräsentanten" der Belegschaft immer wieder zu erneuern; § 21 BetrVG ist damit Teil des im Betriebsverfassungsgesetz zum Ausdruck kommenden Demokratieprinzips. Dieses kann im Falle der Betriebsstillegung kollidieren mit dem Postulat, entstandene Beteiligungsrechte ausübbar zu erhalten, denn bei Ablauf der Amtszeit nach Betriebsstillegung ist eine Neuwahl wegen des Fehlens eines betriebsratsfähigen Betriebes (§ 1 BetrVG) nicht möglich. § 21 BetrVG will nicht die kollektiven Beteiligungsrechte der Belegschaft beschränken; das zeigt § 22 BetrVG, der bei einer außerordentlichen Neuwahl nach § 13 Abs. 2 Nm. 1 - 3 BetrVG - also für Fälle, in denen die Belegschaft ,,nichts dafür kann", daß eine Neuwahl durchzuführen ist - die Weiterführung der Geschäfte durch den bisherigen Betriebsrat anordnet und damit die Ausübung der Beteiligungsrechte sichert. Nur in den in § 13 Abs. 2 Nm. 4 - 6 BetrVG bezeichneten Situationen, in denen es gleichsam in der Sphäre der Belegschaft liegt, keinen bzw. keinen ordnungsgemäß installierten Betriebsrat zu haben, kann eine Mitwirkung nach dem Betriebsverfassungsgesetz nicht stattfmden, solange die Belegschaft nicht einen neuen Betriebsrat gewählt hat. Bei einem Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats nach Betriebsstillegung liegt aber das Fehlen eines Ausübungsorgans weder in der Sphäre der Belegschaft noch kann sie sich ein solches schaffen. Deshalb ist die Kollision zwischen den formalen - Anorderungen des demokratischen Prinzips und der - inhaltlichen - Sicherstellung der Beteiligung zugunsten letzterer zu lösen, d. h. der Betriebsrat bleibt auch nach Ablauf der Amtszeit zur Ausübung der entstandenen Beteiligungsrechte befugt und legitimiert. ws. rat übertragen werden; im Ansatz auch BAG AP Nr. 1 zu § 21 BetrVG 1972 unter III. der Gründe. 2fJl Dazu oben Kapitel 3, IV. 3.b). 208 So aber anscheinend - ohne Begründung - KR-Etzel § 15 KSchG Rn. 119; LAG Hamm EzA § 112 BetrVG 1972 Nr. 10; Kort, Anm. zu BAG EzA zu § 111 BetrVG 1972 Nr. 20; vgl. auch Kissel, S. 151 f. 208. Im Ergebnis ebenso BAG AP Nr.20 zu § 111 BetrVG 1972 unter II.2c) der Gründe; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 21 Rn. 31a; Kissel, S. 151 f.; differenzierend Otto, SAE 1988, S.I44; ablehnend Richardi, Anm. zu AR-Blattei Betrieb, Entsch.15.

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4. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung - Wahrnehmung

b) Daraus ergibt sich jedoch die Frage, wann das Betriebsratsamt dann wenn nicht nach § 21 BetrVG - endet. Das BAG hatte sich wiederholt mit der Dauer des Restmandats zu befassen und in seinen Entscheidungen verschiedene Formulierungen gewählt. Ein Restmandat sei solange anzunehmen, wie "im Zusammenhang mit der Betriebsstillegung noch Verhandlungsgegenstände offen sind", 209 "bis ein von ihm (= Betriebsrat) angestrebter Sozialplan rechtswirksam zustande gekommen ist", 210 "wie dies seine (= des Betriebsrats) hierbei (= Betriebsstillegung) zu beachtenden Beteiligungsrechte gebieten". 211 Gleichzeitig betonte es aber, ein Restrnandat I;cönne nur solange angenommen werden, als tatsächlich noch ein Betriebsrat als Vereinigung der Betriebsratsmitglieder mit dem Willen, ein Restmandat wahrzunehmen, existiert. 212 aa) Besteht die Befugnis des Betriebsrats, zum Zeitpunkt der Betriebsstillegung bereits entstandene Beteiligungsrechte auszuüben, über Betriebsstillegung und Ablauf der Amtszeit hinaus, so kann diese Befugnis nur mit der ,,Erfüllung" der Beteiligungsrechte enden, d. h. mit der rechtskräftigen Erledigung der in Frage stehenden Beteiligungrechte. Unter. Erledigung ist aber nicht nur das Ziel des Beteiligungsrechts - konkret für den Untersuchungsgegenstand, also die Aufstellung eines Sozialplans - zu verstehen, sondern auch alle unmittelbar damit zusammenhängenden Folgen. Für die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 40 BetrVG hat das BAG dies ausdrücklich anerkannt. 213 Das gleiche muß aber auch für Fragen gelten, die sich aus der Durchführung des Sozialplans ergeben. Zwar ist der Sozialplan als Betriebsvereinbarung vom Arbeitgeber durchzuführen, der Betriebsrat hat aber gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Durchführung, den er im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren durchsetzen kann 214 - und zwar auch noch nach der Betriebsstillegung. Allerdings wird dafür in der Regel kein Bedarf bestehen, da der Sozialplan wegen seines Zwecks, die wirtschaftlichen Nachteile der Betriebsstillegung für die Ar209 BAG AP Nr. 12 zu § 112 BetrVG 1972 unter 11.3. der Gründe; ebenso LAG Hamrn DB 1976, 156. 210 AP Nr. 9 zu § 112 BetrVG 1972 unter 11.1. der Gründe. 211 AP Nr. 6 zu § 59 KO unter 2. der Gründe; ebenso Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 21 Rn. 31; Galperin / Löwisch § 21 Rn. 21; Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke § 21 Rn. 30; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 21 Rn. 26; Stege / Weinspach § 21 Rn. 7. 212 BAG AP Nr. 12 zu § 112 BetrVG 1972 unter 11.3. der Gründe. 213 BAG AP Nr. 6 zu § 59 KO unter 2. der Gründe; zustimmend Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 21 Rn. 31. 214 BAG AP Nr. 21 und 24 zu § 77 BetrVG 1972, AP Nr. 29 zu § 87 BetrVG 1972 - Arbeitszeit - sowie Besch!. v. 17. 10. 1989 - 1 ABR 31 / 87 und Besch!. v. 28.11.1989 - 1 ABR 94/88; vg!. auch Dietz/Richardi § 77 Rn. 15; Fitting/ Auffarth/ Kaiser / Heither § 77 Rn. 93; Galperin / Löwisch § 77 Rn. 1, 102; GK-Kreutz § 77 Rn. 21 f.; Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke § 77 Rn. 59; Hess / Schlochauer /Glaubitz § 77 Rn. 57, 61.

11. Dauer des Restmandats

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beitnehmer auszugleichen oder zu mildem, § 112 Abs. 1 S.2 BetrVG,215 und seiner normativen Wirkung, § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG, hauptsächlich Individualansprüche begründen wird, die der einzelne Arbeitnehmer bei Vorenthaltung selbst einklagen kann. Vereinbaren Arbeitgeber und Betriebsrat, daß der Betriebsrat bei der Durchführung des Sozialplans in irgendeiner Weise mitwirkt, was grundsätzlich nach § 77 Abs. 1 S. 1 BetrVG zulässig ist,216 so wird man auch hierfür ein Restmandat annehmen müssen, weil ein enger und unmittelbarer Zusammenhang zur Sozialplanmitbestimmung besteht. Desgleichen ist der Betriebsrat befugt, bei nachträglicher Änderung der dem Sozialplan zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse eine Änderung des Sozialplans zu verlangen.2 17 bb) Zweifelhaft erscheint, ob neben dieser Beendigung des Restmandats aufgrund sachlicher Erledigung eine zeitliche Schranke dergestalt besteht, daß ein Betriebsrat als Vereinigung der Betriebsratsmitglieder mit dem Willen, ein Restmandat wahrzunehmen, existiert. 218 Daran ist richtig, daß das Restmandat nicht ausgeübt werden kann, wenn die Betriebsratsmitglieder tatsächlich ein solches nicht wahrnehmen. Allerdings kann daraus nicht gefolgert werden, damit erlösche die Befugnis zur Wahrnehmung. Bisherige Untätigkeit begründet nicht einen Verzicht des Betriebsrats auf die ihm gesetzlich zustehenden Mitbestimmungsrechte, 219 so daß der zum Zeitpunkt der Betriebsstillegung bestehende Betriebsrat sich auch noch - u. U. erhebliche Zeit - danach zusammenfinden und die Aufstellung eines Sozialplans verlangen kann. Zu denken wäre allenfalls an eine Verwirkung des Mitbestimmungsrechts. Allgemein setzt eine Verwirkung nach ständiger Rechtsprechung des BAG voraus, daß der Gläubiger mit der Geltendmachung des Anspruchs gezögert und durch sein Zuwarten beim Schuldner die Ansicht hervorgerufen hat, er werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen, so daß der Schuldner sich darauf einstellte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Schließlich muß dem Schuldner gegenwärtig die Erfüllung des Anspruchs unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten sein. 220 In einer Entscheidung über Ansprüche des Betriebsrats 215 Zum Inhalt eines Sozialplans Dietz / Richardi § 112 Rn. 46 ff. Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither §§ 112, 112a Rn. 21 ff.; GK-Fabricius §§ 112,1l2a Rn. 47 ff. - jew. m. w. N.; Beispiele bei Hess / Schlochauer / Glaubitz § 112 Rn. 87. 216 Dietz / Richardi § 77 Rn. 6; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 77 Rn. 5; Galperin / Löwisch § 77 Rn. 2; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 77 Rn. 58. 217 Zur Anpassung eines Sozialplans wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage BAG Urt. v. 28.2. 1984 - I AZR 134/83 unter 11.1 der Gründe (nicht veröffentlicht); Fitting / Auffarth/Kaiser/Heither §§ 112, 112a Rn. 31; GK-Fabricius §§ 112,1l2a Rn. 74; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 112 Rn. 97. 218 So BAG (Fn. 212); zustimmend Kissel, S. 152. 219 BAG SAE 1968, 135 mit zust. Anm. Wiese; zur Unzulässigkeit eines Verzichtes auf Mitbestimmungsrechte BAG AP Nr. 10 zu § 113 BetrVG 1972 unter 1. der Gründe; Wiese, RdA 1968, S.457. 220 BAG AP Nr. 39 zu § 242 BGB - Verwirkung - , AP Nr. 17 zu § 242 BGB Verwirkung - mit zust. Anm. G. Hueck - jew. m. w. N.

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4. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung -

Wahrnehmung

auf Kostenerstattung nach § 40 Abs. I BetrVG hat das BAG ausgeführt, das Rechtsinstitut der Verwirkung sei auch im Betriebsverfassungsrecht anzuwenden. 221 Dies mag für schuldrechtliche Ansprüche zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber zutreffen; wenn es um ein gesetzliches Mitbestimmungsrecht geht, wird es jedoch regelmäßig an einer - schützenswerlen - Erwartung des Arbeitgebers, der Betriebsrat werde das Mitbestimmungsrecht nicht mehr ausüben, fehlen. Zum einen darf sich der Arbeitgeber nicht darauf verlassen, durch Untätigkeit des Betriebsrats von einer gesetzlichen Verpflichtung befreit zu werden, zum anderen kann er durch Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens, insbesondere durch Anrufung der Einigungsstelle nach §§ 112 Abs. 4, 76 Abs. 5 S. I BetrVG eine Beendigung des "Schwebezustandes" herbeiführen. Eine zeitliche Schranke für die Dauer des Restmandats ist daher abzulehnen. 222 2. Mitgliedschaft im Betriebsrat

Endet das Betriebsratsamt nicht mit Ablauf der Amtszeit, so erlischt damit auch nicht die Mitgliedschaft im Betriebsrat, da § 21 BetrVG und § 24 Abs. I Nr. I BetrVG sich insofern entsprechen, als das Ende des Amtes des Betriebsrats als "Organ" auch zum persönlichen Amtsverlust der "Organmitglieder" führt; umgekehrt kann bei Weiterbestehen des Amtes auch § 24 Abs. I Nr. I BetrVG nicht eingreifen. Die Rechte und Pflichten des einzelnen Betriebsratsmitglieds sind dieselben wie vor der Betriebsstillegung, d. h. auch das aus dem Betrieb ausgeschiedene Betriebsratsmitglied ist grundsätzlich verpflichtet, sein persönliches Amt weiterhin auszuüben. Allerdings kann niemand zur Ausübung des Betriebsratsamtes gezwungen werden, so daß ein Betriebsratsmitglied sein Amt niederlegen kann, § 24 Abs. I Nr.2 BetrVG und die einzige Sanktion gegen Untätigkeit der Ausschluß nach § 23 Abs. I BetrVG ist. Durch letzteren kann zumindest sichergestellt werden, daß der Betriebsrat nach Betriebsstillegung handlungsfahig bleibt, indem nach § 25 Abs. I BetrVG ein Ersatzmitglied nachrückt oder die Voraussetzungen für die Orientierung der Beschlußfahigkeit an der Ist-Stärke geschaffen werden. 223

BAG AP Nr. 39 zu § 242 BGB - Verwirkung-. A. A. v. Schoenbom, S. 129 ff., nach dem das Beteiligungsrecht wegen Verwirkung erlischt, wenn der Betriebsrat es nicht vor Betriebsstillegung ..artikuliert" hat; Kissel, S. 152, der eine nachträgliche ,.Reaktivierung" für nicht mehr möglich hält. 223 Dazu oben 1.4. 221

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III. Persönliche Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder

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IH. Persönliche Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder nach Betriebsstillegung 1. Arbeitsverhältnis

Bei einer Betriebsstillegung kann nach § 15 Abs. 4 KSchG den Betriebsratsmitgliedern zum Zeitpunkt der Betriebsstillegung gekündigt werden, wenn zwingende betriebliche Erfordernisse es bedingen, auch schon früher. Somit kann die vom Betriebsverfassungsgesetz vorausgesetzte und durch die §§ 8, 24 Abs. I Nr.3 BetrVG gewährleistete Dualität von Mitgliedschaft im Betriebsrat und Zugehörigkeit zur Belegschaft des Betriebes aufgehoben sein. Daß § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG im Falle der Betriebsstillegung die Mitgliedschaft im Betriebsrat nicht beendet, wurde oben dargelegt.224 Umgekehrt erfordert das persönliche Amt des Betriebsrats nach Betriebsstillegung nicht unbedingt ein Arbeitsverhältnis. Eine Verlängerung der Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder über die Betriebsstillegung hinaus wäre contra legern, weil § 15 Abs.4 KSchG dem Arbeitgeber die Kündigung erlaubt. 225 Das vom BAG weiter angeführte Argument, der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sei auch eine gegen § 78 BetrVG verstoßende unzulässige Bevorzugung, vennag allerdings wenig zu überzeugen, da der besondere Kündigungsschutz nach § 15 KSchG insgesamt eine rechtlich sanktionierte Bevorzugung ist, die die Sicherstellung der Amtsführung des Betriebsrats bezweckt, 226 so daß deren Erweiterung nicht unbedingt gegen § 78 S. 2 BetrVG verstößt. 227 Entscheidend aber ist, daß der mit der Verknüpfung von Arbeitsverhältnis· und persönlichem Betriebsratsamt verfolgte Zweck, nämlich die Gewährleistung einer Art Deckungsgleichheit von Repräsentanten und Repräsentierten, mit der Betriebsstillegung hinfällig wird. 228 Die Betriebsratsmitglieder haben also, bei Kündigung ihrer Arbeitsverhältnisse nach § 15 Abs. 4 KSchG,229 nach einer Betriebsstillegung bei Ausübung des Restmandats eine rein betriebsverfassungsrechtliche Position, ein bestehendes Arbeitsverhältnis ist dafür nicht erforderlich.

224 Kapitel 3, !V.4. 225 BAG AP Nr. I zu § 1 KSchG 1969 - Konzern - unter B.I.3.b) der Gründe; KR-Etzel § 15 KSchG Rn. 119; Windbichler SAE 1984, S. 146. 226 Hueck, KSchG, § 15 Rn. 2; KR-Etzel § 15 KSchG Rn. 9 f. 227 Windbichler, SAE 1984, S. 146. 228 Dazu oben Kapitel 3, IV.4.c)bb). 229 Daß der Arbeitgeber freiwillig die Betriebsratsmitglieder erst zu einem späteren Zeitpunkt kündigen kann, versteht sich von selbst, er kann nur nicht dazu gezwungen werden.

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4. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung - Wahrnehmung 2. Vergütung für Betriebsratstätigkeit

a) Nach § 37 Abs. 1 BetrVG führen die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Allerdings sind sie dafür grundsätzlich von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, § 37 Abs. 2 BetrVG; für betriebs bedingt außerhalb der Arbeitszeit durchzuführende Betriebsratstätigkeit haben die Betriebsratsmitglieder Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung bzw. - unter bestimmten Voraussetzungen - Vergütung der aufgewendeten Zeit wie Mehrarbeit, § 37 Abs. 3 BetrVG.230 Dieses gesetzlich vorgeschriebene System von Ehrenamt und "Vergütung" durch bezahlte Arbeitsbefreiung funktioniert nach Betriebsstillegung bei Betriebsratsmitgliedern, die infolge Kündigung weder eine Arbeitspflicht noch einen Entgeltanspruch haben, nicht. b) Das BAG meint, die Zeit, die Betriebsratsmitglieder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für Betriebsratsaufgaben aufwenden, sei ihnen in entsprechender Anwendung des § 37 Abs. 3 BetrVG zu vergüten. 231 § 37 Abs. 3 BetrVG paßt insofern, als er zum Ausdruck bringt, daß Betriebsratsmitglieder für ihre Tätigkeit nicht ihre Freizeit opfern müssen, sondern dafür einen Ausgleich erhalten; 232 allerdings ist bei Betriebsratsmitgliedern ohne Arbeitsverhältnis der primär vorgesehene Freizeitausgleich nicht möglich. Außerdem leuchtet die von § 37 Abs. 2 S. 2 BetrVG zugebilligte Vergütung wie Mehrarbeit nicht ein, denn diesen Anspruch sieht das BAG in § 15 AZO oder entsprechenden tariflichen Regelungen begründet, so daß es konsequent bei einem teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglied die Vergütung bis zur Grenze der von einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit nach der für die regelmäßige Arbeitszeit zu berechnenden Vergütung bemißt. 233 Eine solche ,,Mehrarbeit" wird aber - außer man rechnete eine evtl. Beschäftigung der Betriebsratsmitglieder bei einem anderen Arbeitgeber hinzu - in der Regel nicht anfallen. Darüber hinaus entspricht es ganz herrschender Meinung, daß der Freistellungs- bzw. Zahlungsanspruch nach § 37 Abs. 3 BetrVG ein individualrechtlicher Anspruch ist, der sich auf die Stellung des Anspruchsinhabers als Arbeitnehmer begründet. 234 Trotz dieser Bedenken gegen die Heranziehung von § 37 BetrVG ist aber für die Frage einer Vergütung von Betriebsratstätigkeit nach Betriebsstillegung entscheidend die in §§ 37,40 BetrVG enthaltene Wertung des Gesetzgebers. Danach muß für die mit der Betriebsratstätigkeit verbundenen ,,Aufwendungen" nicht 230 Dazu Auffarth, AR-Blattei Betriebsverfassungsgesetz VIII m. w. N. 231 BAG AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 - Konzern - unter B 1.3.b) der Gründe; zust. KR-Etzel § 15 KSchG Rn. 119; Stege/Weinspach § 103 Rn. 35a; zweifelnd Belling, NZA 1985, S. 484. 232 Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 37 Rn. 41; GK-Wiese § 37 Rn. 54; vgl. auch BAG Urt. v. 7.6.1989 - 7 AZR 500 / 88 - unter 2. der Gründe. 233 BAG AP Nr. 48 zu § 37 BetrVG 1972. 234 BAG AP Nr.29, 12 zu § 37 BetrVG 1972; GK-Wiese § 37 Rn. 192 f. - jew. m.w.N.

III. Persönliche Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder

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der Betriebsrat selbst, sondern der Arbeitgeber aufkommen. 235 Zu diesen ,,Aufwendungen" gehört auch eine Art Entschädigung der Betriebsratsmitglieder für die für ihre Tätigkeit aufgebrachte Zeit. Dem steht nicht entgegen, daß die Betriebsratsmitglieder nach § 37 Abs. 1 BetrVG ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt führen,236 denn das Gesetz selbst gewährt ihnen - soweit eine Ausübung der Betriebsratstätigkeit in der regulären Arbeitszeit nicht möglich ist - nicht als Entgelt, sondern als Ausgleich für die geopferte (Frei-)Zeit eine Entschädigung, primär als bezahlte Freizeit, sekundär als Geldanspruch. 237 Dieses in § 37 Abs. 3 BetrVG angelegte Prinzip gilt auch für die Betriebsratstätigkeit nach Betriebsstillegung. Die Höhe der Entschädigung richtet sich als pauschalierter Stundensatz nach der zuletzt geschuldeten Vergütung. c) Die nach Betriebsstillegung entstehenden sonstigen Kosten der Betriebsratstätigkeit 238 hat der Arbeitgeber - wie vorher - nach § 40 BetrVG zu tragen. 239 3. Freistellungsanspruch gegen einen neuen Arbeitgeber

Wenn den Betriebsratsmitgliedern nach § 15 Abs. 4 KSchG gekündigt wird, steht es ihnen frei, trotz des fortbestehenden Betriebsratsamtes einen Arbeitsvertrag mit einem neuen Arbeitgeber abzuschließen und in dessen Betrieb tätig zu werden. Zwar geht das Betriebsverfassungsgesetz von einer Dualität von Betriebsratsamt und Arbeitsverhältnis in diesem Betrieb aus, doch wenn der Arbeitgeber bei Betriebsstillegung diese Verknüpfung lösen kann, sind keine Gründe ersichtlich, aus denen die Vertragsfreiheit der Betriebsratsmitglieder eingeschränkt werden könnte. Weder zwingt das Eingehen eines neuen Arbeitsverhältnisses zur Niederlegung des Betriebsratsamtes nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG noch ist es eine grobe Pflichtverletzung. Ein Ausschluß aus dem Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 BetrVG kommt erst dann in Betracht, wenn das Betriebsratsmitglied wegen des neuen Arbeitsverhältnisses seine Pflichten aus dem Betriebsratsamt nicht mehr wahrnimmt, z. B. an den Betriebsratssitzungen nicht teilnimmt. 240 Um den in neuen Arbeitsverhältnissen stehenden Betriebsratsmitgliedern vor allem die Teilnahme an den Betriebsratssitzungen zu ermöglichen, stellt sich die Frage, ob sie für ihre Betriebsratstätigkeit gegen ihre neuen Arbeitgeber einen Anspruch auf Freistellung haben. 241 235 236 237 238

Vgl. dazu Dütz/Säcker, DB 1972, Beil. Nr. 17, S. 5. GK-Wiese § 37 Rn. 54; zweifelnd Belling, NZA 1985, S. 484. Ebenso BAG AP Nr. 29 zu § 37 BetrVG 1972. Zum Begriff Dietz / Richardi § 40 Rn. 1; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 40 Rn. 4,6 ff. m. w. N. 239 Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 40 Rn. 5; GK-Wiese § 40 Rn. 7; Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke § 49 Rn. 1; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 40 Rn. 3. 240 Zur Nichtteilnahme an Betriebsratssitzungen als Pflichtverstoß Dietz / Richardi § 23 Rn. 11; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 23 Rn. 16; Galperin / Löwisch § 23 Rn. 18; GK-Wiese § 23 Rn. 46; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 23 Rn. 23.

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4. Kap.: Restmandat für Sozialplanmitbestimmung -

Wahrnehmung

a) § 37 Abs. 2 BetrVG scheidet als Anspruchsgrundlage aus, weil der betriebsverfassungsrechtliche Freistellungsanspruch sich nur gegen den Arbeitgeber richtet, für dessen Betrieb der Betriebsrat tätig wird. Auch das Störungs- und Behinderungsverbot des § 78 S. 1 BetrVG vennag einen Anspruch auf Freistellung nicht zu begründen. Zwar richtet sich § 78 S. I BetrVG gegen jedennann 242 und die NichtfreisteIlung könnte objektiv eine Beeinträchtigung der Ausübung der Amtstätigkeit sein. Der neue Arbeitgeber hat aber aus dem Arbeitsvertrag einen Anspruch auf Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung gegen das Betriebsratsmitglied. Das Unterlassen der Freistellung könnte also nur tatbestandsmäßig sein, wenn er eine Rechtspflicht zur Freistellung hätte 243 - was nur dann der Fall wäre, wenn dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Freistellung zustünde. § 78 S. 1 BetrVG begründet also keinen Anspruch auf Freistellung, sondern setzt ihn vielmehr voraus. b) Grundlage eines Anspruchs des Betriebsratsmitglieds auf Freistellung kann deshalb nur die individualrechtliehe Beziehung zum neuen Arbeitgeber sein. Übt der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit Betriebsratstätigkeit für den alten Betrieb aus, so kollidieren seine Pflichten aus dem Betriebsratsamt mit der arbeitsvertraglichen Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung. Diese Pflichtenkollision kann sinnvoll nur dahingehend gelöst werden, daß die Betriebsratstätigkeit grundsätzlich vorgeht und der Arbeitgeber die gesetzlich garantierte Amtsausübung dulden muß. 244 Allerdings gilt dies nicht unbeschränkt. Wie § 37 Abs. 2 und 3 BetrVG zeigt, ist der Freistellungsanspruch schon gegenüber dem Arbeitgeber, in dessen Betrieb der Betriebsrat besteht, nicht absolut; die Betriebsratsmitglieder müssen sich vielmehr bei entgegenstehenden berieblichen Gründen auf eine Ausübung ihrer Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit verweisen lassen. Erst recht muß dann der neue Arbeitgeber, den die "fremde" Betriebsratstätigkeit seiner Arbeitnehmer eigentlich nichts angeht, dem Freistellungsbegehren betriebliche Gründe entgegenhalten können. Somit besteht ein Freistellungsanspruch nur, soweit der Ausübung des Betriebsratsamtes betriebliche Belange des neuen Arbeitgebers nicht entgegenstehen. Solche betrieblichen Belange sind insbesondere die Unabkömmlichkeit des Arbeitnehmers von seinem Arbeitsplatz oder die Gefahr, daß aus dem Fernbleiben des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber ein Schaden erwächst. 241 Das BAG hat in seiner Entscheidung AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern - unter B I.3.b) diese Frage angesprochen, aber offen gelassen; ohne Begründung bejahend KR-Etzel § 15 KSchG Rn. 119 a. E. 242 Dietz / Richardi § 78 Rn. 11; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 78 Rn. 2; GKThiele § 78 Rn. 12; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 78 Rn. 3. 243 Dietz / Richardi § 78 Rn. 14; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 78 Rn. 4; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 78 Rn. 7. 244 Ebenso wie er z. B. die Ausübung des Amtes als ehrenamtlicher Richter in der Arbeitsgerichtsbarkeit dulden muß, ja sogar die Teilnahme des Arbeitnehmers an Schulungsmaßnahmen zur Erhaltung und Förderung der QualifIkation hierfür - zu letzterem BAG AP Nr. 1 zu § 26 ArbGG 1979.

III. Persönliche Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder

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c) Des weiteren hat der Arbeitnehmer bei Freistellung für Beriebsratstäigkeit keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den neuen Arbeitgeber. Zwar können bei Verhinderung wegen Ausübung des Betriebsratsamtes die Voraussetzungen des § 616 Abs. 1 BGB vorliegen, weil dem Arbeitnehmer wegen eines Hinderungsgrundes aus seiner persönlichen Sphäre die Erbringung der Arbeitsleistung nicht zuzumuten ist;245 die in § 616 Abs. 1 BGB aus sozialpolitischen Gründen erfolgte Überwälzung des Lohnrisikos auf den Arbeitgeber 246 vermag aber vorliegend eine Entgeltfortzahlung des neuen Arbeitgebers nicht zu tragen. §§ 37, 40 BetrVG zeigen vielmehr, daß ausschließlich der Arbeitgeber, in und für dessen Betrieb der Betriebsrat errichtet ist, für alle Kosten aus dessen Amtsausübung soll aufkommen müssen. Diese gesetzgeberische Wertung verdrängt als lex specialis § 616 Abs. 1 BGß. Der Freistellungsanspruch gegen den neuen Arbeitgeber richtet sich also auf unbezahlte Freistellung. 4. Ergebnis

Die Betriebsratsmitglieder üben nach Betriebsstillegung und Kündigung gemäß

§ 15 Abs. 4 KSchG ihr persönliches Betriebsratsamt ohne Arbeitsverhältnis aus.

Der Arbeitgeber ist aber verpflichtet, die für die Betriebsratstätigkeit aufgewendete Zeit wie Arbeitszeit zu vergüten. Zur Ausübung des Betriebsratsamtes haben sie gegen einen neuen Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung, sofern dem nicht betriebliche Belange des neuen Arbeitgebers entstehenstehen.

245 Zu den Voraussetzungen des § 616 Abs. 1 BGB BAG AP Nr.43, 58 zu § 616 BGB; Schaub, § 97 III.1., S. 623; Soergel/Kraft § 616 Rn. 9. 246 Vgl. Schaub, § 971., S. 622 und MünchKomm § 616 Rn. 1; Soergel/Kraft § 616 Rn. 2; auch BAG - GS - AP Nr. 22 zu § 616 BGB unter B 11.2. der Gründe.

5. Kapitel

Restmandat des Betriebsrats für die Vertretung der mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer I. Problemstellung und Meinungsstand Einer Betriebsstillegung steht nicht entgegen, daß noch "einige wenige" Arbeitnehmer - wobei eine exakte Zahl nur anband der Umstände des Einzelfalles ermittelt werden kann - mit Abwicklungsarbeiten (weiter-)beschäftigt werden. 247 Die Betreuung dieser Arbeitnehmer könnte ein weiteres Feld für ein Restmandat des Betriebsrats nach Betriebsstillegung sein. 248 So wird gefordert, zur Wahrnehmung der Rechte der verbleibenden Arbeitnehmer müsse jedenfalls ein Betriebsratsmitglied bis zur endgültigen Stillegung im Betrieb arbeiten 249 und ein praktisches Bedürfnis für die Konzentration der Betriebsratstätigkeit hinsichtlich der betriebsverfassungsrechtlichen Repräsentation der mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer konstatiert. 250 Auch das BAG nimmt ein Restmandat des Betriebsrats umfassend zur Wahrung seiner sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz ergebenden Rechte an; 251 es betont immer wieder, der Betriebsrat habe ein Restmandat insbesondere für die Sozialplanmitbestimmung, schließt also andere Bereiche nicht aus. Dagegen meint Richardi, der generell ein Restmandat ablehnt, 252 bei Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern zur Abwicklung läge ein Liquidationsbetrieb vor, der - falls er die Anforderungen von § 1 BetrVG erfüllt - selbst betriebsratsfahig sei und daher ein Betriebsrat (neu) gebildet werden könne, der für die mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer die Beteiligungsrechte ausübt. 253 247 Dazu oben Kapitell 1.2.; ganz h. M., BAG AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern-unterB.!.l. der Gtiinde; Hueck, KSchG, § 15 Rn. 68a; KR-Etzel § 15 KSchG Rn. 102a; Dietz/Richardi § 21 Rn. 32 - jew. m. w. N. 248 Oben Kapitell, 11.2.; Windbichler, SAE 1984, S. 146. 249 Galperin/Löwisch § 103 Rn. 51; generell zur Wahrnehmung eines Restmandats ebenso Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 103 Rn. 15; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 103 Rn. 21; Hueck, KSchG, § 15 Rn. 73a. 250 Windbichler, SAE 1984, S. 146. 251 BAG AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern - unter B.!.3. der Gtiinde. 252 Dietz / Richardi § 21 Rn. 33; siehe auch oben Kapitel 2 lli.2. 253 Dietz / Richardi § 21 Rn. 35.

H. Abwicklungsarbeiten vor Betriebsstillegung im Rechtssinne

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Die Unsicherheiten und Abweichungen in dieser Frage resultieren zu einem nicht geringen Teil aus einer uneinheitlichen Verwendung des Betriebsstillegungsbegriffs und Ungenauigkeiten bei der Behandlung einer stufenweisen Betriebsstillegung. Deshalb sei nochmals betont, daß zur Betriebsstillegung im Rechtssinne die Auflösung der zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft gehört, wofür die bloße Nichtbeschäftigung der Arbeitnehmer nicht genügt; dafür ist vielmehr die rechtliche Beendigung der Arbeitsverhältnisse (fast) aller Arbeitnehmer erforderlich. 254

11. Abwicklungsarbeiten vor einer Betriebsstillegung im Rechtssinne, insbesondere bei stufenweiser Betriebsstillegung 1. Betriebsratsamt

Eine Betriebsstillegung kann sich in der Weise vollziehen, daß der Arbeitgeber nach einem bestimmten Plan schrittweise Personal abbaut und arbeitstechnische Zwecke einschränkt oder aufgibt (stufenweise Betriebsstillegung).255 Eine Betriebsstillegung im Rechtssinne liegt aber auch hier erst vor, wenn die Arbeitsverhältnisse, bis auf "einige wenige" von mit Abwicklungsarbeiten Beschäftigten, rechtlich beendet bzw., bei verlängerten Kündigungsfristen, Kündigungen zugegangen sind. Selbst wenn ein Teil der Arbeitnehmer schon Abwicklungsarbeiten verrichtet, ändert das nichts am (Noch-)Bestehen des Betriebes, da ein Betrieb auch mehrere arbeitstechnische Zwecke - hier: Produktions- und Liquidationszweck - verfolgen kann. 256 Darüber hinaus wird man, auch wenn nur noch ein Liquidationszweck verfolgt wird, an der Identität des stillzulegenden Betriebes festhalten müssen, solange die Identität der Belegschaft erhalten bleibt. 257 Wie oben 258 dargelegt, ist die Identität der Belegschaft im Falle der Betriebsstillegung nur quantitativ zu fassen und erst dann nicht mehr gegeben, wenn nur noch "einige wenige" Arbeitnehmer mit den Abwicklungsarbeiten beschäftigt sind. Bis dahin übt der Betriebsrat sein "Vollmandat" aus, weil der Betrieb nicht im Rechtssinne stillgelegt ist. Zu s~en Aufgaben gehört dabei auch, soweit BeteiliAusführlich oben Kapitel I, 1.1. Bei nicht mit dem Plan einer Gesamtstillegung erfolgenden Teilbetriebsstillegungen stellt sich das Problem Restmandat erst mit der Stillegung des letzten Teils, da bis dahin der Betriebsrat auf jeden Fall - unbeschadet einer eventuellen Neuwahl nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG - im Amte ist, dann jedoch ist die Problematik die gleiche wie bei einer Stillegung des gesamten Betriebs. 256 Letzteres ist praktisch unbestritten, vgl. Dietz / Richardi § I Rn. 60; GK-Kraft § 4 Rn. 12 - jew. m. w. N. 257 In diese Richtung auch BAG AP Nr. 14 zu § 4 TVG Geltungsbereich -, wenn es annimmt, die durch die Liquidation bedingte Änderung des Betriebszwecks lasse einen Betrieb nicht aus dem fachlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrags heraus fallen. 258 Kapitel I, 1.2.b). 254 255

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5. Kap.: Restmandat bei Abwicklungsarbeiten

gungsrechte eingreifen, die betriebsverfassungsrechtliche Vertretung der mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer. 2. Mitgliedschaft im Betriebsrat

Davon zu trennen ist die Frage der Kündigung der Betriebsratsmitglieder. Bis zur "endgültigen Stillegung" hat - wenn man damit die Betriebsstillegung im Rechtssinne meint - nicht nur ein, sondern haben grundsätzlich alle Betriebsratsmitglieder im Betrieb zu bleiben, da ihnen erst zu diesem Zeitpunkt nach § 15 KSchG gekündigt werden kann. Anders ist es nur, wenn die Entlassung zu einem früheren Zeitpunkt durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. 259 Wie zum Zwecke der Sozialplanmitbestimmung die Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder nicht entgegen § 15 KSchG verlängert werden können,260 ist dies erst recht nicht für die Repräsentation der mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer möglich. Damit stellt sich die Frage, ob die nach § 15 Abs. 4 KSchG zu einem früheren Zeitpunkt als der Stillegung gekündigten Betriebsratsmitglieder nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG auch ihr persönliches Betriebsratsamt verlieren. Oben 261 wurde dargelegt, daß § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG nach seinem Telos bei einer Betriebsstillegung keine Anwendung findet. Dies muß ebenso gelten, wenn zwar nicht zum Zeitpunkt der Betriebsstillegung, aber schon früher im Hinblick auf die Betriebsstillegung gekündigt wird, denn die Einschränkung des § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG stellt nicht auf den Zeitpunkt, sondern auf den Anlaß der Kündigung ab. Außerdem kann es nicht von den Zufälligkeiten der betrieblichen Situation abhängen, ob ein Betriebsratsmitglied sein Amt verliert - wenn er ausnahmsweise schon vor der Betriebsstillegung entlassen werden kann - oder behält - wenn er erst zum Zeitpunkt der Betriebsstillegung gekündigt wird -. Damit fände quasi eine Auswahl statt, wer letztendlich das Restmandat ausüben kann, die nicht nur die Gefahr der Manipulation, sondern - bei Streit über die Wirksamkeit einer vorzeitigen Kündigung - die Gefahr erheblicher Rechtsunsicherheit über die Zusammensetzung des ein Restmandat ausübenden Betriebsrats birgt. Auch deshalb scheint eine Differenzierung danach, zu welchem Zeitpunkt das Betriebsratsmitglied gekündigt wird, nicht sachgerecht und eine Gleichbehandlung geboten. Nach Ablauf der Kündigungsfrist hat das gekündigte Betriebsratsmitglied folglich eine rein betriebsverfassungsrechtliche Position und übt sein persönliches Betriebsratsamt ohne Arbeitsverhältnis aus. Es hat für seine Betriebsratstätigkeit gegen den (früheren) Arbeitgeber Anspruch auf Entschädigung nach der zuletzt 259 260 unter 261

Beispiele hierfür bei Hueck, KSchG, § 15 Rn. 73a; KR-Etzel § 15 KSchG Rn. 104. Dazu oben Kapitel 4, 111.1.; BAG AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 - KonzernB.I.3. der Gründe. Kapitel 3, IV.4.

III. Abwicklungsarbeiten nach Betriebsstillegung im Rechtssinne

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geschuldeten Vergütung und gegen einen neuen Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung, soweit dem nicht dessen betrieblichen Belange entgegenstehen; zur Begründung wird auf die Erwägungen in Kapitel 4 unter III.2. und 3. verwiesen. III. Abwicklungsarbeiten nach einer Betriebsstillegung im Rechtssinne 1. Restmandat? Wir haben gesehen, daß die Betriebsstillegung als solche bereits entstandene Befugnisse des Betriebsrats nicht berührt und das Betriebsratsamt fortbestehen läßt. Allerdings können Beteiligungsrechte der Belegschaft und damit Befugnisse des Betriebsrats nicht neu entstehen. 262 Deshalb erstreckt sich das Amt des Betriebsrats des stillgelegten Betriebes nicht auf die betriebsverfassungsrechtliche Vertretung der mit Abwicklungsarbeiten nach Betriebsstillegung weiter- oder neubeschäftigten Arbeitnehmer, sofern es um Beteiligungstatbestände geht, die erst nach Betriebsstillegung entstehen (z. B. Urlaubsplan für die mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer).263 Dafür gibt es auch kein Restmandat. Dieses "Institut" gewährleistet zwar die Ausübung von bei Betriebsstillegung schon entstandenen Beteiligungsrechten, eine über das Gesetz hinausgehende Befugnis zur Wahrnehmung von nach Betriebsstillegung neu entstehenden Beteiligungsrechten vermag es aber nicht zu begründen. 264 Dieses Ergebnis wird bestätigt, wenn man das persönliche Amt der Betriebsratsmitglieder betrachtet. Das Telos des § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ermöglicht dessen Einschränkung, wenn die bezweckte Verhinderung eines Auseinanderfallens von Repräsentanten und Repräsentierten hinfällig wird. 265 Im Verhältnis der mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer zum Betriebsrat des stillgelegten Betriebes kommt dieser Zweck aber wieder zum Tragen. Das wird am augenfälligsten, wenn jene neu eingestellte Arbeitnehmer sind, die mit dem stillgelegten Betrieb nichts zu tun hatten. Aber auch bei Weiterbeschäftigung von "alten" Arbeitnehmern ist die Betriebsstillegung eine Zäsur, die dem Betriebsrat des stillgelegten Betriebes für Beteiligungsrechte auslösende Sachverhalte danach die Legitimation zur Repräsentation nimmt. Deshalb ist ein Restmandat für die mit Abwickungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer nach einer Betriebsstillegung im Rechtssinne abzulehnen.

262 Vgl. oben Kapitel 3, IV.3. 263 Dagegen repräsentiert er selbstverständlich auch diese Arbeitnehmer hinsichtlich des vor Betriebsstillegung entstandenen Rechts auf Sozialplanmitbestimmung. 264 Insoweit stimme ich im Ergebnis mit den "Gegnern des Restmandats" - etwa Dietz/Richardi § 21 Rn. 33; GK-Wiese § 21 Rn. 40 - überein. 265 Oben Kapitel 3, IVA. 5 Bieb!

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5. Kap.: Restmandat bei Abwicklungsarbeiten 2. Liquidationsbetrieb

Richardi hat darauf hingewiesen, daß bei Beschäftigung von Arbeitnehmern zur Abwicklung nach Betriebsstillegung ein (neuer) Betrieb - Liquidationsbetrieb - vorliegt. 266 Dem ist, legt man den allgemeinen Betriebsbegriff zugrunde,267 zuzustimmen, da der Unternehmer mit seinen Mitarbeitern unter Zuhilfenahme sächlicher und immaterieller Mittel einen arbeitstechnischen Zweck (= Liquidation) verfolgt. Zwar kann grundsätzlich ein Unternehmer in seinem Betrieb neben einem Produktionszweck oder statt dessen einen (Teil-)Abwicklungszweck verfolgen, ohne daß dadurch automatisch ein neuer Betrieb entsteht. Die Betriebskontinuität bleibt (zunächst) erhalten. Ist aber der bisherige Betrieb nach den in Kapitell, I. dargelegten Grundsätzen stillgelegt, so entsteht mit der Neu- oder Weiterbeschäftigung einiger weniger Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten ein neuer Betrieb. Denn entweder besteht Betriebskontinuität solange auch nur ein Arbeitnehmer im Betrieb bleibt oder der Betrieb ist auch bei Beschäftigung einiger weniger Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten stillgelegt. Dann ist der Liquidationsbetrieb ein neuer Betrieb. Auch das BAG268 hat in einem solchen Falle das Vorliegen eines Betriebes bejaht, ist aber - kündigungsrechtlich - anscheinend von einer Identität mit dem stillgelegten Betrieb ausgegangen. Dies ist inkonsequent, denn entweder besteht Betriebskontinuität, dann ist der Betrieb nicht stillgelegt, sondern besteht als Liquidationsbetrieb weiter - oder der Betrieb ist stillgelegt, dann ist der Liquidationsbetrieb ein neuer Betrieb. 269 Erfüllt der Liquidationsbetrieb die Anforderungen des § 1 BetrVG, so kann dort zur betriebsverfassungsrechtlichen Vertretung der mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer ein (neuer) Betriebsrat gebildet werden, da im Betrieb ein Betriebsrat nicht besteht, § 13 Abs.2 Nr.6 BetrVG.270 Dieses Ergebnis ist auch nicht, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheint, so unpraktisch, daß ein Weichen der Dogmatik vor den Zwängen der Praxis zu rechtfertigen wäre. Das von Windbichler 271 diagnostizierte Bedürfnis der Konzentration der Betriebsratstätigkeit hinsichtlich der Repräsentation der mit Abwicklungsarbeiten be266 Dietz / Richardi § 21 Rn. 35. 267 Nachweise oben Kapitell, 1.1., Fn. 4. 268 AP Nr. 4 zu § 22 KO unter B I.2.c) der Gründe. 269 Der vom BAG verfolgte Zweck, einem im stillgelegten Betrieb gekündigten Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung im Liquidationsbetrieb eröffnen zu können, wird auch durch die unternehmensbezogene Sicht der Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers - so BAG AP Nr. 21 zu § 1 KSchG 1969 - Betriebsbedingte Kündigung; vgI. auch Nachweise oben Kapitell, 1.3., Fn. 32 - erreicht. 270 Ebenso Dietz/Richardi § 21 Rn. 25; abI. GK-Wiese § 21 Rn. 40, der jedoch von einem anderen Betriebsstillegungsbegriff ausgeht und eine Stillegung schon bei bloßer Produktionseinstellung annimmt. 271 SAE 1984, S. 146.

IV. Ergebnis

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schäftigten Arbeitnehmer auf eine oder wenige Personen wird in der Regel von selbst befriedigt werden, denn die mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer dürfen nur "einige wenige" sein - sonst liegt schon gar keine Betriebsstillegung im Rechtssinne vor - , so daß nach § 9 BetrVG der Betriebsrat in der Regel nur aus einem Betriebsobmann bestehen wird. Daß die Neuwahl hohen Kosten- und/oder Zeitaufwand erfordert,272 ist angesichts der kleinen Belegschaft unwahrscheinlich. Hinzunehmen ist auch, wenn bei Nichterreichen der Anforderungen des § I BetrVG kein Betriebsrat für die mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer gewählt werden kann; dies ist Konsequenz der gesetzgeberisehen Entscheidung, Kleinstbetriebe von der Beriebsverfassung auszunehmen. IV. Ergebnis 1. Vor einer Betriebsstillegung im Rechtssinne vertritt der Betriebsrat aufgrund seines"Vollmandats" auch die mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer. Schon gekündigte Betriebsratsmitglieder üben ihr persönliches Amt wie Betriebsratsmitglieder nach Betriebsstillegung aus. 2. Nach einer Betriebsstillegung im Rechtssinne hat der Betriebsrat kein Restmandat für die mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer. Es entsteht ein (neuer) Liquidationsbetrieb, für den unter den Voraussetzungen des § 1 BetrVG ein neuer Betriebsrat gewählt werden kann.

272

5'

Bedenken in diese Richtung bei Galperin / Löwisch § 103 Rn. 51.

6. Kapitel

Betriebsaufspaltung und Restmandat I. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Das Bundesarbeitsgericht 273 hatte in einer neueren Entscheidung über folgenden Fall zu befinden: Der Arbeitgeber, ein Unternehmen der Metallindustrie, entwickelte, baute und vertrieb Geräte und Systeme der Reproduktionstechnik und verwandter Anwendungsgebiete und beschäftigte ca. 800 Arbeitnehmer. Im Betrieb bestand ein Betriebsrat. Zu einem bestimmten Zeitpunkt übertrug der Arbeitgeber aus dem bisher einheitlichen Betrieb die mit Produktion, Entwicklung und Konstruktion befaßten Abteilungen (Bereich 11) auf eine neu gegründete Tochtergesellschaft, auf die die Arbeitsverhältnisse der in diesem Bereich beschäftigten 450 Arbeitnehmer übergingen. Beim Arbeitgeber verblieben die Abteilungen Verwaltung, Vertrieb und Service (Bereich I). In beiden Unternehmen wurden jeweils eigene Betriebsräte gebildet. Der Betriebsrat des ursprünglichen, einheitlichen Betriebes verlangte die Aufstellung eines Sozialplans. Das Bundesarbeitsgericht sah in dieser Betriebsaufspaltung eine Betriebsänderung i. S. v. § 111 S.2 Nr.4 BetrVG, da die Betriebsorganisation und der Betriebszweck grundlegend geändert worden seien. Die Aufstellung eines Sozialplans könne der frühere Betriebsrat verlangen, weil keiner der beiden neu gebildeten Betriebsräte die Interessen der Arbeitnehmer des früheren einheitlichen Betriebes wahrnehmen könne. Insoweit habe der frühere Betriebsrat den Auftrag, die Interessen der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer solange wahrzunehmen, bis ein Sozialplan rechtswirksam zustande gekommen oder die Verpflichtung zur Aufstellung eines Sozialplanes rechtskräftig abgelehnt worden ist. Damit nimmt das Bundesarbeitsgericht zum, soweit ersichtlich, ersten Male ein Restmandat des Betriebsrats anscheinend nicht nur bei einer Betriebsstillegung, sondern auch im Falle einer anderen Betriebsänderung an. Wird dagegen ein Betriebsteil auf einen anderen Inhaber übertragen und von diesem als selbständiger Betrieb fortgeführt, so soll damit die Zuständigkeit des Betriebsrats des abgebenden Betriebes für den abgetrennten Betriebsteil und die 273 Beschluß vom 16.6. 1987 I ABR 41 /85 = AP Nr. 19 zu § 111 BetrVG 1972 = EzA § 111 BetrVG 1972 Nr. 20 mit Anm. Gaul = SAE 1989, 214 mit Anm. Eich.

II. Die verschiedenen Arten der Betriebsaufspaltung

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in ihm beschäftigten Arbeitnehmer enden. Das BAG274 lehnte, ebenfalls erst jüngst entschieden, ein Restmandat des Betriebsrats des abgebenden Betriebes zur Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben gegenüber dem neuen Inhaber des früheren Betriebsteils für eine Übergangszeit bis zur Wabl eines eigenen Betriebsrats durch die Belegschaft des abgetrennten Betriebsteils ab. Es stellt dabei entscheidend auf die Identität des Betriebes ab. Eine Ausdehnung betriebsverfassungsrechtlicher Interessenvertretung dergestalt, daß der Betriebsrat Arbeitnehmer eines anderen Betriebes vertritt und die ihm kraft Amtes obliegenden Aufgaben und Rechte gegenüber einem anderen Arbeitgeber wahrnimmt, komme allein deshalb schon nicht in Betracht, weil die betriebsverfassungsrechtliche Interessenvertretung durch den Betriebsrat die Identität des Betriebes voraussetzt, für den der Betriebsrat gewählt ist. Ein Restmandat könne deshalb nur in den Grenzen der in Auflösung begriffenen organisatorischen Einheit "Betrieb" bestehen. Es stellt sich deshalb grundsätzlich die Frage, wie sich eine Betriebsaufspaltung auf das Fortbestehen amtierender Betriebsräte auswirkt und wer dabei eventuell entstehende Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte nach §§ 111, 112 BetrVG ausübt.

11. Die verschiedenen Arten der Betriebsaufspaltung und ihre Auswirkungen auf das Betriebsratsamt 1. "Klassische" Betriebsaufspaltung

Die ,,klassische" Betriebsaufspaltung besteht der Sache nach in einer Trennung von Anlage- und Betriebsvermögen derart, daß das Anlagevermögen einer Besitzgesellschaft zugeordnet wird, während eine Betriebsgesellschaft das Unternehmen - ohne Änderungen der Unternehmensorganisation im übrigen - betreibt. 275 Wird der ursprüngliche Betrieb als Betriebsgesellschaft weitergeführt und eine Besitzgesellschaft aus dem Unternehmen ausgegliedert, ändern sich weder Arbeitgeber noch Betrieb, der Betriebsrat besteht ganz normal weiter. Wird die Betriebsgesellschaft aus dem ursprünglichen Unternehmen ausgegliedert, gehen die Arbeitsverhältnisse nach § 613a BGB auf die neue Betriebsgesellschaft über. 276 Der ursprüngliche Betrieb, definiert als organisatorische Einheit, 274 Urteil vom 23.11.1988 - 7 AZR 121/88 = AP Nr.77 zu § 613a BGB = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 72 = AuR 1989,354 mit Anm. Klevemann. 275 Ausführlich zu den Formen der Betriebsaufspaltung Konzen, S. 48 ff. m. w. N.; Blank / Blanke, S. 45 ff.

276 Die Arbeitnehmer können zwar nach der st. Rspr. des BAG - zuletzt BAG AP Nr. 55 zu § 613a BGB unter 11. der Gründe - dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse widersprechen und verbleiben dann beim alten Arbeitgeber; dieser kann ihnen jedoch, wenn er nur noch eine Besitzgesellschaft betreibt, bei fehlender Beschäftigungsmöglichkeit aus betriebsbedingten Gründen kündigen, vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 613a BGB; Hueck, KSchG, § 1 Rn. l13b; KR-Becker § 1 KSchG Rn. 325.

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6. Kap.: Betriebsaufspaltung und Restmandat

innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, 217 besteht fort, da der Wechsel des Arbeitgebers die Identität des Betriebes nicht berührt. 278 Aus diesem Grunde ergeben sich auch für das Amt des Betriebsrats durch die Betriebsaufspaltung keine Änderungen, § 613a BGB will gerade (auch) die Kontinuität des amtierenden Betriebsrats erhalten. 279 Strittig ist, ob eine derartige Betriebsaufspaltung schon an sich, d. h. ohne weitere betriebsorganisatorische Maßnahmen eine Betriebsänderung i. S. v. § 111 BetrVG ist. Die herrschende Meinung verneint das mit der Begründung, der Übergang eines Betriebes durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber und deren Folgen für die Arbeitsverhältnisse der Betriebsangehörigen sei in § 613a BGB besonders geregelt; erst wenn mit dem Betriebsinhaberwechsel weitere Maßnahmen verbunden sind, die als solche einen der Tatbestände des § 111 BetrVG erfüllen, seien Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111, 112 BetrVG zu beachten. 280 Dagegen sieht eine Mindermeinung schon in der bloßen Betriebsaufspaltung eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation nach § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG, da zu dieser auch die Struktur des Unternehmens gehöre,281 eine grundlegende Änderung der Betriebsanlagen nach § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG, weil die Entziehung des Eigentums und dessen Übertragung auf einen anderen einen massiven Eingriff in die Struktur des Betriebs darstelle, 282 jedenfalls eine Betriebsänderung i. S. v. § 111 S. 1 BetrVG, wobei wesentliche Nachteile das Unterlaufen der Betriebsverfassung, die Schmälerung der Konkurs- bzw. Haftungsmasse und die Gefährdung künftiger (Sozialplan-)Ansprüche der Arbeitnehmer sein sollen. 283 Kittner 284 meint sogar, in der Sekunde, in der die Betriebs-

BAG AP Nr. 19 zu § 111 BetrVG 1972 unter Il.2.a) der Gründe, st. Rspr. 278 Dietz / Richardi § 21 Rn. 40; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 21 Rn. 34; GKWiese § 21 Rn. 47; Galperin / Löwisch § 21 Rn. 25; Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke § 21 Rn. 32 und § 1 Rn. 13; Hess/Schlochauer/Glaubitz § 21 Rn. 31; Bracker, S. 97 ff.; Seiter, S. 124; im Ergebnis auch Hüper, S. 207 ff.; Wendeling-Schröder, NZA 1984, S. 250. 279 BAG AP Nr. 18 zu § 613a BGB unter m.2. der Gründe; Dietz / Richardi § 111 Rn. 85; MünchKomm-Schaub § 613a BGB Rn. 2; Seiter, S. 29 - jew. m. w. N. 280 BAG AP Nr. 6 zu § 111 BetrVG 1972 unter 1.a) der Gründe, bestätigt durch BAG AP Nr. 8, 9 und 19 zu § 111 BetrVG 1972; Dietz / Richardi § 111 Rn. 84 ff.; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 111 Rn. 14; Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke / Klebe § 111 Rn. 8 f.; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 111 Rn. 53; Stege / Weinspach §§ 111 113 Rn. 50; Eich, DB 1980, S. 258; Kort, Anm. zu BAG EzA § 111 BetrVG 1972 Nr. 20 unter IlI.2.b); Oetker, SAE 1987, S. 308; Schaub, § 118 VI.I., S. 789; Seiter, S. 121 f.; Wiedemann, FS Fleck, S. 462. 281 GK-Fabricius § 111 Rn. 248 ff., 312; Blank/Blanke, S. 121 ff.; Simon, ZfA 1987, S. 319; im Ergbnis auch Dehmer, S. 454 f. 282 Herschel, AuR 1981, S. 388. 283 Blank / Blanke, S. 122 f.; Herschel, ebd.; Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke § 111 Rn. 11; Engels, DB 1979, S. 2231 f.; Simon, ZfA 1987, S. 320ff. 284 Anm. zu BAG AP Nr. 9 zu § 111 BetrVG 1972 unter 2. 277 )

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aufspaltung wirksam wird, läge eine Stillegung des ganzen Betriebes, so daß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG "in geradezu klassischer Weise" verwirklicht werde. Letzteres ist jedoch reine Fiktion, da mit dem Übergang der sächlichen und immateriellen Mittel sowie der Arbeitsverhältnisse beim Veräußerer kein Betrieb verbleibt, den er stillegen könnte. 285 Schon begrifflich schließen sich Betriebsübergang und Betriebsstillegung aus. 286 Wenn wegen des Widerspruchs von Arbeitnehmern diese beim Veräußerer verbleiben,287 bestehen zwar die Arbeitsverhältnisse fort, gleichwohl ist aber der Betrieb auf den Erwerber übergegangen, denn der Übergang der Arbeitsverhältnisse ist nicht Voraussetzung, sondern Folge des Betriebsübergangs. 288 Auch im übrigen überzeugt die herrschende Meinung. Bei einer Subsumtion der bloßen Betriebsänderung unter § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG werden die Unterschiede zwischen Betrieb und Unternehmen zu sehr verwischt. 289 Strukturänderungen des Unternehmens haben nicht unbedingt auch eine Änderung der Betriebsstruktur zur Folge, weil die Organisation des Unternehmens außerhalb der betrieblichen Arbeitsorganisation steht. 290 Der Betriebsbegriff stellt nur darauf ab, daß der Arbeitgeber arbeitstechnische Zwecke unter Zuhilfenahme von sächlichen und immateriellen Mitteln verfolgt, nicht, daß diese eigene Mittel des Arbeitgebers sein müßten oder Dritte daran keine Rechte haben dürften.In Konsequenz der Mindermeinung müßte auch die Verpfandung und Sicherungsübereignung der Betriebsmittel als Betriebsänderung angesehen werden, was aber niemand - soweit ersichtlich - ernsthaft verlangt. Die Betriebsaufspaltung fällt auch nicht unter § 111 S. 1 BetrVG,291 weil die mit dem Wechsel des Betriebsinhabers möglicherweise verbundenen Nachteile der Gesetzgeber in § 613a BGB speziell geregelt hat.292 Der Schutz vor sonstigen Nachteilen, insbesondere die mögliche Verschlechterung der GläubigersteIlung der Arbeitnehmer durch die Verringerung des Haftungssubstrats ist nicht Aufgabe der §§ 111, 112 BetrVG,293 da die Arbeitnehmer keinen Anspruch auf einen solventen, mit möglichst viel Eigenkapital ausgestatteten Arbeitgeber haben. Im vorliegenden Zusammenhang

285 Im Ergebnis ebenso Dietz/Richardi § 111 Rn. 84; Seiter, S. 121. 286 Möglich wäre nur ein Teilbetriebsübergang und eine Teilbetriebsstillegung. 287 Vgl. oben Fn. 275. 288 BAG AP Nr. 43,69 und 76 zu § 613a BGB, ständige Rechtsprechung. 289 Eich, OB 1980, S. 257 spricht von einer Vennengung der beiden rechtlich voneinander zu unterscheidenden Phänomene Betrieb und Unternehmen. 290 Wiedemann, FS Fleck, S. 462 f. 291 Zum Streitstand über das Verhältnis der Sätze 1 und 2 des § 111 BetrVG vgl. Dietz / Richardi § 111 Rn. 17 ff.; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 111 Rn. 7; Hess / Schlochauer / Glaubitz § 111 Rn. 15 ff. 292 BAG, st. Rspr., Nachw. oben Fn. 279; vgl. auch die überzeugende Begründung bei Seiter, Anm. zu BAG AP Nr. 6 zu § 111 BetrVG 1972 unter I.b); - a. A. die m. M., exemplarisch Blank/Blanke, S. 118 ff.; Pottmeyer, S. 179 ff. - jew. m. w. N. 293 BAG AP Nr. 9 zu § 111 BetrVG 1972 unter H.4. der Gründe; Konzen, S. 134 f.

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6. Kap.: Betriebsaufspaltung und Restmandat

kann dieser Streit aber letztlich offen gelassen werden; selbst wenn man Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte nach §§ 111, 112 BetrVG annehmen würde, übt diese der unbestritten fortbestehende Betriebsrat aus, eines Restmandates hierfür bedarf es nicht. Der Betriebsrat vertritt in diesem Falle auch die wegen ihres Widerspruchs nicht übergegangenen und deshalb aus dem Betrieb ausgeschiedenen Arbeitnehmer, da sie infolge einer Betriebsänderung ausgeschieden sind, auf die sich ein eventueller Sozialplan beziehen würde. 294

2. Unternehmensteilung

Von einer Betriebsaufspaltung im weiteren Sinne spricht man auch, wenn. ein Unternehmen seine Produktions- oder Funktionseinheiten auf rechtlich selbständige (Tochter-)Gesellschaften überträgt, z. B. in Form von Produktions- und Vertriebsgesellschaft oder Aufspaltung nach Produktionsbereichen. 295 Dabei wird entweder ein Betriebs- oder Unternehmensteil ausgegliedert, so daß einer der verselbständigten Teile beim Altunternehmen bleibt oder es werden mehrere neue Unternehmen gegründet. In diesen Fällen können sich die Betriebsstrukturen derart ändern, daß §§ 111, 112 BetrVG eingreifen. 296 a) Unproblematisch im vorliegenden Zusammenhang ist dabei, wenn die mehreren Unternehmen den ursprünglichen Betrieb als einheitlichen Betrieb, sog. Gemeinschaftsbetrieb, weiterführen. Voraussetzung hierfür ist ein einheitlicher Leitungsapparat, der in der Lage ist, die Gesamtheit der für die Erreichung der arbeitstechnischen Zwecke eingesetzten personellen, technischen und immateriellen Mittel zu lenken, was einer (zumindest konkludenten) Vereinbarung der Unternehmen über eine einheitliche Leitung bedarf. 297 Es handelt sich dabei um Teilbetriebsübergänge, bei denen jeweils ein Teil des ursprünglich einheitlichen Betriebes auf die neuen Unternehmen übergeht; von Bedeutung ist dies aber nur für die Frage, wer Arbeitgeber von welchen Arbeitnehmern wurde. Da insgesamt wegen der Betriebsführungsvereinbarung der einheitliche Betrieb erhalten bleibt, besteht auch der amtierende Betriebsrat fort. 298 Dagegen verlangt Kraft für einen 294 Zum personellen Geltungsbereich eines Sozialplans Dietz / Richardi § 112 Rn. 32; Hess / Schlochauer / GIaubitz § 112 Rn. 41 - jew. m. w. N. 295 Zu den Formen einer Unternehmensteilung Konzen, S. 50 ff.; Blank / Blanke, S. 156 ff. 296 BAG AP Nr. 19 zu § 111 BetrVG 1972 m. w. N.; insoweit wohl einhellige Ansicht, vgl. nur Kort, Anm. zu BAG EzA § 111 BetrVG 1972 Nr.20 und die in Fn. 279 Genannten. 297 BAG AP Nr. 5,6 und 9 zu § 1 BetrVG 1972; Dietz / Richardi § 1 Rn. 85 f.; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 1 Rn. 49 ff. und § 111 Rn. 14c; GK-Kraft § 4 Rn. 8; Kraft, FS Hilger / Stumpf, S. 396 ff.; Löwisth, RdA 1976, S. 37; - kritisch zum Erfordernis einer Betriebsführungsvereinbarung Wiedemann, FS Fleck, S. 460 ff. und Anm. zu BAG AP Nr. 5 zu § 1 BetrVG 1972; Blank / Blanke, S. 143 ff.; Konzen, S. 103 ff., insbes. S. 114 ff.; Säcker Rn. 305 ff.; Wendeling-Schröder, NZA 1984, S. 248 f.

11. Die verschiedenen Arten der Betriebsaufspaltung

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einheitlichen betriebsratsfähigen Betrieb mehrerer Unternehmen, daß der Betriebsinhaber (= Trägerunternehmen) Arbeitgeber der in diesem Betrieb Beschäftigten sein müsse, da ein Arbeitnehmer nur dann der Belegschaft eines Betriebs i. S. d. Betriebsverfassungsgesetzes angehöre, wenn er in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Betriebes stehe. 299 Letzteres entspricht zwar für den Normalfall der herrschenden Meinung; 300 entscheidend ist aber, daß das Betriebsverfassungsgesetz als Gegenüber des Betriebsrats eine einheitliche, zur Entscheidung in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten befugte "Stelle" verlangt. 301 Die ist auch bei einem einheitlichen Betrieb mehrerer Unternehmen gewährleistet, da durch die Betriebsführungsvereinbarung eine einheitliche Leitung des Betriebes als Verhandlungspartner des Betriebsrats existiert. Soweit bei einer Beteiligung des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten nicht der Betriebsinhaber, sondern der Arbeitgber des konkret betroffenen Arbeitnehmers Gegenüber des Betriebsrats ist, schadet die "gespaltene Arbeitgeberstellung" nicht, weil der Betriebsrat jedenfalls einen entscheidungsbefugten Verhandlungspartner hat. Daß dies - je nach der Art der beteiligungsbedürftigen Angelegenheit - der Inhaber des Gemeinschaftsbetriebes oder der jeweilige Arbeitgeber (= die am Gemeinschaftsberieb beteiligten Unternehmen) sein kann, ist zur Sicherung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats hinzunehmen und die dem Zweck des Betriebsverfassungsgesetzes entsprechende Konsequenz aus der Zulassung gesellschaftsrechtlicher Unternehmensverbindungen. 302 b) Fraglich ist, was passiert, wenn der ursprünglich einheitliche Betrieb nicht weitergeführt wird, sondern das alte und die neu errichteten Unternehmen jedes für sich einen Betrieb bildet. Individualrechtlieh bewirkt die Unternehmensteilung einen oder mehrere Teilbetriebsübergänge, da Teile des einheitlichen Betriebes bzw. der ganze einheitliche Betrieb in Teilen auf die neuen Unternehen übertragen werden; die Arbeitsverhältnisse der in den jeweiligen Bereichen des veräußernden Betriebes beschäftigten Arbeitnehmer gehen nach § 613a BGB auf die jeweils erwerbenden Unternehmen über. Betriebsverfassungsrechtlich hat das Bundesarbeitsgericht in einer solchen Unternehmensteilung eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation und des Betriebszwecks i. S. v. § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG gesehen, weil an Stelle einer einheitlichen Organisation des Betriebes neue organisatorisch selbständige Einheiten treten und die wesentlichen Betriebszwecke 298 So ausdrücklich auch Fitting I Auffarth I Kaiser I Heither § 1 Rn. 56; Blank I Blanke, S. 159; Wendeling-Schröder, NZA 1984, S. 250. 299 Kraft, FS Hilger I Stumpf, S. 403 f. und GK-Kraft § 4 Rn. 8; dagegen ausführlich Konzen, S. 110 ff. 300 Dietz/Richardi § 1 Rn. 80 m. w. N. 301 Fitting I Auffarth I Kaiser I Heither § 1 Rn. 35; ähnlich Galperin I Löwisch § 1

Rn. 11.

302 Im Ergebnis ebenso Konzen, S. 114ff.; Dietz/Richardi § 1 Rn. 81,85; Fitting I Auffarth I Kaiser I Heither § 111 Rn. 14c und d; Hess I Schlochauer I Glaubitz § 1 Rn. 6; vgl. auch Zeuner, FS Hilger I Stumpf, S. 777 f.

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6. Kap.: Betriebsaufspaltung und Restmandat

aufgespalten werden. 303 Dem ist zuzustimmen; 304 die Subsumtion des Bundesarbeitsgerichts stimmt mit dem herrschenden Verständnis von § 111 S.2 Nr.4 BetrVG überein. 305 Es drängt sich aber die Frage auf, ob eine solche grundlegende Änderung des Betriebes nicht so grundlegend ist, daß darin über § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG hinaus auch eine (Teil-)Betriebsstillegung nach § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG gesehen werden muß. Die beiden Tatbestände schließen sich nicht von vornherein logisch aus, weil in dem maior "Stillegung" das minus "grundlegende Änderung" enthalten sein kann. Wenngleich das Bundesarbeitsgericht eine (Teil-)Stilllegung nicht prüft, deuten seine Ausführungen und seine Ausdrucksweise - "Die ursprünglich einheitliche Organisation wurde aufgehoben, an ihre Stelle sind zwei neue organisatorisch selbständige Einheiten getreten. Aus einem rechtlich selbständigen Betrieb sind zwei rechtlich selbständige Betriebe geworden. ( ... ) Jeder der beiden neuen Betriebe ..." - darauf hin, daß die Unternehmensaufspaltung mehr ist als die übliche Änderung von Betriebsorganisation und -zweck. Die Aufteilung eines einheitlichen Betriebes auf mehrere rechtlich selbständige Unternehmen - wobei es unerheblich ist, ob das ursprüngliche Trägerunternehmen noch einen ,,Restbetrieb" behält oder nicht - , verbunden mit der Aufspaltung der Betriebszwecke ist zugleich die Beendigung des ursprünglichen Betriebes. Zwar wird dieser nicht stillgelegt im Rechtssinne des § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG, da die Betriebszwecke nicht aufgegeben werden und die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft nicht aufgelöst wird, die Aufspaltung von Betriebsorganisation und -zwecken, verbunden mit der Bildung ,,neuer" Betriebe ist aber der Stillegung des einheitlichen Betriebes gleichzusetzen,306 sonst kommt man in erhebliche Schwierigkeiten, das Entstehen neuer Betriebe und die Neubildung von Betriebsräten zu erklären; denn bei Fortbestehen des ursprünglichen Betriebes müßte auch der zum Zeitpunkt der Unternehmensteilung amtierende Betriebsrat weiterexistieren (bloß: bei welchem Betrieb? in Teilen bei allen?). Zumindest in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall (wenn also beim ursprünglichen Trägerunternehmen ein ,,Rumpfbetrieb" verbleibt) würde der Betriebsrat des einheitlichen Betriebes - ungeachtet einer eventuell notwendigen Neuwahl nach § 13 Abs.2 Nr. 1 BetrVG - weiteramtieren und wäre für die Wahrnehmung der mit der Unternehmensteilung verbundenen Mitwirkungsrechte nach §§ 111, 112 BetrVG zuständig, das vom BAG bemühte Restmandat bedürfte es nicht. 307

303 BAG AP Nr. 19 zu § 111 BetrVG 1972 unter 11.2. der Gründe; a. A. Gnade/ Kehrrnann / Schneider / Blanke, die § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG analog anwenden wollen. 304 Ebenso Kort, Anm. zu BAG EzA§ 111 BetrVG 1972 Nr. 20 unter IV. 305 Vgl. nur Dietz / Richardi § 111 Rn. 60 ff.; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 111 Rn. 19 ff. 306 Im Ergebnis ebenso Hüper, S. 295. 307 So auch die Kritik bei Kort, Anm. zu BAG EzA § 111 BetrVG 1972 Nr. 20 unter 1I.3.d.; generell vertreten diese Lösung Blank / Blanke, S. 158 ff.

III. Restmandat des Betriebsrats nach Unternehmensteilung

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Sieht man in der Unternehmensteilung eine der Stillegung des einheitlichen Betriebes gleichzusetzende Betriebsänderung, ergeben sich zwei mögliche Anwendungsbereiche für ein Restmandat des Betriebsrats, nämlich die Sozialplanmitbestimmung nach der Unternehmensteilung und die betriebsverfassungsrechtliche Vertretung der Arbeitnehmer, bis in den neuen Betrieben Betriebsräte gewählt sind.

Irr. Restmandat des Betriebsrats nach Unternehmensteilung 1. Sozialplanmitbestimmung

Setzt man die Unternehmensteilung der Betriebsstillegung gleich, so können die für das Restmandat nach Betriebsstillegung entwickelten Grundsätze herangezogen werden. Danach verhindert auch die Unternehmensteilung zwar das Neuentstehen von Beteiligungsrechten des Betriebsrats, läßt aber die bereits entstandenen - Sozialplanmitbestimmung _308 unberührt, das Amt des Betriebsrates besteht insofern fort. Dieses Restmandat wird vom Betriebsrat als Organ ausgeübt und dauert bis zur Erledigung aller mit Abschluß, Durchführung und Änderung des Sozialplans zusammenhängenden Fragen. 309 Mit dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse scheiden die Betriebsratsmitglieder aus dem ursprünglichen einheitlichen Betrieb aus, behalten aber die Mitgliedschaft im Betriebsrat 310 und üben ihr persönliches Betriebsratsamt ohne Arbeitsverhältnis zum früheren Arbeitgeber aus.3\I Dieser hat ihnen aber die für die Betriebsratstätigkeit aufgewendete Zeit wie Arbeitszeit zu vergüten, der neue Arbeitgeber ist verpflichtet, ihnen - soweit seine betrieblichen Belange nicht entgegenstehen - unbezahlte Freistellung zu gewähren. 312 2. Vertretung der Arbeitnehmer in den neuen Betrieben

Verbleibt ein Teilbetrieb beim alten Unternehmen, so vertritt der für den früheren einheitlichen Betrieb errichtete Betriebsrat die Arbeitnehmer des nunmehrigen Teilbetriebes, weil dieser eine Fortführung von jenem ist. Liegen die 308 Das Informations- und Beratungsrecht nach § 111 S. 1 BetrVG sowie das Verlangen nach einem Interessenausgleich nach § 112 Abs. 1 S. 1 BetrVG entfallen, weil ihre Erfüllung nach Vollzug der Unternehmensteilung unmöglich wird. 309 Vgl. oben Kap. 4, 11.1. 310 Vgl. oben Kap. 4, 11.2. 311 Ausnahme: Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB; der Arbeitgeber des einheitlichen Betriebes kann dann allerdings nach § 15 Abs. 4 KSchG ordentlich kündigen, weil er mangels Betriebes das Betriebsratsmitglied nicht mehr beschäftigen kann. 312 Vgl. oben Kap. 4, 11.2. und 3.

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6. Kap.: Betriebsaufspaltung und Restmandat

Voraussetzungen von § 13 Abs.2 Nr. 1 BetrVG vor, so muß außerhalb der Wahlperiode ein neuer Betriebsrat gewählt werden, der amtierende führt dann nach § 22 BetrVG die Geschäfte bis dahin weiter. In den neuen Betrieben können unter der Voraussetzung des § 1 BetrVG Betriebsräte neu gebildet werden, bis dahin sind sie betriebsratslos, weil der Betriebsrat des einheitlichen Betriebes nicht auf sie übergeht. a) Ein Teil der Literatur ist der Ansicht, der Betriebsrat des ursprünglichen Betriebes habe ein Restmandat zur betriebsverfassungsrechtlichen Vertretung der Arbeitnehmer der neu gebildeten Betriebe, bis dort eigene Betriebsräte gewählt sind.3\3 Dies ist abzulehnen, weil das Restmandat nur die Ausübung der bei Unternehmensteilung schon entstandenen Beteiligungsrechte des Betriebsrats gewährleistet; die in den neuen Betrieben neu entstehenden Beteiligungsrechte werden davon nicht umfaßt. 314 b) Andere Autoren meinen, der Betriebsrat des ursprünglichen Betriebes führe bis zur Neuwahl der Betriebsräte für die neuen Betriebe die Amtsgeschäfte in Analogie zu § 22 BetrVG weiter. 315 Begründet wird dies vor allem damit, daß das allgemeine Prinzip des Arbeitnehmerschutzes eine lückenlose Kontinuität der betriebsverfassungsrechtlichen Interessenvertretung erfordere. Gerade im Zusammenhang mit § 22 BetrVG überzeugt dieses Argument aber nicht sonderlich, weil § 22 BetrVG eben nicht für alle Fälle von Neuwahlen nach § 13 Abs.2 BetrVG eine Geschäftsführung des alten Betriebsrats anordnet. Zweifelhaft erscheint auch, ob die Situation der aufgrund der Unternehmensteilung betriebsratslosen Betriebe und der deshalb erforderlichen (Neu-)Wahl mit denen des § 13 Abs. 2 Nr. 1 - 3 vergleichbar ist. § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG will die bei größeren Schwankungen der Belegschaftsstärke nicht mehr dem § 9 BetrVG entsprechende Mitgliederzahl des Betriebsrats wiederherstellen, § 13 Abs. 2 Nm. 2 und 3 BetrVG eine Funktionsunfähigkeit des Betriebsrats wegen des Ausscheidens oder Rücktritts von Mitgliedern verhindern. Dagegen liegt bei einer Unternehmensteilung gerade § 13 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG vor, weil der Betriebsrat des ursprünglichen Betriebes nicht auf die neuen Betriebe übergeht. Des weiteren will § 22 BetrVG die Situation bis zur Neuwahl im gleichen Betrieb überbrücken, vorliegend besteht aber zwischen dem ursprünglichen einheitlichen Betrieb und den neuen Betrieben keine Identität. Schließlich ist dem Betriebsverfassungsgesetz eine Kompetenz des Betriebsrats für andere Betriebe als dem, für und in dem er errichtet wurde, 313 Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke § 21 Rn. 59; Blank / Blanke, S. 160 ff.; im Ansatz ebenso ArbG Hamburg AuR 1986, 348. 314 Vgl. zur verwandten Problematik der Vertretung der nach Betriebsstillegung mit Abwicklungsarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer oben Kap. 5 In.1.; im Ergebnis ebenso BAG AP Nr. 77 zu § 613a BGB; Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 21 Rn. 34 und § 22 Rn. 6; Stege/Weinspach § 21 Rn.7a. 315 Gnade / Kehrmann / Schneider / Blanke / Klebe § 21 Rn. 10; Metzke, AuR 1986, S. 80 f.; auch Blank / Blanke, S. 160 ff.; Klevemann, AuR 1989, S. 359 f.

IV. Ergebnis

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fremd. Mit Recht betont das BAG in seiner jüngsten Entscheidung 316, daß eine betriebs- oder gar unternehmensübergreifende Zuerkennung eines Restmandats des Betriebsrats einem zwingenden betriebsverfassungsrechtlichem Prinzip, nach dem das Mandat des Betriebsrats an die Identität des Betriebes geknüpft ist, widerspricht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 18 Abs. 2 BetrVG. Wenn während der Amtszeit eines Betriebsrats in einem Feststellungsverfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG rechtskräftig festgestellt wird, ein bei der Betriebsratswahl als zum Hauptbetrieb gehörig angesehener Betriebsteil sei selbständig, wird angenommen, der Betriebsrat bleibe dennoch bis zum Ablauf seiner Amtszeit für diesen Betriebsteil zuständig. 317 Dies ist aber keine Erstreckung der Kompetenz des Betriebsrats auf einen fremden Betrieb, sondern beruht darauf, daß die Verkennung des Betriebsbegriffs im allgemeinen nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führt, sondern nur eine Anfechtung rechtfertigt. 318 Nach Ablauf der Anfechtungsfrist gilt der Mangel als geheilt, so daß der Betriebsrat nicht einen anderen Betrieb (mit-)vertritt, sondern für einen Betrieb zuständig ist, auch wenn dessen Grenzen bei der Wahl verkannt wurden. Eine Geschäftsführung des zur Zeit der Unternehmensteilung im einheitlichen Betrieb amtierenden Betriebsrats analog § 22 BetrVG für alle neu entstehenden Betriebe ist deshalb abzulehnen. Eine ,,nicht hinzunehmende" Lücke in der betriebsverfassungsrechtlichen Interessenvertretung entsteht dadurch nicht. Die Belegschaft der neuen Betriebe kann unverzüglich nach § 17 Abs. 1 BetrVG einen Wahlvorstand wählen, der nach § 18 Abs. I BetrVG die Wahl unverzüglich einzuleiten hat, so daß in relativ kurzer Zeit 319 ein Betriebsrat gewählt werden kann. IV. Ergebnis 1. Bei einer nach dem klassischen Modell der Besitz- und Betriebsgesellschaft durchgeführten Betriebsaufspaltung und einer Unternehmensteilung, nach der die neuen Unternehmen den einheitlichen Betrieb gemeinsam fortführen, besteht der Betriebsrat ohne ModifIkation weiter. 316 Urteil vom 23.11.1988 7 AZR 121/88 = AP Nr. 77 zu § 613a BGB = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 72; ablehnend Klevemann, der in diesen Fällen ausnahmsweise

einen zeitlich begrenzten Verstoß gegen die Betriebsbezogenheit des Betriebsratsamtes zulassen will. 317 Fitting / Auffarth / Kaiser / Heither § 18 Rn. 30; Gnade / Kehrmann I Schneider I Blanke § 18 Rn. 12; a. A. - Zuständigkeit nur analog § 22 BetrVG - Dietz/Richardi § 18 Rn. 26; a. A. - überhaupt keine Zuständigkeit - Hess I Schlochauer / Glaubitz § 18 Rn. 19a. 318 BAG AP Nr. 8 zu § 19 BetrVG 1972, AP Nr. 1 zu § 1 BetrVG 1972. 319 Vgl. auch § 3 Abs. 1 WahlO 1972.

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6. Kap.: Betriebsaufspaltung und Restmandat

2. Bei einer Unternehmensteilung mit neu entstehenden Betrieben hat der zum Zeitpunkt der Unternehmensteilung amtierende Betriebsrat ein Restmandat für die Ausübung schon entstandener Beteiligungsrechte (insbesondere Sozialplanmitbestimmung). Ferner bleibt er wegen der Betriebsidentität für die Vertretung der Arbeitnehmer des beim Altunternehmen verbleibenden Rumpfbetriebes zuständig. Dagegen vertritt er die Arbeitnehmer der neuen Betriebe in neu entstehenden Beteiligungssachverhalten weder aufgrund eines Restmandats noch analog § 22 BetrVG. Dafür müssen in den neuen Betrieben eigene Betriebsräte gebildet werden.

Zusammenfassung der Ergebnisse 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der herrschenden Meinung in der Literatur beendet eine Betriebsstillegung zwar an sich die Existenz des Betriebsrats, er behält aber ein sog. Restmandat zur Wahrnehmung seiner sich im Zusammenhang mit der Betriebsstillegung ergebenden Aufgaben. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Denn eine Betriebsstillegung beendet nicht unbedingt das Betriebsratsamt. Es besteht solange, bis die schon vor der Betriebsstillegung entstandenen Beteiligungsrechte (Ansprüche des Betriebsrats auf Regelung) erfüllt sind. Da mit der Betriebsstillegung der Grund für das Neuentstehen von Regelungsansprüchen des Betriebsrats entfällt, kann man das Betriebsratsamt in der zeitlichen Phase nach der Betriebsstillegung als Restmandat bezeichnen. 2. In diesem Falle berührt die Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder ihre betriebsverfassungsrechtliche Stellung als Mitglieder des Betriebsrats nicht, § 24 Abs. I NT. 3 BetrVG ist hier nicht anwendbar. 3. Das Restmandat wird wie die sonstige Geschäftsführung des Betriebsrats durch Beschlußfassung des Organs in ordnungsgemäß einberufenen Sitzungen ausgeübt. Eine Übertragung der Sozialplanmitbestimmung auf ein (oder mehrere) Betriebsratsmitglied(er) ist nicht zulässig, auch Vorausbeschlüsse sind im wesentlichen nicht möglich. Scheiden jedoch nach der Betriebsstillegung so viele Betriebsratsmitglieder (einschließlich der Ersatzmitglieder) aus dem Betriebsrat aus oder sind so viele vorübergehend verhindert, daß der Betriebsrat nach § 33 Abs. 2 beschlußunfähig wäre, richtet sich die Beschlußfahigkeit nicht nach der Soll-, sondern nach der Ist-Stärke. 4. Das Restmandat endet erst mit der endgültigen Erledigung der bei Betriebsstillegung bestehenden Beteiligungsrechte, wobei unter Erledigung nicht nur das Ziel des Beteiligungsrechts, sondern auch alle unmittelbar damit zusammenhängenden Folgen zu verstehen sind. Eine zeitliche Schranke für die Dauer des Restmandats gibt es nicht, insbesondere endet es nicht mit Ablauf der Amtszeit nach § 21 BetrVG. 5. Die Betriebsratsmitglieder üben nach Betriebsstillegung und Kündigung gemäß § 15 Abs. 4 KSchG ihr persönliches Betriebsratsamt ohne Arbeitsverhältnis aus. Der Arbeitgeber ist aber verpflichtet, die für die Betriebsratstätigkeit aufgewendete Zeit wie Arbeitszeit zu vergüten. Zur Ausübung des Betriebs-

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Zusammenfassung der Ergebnisse ratsamtes haben sie gegen einen neuen Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung, sofern nicht betriebliche Belange des neuen Arbeitgebers entgegenstehen.

6. Der Betriebsrat hat kein Restmandat für die mit Abwicklungsarbeiten nach Betriebsstillegung beschäftigten Arbeitnehmer. Es entsteht ein (neuer) Liquidationsbetrieb, für den unter der Voraussetzung des § 1 BetrVG ein neuer Betriebsrat gewählt werden kann. Werden vor einer Betriebsstillegung (insbesondere bei stufen weiser Betriebsstillegung) Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt, so vertritt sie der Betriebsrat aufgrund seines "Vollmandats". 7. Bei einer Unternehmensteilung mit neu entstehenden Betrieben hat der zum Zeitpunkt der Unternehmensteilung amtierende Betriebsrat ein Restmandat für die Ausübung schon entstandener Beteiligungsrechte (insbesondere Sozialplanmitbestimmung). Dagegen vertritt er die Arbeitnehmer der neuen Betriebe in neu entstehenden Beteiligungssachverhalten weder aufgrund eines Restmandats noch analog § 22 BetrVG. Dafür müssen in den neuen Betrieben eigene Betriebsräte gebildet werden.

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