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German Pages 28 Year 2010
Das Problem des christlich-palästinensischen Pentateuchtextes
Analecta Gorgiana
507 Series Editor George Anton Kiraz
Analecta Gorgiana is a collection of long essays and short monographs which are consistently cited by modern scholars but previously difficult to find because of their original appearance in obscure publications. Carefully selected by a team of scholars based on their relevance to modern scholarship, these essays can now be fully utilized by scholars and proudly owned by libraries.
Das Problem des christlich-palästinensischen Pentateuchtextes
Anton Baumstark
1
gorgias press 2010
Gorgias Press LLC, 180 Centennial Ave., Piscataway, NJ, 08854, USA www.gorgiaspress.com Copyright © 2010 by Gorgias Press LLC Originally published in All rights reserved under International and Pan-American Copyright Conventions. No part of this publication may be reproduced, stored in a retrieval system or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording, scanning or otherwise without the prior written permission of Gorgias Press LLC. 2010
1
ISBN 978-1-60724-986-3
ISSN 1935-6854
Extract from Oriens Christianus 32 (1935)
Printed in the United States of America
ERSTE
ABTEILUNG
AUFSÄTZE DAS PROBLEM DES CHRISTLICH-PALÄSTINENSISCHEN PENTATEUCHTEXTE S VON
Prof. ANTON BAUMSTARK ENNO LITTMANN zur Vollendung des 60. Lebensjahres am 16. September 1935 gewidmet
In meinem auf dem VII. Deutschen Orientalistentag in Bonn gehaltenen Vortrag über Neue orientalistische Probleme biblischer Textgeschichte1 habe ich erstmals die These vertreten: daß die auffälligen Beziehungen AT liehen christlich-palästinensischen Bibeltextes zur Pesittä sich weder aus einem sekundären Einfluß erklären, den diese im Laufe der Zeit auf den aus dem Griechischen übersetzten westaramäischen Text ausgeübt, noch aus einer subsidiären Benutzung, die sie durch den im Prinzip nach dem Griechischen arbeitenden ursprünglichen Übersetzer erfahren hätte; daß vielmehr zunächst einmal mindestens der christlich-palästinensische Pentateuchtext das Ergebnis einer stärksten Überarbeitung darstellt, der auf Grund des für die christliche Kirche kanonischen LXX-Textes eine vom Judentum übernommene Form palästinensischen Targums unterworfen worden sei; daß jene Beziehungen zu der selbst letzten Endes auf die Übertragung einer solchen Form in ostaramäisches Sprachkleid zurückgehenden Pesittä demgemäß als stehengebliebene Elemente der ältesten, noch nicht vom Griechischen beeinflußten Schicht der textlichen Entwicklung zu bewerten seien. In der Tat wird es sich aus mehr als einem Grunde empfehlen, hier fürs erste nur die Verhältnisse des Pentateuchtextes ins Auge zu fassen. Einmal ist von vornherein mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Dinge in verschiedenen Texten des ATs 1 Nunmehr mit einigen Erweiterungen und Zusätzen im Druck erschienen ZDMG. Neue Folge X I V (1935) S. 89—118.
OKIENS CHRISTIANUS.
D r i t t e Serie X.
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verschieden gelagert wären. Dann ist aber der fragliche Charakter der Pesittä exakt und systematisch vorläufig eben nur für den Pentateuch erwiesen. Neben ihr leisten weiterhin die verschiedenen erhaltenen Formen des eigentlichen Pentateuchtargums zur Erkenntnis alter Targumtradition erheblich bessere Dienste als das vorliegende Prophetentargum. Endlich hatte ich auch darauf schon aufmerksam gemacht, daß die targumhafte Grundlage christlich-palästinensischen AT-Textes in den Bruchstücken biblischen Volltextes ungemein stärker durchscheine als in den besonders restlos an die , , L X X " angeglichenen Lektionartexten. Von einer Vergleichung von Volltext und Lektionartext würde also jede nähere Erörterung des Problems zweckmäßig auszugehen haben. Hier ist nun eine merkwürdige Tücke des Objekts zu beklagen. Durchweg finden sich nämlich für das AT bei bisher ans Licht getretenen Bruchstücken von biblischem Volltext kaum irgendwelche Deckungen mit Perikopen der Lektionarüberlieferungen. Zu den wenigen Ausnahmen dieser bedauerlichen Regel gehört aber an Gn. 19,1—10 gerade für den Pentateuch eine Stelle, an der ein Fragment von leider im einzelnen wieder recht lückenhaftem Bestand 1 gegenüber der Gn. 18, i—19,30 umfassenden Pentateuchperikope des Lewisschen Lektionars für den Mittwoch der ersten Fastenwoche2 eine überraschende Fülle von Abweichungen aufweist, die zum weitaus größeren Teile für das von mir aufgerollte Problem in hohem Grade aufschlußreich sind. Das denn auch von mir in diesem Sinne ausdrücklich erwähnte Fragment hat eine vergleichende Würdigung bereits einmal durch H. D u e n s i n g 3 erfahren. Doch konnte dieser erste Versuch bis zu einer richtigen Bewertung des tatsächlichen Befundes nicht vorstoßen, weil er mit axiomatischer Sicherheit von der Annahme des primären Charakters des christlich-palästinensischen 1 Veröffentlicht bei F r . S c h u l t h e s s , Christlich-Palästinensische Fragmente aus der Omajjaden-Moschee zu Damaskus (Abhandlungen d. Kgl. Oes. d. Wissenschaften zu Göttingen. Philol.-Histor. Klasse. Neue Folge VIII. Nr. 3). Berlin 1905 S. 19f. 2 Studia Sinaitica. Nr. VI. A Palestinian Syriac Lectionary containing lessons frorn the Pentateuch, Job, Proverbs, Prophets, Acts and Epistles. London 1897 S. 98—103. 3 Christlich-palästinisch-aramäische Texte und Fragmente nebst einer Abhandlung über den Wert der palästinensischen Septuaginta. Göttingen 1906 S. 101 f.
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ATs als einer Superversion der L X X ausging, an der auch nur den leisesten Zweifel für denkbar zu halten offenbar außerhalb des Gesichtskreises des Verfassers lag. Ich gebe nunmehr, soweit ihm ein zusammenhängend lesbarer Text des Fragments gegenübersteht, Vers für Vers, von einer möglichst streng wörtlichen Übersetzung begleitet, den Lektionartext der Stelle. Zum Zwecke der späteren bequemen Zitierung einheitlich durchnumeriert, wird alsdann für alle diejenigen Stellen, an denen schon er vom normalen LXX-Text oder von ihm der Text des Fragments abweicht, eine Zusammenstellung des in Betracht kommenden Vergleichungsmaterials geboten. Vermerkt wird jedesmal auch die Formel, mit der Duensing den Tatbestand glaubte abtun zu können, bzw. dessen Nichtberücksichtigung durch ihn. Für die Siglen halte ich mich zunächst an B r o o k und M c L e a n . Es bezeichnet also 21 die armenische, 25 die bohairische, (i die äthiopische Übersetzung, £ den altlateinischen Text und dementsprechend 93 die Vulgata. Hinter den Buchstabensiglen von Minuskeln notiere ich auch die ihnen im Apparat von Holmes-Parsons und im Rahlfsschen System gegebene Zahl. Ohne besondere Sigel werden der Ti X und der variantenlose bzw. vorherrschende griechische Text eingeführt. Durch P wird die Pesittä, durch 0 , Je, Jo und S der Reihe nach Onkelos, Jerusalml, Ps.- Jonathan und das samaritanische Targum in der Ausgabe von A. B r ü l l bezeichnet. Die Textvarianten des Fragments werden hinter ], bei Zusätzen mit + eingeführt. ^ • s i m ta.
v. 1 3
2
U n d L o t , als er g e s e h e n 1
A^ v _ocnsa:»an\ }aj3 hatte , stand auf 2 vor sie hin 3 5 4 •> (!) ^»:ttSk r d i - W ,«>ci&ri' und warf sich nieder auf sein Angesicht 4 auf die Erde so (!) 5 . 1
= m ( 7 2 ) : Au>t 8s I8u»v] (Lot), Schluß eines Jl^cvl rd.'SOM .t^o (und als er gesehen hatte, Lot) = I5u>v 5s A u > t . Berührung in der Wortstellung bestünde hier aber auch mit P : o A^rA K'ViJO (und es sah sie Lot und) bzw. 0 : 1ttl1?Ktm, Jo: 1 Köm = 1 (Und es sah Lot und). — D. nimmt Abhängigkeit von der normalen, griechischen Wortstellung an, wofern nicht ein „zufälliger Ausfall" vorliege. 2
= avsaxv) oder sijaveaxYj bzw. vgl. P : ^noO (und stand auf) = EßJI] + . ^ m i n (und lief) = Je: tsmi, hier allerdings nicht als Zusatz, 14*
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sondern als freie Wiedergabe des sjfl — Nach D. „nirgend bezeugte, wahrscheinlich aus Gen. 18,2 geschöpfte Erweiterung des Textes." 3 Gewiß nicht wörtlich etwa = sp/rcpoa&sv auxcov, sondern durchaus denkbar auch als Wiedergabe von eis ouvivirjaiv auxol? oder wohl noch eher mit m (72) n (75) und Kyrillos v. Alexandrien: auxüiv, nicht minder vielleicht als solche des mehrfach von Chrysostomos zitierten: Ivavxiov auxots, zugleich formal sich berührend mit 0 J o : ]inni£np!?] cocv.s>.i o (zu ihrer Begegnung) streng = eU aovavxrjaiv auxtuv, aber auch engste formale Berührung mit P : • — V o n D. nicht berücksichtigt.
Wörtlich = P bzw. J e 0 : '•IBM "PJDl, aber auch dem von Theodoretos zitierten: xal Trpopsxuv/jasv stu irpoocDirov aüxou > e (52) j (57): siu itpoaouixQV bzw. normales xip upoowuu) und: inWB'»! (und er warf sich nieder, das Angesicht sc. zu Erde). — Von D. nicht berücksichtigt, weil keine Differenz der beiden christlich-palästinensischen Textgestalten vorliegt. 4
5 Sinnlos!] __ocn»S3:ta.n (vor ihnen), woraus nach D. die Lesart des Ä Lektionartextes „verderbt" wäre, beides ohne Entsprechung in 9)? der griechischen Uberlieferung und P. Zu vergleichen wäre nur das „(warf sich) ihnen (nieder)" einer Hs. von @ bzw. der Zusatz: „und warf sich ihnen mit seinem Angesicht nieder", den (2 allgemein am Schluß von v. 2 bietet. — Nach D. „Zusatz des palästinensischen Textes".
o i ä t k ' >t5o ri'cn isoni'o v. 2 6
qtjlo
^oixni'Q
•• :
U n d er s p r a c h : „ S i e h e ,
meine
Avil=A H e r r n , w e n d e t z u m H a u s e eures ^OAiVts.ii
ö^.ti.r^o
Jungen waschet
und eure
steiget
ab6
und
Füße,
und
ihr
m a c h t ' s in der
Morgenfrühe7,
geht euren W e g 8 . 8
= xaxoduoaxe > P : qA»cv=j, 0 J o : WO
(übernachtet)] -f-
(bei mir). — Nach D. „ein willkürlicher Einsatz". Vgl. xal ¿p&ptoavxe? aiTsXeuasaös] (--»^To (ihr macht's in der Morgenfrühe und geht) = 0 J o : )13nni Jlölpfl (ihr werdet frühe machen und werdet gehen) = DFpt?ni DilESti'n (ihr ladet frühe auf und geht) > P : osjjui (macht frühe und geht). — Nach D. „nichtssagend". 7
+ • • • A .^-A (wegen . . .), Anfang des an verschiedener Stelle von n (75) bzw. g b (19), f (53) i (56) und r (129), c2 (135) und 25 vertretenen, aus 18, 5 stammenden Zusatzes: ou e'ivsxsv (oder stvexoc) I^sxXivaxs upo; xov TtatSa ö|X(Lv. — D. findet hier den Schluß naheliegend, daß das Fragment „eine andere Vorlage voraussetze" als der Lektionartext, glaubt ihn aber dann doch mit dem Hinweis darauf ablehnen zu können, daß der letztere „viele Auslassungen aufweise und nach der Pesch, durchkorrigiert sei." 8
BAS PROBLEM DES CHRISTLICH-PALÄST. PENTATEUGHTEXTES _
Gcn\
V. 3
•>
rdSir^ ^Ti^SkQ rißutsi 10
9
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— und er machte ihnen einen Trank und ungesäuerte Brote buk er ihnen, und sie aßen, bevor sie schliefen.
om. » j O c n i i ^ ä i ^ (buk er ihnen). Offenbar bloße Auslassung infolge
Schreib Versehens, wie D. richtig annimmt. =
itpo TOU XOtfJ.Y)&fjVai] ^
schliefen) = S: p Ö T
x
»
."l
T l , 0 Je: UOtf (bzw.
(solange N1?
sie
nicht
bzw. P : A x i . ^
CU£73.i r d l (solange sie noch nicht schliefen). — Von D. nicht berücksichtigt.
Und die Männer der Stadt, die Sodomiter, umringten das Haus r d c n n •> . n o A riia.Vk. vom Jüngling bis zum Greis, die .K'.Tm »ora 13,on\c\A Gemeinde alle wie ein (Mann). 11
{-S3
rijVi^o
12K'ÄVJ_S3
11
=
V. 4
(-J-iJSaQ.lfiO
xal oi avSps? == P :
^«¡a
=
r^coo
(Und,
siehe, die Männer). — Von D. unter die Rubrik „Willkürliche Zusätze" gestellt. 12 =
o'ukzv = P :
= rr?n b)l (um das Haus)] ^ c A . i cnb\x=i
(das Haus des Lot). — Von D. ebenso bewertet. = atzac, ö Xao; = (alles das Volk)] rd\cno c n \ a i O (und all die Gemeinde) = P : r d s a ^ crA^o (und all das Volk). Ein ¿x ( u n d ) vor lujlrljwjh ¿nunilni-pipi (alles Volk) tritt vereinzelt auch in der Überlieferung 13
von 2{ auf. "AaJA
(-»T-n
^CUcn
ii
Von D. wiederum gleich beurteilt.
Und sie waren rufend dem Lot ^X^iri'15oacoo und waren15sagend ihm: „ W o < s i n d > j ene Männer, die hineingingen in dein Haus16 in der v _c*crö02». Nacht ? Führe sie heraus zu uns, damit wir mit ihnen seien."
OOOOO
v crA
V. 5
P. Vgl. t s l ^ ^ (nach L o t ) ]
cnb\* (ihn den Lot), beides auch
= xov Acut. — V o n D. nicht berücksichtigt. = eXs^ov] om. o o c n (waren), so daß die beiden Partizipien sich an das erste ciarna (Und sie waren) anschließen > P : o i s a r ^ o (und sagten). 15
— Ebenso. 16
Völlig unerhört.]
— Ebenso.
(zu dir) = P bzw. irpö? v i =
(zu dir).
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BAUMSTARK
nd
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v
isar^c»
a * . « o A » rsd ^ r i
v. 7 1
U n d er sagte ihnen 1 7 :
„Nicht
SÄ so 18 , meine B r ü d e r ! N i c h t sollt
'
ihr Böses tun 19 . 17
Vgl. sIttsv §£ npo; auxou; > bloßes "1I2NS3]
issrita
(und es sagte Lot zu ihnen). Vgl. P : »__acrA i m k ' o (und es sagte ihnen Lot) = Je: Öl^ ]ir6 "löKl. — Von D. wieder unter die „willkürlichen Zusätze" gerechnet. is = MY)8a(jiä)? > KJ-^K (nicht doch). — P om.] (Nicht also). Vgl. zu beiden Formen Jo: |n3 (Nicht jetzt), wonach dann aber entsprechend dem im Gegensatz zu den christlich-palästinensischen Texten die Negation nicht noch einmal wiederholt wird. — Von D. nicht berücksichtigt. = P bzw. Ttov7]peuorja&s = (diesen Menschen, die kamen zu mir). Vgl. o (82) 23p und der Dialog zwischen Timotheos und Aquilas: et? xou; dvf)pu>Ttoui toutou;, viris, (J: an diesen. — Nach D. „willkürlich". 19
23
•aÄ.
V
22
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v. 8
,T^
rd
T ^ 1 . - ! ein Mann nicht „ k ü r z t e " 2 2 . I c h f»CT3&V» werde
AjJJCU&XX.K'Cl V
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rü\
25
E s sind mir zwei 2 0 Töchter, die 21
2°*A
rAoo=
24
herausführen 2 3
sie
zu
^ OOS euch, und bedient euch ihrer 2 4 ,
.1CU)1.3 wie es schön euch . Einzig an diesen Männern 2 5
nicht
tut irgendein Unrecht. Vgl. sioiv 5s [loi > Ki'ilin (Siehe doch, mir )= P : >.\ r^cn (Siehe mir sind) ] Äv»ri" (Bs sind mir nun). Vgl. 0 : «n (Siehe, nun mir), Jo: ^ fVK ]11D NH (Siehe, jetzt sind mir). — Von D. nicht berücksichtigt. 20
-
+ o.tä, (his jetzt). Vgl. 53: necdum, — Nach D. „freie Erweiterung". 22 Sachlich = P : T a . ^ ^jJci' (nicht erkannte ein Mann) wie 0 : "DA pjTP > oux eptucsav av5pa = tf 1 « >X±ri rcA (nicht „kürzte" ein Mann), mit P O auch in der Wortstellung übereinstimmend. — Von D. nicht berücksichtigt. 21
23
=
£$¿$(1) bzw. P: jaÄr^] ja&sa c ( i c h
l&cq«>. Vgl. f (53), i (56), r (129):
führe heraus) = 74:
ocYaTü>. — Ebenso.
24
= xal ^pYjoaaös auxai; > P : (.¿erA CVui^a (tuet ihnen) = ^.m-i a.uS.Siir\r